Beilage
zum
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
Dienſtag den 14. Juli
N. 28.
1868
Das Frag= und Anzeige=Blatt, die Beilage hierzu, ſowie das Verorduungs=Blatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen woͤchentlich; Erſteres Samſtags, die Beilage
Dienſtags ünd Letteres Dönnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtämtern abonniren. In Darmſtadt
Hei der Ewedition. Rheinſtrase N. 23 neu-
4531)
Be k a n ntm ach u n g.
Die Bewohner der Reſidenz und deren Umgebung werden hierdurch in Kenntniß
geſetzt, daß Montag den 13. Juli das diesjährige Zielſchießen der Großherzoglichen
Feldartillerie mit Geſchützen beginnt, und während des Monats Juli und vorausſichtlich
bis Ende Auguſt jeden Montag, Mittwoch und Freitag Vormittags
von halb 7 Uhr an, unter Umſtänden auch an denſelben Tagen Nachmittags, auf dem
hieſigen Artillerie=Exercierplatz ſtattfindet.
In Ausnahmefällen, bei ungünſtiger Witterung an einem der vorgeſehenen Schießtage,
wird die Schießübung an dem darauf folgenden Tage abgehalten werden.
Darmſtadt, den 12. Juli 1868.
Großherzogliches Commandement der Reſidenz=
Keim, General=Lieutenant.
4532)
d e r r u f.
Die auf Mittwoch den 15. d. Mts. annoneirte Berſteigerung findet eingetretener
Hinderniſſe wegen an dieſem Tage nicht, ſondern
Freitag den 17. d. Mts. Vormittags 9 Uhr
ſtatt.
Nathan Strauſ, Stadtgerichts=Taxator.
4533)
Bekanntmachung.
Die bei Anſchafſung von Straßenpflöcken
vor=
lommende Zimmerarbeit ſoll auf dem
Sou=
miſſionsweg vergeben werden.
1 Die hierauf bezüglichen Offerten ſind bis zum
Donnerſtag den 16. Juli l. J.
Vormit=
tags 11 Uhr bei unterzeichneter Stelle
einzu=
reichen, woſelbſt auch Voranſchlag und
Steig=
bedingungen zur Einſicht offen liegen.
Darmſtadt, am 13. Juli 1868.
Das Stadtbauamt Darmſtadt.
Hechler.
4434)
Bekanntmachung.
Nächſten Mittwoch den 13. Juli 1868.
Vor=
mittags 9 Uhr, werden die zum Nachlaß der
Gaſtwirth Chriſtian Wilhelm Fertig's
Ehe=
frau gehörigen Mobilien, beſiehend in gut
er=
haltenen Frauenkleider, Weißzeug, Bettwerk,
Möbeln, als: Kleiderſchränke, Kommode, Tiſche,
eine große Parthie Strohſlühle, Spiegel mit
und ohne Goldrahmen, ein Glasſchrank, ſodann
verſchiedene noch gut erhaltene Wirthstiſche,
fer=
ner Küchengeräthſchaften, worunter ſich zwei
Küchenſchränke mit Glasaufſatz beſinden, und
allerlei ſonſtiger Hausrath und endlich die
Wein=
vorräthe und einige Flaſchen Liqueurs nebſt
Fäſ=
ſern und Flaſchengeſtelle, in deren Wohnung,
Bleichſtraße Nr. 35. öifentlich an den
Meiſtbie=
tenden gegen gleich baare Zahlung verſteigert.
Darmſtadt, den 9. Juli 1868.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.
4435)
Bekanntmachung.
Nächſten Donnerſtag den 18. Juli 1868,
Vormittags 10 Uhr, wird eine in der Maſchi=
nen=Fabrik und Eiſengießerei dahier, Frankfurter
Straße Nr. 50 befindliche Locomotive
öffent=
lich an den Meiſbietenden gegen gleich baare
Zahlung verſteigert.
Darmſtadt, den 9. Juli 1868.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.
4437) Heugras=Verſteigerung.
Nächſten Donnerſtag den 16. Juli,
Nachmit=
tags 5 Uhr, wird das Heugras auf 12 Morgen
von meinen Scheftheimer Wieſen, wie in
frühe=
ren Jahren, loosweiſe bei Wirth Günther in
Roßdorf öffentlich verſteigert. Wer vorher
Einſicht vom Gras nehmen will, wende ſich an
Forſtwart Burck; auch wird Donnerſtag
Mit=
tag ſich Jemand auf den Wieſen befinden, um
die Looſe zu zeigen.
