Darmstädter Tagblatt 1874


27. Februar 1874

[  ][ ]

SRAIkSLIoNN

Abonnementsvreis
2k. 48 kr jährlich ind Bringerlohn.
Auzwärts werden von allen Poſt=
ämtern
Beſtellungen entgegengenom=
men
53 kr pro Quarial incl. Poſt=
aufichlag
und Veſtellgebühr

Frug-und Anzeigeblatt.

137 Jahrgang.
Amtliches Grgan für die Bekannkmachungen des Großherzoglichen Ereisamts Darmſtadt.

Jrierote
werden angenommen in Darmſtadd
vop der Expedition Rheinſt xr 2s
in Beſſungen von Friedr. Böper.
Friedrichsſtr xr 7 ſowie auswaͤrt
von allen ſolidon Annoneen= Eppe=
dikonen

AAL.

Freitag den 27. Februar

1ST4.

Feilgebotenes.
Stearin-Salon Herzen
aus der badiſchen Stearinkerzen=Fabrik in
Mannheim, per Paquet 26 kr. bei
G. L. Kriegk.

1649)

Cafe.

Fein grün Java das Pfund 48 kr.
Ceylon 52 kr.

ein fein, ditto 56 kr.
gelben Java 48 kr.
fein ditto 52 kr.
Bei Abnahme größerer Quantitäten
entſprechend billiger bei
Wilhelm Hanok,
5 Ballonplatz S.
Die Velicateser-Mandlung
von
14
Jacob
Röhrioh,
Hof=
Lieferant,
empfiehlt in feinſter Waare:
Strassb. Gansleherpasteten,
Pommer. Cänsebrüste,
Ial. Hettwurst,
Salaml

Horladellen
C5t⁄
Hämb. Ochsenzungen
Bauchfeisch,
ſolbaer Cervelathurst,
Trüffelwurst,

Westph. Schinken,
Pumperuiekel. 1619)
Beſchäfts=, ſowie Privathäuſer, Bau=
2) plätze und ſonſtige Liegenſchaften
zu verkaufen. Als beſonders preiswürdig
ein Haus mit Stallungen nächſt der Ar=
lillerie
=Caſerne empfiehlt
J. Knipp, Hügelſtraße 16.
1621) Pantratiusſtraße 48 ſind 2 ſtarle
Einlegſchweine zu verkaufen.

bei
Jacob Röhrich,
Hof=Lieferant.

