Allergnadigſt privilegirtes
136. Jahrgang.
Ebonnementspreis
2fl. 48 kr. ährk. inck.
Bringer=
lohn. - Auswürtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 59 kr. pro
Quartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgeblihr.
für die
SUUTTUII
Iuſerot;
werden angenommen: in
Darm=
ſtadt von der Expedition.
Rhein=
ſtraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auzwärtz
von allen ſoliden Annoncen
Exbeditionen.
Amtliches Organ
Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
507)
Frauz Chrtstoph's
RmSSUuIRAIUAUGIN
in bekannter Auaſität empfiehſt
Vr. Schaafer,
Ludwigsplatz 7.
80.
Freitag den 25. April
1873.
Feilgebotenes.
Billiges
gutes Maſchinen=Brod.
Preis für den 4pfündigen Laib je nach
Qualität 17½. 21½ und 23½ kr. Proben
ſind jederzeit einzuſehen und Beſtellungen/
für Lieferungen von nächſter Woche ab
wer=
den angenommen bei
G. Stammler,
Waldſtraße 17.
3358)
3359)
Zu verkaufen:
Eine neue Hobelbank.
Große Kaplaneigaſſe Nr. 29.
3362) Beſſunger Carlſtraße 3 werden
Kartoffeln abgegeben.
3363) In der Wienerſtraße Nr. 28 bei
Gärtner Blümlein ſind ſehr ſchön=
Penſee's billig zu haben.
3366) Zimmerſpähne und
klein=
gemachtes Buchenholz zu haben in
der Steinkohlenhandlung von
J. Weitzel,
Heidelbergerſtraße 21, am Octroihaus.
3367) Limburger Käſe ſehr gute
Qualität empfiehlt per Pfund 16 kr., bei
größerer Abnahme entſprechend billiger.
Vean Hühn,
gegenüber der Stadtkirche.
3368) Zwei ſchöne Bologneſer Hündchen
ſind zu verkaufen. Langegaſſe 27.
3380) Zu verkaufen:
Ein Canapee mit 6 Stüblen.
Wienerſtraße Nr. 30 eine Stiege hoch.
Sohloss Johannisberger Cabinets-Nein.
Original=Füllung der Fürſtlich v. Meiternich'ſchen Domäne=Direction.
1858r, 1862r, 1865r und 1868r im Preis von 2 fl. 30 kr. bis 20 fl. per
Flaſche, zu beziehen durch
Corl Emil Callmann,
3283)
Rheinſtraße 17
2474)
Tuffſteine und Tuffſtein=Kaminrohre
ſind fortwährend auf Lager und werden billigſt abgegeben.
Lieferungen für dieſen Sommer werden zu Fabrikpreiſen übernommen von
J. Tulda, Bleichſtraße 45.
Friedrich Rokter in Imberg bei Hürnhorg.
53381) Mineral=Farben=Fabrik &am; Verawerkbeſitzer.
Vermiethungen.
0
ſin ſchönes möblirtes Zimmer im
T
C 2. Stock. Beſſ. Karlſtr. 3.
2754) Beſſungen, Heerdwegſtraße 13
iſt der mittlere Stock, beſtehend in 4
Zim=
mern Mitgebrauch von Waſchküche und
Bleichplatz, zu vermiethen und bis zum
15. Juni zu beziehen.
2756) Ludwigsplatz 2 zwei Stiegen hoch
2 Zimmer, Küche, Keller, an eine Dame
oder Herrn per 1. Juli zu vermiethen.
Nähere Auskunft K. Röſe, Schulſtr. 1.
2758) Der 2. Stock mit oder ohne
Manſarde Bleichſtraße Nr. 5 iſt zu
ver=
miethen und bis 1. Juli zu beziehen.
174
634
2824) Kaſinoſtraße Nr. 14 iſt der zweite
Stock per 1. Mai zu vermiethen.
Eben=
daſelbſt parterre 2 unmöblirte Zimmer.
Näheres bei K. Querfeld Wtwe.,
Friedrichſtraße Nr. 20.
3145) Eliſabethenſtraße Nr. 1
Seiten=
bau ein möblirtes Zimmer zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
8 Schneider= oder
Schuh=
macher=Werkſtätte.
Eine ſehr ſchöne, helle und geräumige
Werkſtätte nebſt Logis von 2 Zimmern u.
