Abonnementsprei=
2 fl. 48 kr jährlich incl. Bringerlohn
Rüswärts werden von allen Pöſi
Amtern Beſitellungen
entgegengenom=
men zu 59 kr. pro Quartal incl
Poſi=
aufichlag und Beſtellgebühr
137 Jahrgang.
Jnjerat
werden angenommen in Datmſtiad
vor der Expedition. Rheinſit Nr 23
in Beſjungen von Friedr. Blötzer.
Friedrichsür Nr. 7 jowie auswärtg
von allen ſoliden Annoncen=
Expe=
ditonen
Amtliches Organ für die Bekannkmachungen des Großherzoglichen Lreisamts Darmſtadt.
N IL.
Freitag den 16. Januar
1824.
Darmſtadt, am 13. Januar 1874.
Betreffend: Das alphabetiſche Inhaltsverzeichniß des Großh. Heſſiſchen Regierungsblattes von 1819-1872.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Durch Großherzogliches Miniſterium des Innern iſt angeordnet worden, daß das in dem Großherzoglichen Staateverlag erſchienene
„Alphabetiſche Inhaltsverzeichniß des Großherzoglich Heſſiſchen Regierungsblattes von 1819-18721 den Gemeinden des
Großher=
zogthums zu dem ermäßigten Preiſe von 1 fl. 45 kr. überlaſſen werden ſoll.
Indem wir Sie hiervon in Kenntniß ſetzen, weiſen wir Sie an, Ihre Beſſellungen auf dieſes Inhaltsverzeichniß bei uns
anzu=
melden, worauf Ihnen demnächſt die Exemplare, unter poſtvorlagsweiſer Erhebung des Preiſes, zugehen werden.
Dr. Goldmann.
B e k a n n t m a ch u n g.
Bei der in Offenbach wegen Diebſtahls in Haft befindlichen Franziska Hobig von Salmünſter, welche auch hier eine Zeit lang
gewohnt hat, wurden nachfolgende Gegenſtände, welche wahrſcheinlich geſtohlen, deren Eigenthümer aber bis jetzt noch nicht zu
er=
mitteln geweſen ſind, gefunden:
Verzeichniß.
1. ein röthlich braunes Geldtäſchchen mit Meſingbügel, darauf die Worte „meine Tantel, 2. zwei ſchwarze Lüſtrelberwürfe
mit volants, 3. eine gelbliche braungeſtreifte Jacke mit weißen gerippten Kuöpfen, 4. eine baumwollene weiße roth eingefaßte
Wickel=
ſchnur, 5. ein ſchwarzer Lüſtrerock mit volants, blau eingefaßt, 6. ein ſchwarzer Lüſtrerock, 7. ein ſchwarzes Lüſtrekinderjäckchen, mit
ſchwarzem Band eingefaßt, 8. ein ſchwarzes Jäckchen, weiß gefüttert, 9. ein braunweiß geringelter Rock, ſchwarz angeſtoßen, 10. ein
graues Lüſtreröckchen, ſchwarz eingefaßt, Hornknöpfe, 11. eine ſchwarze Moirsſchürze, grün verziert, 12. ein wollener Fußteppich mit
weißen Blumen, 13. ein dunkelbrauner, ſchwarz eingejaßter Rock, 14. ein brauner Lüſtrerock, 15. ein Rock mit braunweiß geſtreifter
Jacke mit Lavaknöpfen, 16. zwei blauweiß gedruckte Schürzen, 17. ein wollener brauner ſchwarz eingefaßter Seelenwärmer, 18. zwei
Ellen weißer ſchwarzgetupfter Kattun, 19. ein Paar weiße Shirtingunterhoſen B. O. gez., 20. ein Paar baumwollene Unterhoſen,
L. E. gez., 21. eine ſchmale Piquedecke, 22. eine weiß blaugeſtreifte Nachtjacke, 23. eine weiße Bruſtſchürze, gezackt, D. 2 gez.
