Darmstädter Tagblatt 1926


14. September 1926

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Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche iluſrierte Beilage: Die Gegenwart, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſi. Tagbl. geſiatiet.
Nummer 255
Dienstag, den 14. September 1926.
189. Jahrgang

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Nabaſt weg. Bankonto: Deuſche Bant und Darm
ſädier und Natonalbank.

Der Reichsfinanzminiſter
in Darmſiadt.
Eine Anterredung mit Dr. Reinhold.
Wie wir ſchon mitteilten, iſt der Reichsfinanzminiſter Dr.
Reinhold zu einem Beſuch bei der heſſiſchen Regierung am
Landesfinanzamt fanden am Montag vormittag Beſprechungen
mit der heſſiſchen Regierung ſtatt, an die ſich ein Frühſtück im
Hotel zur Traube anſchloß. Bei ſeiner Tiſchrede, die mit einem
Hoch auf das Heſſenland ſchloß, betonte Herr Or. Reinhold, daß kürzlich Dr. Seipel in einer bemerkenswerten Rede den Ge=
er
beſonders gern nach Heſſen gekommen ſei, da ihm Darmſtadt,
wo das Elternhaus ſeiner Frau ſtehe, zur zweiten Heimat ge=
heſſiſchen
Regierung begleitet wurde. Bei der Beſichtigung des
Mainzer Doms brachte der Reichsfinanzminiſter zum Ausdruck,
daß das Reich ſich verpflichtet fühle, zur Erhaltung dieſes uralten
Kulturdenkmals auch ſeinerſeits beizutragen.
Von Darmſtadt aus tritt Herr Dr. Reinhold eine Urlaubs=
reiſe
nach Spanien an.
Am Montag abend empfing Herr Dr. Reinhold den Chef=
redakteur
des Darmſtädter Tagblatts zu einer Unter=
redung
, bei der er ſich u. a. auch über die bei ſeinem hieſigen Be=
ſuch
gewonnenen Eindrücke ausſprach. Der Reichsfinanzminiſter
knüpfte an die ſchon ſeit längerer Zeit zwiſchen der heſſiſchen
Regierung und dem Reich gepflogenen Verhandlungen an, welche
die ſchwierige heſſiſche Finanzlage zum Gegenſtand hatten. Nach=
dem
die heſſiſche Regierung ſchon mehrfach darauf hingewieſen
hatte, daß das Reich verpflichtet ſei, dem heſſiſchen Staat
die durch die franzöſiſche Beſetzung eines großen Teils des Lan=
des
erwachſenen Schäden, insbeſondere den Steuerausfall, zu
erſetzen, gab der jetzige Beſuch, wie Herr Dr. Reinhold ausführte.
die Gelegenheit zu einer eingehenden Ausſprache über die ge=
ſamte
heſſiſche Finanzlage. Grundſätzlich ſei die Reichsregierung
durchaus bereit, den beſonderen Verhältniſſen Heſſens Rechnung
zu tragen, und man ſei daher heute übereingekommen, daß durch
die Reichsregierung und die heſſiſche Regierung gemeinſam eine
beſondere Kommiſſion ernannt werden ſolle, deren Aufgabe
ſchaft einer Prüfung zu unterziehen. Insbeſondere
ſolle ſich die Prüfung auch darauf erſtrecken, inwieweit die ſchwie=
führen
iſt und inwieweit ſich organiſatoriſche Sparſamkeitsmaß=
nahmen
durchführen laſſen. Während der Arbeit dieſer Kommiſ=
ſion
werde die Reichsregierung der beſonderen Notlage Heſſens
dadurch Rechnung tragen, daß das Reichsfinanzminiſterium der
heſſiſchen Regierung die etwa zur Erfüllung dringender Staats=
aufgaben
dringend benötigten Summen als Darlehen zur Ver=
fügung
ſtellen werde.
Im weiteren Verlauf der Unterhaltung betonte Reichsfinanz=
miniſter
Dr. Reinhold ſodann die Notwendigkeit einer durch=
greifenden
Verwaltungsreform für die Länder, da=
mit
die Laſten auf einwirtſchaftlich tragbares Maß
zurückgeführt werden könnten, und er habe mit dieſer Verwal=
tungsreform
ja auch bereits im eigenen Haus (d. h. im Reichs=
finanzminiſterium
) begonnen, um den Gedanken vorwärts zu
treiben. Einſchränkungen der Ausgaben, meinte Herr Dr.
Reinhold am Schluß, ſind meiſtens nicht ſehr populär; notwen=
dige
Einſchränkungen aber rechtzeitig vorzunehmen, iſt eine un=
erläßliche
Aufgabe, denn bei einem Gehenlaſſen der Dinge wür=
den
ſpäterhin unter Umſtänden noch viel weitergehende und emp=
findlichere
Einſchränkungen notwendig werden.
Wenn man Herrn Dr. Reinhold gegenüberſitzt, hat man
jedenfalls unbedingt den Eindruck, daß er die nötige Energie be=
ſitzt
, um dieſes Programm trotz aller etwaigen Schwierigkeiten
durchzuſetzen.
Ein Aufruf der deutſchen Völkerbunds=Liga.
Die deutſche Liga für den Völkerbund erläßt durch Graf
gefordert wird. In dem Aufruf heißt es: Deutſchlands Ein=
tritt
in den Völkerbund kennzeichnet nicht nur die Veränderung
der politiſchen Lage, ſondern erſt recht die Verwandlung des
Geiſteszuſtaudes ſeit Kriegsende. Sache der deutſchen Regierung
iſt es nun, gleichberechtigt daran mitzuwirken, daß unvermeid=
liche
politiſche Auseinanderſetzungen ſich in der Form des Frie=
dens
vollziehen. Pflicht der deutſchen Oeffentlichkeit iſt es, dieſe
noch unvollkommenen Formen mit dem Geiſte der Gerechtigkeit
zu erfüllen. Der Abbau der Gewalt, das Hauptziel der deutſchen
Völkerbundspolitik für die Räumung der beſetzten Gebiete, die lungen werden am 3. Sebtember wieder aufgenommen, Vethand=
mächte
zu den kleinen Staaten iſt nicht nur eine Frage diplo= Zuſammenhang damit die Fortführung, der Grürtarungen über
matiſcher Methode, ſondern erſt recht pſychologiſcher Einwirkung. 3
Wer helfen will, durch den Nachdruck allgemeiner Ueberzeugung Vorausſetzung des Vertragsabſchluſſes iſt,

dem Erforderis nationaler Befreiung und internationaler Be=
friedung
den gerechten Ausgleich zu ſchaffen, der melde ſich zur
Mitarbeit und Mitgliedſchaft bei der Deutſchen Liga für den
Völkerbund.
Dr. Held über den Vsiferbund.
München, 13. September.
Auf dem ſchwäbiſchen Katholikentag in Kempten ſtreifte der
Sonntag in Darmſtadt eingetroffen. Nach einem Beſuch bei dem Layeriſche Miniſterpräſident Dr. Held auch das bunten Fetzen des geſchichtlichen Geſchehens, die Nachrichten
partei=Korreſpondenz bekannte ſich Miniſterpräſident Dr. Held
dabei zu der Idee eines wahrhaften Völkerbundes, wie ſie der
Völkerbund in ſeiner Wirklichkeit leider nicht verkörpere. Wie
danken der friedlichen europäiſchen Zuſammenarbeit mit der Idee
der Nation verbunden hat, ſo lehnte auch Dr. Held in Kemp=
ten
jenen Pazifismus ab, der die Nation für eine über=
worden
ſei. Der Nachmittag war mit einem Beſuch in Mainz wundene Form des Völkerlebens hält und für die mächtigen Triumph von unerhörter, ſelbſt kühle Gemüter hinreißenden
ausgefüllt, bei dem Dr. Reinhold von ſämtlichen Mitgliedern der Ströme nationalen Lebens kein Verſtändnis aufbringt. In Wirkung! All dieſe Zeremonien der Aufnahmebeſchluß des
dieſem Sinne führte Dr. Held aus: Ich bekenne mich als An=
hänger
eines Völkerbundes, aber nicht eines ſolchen, der in der
Verfolgung einſeitiger Intereſſen niemals das erfüllen kann, was
und der Nation vollſtändig aus dem Auge läßt. Welchen Wert
hat ein Völkerbund, in dem die größte moraliſche Macht der Glück hatten, all dieſen Vorgängen beizuwohnen.
Welt nicht vertreten iſt? Verſchwommene international= pazi=
fiſtiſche
Anſchauungen und darauf beruhende Auffaſſungen über
den Völkerbund, wie ſie heute vielfach gehegt werden, können
niemals die Billigung des deutſchen Volkes finden. Als Chriſt
und als Deutſcher muß man fordern, daß der Völkerbund nicht zum
Werkzeug der Staaten gemacht wird, die man einſt Siegerſtaaten
nannte. Was wir fordern, das iſt ein univerſeller Bund, eine
wirkliche Gemeinſchaft der Völker. Der Vertrag von Verſailles
raubt aber dem deutſchen Volke das elementarſte Necht, als
gleichberechtigte Großmacht im Völkerbunde zu wirken. Wir
müſſen, dafür ſorgen, daß dem deutſchen Vaterlande auch nach
den ſurchtbaren Tagen der Heimſuchung wieder der Aufſtieg zu
ſeiner alten Stärke und Größe beſchieden ſein möge.
Die Luffreiheit im beſetzten Gebiet.
Die Auflöſung des Luftfahrtgarantiekomitees in Berlin hat
leider für das beſetzte Gebiet nicht dieſelben günſtigen Wirkungen
gehabt wie für das unbeſetzte Gebiet. Richtig iſt zwar, daß für
das Rheinland die deutſchen Luftfahrtgeſetze gelten und ebenſo
die mit der Botſchafterkonferenz getroffenen neuen Vereinbarun=
gen
, wonach auch das beſetzte Gebiet überflogen werden darf,
es ſein ſolle, die geſamte heſſiſche Finanzwirt= ebenſo wie es von nun an geſtattet ſein ſoll, jenſeits des Rheins
ten und dritten Zone bisher nicht ſehr viel von der wieder=
rige
heſſiſche Finanzlage auf die feindliche Beſetzung zurückzu= hergeſtellten Freiheit zu ſpüren, die uns als eine der erſten Aus=
wirkungen
des Locarnovertrages zurückgegeben wurde. Die
Franzoſen machen, faſt überall die denkbar
größten Schwierigkeiten und verlangen namentlich von
jedem einzelnen Flieger und Flugzeug beſondere Zulaſſungs=
beſcheinigungen
. Von deutſcher Seite werden dieſe Beſcheinigun=
gen
ſtets ausgeſtellt, von den Militärbehörden aber häufig nicht
der Luftfreiheit nicht viel zu merken iſt. Es wird
in Ordonnanz 319 niedergelegten neuen Beſtimmungen auch von
immer noch vorgeſchützt.
Eine polniſche Note in der
Chorzow=Frage.

in der Angelegenheit der Chorzow=Werke eingetroffen iſt. Zu= lich ganz wo anders, als erwattet. Die Menge ſprengt den Poli=
Regierungen und ihre Stellungnahme zur deutſchen Forderung
auf Rückgabe der Chorzow=Werke die vom Haager Schieds=
gerichtshof
als berechtigt anerkannt worden iſt, nicht befriedigen. Augenblick Beine und laufen, alles beiſeite ſtoßend, dem Zuge
Forderung ab und erklärt in ſehr umſtändlichen Formulierungen
Verhandlungsbereitſchaft. Die Inhaltsangabe, die unſere vor=
iſt
dazu zu ſagen, daß die polniſche Regierung bereits während
der Verhandlungen vor dem Haager Schiedsgericht ein Entſchä= geſtoßen, bedrängt, gezwängt und, wie von einer Fußballmann=
Bernſtorff einen Aufruf, in dem zum Eintritt in die Liga auf= digungsangebot gemacht hat. Dieſes neuerliche Angebot iſt alſo ſchaft heiß umkämpfte Lederbälle, nach der Richtung ihrer Autos
*
Genf zurückgekehrt iſt.
7
Wiederaufnahme der deutſch=polniſchen

z
Handelsvertragsverhandlungen.

Die deutſch=polniſchen Handelsvertragsverhand= Triumöh‟ Deutſchlands.
Abrüſtung, der Minderheitenſchutz und das Verhältnis der Groß= lungsgegenſtand iſt die weitere Erörterung der Tariftoſitionen und im
Niederlaſſungsrecht, deſſen befriedigende Regelung für Deiltſland eine

*Die deutſchen Tage des Pölkerbundes
Von unſerem Genfer G.P.=Korreſpondenten erhalten wir noch
nachträglich die nachſtehende intereſſante Schilderung:
die Wirkung deutſcher Völkerbundspolitik zu ſtärken und zwiſchen Der Lärm, die Erregung, der Jubel dieſer Tage ſind ver=
rauſcht
, verklungen. Der Telegraph, das Telephon, das Radio
haben ihre Schuldigkeit getan. Deutſchland, Europa die Welt
ſind über die hauptſächlichſten Details dieſer hiſtoriſchen Tage
raſcheſtens informiert worden. Es iſt alles ſo vor ſich gegangen,
wie es im 20. Jahrhundert, im Zeitalter Ediſons und Ein=
ſteins
, herzugehen hatte. Und die Nachricht vom Erſcheinen der
deutſchen Delegation im Reformationsſaale, per Telephon nach
Deutſchland übermittelt, konnte man bereits 3 Minuten ſpäter
wieder hier in Genf als Berliner Nadionachricht hören. Die
Völkerbundsproblem. Nach dem Bericht der Bayeriſchen Volks= ſind in die Welt geworfen worden. Nun bittet der bedächtig jeden
Satz erwägende Chroniſt ums Wort.
Die Franzoſen lieben das Wort Triumph‟. Wir lieben die=
ſes
Wort nicht und gebrauchen es nur ungern. Aber wenn man
nun nachträglich bemüht iſt, den Eindruck, den Geiſt, die Nach=
wirkung
dieſer deutſchen Tage des Völkerbundes in einem
Wort feſtzuhalten, ſo dürfte es ſchwer fallen, um das Wort
Triumph herumzukommen. Es war ein Triumph, ein deutſcher
8. September, das Erſcheinen der deutſchen Delegation im Refor=
mationsſaale
, der den Deutſchen bereitete Empfang durch Stadt,
ſein Name ſagt. Ich bekenne mich als Anhänger eines Pazifis= Völkerbund und Oeffentlichkeit mögen ſie auch noch ſo formell
mus, aber nicht eines ſolchen, der die Intereſſen des Vaterlandes beabſichtigt geweſen ſein, waren geradezu glänzend verlaufen und
werden lange im Gedächtnis derjenigen haften bleiben, die das
Unvergeßlich wird für uns vor allem die Völkerbunds=
ſitzung
dieſes 8. September bleiben, als die Aufnahme Deutſch=
lands
einſtimmig beſchloſſen wurde. Trotz der nüchtern ſtarren
Form, in welche Nintſchitſch, der Präſident, die Prozedur zu
zwängen ſuchte, entwickelte ſie ſich von ſelbſt zu einem Vorgang
von beiſpielloſer Einprägſamkeit. Unter tiefſtem Schweigen eines
brechend vollen Saales fällt mit unheimlich dumpfem Schlag der
hölzerne Hammer des Präſidenten nieder. Spiritiſtiſche Seance‟
huſcht es für einen Augenblick durch das Bewußtſein . . . Wie
ein Medium, wie ein Auiomat bewegt, ſich dieſer Geſpenſter=
Präſident da oben, und faſt wie eine erſchauernde Beklommen=
heit
(iſt es der auf unſichtbaren Schwingen durch den Saal glei=
tende
Geiſt des geſchichtlichen Geſchehens . . .2) legt es ſich über
die Verſammlung. Der Bann löſt ſich erſt, als der Dolmetſcher
jedes einzelne Land nach dem Alphabet aufruft und jeder Dele=
gationsführer
zur Frage der Aufnahme Deutſchlands mit Ja,
Nein oder Stimmenthaltung zu antworten hat. Akriaus
Au Qud! Tes! Pauſe. Dann: Albanie!" Oui! Neue
Die Franzoſen machen Schwierigkeiten. Pauſe. Dann wieder 4ustralie! Tesl und ſo weiter
Eine Formalität natürlich, nur eine Formalität. Aber, doch
wird man, beſonders ſobald es ſich um eine prominente Macht
handelt, den Eindruck nicht los, daß die Frage der Aufnahme
oder Nichtaufnahme Deutſchlands hier, in dieſem Augenblick, in
dieſem Saale, vor dieſen vielen Menſchen, an dieſe Mächte ganz.
perſönlich gerichtet wird. Sind Sie für die Aufnahme Deutſch=
lands
, Herr Außenminiſter von Frankreich? glaubt man beim
Landungsplätze anzulegen. In Wirklichkeit iſt aber in der zwei= Aufruf Prange zu hören, man ſieht nach der betreffenden Bank
hin, und faſt erleichtert atmet alles auf, als Ariſtide Briands
klangvolle Baritonſtimme ein hübſches, rundes, deutlich vernehm=
bares
Dui hervorbringt. Und welcher Meinung ſind Sie, Sir
Auſten Chamberlain? Der Vertreter des Britiſh Empire ſagt
mit einer trockenen, etwas beligten, aber phlegmatiſch deutlichen
Stimme: Teees. Und Pan Saleſki aus Polen, ſind Sie damit
einverſtanden, daß Deutſchland einen ſtändigen Ratsſitz erhält?
Dui kommt es (loyal ſei es zugegeben) laut, ſchnell und be=
anerkannt
, ſo daß bis jetzt im beſetzten Gebiet von reitwilligſt aus der rechten, äußerſten Ecke des Saales. Tes,
Oui, Oui, Tes, Tes ohne Ende. Ja, ja, ja, ja, man
auch hier noch mancher Sonderverhandlungen bedürfen, ehe die wünſcht, man verlangt, man braucht die Aufnahme Deutſchlands,
und wie ein großer Mime mit Blumen beſchüttet wird, ſo regnet.
den militäriſchen Stellen der Rheinlandbeſatzung akzeptiert wer= es auf Germania die zahlloſen, in verſchiedenſten Nuancen
den. Vorerſt wird die angebliche Gefährdung der Militärverbände und Akzenten vorgebrachten Tes und Dui herab. Achtund=
vierzigmal
, mehr iſt’s nicht möglich. Iſt das nicht ein Triumph
zu nennen ...?
Unvergeßlich wird auch jener 9. September ſein, als um
5 Uhr 17 Minuten nachmittags ſich eine tauſendköpfige Meuge
auf dem Genfer Bahnhof verſammelt hatte, um die deutſche Dele=
gation
zu empfangen. Etwa 20 Kinoapparate ſind an einer Stelle,
wo man das Halten des deutſchen Waggons erhofft, kunſtvoll,
einer Wagenburg gleich, aufgebaut. Es ſchwirrt in hundert
Ablehnung der deutſchen Forderung auf Herausgabe. Sprachen durcheinander, Iournaliſten, Delegierte, Neugierige aus
Berlin 13. September, den verſchiedenſten Ländern. Freudige Stimmung, erregtes
Debattieren, lautes Lachen. Und nun kommt der Zug langſam,
Von zuſtändiger Stelle wird beſtätigt daß eine polniſche Note unendlich langſam eingefahren. Der deutſche Wagen hält natür=
ſammenfaſſend
wird erklärt daß die Ausführungen der bolniſchen zeilordon, ſtürmt die Kinoapparatenburg mit einer erfriſchenden
Keckheit, die Filmapparate fallen alle um, kriegen aber im nächſten
Die polniſche Note lehnt die wichtigeren Punkte der deutſchen eiligſt nach. Aber die Menge preßt ſo dicht an den Zug heran,
daß es Dr. Streſemann und den übrigen Delegierten faſt ſchwer
wird, mit heiler Haut aus dem Wagen zu ſteigen. Die ſonſt allzu
ausgegangene Warſchauer Meldung gibt, ſcheint zuzutreffen, doch bureaukratiſche Genfer Polizei verſagt vollkommen. Dr. Streſe=
mann
, Herr von Schubert und Dr. Gauß werden von allen Seiten
nur eine Wiederholung. Eine endgültige Stellungnahme der geradezu hinausgepfercht. Und dann, während ſie durch die Stadt
deutſchen Regierung zu dieſer Haltung Polens wird erſt erfolgen, fahren, ſtehen längs den Boulevards an allen Ecken ſchauluſtige
können, wenn der Leiter der deutſchen Außenpolitik wieder aus Genfer, mit den Hüten winkend, applaudierend, Begrüßungs=
worte
zurufend. Dasſelbe Genf, das während des Krieges doch
mehr als deutſchfeindlich war, das 1920 nichts von der Aufnahme
Deutſchlands wiſſen wollte, das ſelbſt im ungaſtlichen März noch
etwas froſtig war . . . Und heute? Eine Freundlichkeit, wie ſie
nur noch vom Wetter, dieſem Genſer Hohenzollernwetter, über=
boten
wird. Iſt auch dieſes nicht ein friedlicher, ein ſchöner
Am unvergeßlichſten aber wird in unſerem Gedächtnis jener
19. September, genauer die Stunde zwiſchen 11 und 12 Uhr mit=
haften
bleiben,
3 Grſcheinen der Deutſchen im
4 zefr Zeilen gehört zu

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Seite 2

Nummer 255

jenen, welche bereits in früheren Jahren faſt regelmäßig den
Völkerbundstagungen beigewohnt haben und, ganz abgeſehen
von der Einſtellung zum Völkerbund als ſolchem, mußte nun
jeder, der früher die hier vor vier und fünf Jahren oftmals zu=
tage
getretene Unfreundlichkeit Deutſchland gegenüber miterlebt,
dann die allmähliche Wandlung der Gemüter beobachtet und
ſchließlich dieſen beiſpiellos triumphalen Empfang geſchaut hat,
heute nichts anders, als dieſem Schauſpiel mit innerer Freude
und Genugtuung folgen.
Der Vorſitzende des Vollmachten=Prüfungsausſchuſſes, der
Cubaner Agueroy Béthancourt (einer der in Genf ſtändig anſäſ=
ſigen
, bekannteſten Bonvivants), beſteigt zuerſt die Tribüne und
verkündet, daß die Vollmachten der deutſchen Delegation ſtim=
men
. (!) Hiernach drei dumpfe Hammerſchläge, und Nin=
tſchitſchs
, des Geſtenſter=Automaten, ſeelenloſe Stimme bittet mit
ſichtlicher Feierlichkeit die deutſchen Delegierten, ihre Plätze ein=
zunehmen
. Aber ſie ſind nicht im Saale. Jemand läuft hinaus,
ſie zu rufen. Vor der Preſſetribüne ſteht eine dichte Menge von
deutſchen und internationalen Politikern, dieſe bilden durch ihre
Leiber einen Korridor zum Eingang, und alle Völkerbundsdele=
gierten
, ſämtliche Journaliſten, das mehr als zahlreiche Publi=
kum
, etwa 3000 Paar Menſchenaugen richten ſich nach dieſem
einen Punkt in vibrierender Erwartung. Und Dr. Streſe=
mann
läßt etwas warten, ſicher unabſichtlich, aber ungewollter=
maßen
gute Regie! Die Spannung ſteigert ſich von Minute
zu Minute, und als endlich die Deutſchen im Saale erſcheinen,
da kümmert ſich kein Menſch mehr um das Beifallverbot und be=
reitet
dieſe enorme, hier anweſende Menſchenmaſſe den Vertretern
des Deutſchen Reiches eine über die Maßen ſtürmiſche Ovation.
Ob Dr. Guſtav Streſemann ein ſchöner oder häßlicher Mann
iſt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber als Zeuge
dieſer Völkerbundstagung möchten wir feſtſtellen, daß keiner
unter den Delegierten in ſeinem Aeußeren einen ſo gefeſtigten,
reſoluten, von Spannkraft erfüllten Eindruck macht, wie der erſte
Delegierte Deutſchlands, als deſſen Perſonifizierung er hier ſteht.
Die Gedanken, die nicht nur uns überkamen, als er auf der
Tribüne erſchien: Deutſchland iſt wieder da, nicht unter zu krie=
gen
, willensſtark, von unbeugſamer innerer Kraft erfüllt, der wich=
tigſte
Faktor Kontinental=Europas! So, im Bewußtſein ſeiner
Stärke geſprochen, machten die Friedensworte, welche Dr. Streſe=
manns
Rede enthielt, einen außerordentlich ernſten und vortreff=
lichen
Eindruck.
Und als Dr. Streſemann zum Schluſſe erklärte, Deutſchland
verſpreche, am Friedenswerk der Welt mit feſtem Willen mitzu=
arbeiten
, da hatte man faſt die phyſiſche Vorſtellung eines Hand=
ſchlages
, den Deutſchland mit der ganzen Welt hier, von dieſer
Tribüne aus, in dieſem Augenblick ausgetauſcht hatte. Ebenfalls
einer ſichtbaren Viſion vergleichbar der Geiſt des Krieges aus
dem Saale fliehend überkommt es die Anweſenden beim Er=
ſcheinen
Briands. Und wenn dieſer alte Mann, am Ziele ſeines
Lebens, in tiefſter Erregung ausruft: Arriére les fusils, les
mitrailleuses, les eanons! Place à la paix! ſo wollen wir
glauben, daß dieſe ſchönen Worte Zukunftsdeutung in ſich bergen.
Illuſionen, Täuſchungen ? Wir glauben es nicht. Wir glau=
ben
, daß es aus iſt mit Feindſchaft, Krieg und Völkerhaß, ſo für
immer aus, wie es der am ganzen Körper bebende Briand an
dieſem Tage in dreimaliger Wiederholung den Völkern von der
Genfer Tribune aus zurief: Cest (ini! Uest fini! Cest fini!

Keine deutſche Spionage bei den franzöſiſchen
Manövern.
Eine franzöſiſche Zeitung veröffentlichte aus dem Rheinland
eine Nachricht, wonach ein der Reichswehr angehöriger Oberſt
von der franzöſiſchen politiſchen Polizei der Beſatzung verhaftet
worden ſei unter dem Verdacht, durch Beobachtung der franzö=
ſiſchen
Manöver der Rheinarmee militäriſche Spionage gegen
Frankreich getrieben zu haben. Wie wir von hieſiger zuſtändiger
Seite erfahren, iſt von der Verhaftung eines deutſchen Reichs=
wehroberſten
nichts bekannt. Ebenſowenig liegen irgendwelche
Nachrichten von einer Verhaftung vor, die ſich in Verbindung
mit der franzöſiſchen Meldung bringen ließen. Auch andere in
Frankfurt und anderswo beſtehende zuſtändige Amtsſtellen ſind
über eine derartige Verhaftung nicht unterrichtet. Die Be=
mühungen
deutſcher Stellen, auf Grund der franzöſiſchen Nach=
richt
irgendeinen Anhaltspunkt in dieſer ganzen Angelegenheit zu
erlangen, hatten bisher keinen Erfolg. Feſt ſteht, daß ein aktiver
Angehöriger der Reichswehr oder irgendeine andere der Reichs=
wehr
angehörende Perſönlichkeit damit gar nicht in Zuſammen=
hang
gebracht werden kann.
Im übrigen wird von einer hieſigen Nachrichtenagentur aus
Paris gemeldet, daß die betreffende Perſönlichkeit bereits wieder
entlaſſen worden ſei und nicht ein Spionagefall, ſondern höchſtens
ein Uebertretungsfall vorliegen könnte gegenüber einem Befehl
des franzöſiſchen Hauptquartiers, daß Truppenbewegungen nicht
beobachtet werden dürften. Es ſcheint ſomit, daß zum mindeſten
eine an ſich harmloſe Angelegenheit vom Echo de Paris eine
öffentliche Behandlung erfahren hat, die mit einem etwaigen
Vorkommnis nur in ganz loſem Zuſammenhang ſteht.

*Jahre des Reifens.
Von Oscar A. H. Schmitz.
An den dunkeln Waſſern des eigenen, aufgerührten Chaos
ſitzend, griff ich eines Tages (1917) inſtinktiv nach Nietzſche. An=
fangs
ſtieß mich nach der ſtillen Sprache jener Führer der letzten
Zeit, Laotſes und Meiſter Eckharts, ſein hoffärtiger Trotz und das
großſprecheriſche Uebermenſchentum ab, aber allmählich wurde
mir durchſichtig, wie ſich unter der Trotzmaske Nietzſches die lei=
dende
Kreatur ſelbſt zerfleiſchte. Ich ſah den Kampf mit ſeinem
Schatten. Nietzſche wehrte ſich gegen die Paſſion des Lebens, und
eben darum überfiel ihn das Leid von rückwärts. Krampfhaft
zwängte er ſich in den Herzpanzer des Heiden und haßte Chriſtus,
während ſeine geſchundene Seele don ſolcher Selbſwergewalti=
gung
nicht geringere Striemen trug als der Nazarener. Aus ſol=
eher
Verzweiflung ſchwang er ſich immer wieder in die Rauſchglut
des Dionyſos, aber ſtets verfolgte ihn deſſen Schatten, den er
nicht ſehen wollte: der Gekreuzigte, und als dieſer ihn ſchließlich
eingeholt hatte, um in ihm mit Dionyſos zu verſchmelzen, da war
es zu ſpät. Das Hirn hielt die Wucht dieſes auf es einſtürzen=
den
Erlebniſſes, gegen das er ſich ſo lange geſträubt, aus welchen
Gründen auch immer, nicht mehr aus. Nachdem Nietzſche ſeinen
letzten Brief mit den Worten: Dionyſos, der Gekreuzigte unter=
zeichnet
hatte, verfiel er der Nacht des Wahnſinns. Aber war
das Erlebnis ſelbſt Wahnſinn geweſen, weil er es nicht ertrug?
Nein, es war ein Schritt in die Zukunft der Menſchheit: hier be=
ginnt
der Pfad, der uns aus allen Zwieſpalten führen wird, mit
dem Ziel, Chriſtus und Dionyſos zugleich, aber nicht länger als
feindlichen Gegenſatz, in uns wohnen zu laſſen. Dieſe Einſicht
blitzte nun in mir auf, und ſie war es, die mir ermöglichte, weiter
in die Tiefe zu ſteigen, ohne des Lichtes zu vergeſſen und dem
Dunkel zu verfallen.
Es folgten nun wieder tief lebendige Wochen. Die Bücher
beſtätigten, deuteten und vertieften mir, was ich erlebte, nachdem
ſie in früheren Jahren nur Bildung gebracht hatten. Während
eines ſonnigen Salzburger Herbſtes kam ich von Nietzſche zu
Goethe. Ich ſtudierte zum erſtenmal ſeine Farbenlehre und fand
in dem für die anorganiſche Natur nachgewieſenem Polaritäts=
gefetz
eine Beſtätigung der auf ſeeliſchem Gebiet gerade eben er=
lebten
Geſetzmäßigkeit der polaren Entſprechungen.

*) Vorabdruck aus. Oscar A. H. Schmitz Ergo sum,
Tahre des Reifen.8 (Verlag Ea. Müller, München).

Dienstag, den 14. September 1926

Vom Tage.
Die vereinigten Gemeinden Dietramszell und
Schönegg ernannten den Reichspräſidenten von Hinden=
burg
in feierlicher Weiſe zum Ehrenbürger.
Die diesjährige Tagung des Reichsverbandes des
Sudetendeutſchen=Heimatbundes findet in der Zeit vom
2.4. Oktober in Breslau ſtatt.
Die innerpolitiſchen Auseinanderſetzungen in
Dänemark, ſcheinen immer mehr die Möglichkeit von Reichs=
tagsneuwahlen
in den Vordergrund zu ſchieben.
Wie verlautet, ſoll ſich der belgiſche Schatzminiſter
Francqui auf Betreiben Chamberlains in beſonderer Miſ=
ſion
nach London begeben.
Von der ſogenannten Woche der franzöſiſchen Front=
kämpfer
wurde eine Entſchließung gegen die Rati=
fizierung
des Waſhingtoner Schuldenabkommens
angenommen.
Die franzöſiſche Botſchaft in Rom und die franzöſiſchen
Konſulate in den anderen Städten werden von ſtarken Polizei=
abteilungen
bewacht, ſeitdem eine gewiſſe Gereiztheit gegen
Frankreich entſtand, weil der Urheber des Attentates auf Muſſolini aus
Frankreich gekommen iſt.
Der engliſche Bergwerksbeſitzerverband hat ein=
ſtimmig
bei einer Stimmenthaltung beſchloſſen, die Verhand=
lungen
mit den Bergarbeitern auf der Grundlage eines nationalen
Abkommens nicht wieder aufzunehmen.
In Genf ſind Beſprechungen über die ſofortige
Aufnahme der Türkei in den Völkerbund unter gleich=
zeitiger
Gewährung eines Sitzes im Völkerbundsrat im Gange.
Aus Konſtantinopel wird gemeldet, daß die türkiſche Regie=
rung
den Juſtizminiſter zu ihrem Delegierten beim
Haager Schiedsgericht für die Verhandlungen der Lorus=
Affäre ernannt hat.
Nach einer Meldung aus Athen zeigen die mazedoniſchen Garni=
ſonen
ſtarke Feindſeligkeiten gegen die neue Regie=
rung
Kondylis. Ebenſo machen ſich auch in anderen Teilen des
Landes Bewegungen in der Armee bemerkbar.
Zwiſchen der Armee des Gouverneurs von Schanghai Sun Schuan=
Feng und den Kantontruppen ſind auf der Linie Kiangſi Honan
heftige Kämpfe ausgebrochen, deren Ausgang noch un=
gewiß
iſt.
Nach Berichten aus China ſcheinen die Chineſen auf Grund der
Verhandlangen mit dem örtlichen britiſchen Konſuy
bereit zu ſein, die beiden beſchlagnahmten Schiffe am
Yangtſe wieder herauszugeben.
Nach Meldungen aus Schanghai werden die den Yangtſekiang hin=
auffahrenden
ausländiſchen Schiffe weiterhin von Kan=
tontruppen
beſchoſſen.

Die Frage der Annullierung der Kriegsſchulden.
EP. Waſhington, 13. September.
Philip Snowden, der frühere Finanzminiſter der ſozia=
liſtiſchen
Regierung in England, veröffentlicht in der amerika=
niſchen
Wochenzeitſchrift The Nation einen Aufſatz, in dem er
ſich dafür einſetzt, daß die Vereinigten Staaten
die Kriegsſchulden ſeiner Alliierten ſtreicht.
England hätte ſich damit einverſtanden erklärt, ſagt Snowden,
alle Kriegsſchulden der Alliierten unter ſich zu annullieren, aber
die Haltung der Vereinigten Staaten hätte eine ſolche Regelung
unmöglich gemacht. Die einzige Entſchuldigung für Amerikas
Vorgehen ſei, daß die Kontinentalmächte keine Anſtrengungen ge=
macht
hätten, ihre wirtſchaftliche und finanzielle Proſperität
wieder herzuſtellen, und daß die Hilfe Amerikas zu provokativen
Bewaffnungen und Vorbereitungen zu einem neuen Krieg aus=
genützt
werden könnte.
Snowden ſchreibt: Wenn Amerikas Schuldner den Beweis
zu erbringen wünſchen, daß Amerika einen falſchen Standpunkt
vertritt, dann brauchen ſie nur ihre Politik zu ändern, ihre
Heeresſtärken zu reduzieren und gemeinſam von dem Willen
durchdrungen ſein, daß der Geiſt Locarnos die europäiſche Poli=
tik
beherrſchen ſoll. Aber Snowden muß zugeben, daß die
Streichung der Kriegsſchulden ſeitens Ameri=
kas
eine zweifelhafte Politik für die Vereinig=
ten
Staaten bedeuten könnte, ſelbſt wenn die ungeklärte
europäiſche Lage der wahre Grund für Amerikas Einſtellung iſt.
Der engliſche Politiker iſt der Anſicht, daß Amerika nicht dauernd
ſeinen heutigen Standpunkt vertreten kann, der nur den eige=
nem
Vorteil im Auge hat. Abgeſehen davon, daß es keine kluge
Politik Amerikas ſei, die übrigen Länder der Welt arm zu halten
ein Argument, das Snowden wit weltwirtſchaflichem Mate=
rial
belegt , ſolle Amerika nicht vergeſſen, daß es Europa alles
verdankt. England habe unter großem Riſiko die Goldwährung
wieder hergeſtellt. Es ſei Amerikas Intereſſe, dieſe Stabiliſie=
rung
zu ſtützen. Letzten Endes würde es Amerika viel mehr
koſten als ihm die Einkaſſierung von 80 Millionen Pfund euro=
päiſcher
Schulden einbringen wünde.