2 Kammern, Küche, Keller, Holzſtall, im
Hinterbau meines Hauſes Nr. 47 in der
Rheinſtraße für 150 fl. jährlich zu
vermie=
then und in 3 Monaten zu beziehen bei
G. G. Lange.
3369) In dem neu erbauten Haus
Stift=
ſtraße Nr. 65 im mittleren Stock iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
3382) Beſſungen, Kirchſtraße Nr. 43.
Meine neu erbaute Manſarde=
Woh=
nung mit der ſchönſten Ausſicht in den
Herrngarten. Küche, Keller und Holzſtall,
iſt zu vermiethen und Anfangs Juli zu
beziehen.
3383) Ein möblirtes Zimmer für 1
oder 2 Herren iſt zu vermiethen.
Kiesſtraße Nr. 27 zweiter Stock.
ß 3384) Eck der Alicen= und
Blumenthal=
ſtraße Nr. 43 iſt ein Logis zu vermiethen.
Philipp Hartmann.
Vermiſchte Nachrichten
2922) Frankfurter Pferdemarktlooſe bei
Carl Caulé in Darmſtadt.
2934) Schüler, welche hieſige Lehranſtalten
beſuchen, finden freundliche Aufnahme.
Wilhelminenſtraße 21. Melsheimer.
S
3
Schüler
erhalten Koſt, Logis und Nachhülfe.
Vor=
bereitung für einjährig Freiwillige. Seit
6 Jahren ausgezeichnete Erfolge.
Darmſtadt, Soderſtraße 50.
Jäger, Oberlieutenant a. D.
3353) Am Sonntag Morgens zwiſchen
8 und 9 Uhr verlor eine Confirmandin eine
goldene Broche mit ſchwarzem Stein.
Der redliche Finder wird gebeten, dieſelbe
gegen eine Belohnung in der Expedition d.
Blattes abzugeben.
0
3377) Am Juſtizgebäude können noch
Weißbindergeſellen bei gutem Tagelohn oder
auf Accord Arbeit finden. Ph. Schaub.
3385) In unſerer Buchhandlung iſt eine
Lehrlingſtelle offen.
Rühl u. Rettig.
3386) Einen Lehrling ſucht
Witzler, Schuhmaher, Holzſtr. 1.
E80.
3375)
Verein Heſſiſcher Aerzle.
Außerordentliche Verſammlung
Freitag den 25. April, 6½ Uhr Abends, im Vereinslokale bei Hrn. Schorkopf.
Tagesordnung: Die vom Vorſtand des Vereins theinheſiſcher Aerzte
vorge=
ſchlagene Petition zur Unterſtützung des Dümont'ſchen Antrages.
Verein für literar. und muſikal. Abend=Unterhaltung
Montag den 28. d. Mts., Abends 7 Uhr, im Feſtſaal der hieſigen Loge.
Vortrag des Herrn Profeſſors Dr. Georg Zimmermann aus Gießen über
Shalespeare's Hamlet.
Tageskarten 1 fl. für nummerirten und 30 kr. für unnummerirten Sitz ſind i
der Kunſthandlung des Herrn A. Schödler (Eliſabethenſtraße 7) und Abends an der
Kaſſe zu haben.
3376)
Däs Comité.
2898)
Häu ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenaulagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Nenſtadt, Aexanderſtraßes
3387)
CORCOT
im Saale der Vereinigten Geſellſchaft Montag den 28. d. Mts.
Abends 7 Uhr
zum Beſten des Penſion=Fonds der Genoſſenſchaft deutſcher Bühnen=Angehörigen.
Leitung: Hr. Max Sedlmayr. Mitwirkung: die Damen Anton, Erl, Eppert, Jaide,
v. Müller &am; Lilli Schulz; die Herren: Bauer, Böllert, Büchler, Edward, Greger,
Heim, Lederer, Mayr, Pockh und des Großh. Bad. Concertmeiſters Hrn. Naret=Koning
von Mannheim (Violine).
Billets 1½ fl. und 1 fl. für den Saal, ſowie 36 kr. zur Gallerie ſind in
den bekannten Buchhandlungen und beim Herrn Caſtellan im Caſino zu haben.