Darmſtadt, den 10. Juli 1868.
P. J. Har.
Feilgebotenes.
4392) Mehrere geſpielte 6½ octav. Claviere
ſind bei mir billig zu verkaufen. A. Struth,
Ludwigsſtr. 12,2 Treppen.
Für Corſetten=Fabrikanten.
Schwarzen und weißen baumwollenen
Näh=
zwirn liefert billigſt die mech. Zwirnerei von
Aug. Ferd. Günther,
4394)
in Beſigheim (Würtbg.)
Neue Matyes-Häringe
per Stück 6 kr.
Sardellen per Pfd. 32kr.
J. G. Jordis.
Mediciniſch=diätetiſche Präparate
aus der Malz-Extractfabrik von M. Diener, Stuttgart.
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Liebig's bereitetes reines Malz-Extract;
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Gibt durch einfaches Auflöſen in warmer Milch die berühmte Liebig'ſche „Suppe für
Säuglinge:, die nicht bloß ein vollſtändiger Erſatz der Muttermilch für dieſe, ſondern zugleich
ein höchſt concentrirtes, leicht verdauliches Nahrungs= und Stärkungsmittel für ſchwächliche
ſcrophulöſe Kinder, geſchwächte Kranke Gleich=u. Schwindſüchtige, Typhus=Reconvalescenten)
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104
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24
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Eck der Caſino= und Bleichſtraße Nr. 11
erlaubt ſich einem verehrlichen Publikum die Eröffnung ſeiner
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dahier höflichſt anzuzeigen und empfiehlt ſich in allen in dieſem Fache vorkommenden Arbeiten.
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Marktplatz Nr. 4.
3937) Riedeſelſtraße 42 ein möblirtes Zim=
4149) Hapeten von 8 kr. per Stück an,
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4081) Langegaſſe 17 ein Logis im
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Heim. Schweffel.
10
Maurer und Weißbinder, iſt bei Gaſtwirth
Schloßgraben Nr. 9 ein möblirtes Zim=
Schneider in Beſſungen und Handelsgärtner
V mer gleich beziehbar.
Schmitt am Friedhof.
4396) Ein Fruchtſpeicher iſt zu vermiethen.
Friedrich Steinmetz. Näheres bei der Expedition.
4539) Zwei möblirte Zimmer zuſammen oder
4536) Johannisbeeren zum Einmachen
bei
J. Kiſſel, untere Schützenſtraße 10. getheilt zu vermiethen, Riedeſelſtraße 48.
4540) Ein Logis zu vermiethen bei
4537) Gute Frühkartoffeln bei
G. Dietrich am Sporerthor.
P. Bimmermann, in der Kiesſtraße.
3
bei
Neue grüne Kern
J. G. Jorbis
Vermiethungen.
1854) Louiſenplatz Nro. 4 im 3. Stock ſind
mehrere Zimmer mit Küche und allem Zubehör
zu vermiethen und alsbald zu beziehen.
3791) 1) Dem Gymnaſium
gegen=
über bei Buchbindermeiſter Pfers.
dorf, die bel Etage, in 5 ſchönen Zimmern
Küche, Vorrathskammer, Keller, Holzplatz, ſowie
einer Magd= u. Bodenkammer, für 240 fl. jährlich.
2) Deßgleichen im 3. Stock
ein Logis mit 2 großen Zimmern, 1 Kabinet,
Küche, Boden, Keller ꝛc. für 110 fl. jährlich.
Gnſtav Georg Lange.
3812) Ein möblirtes Zimmer mit Bedienung
zu vermiethen und Anfang Juli zu beziehen.
Steinſtraße Nr. 36.
3862) Ludwigsſtraße Nro 14 iſt im erſten
Stock ein ſchönes Zimmer mit Möbeln ſogleich
zu vermiethen.
Vermiſchte Nachrichten.
4541) Dr. Metzler
wohnt Hügelſtraße 29 neben der Polizei.
116) Ein junger Mann mit den nöthigen
Vorkenntniſſen kann in einem Waarengeſchäfte
als Lehrling eintreten. Rheinſtraße 8 neu.
