Darmstädter Tagblatt 1924


27. Oktober 1924

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
F
Morgenzeirung der Lanveshauptſtavt
Wöchentliche illuſtrierie Beilage: Die Gegenwart, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck jämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſfattet.
Nummer 299
Montag, den 27. Oktober 1924.
187. Jahrgang

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Gewalt, wie Krieg, Aufruhr Streil uſw. erliſcht
auf Erfüſlung der Anzelgeni
ſede Verpnlichtun
aufträge und Leiſtung von Schadenerſatz.
de=
Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt jeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Banf und Darm=
ſtädter
8 Natlonalbant.

Die Arteilsbegründung
im Conful=Prozeß.
Leipzig, 26. Okt. In der Begründung des Urteils im
Prozeß Conſul führte Senatspräſident Niedner unter anderem
aus: Der Staatsgerichtshof hat folgenden Sachverhalt für er=
wieſen
erachtet: Die ſämtlichen Angeklagten ſind Mitglieder einer
Verbindung, die ſich Organiſation Conful nannte, geweſen, die
im Juli 1921 in München von den Angeklagten Hoffmann, Kil=
linger
, Müller und Kautter gegründet wurde. Die Mehrzahl
der Angeklagten ſind Mitglieder der ſogenannten Marinebrigade
II, der ſogenannten Ehrhardtbrigade geweſen, die ſich im Januar
1919 gebildet hatte und unter Vorſitz des jetzt noch wegen Hoch=
verrats
ſteckbrieflich verfolgten Korvettenkapitäns Ehrhardt ſtand.
Im Jahre 1921 waren es zwei Ereigniſſe, die es nach An=
ſicht
der Erhardtleute notwendig machten, wieder eine
ſtarle Zuſammenarbeit der einzelnen Mitglieder der früheren
Marinebrigade herbeizuführen, einmal ein außenpolitiſches und
zum anderen ein innerpolitiſches. Das außenpolitiſche war der
fogenannte Polenaufſtand und das innerpolitiſche war der mittel=
deutſche
Aufſtand. Man hat damals ſchon erwogen, einen Ver=
band
zu bilden, der den im weſentlichen veränderten Verhältniſ=
ſen
entſprach. Die Organiſation C hatte entſprechend dem Anlaß,
der zur Bildung der Organiſation geführt hatte, ſowohl einen
außenpolitiſchen Zweck als auch einen innerpolitiſchen. Der er=
ſtere
beſtand in der Bekämpfung der Feinde, der Polen, der letz=
tere
, war die Bekämpfung der Weimarer Verfaſſung. Es iſt nicht
erwieſen, daß die O. C. hochverräteriſche Ziele verfolgt hat. Allein
iſt feſtgeſtellt worden, daß die Mörder Erzbergers tatſächlich Mit=
glieder
der O. C. geweſen ſind und daß auch einer der Rathenau=
mörder
Mitglied der O. C. geweſen iſt und daß auch die Fäden
des Scheidemann=Attentates dorthin geführt haben. Weiter iſt
feſtgeſtellt, daß die O. C. eine ſehr ſtaatsgefährliche Verbindung
geweſen iſt. Denn, wenn im Geheimen gearbeitet wird, ſyſtema=
tiſch
, um das feſte Gefüge unſerer Regierung und unſerer Ver=
faſſung
zu erſchüttern, dann liegt eine hochgefährliche Tätgikeit
vor, die nach dem Republik=Schutzgeſetze als Beſtrebung zur Unter=
grabung
der Autorität der Regierung mit ſchweren Strafen belegt
wird. Das Rezublik=Scuxgeſetz kann gegen die Angeklagten nicht
zur Anwendung kommen. Bei Abmeſſung der Strafen iſt berück=
ſichtigt
worden, daß viele Momente zu Gunſten der Angeklagten
ſprechen und daß ſie ſämtlich im Dienſte des Vaterlandes ihre
Haut zum Markte getragen und ſämtliche Angeklagte ſind unbe=
ſtraft
. Immerhin konnte der Gerichtshof bei aller gerechteſten
Beurteilung der Dinge nicht zu der milden Beurteilung kommen
wie der Reichsanwalt. Der Staatsgerichtshof iſt zum Schutze der
Republik begründet. Er iſt dazu beſtimmt, und hat die Pflicht,
die Autorität der Regierung und Verfaſſung zu ſchützen und
konnte ſich der milden Auffaſſung des Reichsanwaltes nicht an=
ſchließen
. Aus dieſem Grunde ſind die erlaſſenen Strafen ver=
hängt
worden.
*:
Die Liga für Menſchenrechte hat an den Reichskanz=
ler
als ſtellvertrelendem Reichsjuſtizminiſter ein Telegramm ge=
ſandt
, in dem er aufgefordert wird, gegen den Reichsanwalt
Niethammer diſziplinariſch vorzugehen, da die=
ſer
in dem Prozeß gegen die Organiſation Conſul antirepubli=
kaniſche
Geſinnung ausgedrückt habe, die ihn als ungeeignet zur
Wahrung der Juſtizbflege in einem republikaniſchen Staasweſen
erſcheinen laſſen müſſe.
Der Staatsgerichtshof nicht verfaſſungsmäßig.
Leipzig, 26. Okt. In der Veretidigungsrede des Juſtiz=
rates
Hahn intereſſieren noch beſonders die Ausführungen, die
er laut ſtenographiſchem Bericht über den Staatsgerichtshof ſelbſt
gemacht hat. Dr. Hahn führte aus: In dem Rathenauprozeß
iſt von mir bereits die Frage angeſchnitten worden, ob das Geſetz
zum Schutze der Republik verfaſſungswidrig ſei. Inzwiſchen hat
ſich auch der 33. Juriſtentag mit dieſer Frage beſchäftigt. Die
öffentlich=rechtliche Abteilung hat in ihrer Mehrheit bekannt, daß
es außer der von der Verfaſſung vorgeſchriebenen beſonderen
Form der förmlichen Bekundung der gewollten Verfaſſungsän=
derung
bedürfe, ſei es durch Abänderung des bisherigen Verfaſ=
ſungstextes
, ſei es durch einen ausdrücklichen Zuſatz zu der Ver=
faſſungsurkunde
. Dieſe Anſicht vertritt insbeſondere der Schöp=
fer
der Weimarer Verfaſſungsurkunde, der ehemalige Reichs=
miniſter
Preuſch. Preuſch kommt zu dem Ergebnis: Ein verfaſ=
ſungsänderndes
Geſetz muß, um verfaſſungsmäßig zu ſein, ſich
nicht nur in den erſchwerten Formen der Verfaſſungsänderungen
ergehen, ſondern auch die Verfaſſung wirklich ändern, ſei es durch
Aenderung des Textes, ſei es durch Zuſätze zur Verfaſſungs=
urkunde
. Andernfalls iſt es verfaſſungswidrig und daher nich=
tig
. Nach Anſicht des Schöpfers der Verfaſſung iſt alſo das Ge=
ſetz
zum Schutze der Republik nichtig.
Bevorſiehende weitere Ermäßigung
der Fernſprechgebühren.
Berlin, 27. Okt. Wie der Deutſche Handelsdienſt von
amtlicher Seite erfährt, beſteht bei der Reichspoſtverwaltung die
Abſicht, über die ab 1. Dezember bereits erfolgte Herabſetzung
der Fernſprechgebühren hinaus eine weitere Ermäßigung
vorzunehmen. Ebenſo iſt damit zu rechnen, daß die Scheckgebüh=
ren
, die ſchon in letzter Zeit herabgeſetzt wurden, demnächſt vor=
ausſichtlich
eine weitere erhebliche Ermäßigung erfahren wer=
den
. Dieſe Maßnahmen werden durch die zurzeit etwas flüſſige
Geldlage der Reichspoſt erlaubt, die übrigens entgegen den um=
laufenden
Gerüchten die Aufnahme eines Auslandskredites nicht
beabſichtigt und keinerlei entſprechende Verhandlungen ange=
knüpft
hat. Was die Verleihung der bei der Reichspoſt zur Ver=
fügung
ſtehenden Gelder, insbeſondere der Scheckgelder betrifft,
ſo wird uns gegenüber von offizieller Seite ausdrücklich betont,
daß die Ausleihung von täglichem oder übrigem kurzfriſtigem
Geld nur an die Reichsbank oder beſtimmt bezeichnete Banken
erfolgt, die eine Gewähr für ſichere Anlage bieten. An der Ver=
leihung
von Geldern hat die Reichspoſt bisher noch nie einen
Pfennig Geld verloren, auch nicht beim kürzlichen Konkurs eines
kleinen Bankinſtituts, mit dem die Poſt früher in Verbin=
dung
ſtand.

Vom Tage.
Anläßlich des vom Reichsbanner Schwarz=Rot=Gold, Ortsgruppe
Berlin, veranſtalteten Republikaniſchen Tages kam es zu kleineren
Zuſammenſtößen, bei denen es etwa 10 Verletzte gab. Rund 30 Perſo=
nen
, die verhaftet worden waren, wurden wieder freigelaſſen.
Die Rheinlandkommiſſion hat eine neue Verordnung, Nr. 276,
herausgegeben, die die Frage der Brennſtoffverſorgung des beſetzten Ge=
bietes
, der Beſatzungstruppen, der Eiſenbahnen und der Gas=, Waſſer=
und Elektrizitätswerke regelt. Bei allen dieſen Stellen ſollen möglichſt
hohe Vorräte zur Sicherung angelegt werden. Es wurde zur Erledigung
dieſer Fragen ein beſonderer Kohlenausſchuß eingeſetzt.
Der ſächſiſche Landesparteitag der Sozialdemokratiſchen
Partei entſchied ſich in einer einſtimmig angenommenen Entſchließung zur
Landespolitik für die ſofortige Auflöſung des Landtag
8 u
beaufragte die Landtagsfraktion, die Landtagsauflöſung ſo zu betreiben, griff ausgenommen nur die entſchloſſenen Gegner des heutigen
daß die Neuwahl zum Landtag zuſammen mit der Reichstagswahl am
7. Dezember erfolgen könnte.
Die Landesvorſtände der Deutſchnationalen Volkspartei tre= rungen noch herauszuſtellen haben.
ten erſt am 4. November in Berlin zuſammen.
mit dem Bankhauſe Warburg verbundenen American and Con=
tinental
Corporation für die deutſche Induſtrie bis zum 15. Dezember ſein. Als letzte Löſung aller Fragen hat man ja die Reichstags=
abgeſchloſſen
ſein werden.
Echo de Paris im Verlaufe einer Generalverſammlung der Aktionäre entſcheidet wie bisher? Liegt denn das außerhalb des
eine Großbank an, er ſehe die Möglichkeit, nachdem das Budget ausge= Bereichs der Möglichkeit? Erinnern wir uns doch: auch der Neichs=
glichen
ſei, in Kürze von ſeinem Amte zurückzutreten, ohne daß tag, der uns dieſes letzte Schauſpiel gab, war beinahe eine Art
man ihm den Vorwurf machen könne, daß er deſertiere.
Havas berichtet, in gewiſſen autoriſierten Kreiſen erkläre man, die
die ofſizielle Anerkennung der Sovietregierung auszu= ſtellten, die Klärung blieb aus. Wieder mußte eine Minder=
7.
ſprce
Das Journal Officiel veröffentlicht ein Dekret, durch das Kamer
4. November einberufen werden.
Die Polizei verhaftete in Kagul (Beßarabien) einen Sowjet= fertigter Optimismus.
agenten, der aus Odeſſa gekommen war, um Terroriſtenbanden zu
ganiſieren.
Nach einer Meldung aus Bukareſt hat ein bekannter Führer der
antiſemitiſchen Bewegung durch Revolverſchuß den Polizeipräfek=
ten
von Jaſſy und zwei Polizeibeamte verwundet.
Der amerikaniſche Staatsſekretär für Ackerbau, Wallace, iſt an
den Folgen einer Ozergtion geſtoxben.
Hadas verbreitet aus Madrid nachſtehenden amtlichen Bericht über
die Lage in Marokko: In der Weſtzone verläuft die Räumungsope=
ration
normal; verſchiedene Stellungen wurden neuerdings mit Lebens= riger wird es, eine Regierungsmehrheit zuſammenzubringen. Es
mitteln verſorgt. Verſchiedene Dörfer wurden durchſucht und einge= muß mit vielen Teilhabern verhandelt werden, und jeder hat ſei=
äſchert
; die Bevölkerung flüchtete. Die Verluſte der Spanier ſind nicht
ſehr groß.
Havas meldet aus Tokio: Die japaniſche Regierung hat
beſchloſſen, zwei Torpedoboote nach China zu entſenden, eines
nach Port Arthur und das andere nach Tſchin=Wan=Tao. Sie habe ferner
beſchloſſen, 200 Mann der Beſatzung von Port Arthur nach Schanhaik=
wan
zu ſenden.

Dr. Streſemann
über die politiſche Lage.
Mühlhauſen (Thür.), 26. Okt. (Wolff.) Im Rahmen
des Thüringer Parteitages der Deutſchen Volks=
partei
ſprach Dr. Streſemann heute in einer von Tauſen=
den
beſuchten Verſammlung über die politiſche Lage.
Sein: Ausführungen bewegten ſich in den Gedankengängen
der in Frankfurt und Hamburg abgegebenen programmatiſchen
Erklärungen. Bei ſeinen Ausführungen über die letzten inner=
politiſchen
Vorgänge wandte ſich Streſemann gegen die von
dem Führer der Demokratiſchen Partei Erkelenz in Ham=
burg
abgegebenen Erklärungen. Wenn die Berichte über dieſe
Rede zutreffend ſeien, dann könnte Erkelenz gar nicht die bis=
herige
Regierungspolitik weiter verfolgen, und proklamiere den
Anſchluß der Demokratie nach links unter Ausſchluß aller der=
jenigen
Parteien, die rechts vom Zentrum ſtünden. Wolle die
Demokratiſche Partei dieſe Entwicklung nehmen, ſo werde ſie
ſich über die Folgen täuſchen, die daraus für ſie entſtünden.
Man werde abzuwarten haben, ob der demokratiſche Parteitag
ſich auf denſelben Boden ſtelle. Für die Deutſche Volks=
partei
komme keine andere Pgrole in Frage, als diejenige,
die ſie bisher ausgedrückt habe, nämlich Führungder Mitte
unter Anſchluß der ſtaatsbejahenden bürgerlichen
Kräfte, nachdem die Sozialdemokratie eine andere Löſung ab=
gelehnt
habe. Prinzipiellen Ausſchluß der Sozialdemokratie in
Reich und Ländern lehne die Deutſche Volkspartei ab, ſie könne
aber nicht an der Tatſache vorbei, daß ſowohl die große Koalition
im Reiche, als auch die große Koalition in Sachſen durch das
Treiben der Linkskräfte in der Sozialdemokratiſchen Partei ge=
ſprengt
bezw. gefährdet und erſchüttert ſei. Gegenüber den Be=
hauptungen
von einer halbkonſervativen Partei ſei und bleibe
die Deutſche Volkspartei eine liberale Partei, die weder
mit Klaſſenhaß noch mit Raſſenhaß etwas zu tun hätte, die ihren
Wahlkampf ſelbſtändig führe und ihre bisherige Politik beibe=
halten
werde.
Die neuen Ortsklaſſen für die Beamten.
Berlin, 26. Okt. Wie wir erfahren, iſt in dem vom Reichs=
kabinett
verabſchiedeten neuen Ortsklaſſenverzeichnis, auf Grund
deſſen das Wohnungsgeld der Beamten neu geregelt wird, für
einige Orte mit beſonders großer Teuerung eine beſondere Klaſſe
neu eingeführt worden. Außer Berlin und Frankfurt ſind auch
Hamburg, München und Stuttgart eingereiht worden. Das
Wohnungsgeld in dieſer Sonderklaſſe beträgt ab 1. November
bei einem monatlichen Grundgehalt von 79 Mk. 28,90 Mk., über
79 bis 115 Mk. 44 Mk., über 115 bis 198 Mk. 60 Mk., über 198
bis 345 Mk. 80 Mk., über 345 bis 600 Mk. 110 Mk., über 600
bis 1000 Mk. 140 Mk., über 1000 Mk. 175 Mk. Von dieſen Sätzen
werden am 1. November 85 Prozent gezahlt. Im übrigen ſind
in dem neuen Ortsklaſſenverzeichnis ſowohl höhere wie nied=
rigere
Stufen vorgeſehen. Diejenigen Beamten, die in eine nied=
rigere
Ortsklaſſe eingereiht werden, ſollen eine Abfindungs=
ſumme
erhalten. Man ſpricht davon, daß dieſe 250 Mk. be=
tragen
ſoll.

* Die Zukunft des deutſchen
Parlamentarismus.
Von
D. Dr. Martin Schian.
Wochenlang hat die Frage der Regierungsumbildung o.er
Regierungsnenbildung die politiſch intereſſierten Kreiſe Deutſch=
lands
beſchäftigt. Wir ſind ja aus den letzten Jahren das Hin
und Her ſolcher Verhandlungen bereits gewöhnt. Dennoch wirkt
jede neue Kriſis dieſer Art aufs neue höchſt unerfreulich. Man
konnte feſtſtellen, daß ein Gefühl des Mißbehagens alle Kreiſe er=
Staats. Daß dieſe ſich über ſolche Geſchehniſſe freuten, iſt wohl
verſtändlich; wie ſehr, das wird der Fortgang meiner Ausfüh=
Alle ſozuſagen ſtaatserhaltende Kreiſe empfinden eine,
Aus New York wird gemeldet: Es verlautet, daß die Kredite der Kriſe wie die letzte als außerordentlich ſchmerzlich. Und doch ſcheint
mir der ganze Ernſt der Situation noch keineswegs erkannt zu
auflöſung zur Hand gehabt. Wasſollnunwerden, wenn
Miniſterpräſident Theunis kündigte nach einer Meldung des das aufs Neue befragte Volk in ähnlicher Weiſe
Produkt einer Reichstagsauflöſung; ſein volles Alter konnte
der vorige Reichstag nicht erreichen. Von den Neuwahlen erhoffte
franzöſiſche Regierung ſtehe im Begriff, ſofort und bedingungslos man Klärung, aber, obwohl die Parteiverhältniſſe ſich ſtark um=
heitsregierung
ans Ruder. Woher nimmt man den Mut, von
und Senat zu einer außerordentlichen Seſſion auf den einer Neuwahl zu erwarten, daß dieſer Zuſtand ein Ende nehme?
Solche Hoffnung iſt ein durch keine bisherige Erfahrung gerecht=
Es liegt eben nicht ſo, daß nur der vielleicht halb zufällige
Ausfall einer Wahl die Miſere verſchuldete. Die Urſachen liegen
viel tiefer. Ich ſehe ſie in zwei Umſtänden: erſtens in der ab=
normen
Zerſplitterung des deutſchen Parteiweſens, zweitens in
der gleichfalls abnormen Schärfe der Gegenſätze zwiſchen dieſen
Parteien.
Abnorme Zerſplitterung! Darüber iſt viel geſagt
worden. Die letzte Reichstagswahl zeigte eine ungeheure Fülle
von Parteibildungen. Es iſt klar: je mehr Parteien, um ſo ſchwie=
nen
eigenen Sinn. Oft iſt auf England hingewieſen worden.
Dort ſtanden ſich lange nur zwei Parteien gegenüber; daß eine
dritte hinzukam, bereitet dort bereits Verlegenheiten. Und wir?
Aber die Vielheit wäre noch erträglich, wenn die Gegen=
ſätze
zwiſchen den Parteien minder ſcharf wären. Gerade hier
aber zeigen ſich die größten Nöte. So ſcharf ſind die Gegenſätze,
daß manche Parteien es von vornherein ablehnen, mit anderen
eine Gemeinſchaft einzugehen. Nationalſozialiſten und Kommu=
niſten
ſind abſolut koalitionsunfähig. Sie wollen ja gar nicht an
dieſem Staat mitbauen, ſie wollen ihn zertrümmern. Da es ſich
um Parteien nicht geringen Umfangs handelt, fällt ſomit ein er=
heblicher
Teil des Reichstags für eine Regierungsbildung von
vornherein fort. Aber auch die übrig bleibenden Parteien ſtehen
ſich teilweiſe in abſoluter Gegnerſchaft gegenüber. Deutſchnatio=
nale
und Sozialdemokraten hat Herr Marx wirklich an die
Möglichkeit geglaubt, beide vor einen Wagen zu ſpannen? Auch
nur für eine kurze Zeit? Iſt es nicht der Sinn des deutſchnatio=
nalen
Willens zur Regierung, daß ſie gegen die Sozialdemo=
kraten
regieren wollen? Ich möchte, wenn Deutſchnationale und
Sozialdemokraten wirklich einmal in einer Regierung ſäßen,
die Folgen bei der nächſten Neuwahl ſehen. Sie würden jeden=
falls
für die Erſteren vernichtend ſein. Denn die Agitation dieſer
Partei lebt ja zum guten Teil vom allerſchärfſten Gegenſatz gegen
den Marxismus! Aber wenn es ſich wenigſtens nur um Deutſch=
nationale
und Sozialdemokraten handelte! Es iſt über allen
Zweifel deutlich geworden, daß auch der Gegenſatz zwiſchen
Deutſchnationalen und Demokraten ſo gut wie unüberbrückbar iſt.
Jedenfalls wollen die Demokraten in keine Regierung hinein,
in der die Deutſchnationalen ſitzen. Und von der anderen Seite
iſt die Neigung zur gemeinſamen Arbeit zweifellos auch dem Null=
punkt
nahe.
Jedermann weiß, daß es ſo ſteht. Aber wenige machen ſich
klar, daß dieſe Situation verhängnisvoll iſt. Mit dem Erſtarken
der Rechtsparteien ſind dieſe ein Faktor im parlamentariſchen
Rechenexempel geworden, den man nicht ausſchalten kann. Die
anfängliche Kombination Sozialdemokraten, Zentrum, Demokra=
ten
ergibt auch nur eine Minderheit; ſie kann alſo bei entſchloſſener
Abſage der Deutſchen Volkspartei nicht beſtehen. Bleiben die Ge=
genſätze
der an ſich bereits ſtark zerſplitterten Parteien ſo ſtark,
bleiben die Parteiverhältniſſe etwa ſo wie ſie waren und ſind,
ſo wird der Zuſtand einer Regierungskriſe nicht einige Wochen
dauern, ſondern er wird zur chroniſchen Krankheit. Er muß ſich
naturnotwendig dahin entwickeln. Dieſe Krankheit aber
iſt lebensgefährlich in erſter Linie für den deutſchen
Parlamentarismus, in zweiter aber das iſt das Traurigſte
für das ganze deutſche Volk. Kriſen wie die ſeit 1923 ſich ſtändig
wiederholenden und ſich ſtändig verlängernden kann ein Staat
nicht auf die Dauer ertragen, am wenigſten ein dermaßen erſchüt=
terter
Staat wie der unſere. Es gibt nur zwei Möglichkeiten:
entweder geſtaltet ein ſolcher Staat ſich völlig
um, ſodaß er den Krankheitsſtoff ausſcheidet,
oder er geht an ſeiner Verfaſſung zugrunde. Ein
drittes gibt es nicht.
Es müßte eigentlich ohne weiteres deutlich ſein, daß der Par=
lamentarismus
nur leben kann, wenn die Parlamentsparteien
ſich als willig und fähig erweiſen, den Vorausſetzungen der Ver=
faſſung
zu entſprechen, alſo eine regierungsfähige Mehrheit zu
bilden. Wenn eine Partei ſich deſſen weigert, ſo untergräbt ſie
die Grundlagen des parlamentariſchen Regimes. Sie wird zum
Totengräber des Parlamentarismus. Daß dieſe Wahrheit gerade
dort, wo man ſozuſagen vom Parlamentarismus überzeugt iſt,
nicht erkannt wird, iſt faſt unbegreiflich. Wenn die Deutſchnatio=
nalen
ſich unter gewiſſen Umſtänden eine Regierungsbildung ver=
ſagen
, ſo iſt das verſtändlich; ſie ſind ja Gegner des Parlamen=
tarismus
. Wenn aber die Demokraten ſich grundſätzlich verſagen
und ſo das Zuſtandekommen einer Mehrheitsregierung unmög=
lich
machen, ſo iſt das unverſtändlich: ſie fügen ja damit dem Par=
lamentarismus
, den ſie ſelbſt vertreten, ſchwerſten Schaden zu:

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Seité 2.