8 Geſchäfts=Anzeige und Empfehlung.
Einem geehrten Publikum hiermit die ergebene Anzeige, daß das ſeither unter der
Firma Carh Duerſehd betriebene Schloſſergeſchäft vom 21. d. Mts. auf
meine Rechnung übertragen wurde, und bitte ich das meinem Vorgänger geſchenkte
Ver=
trauen auf mich übertragen zu wollen. Reelle und prompte Bedienung zuſichernd,
zeichnet
Hochachtungsvoll
August Vold.
3395)
Ein Geldbrief
mit Siebenzig Gulden (in Banknoten) Inhalt iſt am 24. d. Mts. Mittags auf
dem Wege von dem Poſigebäude über den Louiſenplatz, Louiſenſtraße bis zum Officier=
Caſino verloren worden. Der redliche Finder wird gebeten, denſelben gegen gute
Be=
lohnung Ernſt=Ludwigſtraße Nr. 29 abzugeben.
Krentzberg's große Menagerie
iſt bereits eingetroffen und wird in einer 200 Fuß langen Bude auf dem Exercierplatz
von Samſtag an einem geehrten Publikum zur Schau ausgeſtellt ſein, und zwar nur
drei Tage: Samſtag, Honntag und Montag. Die fVorſtellung mit ſden
dreſſirten Raubthieren, als: Löwe, Tiger, Panther, Leoparden, Hyäne, Bären, Wölfen ꝛc.
findet Samſtag um 6 Uhr Abends nebſt Fütterung ſtatt.
Sonntag und Montag finden drei große Vorſtellungen ſtatt, die erſte um
4 Uhr, die zweite um 6 Uhr und die dritte um 8 Uhr Abends, nebſt Fütterung der
Thiere. Zum Schluſſe jeder Vorſtellung findet das Exercitium des weißen
abeſſyuniſchen Elephanten ſtatt.
Preiſe der Plätze: Erſter Platz 48 kr. Zweiter Platz 24 kr. DOritter Platz 12 kr.
Ch. Kreutzberg.
„ Cedes t. Amt, jeder Geſchäftsmann,, Annoncen=Expedition von E.
Slöek=
g.
O9 zahlloſe Private ſind heutzutage hardt (in Darmſtadt Vertreter: Herr
kann und wann genöthigt, Anzeigen in den Jos. Waitz, Firma Würtz'ſche
Buchhand=
jedesmaligem Zwecke entſprechenden Zeitungen lung) in Anſpruch zu nehmen, welche bei
zu veröffentlichen. Zu ſolchen Fällen em=Original=Zeitungspreiſen keinerlei Speſen,
pfiehlt es ſich die Vermittlung der als ſolid weder Porto noch Proviſion, in Aurechnung
und discret bekannten Süddeutſchen bringt.
M. 80
3392) Ein Dienſtmädchen wird zum
ſofortigen Eintritt geſucht. Rheinſtraße
Nr. 23 dritter Stock.
3393)
Verloren
auf dem Wege von der oberen Heinrichſtraße
bis zur Rheinſtraße eine Broſche.
Es wird gebeten, dieſelbe gegen Belohnune
abzugeben Heinrichſtraße 60 über 1 Treppe.
635
3394) Ein reinliches Laufmädchen für
den ganzen Tag wird geſucht. Zu erfragen
Nieder=Ramſtädter Straße 42 Parterre.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag 25. April. 3. Vorſt. im 9. Ab.:
Jugendliebe. Luſtſpiel in 1 Akt von A.
Wil=
brand. Hierauf: Gänschen von Buchenau.
Luft=
ſpiel in 1 Akt nach Bayard von Friedrich. Zum
Schluß: Die Dienſtboten. Luſtſpiel in 1 Akt von
R. Benediz.
2 Die Leihbibliothek von J. M.
ZD Stüber iſt Sonntag Nachmit
tags geſchloſſen.
3390) Ein anſtändiges Mädchen von
auswärts ſucht baldigſt Stelle alszMädchen
allein oder Hausmädchen; dieſelbe ſieht mehr
anf gute Behandlung als a1f hohen Lohn.
Näheres Waldſtraße 55 im 2. Stock.
3391) Eine Ente zugelaufen.
Grafenſtraße Nr. 19.
(Fortſetzung.)