L. Schäſer, Schirmfabrikant,
5
24 Ernſt=Ludwigſtraße 24
beehrt ſich hiermit anzuzeigen, daß ihm von einem bedeutenden auswärtigen Damen=
ſchuh
=Geſchäft der Verkauf deſſen Erzeugniſſe an hieſigem Platze übertragen iſt.
Der Preis ſämmtlicher Schuhwaaren iſt ſo billig geſtellt, daß ſolche nur gegen
baar verkauft können werden, und iſt für preiswürdige Waare garantirt. Reparaturen
an allen bei mir gekauften Schuhen werden von mir angenommen und nach Ueberein=
kunft
mit einem tüchtigen Schuhmacher von demſelben billigſt ausgeführt.
Indem ich mich bei Bedarf beſtens empfohlen halte, zeichne achtungsvoll
Li, Schüfer, Schirmfabrikant,
24 Ernſt=Ludwigſtraße 24.
10826) An eine ruhige Familie, Ma=
8 Friſcher Rhein=Salmen chudenplatzo. Ausſicht Gartenſtraße, 4 Zim=
mer
nebſt einer großen Dachſtube, mit allen
Bequemlichkeiten ſofort zu vermiethen.
188) Mathildenplatz Nr. 5
iſt der mittlere Stock, beſtehend aus 4 Zim=
Verdienſt=-Medaille in Wien.
mern, 2 Cabinetten, Küche, Glasabſchluß
10141
Löflund's
und allen ſonſtigen Bequemlichkeiten zu ver=
miethen
und 1. April zu beziehen.
Einder-Mahrung
518) Gartenſtraße 7 ſind 3 heizbare
zur Schnellbereituug der Liebig'ſchen 6 Zimmer, Küche mit Glasabſchluß, 2 Keller,
Suppe für Säuglinge, von den bedeu= MMitgebrauch der Waſchküche und des Bleich=
tendſten
Kinderärzten empfohlen.
J. Noack.
platzes zu vermiethen.
571) Eliſabethenſtraße Nr. 34 mittlerer
Löflund's
Stock, 7 Zimmer enthaltend, zu vermiethen
und Ende März beziehbar.
HalzExtract.
Inſtitut Schmitz.
gegen Huſten, Heiſerkeit. Catarrhe, auch
708) Ein ſchön möblirtes Zimmer im
Erſatzmittel fuͤr Leberthran.
1. Stock, Ausſicht auf die Straße, ſofort
Löſlund's
zu vermiethen. Eliſabethenſtraße 35.
944) Heinheimerſtraße Nr. 7 iſt der
Halz-Extract mit Eisen
mittlere Stock zu vermiethen und bis 1. März
gegen Bleichſucht und Blutarmuth.
beziehbar.
Vorräthig in allen Apotheken.
1151) Neckarſtraße 18.
EDarmſtadt bei Herrn H. Merck
Drei ſchöne Zimmer mit abgeſchloſſenem
ruAuN
El
Vorplatz im dritten Stocke ſind mit oder
ohne Möbel an einen Herrn ohne Familie
Vermiethungen.
zu vermiethen und bis 15. März beziehbar
1221) Zwei Zimmer, unmöblirt,
9472) Arheilgerſtraße 19 zu ver=
ineinandergehend
, mit Ausſicht auf die Straße,
miethen ein geräumiges Logis und ſogleich
im 1. Stock Ludwigſtraße 12 zu vermiethen
zu beziehen.
10821) An eine ruhige Famille, Ma= 1600) Eck der Wald= und Saalbauſtraße
hildenplatz 9 bel Etage, 7 Zimmer mit, Nr. 15 iſt der dritte Stock, beſtehend aus
Speicher, Keller, Magdzimmer und allen5 Zimmern nebſt Zugehör, zu vermiethen
Bequemlichkeiten, auch kann Stallung für ſ u. Ende Mai zu beziehen. Martin Hörr.

2 Pferde dazu gegeben werden, ſofort zu verm.
390) Ein hübſch möblirtes Zimmer zu
vermiethen, ſogleich zu beziehen. Schirngaſſe2.

1665) Ein Zimmer hu vermiehen.
Arhellgerſtraße 7.

[ ][  ][ ]

1623) Ein möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
. Ernſt=Ludwigſtraße 24.
1624) 2 ineinander gehende möblirte
Zimmer, ſogleich beziehbar, zu vermiethen.
Eliſabethenſtraße Nr. 49 Vorderbau.
1625) Zwei ſchöne Zimmer bel Etage
Schulſtraße Nr. 6 mit oder ohne Möbel zu
vermiethen. Näheres Schulſtraße Nr. 6.
1626) Ein möblirtes Zimmer nach der
Straße iſt an einen Herrn zu vermiethen,
auf Verlangen mit Koſt.
Große Ochſengaſſe Nr. 2.
1627) Ein kleines Logis zu vermiethen
bei G. Franck, große Ochſengaſſe 13.

Vermiſchte Nachrichten.
1552) Vielfache Anfragen veranlaſſen
mich zu der wiederholten Anzeige, daß ich
nicht nur mein Pflanzen=, ſondern auch
mein Samen=Geſchäft aufgegeben habe.
J. L. Schnechorgor.
Geſucht!
819)
Ein junges braves Mädchen, für Haus=
haltung
tüchtig. Näheres Schützenſtraße
Nr. 18 parterre.
1418) Promenadeſtraße Nr. 25 wird eine
ſollde Wäſcherin geſucht, welche große
und kleine Waſche übernimmt und raſch und
ſchön beſorgt.
1554) Rheinſtraße 16 Hinterbau kann ein
anſtändiger Herr Koſt und Logis erhalten.

