Darmstädter Tagblatt 1877


04. Mai 1877

[  ][ ]

SSUUAT SLL

Abonnementsprei
6 Mark jährlich inck. Bringerlohn.
Auswärts werden von allen Poſt=
ämtern
Beſtellungen entgegengenom=
men
zu 1 Mark 50 Pf. pro Quartal
incl= Poflaufſchlag und Beſtellgebühr.

(Frag= und Anzeigeskatt.)
Mit der Sonntags=Beilage:

140. Jahrgang.

Inſerats
werdenangernommen inDarmſtadt
von der Expedition, Rheinſtr. Nr. 23.
in Beſſungen von Friedr. Blößer,
Friedrichsſtr. Nr. 7. ſowie auzwärts
von allen ſolldem Annoneen= Erpe=
ditionen
.

Amtliches Grgan für die Bekanntmachungen des Großh. Kreisamis, ſowie des Großh. Polizeiamts Darmſtadt.

As7.

Freitaa den ½. Mai.

1877

Bekanntmachung.
Mittwoch den 9. Mai l. J., Nach=
mittags
3 Uhr, kommen in der ſtädtiſchen
Tanne an Prt und Stelle 262 Haufen
Nadelſtreu und 1520 Ginſtern=Wellen zur
öffentlichen Verſteigerung.
Zuſammenkunft an der Wirhäuſer Haus=
ſchneiße
nächſt dem Landwehrweg.
Darmſtadt, den 3. Mai 1877.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
J. V. d. B.:
3626) Appfel, Beigeordneter.

Feilgebotenes.
299)
Butterpulver
verkürzt die Leit des Butterns, macht
die Butter fester und schmackhatter u.
verhindert das Ranzigwerden derselben.
Ein Paquet, ausreichend für 500 Liter
Milch, 50 Ptg. zu haben bei
fl. Schweickert in Darmstadt.
G. A. Gläser in Dieburg.
p
TTTAATTAAAAxrTrx
3464) Sehr ſchöne junge Hunde
4 Gernhardiner und Neufundländer
Kreuzung) ſind preiswürdig zu ver= F
5 kaufen. Reſtauration Karlshof.
TTTTATTxTzAxxzrxxzz.
3540) Eine gut erhaltene Hand= Näh=
maſchine
iſt zu 10 Mark zu verkaufen.
WoL. ſagt die Exp.
3627) Ein Bett zu verkaufen.
Lautenſchlägerſtraße 11.
3629) Billg. Bugene Eihſemreiſer.
Dieburgerſtraße 48.
3629) Feinſten Emmenthaler=
Nahm= und Limburger=Käſe
empfiehlt billigſt
Wilhelm Hanok
Ballonplatz 5.

Mitte Mai erocheint in unserem Verlage in amtlicher Redaction
und ist in allen Buchhandlungen und bei allen Postanstalten des Grossher-
2ogthums zu haben:
Fahrplan
der
Eiſenbahnen, Dampfſchiffe L; Boſten
im
Grossherzogthum Hessen.
Mit Bersichnung derjonigon Eisenbahnzügs, wolche zur Bofördorung von
Postsendungen benutat werden.

Enthaltend;
Im ersten Theile: Die Pläne aller hessischen Bahnen incl. ihrer An=
schlüsse
; ferner diejenigen der von Frankfurt ausgehenden Bahnen
und sämmtlicher Verbindungslinien, sowie die Fahrpreise nach allen
hessischen Stationen von Darmstadt aus. Ausserdem noch die Fahr-
zeiten
und Preise der Rheindamptschiffe.
Im zweiten Theile: Fahrplan der Personenposten und Privatpersonen-
Fuhrwerke, soweit dieselben zur Beförderung von Postsendungen
benutzt werden; den Postbericht für Darmstadt; ferner die Porto-
und Gebührensätze tür Postsendungen und Telegramme ete; end-
lich
den Droschken-, Gepäckträger- und Dienstmänner-Parit kür
Darmstadt.
Preis 20 Pf.

Mit diesem Pahrplan ist ein
Geſchäfk=-Anzeiger
verbunden, zu welchem wir noch Inserate annehmen. Da der Fahrplan
über das ganze Land verbreitet wird und Honate lang unausgesetzt in
den Händen des Publikums sich befindet, dürtte nicht leicht eine zweck-
mässigere
Gelegenheit zu Geschätts-Anzeigen gefunden werden, wesshalb
wir denselben zur gefälligen Benutzung bestens empfehlen und bitten
Inserate dazu uns baldmöglichst ausenden zu wollen.
L. C. Wittich'’sche Hofbuchdruckerel.

