Darmstädter Tagblatt 1869


20. Juli 1869

[  ][ ]

Beilage
um
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
1869.
Dienſtag den 20. Juli
N. 29.

Das Frag= und Anzeige=Blatt, die Beilage hierzu, ſowie das Verordnungs=Blatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Camſtags, die Beilage
Dtenſtags ünd Letzteres Donnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswarts kann man bei allen Poſtämtern abonniren In Darmſtadt
bei ver Expedition. Rheinſtraße, Nr. 23 neu

Betreffend: Den Bau der Odenwald=Bahn im Kreiſe Darmſtadt.
B e k a n n t m a ch u n g.
Mit Bezug auf die im obigen Betref von Großherzogl. Kreisamt erlaſſene im Verordnungsblatt
Nr. 28 enthaltene Bekanntmachurg machen wir nochmals darauf aufmerkſam, daß die darin bezeich=
neten
Pläne bei uns offengelegt ſind und innerhalb des vorgeſetzten Termins eingeſehen werden
Darmſtadt, den 17. Juli 1869.
können.-
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
In V. d. B.:
Appfel, Beigeordneter.
4709)
4710) Die Rechnung hieſiger Pfandhauskaſſe für 1868, ſowie der Voranſchlag derſelben
Anſtalt für 1870 liegen von Dienſtag den 20. d. Mts. an 8 Tage lang zu Jedermann's Einſicht
auf hieſigem Rathhaus offen.
Darmſtadt, den 17. Juli 1869.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
J. V. d. B.:
Appfel, Beigeordneter.
4111)
Marketender geſucht!
Das 2. Bataillon 1. Infanterie=Regiments ſucht fur die Dauer der diesjährigen Herbſtlbungen
einen zuverläſigen Marketender.
Perſönliche oder ſchriftliche Anmeldungen haben auf dem Büreau des Bataillons, Kämmerer=
ſtraße
Nr. 41, zu geſchehen.
Hahn,
Worms, den 17. Juli 1869.
Major und Bataillons=Commindeur.

Feilgebotenes.
4569) Als beſonders rein und feinſchmeckend
empfehle einen Sapinam-Caſſé zu 40 kr.
pr. Pfd, welchen ich bei Abnahme von größeren
Quantitaten zu38 kr. erlaſſe Hoh. Georgi
Wilhelminenſtr. 10.

täglich in verſchiede=
Gefrorenes nen Sorten, ebenſo

63
5
Selters. & Goda-Wasser bei

Carl Eichberg, Hof=Conditor,
Ludwigs= und Soderſtraße.

3888) Wegen Abreiſe von hier iſt ein Haus,
Promenadeſtraße Nr. 60 zu verkaufen.
4247) Sellerie=, Salat= und jonſlige
Gemüſepflanzen ſind zu haben bei
Handelsgärtner Arheilger,
Promenadeſtraße 29.
4469) Cölner Zucker, milchweiß (ohne Blaue,
mit Stempel verſehen; ſowie gebrannten
gelben Java Caffee, zartſchmecend, per Pfd.
48 kr. empfiehlt
G. Amend, vorm. G. Kraus.
Beis-Stärke.

Verſteigerungen.
4599) Freitag den 23. Juli d. J. Vormit
tags 9 Uhr kommen auf hieſigem Rathhauſe
folgende Holzſortimente aus dem ſtädtiſchen
Oberwald zur Verſteigerung:

12½ Stecken, Buchen Scheidholz II. El., 4½ Eichen

Erlen,
Buchen Prügelholz, 9 Birken und Eichen Prügelholz, Buchen Stockholz, 8½ Eichen 300 Stück Wellen,

4 Eichen Stämme von 500 Ebfß.,
2 Fichten
157


3
Stangen 20
1100 Gebund Ginſtern.
Das Holz ſitzt in den Diſtriecten Nachtweide
Woogsberg und Saufang.
Darmſtadt, den 13. Juli 1869.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
J. V. b. B.:
Appfel, Beigeordneter.
4713)
Bekanntmachung.
Die zum Nachlaß der Modiſtin Dina Sulz=
mann
gehötigen Waarenvorräthe, als: eine
große Parthie Pariſer Blumen in verſchiedenen
Sorten aus den renomirteſten Fabriken, Blumen=
zweige
, Bänder in den modernſten Farben, Crep,
Seidentüll, Seidenzeuge, diverſe Spitzen, Blon=
den
, eine große Parthie Strohhüte und alle in
das Putzgeſchäft einſchlagende Artikel, ſollen

Mittwoch den 28. Juli d. J.
Vormittags 9 Uhr
im Saale des Gaſthauſes zum Prinzen
Carl gegen Baarzahlung verſteigert werden.
Den verehrlichen Damen und ſonſtigen Steig=
luſtigen
wird hiermit bekannt gemacht, daß
Dienſtag den 27. Juli d. J. Nachmittags von
2 bis 5 Uhr im Verſteigerungslokale Jemand
anweſend iſt, welches die verſchiedenen Waaren=
Artikel zur Einſicht vorlegen wird.
Darmſtadt, den 19. Juli 1869.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.

