4.
Abonnementspreis
51 a8er jahrlich indl. Hringeclohn.
Auswärts werden von allen
Pöſt=
ümtern Beſtellungen
enigegengenom=
men zu 53 kr peo Quartä indl
Poi=
aufſchag und Beitellgebühr
Frag- und Anzeigeblatt.
137. Jahrgang.
Juſerate
werden angenomlien ir Darmſta
vor der Expedition Rheinſit r 2s!
m Beſſungen von Friedr. Biöper,
Friedrichsür Nr. 7 ſöwie auswaͤrtg
von allen ſolden Annoncen=
Erpe=
diponen:
Amlliches Grgan -x die Bekannkmachungen des Großherzoglichen Ereigamts Darmſtadt.
N13D.
Freitag den 10. Juli
1874.
Aus dem Großh. Regierungsblatt Nr. 36 vom 6. Juli 1874
iſt pos. 1) Bekanntmachung, die Aufhebung des Hospital=Rentamts zu Hofheim betr.;
2) Bekanntmachung, die nachträgliche Einlöſung der Grundrentenſcheine betr.;
vorſchriftsmäßig zu publiciren.
Darmſtadt, ſam 8. Juli 1874.
Betreffend: Die Ausführung des Geſetzes über die Städte= und Landgemeinde=Oednung, hier insbeſondere die Stimmſähigleit
und Sttmmberechtigung.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Wir beauftragen Sie, bei Anfrageu, welche in rubricitem Beiriff an Sie ergehen ſollten, eine ſachgemäße Inſtruirung,
gemäß obiger Bekanntmachung, eintreten zu laſſen.
Küchler.
B e k a n n t m a ch u n g.
Zur Begegnung mannichfacher Irrthümer und Zweifel, welche in dem Publikum bezüglich der Stimmberechtigung bei der
bevorſtehenden Wahl der Stadtvetordneten=Verſammlung und des Gemeinderaths aufgetaucht ſind, wird das Folgende zur
öffent=
lichen Kenntniß gebracht.
Stimmfähig ſind:
1) alle Ortsbürger, inſofern ſie grund, gewerb= oder einkommenſleuerpflichtig ſind,
2) alle männlichen Einwohner, welche die deutſche Reichsangehorigkeit beſitzen, und welche ſeit zwei Jahren ihren
Unter=
ſtützungswohnſitz in der Gemeinde erworben haben.
Dieſe Stimmfähigkeit iſt an folgende Vorausſetzungen geknüpft:
2. daß der Betreffende zur Zeit der Wahl 25 Jahre alt iſt,
b. vom 1. Januar des vergangenen Jahres zur Einkommenſteuer zugezogen wurde,
c. daß die Ausübung der Stimmberichtigung nicht wegen der im Arlikel 14 der Geſitze enthalbenen Hinderniſſe (Curatel,
Concurs, ſtrafrechtlicher Verurtheilung, Unterflützung aus öffentlichen Mitteln, Steuerrückſtand) ruht,
d. daß in der Stadt Darmſtadt von den unter 2 genannten Stimmfähigen bis zum 31. Juli l. J. der Großherzoglichen
Bürgermeiſterei dahier die in Artikel 13 der Städte=Ordnung vorgeſchriebene Erklärung das Stimmrecht in Anſpruch
nehmen zu wollen, abgegeben wird.
Was insbeſondere die Stimmſähigkeit der unter 2 aufgeführten Perſonen beirifft, ſo wird zor Abſchneidung aller Zweifel
bemerkt, daß bei der bevorſtehenden Wahl außer den Ortsbürgern nur diejenigen Einwohner wählen können, welche am
30. Juni 1871 heimathsberechtigt in der Gemeinde waren, (vgl. 8 65 pos. 1 des Bundesgeſetzes über den
Unterſtützungs=
wohnſitz vom 6. Juni 1870) ſomit am 1. Juli 1871 den Unterflützunge wohnſitz in der Gemeinde hatten und dieſen
Unterſtützungs=
wohnſitz bis heute nicht verloren haben. Für andere Einwohner, hat der Erwerb des Unterſtützungswohnſitzes, unter den
geſetz=
lichen Vorausſetzungen, frübeſtens mit dem 1. Juli 1871 begonnen, wurde mit dem 1. Juli 1873 etworben und es
wird das Wahlrecht mithin erſt nach Ablauf von zwei Jahren, von dem Zeitpunkt dieſes Erwerbes an, alſo im günſtigſten Falle
erſt vom 1. Juli 1875 an, von ihnen ausgeübt werden können.