„Jetzt iſt die Kunſt, aus dem Loche wieder herauszukommen,"
ſagte der Platzmajor, der weder ſo groß gewachſen, noch ein ſo
guter Voltigeur war, wie Frohn, um ſich mit einem Sprung auf
den Rand des Loches ſchwingen zu können. Zwei Lieutenants
faßten ihn unter die Arme und ſchroteten ihn in die Höhe.
„Da ſollte man ja rein des Teufels werden, brach jetzt
der Commandant aus, der ſchaudernd überdachte, welche zahlreichen
Mitwiſſer Trenck gehabt haben müſſe, um ſich alle die Gegenſtände
zu verſchaffen, welche er jetzt offen vorzeigte . . . . „es ſcheint,
man hat mir die halbe Garniſon beſtochen und verführt
„Niemanden, der in Ihrer Gewalt wäre, Herr Commandant,
verſetzte Trenck. „Ich habe Ihnen nicht dazu meine Karten offen
gelegt, daß Sie jetzt eine Inquiſition beginnen, um Unſchuldige
als Verdächtige zu chicaniren. Der einzige Schuldige iſt mein
Witz, der ſtärker war, als der Witz derer, die alles thaten, um
mir das Entkommen unmöglich zu machen. Und von Schuld
kann ja bei mir keine Rede ſein. Der König hat mich hier ohne
Urtheil und Recht, ohne daß ich nur ein einziges Mal verhört
wäre, ohne daß mir nur angegeben wäre, weſſen ich beſchuldigt
bin, in der unmenſchlichſten und grauſamſten Haft gehalten. Mich
ihr zu entziehen, wie ich kann, das iſt mein unveräußerliches
Menſchenrecht!
„Kommen Sie jetzt mit uns,1 ſagte der Commandant. „3ch
nehme Sie mit mir in meine Wohnung. Ich werde von dort
aus dem Herzoge die Sache melden, und wir werden ſeine
weiteren Befehle abwarten.
Trenck war natürlich ſehr bereit dazu. Er ſchritt zwiſchen
den Officieren aus ſeinem Kerker heraus und dann der Wohnung
des Commandanten zu, die nicht in der Sternſchanze, ſondern in
der Stadt lag. In zuverſichtlicher Stimmung, voll ſanguiniſcher
Hoffnungen, ſog er die für ihn faſt berauſchende friſche Luft ein,
die er ſeit faſt neun Jahren nicht mehr gekoſtet.
Wie wenig ließ er ſich träumen, daß von allem, was
vor=
gegangen, der Herzog von Braunſchweig keine Ahnung hatte; daß
er nach acht Tagen wieder in ſeinen neubefeſtigten Kerker
zurück=
gebracht, daß ſein Fuß mit einer doppelt ſo ſchweren Kette an
die Mauer geſchloſſen ſein würde?)
5.
Es mochte halb eilf Uhr ſein. Frohn hatte Eſther heute
nicht geſehen, denn wenn die Gefangenen nicht draußen arbeiteten,
ſo wagte ſie ſich nicht zu ihm, durch die Menge von Männern,
welche die Caſematte füllten. Ein Laufburſche hatte Frohn das
Frühſtück gebracht. Dieſer hatte dasſelbe kaum verzehrt, der
Laufburſche war kaum gegangen, als zur Ueberraſchung der Ge=
1) Er erzählt wenigſtens in ſeiner Lebensgeſchichte Wien 1787). „ Nach
meiner erlangten Freiheit reiſte ich ſelbſt nach Braunſchweig und erfuhr vom
Herzoge ſelbſt, daß die damals über mich beſtellten Majors demſelben nicht
die Wahrheit rapportirt und um einen Verweis wegen nachläſſigen
Viſi=
tirens zu vermeiden, demſelben gemeldet, ſie haben mich bei der Arbeit
er=
tappt und bei genauer Unterſuchung gefunden, daß ich ohne ihre
Wachſam=
keit ſicher entflohen wäre. Einige Zeit nachher habe aber der Herzog die
Wahrheit erfahren, dem Könige den Vorfall gemeldet, und von dieſer Zeit
an habe der Monarch nur auf Gelegenheit gewartet, um mir die Freiheit
wieder zu geben.
fangenen ſich das Thor der Caſematte noch einmal öffnete und
ein Officier eintrat, dem drei oder vier Handwerker, mit Schaufeln
und Schiebkarren verſehen, folgten. Sechs Mann Wache beſetzten
das offen bleibende Thor.
