Geilage
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
1670
Dienſtag den 1. Februar
5.
Bas Frag= und Anzeige=Blatt, die Beilage hierzu, jowie das Verurdnungs=Blatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Camſtags, die Beilage
Dienſtags und Letzteres Donnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtäuntery abonniren Iu Darmſtakt
bei der Erpedition. Rheindrabe. Nr. 2 ahr.
Verſteigerungen.
663)
Bekanntmachung.
Mittwoch den 2. Februar 1870 Vormittags
10 Uhr ſoll auf dem hieſigen Rathhauſe der
Fuhrlohn bei verſchiedenen Arbeiten öffentlich an
die Wenigſtnehmenden vergeben werden.
Darmſtadt, am 31. Januar 1870.
Das Stadtbauamt Darmſtadt.
Hechler.
565)
Bekanntmachung.
Auf freiwilliges Anſtehen der Metzgermeiſter
Georg Müller Wittwe, läßt dieſelbe
nach=
ſtehende Imobilien und zwar:
Flur. Nro. ⬜Klftr.
IV. 615 128⁄₁₀ Grabgarten am
Liebfrauen=
pfad.
IV. 624 281³⁄₁₀ Grabgarten daſ.,
IV. 685⁄₁₀ 204⁸⁄₁₀ Grabgarten daſ.
Monkag dell r. Feoruar d. J.
Vormittags 10 Uhr
öffentlich an den Meiſtbietenden verſteigern.
Die Objecte ſind zu Bauplätzen eingetheilt und
werden auch als ſolche ausgeboten; der deßfallſige
Meßbrief liegt zu Jedermanns Einſicht bei uns
bereit.
Darmſtadt, den 28. Jan. 1870.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.
Vergebung von Bauarbeiten.
Die bei Erbauung eines Pfarrhauſes zu
Weiter=
ſtadt vorlomnenden Arbeiten ſollen auf dem
Sou=
miſſionswege vergeben werden. Dieſelben ſind
ver=
anſchlagt:
fl. kr.
1) Maurerarbeit (ohne Materialien) zu 634 43
2) Steinhauerarbeit zu
391 03
3) Zimmerarbeit zu
1414 47
4) Dachdeckerarbeit zu
208 20
5) Schreinerarbeit zu
534 46
6) Schloſſerarbeit zu
413 14
7) Glaſerarbeit einſchließlich der
Fenſter=
rahmen zu .
190 30
8) Weißbinderarbeit zu
479 35
9) Spenglerarbeit zu
40 40
10) Pflaſterarbeit zu
24
.
Die Uiebernahmsbedingungen und Voranſchläge
liegen Freitag den 4. Februar l. J., Vormittags
von 9 bis 12 Uhr und Nachmittags von 1 bis 4
Uhr, auf dem Gemeindehaus zu Weiterſtadt zur
Einſicht offen.
Die Auerbietungen der Soumittenten ſind mit
der Aufſchrift„Soumiſſion; verſiegelt und frankirt
ſpäteſtens bis zum 7. Februar l. J., Vormittags
um 10 Uhr, auf unſerem Büreau einzureichen.
Darmſtadt, den 26. Januar 1870.
Großherzogliches Kreisbauamt Darmſtadt.
Köhler.
536)
Verſteigerungs=Anzeige.
Donnerſtag den 3. Februar l. J. von
Vormittags 9 Uhr an werden die zum Nachlaß
der Georg Schneider's Cheleute auf dem ſ. 9.
Mühlchen, zwiſchen Arheilgen und Kranichſtein,
gehörigen Mobilien, als: 2 fette Kühe, 3 Rinder
1¼ Jahr alt, 4 Milchkühe, 2 Pferde, 2 fette
Schweine, 6 Schweine (Springer), 40 Hühner,
25 Paar Tauben, 10 Bienenſtöcke mit Bienen
und Bienenkäſten, 200 Malter Kartoffeln, 20
Malter Korn, circa 19 Ohm Aepfelwein, eine
Parthie Korn=, Haferſtroh und Heu; ferner
Weißzeug, Kleider und Küchengeräthe; ſämmtlich=
Ackergeräthe, als: Wägen, Pflüge, Eggen ꝛc.,
owie das ganze Wirthſchafts=Inventar, als: Tiſche,
Stühle, Bänke und Gläſer ꝛc., öffentlich
meiſt=
bietend gegen gleich baare Zahlung verſteigert.
Forderungen und etwaige Anſprüche an den
Nachlaß der genannten Georg Schneider's Eheleute
ſind binnen 14 Tagen, bei Vermeidung der
Nicht=
berückſichtigung, bei Martin Luther in Arheilgen
anzumelden.
Arheilgen, den 25. Januar 1870.
Für die Erben:
542.
Martin Luther.
664) Hofheim.) Nachbezeichnete
Gegen=
ſtände, als:
1) 300 Pfund Hanf,
2) 300 „ Joßhaare,
3) 1500 „ Seife,
4) 1000
Soda,
5) 60 Stück wollene Betteppiche,
6) 800 Ellen carrirtes Baumwollzeug,
7) 600 „ ordinärer und Tuch=Caſinet,
8) 500 „ Drill,
9) 800 „ grauer Canefas,
10) 200 „ ungebleichtes Futterleinen,
11) 1000 Strohſackleinen,
12) 50 „ gedruckter Haman,
13) 1000 „ Cattun,
14) 4000 „ Leinwand,
ſollen für die hieſige Anſtalt angekauft werden.
