Darmstädter Tagblatt 1924


30. Januar 1924

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mſt X verſehenen Original=Auffätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſit. Tagbl. geſfattei.
Nummer 30
Mittwoch, den 30. Januar 1924.
187. Jahrgang

Dr. Schachts Goldnotenbank=Projekt.
IU. Paris, 29. Jan. Das Echo de Paris veröffentlicht
eine Unterredung ſeines Berliner Berichterſtatters mit Dr.
Schacht. Der Reichsbanlpräſident erklärte dem Berichterſtatter, er
ſei von ſeinem Pariſer Aufenthalte ſehr befriedigt und er finde,
daß die franzöſiſche Preſſe eine ſehr korrekte Haltung ihm gegen=
über
eingenommen habe. Was die Goldnotenbank anbelangt, ſo
ſei ſie eine rein geſchäftliche Unternehmung und könne nur
unter völliger Ausſchaltung irgendwelcher politiſcher Momente
verwirklicht werden. Auf dieſe Feſtſtellung legt Dr. Schacht
ganz beſenderes Gewicht. Die Schaffung einer Emiſ=
ſionsbank
ſagte Dr. Schacht wörtlich, und die finan=
zielle
Wiederaufrichtung Deutſchlands habe zur
Vorausſetzung die Regelung der Reparations=
frage
. Wenn man mich arbeiten läßt, wie ich es wünſche, ſo
wird die neue Bank ſehr bald ins Leben gerufen werden. Falls
dagegen die Politik mit einer vornehmlich geſchäftlichen An=
gelegenheit
verquickt wird, dürfte das neue Finanzinſtitut wohl
kaum ins Daſein gerufen werden. Auf die Frage des Bericht=
erſtatters
, oh er bei der Beteiligung ausländiſchen Kapitals auch
die Verwendung franzöſiſcher Kapitalien vorſehe, gab Dr. Schacht
zur Antwort, er verſpreche ſich von einer finanziellen Mitwirkung
Fraukreichs einen tatſächlichen Vorteil, doch müßten dabei die
politiſchen Erwägungen aus dem Spiele gelaſſen werden. Zum
Schluß fragte der Berichterſtatter Dr. Schacht nach ſeinen per=
ſönlichen
Eindrücken von Poincaré. Dr. Schacht erklärte ſich
außerſtande, ein Urteil über den franzöſiſchen Miniſterpräſiden=
ten
zu fällen, der gegenwärtig die hervorragendſte Perſönlichkeit
nicht nur Europas, ſondern auch der ganzen Welt ſei,
Zentralausſchußſitzung der Reichsbank.
Berlin, 29. Jan. Heute nachmittag fand, die übliche
Monatsſitzung des Zeutralausſchuſſes der Reichsbank ſtatt. Der
neue Reichsbankpräſident begrüßte zum erſten Male die Herren
des Zentralausſchuſſes, worauf namens des Zentralausſchuſſes
Generalkonſul Dr. v. Schwabach auch dem neuen Reichsbank=
präſidenten
die unveränderte Mitarbeit des Zentralausſchuſſes
an densſchwierigen Aufgaben der Reichsbank in Ausſicht ſtellt.
Im Anſchluß daran fand eine allgemeine Ausſprache über die
derzeitigen Kredit= und Geldverhältniſſe ſtatt, wobei der Reichs=
bankpräſident
auch eine Reihe von die Reichsbank betreffenden
Mitteilungen aus den Verhandlungen der letzten Tage be=
kannt
gab.

Vom Tage
Die Münchener Landespolizei iſt durh ihre Funk=
ſtation
Schleißheim in Funkverkehr mit den Polizeifunkſtellen
Nürnberg, Ulm, Stuttgart, Friedrichshafen, Frankfurt a. M. und Ber=
lin
, in beſchränktem Maße auch mit Zürich getreten.
Pfälziſche Separatiſten unternahmen einen Streifzug
auf badiſches Gebiet und überfielen das eine Stunde von Kauls=
ruhe
entfernte Hofgut Maxau am Rhein. Sie raubten mit vor=
gehaltenem
Revolver die Gutsgelder. Da der Gutspächter von den
Franzoſen vor einigen Wochen entwaffnet worden war, hatten die Räu=
ber
leichtes Spiel.
Wie erſt jetzt in der breiten Oeffentlichkeit bekaunt wird, haben die
Separatiſten bei ihrem Einzug in Schifferſtadt iu der Pfalz im
November v. J. zei Arbeiter aus Ludwigshafen a. Rh.,
namens Holz und Drehner, auf Befehl des Führers Irmler ſtand=
rechtlich
erſchoſſen.
Die franzöſiſche und die belgiſche Regierung haben dem
Londoner Kabinett vorgeſchlagen, daß die Botſchafter=
konferenz
über die Kompetenz der Rheinlandkommiſſion hinſichtlich
der Pfalz Beſchluß faſſen ſoll.
Vor der Abreiſe Mac Kennas zu den Beratungen des
Sachverſtändigenausſchuſſes in Berlin wurde Bradburynach Lon=
don
berufen, wo er mit dem Premierminiſter und dem Schatzkanz=
ler
den gegenwärtigen Stand der Reparationsfrage beſprochen hat,
Der Generalſekretär des Völkerbundes Drum=
mond
, iſt in London eingetroffen, um mit Maedonald
und Lord Parmoor die neuen Völkerbundspläne der eng=
kiſchen
Regierung zu beſprechen.
Nach einer Information der Evening News ſoll Macdonald
die Abſicht haben, dem Kabinett in Kürze die Einberufung
einer europäiſchen Konferenz vorzuſchlagen, um die
wichtigſten politiſchen Fragen zu behandeln, ſo vor allem die Entſchädi=
gungsfrage
, das Schuldenproblem und die Frage des Freihandels und
der Ausdehnung der Grundlage des Völkerbundes.
Der engliſche Eiſenbahnerſtreik iſt geſtern beigelegt
worden.
Wie die Chicago Tribune mitteilt, haben der frühere amerikaniſche
Uuterſtaatsſekretär Normann Dawis und ſein Mitarbeiter Bul=
lard
, die von dem Völkerbund gebeten worden ſind, an einer Sonder=
kommiſſion
zur Unterſuchung der Memelfrage mitzuarbei=
ten
, die Reiſe von Paris nach Genf augetreten.
1 Goldmark 1 Billion 1 Pfg. 10 Milliarden