Darmſtadt, den 8. Juli 1874.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
Küchler.
B e k a n n t m a ch u n g.
Zu Groß=Gerau wird am 1. Auguſt er. eine Telegraphen=Station mit
be=
ſchränktem Dienſt (cfr. 8 4 der Telegraphen=Ordnung für das Deutſche Reich)
eröff=
net werden.
Frankfurt a. M., den 3. Juli 1874.
Kaiſerliche Telegraphen=Direction.
5222) Oeffentliche Aufforderung.
Der zum Nachlaſſe des Johann Heimich
Kohl Zweiter zu Ober=Ramſtadt gehörige,
auf deſſen Namen lautende Depoſitionsſchein
der hieſigen Renten= und Lebens=Ver=
ſicherungs=Anſtalt Nr. 14222, wonach
ein=
gelegt ſind:
200 fl. om 24. Februar 1872 und
395 fl. am 3. Dezember 1872 (nebſt
den pro 1872 und 1873 beigeſchriebenen
Zinſen) iſt angeblich abhanden gelommen.
Auf Antrag werden die etwaigen Inhaber
dieſes Scheins oder ſonſt Berechtigte
aufge=
fordert, innerhalb dreier Monate von heute
an ihre Anſprüche ans dieſer Urkunde
da=
hier anzuzeigen, widrgenfalls dieſelbe für
kraftlos erklärt und die Wittwe des Johann
Heinrich Kohl II. zur Erhebung der
Ein=
lagen ermächtigt wird.
Darmſtadt, den 19. Mai 1874.
Großherzogliches Landgericht Darmſtadt.
Gutfleiſch,
Walther,
Landrichter. Landgerichts=Aſſeſor.
339
[ ← ][ ][ → ]M 132.
5896)
Pemdules-Lagol
en gros et en detall.
Pariser Pendules, Regulateurs, Reise, Hacht und
Wand-Uhren, Wecker, Candelabres, Bronce, complette
Garnituren.
Jenn Hel.
. 61888.)
Rossmarkt 2. Ecke des Steinwegs, Frankfurt a. M.
1260
Oeffentliche Bekanntmachung.
Laut Geſellſchaftsvertrag vom 18. April
1874 hat ſich in Pfungſtadt unter der
Firma Vorſchuß=zund Creditverein
Pfung=
ſtadt (eingetragene Genoſſenſchaft) ein
Ver=
ein gebildet, welcher die gegenſeitige
Be=
ſchaffung der in Gewerbe und Wirthſchaft
der Mitglieder nöthigen Geldmittel auf
gemeinſchaftlichen Credit bezweckt. Die
Mit=
glieder dieſer auf unbeſtimmte Zeit
einge=
gangenen Genoſſenſchaft haften für alle von
derſelben eingegangenen Verbindlichkeiten
ſo=
lidariſch mit ihrem ganzen Vermögen. Die
dermaligen Vorſtandsmitglieder ſind:
1) Moritz Kahnſtamm, Director;
2) Bürgermeiſter Spalt deſſen
Stell=
vertreter;
3) Wilhelm Schiemer, Kaſſirer;
4) Heinrich Hahn, Controleur;
ſämmtlich in Pfungſtadt wohnhaft. All=
Bekanntmachungen des Vereins, ſowie die
denſelben verpflichtenden Dokumente ergehen
unter deſſen Firma und werden mindeſtens
von zwei Vorſtandsmitgliedern unterzeichnet.
Bekanntmachungen des Vereins erfolgen durch
die Schelle, erſcheinen auch im Neuen
Pfungſtädter Anzeigeblatt. Das
Verzeich=
niß der Genoſſenſchafter kann jeder Zeit
bei dem unterzeichneten Gericht eingeſehen
werden.
Darmſtadt, den 4. Juli 1874.
Großherzogliches Landgericht Darmſtadt.
