Darmstädter Tagblatt 1867


19. November 1867

[  ][ ]

G
ATEEEtIe

Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.

N. 46.

Dienſtag den 19. November

1867.

Das Frag= und Anzeigeblatt, die Beilage hierzu, ſowie das Verordnungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Samſtags die Beilage
Dienſtags und Letzteres Vormnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kanu man bei allen Pöſtämtern abonniren. In Darmſtadt Bei
der Expedition, Rheinſtraße Nr. 25 neu.

6989)
Wahl der Milglieder des gemeinderachs.
Geneinde Darmſtadt.
Bei der am 11., 12. 14. und 16. November l. 4 vorgenommenen Wahl ſind zum Mitglied des Gemeinderaths gewählt worden:
2) In der zweiten Abtheilung der Wähler:
1) In der dritten Abtheilung der Wähler:

mit 459 Stimmen,
Adam Fuchs, Bürgermeiſter,
Georg Pfeiffer, Gemeinderath, 333
Friedrich Purgold, Juſtlzrath, 298

mit 174 Stimmen,
142
100

Georg Möſer Sohn, Kaufmann,
Chriſtian Lauteſchläger, Rentner,
Dr. Friedrich Vogel, Hofgerichts=Advokat, 119
Georg Philipp Köhler, Kaufmann,
3) In der erſten Abtheilung der Wähler:
mit 104 Stimmen,
J. Ph. Diehl, Buchhändler,
89
Dr. Küchler, Steuerrath,
60
Dr. Karl Eigenbrodt, prakt. Arzt,
Es ſoll dieß mit dem Anfuͤgen oͤffentlich bekannt gemacht und den denannten Gewahlten beſonders verkündigt werden, idaß während drei Tagen,
nämlich den 20. November, den 21. November und den 22. November das Wahlprotokoll mit allen Anlagen auf dem Rathhauſe dahier offengelegt
ſein wird und daß während der unerſtrecklichen Friſt dieſer drei Tage jeder Stimmberechtigte, ſowie jeder Gewählte von dem Wahlprotokoll und
beſſen Anlagen Einſicht nehmen und auch Einwendungen gegen die Wahl oder gegen die Gewaͤhlten, beziehungsweiſe auch Ablehnung der Wahl,
bei Vermeidung des Ausſchluſſes, bei Großherzoglichem Kreisamt zu Darmſtadt vorbringen kann.
Der Bürgermeiſter iſt erſucht, die ihm übergebenen Wahlakten unter Aufſicht, wie angegeben, offen zu legen, das Vorſtehende öffentlich in
ortsüblicher Weiſe bekannt machen, wie auch jedem einzelnen Gewählten verkündigen zu laſſen, und darüber Beſcheinigung zu ertheilen.
Darmſtadt, den 16. November 1867.
Der Regierungs=Commiſſär:
v. Marquard, Kreisaſſeſſor.

Verſteigerungen.
6990)
Bekanntmachung.
Die Lieferung des Bedarfs an Schreibpapier
(Mundir= u. Concept=Papier), Packpapier, Bind=
faden
, Siegellack verſchiedener Qualität für die
Ober=Poſt=Direction, ſowie für die bedeutenderen
Poſt=Anſtalten des Ober=Poſt=Directions=Bezirks
ſoll auf dem Cubmiſſionswege vergeben werden.
Lieferungsluſtige wollen ihre Offerten in
frankirten, verſiegelten Briefen mit der Auf=
ſchrift
: Submiſſion auf Lieferung von Schreib=
u
. Packmaterialien unter Beifügung von Proben
und unter Angabe der Preiſe bis zum 25. No=
vember
c. an die Ober=Poſt=Direction einſenden.
Die Auswahl unter den Bewerbern bleibi
ausdrücklich vorbehalten.
Darmſtadt, den 12. November 1867.
Der Ober=Poſt=Director.
Vahl.
6991) Samſtag den 23. Nopbr. Abends 6 Uhr
ſollen auf hieſigem Rathhaus die zur Nachlaß=
maſſe
des Jakob Spatz dahier gehörigen
Immobilien, als:
Flur. Nro. ⬜Klftr.
1 256 59⁶⁄₁₀ Hofraithe, Forſtmeiſters=
ſtraße
,
14 56³⁄₁₀ 370⁄⁄₁₀ Acker am Gerauerweg,
34
394 Wieſe, die Ruthswieſe,
öffentlich an den Meiſtbietenden verſieigert werden.
Beſſungen, am 18. November 1867.
Großherzogliches Ortsgericht Beſſungen.
Der Vorſteher:
Demmel.