Montag, den 22. Oktober 1924.

Rammer 2Gy.

ſe alete, Ohle 8 zu holln, darauf hin, deß die den Pr=
lamen
tis heis feſtlegende Verfaſſung ſich als prattiſch unbrauch=
bar
erivelf:. Mag ſein, daß die Wähler den inneren Widerſpruch
nicht ſo raſch erkennen; allmählich wird er ihnen doch zum Be= Sitzung des Tandesausſchuſſes der Demokratiſchen Partei
wußtſein kommen. Und das wird der Augenblick der Entſchei=
dung
über die Fortdauer des parlamentariſchen Syſtems ſein.
gen. Auch wenn man die Schwächen dieſes Syſtems kennt und
in die andere und von einer die Gegenſätze aufſtachelnden Agi=
tation
in die andere. Er ſtärkt die Schwächen des Volks, die in
der Richtung der Prinzivienreiterei, der Parteiſuicht und des Dog=
matismus
liegen. Er ſchwächt die guten Seiten des Volkscharak=
ters
: die Gutmütigkeit und Biederkeit. Er rührt die Gegenſätze
auf, bis die Flammen lichterloh brennen. Was wird jetzt wieder,
nachdem aufgelöſt wurde, bei der Reichstagswahl in dem Kampf
der Parteien geleiſtet werden! Uud das zum zweitenmal in dem=
ſelben
Jahrel! Es iſt ein Verhängnis ſchlimmſter Art, das über
uns hereingebrochen iſt.
Dem Ausland gegenüber aber ſpielen wir erſt recht eine trau=
rige
Rolle. Muß uns das kümmern? Es gibt Fälle, in denen
es uns völlig gleichgültig ſein kann, was das Ausland von uns
ſagt. Es gibt ſogar Fälle, in denen wir überzeugt ſein dürfen,
auf dem rechten Wege zu ſein, wenn man draußen kräftig gegen
uns wettert. Aber wie überall, ſo iſt auch hier jede Verallge=
meinerung
vom Uebel. Wenn das Ausland uns kritiſiert, weil
wir Parlamentarismus ſpielen, ohne das Spiel recht zu ver=
ſtehen
, ſo müſſen wir darin ein berechtigtes Urteil erkennen. Wir
haben uns, die demokratiſchen Nationen mit großer Geſte über=
trumpfend
, eine ganz demokratiſche Verfaſſung gegeben und haben
uns daraufhin das freieſte Volk der Welt genannt. Wir haben
uns (in wieviel Zeitungen!) Vorſchußlorbeeren auf unſere
Selbſtregierung zuerkannt. Und nun klappt die Sache nicht. Na=
Aber auch wenn nur die Anderen ſchuld wären eine Ver=
faſſung
uuß eben mit den Verhältniſſen des ganzen Volkes rech=
nen
, ſonſt paßt ſie nicht für dieſes Volk. Wenn wir das der Welt
ſo deutlich zeigen, ſo haben wir kein Recht, uns über ihr hämiſches
Lächeln erhaben zu dünken. Wir haben ſoeben durch den grandio=
ſen
Zeppelin=Flug ein mächtiges Quantum Weltachtung erobert;
wie niederdrückend, daß wir durch die Regierungskriſe und alles,
was damit zuſammenhängt, nach der anderen Seite ſo viel an
Achtung einbüßen!
Verfaſſungsänderungen ſind eine ſchwere Sache. Es iſt in
ſchnelſließenden Zeiten nicht gut, raſch damit vorzugehen. 29, die Ergebniſſe aus 200 Wahllokalen bekannt. Gs wurden ge=
halte
es für nützlicher, unſer gegenwärtiges Syſtem läuft ſich nicht
dermaßen ſchnell tot, wie es den Anſchein hat. Aber dazu muß
eine Selbſtbeſinnung einſetzen, die anſcheinend ſehr ſchwer aufzu=
bringen
iſt. Es müſſen alle Parteien bezreifen, daß gemein=
ſame
Arbeit einer Anzahl von Parteien notwendig iſt, wenn
das Syſtem arbeiten ſoll. Sie müſſen es begreifen, daß es gelin=
gen
muß, ſo viel Gemeinſamkeit herauszuarbeiten, daß die Zu=
ſammenarbeit
möglich iſt. Sie müſſen lernen, das, was alle wol=
len
, unbedingt voran= und das Beſondere zurückzuſtellen. Ler=
nen
ſie das nicht, ſo kommt in nicht ferner Zeit der Zuſammen=
bruch
des Syſtems und was dann?! Wer glaubt denn ernſt=
lich
, daß ein Volk Luſt hat, jährlich zweimal (es könnte ja auch
noch öfter kommen) einen Reichstag zu wählen und in der Zwi=
ſchenzeit
zuzuſehen, wie die Maſchine nicht läuft?
jeden Preis wiſſen das. Seine Freunde ſcheinen es nicht zu
wiſſen.
deutſche Volk.
Zeppelin=Handelsluftſchiffahrtslinien?
Paris, 26. Okt (Wolff.) Journé Induſtrielle meldet aus
gebnis gekommen ſein werde.
Zum Volksentſcheid in Braunſchweig.

Aus Bayern.
München, 26. Okt. (Wolff.) Heute trat hier der Landes=
Man braucht kein unbedingter Verehrer dieſes Syſtems zu ausſchuß der deutſch=demokratiſchen Partei in Bayern zu einer
ſein, um über den Gang der Entwicklung aufrichtig Leid zu tra= Sitzung zuſummen, zu der auch die beiden Reichsminiſter Geßler
zu würdigen weiß, muß man doch bedauern, daß es bei uns nur Geßler vertrat die Anſchauung, daß man die Deutſchnationalen zur deren Spitze der Vorſitzende der Nationalverſammlung in Angora,
mit ſo ſchweren Reibungen arbeiten kann. Denn wenn je ein Verantwortung in der Regierung zwingen müſſe. Die demokra= Fethy Bei, ſteht, iſt heute vormittag bereits eingetroffen. Die eng=
Volk, ſo braucht jetzt das deutſche Volk eine ruhige Entwicklung, tiſche Partei müſſe die Politik der Mitte weiterführen. Die
und faſt noch mehr eine Entwicklung zu innerer Geſchloſſenheit, deutſch=demokratiſche Partei in Bayern müſſe der bürgerliche Block
Der deutſche Parlamentarismus aber jagt uns von einer Unruhe gegen den Partikularismus ſein. Reichsminiſter a. D. Koch be= bis vier Tage vorgeſehen. Der Völkerbundsrat wird ſich außer=
tonte
, daß die Partei heute keine, einſeitige Verbraucherpolitik, dem mit der Fralfrage ſowie mit der Lage der Griechen in Kon=
ſondern
Produzentenpolitik, die zugleich die beſte Verbraucher=
politik
ſei, treiben werde. Reichsminiſter Hamm wies u. a. dar=
auf
hin, daß zwiſchen den Begriffen demokratiſch und liberal ſehr
oft nur künſtliche Gegenſätze geſchaffen würden. Das Ergebnis
der Sitzung wurde in zwei Reſolutionen feſtgelegt, in denen zum
Ausdruck kommt, daß die deutſch=demokretiſ Partei die von der
Reichstagsfraktion ſeit Jahren verfolgte tik billigt. Der
Landesausſchuß dankt der Reichstagsfraktion dafür, daß ſie nicht
die Hand zur Sabotierung ihrer Politik durch den Eintritt der
Deutſchnationalen in die Regierung geboten habe. Der Landesaus=
ſchuß
habe aus den Derleglugen Geßlers mit Genugtuung ent=
nommen
, daß keine grundjätzlichen Meinungsverſchiedenheiten
zwviſchen ihm und der deutſch=demokratiſchen Partei beſtehen und
dankt ihm, wie auch dem Reichsminiſter Hamm und dem Abg.
Sparrer dafür, daß ſie trotz abweichender Meinung in der Frage
der Taktik der Partei die Treue gehalten haben.
Verſchiebung der 2. Völkiſchen Tagung
der deuſchngtionglen Dolsportel.
Berlin, 26. Okt. Mit Rückſicht auf die Auflöſung des
Reichstages und die Wahlvorbereitungen wird, wie die Telegra=
türlich
wollen die prophetiſchen Lorberverteiler nicht ſchuld ſein, rhen=Union erfährt, die für den 8. bis 11. November 1924, in
Ausſicht genommene zweite völkiſche Tagung, bis zum Zuſammen=
tritt
des neuen Reichstages verſchoben werden. Der Zeitpunkt
des Stattfindens der zweiten völkiſchen Tagung wird von der
Deutſchnationalen Volkspartei bekanntgegeben werden.
Die Wahlen zur Hamburger Bürgerſchaft.
Hamburg, 26. Okt. (Wolff.) Dis Wahlen zur Bürger=
ſchaft
find, ſoweit bisher bekannt, ohne Zwiſchenfall verlaufen.
Die Wahlbeteiligung war anſcheinend nicht beſonders groß. Man
ſchätzt ſie auf ungefähr 65 Prozent. Bis 11 Uhr nachts waren
zählt: Demokraten 20 388, Sozialdemokraten 48 460, Mieterver=
band
2115, Deutſche Volkspartei 20 740, Unabhängige Sozialiſten
505, Wohnungsſuchende 1104, Nationalſozialiſten 3948, Kommu=
niſten
23 650, Gewerbetreibende 23 135, Freier Wirtſchaftsbund
667, Zentrum 2290, Deutſchnationale 26 932. Hanſeaten 23,
Grundeigentümer 745, Volkswirtſchaftsbund 97.
Abnahme der Erwerbsloſenziffer.
Berlin, 25. Okt. Die Zahl der unterſtützten Erwerbs=
loſen
im Deutſchen Reiche (einſchließlich der beſetztzten Gebiete)
erfuhr in der erſten Oktoberhälfte eine Abnahme um rund 40 000,
nämlich von 513 000 auf 473 000. Die Zahl der männlichen
Es geht um den Parlamentarismus. Seine Geguer um Hauptunterſtützungsempfänger iſt von 463000 am 1. Oktober auf Frankreich bis jetzt mit Vorteil angewendet habe,
427000 am 15. Oktober, die Zahl der weiblichen Hauptunter=
ſtützungsempfänger
von 50 000 am 1. Oktober auf 46 000 am
Leider geht es auch noch um mehr. Es geht um das 15. Oktober zurückgegangen. Die Zahl der Zuſchlagsempfänger
(unterſtützungsberechtigten Angehörigen unterſtützten. Voll=
erwerbsloſer
) hat ſich von 649 000 auf 598000 verringert.
Der Mangel an Aerzten in Togo.
Genf, 25. Okt. (Wolff.) Die Mandatskommiſſion des Völ=
Madrid, eine interminiſterielle Kommiſſion ſtudiere die Frage der lerbundes hat den Bericht über das Togo=Mandat geprüft. Der wenn ſich durch ein ſolches Verfahren kein günſtiges Ergebnis er=
Errichtung von Kandelsluftſchiffahrtslinien. Die Kommiſſion be= Vertreter der engliſchen Regierung teilte mit, daß ſeit dem zielen ließe. Die geſtrige Note des Foreign Office nun enthalte
günſtige das Projekt Dr. Eckeners für die Herſtellung einer Ver= 1. April 1924 an Stelle aller deutſchen Geſetze für das Togo=Ge= unbegründete Anklagen gegen die Sowjetregierung und ſtelle
bindung zwiſchen Sevilla und Buenos=Aires. Es werde erwartet, biet die Geſetzgebung des benachbarten Goldküſtenlandes getre= eine unerwartete Verletzung des Verfahrens dar. Er bezeichnet
daß die Kommiſſion vor Jahresende zu einem endgültigen Er= ten ſei. Er machte ferner Erklärungen über die Bedingungen, das der Note beigelegte kommuniſtiſche Manifeſt in ſehr
lungen über die Vereinheitlichung der Zölle für die Einfuhr von
Alkohol an den Schwierigkeiten ſcheiterten, die ſich aus der Ent= nachzuweiſen, daß aus dem Inhalt, dem Kopf und der Unter=
Braunſchweig, 25. Okt. In einer Zuſchrift an den wertung des franzöſiſchen Franken und des Unterſchieds zwiſchen ſchrift des Schriftſtückes genau hervorgehe, daß es die Arbeit von
Allgemeinen Anzeiger erklären die vier unter dem Autrag auf den beiden Zollſyſtemen ergeben. Die Mandatskommiſſion Leuten darſtelle, die mit den Satzungen der kommuniſtiſchen
Volksentſcheid wegen Auflöſung des braunſchweigiſchen Land= wies bei ihrer geſtrigen Debatte über die Kamerun=Frage auch Internationale nicht vertraut ſeien. Der Inhalt ſei ein Gewebe
tags ſtehenden bürgerlichen Parteien, daß durch die Hinausſchie= auf die Notwendigkeit der Erhöhung der Zahl der Aerzte im von Sinnwidrigkeiten, lediglich dazu beſtimmt, die bri=
bung
des Wahltermins auf den 30. November, dieſer Volks= Togo=Gebiet hin und ſprach die Hoffnung aus, daß die engliſche tiſche öffentliche Meinung gegen die Sowjets aufzubringen.
entſcheid für ſie wertlos gemacht werde. Sie fordern unter die= Regierung im nächſten Berichte Angaben finanzieller. Natur. Ferner ſpricht Rakowſti die Hoffnung aus, daß die britiſche Re=
ſen
Umſtänden ihre Mitglieder und Wähler auf, am 30. Novem= machen könne, um ein beſſeres Verhältnis der Bemühuugen der gierung Schritte unternehmen werde, um feſtzuſtellen, von wem
ber, dem Tage des Volksentſcheids, der Wahlurne fern zu bleiben, engl. Verwaltung im Intereſſe der Eingeborenen zu ermöglichen, das Schriftſtück herrühre.

Die Moſſlſreage.
Tagung des Völkerbundsraies.
Paris, 26. Okt. Morgen nachmittag tritt in Brüſſel unter
dem Vorſitz des belgiſchen Außenminiſters Hymans der Völker=
bundsrat
zu einer außerordentlichen Tagung zuſammen, um ſich
und Hamm ſowie der Reichsminiſter a. D. Koch erſcheinen waren, init der Moſſulfrage zu beſchäftigen. Die türkiſche Delegation, an
liſchen Vertreter, Lord Parmoor und Sir Ceeil Kurſt, treffen
heute abend ein. Für die Arbeiten des Völkerbundsrats ſind zwei
ſtantinopel beſchäftigen. Letztere Frage iſt auf Verlaugen der grie=
chiſchen
Regierung auf die Tagesordnung geſetzt worden. Die
griechiſche Regierung wird durch ihren Geſandten in Paris, Poli=
tis
, vertreten ſein.
1
Kongreß der franzöſiſchen Außenhandelsräte
Paris, 26. Okt. (Wolff.) Der Kongreß der franzöſiſchen
Außenhandesräte der ſeit Montag in Lyon tagt, wurde heute
durch den Handelsminiſter Reynaldi geſchloſſen. Reynaldi und
Finanzminiſter Clementel wohnten der Schlußſitzung bei. Erſte=
rer
hielt eine Rede, in deren Verlauf er, ſich auch über die
Handelsbeziehungen zwiſchen Frankreich und
Deutſchland ausſprach. Er ſagte, die friedlichen Handels=
beziehungen
zwiſchen Frankreich und Deutſchland müßten durch
ein gutes Abwägen der gegenſeitigen Konzeſſionen und durch
gegenſeitige Rückſichtnahme auf die parallele Entwicklung ihrer
Produktion wieder hergeſtellt werden. Das ſei die Regel, unter
der am 6. November die Handelsvertragsverhandlungen wieder
aufgenommen würden, und Frankreich werde ſich bemühen, ſie
zur Anwendung zu bringen. Beiderſeits dächte man nicht daran,
einen laugfriſtigen Handelsvertrag abzuſchließen, bevor nicht die
beiden Regierungen ihre Zolltarife vollkommen umgeſtellt hätten.
Nach zehn Jahren, in deren Verlauf die Intereſſen aufeinander=
geſtoßen
oder vollkommen unbeachtet geblieben ſeien, ſei es nötig,
die Beziehungen auf der Grundlage wieder aufzunehmen, daß
keine Induſtrie der beiden Länder geopfert werde, und daß jede
von ihnen, wenn ſie nicht von dem erſten Augenblick des wieder=
hergeſtellten
Kontaktes alle ihre Expanſionsmöglichkeiten auf den
Märkten der anderen Partei zur Geltung bringen, doch die Ueber=
zeugung
gewinnen könnte, daß die gegenſeitigen Konzeſſionen,
die die beiden Regierungen bewilligt hätten, offenkundig dem
Willen bekundeten, das Gleichgewicht wieder herzuſtellen. Nach
dem proviſoriſchen Handelsvertrag ſoll ein weitergehendes und
den Verhältniſſen beſſer angepaßtes Einvernehmen erzielt wer=
den
. Mit einem Wort: Nachdem in Frankreich und Deutſchland
di Tarifreform durchgeführt ſei, wäre es möglich, einen lukrative=
ren
und bedeutenderen Warenaustauſch zu ermöglichen. Zwi=
ſchen
dem Abkommen, wie es der Handelsminiſter ins Auge faſſe,
und der Aufſtellung eines Tarifes beſtehe ein Zuſammenhang=
Was den Tarif anbetreffe, müſſe man ein dauerndes Syſtem
ſchaffen, gleichgültig, ob dieſes Syſtem das franzöſiſche Geſetz von
1919 konſolidiere oder ſich ihm anpaſſe. Nicht einen Augenblick
dürfe man aus dem Auge verlieren, daß der Tarif dazu beſtimmt
ſei, die nationale Induſtrie zu ſchützen, aber auch dazu, mit dem
Auslande Verträge abzuſchließen. Wenn man zunächſt den Zoll=
tarif
wieder herſtelle, müßten die Vertragsmöglichkeiten fortge=
ſetzt
den Gegenſtand der Aufmerkſamkeit bilden. Der Miniſter
betonte alsdann, daß er nicht die Preisgabe, ſondern nur die
eventuelle Umgeſtaltung eines Syſtems ins Auge faſſe, das
Die ruſſiſche Antwort auf die engliſche Proteſinote.
London, 26. Okt. (Wolff.) Reuter meldet: Ratowſki
erinnert in ſeiner Antwortnote an die 1923 zwiſchen dem
Vertreter der Sowjetregierung in London und dem Foreign
Office getroffene Vereinbarung, wonach ſich beide Teile bemühen
wollten, alle Streitigkeiten durch unmittelbare Aus=
ſprache
zu ſchlichten, und Noten nur geſandt werden ſollten,
unter denen die Eingeborenen für Straßenbauten verwendet wer= beſtimmten Ausdrücken als plumpe Fälſchung und einen
den. Er teilte ferner mit, daß die engliſch=franzöſiſchen Verhand= dreiſten Verſuch, die Entwicklung freundſchaftlicher Beziehungen
zwiſchen beiden Ländern zu verhindern. Rakowſki bemüht ſich,

ei
* Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Sonntag, den 26. Oktober.
Der fliegende Holländer
Romantiſche Oper von Richard Wagner.
Dieſe Oper iſt jahraus, jahrein auf unſerem Spielplan, ohne
ſich einer ſzeniſchen Erneuerung erfreuen zu dürfen. Der jetzige
Zuſtand iſt an der Grenze des Erträglichen. Die Aufgabe iſt loh=
nend
und nicht problematiſch. Für die Rollenbeſetzung und die
Leitung haben wir von jeher meiſt ſo gute Kräfte einzuſetzen,
daß die Vorſtellung, wenn der ſzeniſche Rahmen befriedigte,
hohen Rang hätte.
Für die Titelrolle iſt Herr Biſchoff ein Vertreter großen
Stils. Wohl fehlt ſinnlicher Reiz und Klang der Stimme und
damit die Romautik. Doch hier iſt dramatiſche Gewalt des Aus=
drucks
, ſichere Beherfchung der Aufgabe, wundervolle Erſchei=
nung
. Die Seuta ſang zuu erſten Male Pauline Jack. Sie war
in iſren großen Zügen richtig angelegt, hatte Nomautik und
Junigkeit in Auffaſſung und Geſaug, konnte aber als Ganzes
nicht genügen. Alles ſchien unfertig. War es wieder Befangen=
heit
yder uicht abgeſchloſſene Vorbereitung, oder liegt ihr die
Partie zu hoch, daß ihre Stimme in Größe und Kraft verſagte,
der Ton ſo kurz und kehlig klang? Auch in der Darſtellung war
das meiſte nur Andeutung. Vielleicht wird die Künſtlerin, wenn
ſie in die Rolle hineingewachſen, eine beſſere Leiſtung bringen.
Der Daland iſt eine ſcharf gezeichnete, prachtvoll geſungene
Charatterfigur unſeres vielſeitigen, unermüdlichen Heinrich
Hölzlin. In der Nolle des Erik ſprang Herr Färbach aus
Mannheim wie immer hilfsbereit mit einer eindrucksvollen Lei=
ſtung
ein. Die Mary liegt bei Martha Liebel von je in
ſicherer Haud. Als Steuermann, glänzte Herrn Hoefflins
helle Stimme.
Die Chöre des zweiten und dritten Aktes waren gut
ſtudierte und kraftvoll wiedergegebene Teile des dramatiſchen
Gefüges.
Am Pult ſtand Michgel Balling, auf der Bühne Joſeph
Schlembach als ſtarke und feine Leiter eines Werkes, das trotz
deutlicher Alterszeichen von ſeiner Anziehungskraft noch nichts
eingebüßt zu haben ſchien. Die herrliche Ouvertüre ſpielte unſer
Orcheſter mit großzügigem Schwung.
vHI.

Buchanzeigen.

Rudolf Presber: Die Limnier der Frau von Sonnenfels. Dr. Eyſeler
n. Co. A.=G. Berlin.
C. Gondlach: Johgnues. Die Stime des Nufenden. Verlag Kirchheim
u. Co., Mainz. Broſſh 3 Mk., geb. 4,50 Mk.

