55 12.
Dienſtag den 22. März
1870
Das Frag= und Anzeigeblatt, die Beilage hierzu, ſowie das Verordnungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen woͤchentlich; Erſteres Samſtag die Beilage
Dienſtags und Letzteres Donnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtämtern abonniren. Iu Darmſtadt bei
der Expedition.-Aheinſtraße Nr. 33 neu.
B e k a n n t m a ch u n g.
Die Stelle eines ſtädtiſchen Ausſchellers iſt zu beſetzen. Aumeldungen um ſolche haben
bis längſtens Mittwoch den 30. d. Mts. bei uns ſtattzufinden.
Darmſtadt, den 18. März 1870.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
1830)
Fuchs.
1831) Von Dienſtag den 22. d. Mts. au liegt ein Hebregiſter über nachträgliche
Einkomnen=
ſteuar für das Jahr 1870 drei Tage lange auf unſerem Büreau öfen.
Darmſtadt, den 20. März 1870.
Großherzogliche
Bürgermeiſterei
Fuchs:
Darm ſtadt.
2
Verſteigerungen.
Verſteigerung von Fußmehl und
un=
verwendbarem Brod, von Heublumen
und Strohabfällen.
Montag den 28. d. Mts., Vormittags 11 Uhr,
ſollen auf dem Büreau des Proviant=Amts obige
Naturalien, welche ſich im Laufe des 2. Quartals
1870 ergeben, nach den vorher bekannt gemacht
werdenden Bedingungen meiſtbictend öffentlich
verſteigert werden.
Darmſtadt, den 17. März 1870.
Großherzogliches Proviant=Amt.
Grönrich.
Becker,
Major.
1695)
109.
Holz=Verſteigerung
in den Domanial=Waldungen der Oberförſterei
Nieder=Ramſtadt.
Im Diſtrict Hinterforſt bei Nieder=Ramſtadt.
werden Montag den 28. März l. J. verſteigert:
Scheidhlz. Prügelhlz. Stockhlz. Reishlz.
Holzart.
Buchen
Virten
Kiefern
3tecken.
36½
13
58½
Stecken,
20
5
7
Zuſammenkunft Vormittags 9 Uhr
Hüttenſchneiße am Lindenberg.
Nieder=Namſtadt, am 17. Mär,
Stecken.
26
3
26½
Wellen,
1500
3.0
2325
auf der
1870.
Großherzogliche Oberförſterei Nieder=Namſtadt.
Löwer.
1832) Donnerſtag den 24. März, von
Mor=
gens 10 Uhr an, ſoll in dem Egelsbacher
Ge=
meindewald, Diſtrict Hegwald, verſteigt werden:
20 Stecken buchen Scheitholz I. Cl.,
Prügelholz,
9½ „
eichen Scheitholz I. Cl.,
155 „
Priigethol;,
72 „
„
Stockholz,
91 „
1750) Stück
„ Wellen.
Zuſammenkunft iſt am Luxhohl.
Gegen vorſchriſtsmäßige Bürgſchaft wird
Zahlungs=
friſt bis Ende September l. J. geſtattet.
Egelsbach, am 18. März 1870.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Ggelsbach.
Feurer.
1698) Vergebung von Bauarbeiten.
„Maurer=, Zimmer=, Dachdecker= und
Weiß=
binderarbeit ſowie Einrichtung von Gasbeleuchtung:
zur Erbauung einer Kegelbahn in dem Garten
der Geſellſchaft Eintracht ſoll in Summiſſion
vergeben werden. Die Angebote ſind bei dem
Hausverwalter der Geſellſchaft bis längſtens
Freitag, den 27. d. M., Abends 6 Uhr
einzu=
reichen, woſelbſt auch Voranſchlag und Bedingungen
einzuſehen ſind.
Verſteigerung von altem Bettſtroh.
.. Mittwoch den 23. d. Mts. Nachmittags
3 Uhr wird in der Pioniercaſerne dahier.
das alte Bettſtroh in mehreren Parthien gegen
gleich baare Zahlung öfentlich verſteigert.
Darmſtadt, den 21. März 1870.
Großherzogliche Garniſon=Verwaltung.
J. V.:
Schmidt.
1833) Korwan.
Waldrodland=Verpachtung.
Mittwoch den 23. d. Mts. Vormittags 10 Uhr
werden 2 Morgen 80 Klafter Waldrodland in
vier Looſen im Walde des Großh. Landeshospitals,
Oberförſterei und Gemarkung Beſſungen, Diſtrict
Eichbaumeck, an Ort und Stelle auf zwei Jahre
verpachtet werden.
Hofheim, den 19. März 1870.
Großherzogliches Hospital=Rentamt.
Dittmar.
1834)
Feilgebotenes.
1705) Bekanntmachung.
Die bei der Telegraphen=Direction jährlich
außer Gebrauch tretenden Papierſtreifen von den
Telegraphen=Apparaten und Druckformulare von
circa 100 Zentner im Gewicht ſollen an einen
geeigneten Unternehmer unter der Bedingung
ſofor=
tiger Vernichtung verkauft werden.