2610) Ein Junge kann in die Lehre treten
bei
Carl Schnabel, Hof=Schloſſermeiſter.
o) bie dune enthiehs Adeihes
K in der Küche u. Hausarbeit wohl erfahren,
GNO
E findet gegen hohen Lohn eine Stelle.
Louiſenſtraße Nr. 18.
4
C4
C
.
4a
22
„2₈
N4ANANNLiRATNLUNTNNTTANN
4015) Geübte Stickerinnen, beſonders
auch für Plattſtickereien, finden dauernde
Beſchäftigung bei C. F. Lemmler, Ludwigsplatz.
SſEin kleines Harmonium wird auf einige
5 EZeit zu leihen geſucht. Näheres bei der Exp.
eſucht für auswaͤrts eine brave Perſon
Amit guten Zeugniſſen zu 3 kleinen Kin=
5
dern. Eintritt in 4 Wochen. Näheres
Rhein=
ſtraße 23 Seitenbau.
Cüchtige Maſchinenſchloſſer
finden gute Stellen in. der Maſchinenfabrik
von A. R. Seebass & Co.
4513)
in Offenbach a. M.
(rauenzimmer, die ſich mit Stramin=
7e arbeiten beſchäftigen, wollen ſich
J 69 gefälligſt melden, bei fortdauernder
Beſchäftigung und augenblicklicher
Zahlung. Auch erbietet man ſich ſolche, die noch
nicht geübt ſind, unentgeldlich vollſtändig zu
Hölgesſtraße 13.
unterrichten.
4516) Ich ſuche einen qualificirten zweiten
Scribenten zum alsbaldigen Eintritt.
Dr. Osunn.
4520) Carlsſtraße Nr. 36 finden geübte
Straminſtickerinnen dauernde Beſchäftigung.
4522) Es werden noch einige große
Stick=
rahmen zu kaufen geſucht. Hölgesſtraße 13.
4430) Eine röthliche Katze, etwas getiegert,
mit weißer Bruſt und Füßen, hat ſich vor etwa
8 Tagen verlaufen. Wer dieſelbe Nieder=
Ram=
ſtädter Straße Nro. 14 neu abgibt, oder die
nöthigen Angaben zur Wiedererlangung derſelben
machen kann, erhält eine gute Belohnung.
4542) Einen Taglöhner ſuche für mein
Geſchäft. H. Sonuthal, Feilenhauer.
Sſßin junger Mann, welcher eine ſchöne Hand
E1 ſchreibt und mit allen Büreau=Arbeiten
E.
vertraut iſt, wünſcht mit ſolchen ſeine
Frei=
ſtunden auszufüllen. Näheres bei der Exp. d. Bl.
4544) Ein reinliches Mädchen, welches im
Weißzeugnähen und Ausbeſſern geübt iſt, wünſcht
noch einige Tage in der Woche beſetzt zu haben.
Zu erfahren ſtiesſtraße Nr. 25.
2 Gulden Belohuung!
4545) Am Sonntag Abend zwiſchen 7—8 Uhr
wurde auf dem Weg von der Eiſenbahn durch
die Anlage bis zur Reiter=Caſerne ein goldner
Ring mit den Buchſtaben A. H. verloren.
Wer denſelben am Marienplatz Nr. 7 abgibt,
erhält obige Belohnung.
4546) Sonntag den 12. wurde auf dem
Weg von der Ludwigshöhe ein braun ſeidener
Schirm verloren. Der Finder wird um
Zu=
rückgabe gegen gute Belohnung gebeten.
Hölges=
ſtraße Nr. 13.
4547) Ein braun=ſeidener En tont=cas mit
weißem Griff wurde vom Neckarthor auf der
Chauſſee bis Eberſtadt verloren. Der redliche
Finder wird gebeten, ihn gegen Belohnung
ab=
zugeben Caſinoſtraße Nr. 31.
. 28
105
4548)
Vericht des Vorſtandes der Rſeinkinderſchuſe in Darmſtadt
für das Jahr 1867
erſtattet in der Generalverſammlung des Vereins am 6. Juli 1868.
Zu Ende des Jahres 1866 beirug die Anzahl der in unſerer Anſtalt
aufgenommenen Kinder
134
Im Lauſe des Jahres 186⁄ wurden neu aufgenommen.
