Darmstädter Tagblatt 1874


09. Oktober 1874

[  ][ ]

Abonnimentsprelz
. 48 tr jähtlich ine! Beingeclohn
luswärts werden von allen Poſt=
imtern
Beſſellungen enigegengenom.
nen zu 53 kr peo Qua-iäl inci Poſi=

aufſchlag und Beſtellgeöüh

ahrgang.

4ut
werden dicgcenshn in Darmſia
Vor der Erped öön Ah.ſt; uit 2 Beſſungen von Friedr. Bößer,
Fr.edrihsmi r7 jöwie auswaͤrts
vor aben ſolden Annoncen= Erve=
dionen

Amlliches Grgan für die Bekannkmachungen des Großherzoglichen Lrcigamks Darmſtadl.
Freitsg Laz O. October

243³³⁄₈

var
Irbe=
wi

Ale
Pi=

B e k a n n t m a ch u n g.
Vorkehrungen gegen Beſchädigungen durch Fuhrwerke betreffend.
Den im Albdruck nachſtehenden Beſimmungen des deuiſchen Stafgeſetzbuchs iſt in neuerer Zeit vielfach entgegen gehandelt
vorden. Wir ſetzen uns daher veranlaßt, dieſelden hiermit zur Nachachtung mit dem Anfügen in Erinnerung zu bringen, daß das
Polizeiperſonal a-gewieſen worden iff, Zuwiderhandlungen künftig unnachſichtlich zur Anzeige zu bringen.
Gleichzeitig wird hierdurch bekannt gegeben, daß mit Rückſicht auf die nachſtehend abgedruckten Beſtimmungen des Artikels
262 des Polizeiſtrafgeſetzes es zur Verhütung von Unglücksfällen und Beſchädigungen nothwendig erſchei=f, daß jeder Leiter eines
Fuhrwerks, um der erwähnten Vorſchrift nachzukommen, beim Gebrauch= deſſelben ſeiner Beſpannung doppelte Leinen anzulegen
hat und ſich nich, wie bisher vielfach der Fall, nur einer einfachen Leine bedienen darf, wenn er ſein Fuhrwerk jeder Zeit in
ſeiner Gewalt heben, ſich keiner Uebertretung der erwähnten Geſetzesſtelle ſchuldig machen und entſprechender Beſtrafung aus=
ſetzen
will. - Darmſtadt, am 27. September 1874.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
H a a s.
20. ꝛc. 20.
8 366. Mit Geldſtraſe bis zu zwanzig Thalern oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird
beſtraft:
2) wer in Städten oder Döifern übermäßig ſchnell jährt oder reitet, oder auf öffentlichen Straßen oder Plätzen der Stadte
oder Törfer mit g=meiner Gefahr Pferde einfährt oder zureitet;
5) wer Thiere in Städten oder Dörſern auf öffentlichen Wegey, Straßen oder Plätzen. oder an anderen Orten, wo ſie
durch Ausreißen, Schlagen oder auf andere Weiſe Schaden anrichten können, mit Vernachläſigung der erforderlichen
Sicherheitsmaßregeln ſtehen läßt oder führt;
9) wer auf öffentlichen Wigen, Strahen oder Plätzen Gegenflände, durch welche der freile Verlehr gehindert wird, aufge=
ſtellt
, hinlegt oder liegen läßt.
Artikel 262 des Pelizeiſtrafgeſetzes
Zeder Fuhrmann. d. h. jeder Leiter eines Fuhrwerks, muß ſich bei dem Gebrauche deſſelben ſo verhalten, daß er ſeine
Pferde oder ſonſtige Zugthiere jederzeit in ſeiner Gewalt hat und immer im Stande iſt, ſie gehörig zu leiten.
Zuwiderhandlnngen we=den mit 35 kr. bis 3 fl. beſtraft.

