Dienſtag den 16. Auguſt
Das Frag= und Anzeigeblatt, die Beilage hierzu, ſowie das Verordnungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wochentlich; Erſteres Samſtag die Beilage
Dienſtags und Lezteres Donnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtämter abonniren. In Darmſtadt bei
der Epedition.- Kheinſtraße ur. 23 neu.
Aufruf an die Bewohner des Kreiſes Darmſtadt.
In Ausführung des Geſetzes vom 11. Mai 1851 über die Kriegsleiſtungen und deren Vergütung werden in nächſter Zeit anſehnliche Geld=
Entſchädigungen an Stelle der von dem Kreis Darmſtadt zu liefernden Naturalien durch die Kreiskaſſe zu leiſten ſein. Der Bezirksrath des Kreiſes hat
in ſeiner Sitzung vom 27. v. Mts. beſchloſſen, die Mittel für dieſe Geldentſchädigungen durch Kapitalaufnahme zu beſchaffen und zu dieſem Zwecke das
Erſuchen an uns gerichtet, in erſter Linie ſämmtliche Kreisangehörigen, im Hinblick auf deren patriotiſche Hingebung und Opferwilligkeit, einzuladen, der
Kreiskaſſe Kapitalien gegen Verzinſung zu 6 pCt. darzuleihen, damit nicht in anderer Weiſe mit ſchweren Opfern die erforderlichen Kapitalſummen auf
dem Weg der Anleihe bei Banquiers und Credit=Inſtituten beſchafft werden müſſen. Wir entſprechen dieſem Erſuchen mit Vergnügen und laden die
Kreis=Angehörigen, welche dermalen in der Lage und gewillt ſind, Kapitalien von 100 fl. und mehr darzuleihen, ein, die zur Verfügung geſtellt
wer=
denden Summen bei uns oder den Großherzoglichen Bürgermeiſtereien anzumelden.
Wir glauben uns von dieſem Aufrufe umſomehr einen recht guten Erfolg verſprechen zu dirfen, als die Sicherheit der darzuleihenden Kapitalien
durch die Haftverbindlichkeit ſämmtlicher Gemeinden des Kreiſes garantirt iſt.
Darmſtadt, den 2. Auguſt 1870.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
v. Willich.
Verſteigerungen.
5226) Bekanntmachung.
Die zum Nachlaß der Ober=Finanzkammer=
Acceſſiſten Sahl's Wtwe. dahier gehörigen
Mo=
bilien, beſtehend in Kleider, Weißzeug, Bettwerk,
Möbel und allerlei ſonſtigem Hausrath, ſollen
nächſten Freitag den 19. Auguſt d. J.
Nachmittags 3 Uhr in deren Wohnung,
Pankra=
tiusſtraße Nr. 27, gegen Baarzahlung verſteigert
werden.
Darmſtadt, den 12. Auguſt 1870.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.
Verſteigerung
zum Vortheil der Verwundeten und
Soldaten=Familien.
Der Unterzeichnete läßt lommenden
Mittwoch Nachmittag 5 Uhr, in
ſeinem Hauſe, Rheinſtraße 29, 12 ſeiner
ſchönſten Topfobſtbäumchen mit
Früchten öffentlich verſteigern. Der
Erlös fällt zu gleichen Theilen an die
Hülfs=Comite's für Verwundete und für
Soldaten=Familien.
Die Bäumchen können von Mittwoch
früh an eingeſehen und Aufträge gegeben
Am. Schwab.
werden.
Feilgebotenes.
5197) Früh=Kartoffeln den Kumpf für
18 kr. von ausgezeichneter Qualität, ſowie auch
Frühobſt, Sommerkarthäuſer und Birnen verkauft
Carlshof.
F. P. Pitthan.
5228)
B e k a n n t m a ch u n g.
Mit Bezug auf unſere Bekanntmachung vom 5. d. Mts. bringen wir auf Grund deßfallſigen
geſtrigen Stadtraths=Beſchluſſes den in der Sitzung am 4. d. Mts. von der Einquartierungs=
Com=
miſſion erſtatteten= und vom Stadtvorſtand genehmigten Vortrag in nachſtehendem Abdruck hiermit
zur öffentlichen Kenntniß.
Darmiſtadt, den 12. Auguſt 1870.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.
Vortrag der Einquartierungs=Commiſſion
erſtattet
in der Stadtraths=Sitzung vom L. Auguſt 1870.
In einer der letzten Sitzungen trug Ihnen die Einquartierungs=Commiſſion auf eine Anfrage des
Großh. Kreisamtes vor, daß ſie die Vertheilung der Einquartierung nach dem Geſammtſteuerkapital
beabſichtige vorzunehmen, indem ſie dieſen Modus als den allein richtigen anerkenne.
Sie nahmen damals den Vorſchlag der Commiſſion einſtimmig au und wir erlauben uns nun
Ihnen die Scala, wonach die Vertheilung der Truppen ſtattfindet, vorzulegen.
Darmſtadt zählt 9600 ſteuerpflichtige Ortseinwohner, deren Geſammtſteuerkapital fl. 1.223,604,
beträgt, — da wir nun der Anſicht waren, die Steuerpflichtigen, deren jährliches Einkommen weniger
als fl. 800. beträgt, (bis zu fl. 60. Steuerkapital) von der Einquartierungslaſt vorerſt freizulaſſen,
ſo blieb uns ein einquartierungspflichtiges Steuerkapital von ca. fl. 1,050,000. übrig, welches ſich auf
ca. 3000 Steuerpflichtige vertheilt. Eine Vertheilung ohne Annahme einer gewiſſen Mannſchaftszahl iſt
indeſſen nicht möglich und ſo legten wir der Berechnung 5000 Mann Einquartierung zu Grunde.
Hiernach kommen:
„ 300 fl. „ 141 „ „ 1300 fl. 6,11
„ „ 400 fl. „ 1188 „ „ 1400 fl. 658
„ „ 500 fl. „ 235 „ „ 1500 fl. 705
„ „ 600 fl. „ 282 „ „ 1600.
fl. 752
„ „ 700 fl. „ 3.29 „ „ 1700 fl. 7,99
„ „ 800 fl. „ 3.46 „ „ 1800 fl. 8.46
„ „ 900 fl. „ 4,23 „ „ 1900 fl. 8.93
„ „ 1000 fl. „ 470 „ „ 2000 fl. 9,40
„
ꝛc. L.
Nach dieſen Bruchtheilen die Einquartierung zu vollziehen, iſt doch wohl nicht gut mbglich - da
aber auch durch Krankheiten und die activen Officiere Ausfälle entſtehen, ſo mußte es uns darum zu
thun ſein hierfür Erſatz zu ſchaffen. Wir zogen deshalb die Steuerkapitalien von fl. 75. an mit zur
Belaſtung, zählten die Bruchtheile bis zu einem Steuerkapital von fl. 1000. für voll, während wir
die Bruchtheile der höheren Steuerkapitalien ſchwinden ließen. Hiernach kamen wir zu folgender Scala:
32
124
. 33
— 150 fl. Steuerkapital 1 Piann, auf 1300 fl. Steuerkapital 6 200 fl. „ 2 „ „ 1400 fl. 6„ 300 fl. „ 2 „ „ 1500 fl. 7
„ 100 fl. „ 3 „ „ 1600 fl. 7
„ 500 fl. „ 3 „ „ 1700 fl. 8
„ 300 fl. „ 3 „ „ 1800 fl. 8
„ 700 fl. „ 4 „ „ 1900 fl. 9
„ 800 fl. „ 4 „ „ 2000 fl. 9
„ 900 fl. „ 4 „ „ 3000 fl. 14
„ 1000 fl. „ 5 „ „ 4000 fl. 18
„ 1100 fl. „ 5 „ „ 5000 fl. 23
„ 1200 fl. 5 „ „ 6000 fl. 28
„
Dieſer Vertheilungs=Modus zeigt zwar für den Mittelſtand einige Härte - wir beſtimmten uns
aber doch dafür, weil die Laſt der Steuerkapitalien von fl. 1000 an, eine enorme zu nennen iſt.
