Darmstädter Tagblatt 1873


04. April 1873

[  ][ ]

Allergnaͤdigſt pribilegirtes

urmſtädter =Frag-u. Anzeige.

136. Jahrgang.

Mbonnemeniepreis
2fl. 48 k. jährl. incl. Bringer=
lohn
. - Auswürtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 53 kr. pro
Quartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

ATTECN.

Inſerate
werden angenommen: in Darm=
ſtadtvon
der Expedition. Rhein=
ſtraße
Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer, Friedrich=
ſtraße
Nr. 7. ſowie auswürtz
von allen ſoliden Annoncen=
Exbeditionen

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Groſherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.

Es 6T.

Freitag den 4. April.

18T3.

Veröffentlichung aus dem Firmen=
Regiſter Großherzoglichen Stadtgerichts
Darmſtadt.
2749)
Am 28. März 1873 wurde eingetragen:
Die Firma J. Muyer u. Comp.
in Coblen;, deren Inhaber Kaufmann
Julius Mayer und Wäſchefabrikanlin Eweline
Mayer ſind, errichtet vom 1. April d. J.
an in Darmſtadt eine Zweigniederlaſſung
ihrer Leinen= und Hemden=Fabrik unter der
Firma: J. Mayer u. Comp, Rheiniſche
Hemdenfabrikr. Nur Julius Mayer iſt zur
Vertretung der Geſellſchaft berechtigt.
Darmſtadt, den 29. März 1873.
EGroßherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
Vögel,
Piſtor,
Stadtrichter. Stadtgerichts=Aſſeſſor.
2249) Oeffentliche Aufforderung.
Nach Erkennung des formellen Concurſes
über das Vermögen des Jakob Häuſer
von Arheilgen werden deſſen Gläubiger be=
nachrichtigt
, daß ſie im Termine::
Montag den 26. Mai 1873,
Vormittags 9 Uhr,
ihre Anſprüche unter Geltendmachung et=
waiger
Vorzugsrechte bei Vermeidung des
ſtillſchweigend eintretenden Ausſchluſſes von
der Maſſe zu liquidiren haben.
Darmſtadt, den 14. März 1873.
Großhetzogliches Landgericht Darmſtadt.
Walther,
Gutfleiſch,
Landrichter. Landgerichts=Aſſeſor.
2750) Bekanntmachung.
Donnerſtag den 10. d. Mts., Vormit=
tags
10 Uhr, ſollen die bei der äußeren
Herrichtung der Stadtkirche nebſt Stadt=
kirchthurme
vorkommende Zimmer=, Stein=
hauer
=, Weißbinder=, Spengler= und Ver=
golder
=Arbeit durch Soumiſion vergeben
werden. Voranſchlag und Bedingungen lie=
gen
von Montag den 7. d. Mts. auf dem
hieſigen Stadtbauamt zur Einſicht offen,
woſelbſt auch die Soumiſſionsformularien
zu erheben und einzureichen ſind.
Darmſtadt, den 1. April 1873.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.

Bekanntmachung.
Donnerſtag den 10. d. Mts., Vormit=
tags
10 Uhr, ſollen die bei Erbauung
mehrerer Octroi=Erheber=Wohnungen vor=
kommenden
Maurer=, Steinhauer=, Zimmer=,
Dachdecker= Schreiner=, Schloſſer=; Glaſer=,
Weißbinder=, Spengler=u. Pflaſter=Arbeiten,
ſowie die Eiſen=Lieferung durch Soumiſſion
vergeben werden. Voranſchlag, Zeichnungen
und Bedingungen liegen von Montag den
7. d. Mts. auf dem hieſigen Stadtbauamt
zur Einſicht offen, woſelbſt auch die Sou=
miſſionsformularien
zu erheben und einzu=
reichen
ſind.
Darmſtadt, den 1. April 1873.
Großherzogliche Buͤrgermeiſterei Darmſtadt.
2751)
Fuchs.
Bekanntmachung.
Beim hieſigen Artillerie=Depot ſollen
circa 4700 Kilo Papierabfälle an den Meiſt=
bietenden
verkauft werden. Offerten mit
der Aufſchrift Offerte auf Ankauf von
Papierabfällen ſind bis 8. April c. Vor=
mittags
10 Uhr im Bureau des Artillerie=
Depots abzugeben. Bedingungen ſind im
hieſigen und im Artillerie=Depot zu Mainz
einzuſehen.
Darmſtadt, den 29. März 1873.
Artillerie=Depot.
2689
Mangold. Paulini.