24. eine weiße Bruſtſchürze mit Spitze eingefaßt D. 4 gez., 25. ein weißes ſchwarzgetupftes Ripsſchürzchen, 26. eine weiße leinene
Schürze ohne Zeichen 27. eine ditto, 28. drei Shirtingſchürzen ohne Zeichen, 29. zwei baumw. weiße Frauenhemden M. O. gez.,
30. ein leinenes weißes Frauenhemd ohne Zeichen, 31. fünf leinene weiße Handtücher H. E. D. gez., 32. ein weißes Handtuch
B. 12 weiß gez., 33. eine Serviette E. W. 6 gez., 34. ein weißes Taſchentuch K. B. gez., 35. ein Paar blauweiße baumwollene
Strümpfe ohne Zeichen, 36. ein Paar baumwollene Strümpfe M. K. 12 gez., 37. drei Paar feine Strümpfe E. K. 12 gez.,
38. ein Paar weißbaumwollene Strümpfe D. R. G. 25 gez., 39. ein Paar grau angeſtrickte rothwollene Strümpfe, 40. ein roth
ſchwarz geringelter Strumpf, 41. ein braun grau angeſtrickier wollener Socken, 42. ein Paar weiße wollene Strümpfe, 43. ein
Neceſſair, 44. ein brauner Ripsrock ſwar früher unten ſchwarz eing=faßt, was jetzt fehlt), 45. n Kattunkleid mit bläulichem Grund,
weißen Streifen und röthlichgelben weißen Tupfen mit ſchwarzem Band eingefaßt, 46. ein gelber Rock mit volants mit breitem
grauem Band eingefaßt, 47. eine gehäkelte rothwollene Decke, 1 Mtr. lang, ¾ Mtr. breit, 48. zwei Frauenhemden D. A. 1 und
D. A. 2 gez, 49. ein blaues weißgetupftes Kattunkleid mit ſchwarzem Band eingefaßt, theils mit ſchwarzen Porzellan= und theils
ſchwarzen Hornknöpfen, das Rücktheil mit grauem roth=weiß geſtreiften Futter beſetzt, 50. ein Paar noch neue braune fein gelb und
weiß melirte Sommerhoſen mit beinernen braunen Stegknöpfen, 51. ein Paar gelb grau melirte ſchwarz geſtreifte Hoſen mit
ſchwarzen breiten Gallons (Buxkin=Winterhoſen) mit Stegknöpfen, 52. ein faſt noch neuer dunkeler Sackrock, dunkeler Stoff mit
Kragen von demſelben Stoff, mit ſchwarzem Band eingefaßt und an den Aermeln mit je 2 ſchwarzen Knöpfen beſetzt, zwei
Seiten=
taſchen und innerer rechten Bruſttaſche mit ſchwarzem Orleans gefüttert, 53. ein Paar Zugſtiefel mit Gummizügen mit
durch=
brochenem Kiddlederbeſatz mit je 8 Knöpfen, 54. ein Paar Zugſtiefel mit Kittleder vorn beſetzt.
Indem wir dieſes zur öffentlichen Keuntniß bringen, wird= gebeten, etwaige Mittheilungen über den oder die Eigenthümer der
fraglichen Gegenſlände bei der unterzeichneten Behörde baldigſt zu machen.
Darmſtadt, am 13. Januar 1874.
Großherzogliche Polizei=Verwaltung Darmſtadt.
Freſenius, Polizei=Commiſſär.
22
[ ← ][ ][ → ]76
N6 I.
Der Reſidenzkalender für 1874
iſt auf unſerem Comptoir zu 12 kr. per Stück zu erhalten.
A. G. Wittich'ſche Hofbuchdruckerer.
Waaan.
ErHoue
Saalbau.
5
Sonntag, 18. Januar 1874.
Abonnements-Goncerk
ausgeführt
von der Capelle des Großh. Heſſ. 4. Infanterie=
Reg. (Prinz Carl) Nr. 118
unter Leitung ihres Capellmeiſters Herrn L. Spreng.
Anfang ½5 Uhr. — Aus dem Programm iſt hervorzuheben:
Ouverture=
zu Iphigenie von Gluck (mit Finale von Mozart). Am Meer, Lied von
Schubert. Jagdlied aus den Waldſcenen von R. Schumann. Nachruf
von C. M. v. Weber. Phantaſie von Bach. Scene und Arie von
Berg=
ſon (Clarinetten=Solo). Ouvertüre zur Oper: Glöckchen des Eremiten von
Maillart (auf Verlangen) ꝛc.
Eintrittspreiſe: Tageskarten 24 kr. (für die Actionäre 18 kr.,)
in den Saal, 36 kr. für die Actionäre 27 kr.) in die Logen ſind an der Caſſe,
Abonnementskarten für 12 Concerte (reſp. Dutzendbillets) für Saal;
und. Logen für 3fl. 36 kr. (reſp. 2 fl. 42 kr. für die Actionäre) bei den
Herren P. Berbenich, G. Hickler u. C. Gerſchlauer zu erhalten. (394
Neue Baumnüſſe
per 80 Stück aufs Pfund, das Pfund zu
12 kr. empfiehlt
Emanuel Fuld,
9902)
Kirchſtraße Nr. 1.