Schramm'ſche Preis=Stärkein ½u. ¼. Pfd. Pag.
Waizen=Stärke, 8röckel und Stengel
empfiehlt billigſt
Hoh. Georgi,
4570)
Wilhelminenſtr. 10.
4571) Neue Frühkartoffeln
fortwährend zum Marktpreiſe empfiehlt
Balth. Gehbauer.
oelal-Poslpapier 4 Comers
mit ſarbigen Wuchstaben
in eleganten Cartons fl. 1. 12 kr. empfiehlt
Georg Hok,
4572) Eliſabethenſtraße im neuen Schulhauſe.

4299)

Zurückgeſetzt!

Eine große Parthie Zengfiefel mit Neſtel von fl. 2. 42. bis fl. 3. mit Zügen fl. 3. bis
fl. 3. 30., Pantoffel in allen Sorten von fl. 1. 30. bis fl. 2.
C. Sehüsster.

4575)
Beſtellungen auf
Siegel-Oblaten,
Uxſek-Convents mit farbigem Stempel
prompt und billig ausgefuhrt bei
G. HLi. Hrleghi.
4577) L. Exmenthaher Höse.
in ſchöner, vollſaftiger Waare, empfiehlt billigſt
Hoh. Georgl,
Wilhelminenſtr. 0.
4631) Eine zweite Schur Klee vorm Neckar=
thor
iſt zu verkaufen bei Handels=Gärtner Bölker.

4615) Haidegrütz und Haidemehl,
neuen Reis per Pfund 8, 19, 12, 14 und
16 kr. empfiehlt
G. Amend, vorm. G. Kraus.
4626) Beſſungen) Ein Acker von 370
Klftr., paſſend für einen Bauplatz, iſt zu verkaufen
Wo? ſagt die Expedition dieſes Blattes.

Vermiethungen.
4203) Nr. 3. dem Offiziers=Caſino gegen=
über
2 geräumige Zimmer, eine Stiege hoch,
alsbald zu beziehen.
29

[ ][  ][ ]

108
3513) Zwei möblirte Zimmer zu vermiethen
Martinſtraße Nr. 422.
4212) Beſſunger Karlsſtraße Nr. 83 iſt ein
freundlich möblirtes Zimmer zu vermiethen.
4251) Beſſungen. Kirchſtraße 145 iſt eine
ſehr ſchöne elegante Wohnung mit 3 Zimmern,
Küche, Keller, Speicher, Mitgebrauch der Waſch=
küche
und des Bleichplatzes nebſt etwas Garten=
Antheil zu vermiethen und ſofort oder bis Ende
Auguſt zu beziehen. Preis 85 fl.
4491) Promenadenſtraße Nr. 43 eine
Wohnung, 7 Zimmer u. ſ. w., den 1. Octbr. zu
beziehen. Näheres Rheinſtraße 14 obere Etage.
leines Logis nebſt Garten zu vermiethen.
Hhl Douche=Apparatzu verkaufen HeerdwegsII.
4582) Rheinſtraße Nr. 16 vorn heraus
ein möblirtes Zimmer. Näheres im 3. Stock.
4647) Schulſtraße 11 eine Werkſtätte mit
Logis im Seitenbau Anfang Octbr. zu beziehen.
4652) Neckarſtraße Nr. 15 iſt in der bel Etage
ein ſchön möblirtes, freundliches Zimmer zu ver=
miethen
. Zu erfragen Parterre.

Vermiſchte Nachrichten.
Nehrere zuverläſſige Taglöhner
5
B A1 werden etwa auf die Dauer eines
Monats zur Arbeitsleiſtung geſucht.
Reflectanten wollen ſich auf dem Geſchäfts=
locale
der unterzeichneten Behörde, Zeughaus=
ſtraße
Nr. 1, anmelden, woſelbſt auch die näheren
Bedingungen eingeſehen werden können.
Darmſtadt, den 14. Juli 1869.
Großherzogliches Train=Depot.
J. A.:
Arnold, Lieutenant.
3131) (die Knabenerziehungs=Anſtalt
L.des Dr. Maspey in Heidel=
berg
, von vielen Ausländern beſucht, nimmt
deutſche Zöglinge zu ſehr mäßigem Preiſe auf.
Eintritt zu jeder Zeit. Vorbereitung für den
einjährigen Militärdienſt. Proſpecte auf
Verlangen.

H

4260) Unterzeichnete ertheilt Clavier=
Unterricht in und außer dem Hauſe.
Näheres bei Hofgerichtsaovokat Schmidt,
Alexanderſtraße Nr. 5, Vorderhaus, eine
Stiege hoch.
inne Schmidt.

