Darmstädter Tagblatt 1924


11. März 1924

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Einzelnummer 10 Goldpfennige

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Nummer 74
Dienstag, den 11. März 1924.
187. Jahrgang

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Rabatt weg. Bankionto: Deutſche Bank und Darm=
ſtädter
8 N

Der Kampf un die Soziaſpolitik.
Eine Rede des Reichsarbeitsminiſters Dr. Brauns.
Köln, 10. März. In einer außerordentlich ſtark beſuchten Ver=
ſammlung
der Funktionäre der chriſtlichen Gewerkſchaften des Kölner
Wirtſchaftsbezirks hielt, der Reichsarbeitsminiſter Dr. Brauns geſtern
eine mehr als zweiſtündige Rede über das Thema Der Kampf um die
Sozialpolitik‟. Der Miniſter wies hin auf die gewaltigen Anſprüche,
die nach dem Kriege an die Sozialpolitik geſtellt wurden, trotz aufs
äußerſte durch Gebietsverluſt, Ententedruck, Ruhrkampf und Inflation ge=
ſchwächter
Wirtſchaft. Ausführlich behandelte er die Frage des Ar=
beitszeitgeſetzes
, deſſen rechtzeitige Behandlung ganz vorwiegend durch
die Furcht der Sozialdemokratie vor der Verantwortung den Maſſen
gegenüber verhindert worden ſei. Von Arbeitgeberſeite werde leider
gegen den Geiſt des Arbeitszeitgeſetzes verſtoßen durch Beſtrebungen, die
auf die Einführung des ſchematiſchen Zehnſtundentages hinzielten. Trotz
der durch die Not gebotenen Verminderung der Leiſtun en der Sozial=
geſetzgebung
ſeien unangetaſtet geblieben der Arbeitsſchi. z, das Arbeits=
recht
, das Betriebsrecht und das Betriebsrätegeſetz. Die Induſtrie am
Rhein und an der Ruhr habe unter dem Ruhrkampf beſonders gelitten
und kämpfe heute durch die Kreditnot noch immer mit den größten
Schwierigkeiten. Die Laſten der Micumverträge müßten dieſer Induſtrie
abgenommen und bei der Geſantregelung der Reparationsfrage auf das
ganze Reich umgelegt werden.
Die Reichstagswahlen im beſetzten Gebiet.
Koblenz, 10. März. Die Reichsregierung hat durch ihre diplo=
matiſchen
Vertretungen bei den Beſatzungsmächten Vorſtellungen er=
heben
laſſen, um in den beſetzten Gebieten die unbeeinflußte Abhaltung
der Reichstagswahlen zu ermöglichen. Die Reichsregierung beruft ſich
auf die im Rheinlandabkommen feſtgelegte Verſammlungs= und Preſſe=
freiheit
für die Zeit der Wahlen und ihre Vorbereitung. Sie fordert
die Sicherheit der freien Meinungsäußerung in der Preſſe und für Ver=
ſammlungsredner
, ebenſo die Zuſage, daß zum Zwecke der Wahlpropa=
ganda
auch die Abgeordneten aus den unbeſetzten Gebieten als Redner
auftreten dürfen. Die Zahl der von den Beſatzungsbehörden ausgewie=
ſenen
Perſonen beträgt etwa 140 000, wovon rund zwei Drittel wahl=
pflichtig
ſind. Die Reichsregierung erwartet von den Beſatzungsmäch=
ten
, daß den wahlberechtigten Ausgewieſenen die Rückkehr in ihre Heimat
zur Ausübung ihres Wahlrechtes geſtattet wird.
Wie wir hierzu erfahren, will die Interalliiette Rheinlandkommiſ=
ſion
die geforderte Preſſefreiheit gewähren, ſoweit die Sicherheit der
Beſutzungstruppen es zuläßt.

Vom Tage.

Nach den neueſten Informationen beabſichtigen die Kunz=Leute, die
anſtelle der Separatiſten in der Pfalz gegründete Rheiniſche Arbeiterpar=
tei
, in allernächſter Zeit wieder loszuſchlagen und ſich in den Beſitz der
öffentlichen Macht zu ſetzen. Dieſe öffentliche Gefahr wird von den
zuſtändigen Stellen als ſehr ernſt betrachtet.
Der Senderausſchuß für die Pfalz wird im Laufe des heutigen
Tages zur weiteren Prüfung der Lage in der Pfalz in Speher ein=
treffen
, nachdem der engliſche Vertreter bereits geſtern hier eingetrof=
fen
iſt.
Hauptmann a. D. Weiß, der Herausgeber des Heimatland, iſt
nach ſeiner Vernehmung durch den Münchener Unterſuchungsrichter wie=
der
aus der Haft entlaſſen worden.
Dr. Schacht traf geſtern abend wieder in Paris ein und wird
heute Dienstag vormittag mit dem Bankierausſchuß über die
Statuten der Goldnotenemiſſionsbank verhandeln.
Die franzöſiſche Regierung hat auf Antrag des deutſchen
Botſchafters von Hbeſch den auf der Inſel St. Martin de Réin=
ternierten
deutſchen Staatsangehörigen Wilhelm
Deryer, der in dem bekannten Mainzer Sabotageprozeß zum Tode
verurteilt worden war, wegen ſchwerer Erkrankung in Freiheit ge=
ſetzt
und den Strafvollzug ſuspendiert.
Macdonald ſtellte im Unterhaus geſtern von neuem feſt, daß die
mündliche oder ſchriftliche Diskuſſion mit Poincaré erſt dann wieder
aufgenommen werden könne, wenn die vollſtändigen Berichte der bei=
den
Sachverſtändigenkommiſſionen vorliegen.
Von geſtern ab werden die Perſonentarife der franzöſiſchen Eiſen=
bahnen
für die dritte Klaſſe um 47,1 Prozent, für die zweite Wagenklaſſe
um 48,4 Prozent und für die erſte Wagenklaſſe um 50 Prozent erhöht.
Das Echo national, das Organ André Tardieus, ſtellt die
Frage, ob eine teilweiſe Umgeſtaltung des Miniſte=
riums
Poincaré bevorſtünde. In den Wandelgangen des Senats
habe man ein derartiges Gerücht geſtern abend verbreitet.
Das Madrider Direktorium, das in einer offiziöſen Note
die Befriedigung über die Leitung und den Ausgany der neuen militäri
ſchen Operationen in Mavorko ausdrückt, teilt mit, daß eine
weitere Strafaktion gegen die Kabylen bevorſtehe.
Havas verbreitet eine Depeſche aus Athen, daß Veniſelos
ſeine Reiſe nach Paris angetweten hat.
Die geſtrige Eröffnungsſitzung des Völkerbundsrats war geheim.
Eine öffentliche Sitzung findet erſt heute ſtatt. Neben dem Anhören
verſchiedener Kommiſſiensberichte ſteht heute auf der Tagesordnung
auch die Behandlung der Sgarfrage, über die Salandra Bericht erſtattet.

Oie Poincaré= und Frankenkriſe

Poincaré kämpft um ſein Leben.
London, 9. März. (Wolff.) Die Poincaué= und Franken=
kriſe
wird von der Preſſe weiterhin eingehend erörtert. Sunday
Dimes verkündet in Fettdruck, Poincaré kämpfe um ſein Leben. Unter
der Ueberſchrift Ruhrnemeſis führt das Blatt weiter aus, der Fran=
ken
falle und reiße Poincaré mit ſich. Seine Politik ſei es, die Wege
für einen augenblicklichen Sturz der franzöſiſchen Währung geebnet
zu haben. Poincares Hafardſpiel ſei fehlgeſchlagen. Wenn er Geld von
Deutſchland wolle, um den Franken vor dem Zuſammenbruch und ſich
ſelbſt vor ſchmählicher Niederlage bei den kommenden Wahlen zu retten,
ſo müffe er das Nuhrgebiet verlaßſen und alles zurücknehmen, was er
öffentlich während der letzten Wochen geſprochen habe. Es werde jetzt
von Frankreich klar erkannt, daß die Ausſicht, von Deutſchland Beld zu
erhalten, durch Poincarés Ruhrpolitik ſehr behindert worden iſt. Die
Ruhrbefetzung hat das deutſche Eiſenbahnſyſtem und die deutſche Schwer=
induſtrie
betroffen, ſo daß keine Finanzgruppe der Welt heute Deutſch=
land
leihen will, wenn nicht die Wirtſchaftseinheit Deutſchlands wieder
hergeſtellt werde, d. h. wenn die Franzsſen nicht aufhören, das Ruhr=
gebiet
zu kontrollieren.
Daily Chroniele ſchreibt, Poincaré ſei, bevou er in das
Ruhrgebiet gegangen ſei, vor den Folgen ſeiner Politik gewarnt wor=
den
. Er ſei jedoch entſchloſſen geweſen, ſeine eigene Politik der Zer=
ſtückelung
Deutſchlands zu verfolgen und Fraukreich zum militäriſchen
Diktator Europas zu machen.
Der diplomatiſche Berichterſtatter der Weſtminſter Gazette
ſchreibt, man nähere ſich der kritiſchſten Phaſe in der Geſchichte der Re=
parationsfrage
. Bei dem fortdauernden Sturz des Frauken und der
augenhlicklichen Stimmung des franzöſiſchen Senats fei es fraglich, ob
noch Poincarés Regierung die wichtigen Verhandlungen, die bevor=
ſtehen
, führen werde.
Die Times führt aus, als finanzielle Operation ſei die Nuhr=
beſetzung
geſcheitert, und dieſes Scheitern ſei dem franzöſiſchen Volte
durch die Störung ſeines eigenen finanziellen Gleichgewichts infolge
des raſchen Sturzes des Frankens und des Steigens der Preiſe klar
geworden.
Franzöſiſcher Kabinettsrat.
Paris, 10. März. (Wolff.) Der Kabinettsrat, der heute
vormittag unter dem Vorſitz Poincarés getagt hat, hat drei Stun=
den
gedauert. Der Miniſterpräſident nahm Kenntnis von den finan=
ziellen
Maßnahmen, die geſtern bei der Beratung im Elyſee zur Sa=
mierung
der Finanzlage und zur Stützung des Fran=
kenkurſes
ins Auge gefaßt worden waren. Der Kabinettsrat hat
ferner die Haltung der Regierung in der Diskuſſion der der Kammer
und dem Senat vorliegenden Geſetzentwürfe feſtgelegt.
Nach dem Kabinettsrat hat der Miniſterpräſident den Vorſitzenden
des Senatsausſchuſſes für auswärtige Angelegenheiten, de Selves,
empfangen.
Die erſchütterie Stellung Poincarés.
Paris 10. März. Nach einer Korreſpondenzmeldung wird in
Waris die Möglichkeit einer Demiſſion offen erörtert. Man rechnet
augenſcheinlich damit, daß bereits im Laufe dieſer Woche die Kabinetts=
Eriſe eintritt. Eine neue Regierung man ſpricht von einem Kabinett
Steeg oder Briand würde nur bis zu den Wahlen, alſo einige Mo=
ate
Lebensdauer haben, und ſich inſofern vor eine ſchwierige Aufgabe
geſtellt fehen, weil die Löſung des Reparationsproblems vor der Tür
ſteht, bei der das Gewicht Englands ſtärker als je in die Wagſchale
fällt. Außerdem obläge es der neuen Regierung, die Frankenbaiffe zum
Stillſtand zu bringen, wofür viele Rezepte, aber keine wirklichen Heil=
mittel
bisher gefunden worden ſind. Die Nervoſität über das unauf=
haltſame
Sinken der Frankenwährnug wächſt zuſehends. Man erkennt
in der Oeffentlichkeit die Urſache dafür immer mehr in der Regierungs=
politik
, deren Waghalſigkeit das Vertrauen der Weltfinanz erſchüttert
hat. In Zuſammenhang damit hat die bisher unbeſtrittene Autorität
Poincarés in bedrohlicher Weiſe gelitten. Er gilt in parlawentgriſchen
Kreiſen als toter Mann.

Neue Senatsoffenſive gegen Poincaré.
FU. Paris, 10. März. Die Finanzkommiſſion des Se=
nats
hat heute vormittag die Ausſprache über die Regierungs=
vorlage
fortgeſetzt und die Artikel 33 bis 50 erledigt. Die Kom=
miſſion
hat mut 15 Stimmen Mehrheit bei 4 Stimmenthaltungen
ſich gegen die Abſchaffung des Streichholzmonopols ausgeſprochen.
Dieſe neue Offenſive der Kommiſſion gegen die Finanzmaß=
nahmen
des Kabinetts erregt in Pariſer Kreiſen beträchtliches
Aufſehen. Die Kommiſſion hat heute nachmittag 4 Uhr die Be=
ratungen
wieder aufgenommnen und dürfte ſie noch heute abend
heenden. Der Bericht ſoll dann am Donnerstag nachmittag in
der Kammer gegeben werden. Die Debatte hierüber in der Kam=
mek
dürfte wahrſcheinlich am Freitag eröffnet werden.
Die Urſachen des Frankenſturzes.
Berlin, 10. März. Zu der neuerlichen Entwertung des Fran=
ken
ſchreibt der Matin: Alle Depeſchen, die man aus dem Auslande
erhalten habe, ſeien einig darin, daß die Bewegung einem Minnöver
des internationalen Syndikats, das ſeinen Sitz in Amſterdam habe,
zuzufchreiben ſei. Nach einer Timesmeldung derkaufe ſeit 2 Tagen plötz=
lich
auch Neu=York Franken. Dieſe Manöver ſeien durch ein mächtiges
Syndikat eingeleitet worden, an deſſen Spitze deutſche Großinduſtrielle
ſtänden. Dieſes Syndikat verfolge hauptſächlich einen politiſchen Zweck
und ſcheine entſchloſſen zu ſein, das Unternehmen bis zum Cnde durch=
zuführen
, ſelbſt wenn die Operation in rein finanzieller Hnſicht für das
Syndikat verhängnisvoll werden ſolle.
Es wäre intereſſant, vom Matin die Namen dieſer Großinduſtriellen
zu erfahren, die über das Schickfal eines ganzen Volkes zu entſcheiden
vermögen. Die Urſachen des Frankenſturzes liegen ſo klar zutage, daß
kein vernünftiger Menſch an die vom Matin behaupteten geheimnis=
vollen
Manöver glauben wird. Die Gründe ſind, wie im übrigen auch
aus zahlreichen Erklärungen franzöſiſcher und ausländiſcher Sachver=
ſtändiger
zu dieſer Frage hervorgeht, darin zu ſuchen, daß das Inland
und das Ausland das Vertrauen zur Pariſer Finanzwirtſchaft verloren
haben und daß Frankreich zu ſeinem eigenen Schaden ſeinen Haupt=
ſchuldner
ruiniert hat und Europa unter dem Druck eines bewaffneten
Friedens hält, der die Wiederkehr des normalen wirtſchaftlichen Lebens
verhindert.
Die Sicherheit Frankreichs.
London 9. März. (Wolff.) Der diplomatiſche Berichterſtatter
des Obſerver ſchreibt zur Frage der Sicherheit Frankreichs
ſoweit die britiſche Regierung in Betracht komme, ſeien noch keine end=
gültigen
Gedanken formuliert worden. Der Plon einer Neutraliſierung
des Rheinlandes unter Aufſicht des Völkerbundes bedürfe, wenn er
glücken folle, der Unterflützung Deutſchlands. Eine der dringendſten
Notwendigkeiten ſei daher, daß Deutſchland um Aufnahme in den Völ=
kerbund
erſuche. Deutſchlands Verantwortlichkeit ſei gegenwärtig ſehr
groß. Aber man ſei der Anſicht, daß Deutſchland weitdenkend genug
ſein werde, um edelmütig ſeinen Beitrag zur Herbeiführung einer all=
gemeinen
Regelung der Sicherheitsfrage zu leiſten.
Die ſchlimmſt= aller vorgeſchlagenen Löſungen ſei, daß der Sepn=
ratismus
im Rheinlande unter dem Namen Juternationgliſierung orga=
niſiert
werde, mit einem Worte, daß Deutſchland uuter den Auſpizien
des Völkerbundes zerſtückelt werde. Mgedonalds Ausdruck in ſeinem
Schreiben an Poincaré: Oertliche Entmilitariſierung und Neutraliſie=
rung
, die in ganz Deutſchland Beunruhigung verurſacht habe, ſei
falſch verſtanden worden. Macbonald habe auch nicht einen Augenblick
politiſche oder wirtſchaftliche Abtrennung des Rheinlandes von
Deutſichland gedaillt. Unter folchen Bedingungen wüt de weder Delitſch=
land
noch Rußland dem Vülkerbund beitreten. Streſemann ſpreihe für
das ganze deutſche Volk, wenn er erkläre, Deutſchland werde niemals
zuſtimmen, daß das Rheinland unter irgend welchem Vorwand oder
unter irgend jemandes Auſpizien in einen Pufferſtagt verwendet werde.

* Die Golddiskontbanf.
Das hat der Reichstag ſich nicht träumen laſſen, daß er un=
mittelbar
vor ſeinem vermeintlichen Ende noch mit der Verab=
ſchiedung
der Goldkreditbank oder, wie ſie Herr Dr. Schacht
gennant hat, der Golddiskontbank ein nützliches, ſein Andenken
ehrendes Werk vollenden würde. Die Entwicklung iſt in den
letzten Tagen ſo ſchnell gegangen, daß Dr. Schacht offenbar die
bevorſtehende Auflöſung des Reichstages gebremſt hat, um noch
vorher das Geſetz über dieſe Diskontbank unter Dach und Fach
zu bringen, damit die Bank möglichſt raſch gegründet werden
und dann arbeiten kann. Ueber ihre Konſtruktion hat der Reichs=
bankpräſident
im Hauptausſchuß des Reichstages berichtet. Sie
ſoll ein Kapital von 200 Millionen Gold haben, erhält außerdem
Kredite über 200 Millionen Gold und hat das Recht zur Noten=
ausgabe
in Höhe von 100 Millionen, daß ſie alſo im ganzen 500
Millionen Gald in Bewegung ſetzen kann. Immerhin ein Betrag,
der bei der angeſpannten Lage unſerer Wirtſchaft eine weſent=
liche
Entlaſtung bedeutet. Ueberraſchen muß es, daß die Bank,
obwohl ihr Sitz in Berlin iſt und das deutſche Kapital über=
wiegt
, dementſprechend auch die Verwaltung rein deutſch iſt,
nach engliſcher Währung, alſo mit Pfund Sterling, rechnen will.
Aber das hat vielleicht auch den Vorteil, ganz abgeſehen davon,
daß dadurch die internationale Flüſſigkeit dieſes Vankgeldes
erleichtert wird, daß ein gewiſſes Syſtem auch in die Syſtem=
loſigkeit
unſeres Umlaufgeldes kommt. Wir hätten ſonſt neben
der Papiermark und der Rentenmark noch eine Golddiskont=
mark
gehabt ungerechnet die Goldanleihe und Dollarſchätze
alſo ein fünffach verſchiedenes Geld. Die Abſtellung auf engliſche
Pfunde will die Notenbank aus dem übrigen Rahmen heraus=
heben
und ihnen eine Sonderſtellung zuweiſen, die hoffentlich
auch davor ſchützt, daß dieſes Geld in den Strümpfen der Geld=
hamſterer
verſchwindet.
Denn der Zweck der ganzen Uebung iſt ja nicht ſo ſehr, ein
neues Verkehrsgeld zu ſchaffen für den Inlandsmarkt, ſondern
ein Zahlungsmittel, das uns nach außen hin Kredit beſorgt.
Unſer ganzes Unglück war ja eben, daß Privatwirtſchaft, Staats=
wirtſchaft
und Währung gleichzeitig, allerdings natürlich in logi=
ſchem
Zuſammenhang, zuſammenbrachen. Nach allen theoretiſchen
Erkenntniſſen hätten wir mit der Gefundung bei der Privat=
wirtſchaft
anfangen, dann zur Staatswirtſchaft übergehen müſſen,
um endlich mit der Stabiliſierung der Währung das Werk zu
krönen. Dazu aber war bei uns keine Zeit. Wir haben das
tollkühne Unternehmen tvagen müſſen, gerade umgekehrt vor=
zugehen
und mit Währung aüzufangen, ein Experimtent, das, wie
wir jetzt zugeben dürfen, zu unſerer Ueberraſchung gelungen iſt.
Aber doch nur für eine Uebergangszeit gelingen konnte. Denn
die Währung, die wir in der Rentenmark ſchufen, war ihrem
ganzen Charakter nach nur für den Inlandsverkehr, die Ausfuhr
der Rentenmark iſt ſogar verboten. Für die Privatwirtſchaft in
ihrem Verkehr mit der Weltwirtſchaft zur Beſorgung von Roh=
ſtoffen
war alſo die Rentenmark unbrauchbar. Wir haben bis=
her
gelebt von den Deviſen, die im Auslande deponiert und im
Inlande zurückgehalten waren, ſie ſind aber längſt aufgezehrt,
und der Augenblick, wo mit dieſen Vorräten nicht mehr auszu=
kommen
war, konnte nicht mehr allzu ſern liegen. Die Redar=
tierungen
an der Berliner Börſe waren ja in der letzten Zeit ſo
gering geworden, daß auch der legitimſte Bedarf davon nicht
mehr gedect werden konnte und das ganze kunſtvolle Gebäude
unſerer Rentenmark darüher ins Wanken zu kommen drohte.
Eine endgültige Befeitigung aller Fährniſſe iſt nur von einer
Goldnotenbank zu erwarten. Dafür aber ſehlen uns alle Vor=
ausſetzungen
, deshalb iſt dieſe Golddiskontbank, wie ſie Dr.
Schacht jetzt vorliegt, auch nur ein neues Zwiſchenglied, das
halten ſoll, bis die von den Sachverſtändigen empfohlene Gold=
bank
kommen kann, das deshalb auch ſo aufgezogen iſt, um ſeine
ſpätere Ueberleitung in die Goldnotenbank zu erleichtern. Bis
dahin aber wird die Diskontbank den Vorteil haben, daß ſie den
Druck beſeitigt, der jetzt auf der Rentenmark liegt, indei ſie durch
Ausgabe von Krediten an unſere Wirtſchaft das Hereinholen
von Rohſtoffen ermöglicht und dadurch unſerer Induſtrie neue
Arbeitsmöglichkeit zuführt.
Die erſte Wirkung wird und muß alſo die ſein, daß die
Rentenmark, eben weil ſie jetzt nicht mehr nach draußen getrieben
wird, als reines Inlandszahlungsmittel vom Deviſenmarkt un=
abhängiger
wird und die Befürchtung einer Entwertung von
draußen her beſeitigt iſt. Die zweite Wirkung, daß die furchtbare
Kreditnot vermindert wird und die Fabriken wieder in Gang
kommen, ſo daß ſich die Zahl der Erwerbsloſen wie auch der
Kurzarbeiter verringert. Die dritte liegt auf dem Gebiet des
internationalen Vertrauens. Es iſt das erſte mal, daß lang=
friſtige
Geſchäfte größeren Stils wieder mit Deutſchland gemacht
werden, und je mehr das Ausland dazu übergeht, ſeine Kapi=
talien
wieder bei uns zu inveſtieren, deſto ſtärker wird es auch
daran intereſſiert, daß ordnungsmäßige Zuſtände bei uns er=
halten
bleiben, daß alſo auch Deutſchland nicht mehr der Spiel=
ball
franzöſiſcher Gewaltpolitik bleibt. Die 200 Millionen Gold,
die das Ausland zunächſt zur Verfügung ſtellt, bedeuten zwar
an ſich nur einen Tropfen auf den heißen Stein, aber ſie ſind
doch immerhin ein Anfang. Und dieſer Anfang berechtigt zu der
Hoffnung, daß auf Umwegen über die Golddiskontbank die erſten
Anſätze zu einer Löſung des Reparationsproblems nicht auf
politiſcher, ſondern auf wirtſchaftlicher Grundlage gemacht ſind.

Wahlkundgebung der vaterländiſchen
Verbände Bagerns.
München, 10. März. Die Vereinigten daterländiſchen Verbände
Baherns haben an ihre Vertrauensleute eine Kundgebung zu den Wah=
len
ausgegeben, in der ſie ein unbedingtes Feſthalten am Reichsgedan=
ken
im Sinne Bismarcks und den Kampf für die Verwirklichung dieſes
Reichsgedankens ſowie die Ausgeſtaltung eines neuen großen Deutſchen
Reiches auf Grund bundesſtaatlicher Gliederung zu fordern. Der mo=
narchiſtiſche
Gedanke müſſe ſchon heute in der Staatsform ſeinen
Ausdruck finden. Ferner wird die Schaffung eines deutſch=chriſtlichen
Staates, wirtſchaftliche Sicherheiten für das Leben aller Volksſchichten,
die Bekämpfung jeder neuen Inflation, die Beſeitigung des Klaſſen=
kampfes
, Pflege des Wehrgedankens und die Wiederſchaffung einer
Wehrmacht gefordert,

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

Deutſcher Reichstag.
* Berlin, 10. März. (Eigener Bericht.)
Am Regierungstiſche: Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann.
Präſident Loebe eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Minuten.
Eine Erflärung Streſemanns.
Vor Eintritt in die Tagesordnung wendet ſich Außenminiſter Dr.
Streſemann gegen die Behauptung des Profeſſorz
von Freytag=Loringhoven in Breslau, daß Streſemanns
Schwiegervater an einer tſchechoflowakiſchen Waffenfabrik beteiligt ſei.
Herr von Laringhoben bezog ſich auf den Völkiſchen Beobachter, der be=
hauptet
hatte, Streſemanns Schwiegervater ſei ein Hauptaktionär der
tſchechoflowakiſchen Skodawerke, an denen auch franzöſiſches Kapital
beteiligt ſei. Herr von Loringhoven habe ausdrücklich hinzugefügt, daß
er jeden Gedanken daran abweiſe, als ob Dr. Streſemanns Politik durch
dieſe Tatſache beeinflußt ſei. Dem Einfluß der Deukweiſe ſeiner Um=
gebung
, ſo führte Herr von Loringhoben aus, könne ſich jedoch niemand
entziehen, und daher rührten Streſemanns Ausführungen über die Mög=
lichkeit
einer Verſtündigung mit Frankreich auf wirtſchaftlichem Gebiet.
Demgegenüber erklärte Dr. Streſemann daß ſein Schwiegervater ſeit
über 20 Jahren tot ſei. (Hört, hört!) Im Beſitze der Familie Streſe=
mann
befinde ſich auch nicht eine einzige Aktie der Skodauerke. (Hört,
hört!) Die Behauptung ſei völlig aus der Luft gegriffen. Der Außen=
miniſter
weiſt die gegen ihn ausgeſprochenen Verdächtigungen, die ſchon
den Weg ius Ausland gefunden hätten, zurück. (Bewegung und Pfui=
rufe
.) Herr von Loringhoven berufe ſich bei ſeiner Verteidigung jetzt
nur darauf, daß eine entſprechende Notiz in der Zeitung geſtanden habe.
Demgegenüber könne er, ſo erklärt Dr. Streſemann, von der Verurtei=
lung
des Verfahrens des Herrn von Loringhoven nichts zurücknehmen.
(Beifall.)
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein und überweiſt das
Reichspoſtfinanzgeſetz und das Geſetz über die Ausprägung von Silber=
münzen
der zuſtändigen Ausſchüſſen.
3. Leſung des Noteiats.
Nach bebatteloſer Erledigung der zweiten Leſung folgt ſogleich die
dritte Leſung des Notetats in Verbindung mit den Interpellationen
über den Schutz der Arbeitskraft und die Herabminderung der Laſten
der Landwirtſchaft.
In der allgemeinen Ausſprache beſpricht zunächſt Abg. Dr. Dürin=
ger
(Deutſche Vpt.) das Problem der Hyporhekenaufwertung, das ſo
große Beunruhigung hervorgerufen habe. Der Reichstag ſolle ſeine landes ließe ſich reden, wuenn Frankreich damit den Anfang mache. Aber
Lebensdauer ſelbſt beſchränken. Eine Auflöfung durch den Reichspräſi=
denten
oder die Reichsregierung kann erſt dann in Frage kommen, wenn
die Bedingungen des Ermächtigungsgeſetzes erfüllk worden ſind. Der
Reichstag hat das Recht, zu verlangen, daß er über die Notverordnun=
gen
urteilen kann. Die dritte Steuernotverordnung ſieht ſo aus, als
ob ſie gar nicht im Reichsfinanzminiſterium, ſondern in den Direktions=
gebäuden
der A. E.G. oder irgend eines anderen großinduſtriellen Unter=
nehmens
entworfen wäre. Das Vorgehen des Reichsfinanzminiſters hat
einen Sturm der Entrüſtung erregt. Ein Senatspräſident, der in einer
Eingabe betonte, daß der Staat ſtatt ergiebige Steuerquellen zu er=
ſchließen
, den Beamten oder Penſionären wohlverdiente Rechte kürze, iſt
vom Finanzminiſterium des Landesverrats beſchuldigt worden und
zwar weil er durch den Hinweis auf die Steuerquellen der Entente
Fingerzeige gegeben habe.
Reichsjuſtizminiſter Emminger betont, daß die Angaben des
verfahren ſei keine Rede.
Abg. Scheidemann (Soz.) erklärt, daß, wenn der Reichsjuſtiz=
miniſter
die Behauptung des Abg. Düringer nicht entkräften könne, es
ſich hier um einen himmelſchreienden Skandal handele. Es wäre un= die er als Vorausſetzung für das Gleichgewicht unſeres Staatshaushal=
rats
geplant wäre, weil er auf die wohlerworbenen Nechte der Beamten fand bei den zahlreichen Zuhörern lebhaften Beifall.
und Penſionäre hinwies. Der Redner hält an den ſozialdemokratiſchen
Anträgen feſt und nennt ſie ſachlich und maßvoll. Er wirft der Land=
wirtſchaft
vor, ſie weigere ſich jetzt, die Steuern zu zahlen. Eine Er=
mäßigung
der Börſenſteuer lehnt der Redner ab. Die Währung werde
durch die Steuerſabotage der Beſitzenden gefährdet. Der Nedner richtet
heftige Angriffe gegen den Neichsjuſtizminiſter. Er habe den Roßbach=
Skandal geduldet und ſei mit dem Fechenbach=Urteil belaſtet; er habe
ruhig zugeſehen, wie der aus Leipzig entflohene Roßbach in München
an offiziellen Kabinettsſitzungen teilnahm. Der Staatsgerichtshof müſſe
das Hochverratsverfahren gegen Kahr, Loſſow und Seißer einleiten, tionäre aus dem ganzen Reiche ab. Der Reichswirtſchafts= und
Der Redner beſpricht dann die Ausführungen Ludendorffs in München.
Nach den Aeußerungen Ludendorffs im Hitlerprozeß und in ſeinen
Kriegsbüchern tauchen die deutſchen Frauen nichts. Die Juben, die
Jeſuiten und die Freimaurer, die Demokraten und die Sozialdemokra=
ten
, alle tauchen ſie nichts, nur der kleine übrig gebliebene Reſt ſei nach
Ludendorff die Blüte der Nation. Die Negierung habe leider nichts
getan, um über den nationaliſtiſchen Schwindel über den Dolchſtoß aus
der Heimat aufzuklären. (Unruhe im Saal.) Der Redner beſpricht die
Vorgänge in Berlin im Oktober und November 1918 und erklärt, die
geſtanden. (Anhaltender großer Lärm im ganzen Hauſe und Zurufe: Bonn referierte über die europäiſche Kriſis und ſagte u. a.:
Dieſe Reden haben ſie ſchon dutzendmal gehalten!) Der Nedner er=
örtert
weiter eingehend die Friedensmöglichkeiten in den Kriegsjahren
und richtet dabei heftige Angriffe gegen die Rechte, die den Frieden
verbaut habe. Ludendorff habe eine verhängnisvolle Rolle geſpielt.
zweifelhaften Feldherrnruf, ſich gewunden habe. (Lebhafte Pfuirufe
rechts.) Poincaré ſei nur deswegen an der Macht, weil die Nationa=
iſch
gegenüber Deutſchland iſt.
Abg. Deglerk (Dnatl.) wirft dem Abg. Scheidemann vor, er
habe mit ſeinen Freunden die Waffen Ludendorffs ſtumpf gemicht.
(Lebhafte Zurufe rechts. Lärm links.) Scheidemann habe als Volrs= allein von den Intereſſentenverbänden beeinflußt werden. Wenn
beauftragter das deutſche Volk in den Dreck geführt. (Erneuter Lärm.
Gelächter der Sozialdemokraten.) Das habe ſein Kollege Emil Barth,
ebenfalls Volksbeauftragter, deutlich ausgeſprochen. 4Scheidemann ruft:
Das iſt mein ſchlimmſter Gegner!) Hoffentlich werden die Männer, die
den Zuſammenbruch verſchuldet haben, noch einmal vor ein objektives
Gericht geſtellt. (Stürmiſcher Beifall rechts. Lachen links.) Redner
fordert dann Aufhebung der Verordnungen, über den Beamtenabbau.
kauverordnung wurden ihre verfaſſungsmäßigen Rechte glatt über den

Haufen geworfen. Was hat denn die lebenslängliche Anſtellung über=
haupt
noch für einen Sinn? Unerhört ſind die Penſionskürzungen, die
noch weitergehen als das erſt im vorigen Jahre abgelehnte Kürzungs=
geſetz
. Die jetzigen Gehälter ſind auf die Dauer ganz unzureichend.
Wir bedauern, daß man nicht wenigſtens die ſozialen Zulagen erhöht
hat. Kein alter Beamter darf abgebaut werden, ſo lange noch Leute
ohne genügende Vorbildung in Beamtenſtellung ſich befinden. Wieviel
füdiſche Beamte gibt es eigentlich noch? Wir haben noch nicht gehört,
daß ein einziger Jude abgebaut iſt. Wir verlangen die Schaffung ener
objektiv rechtlichen Berufungsinſtanz für Beſchwerden von abgebauten
Beamten. Die Deutſchnationalen werden dem Abbau des Berufsbeam=
tentums
, das eine Erwingenſchaft der Monarchie iſt, den ſchärfſten
Widerſtand entgegenſetzen.
Darauf wird die Weiterberatung abgebrochen. Es folgen wieder
perſönliche Bemerkungen.
Abg. v. Gallwitz (Deutſchnatl.) beſtreitet die Angaben des Abg.
Scheidemann über die Vorgänge beim Abbruch des Krieges. Die deut=
ſchen
Armeen hätten den Kampf fortſetzen wollen.
Reichsjuſtizminiſter Emminger wiederholt gegenüber dem Abg.
Düringer, daß ein Diſziplinarverfahren gegen den Neich= gerichtsſenats=
präſidenten
Dr. Lobe in keiner Weiſe und in keinem Stadium angeregt
worden ſei. Es ſei auch niemals verſucht worden, auf die Rechtſpre=
chung
des Reichsgerichts einzuwirken.
Reichsfinanzminiſter Dr. Luther ſtellt feſt, daß das Reichsfinanz=
miniſterium
in keiner Weiſe an einem Diſziplinarverfahren gegen den
Senatspräſidenten beteiligt ſei.
Die Deutſchnationalen fordern in einem Antrage Feſtſetzung des
Wahltermins auf Freitag, den 11. April; die Sozialdemokraten erklären
ſich für Sonntag, den 13. April. Auch Abg. Leicht (Bayer. Vpt.)
bittet die Deutſchnationalen, ihre religiöſen Bedenken in dieſem Falle
zurückzuſtellen und ſich für die Neuwahl am Palmſonntag zu erklären.
Der Vorſchlag der Deutſchnationalen, dieſe Frage am Dienstag an erſter
Stelle zu verhandeln, wird abgelehnt.
Dienstag 2 Uhr: Dritte Leſung des Notetats, Goldkreditbank,
Anträge bzw. Beſchlußfaſſung über den Wahltermin. Schluß nach
7 Uhr.