Fein ſt e s
184)
Erlanger EzporlBier
per Flaſche über die Straße 9 kr. empfiehlt
C. F. Nicolat, Reſtaurateur,
Frankfurterſtraße Nr. 5
386) Täglich friſche Kirſch= und
Stachelbeer=Torten empfiehlt
Th. Amend, Conditor,
Ludwigsplatz 3.
lld.
L., 2 388) Citronen, Orangen=, Erd=
Ooeer=, Kirſchen=8 Himbeer=Limo=
Chepade empfiehlt
geb
Th. Amend, Conditor,
Ludwigsplatz 3.
387) Türkische Awetschen &
Brünellen empfiehlt
Carl Watzinger,
Louiſenplatz 4.
Chineſiſche u. Ofſlindiſche
Thee's
in friſcheſter Sendung eingetroffen bei
9904)
Emanuel Fuld,
Kirchſtraße I.
Vermisthungen.
9254) Eine hübſche Manſarde, 2
Zim=
mer ꝛc., ſodann 2 Zimmer zuſammen oder
getrennt, mit oder ohne Möbel billigſt zu
vermiethen.
Beſſungen. Eck der Kirch=u. Hügelſtr. 25.
9472) Arheilgerſtraße 49 zu ver
miethen ein geräumiges Logis und ſogleich
zu beziehen.
10150) Ein fein möblirtes Zimmer iſt
zu vermiethen und gleich zu beziehen.
Schulſtraße Nr. 9 dritter Stock.
10447) In meinem Hauſe im
Seiten=
bau ein ſchönes Logis beſtehend in 2 Zimmer,
Kabinet, Küche und allen Bequemlichkeiten
au eine ſtille Familie zu vermiethen und
bis 1. Februar 74 zu bezieheu. Auf
Ver=
langen auch früher. G. Heß, Zimmermſtr.
Blumenſtraße 6.
10668) Ein kleines Logis im
Vorder=
haus zu vermiethen. Waldſtraße 23.
10821) An eine ruhige Familie,
Ma=
thildenplatz 9 bel Etage, 7 Zimmer mit
Speicher, Keller, Magdzimmer und allen
Bequemlichkeiten, auch kann Stallung für
2 Pferde dazu gegeben werden, ſofort zu verm.
10824) An eine ruhige Familie,
Ma=
thildenplatz 9, Ausſicht Gartenſtraße ein
Manſarde Logis, 4 oder 5 Piecen und ein
Cabinet neu ſofort zu vermiethen.
10826) An eine ruhige Familie,
Ma=
thildenplatz 9, Ausſicht Gartenſtraße, 4
Zim=
mer nebſt einer großen Dachſtube, mit allen
Bequemlichkeiten ſofort zu vermiethen.
73) Ein ſchön möblirtes Zimmer im
1. Stock (Ausſicht auf die Straße) ſofort
zu vermiethen Eliſabethenſtraße 35.
119) Untere Steinſtraße 10 der
mittlere Stock, 5 Zimmer mit allen
Be=
quemlichkeiten bis 1. April 1874 zu verm.
E. Neumann.
188) Mathildenplatz Nr. 8
iſt der mittlere Stock, beſtehend aus 4
Zim=
mern, 2 Cabinetten, Küche, Glasabſchluß
und allen ſonſtigen Bequemlichkeiten zu
ver=
miethen und 1. April zu beziehen.
191) Eliſabethenſtraße Nr. 34 mittlerer
Stock zu vermiethen u. Ende März beziehbar.
260) Bleichſtraße 5 ein ſchön möblirtes
Parterrezimmer.
328) Martinsſtraße 14 2-3 Zimmer zu
vermiethen.
355) Caſinoſtraße Nr. 14 ein hübſches
Manſardezimmer, gleich beziehbar, zu verm.
371.
Zu vermiethen
und alsbald beziehbar, Eliſabethenſtraße 1,
ein neu hergerichtetes Logis von 6-7 Piecen.
Näheres Parterre daſelbſt.
372) Ein möblirtes Zimmer nach der
Straße iſt zu vermiethen, auf Verlangen mit
Koſt. Große Ochſengaſſe Nr. 2.
389) Ein leeres Zimmer Waldſtraße I.