10
M
41.

MeNNaf.
El

6461) Ein junger Mann mit nöthigen Schul=
kenntniſſen
wird als Lehrling in mein Papier=
Georg Hof,
Geſchäft geſucht.
Eliſabethenſtraße im Schulhauſe
3630) Geübte Arbeiter für feine Mechanik
finden dauernde Beſchäftigung.
Gandenberger'ſche Maſchinenfabrik,
Georg Göbel.
4317) Mehre kräftige Jungen, für die
Steindruckerei zu erlernen, geſucht.
Frommann & Bünte.
4414) Geübte Strickerinnen finden dau=
ernde
Beſchäftigung bei
Ad. Horn, Kirchſtraße Nr. 14.
2
7 tüchtige Maſchinenſchloſſer, einen

G Eiſendreher und einen Taglöhner
8
ſücht die Maſchinenfabrik von
W. Venuketh.


.

(Ddamen, welche geneigt ſind, größere
2 T, Parthien Häkelarbeit in Wolle
für ein auswärtiges Fabrikgeſchäft zu über=
nehmen
, wollen ſchriftliche Anmeldungen unter
Nr. 4592 an die Exped. d. Bl.richten.

Von Mainz
Ludwigshafen

M. 29.
4)
E
Helſiſche Ludwigs=Eiſenbahn=Geſellſchaft.
4
M
H,
Pergnügungsreiſe nach der Schweiz.
An den erſten 5 Tagen der Monate Auguſt und September l. J. werden von
den Stationen Mainz und Ludwigshafen Vergnügungsbillete bei allen fahrplanmäßigen
Zügen mit entſprechender Wagenklaſſe für Hin= und Rückfahrt nach Wasel über Weißen=
burg
und Straßburg, 15 Tage gültig, zu folgenden ermäßigten Preiſen ausgegeben:
I. Claſſe. II. Claſſe. III. Claſſe.
fl. 11. 40 kr. fl. 7. 42 kr. fl. 4. 54 kr.
fl. 8. 52 kr. fl. 6. 18 kr. fl. 3. 58 kr.
Die Reiſe zwiſchen Mainz und Baſel kann nur in Worms, Ludwigshafen und
Straßburg unterbrochen werden.
Freigepäck wird nicht geſtattet.
Reiſepäſſe mit dem franzöſiſchen Viſa ſind nicht erforderlich.
Gegen Vorzeigung dieſer Billete gibt die Station der Schweizeriſchen Centralbahn in Baſel
Rundreiſe=Billete mit 12tägiger Gültigkeitsdauer nach dem Berner Oberland und an den
Vierwaldſtätter See zu folgenden ermäßigten Preiſen aus:
I. Claſſe: Fies. 15. 65 Cts. II. Claſſe: Fres. 12. 5 Cts. III. Glaſſe: Fres. 8. 15 Cts.
Mainz, den 11. Juni 1869.
3990)
Der Verwaltungsrath.
Generalverſammlung der Schueiderbegrabniß=Brilderſchaft
Mittwoch den 28. Juli l. J., Mittags 4 Uhr, in der Brauerei zum grünen Laub.
Man bittet um präciſe und zahlreiche Betheiligung.
Tages=Ordnung: Rechnungsbericht,
Ergänzung des Vorſtandes und
Beſprechung ſonſtiger Angelegenheiten.
4684)
Der Vorſtand.
Gaeiggggggeaaaaaaegggaauag
S4701
ChausseChaus.
Samſtag den 24. Juli,
900N
GBOASAS GNIION
von der
h. h. österreichischen Militär- und Streichmusik-Capelle,
junter Leitung des Herrn Stassny, k. k. öſterr. Capellmeiſter a. D.)
Anfang 5 Uhr, bis Mitternacht. Entree 15 kr. Perſon.
V. Rosk.
eagogaiggannaanaagaoooieod,
4616) Offene Stelle.
Die
Ein braver, flinker, junger Menſch, der die
ſenoſſenſchafl
Photographie erlernen will und ſogleich guten
122 in
Verdienſt erhält, findet nähere Auskunft bei
4
1)
--Durmstudt
G. G. Lange, in der Rheinſtraße.
benachrichtigt hiermit ihre Mitglieder, daß
1Sin anſtändiges Hausmädchen, welches
S
Samſtag den 24. Juli ein gemeinſchaft=
licher
Spaiergang nach dem Gute des Herrn 3 (8, gute Zeuguſſe beſitzt, vird gegen gu=
ten
Lohn für 1. September geſucht.
B. Rößner ſtattfindet. Zuſammenkunft: Hof=
Eliſabethenſtraße 60 mittlerer Stock.
theaterplatz Abends 6½ Uhr.
5 In ein größeres hieſiges Bankhaus
In Auftrag des Vorſtandes:

K. 2 wird ein junger Mann mit den nöthigen
4713)
F. Wirtz.
Vorkenntniſſen als Lehrling geſucht. Gef. Offer=
1011) Ein Lehrling wird geſucht in der Leder= ten unter G. V. 112 befordern die Herren
und Eiſenhandlung von J. P. Wambold. Haaſenſtein K; Vogler in Frankfurt a. M.
4691) Einine Schreiner können ſofort ein=
1Es wird ein Auslaufer geſucht.
4
treten bei Ed. Kühnſt, Pianofortefabr.
C. Eliſabethenſtraße 60 mittlerer Stock.