Verloren!
1562)
Ein goldnes Armband auf dem Faft=
nachtsballe
im Saalbau. Der Finder wolle
daſſelbe gegen eine gute Belohnung bei der
Exp. d. Bl. abgeben.
1614) Geſucht wird geeignete Räum=
lichkeit
zur ſichern Unterbrinzung eines
Mobiliars, gleichviel in welchem Theile der
Stadt. Gefl. Offerten sub 1614an d. Exp. d. B.
Höbelschreiner
finden bei hohem Lohne dauernde Stellung bei
Fritz Hevi,
Haideweg Nr. 2 in Frankjut a. M.
1628) Von einer der älteſten und
ſolideſten deutſchen Lebens= Ver=
ſicherungs
=Anſtälten auf Gegen=
ſeitigkeit
werden für. Darmſtadt und
die größeren Orte der Provinz Star=
kenburg
ein tüchtiger Haupt=Agent
und Special=Agenten geſucht. Auch
kann deuſelben die Agentur
einer ſehr beliebten Feuer=Ve==Geſellſchaft über=
tragen
werden.
Vorausſichtlich gutes Geſchäft. Hohe
Proviſion. Steuervergütung. Franco=
Offerten ſind unter der Chiffre B. D.
Nr. 99 in der Exp. d. Bl. abzugeben.

Poſt=Paquet=Adreſſen, zu haken in der
L. C. Witlich'ſchen Hofbuchdruckerei.

per Hundert Stück achtzehn Kreuzer,

Die Renten= u. Lebens=Verſicherungs=Anſtalt zu Darmſtadt
3041)
übernimmt:
1. Verſicherung ſteigender Renten, wobei die jährliche Rente aus einer vollen
Einlage von einhundert Gulden bis zu 150 fl. anwachſen kann.
II. Verſicherung von Kapitalien auf den Todes= wie lauf den
Lebensfall, zu Ausſtattungen u. ſ. w., ſowie die Verſicherung von
Leibrenten und Wittweupenſionen.
III. Gelder zur ſtatutenmäßigen Verzinſung mit 3½ und alsbaldigen
Rückzahlung auf Verlangen.
WV. Aufbewahrung von Werthgegenſtänden, Urkunden u. ſ. w. gegen
mäßigen Gebühren.
Verſicherungs=Anträge werden entgegen genommen, Statuten und Proſpecte unent=
geltlich
verabfolgt, ſowie Aufſchlüſſe bereitwillig ertheilt in dem Hauptbüreau der
Anſtalt: Eck der Neckar= und Eliſabethenſtraße Nr. 60.
1512)
Kaufmänniſcher Verein.

Samſtag deu 28. Februar Abends 8 Uhr Im Saalhau.
Das Nähere beſagen die Programms, welche den verehrlichen Mitgliedern nebſt
Eintrittskarten per Stadtpoſt übermittelt werden.
Die Karten für die einzuführenden Damen und Fremden können bei Herrn
M. Anſpach, Louiſenplatz Nr. 4. in Empfang genommen werden.
Der Eintritt iſt nur gegen Vorzeigung auf den Namen lautender Karten geſtattet.
Das Feſt=Comite.

Turngemeinde und Volksbildungs=Verein.
Vortrag
des Herrn Profeſſor Dr. Thiel über: Die Nahrungsmittel auf der Wiener Welt=
Ausſtellung und die Leiſtungen der Deutſchen auf dem Gebiete dieſer Induſtrie.
Samſtag den 28. Februar l. J., Abends präcis 8½ Uhr, im oberen Saal der Turnhalle.
1629)
Die Vorſtände der Turngemeinde und des Voltsbildungs=Vereins.
1506)
Gamſtag den 28. Februar 1874:
zm großen Gaale der Vereinigten Geſellſchaft
HV. Abommememts-Concert
(für Mitglieder der Vereinigten Geſellſchaft)
ausgeführt von der
Htreichkapelle des Hr. Heſſ. Leib=Harde= Regiments,
unter Leitung des Herrn Muſildirectors Theodor Adam.
Anfang des Concerts präcis 7 Uhr Abends.
Tageskarten Per on 1 fl. ſind in der Buchhandlung von Hrn. Bergſträßer,
ſowie bei dem Hausmeiſter im Locale der Vereiniaten Geſellſchaft und Abends an der
Caſſe zu baben. Programme ebenfalls an der Caſſe.

w
.Pxzxzzzzzzzz.Przzzziarzxzrzr7.

1515)

Beſſunger Turngemeinde.
Rußerordentliche Haupt=Verſammlung
Samſtag den 28. Februar 1874 Abends halb 9 Uhr im Kneip=
Lokale (Herrn Gaſtwirth Philipp Weinmannz
Tagesordnung: Beſprechung des 5 15 der Turnſatzungen und des 8 2 der
Löſchordnungen.
Der Vorſtand.

WxzzN

H ä u ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
cartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.