88
Zuſammen
223
Hiervon ſind im Jahr 1867 geſtorben.
8
in die Schule entlaſſen worden
24
wegen anhaltenden Nichtbeſuchs der Anſtalt
43
ausgeſchloſſen worden
freiwillig ausgetreten
.I4-
Der Abgang betrug hiernach im Ganzen
89
und der Beſtand am Schluß 1867
133
nämlich 63 Kuaben und 70 Mädchen.
Der Beſtand der Schule iſt daher gegen das Vorjahr ziemlich gleich
geblieben, dagegen iſt in dem Schulbeſuch eine bedauerliche Abnahme zu
bemerken geweſen. Die Anzahl der Schulbeſuche belief ſich nämlich an
294 Schuſtagen auf.
21567
während in 1856 an 292 Schultagen auf
23988
und in 1865 auf
24856
Im Durchſchnitt haben täglich 73 Kinder die Schule beſucht lgegen
82 im Jahre 1866 und gegen 85 im Jahre 1865) und betrug die mittlere
Zahl der täglichen Schulverſäumniſſe 72. Nur in den Monaten Juni,
Juli, October, November und December überſtieg die Anzahl der
Schul=
beſuche diejenige der Schulverſäumniſſe, in den übrigen Monaten fand
das umgekehrte Verhältniß ſtatt. Dieſe große Zahl der Schulverſäumniſſe
iſt um ſo auffälliger, da der Geſundheitszuſtand der Kinder im Ganzen
ein befriedigender war und da in der ſorgſamen Ueberwachung und
liebe=
vollen Behandlung, ſowie in der ſachgemäßen, auf bewährte Erfahrung
gegründeten Beſchäftigungsweiſe der Kinder, wie ſich Jedermann täglich
ſelbſt überzeugen kann, keine Aenderung eingetreten iſt und wird der
bedauerliche Rückgang des Schulbeſuchs wohl hauptſächlich auf den, auch
bereits in unſeren beiden vorigen Jahresberichten angedeuteten Umſtand
zurückzuführen ſein, daß vielen Eltern die Bezahlung des Beitrags von
täglich 2 kr. zur Verköſtigung unmöglich iſt oder ſchwer fällt. - Hier
kann nur die auch bereits früher von uns angerufene Privatwohlthätigkeit
Abhülfe bringen. - Für die Verköſtigung der Kinder und Bedienſteten
der Anſtalt, ſind im vorigen Jahre 1611 fl. 42½ kr. aufgewendet worden,
während an den erwähnten Verköſtigunzsbeiträge: nur 118 fl. 34 kr.
eingegangen ſind, ſo daß alſo beinahe 900 fl. zugelegt werden mißten.
Dieſer Zuſchuß iſt ſchon ein ſehr beträchtlicher und es erſcheint bei den
dermaligen finanziellen Verhältniſſen der Anſtalt nicht räthlich durch eine
Verminderung jener Beiträge, dieſen Zuſchus noch zu erhöhen. Um ſo
erfreulicher würde es daher ſein, wenn unſere ſchon mehrmals an bemittelte
Menſchenfreunde gerichtete Bitte, durch Stiftung von Freiplätzen gan;
armen Eltern die ſegensreichen Wirkungen unſerer Anſtalt für ihre Kinder
auch für verdienſtloje Zeiten zugänglich zu machen, welche Bitte wir hier
zu wiederholen uns erlauben, willfähriges Gehör fände.
Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, dem allergnädigſten
Protector unſerer Schule, ſind wir für das derſelben auch im verfloſſenen
Jahre am Namenstage Ihrer Königlichen Hoheit der höchſtſeeligen
Groß=
herzogin Mathilde bewilligte Geſchenk von 100 fl., ſowie für die den
Kindern bereitete Chriſtbeſcheerung zu tiefſtem Danke verpflichtet.
Die Rechnung der Anſtalt, welche nach Prüſunz durch den Ausſchuz
nebſt den zugehörigen Urkunden der verehrlichen Generalverſammlung zur
Einſicht vorliegt, enthält in ihren einzelnen Rubriken die folzenden Ergebniſſe:
Ordentliche Einnahme:
1) Beiträge zur Unterhaltung der Anſtalt:
a. von Allerhöchſten Herrſchaften 116 fl. - kr.
b. „ der Stadt Darmſtadt 300 „
„
895 „ 47
C. „ Privaten
1342 fl. 47 kr.