Eine Rede Kardorffs in Köln.
Köln, 10. März. Der volksparteiliche Führer von Kardorff
ſprach hier in einer von der Ortsgruppe der Deutſchen Volkspartei ein=
berufenen
, ſtark beſuchten Verſammlung. Von der Außenpolitik aus=
gehend
, betonte er, daß von einer Unterſtellung des beſetzten Gebiets
unter den Völkerbund nach den mit dieſem gemachten Erfahrungen
nichts zu erhoffen ſein dürfe. Ueber eine Entmilitariſierung des Rhein=
an
eine Neutraliſierung ſei nicht zu denken. Von der Freiheit des
Rheines hänge der Frieden der Welt ab. In innerpolitiſcher Hinſicht be=
seichnete
er die Weimarer Verfaſſung als verbeſſerungsfähig und ver=
befferungshedürftig
. Beſonders der 8 18 müſſe verſchwinden. Er
ſtreifte ferner den Münchener Prozeß und ſprach den Angeklagten va=
terländiſche
Beweggründe nicht ab. Er verurteilte aber gewaltſame
Umſturzverſuche. Auch bedauerte er die Auslaſſungen Ludendorffs ge=
gen
die Katholiken und den Vatikan, dem das deutſche Volk zu großem
Dank verpflichtet ſei. Zurückkommend auf die Notwendigkeit, die Ver=
faſſung
umzuſtellen, ſchlug der Redner vor, einen preußiſchen Staats=
präſidenten
zu beſtellen, der gleichzeitig Reichspräſident ſein müſſe. Er
bedauerte die Stellungnahme der Deutſchnationalen zur großen Koali=
tion
. Ihnen hätte Severing es vor allem zu verdanken, daß er noch
Vorredners richtig ſeien. Auf die erwähnte ſcharfe Eingabe ſei lediglich preußiſcher Innenminiſter ſei. Im weiteren Verlauf ſeiner Rede wandte
eine entſprechende Antwort erteilt worden. Von einem Diſziplinar= ſich Kardorff gegen den Klaffenkampf und gegen den Internationalis=
mus
der Sozialdemokraten und forderte Umſtellung der Gemeindever=
waltung
und Beſteuerung. Beſonderen Wert legte er angeſichts der
ernſten Lage unſeres Vaterlandes auf die Stabilität der Rentenmark,
glaublich, wenn gegen einen Beamten ein Verfahren wegen Landesver= tes und damit für eine allmähliche Geſundung bezeichnete. Der Redner
Reichskonferenz des Gewerkſchaftsrihgs.
Berlin, 10. März. Der Gewerkſchaftsring deut=
ſcher
Arbeiter=, Angeſtellten= und Beamten=
verbände
hielt heute in den Räumen des Reichswirtſchafts=
rates
eine Reichskonferenz ſeiner führenden Beamten und Funk=
der
Reichsarbeitsminiſter hatten Vertreter entſandt. Erſchienen
waren auch Delegierte des Allgemeinen niederländiſchen Fach=
verbandes
. Nach Begrüßungsanſprachen des Vorſitzenden, Land=
tagsabgeordneten
Hartmann und des Miniſterialdirektors
Dr. Sitzler ſprach der holländiſche Delegierte Berghuis.
Der erklärte u. a., die militäriſche Unterdrückung der deutſchen
beſetzten Gebiete habe die holländiſchen Arbeiter tief empört;
ſie hofften mit Deutſchland, daß aus dem Schmerz und den
Oberſte Heeresleitung habe damals ihre Niederlage unumwunden ein= Tränen wieder beſſere Zeiten erſtehen. Univerſitätsprofeſſor
Das Kernſtück aller europäiſchen Dinge iſt das Verhältnis zu
Frankreich. Es gibt hierbei für uns keine Politik der Nicht=
erfüllung
oder Erfüllung, ſondern nur eine Politik der Befrei=
Man ſollte die Legende zerſtören, die um dieſen Mann, mit dem ſehr ung. Die Wege hierzu ſind verſchieden. In Deutſchland nun iſt
das Rentenkapital vernichtet und eine Art Staatsbankerott ein=
getreten
. Die Inflation wurde nicht von der Regierung gemacht;
liſten in Deutſchland dafür ſorgen, daß das Ausland wieder mißtrau= dieſe iſt in die Inflation hineingeſchlittert. Durch niedrige Löhne
aber vernichtet man die innere Kaufkraft noch mehr und ver=
nichtet
jede Sparmöglichkeit. Unſere Wirtſchaftspolitik darf nicht
die wirtſchaftlichen Fragen Europas nicht bald gelöſt werden,
wird unſer Erdteil nur noch ein intereſſantes Muſeum bilden.
Als zweiter Referent ſprach der Geſchäftsführer Lemmer über
den Gewerkſchaftsring im Jahre 1923 und ermahnte die Gewerk=
ſchaften
zur Bildung einer einheitlichen Front. Redner, der
ſich gegen die Politik vieler Arbeitgeber wandte, ſchloß: Zum
Die Nationalverſammlung habe dank der Mitarbeit der Oppoſition die Gedanken der Republik muß der Gedanke des ſozialen Geiſtes
Rechte der alten Beamten in der Verfaſſung feſtgelegt. Durch die Ab= treten. Der Kampf geht in erſter Linie um die Arbeitszeit.
Die geſetzliche Regelung dieſes Problems iſt nötig.

*Konzert.
E.N. Das ſechſte Konzert des Heſſiſchen Landes=
theaterorcheſters
im Großen Haus brachte eine einheit=
liche
Vortragsfolge romantiſcher Werke aus der ſchon durch
Richard Wagner beeinflußten Spätzeit. Anton Bruckner bildete
Anfang und Ende und umrahmte das Klavierkonzert von Rach=
maninoff
in C=Moll, Op. 18. In dem letztgenanten Komponiſten
äußert ſich am ſtärkſten die nationale Umbildung, die der im
weſentlichen von der deutſchen Kunſt beeinflußten ruſſiſchen
Muſik in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zuteil
wurde. Eine düſtere Schwermut liegt über großen Teilen des
Konzertes, unterbrochen von Ausbrüchen leidenſchaftlicher Er=
regung
, an einzelnen Stellen von idylliſchen Bildern. Am
ſchwerblütigften wirkt der erſte Satz, teilweiſe auffallend folgt
der zweite, und am zerriſſeſten und wildeſten gebärdet ſich der
Schlußſatz, deſſen Ueberſchrift Allegro ſcherzando in keiner Weiſe
als Inhaltsandeutung aufgefaßt werden kann, denn die weniger
leichter wirkenden Epiſoden werden überragt von der ſtets neu
hervorbrechenden Leidenſchaftlichkeit.
Die Art, wie Eduard Erdmann den Solopart ſpielte, war
kongenial. Alles entſtand von innen heraus, der Klavierklang
wühlte ſich in das Orcheſter hinein, ſo daß beides oft völlig ver=
ſchmolz
. Die fabelhafte Ruhe und Sicherheit des Künſtlers, ſeine
Anſchlagskraft und Farbengebung, ſeine geradezu unfehlbare
Technik riſſen zur Bewunderung hin. An improviſatoriſcher Frei=
heit
des Vortrags ging es beſonders im Mittelſatz bis hart an
die Grenzen, die bei Orcheſterbegleitung noch möglich ſind. Der
Eindruck war gewaltig, der Beifall ſtürmiſch, und da ſetzte Herr
Erdmann, um abzuziſchen, ein modernes Stück voll von grotes=
kem
Humor entgegen. Kann es denn gar nicht ohne Zugaben
gehen? Ich verſtehe, daß ein Künſtler, der ein Werk völlig be=
herrſcht
und heim Vortrag ganz in ihm lebt, leicht geneigt iſt,
ins Extreme zu verfallen, um ſich gewaltſam wieder ins Gleich=
gewicht
zu bringen. Im Publikum aber muß ein ſtarker Ein=
druck
nachwirken können, denn nicht jeder Hörer iſt ſo geſchmei=
dig
, daß er derartig ſtarke Ohrfeigen leicht überwinden kann.

Von Anton Bruckner hörten wir zuerſt eine Ouverture in
G=Moll, ein anſcheinend vor den Sinfonien entſtandenes Werk,
das aus dem Nachlaß herausgegeben wurde. Hält ſich die
Ouverture in Form und Inhalt ſtark an das Vorbild. Beet=
hovens
, ſo iſt ſie doch von ſofort erkennbarer Eigenart. Schon
die tiefſchmerzlichen Akzente der ruhigen, langſamen Einleitung,
dann im Hauptteil das Schwelgen in lyriſchen Gegenſätzen, die
eigenartige Behandlung des Bläſerchors und die meiſterhaft
kontrapunktiſch gearbeitete Durchführung laſſen die ſpätere
Meiſterſchaft vorfühlen. Die Breite des Aufbaues iſt ebenſo
charakteriſtiſch.
Den Schluß bildete die vierte Sinfonie, die Romantiſche‟,
die ähnlich wie Beethovens Paſtoralſinfonie das Erleben des
Komponiſten der Natur gegenüber darſtellt, wobei mancherlei
Naturklänge die Vermittlung übernehmen. Dies aber auch
der einzige Vergleichspunkt. Denn dem gigantiſchen Menſchen,
dem Promotheus Beethoven, ſteht der feſt im Glauben wur=
zelnde
, ſich in frommer Ekſtaſe zum Himmel erhebende Bruckner
gegenüber. In mächtigen Formen türmen ſich die Sätze zu gran=
dioſer
Steigerung auf, dem beſonders romantiſchen erſten folgt
der düſter ſchreitende Marſch, eine weite Wanderung durch
ungewiſſes Nebelland ſchmerzlicher Empfindung. Wie eine Epi=
ſode
zieht das Scherzo vorüber, ein frohes Jagdſtück, die bange
Hornizene des Triſtan in helles Tageslicht übertragen, mit hei=
terem
, ländlerhaftem Trio. Und nun wächſt als bekrönender
Satz das machtvolle Finale in Höhen hinauf, wo ſich das Ir=
diſche
in der Gottnähe abſtreift.
Das Orcheſter ſpielte nicht überall gleichwertig. Nach dem
ausgezeiſchnet inſpirierten Vortrag der Ouverture und des Kla=
vierkonzertes
gab es in der Rieſenſinfonie von Bruckner Augen=
blicke
der Abſpannung. Auch abgeſehen von den mancherlei
Mißgeſchicken, denen die Hornſoli im Bruckner ausgeſetzt waren,
ſchien uns manches nicht ſo ausgeglichen, wie wir es gewohnt
ſind, ſo daß ſelbſt die faſt übermenſchliche Konzentration, mit der
Herr Generalmuſikdirektor Balling alles, zuſammenzufaſſen
und mitzureißen beſtrebt war, nicht überall völlig das Letzte aus
den Spielern herausholte. Wie der Soliſt des Abends, ſo gab
Balling wieder ſeine ganze Seele. Jede Faſer dieſes Küuſtlers

Nummer 71.
Die belgiſche Kriſe.
Die neue Miniſierliſte.
Paris, 10. März. (Wolff.) Nach einer Havas=Meldung
aus Brüſſel werden die Fraktionen der beiden Koalitionspar=
teien
der Kammer und des Senats heute vormittag über die
Miniſterliſte beraten, die Theunis geſtern nach langen
Beratungen mit dem König unterbreitet hat. Nach die=
ſer
Beratung wird entweder das dritte Kabinett Theunis end=
gültig
gebildet ſein oder Theunis wird die Aufgabe der Kabi=
netlsbildung
dem König zurückgeben. Die Miniſterliſte, die
unterbreitet worden iſt, iſt folgende: Finanz Theunis, Juſtiz
Maſſon (liberal), Wiſſenſchaften Nolf (KaKtholik), Krieg
Porthomme (liberal), Eiſenbahnen Neujean (liberal),
Inneres Poullet (Katholik), Ackerbau und öffentliche Arbeiten
Ruzette (Katholik), Wirtſchaft van de Vyvere, Induſtrie
und Arbeit Heymann (chriſtl. Demokrat), Kolonien vermutlich
General Gillain.
Das Kabinett Theunis.
FU. Paris, 10. März. Nach einem vom Jutranſigeant
veröffentlichten Brüſſeler Telegramm hat Theunis ſein Kabinett
gebildet. Es ſetzt ſich folgendermaßen zuſammen: Finanzminiſte=
rium
und Miniſterpräſident Theunis, Miniſter des Arußerm
Hymans, Miniſter des Innern Poullet, Unterichtsmini=
ſter
Nols, Landwirtſchaftsminiſter, Ruzette, Eiſenbahn=
miniſter
= Neujean, Kriegsminiſter Forthomme. Wirt=
ſchaftsminiſter
van de Vyvere, Kolonialminiſter Carton.
Die Vertreter der parlamentariſchen Rechten und der Libe=
ralen
ſind heute in Brüſſel zu einer Beſprechung der Lage zu=
ſammengetreten
und haben dem Miniſterpräſidenten Theunis
ihr Vertrauen zum Ausdruck gebracht. Die neuen Miniſter wer=
den
heute ahend den Eid auf die Verfaſſung leiſten. Man
glaubt, daß Theunis bereits am Donnerstag ſein Parlament
dem Kabinett vorſtellen wird.

Kriſe in Serbien.
Belgrad, 10. März. (Wolff.) Anläßlich des Zuſtande=
kommens
eines oppoſitionellen Blockes zwiſchen
den Demokraten, die für die zentraliſtiſche Verfaſſung eintraten,
und den kroatiſchen, ſloweniſchen und bosniſchen Autonomiſten
bezw. Separatiſten legt das Regierungsorgan, die Samou=
prawa
die großen Schwierigkeiten dar, welche hätten überwun=
den
werden müſſen um einen einheitlichen ſtarken
Staat der Serben, Kroaten und Slowenen zu grün=
den
. Leider hätten ſich die Erwartungen der Serben, daß die
Kroaten und Slowenen werktätig am Ausbau des Staates mit=
wirken
werden, nicht erfüllt. Die Serben würden jedoch Kraft
genug haben, den Staat zu verteidigen.
Die radikale Tribuna führte aus, daß die Teilnahme der
Krogten an der Verwaltung des Staates im Intereſſe der völki=
ſchen
und ſtaatlichen Einheit gelegen ſci. Die Löſüng aus der
gegenwärtigen Krife dürfe jedoch nicht in der Auflöſung
der Skupſchtina geſucht werden.
Seeckt gegen Quitte.
Der bekannte Pazifiſtenführer Dr. Quitte, der im Januar,
anſcheinend noch unter dem Eindruck der im Herbſt des dirgan=
genen
Jahres von der demokratiſchen und ſozialiſtiſchen Preſſe
über einen angeblichen Aufmarſch bayeriſcher nationaler Ver=
Verbändete verbreiteter Lügenberichte ſtand, glaubte Veranlaß
ſung zu haben, dem General v. Seeckt eine Lektion über inten=
nationalen
Pazifismus und die Durchführung des Verſailler Ver=
trags
halten zu müſſen. In dieſem Schreiben ſcheint er auch
über die von gewiſſen Blättern verbreiteten Mitteilungen über
geheime militäriſche Rüſtungen Deutſchlands eingegangen zu
ſein, und wie aus der Antwort des Generals hervorgeht, hat er
wohl damit gedroht, dieſe Angelegenheit in der breiten Oeffent=
lichkeit
zu verbreiten. Der Chef der Heersleitung hat ihm ſeinet=
ſeits
erklärt, daß er ein derartiges Verhalten Quittes als den
Gipfel der Würdeloſigkeit bezeichnen müſſe und daß er in einem
ſolchen Falle gegen ihn ein Verfahren wegen Landesverrats er=
öffnen
würde.
Profeſſor Quitte hat es aber doch nicht übers Herz bringen
können, von einer Beſprechung dieſer =Angelegenheit Abſtand
zu nehmen, hat es aber aus naheliegenden Gründen vorgezogen,
erſt die Aufhebung des Ausnahmezuſtandes abzuwarten. Heufe
kommt er nun in dem Organ des Herrn v. Gerlach auf dieſe An=
gelegenheit
zu ſprechen, ohne jedoch auf beſtimmte Fälle hinzu=
weiſen
. Trotzdem wird dieſer Artikel natürlich in Frankreich
lebhaftes Aufſehen hervorrufen, da Profeſſor Quitte ſeinen im
Januar an Hern v. Seeckt gerichteten Brief in dieſem Artikel
erwähnt und ebenſo von der Stellungnahme des Generals Mit=
teilung
macht. Auf Grund des Antwortſchreibens v. Seeckt Larf
man wohl annehmen, daß der Chef der Heeresleitung gegen den
Profeſſor Quitte auf gerichtlichem Wege vorgehen wird.

iſt Ausdruck, und wir bewundern es beſonders, daß er ſich nie
in ſeinen eigenen Gefühlen verliert, wie das bei Dirigenten, die
ähnlich impulſiv leiten, nicht ſelten vorkommt. Die genaue
Kenntnis der Partitur gibt ihm dieſe Freiheit des Geſtaltens.
Er wurde nach der Sinfonie begeiſtert gefeiert.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Darmſtädter Künſtler auswärts. Ueber Walte=
Beck liegen uns eine Anzahl Kritiken vor, von denen wir die nach=
ſtehenden
wiedergeben: Münch. N. Nachr.: Petruſchka von Jgor Stra=
vinsky
hatte bei der erſten Münchener Aufführung am Donnerstag
abend in dem Konzert des Konzertvereinsorcheſters mit ruſſiſcher Muſik
unter Leitung von Walter Beck, in dem man einen Dirigenten erſten
Ranges kennen lernte, einen glänzenden Erfolg. Baher. Kurier:
Wem bot das Konzert Ruſſiſche Muſik unter der Leitung von Walter
Beck nicht ein ſtarkes Erlebnis, auch wenn ihm Borodin und Glazou=
now
nicht ganz unbekannt waren? . . . Dieſer große Erfolg iſt vor
allem dem Dirigenten Walter Beck gutzuſchreiben, der ſowohl Partitur
wie Orcheſter in vorzüglicher Weiſe beherrſchte und in der Ausdeutung
der Werke aber auch nichts ſchuldig blieb. Münch.=Augsburger Ztg.:
Im Ernſt: Walter Beck, in dem man unbedingt einen Dirigenten von
hoher Intelligenz und gründlicher Partiturbeherrſchung kennen lernte,
hat in verſchiedenen Aufſätzen der Befürchtung Ausdruck gegeben, dieſe
Muſik könnte nicht auf den erſten Anhieb verſtanden werden, und aus
dem Grunde hat er wohl einen charakteriſtiſchen Teil des Werkes auf
den Applaus hin wiederholt. Die Befürchtung iſt unbegründet: die
Muſik iſt gar nicht ſchwer zu verſtehen, dazu iſt ſie viel zu deutlich; ſie
iſt aber ſicher ſchwer genau zu ſpielen. (Und hier ſei ds unbegrenzte
Lob für den Dirigenten und das verſtärkte Konzertvereinsorcheſter ein=
ſchließlich
des Pianiſten Franz Dorfmüller eingeſchoben.) Staatsztg.:
Was aber dieſes Konzert ans Licht ſtellte, war die außergewöhnliche
Perſönlichkeit des jungen, hier bisher unbekannten Dirigenten W. Beck,
dem man nicht bloß hervorragende Berufenheit zur Interpretation von
modernſter Muſik, ſondern auch ein verblüffendes Könnertum, das er
an der raffiniert ſchwierigen Partitur erwies, nachſagen muß. Seiu
hochmuſikaliſches Temperament wurde weiterhin offenbar mit der ſchönen
Muſiziermuſik der Ouvertüre zu Borodins Fürſt Igor (zum erſten
Male hier!) und mit der recht epigonalen, flüſſigen, aber im Finale
raſſig=ruſſiſchen 5. Symphonie B=Dur von Glazounow, alſo mit ge=
mäßigten
Kozpoſitionen von ſchon hiſtoriſch klaxen Vertretern öſtlicher
Tonkunſt=

[ ][  ][ ]

Rummer 31.

Aus der heffiſchen Politik.

Darmſtädter Dagblatt, Dienstag, den 11. März 1924,

Seite 3.

Am 31. März geht die Friſt zu Ende, für die der heſſiſche
Landtag ſeinem Sonderausſchuß gewiſſe Vollmachten über=
tragen
hatte. Der Sonderausſchuß hat in dieſen Monaten eine
große Reihe von Sitzungen gehalten. Vor allem ſind es zwei
Aufgabenkreiſe geweſen, die ihn beſchäftigten: die Perſonal=
abbaufragen
und die Steuerfragen. Nun legt ihm die Regierung
gleichſam in letzter Stunde noch den Entwurf des Staats=
haushalts
für das am 1. April beginnende Rechnungsjahr
vor. Sie erklärt in ihrer Vorlage die Verabſchiedung dieſes als
vorläufig gedachten Haushaltplans vor dem 1. April für not=
wendig
, um die Grundlage für die Ausgabebewilligung und die
Möglichkeit der Deckung durch Steuern oder andere Staatsein=
nahmen
zu ſchafſen. Dieſe Begründung hat anſcheinend manches
für ſich. Denn es iſt ja richtig, daß eine Verlängerung des für
1923/24 geltenden Haushaltplans über den 1. April hinaus ſeine
großen Bedenken hat: es handelt, ſich bei jenem Plan um
Papiermarkziffern, die keinen rechten Inhalt mehr haben!
Dennoch kann eine ſolche Verlängerung doch wohl nicht unmög=
lich
ſein. Aus dem einfachen und wohl unwiderleglichen Grunde
nicht, weil die ſe Papiermarkziffern bereits ſeit dem Dezember
1923 inhaltlos geworden waren und trotzdem nun ſchon vier
Monate lang mit einem auf ſolchen Ziffern aufgebauten Haus=
haltsplan
gearbeitet worden iſt, weil eben damit gearbeitet wer=
den
mußte. Was dier Monate lang möglich war, kann auch für
einen fünften Monat nicht unmöglich ſein. Daher wird ſich
der Sonderausſchuß doch wohl beſinnen, ehe er die große und
ſchwere Aufgabe, einen vorläufigen Haushaltsplan zu verab=
ſchieden
, auf ſich nimmt. Um ſo mehr, als es immerhin zweifel=
haft
iſt, ob der Landtag, als er den Sonderausſchuß beſtellte, an
eine ſolche Aufgabe ſür ihn gedacht hat. Die Zeit, die dem
Sonderausſchuß zur Verfügung ſteht, iſt übrigens für dieſe Auf=
gabe
ſo knapp, daß ihm nicht viel übrig bleiben würde, als eine
faſt unbeſehene, wenn auch nicht völlig unberedete Annahme der
Regierungsvorlage. Eins freilich iſt richtig: eine lange Land=
tagstagung
, in der in der ſonſt üblichen Breite die allgemeine
politiſche Wäſche diele Tage oder Wochen lang gewaſchen würde,
wäre jetzt in jeder Hinſicht unerträglich. Mögen manche Parteien
auch bei uns Luſt zu einem ſolchen heſſiſchen Schauturnen vor
der Wählerſchaft haben, das Land hat nicht das Geld dazu,
und die Reichstagswahlen drängen zu ſtark. Aber es laſſen ſich
ſicher Mittel und Wege finden, um dieſe Debatten zu vermeiden
oder mindeſtens hinauszuſchieben, ohne jetzt den vorläufigen
Haushalt vom Sonderausſchuß ohne jede vorherige Einzel=
beratung
in kürzeſter Friſt übers Knie brechen zu laſſen.
Mit dem Haushaltsentwurf hat die Regierung dem Sonder=
ausſchuß
auch ein Finanzgeſetz vorgelegt, zu dem abgeſehen
von der zu erhebenden Grundſteuer zwei Steuergeſetz=
entwürfe
gehören. Dieſe Entwürfe müßten in der gleichen
kurzen Friſt verabſchiedet werden wie der Haushalt. Es handelt
ſich um eine vorläufige Gewerbeſteuer und um eine Steuer vom
bebauten Grundbeſitz. So ſoll alſo wirklich nach den Abſichten
der Negierung das eintreten, was ſo mancher, als die gleichen
Steuern im letztvergangenen Vierteljahr als außerordentliche‟
Steuern erhoben wurde, fürchteten: dieſe beiden Steuern ſollen
chroniſch werden! Dieſe Nachricht wird wahrſcheinlich ſehr wenig
günſtig aufgenommen werden. Sowohl die Gewerbeſteuer wie
die Steuer vom bebauten Grundbeſitz haben ſchwere Belaſtungen
gebracht, die nicht als gerecht verteilt empfunden werden konnten.
Für die Gewerbeſteuer ſoll nun in Zukunft wenigſtens ein
anderer Berechnungsmodus eingeführt werden, der die ſchlimm=
ſten
Wirkungen beſeitigt. Die Regierung ſelbſt ſpricht davon,
daß es nicht möglich ſein würde, die Gewerbeſteuerpflichtigen
nach der Veranlagung für 1923 ſo, wie nötig, zu beſteuern, ohne
daß dies zu einer ſehr verſchiedenartigen und darum höchſt un=
gerecht
wirkenden Belaſtung führen würde. Ob die Methode,
als Grundlage die Vorauszahlungen zu wählen, die die Gewerbe=
treibenden
nach reichsgeſetzlichen Beſtimmungen zu leiſten haben,
die Laſt, die die neue Staatsſteuer auf das Gewerbe legt, trag=
bar
machen wird, das ſoll heute nicht näher unterſucht werden;
ſchwer und hart wird die Steuer jedenfalls wirken. Die Steuer
vom bebauten Grundbeſitz aber ſoll nach den gleichen
Maßſtäben erhoben werden wie die letzte außerordentliche Ab=
gabe
, und zwar für jedes Vierteljahr in der gleichen Höhe wie
dieſe außerordentliche Abgabe. Es kann kein Zweifel ſein, daß
dieſe Vorlage ſcharfen Widerſpruch finden muß. Sie iſt durchaus
ungerecht und muß, wenn ſie zu einer Dauereinrichtung wird,
geradezu erbitternd wirken. Sie beſteuert, da der Eigentümer
ſie auf die Mieter umlegt, die Mieter, und zwar nach dem Ver=
hältnis
einer Friedensmiete, die den Friedensverhältniſſen der
Mieter entſpricht, nicht aber ihren jetzigen weitaus veränderten
Verhältniſſen. Es iſt dem Mieter beim jetzigen Mangel an
Wohnungen oft nicht möglich, eine andere, billigere Wohnung
zu beziehen; er muß wohnen bleiben, ob er will oder nicht, und
wird dafür durch eine hohe Steuer beſtraft. Die Steuer wird
nicht bloß nach dem Wert des Gebäudes, ſondern auch nach dem
der zugehörigen unbebauten Flächen berechnet; ſo entfällt auf
die Mieter oft eine ganz unverhältnismäßig hohe Steuer. Die
Auseinanderſetzungen über die Berechnung der Steuer in ſolchen
Fällen ſind in hohem Grade geeignet, das Verhältnis zwiſchen
Hauswirt und Mietern einerſeits, zwiſchen den Mietern ander=
ſeits
zu vergiften. So beſonders in den Fällen, in denen ein
Teil die alleinige Benutzung der Gartenflächen hat, ohne daß
dieſer Umſtand in der Berechnung der Miete alſo auch in der
Berechnung der Steuer) ausreichend zum Ausdruck käme. Sehr

*Schimpf und Spott im Kaufmannsleben.
In der Zeitſchrift Blätter für
junge Kaufleute (Verlag Deutſch=
nationaler
Handlungsgehilfen=Verband) ſtellt
Hans Gloy unter dem Titel Schimpf und
Spott im Kaufmannsleben, das
neue volkstümliche Sprachgut zuſammen.
In aller Munde iſt heute der Schieber‟ Es verſteht ſich,
daß der Schieber kein Kaufmann iſt, ſo wenig, wie der Wucherer
ein Bankherr. Der Wucherer, der die Verzweiflung eines Man=
nes
zu den ſchmutzigſten Darlehnsgeſchäften mißbraucht, heißt
Menſchenfreund. Blutſauger Halsabſchneider oder
Krawattenmacher Auch die Schlittenfahrer gehören nicht
zum ehrlichen Handel. Die Schlittenfahrer entziehen ſich ihren
Gläubigern durch fortgeſetztes Wohnungswechſeln; die Wechſel=
reiter
halten ſich über Waſſer, indem ſie den einen Wechſel immer
durch folgende ablöſen. Streiten läßt ſich darüber, ob der Bör=
ſenjobber
zum Beruf zu zählen iſt; eine Anerkennung für werte=
ſchaffendens
Kaufmannswirken liegt jedenfalls in der landläu=
figen
Fachbenennung nicht. Der Börſenjobber macht ſeinen
Rebbach, wenn ſeine Kaffern klettern oder Laur anzieht;
wenn aber ſeine Papiere ſtark abbröckeln, wird er leicht zum
Debetmillionär‟. Er macht dann vielleicht pleite; die hinein=
gefallenen
Gläubiger ſind die Leidtragenden der Konkurs=
verwalter
iſt der Leichenkommiſſarius. Aktienbeſitzer, die ſich
auf Generalverſammlungen nach den mehr oder minder guten
Ausſichten des Geſchäftsganges erkundigen, führen den Spott=
namen
der Bellevue=Aktionäre‟.
Von Berlin iſt der Koofmich gekommen. In den
Hanſeſtädten, wo der Königliche Kaufmann zu Hauſe iſt,
konnte man auf dieſe Benennung nicht verfallen, weil die darin
ausgedrückte Geſinnung dort fremd iſt. Dagegen bezeichnet man
in Hamburg den kleinen Mann als Püttjer, womit im übrigen
in der Umgangsſprache jeder kleinliche, übergenaue Menſch
(alſo der Kümmelſpalter und Erbſenzähler in jedem Bo=
rufe
) gemeint iſt, ferner hier ohne Nebenbedeutung der Töpfer.
Der Chef iſt für die Angeſtellten der Alte, auch wenn er
noch jung iſt. Umgekehrt iſt für den Chef der Angeſtellte ſein