Bekanntmachung.
Die Lieferung von Pitroleum für das
Großherzogliche Provinzial Arreſthaus dahier
für das Halbjahr vom 1. November 1874
vis 1. Mai 1875 ſoll
Donnerſtag den 29. October l. J.,
Vormittogs 10 Uhr,
m Wege der-Soumiſſion vergeben werden.
Die Angebote ſind verſiegelt mit der
Aufſchrift:
Soumiſſion für Petroleum
vis dahin bei dem Stadtgerichts=Actuariate
einzureichen, woſelbſt auch die Bedingungen
zur Einſicht offen liegen.
Darmſtadt, den 6. October 1874.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
J. V. Großh. St. R.:
S
Weyland. Holzapfel.
2Er.

allgahotenes.
5814) Ein Haus mit Laden und
Jarten, welches der guten Lage halber
lich zu jedem Geſchäft eignet, iſt zu
erkauſen. Näheres bei der Exp. d. Bl.

CaChör-Oef heilt die Taubheit,
Axwenn selbige nicht angeboren u.
bekämpft sicher alle mit Hart-
hörigkeit
verbund. Vebel, Fl. 18 Sgr.
versendet
C. Chop. Apotheker, Hamburg.
Ebendaselbst ein voraügl. Mittel gegen
Husten, Heiserkeit, Verschleimung und
Sthma 7½ Sgr.
Tanzſchuhe
in allen Sorten zu billigſten Preiſen.
Schuh=Verzierungen
das Neueſie und Eleganteſte in dieſem Ar=
ikel
empfichlt
Eduard Schüssler,
4 Louiſenplatz 4.
8845) Neue ſehr gut lochende Linſer
ſind angekommen bei
J. Kiſſel, untere Schützenſiraße.
8846) Achte franzöſiſche Haaſeu billig
zu verkaufen.
H. Weber, Rohdörſerſtraße I7.

8817) Nächſten Samſtag ſende ich auf
den Marktplatz, der Hofapotheke gegenüber,
eine Parthie diesjährigen Honia in beſter
Waare zum Verkauf. Derſelbe iſt in ¼ Liter=
Gläſern zu 1½ Pfund eingetheilt und koſtet
nebſt Glas 54 kr.
Darmſtadt, den 6. October.
Berthold Rößner.
8613) Ich habe eine gebrauchte
Decimalwaage
billig abzugeben.
A. Köhler Nachfolger.

8844)
Ludwigshöhe.
Auerbacher Traubenmoſt iſt an=
gekommen
.
G. Vrey,
8843) Ein Haus mit Laden= Ein=
richtung
, Hofraum oder Gärtchen in
der Neuſtadt wird zum Preiſe von
18-20,000 fl. zu Loufen geſucht.
Näheres bei J. Diehl, Soderſtr. 55.
507

[ ][  ][ ]

1863

M. 102.

Fr
J
SG10aSEpaendene.
Schönheitswaſſer -Jaltenglätter
Endlich iſt es der Wiſſenſchaft gelungen
ein Mittel zu erfinden, was untrüglich
Sommerſproſſen, Röthe der
Haut, Finnen, Miteſſer, Run,
geln ꝛc. beſeitigt.
Anerkennungsſchreiben aus allen Ländern
Dieſes Mittel enthält keinerlei ſchäd=
Aliche Subſtanzen und iſt hergeſtellt burs
ie Adler=Apotheke in Paderborn.
Zu beziehen per Flaſche nebſt Gebrauchs=
Anweiſung 1 fl. 45 kr. durch dal
General=Depot Elnain &a Co. in Frank=
furt
a. M., ſowie in Darmſtadt durd
Beorz Lakbe iohn. (6305

Teriie.

ine noch neue Cinſchänke mit
æ C Gläſerſchrank für eine Wirthſchaft
billig zu verkaufen. Zu erfr. bei der Exp.

bütb-rmiethungen.
4214) Ein Zimmer mit oder ohne =
bel
zu vermlethen. Pramenadeſraße 13.
6175) Beſſunger Heidelbergerſiraße 89
iſt der 2. Stock mit allem Zugehör zu verm.
llsWlrahAAienAarAeri
D.