Rohde,
3 Gutfleiſch,
Landg.=Aſſeſſor.
Landrichter.
Korn=Verſteigerung.
Montag den 13. Juli, Vormittags 10 Uhr,
ſoll im Großherzoglichen Akaziengarten zu
Beſſungen eine Partie Korn auf dem Halm
verſteigt werden.
Beſſungen, den 8. Juli 1874.
Großherzogliche Hofgärtnerei Beſſungen II.
Noack II.
6102)
Feilgebotenes.
Feinhes Hiaza-Oliven del
in ½ und ½ Flaſchen,
Mohnöl und Speiſeöl,
Feinſte ganze und gemahlene Gewürze,
ſowie ücht Oſtindiſches Gewürz=
Pulver (llixed Spice) empfiehlt
Emanuel Fuld,
6039)
Kirchſtraße.
5814) Ein Haus mit Laden und
Garten, welches der guten Lage halber
ſich zu jedem Geſchäft eignet, iſt zu
verkaufen. Näheres bei der Exp. d. Bl.
E Erſte neue 2
Holländ. Voll-Häringe
liefert prompt und nach Marktpreis billigſt
in Tönnchen von 25-50 Stück. (6193)
Carl Danisl, Frankfurt a. I.
Beſter Fußboden Anſtrich/
Bernsteinlack Parbe
aus der Fabril von Pfannenſchmidt E Krueger
in Danzig.
Alliniges Depot für Darmſtadt beiſ
Carl Watzinger,
5249
Louiſenplatz 4.
5648) Mehrere alte Reiſekoffer.
Rheinſtraße Nr. 28.
6104) Täglich friſche Sauerkirſchen
auf dem Schießhaus. A. Gärtner.
Vermiethungen.
3663) In meinem Hauſe, Friedrichſtraße
Nr. 26, iſt der dritte Stock, beſtehend aus
5 Zimmern nebſt allem Zugehör, zu
ver=
miethen und im Juni zu beziehen.
Wilhelm Schäfer.
3721) Heinheimerſtraße Nr. 16 iſt im
mittleren Stock ein freundliches Zimmer mit
ſchöner Auficht zu vermiethen und ſogleich
zu beziehen.
3698) Obere Hügelſtraße Nr. 26 ſind
Theile des Manſardenſtocks (auch mit
Mö=
beln), neu hergerichtet, zu vermiethen.
3992) Ein großes und ein kleineres
Lo=
gis zu vermiethen. Gardiſtenſtr. 31.
4360) Zu vermiethen im Darmſtädter
Hof im weſtlichen Flügel 2 Treppen hoch
2 Zimmer, 2 Cabinet nebſt Küche; ferner
im Erdgeſchoß die bisher von dem Gerichts.
Büreau benutzten Räumlichkeiten mit
Sepa=
rateingang von der Grafenſtraße.
4579) Heinheimerſtraße 7 ein möblirtes
Zimmer zu vermiethen, ſogleich zu beziehen.
Auguſt Herwegh.
4619) Ein möblirtes Zimmer zu verm.
und gleich beziehbar. Mühlſtraße 52.
4697) Friedrichſtraße 20 iſt der 1. St.
mit 6 Zimmern, 3. St. mit 5 Zimmern
und allen Bequemlichkeiten bis Auguſt
be=
ziehbar zu vermiethen.
Zu erfragen Eliſabethenſtraße Nr. 49.
4702) Ein freundlich möblirtes Zimmer
ſogleich zu beziehen Marienplatz 5.
4750) In einem neuen Hauſe der zweit=
Stock für 250 fl., ſowie ein Manſarden=
Logis für 150 fl. auf einem der höchſten
freien ſchön gelegenſten ſüdlichen Punkte
Darmſtadt's auf ſogleich zu vermiethen.
Näheres Beſſ. Ludwigftr. 86.
Daſelbſt auch 3 kleinere Zimmer im erſten
Stock zu vermiethen.
5229) Ein ſchön möblirtes Zimmer iſt
zu vermiethen und bis 1. Juli zu beziehen.
Hügelftraße Nr. 20. Jacob Roth Wtw.
5444) Ein freundliches unmöblirtes
Zim=
mer iſt zu vermiethen. 21 Roßdörferſtr. 21.