Offerten unter Anſchluß von Muſtern ſind binnen
14 Tagen frankirt an den Großh. Hausverwalter
dahier einzuſenden. Die Muſter für pos. 14
iegen bei demſelben zur Einſicht offen
Hofheim, den 25. Januar 1870.
Großherzogliche Direction des Landeshospitals.
Dr. Reißner.
Holzverſteigerungs=Genehmigung.
Die am 19. d. Mts. abgehaltene Brenn= und
Stammholz Verſteigerung iſt genehmigt worden.
Als Tag der Ueberweiſung (erſter Fahrtag) wird
der 3. Februar d. J. beſtimmt. Bezüglich des
am 18. Februar im Walde noch vorhandenen
Holzes wird nach Art. 12 der Verpachtungs=
Bedingungen verfahren werden.
Hofheim, den 28. Januar 1870.
Großherzogliches Hospital=Rentamt.
Dittmar.
665)
Bauplatz=Verſteigerung
Auf ſtadtgerichtliche Verfügung wird Termin
zur Verſteigerung der dem Volpert
Straß=
heim in Beſſungen, in hieſiger Gemarkung
eigen=
thümlich zugeſchriebenen Immobilien:
Flur II. Nr. 6811oo. 94 Iro ⬜ Klftr. Bauplatz
mit Hinterbau, Wilhelmsſtraße,
auf Dienſtag den 15. März l. J.
Vormittags 11 Uhr,
auf hieſigem Rathhaus anberaumt.
Beſſungen, den 28. Januar 1870.
Großherzogliches Ortsgericht Beſſungen.
Der Vorſteher:
666
Demmel.
667) Montag den 7. d. Mts. Vormittags
9 Uhr ſollen in der Beſſunger Kirchſtraße 37
circa 60 — 70 Malter Kartoffeln, eine
Parthie Stroh öfentlich verſieigert werden.
Feilgebotenes.
„
Vordenur!
1865r Kargaux, per Flaſche fl. 1.12 kr.
Bedae
„
fl. - 43 kr.
„
„
1865r Chateau Marganz
„ fl. 1. 45 kr.
1864r
Leoville ,
fl. 1. 30 kr.
"„
Franzöſiſche Champagner von Aoét u.
Chan-
don in Epernay, Roederer in Rheims ete.,
ſowie mein ſehr reiches Lager in ausländiſchen
Weinen & Spirituosen, für deren
Aechtheit garantire und worüber Preis=Courante
abgebe, halte beſtens empfohlen.
Friedrich Hichberg.
Rheinſtraße.
Großherzoglicher Hof=Lieferant.
64) Gute dürre Zwetſchen per Pfd. 8 kr.,
im 1 Centner billiger, empfiehlt
L. Gelfins, Schulzengaſſe 22.
515)
Dachſchieher
zu haben in vorzüglicher Qualität, ſchönſter Farbe
und jeder Größe und Form.
Franco=Anfragen gub N. L. 352 befördert die
Aunoncen=Expedition von Haaſenſtein
K Vogler in Frankfurt a. M.
67) Sehr gutes Sauerkraut empſiehlt
billigſt
L. Gelſius, Schulzengaſſe 22.
581)
Kreppel
jeden Tag friſch bei
J. Schäfer, Schuſtergaſſe.
583) Lattigſalat täglich friſch bei
H. Henkel, Beſſ. Heerdweg 53 und
Ernſt=Ludwigsſtraße 15.
5
. 3.
Reſidenz- ≈ Comptoir-Kalender pra 1000
ſind erſchienen und auf unſerem Comptoir zu beziehen
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
624a
Lokal=Gewerbverein.
Verſammlung der Mitglieder, zu welcher alle in Darmſtadt und Beſſungen wohnenden
Mitglieder des Landesgewerbvereins zählen Donnerſtag den 3. Februar Abends
8 Uhr im oberen Saal der Winter'ſchen Brauerei.
Tagesordnung: Beantwortung der Frage: Die Bank für Handel und Induſtrie kündigt
oder beſchränkt den Credit, welchen ſie der kleineren Induſtrie und dem Kleinhandel gewährte, immer
mehr und benützt ihre Kapitalien faſt ausſchließlich zu größeren Speculationen. Liegt der Bank für
die Vortheile, welche ſic dem Staate verdankt, die Verpflichtung ob, einen gewiſſen Theil der ihren
Kapitalien zur Belebung des inländiſchen Handels zu verwenden? Wenn nicht, wäre es dann nicht
räthlich, auswärtige Geld=Inſtitute darauf aufmerkſam zu macheu, daß eine wirkliche Bank für
Handel und Induſtrie in hieſiger Stadt ein wahres Bedürfuiß iſt; oder welche ſonſtigen Vorſchläge
könnten zur Beſeitigung der angedeuteten Calamität gemacht werden? (Referent Herr Kaufmann
Carl Gaulé.
Das Lokal iſt von 71 Uhr an geöffnet und die neueſten Rummern der techniſchen Journale,
ſo=
wie Muſterzeichnungen ꝛc. ſind aufgelegt. Der Fragekaſten iſt am Eingang des Lokals aufgeſtellt und
können dort, Fragen vor und während der Sitzungen eingelegt werden.