390) Ein hübſch möblirtes Zimmer zu
vermiethen, ſogleich zu beziehen. Schirngaſſe2.
Vermiſchte Nachrichten.
10832) Einen braven Jungen ſucht
W. Beſt, Zimmermeiſter.
288) Ein ſchwarzſeidner Regenſchirm
wurde verloren. Man bittet den Finder
denſelben gegen gute Belohnung Karlſtraße
Nr. 12 abzugeben.
335) Ca. 6000 fl. auszuleihen.
Schriftliche Offerten unter Nr. 355 an die Exp.
362) Rheinſtraße 16 Hinterbau kann ein
anſtändiger Herr Koſt u. Logis erhalten.
381) Ein Iltis=Muff, welcher am
Montag Abend vom Bahnhof über die
Rhein=
bis zur Georgſtraße verloren wurde, iſt
gegen gute Belohnung Rheinſtraße Nr. 35
zurückzugeben.
69
2 Für die Monate Februar und
L) März wird ein halber Platz
Gallerie Noble geſucht.
Näheres bei der Exp. d. Bl.
392) Dem ungenannten Wohlthäter,
wel=
cher am 13. d. dem Verein für Freunde in
der Noth 27 fl. für ſeine Zwecke geſendet
hat, wird hiermit herzlich gedankt.
Darmſtadt, den 14. Januar 1874.
Für die Direction des Vereins
Ritſert.
Wer eine Annonce hier oder auswärts
2a versffentlichen und Zeit reſp. Geld
ſparen will, der beauftrage damit die
Annoncen=Expedition von Haasensten c
Jogler in Frankfurt a. H., deren aus
ſchließliches Geſchäftes iſt, Anzeigen in
alle Zeitungen der Welt billigſt zu vermitteln.
77
N. 11.
Vorein Hosslscher. herAes.
Montag den 19. Januar 6½ Uhr
Ausserordentliche GeneralVersammlung
in dem Sitzungssaale der Hospital-Commission Im Städtischen Hospital.
Tagesordnung: Bericht über Erhöhung der Beiträge und über die
(393
Bibliothek. Abstimmung.
Geſangverein Liedertafel.
Samſtag den 17. Januar 1874
RALA1
im Saale des Gaſthauſes zur Traube.
Die verehrlichen Mitglieder wollen ſich mit ihrer Verſonalkarte vorſehen, da der
Zutritt ohne dieſelbe nicht geſtattet iſt.
309)
Der Vorſtand.
Hä u f e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
2. Aeuſtadt, Alexanderſtraße.
Abgehende Bahn=Büge.
( Schnell= oder Courier=Züge.)
Frank=
furt. Nach
Heidel.
berg Nach
Main, Nach
Aſchaf=
fenburg Nach
Worms Nach
Erbach b45 6.45 15.4 46.20 640 6.50 7.20 48.50 750 9.10 8.4 9.3. 9.1 94. 9.35 11.30 11.15 12.35 211. 7 1145 12. 12. 3 r1.47 . 3.30 x155 3.2 2.5. L.55 2.5. 4445 3.11 44.4 5.30 b5. J. 5.2 16.- 5. 30 46.15 G 710 8.10 710 — 8. 8 8.10 9.15 9.15 1— 4950 10. 5 49 50 10.- G.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, 16. Jan. 10. Vorſt. im 5. Abonn.
Sie iſt wahnſinnig. Drama in 2 Alten n. d.
Franz. Hierauf:Eine Parthie Piquet. Luſtſpiel
in 1 Akt n. d. Franz. In beiden Stücken Hr.
Friedrich Haaſe, Direktor des Stadtheaters
in Leipzig, als Gaſt. — Sonntagspreiſe.
In Luſtein Leid.
Von Friedrich Friedrich.
Gortletzung.)
Mit einer ſchmerzlichen Empfindung verließ Helm das
Zim=
mer. Nur Bertha und der Wundarzt blieben bei dem Kranken
zurück. Auf einer Steinbank vor dem Hauſe ließ er ſich nieder.
Der Müller trat zu ihm und zeigte ihm die Stelle, wo das
Pferd ſich überſchlagen hatte, bis wohin er geſchleift war.
