Darmstädter Tagblatt 1873


15. Januar 1873

[  ][ ]

Allergnädigſt. privilegirtes

90.
A1 ArſidArAzr=rOa-A. PoliezIhe

136. Jahrgang.

Pbonmnementovrel
2fl. 48 kr. jährl. incl. Bringer=
Lohn. - Auswärtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 50 kr. pro
Quartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

Inſerate
werden angenommen:in Darm=
ſtadt
von der Expedition Rhein=
ſtraße
Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Olözer, Friedrich=
ſtraße
Nr. 7. ſowie auswirn
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.

Amtliches Organ
für die Belanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.

4E 10.

Mittwoch den 15. Januar

1873.

Bäcker- und Metzger=Feilſchaſten in Beſſungen vom 13. bis 19. Januar 1873.

Gemiſchtes Brod 24 Kilogr.ſaus Weiß= 25 kr.
desgleichen 14 ſu. 14 Roggenm. 12½
Roggenbrod 21 ſaus ¹⁄₈ Kern= 23

desgleichen

u. ³5 Roggenm. 11½

Gemiſchtes Brod in kleinen Laiben
Waſſerweck
Milchbrod.

er=

Franzöſiſches Milchbrod.
Ochſenfleiſch 4 Kilogr.
Kuh= oder Rindfleiſch.
Nierenfett.
Leber
Schweinefleiſch
Schinken oder Vörrfleiſch
Sreck,

1 kr. Schweineſchmalz 82 24 ausͤgelaſſenes 32 21 Schwartenmagen 28 20 Bratwurſt 28 14 Leberwurſt 20 Blutwurſt. 20 24 Gemiſchte Wurſt 32 Kalbfleiſch 21 32 Hammelfleiſch 21


Gefundene Sachen.
Im Lauſe der letztvergangenen 8 Tage ſind nachverzeichnete gefundene Gegenſtände hier angezeigt beziehungsweiſe abgegeben worden:
1) eine Herrnmanſchette mit Knopf, 2) ein wollenes Halstuch, 3) ein Kinderhandſchuh, - 4) ein Kragen von einem
Frauenkleid, - 5) zwei Schlüſſelchen, 6) ein Rohrſtock,
7) ein Herren=Handſchuh,
8) ein carrirtes ſeidenes Tüchel=
chen
, 9) ein Paar Kinderhandſchuh,
10) ein Cigarren=Etui von Wachstuchleder,
pos. 1, 2, 4 und 6 befinden ſich
im Verwahr der Finder.
Die Eigenthümer werden aufgefordert, ſich zur Begründung ihrer Anſprüche innerhalb 4 Wochen um ſo gewiſſer zu melden,
as ſenſt nach Vorſchrift der Armenordnung über dieſe Gegenſtände verfügt werden wird.
Darmſtadt, am 14. Januar 1873.
Großherzogliche Polizei=Verwaltung der Haupt= und Reſidenzſtadt Darmſtadt.
Feeſenius. Polizei=Commiſſaͤr.
Darmſtadt, am 6. Januar 1873.
Betreffend: Das Kreis=Erſatzgeſchäft im Jahr 1873 - insbeſondere Aufſtellung der Stammrollen.
Der Civil=Vorſitzende der Großherzoglichen Kreis=Erſatz=Commiſſion Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes Darmſtadt.
Unter Bezugnahme auf das Reglement vom 20. Mai 1868, betr. Anlegung und Führung der Stammrollen ꝛc. (Regierungs=
Blatt Nr. 30 von 1868), ſowie die darin angeführten Paragraphen der Militär=Erſatz=Inſtruction, mache ich Sie auf die von
Ihnen, nach 8 60 dieſer Inſtructton alsbald zu erlaſſenden Bekanntmachungen, ſowie auf folgende Punkte aufmerkſam:
1) Innerhalb der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar 1873 haben ſich die Militärpflichtigen behufs Eintragung
ihrer Namen in die Stammrollen, unter Vorzeigung ihres Geburtsſcheins zu melden, und zwar:
a. Diejenigen, welche ſich am Orte ihres geſetzlichen Domicils (Heimathsort) oder an einem anderen Orte des Kreiſes Darm=
ſtadt
aufhalten, an ihrem Domicilort,
b. Militärpflichtige Studenten, Gymnaſiaſten und Zöglinge anderer Lehranſtalten an dem Orte, in welchem ſich die Lehran=
ſtalt
befindet, ſofern nicht pos. 2. maßgebend erſcheint.
c. Militärpflichtige Dienſtboten, Haus= oder Wirthſchafts=Beamte, Handlungsdiener und Lehrlinge, Handwerksgeſellen und
Lehrburſchen, Fabrikarbeiter und andere mit dieſen in einem ähnlichen Verhältniß ſtehenden Militärpflichtigen, an dem Orte,
in welchein ſie in der Lehre, im Dienſt oder in Arbeit ſtehen, ſofern nicht pos. a. maßgebend erſcheint.
2) Diejenigen Militärpflichtigen, welche ſich in ihrem Geburtsort ſtellen, werden von der Ver=
pflichtung
zur Vorzeigung eines Geburtsſcheins entbunden.
3) Zur Apmeldung zur Stammrolle ſind nicht nur diejenigen Militärpflichtigen verbunden, welche im laufenden Jahre in das
20. Lehensjahr eintreten, ſondern auch diejenigen, welche dieſes Alter bereits überſchritten, und weder einem Truppentheile über=
wieſen
worden ſind,; noch einen Ausmuſterungsſchein oder eine Ansſtandbewilligung erhalten haben, ſowie Diejenigen, welche zurück=
geſtellt
worden ſind: Militärpflichtige, welche ſich einmal zur Stammrolle angemeldet haben und in dem=
ſelben
Wohnort wohnen geblieben ſind, werden von der Wiederholung der Anmeldung entbundeu.
4) Sind Militärpflichtige
a. im Orte ihres Domicils nicht anweſend, gleichviel ob ſie an einem anderen Orte geſtellungspflichtig ſind, oder nicht;
b. oder ſind dieſelben von dem Orte, wo ſie ſich nach Paſſus 1 zur Stammrolle zu melden haben, zeitig abweſend
17

[ ][  ][ ]

62

MIo.!