Damit war die Weltanſchauung, innerhalb deren mir allein
Weiterentwicklung möglich wurde, in ihren Umriſſen fertig. Wie
nach Goethe im Gegenſatz zu Newton die Farbe nicht gebrochenes
Licht iſt, ſondern eine Miſchung des Lichtes mit ſeinem ebenſo
realen Gegenpol, der Finſternis nach Newton iſt dieſe nichts
für ſich, nur Abweſenheit des Lichtes , ſo beſteht auch unſer
inneres Weſen aus einer ſchöpferiſchen Miſchung der Gegenpole,
Hell und Dunkel, Gut und Böſe, Edel und Gemein, Stark und
Schtvach uſw. Weder ſind wir Engel wir ſollen gar nicht ſtre=
ben
, etwas ſo Erdfernes zu ſein , noch iſt der Menſch böſe von
Jugend auf oder nur aus Gemeinem gemacht, ſondern in ihm iſt
Selbſtbehauptung, die freilich ohne den ausgleichenden Pol der
Liebe böſe, und Liebe, die ohne den ausgleichenden Gegenpol der
Behauptung Schwäche wird. Darum kann das Evangelium der
Liebe nicht alles ſein, iſt vielmehr nur die eine Hälfte der Wahr=
heit
. Weder gilt es, eine lebenswidrige Reinheit zu erſtreben,
noch eine amoraliſche Triebverfallenheit zu preiſen, und doch
auch nicht ein bürgerliches Juſtemilieu zwiſchen maßvollen
Tugenden und Laſtern, ſondern eine bewußte, die beiden Pole der
Welt frei ergreifende Individualität zu entfalten, welche die Pole
zum Bilde eines einmaligen, in ſich berechtigten Lebens formt.
Vom Selbſt aus läßt ſich das gefährliche Spiel der Urkräfte als
freilich immer mehr oder weniger tragiſches Schickſal ſinnvoll er=
leben
, denn durch die Individuation zeugt ſich der Menſch ſelber
wieder in das All des kosmiſchen Zuſammenhangs hinein, wäh=
rend
dem unindividuierten, iſolierten Ich die gegeneinander wir=
kenden
polaren Kräfte der Welt als ſinnloſes Ungefähr paſſieren.
Dieſen Schritt haben wir nun zu machen, nachdem uns
Goethe und Nietzſche die nötigen Erkenntniſſe überliefert haben.
Gelingt er, dann ſind wir wirklich ein Stück über die chriſtliche
Moral hinausgekommen, ohne ſie abzuſchaffen, wie das gott=
verlaſſene
19. Jahrhundert zu tun wähnte. Nein, man ſoll ge=
wiß
nicht aus Trotz oder Vorwitz gegen ſie ſündigen das ſitt=
liche
Geſetz in uns iſt ebenſo real begründet wie die Geſetzlichkeit
des Sternenhimmels über uns, aber wichtiger als Sündloſigkeit
iſt Weſenserfüllung, möge ſie auch gelegentlich durch Sünde gehen.
Ich habe dieſe Erkenntniſſe bald darauf in dem Aufſatz Ich
und Du, eine polare Ethik ſowie in Adams Rückkehr zur
Schlange (beides im Brevier für Einſame) niedergelegt. Da
ich gelegentlich das Egozentriſche dieſer Ethik habe tadeln hören,
möchte ich ihre Darlegung mit einem Wort ſchließen, das Goeth=
in
Zelter ſchrieb:
Ein ſtarrzäher Egoismus verſtockt ſich auf halbem oder gar
falſchem Wege und hindert die reine Selbſtheit, ſich auszubilden.

Die kommende Abrüſtungskonferenz.
Eine Genfer Oebatte. Ein Antrag Loucheur=Paul
Boncour.Studien über die pribateRüſtungsinduſtrie.
Von den heutigen Vormittgsſitzungen war von größerem
Intereſſe nur die der 3. Kommiſſion, wo im Anſchluß an die Be=
richte
über den Waffenhandel, die private Rüſtungsinduſtrie uſw.
eine Art von Generaldebatte über die kommende Abrüſtungs=
konferenz
ſtattfand.
Der ſüdſlawiſche Delegierte Markowitſch meinte, daß
die allgemeine Abrüſtungskonferenz wohl noch ſehr lange auf ſich
warten laſſen könne, und wünſchte deshalb, daß man das Spe=
zialproblem
der Waffenfabrikation möglichſt raſch auf einer
Sonderkonferenz zu regeln verſuche. Auch einige andere Dele=
gierte
ſchloſſen ſich ihm an, während von anderer Seite dagegen
eingewendet wurde, daß derartige Konferenzen angeſichts der be=
vorſtehenden
großen internationalen Abrüſtungskonferenz keinen
Zweck hätten, weil es ſich ja bei der Waffenfabrikation doch nur
um ein Teilproblem der Abrüſtungsfrage handele. Der deutſche
Delegierte Graf Bernſtorff, der dem Präſidenten Villegas=
Chile für ſeine Begrüßungsworte dankte, ſchloß ſich dieſer Anſicht
an und erklärte Spezialkonferenzen für zwecklos, da es ja doch
immer die gleichen Männer ſeien, die auch für die große Ab=
rüſtungskonferenz
in Frage kämen.
Dann trat Paul=Boneour in einer ſeiner bekannten
großen Reden für die möglichſt baldige Einberufung der Inter=
nationalen
Abrüſtungskonferenz ein, da es einer der größten und
ſchlimmſten Mißerfolge des Völkerbundes wäre, wenn die Ab=
rüſtungskonferenz
nicht bald zuſtande käme und wenn ſie nicht zu
einem Erfolge führe.
Die 3. Kommiſſion hat dann heute nachmittag einen An=
trag
von Loucheur=Paul=Boncour, über den bereits
kurz berichtet wurde, in folgender Faſſung angenommen: Die
Verſammlung erklärt von neuem, daß zwiſchen der Frage
der Kontrolle der privaten Rüſtungsinduſtrie
und dem internationalen Waffenhandel eine
enge Verbindung beſteht und ſtellt feſt, daß bis heute
die Konvention über den Waffenhandel nur von einem einzigen
Staate ratifiziert worden iſt. Sie hofft, daß die Bemühungen
ſeitens der hauptſächlichſten Produktionsſtaaten, die Ratifizie=
rung
dieſer Konvention zu erreichen, ſo bald als möglich zum
Ziele führen werden, und nimmt Kenntnis von den Arbeiten, die
unter der Leitung des Völkerbundsrates zum Zwecke der Kon=
trolle
der privaten Rüſtungsinduſtrie vorgenommen worden ſind.
Sie teilt durchaus die Anſicht des Rates, daß zwiſchen dieſer
Frage und dem geſamten Problem der Abrüſtung, wvie es gegen=
wärtig
von der vorbereitenden Kommiſſion für die Abrüſtungs=
konferenz
ſtudiert wird, eine enge Beziehung beſteht, und betont
die Notwendigkeit, ſo ſchnell wie möglich zu einer Konvention
über die Rüſtungsinduſtrie zu gelangen, wobei ſie anerkennt,
daß die Arbeiten für die Abrüſtungskonvention unbedingt voran=
gehen
müſſen. Sie ſchlägt infolgedeſſen dem Rat vor, die Stu=
dien
über die private Rüſtungsinduſtrie weiter zu
führen, damit ſie in das Programm der Abrüſtungskonferenz mit
übernommen werden können, falls dieſe Konferenz vor der 8. Ver=
ſammlung
noch zuſammentritt, oder damit ſie im anderen Falle
den Gegenſtand einer beſonderen Konferenz bilden können, die
ſobald als möglich einberufen werden ſollte.
Die 3. Kommiſſion hat nach Annahme der Reſolution die
allgemeine Diskuſſion begonnen. Nach längerer Debatte
wurde ein Redaktionskomitee mit der Abfaſſung einer Reſo=
lution
zu dem vorliegenden Bericht beauftragt, die in der Mitt=
wochſitzung
der Kommiſſion vorgelegt werden ſoll. In der glei=
chen
Sitzung ſoll auch der Vorſitzende der Vorbereitenden Kom=
miſſion
für Abrüſtung, Loudon=Holland, ſeinen Bericht über
den Stand der Vorgrbeiten der Abrüſtungskonferenz erſtatten.
Blasco Avanez zu Spaniens Völkerbundsaustritt.
Der bekannte Schriftſteller Blasco Yvanez, der, von der ſpaniſchen
Diktatur vertrieben, in Paris weilt, hat dem Präſidenten der Völker=
bundsverſammlung
Nintſchitſch folgendes Telegramm geſandt: Als
Vertreter der öffentlichen Meinung Spaniens im Auslande, die im
Augenblick von der Zenſur erſtickt iſt und infolgedeſſen ihre Anhänglich=
keit
an den Völkerbund nicht kundgeben kann, habe ich die Ehre, vor
den Vertretern der ganzen Welt, die anläßlich der 7. Völkerbundsver=
ſammlung
in Genf vereinigt ſind, zu erklären, daß alsbald, nachdom die
Diktatur durch die Bemühungen des ſpaniſchen Volkes geſtüczt ſein
wird, die erſte Sorge des neuen Spaniens ſein muß, ſeinen Platz in
Genf wieder einzunehmen, um an dem Friedenswerk des Völkerbundes
gebührenden Anteil zu nehmen. gez. Vicente Blasco Yvanez.
Polen verzichtet nicht auf einen ftändigen Ratsſitz.
Wie Przegled Wieczorny aus Genf berichtet, hat der pol=
niſche
Außenminiſter Zalewſki in einem Interview kategoriſch
erklärt, daß Polen niemals auf die Forderung eines ſtändigen
Ratsſitzes verzichtet habe. Er behalte ſich vor, dieſe Forderung
im gegebenen Augenblick wieder in den Vordergrund zu ſchieben.

Der gewöhnliche Egoismus iſt alſo kein Zuviel, ſondern ein
Zuwenig.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Geologie der Heimat. Grundlinien geologiſcher
Anſchauung. Von Geheimrat Prof. Dr. J. Walther. Dritte,
verbeſſerte Auflage mit einer Karte und zahlreichen Abbildungen
im Text und auf 32 Tafeln. Preis in Leinenband 12 Mark. Ver=
lag
von Quelle & Meyer in Leipzig. Unter den von dem ge=
genannten
Verlag herausgegebenen populärwiſſenſchaftlichen
Büchern nimmt dieſes eine hervorragende Stelle ein. Es will
dem Wunſche, über einfachere geologiſche Tatſachen und Probleme
ſich ein eigenes Urteil zu bilden, entgegenkommen und wendet
ſich an den gebildeten Laien, der in ſeinem Beruf erkannt hat,
daß eine gewiſſe Summe von bodenkundlich=geologiſchen Kennt=
niſſen
für ſeine Berufstätigkeit unentbehrlich iſt, dem aber keine
Zeit bleibt, ſich das ganze Wiſſen eines geologiſchen Unterrichts
in methodiſcher Schulung noch anzueignen. Es ſoll ihm hier
ein Weg gewieſen werden, auf dem er ſeine Kenntniſſe ergänzen
und vervollſtändigen kann. Das Buch führt in alle Fragen der
Geologie ein und behandelt in 28 Aufſätzen Grund und Boden,
geologiſche Vorgänge der vier Jahreszeiten, den Kreislauf des
Lebens und des Waſſers, die Bildung der Geſteine, die Mine=
ralien
, Trümmergeſteine, Niederſchläge, Foſſilien, Schichtenfolge,
Störungen der Lagerung und die Bodenſchätze. Beſonders inter=
eſſant
und belehrend iſt die Abhandlung über den Schöpfungs=
bericht
der Geneſis, verglichen mit den Ergebniſſen der geolo=
giſchen
Forſchung. Es folgen noch die Kapitel über die Natur=
denkmäler
der Vorzeit, über Standort und Siedelung und die
geologiſche Karte. In dem Schlußkapitel Geologiſche Wander=
ziele
gibt der Verfaſſer, allen heimatliebenden, wanderfrohen
Menſchen den Rat, geologiſch ſehen und denken zu lernen. Die
Geologie führt uns immer wieder hinaus ins Freie, durch Wieſe
und Wald, nach einſamen Felſen oder entlegenen Steinbrüchen.
Sie begleitet uns auf die Höhen der Berge wie in die verborge=
nen
Tatſchluchten, und ſelbſt der öde Felſenhang der ſchneebedeck=
ten
Gipfel fordert uns zu geologiſchen Betrachtungen auf. Nach
dieſer Richtung hin muß auch der Unterricht in der Schule feine
Aufmerkſamkeit lenben. Das Buch erfüllt den Zweck, dem gebil=
deten
Leſer das Verſtändnis geologiſchen Geſchehens zu erſchlie=
ßen
und Nutzanwendungen daraus zu ziehen, in beſter Weiſe.
Die zahlreichen vortrefflichen Abbildungen tragen zur Erreichung
W.
dieſes Zweckes weſentlich bei.

[ ][  ][ ]

Nummer 255

Dienstag, den 14. September 1926

Geite 3

Genſer Sorgen.
Belgiſch=italieniſch=engliſche Vermittlungsberſuche.
Brignds Taktik. Deutſchlands Haltung.
Der Staatsſekretär der Reichskanzlei Dr. Pünder hat am
Montag abend Berlin verlaſſen und iſt nach Genf gefahren. Er
war von vornherein der deutſchen Delegation beigegeben, reiſt
aber jetzt erſt ab, vermutlich weil man in Berlin erſt die Ent=
wicklung
der Dinge abwarten wollte und ihn jetzt mit neuen In=
ſtruktionen
abſenden kann.
Die Meldungen, die aus Genf in Berlin einlaufen,
klingen nicht allzu zuverſichtlich. Es iſt begreiflich, daß
die amtlichen Stellen ſich offiziell über die vertraulichen Be=
ſprechungen
ausſchweigen. Jedes offene Wort darüber kann ja
auch nur ſchaden, zumal da Herr Poincaré aus Paris jetzt ſtark
dazwiſchen funkt und Herrn Briand feſt an der Strippe hält.
Aber die ganze Konſtruktion der deutſch=franzöſiſchen
Verhandlungen einſchließlich der Vermittlungsver=
ſuche
über Belgien, Italien und England iſt ſo weitſichtig auf=
gezogen
, daß Deutſchland gut daran tut, ſeine Hoffnungen auf
irgendwelche praktiſchen Auswirkungen möglichſt niedrig einzu=
ſetzen
. Was auf unſerem Wunſchzettel ſteht, iſt ja hinläng=
lich
bekannt. Herr Briand dagegen verfolgt offenbar, die
Taktik, den Kreis der Diskuſſionsgegenſtände möglichſt noch
weiter auszudehnen, um dadurch Zeit zu gewinnen und jede Ent=
ſcheidung
hinauszuſchieben. Er verſteift ſich auch darauf, daß er
ja ſchließlich nicht die maßgebende Inſtanz iſt, daß vielmehr Be=
ſchlüſſe
nur in Paris von der Botſchafterkonferenz gefaßt werden
können, und wie es damit ſteht, das wiſſen wir ja nachgerade.
Immerhin legt ſich auch die Tägliche Rundſchau in einem Tele=
gramm
aus Genf darauf feſt, daß eine Auswirkung der neuen
Lage kommen müſſe, allerdings mit der Einſchränkung, daß man
ſie nicht jetzt ſchon terminmäßig auf Tag und Stunde beftimmen
kann. Das iſt möglicherweiſe Taktik. Aber zweifellos iſt es klüger,
die Hoffnungen nicht zu hoch zu ſchrauben und ſich durch die Er=
gebniſſe
angenehm überraſchen zu laſſen, als daß wir alle zunächſt
den Himmel voller Geigen ſehen und nachher mit einer ſchönen
Briandrede abgeſpeiſt werden.
Die nächſten Tage in Genf werden zudem durch die Neu=
wahlen
des Rates ſo ſtark belaſtet, daß viel Zeit für die Neben=
beſprechungen
kaum bleibt, denn man muß ſich auf einen vier=
fachen
Wahlgang vorbereiten. Es ſind die Ratsmitglieder für ein
Jahr, ſür zwei Jahre und für drei Jahre zu wählen und außer=
dem
iſt noch ein vierter Wahlgang notwendig, um drei von die=
ſen
Staaten den Anſpruch auf Wiederwählbarkeit anzuerkennen.
Die Kandidaturen ſchwanken noch. Welche Kombination ſich
ſchließlich durchſetzen wird, iſt im Augenblick noch nicht ſicher.
Einſpruch erhoben werden muß nur gegen eine Meldung aus
Warſchau, daß eine Art gentleman-agreenent vorliege, wodurch
den Polen die Wiederwählbarkeit garantiert ſei. Das mag für
Frankreich und England ſtimmen, wir wiſſen dagegen beſtimmt
und es iſt notwendig, dies einmal offen auszuſprechen , daß
von deutſcher Seite irgendwelche Verpflichtungen Polen gegen=
über
nicht eingegangen worden ſind. Wir haben vollkommen freie
Hand, von unſerem Wahlrecht gegen Polen Gebrauch zu machen,
und Deutſchland wird es auch ſicherlich tun, falls nicht Polen
ſeine ganze Haltung uns gegenüber grundlegend ändert, wozu
allerdings vorläufig noch keinerlei Anzeichen vorhanden ſind.
Die vertraulichen Beſprechungen zwiſchen
Streſemann und Briand.
* Berlin, 13. Sept. (Priv.=Tel.)
Der im allgemeinen gut unterrichtete Genfer Korveſpondent
der Germania teilt Einzelheiten der zwiſchen Streſemann und
Briand zur Verhanöbung ſtehenden Tagesordnung mit. Er
ſchreibt: Gegenſtand der Verhandlungen iſt zuerſt
die Frage der Militärkontrolle. Deutſchland hat ſämt=
liche
Noten der Borſchafterkonferenz beantwortet und erwartet
mit Recht, daß jetzt die Militärkontrollkommiſſion binnen kurzem
ihr Ende ſindet. Auch Beſprechungen über die Saarfrage
ſind nicht undwahrſcheinlich. Wünſchenswert wäre natürlich eine
großzügige Beilegung des ganzen Problems, da die Franzoſen
wiſſen müſſen, daß ſie bei der Volksabſtimmung im Saargebiet
auch nicht die geringſten Chancen haben. Gegen eine bal=
dige
Räumung können ſie jetzt von Deutſchland eine Gegen=
leiſtung
erwarten, nicht dagegen, wenn man den Vertrag von
Verſailles bis zum letzten Tag laufen läßt. Die maßgebenden
franzöſiſchen Perſönlichkeiten wiſſen ſehr wohl, daß auch Deutſch=
land
in der Lage ſein bann, ihnen auf wirtſchaftlichem und indu=

ſtriellem Gebiet erhebliche Zugeſtändniſſe zu machen, die für
Frankreich nicht wertlos ſind. Zu den Beſprechungen über die
Beſatzungsfrage teilt der Korreſpondent mit, daß von
Berthelot, dem Staatsſekretär im Quai d’Orſay im Namen
Poincarés am Samstag bei Briand ein Tele=
gramm
eingelaufen ſei, das in Genf keine reine
Freude erweckte. Es ſei aber nicht unwahrſcheinlich, daß
man in der Beſatzungsfrage wie auch in den anderen Fragen in
Genf über Pour=Parlers hinauskomme. Was den ſchließlichen
Ausgang der Beſprechungen anbetreffe, ſo ſei für Deutſch=
land
nur eine Löſung akzeptabeli baldigſte end=
gültige
Abſchaffung dieſer Kriegsreliquien,
die in der Zeit unſerer Zugehörigkeit zum Völkerbund und Nat
und des Abſchluſſes des Eiſen= und Stahltruſtes nach einem
Wort Chamberlains eine Anormalität darſtellen.
Grandi bei Streſemann.
* Genf, 13. September. (Priv.=Tel.)
Der italieniſche Unterſtaatsſekretär Grandi hat heute vor=
mittag
dem deutſchen Außenminiſter Dr. Streſemann einen
Beſuch abgeſtattet und mit ihm eine längere Unterredung ge=
habt
. Es dürfte ſich dabei um die Frage gehandelt haben, feſtzu=
ſtellen
, inwieweit die italieniſche Regierung von den Verhand=
lungen
zwiſchen Briand und Streſemann in ähnlicher Weiſe in
Kenntnis geſetzt werden ſoll wie der engliſche Außenminiſter
Chamberlain von Briand unterrichtet worden iſt. Weiter er=
fahren
wir, daß der ſehr energiſche Artikel des Temps mit der
ſcharfen Abwehr der Anſchuldigung des Giornale d’Italia auf
direkte Informationen von ſeiten der franzöſiſchen Delegation in
Genf zurückzuführen iſt. Man darf den Artikel des Temps
infolgedeſſen als den Ausdruck der Anſichten Briands anſehen.
Por der Abſiimmung über das Wahlreglement
* Genf, 13. Sept. (Priv.=Tel.)
In den Reformplan der Studienkommiſſion iſt von der
Unterkommiſſion der erſten Kommiſſion die Beſtimmung aufge=
nommen
worden, daß bei der Frage der Wiederwählbarkeit auch
die Stimmenthaltungen mitgezählt werden ſollen, während bei
den Wahlen naturgemäß nur die abgegebenen Stimmen in Frage
kommen. Da die Wiederwählbarkeitserklärung in einem beſon=
deren
Wahlgang vongenommen wird, entſtehen daraus keine
Schwierigkeiten und die Mehrheit der Kommiſſion hat geglaubt,
daß es ungerecht ſei, die ſo wichtige Frage der Wiederwählbar=
keit
von einer relativ ſo kleinen Zahl der abgegebenen Stimmen
entſcheiden zu laſſen.
Das Hauptgeſpräch in den Wandelhallen des Völker=
bundes
bildete heute die bevorſtehende Wahl zum
Völkerbundsrat. Beſonders eifrig behandelten die latein=
amerikaniſchen
Staaten die Verteilung der ihnen zugebilligten
drei Sitze. Man iſt allgemein der Anſicht, daß Belgien, Schwe=
den
und Uruguay auf ein Jahr wiedengewählt werden ſollen,
falls Schweden dieſe Wahl anzunehmen bereit iſt, was bisher
noch nicht feſtſteht. Für zwei Jahre ſollen gewählt wenden: Ru=
mänien
, Holland und ein latein=amerikaniſcher Staat, angeblich
Columbien oder San Salvador; auf drei Jahre ſollen gewählt
werden: Polen, Chile und China oder Perſien. Man ſpricht auch
von der Möglichkeit der Wahl Argentiniens anſtatt eines der
angegebenen latein=amerikaniſchen Staaten, doch iſt wan ſich
über die Frage der Wählbarkeit noch nicht ganz klar. Da die
Verhandlungen unter den Delegationen über die Ratsſitze noch
hin und her gehen, dürfen die vorſtehenden Angaben noch nicht
als endgültige angeſehen werden.
Die nächſte Vollverſammlung.
* Genf, 13. September. (Priv.=Tel.)
Entgegen den heute vormittag getroffenen Dispoſitionen, wo=
nach
die nächſte Vollſitzung der Völkerbundswerſamlung am
Mittwoch nachmittog ſtattfinden ſollte, iſt munmeyr die nächſte
Vollſitzung bereits auf worgen, Dienstag, wachmittags angeſetzt
worden. Auch hier wird u. a. der polniſche Außenminiſter Za=
leski
das Wort ergreifen. Man bringt dieſe Vorverlegung der
nächſten Vollſitzung damit in Zuſammenhang, daß der Rechtsaus=
ſchuß
der Vollverſammlung bereits morgen vormittag den von
ſeinem Unterausſchuß ausgearbeiteten Bericht über das neue
Wahlverfahren der wichtſtändigen Ratsmitglieder und über die
Uebergangsbeſtimmungen für die nächſten drei Jahre vor=
liegen
hat.

Der Menſch ohne Kunſt.
Bemerkenswerte Aeußerungen über dieſen Gegenſtand finden ſich
in einem Aufſatz von Graf Hermann Keyſerling, den wir im
ſoeben erſchienenen Oktoberheft der Darmſtädter Kunſtzeitſchrift Deutſche
Kunſt und Dekoration leſen. Graf Keyſerling ſtellt zunächſt feſt, daß
der in kunſtſchöner Umgebung Erwachſene regelmäßig dem aus kunſt=
fremden
Kreiſen Stammenden an Geſchmack von Hauſe aus über=
legen
iſt, und ſei dieſer ſonſt noch ſo viel begabter‟. Dann fährt er fort:
Nun ſind wohl alle darüber einig, daß der Menſch von äſthetiſchem
Geſchmack und Sinn dem Barbaren überlegen iſt. Verkörpert Kultur
überhaupt einen Wert, dann gilt dies auch von der künſtleriſchen. Und
daraus folgt die heute allgemein anerkannte Forderung nicht nur
geiſtiger, ſondern künſtleriſcher Bildung für jeden Einzelnen. Leider
wird aber beinahe regelmäßig verkannt, wie ſolche zuſtandekommen
kann. Die meiſten wähnen, kunſtgeſchichtliche Kurſe, Muſeenbeſuch und
die Ausbildung eigener Talente führten zum Ziel. Alle Erfahrung
beweiſt aber, daß ſie das nicht tun. Warum? Im Vorhergehenden iſt
die Antwort implizite ſchon enthalten. Künſtleriſche Kultur entſteht nicht
durch bewußtes Lernen, ſondern durch die unmittelbare Einwirkung
äſthetiſcher Umwelt auf das Unbewußte. Nur deshalb iſt der, welcher
unter ſchönen Dingen, als unmittelbar zu ihm gehörig, aufwuchs, dem
aus barbariſchem Milieu Stammenden an äſthetiſchem Sinn regelmäßig
überlegen. So hat denn künſtleriſche Kultur der heranwachſenden und
kommenden Geſchlechter anderes zur Vorausſetzung, als die beſten Bil=
dungsmittel
, die eine Behörde aushecken kann: ſchöne Umwelten
für die kleinen Kinder. Sollen unſere Nachkommen äſthetiſch
hoher ſtehen, als wir, dann müſſen wir für künſtleriſche Heime ſorgen,
die auf das kindliche Unbewußte normbildend wirken.
Sehr bedeutſam ſind nun die Folgerungen, die Keyſerling aus
dieſem Sachverhalt gerade für das deutſche Volk zieht. Er meint, daß
beſonders die Deutſchen das oben Geſagte beherzigen müßten, weil ihnen
ein allgemeiner Mangel an Sinn ſür Maß und Einklang anhaftet.
Dem hätte eine zielbewußte Kunſtpflege heilſam entgegenzuarbeiten:
Worauf es ankommt, iſt die Höherbildung des Durchſchnitts und damit
die Schaffung eines normalen höheren Kulturniveaus. Je höher dieſes,
deſto höher kann der Begnadete ſeinerſeits über dasſelbe hinauswachſen.
Die Kunſtkreiſe Deutſchlands wiſſen dies nun ſehr wohl. Leider aber
ſteht die große Maſſe noch auf dem Standpunkt, der Mangel an Form=
begabung
ſei ein Vorzug, als Beweis von Tiefe, und der Deutſche ſolle
ſich ausſchließlich der Ausbildung dieſer widmen. Den ſo Denkenden
ſei denn das Folgende zur Erwägung empfohlen: der Menſch ohne
Kunſt iſt in höherem Sinn überhaupt kein Menſch.
Er iſt nur deſſen Urmaterie, das mitterliche Chaos. Was den Menſchen
zum Menſchen macht im Gegenſatz zum Tier, iſt nämlich einzig ſein
Ethos. Ethos nun bedeutet in erſter Linie nicht Moralität, ſondern
dynamiſch Formgebung, ſtatiſch Haltung. Bei der üblichen moraliſchen
Bedeutung ſeines Begriffs handelt es ſich um eine Sonderquglifikation.
Erſt muß Formenſinn überhaupt da ſein, erſt dann kann er ſich ſpeziali=
ſieren
.. Nun blicken des Menſchen Augen nur nach auswärts; nur im

Spiegel des Anderen erkennt er ſich ſelbſt. Deshalb iſt die äußere Form
grundſätzlich die Vorbedingung ſowohl als der nächſte Weg zur inneren.
Dies iſt ſo der Fall, daß man bei dem, der jene verachtet, ſicher ſein
kann, daß es mit ihm innerlich nicht ſtimmt. Aus dieſem Grund betrifft
formale Bildung nicht die Oberfläche, ſondern gerade die Tiefe. Sie
iſt der ſicherſte Weg zu jedem Ethos.
Wir halten es für ſehr verdienſtlich, daß Keyſerling in dieſen
Schlußwendungen gerade das ethiſch und geiſtig Weittragende der Form
betont: in der Tat wiſſen nicht viele über dieſe wichtigen Zuſammen=
hänge
Beſcheid. Unerſchrocken zieht Keyſerling die Konſequenz, die ſich
von hier aus für die Frage Bedürfnisloſigkeit oder Höherlegung des
ziviliſatoriſchen Durchſchnitts? ergibt: Das Kulturniveau einer Ge=
meinſchaft
bemißt ſich unmittelbar daran, wie hoch ihr normaler Lebens=
ſtandard
iſt. Der Menſch ſoll, in der Tat, nicht möglichſt bedürfnislos
ſein, ſondern möglichſt edle Bedürfniſſe haben in allen Hinſichten. Wie
denn die Norm des ſouveränen Menſchen nie ſich nach der Decke ſtrecken
hieß, ſondern: das zu gewinnen, weſſen er zur vollen Entfaltng
bedurfte‟,
Der übrige Inhalt des Heftes iſt durchaus der beſonderen Bedeu=
tung
würdig, die ihm als der Einleitung des 30. Jahrganges der Deut=
ſchen
Kunſt und Dekoration zukommt. Ueber die Ausſtellung der
Neuen Münchener Seceſſion berichtet ein Artikel von Wilhelm Michel,
der mit zahlreichen Illuſtrationen belegt iſt; u. a. ſind Karl Caſpar,
Edward Munch, Karl Hofer, Edwin Scharff, Adolf Schinnerer, Carl
Menſe, Schrimpf mit Proben ihrer Werke vertreten. Eine weitere Reihe
von Abbildungen unterrichtet über neueſte Schweizer Malerei.
Ueberraſchend neuartige Innenräume von anziehend leichter und ge=
fälliger
Haltung werden alsdann vorgeführt, Schöpfungen des Architek=
ten
Prof. Paul Grießer. Es folgen eine Auswahl entzückender vene=
zianiſcher
Gläſer, reizvoller Wiener Keramiken, Emaillen, neue Buch=
inbände
und Edelmetallarbeiten von Joſef Hoffmann, koſtbarer Schmuck
von Emil Lettré. Den Schluß bildet eine Gartengeſtaltung der Züricher
Gartenarchitekten Otto Froebels Erben. Im Ganzen eine Fülle von
feſſelnden Leiſtungen, die mit einwandfreier Sachkunde gewählt und auf
techniſch vollendete Weiſe dargeboten ſind. Preis des Heftes 2,50 Mk.
Erhältlich durch alle Buchhandlungen ſowie durch die Verlagsanſtalt
Alexander Koch G. m. b. H., Darmſtadt.

C. K. Die Kunſt, ſeinen Mann zu begrüßen. Haben Sie
ſchon jemals darüber nachgedacht, wie Sie Ihren Mann be=
grüßen
, wenn er abends heimkehrt? Dieſe Frage richtet eine
lebenserfahrene Frau in einer engliſchen Zeitſchrift an ihre Schwe=
ſtern
, und ſie rät ihnen, dieſem ſcheinbar ſo unbedeutenden Vor=
gang
größere Aufmerkſamkeit zu widmen, weil davon zu nicht
geringem Teil das Glück der Ehe abhängt. Stellt Euch nur die
Sache richtig vor. ſchreibt ſie. Der Mann kommt abends heim,
ermüdet von des Tages Arbeit, und nun nehme man an; die
Wohnung iſt dunkel, niemand bewillkommnet ihn, die Frau iſt
ausgegangen; vielleicht ſind die Zimmer noch nicht aufgeräumt,

Der Bombenwurf gegen Muſſolini.
Von unſerem römiſchen Korreſpondenten.
Dr. R. L. Rom, 11. September.
Das erſte Attentat gegen Muſſolini war Theater. Der un=
glückſelige
Zaniboni war ein eitler Tor, der ſich ausnutzen ließ.
Das zweite Attentat der alten Engländerin war ein Wahnſinn,
mit untaulichem Mittel, aber immerhin ſchon mit ernſter Abſicht
verſucht. Heute hat ein Steinmetz, ein italieniſcher Arbeiter, ein
drittes, neues Attentat begangen, hat eine Bombe geworfen, und
es iſt nur einem Zufall zu verdanken, daß Muſſolini zur Stunde
noch unter den Lebenden weilt. Dieſer letzte Anſchlag gegen das
Leben des Diktators war verflucht ernſt. Das war kein Theater,
kein Wahnſinn mehr. Ein Mann, der aus Frankreich kam, zwei=
fellos
beeinflußt von den Ideen, die draußen in Frankreich in
den Kreiſen der vertriebenen Oppoſition verbreitet werden, hat die
gefährlichſte Waffe, die Bombe, benutzt, um den verhaßten Tyran=
nen
zu töten. Man hat ſofort gemunkelt, daß der Steinmetz ein
gedungener Mörder ſei. Wenn man ſich aber jener Zeiten er=
innert
, in denen Italien die Hochburg des Anarchismus war,
wenn man daran denkt, daß einſt eine unſchuldige Frau, eine
Königin, die niemand etwas zu leide getan hat, an dem Ort, wo
heute der Frieden Europas geſchützt wird, in Genf, der ruchloſen
Hand eines Anarchiſten, der auch Italiener war, zum Opfer fiel,
ſo braucht man gar nicht erſt anzunehmen, daß heute ein bezahl=
tes
Werk verſucht wurde. Der Groll zahlreicher Italiener, die
ſich noch nicht dem Fascismus unterworfen haben, wird auch
fernerhin immer Märtyrer für die Idee der Freiheit, die ſie
meinen, finden. Sie ſind Toren, denn der Tod Muſſolinis wird
das Schickſal Italiens vielleicht beſchleunigen, nicht aber ent=
ſcheiden
.
Man muß in Ländern unter einer Tyrannis immer damit
rechnen, daß ſich einzelne Leute finden, denen die Freiheit ihrer
Heimat mehr wert wie das eigene Leben iſt. Die Weltgeſchichte
gibt ſeit den Tagen des Altertums dafür ungezählte Beiſpiele.
Muſſolini weiß dies, aber ſein tatſächlicher Mut ließ ihn bisher
immer noch die Warnungen ſeiner Freunde in den Wind ſchlagen,
wenn er auch ſeit dem letzten Attentat vor dem Kapitol etwas vor=
ſichtiger
geworden iſt, und ſich mehr der polizeilichen Ueber=
wachung
unterwirft ſolange, bis ihn plötzlich wieder der Teu=
fel
reitet und er unvorhergeſehen den Wächtern der heiligen Her=
mandat
entſchlüpft und auf eigene Fauſt in der Welt herum=
fährt
. Bei Leuten von dieſem Schlage, Männern von der ſprung=
haften
Energie und Nachgiebizkeit gegen irgendein augenblick=
liches
Luſtgefühl gibt es keine Sicherung gegen Unfälle und An=
ſchläge
. Man darf alſo, ohne irgendwie Peſſimiſt zu ſein, eigent=
lich
täglich damit rechnen, daß dieſem Leben, an deſſen Daſein
für ein ganzes Land gerade jetzt ſo viel hängt, plötzlich Halt ge=
boten
wird. Nicht nur durch einen Exitus letalis infolge einer
jetzt gerade weniger ausgeprägten körperlichen Anlage, als durch
den gemeinen Mord. Man weiß, wie Verbrechen trotz der Ge=
fahren
für den Täter anſteckend wirken.
Wie aber wird dieſer dauernde Zuſtand der Gefahr auf
Muſſolini wirken? Leute, die ihn und ſeine Pſychologie genau
kennen, vermuten, daß die augenblickliche Wirkung eines Atten=
tats
auf Muſſolini die iſt, daß er ſagt: nun gerade. Das heißt,
er läßt ſich von ſeinem Wege durch derartige äußere Einwirkun=
gen
nicht abbringen. Er hat vielmehr das Gefühl, daß ſein Ruhm
und ſeine Beliebtheit beim Volke dadurch vermehrt werden. Aber
in ſchweren Stunden, in denen er als intelligenter Menſch er=
kennt
, daß ſeine Arbeit ſeinem Vaterlande doch nicht recht vor=
wärts
hilft, daß vor allem die finanziellen Maßnahmen und die
expanſioniſtiſche Machtpolitik das Land in immer größere Schul=
den
ſtürzen, werden dieſe Attentate auf die ſentimentale, aber=
gläubiſche
Frömmigkeit dieſes aus der Tiefe herausgeſtiegenen
und jetzt recht einſamen Menſchen ihre Wirkung ausüben. Dann
kann eines Tages ſehr leicht die Stunde kommen, in der er ein=
ſieht
, daß die Schieberpolitik und Börſenjobberei gewiſſer Leute
in Italien, die auf Koſten der Lire ihren Banken und ihren
Taſchen helfen, vom Auslande her ein Ende finden wird und die
Folgen ſehr ſchwer auf Italien laſten werden. Dann wird er ſich
vielleicht in ſolch ſchwerer Stunde ſagen, daß es für ſeinen Nach=
ruhm
beſſer iſt, rechtzeitig vor dem Zuſammenbruch aus Geſund=
heitsgründen
ſich von der Herrſchaft zurückzuziehen und auch zu=
gleich
der nervenvernichtenden Gefahr der lauernden Bomben=
würfe
zu entfliehen. Die fallende Lira und weitere Anſchläge
könnten Muſſolini dazu bringen, in einer Wallung ſeines Tem=
peraments
nach der peſſimiſtiſchen Seite das alte Wort zu wieder=
holen
: Nach mir die Sintflut! Die Frage iſt nur, ob ſeine Wider=
ſacher
ihm noch ſoviel Zeit zum Leben laſſen, um ſich auf ſeinen
Lorbeern auszuruhen. Attentate ſind epidemiſch.
Die Einzelheiten, die über den Verlauf des Bombenanſchlags
gegen Muſſolini am heutigen Morgen bekannt werden, zeigen,
wie knapp der Duce diesmal einem tragiſchen Schickſal ent=
gangen
iſt. Der Attentäter hat gut gezielt, er hat im Kriege das
Werfen mit Handgranaten als Sturmſoldat gelernt, und es

und er muß auf das Eſſen warten, bis ſie etwas kalten Aufſchnitt
mit nach Hauſe bringt. Wie anders iſt das Bild, wenn den
Heimkehrenden, ſobald ſein Schlüſſel in der Haustür klirrt, die
Kinder jubelnd entgegeneilen, wenn ſich weiche Arme um ſeinen
Nacken legen, die Gattin ihn mit freudeſtrahlenden Augen be=
grüßt
und das Heim hell und ſauber ihn anlacht, der freundlich
gedeckte Tiſch ſeiner harrt. Iſt das nicht ein Unterſchied? Und
nun denke man: Der Mann hat den Tag über ſeine ganze Ner=
venkraft
aufbieten müſſen, um ſich im ſchweren Kampf ums Da=
ſein
zu behaupten. Er iſt abgeſpannt und ſchlecht gelaunt. Kaum
iſt er in ſein Heim getreten, da jammert ihm die Frau alles
Mögliche vor über die Ungezogenheit der Kinder, über die große
Fleiſcherrechnung, über den kleinen Aerger, den ſie am Tage ge=
habt
hat. Muß ihm da nicht die Galle überlaufen? Wie raſch
aber beruhigen ſich ſeine gepeinigten Nerven, wenn ihn Friede
und Freude, Ruhe und Behagen in ſeinen vier Wänden um=
fängt
, wenn die Frau ihn mit Liebe umgibt und ihn durch fröh=
liche
Dinge erheitert. So wird die abendliche Begrüßung durch
die Frau für ſo manchen Ehemann das entſcheidende Erlebnis,
das ihn entweder an ſein Heim feſſelt oder aus dieſem vertreibt.
Was dem Mann recht iſt, iſt der Frau billig. Auch der heim=
kehrende
Gatte ſoll freundlich und liebevoll ſein, denn auch ſein
Weib hat im Haushalt viele Mühen und Plagen und fordert
Verſtändnis für ihre harte Arbeit. So iſt die Kunſt der Be=
grüßung
zwiſchen den Ehegatten ein Kapitel, das wohl beachtet
und ſtudiert ſein will.