6992)
Bekanntmachung.
Die Herren von Weitzel im Preußiſchen
laſſen freiwillig die ihnen in hieſiger Gemarkung
eigenthümlich zuſtehenden, in der Gewann Am
großen Woog (Parzelle Nr. 6. Flur XXXIX.
Abtheilung A.), von einem Flächeninhalt 2111
Klafter, und in der Gewanu Unter den drei
Brunnen (Parzelle Nr. 75. Flur XXXIX.
Abtheilung B.), von einem Flächeninhalt 4436
Klafter, gelegellen beiden Aecker, und zwar par=
zellirt
, wie nachſteht:

O.=Nr.
1 Fl.
39 Nr.
6 Klftr.
400 Acker am großen Woog 2 39 63 4650 Acker daſelbſt, 3 30 6,5 400 Acker daſelbſt, 4 39 67 400) Acker daſelbſt, 5 39 69 511 Acker daſelbſt, 6 39 75110 957 Acker unter den drei 7 39 7520 808 Brunnen,
Acker daſelbſt, 8 39 75.30 3.56 Acker daſelbſt, 9 39 15.50 849 Acker daſelbſt, 10 39 75,60 692 Acker daſelbſt, 11 35 75,70 794 Acker daſelbſt,

den Büreauſtunden Großherzoglichen Ortsgerichts
dahier einzuſehen.
Darmſtadt, den 16. Norember 1867.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Berntheiſel.

Montag den 25. November
Vormittags 10 Uhr
öffentlich an den Meiſtbietenden verſteigern.
Die Meßbriefe über die gedachten beiden
Aecker nebſt Theilungsplan, Alles durch einen
hieſigen Geometer aufgenommen und verzeichnet,
ſind von jetzt an und bis zur Verſteigerung in

Feilgebotenes.
Verkauf eines Theodolithen.
Ein Repetitions=Theodolith von Rößler iſt
Grafenſtraße Nro. 25 zwei Treppen hoch ab=
zugeben
.
(6830
6572) Ein noch ganz neuer, guter Damen=
Mantel iſt billig zu verkaufen bei Herrn
Schneider Günther in der Eliſabethenſtraße
Nr. 23 Hinterhaus.
6726) Ein grosser schöner Gummi-
baum
ist zu verkauten. Näheres in der
Handelsgärtnerei,
C. Fölker.
Verkauf der landwirthſchaftlichen
und der Gewerbzeitung.
Ein Exemplar der genannten Heitungen iſt von
deren Entſtehung bis Ende 1866 Grafenſtraße
Nr. 25 zwei Treppen hoch abzugeben. (6836
GO
Ho Friſche Schellfiſche
GE
Oſoeben angekommen bei
6993
J. P. Wambold.
48

[ ][  ][ ]

184

E. A6.
6994) In der G. Grote'ſchen Verlagsbuchhandlung in Berlin ſind erſchienen:
Göthe's Gedichte.
Neue Miniatur=Ausgabe. Preis 5 Sgr.

6803)

16
emOhten=Empfehrung.

Unterzeichnete empfiehlt ſich wiederholt Fabrikanten, Gewerbtreibenden und Privaten,
wenn Letztere ſich zum Bezug ganzer Waggon=Ladungen von 200 Centnern verbinden, zur
Lieferung der anerkannt vorzüglichen Ruhrkohlen Ina Qgalität der Zeche Boruſſia zu
den billigſten Preiſen. Dieſe Kohlen eignen ſich eben ſo vorzüglich zur Keſſel= als zur
Ofen= und Heerdheizung, und haben ſich bereits hier ſehr beliebt gemacht.
Zugleich liefett die Unterzeichnete Schmiede= und Stückkohlen der gleichen
Zeche, ſowie auch jede Sorte Saor kohlen und Coaks.
Privaten kann die Ueberlieſerung von der Bahn in's Haus an den Aufbewahrungsort
billig beſorgt werden.
18
Die Steinkohlenhandlung von G. J. Durgang,
Caſerneſtraße 64 Parterre.
General=Agent für Süd=Deutſchland der Zeche Bornſſial bei Dortmund.

6995)
Das Tabaksrauchen.
Zum Ueberfluß viel iſt gegen dieſe durchaus häßliche Sitte civillſirter und unciviliſirter
Völker geſchrieben, ſtets iſt in dieſen Polemiken darauf hingewieſen, daß die Tabakspflanze eins der
ſchärfſten vegetabiliſchen Gifte, das Nicotin, enthalte, daß ſich jeder Raucher mehr oder weniger
vergifte; alles dieſes iſt aber nicht im Stande geweſen, dieje üble Sitte zu verdrängen, im Gegen=
theil
wird der Tabaks=Conſum von Jahr zu Jahr ſtärker. Iſt jenes nun nicht möglich, ſo iſt es
Sache der Wiſſenſchaft und Induſtrie, Mittel und Wege zu finden, wodurch bie nachtheiligen
Folgen dieſer Nicotinvergiftung ganz oder theilweiſe beſeitigt werden, und dieſe Mittel und
Wege ſind gefunden.
Es ſind wohl die eben ſo mannichfachen als intereſſauten Eigenſchaften der poröſen Kohle,
namentlich die Abſorbtionsfähigkeit für Gaſe und übelriechende Stoffe, hinlänglich bekannt, weniger
bekannt dürfte dagegen ſein, daß durch Auwendung der Plaſtik aus poröſer Kohle Pfeifenköpfe
und Cigarrenſpitzen angefertigt werden (Fabrik von Lomis GlOkAe in Caſſel;
Dieſe Fabrikate aus poröſer Kohle haben alſo den Vortheil, neben den übelſchmeckenden Produkten
des Tabakrauchs, den Ammoniak und die theerartigen Beſtandtheile, hauptſächlich aber das der
Geſundheit ſo ſehr nachtheilige Nicotin vollſtändig zu abſorbiren. Dieſe Tabak sköpfe und
Cigarrenſpitzen zeichnen ſich nebenbei noch durch Leichtigkeit, gefällige Form und Billigkeit vor allen
anderen derartigen Erzeugniſſen vortheilhaft aus. Für diejenigen Raucher, welche ſich von ihren
Meerſchaum= oder Porzellan=Pfeifenköpfen jedoch nicht trennen können, fertigt die Fabrik Tabaks=
ſilter
an, welche in Form kleiner Stöpfel in die Pfeifenköpfe gelegt werden. Dieſe Filter haben
natürlich nicht die Kraft, wie die Köͤpfe ſelbſt, ſind aber ſo billig, daß ſie auch der Aermſte leicht
anſchaffen kann.
*) Vorräthig in Darmſtadt bei Ludw. Heyl Sohn.