Frohn trat dem Oficier entgegen. „Wozu lommen der
Herr Camerad ?u fragte er ihn.
„Man fragt noch lange ?u verſetzte dieſer barſch und von
Dienſteifer erregt. „Man hat ſich in ein Complott eingelaſſen!
Man wird die Folgen ſchon zu fühlen haben. Wo iſt der
Ein=
gang zu dem Loch, durch welches man mit dem Trenck
con=
ſpirirt hat ?”
Der Oficier war offenbar vortrefflich orientirt, denn er
ſchritt, ohne eine Antwort abzuwarten, dem oberſten Ende dr
Caſematte zu, wohin die Arbeiter ihm folgten. Bei dem Erſcheinen
des Officiers war es natürlich Frohn's erſter Gedanke, daß er
verrathen ſei. Bei den Worten desſelben, bei dem Vorwurf, daß
er ſich in ein „Complatt” eingelaſſen, durchzuckte es ihn wie ein
Blitzſchlag. Es war gewiß, Trenck hatte den Verräther geſpielt!
Was war zu thun? War das große Unternehmen
aufzu=
geben, in der Furcht, daß die Feſtungsbehörden bereits alle
Maß=
regeln ergriffen, um es ſcheitern zu machen? Dazu war es zu
wohl überlegt, dazu ſicherte die unverhältnißmäßige Ueberzahl der
Gefangenen über die Beſatzung zu ſehr den Erfolg!
Nein-
der Streich mußte geführt werden - aber auch ſofort! Es war
jetzt keine Zeit mehr zu verlieren. Jeder weiter verlorene
Augen=
blick war für die ſich gegen einen Angriff der Gefangenen rüſtende
Beſatzung ein Gewinn.
Frohn war bald ertſchloſſen. Der Officier hatte unter
Frohn's Matratze das Loch, welches in Trencks Kerker führte,
bald aufgefunden. Er gab jetzt den Arbeitern, die herantretend
ihn umgaben und das aufgewühlte Loch betrachteten, ſeine Befehle.
Frohn benutzte dieſen Augenblick. Er winkte ſeinen Leuten
- drängte ſich an den Officier, riß ihm mit Blitzesſchnelle den
Degen aus der Scheide, faßte ihn im ſelben Augenblick am
Kragen und warf ihn in das Loch hinunter. Zugleich rief er
mit einer donnernden Stimme; „Es lebe die Kaiſerin!”
Es war ein entſetzliches Gebrüll und Gejauchz, was dieſem
Rufe folgte und die niedrige Caſematte mit einem Getöſe erfüllte,
welches allein hinreichend ſchien, die kleine, ſofort hereinſtürzende
Escorte des Officiers zu betäuben und zu überwältigen. In der
That war dies halbe Dutzend ziemlich harmloſer Landmiliz ohne
alle Schwierigkeit zu Boden geworfen, und ſechs Musketen und
eben ſo viele Patrontaſchen und Seitengewehre waren in den
Händen der Gefangenen. Frohn, den blanken Degen in der
Fauſt, ſtürzte nun zur Caſematte hinaus - die zwei davor
auf=
geſtellten Schildwachen konnten nicht daran denken, den
Menſchen=
ſtrom, der ſich hinter ihm her daraus ergoß, Widerſtand zu leiſten;
ſie waren entwaffnet, ehe ſie zur Beſinnung über das, was
vor=
ging. gekommen. Der entzügelte Haufe rannte nun über den
inneren Hof der Sternſchanze fort, der Hauptwache zu. Dieſe
war mit einer ſo geringen Mannſchaft beſetzt, daß Frohn über
den Ausgang nicht zweifelhaft ſein konnte; er hielt es deshalb
nicht für nöthig den Angriff zu leiten, ſondern trennte ſich von
der Schaar und lief quer über den Platz den Wällen zu. Vierzig
Mann der Schaar hatten ſich ihm zunächſt gehalten; dieſe folgten
hm jetzt. Es waren die Artilleriſten unter den Gefangenen.
Durch ſeinen Plan orientirt, fand er es nicht ſchwer, ſein
Ziel zu erreichen, nämlich die Alarmkanonen auf dem Walle der
Iu den Caſematten Magdeburgs.