Wagner=Holzv rſteigerung.
Montag den 2. April Nachmittags
1 Uhr laſſe ich in meinem Holzhiebe beim
Heckenhof 1 Stunde von der Bahnſtation
Mümling=Grumbach circa 1000 Stück bir=
kene
, eichene und buchene Stangen zu Wa=
gendeichſeln
, Leiterbäumen, Langwidt und
Wagenärme geeignet öffentlich verſteigern.
Kaufliebhaber, welche mit dem Zug 11
Uhr in M.=Grumbach ankommen, bekommen
durch einen Boten den Weg gezeigt.
Etzen Geſäß, den 31. März 1873.
2691)
Ph. Morraſch.
Holz=Verſteigerung
Nächſten Donnerſtag den 10. April
d. J., Mittags 1 Uhr, läßt der Unter=
zeichnete
125 Meter 1. Claſſe dürres kiefern
Scheidholz, unmittelbar am Bahnhof Langen
ſitzend, daſelbſt öffentlich meiſtbietend ver=
ſteigern
, und wird gegen genügende Bürg=
ſchaft
Zahlungsfriſt geſtattet.
Langen, den 2. April 1873.
2752)
Adam Keim II.
G. . e.
RGe.
i.
Feilgebotenes.
Savon royale de Thridace
von Violet Parkeu Paris
ächt zu haben bei

W. Sehäſer. Hoftheater=Friſeur,
2253) 23 Wilhelminenſtraße 23

2507)
Frauy.
Chrkstoph'e
EASGAUR SAAATGON

in bekannter Auaſität empfiehlt
Vr.
Schaafer,
Ludwigsplatz 7.
E
453)
ſchöner dreiräͤdriger Kinderwagen und Leine
In verkaufen;
2 polirte gute Rußbaum=Bettſtellen, ein grau=leinene Marquiſe. Die Exp. ſagt wo?
140

[ ][  ][ ]

510

R6.

180)

iebig Conpaurs Heisch-Brlrack
aus FRAT-BEUTos CGüd-Amerika).

Höchste Auszeichnung bei den Ausstellungen
Paris 1867- Havre 1868 - Amsterdam 1869- Moscau 1872
Ivon 1872 - Paris 1872.

Nur ächt.

wenn jeder Topf untenstehende Unterschritten trägt
und aut der Etiquette der Name J. v. IEBlE in blauer
Parbe aufgedruckt ist.
4H

L.CeC.,


MLisaurx.

Engros Lager bei dem Correspondenten der Gesellschaft:
Herrn F. Herck in Darmstadt.

Eu haben in Darmstadt bei den Herren:
Emanuel Fuld, Kirchstrasse,
C. H.Hiber E öö173. Elisabethenstr. 14,
Georg Lieb: Sohn, Louisenstrasse,
Wilh. Manc E, Ballonplatz 5,
.
G
HawI

erzungprstetrntithitli
A
Ehis AriktlitrAtirlta

G. P. Poth, Casinostrasse 12,
Jacob Röhrich ine, Sandstrasse 10,
E. Soriba, Apotheker, Kirchstrasse 25ich.
Wilh. Hensel in Bessungen.