Die näheren Verkaufsbedingungen ſind während
der Dienſtſtunden in der Regiſtratur der
Tele=
graphen=Direction einzuſehen oder auf portofreie
Anfrage von hier aus zu beziehen.
Frankfurt a. M., den 16. März 1870.
Die Selegraphen=Direction.
1155) Eine zwei Pferde ſtarke, ſehr ſolide
Dampfmaſchine ohne Keſſel für 120 fl. zu
verkaufen. Frankfurterſtraße 32.
1560) Ein guter Hofhund (ſogen.
Ratten=
pinſcher) und eine Hundehütte zu verkaufen.
Teichhausſtraße 12.
1652) Es iſt eine gute doppeltdrähtige
Vogels=
hecke nebſt Käſig zu verkaufen bei
R. Röder, Rheinſtraße Nr. 49, Hinterbau.
1734) Eine Partie buchene Metzgerhack=
Hlötze bei Carl Rückert, Zimmermeiſter.
1835) Eine gut gehaltene Nähmaſchine
iſt billig zu verkaufen bei
Adam Müller Wtwe. zu Arheilgen.
180) Brief=Couverts
mit äußerſt elegant aufgedruckten farbigen
Firmenſtempeln (Erſatz der Siegeloblate)
empfiehlt zu ſehr billigen en gros=Preiſen die
Koch'ſche Briefconvertfabrik in Augsburg.
Sx. Solide Agenten werden geſücht.
1837) In Wiesbaden iſt ein ſehr ſchönes
neues Landhaus in beſter Lage und unter ſehr
günſtigen Bedingungen ſofort an Fremde zu
ver=
miethen oder ſehr billig zu verkaufen.
Näheres erfährt man auf briefliche Anfragen
unter der Adreſſe F. B. Nr. 36 poste restante
Wiesbaden.
1715) Ich empfehle für bevorſtehende Saiſon eine große Parthie Sommer=
Bugkin im Preis von 1 fl. 45 kr. bis 2 fl. per Elle in guter moderner Waare und
liefere ganze Anzüge nach Maaß anzeſertigt von 18-20 fl., Hoſen 5—6 fl.
Mein Lager in den feinſten deutſchen, franzöſiſchen und engliſchen Stoffen, ebenſo
meine reiche Auswahl eleganter und billiger
bringe
Herre.
hiermit in gefällige
4
½)
Erinnerung.
HachQnhursOk, obere Rheinſtraße.
1838) Zichten= und Lerchen=
Gerüſt=
ſtangen, ſowic alle SortenGartenhölzer, auch ſchöne
Erbſenreiſer ſind in großer Auswahl zu haben bei
Heinrich Dehu,
auf Achens=Mühle bei Darmſtadt.
1839) Eine noch gut erhaltene Wiege billig
zu verkaufen. Rheinſtraße Nr. 47 Vorderhaus
im 4. Stock.
1840) Ein noch neues Handwägelchen
iſt zu verkaufen. Gardiſtenſtraße Nr. 16.
12
46
M12.
1314)
Hapeten-Reste
für Zimmer von 6 bis 16 Stücken eingetheilt, empfiehlt in großem Vorrath zum
Fabrikations=
preiſe die Tapetenfabrik von
C. Hochſtätter 8 Jöhne.
8
3
Vermiethungen.
ſEin großes unmöblirtes Zimmer.
C) Ernſt=Ludwigſtraße. J. Enders.
759) Carlsſtraße 34. parterre, 1 auchſ2 möblirte
Zimmer für einen Herrn, am 1. März zu beziehen.
1088) In meinem Hauſe, Ernſt=Ludwigſtraße
Nr. 5, iſt die bel Etage, beſtehend in 5
Zim=
mern, Küche, Magdſtube, Keller und Mitgebrauch
der Waſchküche, am 1. Mai anderweitig zu vermiethen
Desgleichen ſind die beiden Läden Anfang März
zu beziehen.
Ferner das Arbeits=Lokal, beſtehend in 5
Zim=
mern, Anfang Mai zu beziehen.
W. Korn, Rentner.
1177) Zwei hübſche möblirte Zimmer
in der unteren Rheinſtraße ſind per 1. April
an einen ruhigen einzelnen Herrn zu vermiethen.
Näheres Nr. 49 untere Rheinſtraße parterre.
1278) Ernſt=Ludwigſtraße Nr. 9 iſt
der 4. Stock zu vermiethen.
1279) Alexanderſtraße Nr. 15 ein großes
möblirtes Zimmer im Vorderhaus.
1343) Annaſtraße Nr. 20 eine Wohnung von
5, 6 bis 7 Zimmern zu vermiethen, nebſt dem
Vorgarten bei dem Hauſe.
1364) Ludwigsſtraße iſt ein Laden mit Logis
zu vermiethen.— Näheres durch das Logis=
Nach=
weiſungs=Comptoir von B. L. Trier.
1567) Bleichſtraße Nr. 5 iſt im mittleren Stock
ein Logis, beſtehend aus 3 Zimmern, Küche, Keller,
Magdkammer, Mitgebrauch der Waſchküche und
des Bleichplatzes, bis Ende Mai zu beziehen.
Georg Kuhn, Bäckermeiſter.