3. B. auf der Reiſe begriffene Handlungsdiener),
ſo haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr=, Brod= oder Fabritherren die Verpflichtungi ſie,, und zwar in dem Falle zub. a. zur
Stammrolle des Domicils,; im Falle=sub. b, zur Stammrolle des daſelbſt bezeichneten Ofts, anzumelden.
5) Es wird geeignet erſcheinen, bei der von Ihnen auf ortsübliche Weiſe zu erlaſſenden Bekanntmachung auf die Folgen der=
unterlaſſenen
Aameldung (8 176 pos. 1 und 8 177 der Militär=Erſatz=Inſtruction) hinzuweiſen.-
Bei der Aufſiellung der Stammrollen dürfen Sie ſich nicht darauf beſchränlen, nur diejenigen Militärpflichtigen einzutragen,
welche in den Geburtsliſten ſtehen, oder ſonſt angemeldet werden, ſondern Sie haben auch die weitere Verpflichtung, genau zu er=
mitteln
, welche Militärpflichtigen in Ihrem Bürgermeiſtereibezirk außerdem vorhanden oder geſtellungspflichtig ſind. 8 10 pos. 2.
8 12 pos. 4 des allegirten Reglements. Dieſe Militärpflichtigen haben Sie zur= Anmeldung anzuhalten und einzutragen.
Bei dem Eintrag von Ortsfremden iſt deren Geburts= und Heimathsort, (Domicilh, ſowie der Sitz der Kreis=Erſatz= Com=
miſſion
, zu welchem dieſe Orte gehören, beizufügen.
Zugleich bemerke ich noch, daß znach Art. 1 und 2 des Geſetzes vom 10. Mai 1842 im Großherzogthum die Unſähigkeit zum
Militärdienſt nicht nur in Folge rechtskräftig erkannter Zuchthausſtrafen, ſondern auch in Folge Verurtheilung zu Gefängnißſtrafen
2) auf zwei Jahre und länger,
b) auf ein Jahr oder länger wegen Diebſtahlsj Unterſchlagung, Fälſchung öder Betrug,

c) wegen Meineids
Ghd.
eintritt. -
Den für die Einſendung der Stammrollen, nebſt Belegen, auf den 1. März d. J. feſtgeſetzten Ter=
min
wollen Sie pünktlich einhalten.
v. Marquard.

Oeffentliche Bekanntmachung.
Laut Geſellſchaftsvertrag vom 15. De=
cember
1872 hat ſich in Eberſtadt unter
der Firma: Spar= und Creditverein Eber=
ſtadt
(eingetragene Genoſſenſchaf) ein Ver=
ein
gebildet, welcher bezweckt; die wirth=
ſchaftlichen
Intereſſen ſeiner Mitglieder durch.
den Betrieb der hierzu geeigneten Geld=
geſchäfte
auf gemeinſchaftlichen Credit zu
fördern.
Die Mitglieder dieſer auf unbeſtimmte
Zeit eingegangenen Genoſſenſchaft haften für
alle von derſelben eingegangenen Verbind=
lichkeiten
ſolidariſch mit ihrem ganzen Ver=
mögen
. Die dermaligen Vorſtandsmitglie=
der
ſind:
1. Heinrich Wiemer, Präſident,
2. Valentin Mahr, deſſen Stellvertreter,
3. Daniel Mahr, Kaſſirer,

4. Georg Wilhelm Schäfer, Controleur,
ſämmtlich in Eberſtadt wohnhaft. Alle Be=
kanntmachungen
des Vereins ergehen unter
deſſen Firma unter Beifügung der Namen/
des Präſidenten oder deſſen Stellvertreters,
ſowie des= Controleurs. Die Veröffent=
lichung
der Bekanntmachungen erfolgt durch
die Schelle. Das Verzeichniß der Genoſſen=
ſchafter
kann jeder Zeit bei dem unterzeich=
neten
Gerichte eingeſehen werden.
Darmſtadt, am 8. Januar 1873.
Großherzogliches Landgericht Darmſtadt.
Gutfleiſch,
Rohde,
338) Landrichter. Landger=Aſſeſſor.
p.
p.
Verſteigerungen.
G
338a) Bekanntmachung.
Samſtag den 25. d. Mts., Vormittags
10 Uhr, ſollen die bei der Erbauung eines
Schulhauſes-in der Friedrichſtraße dahier
vorkommenden; Arbeiten, als: Maurer=,
Steinhauer= Zimmer=, Dachdecker=, Speng=
ler
=, Schreiner=, Schloſſer=, Glaſer= und
Weißbinder=Arbeiten auf dem Soumiſſions=
wege
vergeben werdeu. Die Soumiſſions=
Offerten ſind bis zu obigem Termin ver=
ſchloſſen
= und mit der Aufſchrift Schulhaus
betr.: in den vor unſerem Büreau aufge=/

hängten Soumiſſionskaſten einzulegen. Zeich=
nungen
, Voranſchlag u. Bedingungen liegen
von Montag den 20. d. Mts. an auf dem
Stadtbauamt zur Einſicht offen, woſelbſt;
auch die Soumiſſions=Formularien zu er=
heben
ſind.
Darmſtadt, den 12. Januar 1873.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.
201) Holz=Verſteigerung

in den Domanial=Waldungen der Ober=
förſterei
Nieder=Ramſtadt.
In dem Diſtrict Rinkenbuſch bei Roß=
dorf
werden Montag den 20. Januar l. 3.
verſteigert:
Holzart. Scheidh. Prügelh. Stockh. Reish.
R.=M. R.=M. R.=M. Wellen
Buchen 10.. 164 48. 7500

18
Eichen
8 3 75.
Radelholz 4
Zuſammenkunft Vormittags 9 Uhr auf
der Haſenfallthorſchneiße am Roßdorfer Pfad.
Bei ungünſtiger Witterung; wird, die Ber=
ſteigerung
auf dem Gemeindehaus zu Traiſa
ſ abgehalten.
Nieder=Ramſtadt, den 10. Januar 1873.
Großh. Oberförſterei Nieder=Ramſtadt.
Löwer,

339) Montag den 20. l. Mts. von
Nachmittags 1 Uhr an, werden auf den
Gemeinde=Almenden ꝛc.
1) 39 Stück Schheidklötze von Weiß=
pappeln
mit 30-40 Centim. Durch=
meſſer
, 4-5 Meter Länge u. 17.3
Cubikmeter Inhalt.
2) 12 Stück Feldeichenſtämme mit 30- 70
Centim. Durchm., 7-10 Meter Länge
und 1141 Cubikmeter=Inhalt,
an die Meiſtbietenden verſteigert:
Bemerkt wird, daß dieſes Stammholz
¼⁄. Stunde von der Staatsſtraße u. 1 Stunde
von der Eiſenbahn=Station Höchſt liegt.
Der Anfang wird am ſogenannten Müm=
lingdurchſtich
gemacht.
Neuſtadt, am 13. Januar 1873.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Neuſtadt.
Maurer.

