Darmstädter Tagblatt 1874


11. September 1874

[  ][ ]

8
8
BETILIN

Abonnementsprelz
2fl 48 tr jähtlich incl. Bringeclohn.
Auswärts werden von allen Poſt=
Amtem Beſtellungen enigegengenom=
men
zu 53 kr pro Quanal incl. Poſt=
aufſichzag
und Beſtellgebühr

Frag- und Anzl
137 Jahrgang.

pE

werderaigtenonhaen bir Darmſtat
vor der Eäpediton Rheinſtt. Nr 25
in Beſjungen von Friedr. Blößer,
Friedrighsitt Nr. 7 ſowie auswaͤrts
von allen ſolden Annoncen= Erbe=
disonen

Amkliches Organ für die Bekannkmachungen des Großherzoglichen Ereißamts Darmſtadl.

RL. 47T.

Freitag den I1. Septe=

44T E.

7930) Veröffentlichung
aus dem Firmen=Regiſter Großherzoglichen
Stadtgerichts Darmſtadt.
Am 18. Auguſt d. J. wurde folgender/
Eintrag vollzogen:
Gottlob Schäffer iſt ſelt 1. Au=
guſt
d. J. aus dem unter der Firma:
Joſ. Loſſen u. Schäfferu dahier beſtandenen
Geſchäfte ausgetreten und wird letzteres
ſeitdem von Joſeph Loſſen unter der Firma
Joſ. Loſſen; auf alleinige Rechnung weiter
betrieben.
Darmſtadt, am 5. September 1874.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
J. V. Gr. St.=R.:
Vogel, Stadtgerichts=Aſſeſſor.
Bekanntmachung.
Die bei der Herſtellung einer Straßen=
kandel
vorkommende Steinhauerarbeit und
Gußeiſenlieferung ſoll auf dem Goumiſſions=
weg
vergeben werden.
Die hierauf bezüglichen Offe.ten ſind bis
zum Samſtag den 12. Ifd. Monats, Vor=
mittags
9 Uhr, bei unterzeichneter Stelle
elnzureichen, woſelbſt Voranſchlag und Be=
dingungen
zur Einſicht offen llegen.
Darmſtadt, am 8. September 1874.
Das Stadtbauamt Darmſtadt.
7895)
Hechler.

Neyjahrs-GratolationsHarten
mit hebräiſchem Text
enpfichlt für bevorſtehendes Feſt
L. B. Müller,
7750)
Ecke der Schul= und Kirchſtraße.
7931)
Vorzüglichen
1873r Rheinwein,
welcher ſeither per Schoppen 16 kr. koſtete, verkaufe von
jetzt ab den Schoppen zu 13 kr. Für deſſen Reinheit
wird garantirt.
HeturteD mels.
vorm. Warnecke.

7824) Eine Kettenſtich=Nähmaſchine
mit Tiſch und ein faſt neues Petroleum=
heerdchen
mit 4 Flammen ſind wegen
Abreiſe billig zu verkaufen. Annaſtraße 6.

3 Upen-Mräuter-Ihee

Man

Feilgebotenes.
6479) Ein weißer, runder, mittel=
großer
Porcellan=Ofen für Holz=
Feuerung iſt ſehr billig zu verkaufen.
Näheres im Verlag d. Bl.
7519
Melonen,
Dieburgerſtraße Nr. 41.
5814) Ein Haus mit Laden und
Garten, welches der guten Lage halber
ſich zu jedem Geſchäft eignet, iſt zu
verkauſen. Näheres bei der Exp. d. Bl.
7869) Ein Ohmfaß iſt zu verkaufen.
Neckarſtraße Nr. 15 mittlerer Stock.

J
2
zu haben bei
[8454
Carl Schweikert, vorm. P. J. Beaurh.

7932)

Faß=Verkauf.

3 Stück=Faß 1-5 Ohm, 2 4 Ohm
und einige 2 öhmige weingrüne Füſſer ſiehen
zum Verkauf auf dem Carlshof bei
F. Foltz.
7933) Eine ſehr gute Kelter u. Apfel=
mühle
zu verkaufen bei
M. Junghaus, Mauerſtraße 8
Aruxh.
EniirresrrietnigaitiAAarr.

Vermiethungen.
4750) In einem neuen Hauſe der zweit=
Stock für 250 fl., ſowie ein Manſarden=
Logis für 150 fl. auf einm der höchſten
freien ſchön gelegenſten ſüdlichen Punkte
Darmſtadt's auf ſogleich zu vermiethen.
Näheres Beſſ. Ludwigſtr. 86.
Daſelbſt auch 3 kleinere Zimmer im erſten
Stock zu vermiethen.