3630) 1200 ReiſigWellen im Ein=
zelnen
und größeren Parthien zu verkaufen.
Daſelbſt fortwährend Erbſenreiſer;per
Gebund 20. pfg. A. Gärtner,
Schießhaus bei Darmſtadt.

Mineralwaſſer

friſcher Füllung beil
3192)
Georg Liebig Sohn.
202

[ ][  ][ ]

RS.
738
8 Newyorker Germania, Lebens=Verſicherungs=Geſellſchaft
Europäiſche Abtheilung, Leipziger=Straße 137 im eigenen Hauſe in Verlin.
Ed. Jrhr. v. d. Heydt, H. Hardt, H. Marcus,
Hpecial=Verwaktungs=Rath,
Dr. Jr. Kapp. Herm. Roſe, General=Director.
fuͤr Suropa:
Grund=Eigenthum in Berlin: Mark 945,000.
1355,000.
Depoſitum in Deutſchland:
Activa in Enropa: Mark 2300,000.
M. 33,617962. 15. Vermehrung der Activa in 1876. M. 2573733.
Activa am 1. Januar 1877.
Reiner Ueberſchuß über alle Paſſiva: 3655,026. 87. Baares Einkommen in 1876:
7794890.
Verſicherungen in Kraft: 20,296 Policen für M. 144739,330.
28,148,397.
5,803
davon in Europa:

Neben der Sicherheit, welche die genaue Staats=Controle in Amerika und der blühende Zuſtand der Geſellſchaft ſelbſt genäh=
leiſtet
, reducirt die hohe, durchaus ſichere Verzinſung der Kapitalien und die Rückgabe des ganzen Ueberſchuſſes an die Be=
ſicherten
die Nettokoſten der Verſicherung für Jeden auf das möglichſte Minimum. Dividenden=Vertheilung ſchon zwei Jahn
nach Empfang der Prämien. Nähere Auskunft ertheilt:
J. Heumann, General=Agent in Darmſtadt.
Ph. Karl Kolb, Kaufmann, Agent in Langen.
J. F. Hillebrand,=Haupt=Agent in Mainz.
J. Kern, Domänenpfandmeiſter, Agent in Zwingenberg.
F. Schmitz, Haupt=Agent in Oppenheim.
L. Holtzer, Lehrer, Agent in Rödelheim.
C. Trumpler, Haupt=Agent in Worms.
W. Euler, Fabrikant, Agent im Bensheim.

Goeben treffen:
Carlsbader, Marienbader, Kissinger, Weilbacher,
Schwalbacher, Homburger und Biliner Mineral-
Wasser - direct von der Quelle
ein und empfehle ſolche billigſt
Mineralwaſſer=
G. L= 4O5, Handlung.
Ecke der Caſino= und Bleichſtraße.

356)

Flaſcheubier=Beſehäfk und
Apfelwein=Verkauf.
Glanzfeines Flaſcheubier per 12 Fl. - 2 Mark 16 pfg.
1
8
dto.
dto.
12

2 88
12
Apfelwein
ſfrei in's Haus geliefert).
Carlſtraße
Phblip Naumann,
40.

35.2)
Zu verkaufen:
Ein Kinderkranken=Wägelchen, noch nicht
gebraucht, ein Tapezierwagen und ein ge=
brauchter
2ſpänniger Wagen billig bei
Wolfſturm, Wagnermeiſter.

3574) Umzugshalber werden verſchiedene
ältere Möbel, beſtehend in 1 Klavier,
Flügel, Sopha, Divan, Secretär, runder
Zulegtiſch, mehrere ⬜Tiſche mit Schub=
laden
, ein großer Küchenſchrank, Spiegel,
billigſt verkauft. Dieburgerſtraße 22.
3575) Eine Auswahl von mitteren
und kleineren Kiſten billigſt bei
Georg Liebig Sohn.

Vermiethungen.
1311) Heinrichſtraße Nr. 100 Manſarde
2-3 Zimmer unmöblirt.
1670) 1 unmöbl. Zimmer m. Cabinet,
obere Rheinftr. 1, Manſarde.