*Geſellſchaftsabend des L. B. D. und Modeſchau
am Samstag, den 25. Oktober.
In den gut beſuchten Räumen des Städtiſchen Saalbaus
fand verbunden mit einer Modenſchau, der Geſellſchaftsabend
der Liebhaberbühne 1922 als Werbeabend ſtatt. Der Reinertrag
des Abends wird zugunſten der Weihnachtsbeſcherkaſſe des Heſſ.
Fechtvereins Waiſenſchutz zufallen, eine Wohltat, die beſondere
Anerkennung derdient. Die Vortragsfolge war äußerſt bunt und
abwechſlungsreich, und dabei wurde durchaus nur Gutes ge=
boten
. Das Darmſtädter Streichorcheſter verhalf durch unermüd=
liches
, vorzügliches Spiel erfolgreich den Bemühungen des Feſt=
ausſchuſſes
zu einem guten Gelingen des Abends. Nach einer
kurzen Begrüßungsanſprache des Vorſitzenden Herrn Ludwig
Worret, in der er allen Mitwirkenden ſeinen Dank ausſprach,
ſang Frau Konzertſängerin S. Horn=Stoll zwei Lieder, wohei
die Arie der Frau Fluth aus den Luſtigen Weibern von Wind=
ſor
beſonderen Anklang fand und die hervorragenden ſtimm=
lichen
Soprauleiſtugen begeiſterten Veifall fanden. An dem von
der Firma Heinrich Arnold. Wilhelminenſtraße, überlaſſenen
Flügel wurde ſie durch das techniſch vollendete Spiel des Kam=
mermuſikers
W. Horn wirkſam unterſtützt. Die nun folgende
Strandtragödie Der Leuchtturm war für den Abend zu ernſt
gewählt und bei dem reichhaltigen Programm auch zu lange.
Wenn alſo das Stück dieſe an ſich zu Herzeu gehende See=
mannstragödie
der Stimmung eines Teiles des Publikums
nicht angepaßt war, und die Wirkung durch häufige große Un=
ruhe
im Saale verloren geheu mßute, ſo ſind doch die Leiſtungen
der Spieler, insbeſondere der Hauptdarſtellerin Frl. E. Liebeck
und des Herrn L. Worret, gauz bedeutende. Wenn man bedeukt,
daß der Eutwurf der Bühnenbilder von Herrn L. Worret und
die Ausführung derſelben von dem techniſchen Vorſtand der
L.B. D. ausgeführt wurde, ſo kann man dieſe Arbeiten nur be=
wundernd
auerkennen. Leider hatten ſich durch die enorme
Bühnenarbeit die Vorführungen etwas verzögert, ſo daß trotz
mehrfachen Luſtapplaus des etwas ungeduldig gewordenen
Publikums erſt gegen 1 Uhr die Modeſchau beginnen konnte.
Inzwiſchen hatte aber im Gartenfaal der allgemeine Tanz be=
gonnen
, eine Original=Jazz=Kapelle brachte modernſte Muſik zu
Gehör und Das Modeparadies der Frau beruhigte alle An=
weſenden
wieder vollkomen. Dieſe Ausſtattungspantomine von
Richard Haug übertraf auch alle Erwartungen. Die Bühne war
durch reichſte Seidenſtoffe in den verſchiedenſten Farben aus dem
Seidenhaus Volz (Ludwuigſtraßeh fein abgetönt in ein wahres
Modepaxadies verſwandelt. Die elegauten Korbunöbel von Otto

Bm mmnnnnnnnngnnnnnn
einer Frau (außer vielem anderen) beherrſcht , ſprach einen
ſinnreichen Prolog und ein hübſches Nachwort. Er wurde durch
Herrn L. Worret vorzüglich dargeſtellt. Auch die Mimik der Dame,
des Herrn, des Konfektionärs, Hausdieners und des Herrn Willy
Keil als Charlie Chaplin (übrigens auch als Conferencier)
war ausgezeichnet. Und man folgte vor der Dame und dem
Herrn und dem ſtaunenden Publikum durch die Manneguins
der Vorführung einer reichen, vornehmen und gediegenen Aus=
wahl
von Garderobeſtücken aller Art. Die reiche Dame auf der
Bühne wurde ſicher beneidet, als ſie von den Koſtümen und ele=
ganten
Geſellſchaftstoiletten aus den Werkſtätten für moderne
Bekleidungskunſt Fr. Meta Mertineit (Sandſtraße) ſich die ele=
ganteſten
und vornehmſten herausſuchte vielleicht ein elegan=
tes
blaues oder graues Koſtüm mit Knöpfen oder in der brau=
nen
Modefarbe, oder ein geſchmackvolles Teekleid, vornehmes
Samt=Abendkleid mit Seitenſchlitz und ſeidenem ſchwarzen Unter=
kleid
, für den Abend modernſte Geſellſchaftstoilette aus meer=
grünem
Crepe de chine mit vornehm abgetöntem Straußfedern=
beſatz
, vielleicht auch ein elegantes orangegelbes Seidenkleid mit
Spitzenüberwurf oder mit Pelzbeſatz, vielleicht auch einer der
anderen vornehmen Geſellſchaftstoiletten einfacher und moderner
Machart. Dazu bewunderte die Dame noch wunderbare Pelz=
mäntel
mit reichem Junenfutter, Pelze, Silber= und Weißfüchſe,
die von der Firma Hau (Ludwigſtraße) ſtammen, elegante Hut=
modelle
von M. Wolf und modernſte Schirme aus dem Schirm=
haus
März, vergaß auch bei Herrlichkeiten nicht die neueſten
feinen Schuhe aus dem Schuhhaus Schembs. Der Herr war mit
allem einverſtanden, liebte er doch eine elegante Dame, die ihrer=
ſeits
neben ihren Modeartikeln auch für den vorzüglichen Wein,
den Herr Chriſt (Fürſtenſaal) im Paradies ausgeſtellt hatte,
Verſtändnis fand wozu der Teufel heimlich ſchmunzelte. Da
man ja nur die Dame auf der Bühne beobachten konnte, weiß
man nicht, was der einzelne Zuſchauer aus der Fülle des Ge=
botenen
gewählt hätte, es war ja für jeden Geſchmack, dem ein=
fachſten
, gediegenſten, vornehmſten und eleganteſten etwas vor=
handen
. Die reizenden Kindertänze der Geſchwiſter Hartmann
als nette Unterbrechung, ſowie die ganze reiche Modenſchau die
durch gute Muſik der Kapelle unter der bewährten muſikaliſchen
Leitung des Herrn Kammermuſikers Handke während ihrer ein=
ſtündigen
Vorführung begleitet wurde, fand reichen wohlver=
dienten
Beifall. Einzelne Modelle waren nach der Mobenſchau
im Gartenſaal noch zu ſehen, wo in heiterſter Stimmung noch
lange getanzt wurde. Die Veranſtalter des Feſtes haben unzwei=
felhaft
als Lohn das gute Gelingen des Feſtes, die frohe, dank=
bare
Crinnerung der Teilnehmer und ſicherlich als Erfoig eine
weiteſte Sympathie des Publikums für die Beſtrebungen des
Lielhaberbühne erreicht.
C. H. 8.

[ ][  ][ ]

Rummer 299.

7
4

( PX

X

Montag, den 22. Oktober 1924.

Seite 3.

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 27. Oktober.
*Gründungsfeier desHeſſiſchen Sängerbundes
Zu einer erhebenden Kundgebung und einer kulturellen Tat von
hoher Bedeutung geſtaltete ſich die am Sonntag vor= und nachmittag
ſtattgefundene Gründungsverſammlung des Heſſiſchen Sängerbundes im
Städtiſchen Saalbau zu Darmſtadt. Alle bisher in Heſſen beſtehenden
kleineren und größeren Sängerbünde waren vertreten, und zahlreiche
Einzelvereine aus allen Teilen des Landes, alle Verſammelten waren
von der Begeiſterung für die wichtige Sache erfüllt und ſich ihrer Ver=
antwortung
dem Ganzen gegenüber wie den von ihnen vertretenen Ver=
einen
in ſo hohem Maße bewußt, daß ſozuſagen reibungslos, das Grün=
dungswerk
vollzogen werden konnte.
Bei Beginn der akademiſchen Feier war der Saalbauſaal ſchon faſt
bis auf den letzten Platz beſetzt, obwohl viele auswärtige Vertreter erſt
etwvas fpäter ankamen. Mit dem Rheinlied, von Max Bruch begann
der würdige Feſtakt die Darmſtädter Männerchorvereinigung trug es
unter Herrn Etzolds zielſicherer Leitung tonfchön und ausdrucksvoll
vor. Hierauf ergriff der Vorſitzende des vorbereitenden Ausſchuſſes,
Herr Oberregierungsrat Dr. Siegert, das Wort, begrüßte den Mini=
ſter
des Innern Herrn von Brentano, die Vertreter des Landes=
amtes
das Bildungsweſen und der Stadt, die Herren Direktor Haſ=
finger
und Muſikdirektor Schmitt, Herrn Generalmuſikdirektor Balling
und Hofrat Ottenheimer, die Vertreter des Deutſchen Sängerbundes,
benachbarter Bünde und die Abgeordneten der vielen heſſiſchen Bünde
und Vereine und legte in kurzer Ueberſicht die umfangreichen Vorarbei=
ten
dar, die zu dem heutigen Ereignis geführt haben. Er dankte allen
die mit hohem Idealismus ſich an dieſen Mühen beteiligt haben, und
appellierte an die ideale Geſinnung aller Anweſenden und ihren Wunſch
und Willen zur Einigkeit, damit ſich die Verhandlungen erfolgreich ab=
wickeln
könnten.
Herrn Imre Aldori, der neue Baritoniſt unſeres Landes
theaters, ſang darauf in vorbildlicher Weiſe Schuberts An die Muſik
und die Begrüßung aus Wagners Tannhäuſer Blick ich umher in die=
ſem
edlen Kreiſe‟.
Herr von Brentano, der Miniſter des Innern, betonte dann,
mit welcher Freude er der Einladung gefolgt ſei, denn die Organiſation
des Männergeſangs diene doch im weſentlichen der Förderung des deut=
ſchen
Liedes, insbeſondere des Volksliedes, dieſes herrlichen Gutes, das
wie kein andere imſtande iſt, eine geiſtige und dadurch auch gefellſchaft=
liche
und ſoziale Einheit Deutſchlands zu ſchaffen, die uns ſo bitteu not=
tut
. Er pries die Tagung als eine wichtige Kulturtat und hob hervor,
daß die Regierung mit aller nur möglichen Kraft dieſe Sache unter=
ſtüitzen
müſſe. Herr Direktor Haſſinger ſprach das ſtarke Inter=
eſſe
des Landesbildungsamtes und der Zentralſtelle zur Förderung der
Volksbildung aus, und Herr Muſikdirektor Schmitt überbrachte die
herzlichen Wünſche der Stadt für das Gelingen des Werkes. Er erinnerte
an die kleinen Anfänge der Berliner Liedertafel unter Zelter, dem
Freunde Goethes, die zu einem ſolchen rieſigen Anwachſen der Sache
des Männergeſangs gefühut hat, der heute ein Volksbildungs= und Kul=
turförderungsmittel
erſten Nanges geworden iſt.
Darauf ſprach der Vertreter des Deutſchen Sängerbunbes Her=
Amtsrat Schlicht=Berlin. Heſſen war die letzte größere Lücke, die
zwiſchen den Gebieten klaffte, die dem Deutſchen Sängerbunde ange=
hören
. Um ſo herzlicher begrüßte daher der Redner, daß nun auch hier
das Einigungs= und Organiſationswerk geleiſtet wurde. Es ſei eine
Gemeinſchaft, die durch das ganze Volk ſich erſtrecke, da vor des Liedes
Macht aller Stände lächerliche Schranken niederſinken müſſen. Als be=
ſonders
begrüßenswert bezeichnete er das rege Intereſſe und die tat=
kräftige
Hilfe des heſſiſchen Staates, erinnerte andererſeits aber an die
Verpflichtungen, die den Sängern nun erwachſen. Wohl kann nicht
jeder Verein hervorragende künſtleriſche Leiſtungen erreichen, aber es
muß gefordert werden, daß jeder Sänger nur Gutes und Wertvolles
ſingt. Das deutſche Lied iſt ein Kulturgut, deſſen Pflege eine Ehren=
und Gewiſſensfache all der weit über 400 000 Sänger iſt, die dem Deut=
chen
Sängerbund angehören. Nicht rauſchende Feſte gelte es zu feiern,
ſondern ſegensvolle innere Arbeit ſei die Hauptaufgabe.
Herr Dr. Siegert konnte nun die Gründung als eine vollendete
Tatſache ausſprechen, da ſchon ſo zahlreiche Anmeldungen eingegangen
waren, daß der neue Bund mehrere hundert Vereine zählt. Der ſtarke
Verein Harmonie=Mainz=Koſtheim ſchloß ſodann die Feier mit dem
ſtimmgewaltigen Vortrag von Anton Bruckners Sängerbund und der
Ballade Barbaroſſa von J. Werth. Herr Chordirektor Sander diri=
gierte
mit überlegener Geſtaltungskraft. Am Vormittag wurden dar=
auf
die Satzungen des Entwurfs mit geringen Aenderungen in erfreu=
licher
Einmütigkeit angenommen, worauf Herr Direktor Haſſinger und
Herr Nechtsanwalt Dr. Reen=Mainz das Wort ergriffen und Herr
Max Stieber=Offenbach einen humorvollen ſelbſtgedichteten Pro=
log
vortrug.
Die Nachmittagsderhandlungen begannen mit der Wahl des Haupt=
vorſtandes
des Bundes. Herr Dr. Siegert wurde mit begeiſterter
Einmütigkeit zum erſten, Herrn Dr. Reen=Mainz zum zwveiten und
Herr Muſikdirektor Müller=Friedberg zum dritten Vorſitzenden
gewählt; zwvei Schriftführer in den Herren Treuſch und Hauf
aus Darmſtadt und der Schatznieiſter in Herrn Bitter. Um die
Wahl der Vertreter der Provinzen dem einmütigen Zuſammenarbeiten
aller dort beteiligten Vereine und Bünde vorzubehalten, wurden einſt=
weilen
für Starkenburg, Oberheſſen, Rheinheſfen die Herren Mietze,
Gengnagel und Vogler mit den Vorbereitungen für dieſe Wah=
len
, wie auch die Wahl der für den Muſikausſchuß zu wählenden. Diri=
gentenvertreter
betraut. Als Vertreter für den Fachausſchuß, der in
ſtändiger Fühlungnahme mit der Zentralſtelle für Volksbildung arbeitet,
wurden die Herren Dr. Siegert und Bitter, welche dies Amt ſchon ſeit=
her
vorläufig innehatten, beſtätigt.
Herr Amtsrat Schlicht beglückwünſchte nun den Bund zu der
ſchnellen Erledigung der wichtigſten geſchäftlichen Angelegenheiten und
der zielſicheren Art, mit der dieſe in Angriff genommen waren. Als
Patengeſchenk des Deutſchen Sängerbundes ſtellte er in Ausſicht, daß
dieſer für das erſte Bundesjahr wefentliche Erleichterungen in den Bei=
trägen
zugeſtehen werde, damit der neue Heſſiſche Sängerbund möglichſt
viele Mittel zu ſeiner inneren Feſtigung habe. Er hob hervor, daß
wenige Satzungen von Einzelbünden ſo klar und genau ihre idealen
Ziele ausſprächen, und daß es darum dem meuen Bunde nicht daran
fehlen werde, Erfolge in ſeinen kulturellen Aufgaben zu erzielen. Die
allererſte ſei der Kampf gegen Schund, der in Verein, Familie und im
ganzen Volk ſcharf bekämpft werden müſſe. Wenn auch die Förderung
des Männerchorweſens die Hauptſache ſei, ſo ſolle man daneben nicht
vergeſſen, daß der gemiſchte Chor kulturell gleichbedeutend, an Alter
dem Männerchor ſogar weit überlegen ſei, daß er ein ebenſo hohes
Kulturgut zu bewahren habe und darum ideell ſtets unterſtützt werden
müſſe. Er begrüßte ferner, daß der Heſſiſche Bund Sängerwettſtreite
nicht als ſeine Aufgabe betrachte, da ſie mehr artiſtiſch=ſportliche Zwecke
verfolgten, als daß ſie wirklich innerem Fortſchritt dienten. Selbſtver=
ſtändlich
ſollten deswegen die Vereine nicht am Veranſtalten oder an der
Teilnahme bei ſolchen Wettſtreiten verhindert werden; nur müſſe man
ein wachſames Auge über dieſe Kämpfe haben, damit ſie nicht ausarteten.
Der Deutſche Sängerbund beabſichtige keineswegs, von Berlin aus ſtarke
Beeinfluſſung in die einzelnen Landesteile zu tragen, ſondern er halte
es für eine Notwendigkeit, daß die vielen deutſchen Kulturzentren in
ihrer Eigenart erhalten blieben; und ſo ſolle auch Heſſen, entſprechend
der bedeutenden Rolle, die es in der Kunſtpflege einnehme, geſanglich
ein Individuum und ein wertvolles, charaktervolles Glied des Ganzen
bleiben.

Herr Divektor Haſſinger ergriff nun das Schlußwort, betonte
nochmals das ſtarke Intereſſe der Regierung an der ganzen Bewegung
und erläuterte im einzelnen die Ziele und die Wege, auf denen die
Regierung die Förderung der Männerchorſache zu unterſtützen gedenke.
Gerade die Zentralſtelle habe in Zuſammenarbeit mit dem Fachausſchuß,
der ſich aus Vertretern des Arbeiterſängerbundes und des Heſſiſchen
Sängerbundes zuſammenſetze, ſchon Wertvolles für die Vereine erreichen
können. Dies gelte es zu erhalten und zu erweitern. Möge der ideale
Geiſt der Gründungsverſammlung nun auch für die Tätigkeit der Glie=
der
, der einzelnen Vereine, maßgebend ſein, dann werde deutſchem
Weſen und deutſcher Kultur die Anerkennung und Geltung verſ hafft,
die ihnen in der Welt gebühren. Eine Einheit auf dieſem geiſtigen Gebiet
unterſtütze auf das lebhafteſte das ſo notwendige Streben nach Einheit
in der geſamten deutſchen Volksgemeinſchaft. In freudiger Begeiſte=
rung
endigten die Verhandlungen, denen ſich dann noch inſtrumentale
und vokale Darbietungen verſchiedenſter Art anſchloſſen.
F. N.

* Aus der Markusgemeinde. Der Gemeindeverein (MMänner= und
Frauenverein) beginnt nach der Sommerpauſe nächſten Freitag, der
31. Oktober, abends 8½ Uhr, im Gemeindehaus in der Kiesſtraße ſeine
allmonatlichen Vortragsabende. Herr Pfarrer Vogel wird am Re=
formationstage
ſprechen über das Thema: Unſer Geſangbuch, ſeine Ent=
ſtehung
und ſeine Bedeutung‟. Die Gemeindeglieder werden herzlichſt
gebeten, zu dem Vortrag des geſchätzten Redners recht zahlreich zu er=
cheinen
. Auch Angehörige der anderen evangeliſchen Gemeinden ſind
freundlichſt willkommen.
Gewerbemuſeum. Da infolge der Beſchlagnahme von Räumen der
Lichtbilderapparat des Muſeums noch nicht verwendbar iſt, finden in
dieſem Winter keine öffentlichen Vorträge im Gewerbemuſeum ſtatt,
jedoch können die Vorleſungen des Muſeumsdirektors an der Techni=
ſchen
Hochſchule gegen Erſtattung der üblichen Gebühr auch von Nicht=
ſtudierenden
beſucht werden. Profeſſor Haupt lieſt in dieſem Win=
ter
an jedem Donnerstag von 67 Uhr über die Metalle in der Ge=
ſchichte
des Kunſtgewerbes, und zwar mit Ausnahme von Gold und
Silber. Zur Erörterung kommt alſo die künſtleriſche Behandlung von
onze, Kupfer, Meſſing, Zinn und Eiſen. Der Beginn der Vorleſun=
gen
iſt am 30.-Oktober. Anmeldungen im Sekretariat der Techniſchen
Hochſchule.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Wegen Ueberfüllung des
Damenkurſes für Rhythmiſche Gymnaſtik von der Ballettmeiſterin Fräu=
lein
Maudrick wird ab 1. November noch ein zweiter Kurſus eingerich=
tet
, zu dem noch einige Anmeldungen erwünſcht ſind. Der Kurſus findet
ſtatt Freitags 57 Uhr. Bei genügender Beteiligung kann auch Sams=
tags
noch ein zweiter Kinderkurſus eingerichtet werden. Anmeldungen
im Sekretariat der Städtiſchen Akademie für Tonkunſt, Eliſabethenſtr. 36.
Darmſtädter Jugendderbände. Herr Regierungsrat Dr. Krebs
ſprach am Freitag abend im Haus der Jugend zu den Vertretern der
mſtädter Jugendverbände über das Thema Die Jugendbewegung
im Dienſte der Jugendwohlfahrt, Klau legte er im allgemeinen die
großen Jugendaufgaben dar und betonte dabei, daß gerade die Jugend=
bewegung
unendlich viel leiſten kann, wenn in ihr junge Menſchen ſind,
die auch praktiſch arbeiten wollen. Sehr fein war die anſchließende Aus=
prache
, in welcher beſonders auf die großen Jugendarbeiten, welche noch
u leiſten ſind, hingewieſen wurde. Wie wir erfahren haben, ſoll am
Littſvoch, den 5. November, im großen Saale des Saalbaues der in
Deutſchland bekannte Franziskanerpater Elpidius ſprechen. Dies wird
ein Ereignis für Darmſtadt werden da Pater Elpidius weit über
Deutſchlands Grenzen in dieſem Jahre Vorträge gehalten hat, welche
mit wärmſter Begeiſterung aufgenommen wurden.
Die Bewegung gegen die geplante Bebauung des Palaisgartens
nimmt ſo ſchreibt man uns, immer größere Formen an, ſodaß neben der
Proteſteinzeichnungsliſte bei Buchhändler Saeng auch eine bei Buchhänd=
ſer
Waitz aufgelegt werden mußte. Es iſt ja auch klar, daß jeder Ein=
ſichtige
ſich dagegen wehren muß, wenn die einzige grüne Fläche inmitten
des Weſtens der Stadt bebaut werden ſoll. Und auch noch mit einem
unförmig großen Geſchäftshaus, für das der Staat ausärtige Geſchäfts=
leute
hierherziehen will. Die hieſigen Kaufleute haben ohnedies ſchon
chweren Stand bei der heutigen Geldknappheit. Ueberall ſonft ſucht
man durch Niederreißen alter Häuſer mit dielen Koſren etwas Licht und
Luft in der Stadt zu ſchaffen, und hier follen vorhandene alte Anlagen
die nur etwas verſchönt zu werden brauchen einem ſchlecht derſtan=
denen
Geſchäft des Staates zum Opfer fallen.
8 Verwaltungsgerichtshof. 1. Geſuch des Georg Bergold in
Worms um Erlaubnis zum Betriebe einer Schankwirtſchaft im Hauſe
Stephanſtraße 12 dafelbſt. Für den Geſuchſteller iſt Rechtsanwalt Lulehy=
Worms erſchienen. Am 11. Februar 1924 reichte Bergold, der eine Kon=
ditorei
ſeit 1914 betreibt, das Geſuch ein, auch Wein und Likör aus=
ſchenken
zu dürfen. Die Wirte und der Oberbürgermeiſter fprachen ſich
gegen die Erteilung der Erlaubnis aus. Der Provinzialausſchuß
der Provinz Rheinheſſen hat am 31. Mai das Geſuch zurückgewvieſen.
Geſuchſteller hat das Urteil mit Berufung angefochten. Der als Zeuge
rſchienene Oberſteuerinſpektor Seb. Lutz verkehrt ſeit 5 Jahren im
Lokal; dasſelbe het den Charakter als ausgezeichnekes Familiencafé, in
welchem der Betrieb beſonders am Nachmittag ſtark iſt. Es liegt nahe
am Markt und wird gerade von der Landbevölkerung beſucht. Das nahe
Café Convent hat Alkoholausſchank. Bergold gilt als tüchtiger Wirt,
im Hauſe wurde früher einmal Wirtſchaft betrieben. Bergold
ausgeſprochene Bäckerei und Konditorei, während das Café Conven
keine eigene Konditorei beſitzt. Der Rheinheſſe, insbeſondere auch der
vom Lande kommende, legt Wert darauf, im Café auch ein Glas Wein
trinken zu können. Auch der Bankbeamte Willy Huber beſtätigt den
ſoliden Charakter und guten Betrieb des Cafés Bergold; Muſik wird
dort nicht dargeboten. Das Café Convent iſt ein ausgeſprochenes
Muſikcafé und hat einen ganz anderen Charakter als das Familiencafe
Bergold, das dem einfachen Bürger Aufenthalt gewährt, keinen Abend=
und Nachtbetrieb hat. Das Café beſteht ſeit 1910. Urteil: Verwer=
fung
der Berufung. 2. Antrag des Kreiamts Main=
auf
Entziehung der Wirtſchaftskonzeſſion des Karl Weimer in
Mainz, Kötherhofſtraße 2. Die Sache fällt aus, da der Karl Weimer
die Berufung gegen das Urteil des Provinzialausſchuſſes Rheinheſſen
zurückgenommen hat. 3. Verentſcheidung gegen den Oberſtudien=
direktor
Chr. Göckel in Groß=Umſtadt wegen Beleidigung. Er=
ſchienen
: Eiſenbahnzugführer Carius Eheleute und Oberſtudien=
direktor
Göckel. Carius hat Privatklage erhoben. Direktor Göckel habe
ſeine Ehefrau beleidigt, indem er am 23. Juli 1924 geſchrieben habe,
daß ſie falſche Tatſachen vorgeſpiegelt habe, indem ſie ein angebliches
Telegramm vorgelegt habe, das ihr amtlich gar nicht zugeſtellt worden.
Späterhin hat ſich die Unrichtigkeit der Annahme herausgeſtellt. Das
Kind ſollte die Schule verſäumen und es war unter Berufung auf das
Telegramm, inhaltlith deſſen die Mutter der Frau Carius erkrankt ſei,
um Urlaub für den Schüler Carius gebeten worden. Auf der Poſt und
Bahn hatte Direktor Göckel amtlich anfragen laſſen und die Antwort er=
halten
, daß ein Telegramm an Carius in den letzten zwei Tagen nicht
eingegangen ſei. Nachdem Frau Carius erklärt hatte, ſie habe die De=
beſche
tatſächlich erhalten, erklärte Direktor Göckel, die Sache ſei nun
erledigt. Tatſächlich war dem Schüiler Carius auch der nachgeſuchte Ur=
laub
gewährt worden. Das Landesamt für Bildungsweſen hat um Vor=
entſcheidung
des Verwaltungsgerichtshofs nachgefucht. Direktor Göckel
iſt ſeit 1. ds. nicht mehr im Dienſt. Direktor Göckel erklärte, die amt=
liche
Zuſchrift ſei inhaltlich vom Klaſſenführer ſo abgefaßt wörden, weil
der Klaſſenführer des Jungen Zweifel an der Echtheit des Telegramm=
gehabt
habe. Direktor Göckel ſteht auf dem Standpunkt, mit Abſendung
des Briefes nur ſeine Pflicht getan und weder Carius noch deſſen Ehe=
frau
beleidigt zu haben. Der Vertreter des Staatsintereſſes betont, daß
Direktor Göckel im Rahmen ſeiner Amtspflichten gehan=
delt
habe und durchaus richtag verfahren ſei. Es ergeht dementſpre=
chend
Urteil.
Nächſte Dampfer=Expeditionen des Norddeutſchen Lloyd Bremen.
BremenNew York: D. Republic ab Bremerhaven 28. Oft.,
D. Columbus 1. Nov., D. Preſident Harding 11. Nov., D. Mün=
chen
13. Nov., D. George Waſhington 15. Nov., D. Stuttgart
25. Nov. 2. Bremen-Philadelphia-Baltimore- Nor=
olk
: D. Hameln ab Bremen 1. Nov., D. Porta 16. Nov.
3. Bremen-Cuba: D. Lützow ab Bremen 13. Nov., D. Rai=
mund
9. Dez. 4. Bremen-Braſilien: D. Eiſenach ab
Bremen 8. Nov. 5. BremenLa Plata: D. Sierra Nevada
ab Bremen 2. Nov., ab Hamburg 6. Nov., Paſſagiereinſchiffung in Bre=
merhaven
8. Nov., D. Köln ab Bremen 9. Nov., ab Hamburg 13. Nov.,
Paſſagiereinſchiffung in Bremerhaven 15. Nov., D. Sierra Cordoba
Paſſagiereinſchiffung in Bremerhaven, 22. Nod. 6. BremenOſt
ſien: D. City of Baroda ab Bremen 1. Nod., D. Fürſt Bülow,
. Not., D. Derfflinger 8. Nov., D. Knight Companion 15. Nod.,
MS. Rheinland 22. Nov., D. Schleſien 22. Nov. 7. Bremen=
Auſtralien: D. Peleus ab Bremen 8. Nov., MS. Königsberg
26. Nov.