0
B.
bei

Vermkſachtr Mauchrüchten.
Meine Wirthſchaft
Achensmühle.
Wehn.
2714) Es wünſcht eine erſtſtillende Schenl=
amme
eine Stelle. Näheres bei Hebamme
Weirmann, Woogsplatz Nr. 26.
1938) Carlsſtraße Nr. 8 im 3. Stock, 2736) Ein Arbeiter lann Antheil an einen
2709)

,
Wn
pO
29 Tunſteine und Tuffſtein=Kaminrohre
ſind fortwährend auf Lager und werden billigſt abgegeben.
Lieferungen für dieſen Sommer werden zu Fabritpreiſen übernommen von
J. Fulda, Bleichſtraße 45.
Pesach
Specerei=Waaren
W. Harde.
gegenüber der Brauerei zur Krone. iſt wieder geöffnet.
Verminthungen.
rechts ein möblirts Zimmer zu vermiethen/ Zimmer haben. Hochſtraße Nr. 24.
und gleich zu beziehen.
w (7in ſchönes möblirtes Zimmer im
8 12. Stock. Beſſ. Karlſtr. 3.
2421) Schirngaſſe 10 iſt ein Laden mit
Logis per 1. Mai zu vermiethen
Näheres große Ochſengaſſe 3.
2728) Martinſtraße 14 ſind 3 Zimmer,
mit beſonderem Abſchluß zu vermiethen.
2754) Beſſungen, Heerdwegſtraße 13.) unter güliger Mitwirlung der Großherzoglichen Hofſangerin Frau L. Jaide, ſowie
iſt der mittlere Stock, beſtehend in 4 Zim=
mern
, Mitgebrauch von Waſchküche und
Bleichplatz, zu vermiethen und bis zum
15. Juni zu beziehen.
2 Alt=Arie aus Hermann's Tod
2755) Schulſtraße 1 in der bel Etage,
3. Chor: Lebewohl: (zum Erſtenmal)
per 1. Juli 3 Zimmer (Balkon) mit Zu=
gehör
zu vermiethen.
2 Hörner und 2 Fagott (zum Erſtenmal).
2756) Ludwigeplatz 2 zwei Stiegen hoch
5. Baßarie aus der Schöpfung von J. Haydn.
2 Zimmer, Küche, Kell r., an eine Dame
6. Clarinettſolo von C. M. von Weber.
oder Herrn per 1. Juli zu vermiethen.
7. Chor: Lauernregel
Nähere Austunft K. Röſe, Schulſtr. 1.
8. Chor: Wie du ſo lieb mir biſt
2757) Pankratiusſtraße 3 im Seitenban
9. Lieder von F. Schubert, F. Mendelsſohn und Feska.
iſt eine Schlafſtelle zu vermiethen.
2758) Der 2 Stock mit oder ohne
Manſarde Bleichſtraße Nr. 5 iſt zu ver=58-12 Uhr und Nachmittags von 2-5 Uhr bei Herrn Schirmfabrikant W. Harres,
miethen und bis 1. Juli zu beziehen.
Ludwigsſtraße 4, zu erhalten.

Sedes t. Amt, jeder Geſchäftsmann,
S
2) zahlloſe Private ſind heutzutage
kann und wann genöthigt. Anzeigen in den
jedesmaligem Zwecke entſprechenden Zeitungen
zu veröffentlichen. Zu ſolchen Fällen em=
pfiehlt
es ſich die Vermittlung der als ſolid
und discret bekannten Süddeutſchen
Annoncen=Expedition von E. Stöck-
hardt
(in Darmſtadt Vertreter: Herr
Jos. Waitz, Firma Würtz'ſche Buchhand=
lung
) in Anſpruch zu nehmen, welche bei
Original=Zeitungspreiſen keinerlei Speſen,
weder Porto noch Proviſion, in Anrechnung
bringt.