1655) Beſſungen.) Ein ſehr freundliches
möblirtes Zimmer, dem Chauſſeehaus gegenüber,
Nr. 35. am 1. April beziehbar.
1656) Eliſabethenſtraße Nro. 28 der zweiten
Etage iſt ein freundliches möblirtes Zimmer zu
vermiethen und den 1. April d. J. zu beziehen.
1657) Schlafſtelle zu vermiethen.
Holzſtraße Nro. 7.
1673) Ein Zimmer mit Cabinet zu vermiethen
und gleich zu beziehen. Eck der Grafen= und
Wieſenſtraße Nr. 2.
1674) GBeſſungen) Weinbergſtraße Nr. 26
iſt ein Zimmer zu vermiethen.
1753) In dem Hauſe Schloßgartenſtraße Nr. 41
iſt die Parterre=Wohnung, 4 Zimmer, Küche mit
Glasabſchluß, gewölbtem Keller, Bodenkammer,
Mitgebrauch der Waſchküche und des Bleichplatzes
zu vermiethen und Anfangs April zu beziehen.
Näheres bei der Expedition dieſes Blatts.
1779) Für 2 Herren, oder einjährige Militär,
möblirte Zimmer, auf Verlangen Morgens Kaffee
und Mittagstiſch, Ende März zu beziehen.
Holzhofſtraße Nr. 17.
1841) Ein fein möblirtes Zimmer für 1 oder
2 Herren, in der Nähe des Gymnaſiums, mit
Benutzung von Clavier und Vibliothek, iſt ſogleich
zu vermiethen. Näheres bei der Expedition.
1842) Georgſtraße Nro. 9 die Manſarde:
3 geräumige ſchöne Zimmer, Küche,
Küchen=
kammer ꝛc., an eine ruhige Familie, beziehbar
1. Juui. Näheres Waldſtraße Nr. 6.
1843) Ein möblirtes Zimmerchen zu
vermie=
then, am liebſten an einen Schüler, der die hieſigen
Lehranſtalten beſucht. Rheinſtraße 5 zu erfragen
im Schuhladen.
Vermiſchte Nachrichten.
1459) Für alle Militär=Examina vollſtändige
Vorbereitung unter Mitwirkung von Profeſſoren
für Deutſch und Mathematik.
Herber, Steinſtr. 3.
1787) Correspondance commerciale.
Dr. Herber, Steinstr.
3.
974) Eine Wohnung von 228 him
mern mit Garten wird zu miethen
ge-
sucht. Schriftliche Offerten unter E. W.
nimmt die Expedition d. Bl. entgegen.
1402) Einen Lehrling ſucht
Guſtav Heß, Zimmermeiſter,
Ecke der Gardiſten= u. Schwanenſtr.
12.
Wohnungs=Geſuch.
1424)
Für zwei Damen ein freundliches Logis von
2 Zimmern und 1 Cabinet nebſt Zubehör in
angenehmer Lage der Stadt. Auskunft:
Wieſen=
ſtraße Nr. 9.
1415)
Geſucht.
Ein in aller Hausarbeit erfahrenes fleißiges
und reinliches Mädchen mit guten Zeugniſſen findet
ſofort oder auf Oſtern gegen guten Lohn Stelle,
Promenadenſtraße 25 ebener Erde.
1464) Eine junge Dame, welche Unterzeichneter
ſehr empfehlen kann, wünſcht gegen billiges Honorar
noch einige Schülerinnen im Klavier=Unterricht
anzunehmen. Näheres bei L. Steingrübner,
Waldſtraße Nr. 4.
1491) 3 bis 4 brave Arbeiter können ſogleich
Beſchäftigung erhalten. B. v. d. Kors,
im Heſſiſchen Haus, gegenüber der Kanzlei.
1623) Ein braves Mädchen, das tüchtig in
der Küche und in der Hausarbeit iſt, wird gegen
guten Lohn auf Oſtern in Dienſt geſucht
Hein=
richſtraße Nr. 28.
1685) Ein Mädchen, das alle weiblichen
Hand=
arbeiten verſteht und kochen kann, ſucht eine Stelle
zur Stütze der Hausfrau oder zur Führung eines
ſelbſtſtändigen Haushalts.
Nähere Auskunft bei Frau Zimmermann,
Verdingerin, Kiesſtraße Nr. 28.
Sür das Comptoir eines Fabrikgeſchäftes
3 2) wird ein mit ſchriftlichen Arbeiten
ver=
trauter, gewandter junger Mann mit ſchöner
Handſchrift geſucht. Kaufmänniſche Kenntniſſe ſind
nicht erforderlich. Schriftliche Offerten werden
unter Nr. 1681 durch die Exp. d. Bl. befördert.
1798)
Empfehlung.
Den geehrten Damen zeige ich hiermit an, daß ich ſofort alle ins Putzgeſchäft einſchlagende
Artikel in und außer dem Hauſe beſorgen werde und hoſſe durch geſchmackvolle Arbeit allen
An=
forderungen entſprechen zu können.
Schulſtraße Nr. 11-
Eliſe Reichard, Modiſin.
1. Stock.
1800)
Turn=Gemeinde.
Abend=Unterhaltung Samſtag den 26. März 1870 Abends 8 Uhr.