1755) Alsbald beziehbar: 1 ſchönes
möblirtes Zimmer im 2. St. Beſſ. Carlſtr. 3.
Daſelbſt ein kleineres in der Manſarde.
3545) Ein freundl. möbl. Zimmer zu
vermiethen. Wilhelminenſtr. 31 Seitenbau.
3615) Ein ſchönes Logis zu vermiethen
und ſogleich zu beziehen. Arheilgerſtr. 37.
3631) Ein möbl. Zimmer ſofort zu ver=
miethen
. Ballonplatz 2.
L. Fries.
3632) Möblirtes Zimmer mit Garten=
Aufenthalt zu verm. A. Gärtner,
Schießhaus bei Darmſtadt

Vermiſchie Nachrichten.

¾ Land=Aufenthalt,
in einer ſchön gelegenen Billa in der
Nähe Darmſtadt's und unmittelbar an einer
Eiſenbahnſtation iſt für die Sommermonat=
billig
zu vermiethen. Wo? ſagt die Exp.

An= und Verkauf
von Häuſeru u. Liegenſchaften ll=
Art am hieſigen Platze u. auswärl
beſorgt unter prompter und billigſter Bl
dienung das Logisnachweiſungs=Büreau
Ph. Thüringer,
Schulſtraße 11.
2499)
E
3598) Der unbekanute Freund
von 8t. wird erſucht, an
E. in P. Mecklenburg=
Schwerin
4 haldigſt die Adreſſe von 8t. ein=
9 ſenden zu wollen.

3539) Ein Bernhardiner Hund, 1Ih
alt, zu verkaufen. Gardiſtenſtraße 16.
3633) Eine junge Frau ſucht Laufdien.
lauch Beſchäftigung im Flicken oder Stricken
Zu erfragen Lautenſchlägerſtraße 11.

.
Dankſagung.
Allen Freunden und Bekannten, welch
uns ſo innige Theilnahme an dem Verluſ
unſerer beiden geliebten Kinder bewieſe
ſagen wir hiermit unſeren tiefgefühlt,
Dank!
Familie Fiſcher.

Wer eine Annonce hier oder auswän
2E veröffentlichen und Zeit reſp. Gel=
ſparen
will, der beauftrage damit die Anor
cen=Expedition von Manzenetel
&ampe; Vogler in Frankfurt a.Ml.
deren ausſchließliches Geſchäft es iſl
Anzeigen in alle Zeitungen der Well billic
zu vermitteln.
Vertreten in Darmſtadt durch Hrn.
Heinrich Elbert, 25 Ernſt=Ludwigſtraße.

[ ][  ][ ]

3597)

Muſtk-Verein.
Wiertes Concert,
im Winter 1876-77
Unter Leitung von Hrn. Hofmuſik=Director C. A. Hangold,
unter gütiger Mitwirkung des Herrn Muſik=Directors
Willem de Haan, ſowie der Mitglieder der Großherzoglichen
Hofmuſik Herren Weber, Bauer und Reitz.
Samſtag den 5. Mai 1877.
vaaall.
Anfang präcis ¼8 Uhr. Ende nach 9 Uhr,

PROGR AAtAL.
1) Khrie aus der Meſſe in Es von Jranz Hchußert.
2) Hymne für Sopran, Solo und Chor von Jeſix Aendelsſohn.
3) Altſolo aus Odyſſeus von Aax Bruch. (Zum erſten Male.)
4) Altdeutſche Liebeslieder für Chor von eo Haßler. (Zum erſten Male.
5) Quartett (op. 26 in A-dur) für Pianoforte, Violine, Viola und Violoncell
von Hohannes Brahms. (Zum erſten Male.)
A. Allegro non troppo;
b. Poco Adagio;
C. Scherzo;
d. Einale.
6) Der erſte Frühlingstag, 3 gemiſchte Chöre von Reliz Rendelsſohn:
2. Frühlingsahnung.
b. Die Primel.
C. Frühlingsfeier.
7) Pianoforteſtücke:
A. Nocturne (op. 27 in Des-dur) von J. Chopin.
b. Traumeswirren von Rohert Hchumann.
8) Lieder:
a. Der Asra von Anton Rubinſtein.
b. Echo.
von G. A. Mangold.
0. Mailied
9) Volkslieder für gemiſchte Chöre von Bobert Franz. (8um erſten Male.)
A. Die Trauernde.
b. Frühlingswonne.
Die Abgabe der Tageskarten und Programme erfolgt in den Buchhandlungen
der Herren Bergſtrüßer und Klingelhöffer - am Concerttage ſelbſt nur bis
5 Uhr Abends - ſowie im Saalbau Abends an der Kaſſe von ¹7 Uhr an.
Die Preiſe der Tageskarten ſind: 1) für den Vorſaal 1 Mark, 2) für die
nummerirten Plätze im Saal, den Eſtraden und Logen 2 M. 50 Pf., 3) für die be=
ſonderen
Sperrſitze 4 M.
Der Vorſtand des Muſik=Vereins.