6996) Soeben erſchien:
o6e
Hausbibliothek deutſcher Claſſiker.

Berlin.

2. u. 3. Bd. Göthe's Fauſt. Illuſtrirt von Adolf Schmitz.
Preis jeden Bandes 8 Sgr. Proſpecte in jeder Buchhandlung.

G. Grote'ſche Verlagsbuchhandlung.

Von Gottes Gnaden.
Roman von Julius Rodenberg
und
Die Vorſcoquette.
Rovelle von Fr. Spielhagen.

6919)
Obſtbäume.
Hoch= und niederſtämmige, ſowie Spalier= u.
Spindelbäume von Aepfel, Birnen, Aprikoſen,
Pfirſiſch, Kirſchen, Mirabellen, Reineclauden ꝛc.
in ſehr ſchönen Exemplaren und den beſten Sor=
ten
; Roſenbäumchen, Schlingroſen ꝛc. empfiehlt
Gust. Laubitz Jjun., Niederramſtädterſtr. 51.

6487)
Lohkuchen,
ein vorzügliches Material Feuer anzumachen,
beſonders aber Steinkohlenfeuer zu unterhalten,
ſind für 36 kr. per 100 Stück frei in's Haus
geliefert zu haben in der
Hey''ſchen Gerberei am Mhlweg.

6998) Donnerſtag den 21. Abends
trifft die zweite Sendung der
fetten
Wetterauer Gäuſe
im Gaſthaus zur Roſe' wieder ein.

6999) Ich empfehle auf bevorſtehende Feier=
tage
ein ſchönes Schwingmehl per Kumpf
1 fl. 20 kr., ſowie das feinſte Kunſtmehl
1 fl. 24 kr.
A. Messler, l. Ochſengaſſe.

Vermiethungen.
5545) Zwei möblirte Zimmer mit Bedienung
gleich zu vermiethen. Steinſtraße 36.
5912) Ein kleines Logis zu vermiethen, Kranich=
ſteinerſtraße
Nr. 30 neu.
6366) Ein kleines Logis gr. Ochjengaſſe 21.
6493) Ein neu hergerichtetes Logis im dritten
Stock, beſtehend aus 2 Zimmern, 2 großen Ca=
binetten
und Küche, iſt ſogleich zu beziehen.
S Baier, Hof=Conditor.
6757) Ein möblirtes und unmöblirtes Zim=
mer
zu vermiethen. Beſſunger Carlsſtraße 419.
6771) Ein möblirtes Zimmer zu vermiethen
im 1. Stock, ſogleich zu beziehen, obere Wald=
ſtraße
Nr. 7.
6815) Das ſeither von Herrn Major
Anſchütz bewohnte Logis im 3. Stock des
Eckhauſes an der katholiſchen Kirche und der
Sandſtraße, Wilhelminenplatz Nr. 2, wird
Ende November frei und kann dann ander=
weitig
ſogleich bezogen werden.
Amendt, Steinſtraße.
6837) Langegaſſe 47 iſt ein Logis zu ver=
miethen
u. gleich zu beziehen. Ph. Weinreich.
6838) Möblirtes Zimmer mit ein oder zwei
Kabinetten für einen oder zwei ſtille Miether.
Dieburger Straße 8.
6839) Eck der Bleich= u. Caſinoſtraße Nr. 11
iſt ein Laden zu vermiethen und Anfangs Februar
zu beziehen.
6927) Riedeſelſtraße 42 ein möblirtes Zim=
mer
zu vermiethen.
7000) Ein kleines Logis mit oder ohne Garten
zu vermiethen. Landwehrweg Nr. 15 neu.
7001) Ein Logis im Mainzer Hof, große
Ochſengaſſe 1 Treppe hoch, beſtehend in zwei
freundlichen Zimmern, Küche, Keller, Speicher ꝛc.,
gleich beziehbar.
H. Fornoff.
7002) Hügelſtraße Nro. 55 iſt im oberen
Stock ein möblirtes Zimmer an einen ledigen
Herrn zu vermiethen.
7003) Ein freundlich möblirtes Zimmer iſt
zu vermiethen und gleich zu beziehen. Louiſen=
ſtraße
Nr. 32 im Hinterbau.
Er e.