Eintrittspreis: für Turner 12 kr., für Damen 6 kr.
Fremde können durch Mitglieder eingeführt werden.
Der Ertrag iſt für den Fonds der Turngemeinde für gemeinnützige Zwecke beſtimmt.
6
Geſangverein „2lederzweig.
Abend=Unterhaltung
im Ritſert'ſchen Saale Samſtag den 26. d. Mts. Anfang halb 9 Uhr.
W. Freunde des Liederzweigs werden hierzu höflichſt eingeladen. Eintrittskarten ſind durch
Mitglieder zu beziehen.
geſucht (große Ochſengaſſe 7).
1811) In Nr. 28 der Heinrichſtraße wird
ein im Nähen und Flicken geübtes Mädchen gegen
guten Lohn in Dienſt geſucht. ſFin größeres Arbeits=Lokal, auch
L als Magazin paſſend, zu vermiethen.
Näheres bei Georg Hof, Eliſabethenſtraße. 1846) Einige tüchtige Möbelſchreiner finden dauernde
Beſchäftigung bei Ph. Seipp, Schreinermeiſter,
Heinheimerſtraße 27. 1816) Ich ſuche eine Wohnung von 5 bis 6
Zimmern, parterre oder erſter Stock, jedoch nicht
zu weit vom Mittelpunkt der Stadt entfernt.
Profeſſor Baur. 1847) Ein zuverläſiger Mann, welcher von
hier gebürtig und lokalkundig iſt, wünſcht für
8 fl. per Monat auf einem Büreau oder Ge=
ſchäfts=Comptoir eine Dienerſtelle zu erhalten.
Auskunft ertheilt die Expedition d. Bl.
1848) Gegen guten Lohn wird ein braves
Mädchen, das die Hausarbeit verſteht, auf Oſtern
in Dienſt geſucht. Näheres Martinſtr. 25, 2r Stock
(Eine kinderloſe ruhige Beamtenfamilie
2 C ſucht bis 1. Juli d. J. 3 bis 4 ge=
räumige Zimmer nebſt Zubehör im Preiſe von
200 bis 250 fl. Offerten erbeten: Markt 1
oder Telegraphen=Büreau. 1817)
Geſucht!
Ein Logis, beſtehend aus 8 bis 9 Zimmern
in ein oder zwei Etagen mit ſchöner Lage.
Näheres Bleichſtraße Nr. 40. (Fin Mädchen im Kleidermachen und
8 C Bügeln geübt, wünſcht einige Tage
in der Woche beſetzt zu haben.
Näheres Kranichſteinerſtraße 20. [ ← ][ ][ → ]
A12
Lokal=Gewerbverein.
Verſammlung der Mitglieder, zu welchen alle in Darmſtadt und Beſſungen wohnende
Mitglieder des Landesgewerbvereins zählen, Donnerſtag den 24. März, Abends 8 Uhr,
im oberen Saal der Winter'ſchen Brauerei.
Tagesordnung: Beantwortung folgender durch den Fragelaſten eingelaufenen Fragen.
(Referent Herr Commerzienrath Fink.)
1) Ein großer Theil unſerer hieſigen Handwerker klagt über Mangel an Arbeit und Verdienſt.
Sollte die Urſache nicht in der Thatſache zu finden ſein, daß die Mehrzahl hieſiger Meiſter
Be=
ſtellungen annimmt, ohne gewiß zu ſein, zur bedungenen Zeit die Arbeit fertig zu haben, ja häufig
Verſprechnugen macht, eine Arbeit an einem beſtimmten Termin zu liejern, trotz der eigenen
Ueber=
zeugung, ſolches nicht zu können.
2) In welchem Verhältniß muß Gyps und Lehm gemiſcht und verarbeitet werden, um bei
Ausgleichungen von Gefachen für Fruchtböden einen dauerhaften Eſtrich abzugeben.
3) Wie ſteht es dermalen in unſerer Stadt mit der mikroscopiſchen Unterſuchung der
Schlacht=
ſchweine auf Trichinen. Neue Vorgänge, auch in unſerer Gegend, haben die Aufmerkſamkeit von
Neuem auf dieſen Gegenſtand hingelenkt. Iſt die Unterſuchung durch hieſige Aerzte aufgegeben ?
Wäre es nicht zweckmäſig, daß Seitens der Commune den mit Unterſuchung beauftragten Perſonen
Prämien für jedes als Trichinss befundene Schlachtſchwein bewilligt würde.
Man bittet die Mitglieder, möglichſt pünktlich zu erſcheinen, damit die Sizungen rechtzeitig
eröffnet und rechtzeitig geſchloſſen werden können.
Das Lolal iſt von 7½ Uhr an geöffnet und die neueſten Rummern der techniſchen Journale,
ſo=
wie Muſterzeichnungen ꝛc. ſind aufgelegt. Der Fragekaſten iſt am Eingang des Lokals aufgeſtellt und
können dort Fragen, vor und während der Sitzung, eingelegt werden.
Forkbildungsunterricht für confirmirte Mädchen.