669)
4
Mosco-Bjäsan-Eisen bahn.
ge
Die am 1. k. Mts. fälligen Zins=Coupons (Nr. 14) der Mosco=Rjäſan=Prioritäts=
Obligationen, ſowie die verlooſten Obligationen werden vom 1. Februar a. c. an
in Frankfurt a. M. bei unſerer Filiale,
in Berlin bei der Direction der Disconto=Geſellſchaft,
in Cöln bei den Herren Sal. Oppenheim jun. & Comp.
eingelsſt. Den Coupons iſt ein Nummernverzeichniß beizufügen.
Darmſtadt, den 29. Januar 1870,
Bank für Handel und Indnstrie.
Haupt-
Annahme
ſämmtlicher
IuGOrat0
für
40)6
„Viegende Blättere
„ Kladderadatsch:
„-Vigaro.
„Die Woche:
WudOlk Hoss0 in Hünchen.
Officieller Agent ſämmtlicher Zeitungen.
Zeitungs=Annoncen=Expedilion
Berlin. Wien. Hamburg. Nürnberg.
per Zeile 18 kr.
5 Sgr. — 30 Nkr.
per Zeile 27 kr.
7½ Sgr. — 45 Nr.
per Zeile 6 kr.
1½ Sgr. — 7 Nkr.
per Zeile 9 kr.
2½ Sgr. — 15 Nkr.
18
hilft das Ohröl
Schwerhurigen der Apothete Neu=
Gersdorf, Sachſen, ſelbſt in veralteten
Fällen: „Hierdurch gebe ich Ihnen die frohe
Nach=
richt, daß meine Schweſter nach dem Gebrauch
von 2 Fl. Ohröl ihr Gehör wieder
be=
kommen hat, woran ſie ſchon ſeit 18 Jahren
gelitten ꝛc. Ed. Schönberg, Gefreiter der
12. Compagnie d. Schl. Reg. Wurzen.”
Preis einer ganzen Flaſche mit Wolle 1fl. 30 kr.
halben
53 kr.
1
Nur allein ächt zu beziehen durch das General=
Depot bei Th. Brugier in Karlsruhe
und in der Niederlage in Darmſtadt bei
668) G. Staus, Eliſabethenſtraße Nr. 41.
Vermiethungen.
7601) Magdalenenſtraße 9 im zweiten Stock
ein ſchönes Zimmer ohne Möbel zu vermiethen.
7770) Georgſtraße Nr. 11 im Hinterbau ein
möblirt Kabinet zu vermiethen; auch kann Koſt
dazu gegeben werden.
7988) Stallung für 2 Pferde zu vermiethen
Carlsſtraße Nr. 22.
3350.) Zwei Logis zu vermiethen.
Mühlſtraße Nr. 7.
249) Der Mittlere Stock meines neu
er=
bauten Hauſes an der Dieburgerſtraße iſt zu
vermiethen und am 1. April beziehbar.
Der=
ſelbe enthält 5 Piecen mit allen dazu
gehöri=
gen Bequemlichkeiten.
Wittwe Lößer.
T
ELu
620) Schlafſtelle für 2 junge Leute iſt zu
vermiethen. Näheres Kirchſtraße 3 im Hinterbau.
G (Ein großes unmöblirtes Zimmer.
C, Ernſt=Ludwigſtraße. J. Enders.
547) Ein Zimmer mit Cabinet, möblirt, iſt
zu vermiethen bei S. Baier, Hof=Conditor.
549) Arheilgerſtraße Nro. 9 iſt ein möblirtes
Zimmer zu vermiethen.
550) Louiſenſtraße Nr. 2 iſt ein Logis
par=
terre, beſtehend aus 4 Zimmern, Küche, Holzſtall,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, zu vermiethen
und bis Ende April zu beziehen. A. Neu.
610) Ein vollſtändiges Logis gleich zu
be=
ziehen. Langegaſſe Nr. 8.
Vermiſchte Nachrichten.
8 Verſicherungs=Agenten
werden in allen geeigneten Städten, Flecken,
Dör=
fern von einer alten inländiſchen Feuer=Verſicherungs=
Geſellſchaft von anerkannter Solidität und mit
vorzüglichen Garantie=Mitteln verſehen, unter gin
Agenturen für
ſtigen Bedingungen angeſtellt.-
Lebens= und Hagel=Verſicherung können beigegeben
werden.
Nachdem die Verhandlungen
gegen=
wärtiger Landtags=Beſſion eine freiere
Entſaltung des Feuer=Verſicherungs=
Weſens in Heſſen ſichern, eröffnet ſich
den Agenten ein lohnendes Feld der
Wirkſamkeit.
Offerten wolle man unter Adreſſe I. D. 7„
Agen=
tur betreffend; an das Frankfurter Annoncen-
Burgan (C. Hock) in Frankfurt a. H. ſenden.
526) Brave Mädchen zum Garniren
geſucht von der Patent=Hutfabrik
Eliſabethenſtraße Nr. 36.
563)
Aunonce.
In guter Lage der Stadt wird ein Specerei=
Geſchäft mit Haus zu übernehmen geſucht.
Unterhändler verbeten. Franco=Offerten unter
Nr. 553 nimmt die Exp. d. Bl. entgegen.
623) Ein kleines Logis von 2- 3 Piecen
Küche ꝛc. in der Neuſtadt, wird von einem
einzel=
nen Frauenzimmer zu miethen geſucht.
Zu erfragen in der Expedition.
624) Zwei unmöblirte Zimmer werden zu
miethen geſucht. Zu erfragen in der Expedition
650) Louiſenſtraße 14, im zweiten Stock wird
Waſche zum Bügeln angenommen unter
Zu=
ſicherung reeller Bedienung.