M. Neuſtadt,

Alexanderſtraße.

[ ][  ][ ]

1630) Eine reſpectable junge Dame,
der franzöſiſchen u. engliſchen Sprache
mächtig, ſowie in allen weiblichen
Handarbeiten beſtens bewandert, ſucht
ein ihren Kenntniſſen entſprechendes
Engagement.
Dieſelbe ſieht weniger auf Gehalt
als hauptſächlich auf eine liebevolle
Behandlung.
Gefl. Offerten beſ. sub 8. H. 965
die Annoncen=Expedition von C. I
Daube &aCo. in Frankfurt a. M. (1213
1631) Ein braver Junge kann als Lehr=
ling
eintreten. Bapt. Joſ. Hermes,
Optiker und Mechaniker.

71632) Ein junger intelligenter Mann
ſucht Stelle als Magazinaufjeher oder Haus=
verwalter
. Franco=Offerten beliebe man
unter Chiffre H. K. an die Exp. d. Bl.
zu richten.

1633) Es wird für die Kleinkinderſchule
ein anſländiges junges Mädchen von ſoliden
Eltern als Wärterin zu den Kindern geſucht.
Das Nähere daſelbſt zu erfragen.

1634) Ein reinliches Mädchen ſucht Lanf=
dienſt
. Zu erfragen gr. Bachgaſſe Nr. 27.

1635) Ein gewandter Holzdreher
wird geſucht von
J. Schröder, Maſchinenfabrik.

In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird gegen Vorausbezahlung abge=
geben
:
per Raummeter.
buchen Scheldholz L. Claſſe 6 fl. 40 kr.
kiefern
4 fl. 40 kr.
Der an den Ueberbringer für einen Raum=
meter
zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Rentamt Darmſtadt.
Hauſer.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag den 27. Febr. 1. Vorſt. im 7. Abonn.;
Die luſtigen Weiber von Windſor. Ko=
miſch
phantaſtiſche Oper in 3 Akten mit Ballet:
Muſik von Nicolai. Fenton, Hr. Warbeck vom
Kön. Theater in Wiesbaden, als Gaſt.

Geſpenſter in den Ardennen.

Gortſetzung.)
Dieſer Weg führt ſie in der Richtung nach dem großen
Ring durch allerlei krumme und enge Gaſſen; ſie erreichen den
Ziegenplatz, der um dieſe Tagesſtunde, gegen den duykelnden
Abend hin, verlaſſen und menſchenleer iſt. An der Südſelte des
Platzes erhebt ſich ein düſterer, grauer, alterthümlicher Bau,
deſſen maſſive Quadermauern von wenigen, immer verſchloſſen
gehaitenen Fenſtern durchbrochen ſind. In der Mitte der Vor=
derfront
tritt ein breiter Erker vor, mit verwitterten, alten, in
Blei gefaßten runden Glasſcheiben, mit alter Steinhauerarbeit,
die Regen und Stürme halb zernagt haben .. es iſt ein düſte=
res
, unheimliches, dem Leben und dem Tageslicht verſchloſſenes
Gebäude, dem Anſchein nach ſeit vielen, vielen Jahren von keines
Menſchen Fuß mehr betreten. Stefaneck, unſer lebensluſtiger
Student, hat ſich um das alte, vielleicht von lrgend einer ſeit
der Schlacht am weißen Berge untergegangenen böhmiſchen Mag=
natenfamilie
herrührende Kaſtell, an welchem er ſo oft vorüber=
gelommen
, nie viel gekümmert, und weßhalb es ſo leer und ver=
ödet
daſteht, iſt ihm ein Räthſel geweſen, das ihm nie ſo viel
Intereſſe eingeflößt hat, um je den Verſuch zu machen, es zu
löſen.
Heute aber, auf dem fillen Platze dem Gekaude gegenüber
angekommen, hemmt er ſeine Schritte, und die Hand auf die
Schulter ſeines Begleilers legend, deutet er zu dem Erker empor.
Sieh einmal da hinauf, Rohacek zu
Das iſt ſeltſaml ſagt dieſer, ebenfalls emporblickend.
Wer mag denn da eingezogen ſein 2u
In dem alten Bau ſieht nämlich heute das Erkerfenſter
mit beiden Flügeln weit auf. Unter demſelben und zu beiden
Seiten zeigen ſich ein halbes Dutzend geräumiger Käfize aufge=
hängt
, in denen mächtig große Raben ſich befinden, die Federn
ſträuben, träge mit den Flügeln ſchlagen und heiſere Rufe aus=
ſtoßen
. Im Innern des Gebäudes aber, hinter den offenen Er=
kerfenſtern
, taucht eire langſam vorüberwandelnde Geſtalt auf,
eine junge Dame in einer goldgeſtickten eigenthümlichen Sammet=
haube
; ſie wendet den jungen Männern ein Geſicht von eine:
ganz überraſchenden Schönheit zu - ſie lüchelt freundlich auf die=
ſelben
herab - und geht vorüber.
Ueberraſcht blicken dieſe jungen Männer noch immer hinauf
da, von der andern Seite her zur ückocmend, erſcheint das
verführer'ſch aus ſehende junge Mädchen wieder, freundlich lächelnd
wie eben, und wie leis mit dem Kopfe winkend, grüßend.
hre Hände ſcheinen dabei wie mechaniſch mit einer Flet= oder
Häkelarbeit beſchäftigt . .. ſie ſind in fortwährender Thäligkeit.
So geht ſie abermals vorüber, um abermals zurückzukommen
und dieſesmal ganz unverkennvar den leiſen freundlichen Wink
zu wiederholen.