Auf mehrfache Anfragen diene zur Nachricht, daß zwar erſt mit dem Juli d. J. ein neuer
Curſus in meinem Privat=Unterrichte (Sthliſtik, Literatur, Kunſtgeſchichte u. ſ. w.) beginnt, aber auch
ſchon ſogleich nach Oſtern Schülerinnen aufgenommen werden können.
Hermann Dingeldey,
1850)
Stadt=Diakonus und Lehrer an der höheren Mädchenſchule.
Haupt-
Annahme
ſämmtlicher
ImSOrate
für
„Cliegende Blättera
„Kladderadatsche
„igaroé.
„Die Wochet
Wudolſ Mosse in HMünchen.
per Zeile 18 kr.
5 Sgr. — 30 Nkr.
per Zeile 27 kr.
7½ Sgr. — 45 Ntr.
per Zeile 6 kr.
1½ Sgr. — 7 Nkr.
per Zeile 9 kr.
2½ Sgr. - 15 Nkr.
Officieller Agent ſämmtlicher Zeitungen.
Zeitungs=Annoncen=Expedition
Berlin. Wien. Hamburg. Nürnberg.
47
1851)
Dankjagung.
Allen Freunden und Bekannten, insbejondee
den hohen Herren Vorgeſetzten, Collegen und den
betreffenden Mitgliedern der Großh. Regiments=
Muſik, welche unſerem unvergeßlichen Gatten und
Vater, dem Großh. Hoflakai Chriſtiau
Werner, die letzte Ehre erwieſen und ihn zu ſeiner
Ruheſtätte geleiteten, ſagen wir unſeren
herzlich=
ſten Dank.
Die trauernden Hinterbliebenen:
Margaretha Werner, Gattin.
Georg Werner, Sohn.
1852) Eine länglich geformte Broſche mit
einem Granatſtein wurde den 18. d. Mts.
ver=
loren. Der redliche Finder wird gebeten, dieſelbe
gegen eine gute Belohnung Caſernenſtraße Nr. 64
im Seitenbau abzugeben.
1853) In vergangener Woche wurden mir aus
meinem Garten 4 hochſtämmige, 4 jährige ſtarke
Roſenſtöcke (Remontant) entwendet. Indem ich auf
gerichtliche Verfolgung wie auf die Roſenſtöcke
ſelbſt verzichte, möchte ich mich jedoch bemühen
den Thäter ſelbſt kennen zu lernen, und
er=
ſuche ich die hieſigen verehrten Roſenliebhaber, zur
Ermittelung deſſelben mir behülflich zu ſein. Der
Thäter ſelbſt hatte bei der Entwendung ſtarkdurchaus
Louis App.
genagelte Stiefel an.
Goßherzogliches Hoftheater.
Dienſtag, 22. März. Abonnement
sus-
pendu. Benefiz für Fräulein Mahlknecht
Fidelio. Oper in 2 Akten; Muſik von
Beet=
hoven Im Zwiſchenakt wird die Leonoren=
Ouverture ausgeführt.
Donnerſtag, 24. März. 2 Vorſt. im 8. Ab.:
Steffen Langer aus Glogau. Luſtſpiel in
4 Akten und einem Vorſpiel von Ch. Birch=Pfeiffer.
„ Klärchen Buren' Frln. Greger, vom
Frank=
furter Thalia=Theater, als Gaſt.
Freitag, 25. März. Abonnement suspendu.
Martha, oder: Der Markt zu Richmond.
Oper in 4 Atten mit Tänzen. Muſik von Flotow.
„Lyonel; Hr. Nachbaur, als Gaſt.
Der Siebeneck.
Fortſetzung.)
„Dann kann mir Erneſtine Geſellſchaft leiſten:, ſagte Raimund. „Wir
haben Zeit genug, um bei Hardeck vorzufahren, und während ich den
Säumigen an ſein Verſprechen erinnern will, mag Erneſtine ſich auf eine
Strafpredigt vorbereiten, die Hardeck von ihren Lippen gewiß lieber anhört,
als wenn ich ſie vortrage.
Erneſtine ſagte zu, wenn ſie auch vorläufig noch nicht über die ihr
vom Bruder zugedachte Predigerrolle nachdachte. Ehe indeß noch der Wagen
vorfuhr, kam der Poſtbote und überbrachte Raimund einen Brief. Er war
von Ottokar. Raimund las das Schreiben erſt ſtill für ſich und fragte
danu Gattin und Schweſter, ob auch ſie es hören wollten?
„Vittet er um Verzeihung ?u gegenfragte Erneſtine ?
„Ich weiß nicht, aber ich glaube!, erwiederte der Bruder. „Dieſer
Mann iſt nicht mit der Alltagselle zu meſſen, man muß bei ihm einen
andern Maßſtab anlegen. Wie ſeltſam aber auch ſeine Worte klingen, ſo
kann man doch zwiſchen denſelben eine Bitte um Verzeihung herausleſen
„Zwiſchen den Worten nurzu warf Erneſtine ein. „3ch zweifle, daß
ich damit zufrieden ſein werde. Aber laß doch hören, was für Gedanken
dem Herrn Architekten mit der philoſophirenden Hamletsmiene durch ſeinen
verdrehten Kopf gehen."