Berlin, 29. Jan. Die Mitglieder des 1. Sachverſtändi=
gerausſchuſſes
der Reparationskommiſſion ſind heute abend, von
Paris kommend, auf dem Bahnhof Friedrichsſtraße eingetrof=
fen
. Zur Begrüßung hatten ſich einige Mitglieder des Aus=
wärtigen
Amts eingefunden. Außerdem waren Vertreter der
franzöſiſchen und amerikaniſchen Botſchaft ſowie der Repara=
tionskommiſſion
erſchienen. Es hatten ſich einige hundert Zu=
ſchauer
eingefunden. Die Mitglieder des Ausſchuſſes haben ſich
in das Hotel Eſplanade begeben.
Keine übertriebenen Hoffnungen.
Berlin, 29. Jan. Zum heutigen Eintreffen der Mit=
glieder
des erſten Sachverſtändigenausſchuſſes in
Berlin ſchreibt die Germania: Wir knüpfen an die
Ergebniſſe der Arbeiten der Sachverſtändigen weder
übertriebene Hoffnungen, noch halten wir ſie
für zwecklos: letzteres ſchon deshalb nicht, weil man zu der
Objektivität der Männer, die morgen ihre Arbeiten in Berlin be=
ginnen
werden, Vertrauen haben darf, daß ſie rein ſachlich an die
Probleme herangehen werden. Die Ausſichten für die Errichtung
einer deutſchen Goldnotenbank hält das Blatt für nicht ungünſtig
und glaubt ſogar, daß das Inſtitut etwa Ende März ſeine Tätig=
keit
werde aufnehmen können. Die Pläne hinſichtlich der Schaf=
ſung
der rheiniſch=weſtfäliſchen Goldnotenbank verlören damit
an Bedeutung, und es ſei anzunehmen, daß dieſe Abſichten nicht
weiter verfolgt werden.
Die deutſche Induſtrie und die Sachverſtändigen.
* Berlin 29. Jau. (Priv.=Tel.) Der Hauptausſchuß des
Reichsverbands der Deutſchen Induſtrie tritt heute zu einer Ta=
gung
zuſammen, in der die Sachverſtändigenberatungen auf der
Tagesordnung ſtehen. Es iſt mit der Möglichkeit zu rechnen, daß
die Kommiſſion außer mit den amtlichen deutſchen Stellen auch
mit maßgebenden Vertretern der deutſchen Induſtrie, der Land=
wirtſchaft
, des Handels und der Banken Fühlung nehmen wird,
um ſich über die gegenwärtige Lage Deutſchlands zu unterrichten.
Es ſind auch bereits beſtimmte Vertreter der verſchiedenen Wirt=
ſchaftskreiſe
in Ausſicht genommen.
Die Beſatzungslaſten.
Berlin, 29. Jan. Der geſchäftsführende Ausſchuß der
Deutſchen Volkspartei hat heute, der Nationalliberalen
Korreſpondenz zufolge, eine Entſchließung einſtimmig angenom=
men
, in welcher hervorgehoben wird, daß trotz des Abbruchs des
pafſiven Widerſtandes die Beſatzungslaſten, die auf Rhein
und Ruhr liegen täglich ſchwererwerden. Wenn allein die
vom Reich bezahlten Koſten für die Beſatzung vom 1. Oktober
bis 31. Dezember 1923 rund 340 Millionen Goldmark betragen
hätten, liege auf der Hand, daß das Reich ebenſo wenig wie das
beſetzte Gebiet dauernd die Koſten aufbringen könne; ſolange die
Beſatzung derartige Aufwendungen erfordere, ſei eine befrie=
digende
Löſung der Reparationsfrage unmöglich. Die Zuſtände,
die ſich im beſetzten Gebiet herausgebildet hätten, riefen eine Er=
bitterung
in der Bevölkerung hervor, die in Jahr=
zehnten
nicht weichen werde. Die Eutſchließung ſpricht die Er=
wartung
aus, daß die Reichsregierung die Sachver=
ſtändigen
=Ausſchüſſe auf dieſe Tatſachen auf=
merkſam
machen und alles daran ſetzen werde, die deutſche Bevöl=
kerung
von dieſen unproduktiven und erdrückenden Ausgaben zu
hefreien. Unter Anerkennung der Tatſache, daß es der Reiché=