Fichten=Stamm= und Stangen=
holz
=Verſteigerung.
Dienſtag den 21. Januar l. J., Vor=
mittags
halb 10 Uhr, werden im Caſthaus
zu den drei Haſen in Michelſtadt verſteigert:
a) aus dem Diſtrict Roſſert, ½ Stunde.
von Michelſtadt:
200 Fichten=Stämme von 15 - 33
Centim. Durchm. und bis zu 20
Meter Länge;
100 Fichten=Stangen v 9-14 Centim.
Durchm. und bis zu 17 Meter
Länge.
b) aus dem Diſtrict Rehholz, ½, Stunde
von Erbach, 1 Stunde von Michelſtadt:
1500 Stück Fichten=Stangen von 4
bis 12 Centlm. Durchmeſſer
und bis zu 11 Meter Länge,
zu Latten=, Hopfen= und=Gerüſt=Stangen,
Leiterbäumen ꝛc. tauglich.
Michelſtadt, den 13. Januar 1873.
Gräflich Erbach=Fürſtenau'ſches Forſtamt.
340)
Klump.

½⁄
Feilgebotenes.
Föinste Engl. Austern,
Turbot,

Seezungen
deben eingetroffen bei
4oob Röhrioh.
341)
Hof=Lieferaut.
gefüllte und un=
8 Kreppel jue ſäzlichfrich
empfiehlt:
Jao= Roesch,

Cöndilor, obers Rheinſtraße.
9 Welſchkorn
bei
Paul Ensling.
342) Ein großer Glas=Schrank für
ein Ladengeſchäft geeignet, iſt äußerſt billig
zu verkaufen.
Näheres Eliſabethenſtraße Nro. 21 im
Seitenbau.

[ ][  ][ ]

W. Schäfer,
Hoftheaterfriſeur,
23 Wilhelmineuſtraße 23
DahsraDL.
Feine Fominaden von 9, 18 und
30 kr. Dieſelben in feinen Blumen=
gerüchen
von 15, 28, 30, 48, 56,
fl. 1. fl. 1. 12, fl. 1. 24, fl. 2. 20.
Feine Haaröle von 6 und 12 kr.
Dieſelben in feinen Blumengerüchen zu
denſelben Preiſen wie die Pommaden.
Cosmetiques & Harzpom-
maden
zu 4, 6, 9, 12, 18, 36 kr.
Dieſelben in feinen Blumengerüchen
von 12, 18, 30, 48, fl. 1. 12 kr.
Sachets Wohlgerüche in Pulverform)
für unter die weiße Wäſche und zu
Glacshandſchuhen von 15, 28, 30, 48.
56 kr., fl. 1. 12, fl. 1. 52, fl. 2. 30,
l. 4.
Odeurs für's Taschenkuch
von 15, 30, 36, 48, 56 kr., fl. 1.
12, fl. 1. 24, fl. 1. 36, fl. 1. 52,
fl. 2. 42 kr. ꝛc. ꝛc.
Gerücho:
Acacia
New Monn Hay

E10.

Cassie
Chypre.
Fleur dOrange
Fleurs d’Italie
Fleurs des Champs
Porest Flowers
Frangipanne.
Geranium
Heliotrope
Jasmin
Jonquille
Magnolia
Maréchale
Miel d’Angleterre
Millefleurs
Moss Rose
Mousseline

Narcissus
Patchouli
Portugal
Réséda
Rose
Russia Leather
Sandal Wood
Spring Flowers
Suave
Lea Rose
Vanille
Verveine
Violet
Violette de Parme
Vitiver,
White Rose
Tlangylang.

Musk
Das allein ächte Kölnlache Wae-
ger
von Jean Maria Fa-
rina
, gegenüber dem Jülichsplatz.
Poudre de Riz von 14, 28. 42,
48 kr., fl. 1. ꝛc. mit und ohne Qua=
ſten
, roſa und weiß.
Feinste Toilette, Fett-u. Gby.
cexinseifen einzeln und in ½
und 4 Otzd. Paquets. Savon Royal
de Thridace - Suc de laitue
fleur de mai - la rose - la
violette. Windsor und Honeysoap
ſämmtlich in oben angeführten Preiſen
9609
bei erſter Güte.
Fromage de Brie,
Neuſchatel Käse,
Camenbert,
Hont Cor,
Roquetort &
Chesterkäse
empfiehlt in beſter Waare
Jacob Röhrich,
343)
Hof=Lieferant.

huhdley a; Palmors Reading.
344)
Biscuit=Fabrik.
Niederlage
C. H. Huber C Höhne, Darmſtadt,
bei
Hof=Lieferanten Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von Heſſen u. bei Rhein.
Alle Sorten ſtets in friſcher Waare vorräthig.

Obſtbäume
hoch= und zwergſtämmig gezogen in den
beſten und gangbarſten Sorten, Zierſträucher,
Nadelhölzer ꝛc., ſowie Topfgewaͤchſe und
Bouquets empfiehlt billigſt die Handels=
gärtnerei
von
J. L. Schneeberger,
214)
Promenadenſtraße 15.

345)
Kreppel
gefüllte ſowie ungefüllte täglich friſch bei
Hof=Conditor.
1r. deIel,
als:
Franz. Geſlügel,
Paulards du Hans,
Capaunen

Welsche Hähnen
ſoeben eingetroffen bei
Jacob Röhrich,
Hof=Lieferant.
346)

Mandarinen
ſehr ſchöne Frucht)
mpfehlen
C. H. Huber u. Söhne,
347) Großherzogliche Hof=Lieſeranten.

E.

Vermiethungen.
(in neu möbl. Zimmer für 1 auch
C2 Herren iſt auf Januar oder
ſogleich zu vermiethen, Brandgaſſe Nr. 16,
gegenüber der Realſchule.
8658) Ein kleiner Laden ohne Woh=
nung
am 17. Februar 1873 zu vermiethen.
H. Noack, Ludwigsplatz Nr. 1
348) Im Fronthauſe Louiſenſtraße 10
3te Etage ſind 2 freundliche Zimmer zu
vermiethen und Anfangs Febr. zu beziehen.
349) Gardiſtenſtraße Nr. 20
iſt eine freundliche Wohnung zu vermiethen
und ſogleich zu beziehen.
350) Ein kleines gut möblirtes Zimmer
eine Stiege hoch für 5 fl
Eck der Schul= und Kirchſtraße 27.
351) Eine Wohnung von 4 Zimmern,
nebſt Küche, Keller u. ſ. w. eine Stiege hoch
zu vermiethen. Wieſenſtraße 2.