SalOn ALOSTOm
3635)
Freitag den 4. Mai 1877.
2 große brillante Gala=Vorſtellungen.
W Gaſtſpiel des Herrn Arbré in jeder Vorſtellung.
Reiſe um die Welt. - Fakir. - Geſpenſter.
Anfang 5 und 8 Uhr.
Samſtag den 5. Mai, Nachmittags 5 Uhr:
bei ermäßigten
Ertra=Kinder=Vorſtellung
Preiſen.
Abends 8 Uhr: Haupt=Vorſtellung.
WL- Conntag den 6. Mai letzte Vorſtellungen.

Friedr. Schaefer,
2974) Ludwigsplatz 7.
Inſecten=Mittel
gegen alle Inſecten. Bei richtiger An=
wendung
Erfolg ſicher.
Perſiſches Inſecten=Pulver in Doſen von
25 und 50 Pf.
Motten=Spiritus, Wanzen=Spiritus,
Spaniſcher Pfeffer, Kampher.
Feinſte
Ganzstärken
Patent=Preis=Stärke von Schram u. Zwick.
Patent=Reis=Stärke von Hofmann, ſowie
andere feine Sorten vollſtändig klebfrei.
Sohvämmehazer
für Toilette, Pferdeu. Chaiſen in groß Ausw.
Mutterlauge &émp; Badesaln
garantirt.
Mineralwaſſer.
Allenatürl. Quellen jede Woche ganzfriſch
echt Kuglische Biscuits
friſche Sendung v. Huntley Palmers i. London
Pussboden-Aanzlack
von Franz Chriſtoph, ſchnell, mit ſchönſtem
Glanze trocknend, beſter und dauerhafteſter
aller Fußboden Anſtriche.
Leinöl-Tirniß
vorzügl. gekocht, in ca. 6 Stunden trocknend,
dauerhafter Anſtrich für Treppen, Vorplätze,
Küchen und Voranſtrich für Fußböden.
Farbe beliebig.

Cages-Kalender.
Canstag. 5. Mai: Viertes Concert des Muſik=
Vereins.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag 4. Mai.
D i e Anna=Liſe.
Schauſpiel in 5 Alten von Hermann Herſch.
Perſonen:
Leopold, Fürſt zu Anhalt=
Deſſau
Hr. Edward.
Die Fuͤrſin Henriette, aeborene
Prinzeſſin von Oranien,
ſeine Mutter, Vormünderin
und Regentin
Fr. Steck.
Gottlieb Föhſe, Apotheier zu
Hr. Hofmann.
Deſſau
Frl. Ethel.
Anna=Liſe, ſeine Tochter
Marquis de Chaliſac, Gouver=
Hr. Butterweck.
neur des Fürſten
v. Salberg, Hofmarſchall . . Hr. Weener.
Hr. Mendel.
Georg. Apothetergehülfe
Ein Kammerdiener der Fürſtin Hr. Leib.
Anfang halb 7 Uhr. Ende nach 9 Uhr,

[ ][  ]