718 „ 54 „
2) Beiträge der Kinder zu ihrer Verköſtigung
571 „ 57 „
3) Zinſen von ausgeliehenen Kapitalien
8½ „
2 „
4) Ertrag der Armenbüchſe
25 „ 41 „
5) Einnahmen verſchiedener Art.
2661 fl. 271 kr.
Zuſammen
2275 fl. 451 kr.
4931 fl. 12½ kr.
Außerordentliche Einnahme:
fl.
kr.
6) Kaſſevorrath aus 1866 (Betriebskapitah 10 4 18½
7) Ausſtände.
109
8) Zurückempfangene Kapitalien:
790
9) Aufgenommmene Kapitalien
10) Vermächtniſſe und beſondere Geſchenke 344 27
Summe aller Einnahmen
Ordentliche Ausgabe:
11) Oeffentliche Laſten
47 fl. 18 kr.
12) Zinſen von aufgenommenenen Kapitalien
„
„
13) Verköſtigung der Kinder
1611 „ 42½ „
14) Bekleidung der Kinder
11 „ 40 „
15) Reinigung der Kinder
71 „ 26 „
16) Feſtlichkeiten der Kinder
7
54 „ „
„
17) Schulbücher
7
2 „
„
18) Unterhaltung der Gebäude
61 „ 37
„
19) Hausgeräthſchaften
40 „ 38 „
20) Brennmaterialien
186 „ 22¾ „
21) Gehalte der Angeſtellten
643 „ 30 „
22) Remunerationen
78 „ 36 „
23) Erhebgebühren
39 „ 50 „
24) Kanzleikoſten
50 „ 22 „
25) Uneinbringliche Poſten
"
„
26) Ausgaben verſchiedener Art
34 „ 4 „
Zuſammen
2933 fl. 201 kr
Außerordentliche Ausgabe:
27) Zurückgezahlte Kapitalien:
28) Ausgeliehene Kapitalien
952 fl. 30 kr.
Summe aller Ausgaben
952 fl. 30 kr.
3885 fl. 501 kr.
Vergleicht man die Summe der ordentlichen Einnahmen von 2661 fl. 274 kr.
mit der Summe der ordentlichen Ausgaben von
2933 „ 20½ „
ſo ergiebt ſich ein Ausgabe=Ueberſchuß von
271 fl. 53 kr.
Durch die der Anſtalt zugefloſſenen Vermächtniſſe und beſonderen
Geſchenken im Betrag von 344 fl. 27 kr., (worunter ſich neben der bereits
erwähnten Gabe Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs ein Geſchenk
der Mathilden=Stiftung für Starkenburg im Betrage von 100 fl., ſowie
zwei Legate von je 5 fl. (nämlich Seitens des Bürgers und Weißbinders
Johann Diniel Lauer dahier und Seitens der Ehefrau des
Schneider=
meiſters Heinrich Mauer dahier, Magdalene, geb. Hinkel befindet), iſt
zwar dieſes Deſicit gedeckt worden, dasſelbe beweiſt aber von Neuem,
daß die finanzielle Lage unſerer Anſtalt keine ſorgenfreie iſt und daß wir
fortwährend der Unterſtützung ſehr bedürfen, um welche wir hierdurch
wiederholt zu bitten nicht unterlaſſen wollen. Daß wir hierzu guten
Grund haben, dürfte ſchon aus den nachſtehenden Zahlen zur Genüge
her vorgehen. Es hat nämlich der Aufwand für die bloße Verköſtigung
der Kinder und Bedienſteten betragen:
„ 1866 1447 „ „ 53 „ „
„ 1367 1611 „ 42) während andererjeits die regelmäßigen Beiträge zur Unterhaltung Anſtalt ſich beliefen: im Jahr 1884 auf 1418 fl. 40 kr. „ „ 1365 „ 1331 „ 31 „ " „ 1866 „ 1374 „ 35 „ "
„ 1867 „ 1342 „ 47 „
Das ſtete Steigen der Ausgaben und das fortwährende Sinken der
Einnahmen iſt ohne Zweiſel beſorgnißerregend und rechtfertigt unſere
dringende Bitte, daß man nicht nachlaſſen möge, uns durch Zuwendung
thatkräftiger Hülfe in der Förderung der menſchenfreundlichen Zwecke
unſerer Anſtalt beizuſtehen.