2
1 6373) Zwei große Zimmer, parteire,
G ſind zum Aufbewahren von Möbeln,
5 Büchern u. dgl. ſofort zu vermiethen.
Näheres in der Exp. b. Bl.
MeErAtlleErraeaaazuu
6892) Stiſtſtraße 55 ein hübſches Man=
ſarden
=Logis alsbald zu vermiethen und am
1. October zu beziehen.
7453) Kiesſtraße Nr. 26 iſt vom 1. Sept.
tember an ein Logis mit Werkſlätte zu verm.
7934) Wienerſtraße Nr. 9
bel Etage von 4 Zimmern mit allem Zubehör
ſofort beziehbar.
7996) Beſſungen. In dem neu erbanten
Hauſe, Ludwigſtraße 84, ſind 2 vollſtändig
eingerichtete Logis wit allen Bequemlichkeiten/
(auf Wunſch mit Gartenantheil) zu ver=
miethen
und ſofort zu beziehen.
LHuu.
RaarTrzrzrzuxrzrzxr!
8084) In meinem neu erbauten Hauſe,
Victoriaſtraße Nr. 26, iſt der 1., 2.
1
d4 und 3. Stock mit Balkon, Salon und
je 5 geräumigen Zimmern nebſt allen
dazu gehörigen Bequemlichkeiten, bal= )
d4 digſt zu beziehen.
5
G. W. Jacoby, Schreinermſtr.
Axzxzrznzrznzrzrzrz;
8085) Steinſtraße Nr. 36 iſt die
bel Etage mit allen Bequemlichkeiten vom
1. Octbr. an Wegzugshalber anderweit zu
vermiethen.
8086) Beſſ. Carlſtr. 3 im 2. Stock
in möblirtes Zimmer für 10 fl.
8315) Ein oder zwei junge Leute, welche
die höhere Lehranſtalt beſuchen wollen, kön=
nen
Wohnung finden. Steinſtraße Nr. 8
im dritten Stock.
8321) Ein Zimmer mit Möbeln,
ſchön gelegen, alsbald zu beziehen. Zeug=
hausſtraße
3, zwei Treppen hoch.
8473) Eliſabethenſtraße Nr. 1, 2 Zimmer
mit oder ohne Möbeln zu vermiethen.

d0 8539) Langegaſſe Nr. 3 iſt ein Lo=

gis im zweiten Stock zu vermiethen P.
4 und gleich zu beziehen.
Ce
Purw..

XLxxTAxRAATAAuATLao.
804) Purienplatz Nr. 12 nächſt dec
Cavallericcaſerne ſind im dritten Stock 2
freundliche wöblirte Zimmer, zuſammengs=
hörig
, zu ver miethen.
8543) Zwei Zimmer unmöblirt, inein=
ander
gehend, mit Ausſicht auf die Straß=
Caſinoſtraße 14 ſofort zu vermiethen.
8759) Dieburgerſtraße 33 ein Logis zu
vermiethen.
8765)
2 einzelne Zimmer
mit oder ohne Mözeln billigſt zu vermie=
then
. Beſſ.: Eck der Kirch u. Hügelfir. 25.
8823) Zwei ineinandergehende möblirte
Zimmr ſogleich zu beziehen.
Eliſabethenſtraße Nr. 49.
8830) Neckarſtraße 24 zwei freundlich
möblirte Zimmer zuſammen oder getrennt,
ſogleich zu vermiethen.

499) Ahenſras. 2i5.
ein ganz neu hergerichtetes Lo=
gis
, bel Etoge, beſtehend aus
6 Piecen, Küche, Magd= und
Bodenkammer, ſowie Antheil
des Gartens von einerruhigen Fa=
4 milie ſofort zu beziehen.
8048) Hurl Zimmer iuil oder ohne
Möbel zu vermiethen und gleich beziehbar.
Kiesſtraße Nr. 27.
8849) Ein möblirtes Zimmer iſt zu ver=
miethen
bis zum 1. November.
Schwanenſtraße Nr. 37 zweiter Stock.
8850) In der Caſinoſtraße 17 im Vor=
derhaus
ein Parterre=Logis, 2 Zimmer,
1 Entreſol, Küche ꝛc.

Wieoaahel.

Vermiſchte Nachrichten.
8263) Bäckerei zu vermiethen. Wo?
ſagt die Expedition dieſes Blattes.