Vermiſchte Nachrichten.
- 77in Seribent ſucht dauernde Stelle.
OReflectirende wollen ſich unter Nr.103
an die Exp. d. Bl. wenden.

352)
Main=Neckar=Bahn.
Mit dem 15. d. Mts. ändern ſich die Fahrpreiſe der auf dem zur Zeit gültigen
Fahrplan der Main=Neckar=Bahn bekannt gemachten Rundreiſe=Billete ab Frank=
furt
und Darmſtadt nach und über Conſtanz und den Bodenſee
und beträgt von dieſem Tage ab
ein Billet ab Frankfurt I. Claſſe 28 fl. 27 kr.
II. 19 fl. 33 kr.
1II.
12 fl. 49 kr.
ab Darmſtadt I. Claſſe 26 fl. 48 kr.
II. 18 fl. 30 kr.
III. 12 fl.
was hiermit bekannt gegeben wird.
Darmſtadt, den 10. Januar 1873.
Direction der Main=Neckar=Bahn.
goeeueuegeaaeggeeeeeeene
8
generalverſammlung der Oeſſ. Turngemeinde;
8 Samſtag den 18. Januar 1873 Abends 8 Uhr 9
C in dem vorderen Lokal des Gaſtwirths Ph. Weinmann.
8
Tagesordnung;
1) Rechnungsablage pro 1872.
2) Berathung der Statuten,
3) Wahl des Vorſtands und Schiedsgerichts
O NB. Alle Mitglieder werden gebeten, recht zahlreich zu erſcheinen.
Der Vorſtand.
O284

ConGauaagegeeaaonee

336) Eine gute Hypothek von circa
1800 fl. wird zu cediren gewünſcht.
Näheres bei der Expedition.

354) Ein Mitleſer oder Mitleſerin
wird zur Darmſtädter Zeitung geſucht.
Marienplatz 11 eine Stiege hoch.

[ ][  ][ ]

E 10.
Bank für Handel und Induſtrie.
½

Erhöhung des Astiencapitals.
Der Aufſichtsrath unſerer Geſellſchaft hat beſchloſſen, auf Grund der Beſchlüſſe L. und II. sub. J. und 2. der. außerordent=
lichen
General=Verſammlung vom 20. Jan. 1857 von dem noch nicht emittirten Betrag Actlen III. Serie die Summe von fl.19954000
und den Reſt der noch zurückgekauften Actien L., und II. Sexie mit.
4. . i. e. difl. 46.300
uſammen fl.10800l6

Nominal mit Dividendengenuß von 1873 ab unter nachſtehenden Modalitäten zu begeben:
1. Den derzeitigen Actionären wird das Vorzugsrecht. zum Bezug der für obigen Betrag zu emittirenden Actien zum
Courſe von 150 pCt. - gleich S. W. fl. 375 per Stück - unter den folgenden Bedingungen gewährt:
. 1, Auf je fünf der gegenwärtig circulirenden 100,000 Stück Actien entfällt die Berechtigung zum Bezug von zwei Actien,
um für Beſitzer geringerer Beträge die Ausübung des Bezugsrechtes zu ermöglichen, werden Theilcertificate ¹ Actie ausgefertigt,
wovon je zwei auf je eine umlaufende Actie entfallen.




2. Die alten=Actien ſind in der unerſtrecklichen Friſt vom
Ghh
16. Dezember 1872 bis 31. Dezember 1872
G
bei einer der nachfolgenden Stellen zur Abſlempelung vorzulegen:
z
Bank für Händel und Induſtrie in Darmſtadt,
=
Bank für Handel und Induſtrie in Berlin - Schinkelplatz 3 -


Filliale der Bank für Handel und Induſirie in Frankfurt a. Mi

Herren Schmitz, Heidelberger & Comp. in Mainz,
n
Köſter & Comp. in Mannheim und Heidelberg,
Rümelin & Comp. in Heilbronn,