C. K. Neue Photographie=Mode. Die neueſte Mode in der
Photographie beſteht darin, daß ſich die Damen mit bloßem
Nacken und Schultern aufnehmen laſſen, und dieſer Stil ſoll be=
ſonders
gut zum Herrenſchnitt paſſen. Eine führende engliſch=
Photographin, Dorothy Wilding, ſetzt die Vorzüge dieſes Photo=
graphieſtils
auseinander: Die Tage der Tüll= und Chiffon=
Draperien, die die nackten Schultern bei einem Bruſtbild um=
wogten
, ſind vorbei. Die moderne Photographie zeigt nur den
Kopf, den Nacken, die bloßen Schultern und den nackten Ober=
teil
der Arme. Die feine Linie des Herrenſchnitts wird dadurch
erſt ins rechte Licht geſetzt. Alle Drapierungen, die unſchön wirk=
ten
, fallen fort, und man kann auch nicht mehr aus der Kleidung
die Photographie datieren, was ſpäter zu unangenehmen Rück=
ſchlüſſen
auf das Alter führte. Durch den Bubikopf iſt das Photo=
graphieren
ſehr in Aufnahme gekommen, denn die Damen wollen
ſich in dem neueſten Schnitt verewigt ſehen, und vielfach wünſchen
die Ehemänner, daß ſich die Frauen noch einmal mit langem
Haar aufnehmen laſſen, bevor es fällt.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Dienstag, den 14. September 1926

ſcheint nur dem Zufall zuzuſchreiben zu fein, daß er um eine oder
zwei Sekunden zu ſpät die Sicherung der Handgranate zerriſſen
hat. Denn in dem Augenblick, in dem der Verbrecher ſeine Bombe
unter ſeiner Jacke hervorzog, entfiel ihm eine zweite Hand=
granate
. Danach bückte er ſich, und dieſe minimale Spanne ver=
lorener
Zeit genügte, die Granate erſt explodieren zu laſſen, als
ſie vom Auto zurückprallend aufs Pflaſter fiel. Die zwei Sekun=
den
aber reichten aus, dem Auto in ſchneller Fahrt ſo viel Vor=
ſprung
zu gewähren, daß die Bombenſplitter nicht mehr Muſſo=
lini
ſelbſt erreichten.
Nach allem, was man bisher feſtſtellen konnte, ſcheint trotz des
Leugnens des Attentäters der Plan nicht nur von ihm allein
herzurühren, ſondern er ſcheint einige Helfershelfer gehabt zu
haben. Es wäre anders auch gar nicht denkbar, daß er ſo genan
gewußt hat, wann und wo das Auto Muſſolinis kommen würde,
ohne daß ſchon einige Tage lang Beobachtungen angeſtellt wur=
den
. Da der Täter aber angeblich erſt am Morgen der Tat in
Nom angekommen iſt, klaffen hier Widerſprüche, die ſicher bald
aufgeklärt werden.
Der Anſchlag iſt zum Glück für viele, viele Menſchen in Ita=
lien
mißlungen. Aber ſeine moraliſch=politiſche Wirkung zeigte
ſich bereits heute nachmittag, als Muſſolini (man möchte faſt
ſchon ſagen üblicherweiſe nach Attentaten) vom Balkon des
Palazzo Chigi zum Volke ſprach. Die weite Piazza Colonna war
wieder mit den erregten Römern dicht gefüllt, Fasciſtenfahnen
flatterten und die ganze Stadt war wieder über und über be=
flaggt
. Trompetentöne forderten Ruhe von den lärmenden Bür=
gern
auf der Piazza, das Stimmengebraus flaute ab, und man
vernahm laut und klar die helle Stimme Muſſolinis vom Balkon
her. Was er zunächſt ſagte, war klug und ſympathiſch. Aber in
der Hitze des Gefechts, zu dem faſt jede improviſierte Rede für
ihn wird, hat er dann einige Dinge geſagt, die ebenſo wie eine
Bombe in einem Nachbarlande Italiens wirken dürften. Er hat
bei ſeinen Römern bereits eine Bombenwirkung mit ſeinen deut=
lichen
Anſpielungen erzielt. Das Echo, das aus dem Nachbar=
lande
zurücktönen wird, kann vielleicht weniger zuſtimmend er=
klingen
. Man muß ſo rief Muſſolinik), mit gewiſſen ſtraf=
baren
und unerhörten Duldungen von jenſeits der Grenze ein
Ende machen, wenn man wirklich auf die Freundſchaft des italie=
niſchen
Volkes Wert legt, eine Freundſchaft, die durch derartige
Epiſoden in fataler Weiſe kompromittiert werden könnte. Dieſe
Worte und die nachfolgenden Sätze, die einen ähnlichen Tenor
hatten, wurden vom Volke mit frenetiſchem Beifall unterſtrichen.
Nun ſcheint es zwar ſicher, daß der Attentäter aus Frankreich
gekommen iſt, nach den letzten Meldungen ſcheint es auch, als
wenn dieſer Steinmetz, der Italiener iſt, nicht in der Heimat ſei=
ner
Familie, in der Gegend der Marmorbrüche von Carara, ge=
boren
worden iſt, ſondern als italieniſcher Untertan in Frankreich
Das Licht der Welt erblickte. Er ſelbſt bezeichnet ſich als Individual=
anarchiſt
, alſo als zu jener Gruppe verbrecheriſcher Menſchen ge=
hörig
, die ſchon manches Attentat auf dem Konto haben. Aber
die Herkunft aus Frankreich (ohne daß dabei weiter nichts wie
ein geographiſcher Zufall im Spiele iſt) genügt doch nicht, um in
einer Zeit einer bereits vorhandenen Spannung in dieſer aggreſ=
ſiven
Weiſe gegen den Nachbar zu drohen. Hier liegen eben die
großen Gefahren Muſſoliniſchen Temperaments und Muſſolini=
ſcher
Sprungpolitik, daß aus einer ſolchen Rede bei einem un=
vorherzuſehenden
Anlaß ſich eine Lage ergibt, die nicht nur die
Nation unheilbar aufhetzt (man denke an die Neutralitätszeit
von 1915), ſondern auch Maßregeln als Konſequenz der Worte er=
zwingt
, die das Schickſal Italiens auf des Meſſers Schneide
ſetzen. Wenn erſt die Ehre der Nation durch den Zwang von der
Straße her in das politiſche Spiel eingeſetzt wird, dann wird es
ſchwer ſein, den drohenden Worten eine verſöhnlichere Haltung

*) Vgl. unſeren Bericht in Nr. 252 vom Samstag, den
11. September.

in der Praxis der Beziehungen zum Nachbar zu geben. Deshalb
ſind unvorhergeſehene Ereigniſſe in Italien und dazu ge=
hören
vor allem alle Angriffe auf Muſſolini, ſeien ſie tätlich oder
auch nur verbaler Art in der Zeit dieſer Steigerung des Volks=
empfindens
ſo bedenklich. Man weiß zwar, wann man die
Bombe wirft, aber man kann nicht ermeſſen, wie ihre Splitter
im Garten des Nachbars treffen werden. Die Handgranate des
Italieners hat glücklicherweiſe nicht getroffen, die Wirkung von
Muſſolinis Wortbombe vom Balkon des Palazzo Chigi wird
hoffentlich nicht mehr Unheil anrichten.

Der Attentäter Gino Lucetti.

Nähere Nachforſchutngen der Polizei ergaben, daß der Atten=
täter
ſowohl einen falſchen Namen als auch einen falſchen
Heimatsort angegeben hat, was er nachträglich ſelbſt eingeſtand
und erklärte. Gino Lucetti zu heißen, Marmorarbeiter und ge=
bürtig
aus Avenca bei Maſſa Carrara zu ſein. Er ſei in Nizza
wohnhaft, aber mit der beſtimmten Abſicht von Marſeille nach
Rom gekommen, Muſſolini umzubringen. Man ſolle ihn nicht
weiter fragen, da er gemäß ſeinen Grundſätzen als qnarchiſtiſcher
Individualiſt doch alles beſtreiten werde. Die Polizei hat bis
jetzt nur feſtgeſtellt, daß Lucetti vor der Ausführung ſeines Vor=
habens
mehrere Tage in einem Gaſthaus dritten Ranges in
Rom gewohnt hat. Es ſind nun weitere Fahndungen zu ſeiner
genauen Identifizierung und Auffindung ſeiner Verwandten
und Freunde im Gange.
Lucetti ſelbſt hat bisher auch im gerichtlichen Verhör be=
ſtritten
, irgendwelche Helfershelfer zu haben. Er übernimmt
allein die Verantvortung des Anſchlages, verhält ſich ruhig und
zeigt nicht die geringſte Beſorgnis über die ſeiner harrenden
Strafe.

Die Familie des Attentäters Lucetti hat in einem Bauern=
gehöft
von Avenza ermittelt werden können. Seine Mutter, zwei
Brüder und eine Schweſter wurden verhaftet und ins Gefängnis
von Maſſa Carrara überführt. Sein Vater iſt vor etlichen Jah=
ren
geſtorben, er hatte ſeine Familie als Wagner ehrlich erhal=
ten
, während ſie jetzt vom Ertrag einiger Grundſtücke und vom
Verdienſt der Söhne lebte. Aufgeweckt und fleißig, war Gino
Lucetti der beſte Schüler ſeiner Klaſſe geweſen, hatte ſich aber
wegen der ärmlichen Familienverhältniſſe nicht höheren Süudien
zuwenden können. Um ſo eifriger widmete er ſich der politiſchen
Propaganda als Anarchiſt in jener Gegend, der größten italie=
niſchen
Marmorbrüche, die vor dem Fascismus durchweg repu=
blikaniſch
und ſozialiſtiſch waren. Lucetti wird als ein verſchloſ=
ſener
unzugänglicher Charakter geſchildert, war jeder Geſellſchaft
abhold und widmete ſeine freie Zeit ganz der Lektüre anarchi=
ſtiſcher
und kommuniſtiſcher Propagandaſchriften. An den poli=
tiſchen
Kämpfen ſeiner Provinz gegen den aufkommenden Fas=
cismus
hatte er ſo lebhaften Anteil genommen, daß er wiederholt
verprügelt wurde und ſich daher nach Frankreich wandte. Dem
Faseismus hatte er unerbittliche Rache geſchworen. In Avenza
hatte ſich früher um ihn eine Gruppe von Geſinnungsgenoſſen
geſchart, darunter auch gebildete Leute. Sie hatten heimlich in
einem Bade der Küſte von Carrara Zuſammenkünfte abgehalten,
an denen auch ein bekannter Oppoſitionsabgeordneier des Aven=
tin
teilgenommen haben ſoll. und in denen Vereinbärungen zur
Bekämpfung des Fascismus in dieſer Provinz getroffen wurden.
Mehrere Mitglieder dieſer Gruppe befinden ſich indeſſen ſeit eini=
ger
Zeit nicht mehr in Italien und die Zurückgebliebenen haben
ſich auf die Kunde vom Attentat aus dem Staube gemacht; nur
ein Spengler ſcheint Lucetti auf ſeiner Reiſe nach Nom be=
gleitet
zu haben, wo er jetzt verhaftet wurde. Lücetti hatte in
Avenza ſchon am 26. September 1925 einen blutigen Zwiſchenfall
mit Fasciſten gehabt, von denen er einen mit einem Revolver
verletzt hat und war damals in der gleichen Nacht mit einem
Segelſchiff wieder nach der franzöſiſchen Riviera eniſlohen, die er

von ſeinem früheren Aufenthalt her kannte und von wo er erſt
vor einigen Tagen unerkannt zurückgekehrt war. Im Vaterhaus
Lucettis wurde zahlreiches anarchiſtiſches Material und ein um=
fangreicher
Briefwechſel auch mit ausländiſchen Anarchiſten be=
ſchlagwahmt
.
Neue Verhaftungen.

Seit dem mißlungenen Attentatsverſuch gegen Muſſolini hat
die römiſche Polizei bis jetzt über 200 verdächtige Kom=
muniſten
, Anarchiſten und andere Mitglieder extremer
Parteien verhaftet, darunter den bekannten Anarchiſten=
führer
Enrico Malateſta. Alle Feſtgenommenen wurden ſofort
zahlreichen Kreuzverhören unterzogen, die aber bisher keinerlei
Anhaltspunkte über irgendwelche Mithilfe beim Attentat ergaben.
Trotzdem wurden die Verhafteten unter ſtrenger Bewachung im
Unterſuchungsgefängnis eingeſperrt, wo auch der Attentäter ſelbſt
unter ſcharfer Bewachung in Einzelhaft ſitzt.

Zur Einführung der Todesſirafe.

Der Direktor der fasciſtiſchen Partei hat am Sonntag von Muſſolini
hinreichende Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Attentate verlangt
und erklärt, der Fascismus verlange, daß der Duce ſich mehr ſchone
und ſich nicht mehr ſo leicht Gefahren ausſetzt. Muſſolini beſtätigte,
in der erſten Seſſion werde das Parlament ſich mit dem angekündigten
Geſetz über die Todesſtrafe für jene befaſſen, die das Leben des Staats=
und Regierungschefs ſowie die Unverletzlichkeit und Sicherheit des Regi=
mes
gefährden. Das Geſetz wird ſich auch gegen bewaffnete Aufſtände
richten. Muſſolini hat zu dieſem Zweck zahlreiche Beſprechungen mit
dem Juſtizminiſter Rocco und dem Innenminiſter Federzoni zur Vor=
bereitung
der Vorlage gehabt. Der Zuſammentritt der Kammer wird
im Oktober erwartet.

Amtsenthebungen in der italieniſchen Polizeidirektion.

Der Generaldirektor der italieniſchen Polizei, Criſpo Mon=
cava
, iſt auf ſein Verlangen ſeines Amtes enthoben worden. An
ſeiner Stelle wurde Arturo Bocchini zum Generaldirektor
des Sicherheitsdienſtes berufen. Ferner iſt der römiſche Polizei=
direktor
, Präfekt Perilli, zur Verfügung geſtellt und durch den
Generalinſpektor des Sicherheitsdienſtes Angelucci erſetzt
worden.

Rußland und Polen.

Die Isweſtija ſtellt einerſeits die Erklärungen polniſcher
Diplomaten und die wiederholten Dementis der polniſchen
Preſſe, andererſeits deren eigene Mitteilungen über militäriſche Lie=
ferungsaufträge
Polens zur Verſtärkung der Luft= und Seeflotte
und die unaufhörlichen militäriſchen Konferenzen Pilſudſkis ge=
genüber
, die ihn ſogar veranlaßten, ſeinen Urlaub abzubrechen.
Das Blatt zieht daraus den Schluß, daß die Handlungen der
polniſchen Diplomatie vom Generalſtab geleitet würden. Indem
die polniſchen Diplomaten die Friedensbeſtrebungen Polens ver=
kündeten
, werde die Tätigkeit der Militärkreiſe erleichtert. Wäh=
rend
der Kriegsvorbereitungen Polens früher an der Linie der
polniſch=litauiſchen Grenze verliefen, erſtreckten ſie ſich jetzt bis an
die Sowjetgrenze. Hartnäckige Gerüchte ſeien im Umlauf, daß
an einzelnen Punkten der polniſchen Grenzmark die Regiſtrierung
des Pferdebeſtandes, Einberufung der Offiziere zu militäriſchen
Uebungen, Mobiliſierung der Reſerve, Konzentrierung der Ka=
vallerie
und Maßnahmen zur Beſchaffung von Quartieren für
die Infanterie und die eiligſte Ausbeſſerung von Brücken vor=
genommen
würden. Infolge dieſer Gerüchte gewinne die Tat=
ſache
wiederholter Flüge polniſcher Militärflugzeuge über das
Gebiet der Sowjetrepublik beſondere Bedeutung. Das Blatt
betont, die jüngſten Ereigniſſe an der polniſch=ſowjetruſſiſchen
Grenze beunruhigen die öffentliche Meinung Rußlands und
weiſt die polniſche Regierung darauf hin, daß ihre friedlichen
Erklärungen den konkreten Tatſachen widerſprächen.

kuk seden

I. St. 12811

1

geg. gute Sicherheit,
Zinſ. u. monatl. Rück=
fahlung
zu leih. geſ.
Näh. unter S 36 an
die Geſchſt. (*23914

Kaufmann
27 Jahre, wünſcht ſich
mit Rmt. 500. ir=
gendwie
tät. z. beteil.
Zuſhrift. erb. u. S 42
an die Geſchſt. (*23920

Die Verlobung unſerer älteſten
Tochter Eliſabeth mit Herrn
Dr. med. Rudolf Jockel aus
Tauterbach (Heſſen) geben wir
hiermit bekannt.

Anna, geb. Küſter.
Darmſiadt, 12. September 1926.

Meine Verlobung mit Fräu=
lein
Eliſabeth Rink beehre
ich mich anzuzeigen.

Oberpoſirat Rink und Frau Dr. med. Rudolf Jockel.

(23901

Trudl Reinkober

Faa

Karl Klink
grüssen als ( 23834
Verlobte

Darmstadt, 14. September
1926

Das Feſi der
Silbernen Hochzeit
begehen am 14. September Georg
Pfeifer und Frau Friederiche,
geb. Schneller (*23879
Darmſtadt, Rhönring 55.

OOssesnnnee

Zeughausstr. 3 Wendelstadtstr. 30

Todes=Anzeige.
Heute verſchied nach kurzem
Krankenlager unſere liebe, gute
Mutter, Schwiegermutter und
Großmutter

geb. Krämer.
IntieferTrauer:
Familie Wiihelm Rabe
Familie Philipp Plank. Neu=Röſſen
Darmſtadt, den 12. September 1926,

Die Beerdigung findet Mittwoch
vormittag ½11 Uhr auf dem Wald=
friedhof
ſtatt. * 239

Dankſagung.

Für die überaus zahlreiche Teil=
nahme
und Blumenſpenden bei dem
Heimgang unſeres lieben Entſchla=
fenen

für die troſtreiche Grabrede des Herrn
Pfarrer Georgi ſowie für die Kranz=
niederlegung
der Gewerkſchaft Deut=
ſcher
Lokomotivheizer, Vorgeſetzte,
Beamte und Arbeiter des Eiſenbahn=
betriebswerkes
Darmſtadt und allen
denen, die ihm die letzte Ehre gaben,
herzlichſten Dank.
(13244
Die trauernden Hinterbliebenen:
Frau Greie Rebenich
und Kind Karola.

Dem Herrn ü5er Leben und Tod hat es gefallen,
unſere innigſtgeliebte, treuſorgende Schweſter, Schwä=
gerin
und Tante

Fräulein Bertha Preuſchen

nach raſtlos tätigem, opferfreudigem Leben abzurufen
in den ewigen Frieden.
In tiefer Trauer:
Alfred Preuſchen, Geh. Forſtrat
Marie Preuſchen
Emma Dauernheim. geb. Preuſchen
Luiſe Hellwig, geb. Preuſchen
Anna Preuſchen, geb. Preuſchen
Adalbert Preuſchen.

Dankſagung.
Statt Karten.

Allen denen, die unſerm geliebten Heimgegangenen
und uns in den Tagen ſchwerer Krankheit und tiefen
Leides ſo liebevoll teilnehmend, helfend und tröſtend
zur Seite ſtanden, ſagen wir innigen Dank, insbeſondere
auch den Herren Inhabern der Firma Gebrüder Trier,
ſowie den Herren Geſchäftsführern, Angeſtellten und
Arbeitern für die ehrenden Nachrufe und die wunder=
vollen
Kranzſpenden.
Helene Schmidt, geb. Walter
Helene Schmidt
Martha Schmidt.

Darmſtadt, Kiesſtr. 120, den 13. September 1926. (*23963

Darmſtadt; Groß=Umſtadt, Gießen, Alsbach a
12. September 1926.

B., den
(13224

Klavierſtimmer

Die Beerdigung findet Mittwoch, den 15. September,
nachmittags 3 Uhr, vom Portale des alten Friedhofs
an der Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt.
Von Beileidsbeſuchen bittet man abſehen zu wollen.

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme und für die reichen Kranz=
und Blumenſpenden bei dem Hin=
ſcheiden
meines unvergeßlichen Bru=
ders
, unſeres Enkels und Neffen

Herrn Bernhard Harniſchſeger

ſagenwir allen Freunden, Verwandten
und Bekannten unſeren innigſten Dank
Insbeſondere danken wir den Schwe=
ſtern
vom Eliſabethenſtift für die liebe=
volle
Pflege, ferner Herrn Dekan
Knodt für die troſtreichen Worte am
Grabe, ſowie ſeinen Freunden, Schul=
kameradinnen
und Kameraden.

Die trauernden Hinterbliebenen:
Elſe Harniſchfeger
Bernhard Hags Wtw.
Georg Rapp u. Frau, geb. Haas.
(*23935
Groß=Zimmern, Darmſtadt.

Gute Eßbirnenok.

Pfd. 5 Pfg. (*23857
Nagdalenenſtr. 1, I.

610
Birnen ( 23873
Frankfurierſtraße 105,
Martinsmühle.

Emil Schultze
Kammermuſiker i. R
Schießhausſtr. 29
Auskunft auch bei
Thies Nachfolger
Eliſabethenſtr. 12

*23874id,

Dankſagung.

All den lieben Menſchen, die wäh=
rend
der ſchweren Krankheit unſrer
unvergeßlichen, guten Entſchlafenen
ſo innigen Anteil nahmen und durch
die überaus vielen Blumenſpenden
und die große Trauerkundgebung bei
ihrer Beiſetzung die liebe Verſtorbene
ehrten und uns tröſteten, ſowie Herrn
Pfarrer Vogel für ſeinen wohltuenden
Nachruf ſagen wir, auf dieſem Wege
unſern tiefgefühlten Dank. (*23848

Die trauernden Hinterbliebenen:
Fritz Schott, Kinder und
Verwandten.

Darmſtadt, den 12. September 1926

Ree
Radio gerät, kom=
plett
, billig, zu verk.
Viktoriaſtraße 69, I
(*2365 181)

R
1d
B

billig zu verk. (*23923
Rheinſtr. 44, I.

Statt Karten.

Für die vielen Beweiſe
warmer Teilnahme ſage ich
herzlichen Dank. (13243
Friedrich Tenner.

Motorrad

3½ PS. bill. z verkf.
Feldbergſtr. 70, part.
(*23878)

Vierrädiger
Handkaſtenwagen
nen bill z. verk. /*23882
Kiesbergſtr. 1, part.

Meine Frau war ihr Leben lang, über
50 Jahre, mit einer häßlichen

V.11128

behaftet. Kein geſundes Fleckchen hatte ſie auf
dem Leibe. Nachdem ſie Zucker’s Patent= Medi=
zinal
=Seiſe angewendet hat, fühlt ſie ſich wie neue
geboren. Schon nach 8 Tagen ſpürte ſie Linderung
und in 3 Wochen waren die Flechten beſeitigt.
Wir ſagen Ihnen innigſten Lank. Zucker3
Patent=Mediziual=Seiſe iſt Tauſende wert. E. V.*

z Stck. 60 Pfg. (15 % 1g), Mk. 1. (25 % ig) und
Mk. 1.50 (35 % ig, ſtärkite Form). Dazu Zuckooh=
Creme 4 45, 65 nnd 90 Pfg. In allen Apothefeig
Drogerien und Parfümerien erhältlich.

[ ][  ][ ]

Nummer 255

Dienstag, den 14. September 1926

Seite 5

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 14. September.
Ernannt wurde: am 10. September der ordentliche Profeſſor
an der Techniſchen Hochſchule in Dresden, Dr. Walther Fiſcher, mit
Wirkung vom 1. Oktober 1926 an zum ordentlichen Profeſſor für eng=
liche
Philologie an der Landesuniverſität Gießen.
Heſſiſches Landestheater. In der heute Dienstag in vollſtändig
neuer Einſtudierung ſtattfindenden Aufführung von Schillers Tell
ſind die Hauptrollen beſetzt mit den Damen: Meißner (Hedwig Tell),
Vincent (Berta), Hoffart (Armgard), Weismann (Gertrud Stauffacher)
und den Herven: Wittgen (Tell), Klupp (Geßner), Nemetz (Stauffacher),
Weſtermann (Walter Fürſt), Büttner (Melchtal), Baumeiſter ( Atting=
hauſen
), Panning (Rudenz) und Epskamp (Baumgarten). In den

Pohl. Beginn der Aufführung 7 Uhr.
Der Oberregiſſeur der Oper am Heſſiſchen. Landes=
theater
, Hans Esdras Mutzenbecher wurde von Profeſſor
Clemens Krouß, dem Leiter der Frankfurter Oper, eingeladen, in Ver=
tretung
des an der Wiener Staatsoper gaſtierenden Dr. Lothar Waller=
ſtein
in Frankfurt Manon Lescaut zu inſzenieren. Er hat dieſe Ein=
ladung
aber infolge Vorarbeiten zu ſeinen hieſigen Inſzenierungen von
Wagners Rheingold und Schrekers Gezeichneten ablehnen müſſen.
Morgen, Mittwoch, beginnen die vegelmäßigen Pkoben zur Uräuf=
führung
von Berr Brechts neuer Komödie Mann iſt Mann‟. Die
Aufführung wird unter Anweſenheit zahlreicher auswärtiger Gäſte am
Samstag, den 25. September, im Großen Haus ſtattfinden. Der Dichter
nimmt in der letzten Woche perſönlich an den Proben teil. Die Aus=
ſtattung
beſorgt gaſtweiſe Caſpar Neher, der in der letzten Zeit durch
eine Neihe von Ausſtattungen in Verlin und München bekannt gewor=
den
iſt.
* Kollektivausſtellung von Pgul Theſing. Geſtern vormittag wurde
in der Kunſthalle in der Rheinſtraße eine Kolbektivausſtellung von Panl
Theſing eröffnet. Außer dem Staatspräſidenten wohnten dem Eröff=
nungsakt
zahlreiche Landtagsabgeordnete und Stadtverordnete ſowie ein
großer Kreis geladener Gäſte bei. Im Namen des Heſſiſchen Künſtler=
kartells
begrüßte Oberregierungsrat Emmerling die Anweſenden; er
dankte für das zahlreiche Erſcheinen; es ſei das als ein Zeichen wachſen=
den
Intereſſes an der Kunſt anzuſehen. Zur Kultur eines Volkes ſei
die Pflege der Kunſt notwendig. Das Ausſtellungshaus auf der Mathil=
denhöhe
habe in dieſem Sommer ſeine Pforten geſchloſſen gehalten,
dafür hätte die Kunſthalle recht gute Ausſtellungen gehabt. Die Aus=
ſtellungen
der Freien Vereinigung und der Darmſtädter Gruppe hätten
viel Beachtung gefunden. Paul Theſing, der hier eine Rückſchau über
ſein Schaffen biete, gehöre zu den markanteſten Darmſtädter Künſtlern;
ihm ſei die Auszeichnung durch den Georg=Brichner=Preis zuteil ge=
worden
. Es ſei ihm zu danken, daß er ſich zu dieſer Ausſtellung bereit
gefunden habe. Im großen Saal drs oberen Stockwerkes wären Gemälde,
darunter aus früherer Zeit auch einige kleinere ſpaniſche Landſchaften,
ausgeſtellt. Die meiſten Gemälde ſeien neueren Datums, ſo neu, daß
ſie noch nicht ganz trocken wären. Beſonders wies der Redner auf
mehrere Porträts hin. Ueber die Qualität brauche man kein Wort zu
verlieren. In den Nebenräumen wären Karikaturen ausgeſtellt, die
von der Preſſe in Auftrag gegeben worden waren. Man dürfe ſie nicht
politiſch bewerten; es komme hier nicht die Politik, ſondern nur die
Kunſt in Betracht. Es wären, ſo meinte Oberregierungsrat Emmerling,
wahre Prachtſtücke darunter; heute könne Theſing den erſten Karikatu=
riſten
im In= und Ausland zur Seite geſtellt werden. In den unteren
Räumen ſeien Zeichnungen Theſings aus früheren Jahren ausgeſtellt,
die er im Auftrage der deutſchen Botſchaft in Madrid als Gegenwirkung
gegen Ententekarikaturen und gegen verleumderiſche Darſtellungen
Deutſchlands angefertigt habe, insbeſondere gegen die Zeichnungen Rae=
makers
. Theſing habe ſich in dieſem Kampf gegen die Entente ſehr ver=
dient
gemacht. Der Redner ſchloß ſeine Ausführungen mit dem Wunſche,
daß die Ausſtellung von Erfolg begleitet ſein möge. Die Eröffnung
folgte der übliche Rundgang.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Das Landesamt für das
Bildungsweſen hat folgende Bekanntmachng unterm 9. September er=
laſſen
: An der Städtiſchen Akademie für Tonkunſt in Darmſtadt findet
am 22. und 23. November 1926 eine Prüfung für Muſiklehrer und
=Muſiklehrerinnen auf Grund der Prüfungsordnung vom 15. Oktober
1922 ſtatt. Geſuche um Zulaſſung zur Prüfung ſind zwei Monate vor
dem Prüfungstermin ſchriftlich bei der vorgenannten Anſtalt einzu=
reichen
. Den Geſuchen ſind die nach 8 5 Abſ. 2 der Prifungsordnung er=
forderlichen
Unterlagen beizufügen. Die Prüfungsgebühr beträgt für In=
und Ausländer 50 Mark.
Darmſtädter Oekonomenverein. Aufzum Rhein, ſo lautet
am Sonntag, den 19. September ds. Js., die Parole des Darmſtädter
Oekonomenvereins, die ſeine Mitglieder und Freunde an den Rhein
führen wird, um von Mainz aus eine der wundervollen, unvergeßlichen
Rheinfahrten nach St. Goar zu unternehmen und ebenfalls auf dem
Dampfer wieder nach dem goldenen Mainz zurückzukehren. Der ſchöne
und vorzüglich ausgeſtattete Salondampfer Rheinluſt ſteht für dieſe
herrliche Fahrt bereit, der 10 Stunden Rheinfahrt den Teilnehmern ver=
mitteln
wird, wie ſie fröhlicher mitten in gewaltiger Naturpracht ſelten
verleßt worden ſind. Eine gute Muſikkapelle begleitet die Reiſeſchar
auf dem Schiff. Sie wird mit fröhlichen Weiſen die Stimmung nach
außenhin erzeugen, die ohne weiteres jeden packt, der am deutſchen Rhein
weilt und angeſteckt wird von der rührigen, umgänglichen und auch ſo
leichtlebigen Art ſeiner ſtets froh aufgelegten Uferbewohner. Fürs Auge
ſorgt in verſchwenderiſcher Fülle die Natur, für Herz und Gemüt der
eigenartige Zauber des Rheinſtroms mit ſeinen weingetränkten Ufern
und efeuumrankten Burgen, für Gaumen aber und Magen der beſonders
gut gepflegte Schiffskeller und eine Küche, die gerade auf dem für die
Sonderfahrt vorgeſehenen Rheindampfer den Wünſchen der Teilnehmer
nach jeder Richtung hin Rechnung tragen wird. Wer ſich alſo von un=
ſeren
Mitgliedern nach den letzten ſchweren Arbeitstagen einen frohen
Erholungsſonntag ſichern will, der ſäume nicht, ſich umgehend in die bei
unſerem Mitglied Karl Seibel, Pankratiusſtraße 23, aufliegenden Ein=
zeichnungsliſten
einzutragen. Die Schiffskarten und die Tiſchkarten für
das auf dem Schiffe ſrattfindende gemeinſame Mittageſſen werden eben=
falls
bei Herrn Seibel von heute ab ausgegeben. Die Mitglieder und
Freunde unſeres Vereins, die ſich bereits in die Liſte eingetragen haben,
werden höflichſt gebeten, die Karten baldmöglichſt abholen zu wollen.
Elternabend des Realgymnaſiums am 18. September in der
Wvogsturnhalle. Um den vielen Anfragen zu entſprechen, ſei hierdurch
darauf hingewieſen, daß außer dem Schülevchor und dem Orcheſter dies=
mal
auch frühere Schüiler unſerer Anſtalt mitwirken. So wird Konzert=
meiſter
Ed. Weyns die Teufelstrillerſonate von Tartini=Kreisler, ein
Grave von Friedemann Bach und das Tambourin Chinois von Kreisler
ſpielen. Die Klavierbegleitung hat Kapellmeiſter C. Hauf
übernommen. Herr Hennemann ſingt eine Ballade von Loewe.
Die Studenren Schildge Opfermann und Schwarz ſpielen
das Largo aus dem Konzert Nr. 3 von J. S. Bach. Auch die Soliſten
aus dem Kreiſe unſerer Schüler ſind in der Voriragsfolge entſprechend
vert den. Etwas Neues für unſeren Elternabend dürfte wohl ein
Fylophon=Vortrag mit Orcheſterbegleitung ſein. Alles in allem: es
ſteht den Eltern, ehem. Schülern und Freunden des Realgymnaſiums,
der ehemaligen Realſchule 1. Ordnung, wieder ein beſonderer Kunſt=
genuß
bevor. Es iſt nur noch eine beſchränkte Anzahl von Einlaßkarten
durch unſere Scküler und in der Buchhandlung von Schlapp, ſowie bei
der Muſikalienhandlung von Chriſtian Arnold, Ernſt=Ludwigſtraße 5,
zu erhalten.
Verkehrsverein. Die Verwaltung der Bühnenfeſtſpiele Bahreuth
für 1927 50 Jahre Bahreuth hat den Vorv=rkauf der Eintritts=
karten
zu Originalpreiſen uns übertragen, und es wird ſich empfehlen,
ſehr bald die Karten zu beſtellen, da erfahrungsgemäß dieſelben für
den Triſtan, Parſival und Ring ſehr bald ausverkauft ſind. Proſpekte
und Beſtellſcheine auf dem Verkehrsbüro.