5472)
Sofort
oder bis 1. September Wienerſtraße 9
die bel Etage, 4 Zimmer mit allem
Zu=
behör, zu vermiethen.
5633) Die Manſarde meines Hauſes
iſt zu vermiethen.
J. Jacobi, Schloſſermeiſter,
Schützenſtraße 21.
5875) Rheinſtraße Nr 25 iſt die bei
Etage, beſtehend aus 6 Piecen, Küche,
Magdſtube, Bodenkammer und allen
Bequemlichkeiten, ſowie Antheil am
Garteu, an eine ruhige Familie zu ver=
H miethen und vom 1. Oct. an zu beziehen.
6072) Ein Logis Magdalenenſtraße 6.
Ausſicht auf die Straße.
Daſelbſt eine Badbütte mit Rollen=
Geſtell zu verkaufen. Preis 8 fl.
6044) Bleichſtraße 5 die bel Etage, vier
Zimmer mit Zubehör, zu vermiethen.
G
6105) Neckarſtraße 26 iſt im
Vorder=
hauſe eine Wohnung, 3 Zimmer, Küche mit
Glasabſchluß, 2 Bodenkammern, Anfangs
October beziehbar, zu vermiethen.
Vermiſchte Nachrichten.
2972) Einen Lehrling ſucht
G. Delp, Schreinermeiſter.
4972) Vollſtändig geübte
Weißzeug=
näherinnen werden geſucht.
Nähere Auskunft bei der Exp.
5609) Ein braves Hausmädchen
ge=
ſucht. Markt Nr. 4 im erſten Stock.
6022) Ein braves Mädchen kann
Schlaf=
ſtelle erhalten bei Wittwe Winter,
Lange=
gaſſe Nr. 47.
6079) Eine Kindergärtnerin oder ein
zu=
verläſſiges Kinderwädchen geſucht.
Promenadeſtraße 47.
5888) Eine rentable
Wirth=
ſchaft wird ſofort zu miethen
geſucht. Von wem ?ſagt d. Exp.
N6. 132.
1098)
Kunſtgenoſſenſchafl.
Samſtag den 11. Juli Nachmittags präcis 6 Uhr: Gemeinſchaftliche
Be=
ichtigung der in den Räumen des Saalbaus ausgeſtellten Entwürfe und Modelle für
as Landes=Kriegerdenkmal.
Der Vorſtand.
Von 8 Uhr an Sitzung im Saalbau.
Glesollschaft „Aintracht,
Samſtag den 11. Juli d. J. Abends 7½ Uhr
im Geſellſchafts=Garten,
ausgeführt von der
Darmſtädter Concert-Kapelle (uterlaken).
Darmſtadt, den 7. Juli 1874.
Die Verquügungs=Commiſſion.
6095)
Geſucht
3196)
eine freundliche Wohnung von 3-4
Zim=
mern mit Zubehör auf ſogleich.
Schriftliche Offerten abzugeben Ernſt=
Ludwigſtraße Nr. 20 im Laden.
6107) Eine Frau ſucht Beſchäfligung
im Waſchen u. Bügeln in und außer dem
Hauſe. Gardiſtenſtraße 34.
6198) Eine gewandte Köchin empfiehlt ſich
den geehrten Herrſchaften zur tagweiſen
Aushülfe in Ermangelung von Dienſtboten.
Näheres bei Frau Hoffmann, h. d. Münze 3.
6109) Es wird zu ſofortigem Eintritt
ein zuverläſſiger Gärtner nach Jugenheim
geſucht. Zu erfragen Promenadeſtraße 7.
1261
Ein braves Mädchen
laus beſſerer Familie, 26 Jahre alt,
wel=
ſches allen Hausgeſchäften vorſtehen kann,
ſucht per 1. Auguſt oder September,
Fa=
milienverhältniſſe wegen, eine Stelle bei
einer Herrſchaft, am liebſten auf dem Lande.