Pflaum & Comp. in Stuttgart,
G

Merck. Chriſtian & Comp. in München,

Sal. Oppenheim jun. & Comp. in Köln,

A. Schaaffhauſeu'ſcher Bankverein iin Köln,

Braunſchweigiſche Creditanſtalt in Braunſchweig


Herr Janatz Leipziger in Breslau,


Michael Kaskel reſp. Dresdener Bank in Dresden,


7 Meyer & Comp. in Leipzig:



Frege & Comp. in Leipzig,


Ed. Frege & Comp. in Hamburg,

Frank, Model &a Comp. in Brüſſel,


Hanſer, Grebner & Cömp. in Straßburg,
Die zur Abſtempelung vorzulegenden alten Actien ſind in einem nach der Numimernfolge geordneten Vordereau zu verzeichnen;
die entſprechenden Formulare ſind bei den vorgenannten Stellen zu erhalten.
3. Bei der Anmeldung und Abſtempelung der alten Actien iſt auf den entfallenden neuen Nominalbetrag eine erſte Ein=
zahlung
von 50 pCt. d. i. von fl. 125 per entfallende ganze Actie und von fl. 25 per entfallende ¹⁄ Actie (bei Einzahlung in
Preußiſcher Währung ½) zu leiſten.
Gegen dieſe Einzahlung empfängt der Einreicher der alten Aetien unter ſofortiger Rückgabe derſelben, die entſprechenden auf
den Inhaber lautenden Certificate über den ihm zukommenden Nominalbetrag neuer Actien.
Bis und mit 8l. Januar 1823 längſteus iſt der Reſtbetrag des Uebernahmspreiſes von 100 pCt. d. i. mit fl. 250 für jede
entfallende ganze Actie und mit fl. 50 für jede entfallende¹ Actie in Preuß. Währ. ¼) an einer der obengenannten Stellen zu zahlen.
Die Regulirung der Zinſen findet in der Artſtatt, daß bei Ausgabe der Certificate 5 pCt. Zinſen aus der erſten Einzahlung von
50 pCt. des Nominale vom Einzahlungstage bis zum 31. December 1872 dem Präſentanten der alten Actien vergütet werden.
Bei der Schlußzahlung ſind von dem Iuhaber des Certificats 55 Zinſ. aus 100p Ct. R. vom l. Jan.1873 bis zum Zahlungstage zu entrichten.
4. Gegen die Reſteinzahluug und Rückzahlung der Certificate über ganze Actien empfangen deren Inhaber ſofort Zug um Zug
die entſprechenden definitiven liberirten Stücke mit Zinſen= und Dividengenuß vom 1. Januar 1873 ab.
Inhaber von vollgezahlten Theilcertificaten ¹⁄ Actie müſſen je fünf ſolcher Certiſicate zuſammenlegen, um hiergegen eine
definitive liberirte Actie mit Zinſen= und Dividengenuß vom 1. Januar 1873 ab zu empfangen; das auf den Theilcertiſicaten
ruhende Bezugsrecht erliſcht, wenn es nicht in der vorſtehenden Weiſe bei einer der Anmeldeſtellen bis zum 30. Juni 1873 ausge=
übt
worden iſt und verfallen Einzahlungen, welche auf ſolchergeſtalt eiloſchene Theilcertificate geleiſiet worden ſind, zu Gunſten der Bank.
5. Es iſt jederzeit - vom 16. December 1872 ab geſtattet, die volle Einzahlung anticipando zu leiſten und empfängt
derjenige, welcher vor dem 31. December 1872 die Vollzahlung leiſtet, 4 pCt. Zinſen aus dem Einzahlungsbetrage vom Zahlüngs.
tage bis zum 31. December 1872 vergütet, ſowie ſofort die auf ihn nach Maßgabe des Vorſiehenden entfallenden definitipen Stücke
mit Zinſen= und Dividengenuß vom 1. Januar 1873.
6. Die auswärtigen Stellen ſind mit einem angemeſſenen Vorrath von Certificaten beziehungsweiſe definiiven Actien ver=
ſehen
; ſollte derſelbe jeweilig durch den Beſchluß abſorbirt ſein, ſo wird den Einreichern über den zu empfangenden neuen Nominal=
betrag
auf Verlangen eine Beſcheinigung ertheilt werden, gegen deren Rückgabe dem Inhaber derſelben acht Täge nach Ausſtellung
die neuen Stücke bei derſelben behändigt werden.

II. Nach dem 31. December 1872 iſt die Anmeldung nicht mehr zuläſig; über die bis dahin nicht beanſpruchten Actien
wird die Direction zu Gunſten der Geſellſchaft anderweit verfügen.

III. Diejenigen Certiſicate, auf welche die Boll= reip. Schlußzahlung von 100 pCt. bis zum 31. Januar 1873 nicht ge=
leiſtet
worden iſt, verfallen mit der auf ſolche geleiſteten erſten Einzahlung von Rechtswegen zu Gunſten der Bank, und hegründen
keinerlei Anſprüche gegen dieſelbe.


IV. Nach vollendeter Begebung obiger Actien werden an Actien unſeres Inſtituts emittirt ſein.

Stück 40,000 Actien I. Serie
fl.,10,000 000 Nominal



e
fl. 15,000,000
60000
I.

7. 40000 II.
fl. 10,000,000

fl. 35,000,000 Nominal.

Darmſtadt, 20. November 1872.
Bank für Handel ünd Induatrle.

[ ][  ][ ]

M. 10.
G4
8
Steinkohlen=Geſellſchaft vonsoraia..
Die auf Wunſch verſchiedener Vereinsmitglieder nachträglich angekauften
Steinkohlen ſind eingetroffen und werden Beſtellungen hierauf von dem Ver=
einsrechner
entgegen genomimen.
Der Vorſtand.

356) Ein Mädchen aus achtbarer Familie
wünſcht in ein Geſchäft placirt zu ſein.
Dieſelbe kann auf Verlangen ein Zeugniß
beibringen. Näheres in der Exp. d. Vl. 358)
Verlaufen
.
hat ſich eine ſchwarz=braune Dachshündin
kleinſter Race, kenntlich an einzelnen weißen
Haaren auf dem Rücken. Dem Wiederbringer
eine gute Belohnung. Wo? ſagt die Exp. 357) Ein goldner Manſchetten=
Lnopf, 8 in einem Schildchen eingravirt,
iſt verloren gegangen. Dem Finder, eine
gute Belohnung bei
Jacob Wolff, Schulſtraße 10 359)
Verloren
ein goldnes Medaillon mit 2 Pho=
tographien
. Man bittet daſſelbe Wald=
ſtraße
27 Seitenbau gegen eine ſehr gute
Belohnung abzugeben.

65
360) Im =Laufe der erſten Woche d. J.
iſt der Voranſchlag der Kyritz'ſchen
Stiftung vertragen worden. Der Unter=
zeichnete
würde Dem herzlich danken, welcher
ihm das Vermißte zuſenden wollte.
Ritſert, Stadtpfarrer.

8 Tüchtige Accidenzſetzer
finden dauernde Condition in Frankfurt
a. M. Franko=Offerten gub Chiffre T6238
befördert die Annoncen=Expedition von
Rudolf Mosse in Frank-
furt
d. M.

362) Nummer 15 hat die Chafulle.
gewonnen.

Eine beſtverleumdete Stadt.
Aus der Wiener neuen freien Preſſe.