Laß dieſenigen Steuerzahler, die um einer zahl=
reichen
Familie willen große Wohnungen haben müſſen, be=
ſonders
viel zu zahlen haben: die Steuer bedeutet geradezu eine
Strafe auf den Kinderreichtum. Endlich kommt dazu, daß Staats=
bürger
, die aus irgend welchen Gründen vorübergehend nur
eine kleine Wohnung oder eine Notwohnung innehaben, ſehr
wenig von der allgemeinen Laſt zu tragen haben. In manchen
Fällen iſt es vielleicht als Ausgleich für die Entbehrung einer
ausreichenden Wohnung anzuſehen; aber nicht in allen Fällen
trifft das zu. Nun ſind die Mieten ſowieſo im Steigen be=
griffen
: die Schwierigkeiten, die ſich für viele Mieter gerade des
Mittelſtandes aus dem Widerſpruch zwiſchen der Wohnung, die
ſie von der Friedenszeit her innehaben, und ihren jetzigen viel
dürftigeren Verhältniſſen ergeben, werden immer größer. Dieſe
Steuer vom Gebäudebeſitz, die in Wirklichkeit eine Mietſteuer iſt,
würde ſie ins Unerträgliche ſteigern. Es darf daran erinnert
werden, daß bereits bei den Verhandlungen über die entſpre=
chende
außerordentliche Abgabe eine Partei, die Deutſche Volks=
partei
, die Steuer höchſtens nach der Hälfte des vorgeſchlagenen
Satzes bewilligen zu können glaubte und ſie dann, als dieſe An=
ſicht
nicht durchdrang, ganz ablehnte. Ob ſie jetzt, wo die Steuer
einmal erhoben worden iſt, wieder mit dieſer Haltung allein
bleiben wird? Das iſt doch wohl unwahrſcheinlich.
Somit werden die nächſten Wochen für Heſſen allerhand nicht
ganz leichte Entſcheidungen bringen. Täuſcht nicht alles, ſo
wird auch die Frage des Perſonalabbaues in der näch=
ſten
Zeit noch lebhafter erörtert werden als bisher. Soweit Be=
amte
in Frage kommen, haben ja bisher ganz überwiegend die
älteren den Schaden gehabt; ſie mußten, oft noch in ſehr friſcher
Kraft, ihr Amt verlaſſen. Die Empfindung iſt ganz allgemein,
daß der Staat, da er ja die Ruhegehälter bezahlen muß, an dieſer
Maßnahme wenig ſpart. Nun kommen jetzt die Beamten=
anwärter
an die Reihe. Junge Männer, die ſich oft in langen
Jahren der Berufsausbildung auf die Beamtenlaufbahn einge=
ſtellt
haben und die nun mit einem Male die Weiche umſtellen
müſſen! Da wird denn ſehr ſorgfältig zu prüfen ſein, ob wirk=
lich
nach ſtrenger Gerechtigkeit verfahren wird. Nach manchen
Anzeichen iſt zu ſchließen, daß im Volk die Meinung weit ver=
breitet
iſt, daß gewiſſe Umſtände, wie z. B. die Parteizugehörig=
keit
entgegen der Reichsverordnung nicht ohne Einfluß
auf die Beibehaltung mancher Staatsbedienſteten geweſen ſind.
Die Regierung wird hoffentlich in der Lage ſein, der Oeffentlich=
keit
den Gegenbeweis zu liefern. Sehr viel iſt auch die Frage
der Verlängerung der Arbeitszeit erörtert worden. Heſſen
iſt mit der Regelung dieſer Frage ſtark im Rückſtand. Das gilt
nicht bloß mit Bezug auf die Beamten, ſondern auch für die
Angeſtellten. Der Sonderausſchuß hat mit Mehrheit beſchloſſen,
im allgemeinen am Grundſatz des Achtſtundentages feſtzuhalten.
Die Feſtlegung der Arbeitszeit für das Pflegeperſonal in den
ſtaatlichen Krankenanſtalten und Heilanſtalten hat er beſonderer
Regelung vorbehalten. Dadurch ſind unhaltbare Verhältniſſe ent=
ſtanden
. Während bei den Anfang Januar vollzogenen Kündi=
gungen
Angeſtellter die verlängerte Arbeitszeit vorausgeſetzt
wurde, fiel dieſe Vorausſetzung nachher, wenigſtens fürs Erſte,
hin; und Wiedereinſtellungen mußten erfolgen. Auch dort, wo
Arbeitsbereitſchaft eine erhebliche Rolle ſpielt. Auch andere Un=
gleichmäßigkeiten
und innere Widerſprüche ſind die Folge ge=
weſen
. Es iſt ja, zumal aus Wahlgründen, fehr begreiflich, daß
die Sozialdemokratie den Achtſtundentag retten will, ſoweit ſie
vermag. Aber werden ihr die anderen Koalitionsparteien darin
angeſichts dieſer Lage wirklich dauernd folgen? Im Volk will
man allmählich Klarheit in dieſen Fragen; und Heſſen wird keine
Inſel bilden dürfen auch nicht eine Inſel der Glücklichen des
Achtſtundentages.
Noch eine andere Frage hängt mit dem Abbau zuſammen:
die Frage des Arbeitsminiſteriums. Den Leſern wird
in Erinnerung ſein, daß in dieſer Zeitung (26. Februar) von
ernſten Gegenſätzen in der heſſiſchen Regierung berichtet wurde,
die dadurch entſtanden ſeien, daß das Miniſterium für Arbeit
und Wirtſchaft das geſamte Wohlfahrtsweſen in ſeine Hand be=
kommen
wolle. Daraufhin hat das genannte Miniſterium eine
Erklärung zur Sache veröffentlicht. Es ſtellt die Nachricht, von
der die Notiz des Darmſtädter Tagblatts ausging, nicht in Ab=
rede
, ſondern es beſtätigt ſie. Das Arbeitsminiſterium hat
an das heſſiſche Geſamtminiſterium die Bitte gerichtet, die ge=
ſamten
Aufgaben, die ſich aus der Bearbeitung der Reichsverord=
nung
über Fürſorgepflicht vom 13. Februar ergeben, nunmehr
ihm zu übertragen, alſo die Armenfürſorge und die Waiſen=
fürſorge
dem Miniſterium des Innern, dem dieſe Zweige bisher
unterſtanden, zu entziehen. Trotzdem behauptet iſt, daß die
Notiz des Tagblatts geeignet ſei, die öffentliche Meinung irre=
zuführen‟
. Da die berichteten Tatſachen richtig ſind, könnte ſich
die Irreführung nur auf die Motive beziehen. Das Arbeits=
miniſterium
erklärt, es habe aus rein ſachlichen Erwägungen
gehandelt; jene Notiz des Tagblatts hatte dagegen vermutet, es
ſolle angeſichts der von der Deutſchen Volkspartei erhobenen
Forderung auf Abbau dieſes Miniſteriums erſucht werden, mit
allen Mitteln die Notwendigkeit und Unentbehrlichkeit dieſes
Miniſteriums zu beweiſen. Wenn bei dieſer Sachlage das Arbeits=
miniſterium
das grobe Geſchütz der Anklage auf Irreführung in
Tätigkeit ſetzt, ſo kann ſich der ruhige Beobachter eines Lächelns
nicht ganz erwehren. Denn es wird dabei dem gutgläubigen
Leſer wirklich ein bißchen viel zugemutet. Aus dem Satz, daß
die mannigfaltigen Aufgaben der Fürſorge untereinander zu=
ſammenhängen
, ſoll er die zwingende Folgerung ableiten, daß
die Forderung auf Zuſammenlegung nur ſachlichen Erwägun=
gen
entſpringe und daß der Wunſch, dem Abbau zu entgehen,
junger Mann, gleichfalls ohne Rückſicht auf das Alter. Der
Prokuriſt iſt, weil er ſeiner Unterſchrift ein ppa. vorſetzt, der
Pepea. Ab und zu hört man vom Chef auch als vom Meiſter
ſprechen, ſeltener vom Polier‟. Eine Geſchäftsinhaberin oder
die Frau des Chefs muß es ſich gefallen laſſen, daß man ſie
natürlich immer nur in Abweſenheit zur Hangvollen Cheföſe‟
umbildet.
Der Gehilfe wird nach dem mittlerweile veralteten Fremd=
wort
Kommie, ſcherzhaft Komiker Handlungskomiker
benamſt, dementſprechend ſeine Kollegin Kommiſe‟. Aus dem
ſozialdemokratiſchen Sprachſchatz ſtammt der Stehkragenprole=
tarier
; damit verwandt iſt der 90=Mark=Kommis. Mit beiden
Bezeichnungen verbindet der Sprechende die Vorſtellung von
einem Gehilfen, der ſich ein Gehalt in die Taſche lügt, das
größer als das tatſächlich bezogene iſt, und der auch demgemäß
auſtritt.
Die meiſten wirklichen Onkelnamen für die Gehilfen be=
ziehen
ſich auf ſeine beſondere Beſchäftigung. Erklärlicherweiſe
hat ſich der Geſchäftsreiſende die meiſten davon zugezogen, auch
wohl ſelber aufgebracht. Unzählig ſind die Verbindungen mit
Fritze und Onkel, z. B. Reiſeonkel, Teeonkel, Schokoladen=
fritze
, Speſenfritze‟. Aus der Sprache der Wanderburſchen und
der Landſtreicher (Monarchen) hat er ſich den Titel des Klin=
riſten
ſtreitig zu machen, die immer nur ſtreckenweiſe arbeiten
und ebenſo ſtreckenweiſe faulenzen. Auch der Kilometer=
ſreſſer
iſt nicht Alleinbeſitz des Reiſenden: ihm durchaus eigen=
iſt
, liegt er auf der Laudſtraße‟. Eine Gegend wird von ihm
abgekloppt oder abgeklappert; er ſucht Opfer, denen er
ſeine Ware aufhängt. Erbbegräbniſſe vermeidet er. Das
ſchikos ſagt, zum Matratzenverleiher. Schon dort anweſende
Kollegen wollen ihn ſofort zum Kartien heranziehen; er lehut
aber ab, weil er zunächſt ſeine Schularbeiten machen muß, dienende, einem Mariner nicht recht traut, ruft er unauffällig,
womit er den Reiſebericht meint. Steigt er in ein Eiſenbahn=
abteil
, das andere Leut mit zweimal zweiter Klaſſe umſchrei=
ben
, ſo nennt er das Bruſtbild fahren, der Verdrußkaſten

überhaupt nicht in Frage komme. . .. Zugegeben einmal, daß
ſachliche Momente für die Zuſammenlegung angeführt werden
können, nötigt dieſer Umſtand wirklich unbedingt zur Zu=
ſammenlegung
in der Hand des Arbeitsminiſteriums? Es könnte
ja auch an Zuſammenlegung beim Miniſterium des Innern ge=
dacht
werden? Zugegeben, daß ſachliche Motive mitſprechen,
müſſen ſie wirklich die einzigen ſein? Manchmal treffen
mehrere Beweggründe für die gleiche Handlung zuſammen. Auf=
fallend
iſt und bleibt eins: in dem Augenblick, in dem die Ver=
minderung
der Zahl der Miniſterien gefordert und die Auf=
laſſung
des Arbeitsminiſteriums von einer Partei beantragt
wird, ſtellt gerade dieſes Miniſterium den Antrag auf Vermeh=
rung
ſeines Geſchäftsumfangs. Dafür ſollen wirklich nur ſach=
liche
Erwägungen maßgebend geweſen ſein? Den ſachlichen
Rückſichten auf Zuſcmmenlegung ließe ſich doch auch Rechnung
tragen, wenn das gefamte Fürſorgeweſen bei einem Landesamt
zuſammengefaßt würde, das einem der anderen Miniſterien, in
erſter Linie dem des Innern, unterſtellt würde. Soweit zu
erkennen iſt, wird die Volksſtimmung nicht leicht bereit ſein, an
die Abweſenheit aller anderen als nur ſachlichen Motive bei
jenem Antrag zu glauben.
Und damit wären wir wieder bei der Frage der Vermin=
derung
des oberſten Verwaltungsapparates.
Sie wird doch auch in Heſſen einmal kommen müſſen. Von dem
Ergebnis der nächſten Wahlen ſie abhängig zu machen, dürfte
ſich wirklich nicht empfehlen. Denn erſtens vergehen bis dahin
noch faſt ½ Jahre, und wir müſſen doch raſch ſparen. Zweitens aber
könnten die nächſten Wahlen vielleicht eine noch ſtärkere Partei=
zerſplitterung
, ſogar eine Regierungskoalition aus mehr als drei
Parteien bringen. Soll dann wirklich oben gar nicht geſpart
werden?
Lynkeus.
Die parlamentariſche Lage.
Kein Gegenſatz zwiſchen Reichsregierung
und Reichspräſidenten.
Berlin, 10. März. Zur parlamentariſchen Lage
iſt, wie mitgeteilt wird, zu ſagen, daß die Reichsregierung
immer noch auf dem Standpunkt ſteht, keine Spezial=
diskuſſionen
über diejenigen Notverordnungen zulaſſen
zu können, welche ſie als lebenswichtig erkannt hat. Es be=
ftehe
in der Frage der Auflöſung des Reichstages
kein Gegenſatz zwiſchen der Reichsregierung und
dem Reichspräſidenten. Die Auflöſung müßte erfolgen,
wenn das Werk der Regierung gefährdet ſein würde. In dieſer
grundſätzlichen Auffaſſung ſtimmten alle überein.
Auflöſung des Reichstags am Donnerstag?
Neuwahlen am 11. Mai.
Berli, 10. März. Wie wir hören, hatte der Reichskanz=
ler
nach Schluß der Plenarſitzung des Reichstages eine Beſpre=
chung
mit den Führern der vier Regierungsparteien. Dabei er=
gab
ſich, daß das Kabinett und ſämtliche Negierungsparteien
völlig einig ſind darüber, daß die Auflöſung des Reichs=
tages
noch dieſe Woche erfolgen müſſe, ferner darüber,
daß ein möglichſt früher Wahltermin in Ausſicht zu
nehmen ſei, wobei jedoch Rückſicht darauf genommen werden
müſſe, daß die Wahlen im beſetzten Gebiet längere
Zeit zur Vorbereitung beanſpruchen. Unter welchen Umſtänden
die Auflöſung des Reichstages erfolgen wird, ſteht bisher noch
nicht feſt, da ein Einverſtändnis zwiſchen der Regierung und
den Koalitionsparteien über den von dieſen zu ſtellenden Antrag
bisher nicht erzielt werden konnte.
Berlin, 10. März. Wie wir aus parlamentariſchen
Kreiſen erfahren, hat der Reichskanzler heute in einer Be=
ſprechung
mit den Fraktionsführern mitgeteilt, daß
die Reichsregierung nunmehr doch die Abſicht habe, am
Donnerstag aufzulöſen und die Neuwahlen am
11. Mai ſtattfinden zu laſſen.
Der Anlaß zur Auflöſung dürfte ſich daraus ergeben, daß ein
Antrag der Mittelparteien auf Uebergang zur Tagesordnung über
die ſozialdemokratiſchen und deutſchnationalen Aufhebungs= und
Abänderungsanträge zu den Notverordnungen der Regierung
vorausſichtlich abgelehnt werden wird. In parlamentariſchen
Kreiſen hält man es jetzt für ausgeſchloſſen, daß die Auflölung
noch vermieden werden kann durch die Annahme eines Antrages,
mit dem der Reichstag ſelbſt ſeine Lebensdauer beſchränkt.
Beſchlüſſe des Reichsrats.
Berlin, 10. März. Der Reichsrat hat dem Geſetzentwurf
über die hypothekariſche Belaſtung von Grundſtücken der Reichs=
bahn
angenommen, wonach im Intereſſe der von der Reichsbahn
beabſichtigten Kreditoperation die hypothekariſche Belaſtung von
Grundſtücken ohne Eintragung zuläſſig iſt. Der Reichsrat wandte
ſich alsdann den Geſetzentwürfen über die Schaffung der Gold=
diskontbank
und über die Aenderung des Bankgeſetzes zu, die
debattelos nach den Ausſchußbeſchlüſſen, die die Vorlagen im
weſentlichen nur ſtiliſtiſch und formell geändert haben, angenom=
men
wurden.
oder, weil er ſeine Kunden damit einſeift, das Raſierzeug.
Ausdrücke, wie der letzte und ſchon vorher aufgeführte, deuten
jedoch keineswegs auf böſe Abſichten gegen die Kundſchaft. Im
Gegenteil, wer dem Mitmenſchen etwas aufhalſen oder ihn
übers Ohr hauen will, der ſcheut, wie ſtets, das treffende
Wort.
Der Kontoriſt wird als Tintenkuli oder als Kontor=
knüppel
geuzt. Ab und zu ſtößt man auf den Pultiklaven;
ſehr gebräuchlich iſt der doppelte Buchhalter.
Der Lehrling iſt, wie weltbekannt, zum Stift umgetauft.
Genießt er das Vertrauen ſeiner Vorgeſetzten, ſo wird er mit der
Ehre betraut, die Portokaſſe zu verwalten. Selten mißbraucht
er das Vertrauen. Kommt es vereinzelt dennoch vor, ſo heißt
man ihn einen Portokaſſenrendanten oder ganz verblümt
einen Portogieſen Will man deutlicher werden, dann wird
erzählt, daß er Anſtellung bei Klemm u. Lange habe. Es iſt
indeſſen in jedem großſpurig auftretenden Jüngling ein ſolcher
Portokaſſeumarder, zu vermuten. Der kaufmänniſche Nach=
wuchs
iſt durchaus ehrenhaft. Der Stift ſchuſtert oder buttert
eher zu, als daß er mit einem Fehlbetrag in der Kaſſe ſein
Gewiſſen und ſeinen Ruf belaſtet.
Unter den Kunden ſind es die ſchlechten, die man nicht ver=
kenputzers
geholt. Von ihm kommt auch der Streckenarbeiter; ſchout gelaſſen hat. Der faule Kopp iſt enie Schmeichelei, die
unſer Chef pflegte ihm indeſſen dieſe Bezeichnung für Konto= keiner Erklärung bedarf. Aber auch der patriotiſche Kunde‟
braucht ſich auf den guten Klang des Wortes nichts einzubilden.
Er heißt ſo, weil er erſt auf Zuſtellungen zahlt, die vor der
Revolution die Ueberſchrift trugen: Im Namen des Königs.
tümlich aber die Kupeewanze‟. Wenn der Reiſende auf Tour. Ladenbeſucher, die ſich nur orientieren, nur Ware beſchauen, nur
etwas auſehen wollen, ſind die Orientalen, Warſchauer oder
Seeleute‟. Seeleute werden auch zur ſinnverwandten Marine=
kundſchaft
. Von einem Laufkunden, der, ohne gekauft zu
ſind Geſchäftsläden, in denen nacheinander mehrere Inhaber haben, den Laden verläßt, ſpricht man als dem Tippel‟. Der
kaputt gingen. Abends geht er ins Gaſthaus oder, wie er bur= Verſuch eines anderen Käufers oder des Vorgeſetzten, dieſen
Kunden an der Tür noch umzuſtimmen, nennt man den Tippel
retten. Wenn ein Verkäufer, in der Regel der nicht ſelbſt be=
wie
wenn es gerade zu ſeiner Arbeit gehört: D. L. M.. Die
Entſchlüſſelung dieſer drahtloſen Kriminaldepeſche lautet unmiß=
verſtändlich
: Das Luder mauſt.

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Seite 4.

Nummer 7 1.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

Der Sitlerprozeß in München.
Die entſcheidende Phaſe des hochpolitiſchen Prozeſſes: Die Vernehmung der Kronzeugen beginnt. Ein ſenſationeller Tag. Die Vor=
geſchichie
der Ereſgniſſe vom 8. November. Hilſers Worchruch. Die kogſt des Generalsv. Loſſop. Der Feuerbeſehl des Siagtes.

General Loſſow hat das Wort.
Der Schleier lichtet ſich.
Von unſerem Münchener Korreſpondenten.
g. München, 10. März.
Schon äußerlich kommt es am Beginn der dritten Verhand=
lungswoche
deutlich zum Ausdruck, daß die entſcheidende
Phaſe dieſes hochpolitiſchen Prozeſſes, die
Vernehmung der Kronzeugen, unmittelbar vor der
Tür ſteht: Die Kontrolle der Ausweiſe wird genauer als in den
letzten Tagen durchgeführt. Auch die Durchſuchung nach Waffen
wird mit peinlichſter Genauigkeit erledigt, auch die den Ueber=
wachungsbeamten
wohlbekaunten Preſſevertreter müſſen eine ge=
naue
Unterſuchung über ſich ergehen laſſen, die mit dem höf=
lichſten
Ausdruck des Bedauerns vorgenommen wird. Man hört
in den Gängen, daß die Anträge, die Angeklagten: Frick und
Brückner aus der Haft zu entlaſſen, bis zum Schluß der Beweis=
aufnahme
zurückgeſtellt worden ſind. Daß Gerüchte, wie ſie auch
umgehen, Herr v. Kahr ſei nach der Schweiz abgereiſt, oder er
habe ſeinen Mücktritt als Regierungspräſident von Oberbayern
genommen, unbegründet oder im letzten Punkt mindeſtens ver=
früht
ſind, braucht nicht beſonders betont zu werden. Erwar=
tungsvolle
Stille liegt über dem wie immer zum Berſten be=
ſetzten
Verhandlungsraum, als in die Montagsſitzung mit den
üblichen Feſtſtellungen und Formeln eingetreten wird. Man
kann ein Blatt Papier zur Erde fallen hören, als dann der erſte
der Kronzeugen, Generalleutnant a. D. Exzellenz von
Loſſow, der ehemalige Führer der 7. Diviſion, aufgerufen
wird, und er, eine hochgewachſene ſtraffe ſoldatiſche Erſcheinung
im ſchlichten blauen Zivilanzug, den er trägt, vor die Schranken
des Gerichts tritt.
Die erſte Senſation, wenn man von Senſationen in
dieſem an Spannungsmomenten überreichen Prozeß überhaupt
ſprechen will, iſt die Rechtsbelehrung des Zeugen durch den Vor=
ſitzenden
, der darauf hinweiſt, daß er die Ausſagen verweigern
kann, wenn er ſich ſelbſt einer ſtrafbaren Handlung durch ſeine
Ausſagen bezichtigen würde. Der Zeuge muß darüber pflicht=
gemäß
, wie der Vorſitzende feſtſtellt, belehrt werden. Die
zweite Senſation, als der Vorſitzende in dieſem Zu=
ſammenhang
darauf hinweiſt, daß gegen den Zengen ein
Ermittlungsverfahren eingeleitet iſt. Nach unſerem
Wiſſen dürfte es ſich hier nicht um einen angeblichen Zuſammen=
hang
mit der Hochverratsaffäre vom 8. November, ſondern um
die Vorgänge am Odeonsplatz handeln. Die dritte Sen=
ſation
, daß der General auf Grund dieſes Ermittlungs=
verfahrens
zunächſt undereidigt bleibt.
Und dann praſſelt es an Enthüllungen, poli=
tiſchen
Feſtſtellungen von ungeheurer Tragweite nur
ſo nieder, als der General mit ganz klarer, ſtellenweiſe ſich faſt
überſteigender Stimme über die Vorgeſchichte des 8. Novembers
ſpricht und dabei für unſer Gefühl in ſchonungsloſer und auch
das Letzte enthüllender Weiſe die letzten Schleier von den Plänen
wegzieht, die die Herren Kahr, Seißer und er inauguriert haben,
aus denen Hitler und die Seinen den Anſtoß zu ihrer Aktion
erhalten haben wollen. Was der General ſpricht, macht den Ein=
druck
unbedingter ſoldatiſcher Gradheit und Wahrhaftigkeit. Auch
die eine Tatſache, daß Herr v. Loſſow in der Erörterung dieſer
Dinge rückſichtslos aufzeigt, wie er ſelbſt zu dem Gedanken des
nationalen Direktoriums geſtanden hat, ſtützt die Annahme, daß
hier kaum etwas ungeſagt geblieben iſt, was geſagt werden
konnte.
Zu den Dingen abſchließend Stellung zu nehmen, zu ent=
ſcheiden
, ob es ſich in dieſem Plan eines national rechts gerich=
teten
Direktoriums um einen Hochverrat oder einen ver=
ſuchten
Hochverrat gehandelt habe, wird erſt möglich ſein,
wenn auch die anderen Herren geſprochen haben. Feſtzuhalten
iſt ſchon heute, daß bei dieſen Plänen, wie Herr b. Loſſow betont,
keineswegs an einen Marſch nach Berlin, keines=
wegs
an irgendwelche Gewalt gedacht war. Viel=
mehr
wollte man lediglich durch einen vom Süden und Norden
ausgehenden Druck auf die Reichsregierung das zuſtande brin=
gen
, was nationale Männer in allen Lagern angeſichts der wahn=
ſinnigen
Verheerungen durch den uferloſen Markſturz damals
als einzige Rettung erwarteten. An der ſtrafrechtlichen Beurtei=
lung
des hier in dieſem Sinne allein zur Erörterung ſtehenden
Falles Hitler und Genoſſen können auch dieſe Enthüllungen
nichts ändern. Iſt es richtig und wir haben beſtimmte Gründe,
dies anzunehmen , was Loſſow über ſeine Unterredungen mit
Hitler und General Ludendorff berichtet, was er über den Plan
eines Direktoriums im Norden enthält, dann ſchwindet der
letzte Zweiſel, daß die drei Herren am Abend des 8. No=
vember
im Bürgerbräukeller gewaltſam zu einer Aktion gedrängt
werden ſollten, die nicht in der Linie ihres eigenen Planes lag.
Dann könnte aber auch niemand aus dem von ihnen verfolgten
Plan den Schluß ziehen, daß ein kleiner Stups genügen würde,
um die Herren in das Waſſer ſpringen zu laſſen, das ihnen zu
kalt war. Dann ſollten Kahr, Loſſow und Seißer in
ein unternehmen gehetzt werden, das nach ihrer eigenen
Auffaſſung mit ihrem Projekt eines Druckes auf die Reichs=
regierung
zur Schaffung eines nationalen Reichsdirektoriums
nichts gemein hatte, das nach ihrer eigenen Ueberzeugung
Wahnſinn und Verbrechen war ....."
*Oer erſte Kronzeuge.
Drahtbericht unſeres Korreſpondenten.
g. München, 10. März.
Zu Beginn der Verhandlung am Montag vormittag richtet Rechts=
anwalt
Dr. Götz eine Beſchwerde gegen die Deutſche Allgemeine Zei=
tung
, die die Verteidigung unter die Lupe genommen hatte Juſtizrat
Dr. Schramm teilt mit, ein Brief der Mutter des erſchoſſenen Leut=
nants
Caſella beſtreite mit aller Entſchiedenheit, daß dieſe mit dem
Oberleutnant Braun geſprochen und daß ſie die ihr von Oberleutnant
Braun in den Mund gelegten Aeußerungen gebraucht habe. Der Ver=
teidiger
ſtellt erneut feſt, daß niemals von ſeiner Seite oder von Haupt=
mann
Röhm behauptet wurde, Caſella ſei von Braun erſchoſſen wor=
den
. Vieluehr ſei immer betont worden, daß die letzten Aeußerungen
Caſellas nach den Ausſagen eines Zeugen lauten ſollten: Merk dir s,
der Braun hat mich erſchoſſen!"
Der Vorſitzende verlieſt hierauf zwei Schreiben der Landespolizei,
in denen auf Veröffentlichungen zurückgekommen wird, die auf Freie
herrn von Godin zurückgehen ſollen. Das eine Schreiben ſtellt feſt.
daß Godin an dieſen Veröffentlichungen nicht beteiligt war. Ein wei=
teres
Schreiben erklärt es als abſolut unrichtig, daß Mitgliedern der
Landespolizei Beſtrafung angedroht worden ſei, falls ſie Ausſagen
machten. Ein ebenfalls verleſenes Schreiben des Reichsjuſtizminiſters
ſtellt erneut feſt, daß der Neichspräſident weder einen Neffen mit dem
Namen Fritz Ebert habe und daß von den drei Söhnen des Reichspräſſ=
denten
zwei im Jahre 1918 ſchon gefallen waren, während der dritte
1918 mit einer ſchweren Verwundung im Lazarett lag.
Rechtsanwalt Gademann erinnert an die Vernehmung in der
geheimen Sitzung und bezeichnet es als ausgeſchloſſen, daß die Herren
b. Kahr, v. Loſſow und v. Seißer als Kronzeugen auftreten könnten,
da ſie die Drahtzieher geweſen ſeien und der 8 83 des Strafgeſetzbuches
in Betracht käme. Erſter Staatsanwalt Stenglein erklärt, daß die
drei Herren nicht als Zeugen gegen die Angeklagten, ſondern als Zeu=
gen
zur objektiven Feſtſtellung der Wahrheit zu hören ſind. Es beſtehe

kein Anlaß, auf die Zeugen zu verzichten. Nachdem auch Rechtsanwalt
Noder verlangt hat, daß die drei Herren kommen ſollen, aber nicht
als vollgültige Zeugen, daß alſo eine Vereidigung nicht in Betracht ge=
zogen
werden könne, wird Exzellenz v. Loſſow, Generalleutnant a. D.,
in den Saal gerufen.
Die politiſche Grundeinſtellung Loſſows.
Der Vorſitzende belehrt den Zeugen, daß er nicht auszuſagen
brauche, wenn er ſich einer ſtrafbaren Handlung bezichtigen würde, daß
ein Ermittelungsverfahren gegen ihn anhängig iſt
und daß er zunächſt unvereidigt vernommen wird. Der Zeuge ſchildert
dann zunächſt ſeine politiſche Grunhsinſtellung, die darauf fußte,
ein nationales, rechts eingeſtelltes Direktorium mit diktatoriſchen
Vollmachten.
zu ſchaffen. So war es Loſſow von uorddeutſchen Herren als notwen=
dig
geſchildert worden. An die Spitze des Direktoriums ſollte ein Mann
von Namen treten. Unter ihm ſollten etwa vier bis fünf namiafte
Autoritäten die Sanierung Deutſchlands auf den verſchiedenen Bebie=
ten
durchführen. An Gewalt oder an einen Putſch war dabei nicht ge=
dacht
, ſondern an eine Anwendung des Art, 48 der Reſchsverfaſſung.
Loſſow fährt fort: Ich war mir darüber klar, daß an die Stelle einer
kompromittierten Regierung Männer treten mußten um Deutſchland
zu retten. Die Namen der für das Direktorium in Ausſicht genomme=
nen
Heuren hat man ja damals geleſen. Ich nenne Minoux, Hen=
rich
, Wiedfeld und andere. In den damaligen B=ſerechungen
habe ich immer wieder darauf hingewieſen, daß
brei Vorbedingungen
zunächſt erfüllt werden müßten:
1. Müßten die Männer des Direktoriums gefunden wverden und
auch bereit ſein, das Direktorfum zu übernehmen;
2. müßte ein Sanierungsprogramm von vornherein feſtſtehen, und
3. müßten die Männer die Gewähr bieten, daß die Reichswehr ge=
ſchloffen
hiuter das Direktorium treten kann.
In dieſer Nichtung bewegten ſich die Beſprechungen, die Kahr,
Seißer und ich mit politiſchen Freunden aus dem Norden führten. Wir
haben die Herren nicht gerufen, ſondern ſie ſind zu uns gekommen. Aus
dieſen Erwägungen haben nun die Leute, die in ihren Verſammlungen
den Mund nicht voll genug nehmen und über ihre nationgle Haltung
nicht genug aufreißen konnten, den
Marſch nach Berlin
gemacht, ein für meine Begriffe geradezu kindliches Schlagwort. Ich
ſtehe noch heute auf dem Standpunkt, daß das Direktorium auch heute
noch die geeignete Regierungsform für Deutſchland iſt. Seine Schaf=
fung
zu unterſtützen war für mich, wie auch für Kahr und Seißer die
brennendſte deutſche Frage.
Der Konflikt zwiſchen Bahern und dem Reich.
General Loſſow kommt dann auf den Konflikt zwiſchen
Bayernund dem Reich zu ſprechen, der ja auch mit der Bezeih=
nung
Der Fall Loſſow oftmals erwihnt wurde. Er erklärt
hierzu u. a.: Schon am N. September war andauernd von Berlin aus
telephoniert worden,
Lofſow ſoll Kahr an die Wand drängen und allein die vollziehende
Gewalt übernehmen.
Ihm ſei das angeſichts der Stellung Kahrs und ſeines Verhältniſſes zu
Kahr unerträglich geweſen. Der verhängnisvolſte Schritt Berlins aber
ſei geweſen, die rein politiſche Frage auf dem Wege einer brutalen An=
wendung
der Kommandogewalt löſen zu vollen. Deshalb habe er den
ihm gegebenen Befehl, den Völkiſchen Beobachter, mit Waffengewalt
am Erſcheinen zu verhindern, nicht ausgeführt. Dic Entſcheidung habe
keine Minute bei ihm gelegen, ſondern bei der haheriſchen Regierung,
die er ſtändig informiert habe. Der Zeuge fährt dann fort: Ich habe
riemals den Ehrgeiz gehabt, mich in der Politik zu betätigen oder eine
Yorkſpielerei in Szene zu ſetzen. Nur die durch die Schuld Ber=
lins
geſchaffenen Verhältniſſe haben mich, der ich für mich in Aufpruch
nehnen darf, militäriſch zu denken, in den Vordergrund der Politik ge=
ſtellt
. Auch
die Inpflichtnahme der baheriſchen Reichswehr hat keine Abtren=
nung
der bayeriſchen Diviſion vom Reichsheer bedeutet.
Der dienſtliche Verkehr mit Berlin lief dauernd weiter. Die Geſtellung
von baheriſchen Mannſchaften für das Wachregiment in Berlin war
ebenſowenig unterbrochen. Es iſt daher vollſtändig falſch, von einer
Meuterei oder Nebellion der 7. Diviſion zu ſprechen, die gut bayeriſch
und gut deutſch denkt. Für mich war es immer klar, daß ich ſofort nach
der Löſung des inneren Konfliktes das militäriſche Harokiri an mir be=
gehen
und verſchwinden werde. Die Infanterieſchule hat mir nie unter=
ſtanden
, obwohl ich durch ihre Gründung ein Stück von meinem Herz=
blut
ſehe. Auch durch die Inpflichtnahme der 7. Diviſion für Bayern
iſt die Infanterieſchule, die ſich aus Offizieren aller Diviſionen der
Reichswehr zuſammenſetzt, nicht betroffen worden. Ich habe nie etwas
von einer beſonderen Erregung dort gehört, auch nichts davon, daß ſich
Lie Schule mir zur Verfügung ſtellen ſollte. Es iſt mir ein Befehl zum
Vorwurf gemacht worden, mit welchem es folgende Bewandtnis hat:
Ich bin damals erſucht worden, nach der Inpflichtnahme der baheriſchen
Reichswehr
die ſchwarz=weiß=rote Kokarde
ableßnte, dieſem Antrag ſtattzugeben, da ich den Vorwürfen, die baye=
riſche
Reichswehr erſtrebe eine Spaltung, keine neue Nahrung geben
wollte. Ich habe der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der Tag nicht
mehr ferne ſei, an dem die geſamte Reichswehr die ſchwarz=weiß=rote
Kokarde wieder tragen werde. Der Konflikt mit dem Reich hat mit
dem Beſtreben, das Direktorium angeſichts der immer verheerender
werdenden wirtſchaftlichen Lage herbeizuführen, nichts zu tun.
Loſſows Beziehungen zu Hitler.
General Loſſow kommt dann auf ſeine Beziebungen zu
Hitler zu ſprechen, die nach ſeiner Schilderung immck ſehr einſeitig
waren. Hitler habe in manchem Necht, aber keinerlei Wirklichkeitsſinn.
Er habe in den Beſprechungen meiſt allein das Wort geführt, denn es
ſei zwecklos geweſen, gegen Hitler mit Einwendungen kommen zu
wollen. Hitler habe geſagt, im Norden wären die Männer für das
Direktorium nicht zu finden. Die Reichswehr werde durch Ludendorff
ohne weiteres auf die Seite einer Diktatur geſtellt werden können. Min=
deſtens
vom Major abwärts werde niemand gegen Ludendorff vor=
gehen
. Auch Ludendorf ſelbſt habe ihm gegenüber ähnliche Gedanken=
gänge
geäußert. Hitler habe einmal ſo ohnehin erwähnt, er (Loſſow)
könne Reicklswehrminiſter, Seißer Polizeiminiſter werden. Er habe auf
dieſe Bemerkung durch eine lächelnde Ablehnung ſeine Stellung zu er=
kennen
gegeben. Er ſei ja kein berufsloſer Komitatſchi geweſen, ſondern
kommandierender General in Amt und Würden, der keinerlei perſön=
war
eben er ſelbſt! Daß Hitler ihm einmal ſein Ehrenwort gegeben
habe, hinter ihn (Loſſow) zu treten, ſei nachträglich konſtruiert und ab=
ſolut
unwahr. Ebenſo unwahr ſei, daß er (Loſſow) einmal geſagt Piſtole herum. Er ſagte dabei: Sie müſſen mit mir kämpfen, ſiegen
haben ſoll, es ſei letzten Endes beſſer, er freſſe Seeckt, als Seeckt ihn.
Loſſow und Ludendorff.
Mit General Ludendorff hat Loſſow, wie er weiter bekundet, nur
geſellſchaftliche Beziehungen unterhalten. Er habe von ihm die auch über Dinge ausgeſagt, bei denen er gar nicht im Zimmer anweſend
von ihm ſelber vorgetragenen Gedankengänge bezüglich der katholiſchen
Lirche einer ſeparatiſtiſchen Gefahr uſſp. zu hören bekommen. Am
3. Tktober bezeichnete Ludendorff in einer Beſprechung mit ihm den
Plan des Direktoriums als eine Patentlöſung. Dieſe Aeußerung ſei
ihm eine große Beruhigung angeſichts der ſtändig wachſenden aktiviſti=
ſchen
Neigung des Kampfbundes geweſen. Er habe Ludendorff auch
darüber unterrichtet, daß die Einſetzung eines General=
ſtaatskommiſſariats
nicht unter der blau=weißen,
ſondern unter der ſchwarz=weiß=roten Flagge er=
folgte
. Vor der Inpflichtnahme der bayeriſchen Reichswehr habe er
Wert darauf gelegt, Ludendorff zu informieren. Ludendorff habe dann
in einer Beſprechung mit ihm ausgeführt, er ſehe das Vorgehen
Baherns nicht als weiß=blaue Sonderaktion oder Meuterei an. Die
Dinge im Deutſchen Reich entſcheidend zu beeinfluſſen, habe er CCoſſon)
mit Kahr immer als über ihre Kraft gehend betrachtet. Gedacht ſei nur u
an einen Druck getveſen, um das nationale Direktorium herbeizuführen.
Eine Separation Bayerns vom Reiche habe für ihn wie auch für Kahr uns die Frage gerichtet hätte, ob wir denn einen Entſ hluß gefaßt hätten,
und Seißer ſtets außerhalb des Bereiches jeder Möglichkeit gelegen.