Vermiſchte Nachrichten.
7004) Daß ich die Stelle des Kirchendieners,
ſowie die Wohnung im katholiſchen Schulhauſe
verlaſſen habe und nunmehr obere Hügel=
ſtraße
Nr. 13 wohne, zeige hierdurch ergebenſt
Jgnatz Klaſſert,
an.
Schneidermeiſter.
7005)
Anzeige.
Indem ich meine verehrlichen Milch=Abnehmer
hiermit benachrichtige, daß in aller Kürze mein
früherer Milchburſche Jacob nicht mehr von
meiner, ſondern auf eigene Rechnung zuſammen=
gekaufte
Milch verkauft, hoffe ich, daß ſie auch
fernerhin meine Kunden bleiben, und bitte um
ſofortige Benachrichtigung, wenn einer oder der
andere bei dem bevorſtehenden Wechſel des Milch=
burſchen
in den erſten Tagen vergeſſen wird.
Herr Kaufmann Jordis in der Rheinſtraße
befoͤrdert Briefe und Commiſſionen an mich.
Augaſt Bergſträßer,
Hof Haina.

[ ][  ][ ]

4.48

6847)

Geſchäfts-Verlegung.
Hiermit beehre ich mich ergebenſt anzuzeigen, daß ich mein ſeither bewohntes Geſchäftslokal
verlaſſen und mein neu errichtetes Kurzwaaren= u. Modiſten Geſchäft Caſinoſtraße Nr. 11
eröffnet habe. Indem ich bitte, das mir ſeither geſchenkte Vertrauen auch fernerhin bewahren zu
wollen, empfehle ich mich mit allen in mein Geſchäft einſchlagenden Artikeln unter Zuſicherung
reeller Bedienung.
M. Weichel.
Lebensverſicherungs= und Erſparnißbauk in 8tuttgart.
Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß wir an Stelle des Herrn W. F. Nöllner,
nachdem wir deſſen Wunſch um Enthebung der bisher von ihm verwalteten Haupt=Agentur entſprochen
Herrn Kaufmann Georg Philipp Rochler in Darmſtadt
zum Haupt=Agenten unſerer Bank für das Geoßherzogthum Heſſen beſtellt haben.
6955)
Stuttgart im November 1867.
Das Bureau der Lebensverſicherungs= und Erſparnißbank.
Probſt.
Roh. Leibbrand.
Pfeifer.
7006)
Turnheiheinde Dakmſtodt.
Hauptverſammlung Dienſtag den 19. l. Mts. Abends 8 Uhr im Vereinslokale.
Tagesordnung: Antrag einer Anzahl Turner auf Berathung und Beſchlußfaſſung wegen
Der Vorſtand.
Betheiligung am Fackelzug.