Im weiteren Verfolg der Einquartierungsarbeiten, mußte unſer Beſtreben dahin gehen, eine
Einquartierungsliſte nach Straßen anzufertigen, indem Erfahrungsgemäß fremde Truppen ſich auf weitläufige
Einquartierungen nicht einlaſſen und ſelbſt Heſſiſche Truppentheile oft die Gegend vorſchreiben, wo die
Einquartierung unterzubringen iſt. Jede Straße bildet ein Heft und fördert dadurch beim Anfertigen der
Billets außerordentlich die Arbeiten, weil viele Hefte Gelegenheit bieten auch viele Hünde zu beſchäftigen.
Dieſe Hefte haben entſprechenden Raum für Nachträge, werden alljährlich bei Offenlegung der Steuerrolle
er=
gänzt und die Veränderungen darin gewahrt. Die Einquartierungskommiſſion wird ſich bemühen möglichſt
gleichmäßige Vertheilung zu beobachten und von Zeit zu Zeit das Soll und Haben eines jeden
Quartierungs=
pflichtigen in Betracht ziehen: periodiſch aber den Saldo zu Gunſten oder zur Laſt deſſelben vortragen
und bei darauf folgenden Vertheilungen berückſichtigen. Die Einquartirungsrolle ſoll alljährlich zur
Einſicht der Betheiligten ofſen gelegt werden.
Sie jehen hiernach, daß ſich Ihre Commiſion bemühet dieſe ſchwierige, höchſt undankbare Arbeit
möglichſt richtig zu vollbringen und bittet Sie daher um gehörige Schutznahme, da, wo man aus
Unkenntniß die Commiſſion verdächtigt und ihre Arbeiten tadelt. Nehmen Sie dagegen die Verſicherung
hin, daß wir jedem billigen Wunſche der an uns herantritt, gerne Nechnung tragen.
Die gemeinderäthliche Einquartierungs=Commiſſion.
Beſchluß im Gemeinderath am 1. Auguſt 1870.
Der Gemeinderath genehmigt nach gepflogener Discuſion den Antrag der Einquartierungs=Commiſſion.
Zur Beglaubigung:
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.
Die Ravonslein'ſche Larke des Kriegsſchauplatzes 18kr.
(5230
A. Schödler.
iſt ſoeben wieder eingetroffen bei
5213)
Hausuacher LCiuuvamds
Eine große Parthie, welche ſich namentlich zu Betttüchern und
Hemden für Verwundete eignen, ebenſo eine Parthie Herrenhemden fertig.
Graue Licinch zu Strohſäcken, ſowie eine große Parthie Handtücher,
und eilaſſe ich alle dieſe Artikel, wenn für wohlthätige Zwecke beſtimmt, zum
Selbſtkoſtenpreis.
mittlere
Darmſtadt.
J. Schweitzer, Eliſabetheuſtr.
5212) Bei Georg Ruhland,
Magdalenen=
ſtraße 2 iſt ſchönes Kornſtroh zu verkaufen.
5232) Ballonplatz Nr. 2 ſind nue Näh=
Hoben billig zu verkaufen.
Nicht zu überſehen!
Fettes Ochſaenfleiſch u. Nindfleiſch
erſter Qualität per Pfund 18 kr. bei
Friedrich Schmitt,
Schnſtergaſſe Nr. 15.
5237)
5292) Für Lazarethe empfehle ich:
Herren=Pankoffeln
per Dutzend 10 fl. 45 kr.
h. G. Jaeoh,
Schuhfabrikant, große Ochſengaſſe 7,
gegenüber der Brauerei zum rothen Löwen.
5203) Ein Stück Hafer iſt zu verkaufen.
Schloßgaſſe Nr. 2.
5294) Fahnen! AlluminalionsSachen!
Bonner Fahnenfabrit. Bonn.
5295)
Ruhr=Kohlen.
Aus einer dieſer Tage eintreffenden Ladung
empfehle ich beſtes ſtückreiches Fettſchrot,
Stückkohlen & Schmiedegries zum
billig=
ſten Preiſe.
Gefällige Beſtellungen, jowie Zahlungen bitte
ich mir durch
Herrn Georg Möſer Sohn, Kirchſtraße,
C. W. Reh, Louiſenſtraße,
Val. Hebermehl, Eliſabethenſtraße,
oder per Poſt zukommen zu laſſen.
Stockſtadt a. Rh., 13. Auguſt 1870.
A. Kaſt.
2eppich=uVorlage-granzen
in verſchiedenen Sorten empfiehlt billigſt
Rheinſtraße 13. Fr. Haſlenberger,
Poſamentier.
5296)
Vermiethungen.
2791) Louiſenplatz 4 ſind in der bel
Etage 5 Zimmer mit Küche zu vermiethen und
alsbald zu beziehen.
3696) In meinem neuen Hauſe, alter
Roß=
dorferweg Nr. 9, iſt der 2. Stock und die
Man=
ſarden=Wohnung zu vermiethen. Karl Böttinger.
3784) In meinem Hauſe, Ernſt=Ludwigſtraße
Nr. 5, iſt ein großes Arbeits=Lokal, für
ver=
ſchiedene Geſchäfte ſich eignend, ſogleich zu
ver=
miethen.
W. Korn.
3969) Caſinoſtraße Nr. 13 iſt der dritte Stock
zu vermiethen, bis Anfangs September zu beziehen.
4148) Frankfurterſtraße 32 ein Logis bel Etage,
4 Zimmer mit Zugehör, den 1. Juli beziehbar.
4494) Soderſtraße 33 iſt das Mauſarde=
Lo=
gis zu vermiethen. Auskunft ertheilt
Schloſſer=
meiſter Ludwig, Karlsſtraße 8.
4753) Schulſtraße Nr. 15 dritter Stock iſt
ein möblirtes Zimmer zu vermiethen.
4875) Langegaſſe 17 ein Logis im Vorderhaus
bei
Herm. Schweffel.
4877) Steinſtraße 36 iſt der mittlere Stock
beſtehend aus 6 Piecen nebſt allen
Bequemlich=
keiten zu vermiethen u. am 15. Oct. zu beziehen.
4983) Dieburgerſtraße Nr. 40 iſt der
mitt=
lere Stock zu vermiethen.
5035) Karlsſtraße Nr. 33 im 1. Stock ein
gut möblirtes Zimmer nach der Straße gehend,
wegen Abreiſe gleich zu vermiethen.
5075) Schulſtraße Nr. 9 parterre ein möblirtes
Zimmer mitCabinet zu vermiethenu. gleich zu beziehen.
5076) In meinem Hauſe Steinſtraße 21
iſt eine Wohnung mit allen Bequemlichkeiten an
eine ſtille Familie bis Ende October zu vermiethen,
auf Wunſch kann auch Garten=Antheil abgegeben
werden. Zu erfragen im Hinterbau.
Jean Michael.
5077) Ernſt=Ludwigſtraße Nro. 5 iſt die bel
Etage, beſtehend aus 5 Zimmern, Küche und
Magdkammer, anderweitig zu vermiethen.
5078) Eck der Wald= und Weinbergſtraße 15
iſt der 2. Stock zu vermiethen. Martin Hörr.
5080) Eine hübſche Mauſarde=Wohnung
Stube, 2 Cabinette, Küche ꝛc. ꝛc.) zu vermiethen.
Beziehbar am 1. October oder früher.
Teichhausſtraße Nr. 12.
5139) Der erſte Stock meines Hauſes iſt zu
vermiethen. Friedrich Ewald, Bäcker,
Wilhelminenplatz Nr. 12.
5143) Iu meinem neu erbauten Hauſe,
Ar=
heilgerſtraße Nr. 27, ſind 3 Logis zu vermiethen,
edes 2 Zimmer und Kabinet, Küche, Keller,
Mit=
gebrauch der Waſchküche und allen ſonſtigen
Be=
quemlichkeiten, bis 1. September beziehbar.
J. Schneider.
5202) Ein freundliches Zimmer mit ſchöner
Ausſicht nebſt Cabinet und Küche ſogleich zu ver=
Hirſch=Apotheke.
miethen.
5244) In meinem neu erbauten Hauſe
in der Blumenſtraße iſt der 2. und 3. Stock,
jeder beſtehend in 5 Zimmern, Küche,
abgeſchloſſe=
nem Vorplatz, 2 Kammern, Keller, Holzſtall,
Mit=
gebrauch des Bleichplatzes und der Waſchküche, zu
vermiethen und bis Ende October beziehbar.
Guſtav Heß, Zimmermeiſter.
M. 33.
125
5100) Iu dem neu erbauten Hauſe
obere Heinrichſtraße (gegenüber Hrn.