Gefl. Offerten sub M. 6531 befördert die
Süddeutsche Annoncen=Expedition,
5912)
Stuttgart.
er eine Anonce hier oder auswärts
2 veroffentlichen und Zeit reſp. Geld
ſparen will, der beauftrage damit die
Anon=
cen-Erpedition von Maasenstein &
Vogier in Frankfurt a. M.,
deren ausſchließliches Geſchäft es iſt,
Anzeigen in alle Zeitungen der Welt billigſt
zu vermitteln.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird gegen Vorausbezahlung
abge=
per Raummeter.
geben:
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
4 fl. 40 kr.
kiefern
Beſtelltäge: Bienftäg, Freitag und
Gamſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Rentamt Darmſtadt.
Hauſer.
Aus dem Leben eines Thunichtgut.
Von Ferdinand Dieffenbach in Darmſtadt.
Gortſetzung.)
Laukhard's gelaſſene Miene verrieth zum Glück nicht die
Angſt, welche er ausſtand. Die beiden Offijiere waren nur mit
Degen bewaffnet, ſie wären unfehlbar, wären ſie entdeckt worden,
zu Kriegsgefangenen gemacht worden, und er wäre von Anfang
an als ein Verdächtiger behandelt worden; das ganze Unternehmen
wäre mißlungen, hätten die Dragoner in Erfahrung gebracht, daß
ihn die beiden Offijiere bis über die Vorpoſtenkette hinaus
be=
gleitet hatten.
„Ich habe geſungen und geträllert! ſagte er ruhig.
„Nein es waren mehrere Stimmen, ich muß nachſuchen.
Einer der Dragoner blieb bei Laukhard, die beiden anderen
ſprengten fort.
Es vergingen zehn bange Minuten, die ihm eine Ewigkeit
dünkten. Je länger die Reiter ausblieben, jemehr wuchs die Angſt
des vorgeblichen Deſerteurs.
Endlich kamen ſie zurück. — Allein! Laukhard athmete auf.
Die beiden Offiziere hatten ſich zur rechten Zeit in den
Wein=
bergen verſteckt.
„Es war ein Irrthum. Niemand iſt weit und breit. Komm
nach Landau!”
Laukhard fühlte ſich raſch wohl unter den Franzoſen, um
ſo mehr, als er mit den Ideen der franzöſiſchen Revolution
voll=
ſtändig ſymphathiſirte und ihr wiederholt früher das Wort
ge=
redet hatte. Billig muß es uns daher wundern, daß er auf der
Ausführung ſeines Auftrages beharrte, während er ſich im
In=
nern bewußt war, daß er für eine verlorene Sache ſein
Unter=
nehmen wage, daß es ſich hier um die politiſchen Ideen einer
neuen Zeit handele, die unfehlbar über die Heere der morſchen,
einer Regeneration bedürftigen Staaten Deutſchlands triumphiren
müſſe. Manchmal empfand er bei Unterredungen mit
franzöſi=
ſchen Generalen, deren offenes entgegenkommendes Weſen ihn
un=
willkürlich gewann, das Gefühl der Beſchämung.
Scheue Dich nicht, ſagte ihm der General Labaudere, als
er ihm vorgeführt wurde, „Du biſt bei freien Leuten, bei Leuten,
welche wiſſen, daß andere auch Menſchen ſind, und welche
Nie=
manden verachten als den freiwilligen Sclaven. Der allein
verdient Verachtung und wenn dieſer deßwegen Selave wird oder
bleibt, damit er andere noch mehr als er es ſelbſt iſt, zu Sclaven
machen helfe, ſo verdient er wie ſeine Tyrannen Abſcheu und
Vertilgung.
„Dieſe Grundſätze haben mich vermocht, die Preußen zu
verlaſſen und den Schutz der großen und freien franzöſiſchen
Na=
tion anzurufen, erwiderte Laukhard, obwohl er bis über die
Ohren hätte roth werden mögen.
„ Bravo," ſagte der General und reichte ihm ein Glas Wein,
„Du biſt ein guter Junge. Betrage Dich, wie es einem freien
Mann gebührt und Du erlangſt das franzöſiſche Bürgerrecht,
den beſten Lohn, welchen die Republik Dir bieten kann.”
Der General bot ihm an, an ſeinem Frühſtück Theil zu
nehmen, es beſtand aus Brod, Wein und Knoblauch.
„Nicht wahr, ſagte er, „Du wunderſt Dich, daß ich ſo
ſchlecht frühſtücke, Eure Generale eſſen beſſer, das weiß ich,
da=
für hat aber unſere Nation die Freiheit und Gleichheit."