Von Levin Schücking.
636
4
Sternſchanze. Zwei ſchwere Geſchütze waren ſtets geladen, um
jeden Augenblick, ſobald die Meldung kam, daß ein Deſertenr
entſprungen, abgefeuert werden zu können und die Landbevölkerung
in der Umgegend der Feſtung auf ihre Poſten zum Schließen
eines doppelten Cordons zu rufen. Ein Artilleriſt ſchritt als
Wache neben den Geſchützen auf und ab; als er die
herbeiſtürzen=
den Gefangenen erblickte, deren laute Zurufe ihm an's Ohr
ſchlugen, ohne daß er ſie verſtand, blieb er wie vor Schrecken
regungslos ſtehen und ließ ſich ohne Widerſtand entwaffnen.
Frohn fand augenblicklich in einem der Protzkäſten das nöthige
Pulver, ſchüttete es auf das Zündloch der zwei Geſchütze, ſchlug
mit dem Stahl und Stein, den er bei ſich führte, Feuer,
ent=
zündete die Lunte, die er an ihrem richtigen Platz neben der Lafette
fand, und einen Augenblick nachher flammte ein heller Blitz auf
ein weithin krachender Schuß donnerte über die Feſtungswerke,
die Stadt und die Elbe fort; ein zweiter Blitz, ein zweiter
Donner folgte, und aufgerecht von ſeiner eigenen That ſchrie
Frohn, die Mütze ſchwenkend:
„Vivat Maria Thereſial Der Tanz beginnt! Jetzt
vor=
wärts, Ihr Mannen! Ein Bombardier und ſechs Mann bleiben
hier und halten die Batterie beſetzt. Die Andern folgen mir!
Er eilte fort, von ſeinen Artilleriſten gefolgt, die brennende
Lunte in der Hand. Als er den Hof inmitten der Sternſchanze
wieder erreicht hatte, ſah er, daß ſeine früheren Anordnungen
be=
folgt und bereits ausgeführt waren. Die Wache war von ſeinn
Leuten beſetzt, das Thor der Sternſchanze war in ihren Händen:
viele von ihnen waren ſchon bewaffnet - ſie hatten bei dem
kleinen Häuflein, welches die Beſatzung des Forts bildete, nirgends
Widerſtand gefunden. Vor der Wache ſtanden zwei kleine
Kano=
nen, ſogenannte Bataillonsgeſchütze, wie ſie damals den einzelnen
Regimentern zugetheilt waren, aufgefahren. Sie waren
wegen=
der zahlreichen in des Feſtung aufgenommenen Kriegsgefangenen
geladen, und ſtanden auch gegen den Eingang in die Caſematte
gerichtet - den ſie freilich zu bewahren ſich heute wenig dienlich
gezeigt hatten. Frohn erkannte augenblicklich ihre Wichtigkeit
für ihn.
„Kommt her, Ihr Burſche,u rief er ſeinen Leuten zu
„die Geſchütze müſſen mit - ſpannt Euch davor und dann
mir nach!
Die Leute griffen augenblicklich zu, und indem an jeden der
beiden Vierpfünder ſich etwa fünfzehn der Artilleriſten ſpannten,
wurden ſie ohne große Schwierigkeit in Bewegung gebracht. Frohn
ſchritt auf das Thor zu; in der Nähe desſelben ließ er Halt
machen und den beiden Geſchützen eine Wendung nach rechts geben.
So richteten ſich ihre Mündungen wider ein niedriges, aber feſtes
Bohlenthor, welches den Eingang in ein kleines blockhausartiges
Gebäude verſchloß. Eine Cartouche wurde zerriſſen und gab
Pulver für die Zündlöcher her. Frohn ſelbſt viſirte dann, trat
zur Seite, legte die Lunte an, das Geſchütz krachte los und als
der Dampf ſich verzogen hatte, ſah man, wie das Thor
zer=
ſplittert aufgeflogen war. Der Eingang zu dem Pulverhaus, zu
den Munitionsvorräthen war gewonnen.