Sie winkt uns hinauf, ruft Stefaneck aus, wo iſt der
Eingang in das alte Haus zu
Du wirſt doch nicht hinein wollen 2u verſetzte ſein Be=
gleiter
erſchrocken. Weißt Du nicht, daß dieſer alte Bau be=
rüchtigter
iſt, als der Palaſt Czernin.
Ah bah, Du denkſt doch nicht an Geſpenſter Zu
Haſt Du nicht gehört, daß Mellſchütz und Sandslh nie
wiedergekehrt und verſchollen ſind
Mellſchütz und Sandsky - die mit uns Anatomie hörten?
Daß ſie verſchwunden oder wenigſtens aus den Ferien nicht heim=
gekommen
ſind, weiß ich . . . aber was haben ſie mit dieſem
merkwürdig ſchönen Geſchöpf in dieſem alten Hauſe zu thun ?0
Man ſagt eben, daß ſie es verſuchten in das Haus zu
dringen, und daß ſie niemals daraus zurückkehrtenz
Das ſagt man? Wie einfältig! Komm mit zu
Ich würde um keinen Preis der Welt gehen zu verſetzte
Rohacek.
Und ich werde mich durch znichts in der Welt abhalten
laſſen zu gehen !
So geh' allein!
Nicht ohne Dich. Aber da Du keinen Muth haſt, muß
ich ihu Dir einflößen - laß uns zu Kokoritz in die Pinkas=
gaſſe
gehen . . . wenn wir eine oder zwei Flaſchen von ſeinem
Melniker gelert haben, wirſt Du auf der Höhe der Situa=
tion
ſein.
Die Weinſchenke von Kokoritz in der Pinkasgaſſe hatte für
Rohacek keine geſpenſtiſche Schrecken. Dahin war er bereit, dem
Freund zu folgen, in der Hoffnung. daß dieſer hinter der Flaſche
ſeinen verwegenen Entſchluß vergeſſen würde.
Aber dem war nicht alſo; Stefaneck fühlte mit jedem
Glaſe Melniker ein ſtürmiſcheres Verlangen, zu dem ſchönen
Fräulein in der koketten goldgeſtickten Sammethaube zu gelangen,
und Rohacek fühlte mit jedem Glaſe, das ihm ſein Freund ein=
ſchenkte
, ſein Widerſtreben gegen dieſe gefährliche Unternehmung
ſchwächer werden.
Als ſie zwei Flaſchen geleert hatten, ſtand Stefaneck auf.
Es wird bereits ganz dunkels, ſagte er, ves iſt hohe Zeit,
daß wir gehen. Komm jetzt, ohne Widerrede
Rohacek verſuchte keine Widerrede mehr. Nun denn, in
Gottes Namen, ſagte er, und bezahlte den Wein.
Sie gingen.
Nach dem Ziegenplatz hin hatte das alte Haus keinen Ein=
gang
. Dieſer lag zur Seite, in der Gaſſe, die von dem Platze
nach dem großen Ring hinauf führt. Hier zeigte ſich ein alter=
thümliches
, ſchwer ſich aufbauendes Portal, über dem eine wuch=
lige
breite Steinarbeit, große Wappenſchilde darſtellend, laſtete.
Als die beiden jungen Leute ihren Fuß auf die Schwelle dieſes
Portals ſetzten. und Stefaneck eben den alten roſtigen Thürklopfer
ergreifen wollte, öffnete ſich geräuſchlos und langſam, wie von