Ausſtellung. Man ſchreibt uns: Ein Schaufenſter der Joh.
Waitzſchen Kunſt= und Buchhandlung umſchließt zurzeit eine intereſſante
kleine Ausſtellung, die Heimatkunſt im beſten Sinne des viel mißbrauch=
ten
Begriffs bietet. Man ſchaut Lichtbilder von ſeltener Vollendung in
Wahl des künſtleriſchen Motivs und in der techniſchen Ausführung. Ja
man kann ſagen: hier ſind alle Beziehungen zur ſogenannten Kunſt=
photographie
beiſeite zu laſſen, hier handelt es ſich um bildhaft ge=
wordene
Lyrik der Natur, und ſo hat es ja auch der Geſtalter dieſer
feinen Blätter gemeint, denn er hat Stimmung und Gehalt jedes Einzel=
ſtüicks
ſeiner gereiften Lichtbildnerkunſt in anſpruchsloſen Verſen oder
wohl auch in einer freien Umſchrift poetiſch ausgedeutet und eingefangen.
Dr. Arthur Sauer in Zwingenberg a. d. B. iſt ſchon früher mit einem
Buche Ernſte Stimmungen aus ernſter Zeit hervorgetreten, es enthielt
wundervolle Landſchaftsſtimmungen von der Bergſtraße, hoch oben in
den Wäldern erlebt und auf die Platte gebannt, oder unten in der
breiten Ebene zwiſchen Odenwaldhang und Rheinſtrom auf ſtillen Wan=
derungen
eingefangen mit dem Auge und dem offenen Sinne des künſt=
leriſch
eingeſtimmten Menſchen, der nicht müde wird, die täglich er=
neuten
Wunder des Lichtes immer wieder in Ehrfurcht und Staunen
als Gottesoffenbarung zu empfinden und zu verehren. Aus dem
Schweigen des Winterwaldes, aus dem Zauber des Blütenlenzes, aus
der Niederung des Brackwaſſers ſind wunderſam verborgene Vorwürfe
aufgeſpürt, und dann tut eine Baumgruppe den Zauber ihrer Verbin=
dung
untereinander kund, oder ein blütemiberſäter Obſtbaum prangt in
ſeiner unglaublichen Segensfülle. Aber zum ſchon gegenſtändlich Herr=
lichen
geſellt ſich ſtets die Zauberkraft des Lichtes, weckt auf jedem Blatte
Reize völlig maleriſcher Art, daß die Erinnerung an den ſchließlich
doch mechaniſch reproduzierenden Apparat dem Beſchauer gar nicht ein=
leuchten
will, ſo ſehr ſteht er unter dem Eindruck einer mit ſeeliſcher
Kraft lebendigen Wirkung. Die Blätter aus dem alten Werke ſind auch
wieder gezeigt, aber neue Folgen haben ſich ihnen geſellt. In dem jetzt
erſchienenen Buche Feierſtunden der Natur hält das alte eine fröh=
liche
Auferſtehung, weder von Fortſetzung noch von Neuauflage kann
man eigentlich ſprechen, vielmehr: mit der alten Entdecherfreude iſt neues
Land, ſind neue Motive erobert, alte in neue Einkleidung gebracht.
Wieder liefern die Bergſtraße und ihre Umwelt die reichſte und die beſte
Ausbeute, aber auch der Schwarzwald iſt nun mit prächtigen Einzel=
ſtücken
herangezogen, mitunter geiſtern ſogar ferne Tropenwelt und
bas Meer herein. Zur herrlichen Schau der Naturausſchnitte treten
die ſtimmungsvollen Verſe in glücklichſter Ergänzung, Wegweiſer zum
Erfaſſen der gewollten, man kann getroſt ſagen maleriſchen Ab=
ſicht
bei der Aufnahme der Bilder. Für die photographiſch tätigen Be=
ſchauer
der kleinen Bildausſtellung iſt noch eine kleine beigegebene
Schrift Die künſtleriſche Aufnahme gegen Licht von Wichtigkeit. Recht
offenherzig läßt ſie in des Lichtbildfeinſtlers Werkſtatt ſchauen, verrät,
wie die wunderſchönen Aufnahmen zuſtandegekommen ſind, ſodaß jeder,
der will und Ernſt zu tüchtiger photographiſcher Arbeit hat, dem ge=
zeigten
Vorbilde nachſtreben kann. Der Eigenwert der kleinen Veranſtal=
tung
ſpricht für ſich durch die Qualität des Gezeigten, aber es iſt doch
wohl angebracht, die Intereſſenten durch ein hinweiſendes Wort zur
gründlich prüfenden Betrachtung anzuregen, die Sache iſt es wert.
Orpheum. Wiener Operettengaſtſpiele. Bis einſchließlich Frei=
tag
. 17. September, bleibt das Orpheum geſchloſſen. Ab Samstag, den
18. September, beginnt ein Operettenzyklus mit Wiener Kuinſtler=
beſetzung
unter Leitung von Dir. Karl Weiß. Das Enſemble weiſt
wiederum namhafte Wiener Kunſtkräfte auf, u. a. die Damen: Berta
Müller, 1. Sängerin des Johann=Strauß=Theaters Wien, a. G., Gret’l
Delys, 1. Soubrette v., Raimund=Theater in Wien, Tilly Houf, zweite
1. Sängerin vom Neuen Operetten=Theater Wien, Mizzi Neidhardt,
komiſche Alte vom Wiener Komödiantenhaus, die Herren: Max Reichert,
1. Operettentenor vom Carl=Theater Wien, Fritz Seden, 1. Operetten=
buffo
vom Neuen Theater Wien, Emil Aman, Oberſpielleiter und
1. Charakterdarſteller vom Luſtſpiel=Theater Wien, Oskar Wehly,
Charakterkomiker vom Bürgertheater Wien, Max Ulmer, draſtiſcher
Komiker vom Carl=Theater Wien ſowie der hier durch ſeine früheren
Gaſtſpiele bekannte Tenor Carl Walbroehl, vom Neuen Operetten=
Theater Berlin. Die muſikaliſche Leitung liegt in Händen von R.
Goetzl. Als 1. Stück kommt die für Darmſtadt neue Operette Hoheit
tanzt Walzer von Jul. Brammer und Alfred Grünfeld, Muſik von
L. A. Aſcher, zur Aufführung. Die Handlung, die im Wiener Milien
im Anfang des vorigen Jahrhunderts ſpielt, wird durch die Zuſammen=
ſetzung
dieſes Enſembles noch beſonders charakteriſiert. Im Repertoire
der Gaſtſpiele ſind diverſe große Novitäten ſowie einige der beliebteſten
alten Operetten vorgeſehen. Weitere Mitteilungen folgen.
* Der Kampf um die Schulform in Heſſen. Der Heſſiſche Landes=
lehrerverein
faßte im Storch zu Frankfurt am Main folgende Ent=
ſchließungen
: 1. Die im Storch tagende Verſammlung des Vorſtandes,
des ſchulpolitiſchen Ausſchuſſes und der Obmänner ſämtlicher Bezirks=
vereine
des Heſſiſchen Landeslehrervereinz verlangt von dem Geſchäfts=
führenden
Ausſchuß, daß er beim Landesamte für das Bildungweſen
unverzüglich Schritte unternimmt, damit die auf der Heidelberger
Tagung der ſüdweſtdeutſchen katholiſchen Lehrervereine gegen die hefſ.
Simultanſchule erhobenen Vorwürfe reſtlos aufgeklärt werden. 2. Die
Verſammlung ſteht nach wie vor auf dem Standpunkte, daß die ſeit
50 und mehr Jahren in Heſſen beſtehende Simultanſchule nicht nur
die für unſere gemiſchte Bevölkerung erträgliche, ſondern auch ihres
verſöhnenden und ausgleichenden Charakters wegen die beſte Schul=
form
iſt, und bittet den Vorſtand des Landeslehrervereins, alle nur
möglichen Schritte zu unternehmen, um dieſe Schulform auch für die
Zukunft zu erhalten.
Die Auszahlung der laufenden Zuſatzrenten für nicht im Erwerbs=
leben
ſtehende Schwerbeſchädigte, Kriegshinterbliebene, Altventner und
Altrentnerinnen erfolgt am Mittwoch, den 15. September, vormittags
von 812 Uhr, auf der Stadtkaſſe.
* Bezirksſchöffengericht. 1. Ein hieſiger Kaufmann iſt angeklagt,
eine Reihe von Beſtellſcheinen im Vertrieb vaterländiſcher Werke zum
Nachteil des Prinzipals gefälſcht zu haben. Er gibt dieſe Handlungen zu
will aber in einer großen Notlage gehandelt haben. Der Prinzipal
habe ihm die Proviſion nicht bezahlt, ſo daß er völlig mittellos dage=
ſtanden
habe und nur durch Beihilfe eines auswärtigen Wohlfahrtsamts
wieder hierher habe zurückgelangen können. Der dem Prinzipal durch
die Fälſchungen erwachſene Schaden iſt nachträglich gedeckt worden. Der
Staatsanwalt will als mildernd gelten laſſen, daß der Angeklagte unter
dem Einfluß des ihm geiſtig überlegenen Prinzipals gehandelt habe.
Der Verteidiger betont, daß der Prinzipal immer gedrängt habe, Be=
ſtellungen
zu bringen und der Angeklagte törichterweiſe dieſem Drängen
in ſtrafbarer Weiſe nachgegeben habe, auch liege nur einfache Urbunden=
fälſchung
vor. Das Urteil erkennt wegen ſchwerer Urkundenfälſchung
in Tateinheit mit Betrug auf 1 Woche Gefängnis. Das Urteil wird
anerkannt. 2. Ein weiterer Fall einer Schädigung der heſſiſchen Be=
amtenkrankenkaſſe
(über den erſtverhandelten Fall haben wir ſeinerzeit
ausführlich berichtet) beſchäftigt das Gericht wiederholt, nachdem der
letzte Verhandlungstermin ausgeſetzt warde, um einen Sachverſtändigen
bezüglich des Geiſteszuſtandes des Angeklagten zu hören. Der Betrag,
um den die Kaſſe durch den zur Anklage geſtellten Betrug und Fäl=
ſchung
einer Quitvung hier geſchädigt wurde, beziffert ſich auf 173 Mk.,
gedeckt ſind hiervon 150 Mk. (Im Falle Knodt handelte es ſich um einen
Betrag von 9200 Mark, von dem nur ein ganz kleiner Teil wieder ein=
gebracht
iſt.) Amtsarzt Dr. Vix verneint, daß die Fälſchung in einem
epileptiſchen Dämmerzuſtand infolge Alkoholgenuſſes vorgenommen iſt,
wenn auch zu ſagen ſei, daß Epileptiker eine gewiſſe Toleranz gegen
Alkohol zeigen. Die Anwendung des § 51 St.G.B. komme nicht in
Frage. Der Staatsanwalt bezeichnet die Handlungsweiſe des Ange=
klagten
, der wegen Hehlerei mit einer Woche Gefängnis vorbeſtraft und
dem dieſe Strafe im Gnadenwege erlaſſen ſei, als verwerflich, er habe
die Beamtenkrankenkaſſe ausgenutzt. Es wird eine Geſamtſtrafe von
5 Monaten beantragt. Der Verteidiger hält angeſichts der Ausſage des
Zeugen Knodt den Fall des Betruges nicht für genügend geklärt, wvohl
habe der Angeklagte ſich mit der Fälſchung ſtrafbar gemacht, die im
Rauſchzuſtande und unter Einwirkung einer Art Schlafmittel erfolgt ſei.
Dies müſſe bei der Strafzumeſſung berückſichtigt werden, zumal der An=
geklagte
ſeiner Stellung derluſtig gegangen ſei. Das Urteil erkennr
uf 4 Monate Gefängnis. Bei der Strafzumeſſung wurde berückſichtigt,
daß es ſich um einen Beamten handelt.

Automatiſche Feuermeldeanlage im Landestheater.
Außer den Neutanlagen, die in den Ferien im Heſſiſchen Landes=
theater
ausgeführt wurden (neuer eiſerner Vorhang uſw.) wurde auch
eine neue automatiſche Feuermeldeanlage inſtalliert, den modernſten
Anſprüchen gewügend. Bei dieſer Anlage wurden 2 Syſteme von ſelbſt=
tätigen
Feuermeldern verwendet, und zwar erſtens eine Ausführungsart,
bei der der meldende Körper aus einem Doppel=Metallſtreifen mit Kon=
takteinrichtung
oder aus zwei durch ein Schmelzlot zuſammengehaltenen
Metallfedern beſteht. Dieſe Melder arbeiten ähnlich wie ein Kontakt=
thermometer
d. h. der Melder veranlaßt ein Signal, ſobald eine be=
ſtimmte
Höchſttemperatur in dem betreffenden Raum erreicht wird. Dieſe
Ausführungsart wird daher Maximalmelder genannt. Die zweite
Ausführungsart enthält eine Glasröhre mit Queckſilberfüllung, und dient
dazu, ein Signal zu übermitteln, ſobald die Temperatur ſchneller ſteigt,
als durch Wirkung von Heizkörpern, d. h. dieſer Melder ſpricht unab=
hängig
von einer Maximalhöhe nur auf verhältnismäßig ſchnelle
Temperaturſteigerungen an, wie ſie bei Ausbruch eines Feuers ein=
treten
, er heißt deshalb Differentialmelder
Die ganze Anlage iſt in mehrere Schleifen eingeteilt, und zeigen
Fallklappen mit entſprechender Aufſchrift die Schleife an, aus der die
Meldung kommt. Wird eine Schleifenleitung durch einen Drahtbruch
oder durch Anſprechen eines Feuermelders unterbrochen, oder der Linien=
ſtrom
durch Einſchalten eines hohen Widerſtandes entſprechend geſchwächt,
ſo kann der Linienſtrom teilweiſe oder ganz über die Klappenwicklung fließen
und die Klappe zum Abfallen bringen. Beſondere Vorrichtungen ſchalten eine
durch Drahtbruch oder durch eine Meldung geſtörte Schleife ſo ab, daß
die anderen Schleifen ordnungsgemäß im Betrieb bleiben. Beim Ein=
tritt
einer Störung, wie Erdſchluß oder größerer Spannungsabfall
der Linienbatterie, läutet der Störungswecker und es erſcheinen das
Lichtſignal und die Fallklappe Störung,
Für die Anlage iſt eine Wechſalbatterie (Reſervebatterie) vor=
geſehen
, ſo daß man eine verbrauchte Batterie ohne Unterbrechung des
Betriebes wieder laden kann.
Die Leitungsanlage iſt in Original=Peſchelrohr verlegt, und zwar
jede Schleife der Ueberſichtlichkeit halber in einem beſonderen Rohr.
Sämtliche Apparate und Tafeln wurden von der Firma Siemens
und Halske, Büro Frankfurt, geliefert, die Lieferung der Rohre mit
Zubehör und die geſamte Inſtallation wurde von der Firma J. Nohl,
Martinſtraße 24. ausgeführt.
Vortrag Dr. Ernſt Zeh über Deutſche Romantik und deutſche
bildende Kunſt. Wir verwciſen nochmals auf den heute abend ſtatt=
findenden
Vortrag, zu dem noch Karten an der Abendkaſſe, Buchhand=
lung
Schroth, Rheinſtraße 15, erhältlich ſind.
Die Poſt klagt darüber, daß jetzt Fruchtſendungen und dergl. in
großer Zahl als Päckchen eingeliefert werden, deren Inhalt während
der Beförderung meiſt verdirbt, ausläuft und andere Sendungen be=
ſchmutzt
und beſchädigt. Wir machen daher darauf aufmerkſam, daß die
Verſendung von ſchnellverderbenden und näſſenden Sachen, wie Früchten,
Beeren, Butter, Fetten uſw. in Päckchen während der heißen Jahreszeit,
wenn nach dem Wärmegrad die Gefahr des Auslaufens beſreht, un=
zuläſſig
und im übrigen nur dann zuläſſig iſt, wenn die Verpackung
und namentlich die innere Umhüllung zweckentſprechend eingerichtet ſind.
Sendungen, die dieſen Bedingungen nicht entſprechen, ſind von der Be=
förderung
ausgeſchloſſen.
Kunſtnotizen.
Ueber Werte, Künſher und künſtleriſche Veronſtaltungen, deren Im Nachſſehenden Grwdbnung
geſchlebt, behält ſich die Redakiion ibr Artell vor.
Schweizer Garde=Orcheſter d Oswald. Es war nicht
zu viel behauptet, wenn geſchrieben wurde, daß das Auftreten des
Schweizer Garde=Orcheſters im Orangeriegarten eine Ueberraſchung für
Darmſtadt bedeutet. Das Konzert war in der Tat ein Ereignis. Die
12 Schweizer Künſtler, die in ihren eigenartigen bunten Uniformen ein
farbenfrohes Bild boten, verſtanden es ſchon nach den erſten Vorträgen,
die Herzen der Anweſenden zu gewinnen. Das Orcheſter löſte durch ſein
ſchneidiges, präziſes Spiel eine Begeiſterung aus, wie ſie bei früheren
Veranſtaltungen ähnlicher Art wohl kaum erlebt wurde, und veranlaßte
das bezüglich Beifallsbekundungen im allgemeinen recht zurückhaltende
Darmſtädter Publikum zu den ſhürmiſchſten Ovationen, die erſt dann
ihr Ende fanden, als die Kapelle mit immer neuen Zugaben aufwartete.
Nach dem Konzert wurde bei den Klängen des Orcheſters noch fleißig
das Tanzbein geſchwungen, und die fröhliche Stimmung erreichte ihren
Höhepunkt, als ſich einige Mitglieder des Orcheſters mit ihren Inſtru=
menten
unter die tanzenden Paare miſchten und es dabei an dem nötigen
Humor nicht fehlen ließen. Viel zu früh rückte die Feierabendſtunde
heran, die dem fröhlichen Leben und Treiben ein jähes Ende bereitete.
Die fidelen Schweizer werden vielen noch lange in beſter Erinnerung
bleiben. Wie wir ſoeben erfahren, wird das Schweizer Garde=Orcheſter
am Mittwoch wieder nach Darmſtadt kommen, um bis zum Sonntag,
den 19. September, nachmittags und abends im Orangeriehaus zu
konzertieren.
Palaſt=Lichtſpüele. Ich hatt einen Kameraden
Dieſer Film iſt etwas ganz beſonderes, und er behandelt ein Thema, das
allen Deutſchen, gleich welcher politiſchen Anſchauung ſie huldigen, aus
rein wirtſchaftlichen Beweggründen am Herzen liegen muß, das aufs
engſte mit unſerem Wiederaufſtieg verknüpft iſt. Es iſt der erſte deutſche
Kolonialfilm. Er wird in beratender Zufammenarbeit mit der Deut=
ſchen
Kolonialgeſellſchaft und unter dem Protektorat der ehemaligen
Gouverneure unſerer Kolonien: Schnee, Seitz, Ebermayer, Schultze=
Ewerth und des Herzogs Friedrich v. Mecklenburg gedreht. Schon dieſe
Namen bereiſen, daß dieſer Film über den Rahmen des Gewöhnlichen
hinausragen wird. Das Manuſkript zu dieſem Film ſtammt von Dr.
Johannes Brandt. Die Regie führt Conrad Wiene, Operateur iſt
Balting, Aufnahmeleiter Heinz Sander. Hervorragende Darſteller
werden von dieſem Regiſſeur von ihrer allerbeſten Seite gezeigt. Dieſer
Film wird allenthalben ein großes Publikum finden.
Reſidenz=Theater. Der neue Ufa=Film Die Prinzeſſin
und der Geiger, der im Reſidenz=Theater am Weißen Turm zur Auf=
führung
gelangt, iſt nach einem bekannten Roman von Ramond Paton
verfaßt und Graham Cutts, einer der beſten Regiſſeure Englands hat
ihn in Szene geſetzt. Es iſt die Geſchichte eines im Trödelladen ge=
borenen
Künſtlers und einer Prinzeſſin, die ſich als Kinder kennen lernen.
Doch die ungeheuere Kluft, die ihre geſellſchaftlichen Klaſſen trennt, hält
ſie von einander getrennt, und auch die Kunſt, die einen ganzen Men=
ſchen
fordert, drängt ſich zwiſchen die Beiden, als ſie ſich nach Jahren
wiederſehen. Allein weder Standesunterſchiede, noch die Kunſt vermag
ſie ewig zu trennen. Jane Novak, eine der anmtigſten unter den
jüngeren amerikaniſchen Darſtellerinnen, ſpielt die Rolle der Prinzeſſin,
der begabte junge Walter Rilla den Geiger. Bernhard Götzke ſpielt
ſeinen Lehrer, den verkommenen Künſtler, der dann als Revolutions=
führer
emportaucht, und auch die anderen Rollen ſind mit erſten Kräfken
beſetzt. Als weiterer Film gelangt zur Vorführung der Albert
Vaſſermann=Film Der Herr Generaldirektor‟ Die erſtklaſſige Be=
fetzung
dieſes Filmes bürgt für die gute Qualität.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei Darmſtadt. Erneut machen
wir unſere Mitglieder und Freunde auf den Familienausflug
nach dem Auerbacher Schloß aufmerkſam, der am Sonntag, den
19. September, ſtattfindet, und über deſſen Einzelheiten bereits an dieſer
Stelle ausführlich berichtet worden iſt. Einem Wunſche vieler Partei=
freunde
entſprechend, iſt beabſichtigt, die Abfahrt von Darmſtadt bereits
eine Stunde früher, alſo auf 1½ Uhr nachmittags zu legen. Um vecht=
zeitig
die erforderlichen Abmachungen mit der Eiſenbahn wegen eines
Sonderzuges treffen zu können, iſt es notwendig, daß die Anmeldungen
zu dieſem Familienausflug, an dem ſelbſtverſtändlich alle Familien=
angehörige
unſerer Mitglieder teilnehmen können, bis ſpäteſtens Don=
nerstag
, den 16. September, an die Parteigeſchäftsſtelle, Rheinſtraße 22,
gelangen. Sonntagsfahrkarten 4. Klaſſe (90 Pf.) nach Auerbach müſſen
von den Fahrtteilnehmern ſelbſt gelöſt werden; ſie ſind bekanntlich auch
am Verkehrsbüro (am Schloß und im Lloyd Reifebüro
(Rheinſtraße) erhältlich.

Der zerſtörende (inſiuß
auf die Geſundkkeit, die Stimmung, die Verdauung, den Schlaf ſowie das Ausſehen
des Menſchen iſt groß Vorzeitige Alterserſcheinungen ſind die Folge, müde Haltung,
ſchlechte Laune, große Reizbarkeit und ein ſchlechtes Ausſehen.
Große und nachhaltige Erfolge haben Nervöſe mit einer
Biomalz=Nerven=Nähr= und Auf=
friſchungsmethode
mit Lecithin
erzielt. Unſer Lecithin iſt patentiert. Es hat in langen Stoffwechſelverſuchen in der
chemiſchen Abteilung des Rudolf=Virchow=K=ankenhquſes ſeine Feuerprobe beſtanden,

nervöſer Beſchwerden
Es iſt wiſſenſchaftlich unanfechtbar. Es iſt reſtlos verdaulich, wohl=
ſchmeckend
und daher eine Nerven=Nahrung von denkbar größter Vollkommenheit.
Wen alſo nervöſe Beſchwerden quälen und wer etwas Energiſ hes tun will, der nehme
Biomalz mit Lecithin. Man fühlt ſich verjüngt, und ein

friſch

eres blühenderes Ausſehe

legt Zeugnis davon ab, in wie tiefgreifender Weiſe dieſe Nährmethode auf das Wohl=
befinden
des ganzen Menſchen einwirkt.
Preis einer Doſe Biomalz 1.90 Mk., mit Eiſen (zur Stärkung für Blutarme und Bleich=
ſüchtige
2.20 Mk., mit Kalk extra (zur Stärkung für Lungenleidende 2 50 Mk., mit Lebertran
2 50 Mk., mit Lecithin 5. Mk. Biomalz=Sbokolade ie 100=Grim=Tafel 70 Pf uud
Biomalz=Bonbons, beſtes Linderungsmittel bei Huſten und Heiſerkeit, vorzügliher Geſchmack,
je Beutel 30 Pf., Doſe 50 Pf. Druckſachen koſtenfrei von Gebr, Patermann, Teltow=
Berlin 110.

(TV. 2718

[ ][  ][ ]

926

Nummer 255

Seite 6

Dienki4g.

*Verwvaltungsgerichtshof.
1. Geſuch der J. Maldinger Witwe in Darmſtadt,
Rundeturmſtraße 15, um Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtſchaft.
Im Lokale Rundeturmſtraße 15 wurde von 19061922 Wirtſchaft be=
trieben
. Frcu Maldinger betreibt daſelbſt Kaffeewirtſchaft. Ein Bedürf=
nis
für eine Schankwirtſchaft verneinen Wirteinnung, Wirtſchafts=
deputation
der Stadtverordnetenverſammlung, Polizei= und Kreisamt.
Der Provinzialausſchuß hat durch Urteil vom 10. April 1926 das Geſuch
mangels Bedärfniſſes abgewieſen. Hiergegen hat die Geſuchſtellerin
Berufung an den Verwaltungsgerichtshof verfolgt. Als Zeuge wird der
frühere Beſitzer, Schuhmachermeiſter Jakob Weber, vernommen, der im
Lokal 19131917 eine gute Speiſewirtſchaft hatte, und, wie er ſagte,
ſein Auskommen hatte, bis die Nahrungsmittel knapper wurden. Weber
führte auch eine Kantine dabei. In der Woche ſchänkte Weber durch=
ſchnittlich
4 Hektoliter Bier, wie er bekundet, aus. Von benachbarten
Wirtſchaften iſt die zur Roſenhöhe inzwiſchen eingegangen. Frau
Maldinger iſt 52 Jahre alt, von Beruf Köchin. Nachdem die Roſen=
höhe
eingegangen, erſcheine, wie der Vertreter der Geſuchſtellerin aus=
führt
, ein Bedürfnis gegeben, zumal zahlreiche Leute, die im Arveſt=
haus
beſuchsweiſe vorſprechea, die gegenüberliegende Wirtſchaft auf=
fuchen
, und Speiſe und Trank dort vergeblich ſuchen. Der Antrag geht
auf Stattgebung der Berufung, gegebenenfalls auf Zuwickweiſung in die
Vorinſtanz. Das Urteil verwirft die Berufung als un=
begründet
.
2. Einwendungen gegen die Bürgermeiſterwahl
in Sprendlingen, Kr. Offenbach. Erſchienen: Bürgermeiſter
Dreieicher von Sprendlingen mit ſeinem Rechtsbciſtand, Rechtsanwalt
Neuſchäffer, der Beigeordnete und beide Reklamanten. Der Provinzial=
ausſchuß
hat durch Urteil vom 20. März 1926 die Wahl vom 2. Auguſt
1925 für ungültig erklärt und damit der am 11. März 1226 ausgeſproche=
nen
amtlichen Beanſtandung der Wahl ſeitens des Kreisdirektors in
Offenbach ſtattgegeben.
Bei der Burgermeiſterwahl am 12. Juli 1925 erhielt: Dreieicher 1922
Stimmen, Beigeordneter Stimbert 1640 Stimmen und ein Gemeinde=
ratsmitglied
351 Stimmen. Bei der Stichwahl am 2. Auguſt 1925 ſiegte
Dreieicher mit 2175 gegen 2944 Stimmen. Gegen die Wahl wurde Ein=
ſpruch
erhoben. Die Wahl wurde für ungültig erklärt wegen geübter
Wahlbeeinfluſſung durch Freiſpenden von Eſſen und Getränke. Gegen
dieſes Kreisausſchußurteil hatte Dreieicher Berufung an den Provinzial=
ausſchuß
verfolgt, die indeß verworfen wurde. Hiergegen hat Dreieicher
Revifion an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Beigeordneter Stim=
bert
hat ſpäter nach der Stichwahl der Wahlkvmmiſſion gegenüber er=
klärt
, daß er ſich nicht mehr zur Wahl ſtellen wolle.
Die Reviſton rügt, daß eine kreisamtliche Beanſtandung in der
zweiten Inſtanz nicht mehr erhoben werden konnte, dieſe Beanſtandung
hätte bis zum Erlaß des Kreisausſchußurteils erhoben werden und in
der zweiten Inſtanz zurückgewieſen werden miſſen. Materiell ſei der
Verzichi Stimberts dahin auszulegen, das Dreieicher als gewählt gelte.
Auf die Ordnung des Inſtanzenzugs habe der Kreisdirektor nicht ver=
zichten
können.
Wir haben im übrigen über die Einzelheiten des Verwaltungs=
ſtreitverfahrens
in dieſer Sache aus Anlaß der Verhandlung vor dem
Provinzialausſchuſſe ausführlich berichtet und nehreen hier darauf
Bezug.
Die beiden Reklamanten Späth und Anthes beantragen, die Rebi=
ſion
als formell unzuläſſig und unbegründet zu erklären, gegebenenfalls
die Sache zur Verhandlung in die erſte Inſtanz zurückzuverweiſen.
Der Vertreker des Staatsintereſſes hält die Reviſion für rechtzeitig
erhoben, auch für zuläſſig, da die kreisamtliche Beanſtandung ausdrück=

fahren ſei ſpäteſtens mit Vorlage der Arten an den Provinzialausſchuß
zuläſſig, wie der Verwaltungsgerichtshof in Band V. S. 33 der Ent=
ſcheidungen
ausgeführt habe. Eine Klageänderung ſei in zweiter In=
ſtanz
nach Art. 63, Abf. 2. Z. 2 ſelbſt mit Einwilligung des Gegners
nicht mehr zuläſſig. Nach Einreichung der Akten beim Berufungs=
gericht
könne eine Klageänderung nicht mehr erfolgen. Dieſe Einrei=
chung
der Akten ſei am 12. Januar 1926 geſchehen, die Beanſtandung
ſeitens des Kreisdirektors erſt am 11. März 1926, alfo zu ſpät, erfolgt.
Nehme man an, daß es ſich um zwei ſelbſtändig nebeneinander her=
laufende
Verfahren handele, ſo hätte die erſte Inſtanz nicht übergangen
werden dürfen.
In der Reklamation vom 6. Auguſt 1925 ſeien lediglich Vorgänge
wegen unlauterer Wahlbeeinfluſſung enthalten, die nur durch den
Kreisdirektor geltend gemacht werden könnten. Nach der Offenle=
gungsfriſt
vorgebrachte Einwendungen ſeien unbeachtlich, weil zu ſpät
erhoben. Es müſſe noch einmal erneut in erſter oder zweiter Inſtanz
verhandelt werden, wenn auch dieſes Endergebnis unbefriedigend er=
ſcheinen
möge.
Das Urteil erklärt die Reviſion für begründet.
Unter Aufhebung der Urteile des Kreis= und Provin=
zialausſchuſſes
wird die Bürgermeiſterſtichwahl
vom 2. Auguſt 1925 für gültig erklärt. Der Provinzial=

tſt. Eine nachträgliche Beanſtandung durch den Kreisdirektor iſt durch
dieſe Entſcheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht beeinträchtigt.

* Große Strafkammer. Nur ein Fall ſtand zur Verhandlung an.
Der frühere Bürgermeiſter Jak. Simon in Zwingenberg hatte gegen das
Urteil des Bezirksſchöffengerichts wegen Unterſchlagung im Amt Be=
rufung
eingelegt, die indes verworfen wurde.
G m Eme

4Die Reichsiaguag des Bühnenvolfskundes
in Mainz.
1. Tag.
Feſtvorſtellung. Treffen der Jugendgrußpen. Begrüßungsabend.
Mainz, 12. Sept. Eine Reihe von Veranſtaltungen, welche die
lebendige Geſtaltung der großen Ideen des Bühnenvolksbundes und ſeine
Liebe zum Volke zeigten, ſchloß ſich am Samstagabend an die Eröffnung
der Theateratsſtellung an. Zu Ehren des Mainzer Tondichters Peter
Cornelius hatte man zur Feſtvorſtellung ſeine Oper Der Bar=
bier
von Bagdad gewählt. Unter Generalmuſikdirektor Brei=
ſachs
meiſterhafter Leitung hinterließ die Aufführung der Oper einen
ausgezeichneten Eindruck (ſiehe Sonderbeſprechung). Der Reinertrag
iſt als Grundſtock für ein in Mainz zu erſtellendes Peter=Cornelius=
Denkmal beſtimmt. Gleichzeitig hiermit trafen ſich im Garren der
Stadthalle die Jugendgruppen des Bühnenvolksbundes. Der weite
Raum war dicht beſetzt, als Pfarrer Dr. Hofmann=Marburg für
die evangeliſche Jugend und Pater Theo Hoffmann=Köln für die
katholiſche Jugend beherzigenswerte Worte Füber die Neugeſtaltung des
inneren Lebens durch das Laienſpiel richteten. Im Namen des Reichs=
miniſteriums
des Innern ſprach Reg.=Nar Zimmermann=
Berlin, der insbeſondere auf die ſoziologiſche Bedeutung der neuen
Spielbewegung hinwies. Abſingen von Volksliedern und Aufführungen
von altdeutſchen Reigen ſchloſſen ſich an. Nach Beendigung der Feſt=
vorſtellung
fand im großen Saal der Mainzer Stadthalle, die bis auf
den letzten Platz beſetzt war, Begrüßungsabend Am deut=
ſchen
Rhein fratt. Muſikaliſche Darbictungen, Männerchöre, Be=
grüßungsanſprachen
folgten in bunter Fülle. Direktor Rosband von
der Städtifchen Muſikhochſchule, der die künſtleriſche Leitung des
Orcheſters und der Ehöre inne hatte, erntete für feine Leiſtungen ſtazken
Beifall. Der Feſtvorſpruch von Schriftfteller Han3 Ludwig Linken=
bach
drang tief in die Herzen der Zuhörer. Im Namen des Orts=
ausſchufſes
Mainz des Bühnenvolksbundes hieß Stadtverordneter Zink
die Erſchienenen herzlichſt am deutſchen Rhein willkommen. Als Ver=
treter
der Reichsregierung überbrachte Oberreg.=Rat Mayer=Berlin
die Grüße des leider verhinderten Reichskanzlers Marx. Sein Wunſch, daß
der deutſche Rhein bald wieder völlig frei ſein möge, fand begeiſterte
Zuſtimmung. Provinzialdirektor Geheimrat Uſinger=Mainz, Ver=
treter
der heſſiſchen Regierung und des Innenminiſters v. Brentano,
wünſchte der Tagung einen auten Exfolg für ihre Arbeiten, deren Be=
deutung
im Kampfe um die Erhaitung der deutſchen Kultur am Rhein
gar nicht hoch genug abzuſchätzen ſeien. Im Namen der altehrwürdigen
Moguntia richtete Oberkſürgermſtr. Dv. Külb Worte voll warmen vater=
ländiſchen
Impulſes an die aus allen deutſchen Gauen zu der Tagung
in Mainz verſammelten Stammesbrüder. Lange Jahre der Trennung
lägen hinter uns. Des Rheines Schickſal ſei zu allen Zeiten Deutſch=

alſo auch ſür die hohe Theaterkunſt bekannt. Im Theaterleben erfreise
ſich die Mainzer Bühne eines guten Klanges. In den jetzigen ſchwierigen
Zeiten ſei den Thextern im Bühnenvolksbund ein gewichtiger Bundes=
genoſſen
im Kampfe um ihre Exiſtenz erſtanden. Durch die Tätigkeit
des BVB. folle ſich das Theater wieder zu einer wahren Volksbildungs=
ſtätte
erheben. Die hohe Führerſchaft und die Begeiſterungsfähigkeit der
deutſchen Jugend böte dafür alle Gewähr, wie die glänzenden Erfolge
bewieſen. Zum Schluß ſeiner Ausführungen gab Dr. Külb dem
Wunſche Ausdruck, daß die Tagung gur gelingen, und daß es auch ſonſt
den Teilnehmern in dem gaftlichen Mainz gut gefallen möge. Weiter
fprachen die Vertreter der kirchlichen Behörden. Feir den derhinderten
Biſchof von Mainz begrüßte Prälat Dr. Mayer die Verſammlung und
charakteriſierte in überzeugenden Worten die hohen Aufgaben, die ſich
der BVB. geſtellt hat. Drei Quellen der reinen Freude gäbe es: den
Kirchenbeſuch, die Wanderung in Gottes freier Natur und das Theater,
wenn es vernünftige Stücke aufführe und ſo zu einer Stätte hoher
Ideale und ſittlicher Erziehung werde. Hier ſetze ja die Arbeit des
BVV. ein, der alle Kunſt fördere, die aus dem Born des geſunden
Volkslebens quelle, und der nur Stücke auffeihre, die ſittlich läutern
und heben. Auch im Namen des Charitasverbandes, der im BVB. einen
Weggenoſſen ſehe, begrüße er die Verſammlung mit dem Wunfche, daß
ihre Arbeit an der Erneuerung unſeres Volkes von Erfolg begleitet
ſein möge. Im Namen der evangeliſchen Kirche wies Generalfuperinten=
dent
Zentgraf=Mainz auf die alten Beziehungen hin, die gerade
zwiſchen ihr durch den Mitbegründer Geheimer Konſiſtorialrat Kayſer=
Frankfurt und dem Bühnenvolksbund beſtehe. Immer möge der BVB.
aus dem Volksleben ſchöffen und ſich immer feſter zu einem großen
Bund echt chriſtlicher und deutſcher Männer zuſammenſchließen. Im
Namen des Heſſiſchen Landesamtes für das Bildungsweſen dantte Schul=
rat
Haſſinger=Darmſtadt für die mihevolle und ſegensreiche Arbeit, die
der BVB. ſchon geleiſtet hat und ließ ſeine Worte ausklingen mit dem
Wunſche: Bleib deutſch du Volk am Rhein und du BVB. helfe mit
dazu, Landtagsabgeordneter Pfarzer Koch=Berlin wünſchte, daß das
deutſche Volk durch die Kunſt wieder zur Höhe hinauf geführt werde.
Dr. Schwering=Köln unterſtrich die Ausführungen des Prälaten
Mayer und pries in launigen Worten Mainz als Tagungsort. Weiter
ſprach noch Ober=Studiendirektor Dr. Bohner=Magdeburg. Die
Schlußrede zum Begrüßungsabend hielt der Präſiden: des Bühnenvolks=
bundes
, Geh. Rat Prof. Dr. Dyroff, Rektor der Univerſität Bonn.
Er wies auf die erweiterten Aufgaben des BVB. hin, der ſich in den
Etappen Meinchen, Hannover, Mainz ſtändig aufwärts bewege und
brachte einen Brief des Reichskanzlers Marx zur Verleſung, der die
Bedeutung des Bühnenvolksbundes voll würdigt. Beiter dankte er
für die freundlichen Begrüßungsworte ſo vieler Vertreter des Geiſts=
lebens
. Der BVB. webe, indem er auf einem der wichtigſten Gebiete
V