Bitte um Gaben zu Weihnachtsgeſchenken Pfür die armen Kinder
7907)
in der Rettungs=Anſtalt zu Hänlein.
Seit dem Beſtehen dieſer Anſtalt machten es deren Freunde möglich, die armen Zöglinge
derſelben alljährlich auf Weihnachten durch allerlei Gaben erfreuen zu können. Dieſe Freude ſoll
den Kleinen auch in dieſem Jahre bereitet werden, weßhalb wir ergebenſt bitten, die milde Hand
dazu aufthun zu wollen.
Die unterzeichneten Comitsmitglieder ſind zur Empfangnahme der Gaben gerne bereit.
Darmſtadt, den 19. November 1867.
Wilhelm Freiherr Löw von und zu Steinfurth. v. Bahder, Conſiſtorialrath.
Bender, Hofprediger. Frau Geh. Secretär Beck. Frau Aſſeſſor Gerau. Frln.
Ottilie Hoffmann. Frln. Minna Huth. Frau Geh. Rath v. Lepel. Oberſtlientenant
v. Kopp. Frau v. Lersner. Dr. Lehdhecker, Ober=Medicinalrath. Dr. Lucius.
Dr. Rieger. Frau Generalin v. Schäffer=Bernſtſein. Frau Schädel. Garni=
ſonspfarrer
Strack. Ober=Rechnungsprobator Scharch, ſämmtlich zu Darmſtadt, und
Hausvater Gröninger zu Hänlein.
6844)
Hrigende Bitte!
Der Fabrilort Johanngeorgenſtadt in der ärmſten und ödeſten Gegend Sachſens (dem
ſogenannten ſächſiſchen Sibirien) wurde vor einigen Monaten vollſtändig von den Flammen ver=
zehrt
. Ueber 316 Gebäude brannten bei der damaligen Trockenheit mit Hab und Gut total nieder,
und auch nicht das Geringſte war verſichert. Ein unüberſehbares Elend iſt über dieſe unglückliche
Stadt hereingebrochen, viele Menſchen ſind verbrannt und verkohlt aus dem Schutte herausgezogen
worden, und ſämmtliches Vieh iſt zu Geunde gegangen. Ueber zwei Drittheil der Bewohner ſind
an den Bettelſtab gebracht, und nagen im vollſten Sinne des Wortes an dem Hungertuche. Ob=
gleich
die allgemeine Mildthätigkeit ſchon Vieles gethan hat, ſo irren nach den neueſten offiziellen
Berichten bei der jetzigen kalten rauhen Jahreszeit (der Schnee liejt dort ſchon beinahe Fuß hoch)
noch über 2000 Obdachloſe in den Brandruinen umher, wahre Jammergeſtalten, von Froſt und
Kälte durchſchüttelt, kaum das Nothwendigſte habend, ihre Blöße zu bedecken, ohne Hülfe und
ohne Nahrung.
Da die Noth dort aufs Höchſte geſtiegen iſt, ſo wagt der ganz ergebenſt Unterzeichnete an die
Herzensgüte und den Wohlthätigkeitsſinn edelmüthiger Menſchen zu appelliren, und bittet dringend
um milde Beiträge ſowohl an Geld, als an alten Kleidungsſtücken, Stiefeln, Schuhen, Bettgeräth ꝛc. ꝛc.
Die Herren Kaufmann Carl Gaule, Eliſabethenſtraße, Kaufmann J. N. Gütlich, Markt
Kaufmann M. Roll am Jägerthor, Kaufmann Th. Schwab, Ernſt=Ludwigs=Platz, ſowie die,
Expedition des Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blattes; haben ſich gütigſt bereit
erklärt, Gaben aller Art in Empfang zu nehmen, und da die allerletzten Verichte von Johann=
georgenſtadt
das Elend als über alle Begriffe ſchildern, ſo iſt ſchnelle Hülfe doppelte Hülfe.
Frankfurt a. M., den 1. November 1867.
J. Rerzon,
Königlich Sächſiſcher General=Conſul.
Für die Abgebrannten in Jolmm=Georgengtnät gingen weiter ein:
Bei Herrn C. Gauls: Von J. D. 3 fl. v. B u. A. 1 Pag1et Kleioungsſtüͤcke. v. Bechtold,
Hofgerichts Rath 2 fl. M. W. 1 fl. und ein Pack Kleidungsſticke. K. L. Kleidungsſtücke.
D. Uhrig Kleidungsſtücke. Frl. B. und Fr. W. Lleionngsſtücke. - Simme 6 fl.
Bei Herrn Kaufmann Martin Roll. von F. A. 2 fl. 20 kr. Wn. H. 1 fl. Frln. W.
12 kr. Kreisdiener Noack 1 fl. Hofgärtner P. 18 k. J. J. 1 fl. M. R. ein Schlafrock ꝛc. und
1 fl. 10 kr. C. K. R. 1 fl G. M. K. 1 fl. A. Reitz 1 Plar Hoſen und 1 fl. Adam Bütt=
ner
1 fl. J. E. K. 1 Mantel ꝛc. und 1. fl. Hauptmann D 3 Unterjacken, 1 Paar Unterhoſen,
1 Weſte, 1 Kattunjacke, 1 Paar Strümpfe. M. Ehatt 6 Herrnhemden, 1 Paar Unterhoſen, 1 Ka=
miſölchen
, 2 Paar Socken, 1 Kiſſen mit Ueberzuz Samne 12 fl.
Bei der Expedition des Frag= und Anzeigeblattes: von H. G. 1 fl. A. 3. 1 fl. Frau
M. F. 1 fl. 45 kr. Frl. E. M 1fl. 45kr. un 1 Parrwollene Strümpfe, 1 Paar Socken, 1 Paar
Stiefel. Fr. Kehr 1 fl. Hr. Liebe 2 fl. E. B. 5 fl. Ungenannt =fl. Ungenannt1 fl. - Summe 16fl. 30 kr.
Früherer Betrag 102 fl 5 kr. - Summe der bis jetzt eingegangen Gaben 136 fl. 35 ke.
Weitere Gaben werden dankbar angenommen.

185
7008) Unterzeichnete bringt hiermit den ver=
ehrten
Damen zur öffentlichen Kenntniß, daß ſie
wieder alle zur Damen=Garderobe gehöri=
gen
Gegenſtände nach der neueſten Pariſer Mode
anfertigt und bittet um geneigte Aufträge.
Ihre Wohnung befindet ſich bei ihren Eltern:
obere Hügelſtraße Nr. 13.
Regina Klaſſert.
6668) Geſucht wird eine zuverläſſige und
freundliche Kinderfrau für drei Kinder auf
dem Lande. Näheres Rheinſtraße 23 Hinterbau.

V
S

Kin wohlerzogenes Mädchen mit den =
thigen
Schulkenntniſſen ſucht als Laden=

mädchen in einem Kurz=oder Lang=Waarengeſchäft
eine paſſende Stelle. Zu erfragen in der Exp.

ſchneidet ein in und außer
5 Kraut dem Hauſe.
Karl Bartſch, Hügelſtraße in Beſſungen.
Auch können Beſtellungen bei Fräul. Noack
am Beſſungerthor gemacht werden.
6003) Ein gebildeter junger Mann mit
Aulagen zum Zeichnen kann die Tylographie
(Holzſchneidekunſt) erlernen.
Wolfg. Pfuor.
Caſinoſtraße 20.