Der Plan eines nationalen Direktoriums.
Der Zeuge kommt dann zu den Beſprechungen im Generalſtaats=
kommiſſariat
. Am 25. Oktober habe es ſich, wie immer, bei dieſen Be=
ſprechungen
ausſchließlich um das Direktorjum gedreht. Hier habe
Minoux das Wort geführt. Ludendorff habe ſich gegen die
Pläne Minoux, ſcheinbar unter dem Druck Hitlers zur Löſung
der deutſchen Frage mit Gewalt, in der Unterredung gegenüber
Minouxziemlich ablehnend verhalten. Im Prinzip aber ſei
er (Loſſotwv) guch noch am 8. Noyember der Auffaſſung geweſen, daß
Ludendorff ſich im Grunde für die Patentlöſung des
Direktoriums einſetzte. Ludendorff habe eine Erklärung ab=
gegeben
, er werde das Loyalitätsverhältnis zu Loſſow
kündigen, wenn er nicht mehr mit ihm zuſammengehen könne. Erſt
dann wolle jeder ſeine Handlungsfreiheit wieder haben. Damals ſei
auch von einer Angoraregierung in Bayern von einem
Blatt geſerochen worden. Dieſen Gedanken habe er Koſſolv) als Un=
ſinn
immer reſtlos abgelehnt. Er hebe es auch nicht für gaugbar ge=
halten
, daß LuZeudorff als Träger der Diktatur in Frage konmen künne,
insbeſondrue au3 außenpolitiſchen Gründen. Hitler ſei nach ſeiner Auf=
faſſung
keinesnegs zur Diktatur befähigt geweſen. Er hätte für das
nationale Direktorium lediglich als Trommler in Frage kommen
können. Hitler habe ſchon ein Jahr vorher Schweher, ſein
Ehrenwort gegeben niemals einen Putſch zu
machen. Er iſt in dieſen Tagen von Schweher erneut gefragt wor=
den
, ob er etwas unternehmen wolle, und habe es entrüſtet abgelehnt,
ein zweites Ehrenwort zu geben. Es genüge, wenn er ſein Ehrenwort
gegeben habe. Am 6. November hat dann Kahr in der bekanuten Be=
ſprechung
mit den vaterländiſchen Verbänden poſitiv im Sinne des
Direktoriums, uegativ mit aller Entſchiedenheit gegen jeden Putſch von
irgend einer Seite Stellung genommen. Auch er habe ſelbſt in dieſer
Beſprechung eindringlich vor der Anwendung von Waffengewalt ge=
warnt
. Der Staatsanwvalt unterbricht den Zeugen und beantragt, die
Erörterung dieſer Beſprechung in die geheime Sitzung zu verlegen,
Der Vorſitzende tritt dieſem Vorſchlage bei.
Der Marſch nach Berlin.
General Loſſow erklärt dann weiter, er habe in den kritiſchen Tagen
die drei ihm unterſtellten Generale, die als Zeugen gehört werdea könn=
ten
ſtändig orientiert, ebenſo ſeine Standortsälteſten. In keiner die=
ſer
Beſprechungen ſei das Wort Marſch nach Berlin von ihm
gebraucht worden oder ſonſt gefallen. Die Reiſe Seißers nach
Berlin habe lediglich einen informatoriſchen Zweck gehabt. Man
habe allerdings aus ihr entnommen, daß der Gedanke des Direktoriums
im Norden nicht ſo vorwärts ginge. In dem Admiral Scheer,
der ebenfalls auf dem Bohen des Direktoriums ſtehe, habe er keines=
wegs
einen Abgeſandten Dr. Streſemanns geſehen. Völlig unrichtig
ſei es, daß Admiral Scheer von ihm und Kahr nicht richtig bedient wor=
den
ſei. Beide ſeien gegenüber Scheer reſtlos offen geweſen. Seine
einzigen Beziehungen zu Scheubner=Richter ſeien ein
Brief geweſen, in dem er Scheubner=Richter eine von dieſem nachgeſuchte
Unterredung abſchlug. Zum Schluß der Vorgeſchichte der Ereigniſſe vom
8. November erklärte Loſſow noch, es ſei von den Angeklagten auch von
einer Aktion geſprochen worden, die am 12. oder 15. von Kahr und ihm
unternommen werden ſollte. Dieſen Sinn habe er aus Zeitungsnotizen
kennen gelernt. Alles, was ihm, Kahr und Seißer in dieſer Richtung
unterſtellt werde, ſei völlig aus der Luft gegriffen.
Die Vorgänge im Bürgerbräu.
Nach einer kurzen Verhandlungspauſe geht der Zeuge General
Loſſow, näher auf die Vorgänge vom 8. November im Bürgerbräukeller
ein. Daß dort irgendwie etwas paſſieren könne, ſei ihm niemals in den
Kopf gekommen, am allerwenigſten aber, daß national denkende Min=
ner
eine nationale Verſammlung brutal überfallen würden, daß hio=
eine
Felonie begangen werden ſollte, wie ſie nachher beganget
wurde. Deshalb habe er ebenſowenig wie die anderen Herren eine
Schußwaffe zu ſich geſteckt. Er habe genau beobachtet, daß die inmitten
der Rede Kahrs in den Saal ſtürmenden Hitlerleute mindeſtens eine
Maſchinenpiſtole mit ſich führten. Auf Kahr und auf ihn ſelbſt ſeien die
Piſtolen der Begleiter Hitlers ſtändig gerichtet geweſen. Der Zeuge
fährt fort: Es hat für mich von Anfang feſtgeſtanden, daß von Hitler
eine neue Reichsregierung ausgerufen werden ſollte. Die Aufforde=
rung
, die Hitler an uns richtete, in den Nebenſaal zu kommen, wurde
von ihm in barſchem Befehlston geſprochen. Das ſtärkſte Gefühl in
mir war das der Empörung und Verachtung über den ſkruvelloſen
Ueberfall. Das nächſte war das Gefühl einer tiefen Trauer über die
Folgen dieſer Tat für die nationale Bewegung. Auch an die verhäng=
nisvollen
Folgen für das Land und für das Reich, an die außenvoli=
tiſchen
Wirkungen dieſes Schrittes habe ich ſofort gedacht. Das drohende
Unheil wuar nur durch einen raſchen Entſchluß abzuwenben. Ju Saale
ſelbſt Hitler entgegenzutreten, war eine Unmöglichkeit. Das hätte eine
folgenſchwere Schießerei auslöſen können, da am Sagleingang ein Ma=
ſchinengewehr
poſtiert war.
Die Herde ohne Hirten.
Mit den Namen Kahr, Loſſow und Seißer wurde ſchon vorher in
Aufrufen, die in den tagelang vorher verſchickten Befehlen des Kampf=
bundes
ufſu, unerhörter Mißbrauch getrieben. Hätte uus Hitler im
Falle einer Weigerung für einige Tage verſchwinden laſſen, was ſchon
möglich geweſen wäre, ſo wäre es ohne weiteres möglich geweſen, unter
Mißbrauch unſerer Namen für einige Tage weiter zu regieren. Die
wieder einzuführen. Ich habe einen Befehl anſchlagen laſſen, der es Herde wäre alſo ohne die Hirten geweſen. (Gelächter im Saale wird
von dem Vorſitzenden gerügt und darauf hingewieſen, daß der Saal
ſofort geräumt wird, ſobald eine Beifalls= oder Mißfallsäußerung ſich
wiederholt.) Der einzige Weg war alſo der, Hitler zu
täuſchen, wie er auch uns getäuſcht hat.
Die Komödie‟.
Mein Entſchluß war gefaßt, noch ehe Hitler ſeine Anſprache hielt,
noch ehe Kahr, Seißer und ich an der Rednertribüne ſtanden. Ich hatte
die Gewißheit, daß meine Genoſſen Kahr und Seißer genau wie ich
dachten. Kurze Blicke, kurz geflüſterte Worte, bei denen von meiner
Seite das Wort Komödie fiel, beſtätigten mir ihre Zuſicherung. Dieſe
Einſtellung konnte auch durch das Erſcheinen Ludendorffs nicht beein=
flußt
werden. Wir mußten damals den Eindruck haben, daß Luden=
durff
von dem Plan Hitlers gewußt hat. Ich mußte daher auch Luden=
dorff
als Gegner betrachten. Ich ſtelle heute nachdrücklich feſt:
1. Daß alle Behauptungen, Kahr ſei erſt nachher umgefallen, un=
wahr
ſind.
2, daß alle Behauptungen, ich ſei unter dem Druck meiner Offiziere
umgefallen, ebenſo unwahr ſind. Erſt das Vaterland, dann
die Perſon, war für uns die Löſung.
Die Vorgänge im Nebenſaal:
General Loſſow ſchildert dann ſchließlich die Vorgänge im Neben=
lichen
Chrgeiz hatte und nie einen York ſpielen wollte. Hitler habe ſaal des Bürgerbräukellers. Hier iſt weſentlich, daß Hitler erſt rief:
auch erklärt, den kommenden Mann brauche man nicht zu ſuchen. Das. Niemand verläßt lebend das Zimmer ohne meine Erlaubnis. An der
Tür und im Zimmer ſelbſt ſtanden etwa vier ſchwer bewaffnete Leute
mit gezogenen Piſtolen. Auch Hitler ſelbſt fuchtelte ſtändig mit der
oder ſterben. Wenn die Sache ſchief geht, vier Schüſſe habe ich in meiner
Piſtole. Drei für Sie, wenn Sie mich verlaſſen, den letzten für mich.
Hitler verbot auch, miteinander zu ſprechen. Auch vor den Fenſtern
ſtanden Poſten, die zum Teil ſofort die Gewehre in Anſchlag brachten,
als ſich Loſſow am Fenſter zeigte. Dr. Weber habe merkwürdigerweiſe
war. Auf eine Frage, wie ſich Ludendorff zur Sache ſtellte, habe Hit=
ler
geſagt: Lndendorff iſt bereitgeſtellt und wird fo=
fort
geholt werden. Dieſer erſte Akt ſtand, ſo erklärte Loſ=
ſow
weiter, im weſentlichen unter dem Zeichen der Piſtolen und des
brutalen Zwanges. Hitlers Darſtellung, die er hieraus konſtruierte iſt
unwahr. Er hat weder von mir noch von Kahr in dieſem Abſchnitt
eine Zuſage erhalten.
Im zweiten Akt erſchien Dr. Weber. Die Piſtolenträger ber=
ſchwanden
his auf einen. Weber ſetzte Hitlers Verſuche fort, wuährend
dieſer im Saal war, Kahr und mich zum Umfall zu bewegen. Auch er
hat keine Erklärung von uns erhalten, dagegen habe ich Kahr nochmals
das Wort Komödie zuflüſtern können.
Im dritten Akt kam Hitler aus dem Saale zurück. Auch hier
blieben wir im weſentlichen ſtumm. Hitler, der außerordentlich exaltiert
und fanatiſiert war, ließ ſeine Piſtole im Zimmer liegen.
Im dierten Akt kam dann Ludendorff dazu. Ohne daß er an
oder wie die Sache eigentlich gekommen ſei, erklärte Ludendorffi

[ ][  ][ ]

Rummer 71.

Meine Herten!. Ich bin ebenſo überraſcht, aber der Schritt iſt getan.
Es handelt ſich um das Vaterland und die große völkiſche nationale
Sache. Ich kann Ihnen nur raten, gehen Sie mit uns und tun Sie
das gleiche! Es iſt unrichtig, daß ich Ludendorff geſagt hätte, es ſei
auch meine Anſicht, daß das Unternehmen jetzt weitergeführt werden
müſſe. Ich ſchloß aus dem Hergang= daß Ludendorff eingeweiht war.
Jetzt erſt, als Ludendorff gekommen war, verſchvanden die Piſtolen.
Im Sine meines längſt gefaßten Entſchluſſes gab ich nach längerem
Zureden General Ludendorff meine ſcheinbare Zuſtimmung mit dem
kurzen Wort Gut zu erkennen. Den Ausdruck: Exzellenz, Ihr
Wille iſt mir Befehl! ſtelle ich nachdrücklich in Abrede. Ein ſolcher
lakaienhafter Ausdruck liegt mir nicht. Wer mich kennt, kann das ohne
neiteres beſtätigen. Dann ſtimmten auch Seißer und zuletzt Kahr zu.
Kahrs Zögern war mir völlig klar, da Kahr offenbar nach einer For=
mulierung
für eine nichtsſagende neutrale Erklärung ſuchte.
Alles weitere iſt bekannt. Meine Erklärung im Saale habe ich
nicht aus eigenem Antrieb abgegeben, ſondern auf Veranlaſſung Hit=
lers
, der mich durch ſeine bekannte Handbewvegung dazu veranlaßte.
Das Handgeben konnte von uns nicht abgelehnt werden, da es im Sinne
des beſchloſſenen Täuſchungsmanüvers nicht zu vermciden war. Ich war
ſtets von tiefſter Erbitterung und Emnörung über den Treubruch er=
füllt
. Es wurde mir auch erzählt, daß Kriebel dem Major Hunglin=
ger
beim Verlaſſen des Bürgerbräukellers ſagte: Dem Loſſow iſt es
nicht ernſt.
Der Treubruch
Mit erhobener Stimme erklärte General Loſſow zum Schluß ſeiner
mehrſtündigen Darlegungen: Es iſt mir geſagt worden, daß ein Treu=
bruch
Exzellenz Ludendorff auf die Anklagebank geführt hat. Ein
Treubruch hat Ludendorff auf die Anklagebank gebeacht, aber nicht erſt
von Kahr, Loſſotz und Seißer, fondern der Treuhruch, der am 8. No=
vember
an uns im gerbräukeller legangen wurde. Wenn wir heute
mit Schmutz beworfen wverden, ſo ricktet ſich das nicht gegen unſere Per=
fon
, ſondern gegen die Staatsuutorität und das Anfehen des Staates.
Wir haben unſere Pflicht getan.
Die Verhandlungen werden darauf bis nachmittags 3 Uhr unter=
brochen
.
Loſſows Ankiagen.
Von unſerem Münchener Korreſpondenten.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924,

gegen deutſche Volksgenoſſen geboten hätte. Damals in den
ſich überſtürzenden Ereigniſſen der Nacht konnte dieſe Erkenntnis
weder bei Loſſow noch bei Kahr vorhänden ſein.
Die zweite Antwort aber, die den Feuerbefehl vom 9. No=
vomber
zum Gegenſtand hat, zeigt klar, wo die wahre Schuld
für die Toten dieſes Tages zu ſuchen iſt:
Der Staat hat befohlen, wer gegen die Autorität des Staa= ihre Mitteilungen völlig orientiert. Ich könnte ihnen nichts neues mit=
tes
marſchiert, gegen den wird manu militari vorgegangen. Das
Blut, das floß, haben die auf dem Gewiſſen, die gegen die Auto=
rität
des Staates marſchiert ſind, nicht die, die geſchoſſen haben. er den Ausſpruch Rebell in dieſem Zuſammenhang gebraucht habe, halte
Die Gefahr, in die Hunderte von jungen Leuten geführt
wurden, die zum mindeſten nach der Bekundung Loſſows Herrn
Hitler bekannt ſein mußte, der ſchon zwiſchen 6 und 7 Uhr vor=
mittags
von dem niederträchtigen Verrat Loſſows und Kahrs
geſprochen hatte, dieſe Gefahr wurde nicht von Loſſot, nicht
von Kahr ausgelöſt. Sie war im gleichen Augenblick latent ge=
geben
, als Loſſow und Kahr zu einer Aktion gezwungen werden
ſollten, mit der ſie nichts gemein hatten und nichts gemein haben
konnten.
Noch ſteht in vielem, beſonders in der Frage des Marſches
nach Berlin und des nationalen Direktoriums Behauptung /
gegen Behauptung, die große Linie der Dinge aber ſteht heute
wohl ſchon feſt. Die bittere Folge dieſes Schluſſes aber hat Loſ=
ſom
ſelbſt in die Worte zuſammengefaßt, die am Schluß ſeiner
von höchſter Erregung und Empörung getragenen Anklage
ſtehen: Der Staat Bahern wird lange brauchen, bis er ſich von
dem ihm zugefügten Schaden erholt haben wird‟. Wir gehen
weiter. Der Streich vom 8. November traf nicht nur das Land,
er traf auch das Größere, von dem alle wahrhaften Patrioten
freudig bekennen ſollten: Deutſchland muß leben, und wenn
wir ſterben müſſen!

Nachmittagsſitzung.
Nach dem Putſch.

Drahtbericht unſeres Korreſpondenten.

g. München, 10. März.
Auch der Nachmittag ſteht in ſeiner Gefamtheit noch im
Zeichen Loſſows. Was er zunächſi über die Vorgänge in der
Nacht zum 9. November bekundet, bietet die eigentliche Er=
härtung
durch die von ihm angebotenen zahlreichen Zeugen vor=
ausgeſetzt
den ſchlüſſigſten Beweis dafür, daß er mit Kahr
und Seißer keine Minute verloxen hat, um die ſchon während der
unwürdigen Szene im Bürgerbräukeller eingeleitete Abwehr=
aktion
durchzuführen.
Zwei Antworten auf zwei Fragen, die die breiteſte Oeffent=
lichkeit
in dieſem Drama vor Gericht bisher wohl am meiſten be=
wegten
, ſtehen am Schluß ſeiner Ausfagen, die eine, weshalb
General Ludendorff, der verehrte Führer der deutſchen Heere im
Weltkrieg, nicht offiziell von der Aenderung der Lage unterrichtet
wurde. Die Logik dieſer Antwort iſt ſchlüſſig: Auch in Luden=
dorff
mußte nach dem Vorgang im Bürgerbräukeller der in die
Pläne Eingeweihte geſehen werden. Die militäriſche Notwendig=
keit
gebot, nicht vorzeitig die Karten aufzudecken und der nume=
riſchen
Ueberlegenheit des Kampfbundes auf dieſe Weiſe einen
zweiten Vorteil beizufügen, der vielleicht zu einer gelungenen
militäriſchen Operation hätte führen können. Und wenn es rich=
tig
iſt, daß Kahr, Loſſow und Seißer im Bürgerbräukeller durch
die Aktion Hitlers brutal überfallen wurden, was nach den bis=
herigen
Ergebniſſen der Beweisaufnahme kaum mehr bezwei=
felt
werden kann, dann wird es menſchlich begreiflich, Laß der
Offizier Loſſow dem auch von ihm hochgeſchätzten Führer Luden=
dorff
als vermeintlichen Mitwiſſer des Anſchlags gegen ihn. mit
Mißtrauen gegenüber ſtand, ſo grundlos es ſich auch heute, da
die Dinge klarer zu überſehen ſind, darſtellen mag; denn nie=
mand
wird heute annehmen, daß General Ludendorff ſeine Hand
zu einer bewaffneten Aktion gegen die Reichswehr und damit

g. München, 10. März.
Bei Beginn der Nachmittagsberhandlung wird die Vernehmung des
Generals von Loſſow fortgeſetzt, der zunächſt eine ausführliche Dar=
ſtellung
der Ereigniſſe gibt, die ich an den Vorgang im Birgerbräu=
keller
anſchloſſen. Loſſow begab ſich, nach ſ iner Ausſage, auf dem kür
zeſten Wege zur Stadtkommandantur, ſo daß er keinesſalls au der In=
fanterieſchule
vorbeigefahren und dieſe begrüßt haben könne. Charak=
teriſtiſch
für die Einſtellung ſeiner Offizie ſei die Frage geweſen, mit
der ihn in der Stadtkommandantur, der Stadtkommandant v. Dannert
empfing: Exzellenz, das war doch alles nur Bluff? General Loſſolv
ſchilderte den Herren, den im Bürgerbräukeller begangenen Verrat und
Treubruch und erklärte ſich mit den ſchon vorher getroffenen militä=
riſchen
Maßnahmen einverſtanden. Ein Beweis dafür, daß niemand
ahnte, was im Bürgerbräukeller nachher möglich wurde, ſei darin zu
ſehen, daß ſämtliche Herren ſich in Zivil befanden.
Auch Herr von Seißer traf ſpäter in der Stadtkommandantur ein
und begab ſich von dort zur Türkenkaſerne zur Inſtruierung der Lan=
despolizei
. Loſſow fuhr zur Kaſerne des 1. Bataillons des Infanterie=
Regiments 19. Aus dieſer Kaſerne waren bewaffnete Nationalſozialiſten
ſchon vor ſeinem Eintreffen herausgewieſen und ein Laſtwagen mit
Waffen weggenommen worden. Die Verteidigung der Kaſerne war
eingeleitet. Bei der Pionierkaſerne wurden einige hundert Oberländer
entwaffnet und General Aechter, der dort weilte, um zu intervenieren,
in Schutzhaft genommen worden. Um 1 Uhr trafen Herr v. Kahr und
Herr von Seißer in der Kaſerne ein.
An alle deutſche Funkſtellen wurde bereits 2.,50 nachts ein Funk=
ſpruch
gerichtet, in dem darauf hingewieſen wurde, daß die Zuſagen
der drei Herren als erpreßt und nichtig anzuſehen ſeien, und daß ſie
feſt in der Hand der öffentlichen Gebäude ſeien. Gleichzeitig wurde ein
Aufruf entworfen, der in der Polizeidirektion gedruckt und am nächſten
Morgen angeſchlagen werden ſollte. Zu gleicher Zeit erſchien auch
das Verbot der Morgenblätter. Ein Hauptmann erhielt von Loſſow
ſelbſt den unterſchriebenen Befehl., die Infanterieſchule und deren Offi=
ziere
über die Stellung der Diviſion zu unterrichten. Dieſe Unterrich=
tung
über die Lage ſei alſo keineswegs eine private geweſen. General
v. Tieſchowitz und Oberſt Lehzbold von der Infanterieſchule berichtete
ſpäter, es ſei ihnen gelungen, einen Teil der Infanterieſchüler zu un=

Seite 5.

terrichten und zurückzuhalten. Die Maſſe aber ſei wieder unter der
Führung Roßbachs abgezogen. Leybold wurde erneut dienſtlich über
die Lage unterrichte.
Gegen 6 Uhr vorm. meldete er ſich nach der Rückſprache mit General
Ludendorff im Wehrkreiskommando zurück und erſtattere hierüber Be=
richt
. Ludendorff ſei alſo vollkommen über die Lage ins Bild geſetzt
worden. Er habe zu Leybold geſagt: General Ludendorff iſt durch
teilen. Auch für Major Siry, der ſpäter als Vermittler kam, habe er
keinen Auftrag gehabt. Da er Einblick in die Verteidigungsmaßnahmen
bekommen hatte, mußte er gegen Chrenwort zurückgehalten werden. Daß
er für unwahrſcheinlich. Ein Verhandeln habe es für ihn ſelbſtverſtänd=
lich
nicht gegeben, nur entwveder Kampf oder bedingungsloſe Unter=
werfung
.
Die Beſetzung des Wehr kreiskommandos.
General Loſſow kommt dann auf die Beſetzung des Wehrkreis=
kommandos
durch die Reichskriegsflagge zu ſprechen, wo die dort befind=
liche
Bekleidungskammer, wie eidlich unter Beweis geſtellt werden kanu,
ausgeräumt wurde. Daß dieſe Beſetzung nicht erfolgte, um dem
neuen Reichswehrminiſter Loſſow und dem Reichspolizeiminiſter Seißer
eine Ehrenkompggnie zu ſtellen, könne ebenfalls eidlich unter Beweis
geſtellt werden. Der Befehl zur militäriſchen Zurücknahme des Wehr=
kreiskommandos
erſchien deshalb erſ: am nächſten Vormittag, um nachts
Kämpfe zu vermeiden. Vorger ſei Röhm ausdrücklich durch einen Offi=
zier
, im Auftrage Loſſouus, darauf aufmerkſam gemacht worden, daß es
nutzlos ſein werde, gegen die Reichswehr Widerſtand zu leiſten. Röhm
habe erwidert, er müſſe dann erſt Befehle von Ludendorff einholen.
Weshalb Ludendorff nicht effiziell benachrichtigt
wurde.
General Loſſow fährt dann fort: Die Frage, weshalb Lu=
dendorff
nicht offiziell von der veränderten Stellungnahme benachrich=
tigt
wurde, beantwortet ſich aus militäriſchen und auch aus nicht mili=
tariſchen
Gründen. Hitler hat mehrmals geſagt, der nächſte Morgen
findet uus entweder als Siegee oder tot. Ich kann auch heute noch nicht
dieſes Wert Hitlers uls reine Phraſe auffaſſen. Hitler war alſo wohl
zum Kampf entſchlofſen, ebenſo der Kampfbund, der den überaus ſchwa=
chen
Reichswehrkraften um die Zeit numeriſch weitaus überlegen war.
Es war ſelbſtverſtändliche militäriſche Notwendigkeit für uns, ſo lange
dieſes militäriſche Berhältnis beſtand ſich nicht vorzeitig zu decouvrie=
ren
. Andererſeits war Kahr, Seißer und ich von tiefſte: Empörung er=
füllt
. Auch uns hat man nicht benachrichtigt am Mittag des 8. Novem=
ber
, welche widerwärtige Szene wir am Abend im Bürgerbräukeller
zu erwarten hätten. Von uns, die wir an dieſem Abend verraten wur=
den
findet man es unerhört, daß wir wenige Stunden ſpäter unſere
wahre Anſicht nicht offiziell bekannt gegeben hätten. Zudem waren Hit=
ler
und ſeine Leute ganz genau orientiert. Schon gegen 6 Uhr morgens
hat Hitler an die Jufanterieſchüler eine Rede gehalten, in der er von
dem niederträchtigen Verrat von Loſſow und Kahr ſprach und eine Art
Vereidigung der Infanterieſchüler auf ſich ſelbſt oder auf Ludendorff
vornahm.
Der Staat hat befohlen .. ."
Die zweite Frage iſt, wer den Feuerbefehl an der Feldherrnhalle
gegeben hat. Der Staat hat befohlen (Loſſow kommt hier in ſteigende
Erregung und ſchlägt auch mehrmals mit der Fauſt auf den Tiſch):
Wer gegen die Autorität des Staates marſchiert, gegen den wird manu
militari vorgegangen. Das Blut, das floß, haben die auf dem Gewiſ=
ſen
, die gegen die Autorität des Stactes marſchiert ſind, nicht die, die
geſchofſen haben. Die Träger der Autorität des Staates, deren ganzes
Leben Dienſtamt war und Pflichterfüllung war, die Reichswehr und
Landespolizei ſind hier in dieſem Saale ſchmählich augegriffen und her=
abgewürdigt
worden. Der Staat Bayern wird lange brauchen, bis er
ſich von dem ihm zugefügten Schaden erholt haben wird.
Erſter Staatsanwalt Dr. Stengleiu beantragt hierauf, die Oef=
fentlichkeit
für die weitere Vernehmung des Zeugen auszuſchließen.
Hitler erklärt: Ich halte meine Darſtellung reſtlos aufrecht bis
zum letzten Punkt. Die Darſtellung Loſfoſs iſt unwahr.
Das Gericht verkündet hierauf Beſchluß, daß die Oeffentlichkeit mit
den bereits früher bekannt gegebenen Einſchränkungen, ausgeſchloſſen
wird.
Nach etwa einſtündiger geſchloſſener Verhandlung wird die Sitzung
durch die Mitteilung des Vorſitzenden wieder eröffnet, daß die nächſte
Sitzung auf Dienstag vormittag, 9 Uhr, augeſetzt iſt.
Zur Vernehmung kommt der zweite der Kronzeugen, Herr von
Kahr.

durch die neuesten

Koeden-Gaskocher
mit Patent-Clasenbrenner

Empce 50gc4
Querschnitt

Nach den Gutachten der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt, der Lehr- und Versuchs-Anstalt des
Vereins der Gas- und Wasser-Fachmänner, e. V.,
Karlsruhe, und vieler städtischer Gasanstalten ist der
Wirkungsgrad des Clasenbrenners allen seitherigen
Brennersystemen weit überlegen.

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Withelm Gelfius, Installationsgeschäft, Fuhrmannstr. 6
Adam lakob, Spenglerei u. Installation, Brandgasse 2

[ ][  ][ ]

Seite G.

Rummer 21

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſiadi, 11. März.
Techniſche Hochſchule. Die Diplom=Ingenieure Heinrich Bohn
aus Allertshofen und Georg Gölz aus Darmſtadt haben ſich an der
Techniſchen Hochſchule Darmſtadt der mündlichen Doktor=Ingenieur=
Prüfung in der Abteilung für Chemie unterzogen und dieſelbe beſtan=
den
. Die gleiche Prüfung legte der Diplom=Ingenieur Robert Gaul
aus Darmſtadt in der Abteilung für Chemie mit gut ab."
Nanuk, der Eskimofilm. Dem Heſſiſchen Landestheater
wurde das Erſtaufführungsrecht, für dieſen wunder=
vollen
Film, der in der ganzen Welt das größte Aufſehen erregt,
übertragen. Der Film wird am Montag, den 17., gelegentlich
des erſten Geſellſchaftsabends zur Erhaltung des Heſſiſchen
Landestheaters in der kommenden Spielzeit im Großen Haus
gezeigt werden. Die einleitenden Worte ſpricht Dr. Kalbus aus
Heidelberg. Das Landesorcheſter hat ſeine Unterſtützung für
dieſen Abend ebenfalls zugeſagt. Da auch in Darmſtadt bereits
allenthalben großes Intereſſe, für dieſes hervorragendſte aller
Filmwerke herrſcht in Paris erlebte der Film 400 Vorfüh=
rungstage
, in Berlin läuft er bereits ſeit einigen Wochen ,
eutſchloß ſich die Generaldirektion des Heſſiſchen Landestheaters,
für Mieter und Sondermieter ein Vorverkaufsrecht auf ermäßigte
Karten einzurichten. Dieſe können am Mittwoch und Donners=
tag
an der Tageskaſſe des Großen Hauſes erworben werden.
Aufruf der 5 Billionen=Reichsbanknoten. Das Reichsbankdirek=
torium
ruft dieſe Scheine zur Einziehung auf. Bis 5. April 1924
können ſie bei allen Kaſſen der Reichsbank in Zahlung gegeben oder
umgetauſcht werden. Nach dem 5. April werden ſie nur noch bei der
Reichsbankhauptkaſſe in Berlin bis 5. April 1925 eingelöſt.
Luiſenfeier. Es ſei darauf aufmerkſam gemacht, daß die Luiſen=
feier
im Kleinen Haus des Landestheaters heute Dienstag,
11. März, nicht, wie irrtümlich im Theaterzettel angegeben, um
7 Uhr, ſondern um 7 ½ Uhr beginnt.
* Ausgewieſen. Der Abteilungsdirektor Geh. Oberbaurat Hum=
mel
von der Reichsbahndirektion Mainz iſt am Samstag, den 8. d. M.,
nachmittags nach reſtloſer Verbüßung einer Gefängnisſtrafe von einem
Jahre, zu der er in dem bekannten Eiſenbahnerprozeß von dem fran=
zöſiſchen
Militärgericht in Mainz verurteilt worden war, als Aus=
gewieſener
in Darmſtadt angekommen. Hummel war ſtellverrreten=
der
Präſident der Reichsbahndirektion Mainz zu Beginn des Ruhr=
abwehrkampfes
.
i. Der Landeslehrerverein hält am 7. April in Darmſtadt ſeine
diesjährige Vertreterverſammlung ab.
* Turngemeinde Darmſtadt 1846. Auch die letzte Feſtſpiel=
aufführung
, verbunden mit Bühnenſchauturnen, im Großen Haus
des Heſſiſchen Landestheaters war außerordentlich zahlreich be=
ſucht
und geſtaltete ſich wiederum zu einer eindrucksvollen Kund=
gebung
für die deutſche Turnſache. Der Männerchor Bleib
deutſch, du herrlich Land am Rhein, geſungen von der Turner=
Singmannſchaft, leitete die Feſtaufführung ein. Dann folgte das
Schauturnen, und zwar Maſſen=Freiübungen der Turn=
abteilungen
, Gruppen der Turnmannſchaft, Uebungen der Volks=
turner
(Leichtathleten), Stabübungen der Turnerinnen, Turnen
der erſten Turnerriege am Doppelreck und zum Schluß Volks=
tänze
der Turnerinnen und Turnſchülerinnen. Wiederum waren
das exakte, ſtraff diſziplinierte Turnen wie auch die friſch=freien
Volkstänze Gegenſtand lebhafter Ovationen. Das Feſtſpiel
Friſch auf, mein Volk von B. Krüger, das bereits
mehrmals Gegenſtand eingehender Beſprechung war, bildete den
Schluß und löſte wiederum oftmals ſpontanen Beifall aus, der
beſonders bei den lebenden Bidern einſetzte. =Auch dieſe Auf=
führung
war ein voller Erfolg für die Turngemeinde.
Turngemeinde Darmſtadt 1846. Tie=Abend Alt= Darm=
ſtadt
Zum erſten Male im Jahre 1924 rufen die Tie=Warte wieder
die Mitglieder der Tde. D. 1846 zu einem Tie=Abend zuſammen. Die
ſo oft wiederholten Feſtſpielaufführungen und eine Reihe von Turn=
tagen
in den letzten Monaten hatten keine Zeit für Tie=Abende gelaſſen
und auch alle vorhandenen Kräfte zur Genüge mit turneriſcher Arbeit
belaſtet. Nun ſoll auch die Tiearbeit wieder zum Rechte kommen. Mit
Recht wurde ſie, die in gleichem Maße turneriſcher Geſelligkeit, fröh=
licher
Unterhaltung ſowie ernſter, tieferer Arbeit in Wort und Lied ge=
widmet
iſt, im vergangenen Jahre immer beliebter, ſo daß zuletzt der
geräumige Tieſaal ſchier zu klein geweſen. Und wer da an deutſchen
Liedern, deutſcher Muſik ſowie an herrlichen Einblicken in deutſches
Land und treudeutſches Turnerleben und Turnerweſen ſei es in
Wort oder in Bild Freude gefunden, der wird auch jetzt nicht fehlen
und vielleicht auch werben für eine Sache, die der Unterſtützung aller
wert iſt. Heimatliebe und Heimatpflege könnte der für Samstag,
den 15. März 1924, geplante Tie=Abend überſchrieben werden. Alt=
Darmſtadt das Darmſtadt der vergangenen Jahrhunderte, ſoll in Wort
und Bild zu uns ſprechen. Welchem Heiner ſchlägt nicht das Herz
höher, wenn ſeine an alten Erinnerungen und urwüchſigen Begeben=
heiten
und Perſönlichkeiten ſo reiche Woogsheimat verherrlicht wird!
Und wenn all die ſchönen Bilder erſt von einem allen echten Darm=
ſtädtern
ſo wohlbekannten Manne, wie unſer alter F. Harres es iſt,
mit einem Vortrage in unverfälſchtem Heinerdeutſch umkleidet wer=
den
, dann iſt doch kaum daran zu zweifeln, ein wie großer Hochgenuß
alle Beſucher erwartet. Wer kennt Alt=Darmſtadt denn beſſer wie er?
Und auch ſonſt wird der Abend wieder eine Fülle ſchöner Darbietungen
bringen. Darmſtädter Mundartgedichte ernſter und heiterer Art werden
nicht fehlen. Die Turnerſingmannſchaft und das Turngemeinde=Orcheſter
haben ebenfalls zugeſagt. So wird auch dieſer Abend Zeugnis ablegen
von turneriſcher Sinnes= und Denkungsart, die weit hinausgeht über
die Arbeit an Gerät und auf grünem Raſen. Eingeladen werden hier=
mit
alle aktiven und inaktiven Mitglieder, auch die Mitglieder der
Jugendabteilungen nebſt Angehörigen. Gäſte ſind herzlich willkommen.
Der Abend findet ſtatt Samstag, den 15. März, abends 8 Uhr, im klei=
nen
Turnſaal am Woogsplatz.
T. H.
Der Evangeliſche Jünglingsbund in Heſſen (Heſſenbund) hielt
kürzlich ſeine diesjährige Frühjahrsvertreterverſammlung im Landes=
kirchengebäude
zu Darmſtadt ab unter zahlreicher Beſchickung ſei=
tens
ſeiner 61 Vereine und mit einem außerordentlich lebendigen Vor=
trag
des Studienrats Dr. Majer=Leonhard vom Leſſinggymna=
ſium
in Frankfurt über Die Neubelebung des Laienſpiels in der
Gegenwart‟. Das Bundesfeſt iſt auf den 20./21. Juni nach Offen=
bach
gelegt worden und verſpricht einen ausgezeichneten Verlauf. Das
wiedererſcheinende Bundesblatt wird darüber nächſtens alles Wichtige
mitteilen. An Bibelfreizeiten iſt eine in der Karwoche zu Nidda und eine
zu eite über Pfingſten im Erholungsheim des Bundes in Herbſtein
geplant.
Odenwaldklub, Ortsgruppe Darmſtadt. Mit der Wanderung am
letzten Sonntag hat der Odenwaldklub wieder einmal bewieſen, daß
auch Wanderungen unter erſchwerten Umſtänden von der erprobten
Wanderſchar glatt durchgeführt werden können. Wurde ſchon vorher
vermutet, daß es wohl eine ausgiebige Schneewanderung geben werde,
ſo wurden dieſe Vermutungen durch die Wirklichkeit weit übertroffen.
Von Eberſtadt ging es über den Frankenſtein nach Ober=Beerbach. Hier
wurde bei Gaſtwirt Egner kurze Frühſtücksraſt gehalten. Bis nach
Brandau waren die Schneeverhältniſſe dann noch erträglich. Dann aber
war der Aufſtieg nach Neunkirchen in dem tiefen, tiefen Schnee ermüden!
und koſtete viel edlen Schweiß, ſo daß das für die Mittagsraſt vorge=
ſehene
Gaſthaus Mayer in Neunkirchen freudig begrüßt wurde. Unſere
Freunde Mayer ſen, und jun. boten denn auch alles auf, um den Wan=
derern
wieder zu friſchen Kräften zu verhelfen. Küche und Keller des
gaſtlichen Hauſes ſpendeten das Beſte, und die Wanderer fühlten ſich
bei der vortrefflichen Aufnahme äußerſt behaglich und wohl, und ſie
merkten ſo recht, daß ſie ſich in einem Odenwaldklub=Freundeshauſe be=
fanden
. Nach der Ruhepauſe galt es dann, den Reſt der Wanderung,
und zwar, wie ſich herausſtellte, den ſchwierigſten Teil, zurückzulegen.
Der Weg von Neunkirchen nach dem Kaiſerturm mit gefüllten Ranzen
oder Ränzlein ging ſehr langſam von ſtatten, denn in der ungeheuren,
nicht mehr tragfähigen Schneemaſſe, verſanken die Wanderer Schritt
für Schritt. Meterhoch lag hier der Schnee. Auch vom Kaiſerturm
nach dem Knoden herrſchten die gleichen Schneeverhältniſſe, und erſt der
Abſtieg nach Bensheim brachte wieder feſten Boden. Und trotzdem,
wenn es auch eins große und teilweiſe beſchwerliche Wanderung war, ſo
war es doch eine herliche Wanderfahrt durch die im Winterkleid pran=
gende
Heimat. Der den beiden Führern, den Herren Gg. Behrmann
und Berntheiſel, für die ausgezeichnete Führung ausgeſprochene Dank
war ein wirklich wohlverdienter. Mit dieſer 12. programmäßigen Wan=
derng
nahm das Wanderjahr 1923/24 ſein Ende. Friſch auf zum
nächſten Wanderjahr! Bockbier=Abend nächſten Freitag bei
Heß, Kirchſtraße (hinteres Lokal).
Jutereſſante Tiefenbohrung. Die Fa. J. Nohl, Inſtalla=
tionsgeſchäft
in Darmſtadt, hat bei einer Bohrung nach Waſſer
auf dem Gelände der Heſſiſchen Eiſenbahn=A.=G. am Dornheimer
Weg Neckarkies und Rheinſand aus einer Tiefe von 63
Meter zutage gefördert, ein Beweis dafür, daß vor Tauſenden
von Jahren der Neckar und zeitſveilig auch der Rhein an unſerer
Reſidenz vorbeigefloſſen iſt.