PuEUTL RAATAALTARAAuRLLAUs
E 4693) Ein Lindermädchen wird zum ſofor=
Ftigen Eintritt geſucht Ludwigsſtraße Nr. 10. F
NNANAAAATATTTTAAUAAAAAs
H
8 Bohnenſchneidmaſchinen
G.
werden leihweiſe abgegeben bei
G. H. Walb, Hof=Inſtrumentenmacher.

51

(Ein Hausmädchen wird zum baldigen
1, Eintritt für die Kleinkinderſchule geſucht.

4704) Camſtag, den 10. Juli, wurde
ein Portemonnaie, etwas Geld und mehrere
kleine Schlüſſelchen enthaltend, verloren. Der
redliche Finder wird gebeten, daſſelbe gegen eine
Belohnung Martinsſtraße Nr. 441 (der Schenk=
ſchen
Mineralwaſſer=Fabrik gegenüber) abzugeben.

(Fin fleißiger ſtarker Mann, ebenſo
2 C eine Einlegerin finden bei gutem
Lohn ſogleich Beſchäftigung in der Buchdruckerei
des Unterzeichneten.
H. Brill.
4718) Ein kleiner brauner Pinſcher hat
ſich verlaufen. Dem Wiederbringer eine Be=
lohnung
. Rheinſtraße 50.
4719) Verfloſſenen Freitag iſt im Rheiniſchen
Hof ein kleines Hündchen (Schnauzer) zurück=
geblieben
. Daſſelbe kann von dem Eigen=
thümer
gegen Inſeratgebühr in Empfang ge=
nommen
werden.

[ ][  ][ ]

103

11
4833)
Aonſerate haben im
Michelſtädter Anzeige
dem im Mümlingthale in allen Schichten der Bevoſkerung ſtark und gern geleſenen Blatte, den wirlſamſten
Erfolg. Erſcheint Dienſtags und Freitags. Die Zſpaltige Petitzeile oder deren Raum 2 kr.

29Nehrere brave Mädchen finden dau=
Scl ernde Beſchäftigung bei gutem Lohn
in der L. C. Wittich'ſchen Hofbuchdruckerei.

Stille Wege.
Exzahlung von A. 3.
(Schluß.)
Die Commerzienräthin blickte ihm entäuſcht nach. Wilhelmine trat
ans Fenſter, kühlte ihre glühenden Wangen an den kalten Scheiben und
drückte verſtohlen wehmüthig die Roſe an ihre Lippen. Ihre Aufregung
blieb dem erfahrenen Auge der Commerzienräthin nicht verborgen, wenn
ſie gleich ſcheinbar nichts bemerkt haben wollte.

Alfred fuhr indeſſen in der Stadt umher und es war Nacht geworden,
bevor er nach Hauſe zurückehrte. Die Damen hatten ſich ſchon zur Ruhe
begeben. Mit einem Blicke auf ihre Fenſter, wo noch ein Lichtſtrahl ſchim=
merte
, wünſchte er ihnen einen ſanften Schlummer, und zwar einen ſanftern,
wie er ihm werden ſollte; denn er mußte um 1 Uhr Nachts mit dem Eil=
zuge
fort. Nothwendige Vorbereitungen hielten ihn noch wach. Schließ=
lich
ſchrieb er noch einige Briefe, unter dieſen ein Billet an einen Freund,
den er heute Abend verfehlt hatte, und ein anderes an Wilhelmine, die
er bat, ſeine ſchnelle Abreiſe zu entſchuldigen.
Das erſtere Billet lautete:
8ieber Möſer!
Ich fand Sie nicht zu Hauſe, theile Ihnen daher nur in aller Eile
mit, daß eine telegraphiſche Depeſche mir ſoeben die Nachricht gebracht
hat, daß das allerliebſte Ding, wovon ich mit Ihnen geſprochen, von London
mit dem Schiffe Wellington nach Antwerpen abgegangen. Damit es nun
dort nicht dem Räuber in die Hände falle, eile ich mit dem Nachtzuge
dahin, um es bei ſeiner Ankunft in Empfang zu nehmen und, wenn es
ſein muß, mit Gewalt und unter meinem Herzen zu entführen. Verlaſſen
Sie ſich darauf, ich bringe ſie todt oder lebendig! Beſitzen darf ſie nur Ihr
Alfred G.
Dieſen Brief adreſirte er aber unglücklicherweiſe in ſeiner Haſt an
Fräulein Mehring, während er den andern Brief, der ſein Bedauern über
eine Unterbrechung ausſprach, die den ſchönſten Moment ſeines Lebens
hinausſchob, an ſeinen Freund adreſſirte. Er verſiegelte darauf beide
Schreiben, übergab ſie zur genaueſten Beſtellung an den Diener und
reiſte ab.
Der Morgen zog golden herauf, als das von glücklichen Träumen
erwachende junge Mädchen, von den ſüßeſten Hoffnungen bewegt, ihrem
Lager entſchlüpfr.
Sie ſchellte und mit ihrem Frühſtück erſchien zugleich das verhäng=
nißvolle
Billet, das ſie in zitternder Haſt erbrach.
Sie erſtarrte
Bleich wie ein Schatten, die Augen von ver=
goſſenen
Thränen geröthet, trat ſie eine Stunde ſpäter in das Gemach
der Commerzienräthin.
Leiſe legte ſie das Blatt vor ſie hin
Verwundert betrachtete die Frau das junge Mädchen und ſuchte in
dem Briefe, deſſen Adreſſe ihres Sohnes Handſchrift verrieth, den Schlüſſel
zu dieſem Benehmen.
Sie las
Auf einen ſolchen Inhalt war ſie in dunller Ahnung gefaßt geweſen.
Dennoch ließ ſie wie erſtarrt die Hände mit dem Blatt in den Schooß
ſinken, als ſie zu Ende geleſen
Wilhelmine beugte ſich über ſie und beider Thränen vermiſchten ſich
eine kurze Weile
och wünſche abzureiſen, bevor er zurückkehrt, hauchte das junge
Mädchen mit vor Wehmuth zitternder Stimme. Ich kann ihn nicht
wiederſehen!
Die Commerzienräthin begriff dieſe Unmöglichkeit volllommen
Aber was wird dein Vater ſagenl, Minna? Was wird er von