Der Winterkurſus in meiner Lehr= u. Erziehungs=Anſtalt
3323)
beginnt Donnerſtag den 18. October.
Schützeußraße S.
Junste EElda.
8769) Beim Beginn des Unterrichſes am 12. Octoder werden die beiden ſeither
geſchloſſenen Elementarklaſſen der Etadtmädchenſchule wieder eröffnet werden,
was den Eltern und Vormündern der dieſe Klaſſen beſuchenden, ſchulpflichtigen Kinder
hierdurch bekannt gemacht wird.
Darmſtadt, am 3. Oclober 1874.
Der Oberlehrer:
Rtuor.

8771⁄₈
T a m ſt a g

des I0.Oetober:
Im Caalbau

Schubert.
Beethoven.
J. S. Bach.
Mozart.
Schumann.
Nardini.
Brahmsu. Joachin

1
v79
B
121
GG
des Piauiſten C. Halle und der Violiniſtin W. Norman=Nernda.
Programm.
1) Sonate für Piano in 4
a Romanze in F
2) Violinſoli, b. Präludium in B
3) Thema mit Bariationen für Piano u. Violine aus
der F dur Sonate
a. Novelette in F
4) Pianoforte=Soli
b. Arabeska in
2. Larghetto in 4
5) Violin=Soli
b. 2 Ungariſche Tänze
6) Sonate, Piano u. Vieline in A moll Kreuzer gewidmei) Beethoven.
Anfang ½8 Uhr.
Einkrittskarten: (Sperrſitze 2 fl., Saal und Logen 1 fl. 12 kr.) ſind bis un
12 Uhr am Conceritage in den Buchhandlungen der Herren Vergſträßer, Klingelhöffe.
und Schorhopf zu haben.
Kaſſenpreiſe: Sperrſitz 2 fl. 20 kr., Saal und Logen 1 fl. 30 kr.
150
Glo
ERAI5L SGAIIDOhS.
Rückzahlbar am 1. Auguſt 1879 al pari.
Subſcriptionspreis 89½.
Die Subſcription findet am 6. 7. u. 8. October Statt, und werde,
gefällige Aufttäge hierzu ſpeſenfrei durch mich vermitielt.
Verdimamd Samder,
3775)
Louiſenplatz. Eck der Rheinſtraße.

7743) Eine gute Köckin geſucht.
Promenadeſtraße Nr. 47.

8776) Ein braves gewandtes Hau=
mädchen
wird geſucht. Promenade I.

[ ][  ][ ]

M 18½.

8851)
Kindergarten.
Montag den 12. d. Mts. beginnt das Winter=Halbjahr.

Das Comite.

1869
8772) Unterzeichneter wohnt jez=
Liebigſtraße Nr. 15.
Oberſtabsarzt
Dr. Aross.
8177) Eine in gutem Zuſtande befindliche
ſucht. Sofortige Offerten erbitſet man unter
T. TL. 67 an die Exv. d. Bl.
Erbacherſtraße 69 zunächſt der Station Roſenhöhe.
7 8907) Co wito eine Woglang mi=
größeren
Fabrikräumlichkeiten baldlaſt
Erößnung meines neuen Lokales
zu miethen geſucht. Offerten unter
Samſtag ven 10. Octsber mit freiem Concert von
Nr. 8807 nimmt die Exped. d. Bl.
entgegen.
der Capelle des Großh. Leibgarde=Infanterie=Regiments,

REGEGEGUIGUWIAIIUD Pelüſche=Garnitur wird zu kaufen ge=

Anfang 5 Uhr, wozu freundlichſt einlade.
Beſte Weine, wobei beſonders guten 12r empfehle,
vorzügliches Exportbier, ſowie gute Küche erlaube mir auf=
(8852
nerkſam zu machen.
Zum Kirgweihfeſt in Goddelau
aden auf Sonntag den 11. und Montag den 12. October höflichſt ein
Müller, Gaſtwirth zum Deutſchen Kaiſer.
Nühl. Gaſtwirth zur Eiſenbahn.

354)
Bekanntmachung.
Aachener und Künchener Feuer-Jorsicherungs.

Nachdem dem Herrn Kaufmann Georg Ernſt Ohl dahier eine Agentur der
bigen Geſellſchaft übertragen worden iſt, wird ſolches hiermit zur öffentlichen Kennt=
gebracht.
Darmſtadt, am 1. October 1874.
Rdolf Heyer, General=Agent.
Bezug nehmend auf obige Bekanutmackung enpfehle ich mich zur Vermittelung von
eiſicherungen und bin zu jeder ſonſtigen Auskunft bereit.
(O 6851)
Georg Hrmst Ohl.