670 Dreher=Gehülfen
finden Beſchäftigung in der Stockfabrik von
G. Hlein-Weisker in Gffenbach u. A.
671) Zwei tüchtige Vergolder=Gehülfen
werden ſogleich bei dauernder Arbeit geſucht bei
J. P. schneider jun.
in Frankfurt a. M.
Haushälterin geſucht.
648) Zur Stütze der Hausfrau und Pflege
der Kinder wird ein Frauenzimmer von geſetztem
Alter geſucht, welches ſchon ähnliche Stellungen
begleitete und darüber gute Zeuguiſſe aufweiſen
kann. Schriftliche Offerten nimmt die Expedition
entgegen.
S.
Im Sonntag Abend wurde auf dem Wege
G 34 nach der Schloßkirche ein grau und
weißer Pelz=Pulswärmer verloren. Der
redliche Finder wird gebeten, denſelben Nr. 15
Beſſunger Wilhelminenſtraße gegen eine gute
Be=
lohnung abzugeben.
Großherzogliches Hoftheater.
Dienſtag, 1. Febr. 10. Vorſt. im 6. Ab.:
Graf Waldemar. Schauſpiel in 5 Atten
von G. Freytag.
Donnerſtag, 3. Febr. 11. Vorſt. im 6. Ab.:
Wilhelm Tell. Große Oper in 4 Atten mit
Ballet; Muſik von Roſſini.
Freitag, 4. Febr. 12. Vorſt. im 6. Ab.:
Die Harfenſchule. Schauſpiel in 3 Acten
von Brachvogel.
E.s
19
8
uiaaiaeegreaieuiiuiaraaiaeierin
2
59e
.=
49
Geſcufts=urOfRung O EMpfehlung.
Hiermit die ergebene Anzeige, daß wir Mathildenplatz Nr. 11, gegenüber der Münze, ein
Colo=
nialwaaren=Geſchäft eröffnet haben und wird unſer Beſtreben ſein, unſeren geehrten Abnehmern
durch gute Waare und reelle Bedienung beſtens zufrieden zu ſtellen.
624a
Hochachtungsvoll
G. F. F. Neuz
20NGAAtAaaiiteauaeegieaegeaeoeeei
gartenbauverein Darmſtadt.
Die in dem letzten Jahresbericht ausgeſprochene Ueberzeugung, daß die
Veroͤffent=
lichung von Auszügen aus ünſern Verhandlungen weſentlich dazu beigetragen haben,
die Theilnahme des Publikums an dem Verein zu erhöhen und die Zahl der Mitglieder
zu vermehren, fand in der Januarverſammlung ihre Beſtätigung.
In dieſer zahlreich beſuchten Verſammlung erſchienen nämlich als Gäſte mehrere
Lehrer aus dem Ried, welche nach ihrer Erklärung nur durch dieſe Artikel Kenntniß
von dem Beſtehen und den Beſtrebungen des Vereins erhalten hatten. Sie fanden die
Verhandlungen ſo wichtig und belehrend, daß ſie den Beitritt zahlreicher Mitglieder aus
den Landgemeinden, namentlich aus den an der Eiſenbahn gelegenen Orten im Ausſicht
ſtellten da, ja für dieſe der Gartenbau von noch größerem und allgemeinerem Rutzen iſt
als für die Stadter.
Wir fühlen uns daher wiederholt verpflichet, den verehrten Redactionen jür ihr
freundliches Entgegenkommen unſein Dank auszuſprechen.
In dieſer Monatsverſammlung zeigte ein Mitglied eine Reihe empfehlenswerther,
auf ſeinem eigenen Gute geernteter Birnſorten, kheils in ſehr ſchön Ausgebildeten
und wohl erhaltenen Früchten, theils in Abbildungen vor und aab dabei eine
aus=
führliche Beſchreibung ihrer Eigenthümlichkeiten und Vorzüge. Da die Obſtkatalogen
jetzt 30 Birnſorten verzeichnen, ſo iſt begreiflich, wie wichtig und dankenswerth es iſt,
wenn die Mitglieder aus ihrer eigenen Erahrung auf die beſſeren und empfehlenswerthen
Sorten aufmerkjam machen.
Die einzelnen vorgezeigten Sorten, von welchen auf Verlangen auf dem Gute
Hohenau Edelreiſer abgegeben werden, waren: Doyenné Chver, Broom park,
in Amerika ſehrverbreitet, Sarasin ſde Chartreu), eine vorzügliche, bis zum Sommer
ſich haltende Kochbirne, Duc de la Voree Gelle de Noisette), Königsgeſchenk von
Neapel, ebenfalls gute Kochbirnen, St. Germain panaché, Poire fortunse, Jaminette
und Lonie bonne d’Avranche: von neueren: Hebe, in Amerika gezüchtet, von
unge=
wöhnlicher Größe, und Beurré Jalais. — Ein anderes Mitglied nahm hierdurch
Ver=
anlaſſung, weiter noch die Hofrathsbirne und von Aepſeln den Müller=Apfel, Meier's
weißen Laubenapfel, den rothen Winter Kronapfel und den geſtreiſten rothen
Schlotter=
apfel in ſchönen Exemplaren vorzuzeigen und zur Verbreitung zu empfehlen.
Ferner berichtete ein Mitglied über den Inhalt der Rummern 45 - 47 von Kochs
Wochenſchriſt für Gärtnerei und Pflanzenkunde von 1869 und glauben wir
insbe=
ſondere auf einen in Nr. A4enthaltenen Auſatz über die beſte Zeik zum Abnehmen
des Obſtes aufmerkjam machen zu ſollen.