meinem Sohne denken? Der Unglückliche! Eine Entführung
Er darf es nie erfahrenl verſetzte ſie. Ich werde ihm ſagen, die
Sehnſucht nach dem Vaterhauſe beſtimmte meine Rückkehr und gewiß iſt
das auch eine Wahrheit, denn mir brennt ſeit einer Stunde der Boden
unter den Füßen!
Du biſt ein Engel, Minna, und eines beſſern Loſes werth, als
mein entſetzliches Kind es dir bieten kann!
Oi rief das Mädchen und legte der Mutter den leinen roſigen
Finger auf die Lippen
Rein, nein, es muß heraus lu rief dieſe unmuthig. Du biſt ein
Engel und er iſt deiner nicht werth! Aber er wird es bereuen, bereuen,
wenn es zu ſpät iſt! Denn ein Mädchen, wie du biſt, findet er nicht
wieder!

Sie haben eine zu gute Meinung von mir, liebe Frau Commerzien=
räthin
! Geſtern noch glaubte ich kaum gut genug für ihn zu ſein; ſo
ſchön, ſo liebenswürdig erſchien er mir, als er mir die Roſe reichte und
nun Sie ſtockte.
Eine Roſe - Zu fragte die Commerzienräthin, neugierig auf das,
was dieſem Selam gefolgt ſein möchte.
Wilhelmine erröthete
Um ſo ſchmerzlicher! ſagte die Commerzienraͤthin. Danken wir
Gott, daß wir durch ſeine Zerſtreuung auch hinter ſeine Unwahrheit ge=
kommen
ſind und ich dich nun ſelbſt gegen einen ſolchen treuloſen, doppel=
züngigen
Freier ſchützen muß! Ich, ſeine Mutter, bin jedenfalls weit mehr
zu beklagen wie du, mein Herzenskind! Mancher würdigere Mann wird
dir gern ſeine Hand bieten, ich aber behalte dieſeut einen Sohn - bis