4214) Ein Zimmer mit oder ohne =
bel
zu verwiethen. Promenadeßraße 13.
6175) Beſſunger Heidelbergerſtraße 89
1ſ1 der 2. Stack mit allem Zugehör zu verm.
04r
AAUAaanavnelelaſlelAauazeHrai
6373) Zwet groge Zimmer, parterre,
ſind zum Auſzewahren von Möbeln,
4
H Büctzern u. dzl. ſofort zu vermiethen.
Näheres in der Exp. d. Bl.
Au
6892) Stiftſtraßs 55 ein hübſches Man=
ſarden
=Logis alsbald zu vermiethen und am
1. October zu beziehen.
7453) Kiesſtraße Nr. 26 iſt vom 1. Bep=
tember
an ein Logis mit Werkſtätte zu verm.

W
Gl
TTTAN

1480) Rheinſraße23 iſt viebeltz=
5
d4 Etage, beſtehend aus 6 Piecen, Küche,
84 Magdſtube, Bodenkamger und allen d
7 Bequemlichkeiten, ſowie Antheil am d
d6 Garteu, an eine ruhige Familie zu ver=
miethen
und voml. Oct. an zu beziehen.
pwuvviees
4
AAAaaxrzrz,
7775) Bleichſtr. 5 moͤbl. Parterrezimmer
7788) Eck des Mathldenplatzes u. Zeug=
hausſtraße
iſt die bel Etage auf Wunſch
baldigſt zu beziehen.
Georg Nungeſſer.
7878) Ein ſchön möblirtes Zimmer, Aus
ſicht nach der Straße per 1. Oct. zu verm,
450

[ ][  ][ ]

7837) Beſſ. Carlſtr. 3 ein möblirtes
Zimmer für 10 fl. im 2. Stock und eines
in der Manſarde für 6 fl.
7879) Möblirtes Zimmer, bel Etage,
Schulftraße Nr. 6.
7934) Wienerſtraße Nr. 9
bel Etage von 4 Zimmern mit allem Zubehör,
ſofort beziehbar.
7935) Lielchſtraße Nr. 35 parterre ein
ſein möblirtes Zimmer zu vermiethen und
ſogleich zu beziehen.
7936) Gardiſtenſtraße Nr. 7 ein Logis
zu vermiethen. Preis 72 fl.

Krieger=Verein!
Zur raſcheſten Förderung unſeres Zuſtandekommens laden wir hiermit alle d=
jenigen
Herren Cameraden, welche durch ſchriftliche Aufnahme in unſere Stammrol
noch nicht ihren Beitritt kunbgegeben, auf das herzlichſte u. dringendſte hiermit ei
Gonntag den 12. d. Mts, Abends 8 Uhr,
m Schützenhof dahier unter Vorzeigung ihrer Militärpaplere zohlreich zu erſcheine
Indem wir zugleich bemerken, daß etwa ſpäter ſich Anmeldende nicht als Gründ,
des Vereins betrachtet werben können und bemgemäß das in 8 8 der Statuten vorg
ſehene Beitrittsgeld zu entrichten haben, geben wir uns der feſten Ueberzeugung hi=
daß
alle Herren Cameraden, welches ein warmes Intereſſe an unſerer Sache habe
bei den Erſten ſein wollen, welche dem Vereine beitreten.
7937)
Das proviſoriſche Comite.

Wermiſchte Nachricten.

7743) Eine gute Köchin geſucht.
Promenadeſtraße Nr. 47.

7885) Ich ſuche 8 gute Weißbinder=
Gehülfen auf dauernde Arbeit in melne
Pbilipp Schaub,
Werkſtatt.
Arheilgerftraße Nr. 14.
7892) Kräftige und fleißige Fabrik=
Arbeiter finden lohnenden Verdienſt.
Rheinſtraße 25.

7894) Ein Mädchen mit beſten Zeug=
uiſſen
verſehen ſucht bis Michaeli eine
Stelle. Nah. Neckarſtr. Nr. 20, 1r Stock.