* Tagung des Großbezirks Heſſen des
Reichsverbands Deutſcher Oentiſten.
Anläßlich des 25jährigen Vereinsjubiläums des Vereins Heſſiſcher
Dentiſten, jetzt Groß=Bezirk Heſſen, fand in Darmſtadt im Hotel zur
Traube eine Fachtagung am 25. und 26. Oktober ſtatt, die dank der vor=
züglichen
Organiſation des Vorſtandes, des Herrn Alb. Faber (erſten
Vorſitzenden), des Herrn Albert Boſch (Schriftführer) und des Herr
Alfred Schaefer (Leiter des Feſtausſchuſſes), einen ſehr anregenden
und harmoniſchen Verlauf nahm. Nach dem Empfang der Teilnehmer
am Samstag vormittag durch den Feſtausſchuß, mit anſchließendem
Frühſchoppen, begann im Feſtſaal des Hotel Traube nachmittags gegen
3 Uhr die offizielle Feier. In einer Anſprache begrüßte der erſte Vor=
ſitzende
Herr Faber die Vertreter der Behörden, u. a. Herrn Präſident
der Landesverſicherungsanſtalt Neumann, Herrn Oberregierungsrat
Bohn vom Oberverſicherungsamt, die erſchienenen Gäſte und Kollegen
verlas ein Schreiben des Herrn Dr. Groos als Vertreter des Miniſte=
riums
und des Herrn Bürgermeiſters Daub als Vertreter der Stadt
Darmſtadt, in dem das Bedauern einer Mitbeteiligung an der Feier
wvegen des Ablebens des Herrn Abgeordneten Oſann ausgedrückt war
und der Tagung Erfolg und Glück geſünſcht wurde. Darauf gab Her=
Faber einen Rückblick über die 25jährige Vereinstätigkeit des Groß=
Bezirks Heſſen, der heute 200 Mitglieder zählt, und gab einen Einblick
n die 25 Kampfjahre des Vereins. Der Verſtorbenen wurde durch
Erheben der Anweſenden von den Plätzen gedacht. Herr Kollege
Gehrke, der 20 Jahre Vorſtand des Vereins war, wurde durch Ueber=
reichen
einer Urkunde als Ehrenvorſitzender des Vereins ausgezeichnet.
Nach kurzen Dankesworten und Wünſcen zum weiteren Gedeihen des
Vereins durch Herun Präſident Neumann und Heren Oberregie=
rungsrat
Bohn erhielt Herr Direktor Kümmiſch=Kaulsruhe das
Work. Er warf die Frage auf: Was bedeutet ein Dentiſt für das
heutige Deutfchland? Er zeichnete in kurzen Zügen die Entwicklung des
Dentiſtenſtands ſeit Einführung der Kurierfreiheit. Der Dentiſt, der
im Gegenſatz zu den Hochwiſſenſchaftlern zäh arbeitender Praktiker iſt,
will bei ſeiner Ausbildung das Hauptgewicht auf tüchtige, richtige,
praktiſche Tätigkeit gelegt ſehen, und demgemäß eine zweckentſprechende
Vorbildung genießen und bei ſeinem Lehrgang gründliche, ſyſtematiſche
Inſtitutsausbildung erſtreben. Er will ſeine Hand üben, Künſtler in
der Zahntechnik zu werden. Selbſtverſtändlich ſoll bei der Ausbildung
neben der Praktik auch die Theovie gelehrt und derſtanden werden.
Der Rediier verlangt eine gediegene Fachausbildung und hohe techniſche
Kunſt in der Ausübung ihrer Tätigkeit, ſo daß durch die Kraſt der ſicht=
baren
Erfolge bei Behandlung der Patienten der Wert des Dentiſten
offenbar wird, und auch heute ziveifellos iſr. Der Vortrag wurde von
den Fachverkretern mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Nach einem
Vortrag des Kollegen Haubeil=Frankenthal über Wurzelbehand=
lung
und Wurzelfüllung folgte ein hochintereſſauter fachtechniſcher
Lichtbildervortrag des Herrn Kollegen Schetter=Gießen, in dem an
Hand dorzüiglicher Reproduktionen Der Dentiſt und die kleine Chirur=
gie
behandelt wurde. Der Vortragende erläuterte in klaren Worten
an vorgeführten Beiſpielen die richtige Behandlung der Zähne, wobei
er falſche Behandlungsmethoden zur Erläuterung mit einflocht. Bei
den vorzüglichen Filmaunfahmen wa die Lage der Zähne, der Wur=
zeln
bis zu den Wurzelſpißzen hervorragend zu ſehen; die vorgeführten
Röntgenbilder gaben, derbunden mit dem verſtändlichen Vortrag, gute
Operationsbilder, die für Fachmänner wertvoll und von bedentendem,
Inkereſſe waren. Auch einen Ueberblick über die Aſepſis und Antiſetzſis
über Fachinſtrumente und Ausrüſtungsſtücke jeder Art gau der Vortra=
gende
. Seine Ausführungen wurden dankbar, mit großem Beifall auf=
genommen
. Damit wurde die Vorrragsfolge für Samstag abgeſchloſſen.
Nach einer Beſichtigung der wirklich reichhaltigen Fachausſtellung,
die im Anſchluß an die Dentiſtentagung in der Traube ſtattfand,
und in der namhafte Firmen vertreten waren, folgte der geſellſchaftliche
Teil. Bei einem Feſteſſen wurden Toaſte ausgebracht, die eingelaufenien
Glückwunſchtelegramme verleſen und kurze Feſtanſprachen gehalten.
Durch den nachfolgenden künſtleriſch=heiteren Abend, den Herr Göbel
und Frau Bernius, ſowie die Geſchwiſter Hartmann durch
ihre Darbietungen verſchönen halfen, fand der erſte Tag mit einem Feſt=
ball
einen ſchönen Abſchluß.
Die Sonntagstagung eröffnete der Vorſitzende Herr Faber, mit
einer Begrüßung aller Anweſenden, insbeſondere der im Laufe des
Abends und des Vormittags neu hinzugekommenen auswärtigen Gäfte
und Kollegen und erteilte dann Herrn Kollegen Maurer das Wort.
Herr Maurer hielt einen Vortrag über den von ihm erfundenen Auni=
fax
, ein ſinnreicher, praktiſcher Apparat zur elektriſchen Schweißung
der Goldfüllungen am Patienten ſelbſt. Das präparierte Schwammgold
wird durch die zwei elektriſchen Pole im Zahn des Patienten ſchnell und
ſchmerzlos zuſammengeſchiveißt, und ſichert ſo eine angenehme, unbe=
dingt
erfolgreiche, dabei leicht ausführbaue, gute Goldfüllung eines Zah=
nes
. Dieſe durch Herrn Dentiſten Maurer gemacſte, zweifellos beden=
tende
Erfindung dürfte in der Zukunft der Zahntechnik noch eine große
Rolle ſpielen. Im Anſchluß an dieſen Fachvortrag folgte ein Vor=
trag
des Herrn Dentiſten Kaliſcheck, der durch ſeine Erklärung des
von ihm weiter ausgebauten Aeterno=Apparates eine ſelten klare und
deutliche Abhandlung über das neue Emaillierverfahren gab. Mir die=
ſem
Apparat läßt ſich nach den ausgeführten Methoden des Herrn Ka=
liſcheck
das künſtliche Zahnfleiſch in Farbe naturgetren und hauptſächlich
auch dauerhaft ausführen. Der mit regem Intereſſe aller Anweſenden
verfolgte theoretiſche Vortrag fand allgemeinen Beifall. Nach einem
gemeinſamen Mittageſſen fand durch Herrn Kaliſcheck die praktiſche Vor=
führung
des Aeterno=Apparates ſtatt, die für alle ſehr lehrreich und
anregend war. Durch die beiden am Sonntag gehaltenen Vorträge,
die theoretiſch wie praktiſch ausgeſtaltet und deshalb beſonders wertvoll
waren, wurden den Zuhörern ein großer Dienſt erwieſen, den ſie dank=
bar
anerkannten. Ueberhaupt wurden ſämtliche Vorträge mit regem
Intereſſe verfolgt und großem Beifall aufgenommen. Um 5 Uhr abends
ſchloß der Vorſitzende Herr Faber die Dentiſtentagung. Die Teiluehmer
verſammelten ſich hierauf großenteils zu einem zwangloſen gemütlichen
Beiſammenſein.
C. II. G.
Im Gemeindehaus Kiesſtraße wurde am Freitag abend vor
zahlreichem Publikum das Luſtſpiel Die deutſchen Kleinſtädter, von
Kotzebue aufgeführt. Man muß ſagen, die jungen Künſtler hatten
ſich anſcheinend diel Mühe gemacht, ein derartiges Stück herauszu=
bringen
. Vor allem ſind die wirklich wundervollen Dekorationen unein=
geſchränkten
Lobes würdig. Beſonders erregte das abendliche Stadt=
bild
im letzten Akt allgemeine Bewunderung. Die darſtelleriſchen Lei=
ſtungen
waren durchweg gut. Das Publikum dankte nach den einzelnen
Szenen mit herzlichem Beifall.
Darmſtädter Wochenmarktpreife am 25. Oktober 1924. Kartof=
feln
und Gemüſe: Speiſekartoffeln 46 Pf. das Pfund. Salat=
kartoffeln
5 Pf., Stangenbohnen 25 Pf., Blumenkohl 80120 Pf. das
Stück, Roſenkohl 3040 Pf. das Pfund. Wirſing 8 Pf., Weißkraut 36
Pfennig, Rotkraut 1012 Pf., Kohlrabi (oberirdiſche) 5 Pf. das Stück,
Spinat 20 Pf. das Pfund, Tomaten 3540 Pf., Zwiebeln 1015 Pf.,
gelbe Rühen 68 Pf., Schwarzwurzel 40 Pf., rote Rüben 12 Pf., weiße
Rüben 10 Pf., Knoblauch 90 Pf., Kopfſalat 810 Pf. das Stück, Feld=

110120 Pf., Rindfleiſch 70100 Pf., Hammelfleiſch 80 Pf., Hackfleiſch
8090 Pf., Hausmacher Wurſt 80 u. 140 Pf., Fiſche (Fluß) 130150 Pf.,
Geflügel 120130 Pf., Brot (4 Pfd.) 75 Pf., Süßrahmbutter 270 Pf.,
Landbutter 230240 Pf., Eier 1719 Pf. das Stück, Handkäſe 615
Pfennig, Schmierkäſe 3540 Pf. das Pfund, Limburgerkäſe 130 Pf.

Bas Handerf

2 Seit einigen Tagen ſieht man heftig debattierende Gruppen
vor einem Schaufenſter, hinter dem ſich ein Wunder offenbart.
Aus einer, an feinen Drähten ſchwebenden Kaffeekanne fließt
ununterbrochen ein dicker Kaffeeſtrahl in die darunter geſtellte
Taſſe, ohne daß die Kanne leer und die Taſſe übervoll wird.
Und der Sinn dieſes Schauſtückes?

An dieſem ebenſo verblüffenden wie amüſanten Betſpiel
zeigen wir, wie ſehr jede altüberkommene Anſchauungsweiſe der
kritiſchen Betrachtung bedarf. Das gilt beſonders für die Kaffee=
zubereitung
im Haushalt. Nicht dasjenige Getränk iſt das beſte,
das nur aus reinem Bohnenkaffee, hergeſtellt wird: ganz im
Gegenteil:

Der Bohnenkaffee für ſich allein hat keine genügende Lös=
lichkeit
. Er bedarf, um zu kräſtigerer Wirkung zu gelangen, eines
Zuſatzes von echtem Weber’s Carlsbader‟. Das zubereitete
Getränk zeigt dadurch Vollkommenheit in Farbe, Aroma und Fülle.
Verlangen Sie aber ſtets das echte Carlsbader mit der Krone,
J. B. 14066) Otto E. Weber, G. m. b. H., Radebeul=Dresden.

[ ][  ][ ]

Seite 4.
*50jährige Jubelfeier des Evang. Kirchen=
geſangvereins
der Stadikirche.
Zu einer echten Feier= und Weiheſtunde geſtaltete die evangeliſche
Kirchengemeinde der Stadtkirche in Darmſtadt die Erinnerungsfeier an
das 50jährige Beſtehen ihres Kirchengeſangvereins. Im Herbſt dieſes
Jahres ſind 50 Jahre verfloſſen ſeit dem Tage, an dem ſich in der
Stadtkirchengemeinde zu Darmſtadt die rechten Männer zuſammentaten,
um die Gemeinde zu freudigem Geſange zu erziehen und ihr die reichen
Schätze der Kirchenmuſik darzubieten. Und in der Folgezeit ging von
dieſem Kirchengeſangverein ein Strom echt religiöſen Empfindens, ver
hunden mit verſtändnisvollſter Pflege des kirchlichen Volksgeſangs aus,
Der auf die Kirchenmuſik in ganz Deutſchland befruchtend wirkte und
ein gut Teil dazu beigetragen hat, daß die harmoniſche Verbindung
des gottesdienſtlichen Lebens mit der Muſica Sacra in der deutſchen
Svangeliſchen Kirche jetzt in voller Blüte ſteht. Die Mitglieder der Ge=
meinde
und die Bevölkerung der Stadt waren der Einladung zu dem
geſtrigen Feſtgottesdienſt in ſo ſtarkem Maße gefolgt, daß das geräu=
mige
Gotteshaus kaum ausreichte, um die Scharen der Andächtigen zu
faſſen. Im Mittelpunkte des Feſtgottesdienſtes ſtand die Aufführung
von Bachs Kantate Ein feſte Burg iſt unſer Gott An dieſer Stelle
iſt bereits in der Vorbeſprechung (vgl. Tagblatt Nr. 298 vom Sonn=
tag
) eine ausführliche muſikaliſche Würdigung des gewaltigen Werkes
erſchienen, ſodaß ich es mir verſagen kann, die muſikaliſche Seite der
Aufführung eingehend zu beſprechen. Die Wiedergabe dieſes Wunder=
werkes
Joh. Seb. Bachs ließ keinen Wunſch unerfüllt, Cor, Orcheſter
und Orgel klangen wundervoll zuſammen, und die Wirkung erreichte
ihren Höhepunkt, als der Schlußchoral Das Wort ſie ſollen laſſen ſtahn
und kein Dank dazu haben mit der Gemeinde zuſammen angeſtimmt
wurde, und machtvoll der inbrünſtig geſungene Wunſch das Gotteshaus
durchbrauſte: Das Reich muß uns doch bleiben! Die Soli ſangen die
Damen Frau Biſchoff und Frau Kuhn=Liebel, die den zarten
Schmelz und die volle Wärme ihrer Stimmen erklingen ließen. Herr
Biſchoff unm Herr Höfflin, der für den durch Heiſerkeit ver=
hinderten
Herrn Deharde eingeſprungen war, gaben, auch in den Rezi=
tativen
, wiederum Proben ihrer hohen meiſterlichen Sangeskunſt. Der
Chor des Kirchengeſangvereins der Stadtkirche, der für die gewaltige
Leiſtung, die er bot, ein beſonderes Lob verdient, wurde in den Stro=
phen
drei und vier durch die hellen, friſchen Stimmen der Chorſchule
(Chormeiſter Herr Kantor Samper) unterſtützt. Das Orcheſter wurde
von Mitgliedern der Kapelle des Landestheaters und von
Muſikliebhabern gebildet. Die Leitung der Kantate lag in den Händen
des Dirigenten des Vereins, Herrn Studienrat W. Borngäſſer,
der ſeine ſchwierige Aufgabe mit hinreißendem Schwung und beleben=
der
Innerlichkeit meiſterte. Sein Platz am Dirigentenpult war mit
friſchem Grün und einer goldenen 50 geſchmückt. Die Feſtpredigt hielt
Herr Geh. Rat D. Dr. Flöring, der die echte evangeliſche Kirchen=
muſik
als Siegeszeichen, des evangeliſchen Glaubens feierte und etwa fol=
gendes
ausführte: Der Kirchengeſang hat die Aufgabe, edelſte Muſik
weiteſten Kreiſen unentgeltlich zu Gehör zu bringen. Die Kirchenmuſik
iſt eine Res severa; ſie hat hohe Aufgaben, ſie ſoll gewiß dienen,
nicht herrſchen, aber ihr iſt die beſondere Gabe berliehen, der frohen
Botſchaft Herold zu ſein. Martin Luther hat das deutſche Lied im
Verein mit ſeiner volkstümlichen Weiſe der Gemeinde in den Mund
gegeben. Die Kirchenmuſik iſt ein weſentliches, echtes, köſtliches Stück
evangeliſchen Gotesdienſtes; darauf kommt es an, daß die Gemeinde
ſich deſſen bewußt bleibt. Glauben und Kunſt ſind wurzelverwandt,
unſere alten proteſtantiſchen Choräle ſind der traumphierende Ausdruck
des Glaubensmutes. Schütz und Bach wollten nichts anderes ſein als
Haushalter über die ihnen verliehenen Pfunde Gottes für die Gemeinde.
An den Feſtgottesdienſt ſchloß ſich, umrahmt und unterbrochen von
Chorgeſängen, der eigentliche Feſtakt, der Reigen der Anſprachen, an.
Die Feſtrede hielt Herr Pfarrer Vogel von der Stadtkirche, der der=
zeitige
Vorſitzende des Kirchengeſangvereins:
Hochverehrte Feſtverſammlung!
Es iſt eine freundliche Fügung, daß die Feier des 50jährigen Be=
ſtehens
des Kirchengeſangvereins der Stadtkirche noch in das gleiche
Jahr fällt, in dem die evangeliſche Chriſtenheit mit Freude und Dank
das 400jährige Jubiläum unſeres deutſchen evangeliſchen Kirchenliedes
feſtlich begangen hat. Ohne dieſe Wundergabe unſeres Luther wären
wir nicht da, und wir dürfen Luther mit Recht aſich den Vater der
evangeliſchen Kirchenmuſik nennen, denn wir können uns keinen beſſerer
Protektor der evangeliſchen Kirchengeſangvereine
wünſchen als den
Sänger der Lieder Aus tiefer Not ſchrei ich zu Dir oder Ein feſte
Burg iſt unſer Gott. Wie alle Kunſt, hat auch die Tonkunſt im Gottes=
dienſt
nur eine dienende Stellung; aber die Gemeinde hat ein Anrecht
auf die Güter und Werte, die in ihrem Schoße entſprungen ſind. Aus
ſolchen Erwägungen heraus handelten die Männer, die im Jahre 1874
hier in Darmſtadt einen Kirchengeſangverein gründeten. Stadtpfarrer
Dr. Sell, fand die richtigen Männer, die Herren Hallwachs,
Ewald und Dr. Ferdinand Bender, zu denen ſich bald Theophil
Becker geſellte, der langjährige verdienſtvolle Schriftführer. Von den
Mitgliedern, die bei der Gründung des Vereins beteiligt waren, ſind
noch 9 Damen und 5 Herren am Leben. Erſter Dirigent des Vereins
war Herr Gymnaſiallehrer Dr. Bender, den Vorſitz führte bis zum
Jahre 1903 Exzellenz Hallwachs mit zielbewußtem, energiſchem
Willen. Die Stimmenzahl betrug bald nach der Gründung im Sopran
und Alt etwa 20, im Tenor und Baß 10, heute insgeſamt über 70. An=
geregt
durch das Darmſtädter Beiſpiel, entſtanden im Heſſenland bald
in einer Reihe von Orten Kirchengeſangvereine, und ſchon 1879 wurde
der Evangeliſche Kirchengeſangverein für Heſſen gegründet. Und als
dann im Jahre 1883 der Evangeliſche Kirchengeſangverein für Deutſch=
land
ſich zuſammenſchloß, gehörten zum Vorſtand des zentralen Aus=
ſchuſſes
unſer Hallwachs und unſer Theophil Becker und der Führer und
Lehrer der theologiſchen Jugend, der ſpäter unſer werden ſollte, der
feinſinnige H. A. Köſtlin. Unſer Verein wuchs immer mehr in ſeine
Aufgabe hinein und verſchönte die Gottesdienſte in der Gemeinde. Als
Dirigent folgte auf Dr. Bender Miniſterialrat Ewald dann Profeſſor
Dr. Mendelsſohn und Stadtorganiſt Wilhelm Borngäſſer,
jeder in ſeiner Art ſich voll einſetzend, um den Verein in ernſter Arbeit
zu befähigen, das wache Gewiſſen zu ſein für echte religiöſe proteſtan=
tiſche
Kunſt. Als Vorſitzender folgte auf Hallwachs: Ewald, dann Ge=
heimrat
Dr. Flöring, und 1915 wurde mir der Vorſitz übertragen. Der
Verein will in den neuen Abſchnitt ſeines Wirkens nicht eintreten, ohne
zugleich in ſichtbarer Weiſe ſeine Dankespflicht gegenüber den Perſön=
lichkeiten
zu beweiſen, die ihm die Treue in beſonderer Weiſe gehalten
und ihn mit reichen Anregungen gefördert haben. Wir bitten den Herrn
Geheimrat Dr. Flöring, den Titel eines Ehrenvorſitzenden
annehmen zu wollen, Herrn Profeſſor, Dr. Mendelsſohn, den
Titel eines Ehrendirigenten.
Herr Pfarrer Vogel nannte hierauf die Namen einer größeren
Anzahl von Perſönlichkeiten, die mit dem heutigen Tage zu Ehren=
mitgliedern
des Vereins ernannt wurden, darunter Herrn Prof.
Heil, der, ſeit der Gründung dem Verein angehörend, jetzt noch als
einziger der Gründer ſich als aktives Mitglied betätigt und in unermüd=
licher
Treue keine Probe verſäumt hat. Der Redner widmete noch dem
hochverehrten, aufopfernden und ſelbſtloſen Dirigenten, Herrn Born
räſſer, im Namen des Vereins das große Werk von Spitta J. (
Bach, um zu ſchließen: Beſcheidene Ehren ſind es, die wir austeilen
konnten, aber ſie haben den zweifachen Sinn: Einmal bringen wir da=