heute war er mein Stolz
Die Commerzienräthin hatte alle Faſſung verloren. Zu unerwartet
kam ihr dieſer Schlag. Wilhelmine zerſtreute ſich mit dem Einpacken ihrer
Sachen und den Vorbereitungen zu ihrer Abreiſe, jene aber konnte nur
dem einen Gedanken Raum geben, daß ihr Sohn dies junge Mädchen
hatte an ſein Schickſal ketten wollen, während doch eine Andere, eine Un=
würdige
, ihn feſſelte. Jedenfalls wünſchte ſie nun doch zu erfahren, wer
dieſes reizende Ding' ſei, das er zu entführen im Begriff ſtand, und
wohin er mit ihr zu reiſen gedächte.
Sie telegraphirte daher an einen Geſchäftsfreund des Hauſes nach
Antwerpen die Bitte, daß er ihrem Sohne dort nach dem Bahnhofe folgen
und genau bemerken möge, mit wem er abreiſe und wohin!
Auf dieſe Weiſe ſicherte ſie ſich jedenfalls gegen jedes Leugnen von
ſeiner Seite und durfte hoffen, endlich die ganze Wahrheit zu erfahren.
Langſam ſchlichen beiden die Stunden hin. Stumm ſaßen ſie einan=
der
gegenüber, als der Abend kam. Sie hatten ſich nichts mehr mitzu=
theilen
, ſeit ihre Gedanken ſich mit einem für ſie gegenſeitig ſo peinlichen
Gegenſtande beſchäftigten
Morgen abend ſitze ich hier nun wieder allein," ſagte die Commer=
zienräthin
, ſehe dein liebes, roſiges, freundliches Geſichtchen nicht mehr,
du mein Herzenstöchterchen!
Und Wilhelmine dachte, daß auch ſie morgen fern von hier ſein, nicht
mehr horchen würde auf ſeinen Schritt, nicht mehr freudig erzittern bei
ſeinem Nahen, nie und nimmer ihn mehr erwarten dürfe - nach
ſolchem an ihr verübten Verrath, nach ſolchem Beweis der Treuloſigkeit-
Mitten in der Nacht wurde die Commerzienräthin durch eine tele=
graphiſche
Depeſche geweckt. Sie kam aus Antwerpen und lautete, daß
ihr Sohn in Begleitung von noch jemand mit dem Nachtzuge nach ſeiner
Heimath abgereiſt ſei, in einem Coupé 1 Klaſſe, das niemand hätte theilen
dürfen, und deſſen Vorhänge er ſorgfältig herabgelaſſen. Was er trug,
wäre ungewöhnlich klein geweſen; er hätte etwas wie ein Kind unter
ſeinem Mantel gehalten und aller Augen ſorgfältig entzogen
Ein Kind ſchon? Um GotteswillenIu rief die Mutter. Das wird
immer beſſer! Eine Zwergin wird er nicht entführt haben Ein Kind!
Die Mutter wird unterwegs krank geworden ſein Er hat dem Räuber
nur das Kind abgejagt
Ihr Zorn gegen ihren Sohn hatte ſich ſichtlich vermehrt durch die
Depeſche.
Gleich mit dem erſten Morgenzuge ſollte Wilhelmine abreiſen. Die
Commerzienräthin ſelbſt begleitete ſie auf den Bahnhof und war froh,
ſie entfernt zu wiſſen, bevor ihr Sohn eintraf. Sie hatte ſie zu lieb,
um zu wünſchen, daß ſie ihr Herz an einen Mann hingäbe, welcher ihre
Neigung ſo wenig zu würdigen im Stande ſei. Den Inhalt der Depeſche
verſchwieg ſie.
In großer Aufregung ſah ſie der Rückehr ihres Sohnes und ihrem
erſten Begegnen mit ihm entgegen. Auf dem Bahnhofe wollte ſie ihn
nicht erwarten, um ja der Sache keine Oeffentlichkeit zu geben.
Als der Tag ſeiner Ankunft herankam, fuhr ſie noch eine Stunde
ſpazieren, um ſich in der freien Natur zu beruhigen und zu faſſen, bevor
ſie ihn wieder im Hauſe wußte.
Alfred Goldenheim war bereits eingetroffen, als ſie ihre Wohnung
wieder erreichte. Zu ſeiner unglaublichen Ueberraſchung hatte er von dem
Diener vernommen, Fräulein Meyring wäre vor drei Tagen abgereiſt.
Was war denn geſchehen'u fragte er beſtürzt. Iſt ihr Vater
vielleicht erkrankt ?-
Er erhielt darauf keine Antwort. Niemand konnte ihm mittheilen,
was vorgefallen, um dieſe plötzliche Abreiſe zu veranlaſſen.
Mit ſteigender Ungeduld erwartete er die Rückkehr ſeiner Mutter.

[ ][  ]

110

63 29.