7915) Meine Wohnung befindet ſich jetzt
Roßdörſerſtraße Nr. 46.
Darmſtadt, den 8. September 1874.
Peter Bell, Weißbindermeiſter

Homeuhasche vesangschulé
7938)
in Frankfurt a. M.
Zweck derſelben: Unterricht von Dllettanten, Ausbildung für Bühnen= un
Concert=Geſang und Vorbereitung für das Lehrfach.
Der Claſſen=Unterricht umfaßt: Geſangliche Vordereitung, Solo= und Euſembl
Geſang, Darſiellung, Methodik, italieniſche Sprache.
Anfang des Winter=Semeſters Donnerſtag den 15. October. Anmeldunge
in unſerer Wohnung: Humboldſtraße 21 von 2-3 Uhr an den Wochentagen.
Daſelbſt und in den Muſikalien=Handlungen Proſpekte gratis.
AEbert Honeuka,
Bohanna Honeuha-ardn

7817) Schutt jeder Art kann abgeladen
werden gegen Vergütung von 9 kr. in der
unteren Wilhelmsſtraße Beſſungen Nr. 32.
7919) Ein Müdchen, welches im Nühen
geübt iſt, wünſcht noch einige Kunden an=
zunehinen
. Näheres Ballonplatz 7.
7921) Ein gebildetes Mädchen von bra=
ven
Eltern wird in ein hieſiges Ladengeſchäft
zu engagiren geſucht. Näheres in der Exp.

Ein Kindermädchen,
welches nähen und bügeln kann, wird zum
15. dieſes Monats geſucht von Frau Eiſen=
ahn
=Baumelſter
925)
Hottenroth, Hochſtraße I,
H. 62601
Frankfurt a. M.

O=
8 Nuch Frankfurt a. M.
gehen von Darmſtadt am 26. d. Mts.
zwei große Möbelwagen leer zurück; es
können durch dieſelben Möbel ꝛc. billig mit=
genommen
werden und beliebe man ſich des=
halb
an die Möbel=Transport=Anſtalt von
G. L. Jansen in Frankfurt a. M.
zu wenden.
(6101)
7940) Ein Mädchen für Küche und
Hausarbeit zu Michaeli nach Worms ge=
ſucht
. Näheres Hügelſtraße 37.

7936a) Zur Führung einer Dampf=
Maſchine wird ein erprobter Mann
geſucht. Die Stelle iſt eine dauernde.
5rco. Offerten sub 6 62619 befördert di=
Annoncen=Expedition von Haaſenſtein &am;
Vogler in Frankfurt a. M.;

7941)
Verloren.
Samſtag den 5. d. Mts. wurde von dem
Ludwigsmonument bis zur Neckarſtraße drei
Stück Heſſ. Ludwigsbahn=Obligationen Lit. A.
Nr. 3930, 3931 und 3933 109 Rthlr.
nebſt Coupon verloren. Der redl. Finder,
welcher durch das bereits eingeleitete Amor=,
tiſations=Verfahren keinen Gebrauch davon
machen kann, wird erſucht, dieſelben auf dem
hieſigen Polizelbüreau gegen eine gute Be=
lohnung
abgeben zu wollen.

7942) Bei der am Hittwoch de
9. September in der Turnhalle abg=
naltenen
Wahlversammlung des VI. Be
zirks wurde ein neuer violetter Lanella
Schirm mit Fischbein-Gestel Gbraune
Griſk mit Pudelkopf) vertauscht. De
unrechtmässige Besitzer wolle den hir
terlassenen schwarzen Alpacca-Schirt
dagegen bei Hrn. Hausverwalter Mülle
alsbald in Emptang nehmen.
7943) Bei der Verſammlung des 4. Wahl
bezirks wurde ein Hut vertauſcht.
Umtauſch Ludwigſtraße 9.

7945) Geſucht für eine Herrſchaft ohn
Kinder eine feine zuverläſſige Köchin, di
auch Hausarbeit übernimmt. Näheres be
Frau Rabe, Mühlſtraße 62.

7946) Am 9. Sept. Nachmittags iſt
in der breiten Allee der Tanne ein graue=
Kragen vor einem ſinder=Regenmantel ver
loren worden. Man bittet um Rückgab=
gegen
Belohnung Neckarſtraße 17.

[ ][  ][ ]

122.

1665

u

del
abge
Be
ella.
unel
Del
hin,
hirn
ülle)

Lahl=

ohne
dies
kei,
iſt
zuer
ver=
gabe

in der Annoncen=

19 jeden Inhalts in alle auswärtigen u.
AnuADundauhuu Ml MSOTAs hieſigen Zetunzen zu Originalpreiſen, 261 45. Expedition von
Ridolſ Hasse, FranhLurt a. M.
Vertreter für Darmſtadt: W. A. Gaertner, Woogsplatz 3.

Füup er
in den beſten Lagen, mit und ohne Beſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchöne=
Zartenanlagen, Bauplätze ſinb durch den Unterzeichneten zu verkaufen.