Montag, den 22. Oklober 1924.

durch zum Ausdruck, daß wir das Erbe der Vergangenheit treu und
dankbar bewahren wollen darum ehren wir unſere alten, treuen Mit=
glieder
, dann wollen wir Geiſt und Geſinnung der Männer feſthalten, denen
die Kirchengeſangvereine wertvollſte Anregung und Förderung verdanken,
und darum verbinden wir die Namen eines Flöring und Mendeisſohn
unauslöſchlich mit unſerem Verein. Wir geloben, weiterhin treue Arbeit
zu leiſten, und da wir wiſſen, daß all unſer Singen und Sagen auf Er=
den
Stückwerk bleibt, ſo halten wir es mit dem kindlich ſchlichten Gebet:
O. nimm das arme Lob auf Erden,
Mein Gott, in allen Gnaden hin,
Im Himmel ſoll es beſſer werden,
Wenn ich verklärt und ſelig bin;
Da ſing ich dir in höherm Chor,
Vieltauſend Hallelujah vor.
Herzliche Worte des Grußes, des Dankes und der Beglückwünſchung
ſprachen, unter gleichzeitiger Ueberreichung von Gaben, meiſt Werken
der Kirchenmuſik, Herr Prälat Dr. Diehl für das Landeskirchenamt,
Herr Pfarrer Kleberger für den Kirchenvorſtand der Stadtkirche,
Herr Pfarrer Dr. Waitz für die anderen evangeliſchen Kirchengeſang=
vereine
der Stadt, Herr Geheimrat Dr. Flöring für den heſſiſchen
und den deutſchen Kirgengeſangverein. Herr Pfarrer Vogel dankte
allen Geben bewegten Herzens.
Am Abend fanden ſich die Mitglieder der Gemeinde und des Kirchen=
geſangvereins
im Gemeindehaus zu einer ſchlichten Feier im engeren
Kreiſe noch einmal zuſammen. Unſer aufrichtiger Wunſch geht dahin,
daß der Kirchengeſangverein der Stadtkirche in Darmſtadt, der geſtern
erneut den Beweis dafür erbrachte, auf welch hoher Warte künſtleriſcher
Vollendung er ſteht, noch recht lange unter der tatkräftigen Leitung ſei=
nes
Vorſitzenden und dank der aneifernden und ſchöpferiſchen Führung
durch ſeinen Dirigenten eine Pflegeſtätte edler Tonkunſt im Gottes=
hauſe
bleiben möge. Berufen und befähigt, auf alter, beſter Ueberlie=
ferung
fußend, möge er weiterhin den Gottesdienſt der Gemeinde durch
ſeine harmoniſche Kunſt in religiöſer Wärme verſchönen und verklären.
Ad multos annos!
H. W. W.
*Quinton=Gitarre=Abend der evang.
D
Jugendgemeinſchaft
am 25. Oktober 1924.
Es war eine erhebende muſikaliſche Weiheſtunde, die uns
die beiden Künſtler, auf ihren Inſtrumenten Herr Peter
Harlan auf einer ſelbſtgebauten Gitarre und Herr Edgar
Lucas auf einem Quinton von Kretſchmann (Markneukirchen,
um 1780) am Samstag=Abend im Feſtſaal des Ludwig=
Georg=Gymnaſiums darboten. Wie Herr Peter Harlan in ſeinen
einleitenden Worten betonte, ſollte dieſer der alten Kammer=
muſik
gewidmete Abend nicht ein Konzert ſein, ſondern eine
intime Hausmuſik, in der ſie mit ihren (wenn auch hiſtoriſch
nicht ganz getreuen) Inſtrumenten Laute war durch Gitarre
erſetzt von Herz zu Herz ſprechen wollten. Dieſes edle Wollen
iſt den beiden Herren in vollem Maße geglückt, und wir ſind
ihnen dankbar, daß ſie uns in ihren auf hoher künſtleriſcher
Stufe ſtehenden Muſikvorträgen, die uns einen Einblick in die
Kammermuſik des 16. und 17. Jahrhunderts gewährten, mit einer
Muſitgattung bekannt machten, die leider immer mehr in Ver=
geſſenheit
gerät.
Die Vortragsfolge war ſehr geſchickt zuſammengeſtellt und
wies in chronologiſcher Folge Kammermuſikwerke von Petrucci
(1508) bis J. S. Bach auf. Es war daher dem Zuhörer leicht
möglich, ſich ein Bild von der Entwickelung der Kammermuſik
zweier Jahrhunderte zu machen, wie ſie ſich allmählich von der
in den alten Kirchentonarten begründeten, auf unſer Ohr eigen=
artig
, faſt modern wirkenden Harmonik, frei gemacht, um in den
unſeren Ohren vertrauteren Bach’ſchen Muſikſtil überzuleiten.
Bei allen von den beiden Herren teils auf dem Quinton oder
der Gitarre als Soloinſtrument, teils im Zuſammenſpiel beider
Inſtrumente vorgetragenen Muſikſtücken konnte man eine in da=
maliger
Zeit beſonders gepflogene kontrapunktiſche Stimmfüh=
rung
und Klangfülle der Harmonien feſtſtellen, die ſelbſt ver=
wöhnten
modernen Ohren, vielleicht gerade durch die Eigenart
der zwiſchen Dur und Moll ſchwankenden Harmonien, wohl=
taten
. Zu dieſer wundervollen Wirkung mögen aber auch haupt=
ſächlich
der voluminöſe Ton der Harlanſchen Gitarre und des=
gleichen
der edle Ton des Quintons (in ſeinem Klangcharakter
zwiſchen Viola und Cello ſtehend) beigetragen haben. Beſon=
ders
das letztgenannte Inſtrument, das in ſeiner Tiefe etwas
wehmütig und verſchleiert, in der Höhe aber metalliſch und bril=
lant
klingt, muß m. E. in allen muſikaliſch ernſt veranlagten
Menſchen eine wunderſame Stimmung erzeugen, und es iſt zu
bedauern, daß dieſes Inſtrument in unſeren modernen Orcheſtern
keine Verwendung mehr findet. In dem Bach’ſchen A=Moll=
Präludium und der E=Dur=Gavotte, die wir auch aus unſerer
Klavierliteratur kennen, die aber von Bach im Original für Laute
geſchrieben ſind, wurde durch das meiſterhafte Spiel Herrn Har=
lans
der Lautencharakter vollkommen gewahrt, ebenſo wie in
den beiden Menuetts desſelben Meiſters das Cymbalon ſehr gut
durch die Gitarre erſetzt wurden. Außer dieſen Kompoſitionen
ſprachen uns noch beſonders an: Zwei Lieder von Schlick (1512),
ein trauriges und ein hinterliſtiges, ein Trinklied Dort
unten an dem Rheine von Ochſenkhun (1558), letzteres beſon=
ders
eigenartig durch ſeine Modulationen und Schlüſſe, eine
Pavane (Tanzform) des engliſchen Meiſters Dowland (1600)
und ſchließlich eine Suite (Tanzfolge) dis Gitarrenlehrers Lud=
wigs
XIV., Viſée (1686).
Wir wären den beiden Herren, die wir als Meiſter ihrer
nicht alltäglichen Inſtrumente kennen lernten, ſowohl was Tech=
nik
als auch Vortrag anbetrifft, dankbar, wenn ſie uns im Laufe
des Winters noch einmal mit Vorträgen edler alter Kammer=
muſik
erfreuen wollten. Jedenfalls möge ihnen der warme Bei=
fall
, der wohltuenderweiſe erſt am Schluß der traulichen Haus=
muſik
einſetzte, ein Anſporn hierzu ſein.
Sr.
Antrag auf Einführung einer Unterſtützung für die Kurzarbeiter
der Stadt Darmſtadt. Die dem Deutſchen Gewerkſchaftsbund ( chriſtlich=
national
) angehörenden Stadtverordneten Weſp, Kraſinsky und Laufer
haben in der letzten Sitzung der Stadtverordnetenverſammlung einen
Antrag eingebracht, der dahin geht, Kurzarbeitern der Stadt Darmſtadt
eine laufende Unterſtützung nach dem Vorbild der Städte Offenbach und
Frankfurt zu gewähren. Der Antrag wurde dem zuſtändigen Ausſchuß
zur Durchberatung überlaſſen.

Rummer 299.

Aus Heſſen.

* Griesheim, 25. Okt. Nachdem die Getreideausſaat in hieſiger Ge=
meinde
begonnen hat, hat die Bürgermeiſterei das Einſperren der Tau=
ben
für die Zeit vom R. Oktober bis einſchließlich 23. November d. J.
angeordnet.
* Nieder=Ramſtadt, 25. Okt. Gemeinderatsbericht. Die
Vergebung der Inſtallationsarbeiten für die zu errichtende Gemeinde=
badeanſtalt
gab Veranlaſſung zu längeren Auseinanderſetzungen. Die
Meinungen, ob elektriſche Erwärmung oder gewöhnliche Heizung am
vorteilhafteſten ſei, gingen innerhalb des Gemeinderats noch auseinan=
der
. Die Sache wurde daher zunächſt als noch nicht ganz ſpruchreif ver=
tagt
und einzelne Kommiſſionen beſtimmt, die ſich bereits erſtellte ähnliche
Badeeinrichtungen an Ort und Stelle anſehen ſollen. Nach Vorliegen
der auf Grund dieſer Einrichtungen erſtatteten Gutachten, ſoll erneut zu
der Sache Stellung genommen werden. Der Punkt Landtagswahl wurde
mit Rückſicht auf die Verlegung des Wahltermins vorerſt zurückgeſtellt.
Das Anſinnen des G. Lander, der Gemeinde eine einmalige Entſchä=
digung
zu zahlen für den Fall, daß die beſchlagnahmten Räume freige=
geben
werden, wird ſeitens des Gemeinderats gutgeheißen, da ſich die
beſchlagnahmten Näume, infolge der durch den Umbau vorgenomme=
nen
Veränderungen, zur Weitervermietung nicht gut eignen und mit
der Entſchädigungsſumme eine andere Wohnung geſchaffen werden kann.
Verſchiedene Unterſtützungsgeſuche und Wohlfahrtsſachen kamen noch
zur Verhandlung, außerdem wurden noch verſchiedene kleine Anfragen
erledigt.
8 Mümling=Crumbach i. D., 25. Okt. Autoumfall. Ein Laſt=
auto
, das hier Frucht geladen hatte, kam bei einer Straßenböſchung
ins Rutſchen. Die beiden Fahrer wurden verletzt. Das Auto erlitt ver=
hältnismäßig
ſchwere Beſchädigungen. Das Auto iſt angeblich aus
Pfungſtadt geweſen.
3 Michelſtadt, 26. Okr. Gewerbeſchule. Das Winterſemeſter
1924/25 beginnt am Montag, den 3. November.
8 Erbach i. O., 25. Okt. Auf dem Heuberg befinden ſich gegen=
wärtig
15 erholungsbedürftige Kinder aus unſerem Kreiſe. Die Kinder
kehren allerdings ſchon Anfang der nächſten Woche wieder zurück.
Kartoffelverſorgung. Die Stadtverwaltung hat auch in dieſem
Winter wieder größere Vorräte an Kartoffeln einkellern laſſen. Die im
Laufe des Winters zur Ausgabe gelangen ſollen.
8 Ober=Finkenbach b. Beerfelden, 25. Okt. Kriegervereins=
Tagung. Die Kriegervereine des Bezirkes Neckartal tagten dieſer
Tage hier. Die Verhandlungen wurden von dem Gemeinderechner Helm
geleitet. U. a. wurde Bericht über den Delegiertentag in Butzbach er=
ſtattet
.
Heppenheim, 24. Okt. Darlehen. Kürzlich wurde berichtet,
daß der hieſigen Stadt von dem Büro Eigenheim in Darmſtadt lang=
friſtiges
Darlehen von 150 000 Mark zu einem Zinsfuß von 910 Pro=
zent
angeboten worden ſei. Im Verlauf der Unterhandlungen hat ſich
jedoch ergeben, daß die Bedingungen ſo ungünſtig waren, daß das An=
gebot
abgelehnt werden mußte. Die gleichen Erfahrungen haben vorher
ſchon viele andere Darlehensſucher gemacht.
* Aus dem Kreiſe Heppenheim, 24. Okt. Das freie Umher=
laufen
der Hunde. Das Kreisamt Heppenheim erläßt eine Be=
kanntmachung
, wonach das freie Umherlaufen der Hunde ſtrengſtens
verboten iſt, beſonders die Mitnahme der Hunde in den Wald. Es
wurde nämlich feſtgeſtelt, daß die Hunde an dem Wildſtande ganz be=
deutenden
Schaden anrfftzen. Die Nichtachtung des Verbots wird von
dem Feld= und Waldſchuchzperſonal ſtrengſtens überwacht und zur Anzeige
gebracht.
Bretzenheim, 26. Okt. Gemeinderats=Sitzung. Prüfung
der Gemeinderechnung für das Rechnungsjahr 1922/23. Die Einnahme
beträgt 50 741 542 , die Ausgaben betragen 50 708 293 , demnach ver=
bleibt
ein Reſt von 33 249 . Bei der Gasleitung ſchließen die Einnah=
men
und Ausgaben mit 63 952 915 ab. Das Waſſerwerk zeigt eine
Einnahme und Ausgabe von 6 015 886 . Die Rechnungsprüfung wurdg
genehmigt. Sodann berichtete Bürgermeiſter Fröhder über Anſchaf=
fung
eines elektriſchen Feuer=Alarmſignals auf dem Gemeindehaus. Fer=
ner
wurden Schutzhauben gegen Rauch, Gurten und Uniformröcke für
einige Wehrleute angeſchafft. Beſchloſſen wurde dann, einen Gemeinde=
Eber und einen Gemeinde=Ziegenbock anzuſchaffen. Ein Prüfungsappa=
rat
für Gasuhren ſoll angeſchafft werden. Ferner werden durch hieſige
erwerbsloſe Pfläſterer zirka 400 Meter gepflaſterte Straßengoſſen ausge=
führt
. Herr Schmahl berichtete über die Errichtung von halbmaſſiven
Häuſen. Hier werden in aller Kürze zwei Holzhäuſer der Firma Kraus,
Mainz=Kaſtell, erſtellt. Dann folgt der Bericht der Wohlfahrtskommiſ=
ſion
. Die Vorſchläge derſelben werden angenommen. Demnach erhalten
die Erwerbsloſen (130) vom 1. 11. ab bis 1. 3. 1925 vorausſichtlich
wöchentlich 1 Brot, 2 Kubikmeter Gas und 1 Zentner Briketts. Ebenſo
werden auch die Klein= und Sozialrentner unterſtützt und erhalten 18
Vollrentner die gleiche Unterſtützung wie die Erwerbsloſen und 17 Teil=
rentner
die Hälfte. Weiter wurde beſchloſſen, ½1 Ziel. Gemeinde=
ſteuer
nachzuerheben. Die Gemeinderechnung ſowie die Rechnungen des
Gas= und Waſſerwerks liegen acht Tage zur Einſicht auf der Bürger=
meiſterei
aus.
Bingen, 26. Okt. Der hintere Schiffsteil des nunmehr bereits ſeit
Monaten das Fahrwaſſer unterhalb des Bingerlochs behindernden ge=
ſunkenen
Schleppkahns konnte nun gehoben und abgeſchleppt werden. Das
Vorderteil, das faſt quer zur Fahrrinne liegt und durch den ſtarken
Strom immer mehr verſchoben wird, ſoll, wenn möglich, durch ein ſtar=
kes
Schleppboot weggezogen werden, jedoch ſtehen auch dieſem Projekt
große Schwierigkeiten entgegen.
O Butzbach, 25. Okt. Die beiden Förſtereien Butzbach und
Hochweiſel ſind jetzt zu einer Oberförſterei vereinigt worden.
O Hungen, 25. Okt. Ein Ev. Gemeindehaus ſoll hier er=
richtet
werden. Zu dieſem Zwecke iſt hier ein beſonderer Bauverein
ins Leben gerufen worden.

Müller & RUhle, Buchhandung

Ellsabethenstr. 5

DARMSTADT

Ellsabethenstr. 5

Das Neuestel
Bücher der Rose:
Plastik des Mittelalters. . 3.30 Hebbel,Briefe u. Tagebüch. 3.
Deutscher Barock ...... 3 30 Keller, Briefe u. Gedichte 3.
Ossendowski, in den Dschungeln und Wäldern 6.

Blaue Bücher:

Orbis terrarum:
Skandinavien, ca 300 Bild. 24.
Filchner, Ouer d. Ost-Tibet 8.
Taut, Die neue Wohnung 4.40
Wißmann, In d. Wildnissen
Afrikas .. . . . . . . . . . . . 25

Mever-Eckhardt, Die Möbel des
Herrn Berthelmy..... 7.
Schendel, Ein Wanderer . 5.
Tolstoi, Jugenderinnerungen 5.50
Volkmann, Die Jugend-
freunde
d. alten Mannes 7.

Die angegebenen Preise verstehen sich für gebundene Exemplare,
die stets vorrätig.
(P.14065

Gift im Blut und Blutreinigungskuren.

Nicht nur Hautkrankheiten rühren von unreinem Blut her,
ſondern die meiſten Krankheiten überhaupt!
Iſt das Blut mit Giftſtoffen geſchwängert, ſo zeigt ſich das
durch irgendeine Erkrankung und es hat in ſolchem Falle keinen
Zweck, nur direkt den Sitz des Leidens zu behandeln, ſondern
das ganze Blut muß verbeſſert werden, es muß eine gründliche
Kur erfolgen.
Für Leute, die an irgendeiner Krankheit leiden, heiße ſie
wie ſie wolle, iſt es von größter Wichtigkeit, eine ſolche Blutreini=
gungskur
vorzunehmen. Nur ſollte man ſich von der veralteten
und wiſſenſchaftlich ganz unhaltbaren Anſicht losmachen, als ſei
ein beliebiges abführendes Mittel, auch ein Blutreinigungs=
mittel
. Abführmittel können höchſtens eine hartnäckige Ver=
ſtopfung
vorübergehend beſeitigen, aber ſie können nicht, wie es
erforderlich iſt, die chemiſche Zuſammenſetzung des Blutes ver=
beſſern
.
Man kann nämlich ruhig behaupten, daß etwa /u aller
Krankheiten, und zwar alle Stoffwechſelkrankheiten, alle entzünd=
lichen
Zuſtände innerer Organe, alle durch Blutſtauung hervor=
gerufenen
Leiden eine ſchlechte Blutmiſchung, mit anderen Wor=
ten
Gift im Blut als Urſache haben. Solche Leiden ſind u. a.
Gicht, Rheumatismus, Korpulenz, ſog. Blutarmut, die meiſten
Hautkrankheiten, Gallen= und Leberleiden, Herzleiden, Waſſer=
ſucht
, Nierenkrankheiten, Knochenſchwund, Hämorrhoiden
Aſthma, Beklemmungen, Kopfweh, kalte Füße, Neigung zu
Katarrhen, Entzündungen der Atmung= und Verdauungsorgane
und diele andere.

Wer einwenden wollte, daß unmöglich ſo viele verſchiedene
Krankheiten aus einer Urſache entſtehen könnten, dem wäre zu
entgegnen: Wenn das Blut nicht die richtige chemiſche Beſchaf=
fenheit
hat, wenn ihm die notwendigen Blutſalze fehlen, ſo kann
es in der Lunge nicht genügend Sauerſtoff aufnehmen, kann in=
folgedeſſen
den Organismus nur ungenügend damit verſorgen,
daher alle Stoffwechſelkrankheiten. Es kann ferner aus dem=
ſelben
Grunde die ſchädlichen Stoffe, vor allem die giftige Harn=
ſäure
nicht hinausbefördern, dieſelbe häuft ſich im Blute an und
macht es ſchwerflüſſiger. Daher die Stauungskrankheiten, die
Entzündungen und Herzſtörungen. Jeder Arzt muß das be=
ſtätigen
.
Wird das Blut verbeſſert, gereinigt, ſo verſchwinden dieſe
Beſchwerden.
Welche wunderbaren Wirkungen eine ſolche Blutreinigungs=
kur
hat, wollen wir an einigen Beiſpielen zeigen. Das beſte und
bekannteſte Blutreinigungsmittel und Blutnährſalz iſt Dr. med.
Schröders Renascin Viele Tauſende Dankſchreiben beweiſen
es und Aerzte empfehlen es. Zwei ſolcher Schreiben, die wir
auf gut Glück herausgreifen, lauten:
Wir haben Ihr Renasein bei auf Angemie beruhende Er=
krankungen
, ferner bei Rachitis verwendet. Wir haben mit
demſelben ſo glänzende Erfahrungen gemacht, daß wir gern
bereit ſind, es wärmſtens zu empfehlen und die allgemeine
Verkreitung beſtens zu befürworten.
St. Rochus=Spital, Wien.
(gez.) Dr. Petz.