Zur Intendanten=Frage.
Wegen der Frage der Beſetzung der Intendanten=
Stelle an dem Heſſiſchen Landestheater haben in der letzten
Zeit wiederholt Beratungen der verſchiedenen Ausſchüſſe ( Ver=
waltungskommiſſion
, Theaterfachrat, parlamentariſcher Beirat)
ſtattgefunden. Der Kreis der für den Intendantenpoſten in Betracht
kommenden Perſönlichkeiten hat ſich erheblich enger gezogen.
Dem Vernehmen nach hat die Verwaltungskbmmiſſion
drei Kandidaten in eine engere Wahl geſtellt. Der Theater=
Fachrat, der aus kunſtkritiſchen Sachverſtändigen aller Rich=
tungen
und aus Mitgliedern der einzelnen Theatergruppen be=
ſteht
, hat ſich in wiederholten eingehenden Sitzungen, die teils
intern, teils unter Teilnahme der Regierung ſtattfanden, mit der
Intendantenfrage beſchäftigt. Die überwiegende Mehrheit der
Stimmen des Theater=Fachrates hat ſich nach eingehender Prü=
fung
der Verhältniſſe nunmehr auf eine Perſönlichkeit ver=
einigt
, und zwar auf eine Perſönlichkeit, bei der die Grundlage
dafür gegeben iſt, daß alle Kreiſe ihr mit Vertrauen entgegen=
ſehen
können. Von dem Ergebnis der Abſtimmung wurde der
Regierung Kenntnis gegeben.
Im Intereſſe der weiteren Entwicklung des Landestheaters
wie im Intereſſe der hieſigen Künſtler iſt es dringend wünſchens=
wert
, daß die Entſcheidung über die Intendantenfrage
nunmehr baldigſt getroffen wird. Seit Januar ſchweben die
Beratungen. Am 15. Februar war die Friſt für die Einreichung
der Bewerbungen bereits abgelaufen. Verſchiedene hieſige
Künſtler verlaſſen unabhängig von der Intendantenfrage
mit Ende der Spielzeit Darmſtadt. Für ſie muß Erſatz gewonnen
werden, worüber die Entſchließung und Verantwortung ſelbſt=
verſtändlich
dem neuen Intendanten vorbehalten bleibt. Die
beſte Zeit für Engagements iſt Februar und die erſte Hälfte März.
Je länger ſich die Angelegenheit verzögert, um ſo ſchwieriger
iſt die Gewinnung geeigneter neuer Kräfte, da die beſten freien
Kräfte dann anderweit abgeſchloſſen haben. Jeder Tag der Ver=
zögerung
kann erheblichen Nachteil bringen und iſt ſchwer zu
verantworten. Andere hieſige Künſtler haben ihre Verträge
noch nicht berlängert, weil ſie zunächſt die Entſcheidung über die
Intendantenfrage abwarten wollen. Alle beteiligten Kreiſe haben
daher ein dringendes Intereſſe daran, daß die nunmehr
eingehend geprüfte Frage baldigſt entſchieden
wird, zumal, da unſeres Erachtens ein Grund
zu einer weiteren Verzögerung nicht vorliegt.

* Der Landesverband Heſſen des Reichsbundes der höheren
Beamten hat in ſeiner Vertreterſitzung vom 3. März 1924 ein=
ſtimmig
folgende Entſchließung gefaßt und dem Geſamt=
miniſterium
mitgetilt: Es iſt dringend notwendig, daß die völlig
unzulängliche Beſoldung der Beamten ſofort erhöht wird. Wir
erheben Einſpruch dagegen, daß trotz des Verſprechens, mit der
Heraufſetzung der Mieten eine Aufbeſſerung der Beamtenbeſol=
dung
zu verbinden, dies bisher nicht geſchehen iſt, und fordern
eine nachträgliche Einlöſung dieſes Verſprechens mit entſprechen=
der
rückwirkender Kraft. Wir fordern weiterhin, daß die Un=
gerechtigkeiten
, die die Ortsklaſſeneinteilung und die Gewährung
der Sonderzulagen zum Schaden insbeſondere der Beamten in
den kleineren Gemeinden zum Gefolge haben, baldigſt beſeitigt
werden. Wir bitten das heſſiſche Geſamtminiſterium, bei der
Reichsregierung ſeinen Einfluß in dieſem Sinne geltend zu
machen.
Der Deutſche Offizierbund, Ortsgruppe Darmſtadt, veranſtaltete
wviederum einen äußerſt gelungenen Herrenabend bei Sitte. Der erſte
Redner des Abends, Korvettenkapitän Freiherr von Forſtner, entwarf
ein feſſelndes Bild über Die militäriſche Verwendung der U=Boote im
Weltkriege. Unvergeßlich werden den Hörern die Schilderungen der
ſchneidigen Fahrten, die erſtaunlichen Leiſtungen der Unterſeekreuzer
und die Heldentaten der Beſatzungen bleiben. Nach Bekanntgabe einer
Verfügung über Erhöhung der Werbungskoſten bei verminderter Er=
werbsmäßigkeit
Obſtlt. Kühl) trug Oberſt Lancelle heitere Dichtungen
aus Wilhelm Buſchs Meiſterwerken vor, die lebhaften Beifall fanden.
Angeregt durch drei muntere Seemannsgeſchichten des erſten Redners
forderte der Vorſitzende, Oberſt Krauſe, die Kameraden auf, aus der
Fülle ihrer Erlebniſſe während der Soldatenzeit die humorvollen nieder=
zuſchreiben
und ihm zwecks Sammlung einzureichen (Termin 1. April
1924). Die Beteiligung aus den Mitgliederkreiſen war noch lebhafter
als an den beiden Abenden im Februar und Januar. Wer fern blieb,
hat einen Genuß verſcherzt. Nächſter Abend Mittwoch, den 2. April,
im Gelben Saal bei Sitte, Vortrag des Generals Fehr: Deutſchland,
eine kritiſche Skizze‟,
Naturwiffenſchaftlicher Verein für Darmſtadt. In der 320
Sitzung am Donnerstag, den 13. März, abends 8 Uhr pünktlich, ſpricht
im Hörſaale des botaniſchen Inſtituts Profeſſor Dr. Behn über ſeine
vorgeſchichtlichen Forſchungen in der Provinz Star=
kenburg
im Jahre 1923 (mit Lichtbildern). Zutritt nur für
Mitglieder. Die Mitgliedskarte für 1924, Jahresbeitrag 1 Mk., kann
nach der Sitzung in Empfang genommen werden.
Der Stahlhelm, Bund der Frontſoldaten, Gau Darmſtadt,
ſchreibt uns: Gemäß Verfügung des heſſiſchen Miniſteriums des Innern
vom 6. März 1924, Nr. 5965, iſt der Stahlhelm, Bund der Front=
ſoldaten
, in Heſſen nicht verboten. Das vom Kreisamt Alsfeld der
Ortsgruppe Grebenau (Oberheſſen) ausgeſprochene Verbot ſoll auf
Grund einer irrtümlichen Auskunft erfolgt ſein. Der Stahlhelm hat
niemals ſtaatsfeindlichen Beſtrebungen gehuldigt. Die bereits vor län=
gerem
in Ausſicht genommene Gründung der Ortsgruppe Darmſtadt
wird nunmehr in aller Kürze erfolgen. Aufklärungsflugblätter und
Anmeldeformulare ſind koſtenfrei vom Führer des Eaues Darmſtadt,
Friedrich Wilhelm Breitenbach, z. Zt. Siegen, Freudenbergerſtſtraße 22,
anzufordern.
R.D. V. Die Platzbelegung in den D=Zügen. Um die Verteilung der
Reiſenden in den Durchgangszügen und um auch den Fahrgäſten ſelbſt
das Aufſuchen von freien Plätzen zu erleichtern, weiſt der Reichsverkehrs=
miniſter
in einem beſonderen Erlaß auf die Notwendigkeit hin, die be=
legten
und freien Sitzplätze zu kennzeichnen: Es ſei unter allen Um=
ſtänden
dafür zu ſorgen, daß die Nummernſchilder an den Abteiltüren
zur Kennzeichnung der beſetzten Sitzplätze nach Abfahrt des Zuges und
befm Wechſel der Reiſenden unterwegs durch die Schaffner richtig ein=
geſtellt
werden. Beſonders wichtig ſcheint dieſe Anordnung für die
Nachtſchnellzüge, in denen durch gewiſſenhaftes Einſtellen der Num=
mernſchilder
das Aufreißen der Türen und die Störung ſchlafender
Reiſender durch Neu=Einſteigende vermieden werden könnte.
8 Vereinfachung der Staatsverwaltung in Bahern. Nach
M. N. N. hat der Verfaſſungsausſchuß des bayeriſchen Landtages in
der letzten Woche die Beratung der Anträge auf Zuſammenlegung
der Miniſterien fortgeſetzt. Der Antrag der bayeriſchen Volks=
partei
wurde einſtimmig angenommen; er lautet: Die Staatsregie=
rung
wird beauftragt, die Neuorganiſation der Miniſterien nach gut=
achtlicher
Einvernahme der in Betracht kommenden Intereſſentenkreiſe
ſo vorzubereiten, daß eine entſprechende Vorlage dem neugewählten
Landtag unverzüglich zur beſchleunigten Erledigung überwieſen wer=
den
kann.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei Frauenausſchuß. Mitt=
woch
, den 12. März, abends 8 Uhr, findet bei Sitte, im Alpenvereins=
zimmer
, eine Sitzung des Frauenausſchuſſes ſtatt. Die Tagesordnung
enthält wichtige Punkte, und es wird darum dringend um vollzähliges
Erſcheinen gebeten.
* Die Deutſche Volkspartei hat folgenden Antrag ein=
gebracht
betr. neue Berufungen in das Landesamt für
das Bildungsweſen: Es verlautet, daß der Direktor für das
Volksbildungsweſen Haſſinger und der Direktor der ſtaatlichen Bera=
tungsſtelle
für Werkunterricht Denzer als Referenten in das Bildungs=
amt
berufen werden ſollen. Wir wenden uns gegen dieſe Berufung
mit allem Nachdruck und beantragen: Der Sonderausſchuß möge
heſchließen, die Regierung zu erſuchen, dieſe Stellenbeſetzung zu unter=
laſſen
.

Der wiſſenſchaftliche Großfilm
Die Braunkohle‟
dürfte, wie geſtern bereits kurz mitgeteilt, auf ſtarkes Intereſſe Anſpruch
erheben. Es gibt wenig Filme, die von gleich ſtarker Lehrhaftigkeit
und dabei doch ſo unterhaltend ſind, wie dieſer. Ueber die Bedeutung
der Braunkohlenförderung für die deutſche Wirtſchaft und Induſtrie iſt
in den verſchiedenen Vornotizen alles Wiſſenswerte geſagt worden. Es
fand intereſſante Ergänzung durch den Vortrag des Herrn Dr. Diehl,
der den Film begleitete:
Die beiden erſten Teile des umfangreichen Films waren Trickfilme,
die ſich jedoch nicht allein auf graphiſche Darſtellungen und Strichzeich=
nungen
beſchränkte, ſondern die in landſchaftlichen Bildern von giganti=
ſchem
Ausmaß das Entſtehen der Braunkohle überzeugend veranſchau=
lichten
. Man ſah gewaltige Wälder der Urzeit mit Mammuthbäumen
und rieſigen Farnen aufwachſen, erlebte naturgetreue Bodenſenkungen
und dadurch bedingtes Aufſteigen des Grundwaſſerſpiegels, das ſchließ=
lich
zum Untergang der Rieſenwälder, zum Abſterben und Brechen der
Stämme führte, die dann zu Torf vermoderten und nach dem zu Braun=
kohlen
wurden. Und man erlebte das Wiederaufſtehen der Wälder auf
dieſem Boden und wiederum den Untergang, dann das Herannahen der
Eismaſſen aus dem Norden (Eiszeit) und die dadurch bedingten wei=
teren
geologiſchen Umgeſtaltungen der Erdoberfläche
Der dritte und vierte Teil des Films zeigt die Gewinnung der
Braunkohle durch Tief= und Tagebau. Die wirtſchaftlichen Vorteile des
Tagebaues ſind für Deutſchland beſonders wichtig, da ſie eine erkeb=
liche
Verbilligung des Abbaues für Deutſchland bedeuten. Unſere größ=
ten
deutſchen Läger können über Tage abgebaut werden, was meiſt durch
rieſige Baggeranlagen erfolgt. Die Braunkohlengewinnung hät in
Deutſchland bereits einen ſo großen Umfang angenommen, daß ſchon
ganze Induſtrien und Kraftwerke ſich in unmittelbarer Nähe der Braun=
kohlenwerke
angeſiedelt und ſich ganz auf Braunkohlenfeuerung umge=
ſtellt
haben.
Der 5. Teil des Films zeigt die hochintereſſante dielſeitige Verarbei=
tung
der Braunkohle, die auch die deutſche chemiſche Induſtrie vor neue
wichtige Aufgaben ſtellte, deren größte, die der Gasgewinnung, noch der
letzten Löſung harrt. Oele und Brennöle werden bereits jetzt aus der
Praunkohle gewonnen. Es geſchieht alſo von Induſtrie und Wiſſen=
ſchaft
alles, uns von der unerſchwinglichen Steinkohle unabhängig zu
machen und die deutſche Wirtſchaft trotz des Verſailler Diktats mit ſeinen
Folgen wieder auf eigene Füße zu ſtellen. Die letzten Bilder der=
anſchaulichen
ſodann die verſchiedenen Wohlfahrtseinrichtungen und die
ſanitären Maßnahmen für die Bergarbeiter, deren einer in Parade=
uniform
mit einem Glückauf die Bilderreihe beſchließt.
St.

Poſtaliſches. Der Briefverkehr hat hier in den letzten Monaten
bedeutend zugenommen. Beſonders ſtark iſt die Auflieferung in den
Abendſtunden zwiſchen 68 Uhr. Bei Maſſenauflieferungen iſt es trotz
Aufwendung aller zu Gebote ſtehenden Mittel oft nicht möglich, die ſpät
aufgelieferten Briefſendungen noch mit den Spatzügen zur Abſendung
zu bringen. Die beſte und ſicherſte Beförderungsmöglichkeit für Sen=
dungen
in der Richtung nach Frankfurt und darüber hinaus, ſowie nach
Payern und dem Ausland beſteht abends in dem D=Zuge 75 8.57 Uhr
ab hier. Gelangen die Briefſendungen nicht mehr mit dieſem Zuge
zur Abſendung, ſo iſt bei entfernt liegenden Orten mit einer Verzöge=
rung
in der Zuſtellung, die u. U. bis zu 24 Stunden betragen kann, zu
rechnen. Es liegt im eigenen Intereſſe der Abſender, ihre Briefſen=
dungen
ſoweit wie möglich ſchon in den frühen Nachmittagsſtunden zur
Auflieferung zu bringen, damit die Zuſtellung am Veſtimmungsort am
nächſten Vormittag tunlichſt ſichergeſtellt iſt. Die Auflieferung größerer
Mengen von Briefſendungen hat, um Ueberfüllungen der Briefkaſten
zu verhindern, ſtets bei den Poſtämtern zu erfolgen.
Wiederaufnahme des Poſtüberweiſungsverkehrs mit Danzig,
Vom 10. März an wird der Poſtüberweiſungsverkehr mit Danzig in
beiden Richtungen wieder aufgenommen werden. Demgemäß können
Poſtſcheckkunden Beträge von ihrem Poſtſcheckkonto in Deutſchland auf
ein Poſtſcheckkonto beim Poſtſcheckamt in Danzig und umgekehrt Poſt=
ſcheckkunden
beim Poſtſcheckamt in Danzig Beträge auf Poſtſcheckkonten
in Deutſchland überweiſen.
R.D. V. Durchgehender Schnellzugsverkehr durch das Ruhrgebiet?
Ende Februar haben zwiſchen der Regie und der Reichsbahn Verhand=
lungen
begonnen, die auf einen Durchgangsverkehr durch die Kölner
Zone und das Ruhrgebiet abzielen und dem Verkehrselend im Weſten
mit ſeinen Tarifübergangspunkten und Kontrollſtationen ein Ende
machen follen. Dieſe Verhandlungen haben bisher zu folgendem Er=
gebnis
geführt: auf den Strecken KölnDüſſeldorf, KölnNeuß- Kre=
feld
Cleve, Horrem-Biblar, Horrem-Bedburg, KölnTroisdorf
NiederlahnſteinWiesbaden, Köln-Bonn-Koblenz, KölnEuskirchen
Trier und KölnDürenAachen iſt Durchgangsverkehr (ohne Umſtei=
gen
, ohne Löſung neuer Fahrkarten) angenommen worden. Dann ſollen
auch die alten großen Schnellzugverbindungen Berlin und Hamburg
Köln über EſſenDuisburgDüſſeldorf wieder aufgebaut werden; fe=
doch
dürften darüber noch einige Wochen vergehen. Infolge dieſer Fahr=
planumgeſtaltung
müſſen auf faſt allen Strecken Weſtdeutſchlands, die
das beſetzte Gebiet berühren, erhebliche Fahrplanänderungen vorge=
nommen
werden, ſo daß die beſtehenden Fahrpläne veralten. Jeder
Ateiſende wird deshalb gut tun, ſich vor dem Antritt einer Reiſe auf den
Bahnhöfen (Auskunftsſtelle, Pförtner, oder Aufſichtsbeamter!) zu er=
kundigen
; das gilt beſonders für die Bahnhöfe der Regie, die mehs
Sonderzüge als fahrplanmäßige Züge laufen läßt. Schwieriger liegen
die Dinge im Güterverkehr, der unter ſehr verwickelten Zoll= und
Tarifbeſtimmungen leidet. Um den Verkehrtreibenden eine zuverläſſige
Grundlage für den Verſand und Verkehr nach dem beſetzten Gebiet zu
verſchaffen, hat Eiſenbahnoberinſpektor Quax eine nach dem neueſten
Stande bearbeitete Ueberſichtskarte der Reichsbahnen in dem beſetzten
Rhein= und Ruhrgebiet herausgegeben (5 Mk.; Poſtſcheckkonto Köln
Nr. 28 832 E.O.J. Quax, Elberfeld), die ſämtliche Strecken und Bahn=
höfe
im beſetzten und angrenzenden Gebiet, unter Kennzeichnung der
Bahnhöfe im Regie= oder Reichsbahnbetrieb, und außerhalb der Zoll=
grenze
, alle Tarifübergangspunkte, Zollkontrollſtellen, Betriebsucchiel=
punkte
uſw. enthält, dazu ein Stationsverzeichnis und eine Zufummen=
ſtellung
der Zoll= und Tarifbeſtimmungen, die beim Verſand in das
beſetzte Gebiet beachtet werden müſſen.
R.D.V. Neue Briefmarken mit dem Reichsadler. Die jetzt im Ver=
kehr
befindlichen Briefmarken, die nur die Wertzahl tragen, ſollen in
den Werten bis 50 Pfg. durch Marken mit dem Reichsadler (Entwurf:
Sigmund von Weech=München) erſetzt ſverden; es werden neue Marken
zu 3 5, 10, 20, 30 und 50 Pfg. auf weißem Waffelmuſterpapier in ein=
farbigem
Buchdruck hergeſtellt. Die Marken ſind ſchmal umrandet und
zeigen in der Mitte auf dunklem Grunde den Reichsadler, darunter die
Inſchrift Deutſches Reich; die 3 Pfg.=Marke iſt hellbraun, die 5 Pfg.=
Marke grün, die 10 Pfg.=Marke rot, die 20 Pfg.=Marke blau, die
30 Pfg.=Marke violett und die 50 Pfg.=Marke orange. Die 50 Pfg.=
Marke iſt bereits gedruckt. Die übrigen Werte ſollen erſt herausgegeben
werden, wenn die alten Beſtände aufgebraucht ſind.
Sparmaßnahmen. Der Kreisſchulrat des Kreiſes Bensheim
verſieht ſeit 5. Auguſt b. J. die Kreisſchulratsſtelle in Heppenheim mit
und ſpart dadurch ſeit mehr als 7 Monaten dem Staat einen Schral=
ratsgehalt
. Aus Sparſamkeitsgründen mußte er in den Ruheſtand
treten.
Lokale Veranſtaltungen.
Die dlerunter erſchelnenden Notizen ſind ausſchlleßlich als Hinweiſe auf Anzelgen zu betrachten,
in keinem Faſſe irgendwie als Beſprechung oder Kritſk.
Ehemalige 6ler. Am Sonntag, den 23. März 1924, findet
im Reſtaurant Sitte (Gelber Saal) eine Hauptverſammlung ſtatt, zu
welcher alle ehemaligen 6ler dringend eingeladen werden. Als Haupt=
punkt
der Tagesordnung kommt zur Beſprechung die Erinnerungsfeier
zum Andenken an die 25. Wiederkehr des Gründungstages.
Wartburg=Poſaunenchor Darmſtadt. Die nächſte
Prebe findet ausnahmsweiſe am Donnerstag abend im Schloß ſtatt.
Nächſte Veranſtaltung, bei welcher der Chor mitwirkt, kommenden Sonn=
tag
abend im kleinen Heim (großer Saal).

Ein Aufruf an die evangeliſchen Chriſten.
Im Anſchluß an den auf dem 1. Schleſiſchen Volkstag von Direktor
Hinderer gehaltenen Vortrag Chriſtliche Kulturpolitik, Aufgaben
der evangeliſchen Kirche wurde folgende Entſchließung einſtimmig an=
genommen
: Der 1. Schleſiſche Evangeliſche Volkstag wendet ſich mit
folgendem Aufruf an die Glieder der evangeliſchen Kirche Schleſiens:
Die nächſten Monate bringen unſerem Volke die Wahlen, mit ihnen
Monate des Kampfes und ſchwerwiegender Entſcheidungen. Wir rufen
unſere evangeliſchen Volksgenoſſen auf, alles zu tun, daß dieſe Kämpfe,
ſo unausweichlich ſie ſind, in Vornehmheit und Sachlichkeit geführt wer=
den
, daß auch in ihnen die Volksgemeinſchaft gewahrt wird. Wir rufen
zugleich alle Mitglieder der evangeliſchen Kirche auf, ſich bewußt zu ſein,
daß auch das politiſche Leben für den Chriſten Aufgaben bringt und
daß jeder bei den Wahlen darüber klar wird, daß durch ſie nicht nur
über wirtſchaftliche, fondern in hohem Maße über bis ins innerſte
Leben greifende Kulturfragen entſchieden wird. Wer ſeine evangeliſche
Kirche lieb hat, wer im Chriſtentum den Grund geſunden Volkslebens
ſieht, der kann nur dort ſeine Stimme in die Wagſchale werfen, wo dieſe
Grundlage bejaht wird.

[ ][  ][ ]

Rummer 31.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

Selte 7.

Aus Heſſen.

II. Ober=Ramſtadt, 9. März. Gemeinderatsſitzung. Unter
Punkt Mitteilungen erſtattet Bürgermeiſter Rückert dem Gemeinderat
Bericht über die durch die eigens hierzu beſtimmte, aus den Gemeinde=
ratsmitgliedern
Bendorf. Fornoff und Gunkel beſtehende Kommiſſion
nachträglich vorgenommene Verloſung von Allmendgrundſtücken dritter
Klaſſe an Georg Emil Weber und drei Konſorten. Das von Lehrer
Adelberger am Wolfsbuſch in Pacht gehabte Gemeindegrundſtück ſoll
von Jahre 1925 ab dem Veſchwverdeführer Weber als Erſatz zugeteilt
werden. Des weiteren gab der Bürgermeiſter bekannt, daß der ſeiner=
zeitige
Gemeinderatsbeſchluß über die Anbringung von Anſchlagetafeln
zur Veröffentlichung der bürgermeiſteramtlichen Bekanntmachungen
durch Klage des Wilhelm Keck und Konſorten, vertreten durch Mechts=
anwälte
Dr. E. E. Hoffmann II. und Dr. F. Mattern, Darmſtadt, beim
Kreisausſchuß angefochten wurde. Die in Abſchrift vorliegende Klage=
ſchrift
wurde wörtlich verleſen. Der Gemeinderat erhält weiter davon
Kenntnis, daß die Reichsbahndirektion Mainz (zurzeit in Darmſtadt)
die Genehmigung zur Anlegung eines Fußpfades von der Aliceſtraße
bis zum Bahnhof längs des Bahnkörpers aus techniſchen (Hründen ver=
ſagt
hat. Infolge der Niederlegung des Amtes als Mitglieder der
An= und Verkaufskommiſſion für Grundſtücke durch die Gemeinderäte
Matthes und Würtenberger iſt eine Neuwahl dieſer Kommiſſion not=
wendig
geworden, die heute nach längerer Ausſprache mit der Wieder=
wahl
der beiden Herren Matthes und Würtenberger endigte. Gleichzei=
tig
fand eine Neuwahl der Kommiſſion für An= und Verkauf von Faſel=
vieh
ſtatt, die nunmehr aus den Gemeinderatsmitgliedern Finger. Mat=
thes
und Georg Jacoby 8. beſteht. Wohnungsinſpektor Würten=
berger
hat ſein Amt mit Nückſicht auf die ihun ſeitens des Gemeinderats
nicht bewilligte höhere Vergütung niedergelegt. Der Gemeinderat nimmt
hiervon Kenntnis, ſetzt die für das Ri. 1924 auszuzahlende Vergütung
auf jährlich 100 Goldmark feſt und beſchließt, die Beſetzung dieſer Stelle
öffentlich auszuſchreiben. Georg Nau I. hat egen den Gemeinderats=
beſchluß
vom 26. Febr. 1924, der ihm für das Reiuigen der Feuerwehr=
geräte
in der Zeit vom 1. 8. 23 bis 31. 3. 24 eine Vergütung von
25 Gmk. zuſpricht, Einſpruch erhoben und verlangt für den genannten
Zeitraum eine Vergütung von mindeſtens 50 Mk., und ſür das Ri. 1224
eine ſolche von 150 Mart. Dem Antrag wird ſtattgegeben. Das
ſeither von der Gemeinde auf Antrag geſtellte Holz für Särge ſoll bis
zum Ablauf des Ri. 1923 von den Intereſſenten mit 1,85 Goldmark pro
Quadratmeter vergütet werden. Einem geſtellten Antrage zufolge wird
beabſichtigt, vom 1. April d. Js. ab ſogenannte Einheitsſärge hier ein=
zuführen
. Mit dieſer Angelegenheit ſoll ſich zunächſt die betreffende
Kommiſſion befaſſen. Bäckermeiſter Hermann Finger 4. hatte ſeiner=
zeit
dem damaligen Mitbewohner des Gemeindebauſes Langbeuneveg 2.
Ernſt Michael Mink, geſtattet, angrenzend an ſeine Scheune einen pro=
viſoriſchen
Holzſchuppen zu errichten. Mink iſt inzwiſchen umgezogen
und beantragt Finger nunmehr Aufhebung des ſeitherigen Zuſtandes.
Die Verwaltung wird beauftragt, mit F. in Verhandlungen über die
Möglichkeit der Beibehaltung des gegenwärtigen Zuſtandes einzutreten.
Dem Obſtbauverein wird für das Ri. 1994 ein Beitrag von 50 Gmk.
aus der Gemeindekaſſe bewilligt. Zu einem von Karl Klenk 2. ein=
gereichten
Antrag auf Vergütung von Dung für ein in das Baugelände
gefallenes Allmendteil an der Jahnſtraße wird zunächſt feſtgeſtellt, daß
eine geſetzliche Verpflichtung der Gemeinde Klenk gegenüber hierzu nicht
beſteht. Aus Billigkeitsgründen wird jedoch eine anderweite gütliche
Regelung der Angelegenheit rorgeſehen. Ueber die Herrichtung einer
Wohnung im Hauſe Sonngaſſe 4 liegt in heutiger Sitzung ein Vorun=
ſchlag
in Höhe von etwa 300 Goldmark vor. Auf Grund deſſen geueh=
migt
der Gemeinderat die Ausführung der notwendigen Arbeiten und
beſchließt, die entſtehenden Koſten von der Hauseigentümerin in Naten
zurückzuerheben. Zur Linderung der Wohnungsnot ſoll auf Antrag
des Kreisamts eine von dieſem im Hauſe Nieder=Ramſtädter Straße 50
beſchlagnahmte Wohnung hergerichet werden. Die Verwaltung wird
beauftragt, hierüber zunächſt einen Voranſchlag aufſtellen zu jnſſen.
Ferner wird beſchloſſen, die Wohnung des Chriſtian Philipp Rau zuecks
eventueller Herſtellung durch die Baukommiſſion beſichtigen zu laſſen.
Die Bauhütte Darmſtadt hat um Beitritt der Gemeinde Ober=Nauſtadt
als Geſellſchafterin nachgeſucht. Ueber den Antrag wurde ſchriftlich ab=
geſtimmt
. Das Neſultat war 6 Stimmen für, 8 Stimmen gegen den
Beitritt und 2 unbeſchriebene Zettel. Ein Antrag des Ga. Noden=
häuſer
10. auf Erlaß eines Drittels Anzahlung auf erſteigertes Holz
wird der Konſequenz halber abgelehnt. Nach einem Befundbericht des
Kulturbauamts Darmſtadt iſt eine Reparatur des Peltonrad=Pumpwerks
oberhalb der Waldmühle und der Erſatz verſchiedener Zubehörteile
dringend notwendig geworden. Da dieſe Pumpſtation im Intereſſe der