Detr.: Die Sedanſeier zufBeſſungen.
Rechnungsabſchluß.
Die Einnahme betrug:. 84 fl. 15 kr.
Die Ausgabe 81 28

M. Neuſtadt, Aexanderſtraße

7944) Schüler, welche hiefige Lehranſtalten
beſuchen, finden freundliche Aufnahme, ſowie
Gelegenheit, ſich unentgeldlich in der franz.
und engl. Sprache auszubilden. Näheres
verlängerte Frankfurterſtraße 66.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag. 11. Sept., 4. Vorſtellung im 1. Ab.:
Roſa und Röschen. Schauſpiel in 4 Akten von
Ch. Birch Pfeiffer. Röschen, Fräulein Weidt,
vom Herzogl. Hoſtheater in Meiningen, als An=
trittsrolle
.

Ueberſchuß 2 fl. 47 kr.
welcher an Pfarrer Noack zur Vertheilung
an bedürftige Krieger aus 187071 üher=
geben
worden iſt.
Den freundlichen Geldſpendern danken
wir hiermit herzlich.
Für das Comite:
Noack, Pfarrer.
Hch. Schulz.
7947)
Jung, Lehrer.

Die Marzipan=Liſe.
Erzählung von H.
(Fortſetzung.)
Am nächſten Morgen, als Horvath dem jungen Manne zur
Probe eine der vielen Rechnungen vorlegte, die zu ſeiner großen
Verlegenheit durch den vor einigen Wochen erſolgten Tod ſeines
Buchhalters in Unordnung gerathen waren, zeigte ſich bald, daß
Franz Bauer den Verſtorbenen nicht nur an Richtigkeit der Auf=
faſſung
, Gewandtheit und Scharfſinn, ſondern auch an Kennt=
niſſen
weit übertraf, ſodaß Horvath ſich auf der Stelle der Dienſte
des junçen Mannes zum Aoͤſchluß der unvollendete Nechnungen
und zur Aufarbeitung der in Briefwechſel und Buchführung er
wachſenen Rückſlände verſicherte. Die Löſung dieſer Aufgaben
konnte beiläufig ſechs Wochen in Anſpruch nehmen; allein der
Eifer, den Franz in der Erfüllung der übernommenen Pflichten
bewährte, und die Leichtigkeit, mit der er die verwickelſten Ge=
ſchäfte
gleichſam ſpielend bewältigte, ohne daß ſeine Arbeiten da=
bei
an Gehalt und Genauigkeit auch nur im mindeſten verloren
hätten, machten ihn ſeinem Dienſigeber bald ganz unentbehrlich.
Schon nach Verlauf eines Monats ſchlug Horvath dem neuen
Hausgenoſſen vor, die Stelle jeines Vorgängers mit allen damit
verbundenen Ehren und Genüſſen bleibend einzunehmen und legte
ihm die Annahme ſeines Antrags ſo nahe, daß es dem jungen
Manne ein Leichtes geweſen wäre, durch ſcheinbare Weigerung
auch noch höheren Anſprüchen Geltung und Gewährung zu ver=
ſchaffen
. Allein Franz war zu klug, um für einen kargen Ge=
winn
in der Gegenwart vielleicht für alle Zukunft an Gunſt
und Vertrauen verlieren zu mollen. Er nahm Horvath's Antrag
als unverdiente Huld und Ehre demüthig=dankbar an und pries
ſich hochbeglückt, fortan dauernd einem Hauſe angehören zu dür=
ſen
, deſſen Mitglieder ihminsgeſammt mit ſo freundlichem Wohl=
wollen
, ſo herzlicher Theilnahme entgegenkämen. Der Schreiber
Ferenez, wie er nun nach ſeiner Beförderung genannt wurde,
war wirklich in kürzeſter Zeit der Liebling aller Hausgenoſſen
geworden. Schon in den erſten Tagen nach ſeiner Ankunft hatte
er allmälig den menſchenſcheuen, urgwöhniſchefinſtern Trotz, mit
dem er zuerſt aufgetreten war, mit einem ſanſten, leidenden We=
ſen
, mit ſtiller, ſchüchterner Freundſchaft und dem rührenden
Beſtreben vertauſcht, Jedermann in jedem Wunſche zuvorzukom=
men
und Allen Dienſte zu leiſten, ohne je welche für ſich in An=
ſpruch
zu nehmen. Die Regentin des Haujes, die alte Magit,
wußte er durch ſeine ungewöhnliche Frömmigkeit, durch die laute
Anerkennung der Vortrefflichkeit ihrer Haushaltung, vor allem
aber durch die danlbare Bereitwilligkeit einzunehmen, mit der er
bei ſeinen häufig wiederkehrenden Augenleiden die unerſchöpfliche
Fülle ihrer Heilmittel über ſich ergehen ließ; die Kuechte des
Hauſes machte er ſich theils durch kleine Geſchenke, theils durch