Raimund las:
„Es würde mich unendlich ſchmerzen, wenn Sie und die von mir ſo
ſehr verehrten Frauen mich für einen Undankbaren hielten. Mein geſtriges
Benehmen muß Ihnen wie das eines Wahnſimigen erſchienen ſein. Und
doch bin ich nicht wahnſinnig, ich bin eher zu gut bei Verſtande! Aber
ich lebe unter dem Einfluſſe einer qualvollen Beſtimmung, der ich nirgends
eutfliehen kann, wohin ich mich auch wende. Sie hat mich ſchon von Stadt
zu Stadt, von Land zu Land getrieben, ohne je von mir zu weichen. Wi
mein eigener Schatten läuft ſie vor mir her, ſchreitet mir zur Seite oder
ſchleicht mir auf geſpenſtiſchem Fuße nach. — Als ich in Ihr ländliches
Aſyl trat, wehte mir ein ſo milder, beglückender Friedenshauch entgegen,
daß ich mich beinahe glücklich zu fühlen begann. Sie begrüßten mich mit
der Offenherzigkeit eines alten Bekannten, in Ihrer Frau Gemahlin ſah
ich den Genius, der ſeine Fittiche ſchirmend über Ihr reizendes Beſitzthum
ausgebreitet hält, und Ihr Fräulein Schweſter hatte für mich die
An=
ziehungskraft einer geheimnißvollen Fee, in deren Reich man ſich für immer
anſiedeln möchte. Aber mein Verhängniß duldet kein Glück. Dieſem
Ver=
hängniß allein wollen Sie zürnen, wenn Sie meine unerklärliche Flucht
be=
leidigend finden müſſen. Ich verſpreche, Ihre Verzeihung verdienen zu
wollen, mich ihrer würdig zu machen. Seien Sie mein Fürſprecher bei
den Frauen und geſtatten Sie mir, ſobald ich wieder Herr über mich ſelbſt
geworden bin, auch ferner den Zutritt in Ihre Familie”
Dieſer Brief, der nur geeignet war, die Neugierde zu reizen, euthielt
die einfache Namensunterſchrift ſeines Verfaſſers.
„Wer hat nun wohl Recht ?- ſprach Raimund, das ſonderbare
Schrei=
ben zu ſich ſteckend „3ſt Ottokar hoffnungslos verliebt, hat Liebe ihn
getäuſcht, oder krankt ſein Geiſt an einer unglücklichen Einbildung Zu
„Wir müſſen das ergründens, ſagte Erneſtine, in deren Herzen bereits
aller Groll gegen Ottokar erloſchen war, wenn ihr verletztes Gefühl
über=
haupt dieſen Namen verdiente. „Jedenfalls iſt der bedauernswerthe Mann
krank, herzens= oder geiſteskrank, vielleicht beides zugleich. Von dieſer
Krankheit ihn zu heilen, die ihm ſeine Jugend verbittert und ihn vor der
Zeit aufreiben muß, iſt Nächſtenpflicht. Stimmſt Du mir bei, lieber
Bruder, ſo reden wir jetzt Hardeck ernſt in's Gewiſſen, damit er mit ſeiner
Geſchichte nicht länger zurückhält.”
„Das ſoll geſchehen;, ſprach Raimund. half der Schweſter in den
Wagen, ſprang behend nach und ließ die Pferde raſch austraben.
48
R12
3.
Hinter halb geſchloſſenen Jalouſien ſchritt Ottokar in grüner Dämmerung
auf und ab in ſeinem geräumigen kühlen Zimmer. Sein Ausſehen war
leidend, ſein Blick verrieth im Innern tobende Leidenſchaft. Außer einigen
Riſſen, die halb aufgerollt auf einem großen Tiſche lagen, deutete nichts
die Beſchäftigung dieſes Mannes an, der ſich hier angeſiedelt hatte.
Ottokar ſprach fortwährend mit ſich ſelbſt, bald ganz leiſe, bald
halb=
laut. Sobald er aber ſeine eigenen Worte hörte, ermäßigte er ſogleich den
Ton der Stimme, als fürchte er ſich vor ihr. Er hatte die ganze Nacht
nicht geſchlafen. Das Bett ſtand noch unberührt, und auch das Frühſtück
hatte für den Aufgeregten keinen Reiz.
„8ſt es möglich= rief er jetzt heftiger, „daß es ſolche ganz unerklärte
Naturgeheimniſſe geben kann? Dann hätten ja die Pietiſten, die
Ortho=
doxen und ihre Anhänger Recht und alle Vernunft müßte vor ihnen die
Segel ſtreichen! — Woran anders leide ich denn, als an der Erbſünde ?
Kann ich dafür, daß ich — o ich darf's ja nicht denken, ohne ſofort ein
krampfhaftes Zucken meines Herzens zu fühlen! Der Angſtſchweiß bricht
ans allen Poren hervor, wenn ich den kalten, ganz bedeutungsloſen,
gleich=
gültigen Laut nur von Andern höre; — Und wie oft ich mir auch geſagt
habe und immer von Neuem ſage, es ſei Thorheit, ſich von einem Nichts,
von einem bloßen Schall beherrichen zu laſſen, dennoch bin und bleibe ich
dieſes Schalles gefeſſelter Sclave; — Kann dies etwas Anderes ſein, als
Erbſünde ? Hab ich's nicht von Jugend auf mit mir herumgeſchleppt? Iſt
die Furcht vor dieſem Nichts mir nicht eingeimpft worden von der Mutter
ſchon vor meiner Geburt?”