Waſſerverſorgung der Hochzone auf ihrer vollen Leiſtungsfähigkeit er=
halten
werden muß, werden die notwendigen Arbeiten hieran und Lie=
ferungen
hierzu vom Gemeinderat genehmigt. Dem Hilfsverein für
Geiſteskranke in Heſſen wird für das Rechnungsjahr 1923 ein Beitrag
in Höhe von 15 Goldmark aus der Gemeindekaſſe bewilligt. Danach
wird in die Beratung von Wohlfahrtsſachen eingetreten.
* Noßdorf, 10. März. Man ſchreibt uns: Ein großer Kreis der
hieſigen Leſer Ihres Blattes findet den in Nr. 66 enthaltenen Nachtrag
zum Gemeinderatsbericht ſonderbar. Der Einſender dieſes Nachtrags
kann es nicht überwinden, an zwei Punkten des bereits in Nr. 59 Ihres
Blates enthaltenen Gemeinderatsberichts, der ſachlich gehalten iſt, zu
kritiſieren. Der erſte Punkt des Nachtrags bezeugt einwandfrei, daß
hierin nur ein perſönlicher Angriff gegen den Bürgermeiſter unter=
nommen
werden ſoll. Man ſollte perſönliche Unſtimmigkeiten nicht in
die Oeffentlichkeit tragen. Was den zweiten Punkt des Nachtrags an=
langt
, ſo ſei doch darauf hingewieſen, daß in dem urſprünglichen Ge=
meinderatsbericht
nicht behauptet worden war, der Gemeinderat habe
einſtimmig die Uebertragung der Untererhebſtelle genehmigt. Zwei
Gemeinderäte haben allerdings gegen eine Haftung der Gemeinde gegen=
über
dem Reich geſtimmt. Charakteriſtiſch iſt, daß aber einer dieſer bei=
den
Herren trotzdem zu gleichem Zeitpunkte den Vertrag zwiſchen der
Gemeinde und dem Konrad Engert mitunterzeichnet hat. Feſtſteht, daß
der Gemeinderat einſtimmig dafür war, die ausgeſprochene Kün=
digung
, betr. Untererhebeſtelle zurückzunehmen und einen Vertrag
mit Engert abzuſchließen. Nach dieſer Beſchlußfaſſung war die Folge,
daß ein Ausſchluß der Haftung ſeitens der Gemeinde gegenüber dem
Reich unmöglich iſt. Hinterher will man nun in Form eines Nachtrags
zum Gemeinderatsbericht an dieſen unumſtößlichen Tatſachen kritiſie=
ren
. Derartige Kritik iſt zwecklos und findet ſehr wenig Freunde.
Anmerk. der Ned.: Wir geben dem Einſender Necht und erſuchen unſere
Herren Berichterſtatter wiederholt, bei allen Einſendungen durchaus
Objektivität und ſtrenge Sachlichkeit obwalten zu laſſen. Perſönliche
Dinge gehören nicht in die Oeffentlichkeit.
Pfungſtadt, 10. März. Die durch die Ortsgruppe der D.V.P. ab=
gehaltenen
gut beſuchten und gut verlaufenen erſten Wählerver=
ſammlungen
zeigten, daß man in den Kreiſen des Bürgertums
leider immer noch große Intereſſenloſigkeit an dem uns nun einmal
aufgezwungenen politiſchen Kampfe feſtſtellen muß. Es ſcheint, als
ob man in dieſen Kreiſen noch immer nichts aus den vergangenen
Jahnen gelernt hat. Es wanen noch Plätze da für Bauern. Hand=
werker
, Kleingewerbetreibende und Kaufleute. Wo waren dieſe Leute?
Wo waren die Mitglieder der ſogenannten Vereine, die noch vater=
ländiſche
Geſinnung auf ihre Fahnen geſchrieben haben?. Sie alle
ſind notwendig, um bei dieſen Gelegenheiten den Beweis zu erbrin=
gen
, daß das Bürgertum entſchloſſen iſt, bei der Reichstagswahl deutſch,
baterländiſch zu denken und zu handeln. Bürgerliche Wählerverſamm=
lungen
, ganz gleich von welcher Partei ſie einberufen ſind, müſſen für
die Zukunft machtvolle Kundgebungen des deutſchen Bürgertums werden.
Der als Redner gewonnene Abg. Dingeldey=Darmſtadt hat es in
ſeinen nahezu zweiſtündigen ſachlichen, mit großer Aufmerkſamkeit ver=
folgten
Ausführungen meiſterhaft verſtanden, ein Bild unſerer inner=
politiſchen
und wirtſchaftlichen Lage unter dem Geſichtspunkte einer na=
tionalen
Außenpolitik zu entwerfen. Immer wieder erklang im Grund=
ton
der Rede der Appell an die Einigkeit des deutſchen Volkes ohne
Unterſchied kleinlicher Partei= und Meinungsverſchiedenheiten und daß
wir uns nur auf einem nationalen Grund alle zuſammenfinden müßten.
Wir müſſen das in den Vordergrund aller Betrachtungen ſtellen, was
uns eint und nicht das, was uns trennt. Der Ruhrkrieg, ſeine Folgen,
ſeine Auswirkungen auf uns und Frankreich waren längere Zeit Gegen=
ſtand
eingehender, ernſter Betrachtungen. Auch die Aufwertungsfrage
bildete ein Glied in der Kette der mit größter Aufmerkſamkeit ge=
hörten
Worte des Vortragenden. Jeder Wähler betrachte bei der kom=
menden
Reichstagswahl ſeine Innenpolitik, die er im Parlament ver=
treten
wünſcht unter nationalen Geſichtspunken der Außenpolitik.
In der Diskuſſion entwickelte der kommuniſtiſche Redner ſein in allen
Kreiſen bereits genügend bekanntes Programm, von dem er immer
noch das Heil für das Proletarigt erwartet. Die dann durch Profeſſor
Mierus aufgeworfene Impffrage lößte ſtürmiſche Heiterkeit der Ver=
ſammlung
aus. Im Schlußwort ſtellte Abg. Dingeldey die Ausfüh=
rungen
der Diskuſſionsredner richtig und betonte, daß er für eine Auf=
hebung
des Impfgeſetzes nicht ſtimmen kann. Der Vorſitzende dankte
der Verſammlung für die erwieſene Aufmerkſamkeit während des Vor=
trages
, erwähnte das beſonders korrekte und ſachliche Verhalten der
Gegner und ſchloß dann die Verſammlung.
Von der Bergſtraße, 9. März. Rebſchäden. Die Reben in
den Weinbergen haben durch die ſtrenge Kälte in dieſem Winter recht
empfindlich gelitten. Der Schnitt der Reben erfordert in ſeiner Aus=
führung
größte Vorſicht.

A Auerbach, 10. März. Hotelverkauf. Das altbekannte Hotel
Zur Krone, das vor etwa zwei Jahren von ſeinem Beſitzer Difen=
bach
verkauft wurde, iſt letzter Tage wieder verkauft worden und zuwar
an den Geſamtbund deutſcher Angeſtellten‟ (G. D.A.), Sitz in Hamburg.
Die Uebernahme ſoll ſchon am 1. April I. J. erfolgen. Das Hotel
wird in der Hauptſache als Erholungsheim für die Mitglieder des Bun=
des
eingerichtet. Glockengeläute. Das Tagesgeläute wurde
kürzlich auf nur ein zweimaliges Läuten der Kirchenglocken beſchränkt
und zwar um 11 Uhr vormittags und des Abends bei beginnender Nacht.
Das Läuten um 10 Uhr vormittags und um 5 und 8 Uhr nachmittags
wurde eingeſtellt. Dieſe Aenderung erfolgte aus Sparſamkeitsrückſichten.
Bensheim, 10. März. Zum Kreisfeuerwehrinſpektor wurde an=
ſtelle
des ſeitherigen Inſpektors Schuhmann, der geſtorben iſt, Bau=
inſpektor
Bräunig vom ſtädtiſchen Bauamt ernannt.
B. Gernsheim, 10. März. Im Winter dieſes Jahres wurden
einem Biebesheimer Landwirt einige Säcke Frucht geſtohlen.
Heute wurden 6 junge Männer aus Biebesheim wegen Verdacht ver=
haftet
, und dem Gernsheimer Gericht vorgeführt, nach dem Verhör
wurden zwei dem hieſigen und wegen Ueberfüllung 4 Mann durch die
Gendarmerie nach Darmſtadt ins Gefängnis überführt. Bei der
Holzverſteigerung am 6. März aus dem Gernsheimer Walde
wurden folgende Preiſe erzielt: für 2 Meter Eichen=Scheiter 5060
Goldmark; für 2. Meter Eichen=Knüppel 3540 Goldmark; für 2
Meter Tannen=Knüppel 4850 Goldmark; für 1 Meter Knüppel=Reiſig
1215 Goldmark; für 2 Meter Stockholz 3035 Goldmark.
8 Wixhauſen, 10. März. Gauturnfeſt. Der Main=Rodgau
hatte bekanntlich ſchon im vergangenen Jahre das 39. Gaufeſt dem hieſi=
gen
Turnverein übertragen. Leider mußte aber das geplante Feſt ein
paar Wochen vorher wegen der Verhältniſſe im beſetzten Gebiet abge=
ſagt
werden. Nunmehr ſoll es dieſes Jahr beſtimmt ſtattfiuden. Als
Termin iſt der 6. Juli feſtgelegt worden.
k Gießen, 9. März. Muſikdirektor Krauße, einer der wenigen
noch lebenden Zeugen der Kaiſerproklamation im Schloſſe zu
Verſailles, iſt an Lungenentzündung unerwartet geſtorben. Trotz ſeiner
30 Lebenzjahre konnte er am 18. Jnnuar noch an der Reichsgrün=
dungsfeier
teiinehmen. Er war eine allgemein geachtete und beliebte
Perſönlichkeit, und beſonders alle in Gießen gedienten, ehemaligen Sol=
daten
ehrten den alten Kapellmeiſter der 116er, der ihnen nach anſtren=
gendem
Dienſt auf dem Heimmarſch oder im Kaſernenhof durch ſeine
Muſik manche Freude und Erholung bot. Seit 1872 leitete er die hieſige
Regimentsmuſik, bis er 1909 in den Ruheſtand trat. Durch ſeine
üffentlichen Konzerte hier und in anderen Städten errang er glänzende
Erfolge beſonders oft konzertierte er auch in Darmſtadt und Bad=
Nauheim, ſo daß er auch dort noch in guter Erinnerung ſteht. Das
hieſige Bataillon, der 116er Verein und alle anderen Militärveweine wer=
den
dem alten Kapellmeiſter das letzte Geleite geben.
I. Gießen, 9. März. Der Kreisziegenzuchtverein lädt ſeine Mit=
glieder
zu der am 14. März in Gießen ſtattfindenden Hauptverſamm=
lung
ein.
k. Hungen, 9. März. Die Arbeiterſchaft auf den Braunkohlengru=
ben
bei Treis=Horloff hat den Streik abgebrochen und der
größte Teil der Arbeiter hat die Arbeit wieder aufgenommen. Lange
und mit äußerſter Heftigkeit hatten ſich die Arbeiter der geplanten Ar=
beitszeitverlängerung
widerſetzt. Schwere Angriffe erfolgten mehrere
Wochen gegen die Aufrechterhaltung des Betriebs, ja einmal war es
den Streikenden faſt gelungen, die Gruben unter Waſſer zu ſetzen. Die
Verwaltungsperſonen und Arbeitswillige wurden wiederholt tätlich au=
gegriffen
, ſo daß eine Hundertſchaft der Schutzpolizei in das Werk ge=
legt
werden mußte. Jetzt endlich iſt über die Verlängerung der Ar=
beitszeit
eine Einigung zuſtande gekommen, die den erſten Vorſchlägen
der Grubenverwaltung nahezu gleichkommt.
i. Lollar, 9. März. Gendarmerieoberwachtmeiſter Georg Brück
wurde heute unter ſtarker Beteiligung beerdigt. Er hat bei den
Leibdragonern Nr. 24 in Darmſtadt gedient, und ſo gab ihm der Gieße=
ner
Verein ehemaliger heſſiſcher Leib=Dragoner, ſowie der hieſige Krie=
gerverein
das letzte Geleit.

nach Geheimrat Prof. Dr. N. Zuntz fördert den ?
Haarwuchs durch ſpeziſiſche Ernährung der Haare.

Geſellſchaftsabend für die Erhaltung des Landestheaters
Montag, den 17. März 1924, 8 Uhr, im Großen Hauſe

Einmalige Vorführung
des Eskimo=Films:
Autiat
Nager

Alfred Kerr ſchreibt im Berliner
Tageblatt:
Hier ſind (skimos vor die Linſe
gebracht, nördlich von der Hud=
ſonbai

wo die Erde
ſtarr wird.
Man ſieht, wie Mann und Weib
und Kind und Hunde leben. Wal=
roßmord
. Robbenfang. Kajak=
paddeln
. Bau von Schneehütten
für die Nacht. EEis=Einſamkeit.
Polarſturm. Etwas Erſchütterndes
oder H. Fhering im Berliner Bör=
ſencotrier
:
Ein packender, ein ergreifender
Film ohne arrangierte Hand=
lung
. . . Man wird ohne Abſicht
an den Anfang zurückgeführt: es
geht um Nahrung, um Kampf.
Die Wanderung iſt die Bindung.
Tag und Nacht, Stille und Sturm
iſt die Einteilung. Ein erſchüt=
ternd
ſchlichter Film. Ein herr=
licher
, faſi könnte man ſagen: ein
homeriſcher Eilm.

Vorverkauf für Mieter und Sondermieter Mitiwoch und Donnersiag (Preiſe 1.50 bis 6. M.). Allgemeiner Vorverkauf
von Freitag an (Preiſe 2. bis 9. M.) an der Kaſſe des Großen Hauſes und am Verkehrsbüro.

[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

Nummer 71.

Reich und Ausland.
Kirche und Preſſe.
Unter der Mitwirkung journaliſtiſcher, akademiſcher und kirchlicher
Fachkreiſe fand vom 5.7. März an der Berliner Univerſität ein vom
Evangeliſchen Preßverband für Deutſchland veranſtalteter Preſſe=
kurſus
ſtatt, an dem zirka 200 Tagesſchriftſteller, Schriftleiter evgl.
Blätter, Pfarrer, Studenten aus allen Teilen des Reichs und aus dem
ebgl. Auslande teilnahmen. Vorleſungen des Direktors des Wolffſchen
Telegraphen=Bureaus Dr. Diez, ſowie des Leiters der Zeitungswiſſen=
ſchaftlichen
Kommiſſion des Reichsverbandes der deutſchen Preſſe Dr.
Mohr boten eine fachmänniſche Einführung in die moderne Arbeits=
weiſe
des Journalismus. Im Mittelpunkte der Beratungen ſtand das
Thema Kirche und Tagespreſſe über das Direktor Hin=
derer
vom Evangeliſchen Preßverband für Deutſchland und Chef=
redakteur
P. Baecker, Leiter des Reichsverbands der deutſchen Preſſe,
berichteten. Beide Redner gaben dem Willen zu einer vertrauensvollen
Zuſammenarbeit der beiden großen Erziehungsmächte der Gegenwart
Ausdruck. Während der Vertreter der Tagespreſſe von den kirchlichen
Kreiſen ſachverſtändige Mitarbeit, Verſtändnis für die Sonderart jeder
Zeitung, ein Verhältnis perſönlichen Vertrauens zu den Redakteuren
rwartet, wurden als die Wünſche der Kirche an die Tagespreſſe von
dem erſten Redner bezeichnet: Pflege der Ehrfurcht, eine gerechte, exten=
ſiv
und intenſiv zureichende Berückſichtigung des kirchlichen Lebens, ein
Magiſtrat des öffentlichen Gewiſſens, Beſondere Beratungen galten
dem Wiederaufbau der kirchlichen Preſſe. Den Schluß bildete ein Vor=
trag
von Univerſitätsprofeſſor D. Dr. Seeberg=Berlin über Grund=
linien
einer chriſtlichen Kulturpolitik. Verbunden war mit dem Kurſus,
der eine Förderung nicht nur der praktiſchen kirchlichen Preſſearbeit be=
deutete
, ſondern auch der Journaliſtik als Wiſſenſchaft, eine faſt 1500
Zeitſchriften umfaſſende Ausſtellung des Preſſeweſens des deutſchen und
des ausländiſchen Proteſtantismus.

Die neuen Silbermünzen.
Der Geſetzentwurf über die Ausprägung von neuen
Reichsſilbermünzen mit welchem ſich der Reichsrat kürzlich
beſchäftigte, ſieht die Ausprägung von Geldſtücken im Werte von 1, 2, 3
und 5 Mk. vor; zunächſt ſoll ein Betrag von 300 Millionen ausgegeben
werden. Der Vertreter der Reichsbank hat ſich mit der Vorlage ein=
verſtanden
erklärt. Die Bedenken, daß durch die Ausprägung neuer
Reichsſilbermünzen eine neue Inflation herbeigeführt werden kInnte,
wurden durch eine Erklärung der Reichsregierung entkräftet, die wie
folgt zu Protokoll gegeben wurde: Das zur Zeit noch umlaufendc Nat=
geld
wird mit möglichſter Beſchleunigung aus dem Verkehr gezogen
werden. Der Reichsminiſter der Finanzen wird dem Reichsrat jeden
Monat den in den Verkehr gegebenen Betrag an Silbermünzen und den
Vetrag der aus dem Verkehr zurückgezogenen Zahlungsmittel bekannt=
geben
und, wenn der Reichsrat nach dieſer jeweiligen Bekanntgabe Be=
denken
gegen die weitere Ausgabe der Silbermünzen erhebt, dieſe Aus=
gabe
einſtellen und nur nach Einvernehmen mit dem Reichsrat wieder
aufnehmen. Die Ausſchüſſe des Reichsrats haben an der Vorlage noch
die Aenderung vorgenommen, daß das Miſchungsverhältnis geſetzlich
feſtgelegt wird, und zwar ſollen es 500 Teile Silber und 500 Teile
Kupfer ſein. Zunächſt ſollen ſoviel Münzen geprägt werden, daß auf
den Kopf der Bevölkerung fünf Mark entfallen. Im Laufe der Zeit
ſoll dieſe Summe mit Zuſtimmung des Reichsrats auf 10 Mark erhöht
werden. Der Reichsrgt erklärte ſich mit den Ausſchußbeſchlüſſen ein=
verſtanden
.
Aus der Reichshauptſtadt.
Ein gefährlicher Penſionsdieb treibt ſeit einiger Zeit
im Weſten Berlins ſein Unweſen. Er führt ſich unter der Vorſpiegelung
ein, einen Gaſt beſuchen zu wollen, der in der Penſion wohne. Sobald
man iyn einläßt, beſtiehlt er die Penſionsinhaber und die Gäſte und
verſchwindet mit der Beute, die oft ganz erheblich iſt. Der Schwindler
und Dieb iſt etwa 35 Jahre alt.
Eine Bande von internationalen Scheckfälſchern
wurde von der Berliner Kriminalpolizei geſprengt und ein Beteiligter
feſtgenommen. Bei hieſigen Banken wurden in der letzten Zeit wieder=
holt
kleine Deviſenverkäufe getätigt, wobei es ſich in einzelnen Fällen
nur um 2030 Dollars handelte. Die Verkäufer ließen ſich kein bares
deutſches Geld geben, ſondern Dollarſchecks auf Banken in Holland, in
England und Amerika. Dieſe Banken wurden aber nicht ordnungs=
gemäß
den bezogenen ausländiſchen Banken vorgelegt, ſondern dienten
den Deviſenverkäufern zu Fälſchungen. Sie wuſchen die Summen ſorg=
fältig
aus und ſetzten bedeutend höhere Summen, die in die Tauſende
gingen, dafür ein. Dieſe aufgefälſchten Schecks gaben ſie dann bei an=
deren
Banken in Zahlung, die ſo um erhebliche Beträge geſchädigt wur=
den
. Der Verdacht der Kriminalpolizei fiel auf galiziſche und unga=
riſche
Leute, die ſich in dem Vorraum einer Bank in der Friedrichſtraße
zu treffen pflegten. Der Verdacht fiel auf einen gewiſſen Lehrmann
aus der Kneſebeckſtraße und einen Vallentin Farkas Famos aus Buda=
peſt
. Es gelang vorgeſtern, Famos zu verhaften. Er hat ein Geſtänd=
nis
abgelegt. Hiernach hat Lehrmann mit ſeiner Bande auch ſchon in
anderen Großſtädten, ſo in Kopenhagen, Amſterdam, Rotterdam und
London ſeinen Spezialſchwindel mit Erfolg betrieben.
Römiſcher Schmuck in der Goldſchmelze.
Von der Dortmunder Kriminalpolizei wurden die Kaufleute
Kaltz und Korbmacher und eine Verkäuferin wegen gewerbsmäßi=
ger
Hehlerei verhaftet. Kaltz und Korbmacher hatten in der Prinzen=
ſtraße
eine Goldankaufsſtelle, in der ſie von Einbrechern Gold= und
Silbergegenſtände, die in der Gegend von Worms und Mannheim ge=
ſtohlen
worden waren, aufkauften. Den im Gerichtsgefängnis zu Mainz

in Unterſuchungshaft ſitzenden Einbrechern ſind bisher 23 ſolcher Ein=
brüche
nachgewieſen worden. Unter anderem wurde ein Einbruch in
das Paulusmuſeum in Worms ausgeführt, wo den Dieben faſt ſämtliche
altrömiſchen Gold= und Silbermünzen, ſowie römiche Schmuckgegen=
ſtände
aus dem fünften Jahrhundert, die bei den Ausgrabungen in
Palermo gefunden worden waren, in die Hände fielen. Es befand ſich
darunter auch ein Schmuckſtück einer römiſchen Kaiſerin, das die Stadt
Worms in Friedenszeiten von der italieniſchen Regierung für mehrere
hunderttauſend Mark erworben hatte.
Koloniale Gedenkfeiern.
Kw Auf Anregung der Kolonialen Reichsarbeitsgemeinſchaft ſollen
am Kolonialen Gedenktage, am 24. April, der in ganz Deutſchland be=
gangen
wird, in den Schulen im Anſchluß an die Schulerinnerungsfeiern
Gedenk=Eichen gepflanzt werden zur Erinnerung an das, was Deutſch=
land
während vierzig Jahren als eines der erfolgreichſten Kolonialvölker
der Erde geleiſtet hat, und zur ſteten Belebung und Förderung des kolo=
nialen
Gedankens im deutſchen Volke.
Verſteigerung deutſchen Beſitzes in Kamerun.
KW. Am 15. Januar fanden, wie das Journal Officiel des Terri=
toires
du Cameroun meldet, in Duala eine öffentliche Verſteigerung
deutſcher Beſitztümer ſtatt. Am 3. März wurde eine zweite Verſteigerung
abgehalten. Ueber eine Reihe deutſcher Firmen iſt neuerdings die Li=
quidation
verfügt worden.
Am 15. Januar wurden die Beſitztümer folgender Firmen verſteigert:
Pilz u. Paul Muth in 9:Goula=Makong; Morſtedt, Leopold Kutz, Otto
Holtfoth, Otto Bahr, Gaſt u. Nager in Duala; von der Wettern u. Wis=
dorf
bei Manoka; Bremer Weſtafrika Geſellſchaft im Kribibezirk und
in Ebolowa.
Am 3. März wurden verſteigert die Grundſtücke der Firmen: De
Haas in Duala; Hermann Wenk u. Co. im Kribibezirk; Bremer Kolo=
nial
=Handelsgeſellſchaft im Kribibezirk; Hamburg=Afrika=Geſellſchaft in
den Bezirken Kribi, Dengdeng, Duala, Jaunde; Nordweſtkamerun= Geſell=
ſchaſt
in Duala; Holtmann u. Sulter, Bernauer u. Schrader, Rütte u.
Co. im Kribibezirk.
Liquidation folgender Firmen wurde verfügt: Molivepflanzungs=
Geſellſchaft. Yabaſſi Banya Handelsgeſellſchaft, Franz Behrendt de
Cuvry (Mlondon), Green u. Bilfinger, Afrikaniſche Kompagnie A. G.
Victor u. Freefe, Hamburg=Kamerun=Handelsgeſellſchaft, Mayer (Bid
joka=Jaunde), Hans Pachen, A. Kunderling G.m.b.H., Krauſer u. Fehr=
wann
, Oskar Mayer u. Baſchian, H. u. A. Schmidt (Ungar), Kleit. Stein
u. Dreſcher, Sanga Handelsgeſellſchaft, Steyer.
Luft=Schmuggler.
*Die Bewohner von Kriſtiania beobaclſteten in verſchiedenen mond=
hellen
Nächten ein ſehr großes Flugzeug, das an der norwegiſchen
Küſte entlang nach Fosnges flog. Nach dem Lärm, den die Propeller
verurſachten, muß es ſich um ein Flugzeug mit außerordentlich ſtarken
Maſchinen handeln, das mit ſehr hellen Scheinwerfern ausgeſtattet iſt
Man zerbricht ſich den Korf über dieſen geheimnisvollen Fliegenden
Holländer der Luft‟. Die Polizei aber glaubt nach genaueren Erkun=
digungen
, daß es ſich um Schmuggler handelt, die von einem großen
Schmugglerſchiff, das irgendwo in einem Fiord in der Nähe von Trond=
hiem
verankert liegt, auffliegen und Waren befördern.
Ehetreue übers Grab hinaus.
* Eine ergreifende Geſchichte von Gattentreue wird aus dem eng=
liſchen
Städtchen Sunderland berichtet. Hier lebte ein Ehepaar namens
Foreman, beide 70 Jahre alt. Der Mann war ſeit einigen Wochen
krank, und als die Frau eines Nachmittags an ſein Bett trat, und zu.
ihm ſprach, antwortete er nicht. Sie glaubte, daß er tot ſei und geriet
darüber in den größten Kummer. Sie legte ſich nun ſelbſt zu Bett und
ſtarb bald darauf. Der Mann aber war tatſächlich nicht tot, ſondern
erwachte wieder aus ſeinem ſchweren Schlaf. Als er hörte, daß ſeine
Frau vor ihm geſtorben ſei, ſtarb er auch zwei Stunden ſpäter.
Internationale Mittelſtandsunion.
Am 23. und 24. Februar fand im Rathaus in Straßburg (Elſ.,
eine Tagung des Direktoriums der Jnternationalen Mittelſtandsunion
ſtatt, bei der 14 Staaten vertreten, weitere ſieben entſchuldigt waren.
Als Verhandlungsgegenſtände waren vorgeſehen: der Bericht über die
bisherige Arbeit des Sekretariats, die Feſtſetzung des Abſtimmungs=
modus
und des endgültigen Wortlauts der Satzungen, Ort, Zeit und
Dauer des Kongreſſes für 1924 und deſſen Vorbereitung, Beſtimmung
der Referate hierfür uſw. Die Tagung nahm unter Vorſitz von National=
rat
Kurer von Olten, dem unermüdlichen Vorkämpfer für die Mit=
telſtandsintereſſen
, unter Beihilfe des ſprachgewandten Sekretärs Dr.
Senngrüber=Bern einen recht günſtigen Verlauf. Der große
internationale Kongreß ſoll vom 2.5. September 1924 in Bern ab=
gehalten
und die Union zu einer fruchtbringenden, Länder und Völker
umſpannenden Einrichtung ausgeſtaltet werden.
Arbeitsloſigkeit, Tenerung und Kriminalität in Frankreich.
Eine Tatſache ſteht feſt: in Frankreich gibt es keine Arbeitsloſig=
keit
. Dieſe Feſtſtellung kann weder Wirtſchaftler noch Arbeiter in Er=
ſtaunen
ſetzen. Das Bureau international du Travail, das ſoeben
eine Unterſuchung über die wirtſchaftliche Produktion veröffentlicht hat
ſtellt in der Tat eine ſehr enge Beziehung zwiſchen der Bewegung der
Arbeitsloſen und der Preisgeſtaltung feſt.
Wenn die Preiſe ſteigen, verſchwindet die Arbeitsloſigkeit oder nimmt
ab, ſinken die Preiſe, ſo ſtellt die Arbeitsloſigkeit ſich ein oder nimmt zu.
Dieſe Tatſache konnte in abſoluter Weiſe in England und Schweden
während der Jahre 1920 und 1921 Beſtätigung finden. Aber die Arbeits=
loſigkeit
iſt es nicht allein, zu ihr treten andere Plagen. Die Steigerung
der Kriminalität iſt eine ſolche. So hat man Arbeitsloſigkeit und Kri=
minalität
in England graphiſch darſtellen können. Wenn die Arbeits=
loſigkeit
die Höhencote 2 erreicht, hält ſich die Kriminalität auf Cote 158,
Vmmnm

aber ſie ſteigt bis auf Punkt 194, wenn die Arbeitsloſigkeit ſich bis zu
Punkt 7 ſteigert. Und die Krankheitsziffer folgt einer gleichlaufenden
Kurve.
Die neue Provinz
des Königreichs Italien mit der Hauptſtadt Fiume trägt den Namen
Provincia del Carnaro; ihr wird der bisher zu Iſtrien ge=
hörende
Kreis Voloska Abbazia angegliedert.
Die Grippe auf dem Säntis.
Das Wetterwartsehepaar kann infolge Grippe nur mit Mühe den
täglichen Dienſt erfüllen.
Ueberfremdung im Ausland.
* Nun ſetzen die Budenbeſitzer des Quartier Latin in Paris ihre
Studenten vor die Tür, um die Zimmer für Amerikaner und andere
Beſitzer wertbeſtändiger Währung freizumachen, die Paris anläßlich der
Olympiſchen Spiele überſchwemmen werden. Nach den Olympiſchen
Spielen wird die Dekorierungsausſtellung und dann die Kolonialaus=
ſtellung
an die Reihe kommen. Kurz, der Handel genießt im Voraus für
einige Jahre den Zuſtrom Gelder ausgebender Fremden in Paris. An
ſeiner Stelle wäre Mißtrauen am Platze. Zunächſt, iſt der Fremde ſo
verſchwenderiſch? Man verwechfle ihn nicht, ein wenig leichthin
mit dem angelſächſiſchen Säufer eine ſehr ſeltene Spielart der,
weniger wie die Neureichen in Montmartre ſein Weſen treibt. Mit
einem Beiſpiel iſt zu dienen: Letzte Woche landeten 420 amerikaniſche
Touriſten in Tunis. Sie ließen Wagen herbeiſchaffen und verteilter, ſich
in den Straßen, wo die Kaufleute auf ſie lauerten. Als aber am Abend
der tuneſiſche Handel die Bilanz der Yankeeankäufe zog, hatte er nur
einige Geldtäſchchen, zwei oder drei Dutzend Orangen und ein Kilo
Früchte (es handelt ſich um eine Frucht von der Größe einer Bohſie und
kakaoähnlichem Geſchmack). Und um die Reihe zu vervollſtändigen, die
420 Touriſten verbrachten, angeekelt von den Hotelpreiſen, die Nacht
auf dem Paketboot Schthia, das ſie herbeigeführt hatte. Offenbar
werden die Paketboote im nächſten Frühjahre nicht die Seine herauf=
fahren
.
Ein Aerzteduell.
Zwei berühmte Pariſer Chirurgen fochten letzte Woche einen Zwei=
kampf
auf Säbel aus. Der Grund war eine Hausfreundgeſchichte. Die
beiden Meiſter haben alſo die Klingen gekreuzt. Chantilly war als
Kampfplatz auserſehen, als Meſſimy der Leiter des Zweikampfes
den Duellanten bemerken ließ, daß, wenn ſie ſich ſo weit von Paris um
8 Uhr früh ſchlugen, ſie zur Beſuchsſtunde in den Krankenhäuſern in
Paris nicht wieder zurück ſein könnten. Deshalb fiel die Wahl auf
Neuilly und der Zweikampf wurde auf 3 Uhr nachmittags feſtgeſetzt. Am
Morgen lagen beide Kämpfer noch dem Berufe ob, ohne daß ihre Hand
auch nur zitterte. Und als ſie in ſo gefährlicher Weiſe ihren Handel aus=
getragen
hatten, der eine hatte im Ganzen 6 Stunden Fechtunterricht
genommen und der andere war kurzſichtig , waren ſie, den Arm in der
Binde, bemüht, jeder ſeinerſeits ſich zu den Betten der von ihnen am
Morgen Operierten zu begeben. Sie wollten boch die Stunde des zweiten
Krankenbeſuchs nicht verſäumen!

Ein zufriedener Entthronter.
* Wahrſcheinlich iſt niemand mit der Abſchaffung des Kalifits
mehr zufrieden als der entthronte Kalif ſelbſt, ſo leitet G. Ward Price
ein Charakterbild des Exkalifen in einer Londoner Zeitung ein. Die
Stellung des Kalifen mag, aus einiger Entfernung betrachtet, einen
romantiſchen Zauber haben, aber für einen älteren feinfühligen Türken
von ungewöhnlich modernem Geſchmack, wie es Abdul Mejid iſt, über=
wiegen
die Kehrſeiten die Annehmlichkeiten, und er wird zweifellos die
Sicherheit einer Verbannung nach der Schweiz den Gefahren vorziehen,
die das Amt eines Führers aller Gläubigen umſchließen. Obwohl Ab=
dul
Mefid nur der Vetter von Sultan Hamed war, ſo iſt er doch wäh=
rend
deſſen Regierung in ſtrengſter Abgeſchloſſenheit gehalten worden.
Merkwürdigerweiſe für einen Türken, entfaltete er in dieſer erzwun=
genen
Muße einen feinen Sinn für Bildung und Kunſt. Er iſt fetzt
55 Jahre alt, ein kurzer dicker Herr mit ſcharf gezeichneten Zügen und
einem angenehmen, liebenswürdigen Benehmen. Seit er Kalif wurde,
hat er ſeiner Erſcheinung einen würdigen weißen Backenbart beigefügt.
Ich beſuchte ihn kurz nachdem er die Würde erlangt hatte in ſeinem
Sommerpalaſt auf der aſiatiſchen Seite des Bosporus. Das Haus war
ein intereſſanter Spiegel ſeines Charakters, denn es verband eine ge=
wiſſe
orientaliſche Schönheit mit einem gemütvollen Gemiſch von deut=
ſchen
Kuckucksuhren, Porträtbüſten Wagners und Beethodens und von
Porträts in Oelmalerei, die der Beherrſcher der Gläubigen ſelbſt ge=
ſchaffen
hat. Muſik und Malerei waren nämlich die Hauptintereſſen des
Kalifen. Er erzählte mir, daß er den Ehrgeiz habe ein Konſervatorium
der Künſte in Konſtantinopel zu errichten; aber, fügte er hinzu, dieſe
ewigen politiſchen Kriſen machen es ſchwierig. Als er von dem türki=
ſchen
Parlament 1922 zum Kalifen erklärt wurde, beſtand ſeine einzige
Pflicht darin, dem wöchentlichen Selamlik beizuwohnen und am Freitag
ie Moſchee zu beſuchen. Er tat dies in ſehr feierlicher Weiſe. Bald
ritt er auf einem weißen Pferd, von einer glänzenden ſcharlachroten
Leiblvache umgeben, bald fuhr er in einer großartigen Staatsbarke zu
einer Moſchee auf der gegenüberliegenden Seite des Bosporus. Sicher=
lich
war er der erſte Kalif, der eine Armbanduhr trug, aber trotz dieſer
modernen Geſte blieb er unter der Regierung von Kemal Paſcha ebenſo
ein Gefangener, wie er es unter der Herrſchaft des alten Sultans ge=
weſen
war."