Aus den ſonſtigen Verhandlungen verdient noch Erwahnung, daß im Hinblick auf
den günſtigen Erfolg, welchen die im verfloſſenen Jahre abgehaltene
Roͤſenaus=
ſtellung gehabt hatte auf Antrag des Präſidenten beſchloſſen wurde, in dieſem
Jahre eine ähnliche Ausſtellung in gößerem Maßſtabe abzuhalten. Das zu dieſem
Behufe gewählte Comite hielt inzwiſchen ſchon mehrere Sitzungen und wird der nächſten
Monats=Verſammlung ſeine Vorſchläge zur Genehmigung vorlegen.
In dieſer Verſammlung, welche Mirtwloch den 2Febrüar Nachmittags
3 Uhr, im Gartenſaale des Darmſtäͤdter Hofs ſtattfinden wird, ſoll die
Reiſerver=
edlung an veredelten Bäumchen und an zubereitetem Holz vorgezeigt und erklärt
werden und ſtehen jerner noch einige Berichte inAusſicht, welche wegen vorgerückter
Zeit in der letzten Sitzung nicht mehr zum Vortrag kommen konnten.
h.
Auf und unter der Düne.
Fortjetzung)
Dieſer Sturm währte beinahe drei Tage. Am Nachmittage des dritten
Tages zerriß die finſtere Nebeldecke, blau und durchſichtig erglaͤnzte die Luft
über der Juſel, es ward kald, und ſchon in der Nacht fiel ſtarker Froſt ein.
Ein Blick der Inſulaner auf die Dünen ließ ſie gewahren, daß eine
merk=
würdige Veränderung mit denſelben vorgegangen war. Sie zogen,
nament=
lich am ſüdlichen Ende und oberhalb des Ortes Nantum, in einer ganz
anderen Richtung. Wo früher ebenes Land geweſen, da glaubten jetzt die
Einwohner von Keitum und Tinnum hohe Kegel zu bemerken, und wo noch
vor wenigen Tagen ein Vergwall ſtand, de blitzte im Sonnenlichte das
Meer.
Von allen Theilen der Iujſel hatte die Südſpitze, von den Syltern
Hörnum=Odde genanut, am meiſten gelitten, aber auch weiter nördlich waren
die Zerſtbrungen groß. Der alte. Ort Rantum war vollſtändig
verſchwun=
den. Nirgends ließ ſich die Spur eines Hauſes oder einer von
Menſchen=
hand herrührenden Anlage entdecken. Diejenigen, welche möglichſt bald und
in nicht geringer Anzahl dahin aufbrachen, fanden nur breite Felder
rollen=
den Dünenſandes, die weiter weſtwärts zu einem vielgegipfelten
Dünen=
kamme emporſtiegen. Wo der Ort geſtanden, ließ ſich nicht genau ermitteln,
obwohl man ungefähr mit Hilfe weiter entfernter Feldmarken die Gegend
angeben konnte.
Das gefräßige Meer, das ſchon ſeit Jahren gerade in unmittelbarer
Nähe von Rantum die Düne unterhöhlt, eine Maſſe Land weggeſpült und
die beweglichen Sandberge weiter öſtlich gedrängt hatte mußte, worauf
zahl=
loſe Anzeichen hindeuteten, durch die letzten Stürme ungewöhnlich viel Land
verſchlungen haben. Der Strandvoigt, welcher bei Zeiten dem Verderben
entronnen war, behauptete, der hohe Rücken der Dünen ſtehe gegenwärtig
genau auf den Häuſertrümmern des alten Rantum. Dieſe Behauptung
ge=
wann durch vorgenommene Meſſungen an Wahrſcheinlichkeit, weshalb der
anfänglich laut gewordene Vorſchlag Einiger, die Wiederbloßlegung der noch
vorhandenen Wohnungen zu verſuchen, als völlig unausführbar aufgegeben
wurde. So hatte denn der Geiſt Gottes im Stürme die Wittwe Bleiken,
wie ſie mehrmals gewünſcht, im Dünenſande begraben! Die Düne ſelbſt
war ihr Grabhügel und ihr Kirchhof, und ſtatt der Menſchen ſang das
brandende Meer der ſchmerzlos Entſchlafenen Tag für Tag und Nacht für
Nacht ein nie verhallendes Schlummerlied.
5.
Nana lebte ſeit dieſen Ereigniſſen, die ſie tief erſchütterten, ſehr
zurück=
gezogen. Obwohl ſie noch jung und blühend war, mied ſie doch, wenn
irgend thunlich, die Zerſtreuungen und Erheiterungen ihrer Gefährtinnen.
Ihr verlobter Bräutigam blieb verſchollen, wie alle Uebrigen, welche damals
mit Boohſen die verhängnißvolle Reiſe nach dem Mittelmeere angetreten
hatten. Sie durfte ſich ihres gegebenen Wortes für entbunden achten, wenn
ſie wollte, und einen Anderen durch ihre Hand beglücken. An Bewerbern
fehlte es dem noch immer jugendlichen und vermögenden Mädchen nicht.
Rana aber blieb gegen alle Huldigungen unempfindlich, bevorzugte Niemand
und gab endlich, als Einige dringender wurden und mit klar ausgeſprochenen
Anträgen hervortraten, die beſtimmte Erklärung, daß ſie nicmals ſich
ver=
mählen werde. Dies kühle Wort verſcheuchte nach und nach alle Vewerber,
und Rana hatte die Freude, fernerhin unbehelligt zu bleiben und nur ihren
Erinnerungen leben zu können.