löchſten Geiſteslebens das deutſche Volt zu gemeinſamer Arbeit an den
ihm angemeſſenen Kunſtwerken erziehe, an dem geheimnisvolſen Kleide
gemeinſamen Fühlens und Denkens und überbnickte ſo die politiſchen
Gegenſätze. Aus der Mainzer Tagung möge der Bühnenvolksbund neue
Kraft für die Ausführungen feiner Ideen fortnehmen. Mit den er=
hebenden
Worten Prof. Dyroffs hatte der Begrüßungsabend in
ernſter und weirdiger Weiſe ſeinen Abſchluß gefunden. Während der
Begrüßungsfeierlichkeiten wurde als Gruß der Reichstagung an die
Bewohner von Mainz von der Mainzer Svielſchar des BVB. auf den
Treppen vor der Stadthalle das Tellſpiel der Schweizer
Bauern aufgeführt,
2. Tag.
Feſtvorſtellung Die Brautfahrt Volksfeſt der Spiel=, Tanz= und
Singgruppen.
Die bekannte Tanzbühne des Münſteriſchen Stadttheaters
eröffnete den Reigen der Veranſtaltungen mit einer Morgenfeſtvor=
ſtellung
im Mainzer Stadttheater. Am Nachmittag fand in ſämtlichen
Räumen, im Garten und auf der Terraſſe der Stadthalle ein Volks=
feſt
der Spiel=, Tanz= und Singgruppen ſtatt. Spiel=
ſcharen
, Singgruppen und Tranzkreiſe aus allen Teilen des Reiches
zeigten hier die Früchte ihrer inneren Anteilnahme an der großen
Spielbewegung.
Verbandstag des Mittelrheiniſchen Verbandes
evangeliſcher Arbeitervereine Darmſtadt.
In den Tagen vom 9. bis 11. September veranſtaltete der Mittel=
rheiniſche
Verband evangeliſcher Arbeitervereine erſtmalig für ſeine Mit=
arbeiter
eine Freizeit in Darmſtadt. Ueber 40 Teilnehmer wurden
gezählt, die in ernſteſtem Ringen ſich mühten um die Löfung der ſie und
ünſer Volk bewegenden Fragen wie: Kirche und Arbeiterſchaft, evange=
liſche
Kirche als ſoziale Orgamiſation, Wirtſchaftsethik, Führerproblem,
insbeſondere Standesführerfragen, Arbeiterjugend, Sozialpolitik‟. Die
R.f.H. diente mit einem Vortrag über: Vom Reich, Volk und ſeinen
Grenzen‟. Der Verlauf der Tagung gibt in jeder Hinſicht Mut zum
weiteren Fortſchreiten auf dieſem Wege, der Erfolg wird ſicher nicht aus=
bleiben
.
Die Freizeit war der Auftakt zum 34. Verbandstag des Mittel=
rheiniſchen
Verbandes. Am Samstag nachmittag tagte die Vertreter=
verſammlung
, ſtark beſchickt von faſt allen Vereinen des Gebietes. Für
die Zentralſtelle für Volksbildung= und Jugendpflege wohnte Herr
Direktor Haſſinger den Verhandlungen bei. Er begrüßte den Ver=
tretertag
mit herzlichen Worten und gab insbeſondere ſeiner Freude
Ausdruck über das ſtändige Wachſen einer Jugendbewegung innerhalb
der ebangeliſchen Arbeitervereine. Der Hauptvortrag Verein, Verband,
Geſamtverband führte die Teilnehmer heraus aus der Enge der Ver=
einsarbeit
in die großen Zuſammenhänge der Geſamtbewegung. Die
Begrüßungsfeier am Abend ſtellte die Arbeit des Verbandes in das
Licht der Oeffentlichkeit. Erſtklaſſige Muſik= und Geſangsvorträge ver=
ſchönten
die Veranſtaltung. Es würde hier zu weit führen, all die treff=
lichen
Worte der Anerkennung und der Bereitwilligkeit zur Mithilfe
wiederzugeben. Hervorgehoben zu werden verdienen aber die Worte des
Herrn Prälaten D. Dr. Diehl, micht nur, weil er der Leiter der Heſſi=
ſchen
evangeliſchen Kirche iſt, ſondern weil er durch Wort und Tat ein
von Herzen kommendes Bekenntnis zur eveangeliſchen Arbeikervereins=
bewegung
ablegt. Ebexſo haben Herr Dekan Weißgerber=Meſſel
und Herr Stadtpfarrer Kleberger=Darmſtadt in zu Herzen gehen=
den
Worten der Anerkennung ihre Bereitwilligkeit zur Mithülfe, das
notwendige Werk der evangeliſchen Arbeitervereine zu fördern, verſichert.
Der Generalſekretär des Geſamtverbandes Rudolph=Berlin konnte in
ſeinen Begrüßungsworten im Namen der ganzen Bewegung der Kirche das
Gelöbnis zurückgeben: Treue um Dreue!
Der Landesverein für Innere Miſſion und der ebangeliſche Bund
ließen herzliche Glück= und Segenswünſche übermitteln.
Als Mittel= und Höhepunkt der Tagung darf der ſehr gut beſuchte
Feſtgottesdienſt am Sonntag in der altehrwürdigen Stabtbirche ange=
ſehen
werden. Er wird ſicher auch in der Geſchichte der Kirche als ei
beſonderer verzeichnet bleiben. Herr Stadtpfarrer Vogel=Darmſtadt
predigte über 2. Korinther 124: Nicht daß wir Herren ſeien
über euren Glauben ſondern wir ſind Gehülfen
eurer Freude; denn ihr ſtehet im Glauben‟. Die ge=
halttolle
Predigt hinterließ einen tiefen Eindruck bei der zahlreichen
Feſtgemeinde. Der Nachmittag vereinigte große Scharen von Mitglie=
dern
und Freunden der ebangeliſchen Arbeiterbereine aus allen Teilen
des Verbandsgebietes zur Nachfeier. Städtiſches Orcheſter, die Geſangs=
abteilungen
der Vereine und Jugendmuſiker gaben ihr beſtes her, den
Teilneßmern einige Stunden rechter Freude zu bereiten. Der Geſamt=
eindruck
der viertägigen Veranſtaltung iſt der, daß hier Kräfte am
Werke ſind von ernſtem Wollen beſeelt, für Evangelium, Volk und Stand
einzuſtehen. Die ſtarke Beteiligung von evangeliſcher Arbeiterjugend
gab dem Ganzen eine ganz beſondere Note und zeigte, daß ein beleben=
der
, friſcher Zug durch die Bewegung hindurchgeht.

Tageskalender für Dienstag, den 14. September 1926.
Landestheater Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr,
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Orpheum: Geſchloſſen. Schloß=Café: Konzert. Café
Rheingold; Konzert und Tanz. Gärtnerei H. Schulz,
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[ ][  ][ ]

Nummer 255

Dienstag, den 14. September 1926

Geite 7

Aus Heſſen.
Die Poſikraftlinie im Fiſchbechtal.
Auf Einladung des Kreisamts Dieburg fand in Lützel=
bach
eine Zuſammenkunft von Vertretern der beteiligten Be=
hörden
und der Gemeinden der Fiſchbachtallinie und der Modau=
tallinie
im Gaſthaus Böhm ſtatt. Erſchienen waren die Herren
Kreisdirektor Reinhart für das Kreisamt Bensheim, Ober=
Regierungsrat Haberkorn für das Kreisamt Darmſtadt, Re=
gierungs
=Aſſeſſor Dr. Stamm (Darmſtadt), Regierungsrat
Walter für das Kreisamt Dieburg, Regierungs=Afſeſſor Dr.
Wißmann (Dieburg), Bürgermeiſter Ritzert für die Stadt
Darmſtadt. Seitens der Poſtverwaltung waren erſchienen die
Herren Oberpoſtrat Deutler/ (Darmſtadt) für die Ober= Poſt=
direktion
, Poſtamtmann Reitbauer für das Poſtamt Darm=
ſtadt
II, Poſtmeiſter Fuchs für das Poſtamt Groß=Bieberau
und Poſtmeiſter Weber für das Poſtamt Ober=Ramſtadt.
Für die Kreisbauverwaltung war Herr Bauinſpektor Küſter
anweſend. Von auswärtigen Bürgermeiſtern waren u. a. er=
ſchienen
Bürgermeiſter Schenk (Lindenſels) und Bürgermeiſter
Rückert (Ober=Ramſtadt).
Herr Regierungsrat Walter begrüßte, die Erſchienenen
und beſprach den Zwveck der Zuſammenarbeit, der eine Abſchluß=
feier
für die Einrichtung der Fiſchbachtallinie und gleichzeitig
eine nachträgliche Feier für die Modautallinie bedeuten ſollte,
nachdem die Wagenhalle in Brandau mit der Tankanlage jetzt
endgültig fertiggeſtellt iſt. Der Vorſitzende dankte allen Betei=
ligten
, insbeſondere den Behörden und der Ober=Poſtdirektion
Darmſtadt, die an dem Zuſtandekommen des Werkes maßgeben=
den
Anteil hatten. Herr Oberpoſtrat Deutler ſprach namens
der Ober=Poſtdirektion dem Kreisamtsreferenten, Regierungsrat
Walter, ſowie den anderen Beteiligten den Dank der Ober= Poſt=
direktion
für das Zuſtandekommen der beiden wichtigen Ver=
kehrslinien
aus. Er betonte dabei das erſprießliche Zuſammen=
arbeiten
der Poſtverwaltung mit dem Kreisamt. Namens der
Gemeinden der Modautallinie ſprach Herr Bürgermeiſter Hau=
mann
(Brandau) der Poſtverwaltung und den Behörden be=
ſonderen
Dank aus und gab ſeiner Zufriedenheit mit den neuen
Poſtlinien Ausdruck. In warmen Worten dankte ferner Herr
Bürgermeiſter Daab (Groß=Bieberau) namens der Gemeinden
der Fiſchbachtallinie für die Einrichtung dieſer neueſten Ver=
kehrslinie
des Odenwaldes. Herr Regierungsrat Walter
feierte ſodann Herrn Oberpoſtrat Deutler als Verkehrsrefe=
renten
der Ober=Poftdirektion und ſprach ihm den Dank der
Kreisgemeinden des Odenwaldes aus. Ebenſo dankte er der
Stadr Darmſtadt und Herrn Bürgermeiſter Ritzert für die
tatkräftige Unterſtützung der Modautallinie, und dankte ferner
für die wertvolle Mitarbeit der Kreisämter Darmſtadt und
Bensheim. Aus der Beſprechung ergab ſich, daß die Modau=
tallinie
ſehr gut rentiert, daß jedoch eine Steigerung der
Rentabilität durch Verbeſſerung des Fahrplaus wunſchenswert
iſt. Die Fiſchbachtallinie hat in den erſten Wochen ihres
Beftehens gleichfalls verhältnismäßig günſtige Ergebniſſe, abge=
ſehen
von der Teilſtrecke BrandauGadernheim, die ungenu=
gend
benutzt wird. Eine Steigerung des Verkehrs bei der
Fiſchbachtallinie iſt dringend wünſchenswert, um dieſe Linie
rentabel zu geſtalten. Hierzu ſoll eine ſtarke Propaganda in der
Oeffentlichkeit entfaltet werden, weil das Beſtehen dieſer Linie
in weiten Kreiſen noch ganz unbekannt iſt. Dieſe Poſtlinie be=
ginnt
in Groß=Bieberau im Anſchluß an die Bahnſtation
Groß=Bieberau der Süddeutſchen Eiſenbahngeſellſchaft und hat
Anſchluß an die Züge von und nach Reinheim. Die Poſt
fährt über Niedernhauſen (Beſuch von Lichtenberg
und Nonrod), Billings, Steinau, Lützelbach (Poſtanſchluß
nach Neunkirchen-Lindenfels), Brandau nach Gadernheim.
In Gadernheim iſt Anſchluß an die Poſtwagen der Linie
Bensheim-Lindenfels. Wenn die Verhältniſſe es geſtatten, ſoll
dieſe Linie ſpäter noch weiter ausgedehnt werden und Fahr=
planverbeſſerungen
erfahren. Die Wagenhalle in Brandau
koſtet nebſt Tankanlage für beide Poſtlinien 14 300 Mark. Davon
entfallen auf die Modautallinie 8800 Mark und auf die Fiſch=
bachtallinie
5500 Mark. Beide Poſtlinien ſind für den Sommer=
friſchenverkehr
im nördlichen Odenwald von beſonderer Bedeu=
tung
. Aber auch der Touriſtenverkehr während des gan=
zen
Jahres wird von dieſen Poſtlinien, Vorteil haben. In den
Wintermonaten iſt der Betrieb zwar beſchränkt, fährt aber doch
bis zu den Höhen des Odenwaldes. Im Intereſſe des öffent=
lichen
Verkehrs iſt eine ſtärkere Benutzung der beiden Poſtlinien
durch das Publikum dringend zu wünſchen.

Wixhauſen, 13. Sept. Ein beſonders großer Erfolg war dem
jeſigen Turnverein bei den Meiſterſchaftskämpfen des Allgemeinen
deutſchen Turnerbundes, die in Tübingen ausgetragen wurden, beſchie=
en
. Von den hierzu geſtellten Wetturner und =turnerinnen konnten
5 Teilnehmer als Sieger zurückkehren, und zwar wurden im Zehnkampf
er Turner Fritz Boſch 14. Sieger, im Frei= und Handgeräte=Sechskampf
Settchen Vetter Bundesmeiſterin, Greta Nags und Anna Joſt 17. Sie=
ſerin
, und im Geräte Siebenkampf Elſe Frey 14. Siegerin. Beſonders
roß iſt hierbei der Erfolg der Turnerin S. Vetter, die trotz ihrer Ju=
end
mit 7½ Punkten Vorſprung die Bundesmeiſterſchaft erringen
onnte und die hierzu von den ſtädtiſchen Behörden und dem Herrn Rek=
ur
der Univerſität Tübingen beſonders beglückwünſcht wurde.
* Griesheim, 13. Sept. In dieſer Woche finden auf dem hieſigen
ruppenübungsplatz täglich vormittags von 711 Uhr und nachmittags
on 15 Uhr Infanterie=Scharfſchießübungen ſtatt. Am Dienstag abend
von 810 Uhr findet Nachtſchießen ſtatt,
r. Babenhaufen, 13. Sept. Nachdem vor einigen Wochen die hieſigen
Fortbildungsſchüler einen Ausflug mit dem Poſtauto nach Frankfurt am
Main gemacht hatten, beſuchten nunmehr die Fortbildungsſchülerinnen
mter Führung ihrer Lehrerinnen die Mainſtadt und beſichtigten u. a.
den Zoologiſchen Garten, den Palmengarten und das große Stadion.
Die Fahrt mit dem Poſtauto, die für Schulausflüge ſehr zu empfehlen
koſtete 1,50 Mark jeden Teilnehmer und verlief ohne jeden Zwiſchen=
fall
. Wie der Turnverein 1831 mitteilt, follen von jetzt ab die Turn=
unden
für Schüler ſtatt von 810 Uhr abends ſchon von 67½4 Uhr
abends abgehalten werden. Montags und Donnerstag für Schüler,
Nitwochs für Schülerinnen. Die Früherlegung der Turnſtunden, die
von den Eltern ſchon lange gewünſcht wurde, aber aus Mangel an tur=
neviſchen
Lehrkräften zu dieſer Zeit bisher, nicht ausgeführt werden
konnten, iſt ſehr zu begrüßen. Die Kinder kommen nicht mehr ſo ſpät
zu Bett und können ſich am andern Morgen mit größerer Friſche am
Unterricht beteiligen. Infolge des ſchönen Wetters bleibt die Schwimm=
anſtalt
der Schutzpolizei an der Konfurter Mühle vorerſt noch geöffnet
ür Damen jeden Nachmittag von 24 Uhr, für Herren und Damen
täglich von 47 Uhr.

1. Heſſiſches Sängerbundes=Feſt in Mainz.
ſpricht ein Ereignis allererſten Nanges. Nicht nur ein Sängerfeſt ſoll
tur, die in Wort ud Lied alle Teilnehmer an die Macht deutſchen ſowie leichtathletiſchen Wettkämpfen fand heute die Weinheimer Woche‟
Kulturbewußtſeins, an die Notwendigkeit der Eimigkeit im idealen wie ihren Abſchluß. Sehr eindrucksvoll war die Korſofahrt von 150 Motor=
realen
Streben erinnert. Daß neben dem Geſang auch der Gedanken fahrzeugen durch die Stadt. An den ſportlichen Wettkämpfen nahmen
der Heimatpflege voll zu ſeinem Recht kommt, zeigen die drei Gedächtmis; nicht weniger als zuſammen W5 Sportsleute aus Weinheim und Um=
feiern
für bedeutende Muſiker, die in früheven Zeiten in Mainz gelebt
haben und ihre Kräfte der deutſchen Geſangskultur gewidmet haben,
Feiern an den Gräbern von Peter Cornelius, dem berühmten Opern= Baden gut und wurde auch heute, Sonntag, durch die Regenſchauer nicht
und Liederkompomiſten, Friedrich Lux, dem bedeutenden Mainzer Diri=
genten
und Komponiſſen, und Frauenlob, dem Minneſänger. Außer den lung während der neun Ausſtellungstage über 70 000 Perſonen. Nachts
mit dem Feſt zuſammenhängenden Sitzungen, die der Bundesarbeit ge= 1 Uhr verkündete im Ausſtellungsgelände das Geheul von Sirenen
widmet ſind, ſind folgende allgemeine Veranſtaltungen geplant:
Am Samstag, den 18. September, ſoll der feierliche Einzug der
Bundesfahnen vom Bahnhof aus den eindrucksvollen Auftakt bilden. Da liegenden Beſtrebungen war auf die Harmonie von Stadt und Land
alle ſchon an dieſem zugegen ſind, entſendet jeder teilnehmende Bundes= ſtrie und Landwirtſchaft gerichtet. Man erhofft von dieſem Zuſammen=
verein
eine Fahnendeputation, die dann auch an der Begrüßungsfeier wirken einen Wendepunkt im wirtſchaftlichen Leben der Vergſtraße zum
durch die Ortsgruppe Mainz in der Stadthalle, abends 8 Uhr, teilnimmt.
Sämtliche dort zum Vortrag gelangenden Chöre werden nicht von
Ginzelvereinen, ſondern von einem Mainzer Maſſenchor von über 1000 8 Sprenbliugen b. Langen, 14. Sept. Unſere Bürgermeiſterſtichwahl
Sängern unter Otto Naumanns Leitung geſungen. In feinſinniger
Weiſe iſt für dieſe Veranſtaltung eine Folge von Volksliedern gewählt
worden. An die Begrüßungsfeier ſchließt ſich ein Kommers an, in dem
ſich den auswärtigen Gäſten zu Ehren und zur Freude die Feſtesfeier=
lichkeit
bald in echt rheiniſche Fröhlichkeit wandeln wird.
Am Sonntag, den 19., werden die auswärtigen Vereine in der
Frühe erwartet und empſangen, die Zeugen ſein, follen des Feſtaktes
und der Weihe des von Wilhelm Bitter geſtickten Bundesbanners in der
Stadthalle. Auch hier ſingt der Mainzer Maſſenchor, diesmal mit
ihre hehren Töne leihen. In den Nachmittagsſtunden bewegt ſich der
impoſante Feſtzug durch die Straßen der Stadt, an dem außer den durch
Künſtlerhand vorbereiteten Gruppen alle Vereine mit ihren Fahnen an=
gemeldet
ſind, ſchon über 10 000 Sänger teilnehmen. An den Zug
ſchließt ſich die Maſſenkundgebung auf dem Halleplatz an, wo zwiſchen
den Maſſenchören der geſamten Sängerſchaft der Bundesvorſitzende,
Herr Oberregierungsrat Dr. Siegert, die Feſtanſprache hält. Auch hier
leitet Herr Kapellmeiſter O. Naumann die Maſſenchöre. Da für die
ſämtlichen Teilnehmer der Raum der Stadthalle nicht ausreicht, werden
für die folgenden Veranſtaltungen zwei Räume auserſehen. In der
Stadthalle konzertieven nachmittags um 5 Uhr die Sängergaue und
Unterbünde des Heſſiſchen Sängerbundes, auch hier ſingen nicht Einzel=
vereine
, ſondern Maffenchöre der Ortsgruppe Darmſtadt, der Kreife
Worms, Oppenheim und Bingen, des Mümling= und Vergſträßer Gaues,
des Odenwaldſängerbundes und des Lahntalſängerbundes. Hier wirkt
wie am Vorabend die Frankfurter Konzertſängerin Fräulein Nia Gin=
ſter
mit. Gleichzeitig ſingen Einzelvereine im Saal der Liedertafel.
So bieten die Konzerte des Nachmittags den auswärtigen Sängern
reichlich Gelegenheit, ſich mit ihrer Kunſt hören zu laſſen. An dieſen
großen Veranſtaltungen reiht ſich am Sonntag abend ein Konzert mit
Ball in der Stadthalle.
Selbſt der Montag iſt noch für feſtliche Vevanſtaltungen in Anſpruch
genommen, an ihm findet ein Rheiniſches Voltsfeſt mit Volksbeluſtigun=
gen
und Tanz ſhatt, abends eine Brückenbeleuchtung, Feuerwerk und
Lampion=Regatta auf dem Rhein. Möge das erſte Bundesfeſt, das von
den maßgebendſten Stellen mit größter Sorgfalt vorbereitet wurde, ein
Markſtein ſein in der Entwickllung des heſſiſchen Sängerbundes, zugleich
aber auch eine Erwahmng zur Ginigkeit in der Förderung deutſchen
Geiſtes und deutſcher Kultur, eine weithin ſchallende Kundgebung des
Deutſchtums am Rhein. Auf denn nach Mainz, Ihr Sänger und Ge=
ſangsfreunde
, ſchart Euch um das neue Banner des Sängerbundes,
nehmt teil an ſeinen Beſtrebungen und Idealen, Ihr bochnt damit einer
eölen Herzensbildung den Weg in unſerem Volk, Ihr verbrüdert Euch
mit dem Gedanken des Guten und Schönen.
Dr. Noack.

* Michelſtadt, 13. Sept. Theater. Wir erfahren, daß in nächſter
Zeit Theaterdirektor Bachmann=Pipping ein Gaſtſpiel in Michelſtadt
geben will. Außerdem wird das heſſiſche Künſtlertheater Frankfurt
a. M. zu 6 Vorſtellungen erwartet, darunter Roßmersholm, Schau=
ſpiel
von Ibſen und Die Weber, Schauſpiel von Gerhart Haupt=
mann
. Notſtandsarbeit. Bei den großen Notſtandsarbeiten,
die die Stadt zurzeit ausführen läßt, ſind rund 120 Erwerbsloſe be=
ſchäftigt
. Große Erdbewegungen ſind bereits vorgenommen, die Waſſer=
leitung
der Stadt fertig verlegt und die Arbeiten zur Herrichtung des
Sportplatzes für Fußball und Leichtathletik in vollem Gange. Auf
Grund einer Vereinbarung mit der Landwirtſchaftskammer erhält die
Stadt Michelſtadt, die ſich ihrerſeits verpflichtet, an die Kammer Waſſer
zu liefern, die von dem Kurhaus ſeither benützte Quelle.
* Aus dem Kreiſe Heppenheim, 13. Sept. Arbeitsmarktlage.
Seit Juni ſind die Empfänger von Erwerbsloſenunterſtützung im Kreiſe
Heppenheim um 900 zurückgegangen. Damals waren es 2000, heute da=
gegen
nur 1100. Auch die Notſtandsarbeiter ſind von 400 auf 100 zu=
rückgegangen
. Den Rückgang ſchreibt man in der Hauptſache der ver=
ſtärkten
Arbeitsnachweistätigkeit zu.
Hirſchhorn, 13. Sept. Waſſerſtand des Neckars. Am 12.
September: 0,66 Meter; am 13. September: 0,65 Meter.
X. Wimpfen, 11. Sept. Samstag nacht wurden die Einwohner durch
Feueralarm aus dem Schlaf geweckt. Die zwiſchen der Stadt und dem
Tal gelegene Neckarmühlebrannte lichterloh und wurde in
kurzer Zeit ein Raub der Flammen. Von dem Gebäude ſtehen nur
noch die Umfaſſungsmauern. Die Mühle iſt Eigentum des Reichsfiskus,
der ſie vom württembergiſchen Staat vor kurzem wegen der Neckau=
kangliſation
gekauft hat. Der neue Pächter hat die Mühle erſt vor
einem halben Jahve neu eingerichtet. Da nichts gerettet werden konnte,
erwächſt ihm großer Schaden. Bei dem herrlichen Sommerwetter
blüht der Fremdenverkehr. Nach der Saiſon erweitert das Kur=
hotel
Mathildenbad Terraſſe und Saal. Auch ein Wintergarten wird
angebaut, ſo daß der ſchöne Blick in die krumme oder deutſ he Ebene
auch im Winter genoſſen werden kann. Die Arbeiten an der neuen
Brücke haben tatkräftig eingeſetzt. Man hofft zuverſichtlich, daß die
Brücke bis Juli nächſten Jahres dem Verkehr übergeben werden kann.
* Biblis, 13. Sept. Das Schwein in der Jauchegrube.
Dem Landwirt E. brach ein zirka eineinhalb Zenmer ſchweres Schwein
in ſeinem über der Jauchegrube gelegenen Stall durch und verſank. Zum
Glück hatte der Beſitzer den Vorfall beizeiten bemerkt und konnte mit
Hilfe von Nachbarn das laut quickſende Borſtentier von ſeinem unfrei=
willigen
Vade erlöſen.
* Gernsheim, 13. Sept. Im hochbetagten Alter von 89 Jahren
ſtarb dieſer Tage der in der Umgegend beſtbekannte Landwirt Johann
Georg Helfrich zu Johannishof bei Gernsheim. Bei der am Sonn=
tag
ſtattgefundenen Tagung der Freiw. Sanitätskolonne in Bensheim
war die hieſige Kolonne durch ihren Kolonnenarzt Dr. med. Winkler
vertreten. Bei den am Sonntag ſtattgefundenen Verbandsſpielen zwi=
ſchen
den Fußballvereinen Starkenburgia Heppenheim und Konkordia
Gernsheim gewamn die erſte Mannſchaft Starkenburgias gegen die
gleiche Mannſchaft Konkordias 3:2. Bei der Gernsheimer Mannſchaft
war wieder einmal Leichtſimn an der Oberfläche. Dagegen ſiegte die
zweite Mannſchaft Konkordias gegen die gleiche Starkenburgias mit 1:0.
Daß die von der Gemeinde Gernsheim errichtete Badeanſtalt ein
dringendes Bedürfnis war, zeigt die hohe Zahl der verabreichten
Bäder. Wegen Beleidigung des Schutzmanns A. wurde der Kauf=
mann
W. von dem Einzelrichter in eine Geldſtrafe von 40 Mk. nebſt
den Koſten des Verfahrens verurteilt. Das frühere Gaſthaus Zu den
drei Haſen iſt in das Eigentum des Metzgers Paul Draut dahier über=
gegangen
. Ein lang erſehnter Regen erquickte am Sonntag nachmit=
tag
die Fluren der hieſigen Gemarkung.

*Abſchluß der Weinheimer Woche.
Die Feſtondmung zum Bundesfeſt iſt dieſer Tage erſchienen und ver= O Weinheim a. d. B., 12. Sept. Mit einem großen Sportfeſt,
verbunden mit Reit= und Fahrturnier, Wettkämpfen im Kleintaliber=
gefeiert
werden, ſondern eine Kundgebung für deutſche Kunſt und Kul= ſchießen, Zielfahrt nach Weinheim für Automobile und Motorräder,
gegend. Darmſtadt, Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen uſw. ten
Der Beſuch der Weinheimer Woche war andauernd aus Heſſen und
weſentlich beeinträchtigt. Insgeſamt betrug die Frequenz der Ausſtel=
den
endgültigen Schluß der Weinheimer Woche, die nach dem Urteil
von Fachleuten ein voller Erfolg war. Der Hauptgrund der zu Grunde
es bei der Menge der angemeldeten Teilnehmer nicht möglich iſt, daß und auf das friedliche Zuſammenarbeiten von Handel, Gewerbe, Indu=
Beſſeren.
fand am 2. Aaguſt 1925 ſtatt. Der Kreisausſchuß, der mit der Neklama=
tion
zweier Vertreter der ſozialdemokratiſchen Partei in drei Terminen
beſchäftigt war, erklärte die Stichwahl für ungültig. Der Provinzial=
ausſchuß
verwarf am 20. März 1926 die vom Bewerber, dem ſeirherigen
Bürgermeiſter Dreieicher eingelegte Berufung. Erſt gegen Ende der
am 15. September ablaufenden Gerichtsferien, am verfloſſenen Samstag,
hat der Verwaltungsgerichtshof in letzter Inſtanz geſprochen: er hat die
Stichſvahl für gültig erklärt. Zugleich hat der höchſte Gerichishof aber
auch ausgeſprochen, daß durch ſeine Entſcheidung die am 11. März 1926
Orcheſterbegleitung. Mozart und Beethoven ſind es, die dieſer Feier ſeitens des Kreisdirektors des Kreiſes Offenbach ausgeſprocene Bean=
ſtandung
der Wahl nicht beeinträchtigt werde. Aus dieſer Wahl und
dem ihr folgenden Verwaltungsſtreitverfahren ſollten wir mauches ler=
nen
können; wir ſollten aber aus dieſem praktiſchen Falle auch erkennen,
wie notwendig eine baldige Reform der Verwaltungsgeſetze hier
ſpeziell des Verwaltungsrechtspflegegeſetzes vom 8. Juli 1911 iſt. Wir
müſſen dahin ſtehen, daß alle Gemeindewahlfragen einem raſcheren Ver=
fahren
unterworfen werden und weiter, daß auch das amtliche Beanſtan=
dungsrecht
des Kreisdirektors, das hier erſt zur Zeit, als die Sache in
zweiter Inſtanz bereits anhängig war, ausgeübt wurde, an eine Friſt
geknüpft werden muß. Aus Mängeln, die ſich in der Praxis ergeben,
muß der Geſetzgeber die nötigen Lehren ziehen.
N. Bingen, 13. Sept. Aus der Sitzung der Induſtrie=
und Handelskammer. In der letzten Vollverſammlung der In=
duſtrie
= und Handelskammer Bingen gedachte man zunächſt des am 27.
Auguſt verſtorbenen Vorſitzenden der Induſtrie= und Handelskammer
Mainz und des Heſſiſchen Induſtrie= und Handelskammertages, Geheim=
rat
Dr. Bambergei, und des am 1. September verſtorbenen früheren
verdienſtvollen Mitgliedes der Binger Induſtrie= und Handelskammer,
Ferdinand Seligmann. Shndikus Dr. Wiedyvilt berichtete dann über
die Wirtſchaftslage der letzten beiden Monate. Es ſprächen alle Anzei=
chen
dafür, daß die Wirtſchaft den Tiefſtand, auf dem ſie nun bereits ſeit
einem Jahr beharrt, noch lange nicht übevwunden habe. Wohl halten
ſich die Anzeichen einer ſehr langſamen Beſſerung. Die Einlagen bei
den Banken und Sparkaſſen ſteigerten ſich von Monat zu Monat. Die
Zahl der Konkurſe und der Geſchäftsaufſichten ſei in den letzten Monaten
zurüickgegangen. Die Reichsbank habe den Diskontfatz um ½ Prozent
auf 6 Prozent ermäßigt. Induſtrie und Handel befänden ſich immer
noch auf dem Wege einer großen Umſtellung und auf der Suche nach
einer neuen Gleichgewichtslage. Der Umſtellungsprozeß könne nur lung=
ſam
feſte Formen annehmen und ſeine günſtigen Auswirkungen zeigen.
Die erneute Paſſivität der Handelsbilanz im Juli müſſe bedenklich ſtim=
men
. Die Erwerbsloſenziffern ſeien in den letzten Monaten zurückge=
gangen
, jedoch bedeute die Zahl der Erwerbsloſen immer noch eine
ſchwere Belaſtung der Wirtſchaft und der öffentlichen Hand. Die Reichs=
regierung
ſuche dem Erwerbsloſenproblem durch ein großzügiges Pro=
gramm
der Arbeitsbeſchaffung beizukommen, deſſen Durchführung hof=
fentlich
nicht durch den Bureaukratismus der Behörden zu ſehr gehindert
werde. Beim Punkt Verkehrsfragen wurden die nach dem Fahrplan=
entwurf
vorgeſehenen Zugverbindungen der Bahnſtrecken des Handels=
kammerbezirkes
beſprochen. Die Reichsbahngeſellſchaft müſſe im In=
tereſſe
der ſchwer daniederliegenden Wirtſchaft verſuchen, durch Verbil=
ligung
und Verbeſſerung des Verkehrs und der Tarife die Wirtſchaft
zu unterſtützen und zu heben. Auch die Einſtellung des Betriebes der
Kraftwagenlinie BingenOber=Hilbersheim kam zur Sprache, wobei die
Verſammlung ihrer Verwunderung darüber Ausdruck gab, daß dieſe
Kraftwagenlinie, deren Frequenz nach den Beobachtungen ſtets ausge=
zeichnet
geweſen iſt, keine Rentabilität ergeben haben foll. Zum Schluß
wurde beſchloſſen, ſich an der Feſtgabe der Induſtrie= und Handelskam=
mern
des Weſtens zum 50fährigen Jubiläum des Vereins zur Wahrung
der Rheimſchiffahrtsintereſſen mit einem Beitrag zu beteiligen.
Gießen, 13. Sept. Einen plötzlichen Tod erlitt der 29 Jahre
alte Miniſterigloberreviſor a. D. Bräuning aus Darmſtadt, der bei
der hieſigen Univerſitätskaſſe tätig war. Ein Herzſchlag machte ſeinem
jungen Leben in ſeinem Büreau ein Ende.
* Großen=Linden, 13. Sept. Die beiden älteſten hieſigen
Einwohner Ludwig Schaum und Ludwig Velten 5. erfreuen ſich
trotz ihrer 90 bzw. 89 Jahre beſter Geſundheit und ſind noch täg=
lich
in Feld und Garten tätig. Ludwig Velten 5. mußte ſich dieſer Tage
in der Gießener Klinik einer Bruchoperation unterziehen, die er gut
überſtanden hat. Dies iſt ein Zeichen einer kernigen Geſundheit.
* Bad=Nauheim, 13. Sept. Heſſiſche Aerztetagung. Etwa
100 heſſiſche Aerzte weilten vorgeſtern und geſtern hier zur gemeinſamen
Tagung des Heſſiſchen ärztlichen Landesvereins und des Heſſiſchen
ärztlichen Landesverbandes (Unterabteilung des Wirtſchaftlichen
Verbandes der Aerzte Deutſchlands) Schon der Begrüßungsabend, der
am Samstag veranſtaltet wurde, erfreute ſich eines guten Beſuches und
eines angeregten Verlaufs. Die Tagung ſelbſt fand am Sonntag vor=
mittag
im Kurhauſe unter dem Vorſitz von Sanitätsrat Dr. Habicht
(Darmſtadt), des Vorſitzenden der Heſſiſchen Aerztekammer und des
Landesvereins, und Sanitätsrat Dr. Vogel (Darmſtadt), Vorſitzender
des Landesverbands und Schriftführer der Aerztekammer, ſtatt. Vor Ein=
tritt
in die Verhandlungen entboten Oberbaurat Berck namens der
Bad= und Kurverwaltung und Sanitätsrat Dr. Hahn im Auftrag der
hieſigen ärztlichen Ortsgruppe herzlichen Willkommensgruß. Die Be=
ratungen
ſelbſt waren interner Natur. Hauptgegenſtand war die Frage
der Verſorgung der invaliden Aerzte und der Hinterbliebenen. Die
Schaffung einer Verſorgungskaſſe, die ſich üüber das ganze Land
ausdehnen ſoll, iſt geplant. Ein gemeinſames Mittageſſen beſchloß die
Tagung. Nachmittags waren die Teilnehmer Gäſte der Kurverwaltung,
die auf der Terraſſe zum Kaffee eingeladen hatte.
* Vom Vogelsberg, 11. Sept. Die Freiherren von Riedeſel ließen
dieſer Tage ihre großen Teiche bei Niedermoos und Umgegend aus=
fiſchen
. Der große Teich iſt 120 Morgen groß. Schon vor vier Wochen
hat der Teichaufſeher mit dem Ablaſſen des Waſſers begonnen, ſo daß
heute die Waſſerfläche nur noch 5 bis 6 Morgen beträgt. Der Waſſer=
ſpiegel
iſt auf drei Meter geſunken. Das intereſſante Schauſpiel hatte
eine große Menſchenmenge angelockt. Auch einige der ſehr ſelten ge=
wordenen
Fiſchreiher ſuchten ſich hier eine gute Mahlzeit zu verſchaf=
fen
. Das Ergebnis des Fiſchzuges an Karpfen, Schleien, Hechten und
Aalen war ein recht gutes. Die Tieve wurden ſofort in bereitſtehende
Körbe gepackt und zur Bahnſtation Grebenhain gebracht. Auch ent=
wickelte
ſich am Teich ein lebhafter Einzelverkauf an Private. Auf der
Bahnſtation Grebenhain wurden allein über 100 Zentner Fiſche ver=
laden
. Auch der Rodenbacher Teich bei Bermutshain wurde ausge=
fiſcht
. Die Ernte betrug hier nahezu 20 Zentner. Man ſchätzt den Er=
lös
der Fiſchernte aus obigen Teichen auf rund 20000 Mark.