Die Commerzienräthin hatte kaum ihr Zimmer betreten und ihrer
Dienerin Hut und Shawl übergeben, als ihr Sohn mit haſtigen Schritten
die Treppe hinaufeilte und raſch bei ihr eintrat.
Sage mir, was hat ſich ereignet? Warum iſt Minna fortpu fragte
er faſt in Einem Athem-
Sie wartete bis die Thür ſich hinter ihrer Zofe geſchloſſen; dann
ſagte ſie kalt: Um dich nie wiederzuſehen! Dabei ließ ſie ſich erſchöpft
in einen Armſtohl nieder.
Wie? Mich nicht wiederſehen? Und die Gründe Zu rief er beſtürzt.
Die wird dein eigenes Gewiſſen dir beſſer ſagen, als ich es kann!
Wahrlich nein! Was iſt denn? Ich bin mir ja nicht der gering=
ſten
Schuld bewußt, Mutter!
Ihr Männer wüßt euch immer zu entſchuldigen, wenn es uns Frauen
betrifft,u verſetzte die Commerzienräthin bitter. Doch einem unſchuldigen
Mädchen das Geſtändniß ſeiner Liebe ablocken wollen, während man irgend
eine Landläuferin zu entführen abreiſt, das geht zu weit!
Was? Ich verſtehe dich nicht, Mutter!u ſagte der Sohn wirklich
betroffen.
Du willſt mich nicht verſtehen!
Wovon iſt denn die Rede? Womit habe ich denn Minna gttäuſcht?
Das fragſt du noch zu ſagte die Mutter ſirenge und zog den Brief
aus ihrer Taſche, welcher von ſeiner eigenen Hand das Bekenntniß ſeiner
Schuld enthielt.
Himmel rief Alfred. Welche Zerſtreuung! So habe ich den
Brief an Minna an Möſer adreſſirt, der nicht wiſſen wird, in welchem
ſchönſten Momente meines - Ha, ha, hal Die Sache iſt zum Todt=
lachen
!
Für dich, wie es ſcheint! Hätteſt du Minna's thränenſchwere Augen
geſehen, mit denen ſie mir das unglückliche Blatt überreichte, du könnteſt
unmöglich ſo gefühllos ſein, der Sache noch rohen Scherz abgewinnen zu
wollen! Das arme Mädchen hat eine herbe Erfahrung gemacht und ich
bebaure nur, daß ſie ſie an meinem Sohne hat machen müſſen! Ich
bin gewiß keine ſtrenge Mutter, ich kann meinem Kinde manches verzeihen,
dem Leichtſinn der Jugend manches zugute halten, aher die Ehrenhaftigkeit
muß auch dem jüngſten Manne innewohnen, offen und wahr zu bleiben.
Du warſt ſeither mein Glück und mein Stolz. An deinem Hochzeitstage
gedachte ich das Gewand der Trauer abzulegen, die heitere Zukunft heiter
mit dir zu durchleben und durch den Anblick deines Glücks auch das meinige
neu erblühen zu ſehen. Der ſchöne Traum iſt hin! Dies ſchwarze Ge=
wand
trage ich von heute an nicht mehr um den Vater, ſondern im den
Sohn. Auch dich hab ich verloren, denn ich habe dich zu achten aufgehört!
Der Ernſt ſeiner Mutter hatte jetzt auch Alfred ernſt geſtimmt. Er
blickte ſie betroffen, doch immer noch verwundert an
So hoch ſchlägſt du dieſe Reiſe nach Antwerpen anzu fragte er
lopfſchüttelnd. So ſehr mißdeuteſt du Wohl, ich geſtehe, ich habe
eine Schuld, die mein Gewiſſen drückt! Ich habe das Verſprechen, das
ich dem Vater gab, nicht gehalten! Ich habe mich in ein Comits erwählen
laſſen. Du kennſt meine Leidenſchaft für die Natur. Die Zumuthung,
in die Direction des Zoologiſchen Gartens zu treten, lehnte ich ab, aber
ich war als ungenannter Beiſitzer das thätigſte Mitglied der Actionäre.
Der Zoologiſche Garten, die Freude und der Stolz der Stadt, iſt mein
Werk. Keine Mühe ſcheute ich, ihn zu bereichern. Reiſen machte ich,
ohne allerdings dabei immer an mein Geſchäft zu denken rein aus Be=
geiſterung
für die wilden Thiere. Ich will mich darin mäßigen. Dieſe
Eroberung ſei mein letztes Abenteuer!
Die Mutter traute ihren Ohren nicht
Zoologiſcher Garten -2u ſtammelte ſie... Welche Eroberung -
Ein junges Weibchen ein allerliebſtes Ding, das uns durchaus
der Agent des Zoologiſchen Gartens in Edinburgh entführen wollte. In
Antwerpen ertappte ich den Beſitzer, den Thierbandiger Martin, und bot
einen Preis, der uns die Ehre einbringt, das einzige Exemplar eines weib=
lichen
Chimpanſen zu beſitzen-
Die Mutter war aufgeſtanden und mußte ſich am Stuhle halten-
Chim - pan - ſe - Zu ſtotterte ſie.
Jak Du kennſt aus meinem Zoologiſchen Atlas die garſtige, aber
höchſt ſelten in Enropa ausdauernde Affengattung
Affen
Das Lachen beirer wurde bei der Mutter zuletzt von Thränen erſtickt
Thränen der Rührung - der Freude über - den wiedergewonnenen
Sohn.
Alfred zeigte die quittirte Rechnung für das junge Chimpanſeweibchen
und ſagte: 3ch habe ſie behandelt auf der Reiſe wie ein Kind! Gebe
der Himmel, daß ſie uns nicht ſtirbt
Die Commerzienrälhin hielt zitternd in ihrer Hand die Quittung für
die Summe, welche ihr Sohn für die junge Aoffin entrichtet
Um dieſes Geſchöpfes willen haſt du nun Minna in Thränen davon=

ziehen laſſen? Warum in aller Welt nannteſt du denu auch nicht einen
Affen einen Affen und täuſchteſt uns ſo grauſam?
Und warum, möchte ich fragen, ließet ihr euch ſo grauſam täuſchen?
Aber habe ich dieſe Entführung nicht glücklich bewerkſtelligt, ſo ſoll mir
eine zweite beſſer gelingen. Ich reiſe ſofort Minna nach und führe ſie
dir mit eben dem Triumphe zurück, wie heute meine arme Chimpanſin,
die wahrſcheinlich einige Tage nicht überl.bt - falls nicht vier Profeſſoren
der Zoologie die wir auf unſere Koſten an den Unive ſitäten befragten,
die rechte Behandluug rathen - Adieul Adieu!Auf baltigee Wederſehen
Mein Sohn! Mein Sohn! Verzeihe mir meine harten Beſchul=
digunges
! Sieh; das kommt davon, wenn man das Unſchuldigſte in den
Schleier des Geheimnißvellen hüllen will lu rief die Commerzienräthin,
ihn zu ückhaltend und an ihre Bruſt ziehend.
Rein, ſagte der Sohn der zärtlichen Mutter, die ihn nicht einmal
an das dem Vater gegebene Verſprechen erinnerte, das kommt davon,
wenn man an dec Comitswuth krank iſil Der Vater hat recht gehabt!
Dieſe zooloçiſche Manie frißt nicht nur in den eiſernen Käfigen das Fleiſch
den Armen vor der Naſe weg, ſondern uns ſelbſt auf
Noch bevor des Herbſtes Blätter fielen, zog Frau Commerzienräthin
Goldenheim ihre Trauerkleider aus, um Wilhelmine zum Altar zu geleiten
und von dort als junge Frau in ihr Haus. Die Geſchichte von der Ent=
führung
des Affenweibchens wurde aber noch häufig in vertrauten Freundes=
kreiſen
unter Lachen wiederholt.
In ihren zoologiſchen Studien hat die Firma Goldenheim&amp Sohn=
etwas
nachgelaſſen.

Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
81. Die Malerei in Darmſtadt.
(Fortſetzung.)
Unter Ludwig VIII. wurde viel in Darmſtadt gemalt. Er war ein
großer Freund von Porträts und Jagdbildern und beſchäftigte mit ſolchen
ebenſo hieſige wie auswärtige Maler. Außer den bereits genannten Malern
Fiedler und Löwenſtern ſind zu nennen: der Hof= und Jagdmaler
Eger der den jagdliebenden Landgrafen gewöhnlich in Jäger=Uniform
auf der Jagd begleitete, um ſogleich an Ort und Stelle Stoff zu ſeinen
Gemälden zuſammentragen zu können. Seine Bilder waren nur Wald=
und Jagdſtücke, von denen eine bedeutende Anzahl im Großherzoglichen
Beſitze ſind. Auch Bleiſtifiſkizzen, einzelne Thiere, Hirſchgeweihe u. ſ. w.
darſtellend, ſind in großer Zahl noch vorhanden. Ein anderer Jagdmaler
war der Maler Stolckmann. Landſchaftliche Darſtellungen lieferte der
Maler Sonntag, von dem in der Gemäldegallerie das große Bild von
der Neuſtadt Darmſtadt's zu ſehen iſt. Eine kleine Copie dieſes Bildes
enthält der Darmſtädter Antiquarius (neue Bearbeitung;v. Bedeutender
als die genannten war Konrad Seekatz.
Seekatz war am 4. September 1714 zu Grünſtadt in der Pfalz
geboren. Er war der Sohn eines Malers und machte ſeine Studien
bei ſeinem älteren Bruder in Worms, wo dieſer in der neuerbauten luth.
Kirche Verſchiedenes zu malen hatte. Er überragte in ſeinen Leiſtungen
bald ſchon ſeinen Lehrer verließ ihn aber doch erſt, als ihn der chur=
pfälziſche
Hofmaler Brinkmann an ſich zog, der damals einen gewiſſen
Künſtlernamen hatte. In Mannheim arbeitete er unter Brinkmann's
Leitung einige Jahre und ſchlug dann ſein eignes Atelier erſt in Worms
und dann in Darmſtadt auf, wo er ſich am 12. Septbr. 1753 mit der
Tochter des Naſſauiſchen Oberförſiers Stein verheirathete. In demſelben
Jahre erhielt er von Ludwig VIII. die Stelle eines Hofmalers, als
welcher er im Jahr 1768 am 25. Auguſt ſtarb. Die Urtheile über ſeine
künſileriſchen Werke ſind ſehr verſchieden von einander, einigen ſich doch
aber in dem Zugeſändniß, daß er kein gewöhnlicher Künſiler war.
Füßli 1ühmt ſeine Erfindungen als reich und wehlgeordnet, ſeinen Pinſel
als lühn, ſeine Zeichnung als richtig und ſein Kolorit als kröftigs. Er
malte ſehr verſchiedenartige Gegenſtönde, ebenſo größere hiſtoriſche Stücke,
wie Genrebilder: kleine Geſellſchaften, Bavern= und Zigennerſtücke, auch
Scharmützel, Plünderungen u. a. m. Auf allen Gemälden, die weibliche
Figuren enthielten, brackte er ſeine Frau an, die, obgleich ſie ſehr kor=
pulent
war, ihm als Schema aller weiblichen Figuren galt. Seine Bilder
kamen nach verſchiedene Städte Deutſchlands und Frankreichs, in letzteres
beſonders durch die Gurſt des franz. Oberſten Grafen Thorane, der in
Frankfurt a. M. eine Zeit lang die Königslieutenants=Stelle verſah. Die
Großherzogliche Gemälde=Gallerie beſitzt von ihm 16 verſchiedene Oelbilder,
darunter des Künſlers eignes Porträt, mehrere religiöſe Bilder, Still=
leben
und Genreſtücke. Anf dem Schloſſe Braunshardt finden ſich zwölf
ausgezeichnet ſchöne Supporten von Seekatz gemalt.
(Fortſetzung folgt)

Wittich'ſche Hofbuchbrucerei.

Redactien und Vezlag: L. C.