52
NNAæae
E4r
22 AANuauuN,
4
4 6794) Eine geprüfte Lehrerin aus der fran=
zöſiſchen
Schweiz wüuſcht Unterricht an Da=
H men zu ertheilen oder als Geſellſchafterin
K bei einer Dame für einige Stunden des
8 Tags einzutreten. Näheres bei der Exped. X
ENiAArrannnr rAArAtrAaaas
6851) Eiſen= und Metalldreher: ein
erfahrener Arbeiter findet dauernde und lohnende
Beſchäftigung. Näheres bei
Franz Ihm, Rheinſtraße Nr. 28.
6931) Auf der Schneidmühle neben
der neuen Eiſenſchmelz am Landwehrweg kann
während der nächſten Tage noch bequem Erde
oder Bauſchutt abgeladen werden.
7009)
Gouvernante!
Ich ſuche für eine hohe Familie Preußens
eine evangeliſche Gouvernante, die befähigt iſt,
muſikaliſchen Unterricht zu geben und Eng=
liſch
und Franzöſiſch ſpricht. Briefe franco.
Emil Ohlh
eb. Pfarrer in Mommenheim bei Mainz.


S

2
Rein theurer Freund! jetzt kenne ich
½
56 Ihnen erſt; ich bitte nur münd=
J 2 E lich mit mir zu ſprechen, ſo werde
ich Ihnen allezeit ein treues Herz und Hand
ſchenken, wie ich es Ihnen ſchon lange in
Frankutt verſprochen habe.
K. Ch.

Piſtolen

Bold-Cours.
fl. J. 48.
Preuß. Friedrichsdor. 9. 58-59.
Holländ. 10 fl.=Stücke . 9. 53.
Rand=Ducaten. b. 37-39.
20 Fraucs=Stücke 9. 30-31.
Engl. Souverains. 11. 54-58.

Im Großherzoglichen Holzmagazin
wird gegen Vorauszahlung abgegeben:
Buchen=Scheidholz zu 10 fl. 20 kr. per Stecken
Kiefern=
6 fl. 24 kr.
Beſtellzeit: Dienſtags, Freitags und
Hamſtags von 8-11 Uhr Vormittags.
Grosherzogliches Rentanit Darmſtadt.
Crieerereeir eer.
Das Großherzogliche Muſeum
iſt Dienſtag, Mittwoch, Donnerſtag und Freitag
von 11-1 und Sonntag von 10-1 Uhr geöffnet.

[ ][  ]

186

N. 16.

geſchick 6ringt glück.