2659) In dem neü erbaufen Ju=
ſtizgebäude
können ſogleich 12 Weiß=
bindergeſellen
, gute Tüncharbeiter, auf
lange Dauer Accordarbeit erhalten.
Philipp Schaub, Weißbindermſtr.
Arheilgerſtraße Nr. 14.

d (ür eine einzelne ältere Dame wird
S.
5 25 in Bälde ein freundliches Man=
ſarden
=Logis von drei Piecen mit Küche u.
Zubehör zu miethen geſucht. Gefällige An=
träge
mit Angabe des Miethpreiſes über=
nimmt
die Redaction d. Bl. unter A. x.
2739) Ein junges Mädchen wird für
die Kleinkinderſchule als Wärterin zu den
Kindern geſucht.
2742)
chti ge
Achſenſchmiede
finden bei hohem Stücklohn ſofort dauernde
Beſchäftigung bei
Dich &E Hirschton in Oſſonbadh a. I.

8
G

8 ſſin Gartenarbeiter, welcher be=
K C ſtändig Arbeit haben kann, wird
geſucht. Näheres in der Exp.

Mozart-Verein.
Zweile Aufführung
31. Jahr.)
Samſtag den 5. April, Anfang präcis 8 Uhr,
im Saale des Gaſthofes zur Traube,
mehrerer Mitglieder der Großherzoglichen Hofmuſik.
Programm.
1. Chor: Germaniſcher Siegsgeſang: von C. J. Brambach (aum Erſtenmah.
. von C. A. Mangold.
4. Serenade in Emoll von W. A. Mozart, für 2 Hoboen, 2 Clarinetten,
a. Allegro. b. Allegretto. c. Minuetto. d. Finale.
von F. Büchler (zum Erſtenmal).
10. Chöre von Beſchnitt: a. Mein Schifflein. b. Hoffnung. (Zum Erſtenmal.)
Karten für einzuführende Fremde ſind am Tag der Aufführung, Vormittags von
Der Vorstand.

[ ][  ][ ]

6l.

511

2676)

Gekündigt ſind.
das 5 pCt. Bayeriſche Aulehen von 1866
per 31. Mai d. J.
die 4½ Naſſauiſchen Anlehen
vom 28. April 1860
vom 15. December 1860 per 1. Juli d. J.
und vom 17. Juni 1861
die Preußiſchen Staats=Anleihen
von 1848. 1854, 1855 a. 1857 und 1859 ü. per 1. October di3.
Indem wir dieß zur Keuntniß der Intereſſenten bringen, bemerken wir, daß wir
die betreffenden Obligationen jetzt ſchon einlöſen.
Darmſtadt, den 29. März 1873.

l.

Gebr. Hemmerde,
Bankgeſchäft. Wilhelminenſtraße Nr. 5.

E

Joneert-Anneige.
G
4
Das vierte Concert zum Zeſten des Wittwen.
Hund Waiſenfonds der Großherzoglichen Hofmuſik
1
findet Dienstag den 8. April im großen Saale der Vereinigten
f
Geſellſchaft ſtatt.
Anfang 7 Uhr.
Eintrittskarten ſind in den Buchhandlungen der Herren Klingelhöffer

P lvormals Jonghaus), Schorkopf und Bergſträßer zu haben.

Darmſtadt, im April 1873.
G2767)
öIhö
ArAHIIGISSII
2759) Ein tüchtiges Mädchen ſucht Ar=
beit
im Waſchen und Putzen. - Zu erfragen
Holzſtraße 22 im 3. Stock.
2760) Eine Modiſtin wünſcht in und
außer dem Hauſe Arbeit anzunehmen.
Friedrichſtraße Nr. 24 Manſarde.

E
Der Vorſtand.

=f
ſaAlGle
A-
1
A2URAAAAAUAAATAVLAgAns
8 2762) Tüchtige Arbeiter finden bei 8
2
B
gutem Verdienſt dauernde Beſchäfti=
8
F gung im