Hof=
weißbinder Voigt):
eine Parterre=Wohnung mit 6 Zimmern,
Ein=
quartierſtube, Küche und ſonſtigen
Bequemlich=
keiten ſofort;
die bel Etage mit Balton, 6 Zimmer,
Einquar=
tierſtube, Küche ꝛc., per 1. September,
u. Manjarde mit 4-6 Zimmern per 15. Sept
zu vermiethen. Auf Verlangen kann auch Garten
dazu gegeben werden.
5297) Kiesſtraße 18 Hinterbau ein Logis mit
allen Bequemlichkeiten zu vermiethen, jedoch ohne
Kinder, gleich beziehbar.
5298) Heinrichſtraße in dem neu erbauten
Hauſe neben Zimmermeiſter Rückert (Nro. 36)
eine Parterre=Wohnung von 6 Piecen nebſt Garten=
Antheil und allen Bequemlichkeiten.
Tleines Logis, nebſt Garten ſofort an
51 kinderloſe Familie. Heerdweg 22.
5299) Teichhausſtraße 6 ein Logis, 1 Stube,
Cabinet, Küche, gleich zu beziehen.
5300) Ein Logis für 2 oder 3 Perſonen,
be=
ſtehend aus 1 Zimmer und Cabinet, Küche und
Keller, in der Nähe des botaniſchen Gartens,
Aus=
ſicht nach der Oſtſeite, iſt ſogleich zu beziehen.
Offerten gef. bei der Expedition abzugeben unter
Chiffre G. K.
E
EN
5011) Eine geſunde Parterre=
Woh=
nung von 6 -7 Piecen (wo möglich
mit Gartengenuß) wird in der
Prome=
nade=, Frankfurter= oder Rheinſtraße
b ldigſt zu miethen geſucht. Offerten
sub Nr. 5011 mit Preis=Angabe
be=
fördert die Expedition.
4383)
Einen Lehrling ſucht gegen Lohn
C. Franz, Tapezier.
Vermiſchte Nachrichten.
5301) Die Hebregiſter über die für's 2.
Quar=
tal 1870 zur israelitiſchen Gemeindekaſſe dahier
zu erhebenden Schulgelder liegen vom 16. d. M.
au acht Tage lang zur Einſicht der Intereſſenten
auf unſerer Gemeindeſtube offen.
Darmſtadt, den 14. Auguſt 1870.
Der Vorſtand
der israelitiſchen Religions=Gemeinde.
4553) Ein Lehrling kann eintreten oder ein
Junge auf Wochenlohn. Pfeiffer, Hoſtapezier.
4734) Ein Lehrburſche kann eintreten bei
Conrad Olff, Schreinermeiſter, untere
Eliſa=
bethenſtraße 64. — Derſelbe erhält zoſt u. Logis.
3999) Ein braver Junge kann in die Lehre
treten bei
Karl Bernet, Hofſchloſſer.
4906) Ein junger Mann ſucht eine Stelle auf
einem Comptoir oder Büreau. Das Nähere
Bleich=
ſtraße Nr. 19 parterre.
Einquartierung
5277)
wird angenommen bei H. Förſter, Schloßgraben
Nr. 3 eine Stiege.
5281) 2 Mann Einquartierung werden
Alexander=
ſtraße 19 zwei Stiegen hoch angenommen.
5283) Bei Schuhmacher Weber Wtwe. in der
Viehhofgaſſe 18 bei Fuhrmann Fuchs wird
Ein=
quartierung angenommen der Mann zu 1 fl. 20.
5302) Ein gewandter Maan, welcher im
Rechnen und Schreiben etwas erfahren, gute
Zeug=
niſſe beſitzt, kann ein dauerndes Engagement finden.
Zu erfragen Rheinſtraße 53.
5303)
Verloren
wurde am Sonntag ein goldner Trauring,
P. W. gezeichnet. Der redliche Finder wird
gebeten, ihn gegen Belohnung bei der Expedition
d. Bl. abzugeben.
5 (in Portemonnaie mit Zuhalt und
E eine Münzſammlung iſt Sountag Abend
g
einem Soldaten am Bahnhof verloren gegangen.
Dem ehrlichen Finder ein deutſcher Händedruck
zum Dank. Näheres bei der Exped.
AxaxunarrzizantAaiaaunakuDiaaraztra
Werkäufe u. Verpachtungen
5108)
von
Gütern. Grundſtücken. Fabriken, Gaſthäuſern
Licitationen, Geſuche u. Offerten
jeder Art,
Familien Nachrichten, Engagements ꝛc.
betreffende Ankündigungen werden ohne
Proviſion oder Porto=Aurechnung
24 in die für die verſchiedenen Zwecke
beſtge=
eigneten erfolgreichſten Zeitungen prompt
f und exact befördert durch
Annoncen=Expedition,
45 Zeil, Frankfurt a. M., Zeil 45,
gegenüber der Poſt.
Verlin, Hamburg. München,
Nürn=
berg, Bremen.
Original Preis=Courante u. Anſchläge gratis
und franco.
W. Meine Broviſion beziehe ich als
offi=
cieller Agent von den betr. Zeitungen.
Alleinige Inſeraten=Pacht:
Eliegende Blütter, Kladderadalſch, Eigaro.
5305) Mehrere Schulknaben können täglich
lohnende Beſchäftigung erhalten bei
C. M. Kühn, Buchhandlung,
gr. Ochſengaſſe 21.
5306)
Mieth=Geſuch.
Zum Betriebe eines Specrei=Geſchäftes wird
in einer günſtigen Lage der Neuſtadt ein Laden
mit Logis zu miethen geſucht. Näheres bei der Exp.
Hülfsverein jür im Feld verwundete und erkrankte
Soldaten im Großherzogthum Heſſen.
AV11. Liſte der geſammelten Geldbeiträge.
5307)
Frau Heidenheimer 3 fl. 30. Otto Werle 15 fl. H. W. Andreß 2 fl. Frau
Roſen=
thal Wittwe 3 fl. L. A. Z. 3 fl. Oberſt Wolf 5 fl. Nittmeiſter Klipſtein 5 fl.
Sch. u. Cie. 25 fl. Geſammelt im Prinz Karl 36 kr. Prof. R. R. Werner 5 fl.
Brehm 25 fl. Oberpoſtſecretär Neuning 5 fl. Frl. Charl. Mangold 1 fl. 45.
Heilge=
hülfe H. Roth 1 fl. 45. Gemeinde Heppenheim i, B. (erſter Beitrag) 37 fl. 30.
Sammlung in der Gemeinde Weiterſtadt 38 fl. Hofg.=Präſident Dr. Krug 20 fl.
Aus Wald=Michelbach in Schaubach geſammelten Beitrag 21 fl. General von Geyſo 10 fl.
Major Schimpff 5fl. 15. V. H. 2fl. Louiſe Lorenz, Dienſtmädchen 30 kr. Von einem
weiteren Dienſtmädchen 30 kr. Frau Hauptmann Külp 10 fl. Wittwe Goldſchmidt
(2r Beitrag, 3 fl. 30. Gemeinde Mörfelden 53 fl. 30 kr. Gemeinde Meſſel 104 fl. 6.
Gemeinde Noßdorf 145 fl. Hofmuſikus Dern 2 fl. Kaufmann Gg. Darmſtädter 5 fl.
Frau A. Coulmann 1 fl. 45. 2. A. G. Nath Hallwachs 5 fl. Gemeinde Etzengeſäß 20) fl. 2.
Gem. Gräfenhauſen (2te Sendung) 91 fl. 22 kr. Gg. Schäfer zu Nieder=Aamſtadt 5 fl.
Frau Apotheker Hoffmann 2 fl. Mrs. Williams 10 fl. Frau Marie Wüſt 5 fl.
Frau General Cronebold 1 fl. 45. Ungenannt 35 kr. Oberſt von Willich 10 fl.
Miniſt. Regiſtrator Welſch 3fl. 30. Miniſt. Kanzliſt Scharmann 1 fl. 45. Schweich 30 kr.
Frhr. v. Schenck von Hermannſtein 20 fl. M. Creter 2 fl. Director Horſtmann 5 fl.
Gebr. Blum 1 fl. 45. Controleur Abert 1 fl. Durch H. W. Merck geſammelt:
Th. Maubach 3 fl. 30, Lohnkutſcher C. Keller 5 fl. und L. Heß 10 fl. Zweigverein
zu Lindenſels 283 fl. 49 kr. Walther 200 fl. 30. Rechnungsrath Fickel 5 fl. Wilh.