Ein Elijen= und Vivatſchreien der Leute folgte. Alles ſtürzte
dem Gebäude zu, auch die Mannſchaft, welche nach ſeinemzfrüheren
Befehl das Thor beſetzt hatte, lief herbei, um ſich mit Munition
zu verſehen. Frohn rief mit ſeiner weithinſchallenden Stimme
die Leute zurück; aber erſt nach einigen Minuten hatte er ſo viel
Mannſchaft wieder um ſich, um mit ſeinen Geſchützen vorgehen
zu können. Er verließ die Sternſchanze und rückte durch das
Sudenburger Thor vor. Bald hatte er vor ſich jein noch von
den älteſten Befeſtigungen übriges zweites Stadtthor. Durch
dasſelbe blickte er in die Gaſſe hinein, welche in das Innere der
Stadt führte. Er ſah wie dort in der Straße die Menſchen,
erſchrocken über den Tumult, zuſammenliefen, und zu gleicher Zeit,
wie die Straße herunter ein Haufe Soldaten von der Beſatzung
unter der Anführung eines Officiers herbeigeeilt kam. Im erſten
Augenblick dachte er, daß dieſelben kämen, um der Beſatzung der
Sternſchanze zu Hülfe zu eilen, und lachend rief er aus:
„Vortrefflich, ſie kommen, um uns ihre Gewehre zu bringen-.„
Dann aber durchblitzte ihn der Gedanke, daß ſiebeabſichtigen
80.
nnten, das alte Stadtthor zu ſchließen. In dieſem Falle war,
Frohn mit einem großen Zeitverluſt bedroht - wenn er
näm=
lich genöthigt war, das Thor zu forciren.
(Fortſetzung folgt.)
Mittheilungen ans Stadt und Land.
Darmſtadt, 25. April. Wie erinnerlich, fand gelegentlich der jülngſte,
Landtagswahlen in Neu=Pienburg ein Scandal mit Schlägerei,
Eigenthums=
beſchädigung ꝛc. ſtatt, welcher ſchließlich ſehr erhebliche Dimenſionen
an=
nahm und ſcharfe gerichtliche Maßnahmen nöthig machte. Die Unterſuchung
hat das Verbrechen des Landſriedensbruchs conſtatirt und ſind ſämmtliche
Angeſchuldigte wegen dieſes Verbrechens vor die diesmaligen Aſſiſen
ver=
wieſen. Nicht weniger als 26 Zeugen ſind vor die Gerichtsſchranken
ge=
laden, weßhalb auch mehrere Tage fuͤr die das allgemeine Intereſſe jedenfalls
in hohem Maße in Anſpruch nehmende öffentliche Verhandlung
vorgeſehe=
ſind. — Auch in dieſem Quartal hat ſich die Erſcheinung wiederholt, daß,
während das Schwurgericht in Oberheſſen ſehr wenige, nur 7 Falle
12 Diebſtähle, 1 Brandſtiftung. 1 Körperverletzung mit tödtlichem Erfolge,
2 Urkundenſälſchungen, 1 Kindestödtung) abzuurtheilen hatte, die Aſſiſen
der Provinz Starkenburg bei vorerſt 18 Fällen beinahe drei volle Wochen
thätig bleiben müſſen.
O. Z.
K. Eine Ehrenſache iſt die bereits auch in dieſen Blättern angeregte
Errichtung einer Gedenktafel an dem Geburtshauſe des großen Erforſchers
der Natur und Wohlthäters der Menſchheit; denn die ganze Welt iſt
Juſtus v. Liebigs Schuldner und ſeine Vaterſtadt ehrt, ſich an
meiſten ſelbſt, wenn ſie unverzüglich das Geburtshaus ihres größten Sohnes
der aus ihr hervorgegangen, durch eine Gedenktafel bezeichnet. Das
Geburtshaus iſt indeß unrichtig angegeben worden: im Hauſe 16 Groß=
Ochſengaſſe hat Liebig ſeine Jugendjahre verlebt; im Hauſe 10
Louiſen=
ſtraße hat er bis zum Tode ſeiner Eltern ſich immer zum Beſuch
aufgehal=
ten; ſein Geburtshaus aber iſt 30 Große Kaplaneigaſſe. So
klein und alt das Haus, um ſo ſtrahlender und unvergänglicher iſt der
Ruhm deſſen, der in ihm das Licht der Welt erblickte. Wir ſind
über=
zeugt, daß bei gehöriger Anregung in Deutſchland wie im fernſten
Aus=
land nicht allein zur Errichtung eines Denkmals, ſondern auch zur
Er=
richtung einer Liebigſtiftung die reichſten Mitel von aller Welt Enden
zuſammenſtrömen würden.