6
4549)
Hon
54
Turner=Feneiwoor:
Uebung der ganzen Mannſchaft Montag den 20. Juli Abends 8 Uhr.
Obmann.
Einquartierung
wird angenommen bei H. Vornoſſ,
Mainzer Hof, große Ochſengaſſe.
106
M. 28.
Aus dem garniſonleben.
Schluß.
„Da wünſch ich guten Fortgang;, antwortet der Diviſionär ſichtlich
erfreut. „Iſt mir ſehr angenehm. Sollten Sie einiger Modelle
bedür=
fen, meine Sammlung ſteht Ihnen jederzeit zum Gebrauch offen. Aber,
lieber Freund, überarbeiten Sie ſich nicht, ſchonen Sie ſich. Wenn ich
nicht irre, hatten Sie ſich um Urlaub gemeldet, freilich auf etwas lange
Zeit, aber tüchtigen Officieren, welche neben dem wiſſenſchaftlichen
Stu=
dium auch die Pflichten gegen die Geſellſchaft nicht vernachläſſigen, wird
eine ſolche Erholung gern gegönnt. Damit wendet ſich Se. Excellenz
weg zu einer Gruppe von Damen, welchen L. eben die Ordnung der
Tänze mittheilt, und läßt unſern Blaſſen beruhigt zurück.
Der Saal hat ſich gefüllt, der größte Theil der Geladenen iſt
er=
ſchienen. Junge Baroneſſen und alte Geheimräthe, ſtolze Gräfinnen und
ſchüchterne Referendare, lange Kammergerichtspräſidenten und kurze
Ren=
tiers, ſogar noch zwei etwas zu ſpät kommende Artillerieofficiere und der
Bataillonsarzt haben ſich eingeſtellt, aber noch immer blickt der Adjutant
ſehnſüchtig nach der Thür. Jetzt öffnet ſie ſich wieder - diesmal muß
ſie es ſein - aber nein, grauſames Schickſall Fünf Hautboiſten des
Regiments treten ein und werden von L. auf einen hinter dichten
Bos=
quets dem Auge der Tanzenden verſteckten Platz gewieſen.
Nachdem Jacques, vom ehrlichen Johann unterſtützt, den
unvermeid=
lichen Thee mit Backwerk präſentirt, fordert das Orcheſter die Geſellſchaft
durch einige Accorde zum Beginn der Polonaiſe auf. Allgemeines
Durch=
einander. Se. Excellenz bietet der Frau vom Hauſe den Arm und
eröff=
net den Feſtzug, Major N. folgt mit einer alten Baroneſſe und ſo ſchließt
ſich ein Paar nach dem andern den Vortanzenden an. Bald iſt Alles in
vollem Gange, nur der Adjutant ſteht noch rath= und thatlos am
Ein=
gange, keine Dame iſt für ihn übrig geblieben - da plötzlich werden die
Flügelthüren von Jacques und Johann zu gleicher Zeit aufgeriſſen und
unter den ſchmetternden Tönen der Inſirumente erſcheint ſie, die
längſt=
erwartete, heißerſehnte Commerzienräthin.
Entzückt blickt der ungeduldig Harrende auf die ſchöne junge Frau,
deren glänzend dunkles Haar und alabaſterne Schultern ein ſchwarzes
Atlaskleid nur um ſo ſchöner erſcheinen läßt. Ueberraſcht ſieht ſie ihn
vor ſich, ihn, für den ihr Herz einſt in Liebe ſchlug und vielleicht noch
ſchlägt. Sprachlos legt ſie ihre Hand in die ſeinige und als ob ſich
das von ſelbſt verſtände, und eins nur auf das andere gewartet hätte,
ſchließen ſich beide dem Reigen an. Nach einigen kleinen Irrungen durch
die Schuld des Artilleriemajors veranlaßt, der nie rechts=, ſondern immer
nur linksumkehrt machen will, neigt ſich die Polonaiſe ihrem Ende und
die Muſik geht plötzlich in einen Walzer über. Dies iſt ein Zeichen für
die ältern Herrſchaften, ſich aus der Reihe der Tanzenden zurückzuziehen,
und die Jugend fliegt nun im raſchern Takte durch den Saal.