E Deutſchen Bazar für Herrengarderobe.4
AAKAAATAUTTTAATATAADN

2764)
Metzelſuppe
Samſtag den 5. Appil, wozu höflichſt
einladet
Christian Fey,
Beſſungen.
Weinbergſtraße.
2761) Eine perfekte Kammerjungfer gegen
hohen Lohn nach Frankfurt= geſucht.
Näheres Steinſtraße Nr. 15.
2763)
Gefunden
etwas Papiergeld, in einer Nota einge=
ſwickelt
. Abzuholen gegen die Einrückungs=
gebühr
Mathildenplatz 2 parterre.
Tapeziergehülfen geſucht.
2765)
G. W. Grebenstein,
Frankfurt a. M. Kälbergaſſe.
2766)
Dankſagung.
Für die uns bewieſene ſo herzliche Theil=
nahme
bei dem uns betroffenen ſchmerzlichen
Verluſte unſerer lieben unvergeßlichen Gattin,
Mutter, Schwiegermutter und Großmutter
Frau Huſanna Hchäfer,
gevorne Ettling,
ſagen wir unſern tiefgefühlteſten Dank.
Die trauernden Hinterbliebenen.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird abgegeben:
per Raummeter.
buchen Scheidholz 1. Claſſe 6 fl. 40 kr.
kiefern
4 fl. 40 kr.
Beſtelltahe: Vienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
2. Der an den Ueberbringer für einen Raum=
meter
zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Großherzogliches Reukamt Darmſtadt.
Hauſer.

In den Caſematten Magdeburgs.
Von Levin Schücking.

Fortſetzung.)
Frohn hatte noch faſt einen ganzen Tag vor ſich, bevor er
es wagen durfte, ſeine unterirdiſche Reiſe anzutreten, um ſeinen
Beſuch von geſtern zu wiederholen. Es wurde ihm ſchwer, dieſe
langen müſſigen Stunden hinzubringen; für einen Mann, dem
die Thatkraft alle Sehnen anſpannt, dem der Drang nach Leben
und Bewegung in allen Adern klopft, iſt es eine traurige Sache,
in einer preußiſchen Caſematte zu ſitzen, ohne eine andere Be=
ſchäftigung
als - zu denken: ein Zeitvertreib, der, auch wenn
er in einer angenehmeren Umgebung vorgenommen werden kann,
3. B. im weichen Armſeſſel eines bequemen Boudoirs, von vielen
Leuten geſcheut und gemieden wird.
Das war nun freilich bei unſerem Helden, obwohl er weit
mehr ein Mann der That, als der Speculation war, nicht der
Fall; er ſcheute das Sinnen und Ueberlegen nicht, aber er em=
pfand
an dieſem Tage eine entſetzliche Langweile dabei, weil die
doppelte Spannung, in welche ihn ſein der Ausführung ſich näh=
erndes
Complot und die bevorſtehende Verhandlung mit dem
Freiherrn von der Trenck verſetzte, ihn quälte und unruhig in
dem langen Caſemattenraume auf und ab rennen ließ.
Endlich waren ſeine Leute zurückgekehrt, das Abfütterungs=
geſchäft
war vollbracht, er konnte ſich zur unterirdiſchen Reiſe
anſchicken und zündete ſeine Laterne an. Auerhuber war heute
der Theilnahme an der Fahrt überhoben. Er hatte blos Wache

zu halten, für den Fall, daß er berufen werde, was durch einen
Pfiff geſchehen ſollte. Auch den Minengang hatte er zu bewachen,
da ſich, nachdem Frohn hindurchgekrochen, möglicher Weiſe Sand=
ſchichten
löſen und ihn verſchütten konnten.
Frohn fand bei Trenck Alles wie am vorigen Tage; der
Freiherr lag nur heute auf ſeinem Bett und blätterte beim Schein
einer Kerze, die zu ſeinen Häupten auf dem Mauertiſche ſtand,
in einem ziemlich ſtarken, mit Blut engeſchriebenen Hefte. Guten
Abend, Herr Camerad, ſagte er, als er den Kopf Frohn's in
ſeiner Zelle auftauchen ſah . .. nes iſt brav, daß Sie koͤmmen.
Sie haben ſich entſchloſſen, mir beizuſtehenzu flüſterte
Frohn, indem er ſich aufſchwang und dann herantretend den Sand
aus ſeinen Kleidern ſchlug.
Reden wir davon ſpäter! Ich brenne vor Begierde, Ihnen
ein großes moraliſches Gedicht vorzuleſen, das ich in meiner Ein=
ſamkeit
verfertigt habe und das meinen Namen auf die ſpäteſten
Zeiten bringen wird, wenn auch das Andenken an meine beiſpiel=
loſen
Leiden und die Art, wie ich mich daraus gerettet habe, je
vergeſſen werden könnte!
Um Gotteswillen, ſagte Frohn - werfen Sie Ihre
Perlen nicht vor die Säue - ich verſtehe nichts von dem Poeti=
ſiren
und rich wäre zudem heute nicht im Stande, drei Zeilen
mit Aufmerkſamkeit anzuhören."
Sie verſtehen nichts davon? - nun, deſto beſſer - deſto
tieferen Eindruck wird es auf Sie machen; es iſt ſo ſchwungvoll,
daß es einen Wilden hinreißen muß
Ich bitte Sie nichtsdeſtoweniger