Gortſetzung und Schlußl.
Dem Stadtbewohner iſt daher der Wald dort ſeine zweite Heimat;
er ſucht ihn auf, ſo bald er lann, und das trägt ebenfalls nicht
wenig dazu bei, an ſchönen Tagen die Stadt ſelbſt entvölkert
erſcheinen zu laſſen. Dazu kommt, daß ſie den Knotenpunkt
eines vielverzweigten Eiſenbahnnetzes bildet; in ganz kurzer Zeit
kann man am Neckar, am Main, am Rhein ſein; die Bäder in
letzterem werden Sommers über läglich von Hunderten beſucht.
Eigentlich aber befindet ſich halb Darmſtadt während der ſchönen
Jahreszeit draußen im vollen Grün des Landes: die Bergſtraße
zwiſchen Heidelberg und Eberſtadt, eines der entzückendſten Gefilde
Deutſchlands, iſt ganz von ihm beſiedelt worden, namentlich in
den herrlich gelegenen Orten Seeheim, Jugenheim, Auerbach,
Schönberg ꝛc. Neuerdings nimmt auch der durch eine prachtvolle
Eiſenbahn nähergerückte Odenwald von Jahr zu Jahr größeren
Zuzug in ſeinen romantiſchen Waldzauber auf, der ſchon im
Nibelungenlied gefeiert iſt, den Siegfrieds=Brunnen umſchließt
und die wilde Jagd des Nodenſteins heraufbeſchwört.
Die familienhafte Innerlichkeit des Darmſtädter Lebens
entfaltet ſich daher erſt recht im Winter, in dem es an Aſſem=
bleen
, Kränzchen, Bällen u. ſ. w. nicht mangelt. Mehr aber
noch ſind en vogue die geſelligen Zuſammenkünfte verwandter
und befreundeter Familien; ſie, ſind auf Gegenſeitigkeit gegründet,
bieten daher Abwechflung genug, ohne den feſten, Boden, der
Bildung und der Sitte aufzugeben. Weit entfernt von dem
ſteiſen Weſen mancher tonangebenden Metropolen, herrſcht in ihnen
eine Ungezwungenheit und trotzdem ein, Tact, welche nur gute
Erziehung einzuimpfen vermag. Ich muß mich daher wirklich
wundern, den Vorwurf zu hören, daß in den Darmſtädter Ge=
ſellſchaften
die=Gäſte nach den Geſchlechtern geſchieden ſeien; ich
muß geſtehen, daß mir dieſe Sitte niemals aufgefallen iſt, und
ich zwette darauf daß meine früheren Landsleute ſich höchlich da=
rüber
wundern, wenn ſie leſen, daß der Routn ihre höchſte ge=
ſellige
Vergnügungsform ſei. Dagegen kann ich ihnen etwas:
Excluſivität nicht abſprechen. Sie verkehren am liebſten unter
ſich; ein fremdes Element, das in ihren Kreis tritt, wird längere
Zeit mit einem gewiſſen Mißtrauen betrachtet werden. Dies
ſteigert ſich zur höchſten Potenz. wenn der Gaſt im Geruche
ſieht etwa ein Literat' zu ſein; die guten Leute befinden ſich
ehen doch noch nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Und beſon=
ders
vorſichtig. weil ſittſam und wohlerzogen, ſind die Darm=
ſtädter
Mädchen. Gott ſegne ſiel' Ihre Anmuth und Schönheit
ſind weit bekannt. Ja wohl. iſt Darmſtadt die Stadt der Tugend;
wir preiſen ſie darum und wollen das Wort in ſeinem vollen,
rechten Sinn gelten laſſen, nicht als leichtfertigen Hohn hinnehmen.
Die überladene Toilette, die herausfordernde Haltung, das kecke
Hervorkehren hohler Emancipations=Schwindeleien ſind hier ver=
worfen
und verachtet. Vielleicht iſt dies kleinſtädtiſch; ſei es,
ich meinestheils will es dennoch loben. Daher mag es denn
auch zwohl kommen, daß ein Mädchen die zudringliche Artigkeit
eines fremden Herrn, wenn es auch am Abend vorher in ge=

ſchloſſener Geſellſchaft mit ihm getanzt hat; auf der Straße
wenig beachtet. Daß ſie aber grüßen können, und o wie ſüß;
das weiß ich, und Andere wiſſen es mit mir. Von den Mädchen
zum Wein iſt ein kurzer Sprung. Darmſtadt iſt die Urheimat
des gemüthlichen Schoppenthumsn. Unmäßigkeit iſt durchaus
ſelten: aber Jedermann trinkt ſeinen Schoppen, in der Bockshaut
im Trauben (die Traube iſt im Dialekt ein Masculinum),
im Darmſtädter Hofn ins Köhlers; (eine andere Dialekt=
Eigenthümlichkeit iſt, daß man allgemein ſagt: Wir gehen ins
Gervinuſe ſtatt zu Gervinuss) u. ſ. w. Ehrenſeſt und ſtand=
haft
ſitzt allabendlich der eingeborene Borjer' beim Zwölfer
oder Sechzehner, politiſirt, wägt Wohl und Wehe der Gemeinde
ab, hört und erzählt Hofgeſchichten. Immer geht es in dieſen
Stammeirkeln ordentlich und ſäuberlich her; der rechte Gaſt con=
ſumirt
ſein Penſum nur in halben Portionen und Schöppcher
ſein Brod iſt der nationale Forſtmeiſtern ſein Leibgericht eine
Portion Spanſau lletzteres Wort kann bekanntlich jeden beliebigen
Vocal in ſeine erſte Sylbe einſchieben, ohne - unverſtändlich zu
werden, was 'ſchon in dem luſtigen Der Herr Conrector zu
leſen ſteht). Wer ſich übrigens ein heiteres Bild von dem Darm=
ſtädter
Kleinbürgerleben verſchaffen und zugleich den merkwürdigen
Dialekt ſtudiren will, dem empfehle ich die koſtbaren Localſtücke
von Elias Streff (E. Niebergall): Des Burſchen Heimkehr;
oder: Der tolle Hund= und Datterich: Letztere Localpoſſe
habe ich mit ungeheurer Wirkung über die Bretter gehen geſehen.
Ausgewählte Proben der Mundart finden ſich übrigens auch zu=
ſammengeſtellt
in Dr. Heinrich Künzel's Geſchichte von Heſſen
Daß die Stadt Darmſtadt keineswegs ein langweiliger
Aufenthaltsort iſt, ſondern anziehende Reize beſitzen müß, wird
am beſten hewieſen durch die unverhältnißmäßig große Zahl von
Ausländern, welche ſich daſelbſt vorübergehend oder dauernd an=
ſiedeln
. Nur Dresden und Bonn lönnen ſich in dieſer Beziehung
mit ihr meſſen. Engländer und Amerikauer bilden dort von jeher
eine ſtarke Gemeinde was freilich kein beſonderer Vorzug, iſt.
Aber ſelbſt äus dem Münde von daſelbſt 1870-1871 internirten
gefangenen franzöſiſchen Officieren habe ich die Verſicherung ver=
nommen
, Darmſtadt ſei eine der gentilſten Städte des Erdenrunds
und werth. zu Frankreich zu gehören. Von jeher iſt es der Zu=
fluchtsort
der Denker und Poeten geweſen, deren es ſelber genug
in die Welt geſendet hat, wie in früheren Jahren Freiligrath,
Duller, Gutzkow, Schücking und viele Andere daſelbſt ein Aſyl.
gefunden. Nicht blos das billige Leben in dieſer Stadt iſt ee,
das die Fremden heranzieht, obgleich es wöl ebenfalls verdient
in die Wagſchale geworſen werden, es iſt der eigenthümliche
Reiz. der ihr überhaupt anhaftet. Ihre Stillen, ihre ganze Aeußer=
lichkeit
und Innerlichkeit iſt der geiſtigen Vertiefung günſtig, und
gar oft iſt ihr dies ſchon zum Ruhme nachgefagt worden. An=
ziehungstraft
üben auch ihre trefflichen Bildungsauſtalten, welche
von unten auf bis zur Spitze ſo reich und wohlorganiſirt ſind,
wie nur irgendwo. Für ihre Reſultate ſprechen die Namen der
Zeitgenoſſen, die daraus hervorgegangen ſind; wir erwähnen nur
Gervinus, Liebig, Schülz (der Orientaliſth, Otto Müller, Georg
und Louis Büchner, Carriere ohne manchen Anderen damit zu