Mittheilungen ans Stadt und Land.
Darmſtadt, den 4. Mai.
In der l. Woche ſtattfindenden Stadtverordnetenverſammlung wird
vorausſichtlich über das Waſſerzuführungsproject in ſeiner neuen
Geſtaltung entſchieden und darf auf eine Mehrheit für daſſelbe ge=
rechnet
werden. Hoffentlich wird, nachdem dieſe Angelegenheit ſehr reiflich
uberlegt worden, die Ausſührung eine um ſo energiſchere ſein, wozu die
gegenwäͤrtigen billigen, Eiſen= und Arbeitspreiſe Veranlaſſung genug bieten.
Die Kaiſervarade in Mainz wird am 9. Mai zwiſchen 4 und
5 Uhr auf dem Schloßplatze abgehalten. Die vielbeſprochene Verlegung des
der Mainzer Garniſon angehörenden 3. Gr. Inf.=Reg. Nr. 117 wird als
unbegründet bezeichnet.
Dem mit der heſſiſchen Ludwigsbahn abgeſchloſſenen Ver=
gleiche
über die Gelandeentſchädigungen ſind in der Provinz Starkenburg
von den ca. 120 beitragspflichtigen Gemeinden nunmehr jalle bis auf 3
(Nordheim, Semd und Beſſungen) beigetreten.
- Fräulein Lößer, gegenwärtig am Stadttheater in Hanau engagirt,
gaſtirte am Dienstag dahier als Mathilder in dem gleichnamigen Stück
von Benediz. Fräulein Lößer, eine Darmſtädterin, welche bereits früher
unſerem Hoftheater als zweite Liebhaberin angehörte, zeigte große Fort=
ſchritte
, die ſich namentlich in dem verſtändnißvolles Spiel verbunden mit
richtiger Declamation ausſprachen. Ein wiederholtes Auftreten war nicht
moglich. da die Saiſon dem Ende entgegengeht.
Von dem Redakteur des Correſpondenzblattes=des Geſemmtvereins der
deutſchen Geſchichts= und Alterthumsvereine Herrn Ernſt Wörner erſchien
in Nr. 3des genannten Blattes nachſtehender Artikel von lokalem Intereſſe;
Der Hinkelſtein in Darmſtadt ſcheint lediglich ein von Natur
aus an ſeinem Platze befindlicher, nur aus räumlichen Gründen künſtlich
verkleinerter Fels zu ſein. Eine der abgelegenſten Straßen der Altſtadt
von Darmſtadt, deren Hintergebäude an die in der öſtlichen Stadtgegend
heute noch erhaltene mittelalterliche Mauer angebaut ſind, heißt die Hinkel=
gaſſe
. Der Namen der Straße iſt alt. Wir finden ihn 1759 auf einem
handſchriftlichen Stadtplan auf der Hofbibliothek in Darmſtadt, ebenſo auf
ſolchen von 1788, 1798 u. ſ. w. In dem ganzen öſtlichen Theile von
Darmſtadt liegen größere oder kleinere Syenitfelſen zerſtreut umher; wo
ein Neubau ſtattſindet, pflegen Sprengungen dieſer feſten Steine vorher=
zugehen
. Wer durch die Hinkelgaſſe geht, ſieht mehrere ſolcher Felſen Uber
das heutige Pflaſter hervorragen. Der gröͤßte derſelben wird der Hinkel=
ſtein
genannt, und als ſolcher jetzt durch eine von den Einwohnern der
Gaſſe aus Liebe zu dem alten Wahrzeichen angebrachte Taſel bezeichnet.
Er präſentirt ſich als ein ungeſüger Block, auf welchem die vordere Wand
des Hauſes ruht, ſo daß die eine Häifte in dem Keller aufgeſucht werden
muß. Der Stein iſt mehr breit als hoch, war urſprünglich rundlich, wie
alle Syenitfelſen, doch iſt. der vordere Theil nach der Straße zu abgeſprengt,
ſo daß er hier ziemlich ſenkrecht abfallt. Er tritt hier in einer Breite von
etwa 3 Meter und einer Höhe von 1½ Meter vor, die Dicke von der
Straße aus bis zum entgegengeſetzten Punkt im Keller mag etwa 4 Meter
betragen: Mehr als anderswo in der Stadt werden wir in der Umge=
bung
des Hinkelſteins an die Vergangenheit erinnert; wenn wir aus dem
kleinen Keller heraufſteigen, ſtehen wir vor dem einzigen noch in ſeiner
Uiſprünglichkeit erhaltenen mittelalterigen Befeſtigungsthurm Darmſtadts
und ſehen eine Reihe halb zerſallener Mauerarcaden, deren morſchen Zin=
nengang
einige ärmliche Sträucher mit ſpärlichem Grün ſchmücken.
Einziehung von Wechſeln durch die Poſt. Bei der
Einziehung von Wechſeln durch die Poſt (vermittels Poſtauftrags) iſt die
Vorſicht zu beobachten, lediglich guittirte Wechſel abzuſenden und
nicht etwa ſie an die mit der Einziehung zu beauftragende Poſtanſtalt zu
giriren. Kurzlich iſt es erſt wieder vorgekommen, daß ein auf eine Firma
in der Rheinprovinz gezogener Wechſel von einer, in der Nahe Berlins an=
ſaſſigen
Fabrik der Poſt zum Eincaſſiren übergeben, lediglich jedoch an
letztere girirt worden war. Bei der Vorzeigung erklarte die bezogene Firma,
daß ſie Zahlung zu leiſten außer Stande, weil der Wechſel nicht quittirt
wäre. Da die Poſt ſelbſt; nicht Quittung leiſtet, iſo wurde der Wechſel
proteſtirt dem Ausſteller zurückgeſandt, der nun von der vorerwähnten
Fabrik die Erſtattung der Proieſtkoſten mit Recht fordert.
Ueber die Wanderlager ſpricht ſich die berliner Bürger= Zei=
tung
u. A. folgendermaßen aus: Es iſt - und darin liegt das Gefahr=
liche
dieſer Concurrenz für die ſeßhaſten Kaufleute - ſehr wohl der Fall
denkbar, daß die Käufer in dieſen Wandergeſchäften gut und reell bedient
werden und billiger als bei den ſeßhaften Kaufleuten kaufen. In dieſem
Falle muß in der That die Concurrenz tödtlich werden. und es fragt ſich
nur: wie iſt es moͤglich, daß die Beſitzer ſolcher Wanderlager, welche doch
für Miethe, Reiſekonen und Reklamen weit größere Ausgaben haben, als
die ſeßhaften Kaufleute, billiger verkaufen können als dieſe? Die Antwort
auf dieſe Frage iſt nicht ſo ſchwer, als es ſcheint, aber ſie berührt
die ganze Miſere, unter welcher unſer Handel leidet. Die
Beſitzer dieſer Wanderlager ſind fremd, und da ſie nach wenigen Tagen
oder Wochen weiter ziehen, ſo brauchen ſie den Käufern keinen Credit zu
geben, und dieſe verlangen auch von dem fremden Kaufmann keinen Cre=
dit
. Willig bezahlen ſie baar, was ſie einkaufen, während ſie ſich gekrünkt
ſühlen würden, wenn ihr alter Nachbar und Freund, welcher ſie doch ſo
gut kennt, es wagen würde, nach vier Wochen die quittirte Rechnung für
das gekauſte Kleio zu ſchicken. So kann der Beſitzer des Wanderlagers,