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[ ][  ][ ]

Nummer 21.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924,

Seite 9.

* Das Nordlicht=Problem.
Die herrlichen, vor allem des nachts in der nördlichen Polargegend
auftretenden, alles mit einem faſt überirdiſchen Grün übergießenden
Leuchtfarben und die Himmelsbläue haben ſeit vielen Jahren die Forſcher
mit deren wiſſenſchaftli her Ergründung beſchäftigt. Man hat verſchie=
dene
Theorien aufreſtellt, die teils nicht haltbar waren, teils nicht
alle Erſcheinungen und Wahrnehmungen reſtlos erklärten. Immer
fehlte ein Stück daran.
Nun iſt es, nach Berichten nordiſcher Blätter, Prof. Vigard= Chri=
ſtiania
, gelungen, eine bedeutende Entdeckung zu machen, die die Ur=
ſace
des Nordlichtes erklärt, auch in manch anderer Hinſicht bemerkens=
werte
Aufſchlüſſe gibt.
Bisher hatte man die verſchiedenen Erſcheinungen und Farben=
kompoſitionen
des Nordlichts feſtgehalten, ihre Perioden beſtimmt und
einen Zuſammenhaug mit dem Erdmagnetismus und der Sonnenakti=
bität
vermutet. Die Urſache und den eigentlichen Kern der Erſcheinung
hatte man noch nicht erfaßt. Die Vermutungen gingen nicht bis zur
Erkenntnis der Art der Strahlungserſcheinungen, die die Veränderung
in der atmoſphäriſchen Elektrizität mit der Sonnenenergie übereinſtim=
mend
macht.
Prof. Vigard hat nun eine Seite des Nordlichtes, die der Farbe,
durch ſeine Entdeckung erhellt.
Durch ſpektroſkopiſche Unterſuchungen hat man die Natur der Licht=
erſcheinungen
feſtzuſtellen verſucht. Unter den erhaltenen Spektral=
linien
kannte man alle, mit Ausnahme einer einzigen. Unter den be=
kannten
trat beſonders die des Stickſtoffes hervor. Dieſes gab Prof.
Vigard einen Fingerzeig der unbekannten aber intenſivſten und frap=
panteſten
, die die tiefe warme grüne Farbe der Erſcheinung verurſachte,
zu ergründen.
Sollte dieſe durch Aurora berealis eigentümliche Linie nicht doch
irgend eine Beziehung zum Stickſtoff haben, obſchon gerade dieſe leuch=
tende
Linie im Stickſtoffſpektrum nicht vorkam?. Bisher war man der
Meinung, daß mit immer größerer Entfernung von der Erde die Luft
ſich nicht nur immer mehr verdünne, ſondern daß die Atmoſphäre aus=
ſchließlich
aus Gaſen beſtünde.
Prof. Vigard nahm an, daß infolge der ungeheuren Kälte des faſt
leeren interplanetäriſchen Raumes der Stickſtoff an den äußerſten Gren=
zen
der Atmoſphäre ſich kriſtalliſiere, und daß ſich ſomit eine Kriſtall=
ſchicht
rund um die Erde forme.
Um dieſe Behauptung zu beweiſen, mußte man das Stickſtoff= Spek=
trum
bei dieſer äußerſt niedrigen Temperatur des Stickſtoffs von 210
Grad unter Gefrierpunkt ſtudieren. In Chriſtiania und noch ſonſtwo
fehlte Prof. Vigard die inſtrumentare Einrichtung dazu. Es gab nur
einen Ort, wo er hoffen durfte, ſeine Verſuche in der Geſamtheit zur
Löſung zu bringen. Dieſes war das Kältelaboratorium vom gr. Prof.
ban Kamerlingh Omnes zu Leiden.
Mit Hilfe des Inſtrumeteriums gelang es, den Stickſtoff zu einer
zarten, dünnen Kriſtallſchicht zum Erfrieren zu bringen. Sie wurde nun
ungefähr in derſelben Weiſe, wie nach der Annahme von Prof. Birke=
land
, dem Vorgänger und Lehrer von Prof. Vigard, die Atmoſphäre
elektriſch von der Sonne beſtrahlt wird, elektriſcher Beleuchtung ausge=
ſetzt
.
Die Stickſtoffoberfläche begann zu leuchten, und mit äußerſter
Spannung folgten die Gelehrten der Entwicklung im Apparate und es
wurde in der Tat das grüne Licht der Aurora borealis ſichtbar.
Ganz gewiſſenhafte Unterſuchung zeigte nun, daß das Licht auch voll=
kommen
dieſelben Wellenlängen hatte wie die unerklärliche Nordlich=
linie
. Man hatte alſo auf experimentellem Wege künſtliches Nordlicht
erzeugt das auch alle Merkmale des natürlichen Nordlichts aufwies. Un=
gefähr
fünf Minuten nachdem die elektriſche Beſtrahlung beendigt war,
leuchtete der Stickſtoff nach, und es traten dabei dieſelben gardinenar=
tigen
Lichterſcheinungen auf, die man vom echten Nordlicht her kennt.
Hiermit ſind auch die Farbenveränderungen des Nordlichts erklärt.
Denn dadurch, daß die Stickſtoffkriſtalle infolge elektriſcher Beſtrahlung
eindampfen, vermindert ſich die Intenſivität des grünen Lichtes, wäh=
rend
allmählich mehr und mehr das rote Licht auftritt, das für Stick=
ſtoffgas
charakteriſtiſch iſt.
Durch die Annahme nun, daß unſere Erde von einer kriſtallenen
Stickſtofflage umgeben ſei, ſoll die Tatſache erklärt werden, daß das
Nordlicht beſonders in den Polargegenden und des nachts auftritt. Auf
niederen Breitegraden und tagsüber werden die Kriſtalle, infolge der
höheren Temperatur der Atmopſhäre, teilweiſe verdampfen, ſo daß
die Intenſivität des grünen Lichts zu gering wird, um von uns wahr=
genommen
zu werden. Dieſe Tatſache ſoll jedoch die blaue Farbe des
Himmels hervorrufen.
Auch für die Schallverſuche iſt dieſe Entdeckung von Prof. Vigard
von Bedeutung. Der Schall ſoll nämlich von der atmoſphäriſchen
Grenzlage wie von einer Decke zurückgeworfen werden, ſo daß ſchwere
Exploſionen auf beſchränkt größere Entfernung hörbarer ſind, als dicht
dabei.
Ebenſo ſollen die drahtloſen Wellen von dieſer Kriſtallage zurück=
geworfen
werden, womit man erklären will, daß ſie den ganzen Erdball
umkreiſen können, ohne ſich in den Weltenraum zu verlieren. Hierdurch
ſoll es auch kommen, daß die drahtloſen Verbindungen beſſer des Nachts
als des Tags zuſtande kommen. Durch die hohe Temperatur wird die
Grenzlage weicher, ſo daß die Wellen ſodann zum größten Teil nicht
zurückgeworfen, ſondern abſorbiert werden.

Geſchäftliches.
Ein Schnell=Waſchapparat wurde in Darmſtadt ( Fürſten=
faal
, Grafenſtraße) ſeit einigen Tagen mit großem Erfolg vorgeführt.
Der Vortragende überzeugte die Anweſenden von der intenſiven Rei=
nigungskraft
durch Luſtwirkungen und der größten Schonung der
Wäſche, indem Pabiergeld mitgewaſchen wurde. Ein großes Quantum
Wäſche war in fünf Minuten ſauber, ohne geweicht zu haben. Es ſei
den Hausfrauen aufs wärmſte empfohlen, die unwiderruflich letzten
Vorführungen, Dienstag, den 11. und Mittwoch, den 12. März, nach=
mittags
3 Uhr und 5 Uhr, zu beſuchen.

Sport, Spiel und Turnen.

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Mittwoch, den 12. März.
Keine weſentliche Aenderung des herrſchenden Wetters, trübe.

Fußball.
Germania Eberſtadt Viktoria Griesheim, 2:4.
Zum erſten Male konnte Griesheim ein Spiel gegen Eberſtädt ge=
winnen
. Das iſt umſo erſtaunlicher, als bis zur Halbzeit Eberſtadt be=
reits
2:0 führte. Der Stand des Spieles hätte bis dahin eigentlich um=
gekehrt
ſein können, hätte Griesheims Stürmerrreihe ihre techniſche
Ueberlegenheit durch Schießen auf das Tor ausgenutzt, denn die günſtig=
ſten
Gelegenheiten waren vorhanden. Aber wie es ſchien, hatten die Vik=
torianer
unter ſich vergeſſen, feſtzulegen, wer das erſte Tor ſchießen ſoll.
Eberſtadt und ſeine anweſenden Anhänger waren natürlich über ihren
Sieg hochefreut, und ſchienen mit einer eventuellen Niederlage gar nicht
mehr zu rechnen. Beim Stand von 2:0 für E. ließ man Brieſtauben als
Siegesmelder abfliegen. Welche Enttäuſchung wird aber nachher die
Tatſache der Niederlage gebracht haben! Woran nämlich niemand mehr
glaubte, es wurde zur Wirklichkeit. Griesheims Mannſchaft fing nach
Halbzeit an, glänzend zu arbeiten und konnte in einem Zeitraum von
etwa 10 Minuten 4 Tore erzielen. Eberſtadt kam in der zweiten Spiel=
hälfte
nur noch einige Male auf, konnte jedoch nicht mehr ernſtlich ge=
fährlich
werden. Der Leiter des Spieles, ein Herr aus Darmſtadt, war
einfach großartig und es wäre zu begrüßen, ſolche wirklich unparteiſchen
Pfeifer immer im Amte zu ſehen.
BerlinHamburg.
Der Fußball=Städtekampf Hamburg-Berlin,
der am 16. März, 3½ Uhr nakmittags, im Berliner Stadion vor ſich
geht, wird von den beteiligten Verbänden in eifrigſter Weiſe vorbereitet.
Als Schiedsrichter iſt Hans Tuſch=München verpflichtet. Ein Schüler=
mannſchaftsſpiel
wird dem Hauptkampf vorausgehen. An 30 in allen
Berliner Stadtteilen liegenden Vorverkaufsſtellen werden zu ermüßigten
Preiſen Einlaßkarten ausgegeben, um dem ſicher zu erwartenden Maſſen=
andrange
zu genügen. Die Preiſe ſind wahrhaft volkstumlich. Alle
Schüler werden wieder freien Eintritt erhalten, an alle Schulen Groß=
Berlins ſind Einladungen ergangen. Die Hoch= und Eiſenbahn wird am
Spieltage Sonderwagen fahren und den Betrieb bis zur Station Stadion
durchführen, ſo daß auch eine glatte Abwicklung des Verkehrs geſichert
erſcheint. Der Kampf geht neuerdings auch um einen geſtifteten Pokal,
der, nach viermaligem Siege endgültig gewonnen, bisher von beiden
Stadtvertretungen je einmal errungen wurde, während drei Kämpfe in=
nerhalb
dieſer Pokalkonkurrenz unentſchieden blieben.

Leichtathletik.

Quer durch Berlin.
Das internationale 25=Kilometer=Laufen und
Gehen, das der Berliner Athletik=Klub am R. April, unter dem
Protektorat von Oberbürgermeiſter Dr. Boeß veranſtaltet, verſpricht in
dieſem Jahr einen ganz ungewöhnlichen Umfang anzunehmen. Hunderte
von Zuſagen aus Rheinland, Weſtfalen, Sachſen, Thüringen Pommern,
Hannover, Bayern, Schleſien uſw. liegen bereits vor. Die Verhandlun=
gen
mit dem deutſch=freundlichen Auslande nehmen einen guten Verlauf.
Feſt gemeldet iſt u. a. die geſamte erſte Nennmannſchaft des S. C. Wacker=
Wien, mit Franz, Kühnel, Jakobi, Kucharik und Blaſchek. Studienhalber
begleitet Herr Harand vom Oeſterreichiſchen Marathon=Comitee die
Mannſchaft. Von außerordentlichem Intereſſe dürfte es ſein, zu höven,
daß ein namhafter deutſcher 10=Kilometer=Läufer entdeckt worden iſt,
der außerordentliche Fähigkeiten für die lange Strecke zu beſitzen ſcheint,
da er gleich beim erſten Trainingsverſuch über 25 Km. den Rekord unter=
boten
hat. Sein Name ſoll aber aus taktiſchen Gründen geheim gehalten
bleiben. Außerordentliche Propagandamaßnahmen werden vom Veran=
ſtalter
für dieſes Jahr getroffen. Zwei Radioſtationen auf Rennautos
montiert, begleiten die Spitzengruppen der Läufer und Geher, zahlreiche
Autos der Preſſe, der Klubs, der Aerzte, Sanitäter uſw., Tauſende von
Radfahrer=Schrittmacher werden wie in den Vorjahren vor dem Nieſen=
feld
der Startenden herziehen. 80100 wertvoller Ehrenpreiſe
und weitere 100200 Bronzeplaketten winken den Preisträgern. Die
Anſchreibung kann don allen intereſſierten Vereinen jetzt angefordert
werden. Sie umfaßt Klaſſen für Senioren, Junioren, Anfänger, alte
Hernen über 36 und über 40 Jahre Sonderklaſſen für Fußballſpieler die
keinem Leichtathletik=Verband angehören, und Sonderklaſſe für ſonſtige
Nichtverbandsvereine (Turner, Schwimmer, Wanderer, Schwerathleten
Boxer, Radfahrer, Ruderer, Hockeh=, Tennis, Handballſpiele uſw.)
Außerdem Mannſchaftswertung und auf dem Sportplatz 1500 Mtr.
Jugendlaufen. Meldſchluß am 13. April bei W. Schlick, Berlin
N.W. 87, Agricolgſtraße 6.

Turnen.
Südweſtdeutſcher Turnerbund.

Mit der am Sonntag in Weiterſtadt abgehaltenen Gau= Vorturner=
ſtunde
hat der Main=Rodgau ſeine turneriſche Arbeit für dieſes
Jahr begonnen. Zum Turnwart für den Unteren Bezirk wurde Turner
Vollhart=Dornheim b. Gr.=Gerau ernannt.
Winterſport.
Ski=Wettlauf im Taunus.
Am Sonntag kam bei günſtigen Schneeverhältniſſen der Staffellauf
um den Wanderpreis der Ortsgruppe Frankfurt a. M. des Deutſchen
Reichsausſchuſſes für Leibesübungen zum Austrag. Die geſamte Renn=
ſtrecke
war in vier Teilen 36 Km. lang. Sie führte zunächſt von Schmit=
ten
über die Höhe nach dem Weihersgrund, von hier nach dem Sand=
placken
, 8 Km. erſter und dritter Wechſel, ferner vom Sandplacken über
den Weißen Berg nach den Laudenbach=Wieſen, Krätenbach=Wieſen, Sän=
gelbergtal
nach Schmitten, 10 Km., zweiter und vierter Wechſel. Die
Ergebniſſe ſind: 1. Skiklub Taunus 3:52:55, 2. Skiabteilung des Spkl.
Frankfurt 80 4:11:21, 3. Skiberein Maingau 4:12:56. Strecken=
markierung
und Organiſation fanden den allgemeinen Beifall der Läufer,
Boxen.
Der Proteſt Breitenſträters zurückgewieſen.
Der Vorſtand des Verbandes Deutſcher Fauſtkämpfer beſchäftigte ſich
am Donnerstag mit dem vom Ch. C. Buß nach dem Meiſterſchaftskampf
Samſon=Breitenſträter eingebrachten Proteſt und faßte u. a. nachſtehen=
den
Beſchluß einſtimmig: Der Proteſt iſt inſofern als berechtigt aner=
kannt
worden, als die Zeugen in ihrer überwiegenden Majorität erklärt

haben, daß ſich Breitenſträter vor aus weder mit den Knien noch mit
den Händen am Boden befand. Aus ſportlichen Gründen iſt aber der
Proteſt laut § 87 der Sportlichen Regeln zurückgewieſen worden. Da=
mit
iſt eine mehr als peinliche Angelegenheit aus der Welt geſchafft wor=
den
. Man geht aber wohl nicht fehl, wenn man hinter den ſportlichen
Gründen, die zur Zurückweiſung des Proteſtes veranlaßt haben, die
Angſt vor der öffentlichen Meinung ſucht. Wir ſtehen jedenfalls nach
wie vor auf dem Standpunkt, daß der Proteſt eben aus ſportlichen Grün=
den
von vornherein verwerflich war, und verſtehen nicht, wie ſich der
V. D. F. mit der ganzen Angelegenheit ſo lange beſchäftigen konnte.
Samſon nicht disqualifiziert.
Der Verband Deutſcher Fauſtkämpfer hat in ſeiner letzten Sitzung
den Gerüchten, wonach der deutſche Schwergewichtsmeiſter im Boxen,
Paul Samſon Körner, auf 6 Monate disqualifiziert ſein ſoll, den Boden
entzogen, indem er feſtſtellte, daß nach den Erklärungen der amtlichen
Funktionäre im Kölner Kampf Samſon=Reeve keine dermaßen belaſten=
den
Ausſagen vorliegen, daß ein Scheinkampf feſtzuſtellen iſt. Mit der
Erklärung beider Kämpfer, daß ſie einen ehrlichen Kampf ausgefochten
haben, iſt der Fall als erledigt betrachtet worden.

Schwimmen.

Nationales Wettſchwimmen des Erſten Frankfurter Schwimm=Klubs
am 16. März 1994.
Nach langer Pauſe hat der 1. F. S. C. den Hellas=Magdeburg als
Teilnehmer zu ſeinem großen nationalen Schwimmen gewonnen, dem
ſich eine große Reihe hervorragender Schwimmer aus dem ganzen Reiche
anſchließt. Allgemein freut man ſich auf den Start Rademachers, welcher
zum erſten Male in Frankfurt ſein großes Können zeigen wird. Leute
wie Hilmar, Bennecke, beides deutſche Meiſter, Fröhlich, Rekordhalter im
Rückenſchwimmen, alle vom Hellas=Magdeburg, werden auf ſcharfe Kon=
kurvenz
ſtoßen. Leute wie Mayer=Absberg=München, Erber=Nürnberg,
Becker=Offenbach, Jeniſch=Frankfurt, Fauſt=Göppingen, gehören zur beſten
Seniorklaſſe und werden alles aufbieten, als Sieger aus den ſchweren
Kämpfen hervorzugehen. 2.ie großen Staffeln weiſen glänzende Beſetz=
ungen
auf, die Springkonkurrenz iſt mit Pforte=Darmſtadt, Scheck= Stutt=
rart
und Riedel=München gut beſetzt, leider fehlt hier ein Frankfurter,
Die Damenwettkämpfe ſind offen, und rechnet man hier mit einem guten
Abſchneiden der Frankfurter. Die Waſſerballwettkämpfe werden von fünf
Mannſchaften beſtritten.
Die deutſche Waſſerballmeiſterſchaft,
die von nun an außerhalb, der Verbandsfeſte des Deutſchen Schwimm=
verbandes
durchgeführt wird, kommt am 31. Auguſt zur Entſcheidung.
Der Austragungsort wird noch beſtimmt. Die deutſche Strommeiſter=
ſchaft
wird in dieſem Jahre vom Kreis VI (Oſtpreußen) vor der Marien=
burg
ausgetragen. Verteidiger ſind Vierkötter (Köln) und Elſe Döbler
(Neukölln).

Neue Bücher.

* Deutſches Muſikjahrbuch 1923 herausgegeben von Rolf

kraftvollen Ermahnung: Klare Scheidung!. Ein intereſſanter Aufſatz
über die Entwicklung des Nationalbewußtſeins von Hans Joachim Moſer
folgt. Wilhelm Altmann tritt für die lebenden Tonkünſtler ein. An=
dere
Berufene ſchreiben über das Weſen der Kritik, über neue Wege der
Inſtrumeltierung. Zuſammenfaſſende Berichte über das Muſikleben ein=
zelner
Städte ſind vorhanden aus Berlin. Hamburg, Köln, Mannheim,
Karlsruhe, Stuttgart, Wiesbaden, Darmſtadt. Kaſſel, Stettin, Königs=
berg
, Dresden, Leivzig, Dortmund uſw. Auch Inſzenierungsfragen,
Tanzkultur, Arbeitermuſikpflege werden in mehreren Eſſahs behandelt.
Das Jahrkuch gibt einen guten Ueberblick über die weſentlichſten muſika=
liſchen
Zeitſragen und wird jedem Muſikfreund Quelle ſtarker Anregun=
gen
ſein können.
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Muſikblätter des Anbruch. Monatsſchrift für moderne
Muſik. Wien, Univerſal=Edition. Oktoberheft 1923. Aphorismen von
Paul Bekker, eine eingehende Studie über Alban Bergs Wozzeck, dieſer
intereſſanten Verbindung von Oper und abſoluter Form, Aufſätze über
Paul Grgeners Opern Max Springer als Kirchenmuſiker u. a. m. geben
dem Heſt ueben den Nachrichten über neueſte Muſik und ihre Aufführun=
E.N.
gen beſonderen Wert.
Wisbessitgesen
Hunstenn

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus. Anfang 7 Uhr, Ende 10½ Uhr
(Sondermiete 120 und 151): Roſengarten‟. Kleines Haus, abends
7 Uhr: Königin Luiſe=Gedächtnisfeier der Deutſchnationalen Partei.
Orpheum, abends 734 Uhr: Die keuſche Suſanne‟. All=
deutſcher
Verband, abends 8½ Uhr im Fürſtenſaal, Thema:
Das Schickſal der Deutſchen im Gebiete des früheren Habsburger=
Reiches. Anthropoſpphiſche Geſellſchaft, abends
8 Uhr in der Aula des Realgymnaſiums Dr. med Huſemann: Neue
Wege in der Medizin durch Anthropoſophie‟. Union=, Reſidenz=,
Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender, Mittwoch, 12. März:
Verſteigerung von 19 Kiſten Likör, 20 Sack Weizengrieß u. a.
vorm. 10 Uhr im Lager der Speditionsfirma Monnard (Ecke Feld=
berg
= und Bismarckſtraße).
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachr chten: Mar Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann.
Verantwortlich für Schlußd ent: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratentei!: Willy Kuhle
Druch und Verlag: L. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Nummer hat 14 Seiten

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Eorf - hat das Wort:

der, aus eigener Überzeugung, auf Dunlop Cordreifen
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[ ][  ][ ]

Seite 10.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

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Kartenverkauf: de Waal, Rheinstraße 14
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Hauptdarstellerin
im Film und auf
der Bühne

Der zweite
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Drama in
Freund oder Weib 6 4kten.

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Letzte Abend-Vorstellung um 8 Uhr.

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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblaft
4
Wirtſchaftliche Rundſchau.
wb. Der Reichsbankausweis. Wie der Ausweis der
Reichsbank vom 29. v. M. erkennen läßt, hatte die Kreditbeanſpruchung,
die nach wie vor überwiegend in Rentenmark befriedigt wurde, etwa
das Ausmaß der Vorwoche. Die geſamte Kapitalsanlage ſtieg um 88.8
auf 1472.3 Trill. Mark, wobei ſich die Beſtände an Rentenmarkwechſeln
und =ſchecks um 69.1 auf 667.2 und die Rentenmark=Lombardforderungen
um 2.4 auf 185.1 Mill R.=Mk. erhöhten, während im Papiermarkkredit=
geſchäft
einer Vermehrung des Wechſelkontos um 28.8 auf 498,4 eine
Abnahme des Lombardkontos um 11.5 auf 121.5 Trill. Mk. gegenüber=
ſtand
. Auf der Paſſibſeite war zum Monatsſchluß eine neue Steige=
rung
des Banknotenumlaufs ſowie ein erheblicher Abfluß bei den frem=
den
Geldern zu verzeichnen. Die Banknotenausgabe wuchs um 51.2 auf
587.9 Trill. Mark. Die Einlagen gingen insgeſamt um 133 auf 650.5
Trill. Mark zurück, und zwar belief ſich die Verminderung bei den Pa=
viermarkguthaben
auf 51.3 Trill. Mark, bei den Rentenmarkguthaben
ruf 81.7 Mill. R.=Mk. Die Ablehnung von Rentenmark im Girover=
kehr
und die erwähnten Neuausleihungen von Rentenmark wurden aus
dem Beſtande der Reichsbank an Rentenbankſcheinen beſtritten, der
demgemäß von 172.5 auf 15.6 Mill. Rentenmark zuſammenſchmolz. Das
von der Reichsbank bei der Rentenbank aufgenommene Darlehn erfuhr
in der Berichtswoche keine Veränderung. Bei den Reichsdarlehnskaſſen
wurden 0.3 Trillionen Mark zurückgezahlt, ſo daß der Darlehnsbeſtand
auf 9.5 Trillionen Mark abnahm. Auf den gleichen Betrag ſanken: die
Beſtände der Reichsbank an Darlehnskaſſenſcheinen, da ein den Dar=

11. März 1924 Nr. 71

lehnsrückzahlungen entſprechender Betrag an Darlehnskaſſenſcheinen von
der Reichsbank an die Darlehnskaſſen zurückgeliefert wurde.
w. Der Geſetzentwurf über die Goldkreditbank
wurde geſtern im Reichsrat von dem Reichsfinaazminiſter vertreten, an=
ſtelle
des Reichsbankpräſidenten, der zu neuen Beſprechungen mit den
Sachverſtändigen nach Paris gereiſt iſt. Auch in der morgigen Plenar=

ſitzung des Reichstags wird für den Geſetzentwurf Reichsminiſter des
Inuern Dr. Luther ſprechen. Der Entwurf ſelbſt hat folgenden
Wortlaut: § 1. Die Reichsbank wird ermächtigt, Aktien der deutſchen
Golddiskontbank zu erwerben und zu beleihen. § 2. Die Reichsbank iſt
berechtigt und verpflichtet, die geſamten Geſchäfte der deutſchen Gold=
diskontbank
für deren Rechnung zu führen. Der Präſident und die Mit=
glieder
des Reichsbankdirektoriums werden ermächtigt, in den Vorſtand
und die übrigen Verwaltungs= oder Aufſittsratsorgaue der deutſchen
Geldiskontbank einzutreten.
* Letztes Contingent=Jahr für zollfreie Ein=
fuhr
elſaß=lothringer Waren. Auf Grund des Verſailler
Vertrages mußte Deutſchland bekanntlich für eine Reihe von Erzeug=
niſſen
elſaß=lothringer Herkunft fünf Jahre nach Friedeusſchluß zollfreie
Einfuhr innerhalb gewiſſer Contingente gewähren. Die neue, kürzlich
veröffentlichte Contingenz=Liſte unterſcheidet ſich, wie die Textil=Woche er=
fährt
, von der letzten nur ganz unweſentlich. Ee ſind z. B. die Poſitio=
nen
Seidengarne, Seidengewebe, Bänder, Stickſeide, Wollgarne, Woll=
gewebe
und Kämmlinge, Baumwoll=Gewebe, Leinen und Jute gänzlich
unverändert geblieben. Für Konfektion und Wäſche ſind folgende Con=
tingente
(in Tonnen) feſtgeſetzt worden. Arbeitskleider 408 Herrenkleider
90, Damen= und Kinderkleider 50, Wäſche für Herren 27, für Damen und
Kinder 300, andere Wäſche 80, Regenſchirme, Sonnenſchirme, Stöcke und
Einzelteile 80, Modewaren und künſtliche Olumen 27.
Banken.
* Deutſche Grundkreditbank Gotha. Dieſes Unter=
nehmen
macht bekannt, daß es ſich im Hinblick auf die Aufwertungsbe=
ſtimmungen
der dritten Steuernotverordnung alle Entſchließungen hin=
ſichtlich
der Rückzahlung ausgeloſter ehemals Schwarzburgiſcher 3 ½pro=
zentiger
und 4prozentiger Hypothekenpfandbriefe vorbehält. Die Gläubi=
ger
werden wohl ihrerſeits ſich alle Rechte vorbehalten.
Erwerbsgeſellſchaften.
* Thüringer Uhrenfabrik, Edmund Herrmann
A.=G., Berlin. Die Geſellſchaft hat mit mehreren ausländiſchen Fir=
men
, beſonders in Schweden und in der Schweiz, Lieferungsverträge ab=
geſchloſſen
, durch die die Abnahme der Erzeugniſſe ſichergeſtellt iſt. Die
Fabrik iſt auf längere Zeit mit Aufträgen reichlich verſehen. Zulaſ=
ſungsantrag
zur offiziellen Berliner Börſennotiz ſoll in Kürze geſtellt
werden.
Warenmärkte.
wh. Frankfurter Getreidemarkt vom 10. März. Das
Geſchäft hat, da ſich der Markt weiter abwartend verhält, nur geringe
Umſätze zu verzeichnen. Die Geldknappheit ſcheint eine gewiſſe Rolle
zu ſpielen. Weizen und Roggen wurden nur wenig gehandelt, und die
Preiſe entſprechen den letzten Notierungen. Für Gerſte iſt etwas Nach=
frage
vorhanden, auch Hafer war etwas begehrter. Mehl liegt ruhig.
Futtermittel liegen feſt.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter
Börfe Abteilung Getreide vom 10. März. Getreide,
Hülſenfrüchte und Biertreber ohne Sack; Weizenmehl, Roggenmehl und
Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilogramm. Weizen, Wetterau 18.7519,
Roggen 16.7517, Sommergerſte für Brauzwecke 21.7522.50, Hafer,
inländ. 15.5016, ausländ. , Weizenmehl, ſüdd. Spez. 0 2828.50,
Roggenmehl 24.2525, Weizen= und Roggenkleie 9.2510, Mais, La

Plata 19.5020, Erbſen, je nach Qualität 2535, Heu, ſüdd., gut 8.50
bis 9., Weizen= und Noggenſtroh 4.505, Biertreber, getrocknet 15.50
bis 16. Tendenz: ruhig.
Frankfurter Viehmarkt vom 10. März. Der Auftrieb
zum Hauptmarkt beſtand aus 1067 Rindern, darunter 278 Ochſen, 38
Bullen und 750 Färſen und Kühen, 1 Freſſer, ferner 314 Kälbern, 113
Schafen und 2260 Schweinen. Gegenüber dem Auftrieb des letzten
Hauptmarktes war das Angebot von Rindern ſchwächer das von
Schweinen beſſer. Notiert wurde nach Goldmark für den Zentner Le=
bendgewicht
: Ochſen: Klaſſe 2) 5056, c) 4048, d) 3338; Bullen:
a) 4045, b) 3539; Färſen und Kühe: a) 4653, b) 4048, c) 38
45 d) 3641, e) 2836, 5) 1020; Kälber: b) 6368, c) 5562, d) 45
bis 55; Schafe: z) 4246, b) 3540: Schweine im Gewicht von 80
100 Kilo 6973, für ſolche unter 80 Kilo 6070, für ſolche von 120 bis
über 150 Kilo 6973 und für Sauen und Eber 6065 Goldmark. Ge=
meſſen
nach der letzten Hauptmarktnotierung wurden die beſſeren und
mittleren Klaſſen von Rindern um 24 und Kälber um 35 höher be=
zahlt
, während Schafe nur teilweiſe um 34 und Schweine nur 57
Goldmark per Zentner Lebendgewicht im Preiſe nachließen. Markt=
verlauf
: Großvieh ruhig, Kleinvieh reger, Schweine gedrückt. Bei
Schweinen Ueberſtand. Nach den feſtgeſetzten Fleiſchgroßhandelsprei=
ſen
ſollte für das Pfund Ochſenfleiſch mit 6572. Kuhfleiſch mit 6070,
Kalbfleiſch mit 8084, Schaffleiſch mit 80 und Schweinefleiſch mit 85
100 Goldpfennigen bezahlt werden.
* Mannheimer Produktenbörſe. Die Vörſe war ſtark
Heſucht, das Geſchäft nahm jedoch einen ſchleppenden Verlauf. Verlangt
wurden für die 100 Kg. bahnfrei Mannheim in Rentenmark: Weizen inl.
19,103, ausl. 20,521,5, Roggen 17, Gerſte 2222,5, Mais 20. Am
Mehlmarkt hat der weitere Rückgang des franzöſiſchen Franken billige
Angebote in franzöſiſcher Herkunft gebracht, wodurch der Markt etwas
in Anordnung geraten iſt. Verlangt wurden für die 100 Kg. Weizenmehl
Spezial Null von den Mühlen 28,5, für Roggenmehl 24,5, bei der zweiten
Hand lagen Angebote in Weizenmehl ſchon zu 27 Mark vor. Franzöſiſches
Weizenmehl wurde ab Grenzſtation mit 152155 Franken angeboten.
Kleie koſtete 9,5 Mk. die 100 Kg. An der Kolonialwarenabteilung war
die Tendenz ſtetig. Verlangt wurde per Kg. Kaffee Santos 3,704,20,
gewaſchen 4,506,20, Tee mittel 6,507, gut 78, fein 810, Kakao inl.
22.20, holl 2.50 Reis Burmah 0,38, Weizengrieß 0,37, Hartweizen=
grieß
0,42, Kriſtallzucker 0,42.
* Mannheimer Viehmarkt. Der Zutrieb betrug und es
wurden per 50 Kilo Lebendgewicht bezahlt: 225 Ochſen 2646 130 Bul=
len
3242, 586 Kühe und Rinder 1845, 350 Kälber 5666, 103 Schafe
3040 1347 Schweine 5875. Marktverlauf: Mit Großvieh ruhig,
Ueberſtand; mit Kälbern ruhig, langſam, geräumt; mit Schweinen
ruhig, Ueberſtand. Zum Pferdemarkt waren zugeführt 148 Arbeits=
pferde
und 45 Schlachtpferde. Arbeitspferde wurden bei mittelmäßigem
Geſchäft mit 4001800, Schlachtpferde bei ruhigem Handel mit 2580
Mark pro Stück bezahlt.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
hielt die Geſchäftsſtille an. Von keiner Seite zeigte ſich größerer Bedarf,
was man für Getreide damit erklärte, daß die Reichsgetreideſtelle mit
ihrem Angebot die Nachfrage befriedigt. Das Angebot vom Inlande
war gering bei aufrecht gehaltenen Preisforderungen. Gerſte litt unter
vermehrtem Angebot in beſſeren Sorten. Hafer wurde nur in feinſten
Sorten nach der Küſte etwas begehrt, während für Mehl ſich kein In=
tereſſe
zeigte, war Kleie begehrt und feſt.