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e
nahe treten zu wollen. Was dort im Stillen geſchieht, das habe
ich erſt jüngſt wieder mit Bewunderung zu ſconſtatiren Gelegen=
heit
gehabt bei dem Beſuche des neu angelegten botaniſchen Gartens,
welcher zu den ſchönſten und beſteingerichteten von allen den vielen
gehört, die ich kenne. Er ſchließt ſich unmittelbar an den ſchat=
tigen
Herrengarten, einem Jedermann offenſtehenden Park des
Fürſten faſt mitten in der Stadtgelegen, in dem die große Land=
gräfin
, welcher Friedrich II. das ſtolze Epitaph Femina seru,
ingenis virt ſetzte, unter ſelbſt gepflanzten Bäumen begraben liegt.
Aber die Uniformen? Und der Bartzwang? Nun ja, das
iſt freilich lächerlich, wenn man einen vertrockneten Schulmeiſter
in zweierlei Tuch mit dem Degen an der Seite vor ſeinen Buben
aufziehen oder verknöcherte Staatshämorrhoidarier ſich in Gala
der Waffenröcke blähen ſieht. Allein die Sache hat auch ihre
guten Seiten. Dieſe grauen Uniformeu öſterreichiſchen Schnittes-
ein
Gegenſatz zum preußiſchen des Militärs - brauchen nicht
ſo oſt gewechſelt zu werden, wie der civile Gehrock, und das
iſt immerhin etwas fürlden kargbeſoldeten Beamten, der ſich in die
Tracht gern und leicht gefunden hat. Wer aber nicht will, braucht
die Uniform durchaus nicht zu tragen. Ebenſo verhält es ſich
mit der Vorſchrift hinſichtlich der Bärte, ſie iſt längſt verſchollen,
und der ehemals verpönte Schnurr= und Vollbart wuchert wieder
luſtig, wie vorher. Selbſt Karl Vogt, der den Darmheſſen
er hat den Namen erfunden) gern etwas anhängt, hat ſeiner=
zeit
der Wahrheit in dieſer Hinſicht die Ehre geben müſſen.
Anderweitig exiſtirt der Bartzwang in noch viel ſtrengeren For=
men
, ſo unterm Militär, namentlich bei der Marine; man macht
ſich aber nicht luſtig darüber, wenn man ihn gleich entſchieden
mißbilligen muß.
Die Stadt Darmſtadt hat viele recht hübſche, aber nur
wenige hervorragende Gebäude. Am meiſten in die Augen fällt
die impoſante katholiche Kirche, eine verunglückte Nachahmung
des Pantheon in Rom, eine Caprice des Architelten Moller, der
auch das große und ſchöne Theater gebaut hat. Dies iſt im
vorigen Herbſte leider abgebrannt. Noch ſtehen ſeine Ringmauern
und die großartige Fronte mit ihren korinthiſchen Säulen, die
edelſte und ſiylvollſte von allen mir bekannten Theatern. Jetzt
iſt das alte Hoftheater dicht neben der Ruine wieder zum pro=
viſoriſchen
Muſentempel eingerichtet worden. Es gab eine Zeit,
in welcher die Darmſtädter Oper eine der erſten Deutſchlands
war. Neben ihr hatte ſich das muſikaliſche Leben glänzend ent=
wickelt
; aus der Schule des Abbs Vogler ſind C. M. v. Weber,
Meyerbeer hervorgegangen, und Gottfried Weber führte das
Scepter der Muſiktheorie und Kritik. Das Reſidenzſchloß, un=
geheuer
großartig angelegt, iſt niemals fertig geworden. Es iſt
im Zopfſihle der Renaiſſance des 17. Jahrhunderts gehalten
(1716 wurde der Grundſtein gelegt), macht aber im Ganzen
keinen üblen Eindruck. Erinnerungen an Schiller und Goethe
knüpfen ſich an dasſelbe, welche Beide gern geſehene Gäſte des
landgräflichen Hofes waren. Auch Herder, der ſich hier ſeine
Gattin holte, verkehrte viel an demſelben. Die Sammlungen,
welche das Schloß birgt, ſind ſehr reichhaltig und ſehenswerth.
Von ihnen hat ſchon Goethe gerühmt; Was faſt noch mehr
als dieſe Schätze den Beſchauer anſpricht, iſt die Lebendigkeit
welche man dieſer Sammlung als einer ſich immer fortbildenden
anmerkt. Alle Fächer ſind in Bewegung, überall ſchließt ſich
etwas Neues an, überall fügt ſich's klarer und beſſer, ſo daß
man von Jahr zu Jahr den ſchaffenden und ordnenden Geiſt
mehr zu bewundern hat. Wenn er heute wiederkäme, ſo
wurde er erſtaunen über das, was ſeit ſeiner Zeit geſchehen iſt. Nur
nebenbei ſei bemerkt, daß vom Darmſtädter naturgeſchichtlichen
Muſeum die Reform und der Aufſchwung der Paläontologie
durch Kaup ausgegangen iſt. Die gleichfalls im Schloſſe
untergebrachte Hofbibliothek, Jedermann zugänglich, iſt bekanntlich
eine der größten und beſten in Deutſchland. Auch das Archiv,
welchem der jetzige Großherzog beſondere Fürſorge zugewendet
hat, birgt w.rthvolle Schätze für den Geſchichtsforſcher.
Der ſchönſte Platz der Stadt, überhaupt einer der ſchönſten
die ich geſehen habe, iſt der Louiſenplatz in ihrem Mittelpunkte.
Es mündet darauf die breite Rheinſtraße, im Oſten abgeſchloſſen