[ ][  ]

R6l.

512
Nun, wie Sie wollen," ſiel Trenck mißvergnügt ein, indem
er das Heft zur Seite warf. Dann reden wir von etwas
Anderem. Erzählen Sie mir von ſich woher ſtammen Sie
eigentlich ?' Ich höre an Ihrem Dialekt, daß Sie kein Oeſter=
reicher
ſind. Welche Carière haben Sie gemacht? Plaudern
Sie mir davon vor. Es wird mich unterhalten!
In dieſem Loch, 68 Pfund Ketten neben ſich und einen
eiſernen Ring um den Hals, ſpricht dieſer Menſch wie ein König!
dachte Frohn. Ich rede nicht den öſterreichiſchen Dialekt, weil
ich aus dem Reiche bin, antwortete er dann; aus dem Moſel=
lande
, wo mein Vater fürſtlich Löwenſtein'ſcher Amtskellner war.
Ich habe zu Würzburg ſtudirt, luſtig gelebt, Schulden gemacht,
mich darüber mit dem würoigen Papa entzweit und bin zu den
öſterreichiſchen Werbern in Frankfurt= gegangen, wo man einen
Burſchen von meiner Länge mit rührender Zuvorkommenheit
aufnahm ..
Kann's mir denken," ſagte Trenck.
Und als Studirter von gutem Herkommen, fuhr Frohn
fort, hab' ich's leicht gefunden, es in einem Warasdiner Regi=
ment
an der banatiſchen Grenze zum Regimentsſchreiber und dann
mit der Zeit zu den Officiersgallons zu bringen. Gefangen
wurde ich in der Schlacht bei Liegnitz..
Mit vielen Anderen," ſiel Trenck ſpöttiſch ein.
Wir wurden," erzühlte Frohn weiter, hierher nach Magde=
burg
gebracht, und da unſer über tauſend waren, wir auch
wußten, daß wir ſehr viel Cameraden finden würden, ſo kam
uns ſehr bald der Gedanke, daß es möglich ſein müſſe, auf irgend
eine Weiſe fortzukommen. Die meiſten von uns Officieren gaben:
deshalb ihr Ehrenwort nicht, keinen Fluchtverſuch machen zu
wollen, und wurden demzufolge mit den Gemeinen in Caſematten
eingeſperrt. Die Anderen gehen frei, wie Sie wiſſen werden, in
der Stadt umher; wegen des Ehrenwortes, das ſie abgelegt
haben, bieten ſie Uns jedoch keine Unterſtützung, und ich habe ſie
bei meinem Plane ganz aus dem Spiele gelaſſen.
Daran haben Sie wohl igethan, entgegnete Trenck, je
weniger Mitwiſſer, deſto beſſer. Ihr Plan ſcheint mir überhaupt
das Mißliche zu haben, daß zu Viele darin eingeweiht ſindi"
Wir dürfen deshalb mit der Ausführung nicht zögern,
bemerkte Frohn. Ich hoffe mir heute von Ihnen den Schlüſſel
zu unſerer Caſematte zu holen und das Verſprechen, daß Sie mit
uns losbrechen wollen .
Den Schlüſſel zu fragte Trenck ſehr nachdenklich. 3ch
meine, Sie brauchen ihn gar nicht. Laſſen Sie ihn mir. Denn
ſehen Sie - entweder gelingt Ihr Plan - dann werden Sie
als guter Camerad mich ohnehin befreien; oder er mißlingt
dann wird man mich, wenn ich daran Theil genommen, auf ewig
unſchädlich machen. Meine letzte Hoffnung iſt dann für immer
dahin. Laſſen Sie mich alſo aus der Sache. Reuſſiren Sie
nicht, ſo bleibt mir noch immer die Flucht auf meinem eigenen
Wege übrig.
Frohn mußte einräumen, daß dieſe Bemerklung ihre Richtig=
keit
hattte. Es iſt wahr, was Sie da ſagen," verſetzte er; es
ſcheint mir jedoch Sie thäten am beſten, Ihr Heil ganz auf die
Karte zu ſetzen, welche ich im Begriff bin auszuſpielen. Ihr
Plan iſt zu gewagt; kommen ſie auch aus der Feſtung heraus,
ſo wird man Sie in dem Coſtüme, worin Sie ſich befinden, und
das etwas auffällig iſt, wie Sie einräumen werden, bald in den
doppelten Cordons, die um die Feſtung gezogen werden, ſobald
der Deſerteurſchuß fällt, wieder einfangen.
Was das Coſtüm angeht, erwiderte Trenck, ſo haben
Sie darin allerdings Recht, es iſt jedoch dafür geſorgt, daß ich
bald ein anderes finde. Und wenn ich Ihnen erzähle, wie ich
trotz der doppelten Cordons aus der Feſtung Glatz geflohen
bin.
Sie ſind ſchon einmal aus einer preußiſchen Feſtung
geflohen pu
Aus Glatz - wie ich Ihnen ſage. Hören Sie zu - ich
will Ihnen das erzählen."