die Würme geueigt, mit der er ihre Bitten um Urlaub oder Zu=
lage
bei ihrem Dienſtherrn befürwortete; die Mägde aber beſtach
er durch freundliches Grüßen, beſcheidenes Lobpreiſen ihrer Reize
und durch die ſchwermüthig klagenden Töne, die er in ſchönen
Mondnächten, am Brunnenrande hingelehnt, ſeiner Flöte zu ent=
locken
wußte. Czenezi, die Tochter des Hauſes, war es, der er
ſich von Allen zuletzt, aber nicht minder erfolgreich, näherte. Das
erſte Auftreten Ferenez hatte einen abſtoßenden Eindruck auf
das ſiebzehnjährige, einfach ſchiichte Mädchen gemacht; 1s war
ihr nnheimlich in ſeiner Nähe, ſie fürchtete ſich vor dem ſtarren
Vlicke ſeines hellblaues Auges; aber die Lobeserhebungen des
Vaters, das gefällige Aeußere, das feine Weſen des jungen Man=
nes
verwiſchſen bald dieſen erſten Eindruck; die Berichte der
Mägde und der Baſe Martzit von der Niedergeſchlagenheit, dem
ſichtlichen Kummer des armen Schreibers gewannen ihm allmälig
in demſelben Maße ihre Theilnahme, als die von allen Seiten
geprieſene Fülle ſeiner Kenntniſſe ihre beneidende Bewunderung
erragte. Bei allem Reichthum Horvath's war nämlich der Un=
terricht
, den Czenzi in jenen Tagen in einer Landſchaft Ungarns
empfangen konnte, weit hinter den Wünſchen des Vaters wie der
Tochter zurückgeblieben; vor allem war ihre Kenntniß der deui=
ſchen
Sprache üußerſt mangelhaft, und dieſen Umſtand wißte
Ferencz zu benutzen, um auch nach dieſer Seite hin ſeine Stel=
lung
zu befeſtigen. Sein Anerbieten, ihr in ſeinen freien Stun=
den
in dieſer Sprache Unterricht zu ertheilen. wurde von Hor=
vath
mit Beifall, von Czenczi mit Entzücken angenommen, ja dieſe
Letztere beſtand darauf, ihrem Lehrer dafür die Elemente der un=
gariſchen
Sprache beizubringen. Der wechielſeitige Unterricht
begann und wurde von den jungen Leuten, die ſich anfangs nur
nothdürftig verſtanden, mit ſo ungewöhnlichem Erfolge fortgeſetzt,
daß Czenezi ſchon nach einigen Monaten der Baſe unter dem
Siegel der Verſchwiegenheit vertrauen konnte, daß die Braut des
armen Ferenez ihn treulos verlaſſen und einen Andern geheira=
thet
habe; daß er darüber verzweifelnd in die weite Welt gegan=
gen
und erſt jetzt wieder ſo weit ſei, der Stimme der Vernunft
Gehör zu geben und Troft anzunehmen; ein Bericht der mit
ſeltſamer Unruhe und häufigem Erröthen vorgetragen, eine welt=
kundigere
Zuhörerin als die alte Margit über die Perſon der
Tröſterin und die Art und Weiſe der Tröſtung wohl kaum in
Zweifel gelaſſen hätte.
Indeſſen hatten die raſchen Fortſchritte des Schreibers Ferenez
in der Gunſt der Hausgenaſſen dem Glücklichen im Stillen einen
Feind erweckt, der aͤllmählig hervortretend ihn aus der ſiegreich
eingenommenen Stellung wieder hinauszudrängen oder ihm doch
die Ausbeutung derſelben zu erſchweren drohte. Dieſer Feind
war Antal, der Schaffner des Hauſes. Sei es, daß Ferencz
ihn zu geringer Aufmerkſamkeit gewürdigt hatte, oder konnte An=
tal
, aus der Marmaros gebürtig, und ein Ungar mit Leib und

[ ][  ]

1666

N 177.