Frankfurter Börſenbericht vom 10. März 1924.
(Eigener Bericht.) Die Börſe zeigte heute zunächſt eine gut behauptete
Haltung. Nennenswertes Angebot lag zu Beginn nicht vor, dagegen war
das Publikum vereinzelt mit Kaufaufträgen in beſcheidenem Umfang am
Markt. Die erſten Kurſe waren infolgedeſſen überwiegend gehalten.
Bei einzelnen Papieren konnten ſich ſogar beſcheidene Erholungen durch=
ſetzen
. So bei Anilin, Scheideanſtalt und Eßlinger Maſchinen. Auf
niedrigere Berliner Kursmeldungen und eintretende ſtarke Abgaben der
Kuliſſe trat indeſſen raſch ein Stimmungsumſpwung ein und die Kurſe
gaben ſo zimlich auf allen Märkten ſcharf nach. Realiſationen ſind wohl
hauptſächlich auf die zunehmende Verknappung des Geldmarktes zurück=
zuführen
. Neben den Auswirkungen, die die Auflöſung der Darlehns=
kaſſen
und die Aufhebung des Aktienlombardes mit ſich bringen, ſprach
man heute auch von Kreditkündigungen der Seehandlung, doch war über
dieſe Gerüchte nichts Beſtimmtes in Erfahrung zu bringen. Eine Er=
holung
trat im weiteren Verlauf nicht ein, die Börſe blieb ausgeſprochen
luſtlos und ſchwach. Beſondere Bewegungen ſind am
rit nicht
zu erwähnen. Heimiſche Renten, die in letzter Zeit verhältnismäßig be=
hauptet
lagen, gaben heute gleichfalls ſtärker nach ſo war 5prozentige
Kriegsanleihe, die mit 84 eingeſetzt hatte, ſchließlich 65. Schutzgebiets=
anleihe
zum Schluß mit 3,1 angeboten nach einem Eröffnungskurs von
3,25. Auch ausländiſche Renten neigten zur Schwäche. Der Deviſenmarkt
ſteht nach wie vor unter dem Eindruck der erneuten ſcharfen Franken=
Baiſſe. Nachdem man heute im Frühverkehr London gegen Paris bis
121 gehandelt hatte, (die ausländiſchen Paritäten lagen vorübergehend
für Paris noch ngünſtiger), trat auf Interventionsgerüchte eine Er=
holung
bis etwä 114 ein, die jedoch bald einer erneuten Abſchwächung
weichen mußte. Die Parität ſtellte ſich um 1,30 etwa wieder auf 117. Im
Terminhandel trat eine Erholung für den Franken nicht ein, der Ende
Mai ſtellte ſich London gegen Paris unverändert auf zirka 133. Die Nach=
börſe
war ſehr flau. Man hörte Bad. Anilin 18,5 Brief, A. E. G. 10,7

Brief, Schutzgebietsanleihe 3 Brief. Im freien Verkehr handelte man
etwa zu nachſtehenden Kurſen: Beckerſtahl 9,75, Beckerkohle 10, Growag
0,375, Hanſa Lloyd 2, Kayſer Waggon 0,650, Kreichgauer 0,5, Krügers=
hall
10,5, Mez Söhne 5,5, Meyer Textil 0,850, Petroleum 18, ütafkatrer
Waggon 8,5, Ufa 8,5.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbilb. Die Effektenbörſe
bot bei Beginn der neuen Woche ein recht unerfreuliches Bild. Käufer
haben ſich in größerer Zahl nicht eingeſtellt, dagegen ſchienen ſpekulative
Abgaben auf den Kursſtand zu drüchen. Angeblich hat die Samstag=
kundgebung
die für den Geſchäftsverkehr an der Börſe vernichtende Höhe
der Umſatzſteuer noch ſchärfer zur Erkenntnis gebracht. Veſtimmend
wirkten auch die geſpamte innerpolitiſche Lage und die außenpolitiſche
Schwierigkeit der Regierung durch die erneuten Forderungen der
Militärkontrolle. Am empfindlichſten wurden naturgemäß wieder Mon=
tanwerte
betroffen, die auch das hauptſächlichſte Angriffsobjekt der Baiſ=
ſiers
zu bilden ſchienen. Von dieſen verloren Deutſch=Luxemburger, Gel=
ſenkirchner
, Harpener und Hohenlohe über 5 Villionen Prozent, auch
Deutſche Kaliwerke hatten eine Einbuße in gleichem Umfange zu ver=
zeichnen
. Von Maſchinenaktien konnien ſich Deutſche Maſchinen, Berlin=
Anhalter Maſchinen, Berlin=Karlsruher Induſtrie, Hartmann Maſchinen,
Humboldt Maſchinen und Krauſe u. Co. gut behaupten. Bankaktien wur=
den
ungünſtig beeinflußt auf das Gerücht, daß in der morgigen Bilanz=
ſitzung
die Zuſammenlegung der Berliner Handelsgeſellſchaftsaktien von
3 auf 1 vorgeſchlagen werden ſoll. Berliner Handelsgeſellſchaft ging um
7 Bill. Prozent zurück, gewannen aber davon 2 Billionen zurück. Elektr.
Hochbahn ſtellten ſich um über 5 Billionen Proz. niedriger. Deutſche An=
leihen
bröckelten etwas ab. Am Deviſenmarkt erholten ſich Brüſſel und
Paris im Einklang mit den beſſeren Auslandsnotierungen, während die
übrigen ausländiſchen Zahlungsmittel ſich meiſt etwas abſchwächten. Der
Dollar blieb unverändert. Die Zuteilung konnte bei gleichbleibenden
hohen Anforderungen nicht erhöht werden.
Oeviſenmarkt.

Amſterdam=Rotterdam:
Brüſſel=Antwerpen ....."
Chriſtiania. . ...........
Kopenhagen .. ..... ..."
Stockholm .. ..
Helſingfors ..
Italien .....
London ...
New=York.
Paris. . . .
Schweiz.
Spanien.
Wien (i. D.=Oſterr, abg.).
Prag....."
Budapeſt.. .
Buenos=Aires.
Bulgarien.
Japan
Nio de Jat
Belgrad,
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Geld
B. Kf Meffe
Wee 156,61 157.39 156.,61 M7.39 2Proz= 1.67 13.75 13.97 14.03 3 Proz. 56 88 57.14 56 56 56,84 3 Proz. 65.93 66.24 65 34 65.66 3 Proz. 109. 72 11028 109.33 109 87 3 Proz. 10 55 108. 10 57 10.63 3 Proz. 17.86 18.04 17.76 1734 3 Proz. 18.055 18.095 17.955 18.08 2 Proz. 419 4.21 4.19 421 1Proz. 15.56 15.64 15 76 15.84 2 Proz= 72.42 73. 78 72 42 72.78 2 Proz. 50.37 51½ 50.37 61 13 3 Proz. 6.38 6 42 618 6 22 15 Pr. 12.21 12 29 12 21 1220 2Proz. 6.18 6.22 6. 18 6.22 voll. 1.435 144 1.425 1.45 3 Proz. 2.99 3.01 3.09 311 voll 1.871 1.885 1.871 1.885 5 Proz. 0.495 0.505 0 495 0.505 5 Proz. 5.48 5 52 552 voll 13.16 13.24 318 1324 voll 72.02 72 38 71.82 72.18 2 Proz.

Die Notizen verſtehen ſich für Buenos Aires, London Newhork,
Japan, Rio de Janeiro für eine Einheit, Amſterdam, Brüſſel, Danzig,
Kopenhagen, Kriſtiania, Stockholm Helſingfors, Italien, Paris,
Schweiz, Spanien, Liſſabon, Prag, Jugoflawien, Sofia für 100 Ein=
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Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien
Die Notierungen ſind in Billionen Prozent ausgedrückt.

7. 3. 10. 3. 16250 15509 emooe Zement 600 2900 28250 Hirſch Kupfer 38100 36090 34000 Höſch Eiſen. 1u000 9759 Hohenlohe W 10125 Kahla Porzellan 60500 58000 Lindes Eismaſd 33000 39900 Lingel Se 85000 Linke u. He 31250 88000 89900 L. Loewe u. 50050 7000 6000 C. Lorenz 7000 17000 16000 Meguin 23000 26000 22600 Niederländiſche Ko 52500 7750 Nordd. Gummi 1100 38.9 37000 Orenſtein. 19750 57730 Rathgeber Wag 10700 Rombacher Hütten 29r25 53000 Roſitzer Zucker 139759 105000 Rütgerswverke 135000 125000 Sachſenwerk 350 9375 9125 Süchfiſche Gußſtak 45000 19500 18600 Siemens Glas 31500 21250 20000 Thale Eiſenhütte. 5500 5000 Ver. Lauſitzer Glas. 6250 6000 Volkſtedter Vorzellan. 300 27030 27000 Weſtf. Eiſ. Langendree 18875 17000 Wittener Gußſtahl". 25000 13000 Wanderer=Werke". !u 125000 119000 19000

10. 3.
61800
50000
33700
10303
9250
4009
27500
48000
7000
2 750
46500
1000
15125
10000
21100
50009
18000
2625
15300
29500

2500
28300

13000

Frankfurter Kursbericht vom 10. Märe 1924.

väiſche Staatöpapiere,
) Deutſche.
ichsanleihe .........

.......
Boldanleihe..........."
Schatzanweiſungen .
atzanw. K Ausg. Tv. 23
K IIv. 23
K. Iv. 24
k, Nv. 24
V. u. V. Schatanweiſg.
VI.IX.
Schutzgebiet v. 0,8-11u. 13
v. 14

rämienanleihe ........."
anleihe .... ... . ......"

ß. Konſols

b. Anl unk. 1935 ......
v. 1907 ......."
ihern Anleihe ........."
......."
ollar Goldmk.=Schatzanw.
26..
% Heſſen Reihe XXXfI.
ilgb. b. 28.. . . . . .. ......"
ſſen unk. 1924... . . . . . ..

.......
fürttemberger .........."
)Ausländiſche.
8nien L.=E.=B. v. 1914..
L.=Inveſt.=Anl. v. 1914
v. 1902 .........."

lgar. Tabat 1902.. . . . ..
Griech. Monopol ...."
Oeſt. Staatsrente v. 1913
918
...
Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr.

ſt. Goldrente ........."
einheitl. Rente ......"
um. am. Rente v. 03....
Goldrente v. 13 ...."
am. Goldrente konv.
am. v. 05
trk. (Admin.) v. 1903....
(Bagdad) Ser. I..
II..
v. 1911. 8ollanl. ..
Ung. Staatsr. v. 14 ....
Goldrente ........"
Staatsr. v. 10 ...."
Kronenrente ......"

7. 3.

0,086
0.285
0.98
4,2
Ae
30 0
30 M

3ic
0.18
2 Md
0305
0,55
0.4
0,67
4,2

0275

1.2

3.1

19

10. 3.
0,075

42
88.250

0G9
3,2
3,2
0 175
16M0
0.275
0.525
0,54

4,2

1. innere .. .
äuß. v. 99..
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4 Millionen. Md

03
0,31

3,5

38

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Oblig. v. Transportanſt.
26 Cliſabethbahn ſtfr. . . . . . . . ."
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2 6%Neus
4% Oeſt. Staatsb. v. 1883 ....
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v. 1885 ...."
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DeutſcheEffekten= u. Wechſelbank
Deutſche Hypot.=Bank Mein.. . .
Deutſche Vereinsbank ........"
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Dresdner Bank......... .. . .."
Frankfurter Bank .... ..."
Hypotheken=Bank.
Metallbank. . . . . . ."
...
Mitteldeutſche Creditbank. ... .."
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Reichsbank=Ant. . . . . . . . ..
Rhein. Creditban . ........"
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Süddeutſche Disconto=Geſellſch.
Weſtbank ..............."
Wiener Bankverein ......."

Bergwerk8=Aktien.
Berzelins................."
Bochumer Bergb. ..... . . . . ..
8,75 Buderus.. ... ..... ..... . . ."
Dt. Luremburger ............"
92 85
Eſchweiler Bergwerks=Akt. ... .
Gelſenkirchen Bergw........."
Harpener Bergbau .........."
4
DiSd 1 Kaliwerke Aſchersleben ......."
Salzdetfurth .. . . . .."
Weſteregeln .."
Klöcknerwerke (abg. Lothr. Hüitte)
Mannesmann Röhren ........"
Mansfelder.
..........."
6
Oberbedarf
.......
Sberſchleſ. Eiſen CCaro) ......"

Stavi Minen u. Eb.=Ant. ....

..
Shönix Bergbau ..
Milliarden, 0Uohne Umſaz, X rationiert.

3.

7.25
14.25

12
1,6 3X
4,25

131.
13,5
6.25
15.9
7,8
2.5
3,8
201
2.6
0.,675
3
3.9
43
13,5
0.95
0.45

10,5

45.1
13,25

32,5
32,5
40,5

10 3.
79
7775
8.

32

11,3
30

1125
12,6
5,4
135
19.,6
75
2.35
3.8
2
76=
4,4
12,1
095
0.45

19.9
50

26,75
41.75
13
29,5
32.5
35,5
37,5

Rhein. Stahlwerke .. . .
Riebeck Montan.. . . . . .
Rombacher Hütte..
Tellus Bergb.= u. Hütten=Akt. ..
Ver. Laurahütte .. . . . . ."
Aktien induſtr. Anternehmung.
Brauereien
Henninger Kempf=Stern. . . . . .
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Werger ...................."

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6% Vorzug Lit. A ..."
5% Vorzug Lit. B..."
Amme Gieſecke & Konegen ...."
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Badenia (Weinheim) ........."
Badiſche Anilin= n. Sodafabrik.
Bad. Maſchf. Durlach ........"
Bad, Uhrenfabr. Furtwangen..
Baldur Piano. .. . .. . . . . . . . . ."
Baſt Nürnberg .............."
Bayriſch. Spiegel ............"
Beck & Henkel CCaſſel) ........"
Bergmann El. Werke ........."
Bing. Metallwerke ..........."
Brockhues, Nieder=Walluf....."
Eementwerk Heidelberg.. .....
Karlſtadt ........
Lothringen (Metz)=
Chem. Werke Albert. . ........"
Griesheim Elektron ...."
Fabrif Milch ........."
Weiler ter mer .. .. . . .."
Daimler Motoren ............"
Deutſch. Eiſenhandel Berlin .."
Dt. Gold= u. Silberſcheideanſt.
Dingler, Zweibrücken ........"
Dresdener Schnellpreſſen ...."
Dürkoppwerk (Stamm) ......"
Düſſeld. Natinger (Dürr) ....."
Onckerhof & Wiom. Stamm ...
Eiſenwerk Kaiſerslautern ....."
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Kupfer=u. Meſſingw.
Eleftr. Lieferungs.=Geſ. ......"
Licht und Kraft ......."
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Emall. & Stanzw ullrich ...."
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18,25 465 z 1. 120 15 12,5 8,5 8. 38 z 22,5 28.5 12. 20,5 22,5 27,5 4.5 4,4 115 10 11 10,5 20.25 19,75 19 15,5 15.125 10,5 165 R 16,4 19 19
16,5 4,6 22,5 2.7 2,5 6.( ſt. 4, 18,5 36 11.7 10.75 2.95 19 1725 115 30 5 28 28.25 6.9 16 14 17 1,65

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Gritzner Maſchinenf. Durlach...
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Hanfwerke Füſſen ..........."
Heddernheimer Kupfer ......."
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Hilpert Armaturenf. . . . . . . . . ."
Hindrichs=Auffermann. . . . . . . ."
Hirſch Kupfer u. Meſſ........"
Hoch= und Tiefbau .........."
11,6 Höchſter Farben ............."
Holzmann, Phil. ............"
Holzverk.=Induſtr. .. .... . ...."
Hydrometer Breslau ........"
Fnag ......................
Funghans Stamm. . . . . . . . . . ."
Karlsruher Maſchinen ........"
K rſtadt R.
19.25 Klein, Schanzlin & Becker ...
20,5 Knorr, Heilbronn............"
Kolb & Schüle Spinn. .. . . . .."
Konſervenfabrik Braun .. ...."
Krauß & Co., Lokom. . . . . . . . .
Lahmeyer & Co. ............"
Lech, Augsburg ............."
Lederw. Rothe .............."
Lederwerke Spicharz .. ......"
11,5 Lingel, Schuhw. Erfurt ......"
Löhnberger Mühle .........."
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Lux’ſche Induſtrie ..........."
Mainkraftwerke Höchſt......."
Meguin, Butzbach ..........."
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Moenus Stamm ........"
79 Motorenſabrik Deutz ........."
Motorenfabrik Oberurſel ....."
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Riedinger, Maſchinen .. . . . . ..."
Rückforth, Stettin ..........."
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Schleuſner (Frankfurt a. M.) ..
Schneider & Hanaut.
Schnellpreſſen Frankenthal. .
Schramm Lackfabrik. . .
.
Schriftgießerei Stempel, Ffm.
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Schuhfabrik Herz
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Schult, Grünlack, Rosh.... . . . ."
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3. 14,5 z. 15 37 13 12 163 3.8 13,5 36 12 1155 5,4 3,6 3,6 8.7 21,25 75 7.75 17,5 9 8,75 80 5,5 12 12 5,25 4,75 4,5 425 43 z. 20. 2.,75 29 65 ze 3,5 9 2 32 12,5 12,25 12 12 9,1 9,4 195 35 5,75 14.9 8,5 8,5 85 41 43 3 53 5,25 39 30 10.25 2,75

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Faßfabriken Caſſel .."
Gummifabr. Bin.=Frkf.
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Zellſtoff, Berlin ......."
Vogtländ. Maſch. Vorzüge ...."
Stämme . ...
Voigt & Haeffner Stämme . . .
Voltohm, Seil............"
Wahß & Freytag. . . . . . . . . . ..."
Wegelin Nußfabrik .........."
Zellſtoff Walohof Stamm .. . ."
Zuckerfabr. Waghäſſel........"
Frankenthal ......
Heilbronn. . . . . . . . .
Offſtein .........."
Rheingau .....
Stuttgart
Transport=Aktien.
Schantung E. B.
..."
Süddeutſche Eiſenbahn=Geſ. ..
Hapag (Paketfahrt) .........."
Nordd. Lloyd. .... . ......."

Darmſtädter Werte.
Bahnbedarf
............
Dampfkeſſel Rodberg........."
Helvetig Konſervenfabrik. . . . ..
Gebr. Lutz
.........."
Motorenbfarik Darmſtadt .....
Gebr. Roeder ..............."
Venuleth & Ellenberger ....."

Unnotierte Aktien.
Allg. Bankverein Düſſeldorf
Beckerkohle. . ........
Beckerſtahl ....... ........."
Benz... . . ... .............
Broun Boveri ............"
Cont. Handelsbank ........."
Deutſche Handelsbank ......"
Frauff. Handelsbank. . . .....
Falconwerke .............
de Giorgti Chve...........
Growag .................."
Hanſa Llond .............
Hero Conſerven ...........
Holſatiawerke, Altona ......
Kabel Rheudt. ...........
Krügershall Nali .........
Metall Starkendurg ........
Metz, Karl & Söhne, Freibg.
Neckar=Gummi .. . . . . . . . . . ..
Petroleum Diſche. .........
Raſtatter Waggon .........
.
Nemn Chen
Textil=Ind. Barmen (Tiag)..
Ufa Film.

Unterfranken Großkraftv. . ..

10.25
1025
45
625
0.085
0.07
08
0,375

10

09

10

01
0065
0.7
0.36
1.9
0,8
10
03
ſi
1ö4
073

[ ][  ][ ]

Nuntmer 31.
AOffene Stellen F

Darmſtädter Dagblatt, Dienstag, den 11. März 1924.

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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblast, Dienstag, den 11. März 1924,

Seite 13.

Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
70)
(Nachdruck verboten.)
Wenn ich ſo ſtill liege, ſagte er, fühle ich mein Blut wie
geronnen und die Adern wie Stricke, die mich gebunden halten.
Manchmal fährt’s über mich hin wie Rauſchen duntler Waſſer,
dann tut’s mir wohl, den stlang Eurer Stimmen zu vernehmen;
darum ſprecht nicht leiſe und tut nicht auzu vorſichtig, damit ich
weiß, ob noch die Grenzen des Lebeus mich halten.
Hans Peter riß ſich zuſammen bei ſolchen Worten: er merkte,
welche Erleichterung es dem Kranken war, damit herauszukom=
men
, und wie es ihm wohltat, die Regſamkeit der geliebten Men=
ſchen
zu verſpüren.
Was ſinnſt Du, Peterle?. Willſt Du mich fragen, ſo tu’s.
Ich möchte noch ſo gern nützlich ſein, rief Titje den Nachdenk=
lichen
neben ſeinem Bette an. Du brauchſt mich nicht zu ſchonen,
Du weißt ja. Laß mich das Leben wenigſtens hören.
Ich dachte nach über den Zug unſerer Zeit, der mit Gewalt
die Menſchen gleich machen will. Es iſt aber doch ein Unter=
ſchied
zwiſchen Menſch und Menſch. Wo liegt das Rechte, Titje?
Mich deucht, auf beiden Seiten.
Gott ſchuf den Menſchen ihm zum Bilde! Nicht die Menſchen.
Und doch iſt die Menſchenwelt ein Ganzes. Eine Ausgeſtal=
tung
des Göttlichen.
Nicht der Einzelne kann es darſtellen; im Rahmen von Him=
mel
und Erde, unter den Wirkungen des Sichtbaren und Unſicht=
baren
gehören alle dazu. Der Baum des Lebens mitten im
Garten!
Als Krone oder Haupt die Wenigen, die Erſtlinge des Da=
ſeins
, Lichtmenſchen, die ihre Rechte in ſich ſelber tragen, auf
heimlichen Flügeln über Niederes hinweggleiten, ihrem Ziel
entgegen.
Dann der Stamm oder Leib, viele wachſend über man=
cherlei
Ebenen des Seins, durch ungekannte Geſetze ausgeſondert
für erwählte Aufgaben.

Danach die Wurzel, die Füße der Menge und Maſſe, die es
im Staub der Gaſſen mühſam hat. Ihr fallen alle Reſte zu, und
wo irgendeine Lücke iſt, muß ſie ſtücken und ſtopfen und iſt doch
Gewalt bei ihr! Titje ſchwieg.
Wie aber meinſt Du, daß ſich der ſchließliche Ausgleich voll=
zieht
? fragte Hans Peter nach einer Pauſe. Er war begierig,
Endliches zu wiſſen.
Lieber Menſch, auf die einfachſte Weiſe: In unſeres Vaters
Hauſe ſind viele Wohnungen; aber durch das Gewicht ſeiner Art
wird jeder dahin gezogen, wohin er gehört, und was zu ihm ge=
hört
, wird er dort vorfinden.
Unſere heimlichſte Sehnſucht, unſer verbogenſter Trieb wird
ſich da herausmachen und wird ſich zu erfüllen ſuchen . Und
Gott wird ſein das Gute unter erhöhten Bedingungen‟ Da=
rum
, Bruderherz, wir haben es alles als Macht, aber es frommt
nicht alles.
Titje wandte ſein Angeſicht zur Wand und verblieb reglos.
Es hatte ſich herumgeſprochen, daß der gute Doktor Bernd
totkrank ſei. Viele Herzen überſchlich ein Bangen, und viele wan=
derten
zu der kleinen Pforte, um Nachfrage zu tun. Manche
ärmliche Frauengeſtalt, manch helläugiges Kind und Männer,
Arbeiter verſchiedenſter Berufe, kamen den grünen Gartenſteg
entlang und gingen davon mit geſeniten Köpfen ihnen allen
hatte er wohlgetan mit ſeiner Kunſt als ein geſchickter Arzt und
mit ſeiner Güte als Menſch der gute Doltor Bernd.
Die Glocke war abgeſtellt. Die Jungmannen hatten ſogar
die Erlaubnis erwirkt. Stroh auf das Pflaſter vor Titjes Haus
zu kreiten, damit die vorüberfahrenden Laſtwagen ihn nicht auf=
ſtörten
. /
Ein Vielgeliebter war er! Vielleicht hatte man hie und da
über den Armennarr gelächelt, feind konnte ihm niemand ſein,
dieſem Stillen, Tiefinnerlichen, der mit Wunderaugen auf die
Menſchen ſchaute und ſie durchſchaute. Am neunten Tage der
Krankheit ſetzte ein Gliederkrampfen ein. Die Beſchwerden, die
Titje zu ertragen hatte, wurden ſo groß, daß ſein Geiſt ſchier
überwältigt wurde und wie zerbrochen hin= und herflatterte.
Von Spanne zu Spanne rangen ſich kleine, wehe Laute der Qual
durch ſeine feſtgeſchloſſenen Zähne, und wenn er für Augenblicke
die Augen öffnete, lag jetzt ein Nebel darüber.

Gegen Frührot beſſerte ſich der Zuſtand wieder, und als er
nach kurzem Schlaf erwachte, fragte er gleich, ob Lydia etwas
Gutes zu eſſen hätte.
Wir haben ſchöne friſche Barſche mit Dilltunke und Kartof=
felmus
, erwiderte ſie freudig überraſcht, Du haſt es immer mit
Vorliebe gegeſſen.
Gib mir, ſagte er mit Heiterkeit. Oder ſeid Ihr auf mei=
nen
Hunger nicht eingerichtet?
Wir werden Dich noch eben ſatt bekommen. Und die
Schweſter eilte, das Herz mit Hoffnung erfüllt, zur Küche.
Er , und es ſchmeilte ihm. Er ließ ſich ſogar noch ein Bröck=
chen
nachgeben und lag wie ein geſtilltes Kindlein in ſeinen
Kiſſen.
Haſt Du nicht eben an Hilde gedacht? fragte er den Freund.
Ich tat’s, erwiderte Hans Peter, ich denke oft an ſie.
Und willſt nicht gehen und ſie zurückholen?
Nein. Ich ſag zu Dir, wie ich zu Kläschen geſagt: Von
ſelber iſt ſie gegangen, von ſelber muß ſie wiederkommen. Wie
ſollte ich mich ſonſt ihrer freuen?
Titje ſann. Haſt Du Dich oft gefreut in Deinem Leben,
Peterle?
Laß ſehen, gab dieſer zurück: als kleiner Junge, da die
alte Fiſchfrau mir Röschen ſchenkte, die kleine Schildkröte, dann
über die Schweinslederne mit den Bildern und nachher über die
Schäftenſtiefel. Na und über das Stiftchen! Das Stiftchen, des=
wegen
ich dem armen Euchen den Zopf herunterrieß und die
Schleife zertrampelte Ja, und auch als Herr Wilfried Stett=
ner
kleiner Malmann zu mir ſagte, und nachher, als ich in der
Schule den Erich verhaute dann konnte ich jedesmal zittern
vor dem Unausſprechlichen, das ich empfand, ein Grenzenloſes
war in mir im Stiftchen da wollte es heraus.
Bei mir kommt nicht ſoviel zuſammen, lächelte Titje ſin=
nend
. Kinderfreuden habe ich kaum gekannt. Ich war ſehr
ſchwächlich, man hütete mich mit beängſtigender Sorgfalt, und
ich hatte doch nur die eine Sehnſucht, zu den Straßenkindern zu
kommen! Nicht etwa, um mit ihnen zu toben nur um ihnen
zuzutragen, alles was mein war.
(Fortſetzung folgt.)

ist MAOOP Würze
Nachgefült
A
man achte aber darauf, daß die Würze aus

O

MAGGIS großer Orisinalflasche gefüllt wird;

denn in diesen Flaschen darf gesetzlich nichts anderes als MAGGl‟ Würze Feilgehalten werden.

(V,2621

Familiennachrichten

Die Geburt eines
kräftigen Sonntags-
jungen
zeigen hoch-
erfreut
an
Peter Traude u. Frau
Margarete, geb. Becker
(e6638

Statt Karten!
Gretel Flander
Walter Lösch
VERLOBTE
Darmstadt, 11. März 1924
(eR492
Todes=Anzeige.
Heute vormittag entſchliefnach
langem qualvollen Leiden mein
lieber Mann, unſer treubeſorgter
Vater, Schwiegervater, Groß=
vater
, Schwager und Onkel
Herr
Chriſt. Thomas
Oktroi=Erheber i. R.
im Alter von 70 Jahren.
Um ſtilles Beileid bitten
Die trauernden Hinterbllebenen:
In deren Namen
Anna Thomas.
Darmſtadt. den 9. März 1924.
Mollerſtraße 46.
Die Beerdigung findet Mittwoch
nachmittag 3 Uhr auf dem Wald=
friedhof
ſtatt. Sammlung der
Leidtragenden an der Sperre
um 21 Uhr. (*6666

Todes=Anzeige.
Heute entſchlief ſanft und un=
erwartet
unſere liebe Tante,
Groß ante, Urgro tante und Ur=
Urgroßtante

Statt beſonderer Anzeige.
Sonntag vormittag 10 Uhr
entſchlief ſanft nach längerem
Leiden unſer lieber Bruder, Onkel
und Großonkel

im 74. Lebensjahre.
Ii Namen der trauernd. Hinterbliebenen:
Georg Palmy III.
Gundernhauſen, 10. März 1924.
Die Beerdigung findet Mittwoch
nachmittag 3 Uhr vom Sterbe=
hauſe
, gegenüber der Kirche, aus
ſtatt.
(*6657

Geſtern abend entſchlief plötzlich infolge eines
Herzſchlages unſere über alles geliebte Mutter,
Schwiegermutter und Großmutter
Brüu espye v. Aintſingen
geb. Epner
im 66. Lebensjahre.
Berlin NW., den 8. März 1924
Klopſtockſtraße 47.
Manfred v. Linſingen
Maria v. Linſingen
Martha Moldenhauer, geb. v. Linſingen
Dr.=Ing. Leo Moldenhauer u. 1 Enkelkind
Die Beerdigung findet in Darmſtadt ſtatt. Tag und Stunde
werden noch bekannt gegeben.
(2952

Südwestdeutsche

Todes=Anzeige.
Verwandten, Freunden und Be=
kannten
die traurige Nachricht, daß
es Gott dem Allmächtigen ge=
fallen
hat, meinen unvergeßlichen
Gatten, unſeren treubeſorgten
Vater, Schwiegerſohn, Bruder,
Schwager und Onkel
Herrn
Otto Neutzſch
nach kaum vollendetem 45 Lebens=
jahr
zu ſich in die Ewigkeit ab=
zurufen
.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen:
Anna Neutzſch, geb. Kahl,
und Kinder.

Die
den
von

Beerdigung findet Mittwoch,
12. März 1924, nachm. 2 Uhr,
dem Portal des alten Fried=

Dankſagung.
Für die zahlreichen Beweiſe
her licher Teilnahmebeim Hin=
ſcheiden
unſeres lieben Sohnes
und Bruders, ſowie für die
vielen Kranzſpenden ſagen wir A
auf dieſem Wege unſeren herz=
lichſten
Dank.
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Die Beerdigung findet Mittwoch
nachmittag 1½/ Uhr auf dem alten
Friedhof ſtatt. (2955

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Einträge in das Handelsregiſier A:
Am 27. Februar 1924: Neue Firma:
Auguſt Beck, Darmſtadt. Inhaber:
Auguſt Beck, Kaufmann, Darmſtadt.
Am 27. Februar 1924: Fabaku= Werk=
ſtätte
Thekla Raiß, Darmſtadt: Ge=
ſchäft
ſamt Firma iſt auf Heinrich Raiß,
Diplom=Ingenieur in Darmſtadt, über=
gegangen
. Die Firma iſt geändert in
Fabaku=Werkſtätte Heinrich Raiß;
am 29. Februar 1924: Ph. Ullrich &
Co., Darmſtadt: Kaufmann Wilfried
Rumpe in Darmſtadt iſt in die Geſell=
ſchaft
als perſönlich haftender Geſell=
ſchafter
eingetreten. Die Prokura des
Wilfried Rumpe iſt erloſchen. (2921
Darmſtadt, den 3. März 1924.
Amtsgericht Darmſtadt I.

Montag, den 17. März 1924, vor=
mittags
9 Uhr, werden in der Bart=
ſchen
Gaſtwirtſchaft zu Roßdorf aus
verſchiedenen Diſtrikten der Förſterei
verſteigert:
(2942
Stämme: Eiche 1 II. 1,49, 8 III. 7,52,
17 IV. 10,53, 3 V. 103: Buche 3 II. 3,55,
8 III. 7,12, 4 IV. 3,56; Eſche 5 III. 5,34,
21 IV. 13,32, 18 V. 8,05, 12 VI. 3,15;
Birke 2 IV. 1,10; Erle 5 IV. 3,88, 3 V.
1,40; Fichte 1 I. 1,77, 11 II. 15,68, 23
III. 23,81, 20 IV. 19,42, 69 Va 40,44,
182 Vb 50,10; Lärche 1 III. 0,80, 18 V.
5,15; Derbſtangen: Lärche I. 8 1,36,
Fichte I. 217 28,06, 60 II. 4,78:
Nutzſcheiter, rm: 15 Eſche (r.), 20 Erle
r.), 72 Kiefer (r.).
Nähere Auskunft durch Herrn Förſter
Hoffmann=Eiſernhand und die Ober=
förſterei
.
Ober=Ramſtadt, den 6. März 1924.
Heſſ. Oberförſterei Ober=Ramſtadt.
Hoffmann.

Am Mittwoch, den 12. Ifd. Mts.,
vorm, um 10 Uhr, ſollen im Lager
der Speditionsſirma Monnard in
Darmſtadt (Ecke Feldbergſtr. und Bis=
marckſtr
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19 Kiſten Likör, 20 Sach Weizen=
grieß
, 152 Kiſten Nudeln, 111/. Sack
und 34 Karton Haferſlocken, 294
Karton Keks, 17 Karton Exbswurft,
6 Doſen Bonbons, 6 Kiſten Kerzen,
2 Rohrſeſſel, 2 Schreibmaſchinen,
1 elektr. Ofen, 2 Pferde, 2 Roll=
wagen
, 1 Poniwagen, 1 Teetiſch,
1 Bild, 1 Schrank mit Glastüren,
1 Steh= und 1 Schreibpult, öffentlich
neiſtbietend gegen Barzahlung verſtei=
gert
werden.
(291001
Darmſtadt, den 9. März 1924.
Jungermann
Gerichtsvollzieher

(*6668
Versteigerung.
Nächſten Donnerstag, 13. März, vorm.
½10 Uhr, Marienplatz, früh. Dragonerkaſ.
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ziehtiſch
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Seſſel, 1 Nähriaſch. uſw. Geſchirre, Gläſer,
Kleider, Stiefel, WBiſche. Anzuſ.½Std. vorh.
Hch. Hilsdorf
Darmſtadt
Amtsgerichtstaxator
Waldſtr. 3