da er ſein Geld zehn oder fünſzehn Mal im Jahre umſetzt, jedesmal mit
ſehr geringem Nutzen verkauſen, und andererſeits ſetzt ihn wieder die Bar=
zahlung
ſeitens ſeiner Kunden in den Stand, bei den Fabrikanten weit
billiger einzukaufen, als der ſeßhafte Kaufmann, der bei aller Solidität ge=
zwungen
iſt, einen Credit von 6 bis 9 Monaten zu beanſpruchen.
Dieſer Nachtheil. in welchem ſich der ſeßhafte Kaufmann gegenüber
den Beſitzern ſolcher Wanderlager befindet, iſt vorhanden und läßt ſich auch
durch die ſchönſten Ausführungen über die Sicherheit, welche der ſeßhaſte
Kaufmann dem Fabrikanten und die perſönlich bekannten Kunden dem
Kaufmann gewähren, nicht fortſchaffen, aber hier kann auch der Staat
nicht helfen, hier iſt es Sache des Kaufmannsſtandes, aus ſich ſelbſt heraus
Heilung zu ſchaffen durch beſſere Geſtaltung der Creditverhältniſſe, durch
Einführung. des Barzahlungsſyſtems als Regel und des Credits als
Ausnahme
- (Citerariſches.) In 2. Auflage iſt erſchienen und in allen hieſigen
Buchhandlungen zu haben Jugenheim und ſeine Umgebung' von Haupt=
mann
a. D. C. Seriba in Jugenheim. Dieſer Führer durch den reizenden
Theil der Bergſtraße, deſſen Mittelpunkt Jugenheim bildet, kann mit Recht
empfohlen werden, da er mit ſeinem nächſten Zwecke auch eine Maſſe unter=
haltender
und belehrender Notizen über Sagen und Geſchichte der Berg=
ſtraße
verbindet.
Caſſel am 1. Mai. Heute fand die officielle Eröffnung der erſten
Special=Ausſtellung für Heizungs= und Ventilations=Anlagen in der bei
ſolchen Gelegenheiten üblichen Form unter Betheiligung der Spitzen der
Behörden ſtatt. Die Ausſtellungs=Objecte ſind in den drei zuſammenhan=
genden
großen Saͤlen des Orangerieſchloſſes in der Carlsaue aufgeſtellt,
und zwar in dem erſten Saale die Central=Heizungs= und Ventilations=
Apparate, in dem zweiten Saale die Oefen und Herde und in dem Mittel=
bau
die Brennmaterialien und Kamine. Die erſten Firmen des deutſchen
Reiches haben das Beſte ihrer Fabrikation bierher geſandt; vom Auslande
haben ſich Amerika, England, Belgien, Oeſterreich, die Schweiz und Italien
mit ebenſo intereſſanten als lehrreichen Objecten betheiligt. Die Ausſtel=
lung
, welche am 26. Auguſt geſchloſſen wird, kann als eine in jeder Rich=
tung
gelungene bezeichnet werden, deren Beſuch kein Fachmann unterlaſſen
dürfte.

Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt. von W.

Die Wegglocke 1691.
Unter den 5 Glocken, welche der Stadtthurm barg. befand ſich eine,
welche die Wegglocke hieß. Es iſt die, welche im Winter bei uns noch
um 8 Uhr Abends gelautet wird, die drittgrößte unſerer Glocken. Wahr=
ſcheinlich
führte ſie ihren Namen, weil ſie außerhalb der Stadt Weilenden
mahnte, an den Thorſchluß zu denken und ſich auf den Heimweg zu be=
geben
. Ueber ihre Schickſale belehrt uns folgendes Aktenſtück:
Nachdem die ſ. 9. Wegglocke in hieſigem Staͤdtkirchthurm im Januario
dieſes Jahr in großer Kalte und zwar unter dem 8 Uhr Geläut Abends
zerſprungen und untüchtig worden, welche Glock 1245 Pf. gewogen und
anno 1450 gegoſſen worden, alſo iſt dato mit Johannes Schünenbein
Burger und Glockengießer von Marburg accordirt und geſchloſſen worden,
daß er dieſe Glock wieder allhie umb und neu gießen und davor Jahr und
Tag Währſchaft geben ſolle, dargegen aber ſoll ihm von jedem Erz ſo viel
die Glock wiegen wird, drei Reichsthaler ſodann vor Koſt und Logiament
Zeit er daran zubringen wird, fünf fl. überhaupt zahlt werden, und ſoll
ihm zum Umbgießen alle benöthigte Materialien zum Ofen und anderem
gereicht, auch der Maurer auf der Stadt Koſten herbeigeſchafft werden.
Der Vertrag war mit Meiſter Schirmbein im März 1691 abgeſchloſſen
worden und bereits am 8. Juli war ſie fertig, was uns folgender Eintrag
belehrt:
Der Herr Conſul proponirte, daß nun die Neue Glock fertig und
heute nächſt göttlicher Hülfe aufgehaͤngt werden ſollte, weilen man dann
keine Wage habe, ſolche Glock wiegen zu köͤnnen, wurde auch große Koſten
erfordern, eine Wage von Neuem machen zu laſſen, ſo hat man vor gut
angeſehen, zu künftiger Nachricht die materlalia ſo dazu kommen, zu
notiren:
Die alle Glock hat gewogen 1244 Pfd., das alte kleine Glöcklein hat
gewogen 31 Pfd., Engliſch Zinn iſt erkauft worden 58 Pfd., Glockenſpeis
erkauft 400 Pid, Kupfer iſt erkauft 151 Pfd., der Glockengießer hat geben
95 Pfd. von Berbach iſt dazu gegeben worden 95 Pfd., Summa 2070 Pfd.
Hiervon geht ab von 100 Pfd. 10 thut 200 Pfd., an Guß iſt überblieben
150 Pſd., wiegt alſo die Glock 1720 Pfd.
Die 8 Uhr Glocke trägt eine lateiniſche Aufſchrift, welche in Deutſch
lautet: Mich goß in Darmſtadt Johannes Schirmbein im J. C. 1691
um, nachdem ich zuerſt 1451 gegoſſen, und 1691 geſprungen war. Darm=
ſtadt
hat mich wieder hergeſtellt unter den Conſuln Joh. Asmus und P.
J. Schreiber. Ich wäre nicht zu Grunde gegangen, wenn ich nicht ge=
ſprungen
wäre. Einmal alſo geſtorben, bin ich zweimal geboren. Die
Wiedergeburt war mir von Nutzen. Moge ſie auch Dir nützen. Lebewohl.

Redaction und Berlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.