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Seite 8

Dienstag, den 14. September 1926

Nummer 255

Reich und Ausland.

* Die 30. Generalverſammlung
des Evangeliſchen Bundes zu Dresden.
(Eigenbericht.)
Dresden ſtand vom 9.11. Sept. im Zeichen des Evangeliſchen Bundes
zur Wahrung der deutſch=proteſtantiſchen Intereſſen. Gleichzeitig tagt
im Anſchluß daran der Internationale Verband zur Verteidigung des
Proteſtantismus‟. Das gibt der Tagung ihr markantes Gepräge. Zu
den deutſchen Führern des Proteſtantismus, Oberkonſiſtorialrat D. Lang
vom ebangeliſchen Oberkirchenrat in Berlin, Generalſuperintendent D.
Schian von Breslau, Generalſuperintendant D. Kalweit von Danzig,
Oberkonſiſtorialrat Beſig vom Deutſch=evangeliſchen Kirchenbund, Ge=
heimrat
D. Mirbt von Göttingen und zahlreichen anderen treten die
ausländiſchen Abordnungen Biſchof D. Raffay=Budapeſt, Domprediger
Dr. Lars=Lund (Schweden) und vor allem der Vorſitzende des Inter=
nationalen
Verbandes zur Verteidigung des Proteſtantismus Dominus
ban Wyngarden=Amſterdam. Die heſſiſche Abordnung ſteht unter der
Führung von D. Waitz=Darmſtadt.
Einen evangeliſchen Reichstag nannte Oberkonſiſtorialrat D. Költzſch=
Dresden die Verſammlung in ſeiner Eröffnungsrede. Die ſachlichen Be=
ratungen
ſtehen unter der meiſterhaften zielbewußten Leitung des
Bundespräſidenten Hof= und Domprediger D. Doehring=Berlin. Sie
gelten der Preſſearbeit des Bundes und ſeinen zahlreichen literariſchen
Veröffentlichungen, der berufſtändiſchen Organiſation namentlich der
evangeliſchen Akademiker und Studenten, der beſonderen Hilfe für
Oeſterreich. Gleichzeitig ſucht die zweite Reichsmiſchehenkonferenz ihre
beſonderen Aufgaben für Dekanate und Gemeinden herauszuarbeiten.
In dem geiſtigen Ringen um die deutſche Seele in unſeren Tagen
beſinnt ſich der deutſche Proteſtantismus auf ſeine eigenartige geſchicht=
liche
Sendung. Der Evangeliſche Bund aber iſt der Wächter auf der
Mauer. Seine Mitgliederzahl iſt in ſtarkem Steigen begriffen. Die
Tagung zeigt weniger durch Rieſenverſammlungen als durch den ein=
mütigen
zielklaren Arbeitswillen der verſammelten 700 namhaften
Führer des deutſchen öffentlichen und geiſtigen Lebens allen Gegen=
ſtrömungen
zum Trotz, wie mächtig ſie auch ſich gebärden, daß der gute
Geiſt des deutſchen Volkes in neuem Aufleben ſich befindet.

Domprediger D. Doehring über nationale und internationale Aufgaben
des Proteſtantismus.
(Programmrede des Bundespräſidenten.)

In dem gleichen Saale, in dem vor acht Tagen beim deutſchen In=
duſtriellen
Tag die kommerziellen Führer Deutſchlands berieten, ſprach
heute einer der erſten Führer des Geiſteslebens über die geſtellte Auf=
gabe
. Er führte aus:
In Rückkehr zum Urchriſtentum nahm die reformatoriſche Frömmig=
keit
die unmittelbarſte Verbindung mit dem lebendigen Gott einerſeits
und mit dem täglichen Leben andererſeits wieder auf. Der Weg des
evangeliſchen Chriſten verläuft alſo nach innerlich gebundener Marſch=
route
. So liegen ſeine nationalen Aufgaben ungeheuer gradlinig; er
hat ſich einfach wie überall ſo auch hier als Chriſt zu geben. Daß er
das tue, iſt um ſo nötiger, als die Zuſtände im gegenwärtigen Deutſch=
land
geradezu nach einem ordnenden Prinzip ſchreien. Eine tiefe
ſeeliſche Unordnung iſt eingeriſſen, Mächte ſind am Werk, dem Volk ſein
Deutſchtum, ſeine Vergangenheit zu verekeln, ſeine Geſchichte zu revi=
dieren
. Dieſe Geſchichtsreviſion ſtellt eine Krankheitserſcheinung dar,
die der Nation das Rückenmark des Charakters auszehrt. Freilich gibt
es auch innerhalb des Katholizismus eine Strömung, die gegen dieſe
Erſcheinungen in der eigenen Literatur und Preſſe anringt. Mit dieſen
Katholiken, unſeren Brüdern, ſtehen wir Schulter an Schulter. Worauf
alles ankommt, iſt, daß Geiſt und Kraft des Evangeliums Gemeingut
des deutſchen Volkes werden. Schwere Hemmniſſe auf dieſem Wege
ſind die, die in Weſen und Geſchichte den Schwerpunkt nicht in Deutſch=
land
und nicht im Evangelium haben. Was könnte aus Deutſchland
werden, wenn die chriſtlichen und nationalen Kräfte, die gebunden ſind,
frei würden! Unſer Nationalgefühl muß das Plusvorzeichen urevan=
geliſcher
Geſinnung erhalten; dies Ziel ſtecken nicht wir uns, ſondern es
iſt uns von dem Herrn der Geſchichte geſteckt. Mag man uns als
Friedensſtörer bemakeln, es iſt unſere elementare Pflicht, die Waffen
des Evangeliums zu erheben und die Wahrheit anſtelle des Irrtums zu
ſetzen. Nur kein konfeſſionelles Gezänk Schwächen und Fehler gibt
es überall aber ehrlicher Kampf um die Seele unſeres Volkes, um
die Seele der Menſchheit. In evangelio sumus, in evangelio manebimus!
Die einmütige, machtvolle Zuſtimmung einer tauſendköpfigen Ver=
ſammlung
war mehr wie augenblickliche Begeiſterung, es war Ausdruck
des Verantwortungsbewußtſeins des evangeliſchen Deutſchland für die
Zukunft der Nation und des Evangeliums.
Perſönliche Größe in ausgeſprochener Zuſtimmung zum Evange=
liſchen
Bund brachte die verſchiedenſten Vertreter evangeliſcher Fakul=
täten
Deutſchlands, ebenſo derjenigen Wiens, und der techniſchen Hoch=
ſchule
Dresdens. Es ſprach dann noch Univerſitätsprofeſſor D. Lütge=
Heidelberg über: Evangeliſches Chriſtentum und deutſche Bildung
Be.

Frankfurter Chronik.
WSN. Der Fall Lippold aufgeklärt. Der Polizeibericht
teilt mit: In der Nacht zum 4. Auguſt wurde der Artiſt Lippold ins
Heiliggeiſthoſpital eingeliefert und verſtarb tags darauf, ohne das Be=
wußtſein
wieder erlangt zu haben. Lippold hatte eine ſtarke Schädel=
verletzung
. Es war auch nur bekannt geworden, daß er am Gutenberg=
Denkmal ſchwer verletzt aufgefunden worden ſei und daß ihn ein Auto
ins Spital gebracht hatte. Seine Begleiter in der fraglichen Nacht
waren der Kriegsinvalide Bertram und der Maurer Reich. Beide be=
kundeten
bei der Polizei, daß Lippold längere Zeit von jungen Leuten
auf dem Nachhauſeweg verfolgt worden ſei, daß ſie ſich Am Salzhaus
von ihm getrennt hatten und daß dann ſpäter am Gutenberg=Denkmal
ein Ueberfall ſtattgefunden habe, an dem einige junge Leute, deren Aus=
ſehen
teilweiſe glaubhaft beſchrieben wurde, beteiligt geweſen ſeien, die
bei ihrem Erſcheinen die Flucht ergriffen. Die Polizei hatte von vorn=
herein
bei ihrer Unterſuchung einen gewiſſen Zweifel in die Angaben
des Bertram und Reich geſetzt und ſie hatte damit auch Recht behalten.
Wenn es auch zunächſt nicht gelang, den Fall reſtlos zu klären, ſo konnte
doch ſoviel geklärt werden, daß es ſich, wie der damalige abſchließende
Polizeibericht bekundete, nicht um einen politiſchen Mordanſchlag, ſon=
dern
um einen gewöhnlichen Raufhandel gehandelt habe. Die verſchie=
denſten
Vorfälle, die eine Aufklärung durch die Polizei nicht ermöglichten,
haben bei derſelben eine große Intenſität der Erforſchung dieſer myſte=
riöſen
Vorfälle, die teilweiſe ſehr ſtarke politiſche Erregungen und auch,
wie es die Eingabe des Stahlhelms vom 30. Auguſt an die Frauk=
fürter
Poſt gezeigt hat, Verdächtigungen gegen die Polizei hervorriefen.
In der vorbenannten Eingabe wurde die Erklärung der Polizei, daß es
im Falle Lippold ſich nur um einen Raufhandel handle, ſtark bezweifelt
und mit Nachdruck die ſchleunigſte Erfaſſung der Mörder verlangt. Am
Beerdigungstage des Lippold, am 11. Auguſt, kam es zu einer großen
Demonſtration der geſamten vaterländiſchen Verbände für ihren angeblich
ermordeten Parteigenoſſen und auf der Kaiſerſtraße wurde auch ein
Mann des Reichsbanners Schwarz=rot=gold von den Stahlhelmleuten
in den Rücken geſtochen. So war die Erregung durch den vermeintlichen
politiſchen Mord ſehr groß geſorden, ſo daß es jetzt ſehr zur Be=
ruhigung
der Gemüter beitragen wird, wenn geſagt werden kann, daß
es der Polizei gelungen iſt, den Fall reſtlos aufzuklären. Lippold war
an jenem Abend mit ſeinen beiden Freunden in einer Animierkneipe in
der Papageiſtraße. Nach Schluß der Polizeiſtunde hatten ſie das Lokal
verlaſſen und verübten allerlei Unfug in ihrem etwas angeheiterten
Zuſtand. So wurde u. a. eine Wette gemacht, daß man ſich in einen
Schaukaſten, der an einem Hauſe in der Weißadler=Gaſſe angehängt war,
ſetzen könne. Lippold machte ſchließlich ſeinen Freunden den Vorſchlag,
nach dem Gutenbergdenkmal zu gehen, er ſei Artiſt, und wolle das Denk=
mal
erklettern. Geſagt getan. Aber bei der Kletterei iſt Lippold
heruntergefallen und hat ſich ſo die ſchwere Schädelverletzung zugezogen.
Seine beiden Freunde waren beſtürzt über dieſen Ausgang und legten
ihn in das um das Denkmal gepflanzte Gebüſch. Nach einiger Zeit
holten ſie dann das Auto und vereinbarten, was ſie am andern Tage der
n wollten. Bezeichnend iſt ja auch, daß keiner der beiden

Tochter. Die Leiche des Otto Pötzſch, der bekanntlich ſeine Tochter
ermordete, wurde an der Offenbacher Schleuſe geländet. Die Leiche
wies Schnitte an beiden Armen auf. Pötzſch hat ſich alſo, bevor er ſich
ins Waſſer ſtürzte, die Pulsadern aufgeſchnitten. Ein Motor=
boot
auf dem Main geſunken. Am Samstag nachmittag ſtieß
bei Griesheim ein mit ſechs Perſonen beſetztes Motorboot auf einen
Richtbalken, wodurch das Boot leck wurde und kenterte. Sämtliche In=
faſſen
konnten noch gerettet werden.

Der Eiſenbahnanſchlag bei Cochem aufgeklärt.
Berlin. In der Nähe von Cochem waren vor einigen Tagen
Eiſenbahnſchwellen auf ein Gleis gelegt worden, um einen Schnellzug zur
Hindernis konnte rechtzeitig beſeitigt
Entgleiſung zu bringe
ſonenzug TrierKohlenz mit Steinen
werden. Neuerdings
gebauter Rottenarbei=
beworfen
worden. 9
ter verhaftet, der den Prqufredel ans Aache derübt hat. Seine Frau
wurde als Ztifferin re his 1

Deutſchen Juriſientag in Köln.
Köln. In dem mit den Farben der deutſchen Länder ſchlicht ge=
ſchmückten
großen Saale im Gürzenich wurde von dem Senatspräſident
und Univerſitätsprofeſſor Dr. Wieruſzowſki in Köln der 34. Deutſche
Juriſtentag eröffnet. Unter den Ehrengäſten befanden ſich Kardinal=
Erzbiſchof Dr. Schulte, Reichsjuſtizminiſter und Miniſter für die be=
ſetzten
Gebiete Dr. Bell und zahlreiche Vertreter der Reichs= und Staats=
miniſterien
aller Länder und freien Städte, ferner Vertreter der deut=
ſchen
juriſtiſchen Vereinigungen in Deutſch=Oeſterreich und der Tſchecho=
ſlowakei
ſowie ſchließlich Vertreter der Univerſitäten Köln und Jena.
Auf Vorſchlag Prof. Wieruſzowſkis wurde durch Zuruf Univerſitäts=
profeſſor
Geheimer Juſtizrat Dr. Wilhelm Kahl, M. d. R. Berlin=
Wilmersdorf zum Vorſitzenden des Juriſtentages gewählt. Dr. Kahl
dankte für die ihm nunmehr zum 3. Male zuteil gewordene Ehrung.
Er ſtellte in ſeiner Anſprache die Arbeiten der Tagung in den Dienſt
des Wiederaufbaues. Er dankte den deutſchen Volksgenoſſen am Rhein
für die Treue, die ſie in ſchwerer Zeit dem Vaterlande hielten. Er be=
grüßte
beſonders herzlich die Deutſchen aus den noch beſetzten Gebieten
am Rhein und an der Saar. Er verband damit in feierlicher Ver=
wahrung
einen ernſten Appell, nicht namens der auswärtigen Politik,
ſondern namens des ewigen heiligen Rechtes doch endlich das Recht zu
ſeinem Rechte kommen zu laſſen und daß endlich eine Einigung ge=
funden
werde zwiſchen den Machtanſprüchen und dem verſöhnlichen
Geiſte, in dem ſich die Weiterentwicklung der Weltgeſchichte vollziehen
ſolle. Geheimer Juſtizrat Dr. Kahl gab dann das Gelöbnis ab, daß der
ſeutſche Juriſtentag der Schildhalter für Freiheit und Recht ſein wolle
und daß er den Brüdern und Schweſtern überall in der Diaſpora Treue
und Dankbarkeit bewahren werde in guter und in böſer Zeit. In dieſem
Sinne grüße er alle Deutſche des In= und Auslandes. In warmen
Worten gedachte Dr. Kahl dann noch den verſtorbenen großen Juriſten
Adolf Bach und Franz Klein. Oberbürgermeiſter Dr. Adenauer hieß
den Deutſchen Juriſtentag namens der Stadt Köln herzlich willkommen.
Dann hielt Reichsjuſtizminiſter Dr. Bell die bereits gemeldete Rede.
Nach Dr. Bell ſprachen noch andere namhafte Juriſten.

Geheimrat Prof. Dr. Wilhelm Kahl,
(Originalzeichnung von Friedmann)
der bekannte Berliner Strafrechtslehrer und hochangeſehene Par=
lamentarier
, präſidiert dem Deutſchen Juriſtentag, der vom 12. bis
15. September in Köln ſtattfindet.

Lokaltermin in Leiferde.
Berlin. Zur endgültigen Aufklärung der Kataſtrophe von Lei=
ferde
fand am Samstag am Tatort und in ſeiner Umgebung von 8½
Uhr vormittags an ein Lokaltermin ſtatt, an dem Vize= Eiſenbahnpräſi=
dent
Wagner=Hannover mit verſchiedenen Sachverſtändigen, Oberinſpek=
tor
Brandt von der Ueberwachungsſtelle, Kriminaldirektor Vogel vom
Landes=Kriminalamt in Berlin, Kriminaldirektor Egert und Kriminal=
kommiſſar
Reetz mit zahlreichen Kriminalbeamten teilnahmen. Die
Verhafteten wurden ſchwer gefeſſelt und unter ſtarker Bewachung mit
Autos nach dem Tatort gebracht, um in Gegenwart des Unterſuchungs=
richters
und des Oberſtaatsanwalts aus Rüdesheim zu erläutern, wie
ſie ihren Plan durchgeführt und wo ſie gehauſt haben.
Die Typhusepidemie in Hannover.
Die Zahl der Typhuserkrankungen in Hannover iſt auf
650 geſtiegen. Der B. Z. zufolge ſind 15 Fälle tödlich
verlaufen. Eine dem Krankenhauſe Siloah gegenüber liegende Schule
wurde geräumt und zur Krankenaufnahme eingerichtet. Es ſollen noch
zirka 300 Betten aufgeſtellt werden. Alle öffentlichen Badeanſtalten in
Hannover wurden geſchloſſen. Die Stadt hat ſich an die Univerſitäten
Frankfurt a. M., Kiel und Göttingen gewandt und von dort die Hilfe
von Kapazitäten auf dem Gebiete der Infektionskrankheiten erbeten.
Auch geprüfte Krankenwärter ſollen von außerhalb zur Hilfe herange=
zogen
werden.
Bis Montag nachmittag 5 Uhr hat ſich die Zahl der an Typhus
Erkrankten und in die Krankenhäuſer eingelieferten Perſonen auf
733 erhöht. Weitere Todesfälle ſind gegenüber Montag vormittag
bisher nicht zu verzeichnen. Den Angehörigen der Wehrmacht iſt der
Urlaub verſagt, um der Anſteckungsgefahr vorzubeugen. Wie verlautet,
ſind Krankheitsfälle unter den Soldaten nicht zu verzeichnen.
Ein Ehedrama.
* Berlin. Ein blutiges Ehedrama hat ſich Sonntag morgen im
Oſten Berlins abgeſpielt. Als um ſechs Uhr morgens in der Wohnung
eines Bankbeamten in der Riggerſtraße mehrere Schüſſe gefallen waren,
drangen Polizeibeamte gewaltſam in die Wohnung ein und fanden den
Bankbeamten Voigt mit ſchweren Schußverletzungen am Kopf und in
der Bruſt beſinnungslos liegen. Mehrere Stunden ſpäter erlag er ſeinen
Verletzungen. Auf dem Tiſch fand die Polizei einen Brief von der Ehe=
frau
, in dem ſie mitteilte, daß ſie mit ihren beiden Kindern in den Tod
gehen werde. Wenige Stunden ſpäter ſtürzte ſich Frau Voigt, die in=
zwiſchen
Bekannte beſucht hatte, von dem Boden des Hauſes auf den
Hof, wo ſie mit zerſchmetterten Gliedern tot liegen blieb.
Blutiger Ausgang eines Feuerwehrfeſtes.
Löbau. Einen blutigen Ausgang nahm ein Feſt der Feuerwehr in
Ottenhain. Der in der Feuerwehrkapelle mitwirkende Maurer Oswin
Wünſche geriet infolge eines Streites mit einem Kameraden in ſinnloſe
Wut. Er eilte nach Hauſe holte ſeinen Revolver und bedrohte alle Per=
ſonen
, die vermitteln wollten. Er traf auch mit dem Bruder des Bür=
germeiſters
Geier zuſammen, auf den er einen Schuß abgab. Geier
flüchtete in das Haus ſeines Bruders, in das ihm Wünſche folgte. Auch
auf den Bürgermeiſter ſelbſt gab er einen Schutz ab, worauf der Bürger=
meiſter
in Abwehr aus der Jagdflinte einen Schuß auf den Wüterich
abgab, der Wünſche in die Bruſt traf. Nach kurzer Zeit verſtarb der
Verletzte.
Emigranten als Kokainſchmuggler.
* Berlin. Der Berliner Kriminalpolizei iſt es am Samstag ge=
lungen
, eine Kokainſchieberbande unſchädlich zu machen. Es handelt ſich
um eine weitverzweigte Schieberbande, die aus 15 Perſonen beſtand,
meiſt ruſſiſche Emigranten, und die ihre Tätigkeit allmählich über ganz
Europa erſtrecken. Das Intereſſanteſte dabei iſt, daß der bekannte Ber=
liner
Apotheker und Gerichtsſachverſtändiger, Hahn die Seele des Ko=
kainſchmuggels
dieſer Bande war. Hahn iſt verhaftet worden. Der
Berliner Polizei iſt es hierbei gelungen, eine ganze Kette von Kokain=
ſchiebern
bis zum Anfangspunkt aufzurollen und unſchädlich zu machen.
Dies iſt beſonders wertvoll, da der Kampf gegen den Kokaingenuß des=
halb
beſonders ſchwierig iſt, weil es der Polizei ſelten gelingt, an den
Urſprung heranzukommen, wenn auch ab und zu einer der kleinen
Zwiſchenhändler erwiſcht wird. In dieſem Fall hat Hahn das Kokain
an einen Drogiſten weitergegeben, der es wiederum nur einer Ver=
trauensperſon
aushändigte. Dieſer, ein Ruſſe, hat in ſeinen Bekannten=
kreiſen
für weitere Verbreitung geſorgt. Die geſamte Bande iſt hinter
Schloß und Riegel gebracht.

Magdeburg baut.
Ausſtellungsbauten für die Deutſche Theater=Ausſtellung.
Die neue Elbhalle.
Aus Wünſchen und Plänen reift jetzt für die Stadt Magdeburg über=
raſchend
ſchnell ein jahrealtes Streben zur Erfüllung. Um der Deutſchen
Theaterausſtellung Magdeburg 1927, die weit über die Grenzen Deutſch=
lands
hinaus Widerhall findet, einen würdigen Raum zu geben, wird
das geſamte Ausſtellungsgelände neu geſtaltet. Die Deutſche Theater=
ausſtellung
Magdeburg 1927 hat einem der feinſten Baumeiſter unſerer
Tage, dem Darmſtädter Architekten Profeſſor Albinmüller, die
einheitliche künſtleriſche Geſtaltung ihres Ausſtellungsgeländes übertragen.
In feinſinnigſter Weiſe geſtaltet dieſer Künſtler das geſamte, ſo reizvoll
gelegene Ausſtellungsgelände Magdeburgs um, zu einer in ſich ge=
formten
Einheit, die die Weite der Bewegung zur Geſchloſſenheit bindet.
Das Zuſammenſchließen der Einzelheiten zur Einheit, des Zerſtreuten
zum Ueberſichtlichen wird dieſes Künſtlers Verdienſt bleiben. Vor allem
die Anordnung der Bauten, die Beachtung der Blickpunkte, die Schaf=
fung
eines Wahrzeichens in Geſtalt eines Turmes, Momente, die ſtärk=
ſten
künſtleriſchen Ausdruck mit zweckmäßiger Geſtaltung vereinigen.
Eine wohldurchdachte künſtleriſche Gliederung wird die flacheren Aus=
ſtellungsbauten
, den 45 Meter hohen Turm und die bis auf 21 Meter
anſteigende Elbhalle zu einem einheitlichen, in ſich fein geſtuftem Bilde
vereinigen. Ebenſo weſentlich iſt, was die Stadt Magdeburg ſchaffen
wird, um an ihrem Teile an dieſer Ausſtellung des geſamten kulturellen
Deutſchlands mitzuwirken. Magdeburg geht an die Schaffung ſeiner
Stadthalle, und der Magdeburger Magiſtratsbaurat Göderitz, dem
Profeſſor Albinmüller beratend und künſtleriſch mitwirkend zur Seite
ſteht, wird zur Ausſtellung ſelbſt als einen weſentlichen Teil ihrer Bau=
lichkeiten
, als wichtigſtes Stück des ganz groß angelegten Stadthallen=
planes
die Elbhalle ſchaffen. Ein großer Feſtſaal in dieſer neuen Elb=
halle
wird in einem Raume von 30 mal 50 Metern Sitzplätze für 3500
Menſchen haben. Um dieſen Saal laufen geräumige Wandelhallen. Ein
kleinerer Feſtſaal von 19 mal 34,5 Metern, ein Kammermuſikſaal von
19 mal 23 Metern und eine Menge von Sitzungszimmern werden ſich
angliedern. Der Hauptſaal, der eine Höhe von 15 Metern erreicht
(gegen 9 Meter in den beiden kleineren Sälen), kann durch einfaches Ab=
teilen
in ſeinem Faſſungsvermögen wechſeln von 1000 bis 3500 Menſchen,
eine Raumdispoſition von genialer Einfachheit und Ueberzeugungskraft.
Die Emporen dieſer Elbhalle werden die ſtörenden Träger und Säulen
vermeiden und werden von eiſernen, in der Decke verankerten Zug=
ſtangen
getragen werden. Dieſe Löſung, die den Ideen des modernen
Brückenbaues abgelauſcht iſt, ſcheint äußerſt glücklich zu ſein, vermeidet
ſie doch jede Behinderung des Blickes und gibt dem unteren Saale di
volle Bewegungsfreiheit. Für das äußere Bild der Elbhalle wird ein
Backſteinbau in farbigen Klinkern, werden einfache Formen, die Sach=
lichkeit
und Nepräſentationswillen miteinander vereinigen, das weſent=
liche
Moment abgeben. So werden hier techniſche und äſthetiſche Ge=
ſetze
zugleich mit dem Zweckhaften am Werke ſein, einen Bau zu ſchaf=
fen
, der in Deutſchland etwas völlig Neues darſtellen wird.

Ein deutſcher Dampfer geſunken.
Buenos Aires. Der deutſche Frachtdampfer Chriſtel Vinnen
der ſich mit einer Quebrachoholzladung auf der Heimreiſe befand, ſtieß
mit einem engliſchen Dampfer auf dem Parana zuſammen und ſank.
Die Mannſchaft konnte gerettet werden.

Rund=Funk=Programme.
Frankfurt.
Dienstag 14. Sept. 4.30: Hausorch. Luigi Cherubini (geb.
14. Sept. 1760). Ouv. Abendceragen. Arie a. Demofonte‟
Ballettmuſik a. Anakreon. Ouv. Medea‟. Arie a.
Medea. Scherzo a. d. Streichquartett in Es. Ave Maria,
Ouv. Waſſerträger Mitw.: Pauline Jack, Sopran; Meinel,
Violine. O 5.45: Leſeſtunde: Aus dem Roman Pitt und Fox von
Friedrich Huch. O 6.45: Uebertr. Caſſel: Vortr. A. P. Fröde über
Amerika=Rationaliſierung u. europ. Wirtſchaftsaufgabe‟ O 7.15:
Stenographie. O 7.45: Schach. O 8.15: Ein Glas Eppelwein
oder: Urſachen und Wirkungen Lokal=Luſtſpiel von Hallenſtein.
Perſ.: Anna Stuwart, Witwe, Inhaberin des Gaſthofes Zum
König von England; Lene Obermeyer; FrauWallruh, ihre Haus=
hälterin
: Mathilde Einzig: Heinrich Johann Viktor Knollimbrod
Bäckermeiſter: Hans Nerking; Fleſchem, Oberkellner im Gaſthof
Zum weißen Hirſch: Kurt Böhme; Jungfer Alleweil, Verwandte
des Knollimbrod: Konſtanze Menz; Frau Abermaul, Samenhänd=
lerin
: Emmi Huth; Thorny, Auslaufer in der Handlung Ludwig
Kathors: Karl Luley; Bomſen, ehemals Portier im Gaſthof. Zum
König von England, jetzt Speiſewirt u. a. Anſchl.: Neue Schall=
platten
.
Stultgart.
Dienstag, 14. Sept. 4.15: Funkorch. Lehnhardt: Schneidige
Truppe.
Lincke: Verſchmähte Liebe, Walzer.
Cherubini:
Ouv. Der Waſſerträger. Roſſini: Ave Maria. Cherubini:
Ouv. Die Abenceragen. Einlagen: Hilde Volck. Muſſorgsky:
Fant. Boris Godunow‟. Henzy: Crepuscule, Boſton.
Strauß=Millöcker=Suppe, Potp. O 6.15: Prof. Dr. Verweyen=
Bonn: Sachliche und unſachliche Menſchen. O 6.45: Morſe=Kurſus.
O 7.15: Vortr. Pfarrer Griſebach: Vom Deutſchtum in Uruguay.
O 8: Sinfonie=Konzert. Beethoven: 4. Sinfonie in B=dur.
Rimsky=Karſokow: Capriccio eſpagnole. Prokofieff: Marſch.
Anſchl.: Wunſchabend. Die Mitwirkenden werden erſt nach Eingang
der Wünſche bekanntgegeben.
Berlin.
Dienstag, 14. Sept. 12: Viertelſtunde für den Landwirt.
O 4.30: Funkkapelle. Delibes: Ouv. Der König hat’s geſagt,
Friedemann: Slaviſche Rhapſodie. Puccini: Fant. Boheme‟.
Razigade: Idylle paſſionelle. Fetras: Onegin=Klänge.
Morena: Die Welt hat inen Fimmel, Potp. Hollaender: Berlin,
wie biſt du ſchön. Kollo: Wetterhäuschen, Foxtrot. O 6.30:
Stunde mit Büchern. O 7: Dr. Cohn=Wiener: Eine Reiſe im
Herzen Aſiens (1. T.). O 7.30: Einf. zu der Operette am 15. Sept.
O 7.55: Kriminalkommiſſar Dr. Bartſch: Das Kind als Zeuge‟.
O 8.30: Die deutſche Erzählung. 1. Abend: Theodor Fontane.
Einl.: Dr. Schacht. Aus Fontanes Werken: Arthur Kraußneck.
O 9: Heiterer Abend. 3 Zwiegeſänge mit zwei Lauten von Robert
Kothe (Kothe und Lies Engelhardt). 3 Sololieder zur Laute von
Robert Kothe. (Lies Engelhardt), Soldatenlied. Wenn ich dich
vergeſſen könnte. Vor der Türe marſchieren die Soldaten (Stefan
Balla, Bariton, mit Zigeunermuſik). Deine beiden ſchönen Augen.
Ich betrüge dieſe Welt. Ach Mutter, mein Tüchlein. (Edith Dioſy,
Sopran, mit Zigeunermuſik). Meine Herde will nicht weiden.
Vagabundenlied. Die Sonne liebt den Mond. Es brauſt der
Sturm (Stefan Balla, Bariton, mit Zigeunermuſik). Kavalier,
Kavalier. Wenn ich ſterbe. Weib möcht’ ich werden. Seiden=
tüchlein
, Seidenröckchen (Edith Dioſy (Sopran, mit Zigeunermuſik).
3 Sololieder zur Laute (Robert Kothe). 3 Zwiegeſänge mit
zwei Lauten (Robert Kothe und Lies Engelhardt). O 10.30: Tanz=
Orcheſter Ette.
Stettin. 7.30: Ernſt Mentzel, Syndikus: Das pommerſche
Handwerk.
Königswuſterhauſen. Dienstag, 14. Sept. 3: C. M. Alfieri
und v. Eyſeren: Spaniſch. O 3.30: Berufsſchuldirektor Fender:
Die notwendige Staatshilfe zur Stärkung der nationalen Arbeits=
kraft
. O 4: Stud.=Dir. Dr. Brömſe: Niederdeutſche dramatiſche
Dichtung. O 4.30: Mitt. des Zentralinſtitutes. O 5: Chef=
redakteurin
M. Clorer: Was ſoll die Jugend von der Herbſtmode
annehmen?

Wetterbericht.
Wettervorausſage für Mittwoch, den 15. September 1926,
nach der Wetterlage vom 13. Sept. 1926.
Vorwiegend heiter, Winde aus veränderlichen Richtungen, noch keine
weſentliche Aenderungen der Temperaturen, trocken. Die Rand=
ſtörungen
, hervorgerufen durch das in nordöſtlicher Richtung abziehende
Tief haben ſich allmählich ausgeglichen. Neuer Anſtieg des Luft=
druckes
macht ſich über England und Frankreich bemerkbar, ſo daß mit
einer Beſſerung der Wetterlage zu rechnen iſt.
Die Heſſiſche Oeffentliche Wetterdienſtſtelle.

Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaſt: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſ=
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmanr
Verantwortlich für Schlußd entt: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt

Die heutige Numiner hat 14 Seife.

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Nummer 253

Dienstag, den 14. September 1926

Seite 9

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955

[ ][  ][ ]

Seite 10

Dienstag, den 14. September 1926

Tennis.

Darmſtädter Tennis= und Eisklub.
Zu dem vorausſichtlich letzten Klubwettſpiel fuhr der Darmſtädter
Tennis= und Eisklub zum T. C. Bad Homburg. Trotz einiger Regen=
ſchauer
konnten die Spiele bis auf einige durchgeführt werden. Es
gelang den Darmſtädtern, die mit 10 Herren und 7 Damen, darunter
6 Junioren, antraten, ihre Gegner, die in letzter Zeit nur Erfolge zu
verzeichnen hatten, glatt mit 17:5 Punkten, 37:17 Sätzen und 294:211
Spielen zu ſchlagen. Darmſtadt war ohne Ausnahme in guter Form;
ganz hervorragend ſpielte Schüler, der in einem äußerſt wuchtigen und
ſchnellen Spiel dem bekannten Schweizer Mégroz in zwei Sätzen das
Nachſehen gab. Blecher, anfangs unſicher, bewies ſein eigentliches
Können erſt im 3. Satz gegen den früheren deutſchen Doppelmeiſter
v. Lersner. Nach hartem Kampf, aber wohlverdient, ſiegte Beeck gegen
Fölſche. Sehr gut ſpielte auch Frl. Nöllner, die die Spitzenſpielerin von
Homburg in 2 Sätzen abfertigte. Im Herren=Einzel iſt ſonſt noch er=
wähnenswert
der Sieg Steffans, der durch ſeine brillante Lauftechnik
den gut netzſpielenden v. Boch ſchlug. Taktiſch ſehr klug und durchdacht
ſpielte Frl. Pfotenhauer gegen Frl. Caſper. Gute Flugſchläge und
Paſſierbälle zeigten Schüler und Blecher bei ihrem Erfolg über Mégroz
v. Lersner. Nachſtehend die einzelnen Ergebniſſe: 1. Schüler (D)
Mégroz (H) 6:2, 6:4. 2. Blecher (D)v. Lersner (H) 6:4, 0:6, 4:0 zaz
3. Beeck (D)Fölſche (H.) 6:8, 6:3, 6:4. 4. Werner (D)Haas (H.
ausgefallen. 5. Deutler (D)Ballauf (H) 6:1, 7:5. 6. Steffan (D)
v. Boſch (H) 6:4, 0:6, 6:1. 7. Balanyi (D)R. Leonhardt (H) 6:1, 6:1.
8. Heß (D)W. Leonhardt (H) 6:2, 7:5. 9. Kleinlogel (D)Dr. Grieß=
bach
(H) 7:5, 3:6, 6:3. 10. Claß (D)Roſenberg (H) 6:3, 4:6, 6:2.
1. Frl. Nöllner (D)Frl. Schneider (H) 6:3, 6:3. 2. Fr. Ulenberg (D)
Frl. Wolf (H) 6:1, 6:4. 3. Frl. Fiſcher (D)Frl. Köhler (H) 6:4, 6:3.
4. Frl. Keune (H)Frl. Goldſchmidt (D) 9:11, 6:4, 7:5. 5. Frl. Lanz
(H)Frl. Seuffert (D) 10:8, 2:6, 6:3. 6. Frl. Pfotenhauer (D)Frl.
Caſper (D) 6:2, 1:6, 6:1. Frl. Cayard (H)Frl. Michel (D)
7:5, 6:1.
1. Schüler=Blecher (D)Mégroz=. Lersner (H)
6:3, 6:2. 2. Beeck=Deutler (D)Haas=Fölſche (H) ausg. 3. Ballauf=
v
. Boch (H)Werner=Kleinlogel (D) 6:2, 4:6, 6:4. 4. Balanyi=Claß (D)
Gebr. Leonhardt ausg. 5. Heß=Steffan (D)Roſenberg=Grießbach
6:3, 6:3. 1. Frl. Nöllner=Schüler (D)Frl. Schneider=Mégroz (H)
6:4, 5:5, abgeb. 2. Frl. Fiſcher=Blechert (D)Frl. Wolf=v. Lersner (H)
ausg. 3. Fr. Ulenberg=Beeck (D)Frl. Köhler=Haas 7:9, 6:3, 6:3. 4.