Traiſer 1 fl. 45. E. S. 3 fl. F. W. Rabenau 2 fl. 20. Hofſilberverwalter Strauß 4 fl.
Kaufmann J. G. Jordis 10fl. Banquier Ferd. Tander 25fl. Rentner A. Kahn 10 fl.
Rentner garl Luiring 3 fl. Maler Nebel 3 fl. 30. Geh. O. M. R. Dr. Küchler 7 fl.
Frau von Grismar 5 fl. Hauptm. v. Herff 10 fl. M. Mayer 3 fl. Ober=
Staats=
anwalt Dr. Siebert 20 fl. v. F. M. 10 Fraucs -1fl. 45. Hauptmann Herpel 10 fl.
H. K. 3 fl. 30. Sammlung einer kleinen Geſellſchaft in der Krone beim Eintreffen
der erſten Siegesnachricht 11 fl. Zuſammen 1350 fl. 5 kr. Hierzu Liſte 1-16
24556 fl. 16 kr. Geſammtertrag 25,846 fl. 21 kr.
Verichtigungen: 6s iſt zu leſen in Liſte X1: Frau Oberſt von Küchler (5 fl.
ſtatt„Frau Oberſt von Müller;; in Liſte 1x Adam Reeg mit 30 kr.; in Liſte XIII
Hofgadv. Hofmann L. ſtatt „Hofgadv. Hoffmann II.; ſowie Hauptmann Keim ſtatt„
Haupt=
mann Klein= endlich in Liſte XIV Forſtmeiſter Weihl ſtatt „Forſtmeiſter Weiſe= (5 fl.)
KI. Liſte der geſammelten Geld=Beiträge.
Fr. Metz fl. 3. Ludwig Schupp 2 fl. M. Cooke 3 fl. 30. Frl. D. Spengler
30 kr. Emil Markwort (3. Beitrag) 5 fl. Vernhard Roſenheim (weiterer Beitrag)
25 fl. G. Geiſt 1 fl. 30. Jean, Wilhelm u. Louiſe Göbel, Ertrag einer Verlooſung
15 fl. Frau Sophie Wiener Wwe. 1 fl. 45. Durch Hru. Pfarrer Seeger in Seck=
mauern: von der Gemeinde Seckmauern 36 fl. 17.; von der Gemeinde Breitenbrunn
6 fl. 22. von der Gemeinde Haingrund 20fl Vom Zweigverein Lindenſels aus der
Gemeinde Mörlenbach u. Ober=Liebersbach 100 fl. Vom Zweigverein Herbſtein 100 fl.
Vom Zweigverein in Reichelsheim 50 fl. Durch den Zweigverein in Lindenſels aus
der Gemeinde Weiher 53 fl. Poſthalter W. Hofmann 3 fl. 30. Poſtſecretär E
Hof=
mann 3 fl. W. G. 1 fl. 15. Ober=Conſiſtor. Protocolliſt Groß 2 fl. Frau Oberſt
v. Küchler (zweite Gabe) 5 fl. Barbier Niedel 1 fl. Ger.=Acceſſiſt Eigenbrodt 2 fl.
Frau W. Urig geb. Bauer 5 f Ungenannt 10 fl. Hofbibliothek=Secretär Wörner
10 fl. Frau Geh. Rath Görtz Wwe. 3 fl. 30. Miniſter.=Regiſtrator Sittmann 3 fl.
Beigeordn. Heberer zu Dietzenbach 2 fl. Kaufmann Aug. Reh 10 fl Fr. Rotl. 1 fl.
San
2 fl. Dr. K. D. 5 fl. L. Sch. 1 fl 45. Bäckermſtr. Ph Röhrig 5 fl. Lohnkutſcher
Heeb 2 fl. Frl. Eliſe Walther 1 fl. Frau B. Geiger, Lohnkutſcher 1 fl. Frl. Anna
Ganß 36 kr. Kanzleidiener Hahn 2 fl. Frl. Marg. Walther 36 kr, Rentner Kahl
Wwe. 4 fl. Jonas Meyer 5 fl. Wilh. Mank 3 fl. 30. Jacob Stumpf 1 fl.
Stabs=
quartiermeiſter Jöckel 1 fl. Von einer gemüthlichen Geſellſchalt in der goldenen Kette
unter dem Kühlſchiff 2 fl. 12. Frau Büttner 30 kr. Frau Feldwebel Dick 30 kr.
Emilie Dick 12 kr, Lina Wolff 30 kr. Bäckermeiſter Jäger 3 fl. 30. Bäcker Koch
(Schützenſtr.) 5 fl. Gg. Kaiſer 2 fl E. K 3 fl. 30. Mitpred Schönfeld (weiterer
Beitrag) 5 fl. Buchhändler Waitz 3fl. 30. Zweigverein Virnheim 1. Sendung) 170 fl.
Schuhmacher Fried. Warnecke 4 fl. 40 Zweigverein in Schotten 300 fl. Von den
Schülerinnen des Hofmann'ſchen Inſtituts 112 fl. 24. E. u. C. Buxmann 50 fl.
Fran Weygand 50 fl. Wirkung des erſten Chaſſepolsgewehrs 20 fl. 30. G. J. Hirſch
von Alsheim in 3 Wechſeln 100 fl. W. Walther 4 fl. Aus der Gemeinde Haſſenroth
54 fl. 25. Aus der Gemeinde Kimbach 17 fl. Von dem Zweigverein in Hirſchhorn
200 fl. Für den Zweigverein in Lindenfels aus Virkenau (3fl. 15. Geſammelt von
einer Geſellſchaft in der Poſt in Höchſt i D. 5 fl. 32. Ungenannt 30 kr. Eliſe Möſer
30 kr. Nendant Kreſſel 3 fl Frau Kahl Wwe. 5 fl. P. J. Har 5 fl. Fuhrmann
Gg. Fey 5 fl. Ungenannt 1 fl. 45. L. A. 1 fl 45. Canzliſt Römer 1 fl. Frau
M. Römer 1 fl. Frl. W. Römer 1 fl. G. Glöckner Wwe. 10 fl. G. Glöckner 10 fl.
Frl. Deurer 100 fl. Kanzleigehilfe P. Schäfer 1 fl. Wilh. u. Heinr. Schäſer 18 kr.
Kanzleidiener Winter 1 fl. Frau Hauptmann Güntzer 2 fl. Frl. Günzer 1 fl. 45.
Hofg.=Adv. Kraus Wwe. 2 fl, Pfarrer Schenck ſweiterer Beitrag) 10 fl. Schreiner
P. Geuter 7 fl. Steinkohlenhändler Schmitt 10 fl. Frl. Schaub 1 fl. 45. H. Pitthau
(Karlshof, 25 fl. Gemeinde Arheilgen 130 fl. 5. Frhr. Wilh. v. Löw 50 fl. Metzger
Linß 10 fl. Forſtmeiſter Pfaff 5 fl. Antonie Nonſtadt 7 fl. Zahnarzt Schmitt 5 fl.
15 kr. Ober=Conſiſtor. Rath Melior 5 fl. K. 5 fl. Zweigverein Dieburg 2500 fl.
Zweigverein Homberg a. d. O. 250 fl.
Zuſammen 4063 fl. 12 kr. Hierzu Liſte
1 25046 fl. 21 kr. Geſammtletrag 39840 fl. 17 kr.
R33.
126
C.
8
er Allerhöchſten Beſtimmung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs zufolge wurde der
S Hof=Orangeriegarten zu Beſſungen nebſt den Orangerie=Gebäuden zum Gebrauch für
Lazareth=Zwecke überlaſſen und iſt derſelbe bis auf Weiteres dem Beſuch des Publikums entzogen.
Darmſtadt, den 14. Auguſt 1870.
Großherzogliche Hofgarten=Direction.
Geiger.
Lazareth Beſſunger Orangeriehaus.
Durch die Aufnahme von Verwundeten in das, Lazareth des Hof=Orangerie=Gartens zu Beſſungen
ward es nothwendig, die Paſſage durch denſelben dem Publikum zu entziehen. Zum Eintritt in den
Garten und die Lazarethe ſind nur Solche berechtigt, welche innerhalb derſelben Geſchäfte zu beſorgen
haben und hierfür mit Legitimationskarten der Lazarethverwaltung verſehen werden.