8799) Einen Hausburſchen ſucht
J. G. Keller.

8855) Eine brave Frau ſucht Laufdienſt.
Große Ochſengaſſe 31.

8798) Ein Mädchen, das einer ſtillen
Haushaltung auf dem Lande vorſtiehen kann,
wird gegen ſehr hohen Lohn zu engagiren
geſucht. Näh. Schulflr. 6 bei Hrn. J. Münch.
8.
ZZwer Penſtonärinnen
geſucht. Engländerinnen erwünſcht.
Zahlung mäßig. Uebung in mehreren
Sprachen. Aufſicht beim Klavierſpiel.
Näheres Steinſtraße 8 Parterre.
8856) Für ez hieſiges En=gros=Geſchäft
wird ein angehender Commis geſucht.
Offerten unter B 3 an die Exped. d. Bl.
8857) Schüler finden Aufnahme u. Nach=
hülle
bei
Dr. Herber, Kiesſtraße 30.
8858) Ein Mädchen, im Nähen und
Kleidermachen geübt, ſucht Beſchäftigung. 3
Näheres Soderſtraße Nr. 12.
8859) Einige Mädchen können das Kleider=
machen
erlernen. Eliſabethenſtraße I.
M. Selzer.

8360) Ein Schüler mittlerer Claſſe in
Penſion geſucht. Nachhülfe auf Wunſch.
Beſte Reſerenzen. Die Exp. ſagt wo?

I.

Die Marzipan=Liſe.
Erzählung von H.
(Fortſetzung.)
Horvath lehrte erſt ſpät Nachmittags von Väſaͤrhely zurück; die
iedergeſchlagenheit Czenezös und ihre verweinten Augen ſchien
nicht zu bemerken; die alte Margit, die in unkluger Geſchwätzig=
it
die Entfernung ihres Lieblings zur Sprache zu bringen ver=
ſchte
, fertigte er kurz und barſch ab und ging dann, Geſchäfte
erwendend, nach der Stadt, wahrſcheinlich um Nachforſchungen
zuſtellen, ob Ferenez ſich nicht irgendwo in der Nähe verborgen
lte. Die Ergebniſſe ſeiner Wanderung ſchienen ihn befriedigt
haben, denn wieder heimgekehrt, zeigte er ſich milder und ge=
rächiger
als früher; des Schreibers gedachte er mit keiner Silbe,
gegen erklärte er beim Nachtmahl, das die Weinleſe dieſes Jahr
ergiebige Ausbeute verſpreche daß er um das nöthige Geſchirr,
2 Fichſung aufzunehmen, verlegen ſei und genöthigt ſein würde,
lbſt alte, ſchon halb ansgediente Fäſſer wieder in Gebrauch zu
hmen, und da er, um ſie nach Möglichkeit wieder auszubeſſern,
f Morgen den Küfermeiſter mit ſeinen Geſellen beſiellt habe,
lonne er erſt übermorgen die Reiſe nach Ofen antreten. Dieſe
achricht war für Ferenez allerdings eine biltere Zuthat zu den

Leckerbiſſen, die Czenezi in tiefer Nacht ihm zitternd in
das Kellerſtübchen hinunterſchmuggelte, denn er ſah dadurch
nicht nur ſeine Gefangenſchaft verlängert, ſondern auch ihre Be=
quemlichkeit
wie ſeine Sicherheit weſentlich beeinträchtigt Zwar
befanden ſich die Füſſer, die wiederhergeſtellt werden ſollten, im
oberen Kellergeſchoſſe. aber wie leicht konnte es Horvath oder
einem der Küfer beifallen, auch in das untere hinabzuſteigen ?
Er mußte nicht nur, da ihm ſonſt das ganze untere Kellerge=
wölbe
zugebote ſtand, ſich fortan ſtreng auf den engen Raum
des Stübchens beſchränken, ſondern auch, wenigſtens während der
Arbeitszeit der Küfer, auf alle Beleuchtung verzichten, damit ihn
nicht etwa der Lichtſchimmer, der durch eine Ritze der Thür
dringen konnte, verrathe; ja es ſchien ſogar nöthig, die Thür des
Stübchens, damit kein Unberufener, abſichtlich oder zufällig, ſie
öffne, zu verſchließen, was nur von außen geſchehen konnte, da
an der innern Seite derſelben Schloß oder Riegel anzubringen
bei der Beſtimmung des Stübchens niemals auch nur in Frage
gekommen war. Wie läſtig und unangenehm alles Dies auch
ſein mochte, es mußte gleichwohl von Ferenez als ein Unvermeid=
lſches
ruhig ertragen werden, wenn nicht die Unruhe und Beklom=
menheit
Czencz's, die mit jedem Augenblicke zuzunehmen ſchien,
ſich zur vollkommenen Faſſungsloſigkeit ſteigern ſollte.