Laukhard war es bei dieſen Geſprächen höchſt unbehaglich
und er war jedesmal froh, wenn die Oifiziere auf ein allgemein
menſchliches Thema übergingen.
Er ſtand von ſeinem Vorſatze nicht ab und das Betragen
Dentzels, der ihn äußerſt liebenswürdig empfing, war nur dazu
angethan, ihn dazu aufzumuntern. Dentzel forderte ihn
wieder=
holt auf, ihn öfter zu beſuchen, was er zuſagte.
Nach ſeiner Ankunft ſondirte er in Landau ſofort die
Be=
völkerung und brachte bald in Erfahrung. daß Labaudere Dentzels
Feind ſei. Zwei Tage nach ſeiner Ankunft beſuchte Laukhard den
Volksrepräſentanten förmlich und entſpann ſich folgendes
Ge=
ſpräch:
„Ich glaube beinahe ſelbſt, daß Landau den Deutſchen noch
in die Klauen fällt, die Spitzbüberei iſt gar zu groß, äußerte
Dentzel.
„Spitzbüberei, doch wohl hier in Landau nicht ?u bemerkte
Laukhard leichthin.
„Das will ich nicht behaupten, aber wenn auch unſere
Gar=
niſon noch ſo ehrlich, ſo iſt doch unſere Gefahr nicht klein.-
1262
R132
„Allerdings, wenn nicht bald Erſatz kommt.
„ Das iſt's eben! — Aber glaubſt Du auch, daß wir auf
Erſatz rechnen können ?-
„Das mußt Du beſſer wiſſen als ich!
„Weiß ich, ob die Generale, die uns entſetzen ſoller, auch
ihre Pflicht thun, ob ſie ehrliche Leute ſind ?-
„Wahr iſt's, es ſind Euch ſchon Viele untreu geworden.
„Ja wohl, die Lafayette, Luckner, Henriot, und die
Hal=
lunken Cuſtine und Dumouriez””
„Denkſt Du das könne auch hier der Fall ſein ?u
„Ich fürchte esl Unſire Armee müßte ſchon da ſein, wenn
keine Büberei im Spiele wäre.
„ Dann ſorge wenigſtens für Deine Sicherheit””
„Was kann ich dafür ſorgen, ich thue meine Schuldigkeit
und damit fertig.
„ Aber: begann Laukhard.
„Was aber, glaubſt Du die Preußen würden mich hängen,
wenn ſie mich bekommen ?u
„Das wohl nicht. Aber Du haſt viel auf dem Kerbholz.
Du biſt ein Angehöriger des deuiſchen Reichs und haſt dem
Be=
ſchluß des Reichsgerichts zuwidergehandelt, durch welchen alle die
als Vaterlande verräther erklärt werden, die Deutſche von
Ge=
burt ſind und nach dieſem Beſchluſſe im Dienſte der Republik
verbleiben! — Du biſt Mitglied des Nationalconvenis, welcher
Ludwig XVI. verurtheilt und alle Fürſten ohne Ausnahme für
Verbrecher und Thrannen erllärte - — Du haſt ſelbſt in
Dei=
nen Bekanntmachungen ehrentührig vom Könige von Preußen und
von dem deutſchen Kaiſer geſprochen
Ja, das iſt wahr," erwidete Dentzel, der aufmerkſam
wurde: „Aber Landau kann nicht mit Sturm erorbert werden,
dazu iſt es zu feft, erſt muß capltulirt werden, dann erhalte ich
meine Freiheit durch Accord.
Wer ſieht Dir dafür, daß man Landau mit Sturm nicht
nimmt, aber geſetzt den Fall man hungere aus, ſo muß es ſich
auf Discretion ergeben. Aber denke an eine Capitulation. Du
weißt, Labaudere iſt Dir nicht 9ün. Wird er nicht, wenn die
Preußen auf Deine Auslieferung beſtellen, Dich aus Haß in
ihre Hände fallen laſſen ?”
„Du haſt recht, ich bin abſcheulich in der Dinte.