Heutingsheim, den 17. Juli 1924.
Ihr Renasein hat mich von meinen unerträglichen rheu=
matiſchen
Schmerzen gänzlich befreit, auch waren meine Ner=
ven
ſo herunter gekommen, jetzt fühle ich mich wieder wohl,
ſage Ihnen vielen Dank. Ich werde es noch weiter empfehlen.
Emmi Bäßler.
Es hat alſo dasſelbe Mittel bei den verſchiedenſten Krank=
heiten
im günſtigſten Sinne gewirkt, ein Beweis, daß alle dieſe
Leiden die gleiche Urſache hatten: das unreine Blut.
Dieſes Mittel kann umſomehr mit gutem Gewiſſen empfoh=
len
werden, als ein Verſuch nichts koſtet und für guten Erfolg
Garantie geleiſtet wird. Wenn man einfach unter Berufung auf
dieſe Mitteilung ſeine Adreſſe an Dr. med. H. Schröder, G. m.
b. H.,;Berlin W 35/HI. 132, einſendet, ſo erhält man nicht nur
eine Probedoſe des bereits ſeit 17 Jahren be=
währten
Mittels gratis, ſondern gleichfalls
gratis auch ein äußerſt intereſſantes und
lehrreiches Buch über Entſtehung und Ver=
breitung
vieler Krankheiten. Es iſt aber rat=
ſam
, von dieſer Vergünſtigung ſofort Gebrauch zu machen,
da natürlich der Andrang groß ſein wird. Ein Mittel,
welches Tauſenden geholfen hat, koſtenlos verſuchen zu können,
das iſt ſchon eine Poſtkarte wert! Die genaue Adreſſe iſt: Dr. med.
H. Schröder, G. m. b. H., Berlin W. 35/HI. 132. (TV14049

[ ][  ][ ]

Rummer 299.

Montag, den 22. Oktober 1924,

Seite 5

Sport, Spiel und Turnen.

Motorſport.
* Motorrad=Tournier des M. C. D.
Der Motorradklub Darmſtadt wiederholte am geſtrigen Sonn=
tag
ſein Motorrad=Turnier auf dem Sportplatz des V. f. R.,
zu dem der Mainzer Motorradklub zehn ſeiner beſten Fahrer
entſandt hatte. Das Turnier beſtand aus einer Geſchicklichkeits=
prüfung
und Fuchsjagden. Bei der Geſchicklichkeitsprüfung galt
es, durch ein Labyrinth von Schwierigkeiten die Maſchinen in
einer beſtimmten Zeit hindurchzubalanzieren. Die Prüfungen
waren ſehr wertvoll, gaben ſie doch Aufſchluß darüber, ob der
Fahrer auch in jeder Lage ſeine Maſchine zu meiſtern verſteht.
Bei dem glitſchigen Sandboden war das nicht immer gerade leicht.
Um ſo auerkennenswerter waren die gezeigten Leiſtungen, die auf
einer ſehr beachtenswerten Höhe ſtanden. Bedauerlich nur, daß
die gehegten Hoffnungen auf einen Maſſenbeſuch nicht erfüllt
wurden. Eine kleine Zuſchauermenge hatte ſich eingefunden, die
die Vorführungen zwar mit Andacht und Aufmerkſamkeit ver=
folgte
, bei der aber doch die notwendige Begeiſterung und Stim=
mung
wohl infolge des etwas zugigen Platzes nicht ſo recht auf=
kommen
wollte. Man freute ſich zwar manchmal über das
Mißgeſchick einzelner Fahrer, namentlich wenn ſie durch ein
kleines Verſehen unblutig zu Fall kamen, zollte auch den ge=
ſchickteſten
Fahrern Beifall, fühlte ſich aber doch im allgemeinen
durch die naturgemäß eintönigen und ſich immer wiederholen=
den
Prüfungen gelangweilt. Den Fuchsjagden brachte man
offenſichtlich größeres Intereſſe entgegen. Kein Wunder, gab
es doch abwechſelungsreiche Momente genug. Die ſehr ſpannen=
den
Kämpfe gaben Fuchs wie Jäger Gelegenheit, unter Einſatz
der Maſchine ihre kaltblütige Entſchloſſenheit und Fahrtechnik
zu beweiſen. Ohne Zweifel war auch hier, ebenſo wie bei der
Geſchicklichkeitsprüfung und bei dem auf die Fuchsjagden folgen=
den
Langſamfahren der junge bekannte Rennfahrer Geo Wieſt
der Beſte, dem es immer wieder gelang, ſelbſt bei einer Meute
von über zehn Fahrern zu entwiſchen. Das verloſte Leicht=
motorrad
, das auf die Nummer 983 fiel, konnte ſeinen Be=
ſitzer
noch nicht finden.
Die Ergebniſſe:
Geſchicklichkeitsfahren: 1. Geo Wieſt, 55 Gut=
punkte
; 2. W. Rollmann, 45 Gutpunkte; 3. W. Tordrupp, 25
Strafpunkte; 4. K. Freund, 35 Strafpunkte; 5. J. Kempa, 85
Strafpunkte.
Fuchsjagd: 1. Fuchs K. Freund: 2. Fuchs Fr. Große;
8. Fuchs J. Kempa. 1. Jäger W. Schäfer; 2. Jäger G. Wieſt.
Langſamfahren: 1. G. Wieſt; 2. V. Schäfer;
8. J. Kempa.

* Das Goldene Motorrad von Mainz.
Harry Gubler=Zürich (Schrittm. Wohn) Sieger im Gol=
denen
Motorrad von Mainz vor Wilde=Eſſen und Guefier=
Bagneux. In den Flieger=Rennen gutes Abſchneiden
der Fahrer des Heſſ.=Naſſ. Radfahrer=Bundes, vor allem
von J. Kippert=Mombach im Hauptfahren und A. Jörg=
Bretzenheim im Punktefahren und Hauptfahren. Das Erſt=
fahren
holt ſich G. Schwalbach=Bretzenheim. Los=Nr.
577 bringt zum Ueberfluß dem Altmeiſter des Fahr= und
Motorrades, Franz Keller=Mainz das Opel= Motor=
fahrrad
.
Trotz des Allerheiligen=Wetters umſäumten doch alle Rad=
ſportler
die Schranken der Bahn zum traditionellen Renntag des
Goldenen Motorrades von Mainz‟. Die Steher Gubler=Zürich,
Gueffier=Paris/Bagneux und Wilde=Eſſen waren zur Stelle
und bereit zum Kampfe, als der Motor für Wilde ſtreikte. Der
erſte Lauf ging, ohne Wilde, für Gubler. Im zweiten Lauf
konnte Gueffier wegen Magenbeſchwerden nicht antreten und
Gubler zeigte ſich auch hier Wilde gewachſen und der dritte
Lauf beſiegelte das Schickſal des Deutſchen und Franzoſen und
zeigte Gubler als Sieger und ſeinen Gegnern überlegen. Der
junge Schweizer fuhr ſehr anſprechend und trotz des feuchten
Herbſtwetters hielt er Tempo zwiſchen 60 und 65 Stundenkilo=
metern
. Wilde=Eſſen war zwar dem Franzoſen überlegen, dem
Sieger jedoch nicht gewachſen, denn im dritten und zu einem
Schluſſe wohl geeigneten Lauf, hätte nicht allzu viel gefehlt und
der Eſſener hätte, wie im zweiten Lauf, eine Ueberrundung hin=
nehmen
müſſen. Der Franoſe Gueffier, der ſeit Monaten in
Main trainiert, enttäuſchte. War er auch körperlich ſcheinbar
nicht auf der Höhe, ſo verſteht er es wohl auch nicht, ſeine Steher=
maſchine
für ſich paſſend zu geſtalten. Zu hohe Ueberſetzung und
zu langer Sitz waren bisher immer ſein Schaden. Er iſt ein
ſtrebſamer Fahrer und man muß ſein Mißgeſchick bedauern. Die
Flieger=Rennen beſtritten nur Fahrer des Heſſ.=Naſſ.
Radfahrerbundes. Im Erſtfahren, das Schwalbach= Bretzen=
heim
vor ſeinem Ortskameraden Heftrich gewann, zeigte dieſer
ſchon gute Routine auf dem Zement. Das Hauptfahren zeigte
auch in Bezug auf die verwendeten Rennräder ſchon Fortſchritt
im Rennfahren. J. Kippert=Mombach, der ſchon ſeinen
Vorlauf gewonnen hatte, fand ſeine Hauptgegner in A. Jörg
und A. Hembes (beide aus Bretzenheim), die in der genannten
Reihenfolge auch das 5 Kilometer=Punktefahren an ſich brachten.
Als Harry Gubler, bekränzt, ſeine Ehrenrunde gefahren hatte,
erſchien er, um der Urne das Gewinnlos zur Verloſung des
Opel=Motorfahrrades zu entnehmen. Kurz vorher erſt erſtan=
den
, brachte die Nr. 577 des bekannten Mainzer Motorſportlers
Frz. Keller den Gewinn, der ihn mit den Worten begrüßte:
Eine Sieben iſt noch nie allein geblieben‟. Der Renntag hatte
ſein Ende erreicht, der letzte, wie angekündet, wird er in dieſem
Jahre jedoch noch nicht ſein, denn am 5. November werden die
Kämpen des Rennrades ſich nochmals dem Roten Kreuz zur
Verfügung ſtellen. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß, wie neu=
lich
das Motor= ſo auch heute das Radrennen von dem Wies=
badener
Schmitt=Ritter=Film aufgeommen wurde und baldigſt
zu ſehen ſein wird.
Ergebniſſe:
Erſtfahren 1 Kilometer, 2 Vorläufe, 1 Endlauf.
1. Lauf: Am Start: Schwalbach, Trapp, Köllicker und Ott.
1. Köllicker: 2. Schwalbach. 2. Lauf: Am Start: Feldmann,
Frey, Heftrich. 1. Heftrich; 2. Feldmann. Endlauf: 1. Schwal=
bach
=Bretzenheim; 2. Heftrich=Bretzenheim; 3. Feldmann= Arms=
heim
.
Hauptfahren 1 Kilometer, 2 Vorläufe, 1 Endlauf.
1. Lauf: Am Start: Schwalbach, Hembes, Kippert und Heftrich.
1. J. Kippert; 2. Hembes. 2. Lauf: Am Start: Rohn, Jörg,
Trapp, Frey, Klein. 1. Jörg; 2. Rohn. Endlauf: 1. J. Kip=
pert
=Mombach; 2. Jörg=Bretzenheim; 3. Hembes=Bretzenheim;
4. Rohn=Bretzenheim.
Punktefahren 5 Kilometer. Wertungen: 5, 10
und 15 Runden. Am Start: 7 Fahrer. 1. Wertung: Hembes,
Jörg, Rohn, Kippert. 2. Wertung: Jörg, Hembes, Kippert,
Rohn. 3. Wertung (doppelt zählend): Jörg, Rohn, Hembes,
Kippert. Geſamtwertung: 1. A. Jörg=Bretzenheim 18 Punkte;
2. Hembes=Bretzenheim 12 Punkte; 3. Rohn=Bretzenheim 9 P.;
4. Kippert=Mombach 5 Punkte.
Goldenes Motorrad 3 mal 50 Runden. Teil=
nehmer
: Harry Gubler=Zürich, Schrittmacher: Wohn=Mainz,
Carl Wilde=Eſſen, Schrittmacher: Pryzgodda=Eſſen, Paul
Gueffier=Mainz=Bagneux, Schrittmacher: Thieme. 1. Lauf:
Es ſtarten nur Gubler und Gueffier. 1. Gubler, 50 Runden
47 Min. 157 Sek.; 2. Gueffier, 4½ Runden zurück. Gubler ge=

winnt beim Start 40 Meter Vorſprüng. Schon in der 7. und
8. Runde kann Gueffier ſeinem Motor ſchlecht folgen. In der
17. verliert der Franzoſe die erſte Runde und fährt nur noch
ſchwach den Lauf zu Ende. 2. Lauf: Es ſtarten: Gubler
und Wilde. Gueffier meldet ſich krank. 1. Gubler, 50 Runden
17 Min. 10½ Sek.; 2. Wilde, 1½ Runden zurück. Gubler hat
alsbald großen Vorſprung vor Wilde. Die Hälfte des Rennens
ſieht Wilde im Aufholen. Wir ſehen dann in den letzten zehn
Runden ſcharfen Ueberrundungskampf der Konkurrenten. Gub=
ler
nimmt in der 43. Runde dem Eſſener die erſte Runde und ſetzt
ſeine Fahrt zur zweiten Ueberrundung fort, die das Ende bei
1½ Runden Vorſprung unterbricht. 3. Lauf: Am Start
alle drei Konkurrenten. 1. Gubler, 50 Runden 17 Min. 838
Sek.; 2. Wilde, 250 Meter zurück; 3. Gueffier, 3½ Runden zurück.
Gueffier geht mit der Spitze ab, muß dieſe aber alsbald an
Gubler abgeben. In der fünften Runde geht auch Wilde über
Gueffier. Gueffier fährt ſchwach und hat Mühe, hinter dem
Motor zu bleiben. Wilde ſetzt Gubler hart zu und verſucht, an
ihn zu kommen, aber der Schweizer entrinnt und gewinnt zum
Schluß immer mehr Terrain.
Nadfahren.
* Die Steher=Rekordjagd in Frankreich geht weiter.
Henry Bréau neuer Weltrekordmann.
Kaum iſt die Kunde an uns vorbeigerauſcht, daß das neue
Autodrom auf dem Plateau von St. Europe die große Zement=
bahn
von Linas=Monthéry einem Brunier und dann einem Léon
Vanderſtuyft Rekordfahrfläche war, ſo erfahren wir, daß ein
Steher der zweiten Klaſſe Frankreichs und ein in der rheiniſchen
Gegend beſonders Mainz nicht unbekannter Fahrer Henri
Bréau hinter ſeinem Schrittmacher Paſſerieu erfolgreich auf der
Bahn an die Rekorde gegangen iſt. Bei dem erſten Verſuch
ſchlug Bréau den 10 Kilometer=Rekord Linarts um 8 Miunten
und ſtellte ihn auf 7 Minuten 30½ Sekunden. Leider ſetzte ein
Kerzenbruch dann ſeinem Verſuch ein Ende. Bei dem alsbald
begonnenen zweiten Verſuch hinter 60 Zentimeter Rolle
brachte der junge Steher ſodann den 10, 40, 50 und 60 Kilometer=
Weltrekord in ſeine Hand. Leider verhinderte zu dieſer
Zeit ein Riemendefekt am Motor den Angriff auf die Stunde.
Bréau wird ſeinen Verſuch, die Weltſtunde in ſeine Hand zu
bekommen, in den nächſten Tagen wieder aufnehmen. Die von
Bréau erreichten Zeiten ſind:
10 Km.: 7 Min. 50½ Sek., 20 Km.: 15 Min. 14½ Sek., 30
Km.: 22 Min. 23½ Sek., 40 Km.: 29 Min. 6½ Sek. (Alter Rekord;
Sergent 29:30½), 50 Km.: 36 Min. 323 Sek. (Alter Rekord:
Vanderſtuyft 38:17½), 60 Km.: 43 Min. 323 Sek. (Alter Rekord:
Vanderſtuyft 45:4½).
Fußball.
Sportverein Darmſtadt 1898 Turn= und Sportverein Wald=
hof
1877 2:3.
Das vierte Prbandsſpiel in der Bezirksliga führte den hei=
miſchen
Verein nach Waldhof. Die Darmſtädter Mannſchaft war
gegenüber den letzten Spielen auf zwei Poſten verändert, da der
bisherige Rechtsaußen in dieſem Spiel den Poſten eines Mittel=
ſtürmers
verſah, während den dadurch verwaiſten Poſten ein neu
eingeſtellter Mann verſah. Wenn auch durch dieſe Umſtellung
das Sichverſiehen im Sturm noch manches zu wünſchen übrig
ließ und insbeſondere im Innenſturm im gegneriſchen Straf=
raum
einige gute Torchancen durch gegenſeitiges Mißverſtändnis
vergeben wurden, ſo iſt doch für die Zukunft ſicherlich zu erwar=
ten
, daß der Sturm, wenn er erſt richtig eingeſpielt iſt, eine ſtär=
kere
Durchſchlagskraft beſitzen wird wie in ſeiner bisherigen Zu=
ſammenſetzung
.
Bei der Wertung des Reſultates iſt zu bemerken, daß Wald=
hof
den knappen Sieg verdient hat. Während der erſten Halbzeit
war eine leichte Ueberlegenheit der Waldhöfer nicht zu verkennen,
ſo daß die Tore dieſer Mannſchaft, die in der 29. und 43. Minute
fielen, als Ausdruck dieſer Ueberlegenheit und des guten Zuſam=
menſpielens
im gegneriſchen Sturm aufgefaßt werden müſſen.
Gleich nach Halbzeit legten ſich die Darmſtädter Stürmer mäch=
tig
ins Zeug, ſo daß in der erſten Viertelſtunde der zweiten Halb=
zeit
innerhalb 3 Minuten der Waldhoftorwächter zweiwal den
Ball aus ſeinem Kaſten herausholen mußte. Beide Tore waren
die Frucht guten Zuſammenſpielens, das zum erſten Male durch
den Halblinken, dann durch den Halbrechten durch geſunden Tor=
ſchuß
ſeinen Abſchluß fand. Während dieſer Zeit, bei welcher
Darmſtadt ſtark offenſiv war, hatte ſich die Darmſtädter Läufer=
reihe
allem Anſchein nach zu ſtark ausgegeben. So kam es, daß in
dem nun einſetzenden Kampf um die Führung die Gegenſeite ein
merkliches Plus hatte. Nur der Unſicherheit von Skutlareck und
Brückel im Sturme der Waldhöfer iſt es zuzuſchreiben, daß
Waldhof nur mit 1 Tore in Führung und damit zu einem knap=
pen
Sieg kam.
Bei der Beurteilung der einzelnen Poſten der Darmſtädter
Mannſchaft iſt neben dem, was aus obigen Zeilen ſchon zu er=
ſehen
iſt, noch nachzutragen, daß der Torwächter neben guten
Momenten auch ſchwache Augenblicke hatte. Die Verteidigung
leiſtete ſolide Arbeit. Herr Burkhardtsmeier aus Zuffenhauſen
war als Schiedsrichter energiſch und hatte das Spiel jederzeit in
der Hand; einzelne ſeiner Entſcheidungen waren jedoch nahezu
unverſtändlich. Die Platzverhältniſſe waren miſerabel.
1a Jugendmannſchaft V. f. R. Darmſtadt 1. Jugendmannſchaft
F. C. Bayern Kitzingen 2:4 (1:2).
Am Samstag abend begab ſich die 1a Jugendmannſchaft des
V.f.R. Darmſtadt nach Kitzingen, um das Rückſpiel gegen die
1. Jugendmannſchaft Bahern auszutragen. In der frühen
Morgenſtunde trafen die Darmſtädter in der Bayernſtadt ein.
Einige liebenswürdige Leute vom Klub holten die Mannſchaft
vom Bahnhof ab und brachten die ſchlafbedürftigen Naſenſpieler
in ihre Quartiere. Am Vormittag beſichtigte die Mannſchaft die
Stadt. Nachmittags um 1.30 Uhr begann das Spiel. Schon
dachte man an einen Sieg der Darmſtädter da geht Kitzingen
mit 0:1 in Führung. V.f.R. kann bald ausgleichen. Durch ein
Mißverſtändnis der V.f.R.=Verteidigung fiel bald darauf das
zweite Tor für Kitzingen. Mit 1:2 geht es in die Pauſe. Nach
Wiederbeginn ſah man immer noch die Ueberlegenheit der Heſſen,
die auch in der zweiten Halbzeit anhält. Durch Hand des Mittel=
läufers
im Strafraum entſcheidet der Unparteiiſche Elfmeter.
Kitzingen ſendet ein für den V.f.R.=Torwächter unhaltbar.
Durch dieſes Tor ſah man beide Mannſchaften mit allem Eifer
kämpfen, beſonders V.f.R., der ausgleichen will. Der V.f.R.=
Sturm kommt immer wieder gut nach vornen, doch derſelbe ver=
gaß
das Schießen. Dagegen ſah man bei Kitzingen den Sturm
ſchußfreudiger kommt einige Minuten ſpäter durch, durch
Fallen des rechten Verteidigers V.f. R. geht Kitzingen in Füh=
rung
. V.f.R. ſtellt um, verſucht wiederum aufzuhalten, jedoch
der flinke Rechtsaußen kommt durch und ſendet zum vierten
Treffer ein. Kitzingen, das mit einer verſtärkten Mannſchaft auf=
trat
, wie beim Vorſpiel in Darmſtadt, konnte ſehr gut gefallen.
V.f. R. mußte mit Erſatz antreten, hatte aber das Spiel in der
Hand aber das Schießen! Die Darmſtädter hinterließen den
beſten Eindruck. Eine anſehnliche Zuſchauermenge wohnte dem
K.
Treffen bei. Der Schiedsrichter war ſehr gut.
1. F. C. Eintracht F.C. Germania Eberſtadt I 3:3 (2:1).
H.H. Beide Mannſchaften lieferten ſich einen ſcharfen Kampf,
der aber doch mit Ausnahme von einzelnen Zwiſchenfällen im
Rahmen des Erlaubten ſich abwickelte. Zuerſt findet ſich Eber=
ſtadt
zuſammen und kann dies auch mit einem Tor zum Ausdruck