„Hier riß der Steigbügel” fügte er hinzu, „und hier hoben
wir ihn bewußtlos auf. Er ſah ſchlimm aus. Das Blut hatte
ihn ganz entſtellt. Haben Sie Hoffnung, daß er es überwinden
wird pu
„Ich glaube kaum' erwiderte Helm halb zerſtreut. „3ch
kann ihm nicht helfen. Denn meinen Beiſtand verſchmäht er.:
„ Er trägt ſelbſt die Schuld=, fuhr Müller fort. „Er hätte
wiſſen ſollen, daß man vor einer Mühle, wenn ſie im Gange
iſt, nicht vorüberſprengt, wie er es gethan hat. Ich kenne ihn,
ſo lange er das Gut beſitzt. Es iſt ein wildes, unbändiges Blut
in ihm. Hochmuth und Grobheit ſaßen ihm im Nacken In
Geſchäftsſachen habe ich öfters mit ihm verkehrt, allein unſer
einen ſah er kaum als einen Menſchen an und jetzt liegt er doch
elend in meinem Hauſe und wäre ich ihm nicht zur Hilfe
ge=
ſprungen, ſo hätte er ſich vielleicht ſchon verblutet. Ja, es kann
mit dem Hochmüthigſten oft ſchnell ein Ende nehmen!
Helm ſchwieg. Der Müller hatte Recht. Die Worte
die=
ſes einfachen Mannes machten einen tiefen Eindruck auf ihn:
auch mit dem Hochmüthigſten kann es ſchnell ein Ende nehmen.
So ſchnell hatte der Major ſein Ende ſicher nicht erwartet und
doch ſtand es ihm bevor. Er dachte an Bertha's Worte, daß
ſie ihrem Vater die Verlobung mitgetheilt habe, und ſo ſehr war
er dagegen, ſo ſehr haßte er ihn, daß er ſeine helfende Hand ſogar
in dieſer ſchweren Stunde zurückwies. Welcher Kampf ſtan
ihm bevor, wenn der Major wieder genas! Konnte er hoffen,
daß dieſer Mann lachgeben werde? Und beſaß Bertha Kraft
geuug, ihrem Vater mit Feſtigkeit entgegenzutreten? — Finſtere
und bange Bilder tauchten vor ihm auf, bittere Stunden ſah er
wieder in der Zukunft vor ſich — da ſchreckte ihn ein lauter
Aufſchrei Bertha's aus ſeinen Träumen.
Er ſprang auf, er eilte in das Zimmer zurück, in welchem der
Kranke lag. Ihm ahnte, was dieſer Aufſchrei bedeutete. Vor
dem Lager des Kranken lag Bertha auf den Knien, das Geſicht
mit beiden Händen bedeckt, krampfhaft ſchluchzend.
Regungslo=
lag der Major da. Sein Herz hatte bereits aufgehoͤrt zu ſchla=
gen, aber ſeine weitgeöffneten, gebrochenen Augen blickten noch
ſtarr - voll Haß.
Erſchüttert trat Helm an das Bett. Der Wundarzt ſtand
zu Häupten deſſelben.
„Es iſt ſchnell gekommen," ſprach dieſer, uſo bald hätte ich
es nicht erwartet."
Helm antwortete nicht. Er blickte den Todten an. Der
Tod hatte für ihn nicht jenes Grauen, mit welchem er die
mei=
ſten Menſchen erfüllt. Zu oft hatte er an Sterbebetten
geſtan=
den, zu viel ſich mit Todten beſchäftigt. Er wußte ja, daß der
Tod nicht eine Vernichtung des Menſchen iſt, ſondern eine
natur=
gemäße Umgeſtaltung des Stoffes, welcher den Menſchen
gebil=
det, er wußte, daß der Glanz und Lebensausdruck aus dem Auge
des Geſtorbenen ſchwindet, ſobalb die Lebenskraft gewichen iſt,
für ihn war alles nur ein natürlicher, nothwendiger Proceß
und, doch empfand er ein unheimliches Grauen, als er in des
Todten Augen blickte. Er wandte den Blick ab und doch zog
es ihn zurück — er hatte noch keinen Todten geſehen, aus deſſen
Augen ein ſolcher ſtarrer Haß und Zorn ſprach. Er bog die
Lider des Todten nieder.
Nun erſt wandte er ſich zu Bertha. Tröſtend zog er ſie
ſanft empor. Mit der ganzen Leidenſchaft des Schmerzes warf
ſie ſich an ſeine Bruſt.