So vergingen vier Jahre. Mancher junge Sylter, der voll froher
Hoffnung im Veginn des Frühjahrs oder Ende Winters mit ſeinen
Ge=
fährten die Inſel verließ, um in der Ferne ſein Gluͤck zu machen, war nicht
wieder heimgekehrt. Auch ein paar der ſpäteren Bewerber um Nana's
Hand theilten mit Anderen dies Loos. Kurz, das Meer fordert wie immer,
zahlreiche Opfer und lichtete die Reihen der Männer, die von den
nord=
frieſiſchen Inſeln ſchnellſegelnde Schiffe betraten. Rana dankte im Stillen
Gott, daß ſie ſtandhaft geblieben war und ihr ohnehin ſchon ſchweres
Herze=
leid nicht durch eine ſpätere Verlobung noch vergrößert hatte.
Da ſtrandete eines Tages im Südweſten der Inſel auf den
ſogenann=
ten Schwellen, welche ſich von Hornum=Odde jüdwärts tief in die
Nord=
ſee hinein erſtrecken und eine breite Bank von Untiefen bilden, eine große
Schooner Brigg. Schiffer von der Inſel Amram kamen den bedrängten
Seeleuten zu Hilfe und retteten ſie, das Schiff ſelbſt war als Wrack zu
betrachten und ſo ieck, daß die Ladung muir theilweiſe geborgen werden
konnte.
Die Schooner=Brigg kam aus Smyrna und war nach der Oſtſe
be=
ſtimmt. Der Steuermann, ein Sylter von Geburt, hatte über zehn Jahre
im Auslande gelebt und viel erfahren. Selbſt mit ſeeräuberiſchem Geſindel
war er mehr als einmal handgemein geworden, immer aber wie durch ein
Wunder auch den ſchwierigſten Lagen und Verhältniſſen glücklich entronnen.
Jacob Prott wollte jetzt ſein Heimathland wieder beſuchen, um zu hören
wer von ſeinen Angehörigen und Bekannten etwa noch am Leben ſei. Er
beſtieg deshalb eines der Küſtenfahrzeuge, die zwiſchen den Inſeln hin und
wiederſegelten, landete bei Morſum und pilgerte von da nach dem Hauptort
der Inſel, um hier unverweilt Erkundigungen einzuziehen.
Wenige Fragen genügten, um ihm die Gewißheit zu geben, daß von
ſeinen Verwandten Niemand mehr lebe. Prott grämte ſich darum nicht.
Ihm war ja die Heimath fremd geworden, und hätte nicht der Zufall ihn
gewiſſermaßen gewaltſam an dies Geſtade geworfen, ſo wäre es ihm
viel=
leicht nie wieder zu Geſicht gekommen. Als er aber unter ſeinen
Lands=
leuten ſich doch behaglich zu fühlen begann, da erwachte alsbald die alte
20
Ab.
Heimathliebe in ihm, und es kam ihm vor, als werde ihm die Abreiſe, zu
der er ſich früher oder ſpäter doch wieder eutſchließen mußte, recht ſchwer
fallen. Er fragte nach bekannten Sylter Schiffern, die er zum Theil in
ernen Ländern geſprochen, mit denen er eine Zeitlang zuſammengelebt hatte.
So ward auch Booyſen's Name genannt.
„Voohyſen zu lautete die Antwort. „Er und die ganze Mannſchaft ſeines
Schiffes gehören läugſt zu den Todten.
„Iſt er denn nicht zurückgekommen zu gegenfragte Prott.
„Man hat nie etwas von ihm erfahren können.
„Dann muß er auf einem fremdem Schiffe umgekommen ſein,"
er=
wiederte Prott, „denn als ſein eigenes Fahrzeug alle Maſten verlor und
wenige Stunden ſpäter von der brechenden See vollends zerſchlagen ward,
rettete er ſich glücklich mit allen ſeinen Leuten an die nahe Küſte. Hier
ſprachen wir uns, und da Booyſen beabſichtigte, mit einem engliſchen oder
franzöſiſchen Schiffe möglichſt bald wieder nach einem europäiſchen Hafen
abzuſegeln, glaubte ich beſtimmt, er ſei wohlbehalten nach einigen Monaten
wieder in der Heimath angekommen."
Dieſe verſpätete Kunde von dem verſchollenen Booyſen verbreitete ſich
bald auf der Inſel. Weitere Forſchungen, die man einzog, wieſen nach,
daß die Strandung ein Jahr nach der Abreiſe des Capitäns von Sylt
Statt gefunden hatte, und zwar unfern der afrikauiſchen Küſte, bei den
Ruinen des alten Karthaga. Auch Rana in ihrer Zurückgezogenheit
ver=
nahm dieſe Kunde und wurde dadurch veranlaßt, weitere Erkundigungen
ein=
zuziehen. Sie wandte ſich an den Rheder des verlorenen Schiffes und
drang in dieſen, er möge doch auf diplomatiſchem Wege ſich nach dem
Schickſale der Schiffbrüchigen, von den Keiner zurückgekehrt war, erkundigen.
Der Rheder hielt zwar eine derartige Nachfrage, ſo ſpät nach dem
ge=
ſchehenen Uuglück, für gänzlich nutzlos, indeß wollte er dem trauernden
Mädchen, das ihr ihr Liebſtes dadurch verloren hatte, doch gern zu Dienſten
ſein, und ſo leitete er die erforderlichen Schritte ein.