[ ][  ]

1870

N 197.

Dieſer Gefahr zu begegnen, bemühte er ſich auf alle Weiſe
die Bebeutung ihrer Mitthellung zu verringern, durch Liebkoſun=
gen
ihre Beſorgniß zu übertäuben und als ſie endlich halbge=
tröſiet
Abſchied nahm, hieß er ſie ſcherzend ihr Vöglein in ſeinem
Käfig wohl verſchließen, aber auch ja auf die Schlüſſel wohl
Acht haben, daß er nicht etwa durch ihren Verluſt in ſeiner frei=
willigen
Haft zu einem höchſt unfreiwilligen Faſten gezwungen
werde.
Tags darauf erſchlenen am frühen Morgen wirklich der
Küfer unb ſeine Geſellen im obern Kellergeſchoß und weckten
alsbald, den ſchadhaften Fäſſern neue Bänder und Reifen antrei=
bend
, mit der; Gepoch ihrer Schlägel der Widerhall ſeiner Ge=
wölbe
. Horvath ging ab und zu, überwachte den Fortgang der
Arbeit, unterließ aber nicht, von Zelt zu Zeit in der Gegend
herumzuſtreifen, um zu erkunden, ob Ferenez ſich denn auch wirk=
lich
ganz und gar entfernt habe. Der= Kellerſtübchen aber nahte
den ganzen Tag hindurch weder er noch einer der Küfer, die, von
allen Seiten in Anſpruch genommen, uur auf Förderung ihrer
Arbeit bedacht waren. Dagegen mußte Ferene, als Czenezi
ihrem Gefangenen gegen Mitternacht wieder Speiſe und Trark
zutrug. von ihr in Erfahrung bringen, daß der Vater, ſei es
der Küfer wegen oder weil das plötzliche, purloſe Verſchwinden
des Schreibers ihn mehr beunruhizte als zufriedenſtellte, ſeine
Abreiſe wieder um einen Tag hinausgeſchoben hätte. Ferenez
nahm die Nachricht von dieſer neuen Verzögerung bei weitem
weniger gefaßt und gleichmüthig auf, als er ſich am vorigen Tag=
der
Nothwendigkeit des engern Verſchluſſes in ſeinen Käfig ge=
fügt
hatte. Während Czenezi durch die wechſelnden Gemüthsbe=
wegungen
des vorigen Tages in ſolche Aufregung und in ſo
fieberhafte Spaunung gerathen war, daß eben dieſe Steigerung
ihres geſammten Seelenlebens ihr jetzt wieder, trotz aller innern
Erſchöpfung, den Anſchein von Kraft, ja ſelbſt von Ruhe gab,
war bei Ferenez das Gegentheil engetreten; ſeine Seelenſtärke
war infolge der dunkeln Haft erlahmt und haltlos in ſich zuſam=
mengebrochen
.
Selbſt die Ausſicht, in naher Zukunft das Ziel langjähri=
gen
, uner müdeten Beſtrebens zu erreichen und in Fülle des Reich=
thums
die langentbehrten Mutel zur Fülle des Lebensgenuſſes
zu beſitzen, ſchien ihren Zauber für ihn verloren zu haben und
unfähig geworden zu ſein, die finflern Geſtalten zurückzudrängen,
die Nachts in der lautloſen Stille des dunkeln Kellerſlübchens
vor ihm emportauchen mochten. Er war es, der jetzt verwirtt,
beängſtigt und vor jedem Geräuſch zuſammenſchreckend von
Czerezi beruhigt und getröſtet werden mußte; Gefahren würde
er muthig beſtanden haben, den Schiecken der Einſamkeit ver=
mochte
er nicht die Stirn zu bieten; und als (Czenezi Ab=
ſchled
nahm und wieder die Thür des Stübchens hinter ſich
verſchließen mußte, hielt er zurück und wieder zurück und gehabte
ſich nicht anders, als ſollte er für immer von Licht, Luft und
Leben abgeſchieden werden.
Endlich, am dritten Tage gegen Mittag, machte ſich Hor=
vath
fertig, die längfi beſchloſſene Reife nach Ofen anzutreten.
Der Wagen war anzeſpannt und Horvath. von Baſe Margit
und ſeiner Tochter be=leitet, trat aus dem Hauſe, vor dem ſich
das Geſinde, der Abfahrt ihres Herrn gewärtig, verſammelt
hatte. Horvath ertheilte ſelne letzten Aufträge; den Knechten be=
fahl
er, das Haus vor Zigennern, Bettlern und anderm Geſin=
del
in Acht zu nehmen und Thor und Thüren wohlverſchloſſen
zu halten; die Mägde hieß er Feuer und Licht behüten, und nach=
dem
er Frau Margit die Aufſicht über das Geſinde und die
während ſeiner Abweſenheit zu vollendenden Arbeiten, vorzüglich
jene der Küfer, ans Herz gelegt hatte, wandte er ſich zu ſeiner
Tochter. Dieſe, in tiefſter Seele von Vorwürfen und Reue
zerriſſen und gefoltert von dem Bewußtſein, ihren alten, liebe=
vollen
Vater ſo grauſam tüuſchen und für lange Zeit, vielleicht
für immer unkindlich verlaſſen zu wollen, warf ſich krampfhaft
ſchluchzend in ſeine Arme, und ſo groß war ihre Erſchütterung,
daß es nur weniger rührend eindringlicher Worte ihres Vaters
bedurft hätte, dem ſchwerbeladenen Gemüthe des verirrten Kindes