Frl. Goldſchmidt=Werner (D)Frl. Lanz=Leonhardt (H) ausg. 5. Frl.
Reune=Fölſche (H)Frl. Seuffert=Deutler (D) 6:4, 6:3. 6. Frl. Michel=
Balanyi (D)Frl. Caillard=Grießbach (H) 6:4, 6:1.

Nummer 253

Fußball.

Sportverein Darmſtadt, Jugenbabteilung.
Mit einem 6:0 Sieg über die 1. Jugd. des Sportvereins Groß=
Gerau ſetzte ſich die 1. Jugd. an die 1. Stelle in der Meiſterſchaft. Sämt=
liche
bis jetzt ausgetragenen Spiele wurden gewonnen. Mit einem
Torverhältnis von 25:4 bei 8 Punkten iſt die Elf Favorit für die Gau=
jugendmeiſterſchaft
. Die 2. Jugd, konnte in Aſchaffenburg, obwohl ſie
von einem Spieler unſportlicherweiſe im Stiche gelaſſen wurde, ein 4:4
herausholen, während die 1. Schüler dort gegen die Kickersſchüler einen
6:1 Sieg errang. Die 1b Schüler ſiegte gegen Olympia Biebesheim
knapp 2:0.
Sp.=Vgg. ArheilgenOlympia Lorſch 8:2 (5:0).
Auf dem Sportplatz am Arheilger Mühlchen landete die Sport
vereinigung im 2. Verbandsſpiel einen eindrucksvollen 8:2 Sieg. Im
Feldſpiel waren die Lorſcher den Arheilgern ebenbürtig. Lediglich dem
Umſtand, daß heute ſehr viel und genau geſchoſſen wurde, verdankt Ar=
heilgen
den hohen Sieg. Die Lorſcher, welche ihren beſten Mann im
Mittelläufer hatten, konnten bis zur Pauſe nicht verhindern, daß die
Einheimiſchen 5 Tore vorlegten, leiſteten aber in der 2. Hälfte größeren
Widerſtand, ſo daß das 8:2 Reſultat zuſtande kam. Mit der ſehr guten
Leiſtung des Schiedsrichters waren beide Parteien zufrieden.
Olympia LampertheimF. V. 1919 Biblis 5:0 (1:0).
Der F. V. 1919 Biblis mußte bei ſeinem erſten Verbandsſpiele in
der Liga eine ziemlich hohe Niederlage hinnehmen. Wie evwartet, kam
es zu einem harten, erbitterten Kampf, den Lampertheim Dank ſeiner
Spielerfahrung in der Ligaklaſſe zu ſeinen Gunſten entſcheiden konnte.
Die Bibliſer ſpielten zu aufgeregt und konnten ſich hauptſächlich im
Sturm nicht zuſammenfinden. Dann hatte der F. V. 1919 das Pech,
daß einer ſeiner beſten Leute, der Halblinke Brutſcher, infolge Ver=
letzung
nur noch als Statiſt mitwirken konnte. Für den F. V. 1919 mag
dieſes erſte Ligaſpiel eine Lehre für die kommenden Verbandsſpiele ge=
weſen
ſein. Wenn nicht alles trügt und die Mannſchaft den Mut nicht
ſinken läßt, wird Biblis doch noch lange nicht als Gegner zu unter=
ſchätzen
ſein.

Handball.
* Deutſche Turnerſchaft, Main=Rhei=Gau.
In der Meiſterklaſſe ſind die beiden Siege etwas hoch ausgefallen.
Daß der Altmeiſter Griesheim die Aſchaffenburger überrumpelte, be=
weiſen
die 6 Tore, die alle in der erſten Hälfte fielen. Dann ſtellte
Aſchaffenburg um, zeigte ein ebenbürtiges Spiel und konnte das
Ehrentor erzielen. In Pfungſtadt ſpielte Sprendlingen, und das muß
hevvorgehoben werden, daß man ein wahres Propagandaſpiel zu ſehen
bekam, welches von Meher=Eberſtadt, unterſtützt durch beide Mann=
ſchaften
, einwandfrei geleitet wurde. In der erſten Hälfte hielt ſich So.
gut und führte ſogar 3:2. Dann drehte Pfungſtadt auf und ſchoß 5
ſchöne Tore. Von Langen gegen Eberſtadt wird nach 15 Min. Spielzeit
Spielabbruch gemeldet. Dort ſollte eine energiſche Strafe am Platze
ſein. In der A=Klaſſe gab es ein paar Ueberraſchungen. Die Tad
Darmſtadt verlor wider Evwarten empfindlich 11:3 in Worfelden. Bef=
ſungen
mußte ſich auf eigenem Platze 5:4 vor dem Neuling Egelsbach
beugen. Auch der 4:1 Sieg von Groß=Gerau über Walldorf beweiſt
die Spielſtärke des 1. Siegers aus B=Klaſſe. Seeheim-Bickenbach 3:6
wurde erwartet. WolfskehlenTgſ. Giesheim mit 5:1 fiel etwas hoch
aus. Bei den Griesheimern mangelte es eben am genauen Torſchuß.
In den unteren Klaſſen ſind in dieſem Jahre zum erſtenmal die Vereine
an der Bergſtraße vertreten und ihr gutes Abſchneiden bezeugt eifriges
Ueben. Bei den Schiedsrichtern iſt die ſpäte Berichterſtattung immer
noch zu bemängeln
M.=Klafſe: PfungſtadtSprendlingen 8:4. LangenEberſtadt 1:1.
GriesheimAſchaffenburg 6:1.
A=Klaſſe: WorfeldenTgd. Darmſtadt 11:3. BeſſungenEgelsbach
5:4. Seeheim-Bickenbach 3:6. Groß=GerauWalldorf 4:1. Langen-
Neu=Iſenburg, Langen kampflos gewonnen. WolfskehlenTgſ. Gries=
heim
5:1.
B=Klaſſe: Nieder=RodenEberſtadt 2:2. ZwingenbergJugenheim
6:1. Fv. Ober=RamſtadtSprendlingen 11:1. Heppenheim-Vickenbach
2:1. Alsbach-Bensheim 1:1. Egelsbach-Arheilgen 4:4., Tgſ. Ober=
Namſtadt-Langen 4:1. Tgd. DarmſtadtWalldorf 5:1. Pfungſtadt
Langen 1:0. BüttelbornGoddelau 3:1. Tgd. GriesheimGroß=Gerau
1:8. BabenhauſenArheilgen 2:4.
Jugend=Klaſſe: Pfungſtadt-Bickenbach 1:0. BensheimSeeheim
7:1. NauheimWorfelden 5:4.

Palast-Lichtspiele

Täglich mit großem Erfolg:
Der neue deutsche Groß-Film
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der deutschen Kolonien.
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Jwa Wanja, Carl de Vogt, Olaf Pjord, Hans Albers,
Fritz Kampers, Erich Kaiser-Titz, Otz Tollen,
Emil Heyse.
Der Radiohund 2 Akte.
Die neueste Wochenschan

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In den führenden Rollen: Walter Rillo, Jane
Movak, Rosa Valetti, Bernhard Goetzke
Der Herr Generaldirektor
nach dem gleichnamigen Roman der Berliner
Morgenpost von Ernst Klein. In den Hauptrollen:
Albert Bassermann
Eurt Vespermann, Aifred Abel,
Wfihelm Diegelmann (*23957
und viele andere prominente Schauspieler.
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Geldes wurde.
In den Hauptrollen: Eugen Klöpfer, Ruth
Weyher, Lia Eibenschütz. Theodor Loos, Ed. v.
Winterstein, Albert Steinrück, Carl de Vogt, Erich
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Meier von Sarnen
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Walter Scharff
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Die weiße Dame‟
Koiniſ hie Oper in 3 Akten von Scribe,
überſetzt von Friederike Ellienreich.
Muſik von Boieldien

[ ][  ][ ]

Nummer 253

Dienstag, 14. September

Die Lage der Eiſen= und
Stahlwaren=Induſtrie.
Die Lage der Eiſen= und Stahlwaren=Induſtrie zeigt für den ver=
floſſenen
Monat Auguſt keine Beſſerung. In den einzelnen Wirtſchafts=
gebieten
haben ſich die Verhältniſſe wie folgt entwickelt:
Im Bezirk der märkiſch=weſtfäliſchen Induſtrie hat nach keiner Rich=
tung
hin weder der Inlands= noch der Auslandsabſatz eine Belebung er=
fahren
. Die Erwerbsloſigkeit iſt ebenfalls nicht zurückgegangen, ſogar
in einzelnen Bezirken erneut geſtiegen. Ein Feſthalten an den hohen
Steuerbelaſtungen iſt ganz dazu angetan, die gegenwärtig ernſte Lage
für die Zukunft weiter zu verſchärfen, um ſo mehr, als keine Anzeichen
auf eine Beſſerung der ſchlechten Verhältniſſe hindeuten. Die Lage
des Solinger Bezirkes zeigt gegen den Vormonat keine weſentliche Ver=
änderung
. Es iſt ein geringer Rückgang der Arbeitsloſigkeit zu ver=
zeichnen
. Wenn auch dieſe Tatſache wohl in erſter Linie auf die verſtärkte
Durchführung von Notſtandsarbeiten zurückzuführen iſt, ſo ſtand man
doch gegen Ende des Monats unter dem Eindruck einer geringen Ge=
ſchäftsbelebung
. Indeſſen iſt immerhin kein Grund gegeben, ſchon fetzt
einen Konfunkturumſchwung erblicken zu können, zumal auch der Aus=
gang
der Leipziger Meſſe für Solinger Artikel erheblich enttäuſcht hat.
Im allgemeinen lauten die Berichte in der Remſcheider Werkzeug= Indu=
ſtrie
ebenfalls noch peſſimiſtiſch, doch melden einige Betriebe eine leichte
Beſſerung des Inlandsmarktes. So liegen vereinzelt günſtige Angaben
über den Inlandsabſatz in der Sägen= und Maſchinenmeſſerinduſtrie vor
ſowie bei groben Scheren. In der Cronenberger Geräteinduſtrie wird
über gegenſeitige Preisunterbietung geklagt, durch die ſich die Firmen
ſelbſt das Geſchäft verderben. Die dortige Schrauben=Induſtrie meldet
eine leichte Beſſerung des Inlandsmarktes. In der Velberter Schloß=
und Beſchlag=Induſtrie, die ganz von der Bwutätigkeit abhängt, hat die
Beſchäftigung gegen Ende der Berichtszeit leicht angezogen, doch iſt eine
Belebung auf dem Baumarkt noch nicht merklich ſpürbar. Man erhofft
eine Beſſerung im Herbſt. In den Teilen des Auslandes, die haupt=
ſächlich
von der Velberter Induſtrie beliefert werden, ruht die Bautätig=
keit
. Im Vergleich hierzu wird aus einem anderen Bezirk berichtet,
daß im Auguſt die Nachfrage nach Baubeſchlägen angehalten hat, ſogar
teilweiſe ſehr rege geweſen iſt. Es zeigt ſich indeſſen hierbei, daß keine
großen Läger bei der Kundſchaft vorhanden ſind, da alles was beſtellt
wird, eilig iſt. Es ſind erneute Beſtrebungen zur Bildung von Syn=
dikaten
im Gange, von der man ein Ende der Preisunterbietungen
erhofft.
Aus der Thüringer Induſtrie, insbeſondere dem Schmalkaldener Be=
zirk
, iſt eine kleine Beſſerung in der Beſchäftigung zu melden. Wenn
dieſe auch nicht bedeutend und keineswegs allgemein iſt, ſo glaubt man
doch eine Milderung der bisher ungünſtigen Verhältniſſe feſtſtellen zu
können. Am meiſten leidet immer noch die Zangenbranche, namentlich
unter den erheblich gedrückten Preiſen. Die Beſchäftigung der Bohrer=
fabriken
, wie auch der Ahlenfabrikation, hat ſich gebeſſert. Die Export=
anfragen
und Aufträge mehren ſich, und man hofft mit einiger Berech=
tigung
auf eine Beſſerung des Herbſtgeſchäftes. Die Preislage iſt allge=
mein
unverändert.
Der Geſchäftsgang der ſüddeutſchen Werke im abgelaufenen Monat
entſprach demienigen des Vormonats. Der Betrieb konnte voll aufrecht
erhalten bleiben. Im Augenblick liegen genügend Aufträge vor, um auch
weiterhin die normale Arbeitszeit beibehalten zu können. Das Export=
geſchäft
iſt nach wie vor ſehr erſchwert.
Frankfurter Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 13. September.
Die Börſe eröffnete heute gedrückt auf Mediorealiſationen, doch
überſchritten die Kursverluſte nur vereinzelt 1 Prozent, da die Wider=
ſtandsfähigkeit
heute größer war. Nur J.G.=Farbeninduſtrie kamen in
größeren Poſten an den Markt, daher auch der Kursverluſt von 3 Pro=
zent
zur erſten Notierung. Feſter lagen jedoch die Schiffahrtswerte auf
die fetzt wieder ſtärker auftretenden Hoffnungen bezüglich einer günſti=
gen
Regelung der Freigabeangelegenheit. Die Kursbeſſerungen betragen
auf dieſem Gebiete 3 Prozent. Im übrigen wird das Geſchäft auf dem
Effektenmarkt ſehr beſchränkt. Auf dem Markte für ausländiſche Nen=
ten
ging es dagegen recht lebhaft zu. Im Mittelpunkt ſtanden wieder
Goldrumänen, die zeitweiſe bis 20,5 gehandelt wurden. Auch Serben,
Türken und Ruſſen wurden ziemlich ſtark zu ſteigenden Kurſen umge=
ſetzt
. Deutſche Anleihen konnten die Höchſtkurſe der vergangenen Woche
nicht behaupten, beſonders Kriegsanleihen blieben angeboten. Die auf
dem Vorkriegspfandbriefmarkt am Samstag vergangener Woche einge=
tretene
Belebung des Geſchäfts hielt an. Die Kursbeſſerungen, die damit
verbunden waren, erreichten aber nicht mehr das Ausmaß der letzten
Börſe, aber immerhin ergaben ſich neue Steigerungen um 20 Pfennige.
Die Mediorealiſationen nahmen keinen ſehr breiten Rahmen ein, ſo daß
die Tendenz ſich im weiteren Verlaufe wieder erholen konnte. J.G.=
Farbeninduſtrie konnten ihren Verluſt zum größten Teil wieder zurück=
gewinnen
, einzelne Papiere konnten ſogar kleine Kursgewinne erzielen.
Der Freiverkehr war etwas feſter. Becker Stahl 32; Benz 77,5; Brown
Boveri 130; Growag 60; Ufa 40; Unterfranken 95; Chem. Andrae 77;
Frankfurter Handelsbank 85 und Entrepriſe 8; Tagesgeld 4 Prozent,
London-Paris 168,75.
Die Abendbörſe verkehrte in ſehr feſter und lebhafter Haltung. Die
Medioabwicklung iſt vorüber und es erfolgten heute abend ſchon be=
trächtliche
Neuengagements per Ultimo. Beſonders feſt waren J. G.
Farbeninduſtrie, ferner faſt alle Montanwerte unter beſonderer Bevor=
zugung
von Phönix, Deutſch=Luxemburger, Harpener und Mannes=
mann
. Siemens u. Halske überſchritten wieder die 200, überhaupt war
das Intereſſe für Elektrowerte ebenfalls groß. Auf dem Bankenmarkt
eröffneten Danatbank 5 Prozent über dem Mittagskurs.

Berliner Effektenbörſe.
Berlin, 13. September.
Bei Börſenbeginn fand die Spekulation unter Vernachläſſigung der
Großmärkte ein Betätigungsfeld am Rentenmarkt, wo Vorkriegshypo=
thekenpfandbriefe
ſchon während der erſten Börſenſtunde nach den letzten
Steigerungen weitere 0,25 Prozent gewannen. Alte preußiſche Renten=
briefe
und einige Auslandsrenten lebhafter gefragt. Auch für Schiff=
fahrtsaktien
, namentlich norddeutſcher Lloyd und Elektrowerte zeigte ſich
Intereſſe, wobei man auf die Vernachläſſigung der Schiffahrtsaktien in
den vergangenen Wochen und die neuen größeren Aufträge der elektro=
techniſchen
Induſtrie aus dem In= und Auslande verwies. Nach Feſt=
ſetzung
der erſten Kurſe fanden Medio=Glattſtellungen und angeblich
auch einige Selbſtexekutionen ſtatt, die auf die Tendenz drückten. Ver=
einigte
Stahlwerke gaben von 137 auf 136,5, J.G. Farben von 272 auf
270,5 nach. Man beobachtete daher ſpäterhin allgemein ein Abbröckeln
der Notzierungen bei größter Luſtloſigkeit an der Mehrzahl der Aktien=
märkte
. Einen Rückhalt gab die flüſſige Verfaſſung des Geldmarktes,
namentlich für Tagesgeld. Die Sätze blieben mit 4,56 Prozent für
tägliches und 5,57 Prozent für Monatsgeld unverändert. Am Deviſen=
markt
ließ ſich die neue Woche außerordentlich ruhig an. Die Kurſe
der fremden Valuten eröffneten auf Baſis der Samstagsnotierungen,
nur das engliſche Pfund zog gegen New York auf 0,8560 an.
Die erſten amtlichen Kurſe zeigten im einzelnen für Montanaktien
zunächſt noch eine vorwiegend günſtigere Entwicklung. Harpener plus
1 Prozent, Eſſener Steinkohlen plus 2,75 Prozent, Bochumer plus 1
Prozent. Dieſe Gewinne gingen ſodann allerdings wieder verloren.
Kali=Aktien uneinheitlich. Salzdetfurth minus 2,25 Prozent. Am Marft
der chemiſchen Werte verſtimmte die Abgabeneigung für Farbenaktien,
ſo daß die Kurſe mit Ausnahme von Heyden (plus P/. Prozent) ſchon
bei Beginn abbröckelten. Elektrowerte eröffneten unter Führung von
Felten und Guilleaume plus 3 Prozent und Akkumulatoren plus 4 Pro=
zent
belebt und feſter, konnten ſich aber ſpäter der ſchwächeren Tendenz
ebenfalls nicht entziehen. Von Schiffahrtsaktien notierten Norddeutſcher
Lloyd, bei denen das Bezugsrecht von 8,25 Prozent abging, mit 153,5
ſehr feſt, um damit auch die Hapag=Kursentwicklung (160 Prozent) an=
zuregen
. Sonſtige Schiffahrtsaktien vernachläſſigt, jedoch freundlich.
Bankaktien kaum verändert. Unter den Nebenwerten zeigten Schultheiß
und Oſtwerke, Sarotti und Deſſauer Gas, Stahr=Kammgarn, Deutſcher
Eiſenhandel und einige Maſchinenfabriken kleine Kursgewinne bis 2,5
Prozent. Die Kriegsanleihe ging ruhiger, aber mit 0,500 unver=
ändert
um.
Im weiteren Verlauf der Börſe erfuhr die Zahl der lebhafter ge=
handelten
Spezialwerte eine Erweiterung. Die Aktien der Harpener
Bergbaugeſellſchaft, ferner Mannesmann, Bochumer und Deſſauer Gas,
AEG. und Siemens konnten die, während der erſten Stunde eingetrete=
nen
Kursſenkungen von 12 Prozent nicht nur einholen, ſondern dar=
über
hinaus noch anziehen und damit die Geſamttendenz günſtig beein=
fluſſen
. Die feſte Haltung der genannten Papiere übertrug ſich im
Laufe der zweiten Börſenſtunde auf die geſamte Börſe. Der erſte
Börſentag dieſer Woche ſchloß ſomit nach Schwankungen unter Führung
mehrerer Einzelpapiere in freundlicher Stimmung. Privatdiskont
kurze Sicht 5 Prozent, lange Sicht 4,75 Prozent. An der Nachbörſe
machte die Befeſtigung noch Fortſchritte. Mit namhaften Gewinnen
gingen ſchließlich in erſter Linie einige Montanwerte, Oſtwerke, Schult=
heiß
Berlin, Karlsruher Induſtrie, Darmſtädter Bank ſowie eine große
Anzahl von Kolonialwerten aus dem Markt.

Aſchaffb. Zellſtoff
Augsb.=Nürnb. Maſch.
Bamag=Meguin
Berl E. W. Vorzug
Berlin. KarlsruheInd.
Braunkohlen=Briketts
Bremer Vulkan.
Bremer Wolle ...
Deutſch.=Atlant. Tel.
Deutſche Maſchinen
Deutſch.=Nied. Tel.
Deutſche Erdöl .....
Deutſche Petroleum
Dt. Kaliwerke
Donnersmarckhütte.
Dynamit Nobel.
Eleftr. Lieferung.
J. G. Farben".
R. Friſter
Gaggenau Vorz.
Gelſenk. Gußſtahl
G. f. elektr. Untern.
Halle Maſchinen ..."
Han. Maſch. Egeſt.
Hanſa Dampſchf. ..

Amſterdam=N.
Buenos-Aires
Brüſſel=Antw.
Lslo ..."
Kopenhagen.
Stockholm. . . .
Helſingfors ..
Italien ...."
London...."
New=York..
Paris.. . .
Schweiz ..
Spanien.

11.9 13. 9. 11. 9. 127. 123. Hemoor Zement 193. 93.12: 93.25 Hirſch Kunfer 117.5 45. 45. Höſch Eiſen . 139 Hohenlohe Werke 19.62: 103.1251106. Kahla Porzellan 81.5 150. 1149.75 Lindes Eismaſch 148. 74.5 134.73 Lingel Schuh 64.25 135.25 94. Linke u. Hofmar 74. 2. Boewe u. C 185. 103. 1102.78 . Lorenz 111.5 11. 625 Nol. Kohle 155. 140. 141. Nordd. Gamn Orenſtein 109.5 117. 1251118. Rathgeber W 83.5 83.5 Rombacher 14.7 1.32. 131. Roſitzer Zucker 75.75 14 5.25 143.5 Rütgerswerke 117.5 273.5 271.25 Sachſenwert 113. 53. 55. .hf. Gußſtahl 145. 49.5 49.75 Siemens Gla3 142 25. 23 5 Ver. Lauſitzer Gl 119.75 1173.5 174. Volkſtedter 4. 141. 144. Weſtf. E. Langendre 30.5 71. Wittener Gußſtah 62. 177.5 janderer=Werk 153.5

Deviſenmarkt.

11 9. 13. 9 Geld Br Belo Vrie 163 141535 153.19 153.6 1.693 1 703 1.703 1.704 1153 115. 11.5 11.54 31 84 921. 91 93 92.11 111.4: 111.76 111.4 111.731 112.14 112.4 12.1 112.42 19.653 19.551 19.555 19.59 15.21 152 15.11 19.2 T20.36220.714 20.77 23.3 4.133 4.203 1. 1335 1.303 12.16 12 2i 12.12 12.1 80.9= 81.18 1.01 31.215 64..0 S43 7.27 64.43

Wien D.=Oſt. al
Prag..
Budapeſt. . .
Japan ......
Rio de Janeiro
Sofia
Zugoſlavien.
Konſtantinopel
Liſſabon".
Danzig".
Athen.
Kanada
Urnguan

11. 9. Geid Brie 99 2u 39.37 12.41 12.45 6.673 5.337 2.025 2.3 9531 0.635 3.973 3.0:3 7.414 1.433 2.2 2.22; 21 44 21.43 81 31 81. 77 4.35 4 86 4193. 4.20 421 4.27

13. 9.
115.75
130
23.
8 5.5
150.
64.*
81. 81.75
133.7.
110.875

00.5
65.25
15.
87.5
117.5
111.
146.

60.5
62.
163.12,5

13. 9.
eib / Brie
59.17/ 59 31
12.418 12.459
5.63 5.95
2.026 2.030
9.533 u.53
3:043/ 3.053
7.40 7.42
2.20 2.21
21.43/ 21.53
31.36 81.53
4.79 8.11
4.137 4.201
419 4.20

Der Holzmarkt.
Unſer Mitarbeiter ſchreibt uns: Die günſtigeren politiſchen Nachrich=
ten
und die vertrauensvollere Beurteilung der wirtſchaftlichen Lage, die
Ausſicht der Bekanntgabe einer Auslandsanleihe in Reichsmark und die
Berichte über eine erfreuliche Entwicklung des Baugeſchäftes haben auch
am Holzmarkt anregend gewirkt. Man bemerkt, daß ſelbſt ſolche Fir=
uen
des Holzhandels zum Einkauf auf den Werken Stellung nehmen,
die bisher ſeit vielen Monaten ganz paſſiv waren, und die vermehrten
Nachfragen, die auf bayrifchen, weſtdeutſchen und oſtpreußiſchen Säge=
werken
vorliegen, haben zu einer Aufwärtsbewegung der Stimmung in
den Kreiſen des Schneidemühlengewerbes geführt. Schleuderverkäufe in
guter Schnittware, beſonders in ſtarker Skammkiefer, ſind ausgeſchloſſen.
Im Gegenteil, es ſind die Verkaufspreiſe in Oſtpreußen nennenswert er=
höht
wvorden, und es befindet ſich nun die verkäufliche Ware faſt aus=
ſihließlich
in den Händen ſtarker Abgeber, die nicht geſonnen ſind, zu den
bisherigen Preiſen zu liefern. Allmählich entſchließen ſich die Händler
in Mitteldeutſchland ihre Preisgebote aufzubeſſern. So wurde ein Ab=
ſchluß
oſtpreußiſcher Qualitätsware mit 70 v. H. 1. Kl. zum Preiſe von
110 Mark ab Verladeſtation bekannt. Selbſt mittlere Ware ſoll nun=
mehr
100 Mark je Kubikmeter koſten, während die Forderungen für der=
artige
Qualitäten noch vor vier Wochen zwiſchen 90 und 95 Mark lagen.
Der Abſatz von aſtreinen Seiten nach Bielefeld, Detmold, Oeynhauſen
und Hannover hat ſich ebenfalls gehoben. Freilich traten hierfür keine
Preisſteigerungen ein, weil der Wettbewerb der Sperplatten ſich in
vielen Induſtrien immer ſtärker bemerkbar macht. Der Schwellenhandel
liegt darnieder, am Grubenholzmarkt zeigen ſich Spuren einer geringeren
Beſſerung. Der Bauholzmarkt war lebhaft bewegt, Blaken werden im=
mer
knapper, und es wird dieſer Zuſtand bis zum Beginn des neuen
Einſchlages anhalten.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
Ein neuer Einigungsvorſchlag bei den Eiſenpaktverhandlungen.
Wie wir zuverläſſig erfahren, hat man bei den weiteren internen bel=
giſchen
Verhandlungen um den internationalen Eiſenpakt, die bekannt=
lich
auf eine Quvtenerhöhung für Belgien hinausgehen, eine neue =
ſungsmöglichkeit
gefunden. Sie beſteht darin, daß die belgiſchen Werke
eine monatliche Quotenerhöhung von 25 000 Tonnen durch Ermäßigung
der künftig für Polen und die Tſchechoſlowakei vorgeſehenen Quote
fordern. Durch dieſen Löſungsvorſchlag der Velgier würde alledings
eine unbedingte Unterſchriftsmöglichkeit am 17. September in Paris
gewährleiſtet, falls es tatſächlich möglich wird, die polniſche und
tſchechiſche Quote zu kürzen.
Vor einer 50 Millionen=Anleihe der Stadt Frankfurt a. M. Auf
eine entſprechende Magiſtratsvorlage hin hat die Stadtverordnetenver=
fammlung
von Frankfurt a. M. ſeit dem 1. April 1925 eine Reihe von
außerordentlichen Ausgaben zu Laſten künftiger Anleihen bewilligt.
Der Magiſtrat beantragt jetzt bei der Stadtverordnetenverſammlung die
formelle Beſchlußfaſſung über die Verrechnung dieſer Ausgaben auf
Anleihefonds, um beim Bezirksausſchuß die Aufnahme einer Anleihe
bis zu 50 Mill. RM. bewirken zu können. Unter den bereits bewilligten
außerordentlichen Ausgaben befinden, ſich u. a. 9,5 Mill. RM. für
Grundſtüicksankäufe und Bauten, 1,5 Mill. RM. für Kanalbauten und
Wehranlagen, 1 Mill. RM. für Straßenbauten. 1,9 Mill. RMM. für
Tiefbauten (Brückenbau), 13,9 Mill. RM. für Marktverwaltung ( Groß=
markthalle
), 2 Mill. RM. für Hafenbetrieb und 20 Mill. RM. für den
Wohnungs= und Siedlungsbau.
Rheiniſche Elektrizitäts=A. G., Mannheim. Die o. H.=V. genehmigte
den Abſchluß, der bekanntlich einen Gewinn von 1 174 115 RM. ausweiſt,
aus dem 8 Prozent Dividende auf die Stammaktien und 6 Prozent auf
die Vorzugsaktien verwendet werden. Neu in den Aufſichtsrat gewählt
wurde A. Thiel, (R.W.E., Eſſen). Die Anträge auf Satzungsänderun=
gen
und Herabſetzung des Stimmrechtes der Schutzaktien vom fünffgchen
auf das Zweifache wurden ebenfalls einſtimmig beſchloſſen. Ueber die
Verhältniſſe der Geſellſchaft zum Rheiniſch=Weſtfäliſchen Elektrizitäts=
werk
erklärte der Aufſichtsratsvorſitzende, daß man weiterhin beſtrebt
geweſen ſei, die guten Beziehungen, die ſchon ſeit 15 Jahren mit dem
größten rheiniſchen Krafterzeugungs= und Verteilungswerk beſtehen,
weiterhin zu vertiefen.
fn. Pforzheimer Edelmetallnotierungen vom 13. September. Edel=
metalle
notierten folgende Großhandelspreiſe: Barrengold, das
Gramm 2,795 RM. (Geld), 2,812 RM. (Brief); Platin, handelsüibliche
Ware, das Gramm 13,50 RM. (Geld), 14,40 RM. (Brief); Feinſilber,
das Kilogramm 84 RM. (Geld), 84,8086,30 RM. (Brief). Tendenz:
Nuhig
Die Sparkafſen des Deutſchen Reiches im Monat Juli. Der Beſtand
der Spareinlagen bei den Sparkafſen des Deutſchen Reiches ſtellte ſich
am Ende des Monates Juni auf 2362 173000 RM. Während des
Juli wurden Einzahlungen in Höhe von 328 249 000 RM. und Aus=
zahlungen
in Höhe von 221 216 000 RM. vorgenommen, ſo daß ſich für
Ende Juli der Beſtand an Spareinlagen auf 2 469 206 000 RM. beläuft.
Bei den Giro=, Scheck= und Konto=Korrent=Einlagen wurden im Juli
Einzahlungen im Betrage von 2 202 124 000 RM. und Auszählungen im
Betrage von 2 221 101 000 RM. getätigt. Am Monatsende ergibt ſich ein
Guthabenbeſtand von 1087 338000 RM. (außerdem im ſächſiſchen Giro=
netz
141 505 000 RM.) und ein Schuldenbeſtand von 1 455 407 000 RM.
Anſchluß der öſterreichiſchen Sparkaſſen. Wie wir erfahren, hat ſich
die deutſche Girozentrale im Zuſammenhang mit den Verhandlungen
des Präſidenten des öſterreichiſchen Nationalrates und der Leitung der
deutſchen Girozentrale auf der Augsburger Sparkaſſentagung dazu
bereit erklärt, die öſterreichiſchen Sparkaſſeninſtitute als gleichberechtigte
Mitglieder aufzunehmen, falls in Oeſterreich eine der deutſchen Giro=
zentrale
ähnliche Einrichtung, alſo eine Zuſammenfaſſung ſämtlicher
Sparkaſſen, geſchaffen wird.

Brausfarter Karboerice voür 10. Oept. Los0.

Staatspapiere
a) Deutſche
6Neichsp.=Sch.
p. 1. 10. 30.
98.75
7% Baher. Staats=
Sch. p. 1. 4. 29/ 98
6f=% H. V.=Sck.
p. 1. 4. 29 ..197
6‟/.% Pr. St.=Sch.
p. 1. 3. 29
1=%0 Pr. St.=Sck
v. 1. 10. 30
Sächſ. Fr.=Sch.
p. 1. 7. 29 . .. 97.5
% Sächſ. Fr.=Sch.
p. 1. 7. 30 ... 96.5
6‟I.%Württ. F. Sch.
p. 1. 3. 29
Vorkriegsanleihen
50 D Reichsanl. 0.5
4% D. Neichsanl
4% D. Schutzgb. b.
0811 u. 13
4% D. Schutzg. v. 14
4½ Preuß. Konſ.
4½ Baden......."
4½Bayern ....."
4% Heſſen.....
0.44
4% Württemberger
b) Ausländiſche
5% Bos. E. B. 1914/ 37.6

4% einh. R. kon)
320 Port.,(Spz.) III
5% Num.am. R.03.
4½% Gold. 13.
am. konv.
g am. 05...
4%Türk. (Adm.)03
4% Türk. Bagd.
(Bagd.) II.
4%
4% 1911 Zoll

4½% Ung. St. 1913

4½?
39

St. 1914
Boldr. . .
St. 10
Kronr.
Eiſ. Tor. 0

5%. L. Inv. 1914
4½% 1898
4½% 1902.
47
5% Bulg. Taba10?
½% Oſt. Staatsr.
4v. 1913, Kdb. 1918
4½½Oſt. Schatz. 14
4½%Oſt. Silberr..
4 Goldr. . .

6.7
..5
6.5
30

5

Außereuro=
päiſche

5% Mex.am. inn.
50 äuß 99
40 Gold 04,ſtf
3% konſ. inn.
4½% Irrigat.
5% Tamaulipas I.
Sachwert= Schuld=
verſchreibungen

Mit Zinsberech=
nung

10% Berl. H.=Bk. G.
z Berl. St.=Gold
8% Darmſt. St.-G.
8 D. Hyp.=Bank
Meining., Goldpf.
8% Frif.=Hyp.=B.=
Goldpfdbr.

Frkf. Pfbr.=B!
Goldpfdbr..
5%0 Frlf. Pfbr.=Bk.
Goldpfdbr. . . . .
½ Komm. Ldb. D.
Boldſchuldver. . .

8.5
10.75
8

29
21.8
13.125
18 2
19.45
20.3
3.40
23

30.5

108
100
82

100
100

99.5
80

32 Heſſ. Ldb. Gold,
10% Komm=Elektr.
Mark (Hag.) Gold.
30 Mannh. St.=G.
2 Mainz Sr.=G.
30 Naſſ. Ldb. Gold.
32 Pfälzer H.=B.
Goldpfandbr. . .
0 Pforzh. St.=G.
8% Pr. C.=B.=Cr.=B.
Goldpfandbr..
8% Rh. Hyp.=B. G.
%Nh. St.=W. 25
10% Nh.=Weſtf. B.
Cr.=Bk., Goldpf.
8%Südd. B.,Cr.=B.
Goldpfandbr. . .
Ohne Zins=
berechnung

5% Bdw. Kohl. 23
6% Großkr. Mannh.
Kohl. 23
6% Heſſ. Brk.=Rog.
5% Roggen .. 23
5% Pr. Kaliw.
50 Pr. Noggenw.
5 % Südd. Feſt=B. G
Vorkrieg3-Gyp.=B.
Pfaudbriefe
Bay-. Vereinsb.
Bayr. Handelsb. .
Bayr. Hyp. u. Weck
Berliner Hyp.=Bk.
Frkf. Hyp.=Bk.
Frkf. Pfandbr.=B
Hamb. Hyp.=Bk.
Meckl6 Hyp.-u. Wb.
Meining. Hyp.Bt.
Nordd. Gr.=Cr.=Bk.
Pfälz.Hhp.=Bf..
Preuß. Bod.=Cr.=
Pr. Cent.=B.=Cr.=B
Preuß. Pfdbr.=Bf.

104
94

190
94.75
100
100
109.9

100

11.85

5.4
7.25
5.55
7.25
2.10

14.9
12.28
10.6
10.20
12.62
10
10.5
10

Rhein. Hyp.=B.
Rh.=Wſtf. B.=Cr.=2
Südd. Bodenkr.
Württ. Hhp.=Bk.
Staatl. od. prov.
garantiert
Heſſ. L.=Hyp=B.
Landeskr. Caſſel
Naſſau. Ldsb
Obligationen v.
Transportanſt.
/4½Dux. Bdb Em.91
93
42 Elif.=Bahn ſtfr.
4% Galiz. Carl=
Lud.=B.
Oio
abg.
4½ Kaſchau=Oderb.
4%
abg.
5% Oſt. Nwſtb. 74
5% Oſt. Südb. (VL).
2,60 Alte
2,60 Neue
5% Oſt. Ung. 73/74
4% Oſt. Staatsb. 83
3% Oſt. 1.b.8.E
3%Oſt. 9. E.
%Oſt. .. 1885
8%Oſt. Erg. Ne
% Raab Oedbg. 83
91
97
4%0 Rud. Silber
4 Rud. Salzig.
4 ½%0 Anat.
I.
4½ Anat., S. II
4½% Angt., S. III
12:25 7 30 Salon. Monaſt.
2 Tehuantepec.
Bank=Aktien
Allg. D.=Kredit:..
Bad. Bk. ...
Bk. f. Brauind. . . .