bringen. Doch ſollte die Freude nicht lange währen, denn Ein=
tracht
gleicht kurz darauf durch Elfmeter wegen Hand aus. Die
Ueberlegenheit des Platzinhabers ſchält ſich immer mehr heraus,
und auf Flanke von links kann Neeb das Führungstor erzielen.
Eberſtadt wird noch wenig gefährlich, ſeine Verteidigung muß
alles aufbieten, um ſich der Angriffe der Eintrachtler zu erwehren.
Nach Halbzeit anfangs verteiltes Spiel, doch nach und nach
iſt die weitere Ueberlegenheit der Hieſigen nicht zu verkennen.
Mühlbach 2 ſtellt durch unverhofften Schuß das Reſultat auf 3:1.
Eintracht hat, wie es ſcheint, den Sieg ſicher in der Hand, und
mit ihm auch die Punkte. Doch ſollte es anders kommen. Mit
Hilfe des phlegmatiſchen Spieles des rechten Verteidigers und
des Torhüters vermag Eberſtadt durch zwei weitere Tore den
Ausgleich herzuſtellen. Die Schwarzen erkennen erſt jetzt die Lage,
doch zu ſpät. 3:3 iſt das Endergebnis und jeder Verein kann
einen Punkt ſein eigen nennen.
1. Germania Dieburg 1. F.=Sp.=V. 1919 Groß=Zimmern 2: 4.
Am geſtrigen Sonntag trafen ſich, wie bereits bekannt, obige
Mannſchaften zum Verbandsſpiele in Dieburg. Wie zu erwarten
war, ſetzte Dieburg ſeine ganzen Kräfte daran, um das Spiel zu
gewinnen. Jedoch Groß=Zimmerns ſpielſtarke Elf läßt ſich die
zwei Punkte nicht ſo leicht nehmen. Es wurde daher ein ſehr
ſcharfes Spiel vorgeführt. Der Schiedsrichter gab um ½2 Uhr
den Ball frei. Groß=Zimmern hat den Wind im Rücken. Die=
burg
hat Anſtoß, Groß=Zimmern greift an und ſchon mußte in
der erſten Minute der Halblinke Groß=Zimmerns ausſcheiden,
da er ſich eine Verletzung am Knie zugezogen hatte. Groß=
Zimmerns Halbrechter ſchießt dann in der 5. Minute das erſte
Tor. Gleich darauf konnte der Rechtsaußen von Groß=Zimmern
den zweiten Treffer unhaltbar einſenden. Kurz vor Halbzeit
kann Dieburg durch ein Gedränge vor Groß=Zimmerns Heilig=
tum
auch ein Tor erzielen. Dann geht es in die Halbzeit. Nach
Wiederbeginn hat Groß=Zimmern einen ſchweren Stand, da es
nun gegen den Wind zu kämpfen hat. Gleich nach Anſtoß macht
der Verteidiger von Groß=Zimmern Hand, der Schiedsrichter
gibt Elfmeter, welcher verwandelt wird. Dieburg hat ausge=
glichen
. Doch Groß=Zimmern geht aus ſich heraus und nach
einigen Minuten konnte der Linksaußen von Groß=Zimmern den
dritten Treffer unhaltbar einſenden, dem in der letzten Minute
ein viertes Tor des Rechtsaußen folgte. Groß=Zimmern hat ſo=
mit
wieder einen verdienten Sieg errungen und ſteht damit
immer noch an erſter Stelle. Der Schiedsrichter, Herr Beck,
Darmſtadt, war dem Spiel ein gerechter Leiter.
Berlin: Alemannia Union Charlottenburg 2:1.
Tennis Boruſſia Niederſchönlangen 3:0.
Wacker 04 Union 92 1:1.
Sp.=V. 95 F.=C. Brandenburg 6:4.
Weißenſee 1900 Vorwärts 2:1.
Preußen Spandauer Sp.=V. 1:1.
Norden=Nordweſt B.=V. Luckenwalde 2:1.
Herta Spandauer Sp.=C. 3:2.
Union Potsdam V. f. B. Pankow 3:1.
Weſtdeutſchland:
Dortmund 90 Alemannia Dortmund 1:6.
Arminia Marten V. f. L. Dortmund 1:1.
Union Oberſchöneweide Tura Düſſeldorf 3:2.
Union Oberſchöneweide Eſſen Schwarz=Weiß 2:2.
Weſtfalia Ahlen V. f. R. Osnabrück 3:3.
Sp.=Vg. Hamm Viktoria Recklinghauſen 2:1.
Preußen Münſter 09 Gronau 1:0.
Union Recklinghauſen Sp.=C. Minden 1:0.
Mainbezirk: Eintracht Frankfurt V. f. B. 01 0:0.
Kreisliga: Nordmainkreis: German. Homburg 2:0.
Boruſſia Sportfreunde 1:5.
Olympia Bergen 0:3.
Oberurſel Heddernheim 3:1.
Rödelheim Fechenheim 0:1.
Südmainkreis: Neu=Iſenburg Spp. Offenbach 0:C=
Heuſenſtamm Langen 1:0.
Bieber Mühlheim 2:1.
Hauſen Bürgel 2:0.
Wixhauſen Sprendlingen 1:4.
Oſtmainkreis: Spp. Damm Groß=Auheim 3:1.
Klein=Steinheim Viktoria Aſchaffenburg 1:3.
Bayern: F.=C. Nürnberg Nürnberger Fußballverein 4:1,
Schwaben Ulm Spiel=Vgg. Fürth 0:2.
Wacker München 1860 München 3:0.
Württemb.=Baden: F.=V. Heilbronn F.=C. Freiburg 1:2.
Sp.=C. Freiburg Kickers Stuttgart 1:4.
V. f. B. Stuttgart Sp.=C. Stuttgart 1:1.
F.=C. Mühlburg F.=C. Pforzheim 2:3.
Rheinbezirk: F.=C. Pirmaſ. F.=C. Pfalz Ludwigsh. 1:0.
T.= u. Sp.=V. Feudenheim V. f. R. Mannheim 0:2.
Phönix Ludwigshafen V. f. B. Neckarau 1:3.
Rheinheſſ.=Saar: Bor. Neunkirchen Spv. Saar 05 1:1,
Spv. Wiesbaden F.=C. Idar 1:1.
Spv. Trier 05 F.=V. Saarbrücken 5:2.
T.= u. Spg. Höchſt Wormatia Worms 1:0.
Handball.
Sp.=V. Darmſtadt 1898 Polizeiſportverein Butzbach 5:1 (2:0).
Nun hat auch Butzbach, dieſer gefährliche und zähe Gegner,
daran glauben müſſen, daß die Darmſtädter mit Recht an der
Tabellenſpitze marſchieren. Einwandfrei wurden die Gäſte nieder=
gerungen
, das Spiel wurde hart und doch anſtändig durchgeführt,
wofür man auch dem energiſchen Schiedsrichter Acker=Offenbach
danken darf. Beide Parteien treten in ſtärkſter Aufſtellung an,
nur war der gefährliche Butzbacher Stürmer Stern als Mittel=
läufer
aufgeſtellt, verſah dort ſeinen Dienſt ſehr gut, fehlte aber
vor dem Tor. Brettner, der den Polizeilern viel beigebracht
hat, iſt ſelbſt nicht mehr auf der Höhe ſeines Könnens. Anders
unſere Darmſkädter. Sie wachſen mit dem Gegner. Gleich
in den erſten Minuten ſitzt ein Schuß von Jans, der bald darauf
einen 13=Meter=Wurf raffiniert verwandelt. Reuter und Daniel
ſind einmal mit Schüſſen in die linke Torecke erfolgreich, und
Juda, der ſich bald auf ſeinem neuen Halbrechts=Poſten wohl=
fühlen
wird, ſchießt mit viel Glück das letzte Tor. Darmſtadts
Läuferreihe war gut (der Außenläufer Stellungsſpiel kann noch
beſſer werden), die Verteidiger auch, nur dürfen ſie nicht zu weit
aufrücken. Eisfelder hielt, was zu halten war.
Sportv. Darmſtadt 98 Sportv. Wiesbaden (Jug.=Mannſch.) 6:2
1. Jugend T. G. 46 Darmſtadt 1. Jugend T.V. Groß=Gerau 2:0.
Bei herrlichem Herbſtwetter konnte die 1. Jugend der T. G.D.
geſtern auch ihr zweites Meiſterſchaftsſpiel gewinnen. Es war
ein Spiel, wie man es ſich allenthalben wünſchen ſollte. Vor=
nehm
im beſten Sinne ging es vor ſich, wodurch bewieſen wurde,
daß es auch dann, wenn es ein Gaumeiſterſchaftsſpiel iſt, ordent=
lich
hergehen kann. Man hatte ſeine Freude daran, wie die
Jungens mit großem Eifer bei dem Spiele waren. Vom erſten
bis zum letzten Augenblick blieb es ſpannend. Anfänglich war
Groß=Gerau im Vorteil und konnte auch verſchiedentlich durch=
brechen
, aber Darmſtadts Verteidigung iſt auf der Hut und mei=
ſtert
in bekannter Weiſe alle wohl eingeleiteten Angriffe. Der
T. G.D.=Sturm bedroht in flotten Angriffen das Heiligtum Groß=
Geraus. Kurz vor Halbzeit konnte Darmſtadt in Führung gehen.
Die zweite Halbzeit ſah Darmſtadt wieder feſt bei der Sache,
ohne daß ſich alle Arbeit umwerten ließ. Sie brachte der Turn=
gemeinde
nur durch einen gut verwandelten Strafwurf den zwei=
ten
und letzten Erfolg. Schiedsrichter von Bickenbach konnte be=
friedigen
.
E. I.

[ ][  ][ ]

Rummer Zu3

Scitz 65.
Pferdeſport.

Montag, den 22. Oktober 1924.
Schwimmen.

Grunewald.
1. Walnuß=Preis, 2700 , Verkaufsrennen für 2jähr.
Maiden, 1000 Meter: 1. Geſtüt Starpels Frigga (Kaſpar);
Hexenprinz; 3. Lump. Ferner liefen: Hollunder, Santuzza,
Edel, Rachegott, Lava. Tot.: 24:14,22,18.
2. Weichſel=Rennen, 4100 , Ausgleich 2, 2400 Meter:
1. Graf Seidlitz=Sandreczkis Olifant (Ludwig); 2. Dioscur;
. Sankt Thomas. Ferner liefen: Habicht, Le Gerfaut, Vendeix,
Bellae, Sanguiniker und Cabinet noir. Tot.: 63:22,19,44.
3. Herbſtlaubpreis, 6800 , für 2jähr. Stuten, 1200
Meter: 1. A. u. C. v. Weinbergs Maira (O. Schmidt); 2. Nu=
ia
; 3. Callahari. Ferner liefen: Marienburg, Pythia, Maid,
Eoneza Gora, Geiſenheim, Tante Lotte, Nordlicht, Hanum und
Leto. Tot.: 17:13,33,18.
4. Gladiatoren=Rennen, 41000 , 2800 Meter.
1. L. Röllers Pan Robert (Bleuler); 2. Hornbori; 3. Ganelon.
Ferner liefen: Perikles, Claudius, Notung, Träumer, Jean de
France, Fundin, Hohe Pforte, Idomeneus und Oſtrea. Tot.:
2248:125,22,13.
5. Wintermärchen=Rennen, 4100 Meter, für 3jähr.,
1400 Meter: 1. Stall Halmas Melantho (O. Schmidt); 2. Ro=
enkelch
; 3. Hanſa. Ferner liefen: Carl=Heinz, Roskva und
Akhambra. Tot.: 33:16,30.
6. Rauhreif=Rennen, 2700,, für 3jähr. Maiden,
1600 Meter: 1. Frau A. Alexanders Staffelei (Tarras); 2. Pes=
Caro; 3. Erzhallunke. Ferner liefen: Calderon, Hexentanz,
Sulbo, Brüderſchaft, Cyaue, Kiwi, Lady Grey, Morgenröte und
Jaditry. Tot.: 93:21,15,16.
7. Halali=Rennen, 2700 , Ausgleich 3, 1800 Meter:
1. Frau v. Zobeltitz' Meſſina (Albers); 2. Roderich; 3. Eich=
latze
. Ferner liefen: Lenor, Aufklärung, Mira 2., Rubel, Pala=
mon
, Sarazener, Felſenriede, Eiſenritter, Criſtſchmuck, Höhen=
rauch
, Soto, Sternberg. Tot.: 175:48,93,44.
München.
1. Wiederſehen=Rennen 1500 , für 2jähr., 120
Meter: 1. O. Ehrentrauts Champagner (A. Seiffert); 2. Am=
neris
; 3. Schalmei. Ferner liefen: Joceta, Leichtfuß, Agate,
Charlotte, Mardonius. Tot.: 14:10,12,11.
2. Heimkehr=Rennen, 1500 , 2000 Meter: 1. Frhr.
G. v. Schrenck=Notzings Morgentau (Matz); 2. Avocourt;
3. Kätherl 3. Ferner liefen: Eſtino, Raſtelbinder, China, Der
Main. Tot.: 16:12,19,17.
3. Schluß=Jagdrennen, 2200 , Ausgleich 2, 3500
Meter: 1. H. L. Wertheimers Snob (Machan); 2. Trapper;
3. Silbertaler. Ferner liefen: My Lord 2, Satyr, Odebb, Co=
ſima
, Livia. Tot.: 65:14,13,13.
6. Abſchieds=Rennen, 2100 , 1400 Meter: 1. Frie=
digers
Terrakotta (M. Braun); 2. La Paludiere; 3. Aida. Fer=
ſier
liefen: Auracaria, Canio, Mime, Nordpol, Naive, Roſen=
ce
. Tot.: 67:16,16,13.
5. Preis der Treue, 3000 , Ausgleich 2, 2920 Meter:
1. F. Sachs Südwind (Urban); 2. Otavi; 3. Grand Mouſſeux.
Ferner liefen: Pipin, Jahn, Gianutri. Tot.: 22,13,17.
6. Troſt=Rennen, 1500 , 1600 Meter: 1. L. Werthei=
iers
Luſtgarten (Göbel); 2. Struma; 3. Eskiſchehir. Ferner
liefen: Nain=Nain, Kalmanczi, Pfalzmädel, Ingeborg 2, Pari=
ſette
. Tot.: 18:11,11,11.
Dresden.
1. Maiden=Rennen, 2700 , für 2jähr. inl. Maiden
1000 Meter: 1. Geſtüt Startels Maravedis (Senkpeil); 2. Mor=
genpoſt
; 3. Taiga. Ferner liefen: Feuergeiſt, Rodenſtein, Dolde,
Welfenroß, Sieglinde, Malepartus, Domän, Lichtung, Pikſieben,
Winterweide, Bertram, Sygull, Tot.: 205:97,19,43.
2. Preis von Strehlen, 2700 , 1200 Meter: 1. L. u.
W. Sklareks Alarid; 2. Stigmaria; 3. La Mara. Ferner liefen:
Maya, Amor, Schaumſchläger, Saxnot, Kowno 2, Alex. Tot.:
28:15,14,99.
3. Preis von Liebſtadt, 3000 , 1400 Meter: 1. Krah=
mers
Manuela (Senkpeil); 2. Liſſa; 3. Liebesgedanke. Ferner
liefen: Centrifugal, Sheitan, Banduſia, Landung, Enver, Hei=
mattreuer
, Varus, Porta Weſtfalica, Cimber. Tot.: 272;69 24,38.
43. Quirl=Ausgleich, 3000 , 1600 Meter: 1. H. Dorn=
dorfs
u. Roſenthals Fridolin (Janke); 2. Sonnenſchein 2: 3. Pi=
aski
. Ferner liefen: Marasquino, Elderado, Per Dark, Felſen=
roſe
, Ulan 2, Rüſtung, Saloppe, Primo, Humboldt. Tot.: 140;
33,16,23.
5. Herbſt=Ausgleich der Zweijährigen, Ehren=
preis
und 4100 , 1400 Meter: 1. Dr. W. Kaufmanns Mutwil=
lig
(Janke); 1. M. Nuſſenows Amana (Thielemann); 3. Mene=
laus
. Ferner liefen: Habitus. Con amore jun., Vulcain 8,
Rheinland, Hofotoho, Hattenheim, Orma, Kataſtrophal, Obotrit,
Flamberg, Symphonie, Groſa, Firn, Royale. Tot.: 126 61;
38,35,21.
6. Preis von Tiefenfurt, Ehrenpreis und 3000 ,
2000 Meter: 1. Hauptgeſtüt Aftelfelds Heldraſtein (Oleinik);
2. Aralinda; 3. Königsleutnant. Ferner liefen: Impreſſario,
Hüteger, Ruhr. Tot.: 22:14,14.
7. Preis von Falkenſtein 3000 , Herrenreiten
Ehrenpreis dem ſiegenden Reiter, 2600 Meter: 1. Frhr. v. d.
Oſten=Sackens Fürſt (v. Borcke); 2. Gondatlan; 3. Lindenblüte.
Ferner liefen: Tanz, Corſar, Fahneneid. Tot.: 31:15,16.

Elternabend der Jugendabteilung der Turngeſellſchaft
Darmſtadt.
Zu einem Elternabend der Jungens und Mädels hatten die
Jugendwarte für Samstagabend Eltern ſowie Mitglieder einge=
laden
. Zahlreich wurde dieſem Rufe Folge geleiſtet, ein Zeichen,
daß man dem Jugendturnen Intereſſe zeigt. Was wollten Füh=
rer
und Jugend mit dieſem Abend bezwecken? Sie wollten zei=
gen
, daß die Jugend mit Luſt und Liebe an ihrer Sache hängt.
Sie wollten beweiſen, daß auch ſie imſtande iſt, unter Leitung
ihrer Führer, die Ziele der D. T. zu verwirtlichen, und dies
brachte der Samstagabend im kleinen Rahmen. Den Reigen der
Vortragsfolge eröffneten die Schüler mit exakt ausgeführten
Freiübungen, denen ſich ein Barrenturnen der erſten Schülerin=
nen
=Abteilung anſchloß, welches zeigte, daß hierbei an Haltung
und Gewandtheit immerhin ſchon Anforderungen geſtellt werden.
Im Auftrage der Vereinsleitung begrüßte der erſte Sprecher die
Eltern und Mitglieder und wies mit klaren Worten auf die Ziele
und Beſtrebungen der D. T. hin, die frei von allen äußeren Be=
ſtrebungen
, nur das Gute im Auge hat: Körperpflege und
Jugenderziehung. Nun folgten Gedichte, vorgetragen von zwei
Schülerinnen in Darmſtädter Mundart, anſchließend zeigte die
zweite und dritte Schülerinnen=Abteilung Stabübungen in guter
Ausführung. Ein Zwiegeſpräch mit Mandolinenbegleitung fand
bei den Zuhörern großes Intereſſe, und der verdiente Beifall
blieb nicht aus. Mit einem Pferdſpringen der Schüler ſowie
vier Gruppen am Querpferd wurde das Programm geſchloſſen
Ein kleines Zuſammenſpiel Beim Dorfſchuſter von vier Schüle=
rinnen
fand den wohlverdienien Beifall. Anſchließend fand die
Siegerkerkündigung vom Jugendturnen des erſten Bezirks des
Main=R½ein=C'ques in Frankenhauſen am 14. September ſtatt.
35 Teilnelier tuaren zum Wettkampfe angetreten, und hiervon
konnten 34 die vorgeſchriebene Punktzahl erreichen. Nach einem
Schlußivort über Jugendbewegung innerhalb der D. T. ſowie
Jugendtreſſen in Marburg, fand der in allen Teilen gut ver=
laufene
Abend fein Ende. Wenn auch die Platzverhältniſſe im
leinen Saale eine größere Entfaltung auf turneriſchem Gebiete
nicht zuließ, ſo konnte man doch ſehen, daß auf dieſem Gebiete
gute Uebungen gezeigt wurden. Die Turnerſingmannſchaft hatte
ſich ebenfalls in den Dienſt der Jugend geſtellt und beehrte die
Anweſenden mit zwvei Chören.
Kof=

Schwimmfeſt des Wetzlarer F. C. G. Erfolge Darmſtädter
Schwimmer.
Der Schwimm=Sportverein Möve e. V. belegte beim zwei=
ten
gauoffenen Schwimmfeſt des Wetzlarer Fußballklubs 1905
e. V. in der Knaben=Lagenſtaffel 4X4 Bahnen (Aufſtellung:
Stuckert, Weichſel, Gimbel, Merz), im Juniorſpringen durch
Franz Hedtler und im Jugendjuniorſeiteſchwimmen vier Bah=
nen
durch Erich Herzig je einen zweiten Platz. Nachſtehend die
Ergebniſſe bei 15 Meter Bahnlänge.
Knabenlagenſtaffel: 4X4 Bahnen: 1. S. V. Offen=
bach
1896 3,51, 2. Möwe 4,02, 3. Wetzlarer S. V.
Funiorſpringen: 1. O. Benke, E. F. S. C. 27/z P.,
2. Franz Hedtler, Möve, 24½½ P.
Jugendjuniorſeite, 4 Bahnen: 1. G. Jünger, Offen=
bach
96, 50,6; 2. Erich Herzig, Möve, 55,7: 3. K. Klabunde,
Wetzlar.
unior=Rückenſchwimmen, 6 Bahnen: 1. Bauer,
Moenus=Offenbach, 1,25: 2. R. Schnitzſpahn 1,30,1; 3. F. Fraun=
dorf
1,32,3, beide Offenbach 96; 4. J. Schmidt, Möve, 1,33,2. Ir.
Schwere Beſtrafung eines Schwimmers.
Der bekannte Kölner Schwimmer Eicker vom Schtvimm=
verein
Rhenus iſt von ſeinem Verein auf ein Jahr dis=
qualifiziert
worden, weil er in dem Klubkampf gegen
Poſeidon=Köln ohne Grund vom Start ferngeblieben und ſo
die Niederlage ſeines Vereins mitverſchuldet hat.
Europameiſterſchaften.
Das Projekt der Schaffung von Europameiſterſchaften im
Schwimmen nimmt greifbare Geſtalt an. Der Internationale
Schwimmverband hat bereits ein genaues Programm ausgear=
beitet
, das dem Prager Kongreß im Mai 1925 vorgelegt werden
oll. Die Meiſterſchaften ſollen in jedem Jahre, ausgenommen
die Jahre, in denen die Olympiſchen Spiele zur Austragung
ommen, abgehalten werden. Um die Koſten weſentlich zu redu=
zieren
, würden die 22 europäiſchen Verbände, die der Fina an=
gehören
, in folgende ſechs Ausſcheidungsgruppen verteilt:
Gruppe 1: Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland; Gruppe 2:
England, Irland, Holland: Gruppe 3: Italien, Jugoflawien,
Griechenland, Numänien; Gruppe 4: Frankreich, Spanien, Por=
tugal
; Gruppe 5: Deutſchland, Schweiz, Luxemburg, Belgien;
Gruppe 6: Polen, Ungarn, Oeſterreich, Tſchechoſlowakei. Die
ſiegreichen Länder beſtreiten die Endkämpfe. Die Europameiſter=
ſchaften
, die nur Herrenwettbewerbe vorſehen, würden jeſveils
zwiſchen dem 1. und 20. Auguſt eines Jahres ſtattfinden, fünf
Tage dauern und folgende Konkurrenzen umfaſſen: 100 Meter,
400 Meter, 1500 Meter Freiſtil, 200 Meter Bruſt, 100 Meter
Rücken, 4mal 200 Meter Freiſtilſtaffel, verſchiedene Springen
und Waſſerball. Für die Organiſation iſt ein gewiſſer Turnus
beſtimmt worden. Die Meiſterſchaften kämen in den erſten Jah=
ren
in Belgien oder England (1926), Ungarn (1927), Frankreich
(1929), England oder Belgien (1930), Schweden (1931), Deutſch=
land
(1932 oder 1933), Holland (1933 oder 1934) zur Durchfüh=
rung
. Im Jahre 1928 ſinden bekanntlich in Holland die Olym=
piſchen
Spiele ſtatt. Für die weitere Turnusfolge ſind auser=
ſehen
: Oeſterreich, Tſchechoflowakei, Dänemark, Irland, Italien,
Spanien und die Schweiz. Das Programm der Europameiſter=
ſchaften
würde endgültig für die Jahre 1926 bis 1931 feſtgelegt
werden. Ab 1932 iſt eine Vervollſtändigung in Ausſicht ge=
nommen
.
Internationale Schwimmwettkämpfe in Breslau.
Der neue Schwimm=Verein Breslau ladet für den 8. und 9. Novem=
ber
zu einem internationalen Wettſchwimmen zu Gaſte, deſſen ſportliche
Ausbeute, nach den Vorbereitungen zu urteilen, eine ganz hervorragende
zu werden verſpricht. Schon jetzt liegen zahlreiche und gute Anmeldun=
gen
aus allen Teilen des Reiches vor, eine Rückwirkung der regen Tätig=
keit
, die die Rennmannſchaft des N. S.V. in dieſem Jahre entfalket hat,
denn die von dem Breslauer Klub beſuchten Vereine in Berlin, Magde=
burg
, Darmſtadt, Köln, Leipzig werden es ſich nicht nehmen laſſen, die
Starts in Breslau zu erwidern. Feſt verpflichtet wurden von auslän=
diſchen
Vereinen bisher der Mobe Egri Sporttegylet=Ungarn, der ſo
gute Leute wie Barany, Horvath, Glocer, Biezkey und Sigricz ins Ren=
nen
ſchickt. Außerdem wird mit dem Schweden Arne Borg verhan=
delt
. Der Veranſtalter macht alſo alle Anſtrengungen, um für ſein im
Vorjahre wegen der Inflation ausgefallenes Feſt zu entſchädigen.