„Und geſetzt auch, Du kommſt frei durch, Du haſt viele
Feinde, wer ſchützt Dich vor der Guilloline ?u
„Aber, ſoll ich ein Schuft werden, wie der Dumouriez?
„Bewahre, der ehrliche Mann ſorgt für ſich, wenn er der
guten Soche nichts mehr nützen kann, dann fügt er ſich eben in
die Zeit.
„Das lann ich nicht, ſo lang ich lebe, bleib ich der
Repu=
blik getreu. Sie lebe, oder Adieu ſchöne Welt, rief Der tzel
voll Feuer.
Laukhard, der, wie man ſieht, kein Diplomat war, hätte an
dieſer Unterredung genug haben können, um den Charakter ſeines
Jugendfreundes kennen zu leinen, aber ſein Auftrag und der
liebe Ehr geiz ließen ihm keire Ruhe, und anſtatt die Ausführung
der Idie auf einen beſſern Augenblick zu verſchieben und Dentzel
vorſichtig vorzubereiten, oder, was das Klügſte geweſen
wäre, ſie ganz aufzugeben, lenkte er bereits bei einem Beſuche
bei Dentzel am folgenden Tage das Schiff der Unterredung in
ſein ſchmutziges Fahrwaſſer. Dentzel, der wohl Mißtrauen
ge=
faßt hatte, gab ihm ſelbſt Gelegenheit dau.
Dertzel ſaß mit Laukhard bei der Weinflaſche und als die
Cordialität in vollem Zuge war, rlef er aus:
„Ah Sopperment! Wenn ich ſo recht Geld hätte, ſo 20,000
bis 30,000 Thaler, ich gäb meinen Poſten auf, ſetzte mich nach
London oder Berlin und bekümmerte mich um die ganze Welt
nichts."
Haſt Du Verdruß gehabt ?.
Tüchtig, mit dem Teuſel und ſeiner Großmutter habe ich
mich herumgezankt. Mit dem General und dem alten Großmaul,
dem Maine. Alles wollen die Kerle beſſer wiſſen.
„Du ſprochſt von ſo vielem Geld. ich dächte, die
Zelt=
umſtände machten es Dir leicht, ſo viel als Du magſt zu
be=
kommen.
„Wie ſo ?u
„Du glaubteſt geſtern noch Landau würde den Deutſchen in
die Hände fallen.
„Ich glaub's auch heute noch."
„Je nun, wenn's nicht zu retten iſt, ſo muß man's
hinge=
ben zur rechten Zeit, um ein Bombardement und Blutvergießen
zu vermeiden.
„Was nützt mir's; ich ein Deutſcher, ein erklärter Rebelle ?=
„Schau, wenn Du dafür ſorgteſt, daß die Preußen Landau
bekämen, Du könnteſt fordern, was Du wollteſt.
„Woher weißt Du das und wie das muchen” fragte Dentzel
mit ſehr nachdenklicher Miene.
(Fortſetzung folgt.)
Mittheilungen ans Stadt und Land.
— Die Ausſtellung der Modelle für das Landesdenkmal wird
fortwährend zahlreich beſucht. Nach Schluß der Ausſtellung tritt am
19. ds. das Preisgericht zuſammen, welches wie bereits früher mitgetheilt
aus den Herren Prof. Hänel in Dresden, Oberbaurath Hoffmann in
Wiesbaden, Prof. Lübke in Stuttgart, Bildhauer v. Nordheim in
Frankfurt, und Baurath Raſchdorff in Cöln beſteht.
Am letzten Sonntag hielt die Nie der=Ramſtädter
Schützen=
geſellſchaft ihr diesjähriges Gabenſchießen, zu deſſen Beſuch ſich auf
ergangne Einladung auch mehrere Darmſtädter Schützen eingefunden hatten.