„Ich bin die Urſache ſeines Todes Uu rief ſie ſich ſelbſt
an=
klagend. „Oh, hätte ich geſchwiegen, hätte ich ihm unſre
Ver=
lobung nicht mitgetheilt, ſo würde er nicht in ſo zorniger heftiger
Aufregung fortgeritten ſein!-
Helm drang jetzt mit keiner Frage in ſie, nur mit wenigen
Worten ſuchte er ſie zu beruhigen. Er wußte, daß man dem
Schmerze ſein Recht laſſen muß. Nur mit Mühe gelang es ihm,
Bertha von der Seite des Todten zu bringen und ſie zur
Heim=
kehr zu bewegen. Er begleitete fie, denn er war jetzt ihr
einzi=
ger Beiſtand. Als ſie auf dem Gute angekommen waren, als
Verthas Schmerz ſich durch die eigene Abſpannung milderte,
theilte ſie ihm alles mit und jetzt gelang es ihm auch mehr, ſie
zu beruhigen und zu überzeugen, wie ungerecht ihre
Selbſtan=
klage war.
Erſt ſpät am Abend lehrte Helm zur Stadt zurück, eilte
aber am folgenden Morgen ſchon wieder hinaus zu der
Gelieb=
ten. Er hatte die ganze Beſorgung und Anordnung des
Begräb=
niſſes in die Hand genommen, denn Bertha war dazu nicht im
Stande. Das Unglück, welches ſie ſo unerwartet und gänzlich
unvorbereitet getroffen, hatte ſie in eine faſt gegen alles
gleichgil=
tige Abſpannung verſetzt. Dieſe hielt auch noch an, als ihr
78
N6.
Bater bereits beerdigt war und zum wenigſten die äußeren
Un=
ruhen und Störungen, welche der Tod hervorgerufen hatte,
eini=
germaßen geſchwunden waren. Anhaltend konnte Helm ſich ihr
freilich nicht in dem Maße widmen, weil er ſeine Kranken nicht
vernachläſſigen durfte. Da ſie alleinige Erbin des Gutes und
des ganzen Vermögens ihres Vaters war, ſo hatte Helm ihr
Klinger als Veiſtand empfohlen, um durch ihn ihre
Angelegen=
heiten ordnen und ihr Vermögen verwalten zu laſſen.
Gern hatte Bertha Klingers Unterſtützung angenommen,
war er doch der Freund ihres Verlobten und hatte dieſer ihn
ſchon früher vielfach gegen ſie gerühmt. Durch Klinger erfuhr
Helm anch die Größe des Vermögens, welches der Major
hin=
terlaſſen hatte und welches einſt ſein Eigenthum wurde.
„Gib Deine Stellung als Arzt auf und werde
Gutsbe=
ſitzer, rieth im Klinger, „denn ſpäterhin wirſt Du das Gut
einmal doch ſelbſt verwalten müſſen. Es liegt ſchön, iſt nicht
weit von der Stadt entfernt und Du biſt uns dann doch nicht
ganz verloren. Zwar glaube ich, daß Du dich wenig von Bertha
trennen wirſt, wenn ſie erſt Dein Weib iſt, alleln ganz darfſt
Du die Pinkenburg doch nicht vergeſſen, Du gehörſt einmal zu
ihren Rittern und ehe wir Dich ziehen laſſen, ſollſt Du uns
zuvor den Eid der Treue ſchwören.
„Das habe ich nicht nöthig, erwiderte Helm. „Ich werde
ſie nicht vergeſſen, weil ich zu viel heitere Stuaden in ihr
ver=
lebt habe. Aber deinen anderen Rath, Klinger, kann und werde
ich nicht befolgen. Ich bleibe Arzt. Mir iſt mein Beruf ans
Herz gewachſen. Ich würde verloren ſein, wenn ich nur für
mich ſorgen und nur an mich denken ſollte. Bertha iſt reich
reicher als mir lieb iſt - ja, Advokat ſieh mich nicht mit einem
zweifelnden Seitenblicke an, denn du ſollteſt mich ſoweit kennen
- Bertha iſt reicher als mir lieb iſt. Es liegen Verlockungen
und Verführungen im Gelde; deßhalb habe ich den feſten
Ent=
ſchluß gefaßt, mich demſelben nicht preiszugeben. Ich will einſt
nicht von dem Gelde meiner Frau leben. Es iſt dies nicht Stolz
von mir, ſondern ich würde dadurch das Zutrauen zu mir ſelbſt
verlieren. Was ich mit ihrl zum Leben nöthig habe, das muß
ich mir ſelbſt verdienen. Dieſen Entſchluß, wird,
nie=
mand in mir wankend machen, auch Bertha nicht. Ich habe mit
ihr noch nicht darüber geſprochen, indeß hoffe ich, daß ſie mir
bereitwillig beiſtimmen wird. Sie liebt mich ja und muß
mei=
nen Wunſch gerecht und vernünftig finden.