[ ][  ]

324

einer unſichtbaren Hand aufgeſchloſſen, einer der Thürflügel. Ste
traten ein, - die Thüre hatte ſich unmittelbar hinter ihnen
wieder geſchloſſen - und ſie befanden ſich in einem, wie es
ſchlen ſehr weiten, aber völlig dunklen Flur. Nur am Ende
deſſelben ſchimmerte Licht; es zeigte ſich da eine breite, bequem
aufgebaute Stiege, über deren ſteinerne Stufen von oben her
der Lichtſchlmmer niederdämmerte. Stefaneck wandte ſich dieſer
Treppe zu und begann keck empor zu ſteigen Rohacek folgte
ihm, furchtſam und beklommenen Athems.
Es kommt mir vor, ſagte Rohacek gedämpft, als ſie ſo
aufſteigend in eine hellere Lichtregion gelangten, als ob der
Staub ſingerdick auf dieſen Stufen läge! Scheint das Dir
nicht auch?
Stefaneck wollte antworten, als ſeine Aufmerkſamkeit von
einem andern Gegenſtande angezogen wurde. Er ſah vor ſich
auf den oberſten Stufen der Treppe ein gelbſeidenes Frauenge=
wand
, eine Robe oder einen Schlender liegen - darauf einen
weißen Schäferhut von Atlaß, mit einem vertrockneten, alten
Blumenſtrauß daran - das Alles, ſo viel ſich erkennen ließ,
eigenthümlich verſchoſſen und verblichen ausſehend und ebenfalls
mit einer dichten Schicht Staub bedeckt.
Die Kammerkatze unſerer Dame," flüſterte Stefaneck, muß
nicht beſonders zur Ordnung angehalten werden, daß ſie die
Tollette ihrer Gebieterin an ſo eigenthümlichen Auſbewahrungs=
orten
umherfahren läßt
Komm zurück, laß uns nicht weiter dringen, flüſterte
Rohacek, das altmodiſche Zeug anſtarrend, mir iſt ganz elend
vor Veklommenheit zu Muthe.
Sind wir ſo weit, ſo wollen wir auch weiter," verſetzte
Stefaneck - und ſchritt in den langen, von einer Ampel er=
hellten
Gang hinein, der ſich über der Treppe vor ihnen
öffnete.
Zur linken Selte zeigte ſich eine Reihe hoher, dunller
Thüren. Stefaneck trat der erſten nahe - ſie öffnete ſich vor
ihm, ſtill und geräuſchlos, wie die Hausthüre es gethan; die
beiden jungen Leute blickten in ein leeres Gemach, das mit gelb=
ſeldenen
Tapeten bekleidet war; mit demſelben Stoff überzogene
Möbel, Divan, Stühle, ſtanden an den Wänden gereiht; au
einem Tiſch mit gewundenen Füßen, der die Mitte einnahm, mit
einer Decke von gelbem Damaſt belegt, ſtand eine Vaſe von
chineſiſchem Porzellan; Ueberreſte eines Straußes, der hineinge=
ſetzt
worden, lagen auf der Decke umher und verbreiteten einen
eigenthümlichen Modergeruch. Erhellt war das Gemach durch
eine von dem Plafond niederhängende matt brennende Ampel.
Niemand iſt darin, ſagte Stefaneck ſich wendend, und
verließ die Schwelle des gelben Gemaches, um tiefer in den
Gang hinein zu ſchreiten. In der Mitte deſſelben zeigte ſich,
höher als die andern, eine große Flügelthüre.
Wenden wir uns gleich dahin, fuhr der unerſchrockene
Student fort, auf dieſe Thüre deutend, uſie muß in den Saal
mit dem Erker führen.
Belde ſchritten darauf zu. Auch hier war es wie bei den
andern Thüren. Ohne daß eine Hand ſich auf das Schloß
legte, öffnete die Thüre ſich.
Sie traten, wie der erſte Blick ihnen zeigte, in den Saal
mit dem Erker.
Es war ein außerordentlich großer Raum, faſt wie ein
(Fortſetzung folgt.)
Feſtſaal.
Mittheilungen ans Stadt und Land.
Darmſtadt, 26. Febr. Das Gewerbeblatt Nr. 7enthült: Conſtruction
der Schornſteine. Die Schuhwaaren=Induſtrie auf der Welt=Ausſtellung
in Wien. (Schluß.) Lokalgewerbverein in Worms. - Correſpondenzen
Kleinere Mittheilungen: Neuer Firmen= und Zeichen=Stempel; Schraub=
ſtock
: Zu den Fußböden der Werkſtätten; Deutſche Blechlehre; Prüſung
für Kaffee.
Erz- Major von Kunowski, vom 4. Garde=Reg. zu Fuß iſt als
Vataillonscommandeur in das Großh. 3. Inf.=Reg. Nr. 117 verſetzt.
In den lokalen Mittheilungen des Tagblatts Nr. 39 vom 25. ds.
wurde der Wunſch ausgeſprochen eine Zuſammenſtellung der Summe zu
ſehen, welche von den Gebäuden der Stadt Darmſtadt ſeit 50 Jah=
ren
an Brandſteuern erhoben und welche in derſelben Zeit an Häuſer=
beſitzer
daſelbſt für Brandſchäden vergütet wurden.
Wir werden heute darauf aufmerkſam gemacht, daß die gewllnſchten