ſein Geheimniß abzulocken und die Anſchläge Ferenez für immer
zu vereiteln. Aber der Unſtern Horvath's hatte über ihn ver=
hängt
, daß er, wie früher durch thörichten Leichtſinn, jetzt durch
unzeitige Strenge begünſtigen ſollte, was er am liebſten vermie=
den
hätte. Er zog das zitternde Mädchen auf die Seite und
ſagte ihr in rauhem, barſchem Tone, das Geweſene und Geſche=
hene
wolle er vergeſſen und vergeben, aber auch ſerner eitle Aus=
lüchte
nicht mehr gelten laſſen; er habe Herrn Farkas, dem rei=
chen
- pecereihändler in Fünfkirchen, ihre Hand zuzeſagt und
vor Allerheiligen müſſe ſie Hochzeit gemacht haben. Mit dieſem
Worte wälzte ſich wieder der Grabſtein des Trotzes üher die
Tiefeu ihrer in kindlichem Vertrauen ſich öffnenden Seele; ſie
weinte, aber ſie ſchwieg, und als Horvath, von den beſten Wün=
ſchen
der Hausgenoſſen begleitet, dahingerollt war, ſchwankte ſie
ſtumin und blaß in ihre jeammer zurück, um die wenigen Hab=
ſeligk
.icen, die ſie auf ihrer Flucht mitzunehmen gedachte, in ein
Bündel zuſammenzuraffen. Nur mit Mühe gelang es ihr, ihren
Vorſatz auezuführen; denn der Nückſchlag der übermäßigen Auf-
regung
, der verzehrenden Unruhe, in der ſie die letzten Tage zu=
gebracht
=hatte, machte allmählig in dumpfer Abſpannung des
Geiſtes, in gänzlicher Etſchöpfung ihrer Kräfte immer mehr ſeine Rechte
auf ſie geltend. Bleierne Schwere lagerte ſich auf ihre Glieder;
bald von Froſt geſchüttelt, bald in Fieberhitze glühend, vermochte
ſie nicht mehr die Wucht des heißen, von dumpfem Schmerz wie
mit einem Eiſeuringe umfangenen Kopfes aufrechtzuhalten, und
erſchöpft und leidend wie ſie war ſireckte ſie ſich auf ihr Lager,
um in erquickender Ruhe neue Kräfte zu ſammeln.
(Jortſetzung folgt.)