„Und was willſt du mit dem Vermögen deiner Frau
begin=
nen 2u warf Klinger ein.
„ Freund, davon gebe ich Feſteſſen in der Pinkenburg' rief
Helm lachend, „und errichte mir dadurch bei Euch ein
unſterbli=
ches Denkmal! — Klinger, Du willſt eine Antwort auf Fragen
von mir haben, die ich mir ſelbſt aoch nicht vorgelegt habe; und
wozu auch? Jetzt geht mein ganzes Streben dahin, Bertha ihren
Schmerz ſo viel als möglich vergeſſen zu machen. Das arme
Mädchen ſteht allein da und bedarf der geiſtigen Stütze!
Während Klinger fortfuhr, Berthas Angelegenheiten zu
ord=
nen und zu führen, that Helm Alles, was in ſeinen Kräften
ſtand, um ſie den Verluſt vergeſſen zu machen. In größter Elle
beſorgte er ſeine Kranken und eilte dann jeden Tag zu ihr hinaus.
Berthazwar lieb und gut gegen ihn, ſie ſah, wie viele Opfer er
ihr brachte. Helm fühlte ſich glücklich. Nur zu bald ſollte
in=
deß ein trüber Hauch über ſein Glück hinziehen.
Ungefähr zwei Monate nach des Majors Tode, als Bertha
ſich bereits wieder erholt hatte, kam ein Verwandter von ihr,
der Gerichtsrath v. Troll, deſſen Bertha im Geſpräch öfters
er=
wähnt hatte. Helm war überraſcht, als er ihn ganz unerwartet
anf dem Gute Berthas traf und ſie beide gegenſeitig vorſtellte.
Helm wußte, daß dieſer Mann mit dem Major ſeit Jahren auf
geſpanntem Fuße gelebt hatte, er hatte von Bertha nicht gehört,
daß er ſich ſeit dem Tode ihres Vaters um ſie bekümmert hatte,
um ſo mehr ſetzte ihn deſſen Beſuch in Erſtaunen. Da er indeß
Bertha's Verwandter war, kam er ihm in offener, freundlicher
Weiſe entgegen. Der Gerichtsrath war kalt, faſt abſtoßend
gegen ihn.
11.7
Es war überhaupt ein Mann, der Helm mit jedem
Augen=
blicke weniger gefiel, eine lange, hagere Geſtalt nahe den
Sech=
zigern. Auf ſeiner Stirn lag Stolz und Hochmuth ausgeprägt,
der eitle Dünkel des Adels. Die kleinen, grauen Augen, welche
ſich hinter ſtarken, buſchigen Braunen faſt verſteckten, hatten einen
unruhigen, ſtechenden und falſchen Ausdruck. Die Lippen waren
in der Regel feſt geſchloſſen und verriethen einen feſten, zühen
Charakter. Gegen Bertha war er zuvorkommend, einſchmeichelnd
artig. Dies ſiel Helm mehr auf als die Kälte, welche er gegen
ihn zeigte. Es erfüllte ihn mit Unwillen, daß dieſer Mann nicht
einen Augenblick von ſeiner und Bertha's Seite wich, daß er
jeden ihrer Blicke prüfend beobachte.
Früher als gewöhnlich kehrte er zur Stadt zurück. Bertha
ſuchte ihn nicht zurückzuhalten, es war ihr, als ob ſie vor dem
Geheimenrath eine Art Scheu empfände. Gegen Klinger, mit
dem er an demſelben Abende noch zuſammeutraf, erwähnte er
kein Wort über den Gerichtsrath.
Fortſetzung folgt.
Mittheilungen auns Stadt und Land.
- Das Großh. Regierungsblatt Nr. 1 vom 15. Januar enthält:
1. Edict, die Mitglieder des Staatsraths für das Jahr 1874 betr., wonach
als außerordentliche Mitglieder für das Jahr 1874 berufen ſind: 1) der
erſte Präſident des Oberconſiſtoriums, Kritzler, 2) der Präſident des Ober=
Appellations- und Caſſationsgerichts Dr. Müller, 3) der Präſident des
Hofgerichts der Provinz Starkenburg i. P. Dr. Krug, 4) der Director der
Oberſtudiendirection Geheimerath von Willich, 5) der Geheimerath Fiſcher,
6) der Director des Ober=Appellations= und Caſſationsgerichts Zentgraf,
) der Ober=Appellations= und Caſſationsgerichtsrath Dr. Hallwachs,
8) der Miniſterialrath a. d. Freiherr von Preuſchen. - 2. Bekanntmachung,
Abänderungen des Poſtreglements vom 30. November 1871 betreffend.-
3. Bekanntmachung. den Verkehr zwiſchen dem Großherzogthum Heſſen und
den angrenzenden Vereinsſtaaten mit ſteuerpflichtigen Getränken betreffend.