Gortſezung)
Um 7 Uhr kam ein ſauber gekleidetes Dienſtmädchen und brachte
mir Kaffee. In meiner Wohnung au quatrième brachte mir ihn Niemand
ſchon ſeit mehr als zwei Monaten. Endlich erſchien auch mein freund=
licher
Wirth. Ob ich nicht einen Blick in ſeine Werkſtatt thun möchte,
fragte er. Ich folgte ihm mit Vergnügen und fand - nun eben eine
Werkſtatt, aber eine bedeutende und höchſt ſaubere, in welcher ſechs Ge=
ſellen
arbeiteten und mehrere Burſchen. Ich trat zu einem alten Manne
und ſah, wie er modellirte. Eine meiner Lieblingsbeſchäftigungen ſeit
früher Jugend. Der alte Herr arbeitete langſam und mühſam. Ich
bat meinen jungen Wirth, mir zu erlauben, mich mit dem Modelliren
beſchaͤftigen zu dürfen. Mich trieb eine unwiderſtehliche Luſt.
Herzlich gern ſagte er lachend, es wird aber nicht gehen, es
will gelernt ſein. Er erſuchte den alten Herrn, mir Wachs, kurz alles
darzureichen, was ich verlangte. Er war ſo artig und führte mich in
ein Stübchen dicht neben der großen Werkſtatt, in dem ich ungeſtört
arbeiten könne, bis zu ſeiner Rückkehr. Ich ſollte durchaus noch den
heutigen Tag im Kreiſe ſeiner Familie verleben. Damit drückte er mir
herzlich die Hand, als ich in ſeinen Wunſch einging, und empfahl ſich.
Ich ließ mich nicht ſtören, ſuchte mir, mit Hülfe des alten Herrn, alles
zuſammen, was ich brauchte, und war glücklich; ich arbeitete; dankerfüllt!
Arbeit iſt das kräftigſte Gebet.
Der junge Meiſter hatte mir einige Seenen aus der Julirevolution
mit wahrhafter Begeiſterung am Abend vorher erzählt, in ſeinem Zimmer
hingen wohlgetroffene Porträts. Ich eilte hinauf und holte ſie herbei.
Raſch entwarf ich eine Gruppe. Ludwig Philipp, wie er mit dem linken
Arm Lafſitte umarmt und mit der rechten Hand die dreifarbige Fahne
faßt, die ihm Lafahette auf dem Stadthauſe darreicht. Die Luſt förderte
auf eine wunderbare Weiſe meine Arbeit. In kaum ſechs Stunden ſtanden
alle drei Helden jenes Ereigniſſes, wenn auch noch nicht ganz vollendet,
fein ausgearbeitet, aber zu meiner höchſten Freude lebendig ähnlich und
im Ausdruck der Situation angemeſſen, vor meinen Augen. Der Meiſter
war noch nicht zurückgekehrt. Mein Frühſtück ſtand unberührt da. Ich
hatte es im Eifer meiner Arbeit ganz vergeſſen. Ich trank ein paar
Gläſer Wein, ſetzte mich wieder an meinen Tiſch und entwarf andere
Zeichnungen. Auch dieſe Arbeit ging mir raſch und keck von der Hand.
Da trat der Meiſter zu mir herein. Er ſah mit Verwunderung, was
ich vollendet. Aber ſagen Sie mir, mein Herr, ſind Sie ein Tauſend=
künſtler
Zu Dabei betrachtete er mit Kennermiene die Modelle. Dann
nahm er die Zeichnungen zur Hand, Ich erſtaune, und weiß nicht, was
ich ſagen ſoll.
Ich erzählte ihm, daß ich in meiner frühen Jugend an dieſer Be=
ſchäftigung
großen Gefallen gefunden, daß ich bei einem mir befreundeten
Modelleur ein wenig in die Schule gegangen und dort oft halbe Tage
beim Modelliren zugebracht hätte. Der Meiſter ſchwieg nachdenkend eine
lange Weile, während er unabläſſig die Modelle und die Zeichnungen
beſah und nach allen Seiten hin und her drehte. Er wollte etwas ſagen
- wollte auch nicht - und wollte wieber. Deutlich war es in ſeinem
Geſicht zu leſen, daß er ein Wort nicht über ſeine Lippen bringen konnte.
Sprechen Sie nur, mein Herru ſagte ich, und fürchten Sie nicht,
daß ich meinem freundlichen, lieben Wirthe etwas übel deuten lönnte.
Nicht wahr, dieſe Arbeiten haben ihre Mängel. Aber bedenken Sie, daß
ſie ein Laie gemacht.
Ach nein, nein, bewahrel, ſagte er aus voller Bruſt, davon iſt
gar nicht die Redel Aber - nun, frei heraus denn, ich hätte Ihnen
einen Vorſchlag zu machen. Sie ſehen, mein alter Modelleur iſt ſtumpf
und es geht ihm alles ſo langſam von der Hand, daß ich oft in Ver=
zweiflung
gerathen möchte. Er iſt nicht ungeſchickt, aber Sie ſind viel
geſchickter; dabei jung und teufelmäßig raſch! Wie wäre es, mein Herr,
wenn Sie ſich entſchlöſſen, in meinem Geſchäfte mitzuarbeiten, bei mir-
wiſſen
Sie, in dem obern Stübchen vor der Hand - zu wohnen und
ganz der Unſerige zu bleiben? Ich habe ohnedies eine Vorliebe für
deutſche Arbeiter. Aber verzeihen Sie mir die Dreiſtigkeit, ich würde
niemals gewagt haben, Ihnen dieſen Vorſchlag zu machen, wenn Sie mir
nicht ſelbſt geſtern Abend geſagt hätten, wie wenig Ausſichten
Ich war beim Anfang ſeiner Rede blutroth geworden und freute
mich herzlich, daß der wohlmeinende Mann es nicht gemerkt hatte. Aber
ums Himmels willen! Ein deutſcher Gelehrter - und ein Bronzearbeiter!
Freilich auf der andern Seite auch wieder: Hunger oder ein Bronze=
arbeiter
! Könnte ich nicht in die Heimath zurückkehren und als Volks=
ſchriftſteller
dem Publikum die allermerkwürdigſten Dinge ſchreiben ?
Mein lieber Freund! ich wollte etwas ſagen, aber der Meiſter
ließ mich in der Freude ſeines Herzens nicht zu Worte kommen.
Meine Frau, meine Kinder, wir alle haben Sie geſtern in den