Der Beſuch von Kranken und das Betreten von Räumen, in welchen
Ver=
wundete liegen, darf nur mit ſpecieller Erlaubniß der unterzeichneten Direction erfolgen.
Die Direction des Lazareths im Beſſunger Orangeriehaus.
Wm. Keller.
5309)
Dankſagung.
Allen Verwandten, Freunden u. Bekannten,
welche unſer unvergeßliches Käthchen zu
ihrer letzten Ruheſtätte begleiteten,
insbeſon=
dere auch den Herren der Liedertafel, ſagen
wir hiermit unſern herzlichſten Dank.
Die trauernde Familie Seibel.
5310) Zum Zwecke der Erfriſchung
durch=
ziehender Truppen wurden ferner geſammelt:
Von Frln. Paul. Hernsheim 38 fl., von Frln.
Thereſe Brodruck 51 fl. 11. Zuſammen 89 fl. 11.
Hierzu die früher verzeichneten 732 fl. 14 kr.
Geſammtſumme 821 fl. 25 kr.
Eine Geſchichte ohne Titel.
MNach dem Engliſchen.)
Schluß.)
Sie war, ſo berichtete ſie ihm, in die Hände eines
unerbitt=
lichen Direktors gefallen, der ſie auch nicht eine Minute vor dem Ablauf
ihres Contraktes frei geben wolle; der ſie durch die Polizei wuͤrde verfolgen
laſſen, wenn ſie vielleicht verſuchen ſollte, auf heimliche Weiſe von ihm
los=
zuzommen. „Warum” ſo ſchloß ſie ihren Brief, „warum bin ich auch ſo
ſchwach geweſen, dieß Engagement und ſeine harten Bedingungen anzunehmen?
Ich beſchwöre dich bei unſerer Liebe, verdamme mich nicht! Meine Liebe
und meine Treue ſind unwandelbar; ich habe keinen Rath, ich habe keine
Freunde hier, eile mir zu Hülfe.
Der junge Mann that vergebliche Schritte bei dem Hofe in Wien,
er verſuchte es, den Capitän der Sylphide, des Schiffs, welches ihn nach
Indien zurückbringen ſollte, für ſich zu gewinnen, und eilte nach London,
um dem Biſchof der Hauptſtadt ſein Leid zu klagen. Dieſer hatte Mitleid
mit dem Kummer der Jugend, er ſah ein, daß in der Seelenſtimmung, in
welcher ſich der junge Bertrand befand, die Sorge für die ihm anvertrauten
geiſtlichen Intereſſen offenbar Noth leiden müſſe, und daß es alſo
noth=
wendig ſei, ehe man den jungen Mann in ſein geiſtliches Amt eintreten
laſſe, ihn von ſeinem Herzenskummer zu befreien. Der Biſchof rieth ihm,
nun nach Frankfurt zurückzukehren, die Sache abzuwarten, allein der
Weiſung ſeiner Obern nachzukommen und gegen Ende des Monats
abzu=
reiſen.
Seine Verlegenheiten mehrten ſich und Schwierigkeiten häuften ſich
auf Schwierigkeiten. Wie war es möglich ſich vor dem 24. noch trauen zu
laſſen, bis zum 29. in London zu ſein und vor dem 1. Juli in
Ports=
mouth abzureiſen? Was thun? Wenn er nach Wien abreiſte, war es
nicht möglich, daß ſeine Braut und er auf dem Wege an einander
vorüber=
fuhren? — Seine Stelle verlieren und mit ihr ſeine ganze Exiſtenz, die
Frucht ſeiner Mühen und Studien, — dem Biſchof von London, der ſo
viel Güte und Mitgefühl für ihn gezeigt, nicht gehorchen; — vergeſſen,
daß der Biſchof von Madras auf ihn warte — ſeinem Worte untreu
werden - dieß waren Gedanken, die wahrlich dem Gewiſſen eines Mannes
von Ehre drückend ſein mußten. Der arme junge Mann wartete bis zum
23. in Frankfurt. Als er aber bis dahin weder Briefe noch ſonſt
Nach=
richten erhielt, ergriff ihn diel Ungeduld, und ohne Jemand ſein
Vor=
haben zu verrathen, reiſte er nach Wien ab, nachdem er dem Capitän der
Sylphide geſchrieben hatte, wenn er ſeinen Aufenthalt nur um Weniges
verlängern könne, ſo würde er ihn unendlich zu Dank verpflichten; er
be=
merkte demſelben dabei, was für ihn auf dem Spiele ſtehe, wenn jenem
dies unmöglich ſein würde.
Gewiß hat Jedermann Mitleid mit unſerm Helden. Er muß nun mit
allen dieſen Qualen im Herzen 4 Tage und 4 Nächte in Eilwagen ſitzen,
und dazu noch mit dem Gedanken ſich peinigen, daß ſehr leicht grade dieſe
tolle Reiſe (wie ſie alle klugen Leute nennen werden) alle die gefürchteten
Nachtheile für ihn im Gefolge haben könne.
Bis zum 1. Juli, einem verhängnißvollen Tag, hörte kein Menſch
ctwas von den beiden Liebenden. Am Abend dieſes Tages war es, daß
Minna und ihre Mutter, erſchöpft vor Müdigkeit, in Frankfurt ankamen.
Es war keine kleine Aufgabe für ſie gegeben, der Wachſamkeit des
grau=
ſamen Direktors und der von ihm angeſtellten Polizei zu entgehen. Er
hatte ſie mit Spionen umgeben und verlor ſie, durch die immer
wieder=
holten Bitten Minna's, ſie frei zu geben, aufmerkſam gemacht, ſelten nur
aus den Augen. Bertrands Briefe hatten dem armen geängſtigten Mädchen
das Dringende der Lage die Ungeduld des Geliebten die ganze Gefahr
Hierzu cue Erita=Beilage: Deir.-Die Vorſchuß= und Credi=Vereine-.
eines längeren Verzugs klar vor Augen geführt. Es gelang ihr, ihren
Hauseigenthümer für ihr Schickſal zu intereſſiren, und dieſer verſprach
Sorge zu tragen, daß ſie eines Abends, auf der großen Straße, welche
nach Bayern führt, einen mit Ochſen beſpannten Karren finde, der ſie ihrem
Gefängniſſe entführen ſollte. Das war freilich keine Locomotive von großer
Geſchwindigkeit, und eine Flucht auf ſolche Weiſe mit zahlloſen
Schwierig=
keiten und Hinderniſſen verbunden. Indeſſen, da alle gewöhnlichen Mittel
und Wege ihr verſperrt waren, mußte ſie zu einem ungewöhulichen greifen.
Minna nahm dankbar das Anerbieten ihres Wirthes an und dieſer
unter=
handelte nun mit einem bayeriſchen Schmuggler, der Eigenthümer eines
ſolchen Karrens war. Der Schmuggler verſprach gegen Bezahlung einer
ziemlich großen Summe das Geheimniß der beiden Damen zu wahren, und
ſie über die öſterreichiſche Grenze in's Bayeriſche zu bringen.
Am 24. Abends war alles bereit. Kurz vor 9 Uhr verließen Mutter
und Tochter ihre Wohnung und lenkten ihre Schritte nach dem Prater.
Sie trugen nichts mit ſich als einen kleinen Regenſchirm, und die Spione
des Directors, nachdem ſie ihnen bis zur Promenade gefolgt waren und
geſehen hatten, daß ſie ſich auf einer Bank niederließen, verließen ſie, ohne
hier eine Liſt zu vermuthen. Die Flüchtlinge benutzten raſch einen günſtigen
Moment, eilten durch eine Nebenallee nach einer Vorſtadt, und kamen
glück=
lich an dem Platze an, wo der Karren ihrer harrte. Friſches Stroh bildete
darin ihr Lager, einige mit Leinen überdeckte Reife gewährten ein
ſchützen=
des Dach. Um allen Verdacht zu vermeiden, hatten ſie nicht nur ihr
Ge=
päck, ſondern ſelbſt die nöthigſten Dinge in ihrer Wohnung zurückgelaſſen.