- 4. Bekanntmachung, die Einrichtung einer Poſtagentur zu Beſſungen
betreffend. - 5. Ueberſicht der im Jahre 1873 in den Irrenanſtalten des
Großherzogthums verpflegten Kranken. 6. Abweſenheitserklärung.
7. Dienſtnachrichten. - 8. Charakter=Ertheilung.- 9. Concurrenz
Eroff=
nungen.
Das Gewerbeblatt für das Großherzogthum Heſſen (eitſchriſt
des Landgewerbevereins) Nr. 1 enthält folgende Aufſätze: Das
Gewerbe=
blatt. Ueber Blitzableiter, von Gebrüder Mittelſtraß. Programm für die
Ausſtellung Wetterauer Induſtrieerzeugniſſe in Friedberg. Kleinere
Mit=
theilungen.
In den heſiſchen Wahlbezitken wurden die Candidaten der
Natio=
nal=Liberalen reſp. reichsfreundlichen Partei mit großer Majorität gewählt
im 9. Wahlbezirk (Mainz) findet eine Nachwahl zwiſchen Obergerichtsrath
Görz (7365 St.) und Dr. Moufang (6114 St.) ſtatt. — Im Wahlbezirk
Gießen wurde gewählt Frhr. A. v. Nordeck zur Rabenau, Friedberg
Dr. B. Schröder in Worms, Alsfeld Prof. Dr. Oncken in Gießen,
Bensheim Rentner Martin hier, Offenbach Hofger.=Adv. Dernburg
hier, Woͤrms C. W. Heyl daſ., Bensheim L. Bamberger in Mainz.
— Bekanntlich werden durch die Gr. Hofgarten=Direction, durch die
Stadt und durch den Verſchönerungs=Verein für Darmſtadt und
Beſſun=
gen eine Menge Fußwege unterhalten und zwar mit einem nicht
unbedeutenden jährlichen Koſtenaufwande. Leider werden aber dieſe nur
für Fuß günger hergeſtellten Wege auch befahren und geritten; ſo iſt erſt
in den letzten Tagen dem Einſender dieſes einlOfficiers=Burſche- mit dem
Reitrferde auf dem hinter der v. Weſterweller'ſchen Beſitzung hinziehenden.
Fußpfade begegnet, obgleich nebenan ein breiter und guter Reitweg liegt.
Den Beſitzern von Reitpferden kann nur angelegentlichſt empfohlen werden,
ihren Burſchen das Reiten auf den Fußpfaden auf das ſtrengſte zu
ver=
bieten. In unſern ſchönen Waldungen ſind ja alle Schneiſen Reitwege
und an ſolchen ſonach nichts weniger als Mangel, wie von den hierher
verſetzten Offizieren ſtets anerkannt wird.
Samstag, den 31. Januar findet im Saalbau zur Nachfeier de
Geburtstags Mozart's großes Concert (nicht Conert und Ball, wie
irrthümlich angegeben) des Mozartvereins ſtatt unter gütiger Mitwi
kung der activen Herren des Muſikvereins.
Zu der am Samstag den 17. ds. im Saalbau ſtattfindenden Be
ſammlung desſHausfrauenverbandes wird eine Deputation des C,
mites des frankfurter Frauenverbandes erwartet. Letzterer ſteht in
Ve=
bindung mit den eben in der Bildung begriffenen Verbänden hier,
Aſchaffenburg, Coblenz und Heidelberg und werden dieſelben bei der End
d. M. in Frankfurt ſtattfindenden General=Verſammlung jdurch Delegirt
vertreten ſein.
Rach der Berechnung des „Ecomoniſt' ſind von der bis jetzt geprä,
ten ca. 1 Milliarde Reichsmark in Gold 120 Millionen in den
Krieg=
ſchatz und ca. 500 Millionen in die Banken als Deckung der circulirenden
Noten gefloſſen und bleiben für den Verkehr demnach nur 380 Millione
Ubrig.
Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
G L. C.