L. als maitre de plaisir iſt in voller Geſchäftigkeit, bald gilt es,
der Muſik Weiſung zu ertheilen über den Takt und die Stärke der Töne,
bald iſt ſeine Gegenwart nothwendig, um zwei ſich noch fremd
Gegen=
überſtehende näher mit einander bekannt zu machen, dort wünſcht man
Auskunft über die Reihenfolge der Tänze beim Cotillon, und ſo iſt x.
ein Ueberall und Nirgends. Nach dem Ende des erſten Tanzes ziehen
ſich die älteren Herren an die Spieltiſche im Nebenzimmer zurück - die
jungen Damen flüchten zu ihren Müttern, welche etwaige Derrangements
in der Toilette in Ordnung bringen.
Die Herren treten zu einem dichten Kreis zuſammen, und man hört
verſchiedene Bemerkungen, wie: „dieſe Hitze”, „tanzte meine Dame ſchlecht!
„Doctor, haben Sie nicht ein niederſchlagend Pulver bei ſich ?u „Luft!
Luft! Clavigol” Jacques und der ehrliche Johann erſcheinen abermals
mit Speiſ und Trank. Erſterer durchbricht die Crinolinenmauer und
findet Abnehmer ſeiner Erquickungen beim ſchönen Geſchlecht; letzterer
verweilt bei den Herren und läßt ſich durch das Kopfſchütteln derſelben
nicht dazu bringen, weiter zu gehen. Ja, als Lieutenant O. ihm endlich
ſagt: „3ch danke, ich habe genug', erwidert der Musketier treuherzig:
„Langen Sie nur zu, Herr Lieutenant, es iſt noch mehr draußenv.
Ein neuer Tanz beginnt und der Bataillonsarzt iſt zum Zuſchauen
verurtheilt, denn keine Dame fand ſich für ihn.
„Doctor, warum tanzen Sie nicht zu fragt x.
7Sie ſehen, ich habe keine Tänzerin”
„Hätten Sie ſich nur die Mühe genommen, einen Blick in das
Ne=
benzimmer zu werfen, ſo würden Sie dort noch zwei ſehr hübſche, junge
Damen entdeckt haben. Allons, folgen Sie mir!
Halb gezwungen läßt ſich der Doctor von L. hinausziehen und
erblickt dort eine junge Dame in vornehm nachläſſiger Haltung auf
dem Sopha.
„Meine Gnädigſtel, Herr Doctor N. bittet um die Ehrei, ſtellt x.
den Jünger des Aesculap der jungen Comteſſe vor.
Nach einigem Zögern erhebt ſich dieſelbe und legt nicht eben mit der
freundlichſten Miene ihren Arm in den des gepreßten Tänzers.
„Ich bitte, nur einmal herum” bemerki ſie, nachdem ſie kaum die
Hälfte des Saals durchpolkt, in etwas beſehlendem Tone, „das Tanzen
greift mich an”
„Dann würde ich Ihnen rathen”, erwidert N., ganz in ſeinen
Ge=
danken verloren, Patientinnen zu erobern, „gar nicht auf einen Ball zu
gehen. Zu beklagen iſt es aber daß gerade immer der beſſern Tänzerin
dieſe Bewegung ſo ſchlecht bekommt. Ich glaube, es liegt in der
Körper=
conſtitution der Damen - und nun läßt ſich der Doctor in eine
weit=
läufige Auseinanderſetzung ein über den Einfluß des Tanzes auf das
Wohlbefinden des Menſchen und umgekehrt der phyſiſchen Eigenſchaften
auf die Fertigkeit in ſolchen Uebungen, ſodaß die Comteſſe ein „
Hor-
rour” und ein „Abominable! über das andere in ſich hineinflüſtert
und mit dem Taſchentuch wiederholt die Luft durchfächelt, als wenn die
Unterhaltung des wackern Aesculap ſie zu erſticken drohe.
„Kennen Sie den Officier” fragt da die Gräfin 9. ihre Nachbarin,
die Baroneſſe Z. „mit welchem meine Tochter tanzt?
„Ah, ma chére," erwidert die Gefragte, nachdem beide Damen den
Arzt durch die Lorgnetten gemuſtert, „Sie irren, das iſt die Uniform der
Militärärzte.”