Trenck begann nun eine ausführliche Erzählung ſeiner bis=
herigen
Schickſale. Er berichtete, wie er den Dienſt in der Garde
du Corps begonnen; wie er lange Friedrich's des Großen ver=
trauteſter
Adjutant geweſen; wie er durch glänzende Waffenthaten
im erſten ſchleſiſchen Kriege des Monarchen Gunſt in immer
höherem Maße gewonnen; wie er zugleich auch einer dem Könige
ſehr nahe ſtehenden Dame Gunſt genoſſen; wie dem Könige dies
nicht verborgen geblieben; wie ſeine Feinde und Neider dann ihn
bei dem Monarchen verleumdet, daß er ſich in Verbindungen mit
ſeinem Vetter, dem öſterreichiſchen Pandurenführer von der Treuck,
eingelaſſen; wie man ihn deshalb in die Feſtung Glatz eingeſperrt
habe; wie er zu ſtolz geweſen, des Königs Gnade anzuruſen und
vorgezogen habe, durch ſeine eigene Kraft die Freiheit wieder zu
finden. Er erzählte dann die merkwürdigen und unglaublichen
Abenteuer, die ſeine Flucht aus Glatz begleitet; wie er ſich nun
nach Rußland begeben und hier ein ganz fabelhaftes Glück gemächt
habe; wie er endlich nach Oeſterreich gegangen, um die unermeß=
lich
reiche Erbſchaft in Empfang zu nehmen, welche ihm ſein
Vetter, der Pandur, hinterlaſſen. Und dann endlich, wie er, um
mit den Gliedern ſeiner Familie in Preußen eine Zuſammenkunft
zu haben, ſich in die freie Reichsſtadt Danzig begeben; wie hier
jedoch der preußiſche Reſident mit Einwilligung des pflichtver=
geſſenen
Magiſtrats ſich wider alles Völkerrecht ſeiner Perſon
bemächtigt und ihn in Ketten nach Magdeburg geliefert.
(Fortſ. folgt.)

Mittheilnngen aus Stadt und Land.