Sie beſtiegen den Karren und empfahlen ſich der ſchützenden Fürſorge des
Himmels und ihres Karrenführers. Die vier Ochſen ſetzten ſich
ſchwer=
fällig in Bewegung. Immerwährend gefoltert von der Angſt einer
mög=
lichen Verfolgung rückten ſie der Bayeriſchen Gränze näher. Aber hier
erwachte in ihnen eine neue Furcht. Ohne Zweifel wird man den Karren
durchſuchen, und ſie nach dem Paß fragen. Wenn man ſie nun entdeckte;
was thun? Wie dieſer Unterſuchung entgehen?
Einige hundert Schritte vor dem letzten Grenzorte hielten ſie es für
klug, vom Karren herabzuſteigen und mit einem Gebetbuch in der Hand,
wie es häufig Wallfahrende in jenen Gegenden thun, ihren Weg zu Fuß
fortzuſetzen, So paſſirten ſie glücklich die Gränze, ohne daß man ihre
Gemeinſchaft mit dem Karren und ſeinem Führer geargwohnt hätte. Jetzt
war die Gränze überſchritten und nun galt es, um nach Frankfurt zu
kom=
men, eine jede Gelegenheit zu benutzen, den Eſel einer Bäuerin ſo gut wie
die Imveriale eines Omnibus und die Gefälligkeit eines Conducteurs!
Ach. und nachdem ſie alle dieſe Mühen überſtanden, und Frankfurt endlich
ſeine gaſtlichen Thore öffnete, erfuhren ſie, daß der, den ſie durch alle die
Gefahren hindurch aufgeſucht, - am 24. Abends nach Wien abgereiſt war.
Der Kummer des jungen Mannes bei ſeiner Ankunft in Wien war
unbeſchreiblich. Ohne Zweiſel war er auf der großen Straße dem
ver=
hänanißvollen Karren begegnet, der ſeine geliebte Minna an ihm vorüber
führte. Er verlor keinen Augenblick Zeit, eilte nach Frankfurt zurück und
fand glücklich ſeine Minna und ihre Mutter. Das Schickſal aber hatte
ſich verſchworen, ſie bis zum Ziele mit Zufälligkeiten zu verfolgen. In
Frankfurt fand ſich kein engliſcher Geiſtlicher, der ſie hätte trauen können.
Einer der Freunde Bertrands, der ihn hatte trauen ſollen, war, nachdem
er lange vergebens gewartet, nach dem Haag abgereiſt. Sie verloren aber
den Muth nicht, eilten nach dem Haag und verbanden ſich dort in der
engliſchen Kirche. Sie wußten, daß der gute Biſchof von London ſich die
Mühe genommen hatte, an den Capitän der Sylphide zu ſchreiben, er
würde ihm einen beſonderen Dienſt erzeigen, wenn er die Ankunft der beiden
Neuvermählten abwarten wolle. Sie kamen glücklich in Portsmouth an
und ſegelten nach Calcutta, wo Vertrand jetzt ein glücklicher, geachteter und
beneideter Mann iſt.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
[ ← ][ ][ → ]Extra=Beilage zum Wochenblatt Nr. 33 vom 16. Auguſt 1870.
[
All o-diſbupz- eaEbltzateiht
Bolksbanßen)
als ſicherſte Schutzmittel gegen die Geldkriſis.
In ernſter Arbeit an Werken des Friedens und der Cultur wurden
wir von einem frevelhaft provocirten Krieg überraſcht und plötzlich allen
denjenigen Verwirrungen und Calamitäten ausgeſetzt, welche ein ſolcher
Krieg gerade bei den heutigen in alle Klaſſen der Bevölkerung tief
ein=
greiſenden militäriſchen Organiſationen zur Folge haben muß. Die
Eiſen=
bahnen und ſonſtigen großen Verkehrſtraßen dienen dermalen nur dem
Transport von Militärmaſſen, Kriegsmaterial, Gefangenen und
Verwunde=
ten; die Werkſtätten und Fabriklocale, die Comptoirs und Lüden haben ſich
geleert und zeigen uns nur angefangene Arbeit und Vorräthe, welche, weil
ſie nur im Frieden Werth haben, Niemand kaufen will; — auf dem großen
und kleinen Geldmarkt iſt vollends Alles von Schrecken ergriffen und mit
dem Geſchrei: „rette ſich, wer kann! auseinandergeſtoben, und während
der Creditbedürftige in Verzweiflung nach Hülfe ſucht, um dringende
Ver=
bindlichkeiten zu erfüllen, oder den Untergang ſeines Geſchäfts zu verhindern,
hält der Geldſpeculant, deſſen Herz und Gefühl in feuerfeſtem, doppelt
verſchloſſenem Kaſſenſchrank ſitzt und für den Nothſchrei des Nebenmenſchen
taub iſt, krampfhaft die Hünde auf die Taſchen und auf die Kaſſenſchlüſſel,
um erſt dann ſeine Geldmittel fließen zu laſſen, wenn die äußerſte Noth
die höchſten Wucherzinſen bietet, oder zu Preiſen angekauft werden kann,
welche nothwendig den Ruin des Verkäufers herbeiführen müſſen.
Wo iſt in ſolchen Zuſtänden Hülfe zu ſuchen und wie kann man
ſich für die Zukunft gegen gleiche oder ühuliche Zuſtände ſchützen ?
Daß unſere großen Geld= und Credit=Inſtitute den Bedürfuiſſen
der von der allgemeinen Noth am Meiſten getroffenen Klaſſen des Handels=
und Gewerbſtandes nicht Genüge leiſten, hat ſich, wie ſchon oftmals, auch
in der gegenwärtigen Lage wieder recht deutlich herausgeſtellt. Bei den
Sparkaſſen und ähnlichen Inſtituten ergiebt ſich dies ſchon aus der
Schwerfälligkeit ihrer Verwaltungs=Organiſation und aus den
Grund=
ſätzen, nach welchen ſtatutenmäßig bei der Aulegung der ihnen zufließenden
Geldmittel verfahren wird, Grundſätze, welche in ihrer Conſequenz dahin
führen, daß die im Kleinen angeſammelten Kapitalien dem Kleinverkehr,
dem ſie wieder zufließen ſollten, gänzlich entzogen und dem großen
Geldmarkt zugeführt werden. In Betreff der Banken, welche ſich mit
der Organiſation des perſönlichen und beweglichen Credits beſchäftigen
und gerade in ſchweren Kriſen die Vertreter und Stützen dieſes Credits
und die Hülfsquellen für den nicht mit eigenem großem Kapital arbeitenden
Geſchäftsmann ſein müßten, zeigt uns aber die Erfahrung auch heute
wieder, daß ſie ihre eben angegebene Beſtimmung zum Theil gar nicht
anerkennen, in Füllen von Friedens=, Handels= und Verkehrsſtorungen
vielmehr regelmäßig in den allgemeinen paniſchen Schrecken der
Börſen=
männer mit hineingeriſſen werden und die in Zeiten des Friedens vielleicht
allzu bereitwillig eröffneten Credite entweder ganz einziehen, oder an gar
nicht, oder nur mit äußerſter Schwierigkeit zu erfüllende Bedingungen
knüpfen, oder auf ein Maaß redueiren, welches dem Bedürfniß durchaus
nicht mehr entſpricht. Die plötzliche Kündigung, Erſchwerung oder
Ein=
ſchränkung der Credite bringt aber manchen Geſchäftsmann, der über geringes
eigenes Kapital disponirt und vorzugsweiſe durch Nedlichkeit, Tüchtigkeit und
dadurch bedingten Perſonaleredit ſich in die Höhe arbeiten kann, von
wel=
cher er vielleicht nur noch wenige Stuſen entfernt war, oft in eine viel
ſchlimmere Lage, als der Fall geweſen ſein würde, wenn er den fraglichen
Credit nie gehabt hätte. Im feſten Vertrauen auf denſelben hat er
Unter=
nehmungen begonnen und Verbindlichkeiten eingegangen, deren Erfüllung in
ruhigen Zeiten nicht die mindeſten Schwierigkeiten gehabt hätte. Die
Kündigung oder Einſchränlung des Credits hemmt nun die Fortſetzung des
Unternehmens, macht die Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten
unmög=
lich, nöthigt zur Entlaſſung der Arbeiter und Gehülfen, und das Publikum,
welches die Verhältniſſe nur von Außen betrachtet, fällt dann
erbarmungs=
los und oſt ſchadenfroh das Urtheil: „er war ein Schwindler, der Schuſter
hätte bei ſeinem Leiſten bleiben ſollen!