10.4:
9.5
11.9
11.75

9.25
63

6.6
6
8.25
14.25
14.25
15.1
19.5
19.10
19.2
32
27.5
21
10.10
6.10
25.7

28.5

119
145

Barmer Banko.
Bay. Hyp.=Wchſ.
Berl. Handelsgeſ. .
Comm. u. Privatb. .
Darmſt. u. Nat.=Bk.
Deutſche Bank ...
D. Eff. u. Wchſ.=Bk.
D. Hyp.=Bk. Mein.
D. Vereins=Bk. ..
Dist.=Geſellſch. ...
Dresdener Bk. ...
Frankf. Bk.
Frkf. Hyp.=Bk.....
Frkf. Pfdbr.=Bk. ..
Gotha. Grundkr. Bk.
Lux. Intern. Bank
Metallbank. .

Mitteld. Creditb.
Pfälz. Hhp.=Bk. ..
Reichsbank=Ant.
Rhein. Creditbk. . .
Rhein=Hyp.=Bk. ..
Südd. Disc.=Geſ. .
Oſterr. Creditanſt.
Wiener Bankverein
Bergwerkö=Akt.
Bochum. Bergb
Buderns...
Dt. Luxemburg
Eſchw. Bergw.
Gelſenkirch. Bgw. .
Harp. Bergb.
Ilſe Bergb. St....
Genußſchein.
Kali=Aſchersleb. ..
Kali. Salzdetfurt.
Kali. Weſterregln.
Klöcknerwerke
Mannesm.=Röhr.
Mansfelder
Oberbedarf".
Obſchleſ. Eiſ. Caro)
Otavi=Min.=Ant..
Phönix=Bergb. .
Nhein. Braunk. . ..
Rhein. Stahlw.. .
A. Riebeck Monta,

123
204
137
21:-2
67
19
120
96
130
13)
111.5
124.25
129
139
7.5
132
136
21
122.5
124
39
B.85
6.05

145.72
95
147
153
162.75
1.7
161.5
123
135
165
143.5
1351
112.5
76
33
17.5
221

Rombach. Hütte
Salzwerk Heilbr.
Tellus Bgb. ....
Ver. Laurahſitte ..
Ver. Stahlwerke.
Induſtrie=Akt.
Brauereien
Eichbaum(Mannh.
Henninger.
Gereules, Heſſiſche
Vöwenbr.=Münch.
Mainz. Aktienbr.
Schöfferhof(Bind.
Schwarz=Storchen
Tucher, Nürnberg
Werger
Arrum. Berlin.
Adler & Oppenh.
Adlerw. (v. Klene
E. A. G. Vfg. A.
A. E. G. Vzg. B.
A. E. G. Stamm . ."
Anglo=Cont. Guano
Aſchaff. Zellſtoſ
Badenia (Weinh.)
Bad. Maſch. Durl
Bad. Uhren, Furtw
Bamag=Meguin
Vaſt Nürnberg.
Bahr. Spiegel
Beck & Henkel
Bergmann El.
Bing. Metall
Brem.=Beſigh=Ol.
Bürſtenfbr. Erlang
Cement=Heidelb.
Cement, Karlſtadt
Cement, Lothr.
Chem. Albert
Chem. Brockh.
Chem. Milch
Daimler Motoren
Dt. Eiſenhandel,
Deutſche Erdöl
D. G. u. Silb. Scheid.
Dingler, Zweibrück.

14
125
63
53.75

159
190

233
123
130
148
83.75
82
74.5
1.7.75
127.5
10
118.5
3..9
41
J
51
15 1.2
67
54.5
131.5
143.5
13.:.75
6?
83
V25),
73.9
142
159

Dresd. Schnellpr.
Dürrkopp
Dürr. Ratingen
Dyckerhoff & W.:
Eiſenw. Kaiſersl.
El. Licht= u. Kraft
Fl. Lieferung
Elſ. Bad Wolle
Email. Ulrich .
Enzinger Werke ..
Eßlinger. Maſch
Ettlinger Spinn.
Faber Bleiſtift
Faber & Schleicher
Fahr, Pirmaſens
Farbenind. J. G.
Felten & Guilleg
Feinme h. (Fette
Feiſt, Sekt. Frkf...
Frankfurter Gas
Frankfurter Hof
Frkf.-M. Pok. u. D
Fuch3 Waggon St
Beiling & Cie.
Germanin Linol. . .
Gelſenk. Gußſt.
Goldſchmidt, Th.. .
Gotha Waggon.
Gritzner, Maſch..
Grün & Bilfinger.
Hafenmühle Frkft.
Hammerſen
Hanfw. Füſſen
Hanſa=Lloyd,
Hartm. & Braun
Heyligenſtaedt.
Hilpert, Armatur.
Hindrichs=Aufferm
Hirſch, Kupfer
Hoch=Tief Eſſen ..
Holzmann
Holzverk. Ind..
Hydrom. Breslau
Inag ..
Junghan; St...
Kammg. Naiſersl.
Karlsruher Maſch.

123
63
33.73
40
150.25
5o.
48.
86 5
62
201.5
91(
71
35.75
271.5
143.75
82
62
95
85
80
71
175.5
24.10
103.5
111
115.5
112
90
29
50
70
89
115.75
50.5
40
37
88.9
118.5

Karſtadt, R.
Klein Sch. & Becker
Nnorr, Heilbronn
Konſerv. Braun ..
Krauß, Lokom.
Lahmeyer
Lech. Augsburg:.
Lederw. Rothe
Spicharz.
Lingel Schuhw.
Löhnberg. Mühle
Ludwigsh. Walzm
Lüdenſcheid Meta
Lux, Induſtrie
Mainkraft Höchſt
Mars=W. Nürnber
Metallgeſ. Frkf.
Miag. Mühlenb.
Moenus. Stamm
Motorenf. Deutz
Motorenf. Oberur
Münch. Lichtſpielk
Neckar). Fahrz.
Neckarw. Eßlingen
Slenwerke Frankf
Beters Union
Pfälz. Näh Kayſer
Philipps.
Porzellan Weſſel
Prometh. Frrf.
Nein. Gebb.& Sd
Rhein. Elektr.
Rhenania, Aache
Rütgerswerke
S hleußner
Schneid. & Hanau
hihnellpr Frank.
zhramm Lackf.
Shrift, Stemp. . . !
Schuckert, Elektr.
Schuhf. Weſſel ...
Schuhf Herz
S hultz Grünlack
Seilind. Wolff..."
Siemen3 Glas
Siemens & Halske
Südd. Immob.
Shürin, Lief.=Geſ.

123.

120
38.2

137

S4
59.73
104
71.9
21.5
99.25
143.5
109
14.13
63
83.25

92
55
30.75
64
84.5
137.5
116.5
12.10
63
79.75
117
135.*
63.75
53
*0.
58

63
91.*

nhren Furtwängl.
Beithwerke
Ver. f. Chem. Ind.
Ver. d. Olfbr. Mann
Ver. Faßf. Caſſel.
Gummi. Bin.=Frkf.
Pinſel=Nürnberg
Ultramarin".

Zellſtoff Berl.
Vogtl. Maſch.
Voigt & Haeffner
Volthom Seil
Wayß. & Freytag.
Wegelin Rußfbr. . .
Zellſt. Waldhof
Zuckerf. Waghäuſe
Zuckerf. Frankenth.
Zuckerf. Heilbronn.
Zuckerf. Offſtein..
Zuckerf Rheingau
Zuckerf. Stuttgart

Transport= und
Verſicherung8=Akt.
A. Dt. Eiſenbahn
Dt. Eiſenb.=Geſ...
El. Hochbahn=Berl.
Schantung E. B.
Südd. Eiſenb.=Geſ.
Hapag
Nordd Llohyd.

Frkft. Allg. Ver)
Frankona Rücko
Darmſt. Werte
Bahnbedauf
Dampfk. Rodbero
Helvetia Konſ...
Gebr. Lutz.
Motor ſ. Darmſt.
Gebr. Noeder".
Venulety & Ellenb.


82
49. 5
6
74.25

141.5
1.5
108
53
118.5
113
170.5
90.5
90.5
93.75

74
9..5

128
159
52.25

102
73.5

[ ][  ][ ]

Nummer 255

Seite 12

Dienstag, den 14. September 1926

Produktenberichte.
Mannheimer Produktenbericht vom 13. September. Angeregt durch
die von den amemkaniſchen Getreidebörſen gedrahteten höheren Kurſe
verkehrte der hieſige Markt in feſter Haltung bei zunehmender Ge=
ſchäftstätigkeit
. Man nannte gegen 12½ Uhr: Weizen inl. 28,528,75;
ausl. 30,7532,5; Roggen inl. 21,521,75; ausl. nicht notiert; Brau=
gerſte
inl. 23,526,5; ausl. nicht notiert; Futtergerſte 19,520,25; Hafer
inl. 17,518; ausl. 18,7522,25; Mais 18,5; Weizenmehl 41,2541,5;
Brotmehl 28,7531,5; Roggenmehl 31,533; Weizenkleie 99,25; Bier=
treber
14,514,75.
Frankfurter Produktenbericht vom 13. September. Auf dem hieſigen
Produktenmarkt konnte ſich: zu Beginn der Woche eine weſentliche Be=
feſtigung
der Tendenz durchſetzen. Vor allem wurde der Maukt durch
die höheren Notierungen der amerikaniſchen Getreidebörſen angeregt.
So konnte Weizen eine Preiserhöhung von 75 Pfennig und Roggen
eine ſolche von 50 Pfennig durchſetzen. Auf dem Mehlmarkt iſt das
Angebot in prompter Ware wieder ungenügend. Weizenmehl zog um
25 Pfennig an, während Roggenmehl ſogar bis zu 1,50 Mark teurer
wurde. In Sommergerſte und Hafer war das Geſchäft ſehr klein.
Ebenſo war für Kleie das Intereſſe ſo gering, daß hier eine kleine Ab=
ſchwächung
eintrat. Weizen 28,2523,50, Roggen 21.7522, Sommer=
gerſte
2326, Hafer inl. 17,5018, Mais 18,50, Weizenmehl 41,25 bis
41,75, Roggenmehl 32,5034, Weizenkleie 9, Roggenkleie 10,25, Erbſen
3555, Linſen 4575, Heu 7,808, Weizen= und Roggenſtroh, alt
5,506, neu 3,504, Treber 15,50. Für Kartoffeln hieſiger Gegend
notierte man: gelbfleiſchige 3,103,30, weißſchalige 2,602,75 Mark für
je 50 Kilogramm.
Berliner Produktenbericht vom 13. September. Die ſtark geſtiegenen
Auslandskurſe und die durchweg erhöhten Schlußforderungen wirkten
am Berliner Weizenmarkt ſehr befeſtigend. Für prompte Ware bleiben
die Umſätze allerdings nicht ſehr groß, weil die hieſigen Mühlen mit
Kaufabſchlüſſen äußerſt vorſichtig ſind. Dagegen ſtellte ſich Lieferung
4 Mark höher, da großes Deckungsbedürfnis wenig andienungsfähiges
Material in heimiſcher Ware borfindet. September war 4 Mark be=
feſtigt
, ſpätere Ware bis drei Mark höher. Die Knappheit in Noggen
treibt auch die Kurſe ziemlich höher. Gerſte ruhig, Hafer in feinſten
Sorten gefragt, ſonſt ruhig.
Viehmärkte.
Mannheimer Viehmarkt vom 13. September. Angetrieben waren:
350 Ochſen, 144 Bullen, 661 Kühe und Färſen, 570 Kälber, 43 Schafe,
2951 Schweine, 365 Arbeitspferde und 64 Pferde zum Schlachten.
Preiſe: Ochſen a) 6061; b) 5054: c) 4045: d) 3640; e) 3032;
f) 2630; Bullen a) 4951; b) 4245: c) 3740; d) 3234; Kühe und
Färſen a) 4648; b) 3538; c) 2830; d) 1423; Freſſer a) 6163;
b) 4249; Kälber b) 8286; c) 7679; d) 6872: e) 5664: Schafe
b) 3646; Schweine a) 8283; b) 8384; c) 8182; d) 8081; e) 79

bis 80; k) 7075. Arbeitspferde 8001400; Schlachtpferde 40140.
Marktverlauf: Mit Großvieh ruhig, Ueberſtand, mit Kälbern lebhaft,
geräumt, mit Schweinen mittelmäßig, Ueberſtand, mit Pferden ruhig.
Frankfurter Viehmarkt vom 13. September. Der Auftrieb des
heutigen Hauptmarktes beſtand aus 468 Ochſen, 67 Bullen, 987 Färſen
und Kühen, 403 Kälbern, 129 Schafen und 4275 Schweinen. Verglichen
mit dem Auftrieb des Hauptmarktes der Vorwoche waren beinahe 100
Ochſen und 6 Bullen mehr angetrieben, dagegen hatten Färſen und
Kühe einen Minderantrieb von 150 Stück zu verzeichnen. Ebenſo waren
120 Kälber und 44 Schafe weniger angeboten, während Schweine einen
Mehrantrieb von 322 Stück aufwieſen. Bezahlt wurde pro Zentner
Lebendgewicht: Ochſen a) 5761, b) 5056, c) 4949. Bullen a) 50
bis 52, b) 4049. Färſen und Kühe a) 5660, b) 5155, c1) 4555,
(2) 4150, d) 3040, e) 1829. Kälber b) 8388, c) 7481, d) 6072.
Schafe a) 4550, b) 3844, Merzſchafe 3036. Schweine im Gewicht
von 160200 Pfd. 8085, unter 160 Pfd. 7479, von 200240 Pfd.
8084, von 240300 Pfd. 8083, Fettſchweine über 3 Zentner 8083,
Sauen und Eber 6572.. Mauktverlauf: Sperrmarkt. Bei Rindern
und Schweinen langſamer Handel, Ueberſtand. In Kälbern und Schafen
lebhaftes Geſchäft und ausverkauft. Die Fleiſchgroßhandelspreiſe wurden
wie folgt feſtgeſetzt: Ochſenfleiſch 95105, Rindfleiſch 8090, Bullen=
fleiſch
9094, Kuhfleiſch, 1. Qual., 7075, 2. Qual. 6070, 3. Qual. 35
bis 55, Kalbfleiſch 1. Qual. 100115, 2. Qual. 9095, Schweinefleiſch 109
bis 108, Gefrierfleiſch, Rindfleiſch, Vorderviertel 53 und Hinterviertel 61.
Amerikaniſche Kabelnachrichten.
* New York, 13. September (Priv.=Tel.).
Weizen: Bei Eröffnung zeigte der Markt ein ſchwaches Ausſehen,
da günſtige Witterungsberichte aus dem Sommerweizengürtel vorlagen
und die Exportnachfrage zurückgegangen war. Später konnte eine Be=
feſtigung
eintreten auf Deckungskäufe. Die Termine zeigen indes noch
Rückgänge von 11½ C.
Mais: Der Markt lag anfangs ſchwach auf günſtige Witterungs=
berichte
und Abgaben. Später konnte zwar eine Befeſtigung eintreten
auf kleine Anhlinfte, doch zeigen die Termine noch Abgaben von ½ C.
gegenüber der Samstagsnotiz.
Hafer: In Uebereinſtimmung mit Weizen und Mais machte ſich
auch hier eine Abſchwächung bemerkbar.
Baumwolle: Da die Pflanzer mit Verkäufen fortfuhren, blieb die
Haltung weiterhin ſchwach. Dazu trug die Kaufreſerve der amerikaniſchen
Spinner noch bei. Die Termine zeigen nur geringe Veränderungen.
Kaffee: Nach abgeſchwächtem Beginn konnte ſich der Markt auf
Deckungskäufe erholen. Die Termine gewannen 1015 Pkt.
Zucker: Die Befeſtigung ſetzte ſich heute fort auf zurückhaltendes
Kubaangebot, doch ſtand der Schluß unter dem Eindruck von Gewinn=
abgaben
.
Kakao: Spekulative Abgaben und niedrigere Kabel veranlaßten einen
ſchwachen Beginn. Der Schluß war befeſtigt auf Deckungskäufe.

Kleine Wirtſchaftsnachrichten.
Die A.=G. für Induſtrie und Technik in Berlin beabſichtigt die Er=
höhung
des Grundkapitals bis zu einem Betrage von 1 Mill. Rm. und
die Aenderung der Stückelung des Aktienkapitals. Die Einzelheiten hier=
über
wird eine auf Ende September einberufene H. V. feſtſetzen.
Die diesmonatliche Verſteigerung der Norddeutſchen Häuteverwer=
tungsgeſellſchaft
findet nicht, wie urſprünglich feſtgeſetzt, am 15. Sep=
tember
, ſondern ſchon am 14. September ſtatt, und zwar iſt der Beginn
der Auktion nicht, wie ſonſt üblich, auf 9½ Uhr vormittags, ſondern
auf 1½ Uhr mittags feſtgeſetzt.
Der württembergiſchen Hypothekenbank in Stuttgart wurde die
miniſterielle Genehmigung erteilt, weitere 8proz. auf den Inhaber
lautende Goldpfandbriefe im Geſamtbetrage von 5 Mill. Nm. in den
Verkehr zu bringen.
Infolge der anhaltenden Geldflüſſigkeit in Oeſterreich wird in
Finanzkreiſen damit gerechnet, daß die Oeſterreichiſche Nationalbank in
abſehbarer Zeit eine abermalige Diskontermäßigung vornimmt.
Aus Wien wird gemeldet, daß gleichzeitig mit der Notierung der
Aktien in Schilling auch eine Regelung des Kaſſagefchäftes erfolgen
wird, wodurch alle jene Aktien, deren vorgeſchriebeng Schlſiſſe die
Grenze von 1000 Schilling nicht erreichen, im Kaſſaverkehr gehandelt
werden.
Aus den freigegebenen Kreditreſten des Völkerbundes wird ein noch
feſtzuſetzender Betrag für Inveſtitionen bei den öſterreichiſchen Bundes=
bahnen
verwendet werden.
Infolge der erhöhten Ausfuhr nach England iſt der franzöſiſche
Ausfuhrzoll auf Eiſen von 40 auf 50 Prozent vom Werte erhöht worden,
Wie gemeldet wird, ſetzte die Norges Bank in Oſlo am Montag
den Diskontſatz von 5½ auf 5 Prozent herab.
An der Eiſenproduktion in Polen iſt deutſches Kapital mit 26 Proz.,
öſterreichiſches und tſchechiſches mit über 20 Proz., franzöſiſches und
belgiſches mit etwa 20 Prozent beteiligt. Nur 12 Prozent des Kapitals
iſt rein polniſch.
Die erhebliche Steigerung der Ausfuhr von Kohle, und zwar von
Polniſch=Oberſchleſien wie von der Ruhr bewirkte eine weitere beträcht=
liche
Zunahme auch des Schiffsverkehrs. In Ankunft und Abgang zu=
ſammen
wurden ermittelt im Auguſt 1926 1375 Schiffe mit 1 439 733
Netto=Regiſtertonnen gegen 1 190 Schiffe mit 1 311 971 Nettoregiſter=
tonnen
im Juli 1926.
Nach Mitteilungen aus Kreiſen der polniſchen Papierinduſtrie
macht ſich bei dieſen Unternehmungen eine bedeutende Beſſerung bemerk=
bar
. Die meiſten Papierfabriken beſchäftigen zurzeit faſt ihre ganze
Belegſchaft.
Geſtern wurden weitere 2 500 600 Dollar aus Auſtralien für Lon=
doner
Rechnung eingeführt.

Dire tion der Diskonto-Gesellschaft, Berlin


Bezugsaufforderung
Die Generalversammlung unserer Gesellschaft vom 8. September 1926 haf
beschlossen, das Kommanditkapital um 35000 000 RM. auf 135 000 000 RM durch Ausgabe
von neuen auf den Inhaber lautenden, vom 1. Januar 1926 ab gewinnberechtigten
Kommanditanteilen im Nenn etrage von 35 000000 RM. unter Ausschluß des gesetzlicher
Bezugsrechts der Kommanditisten zu erhöhen. Die neuen Kommanditanteile hat eine
Bankengemeinschaft mit der Verpflichtung übernommen, hiervon 20 000 000 RM eingeteilt
in Stücke über 1000 RM und 100 RM, den alten Kommanditisten zum Bezuge
anzubieten Nachdem dieerfolgte Erhöhungdes Kommanditkapitals in das Handelsregister
eingetragen worden ist, fordern wir namens des Konsortiums die Kommanditisten auf
das Bezugerecht unter nachstshenden Bedingungen auszuüben:
Die Anmeldung hat bei Vermeidung des Ausschlusses bis zum
27. September 1926 einschlie Biich
bei der Direction der Disconto-Gesellschaft, Berlin
bei der Morddeutschen Bank in Hamburg, Hamburg

bei dem A. Schaaffhausen’schen Bankverein A.-G.
in Köln,

bei einer Filiale oder Zweigstelle der vorgenannten

Banken an anderen Plätzen, ferner:
n Breslau, außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale Breslau
bei dem Bankhause E. Heimann,
in Kassel bei dem Bankhause L. Pfeiffer,
in Dresden, außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale Dresden,
bei der Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt, Abteilung Dresden.
bei dem Bankhause Philipp Elimever,
in Frankfurt a. M., außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale
Frankfurt a M.,
bei der Deutschen Effekten- und Wechselbank,
bei dein Bankhause E Ladenburg,
in Halle a. S., außer beider Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale Halle a. S,
bei dem Halleschen Bankverein von Kulisch, Kaempf & Co.,
bei dem Bankhause Reinhold Steckner,
in Hamburg, außer bei der Norddeutschen Bank in Hamburg,
bei der Vereinsbank in Hamburg,
in Hannover, außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale Hannover,
bei dem Bankhause Ephraim Meyer & Sohn,
bei dem Bankhause A. Spiegelberg,
in Heilbronn bei der Handels- und Gewerbebank Heilbronn A.-G.,
in Karlsruhe i. B bei der Süddeutschen Disconto-Gesellschaft A.-G.,
bei dem Bankhause Veit L. Homburger,
bei dem Benkhause Straus & Co.,
n Köln, außer bei dem A. Schaaffhausen’schen Bankverein A.-G.,
bei dem Bankhause A. Levy,
bei dem Bankhause Sal. Oppenheim jr. & Cie..
in Leipzig bei der Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt und
bei deren Abteilung Becker & Co.,
in Mannheim bei der Süddeutschen Disconto-Gesellschaft A.-G.,
in München, außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale München,
bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank,

bei der Bayerischen Vereinsbank,
in Nürnberg, außer bei der Direction der Disconto-Gesellschaft Filiale Nürnberg,
bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank,
bei dem Bankhause Anton Kohn
unter Einreichung eines mit einem zahlenmäßig geordneten Nummernverzeichnis
versehenen Anmeldescheins, der bei den Bezugsstellen in Empfang genommen werden
kann, während der üblichen Geschäftsstunden zu erfolgen.
Auf je 500 RM. Nennwert ohne Gewinnanteilscheinbogen einzureichendel
alte Kommanditanteile wird ein Nennbetrag von 100 RM. neuer Kom manditanteile
zum Kurse von 130% frei von Zinsen gegen sofortige Vollzahlung gewährt
Die Börsenumsatzsteuer geht zu Lasten des beziehenden Kommanditisten.
Der Bezug ict bei uns und unseren Niederlassungen provisionsfrei. Falls er im
Wege des Brietwechsels stattfindet, wird von den übrigen Bezugsstellen die übliche
Provision in Anrechnung gebracht. Gegen Zaflung des Bezugspreises werden Kassen-
guittungen
ausgegeben Die neuen Kommanditanteile werden nach Fertigstellung
gegen Rückeabe dieser Kassenquittungen ausgehändigt; die Bezugsstellen sind berechtigt.
aber nicht verpflichtet, die Legitimation des Einreichers der Kassenguittung zu prüfen.
Die gewünschte Stückelung der neuen Kommanditanteile ist bei der Anmeldung
des Bezuges anzugeben. Die Bezugsstellen werden nach Möglichkeit diesen Wünschen
zu entsprechen suchen,
Die Vermittlung des An- und Verkaufs von Bezugsrechten sowie die Regulierung
der Spitzen übernehmen die Bezugsstellen.

Umwandlung unserer auf den Namen lautenden Ankeile
in Inhaberanteile.
Wir machen die Eigentümer unserer Kommanditanteile Nr. 60001100000
über je RM. 50. daraut aufmerksam, daß sie gleichzeitig mit der Ausübung ihres
Bezugsrechtes die Umwandlung dieser Anteile in Inhaber-Anteile gemäß Artikel 5
Abs. 4 unserer Satzung beantragen können.
Zu diesem Zwecke sind die Mäntel bei den oben genannten Stellen einzureichen,
die sie mit einem entsprechenden Stempelantdruck versehen baldmöglichst zurück-
geben
werden.

Einträge in das Handelsregiſter: Ab=
teilung
4: Am 6. September 1926 hin=
ſichtlich
der Firma: Ernſt Niemann,
Darmſtadt: Geſchäft ſamt Firma iſt auf
Eliſabethe Niemann, geborene Eſſer,
Witwe in Darmſtadt, übergegangen und
wird unter unveränderter Firma fort=
führt
. Am 9. September 1926 hinſicht=
lich
der Firma: Matthes, Wieſt &
Co., Erſte Darmſtädter Stempel=
ſabrik
und Gra ieranſtalt mit elek=
triſchem
Betrieb, Darmſtadt: Max
Göttel in Darmſtadt iſt aus der Geſell=
ſchaft
ausgeſchieden.
(13221
Darmſtadt, den 10. Sept. 1926.
Amtsgericht I.
Die Anlieferung
von 300 kg Fußbodenöl für die
Schulen frei Rathaus ſoll öffentlich ver=
geben
werden. Angebote mit Proben
werden bis ſpäteſtens Freitag, den
17. September 1926, nachm. 3 Uhr,
an die unterzeichnete Bürgermeiſterei
erbeten,
(13238
Heſſ. Bürgermeiſterei Eberſtadt.
Schäfer.

Seinnihr AmaltAneeſtift!
Im Wege des öffentlichen Anerbietens
ſoll die Lieferung nachverzeichneter Waren
für die Zeit vom 1. Oktober 1926 bis
Ende März 1927 vergeben werden:
1. Back= und Fleiſchwaren,
2. 600 Kilo Kochſalz,
3. 3 Faß Pflanzenfett,

4. 100 Kilo Salatöl, 5. 300 weiße Bohnen, 6. 300 Erbſen, 7. 300 Linſen, 8. 600 Graupen und Grütze, 9. 500 Haferflocken, 0. 500 Weizenmehl, 11. 200 Nudeln, 12. 400 Reis, 3. 600 Grie 14. 500 Marmelade, 15. 200 Kriſtallzucker, 16. 150 Kleien, 17. 1 ſchwere Nähmaſchine f. Schneider, 18. 500 Meter weißes Bettücherleinen, 19. 50 Lederzeug (Moleskin), 20. 50 Paar rindsled. Laſchenſchuhe.

Lieferungsbedingungen liegen am 16.
und 17. ds. Mts. hier zur Einſicht offen.
Angebote und Muſter ſind bis zum Er=
öffnungstermin
25. September, vor=
mittags
11 Uhr, dahier einzureichen.
Von jeder geſuchten Ware darf nur ein
Muſter vorgelegt werden.
(13264
Aliceſtift, am 14. Sept. 1926.

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[ ][  ][ ]

Nummer 235

Dienstag, den 14. September 1926

Seite 13

Grönland.

Von H. K. E. Krueger.
(Nachdruck terboten)

Ein dunſtverhängter Abend, eine jener unwahrſcheinlichen
Stimmungen, wenn ſich die Wirklichkeit in einem feinen Hauch
auflöſt, zergeht. Graugrün ſchwingt die Unraſt des Meeres.
Mit dem harten Klange zerſpringender Scherben kommt zu=
weilen
die See über Bord. In der Seele brodelt die Erwartung
eines Ereigniſſes. Tiefſte Unraſt verſuchte ſich auszulöſen im ruhe=
loſen
Hin und Her über das winzige Deck. Eigenwillig, dämo=
niſch
eigenwillig die Bewegungen des Schiffes, das mit nerven=
ſpannendem
Taktwechſel im Schwunge der Wellen taumelt.
Polternd in den ſchweren Seeſtiefeln, feucht vom Nebel=
brodem
ſtampft der zweite Steuermann die ſteile Treppe von der
Brücke herab. In dieſem blondroten Wikingerkopf iſt keine Un=
ruhe
, nur klarer Wille und Pflichtbewußtſein, und vielleicht ganz
verſteckt ein loſer Schalk. Irgendwohin deutet er hinaus in
die graue Unendlichkeit: Eisberg!
Vergebens verſuchen wir ein Neues, ein Abweichendes in
dem grauen Einerlei zu erfaſſen. Für dieſe feinſten Schatten ſind
unſere Augen zu ſtumpf und ungeübt. Sie ſchmerzen in der
Ueberanſtrengung und unter dem groben Druck des Windes.
Schon wollen wir ſie abwenden, mißmutig, enttäuſcht. Da löſt
ein heller Schein ſich langſam aus dem feinen Schleier, der
perlgrau die Nähe verhüllt, wird formhafter, wird Geſtalt.
Schien bisher der Himmel milchigweiß mit dem aus innen her=
ausleuchtenden
Weiß dunſtiger Tage, nun plötzlich ſind alle
Farben ſtumpf geworden, glanzlos gegen dieſes durchdrungene
Leuchten des Eiſes. Ein abſolutes Weiß in den Lichtern, das
durch alle Stufen hindurch zum glühenden Tiefblau heißer,
flammender Gaſe hinübergleitet. Ein Märchengebirge iſt auf=
geſtiegen
aus dem Meere mit überwältigender Plötzlichkeit.
Schimmernde Zacken ragen, Höhlen bergen unſagbare Geheim=
niſſe
, Traumreiche winken. Geſpenſtiſch, von eigenem Leben
durchatmet, treibt das Gebilde dahin. Bedrückend legt ſich dieſes
Große auf das Gefühl, ſteigt ein Mitſchwingen auf für die
ſpieleriſche Leichtigkeit der getürmten Maſſen. Unwillkürlich
ſtockt der Atem, unwillkürlich flüſtern wir. Es iſt wie ein Wie=
derſehen
, der Gedanke ſucht taſtend in der Erinnerung. Wo hat

die Seele ſchon dieſes atemraubende, dieſes Bedrohliche und
doch erhebend Große durchlebt? Und die Antwort dämmert
herauf, in bedrängendem Traum ſtürzten wir durch dieſes heiße,
angſtſchöne Erleben, ſahen wir ſolche Berge und ſolche Un=
wirklichkeiten
.
Still, verächtlich treibt der Berg vorbei, umwoben von dün=
nen
Nebelſchleiern, die das letzte Geheimnis noch verhüllen, wird
ſchwächer, zergeht langſam wieder im Dunſt des arktiſchen
Abends, iſt plötzlich nicht mehr da, iſt nicht geweſen. Und das
verſtörte Gemüt ſucht Halt im Zweifel an der Wirklichkeit des
ganzen Geſchehens. Doch es laſtet weiter auf der Erinnerung wie
eine Ueberanſtrengung, ſteht vor der Seele als eine Erſchütterung
im Daſein, hat irgendwie mit ſeinem Geſchehen unſer Fühlen
und Denken gewandelt.
Gewiß, man kann auch wiſſenſchaftlich kühl an dieſe erſte
Begegnung mit dem Eiſe herantreten, man kann bonſtatieren,
daß die vorbeiſtreichende Luſt abgekühlt wird und den Nebel=
ſchleier
bildet, der den Berg umzieht, daß alle dieſe Vorgänge
leicht zu erklären ſind. Daß der Eisberg nur zu einem Zehntel
über dem Waſſer aufragt. Aber wer vermöchte mit dieſen Er=
wägungen
die erſte Begegnung zu veralltäglichen? Furcht, Ehr=
furcht
und ſtaumende Demut ſteigern dieſes Erlebnis zur Feier=
ſtunde
.
Und dann wieder. Dichter Nebel ſteigert die Finſternis der
arktiſchen Nacht auf dem Maere zur Ausſchließllichkeit. Wir
ſtecken in einem würgenden Nichts. Langſam, ganz vorſichtig
wurr ſchüttert der Schraubentakt durch das Schiff, das noch viel
kleiner erſcheint jetzt, da der bedrängende Nebel dreiſt unter
die ſpärlichen Glühlampen kriecht. Der Wogenſchlag an der
Schiffstwand iſt zu einem dumpfen Raunen und Poltern herab=
gedrückt
. Die Maſten ragen ingendwohin in eine Unendlichkeit
auf, wir ſind im Nichts aufgehängt und ſchſwingen als unend=
liches
Pendel.
In gleichſnäßigen Zwiſchenzeiten heult die Sirene auf, ſetzt
ein mit jähem Stoß, wird raſch erdrückt im Nebel. So ſchrie
vielleicht ein vorweltliches Ungeheuer auf in raſender Qual.
Dann doppelt ſtraffe Stille und hinein in dieſe Leere ſtiert das
Ohr, ob von irgendwoher der Klang wiederkehrt, ob irgendwonahe
ein Eisbeng lauert. Wieder der Aufſchrei, wieder ein über=
ſpanntes
Lauſchen, das alle anderen Sinne lahmlegt. Nun
ſcheint ein Wiederklang heranzuſchleichen. Auf der Brücke klirrt
eine dürftige Glocke, die Schraube poltent erſchreckt, mahlt rück=

wärts. Das Schiff weicht vor der Unſicherheit zurück in eine
andere Möglichkeit. Wieder vorwärts, ein Taſten, ein Bereitſein
auf den vernichtenden Zufall. Und immer bas nervenauf=
peitſchemde
Aufheulen der Sirene, die uns bis in den Schlaf ver=
folgt
. Wir fahren auf, lauſchen, etwas iſt nicht in Ordnung,
etwas ſchwingt nicht mehr im alten Takt. Aber im Schiff iſt
alles ruhig. Und langſam erſt ſehen wir, daß grauer Tag vor
unſerer Luke ſteht. Die Sirene hat ausgeſetzt.
Droben in der Dawisſtraße ſuchten wir ſo unſeren Weg, fern
der Küſte, die nicht freundliche Zuflucht iſt in dieſen Gewäſſern,
wo kein Licht dem Seemann winkt, wo dicht geſcharte Riffe und
Schären mit tauſendfältiger Gefahr drohen.
Der Morgen graut herauf. Der feine Dunſt hat ſich zu
ſtickigem Nebel geballt. Regen, von Schnee durchkältet fogt über
Deck. Eiſig der Wind. Nun reißt er Spalten in die Nebelwand.
Oede, ſchwarze Felſenriffe dauchen auf, ſchattengleich zeſichnen
ſich zuweilen hohe Berge hinein. Regenblanke, kleine Häuſer
ducken ſich an einen Hang hin. Weithinausgelehnt lugen die
Offiziere von der Brücke. Wieder und wieder gellt die Sirene,
wie ein Schrei um Hilſe. Endlich müiht ſich wellendurchſchüttelt
ein Boot heran. Triefend klettert der Lotſe über die Bordwand.
Zurufe an die Bootsbemannung in eſiner fremdtönenden
Sprache, voll rauher Kehllaute. Ein Hafen, eine enge Bucht
nimmt uns auf, deren Ufer nur wie eine Ahnung im Nebel ſind.
Strahlende Sonne über Land und Hafen, wie nächtiger
Spuk iſt das niederdrückende Gefühl mit dem Nebel gewichen,
der Morgen iſt trunken im Licht. Das ſtille Meer, blau und klar=
leuchtend
ſpiegelt die zarteſten Einzelheiten der mächtigen Alpen=
landſchaft
ringsum. Aus den ertrunkenen Tälern der Fjorde
türmt ſie empor in mächtiger Unvermitteltheit. Vergebens ſucht
das Auge Vergleiche zu gewinnen für dieſe Höhen. Die Ulare
Luft rückt alles ſo nahe, daß die Erfahrung mißtrauiſch wird.
Erſt die Karte lehrt, daß zweitauſend Meter ragende Berge uns
umſtehen.
Bis in große Tiefen läßt die Klarheit des Waſſers den Blick
ſinken, läßt die ſteilen, eisgeglätteten Gneiswände erkennen. Ge=
waltige
Kräfte waren hier am Werke. Einſt, da dieſe Buchten,
in denen unſer Schiff heute liegt, noch nicht waren, überwiichtete
eine mächtige Eisdecke würgend dieſes Land.
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A. W. Zimmermann
Darmſtadt, Grafenſtraße 21
uächſt Rheinlti