10.
durch den Steincoloß des Schloßgebäudes, im Weſten eine meilen=
lange
, ſchnurgerade Fernſicht bietend in die Tannei, einen ſtatt=
lichen
Wald, welcher höchſt angenehme Frühlings=Spaziergänge
bietet. Inmitten dieſes Platzes erhebt ſich auf hoher cannelirter
Sandſteinſäule ein Bronce=Monument, das des zehnten Landgrafen
dieſes Namens, des erſten Großherzogs von Heſſen und bei Rhein,
Ludwig I. Der geſchätzte Feuilletoniſt, welcher mir Anregung
zu dieſer Skizze gegeben, hat in ſeinem Gedächtniſſe alle Geſchichts=
werke
, die er jemals geleſen hat, nachgeblältert, aber vergeblich.
Dieſer Großherzog bleibt ſeinem Ohre und ſeinem Herzen fremd.
Vielleicht hat er doch zu wenige Geſchichtswerke geleſen oder nicht
die rechten. Ich will ihm aus dem Traume ſeiner Unkenntniß
helfen. Dieſer Großherzog Ludwig l. von Heſſen und bei Rhein,
der da oben ſteht, iſt - nachdem er 1811 die Leibeigenſchaft
und den Frohndienſt, 1816 den Zehent aufgehoben, 1814 die
Gemeinheitstheilungen eingeleitet, 1818 die Bannrechte beſeitigt,
Glaubens= und Gewiſſensfreiheit eingeführt, die Schranken der
Beruſswahl vernichtet, die Steuern und Abgaben gleich vertheilt,
die allgemeine Militärpflicht verordnet und noch gar Manches
gethan hat, was in guten Geſchichtswerken aufgezeichnet zu ſein
pflegt - der erſte deutſche Fürſt geweſen, welcher, am 17. De=
cember
1820 ſeinem Volke unter deſſen Mitwirkung
eine Verfaſſung gegeben hat!
und einen ſolchen Fürſten darf man wohl hoch ſiellen!
W. H.

Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 15. Jan. Das geſtern erſchienene Gr. Regierungsblatt
Nr. 1 enthält: 1) Edict. die Mitglieder des Staatsraths für 1873 betr.
Es ſind als außerordentliche Mitglieder berufen: der Präſident des Ober=
conſiſtoriums
, Geheimerath Kritzler, der Präſident zdes Hofgerichts der
Provinz Starkenburg Dr. Krug, der Director des Oberappellations=
und Caſſations=Gerichts, Geheimerath Dr. Müller, der Geheimerath
Schleiermacher, der Director der Ober=Studien Direction, Geheimerath
von Willich der Geheimerath Fiſcher, der Oberappellations= und
Caſſations=Gerichtsrath Zengraf, der Oberappellations= und Caſſations=
Gerichtsrath Dr. Hallwachs.- 2 Verordnung, die Vorbereitungs zum
Dienſt eines Polizei=Commiſſuͤrs in den Provinzen Starkenburg und Ober=
heſſen
betreffend. - 3) Bekanntmachung. die Freiherrlich von Weyheriſche
Eleonorenſtiſtung betr.
4) Abweſenheits=Erklärungen. - 5) Ordensver=
leihungen
. - 6) Dienſtnachrichten. - 7) Concurrenz=Eröffnung.
Nächſten Freitag den 17. d. Mts. findet das Benefiz. eines unſerer
ülteſten und beliebteſten Bühnenmitglieder, des Herrn Regiſſeur Butter=
weck
ſtatt und zwar mit den Schweſtern von Prag' komiſches Singſpiel
in 2 Akten von W. Müller und einem neuen von Siems arrangirten
Ballet Die Polka vor Gericht: Wir wollen nicht verſäumen das Pub=
likum
auf einen jedenſalls heiteren Abend aufmerkſam zu machen und be=
merken
noch, daß wie uns mitgetheilt wird, Fräulein Bayrer von hier
in dem erſtgenannten Stücke debültiren wird. Die junge Dame ſoll ſich im
Beſitz einer ſehr hübſchen Aliſtimme befinden.
Die Frühlings=Temperatur hält immer noch an und ſcheint
im ganzen Norden Guropas zu herrſchen. In St. Petersburg waren auf
Neuzahrstag 80 Wärme.
Wie dem M. A. mitgetheilt wird, iſt Profeſſor Dr. Stoy in
Heidelberg, als pädagogiſcher Schriftſteller rühmlich bekannt, für unſere
oberſte Schulbehörde gewonnen worden.
- Wie mitgetheilt wird iſt Ausſicht vorhanden, daß die Beſtimmungen
des Geſetzes vom 30. December 1870, welches ſämmtliche Vergehen der
Kompetenz der Bezirksſtrafgerichte überweiſt, einige Beſchränkungen erleiden
indem nämlich, wie auch früher, die hoͤchſt geringfügigen Sachen, z. B. kleine
Beleidigungen, wieder dem Einzelrichter zur Aburtheilung überlaſſen werden
ſollen. Das jetzige Verfahren führt, wie von Niemanden verkannt wird,
die allergrößten Mißſtände mit ſich. Die Gerichte werden mit ungeheurer
Arbeitslaſt überhäuft, Diejenigen, welche als Zeugen ꝛc. zu erſcheinen be=
rufen
ſind, über Gebühr beläſtigt, und endlich ſtehen die Strafen in gar
keinem Verhältniſſe zu den erwachſenden Koſten.
Die reitende Gendarmerie ſoll nach dem Vorgang anderer Staten
demnächſt abermals vermindert werden. Ihre gänzliche Aufhebung iſt in
Folge der mit Preußen abgeſchloſſenen Konvention nicht wohl thunlich,
da Heſſen eine beſtimmte Anzahl Feldgendarmen zul ſtellen verpflichtet iſt.
Am letzten Sonntag, hatte ſich eine Geſellſchaft von ca. 20 Darm=
ſtädtern
auf dem Felsberg zuſammen gefunden und wurde daſelbſt ein
Maiwein von friſchem Waldmeiſter gebraut.
Wenn man die Roßdoͤrfer=Straße über die Wienerſtraße hinaus
promenirt und ſich durch den dort reichlich vorhandenen immer friſchen
Urweltbrei lancirt und balancirt hat, kann man den Zug der in dieſem
Viertel neu projectirten Straßen durch Stangen mit Strohbüſchel abgeſteckt
ehen. Auch genießt man dort billig die Ausſicht auf ein anſcheinend begin=
nendes
Barackenviertel, indem daſelbſt einige Außerem Anſehen nach als
Wohnung dienende Waggons zuſammen gefahren und vorſorglich noch mit
einem Bretterdach geſchutzt ſind.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.