Die wiederholt gemachten Erſahrungen, welche wir auch heute wieder
mit ſo beiſpiellos ſchweren Opfern bezahlen müſſen, hätten denjenigen großen
Theil des Handels= und Gewerbeſtandes, welcher nicht über vollſtändig
ausreichende eigene Kapitalien verfügt, ſondern eines namentlich in
geld=
knappen Zeiten zuverläſſigen Credits bedarf, ſchon längſt in diejenige
wirth=
ſchaftliche Strömung hineintreiben ſollen, welche die Organiſation der
Selbſthülfe und Selbſiverwaltung bezweckt und in ihrem Endergebniß
Jeden, welcher in dieſer Strömung kräftig mitrudert, der Nothwendigkeit
entheben wird, um den Credit eines Bankinſtituts oder Banquiers zu
betteln, oder ſich den Klauen eines Wucherers zu überautworten. Ihr
Alle, vom Arbeiter und kleinen Handwerker an bis zum Fabrikanten,
Kauf=
manu und großen Unternehmer, die Ihr zwar ein großes Grundkapital
perſönlicher Tüchtigkeit, Rechtſchaffenheit und Strebſamkeit in Euch traget,
aber nicht mit ſo viel Geldkapital ausgeſtattet ſeid, als zur Nutzbarmachung
Eurer perſönlichen Tüchtigkeit erforderlich iſt Ihr könnt Euch von der
Sclaverei des großen Kapitals von der Nothwendigkeit der Staatshülſe
und von den zerſtörenden Einflüſſen der Kriege und politiſchen Unruhen
nur freimachen und durchgreifend helfen durch die Vereinigung in der auf
dem Grundſagz der Selbſthülfe und Geſammthaft beruhenden
Genoſſeu=
ſchaft, jener großartigen Organiſation, welche Schulze=Delitzſch in
Deutſch=
land geſchaffen und welche in Folge ihrer principiellen Richtigkeit und der
dadurch erzielten vor jedem Auge klar daliegenden bewundernswerthen
Re=
ſultate in ganz Deutſchland bereits eine ſolche Ausdehnung gewonnen hat,
daß bald dasjenige eingetreten ſein wird, was Schulze=Delitzſch ſchon im
Jahr 1855 vorausſagte: „Die Zeit ſei nicht allzufern, wo es kein Stüdtchen
im Lande gebe, in welchem die Genoſſenſchaften nicht Wurzel gefaßt
hätten! Iſt doch dieſe Organiſation in manchen deutſchen Staaten bereits
über die Städte und Städtchen hinausgeſchritten und in die Landbevöllerung
eingedrungen, welche deren Segen namentlich an ſolchen Orten nicht geung
zu preiſen weiß, welche früher dem ſchnöbeſen Wucher preisgegeben waren.
Nachdem nun vollends die Norddeutſche Geſetzgebung und das Großh.
Heſſiſche Geſetz vom 4. Auguſt 1869 die privatrechtliche Stellung der
Genoſſenſchaften genau geregelt und dieſelben bezüglich des Erwerbs von
Rechten und Verbindlichkeiten und deren Geltendmachung vor Gericht den
Handels=
geſellſchaften und Corporationen gleichgeſtellt haben, muß und wird die
Aus=
dehnung der Genoſſenſchaften auch bei uns mit Nieſenſchritten vorwärts ſchreiten.
Unter den verſchiedenen Arten der auf Selbſthülfe und Geſammthaſt
gegründeten deutſchen Erwerbs= und Wirthſchaftsgenoſſenſchaften ſtehen
die Vorſchuß= und Creditvereine oder Volköbanken oben an. Mitglied
eines ſolchen Vereins kann jeder durch Tüchtigkeit und Rechtſchaſſenheit
perſönlich ereditfähige Mann werden, welcher ein beſtimmtes, den Betrag
von einigen Gulden nicht überſteigendes Eintrittsgeld bezahlt und einen
beſtimmten Geſchäſtsantheil entweder auf Einmal, oder in monatlichen
Naten einlegt. Die Geſchäftsantheile und Ratenzahlungen werden je nach
den localen Verhältniſſen ſo gering geſtellt, daß auch dem ganz geringen
Mann die Möglichkeit der Mitgliedſchaſt geöffnet iſt. Den
Geſchäſts=
antheilen wird außerdem ein Theil des Geſchäftsgewinns als Dividende
zugeſchrieben, deren Betrag in vielen Vereinen bereits eine den Ertrag aller
ſonſtigen Kapitalanlagen überſteigende Höhe erreicht hat. Aus den
Eintritts=
geldern und einem nicht als Dividende verwendeten Antheil am Gewinn
wird das eigentliche Vereinsvermögen, der Reſervefond gebildet, während
die Geſchäftsantheile Eigenthum der Mitglieder bleiben und nur in zweiter
Linie bei Verluſten herangezogen werden können. Alle Mitglieder haben
gleiche Nechte auf Credit, wenn ſie die für alle ohne Unterſchied des
Standes und Vermögens gleichmäßig vorgeſchriebenen Gicherheiten leiſten.
Auch kann nach Ermeſſen des Vorſtandes ohne weitere Sicherheit bis zum
Betrag des eingezahlten Geſchäftsantheils Credit ertheilt werden. Jedes
Mitglied iſt ſtimmberechtigt in der General=Verſammlung, welche den mit
Führung der Vereinsgeſchäfte betrauten Vorſtand, ſowie den Aufſichtsrath
wählt, und im Falle von Pflichtverletzungen abſetzt und zur
Verant=
wortung zieht.
Das erforderliche Betriebscapital, wird theils durch die Eintrittsgelder
und Geſchäftsantheile der Mitglieder, theils durch fremde Kapitalien
ge=
ſchafft, welche dem Verein als ſolchem, in der Geſtalt von Anlehen,
De=
poſiten, Spareinlagen ꝛc. in großen und kleinen Beträgen von Mitgliedern
und Nichtmitgliedern zufließen. Auch kann der Verein als ſolcher mit
an=
deren Vereinen und Creditinſtituten in Verbindung treten und von dieſen
baare Geldmittel entnehmen. Die Sicherheit, welche der Verein für ſeine
Verbindlichkeiten bietet, beſteht außer dem Vereinsvermögen, den eingezahlten
Geſchäftsantheilen und beſonderen Arten der Sicherheitsleiſtung, welche
viel=
leicht in einem einzelnen Falle vereinbart werden mögen, in der
Geſammt=
haft aller Mitglieder, eine Haftbarkeit, welche jedoch durch das
Genoſſen=
ſchaftsgeſetz in der Art regulirt iſt, daß niemals ein einzelnes Mitglied auf
Zahlung einer ganzen Schuld des Vereins belaugt werden kann, vielmehr
nur der durch den Vorſtand vertretene Verein als ſolcher dem Gläubiger
gegenüber als der zahlungpflichtige Schulduer erſcheint und im Falle der
Zahlungseinſtellung und des Concurſes des Vereins die Mitglieder nach
einem vom Gericht aufzuſtellenden und zu exequirenden Ausſchlag nur dann
und inſoweit mit gleichen Verluſtbeittägen herangezogen werden können,
als der Reſervefond und die Stammantheile nicht ausreichen. Ein ſolcher
Fall iſt bis heute noch bei keiner deuiſchen Genoſſenſchaft vorgekommen
und wird auch in Zukunft nicht vorkommen, wenn von den ſeither
be=
folgten Grundſätzen nicht abgewichen und ſtets für eine gewiſſenhafte
Ver=
waltung geſorgt wird. Während alſo durch die Geſammthaft einer zu
einem Vorſchußverein zuſammengetretenen größeren Anzahl von Perſonen,
unter welchen ſich denn natur= und erſahrungsgemäß ſtets auch viele
bemittelte, wohlhabende und reiche Leute befinden werden, eine die
Zu=
ſührung fremden Geldes ſehr befördernde, die Möglichkeit eines Verluſts
für den Gläubiger geradezu ansſchließenden Sicherheit für die Glüubiger
geboten wird, iſt das für alle Muglieder ohne Unterſchied des
Ver=
mögens gleich große Niſico, welches aus der Geſammthaft erwächſt,
ein ſolches, welches nur in kaum denkbaren Fällen praktiſch werden und
in dem kanm nennenswerthen Betrag, in welchem es ſich auf die
ein=
zeluen Mitglieder repartiren würde, den enormen Vortheilen gegenüber,
welche die Theilnahme au dem Verein namentlich dem geringen Mann
bietet, gar nicht in Betracht gezogen werden kunn. Der Verein, welcher
als ſolcher bekannt und geachtet iſt und deſſen Mitgliederverzeichniß nebſt
den Statuten auf dem Gericht des Orts, wo der Verein ſeinen Sitz hat,
ſiets zu Jedermanns Einſicht oſſen liegt, kann, wenn nöthig, ſelbſt in
ſchlim=
uen Zeiten mit Leichtigleit große Summen auf dem großen Kapitalmarkt
aufnehmen und dieſe dann in kleineren Beträgen, wie es das Bedürfniß der
Mitglieder erfordert, an dieſe abgeben. Dadurch wird aber der kleine
Unter=
nehmer vor allen denjenigen Nachtheilen, Opfern und peinlichen
Unannehm=
lichkeiten bewahrt, welche Geldauſnahmen, die er außerhalb des Vereins
bewerkſtelligen möchte, theils in Folge ſeiner Unbekauntſchaft im Kreiſe der
Kapitaliſten, theils in Folge der in dieſen Kreiſen beſtehenden Abneigung
gegen kleinere, auf kurze Perioden ausſtehende und nicht hypothekariſch
ge=
ſicherte Kapitalanlagen, unvermeidlich für ihn haben müſſen. Als Mitglied
eines Creditvereins braucht er ſeinen Namen nicht von den Mäklern
herum=
tragen zu laſſen, ſondern weiß ſtets, wo er mit Sicherheit auf Geld rechnen
kann, ohne große Proviſionen zahlen zu müſſen und ohne den Koſten und
Umſtändlichteiten von Hypothekerrichtungen ꝛc. ausgeſetzt zu ſein.