Wieder vergingen uun Monate. Prott verließ die Juſel, um
aber=
mals zu Schiffe zu gehen und der Winter mit ſeinen Stürmen unterbrach
den regelmäßigen Verkehr der Inſjulaner mit den Bewohnern des Feſtlandes.
Der Rheder hatte läugſt ſeine an den Conſul in Tunis geſchickte Anfrage
vergeſſen, als er eines Tages, Ende Februar, von einem Schreiben
über=
raſcht ward. Dieſes Schreiben enthielt die erfreuliche Mittheilung, daß
Capitän Booyſen zwar nicht mehr am Leben, ſondern ſchon wenige Tage
nach dem erlebten Schiffbruche durch Küſtenräuber mit mehreren ſeiner
Ge=
fährten umgekommen ſei, drei ſeiner Leute aber, darunter auch Uwe Peter
Bleiken, wären in Gefangenſchaft der Barbaresken gerathen, ſeien bald
dar=
auf als Sclaven auf öffentlichem Markte verkauft und dadurch von
einan=
der getrennt worden. Was das Schickſal der Leidensgenoſſen Uwe's
ge=
weſen, habe er nicht erfahren können, da ihre Spuren gänzlich
verſchwun=
den wären, Bleiken aber lebe noch, habe ſeltenes Glück gehabt, ſtehe bei
einem der reichſten und mächtigſten Paſcha's in hohem Auſehen und werde
binnen Kurzem, nun es ihm endlich gelungen ſei, ſeine perſönliche Freiheit
wieder erlangt zu haben, in die Heimath zurückehren, und zwar nicht mit
leeren Händen.
Dieſe überraſchende und völlig unerwartete Freudenbotſchaft beforderte
der Rheder ohne Säumen ſogleich weiter nach Sylt, wo ſie die größte
Sen=
ſation machte und Nana dergeſtalt freudig bewegte, daß ihre nächſten
Ver=
wandten um ihr geiſtiges Wohl, ja um ihr Leben ernſtlich beſorgt wurden.
Einige Wochen ſpäter langte ein Brief Uwe Peter Bleiken's aus Trieſt
an, in welchem er ſeiner nie vergeſſenen Braut ſeine glückliche
Rückkeh=
nach Europa und ſeine baldige Ankunft in der Heimath ankündigte.
Die Gewißheit, nach ſo langer Zeit und ſo trüben Erlebniſſen den
Mann wieder ſehen zu ſollen, den ſie ſeit Jahren als Tod beweint hatte,
gaben der noch immer jugendkräftigen Rana die frühere geiſtige Elaſticität
wieder. Die bisherige Aufregung und ſieberhafte Heftigkeit wich einer
ſanften Milde einer ſtill harrenden Sehnſucht. Sie ward wieder ſtill,
freundlich, mittheilſam, und ſah es gern, wenn frühere Bekannte, deren
Um=
gang ſie in den letzten Jahren abſichtlich mied, ſie beſuchten. Ohne
Leiden=
ſchaft ſprach ſie von der Vergangenheit, von dem wiedergefundenen Freunde,
dem ſie fortan ihr ganzes Leben widmen wolle.
Erſt Ende Mai landete Bleiken am Strande ſeiner Heimathinſel. Die
Rückkehr des jungen Mannes, der als Diener zwei Mohren in türkiſcher
Tracht mit ſich führte, verurſachte einen großen Zuſammenlauf von
Men=
ſchen in den Ortſchaften, welche Uwe berührte.
Wir unterlaſſen es, die Freuden des Wiederſehens zwiſchen Bleiken
und Rana zu ſchildern. Beide hatten, als ſie einigermaßen ihrer Gefühle
Herr geworden waren, einander zu erzählen, doch mußte Uwe dem Wunſche
Rana's ſich fügen und ihr zuerſt ſeine Abenteuer und Schickſale mittheilen,
da ſie die Behauptung aufrecht hielt, ihre eigenen Erlebuiſſe müßten denen
des Geliebten gegenüber in völlige Unbedeutendheit ſich auflöſen.
(Schluß folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
84. Darmſtadt's Kriegsbedräugniſſe im Laufe der Jahrhunderte.
Fortſetzung.)
Während die Soldateska in Darmſtadt durch die Gegenwart ihrer
oberſten Führer im Zaum gehalten, Brutalitäten vermied und vorzugsweiſe
nur den Fäſſern in den Kellern ſich gefährlich zeigte, hauſte ſie um ſo
ſurchtbarer in allen Oertern der Umgegend. Unerhört waren die Greuel
der Verwüſtung, die ſich die Rotten dort erlaubten. Pferde, Rinder,
Schafe und Federvieh nahm man den armen Vewohnern weg und trieb
alles nach Frankfurt und in die Pfalz, mit dem Bedeuten, dort könnten die
Eigenthümer das Jhrige ſich wieder holen, wenn ſie ſeinen Werth in Geld
erſetzen könnten; rein ausgeplündert ſtand ſchon am zweiten Tage das Haus
Gehaborn und ſeine Bewohner irrten im Walde umher, ebenſo
Kranich=
ſtein, Sensfeld und Jägersburg. Brandſchatzungen folgten aller Orten auf
Brandſchatzungen und die Flamme verzehrte da, wo der Mangel nichts zu
zahlen im Stande war Zweimal brannte Griesheim, ebenſo
Schnepfen=
hauſen, Dornheim, Pfungſtadt, Eſchollbrücken. In Dornberg, wo der
Land=
graf einen Vorrath von edlen Weinen liegen hatte, erbrachen die Soldaten
die fürſtlichen ſteller, und was ſie nicht in ſich aufnehmen oder mit ſich
fortnehmen konnten, mußte die Erde trinken, ſo daß man, wie ein altes
Sündenregiſter der Mansfeldiſchen klagend ſagt, bis an die Knie in edlem
Firnewein gehen konnte. Die Geiſtlichen und Beamten, die, zum Schutze
der Unterthanen ausgeſendet, den Greueln der Rohheit zu ſteuern ſuchten,
erlitten dafür Mißhandlungen, ja der edle Pfarrer von Kelſterbach ſogar
den Tod. Der Herzog von Weimar ritt endlich ſelbſt aus Darmſtadt weg,
um in der Umgegend dem Unweſen zu ſteuern.