wenigen Stunden liebgewonnen durch Ihr offenes, unbefangenes Herz und
Sie ſollen ſelbſt die Freude ſehen, wenn ich Ihren Entſchluß den Meinen
verkünde. Gewiß, Sie werden bei uns ſein wie ein Kind im Hauſe.
Sie brauchen nicht mehr für Ihre Zukunft zu ſorgen. Sie werden er=
ſtaunen
, wie ich Ihre ſchönen Talente benutzen werde. O, ich bin ein
Praktikus, ich habe Speculation. Zwei, drei Jahre bei mir im Hauſe
und dafür laſſen Sie nur mich ſorgen. Ich müßte nicht Gsrard
heißen, wenn Sie nicht, bei Ihrem Fleiße, mit Ihren Kenntniſſen und
bei meiner Thätigkeit in drei Jahren ein ſchönes Kapital beſäßen. Mein
Schild ſoll prangen mit Ihrem Namen, Gerard & Comp.!
Theuerſter Herr Görard= ſiel ich ihm lächelnd ins Wort, Sie
überhäufen mich mit Güte, aber - verzeihen Sie, aber bedenken Sie
doch, daß ich weder ein Wanderbuch noch einen Geſellenbrief aufzuweiſen
habe.
Er lachte laut auf. -Was ſoll das? Wollen Sie nicht lieber gar
von Empfohlen= und Vorgeſtelltſein reden? Nein, bei uns heißt es nur:
Komm' her und zeige, was du kannſt! Nun gut, Sie haben gezeigt, was
Sie können, Ihre Kenntniſſe ſollen uns nützlich werden und Geld ein=
bringen
. Schlagen Sie ein; raſcher Entſchluß, guter Entſchluß!
Ich ſann eine Weile nach; ich gedachte der Rathloſigkeit, der Ver=
laſſenheit
, in der ich mich befand und die mich unausbleiblichem Verderben
entgegenführen mußte; ich dachte, daß es keine Schande ſei, eine in der
Jugend erworbene und von der Natur begünſtigte Geſchicklichkeit zu be=
nutzen
, um ſein Brod zu gewinnen; ich dachte der Sehnſucht nach einer
Heimath, die mich heute Morgen prophetiſch auf dem Stübchen da oben
beſchlichen hatte - fahr' hin, ohnmächtger Stolz der edlen Seelen.
Ich ſchlug ein und - war Modelleur bei einem Bronzearbeiter.
III.
Meiſter Gsrard und ſeine Familie lebten auf das glücklichſte, fleißig
und rührig, zufrieden und immer wohleemuth. Drei Jahre war ich nun
ſchon in dem Hauſe meines theilnehmenden, rechtſchaffenen Freundes,
meines Erretters, und wurde von allen auf das innigſte geliebt; denn der
weniger Gebildete iſt immer erfreut, wenn der höher Begabte - nicht
zum Schein, ſondern aus wahrem und herzlichem Wohlwollen - zu ihm
hinabſteigt. Sogar ein Piano hatte Gérard angeſchafft, als er hörte,
daß ich darauf zu ſpielen verſtaͤnde, und ich hatte die Freude, dieſen guten
Menſchen manchen frohen Abend zu verſchaffen. Einſame Stunden wid=
mete
ich der Lectüre oder einem Spaziergange, glücklich, ſoweit ich es
ſein konnte; denn durch all mein Denken und Thun zog ſich der Gedanke
an meine verlorene Marie.
Eines Abends wanderte ich wider meine Gewohnheit der Chauſſee
d’Antin zu. Ich gedachte ihrer, ich war in Träume verſunken und meine
Augen waren bis auf wenige Schritte vor mir dem Erdboden zugewendet,
ſie hafteten daran. Abweſenheit iſt ein Probirſtein für Liebesgefühle,
murmelte ich. Da hörte ich plötzlich von einer mir nur zu bekannten
Stimme die Worte laut ausſprechen: Da iſt erſ
Elektriſch durchzuckte es mein Herz. Ich blickte auf. Kaum zehn
Schritte von mir entfernt ſah ich Marie mit ihrer Mutter mir gerade
entgegenkommen. Ausweichen konnte ich nicht mehr, es war unmöglich.
Welch ein Zuſammentreffen! Mein erſter Blick fiel auf Marien. Sie
ſah blaß aus, aber ihre Augen leuchteten mir liebend, freundlich entgegen
und ſprachen wie die ſüßen Töne ihrer Lippen: Da iſt erſ - Ich
war noch nicht vergeſſen.
Hermann, mein lieber Hermann, wo waren Sie ſo lange, wie geht
es Ihnenzu begann die Mutter.
Mariej ſagte ich kaum vernehmlich, indem mein Auge noch wie
angewachſen an dem ihrigen hing. Die Mutter mußte ihre Frage
wiederhelen.
Verzeihen Sie, Madame, aber gewiß, es war nicht meine Schuld
dies Zuſammentreffen, dieſe peinliche Verlegenheit -
Seien Sie doch nicht thöricht, Hermann! Wie kann hier von Ver=
zeihung
die Rede ſein? Die Chauſſee d’Antin, dünkt mich, iſt frei für
jeden. Doch wie geht es Ihnen? Was treiben Sie? War es recht,
mehr als drei Jahre ſo gar nichts von ſich hören zu laſſen? Haben
Sie denn geglaubt, daß wir gar keinen Antheil an Ihnen nähmen ?-
Und konnten Sie von mir erwarten, Madame, hielten Sie mich
für unehrenhaft geuug, um mir zuzutrauen, daß ich Ihr ſo deutlich aus=
geſprochenes
Verbot übertreten würde ?u
Sie ſchwieg; wir gingen eine lange Weile ſtumm nebeneinander hin.
Doch noch immer ſagte die Mutter dann, haben Sie mir meine Frage
nicht beantwortet, wie geht es Ihnen? Wahrhaftig, ich nehme den
innigſten Antheil an Ihrem Geſchick
Madamer, erwiderte ich, all meinen Muth zuſammennehmend, der
neben Ihnen geht, iſt nichts als ein Modelleur!
Ein
Ein Modelleur bei einem Bronzearbeiter."
Schluß folgt.)

Redactlan und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.