Es iſt nicht übertrieben, ſondern vollkommen wahr, und durch
maſſen=
hafte Erfahrungen in den Genoſſenſchaften beſtätigt, was ein Schriftſteller
auf dem Gebiet des Genoſſenſchaſtsweſens Dr. J. von Au (ndie Credit=
Genoſſenſchaften in ihrer Bedeutung für Stadt und Land=) erſt vor Kurzem
behauptete, daß bei richtig organiſirten und gewiſſenhaft verwalteten
Ge=
noſſenſchaften Kapitalmangel gar nicht vorkommen könne, „das Geld
viel=
mehr für die Creditgenoſſenſchaften ſo zu ſagen auf der Straße liegen. Bei
vielen unſerer Vorſchußvereine war der Geldzufluß ſeither ſo ſtark, daß
die Vorſtände wegen der Art der Verwendung oft in Verlegenheit waren.
Genügendes Kapital wird wenigſtens in Zukunft bei allen
Creditgenoſſen=
ſchaften ſtets vorhanden ſein, wenn die unerſchütterlichen Sicherheiten, welche
ſie bieten, noch allgemeiner bekannt werden und der Handels= und
Gewerb=
ſtand ſich noch zahlreicher, als ſeither dabei betheiligt. Die Zeiten ſind nun
vorüber, wo man die anfänglich ſo beſcheiden auftretenden Vorſchuß=
Ver=
eine mitleidig als Jnſtitute anſah, bei welchem nur arme Schlucker im Falle
der äußerſten Noth einen Hülfspfennig erhalten könnten. Heute ſchon ſind
Hunderte von ihnen zu mächtigen, über viele Millionen disponirende und
den Geldmarkt beherrſchende Volksbanken geworden, denen alle Klaſſen der
Bevölkerung zuſtrömen, welche die Abhängigkeit von den Banken und
Börſen=
männern müde ſind und den Ertrag ihres Geldes, welcher ſeither
größten=
theils nur Actionären, Uuternehmern und Speculanten zufiel, als reichliche
Dividende ihres Geſchäftsantheils in der Creditgenoſſenſchaft ſelbſt
ge=
nießen oder als Vereinsvermögen angeſammelt ſehen wollen. In Zukunft
muß die Eigenſchaft eines Mitglieds einer Genoſſenſchaft auf den Credit
des Einzelnen beſſer influiren, als die von vielen Geſchäftsleuten prahleriſch
auspoſaunte Thatſache, einen Credit bei einer Bank, oder bei einem großen
Banquier zu haben, eine Vergünſtigung, welche Angeſichts der Thatſache,
daß der Credit nach Belieben der Bank, oder des Banquiers zu jeder Zeit
gekündigt und abgeſchnitten werden kann, in vielen Fällen nur von ſehr
zweifelhafter und gefährlicher Natur iſt.
Der ſeit einer Reihe von Jahren in Darmſtadt beſtehende
Vorſchuß=
verein hat ſich bis jetzt nur in beſtimmten gereiſen ſehr ehrenwerther
Ge=
ſchäftsleute bewegt und ſeine Thätigkeit nur auf das Vorſchuß= und
Credit=
geben in ziemlich engen Grenzen beſchränkt, ohne ſich andere Geldzuflüſſe,
als die Eintrittsgelder und Stammantheile der Mitglieder, mäßige Darlehn
von Privaten und innerhalb einer mäßigen Creditgrenze auf Contocurrent
bei der Bank für Handel und Induſtrie entnommene Geldſummen zu eröffnen.
Gleichwohl hat er ſehr ſegensreich gewirkt, trotz maucher Kriſen noch nie
einen Verluſt erlitten und wenn auch die durch den gegenwärtigen Krieg
hervorgelufene Geldtlemme in Verbindung mit der Thatſache, daß gerade
dermalen ſein Credit bei der Bank für Handel und Induſtrie erſchöpft war,
momentan ſtörend auf ſeine Thätigkeit einwirkte, ſo hat er doch auch in
dieſer ſchweren Zeit nicht nur keine Verluſte zu befürchten, ſondern er iſt
auch trotz des kuappen Geldzuſluſſes dermalen im Stand die dringendſten
Creditbedürfuiſſe ſeiner Mitglieder befriedigen. In der am 8. d. M.
ſtatt=
ſindenden Generalverſammlung iſt die durch die Stellung unter das
Genoſſen=
ſchaftsgeſetz erforderlich gewordene Aenderung der Statuten und die Umwandlung
des Vereins in eine „Darmſtädter Volksbank” beſchloſſen worden. In dieſer
er=
weiterten Geſtalt wird der Verein vom 1. September l. J. an eine Reihe von
Geſchäften, welche er ſeither noch nicht betrieb, in das Bereich ſeiner
Thä=
tigkeit ziehen. Dahin gehören: Wechſeldisconto, laufende Rechnung mit
Vereinsmitgliedern, Sparkaſſe, Erſparungsanſtalt für (leine Erſparuiſſe in
Wochenbeiträgen, Geſchäftsverkehr mit der Girobank der deutſchen
Genoſſen=
ſchaften und anderen Vereinen. In demſelben Maaße, in welchem hierdurch
dem Verein ſelbſt in bedrängten Zeiten größere Kapitalien von Mitgliedern
und Nichtmitgliedern zur Verfügung ſtehen und zufließen werden, wird er
auch den geſchäftlichen Bedürſuiſſen aller ſeiner Mitglieder in
durchgreifen=
derer Weiſe entſprechen können, als dies bei dem ſeitherigen beſchränkten
Geſchäftsbetrieb geſchah. Er wird in derſelben Ausdehnung zur wahren
Volksbank werden, wie die auf denſelben Grundſätzen beruhenden Vereine
in Mainz. Worms, Offenbach und in zahlreichen anderen Städten
Deutſch=
lands. Mögen alſo nicht nur die ſeitherigen Mitglieder tren zur alten
Fahne halten, ſondern auch alle diejenigen, welche an der Hebung des
Credits durch Organiſation der wirthſchaftlichen Selbſthülſe ein Jutereſſe
haben und eines für alle Zeit= und Geſchäftsverhältniſſe geſicherten großen
oder kleinen Credits bedürfen, dieſer Fahue zuſtrömen!
Gerade in der gegenwärtigen Zeit glauble ich ſowohl im Intereſſe eines
großen Theils des Publicums, als auch zu Ehren des hieſigen Vereins,
deſſen Vorſtand ich angehöre, zu dieſer öffentlichen wundgebung veranlaßt
zu ſein.
Darmſtadt im Auguſt 1870.
A. Ohly, Hofger=Advocat.
Druck der L. C. Wittich'ſchen Hofbuchdruckerei in Darmſtadt.