Seele, es nicht verſchmerzen, dem verhaßten Schwaben eine
Stelle vrtraut zu ſehen, zu deren Uebernahme er ſelbſt früher
ſich unfähig bewieſen hatte, genug er ſcheute keine Mühe, jedem
Schritt des Schreibers nechzuſpüren, und es gelang ihm auch mit
dem Scharſblicke des Haſſes Bemerkungen zu machen, die, ver=
giftet
durch die Folgerungen des Argwohns und mit der Beredi=
ſamkeit
der Mißgunſt verbreitet, allerdings geeignet waren, ſeinem
Gegner Verlegenheiten aller Art zu bereiten. Vor allem wußte
Antal hervorzuheben, daß die Duplicate der Zeugniſſe, die dem
Schreiber zu Fünfkirchen geſtohlen worden, von Wien nicht ein=
treffen
wollten; wobei er nicht verfehlte, zugleich auf den ſelt=
ſamen
Umſtand hinzuweiſen, daß die heftigen Anfülle von Kopf=
gicht
und Angenleiden, denen der Schreiber unterworſen war und
die ihn jebesmal nöthigten, ſein Antlitz mit Binden und Schir=
men
aller Art zu umhüllen, ihn faſt regelmäßig an den Tagen
heimzuſuchen pflegten, an denen Handelsfreunde des Herrn aus
Steiermark oder Kärnten im Hauſe zu Gaſte wären; ja, er be=
hauptete
, Beweiſe in Händen zu haben, daß Ferenez die Augen=
wäſſer
, Salben und Kräuterſäckchen der Baſe Margtt, wie ſehr
er beren Heilkraft auch rühme, meiſt ungebraucht, wie er ſie em=
pfangen
, beiſeite weiſe. Aber auch von anderer Keite her be=
mühte
ſich Antal den beneideten Günſtling ins Gedränge zu
bringen, indem er ganz unverhohlen ſein Erſtaunen, ja ſeine En=
rüſlung
äußerte, daß ein ſo gewiegter weltläuſiger Mann wie
Herr Horvath ſeine einzige Tochter und Erbin mit einem von der
Straße aufgeleſenen, ſo ganz unvorhergeſehenen Menſchen, wie
der Schreiber wäre, ſtundenlang in einer Sprache verkehren laſſe,
die den übrigen Hausgenoſſen mehr oder weniger unverſtändlich
ſei; ſo viel wäre wenigſtens gewiß, daß die Wangen Czenczi's
nach ſolchen Zuſammenkünften mit dem ſchönſten Scharlachtuch
in dem Waarenlager ihres Vaters an Farbenpracht wetteifern
könnten, während Ferenez, wenn er ſeine Schülerin verließe, nicht
anders einhergehe, als ſollte er nächſtens Palatin oder gar König
von Ungarn werden. Solche Aeußerungen pflegte er mit häu=
ſigem
Kopfſchütteln und bedauerndem Achſelzucken zu begleiten,
oder ſie mit einigen Sprichwörtern, als: Der Bock tauge nicht
zum Gättner', Fette Biſſen wären leicht verſchlungen= und Ge=
egenheit
mache Diebel, zu beſchließen, und ſo lant und unab=
läſſig
wiederholte er aller Orten dieſe und andere Redensarten,
daß ſie endlich auch zu Horvath's Ohr drangen. Dieſerſ je=