Ottokar nahm einen der Riſſe auf, entrollte ihn vollends und trat
da=
mit aü das Fenſter. Er enthielt in ſehr ſauberer Federzeichnung den
Grundriß zu einem Palaſte in römiſchem Styl. Ein Kenner der Architektur
würde dem Schöpfer dieſes Riſſes ſeine Anerkennung nicht verſagt haben.
Ottokar aber, welcher dies Verdienſt hatte, empfand nicht Freude beim
Au=
blick ſeiner ſo gelungenen Arbeit, ſondern Abſcheu und Angſt, Schon nach
kurzer Betrachtung rollte er ihn wieder zuſammen und warf ihn mißmuthig
zu den übrigen Papieren auf den Tiſch.
„Es geht nicht=, ſprach er reſignirt. „Och muß dieſer Beſchäftigung
entſagen oder - ich werde im Augenblick einer ungeſtümen Aufregung zum
Mörder an mir ſelbſt!
Mit verſchränkten Armen den Kopf gegen die Bruſt geneigt, begann
der Architekt abermals ſeine Wanderung durchs Zimmer.
Wenn die Familie Raimund mir Verzeihung angedeihen läßt= fuhr
Ottokar in ſeinem Selbſtgeſpräche fort, „dann hoffe ich wenigſtens die
Freuden dieſes Lebens die mir bis jetzt verſagt blieben, noch zu koſten
Ich raffe den Reſt meines Vermögens zuſammen, kaufe mich auf dem Lande
an, pflanze meinen Kohl und — er ſtockte und blieb ſiehen - nun jal,
ſchloß er lachend den lauten Gang ſeiner Gedanken, „und nehme zuletzt
wie die meiſten andern Erdenſöhne, ein Weib, um in das Alltagsgeleiſe
einzubiegen, in dem doch für uns unvollkommene Weltbewohner allein Segen
und Zufriedenheit zu finden iſt. Meine ganze Vergangenheit muß aber
vorher eingeſargt und begraben werden, und Niemand darf erfahren, was
aus mir geworden iſt. Ein verweſtes geiſtiges Leben kann doch unmöglich
ſpäter wieder auferſtehen und als ruheloſer Geiſt ſpuken.”
Ein Klopfen machte Ottokar's lautem Denken ein Ende. Die Thüre
ging auf und Hardeck trat ein.
„Ich komme gegen meine Gewohnheit etwas frühr, redete der Maler
den Architekten au. „Du biſt richtig ausgekundſchaftet oder man iſt Dir
bereits auf der Spur. Laß Dich das aber nicht anfechten; ich will Deine
Verfolger ſchon irre führen. Nur unterrichten mußte ich Dich Soll ich
Dir rathen, ſo möchte ich einen Logis=, noch lieber aber einen Ortswechſel
in Vorſchlag bringen. Auch bleibe conſequent der einfache Ottokar ”
„Haſt Du Briefe erhalten Zu fragte der Architekt.
„3ch? Wo deukſt Du hin! Wer einen Entflohenen ſucht, der ſich
unter ſo ganz außerordentlichen Umſtänden wie Du aus dem Staube machte,
der wendet ſich nicht an deſſen intimſte Freunde, ſondern an die Polizei.
Ottokar's Geſicht ward purpurroth.
„3ch will nicht fürchten, daß man mich für einen Verbrecher hält!„
rief er aus. „Das ertrüg' ich nicht."
„Gewiß thut das Niemand=, ſagte Hardeck beruhigend, Du weißt
—
aber
„Ach ja, ich weiß lu ſeufzte Ottokar.
„Und wenn Du ruhig über alles Geſchehene nachdenkſt, ſo wirſt Du
ſelbſt eingeſtehen müſſen, daß Deine Familie kaum anders handeln konnte.
„Meine Familieju rief Ottokar heftig aus. „Immer und immer
wieder iſt von meiner Familie die Rede, von der ich nichts wiſſen mag,
weil ich in ihr ganz allein den Quell meines unſagbaren Uuglücks zu ſuchen
habe! Von ihr will ich nichts wiſſen, nichts mehr hören! Seit Sie mich
unter Curatel geſtellt hat, wozu doch gar kein vernünftiger Grund
vor=
handen war, haſſe ich alle meine Anverwandte”
„Was ich keineswegs billigen kann” fiel Hardeck ein. „Dieſer Haß,
Redaction und Verlag: L. C.
der Dich unvorſichtig macht, verſchlimmert nur Deine Lage, während
ver=
trauensvolles Entgegenkommen, ruhiges Ausharren, ein Erwiedern der Liebe,
welche man Dir auch da doch zeigte, wo Du ſie nicht mehr finden wollteſt,
Deinem Schickſal eine ganz andere Wendung gegeben haben würde.
„Ich glaube wirklich, Du biſt ſchon zu meinen Feinden übergegangen”
„Weil ich Dich warne ?”