Eintracht Frankfurt 1. Darmſtädter Hockeyklub 1. 4:3 (2:1).
Der Eintracht=Platz war zum großen Teil mit reichlich hohem
Gras bedeckt, nur in der Mitte und vor den Toren war Sand=
boden
. Außenlinien gab es nicht. Das Spiel bewegte ſich dem=
gemäß
faſt nur in der Mitte. Außenſtürmer und =läufer ſahen
zu. Die Schiedsrichter hätten in Anbetracht des ſchlechten Platzes
twas mehr Nachſicht bei kleinen Fehlern üben müſſen, ſtatt
deſſen zerpfiffen ſie das Spiel von Anfang an bis zum Ende.
Bei Halbzeit führte Eintracht mit 2:1. Nach Seitenwechſel
ſpielt D. H. C. nur mit 10 Mann, drückt trotzdem ſtark, doch
laſſen Platz und Schiedsrichter ein erfolgbringendes Spiel
nicht zu.
Sp.=C. 1880 Frankfurt T.=V. 1857 Sachſenhauſen 11:0.
Hockey in Berlin.
In der Berliuer Verbandsliga war das wichtigſte Treffen
das Spiel zwiſchen dem Berliner Sportklub und dem Berliner
Sportverein 1892. In dem ſehr ſcharfen Kampfe führte der
Spv. 92 bei Halbzeit bereits 1:0 und ſiegte ſchließlich mit 2:1. Mit
dem gleichen Ergebnis von 2:1 war der Sportklub Charlotten=
burg
gegen den Lübecker Turn= und Sportverein ſiegreich. Bran=
denburg
und Tennis= und Hockeyklub 99 trennten ſich unentſchie=
den
4:4. Der Uhlenhorſter Hockeyklub Hamburg weilte beim Ber=
liner
Hockeyklub zu Gaſt. Ihre Herrenmannſchaft verlor mit 0:4,
dagegen konnten ſich die Uhlenhorſter Damen gegen B.H.C. be=
haupten
.

Eintracht Frankfurt V. f. R. Aſchaffenburg 19:0.
Sp.=Kl. 1880 Frankfurt Rudergeſ. Heidelberg 5:3.

Weſtdeutſche Meiſterſchaft im 50=Kilometer=Gehen.
Die Ortsgruppe Duisburg der Vereinigung deutſcher Geher
brachte am Sonntag die weſtdeutſche Meiſterſchaft im 50= Kilome=
ter
=Gehen zum Austrag. Der Düſſeldorfer Hoppmann führte
bis 15 Kilom,, ſchlug dann aber einen falſchen Weg ein und kam
dadurch um ſeine Punkte. Rodenbuch=Duisburg lag nun an der
Spitze und ſiegte unangefochten in 4:58:45, vor Kleinſtoll= Duis=
burg
(5:8:10) und Kobbe=Düſſeldorf (5:20:30). An einem Stun=
denlaufen
nahmen 12 Bewerber teil, darunter auch der Berliner
Pürſten, der aber die erſten 5 Kilometer an der Spitze lag, dann
aber Graſſe=Herne und ſpäter Gerull=Duisburg an ſich vorbei
laſſen mußte. Graſſe legte in der Stunde 16,232 Kilom. zurück,
Gerull 16,092 und Pürſten 16,005 Kilom.
Das Ergebnis des italieniſchen Marathonlaufes.
In Turin gelangte am Sonntag der italieniſche Marathon=
lauf
über 42,2 Kilom. zur Entſcheidung, der ein rieſiges Feld von
zirka 100 Läufern auf die Beine brachte, darunter auch die beiden
Deutſchen Hempel und Pohl vom Sportklub Charlottenburg, ſo=
wie
den Ungarn Kiraly. Der deutſche Marathonſieger Hempel
konnte ſich gegen den ſtarken italieniſchen Anſturm nicht behaupten
und konnte nur den 3. Platz belegen. Die Ergebniſſe: 1. Ertini,
2:49:55,4; 2. Alciati, 2:50:37; 3. Hempel, 2:52:27; 4. Staſario,
2:56:18; 5. Kiraly=Ungarn; 6. Delucca=Italien.

Feſtnahme von Falſchmünzern.
In einer öſtlich von Berlin gelegenen Siedlung wurde eine
vollſtändig eingerichtete Werkſtatt für die Herſtellung von Falſch=
geld
entdeckt. Drei Perſonen wurden verhaftet. Die in Angriff
genomimene Herſtellung falſcher Zehn=Rentenmark=Scheine war
noch nicht vollendet. Deshalb gelangte dieſes Falſchgeld auch
nicht in den Verkehr.
Ein Rekoröflug.
Einen Nekordflug Berlin-London in 5½ Stunden vollbrachte ein
Poſtflugzeug des Deutſchen Aero=Lloyd über die rund 1000 Kilometer
lange Strecke BerlinHannoberAmſterdam-London, voll beladen mit
Paſſagieren, Poſt und Gepäck. In Hannover und Amſterdam mußten
die üblichen Zwiſchenlandungen vorgenommen werden, die 1½ Stunden
beanſpruchten, ſo daß der Pilot Babekul die Strecke tatſächlich in vier
Stunden bewältigte.
*
* Beſchleunigung der Schnellzüge auf der Arlbergbahn.
Nicht allein die Fahrzeiten der Schnellzüge WienWelsPaſſau
Berlin und zurück wurden um über eine Stunde abgekürzt. Auch die
Fahrtdauer auf der Strecke WienSalzburgArlberg bis Buchs und
Bregenz ſoll ganz weſentlich herabgeſetzt werden. Im nächſten Sommen
ſoll die 314 Kilometer lange. Strecke WienSalzburg von den Schnell=
zügen
in 4½ Stunden zurückgelegt werden. Die 768 Kilometer von
Wien, dia SalzburgArlbergBuchs ſollen in 14 Stunden gefahren
ſverden, angeſichſts der zu überwindenden Höhenunterſchiede eine ganz an=
ehnliche
Leiſtung. Durch den elektriſchen Betrieb der Strecke Innsbruck
Bludenz, deſſen Aufnahme ſpäteſtens mit Einführung des Sommerfahr

die Strecke JunsbruckFeldkirch (183 Kilometer) jüngſt in 3 Stunden
zurückgelegt, während der D=Zug dazu 4 Stunden 20 Minuten braucht.
Auf dieſer Probefahrt wurde auf der Arlbergbahn (Scheitelpunkt mehr
als 1300 Meter ü. d. M.) eine Durchſchnittsgeſchwindigkeit von mehr als

Eint Warſchauer Korfanty=Skandal.
Warſchau. Korfanty hat von Paderewski, das Hauptblatt der
Nationalſozialdemokraten, die Rzeczpoſpolita während Paderewskis
Aufenthalt in Genf gekauft, ohne die Redakteure irgendwie zu benach=
richtigen
. Die Sache iſt umſo übler, als der Hauptredakteur Stronski,
einer der lauteſten Kämpfer des chauviniſtiſchen Lagers, im vorigen
Jahr ſeinen 40prozentigen Aktienanteil vertrauensvoll an den Haupt=
beſitzer
Paderewski ausgeliefert hatte, unter der Bedingung, daß ſein
Verkauf ſtattfinde, ohne die politiſche Gruppe Stronskis zu befragen.
Stronski und die geſamte 25köpfige Redaktion traten aus und veröfent=
lichten
eine Erklärung darüber in der letzten von ihnen herausgegebenen
Nummer. Korfanty, der hiervon Wind erhielt, ließ die Maſchinen ſtill=
legen
und die Nummer aus dem Verkauf zurückziehen, die ſo ſelten
wurde, daß heute ein einzelnes Exemplar mit mehreren Gulden bezahlt
wird. Das Journaliſtenſyndikat bohkottiert die Korfantyſche Rzecz=
poſpolita
, ſodaß die Skandalaffäre für Korfanty eine recht unangeneh=
ne
Wendung nimmt. Auch wird Korfanty im eigenen Lager der ober=
ſchleſiſchen
Aufſtändigen ſchwer angegriffen und der Vorwurf, daß er i
die große Steuerhinterziehungsaffäre Hohenlohe=Wollheim verwickelt ſei,
ſchadet ihm außerordentlich, ſodaß ein Wendedunkk in ſeiner bisher
glänzenden Karriere gekommen zu ſein ſcheint. Die Affaize wirbelt hier
ſoviel Staub auf, daß ſelbſt das Jutereſſe für die Budgetdebatte und die
Wirtſchaftskriſe dagegen zurücktreten.
Die erſte Autofahrt durch Weſt=Afghaniſtan.
Zum erſtenmal hat ein Kraftwagen, und zwar ein franzöſiſches
Citroen=Auto das Innere von Weſt=Afghaniſtan durchquert und in gera=
der
Linie eine Strecke von 1000 Kilometern zurückgelegt. Der Weg führte
durch wilde Gebirgslandſchaften, die von mehr als einem Dutzend
reißender Ströme durchkreuzt werden. Die Fahrt ging von Quetta in
Belutſchiſtan nach Meſched in Nordperſien über Chaman, Kandahan
und Herat in 11½ Tagen. Der Wagen ſoll nach einem Bericht aus
Meſched alle Schwierigkeiten mit Leichtigkeit überwunden haben.

Diensrag, den 28. Tktober 1924:

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Frankfurt a. M. (467 m). Wirtſchaftsm
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11.55 Uhr: Zeitange
*: Nachrichtendienſt.
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etſer Hopfen
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4.303Uhr: Rundfunknachmittag in Muſik und Wort. 66.30 ühr: Dic Leſeſtunde
(Meiſte
ke der Weltliteratur
Soll und Haben von Guſtav Freytäg (For.
ſendankündigung. 7 30 Uhr: Vor ragszyklus de
6.30 Uhr: J
ſetzung).
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Strahlenforſchun
8 uhr: Der Briefkaſt
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ertes aus der me
3.30 Uhr: Kammerkunſt= Ab=
nd
. 1. Suite für Cello und Klavier, Caix d:Hervele
(18. Jahrhundert). 2. Gedichte, Fr. Hölderlin. 3. Trio (p. 102 für Violine, Violon=
cello
und Kilavier, Ant. Arensko
Kitwirkende: Frau Schwar;,Maherhofer
zeiger=Betzack (Violie), Herr Ary Schutzer (Bioloncelſ0) Frau Er; R.
Frau
zitation). 9.30 Uhr: Nachrichtendienſt, Wettermeldung, Sportlcricht
bert
9.40 Uhr: Die Spätankündigung: eigentlich gegen . 9.50 Uhr: Th= ter= inb
Konzertkalender
9.55 ühr: Zeitvorbereitung. 9.56 Uhr: Drei Ninute
Hausfrau. 10 Uhr: Zeitangabe. 1011 Uhr: Jgor Stravinskt. 1. S ite a zver
Geſchichte vom Soldaten (für Klarinette, Violine und Kla
R stime-
tett
(für Flöte, Klarinette, zivei ago , zwei
Caprice (für Klavier). 3. Bläſer=
Trompeten und zwei Poſaunen). Muſikaliſche Leitung: Herr Kapeilm ſter ermann
Scherchen Am Grotrian=St
beg=Flügei: Here Dr. Merten von dr F unffurter
Oper Kammermuſiker des Frankf. Opernhaus=Orcheſters.
Berlin (430, bzw. 500 m). 10 Uhr: Bericht über die Kleinhandelspreiſe der wichtig
eir
alle. 10.15 Uhr: Erſte Bekanntgabe der nei
en
bensmittel in der Zentralma
Tagesnachrichten, Wetterdienſt. 11.35 Nhr: Funkbörſe (
Notierungen der Ber=
Wellc 5
12.15 Nhr: Kurze
d Hamburger Produktenvorbörſe) au
liner un
ericht der Berliner Vorbörſe. 12 55 Uhr: Abermittlung des Zeitzeichens
1.05 Uhr: Zweite Bekanntgabe der neueſten Tag
tachrichten, Wetterdicnſt.
3 Uhr: Funkbörfe (die amt=
2.15 Nhr: Kurzer Tendenzbericht der Berliner Börſe
lichen Notierungen der Berliner und Hamburger Produkten= und Viehbörſe; amtliche
de eif. Hamourg; Berline
Deviſen) auf Welle 500. 4 Rhr: Funfbörſe (Getre
4.30 6.33 Nhr: Unter=
Kolonialwaren=Großhandelspreife) auf Welle 300.
ure zu der Over
Berkin
haltur gs
ter Funkkapelle): 1. Menuelt, Gruner, 2. Lup
nei
Hofballtänze, Walzer, Joh. Strauß. 4
Sginka, aus der
Die S.
(ubinſtein. 5. Suverture zu dem Ballet Der Nußknacker, Tſchai=
Dämo
omskij. 6. (rounodiana, Fantaſie, I
Max Rode. 7. Ungariſche Tänze, Brahms.
Jutermezzo, M. Oſcheit
Sotpourri aus der Operette Der Bettel=
Büſter
Die Vaga=
Millöckek. 10. Du biſt das Glück, Valse bochon aus der Opere
ſtuder
envilla, M. Rohler. Während der Pauſen: Rakſchläge fürs Haus,
Gy
7.45 Uhr:
Vortrag des Herrn Dr. Viktor Engelhard: Kungfutſe und der chineſiſche Geiſt
30 Hhr: Berlin, wie es weint und lacht (Alt=Berliner Humor). 1. Quverture zu
Berlin, wie es weint und lacht, Auguſt Conradi, Fritz Wenneis (Schiedmaher=Meiſter
harmonium). 2a) Daraus, da muß man ſich nichts machen aus der Poſſe Berlin,
wie es weint und lacht, Conradi; b) Der Berliner hat Herz und (Gemüt aus der
Ult=Berliner Lindenlicd (Berlinade), Lapini,
Poſſe Höhere Töchter, Steffens
vublet R. E. au
deſang). 3a) Ich bitte um Entſchuldigu=
Fr
ungendor
b) Berliuer Luft, Marſchlied, c) W
* Kalkelaterſch
pold
Rein
Trrof
de Boombliete ziehn, Marſch=Couplet, Paul Lincke, Grete Wiedecke (Humoriſtiſe
(Alte und neue Steckbriefe des Berliner
Vortrag), 4a) Da haben Sie den Berlin=
und ſeiner Vaterſtadt), b) Madaie Dutitre (Am Grab von der Ollen), Felix Philig,
Berlin im Brennolas (Kleines aus dem Tagebuch Berlins), Adolf Glasorenner,
Karl Zander (Rezitatien). 5a) Bäckerliebe aus der Poſſe Khritz=Phritz, G. Mi
s der Poſſe Höhere Töchter, Steffens; c)
chaelis, b) Mach die Augen zu
ofſe Pechſchmlze‟,
tgré, Fritz Langendorff
Ton macht die Muſik, aus
3
ſch bin eine Witw
(Geſang); 6a) Bei Kempinski, Conplet, Marrin Kn
Ziedecke (Humoriſtiſcher
Sonplet, Aletter; c) Bummel=Walzer, Rich. Günther, Grete A
(Das kann nur ein Berliner ſein),
Vortrag). 7a) Berliner Leierkaſte;
plet,
David Kaliſch; b) Etwas vom alten Siechen (ſiſt komiſch), Alexande
her; e
Droſchkenkutſcher, Karl Zander (Rezitation). Am
Schuſterjungen. Eckenſteher
Schwechten=Flügel: Kapellmeiſter Otto Urack. Anſchließend: Dritte Bekanntgabe der
eueſten Tagesnachrichten, Zeitanſage, Wetterdienſt, Sportnachrichten, Theaterdienſt.
Birmingham (475), 7.30 Uhr: Geſangſpiele. Cardiff (351),
England (M
Maeterlinck=Abend.
uhr:
Mancheſter (375), 7.30 Uhr: Sir Walter Raleigl
Abend. Neiucaſtle (400), 7.30 Uhr: Sang und Spiel. Aberdeen (495), 7.30 Uhr:
Erinnerungen. Glasgow (420), 7.30 Uhr: Korſika Italien Sizilien. Belfaſt
7.30 Uhr: Opernſtreifzüge.

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, keine Vorſtellung. Kleines Haus,
abends 7½ Uhr, Luſtiger Abend, Guſtav Jgcoby. Union=, Reſidenz=
Theater, Palaſtlichtſpiele, Kinovorſtellungen. Orpheum, abends
8 Uhr: Und ſie betrügt mich doch! Fürſtenſaal, Grafenſtraße, abends
8 Uhr, Vortrag.
Verſteigerungsanzeiger für Dienstag, den 28. Oktober 1924.
Städtiſche Elektuizitätswerk Pfungſtadt, nachmittags
3½ Uhr Verſteigerung.

Weiterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Dienstag, den 28. Oktober:
Temperatur wenig verändert. Vorübergehend ſtarke Niederſchläge,

Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wietſchaft: Rudolf Mauve
erantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachrichten: Max Straeſp
2S
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd enſt: Andreas Bauer
Zerantwertlich für den Inſeratenteil: Willy Kur
Druch und Verlag: 2. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten

[ ][  ][ ]

Rummer 299.

12)

Lebenswogen.
Roman von Paul Lindenberg.
(Nachdrud verboten.)

Montag, den 22. Oktober 1924.

Seite 2.

Ja, das ſind natürlich wichtige Miteilungen, wenn alles
ſo ſtimmt
Mein heiliges Ehrenwort und Herr Budweis legte
die rechte Hand auf ſeine Herzgegend.
Aber das kann ich ja bald prüfen, fuhr Herr Redlich fort,
ohne den Einwurf ſeines Gegenübers zu beachten. Jedenfalls
danke ich Ihnen für Ihre Hilfe und bitte Sie, Ihre Beobachtun=
gen
aufs ſorgſamſte fortzuſetzen, und ich brauche kaum zu ſagen,
daß es nicht Ihr Schaden ſein wird. Er war aufgeſtanden,
hatte am Schreibtiſch eine Quittung ausgeſchrieben und dem
Geldſchrank einige hohe Banknoten entnommen, die er dem Be=
fucher
reichte, ihm die Quittung nebſt Feder hinſchiebend: So.
bitte Ihren Namen hierher ob’s der richtige iſt, entzieht ſich
meiner Kenntnis, aber ich weiß ja, mit wem ich’s zu tun habe!
Herr Budweis, der ob der Höhe des Betrages ſichtlich über=
raſcht
war, ſchien den Spott nicht zu merken, er unterzeichnete,
ſteckte die Noten in ſeine Brieftaſche und ſtand auf.
Für heute hätten wir wohl nichts weiter zu beſprechen?
fragte er.
Nein, nur nochmals möchte ich Ihnen einſchärfen: ver=
laſſen
Sie möglichſt wenig Ihren Beobachtungspoſten und teilen
Sie mir alles ſogleich mit. Ich betone abermals: es wird Ihr
Schaden nicht ſein! Und nicht wahr er legte den Zeigefinger
auf die Lippen.
Generalkonſuſchen, gegen mich ſoll ein Grab eine Plauder=
taſche
ſein!
Nachdew Herr Redlich ſeinen Beſucher hinausbegleitet und
ſorgſam die Tür hinter ihm abgeſchloſſen hatte, kehrte er in ſein

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Zimmer zurück. Sein Geſicht zeigte zunächſt einen frohen Aus=
druck
, der dann durch einen nachdenklichen abgelöſt wurde.
Wieder nahm er ſeine Wanderung auf, diesmal aber der Galerie
weiblicher Schönheiten an der Wand keinen Blick gönnend. Nach
zehn Minuten warf er ſich in den Seſſel, und bedeckte die ge=
ſchloſſenen
Augen mit der einen Hand und doch tanzte es vor
ihm wie mit flimmernden Sternen, die einen wirren Reigen auf=
führten
, bald rötlich, grünlich, ſilbern, golden ſchimmernd.
Iſt’s der Widerſchein der Kronjuwelen?
fragte er ſich.
Guſtav Conrad, alter Junge, verlier dich nicht wieder in Phan=
taſtereien
, das iſt gefährlich. Noch haſt du ſie nicht, die Juwelen
es wird viel Arbeit koſten und vielleicht iſt alle Mühe umſonſt!
Aber wenn du ſie bekommſt . . . er holte tief Atem und machte
eine einladende Bewegung mit dem rechten Arm, dann fliegt
herbei, ihr Millionen, einhundert, zweihundert, dreihundert,
wenn der Wert nicht noch viel größer iſt!
Er erhob ſich, als ob ihn die Vorſtellung davon erdrückte, und
ging wiederum auf und ab.
Nach Neapel geht alſo die Tour, ſagte er vor ſich hin, aus=
gerechnet
nach Neapel, wo Segari wohnt, Felice Segari, der mir
hundertmal verſicherte, daß er mir ewig dankbar ſein wird, weil
ich ihn durch Aufkauf der falſchen Wechſel vor Schande und
Zuchthaus bewahrte. Ihm geht’s ſogar gut, wie er neulich
ſchrieb, und er ſchickte einen Teil des Geldes; ſelbſtverſtändlich
würde er einen tüchtigen Batzen abbekommen. Und die beiden
Jünglinge, von denen der Halunke Budweis erzählte, ſollen den
Schatz hinbringen? Segari iſt der Mann, ſie von ihrer Verant=
wortung
zu befreien! Dann können ſie leichter oder erleichtert
des Großfürſten Töchterlein ſuchen. Viel Glück dazu, meine
Herren, ich wünſche Ihnen allen Erfolg! Nun heißt’s aber,
ſie unter Obacht nehmen, bis bella Napoli erſcheint, und Segari
auf ihre Spuren bringen. Der wird ſchon das weitere beſorgen!
Und dann ſetzt ſich Guſtav Conrad Redlich in den Paris=Niviera=

Expreß und gondelt ein biſſel nach Süden, nach dem Land ſeiner
Sehnſucht, und nimmt mit der ihm eigenen Grandezza die Ju=
welen
in Empfang, für die er ſchon ſeine Abnehmer in petto hat.
Aber wer ſoll die beiden Freunderl auf dem Schiff beobachten?
Wem kann ich vertrauen? Wer wird mit Geſchick und Glück
dies übernehmen und durchführen? Auf dieſen Schuft Budweis
oder wie ſonſt der Kerl heißen mag iſt kein Verlaß, der
würde mich vorn und hinten betrügen! Er ſchnippſte mit den
Fingern und ein Lächeln flog über ſein Gſiecht: Ja, das wäre
die beſte Löſung und dann treffen wir uns in Neapel, am
blauen Meer, wohnen in Sorrent und fahren nach Capri, die
Götter ſollen mich beneiden!
Er war zum Schreibtiſch getreten, ſchloß ein Fach auf und
entnahm einer Umhüllung die Photographie einer jungen Dame,
in deren Betrachtung er ſich verſenkte.
O, Aſta, murmelte er, Aſta, wenn es mir glückt, ich will
dir den Himmel auf Erden bereiten, du holdes, einziggeliebtes
Geſchöpf, und voll heißer Empfindung drückte er ſeine Lippen
auf das Bild.
6. Kapitel.
Aſta.
Huch, Moppel, wie können’s mi ſo erſchrecken, kreiſchte das
hübſche Mizerl, die Nichte der Frau Gringel, würdige Wirtſchaf=
terin
Herrn Redlichs, die erſt vor wenigen Monaten, nach dem
Tode ihrer Mutter, nach Berlin gekommen war, um ihrer Tante
im Haushalt zu helfen.
Emmerich Schönbart war nach ſeiner Gewohnheit leiſe in
das Speiſezimmer getreten, wo Mizerl mit dem Tiſchdecken be=
ſchäftigt
war, und hatte das zierliche Mädel mit einem Staub=
wedel
am entblößten Hals gekitzelt.
(Fortſetzung folgt.)

Todes=Anzeige.
Heute entſchliefſanft mein innigſt=
geliebter
Mann, unſer guter Vater,
Schwiegervater, Großvater, Bru=
(14119
der und Onkel
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Herr Johannes Bert
Kirchendiener i. R.
im 68. Lebensjahre,
Im Namen der trauernd. Hinterbliebenen:
Frau Maria Bert. geb. Gebhardt.
Alsbach, den 25. Oktober 1924.
Die Beerdigung findet Dienstag,
28. Oktober, nachmittags 2 Uhr,
auf dem Friedhof, Nieder= Ram=
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