Auf dem Schießplatz waren ausgezeichnete: Hinterladungsgewehre vertreten,
Syſtem „Stabl; „Keßler”, „Beaumont” und Martiny= und wurde
na=
mentlich von Mitgliedern der Niederramſtädter Schützengeſellſchaft mit einer
außerordentlichen Präciſion geſchoſſen. Intereſſant war den Wettkatapf
zwiſchen Hr. Grünig von Nieder=Ramſtadt und einem hieſigen Schützen zu
beobachten, deren Einer den Andern zeitweilig um einen oder 2 Punkte
überholte. Es fiel ein tieſer Schwarzſchuß auf den andern. Jeder Schütze
hatte 10 Schuß und erzielten ſchließlich Schütze Kt. von hier 150 Punkte,
Schütze Gg. von Nieder=Ramſtadt 146 Punkte, Schütze F. Pſt. von hier
140 Punkte, Schütze G. Hs. von hier 132 Punkie, Schütze Bdr. von
Nieder=Ramſtadt 131 Punkte, Schütze Kr. von Eberſtadt 150 Punkte ꝛc.
Die Preiſe beſtanden in 1 ſilbernem Beſteck, 1 Glaspokal mit 20 Pf., 1 Tranchie beſteck, Meſſer und Gabeln und ſonſtigen hübſchen und
nützlichen Geräthen. Das Feſt verlief in ſchönſter Ordnung.
Das Hanauer Sänger=Feſt iſt vorüber und ſind die Sänger
Darmſtadts zumeiſt erſt am Montag Abend zurücgekehrt. Allgemein hört
man, daß die Einwohnerſchaft Hanau's Alles aufgeboten hat, den fremden
Gäſten den Aufenthalt ſoviel als möglich angenehm zu machen. Das
ſchön gewählte Programm wurde mit Präciſion durchgeführt. Verſchiedene
Vereine die trotz der großen ſeſtlich hergerichieten Sängerkalle keinen Platz.
erlangen konnten, fanden ſich am Sonntag Abend in gößeren Hotels
ver=
anügt zuſammen und ließen bis zur ſpäten Stunde ihre ſchönen Lieder
er=
klingen. Montags früh war ein Ausflug nach dem nahegelegenen
Wil=
helmsbad unternommen wo ebenſalls unter Abwechſelung von Geſang und
Muſik die Stunden wie Minuten vergingen. Das Feſt wird den
Theil=
nehmern noch lange als ſchöne Erinnerung im Gedachtniß bleiben und
vielfach zur Unterhaltung Anlaß geben. Wie wir hören hat der
Geſang=
verein Liedertaſel bei dem Separaichor der hieſigen Sänger nicht
mitge=
wirkt, ſoll aber am Sonntagabend im Hotel Carlsberg ein förmliches
Con=
cert arrangirt und Montags in ſrüher Morgenſtunde der Perle des Feſtes
Fräulein Jung die die Solis im Chor „die Schöpfung von Haydn=
ge=
ſungen hat, eine Serenade gebracht haben, welche einen ungetheilten
Bei=
ſall fand.
Am letzten Sonnlage conſtituirte ſich im Caffe Weiß in Worms
der „Heſſiſche Kriegerverband”. Der neue Landesgeſammtverein wird von
nun an den Namen „Heſſiſche Krieger=Kameradſchaftu führen
und wurde zum Präſidenten Landwehrhauptmann Avenarius von Gau=
Algesheim erwühlt. Die weiteren Vorſtandsmitglieder domiciliren in Alzey,
Oppenheim, Mainz. Groß=Gerau, Gernsheim und Sprendlingen.
Der 13. Verbandstag der Erwerbs= undsWirthſchafs=
Ge=
noſſenſchaften am Mittelrhein ſand am 3. ds. im Wiesbaden
unter großer Betheiligung ſtatt. Von 37 dem Verbande angehörenden
Ver=
einen waren 32 vertreten. Der Anwalt des Verbandes, Herr Schulze=
Delitzſch war anweſend. Der Verband hat im vorigen Jahr ein Kapital
von 400 Millionen Mark umgeſchlagen. Nur bei 9 Vereinen find Verluſte
im Geſammt Betrage von 27000 Mark entſtanden.
In Frankfurt wird eine Theaterbilletſteuer projektirt und
ſoll dieſſelbe 30 Pfennige für einen Logen= und Sperrſitzplatz. 20 Pfennige
für ein Parterre=Billet und 10 Pfennige für ein Gallerie=Billet betragen.
Die Ausſührung der Steuer ſoll jedoch bis zu der durch den Theater=
Neu=
bau veranlaßzten Reorganiſation der Theaterverhältniſſe ausgeſetzt bleiben.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.