doch, durch Autal's Benehmen über alles Maß hinaus verl
und aufgebracht, ſtellte ſich mit höchſter Entſchiedenhett auf
Seite des verdächtigten Ferenez und wies laut und öffentlich c:
gegen ihn gerichteten Beſchuldigungen als ſchändliche Verleu,
dungen von ſich.
(Fortſetzung folgt.
Mitthellungen aus Etabt und Lanz.
- Hr. Provincialdirector Küchler iſt an Stelle des Geheimer;
Dr. Goldmann zum Präſidenten der Centralſtelle für die landwirthſch.
lichen Vereine des Großherzogthums und zum Präſidenten des landwir=
ſchaftlichen
Vereins der Provinz Starkenburg ernannt worden.
So ſehr der hieſige Kriegerverein über das Voranſchrei:
unter der Leitung ſeines proviſoriſchen Comites zufrieden ſein kann, ſo
wünſcht wäre auch auf der anderen Seite wenn an deſſen Stelle re
bald ein definiliver Vorſtand mit einem umſichtigen und intelligenten Pr
denten die innere Verwaltung übernehmen würde - Um dies zu erm
lichen dürfte es ſich ſehr empfehlen wenn dem Erſuchen dieſes Com;
ſſiehe Inſeratentheil des heutigen Blattes) recht zahlreich Folge geleit
würde, um endlich aus den dem Vereine als wirkliche Mitglieder bei
tretenen Perſönlichkeiten bei der demnächſtigen Vorſtandswahl die richti=
Elemente herauszufinden.
Berliner Blätter bringen nachfolgenden ergoötzlichen, wahrſchein
etwas ſtark aufgetragenen Bericht: Der Strafanſtalisbeamtentag, welr
vom 1. bis 3. d. M. die bedeutenſten Vollſtrecker aus ganz Deutſchle;
hier vereinigt bat, iſt leider nicht ohne unerfreuliche Zwiſchenfaͤlle verlauf
Schon am Dienstag, als der weitere Ausſchuß ſeine Sitzung im Zell=
gefängniß
zu Moabit abhielt, hat ſich ein wegen ſeiner bisherigen tal
loſen Führung zu kleinen Hausdienſten verwendeter Gefangener den üb=
Spaß gemacht, den weiteren Ausſchuß einzuſchließen, ſo daß derſelbe
eine geraume Weile die Sitzung' ernſt nehmen mußte. Fünf Directo.:
ſollen bei der Illumination am 2. d. ihre Taſchenuhren eingebülßzt hab=
einer
der ſtrengſten Verwalter iſt am Montag von Bauernfuͤngern r:
ſchleppt; und ſeiner ganzen Baarſchaft beraubt worden. Dieſer intellige
Beamte hat die Gauner von vornherein ſehr wohl erkannt; aber er wo
ſie in ihren eigenen Schlingen fangen darauf bauend, daß Inſaſſen
ner Anſtalt ihn in die Kunſt des Kuͤmmelblättchens eingeweiht hatt=;
leider hat ſich herausgeſtellt, daß die Berliner - der Director iſt e;
Suͤddeutſchland - nach einem andern Syſtem ſpielen. Einer der Her=
iſt
um einen nicht unerheblichen Betrag von einem Manne geprellt zw
den, der ſich ihm ſchon auf der Eiſenbahn als College vorgeſtellt und
der That nicht bloß mit den Verhältniſſen eines der berühmteſten Zu=
häuſer
ſich wohlvertraut gezeigt, ſondern auch in geiſtvoller Weiſe Refor=
3deen geltend gemacht hatte. Auf dem Anhalter Bahnhofe als das Op:
von Taſchendieben ſich hinſtellend, erlangte der Mann, welcher ohne Zwe
als Gefangener das Strafweſen ſtudirt hat, von dem Collegen' einen
deutenden Vorſchuß.
Der 1. allgemeine Kellner=Congreß, welcher vom 26.
30. October d. J. in Wien abgehalten werden ſollte, iſt aufeden 15.
20. Marz L. J. verlegt worden-

Getaufte, Getraute und Beerdigte bei der Beſſunger Gemeinde.

Großherzoglichen Reiter=Regiment Valentin Eduard
Getaufte.
Den 2. Auguſt: dem B. zu Groß=Bieberau u. Fiſcher aus Steuditz, Kreis Merſeburg in Preußen,
Taglöhner Georg Philipp Petrie eine T., Bar=ſ ein S., Emil: geb. 12. Juli.
bara; geb. 24. Juni.
Den 23. Auguſt: dem B. u. Wagner Valentin
24 Eod.: dem B. zu Roßdorf u. Weißbinder Hein= Krämer ein S., Valentin Heinrich; geb. 2. Auguſt.
rich Landzettel eine Tochter, Anna Eliſabeth; geb.
Eod.: dem B. zu Schwanheim, Kreis Bensheim,
16. Juli.
Eod.: ein unehelicher Sohn, Carl Joſeph Wil= Katharina; geb. 13. Auguſt.
helm; geb. 17. Juli.
Eod.: dem B. zu Steinbach, Kreis Erbach, und1 wig Friedrich; geb. 3. Auguſt.
Schuhmacher Martin Neſf ein S., Carl; geb. den Den 26. Auguſt: eine uneheliche L., Ernſtine
20. Juli.
Den 4. Auguſt: dem B. zu Eberſtadt u. Kauf=
mann
Ludwig März eine T., Eliſabeth: geb. den Peter; geb. 10. Auguſt.
J. Juli.
Geyer V. eine T., Katharine Eliſabeth; geb. den Fey, des verſtorb. B. u. Schreinermeiſters Jo=
28. Juli.
mann Herrmann Stieler ein S., Johann Martin; thäus Ebert ehelich ledige L.
geb. 24. Juni.
lytechnicum Joſeph Kumpa eine T., Sophie Selma; Rühl, des B. zu Homberg a. O. u. Zimmermanns
geb. 9. März
Eod.: dem B. zu Wendelsheim, Kreis Alzey. u.) Den 23. Auguſt: der B. u. Zimmermann Georg
penſ. Trompeter Peter Neumaun ein S., Ludwig; Wilhelm Wald I., des B. u. Zimmermanns Wil=
geb
. 22. Juli.
Eod.: dem B. zu Huugen u. Schneider Chri=ſ des B. u. Webers zu Freienſeen, Kreis Schotten, Homburg v. d. H., 2 J., 11 M. u. 2 T. a
ſtian Otterlein eine T. Marie; geb. 25. Juli
Johannes Conrad Hörle ehelich led. T.
Eod.: dem B. zu Griesheim u. Maurer Wil=
Den 30. Auguſt: der B. u. Weißbinder Fried=
helm
Ludwig Ollweiler eine T., Marie; geb. den rich Jäger, des B. u. Großherzoglichen Hofgarten= des B. u Fabrſkarbeiters Wilhelm Rühl, 11
28. Juli.
ſ auſehers Johannes Heinrich Jäger ehelich lediger u. 27 T. alt; ſtarb 25
Den 18. Auguſt: dem B. zu Griesheim und S. u. Karoline Geher des B. u. Maurers Jo= Den 30. Auguſt: Katharina, ehelich ledige
Maurer Ludwig Fickel eine T., Dorothea; geb. hann Ludwig Geyer 1V. ehelich ledige T.
11. Auguſt.
Den 20. Auguſt: dem Trompeter im zweiten Gimbel, des B. u. Schreiners Johann Friedrich l ſtarb 28.