„ Comment ?igentgegnet die Gräfin befremdet, nein Arzt, ein
chi=
rurgisn bei Frau von R.? In dieſer gewählten Geſellſchaft? Iſt er
von Adel Lu
„Certainement” meint die Baroneſſe und abermals richten ſich die
Lorgnetten beider Damen auf den Armen, um zu erforſchen, welchen
Ur=
ſprungs er ſich zu rühmen habe.
„Mir ſcheint, dieſer Herr findet nicht viel Geſchmack am Tanzen=,
bemerkt die Baroneſſe weiter, „ich beobachte das Paar ſchon ſeit geraumer
Zeit und glaube, daß ſie kaum zwei Touren gemacht haben. Bei der
großen Paſſion von Comteſſe Antoinette für die Polka iſt es wirklich zu
bewundern. Doch jetzt ſcheint ſich ihr ein Erlöſer zu nahen. Vraiement!
Der kleine Artillerieoficier bittet um eine Extratour, charmanter junger
Mann, dieſer Lieutenant H..
„Es iſt doch auffallend: bemerkt die Gräſin, „daß ſo wenig Adel
in der Artillerie dient, ich ſehe es nicht gern, wenn meine Tochter mit
einem dieſer Herren tanzt.
„Die meiſten dieſer Leute haben wenig Bildung. Herr Lieutenant
H., ſeine Mutter war eine geborene von St.-, macht eine rühmliche
Ausnahme.”
„Der junge Mann tanzt wirklich gut” meint die Gräfin und blickt
beruhigter auf ihre Comteſſe Tochter, da ſie in Erfahrung gebracht, daß
ein Sprößling der von St.'ſchen Familie in der Artillerieuniſorm ſteckt.
So verſtreicht die Zeit unter Tanzen, Spielen, Schwatzen und
Me=
diſiren und ſchneller, als man gedacht, hat das Muſikcorps die letzte
Polka vor dem Souper abgeſpelt. Allgemeiner Aufruhr, paarweiſe zieht
man in die hintern Salons, wo eine reichbeſetzte Tafel der Müden und
Hungerigen und Batterieen von Weinflaſchen der Durſtigen warten.
Nach=
dem ſich L. bei Anweiſung der Plätze, richtigen Vertheilung des Getränks,
zweckmäßigen Aufſtellung der Dienerſchaft wieder unentbehrlich erwieſen,
läßt er ſich erſchöpft, aber ſelig, an der Seite Juliens nieder. Ihm
gegenüber ſitzt der Adjutant mit der Commerzienräthin, der Blaſſe mit
Fräulein Helene und Doctor N. mit deren Schweſter Anna, welche in
Gemeinſchaft mit den Officieren ſich beſtrebt, ihn nach Möglichkeit wegen
einer zierlichen Pas und mediciniſchen Phraſen zu necken. Comteſſe 9.
hat ſich aus ſeiner fürchterlichen Nähe an einen andern Tiſch geflüchtet,
wo ihr Herr von F., ein hoffnungsreicher Referendar, auf „erquiſite=
Weiſe den Hof macht.
Nach dem Souper folgt ein brillanter Cotillon, bei dem ſich L.
aber=
mals mit Ruhm bedeckt und ſo liebenswürdig zeigt, daß beim Schluß
des Balls die ſchöne Julie ihm nicht nur mit Blick und Worten, ſondern
ganz verſtohlen auch mit der Hand dankt.
Gegen 3 Uhr Morgens trennt ſich die Geſellſchaft. Zu Hauſe
an=
gekommen muß unſer Held die Feder ergreifen, den mit Dinte
über=
flutheten Rapport nochmals copiren, und während der Adjutant von
ſchö=
nen hoffnungsvollen Tagen an der Seite ſeiner wiedergefundenen
Gelieb=
ten, Lieutenant O. von Haſen und Rehen, der Blaſſe von
Infanterie=
gewehren und Urlaub träumt, die Comteſſe 9. ihrer Mama mit Entſetzen
von der Converſation des Doctors erzählt und Jacques die empfangenen
Trinkgelder berechnet, ſchreibt der todtmüde junge Krieger in zierlichen
Zügen die unſterblichen Worte: „Die Stiefelſohlen der Compagnie laſſen
nichts zu wünſchen übrig.”
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.