Angaben ſich in der Darmſtadter Zeitung Nr. 810 von 1811 S 1357
befinden und theilen wir dieſelben fuͤr die ſich hierfür Intereſſirenden nach=
olgend
mit:
I. -Die Veiſicherungsbeiträge, welche von Gebäuden in der Stadt
Darmſtadt, das Hoftheater inbegriffen, von 1817 bis 1870 einſchl.
erhoben worden ſind, erreichen die Gumme von
fl. 706,000.
Die Vergllungen welche in derſelben Zeit für Brandſchäden
daſelbſt zu leiſten waren, betragen
fl. 137000.
Es iſt alſo von Darmſtadt mehr beigetragen als an Ver=
glltung empfangen worden
fl. 569000.
II. Von 1854-1874 einſchl. - über dieſe Zeit von
17 Jahren rückwärts hinaus ſind die brauchbaren Zahlen eben
nicht zur Hand. - iſt von ſiskaliſchen Gebäuden im
Großherzogthum, das Hoſtheater einbegriffen, an Brandver=
ſicherungsbeitrugen erhoben worden die Summe von
fl. 158000.
an Vergütung für Brandſchüden aber hat in den letzten
17 Jahren der Fiskus empfangen
fl. 11000.
zwonach von ihm mehr beigetragen, als von ihm empfangen
worden iſt
fl. 147,000.
Aus Vorſtehendem ergibt ſich, daß die Landesbrandverſichetungscaſſe
bis jetzt Darmſtadt noch keine Opfer gebracht hat und auch keine bringt,
indem fie die Entſchädigungszahlung für das abgebrannte Hoftheater
leiſtet.