L. Es liegt uns ein Bericht vor über die, während des Winters in
dem benachbarten Pfungſtadt beſtehende weibliche
Fortbildungs=
ſchule, unſeres Wiſſens die erſte auf dem Lande, innerhalb Heſſens. Der
Unterricht in der Schule währte 17 Wochen lang, vom 10. December 1872
bis 3. April 1873, und wurde an zwei Wochentagen des Abends von
7— 9 Uhr ertheilt. Mit neun Schülerinnen wurde die Schule eröffnet,
dere: 3ihl ſich von Neujahr an bis auf 16 erhöhte. Ene Schülrin kam nur
zweimal, zwei Andere traten vor vier Wochen aus, und eine Oritte, die ſehr
fleißig und aufmerkſam geweſen, mußte gleichfalls zurücktreten, weil ſie, in
einer Darmſtädter Cigarrenfabrik arbeitend, zu ſpät nach Hauſe kam. Von
den übrigen wird der Fleiß und der faſt ganz regelmäßige Beſuch gerühmt.
Das Alter der Schülerinnen ſchwankt zwiſchen 14 und 18 Jahren, alk
Durchſchnittszahl darf man wohl das 16te Jahr annehmen. Als die
wich=
tigſten Unterrichtsgegenſtände wurden Stylübungen und Rechnen betrachtet,
namentlich in ſo weit ſie ſich auf die Bedürfniſſe des täglichen Lebens
be=
ziehen. Damit verband ſich Orthographie, Sprachlehre und Geſchichte in
Verbindung mit Geographie, in letzterem Fache wurde das Wichtigſte aus
dem deutſch=franzöſſiſchen Kriege durchgenommen, wie auch bei dem Rechnen,
das bis zu den Decimalbrüchen ſich erſtreckte, das neue Maß und Gewicht
beſondere Berückſichtigung fand. Weiter wurde der Körperbau des Menſchen
mit dem des Thieres verglichen, über Pflege und Ernährung geſprochen
und gelegentlich phyſikaliſche Erſcheinungen und Vorgänge erklärt.
Ueber=
dem noch Muſterſtücke der Poeſie geleſen und erklärt, ſowie der Geſang
ge=
pflegt, durch das vierſtimmige Einüben einiger unſerer ſchönſten Volkslieder.
Handarbeit ſehen wir in dem Bericht nicht aufgeführt, was auch wohl
überflüſſig, da ſich Pfungſtadt bereits ſeit Jahren einer vortrefflichen
Hand=
arbeitſchule erfreut. — Möchte doch das ſchöne Beiſpiel, welches hier gegeben
iſt, auch auf andere Land= und Stadtgemeinden Heſſens zurſuckwirken, und ſo
bei der weiblichen Volksklaſſe endlich jener Factor entwickelt werden, der
ihm am meiſten fehlt: Das Denken!
Nächſten Montag den 28. ds. findet im Saale der Vereinigten
Geſellſchaft ein Concert zum Beſten des Penſionsfonds der
Genoſſenſchaft deutſcher Bühnenangehöriger ſtatt. Unter der
Leitung des Herrn Kapellmeiſter M. Sedlmayr wirken die beſten Kräſte
des Großh. Hoftheaters und der Hoftheatermuſik mit und haben auch
Fräulein Lilli Schulz und Fräulein Anton, ſowie Herr Concertmeiſter
Naret=Koning von Mannheim ihre Mitwirkung zugeſichert und da auch
das Programm ein ſehr ſorgfältig ausgewahltes, ſo iſt zu erwarten, daß
der beabſichtigte gute Zweck in vollem Maße erreicht wird.
In Dieburg hat vor einigen Tagen ein toller Hund 4
Per=
ſonen gebiſſen. Die Wunden wurden alsbald mit glühenden Eiſen
ausge=
brannt und hofft man ſo dem Ausbruch der ſchrecklichen Krankheit, der
Wuthkrankheit, vorgebeugt zu haben. Der Hund wurde glücklicher Weiſe
ergriffen und getodtet.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.