„Rein, weil Du dummes Zeug ſchwatzeſt."
„Ich will nur Dein Beſtes!”
„Das ſagen alle meine Gegner.”
„Nicht alle in der Weiſe, wie ich."
„Freilich nicht=, lachte Otokar bitter. „Meine Familie ſperrt mich
lieber ein."
In kein Gefängniß.
„Ein altes Schloß mit Ringmauern, Gräben und Zugbrücken iſt wenig
beſſer als ein Gefängniß.
„Ich wollte, ich wäre an Deiner Stelle geweſen:, ſagte Hardeck. „Das
Schloß liegt in wundervoller Gegend, iſt comfortable eingerichtet, hat eine
höchſt romantiſche und pikaute Geſchichte und muß deshalb reich ſein an
mannichfachen Anregungen.
„D jaln lachte Otokar abermals. „Wenn man nur bei dieſen
An=
regungen nicht außer ſich gerathen müßte. Ohne ſie, wäre meiner Mutter
wohl das Unglück paſſirt, mit dem ich mich nun ſo jammervoll durch die
Welt ſchleppen muß? Und dahin verbannt man mich in der Abſicht, den
Fluch von mir zu nehmen? Das nenne ich Narrheit oder Bosheit. Ich
glaube, beide zuſammen haben ſich verbündet, um mir den Garaus zu machen,
und eben deshalb hab ich gethan, was Dir allein bekannt iſt.”
Gortſetzung folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeilen.
Mitgetheilt von V.
84. Darmſtadt's Kriegsbedräugniſſe im Laufe der Jahrhunderte.
(Fortſetzung.)
An einem Dienſtag Nachmittag, als das heltisnende Glöcklein des
Gymnaſiums ſchon einmal gelockt hatte, nahm ich meine Bücher unter den
Arm, um, wie man zu ſagen pflegte, zur Klaſſe zu ziehen. Unterwegs
vernahm ich plötzlich den Ruf: Sie ſind da! Ich hab ſie geſehen!
Wen denn? - „Die Koſacken! Zum Jägerthor ſind ſie hereingeſprengt”
Auf dieſe Kunde wurde Scheller's Wörterbuch und Wencks Grammatik
in ein Kellerloch einquartiert und nach dem Jägerthor hingeeilt. Auf dem
Wege dahin begegnete uns einer jener ſo gefürchteten Reiter, der in kurzem
Trab, die Lanze an einem Riemen im Arme hängend, und in der andern
Hand den Kantſchu ſchwingend, ſeinen vorausgehenden, Kameraden
nacheilte. Obgleich der Koſack einen langen Bart trug, ſo hatte
der Anblick durchaus nichts Furchteregendes, und die Folge bewies es,
daß gerade die Koſacken, die kindlichſten Naturen, waren, und
durchaus nichts gemein hatten mit dem Weſen „der Rothmäntel, die uns
unſere Eltern, als wahre Kannibalen geſchildert, hatten. Der
Zuſammenhang jener Erſcheinung iſt folgender. Der Graf Meusdorf,
welcher ſpäter als k. k. öſterreichiſcher General in Mainz die Stelle eines
Kommandanten begleitete, befehlizte in jener Zeit einen Theil eines aus
verſchiedenen Truppenkörpern zuſammengeſetzten Freicorps. Die Spitze
deſſelben beſtand aus einem Pulk Koſacken und einigen Schwadronen Szekler
Huſaren. Nach der Schlacht bei Hanau war dieſe Avantgarde vorgerückt,
um das linke Mainufer zu ſondiren, und auf dem Marſche nach dem Rhein
vor der Reſidenz angelangt. Widerſtand fanden ſie hier keinen. Nur in
einer Weiſe wurden die Feinde, oder beſſer Freunde attatirt: mit Wein=
und Branntweinflaſchen, die von allen Seiten herbeigebracht und mit einem
gemiſchten Gefühle den Reitern dargebracht wurden. Friedlich ritten die
Eskadronen bis zum Louiſenplatz, wo ſie von den Pferden ſtiegen und dieſe
aneinander koppelten. Der Kommandant des Corps begab ſich auf das
Kanzleigebäude, wo die Räthe des Miniſteriums mit ihm kouferirten. Erſt
nach und nach war die Kunde von den neu angekonmenen Gäſten durch die
Stadt gedrungen, und Tauſende von Bewohnern umſtanden unn Rußlands
und Oeſterreichs Krieger. Komiſch war es, wie jo Manche von Furcht
getrieben, die Vorräthe der Speiſekammer und des Kelers hervorſchleppten,
um, wie es ſchien, damit den Ausbruch der Feindſeligkeiten zu verhindern.
Nach Verlauf von etwa zwei Stunden entfernten ſich die ſo gefürchteten
Feinde ebenſo ruhig, als ſie gekommen waren, und ritten zum Rheinthor
hinaus. Da ſiel Manchen eine centnerſchwere Laſt vonn Herzen; denn
an=
ſtatt des Pulverdampſes hatte man nur den Dampf der Friedenspfeiſe
ge=
rochen.-
Cortſetzung folgt.)
Wittich'ſche Hofbuchdruckerel.