Kitthellungen aus Stadt und Land.
Der Sitz der landwirthſchaftlichen Centralkaſſe für
Heſſen iſt von Worms nach Darmſtadt verlegt und ſind die Herren
Hofgerichts=Advokat Freiherr von Wedekind als Director, Carl Gaule als
Rendant, Fabrikant Kolbe als Controleur erwählt; als Inſpector fungirt
vorläufig Herr Generalſecrectär Dr. Weidenhammer.
Die Vorleſungen und Uebungen an der polytechniſchen Schule
beginnen Donnerstag den 8. October. Im Intereſſe unſerer Leſer machen
wir darauf aufmerkſam, daß nach 8 8 des Programms auch Solche zu der
Vorleſungen als Hoſpitanten zugelaſſen werden, welche vermoͤge ihrei
Lebensſtellung nicht in der Lage ſind, als Studirende eintreten zu können.
Es haben bisher ſchon Officiere, Beamte und Prioate dieſe günſtige Ge=
legenheit
zu eingehenderer Ausbildung benutzt; im Winter=Semeſter 1874775
erſcheinen (in Rückſicht auf die Tageszeit dem Stundenplan gemäß nament=
lich
ſolgende Vorträge für Ho=pitanten geeignet: Geſchichte der deuiſcher
Literatur des 18. Jahrhunderts bei Proſeſſor Roquctte; Phyſikaliſche Geo
graphie (über Eis= und Eistegionen) bei Profeſſor Dr. Fiſcher, beide Mon
tags und Donnerstags von 5-6 Uhr Nachmittags; Kunſtgeſchichte (erſt
Entwicklung der Kunſt des chriſtlichen Mittelalters; Geſchichte der bilden
den Künſte im karolingiſchen Zeitalter, in der romaniſchen und gothiſche
Epoche) bei Hofrath Prof. Dr. Schäfer Dienstags und Freitags von
bis 6 Uhr; Elettricitat bei Prof. Dr. Kohlrauſch Dienslag Nachmittae
4-5 Uhr.
Wie wir vernehmen erleichtert die Direction des Polytechnikums
ſolange die vorhandenen Räume und das Intereſſe der ordentlichen St=
direnden
es ermöglichen - den Hospitanten den Zutritt auf alle Wei
und darf daher angenommen werden, daß die Tragweite dieſer vorthei
haſten Einrichtung immer mehr erkannt werde.
Der neue Waſſerſchacht im Soder zunächſt dem großen Woog:
jetzt in beträchtliche Tieſe geſührt; der Zufluß kann in der That ein ſel
ſtarker genannt werden. Einem großen Theile der Stadt kann mit de
dort ſich ergebenden Waſſer geholfen werden
M. 3.)
Im Auſtrage des Landes=Verbandes heiſiſcher Feuerwehren wur
der Direltion der Main=Neckar=Bahn eine Vorſtellung betreffend die koſte
freie Beſörderung von Hülſsmannſchaften und Löſchgeräthen nach ein=
auswättigen
Brandorter eingereicht.
Samstag den 10. ds. ſindet eine theilweiſe (ringſoͤrmige Sonne
finſterniß ſtatt. Die Verſinſterung beginnt um 9 Uhr 52 M. und
det 23 M. nach Mittag; fie iſt in ganz Guropa ſichtbar außer im ſi
weſtlichen Spanien.
- Die von Herrn Küfermeiſter Gelſius verfertigten Weinfüſſ
worauf wir unſer Leſer bereits in Nr. 182 unſeres Blattes ihter Gre
halber aufmerkſam gemacht haben, ſind zu jedermanns Einſicht bis Mon=
Morgen in der Friedrichſtraße ausgeſtellt, von welchem Tage ab dieſell
hrer Beſtimmung nach Frankreich zugeführt werden.

Nedaclhu und Verlaa: L. C. Wittich'jſae Hofvuchdruckerei.