u. Schuhmacher Georg Hechler eine L., Anna
Den 24. Auguſt: ein unehelicher S., Carl Lud=
Anna Hedwig; geb. 18. Juli
Den 30. Auguſt: ein unehelicher S., Friedrich
Getrante.
Den 6. Auguſt: dem B. u. Weißbinder Georg Den 2. Auguſt: der B. u. Schreiner Gottlieb
hann Adam Fey ehelich lediger S. u. Eva Maria
Den 9. Auguſt: dem B. zu Mannheim u. Kauf= Ekert, des B. zu Seckmauern u. Taglöhners Mat=
Den 11. Auguſt: der B. u. Buchdrucker Hein=
Ee Eod.: dem Großherzoglichen Profeſſor am Po= rich Zimmer von Klein=Zimmern, u. Margaretha
Georg Rühl ehelich ledige T.

Gimbel ehelich lediger S. u. Margarethe Sei=,
des B. zu Nieder=Ramſtadt und Fabrilarbeit
Conrad Seipel ehelich ledige T.
Beerdigte.
Den 1. Auguſt: Carl, ehelicher S. des B.
Pfläſtrermeiſters Carl Auguſt Demmel, 1 M.
4 T. alt; ſtarb 31. Juli.
Den 10. Augnſt: Johannes, ehelicher S..
B. zu Weilheim in Würtemberg u. Kammerdien
der ruſſ. Geſandtſchaft Johannes Eppler, 4 M.
23 T. alt; ſtarb 9. Anguſt.
Den 14. Auguſt: Philipp Peter, ehelicher
des 8. zu Darmſtadt u. Metzgermeiſiers Pe
Wilhelm Schäfer, 24 L. alt: ſtarb 13.
Den 16. Auguſt: Ernſt Märimilian, ehelis
S. des B. zu Darmſtadt und Scribenten Ge=
Schmidt, 2 M. u. 16 T. alt; ſtarb 14.
Den 18. Auguſt: Marie Eliſabeth, ehelich led:
T. des B. u. Steinhauers Johann Ludwig De
mel, 18 J. u. 19 T. alt; ſtarb 17.
Eod.: Katharina Fritz aus Wimpfen, ledie
Standes, 62 J. alt; ſtarb 16. Aug. zu Hofhei
Den 22. Auguſt: der B. u. Maurer Joha
Daniel Fink 1., 68 J., 10 M. u. 5 T. alt; ſte
den 20.
Den 23. Auguſt: Johann Caspar Carl, ehelic
helm Wald 1. ehelich lediger S., u. Louiſe Hörle, S. des Baukbeamten Johann Peter Bender a
ſtarb 20.
Den 27. Auguſt: Carl Heinrich, ehelicher
des verſtorb. penſ. Großherzoglichen Zollbereite
Eod.: der B. u. Schloſſer Chriſtian Heinrich Johannes Achenbach, 56 J., 9 M. u. 27 T. a

Redactlon und Verlaa; L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.