- Bei überfülltem Hauſe fand geſtern im Großh. Hoftheater die mit
Spannung erwartete Darſtellung zum Beſten des Fonds für das Heſſen=
Denkmal ſtatt und dürſen wir ſagen, daß dieſelbe ſich nach allen Richtun=
gen
des vollſtändigſten Erfolges zu erfreuen hatte. Mit ſichtlicher Ueber=
raſchung
und ſteigender Bewunderung folgte das Publikum (wozu unſere
Nachbarſtadt Frankſurt ein zahlreiches Contingent geſtellt hatte) der Ent=
wicklung
des Programms und ſpendete den Leiſtungen der Mitwirkenden
den lebhaſteſten Beiſall. Und wohlverdient war dieſe Anerkennung. denn
wir haben nicht, wie wohl bei den meiſten derartigen Veranlaſſungen,
einen guccds d'estimo zu regiſtriren, ſondern können getroſt ſagen, daß
das hier Gebotene auch eine wirklich kritiſche Beleuchtung nicht zu ſcheuen
hat. Dem von Hrn. Carl von Schenck gedichteten und durch Frln. Caro=
line
v. Willich vorgetragenen Prolog folgten die beiden trefflich durchge=
führten
Luſiſpiele: Unerreichbar von Wilbrandt, MMitwirkende die Da=
men
Caroline v. Willich éCecile Weber, Mathilde Siegfrieden; die Herren
Wilh. von Ricou, Wilh. Schön, Arnold v. Jungenfeld; Liebeswerbung-
von
Baumann, (Mitwirkende die Damen Mimi Becker, Auguſte Weber,
die Herren Julius von Lynker, Adolf Kühn; beide an komiſchen Situa=
tionen
reiche Stücke kamen zu effectvollſter Geltung und verbreiteten die
heiterſte Stimmung. Die ſodann ſolgenden 7lebende Bilder: Paleſtrina nach
Heilbuth, die Kriegsbeute nach Czermak, Albrecht Dürer in Venedig nach
Becker, Friederike nach Kaulbach, Schiller am Hof von Weimar nach Ender,
Paolo Veroneſe in Venedig nach Pignerolle und Schluß Bild nach H.
Müller (von Hrn. Architekt Hermann Müller in gewohnter vollendeter
Weiſe arrangirt), boten eine ſolche Fülle des Schönen, daß wir uns mit
Stolz ſagen durften, in nicht vielen Städten dürſte Aehnliches geleiſtet
werden können. Die Großh. Hofkapelle trug durch den gediegenen Vortrag
der beiden Quverturen zu den luſtigen Weibern von Windſor und den
Hebriden zu den Genüſſen des Abends das ihrige bei und ſo dürfen wir
denn auf ebenſo mannigfaltige wie harmoniſche Geſammtleiſtungen zurlck=
blicken
, für welche den Beranſtaltern unſer Dank gebührt. Sicherem Ver=
nehmen
nach wird dem queſt. Fonds durch dieſe Vorſtellung ein Zuwachs
von ca. fl. 2600 zugeführt werden.
Ein gemeinſames Souper mit darauf ſolgendem Lanzvergnügen hielt
die Mitwirkenden nebſt deren Angehörigen noch bis zu vorgerückter Morgen=
ſtunde
. in den Räumen des Caſinos in heilerſter Stimmung vereinigt.
O In unſrer Nachbargemeinde Beſſungen wird vielſach die Frage
ventilirt, ob man ſich demnächſt für Einführung der Städteordnung
entſcheiden ſoll oder nicht. Die Freunde der Städteordnung machen gel=
tend
, daß hierdurch eine freiere unabhängigere Gemeinde=Verwaltung er=
möglicht
werde, diejenigen der Landgemeindeordnung heben das Recht der
direkten Bürgermeiſterwahl und Sparſamkeiksrückſichten hervor.
O Heute Morgen wurde einem aus der Schweiz gebuͤrtigen Arbeiter
Namens Müller der in einer hieſigen Maſchinenfabrik beſchäftigt war
ein Arm abgeriſſen. Der ſchwer Verwundete wurde ins ſtädtiſche Hospital
verbracht.
0 Die Rede, welche Hieronimy am Grabe des Abg. Metz hielt.
wird gleich der von dem Abg. Dernburg geſtern Abend im Saalbau
gehaltenen Gedächtnißrede im Druck erſcheinen.
G Die Aſſiſen des zweiten Quartals beginnen Montag den 13. April;
zum Vorſitzenden iſt Hofgerichtsrath Freiherr v. Ricou, zu deſſen Stell=
vertreter
Hofgerichtsrath Hahn ernannt.
Der Präſident der preußiſchen Bank, v. Dechend, hatte ſich brieflich
an den Reichskanzler gewandt, um durch deſſen Vermittlung einen Theil
der neugeprägten ſilbernen Markſtücke u. ſ. w. für die Bank zu er=
halten
, iſt aber abſchlägig beſchieden worden, da ſämmtliches bis zum
1. April gemünzte Geld nach Süddeutſchland wandern ſoll.
In der Commiſſion zur Verathung des Reichsmilitürgeſeze!
wurde die Vefreiung der Officiere von den Communalſteuern abge=
lehnt
und ſollen dieſelben wie andere Beamte entſprechend der Beſoldung
zu den Communalſteuern zugezogen werden.
Der außerordentliche Proſeſſor in der juriſtiſchen Facultät zu
Gießen Dr. Ernſt Zimmermann hat einen Ruf als außerordentllcher
Proſeſſor an die juriſtiſche Facultat zu Straßburg erhalten.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.