Wiederholte Berathungen, welche der Kurfürſt mit Mansfeld und dieſer
wieder mit dem Markgrafen von Baden=Durlach hielt, der unterdeſſen auch
augekommen und ſein Hauptquartier in Wolfskehlen aufgeſchlagen hatte,
hatten das Reſultat, daß Oberſt von Pöblis und General=Lieutenant Straiff
im Namen des Kurfürſten dem Landgrafen einige Forderungen überbrachten,
deren Gutheißung den Abzug des Heeres aus dem Darmſtädtiſchen zur
Folge haben ſollte. Der Landgraf ſollte, ſo wurde verlaugt, dem Kurfürſten
u Liebe alle die Offiziere ihres Dienſtes entlaſſen, die etwa Neigung hätten,
ihm, dem Kurfürſten, zu folgen. Er ſollte ferner ihm die Summe von
60,000 Thalern gegen genügende Verſicherung vorſtrecken und 40 Wagen
zur Fortſchaſſung des Geräthes und Proviants ſtellen. Ludwig that, was
in ſeinen Kräften ſtand. Gern, erklärte er, wolle er die Offiziere ihres
Dienſtes entlaſſen, die nicht bei ihm zu bleiben wünſchten; von der
ver=
langten Summe erbot er ſich ſo viel zu leihen, als er bei den durch
wieder=
holte Durchzüge geſchwächten Kräften ſeines Landes zuſammen bringen könne;
die 40 Wagen aber vermöge er nicht zu ſtellen, da, wie ihm berichtet
worden, ſeine armen Unterthanen aller ihrer Pferde beraubt ſeien. Mit
dieſen Forderungen jedoch noch nicht zufrieden, überſandte der Kurfürſt dem
Landgrafen Sonntags am 27 Mai nach der Abendmahlzeit neue Punktationen
mit der Vitte, am nächſten Morgen frühe ſeinen Entſchluß darüber kund
zu geben. Auf dieſe neue Forderungen aber konnte Ludwig nicht eingehen;
das verboten ihm Fürſtenehre und Fürſtenpflicht. Er ſollte, ſo wurde
ver=
laugt, ſeine Mainfeſtung Rüſſelsheim dem Kurfürſten überlaſſen, zu jeder
Zeit ſein Land für dieſen öffnen, ihm die Verſöhnung des Kaiſers
ver=
ſchaffen, und als Geiſel für die Erfüllung aller Forderungen ihm den
Landgrafen Johann übergeben. Schleunigſt berief Ludwig ſeinen zweiten Sohn
Johannes, ſeinen Marſchall Niedeſel und ſeine erſten Räthe und erklärte
dieſen ſeinen Entſchluß, lieber mit dem Landgrafen Johann zu Fuß davon
wandern, als auf ſolche Unbill eingehen zu wollen. Vergebens baten die
Räthe, er möge bleiben, vergebens ſtellten ſie ihm vor, wie es ja möglich
ſei, die Sache zu vermitteln; des Landgrafen Entſchluß ſtand feſt. Abſchied
nehmend von ſeinen tief betrübten Näthen ergriff er ſeines Sohnes Hand
und wanderte mit dieſem, von zwei treuen Dienern begleitet, Abends 11 Uhr
heimlich durch den Schloßgarten, um ſich nach dem Kurmainziſchen Orte
Gernsheim zu begeben. Aber es glückte ihm nicht, dahin zu entkommen,
ſeine Feinde hielten allzu zahlreich die ganze Gegend beſetzt; die letzte Wache
des Markgrafen von Durlach ſetzte ſeiner Flucht ſchon um 2 Uhr Nachts
bei dem Dorfe Büttelborn ein Ziel. Der Rittmeiſter von des Herzogs
Magnus von Württemberg Compagnie, welche Büttelborn beſetzt hatte,
nahm ihn gefangen und brachte ihn in eine Kammer, bis am folgenden Tag
gegen Mittag Markgraf Georg Friedrich, von dem Vorfalle benachrichtigt,
den Markgrafen Karl mit einer Kutſche ſendete, die beiden fürſtlichen
Ge=
faugenen nach Wolfskehlen zu bringen.
Der Kurfürſt erhielt früh am Morgen ſchon die Nachricht von des
Landgrafen Flucht. Wüthend darüber tobte Mansfeld und ſein Zorn würde
die arme Stadt in Aſche gelegt haben, wenn nicht der Herzog von Weimar
vermittelnd ſich derſelben angenommen hätte.
(Fortſetzung folgt.)
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.