Darmſtadt, 4. April. An Communalſteuern ſind in 1872 unein=
bringlich
geworden 3671 fl. 20 kr. bezüglich deren die Schuldner nicht
zu pländen waren.
Zur Erprobung der Akuſtik wurde Mittwoch Nachmitag im
Saalbau eine Concertmuſik veranſtaltet.
Vom Weltausſtellungs=Central=Büreau für Reiſe und
Wohnung in Wien empfangen wir die Mittheilung. daß vom 1. Mai ab
jede Woche ein Separatzug von Cöln abgeht, welcher 2. und 3 Claſſe
führt und in Darmſtadt Paſſagiere aufnimmt. Die Paſſagiere dieſes Zuges
genießen 50pCt. Ermäßigung. Es werden ferner von Darmſtadt ab Billete
der 1. und 2. Claſſe mit 25pCt. Ermäßigung vom Eilzugpreiße und der
3. Cl. mit 25pCt. vom Poſtzugpreiße ausgegeben werden. Von Frankfurt
ab ſoll ebenfalls ein Extrazug arrangirt werden. Agenturen zur Annahme
von Beſtellungen und zur Ertheilung von Auskunſt ſind außer hier in loco
noch in Michelſtadt, Friedberg, Bensheim, Offenbach, Gießen und Büdingen
errichtet worden.
Vom 1. April d. J. an werden Sparkaſſe=Einlagen und
Auszahlungen durch die deuiſchen Poſtanſtalten, vorläufig nur in der
Provinz Weſtphalen und der Rheinprovinz, übernommen.
Bei der anhaltenden Trockenheit wäre es wohl an der Zeit, wenn
die Sprengfäſſer in Activität treten würden.
Herr Kapellmeiſter Lut von Mainz wird demnächt ein zweites
Orgel=Concert veranſtalten.
Von der Bergſtraße. Bei uns prangen Mandeln, Aprikoſen
und Pfirſiſche in einem Bluthenmeere, wie es ſeit vielen Jahren nicht erlebt
wurde. Auch der Weinſtock entwickelt ſich vielverſprechend. Möchte nicht
noch ein ſpäterer Unfall eintreten.
Bad Nauheim. Für die Wiener Weltausſtellung gingen 24 Colli
ca. 27 Centner ſchwer von hier ab. Es war die Collectiv=Ausſtellung von
Bergwerks= und Hüttenproducten und anderern Mineralien, des Großh.
Heſſen. Beſonders vertreten waren die Eiſen= und Braunſteine, Braun=
kohlen
und die ſog. Nauheimer Griesſteine. Die ganze Ausſtellung wird
die Heſſ. Bergbau=Induſtrie, welche in der letzten Zeit ungemein in der
Entwickelung begriffen iſt, würdig repräſentiren und unter uͤhnlichen Collectiv=
Ausſtellungen jedenfalls eine hervorragende Stelle einnehmen.
Die Offenbacher Zeitung bringt folgendes:
Eingeſandt. Die Oeffentlichkeit der Gemeinderaths=
Sitzungen, ein in hieſiger Stadt ſchon vielfach beſprochener Gegenſtand,
wird ſo lange nicht ausführbar ſein. als dahier nicht ein ſtändiges Local
im Stadthaus eingerichtet werden kann. Der eigentliche Zweck, größere
Theilnahme des Publikums an allgemeinen Angelegenheiten hervorzurufen,
lann inzwiſchn doch erzielt werden, wenn die Tagesordnung der Sitzungen
vorher bekannt gemacht und dadurch eine öffentliche Beſprechung der wich=
tigeren
Gegenſtände in der Preſſe ermöglicht wird. Die Bedeutung der=
ſelben
könnte auf dieſe Weiſe vielleicht noch mehr hervorgehoben werden,
als in öffentlichen Sitzungen. Am zweckmaͤßigſten würde es ſein, wenn
hierüber in der demnächſtigen Staͤdte=Ordnung ſeſte Beſtimmungen getroffen
würden.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.