regierung bisher mit äußerſter Schwierigkeit gelungen iſt, einen
großen Teil der Beſatzungskoſten aufzubringen, wird die Reichs=
regierung
dringend gebeten, auch in Zukunft für das beſetzte Ge=
biet
alles in ihren Kräften Liegende zu tun.
zu könne, daß der Reichsfinanzminiſter ſeinen Standpunkt hin=
ſichtlich
der Frage der Beſatzungskoſtend vollkommen geändert
habe, und ſich nunmehr energiſch für die Weiterzahlung der Be=
betont
werden, daß der Reichsfinanzminiſter, in Uebereinſtim=
mung
mit dem geſamten Reichskabinett, zugebilligt hat, im In=
tereſſe
der beſetzten Gebiete alles zu tun, um die Bevölkerung
dieſer Gebiete nicht neuen Gefahren und Leiden auszuſetzen,
daß er aber keine Möglichkeit ſieht, wie demnächſt die Mittel zur
Beſtreitung der Beſatzungskoſten noch aufgebracht werden
können.
Der Goldbankplan der Sachverſtändigen.
FU. Pauis, 29. Jan. Nach dem Neu=York Herald iſt der Plan
für die neue Goldemiſſiosbank für Deutſchland von den Sach=
verſtändigen
praktiſch bereits vollſtändig ausgearbeitet, abgeſehen von
einzelnen Details. Am Mittwoch wird eine Zuſammenkunft der Sach=
verſtändigen
mit den deutſchen Finanziers ſtattfinden, und es iſt zu hof=
fen
, daß eine Verſtändigung erzielt wird, vorausgeſetzt, daß auch die
Rebarationskommiſſion den Plan der Sachverſtändigen billigt. Es wird
eine Bank vorgeſehen, die mit deutſchen Goldreſerven oder deren Aegui=
Goldgeld vornehmen wird. Die Reichsbank wird aufhören, als deutſche
Emiſſionsbank zu fungieren. Obgleich das Gleichgewicht des deutſchen
Budgets eine funhtbare Aufgabe iſt, ſind die Sachverſtändigen nach An=
hören
der Eiſenbahnexperten zu der Ueberzeugung gelangt, daß die
deutſche Eiſenbahn hierbei eine bedeutende Rolle ſpielen würde. Der
Wert der deutſchen Eiſenbahn wird auf 2830 Milliarden geſchätzt,
wobei zu beachten iſt, daß dieſelbe keineswegs durch Schulden belaſtet
iſt. Die Eiſenbahn könne nicht nur zur Herſtellung des Budgetgleich=
getuichts
beitragen, ſondern auch für Anleihen verwendet werden.
Franzöſiſche Kommentare zu den Verhandlungen.
TU. Paris, 29. Jan. Der Temps bemerkt zu der Abreiſe
der Sachverſtändigen nach Berlin, Frankreich wünſche aufrichtig
den beiden Ausſchüſſen einen guten Erfolg. Sie würden
einer weitverbreiteten Anſicht würde die künſtliche Stabilität / Teil auch das Schickſal der Berliner Sachverſtändigenberatungen.
der Rentenmark nur noch fünf bis ſechs Wochen dauern können,
vorausgeſetzt, daß man dem Publikum Hoffnung macht. Das
Blatt bedauert, daß die Reichsregierung die beiden letzten Mo=
nate
verſtreichen ließ, ohne einen Plan für die Reparationszah=
lungen
vorzuſchlagen. Deutſchland habe vielleicht die Gelegen=
heit
vorübergehen laſſen, die es ſpäter zurückwünſchen wird.
Jetzt würde ein Programm für die Sachverſtändigen ausgear=
beitet
werden. Das Blatt tritt dafür ein, daß eine Löſung an=
genommen
wird, die ein Mindeſtmaß von Einmiſchung in
die deutſchen Angelegenheiten vorſieht und der indi=
viduellen
Initiative, welche eine ſchrittweiſe Räumung der be=
ſetzten
Gebiete beſchleunigen würde, ein Höchſtmaß von Einfluß
läßt.
Die Information ſchreibt, die beiden Eiſenbahnſpezia=
liſien
hätten dem Sachverſtändigenausſchuß dargelegt, daß die
Schulden der deutſchen Reichsbahn durch die
Entwertung der Mark ſo gut wie annulliert
ſeien. Es ſei daher gerecht, den deutſchen Bahnen einen
Tarifaufſchlag in gleicher Höhe zu Gunſten der Re=
parationen
aufzuerlegen.

Der Beſuch in Berlin.
Mit einem geſiſſen ingrimmigen Aerger ſtellt die franzöſiſche
Preſſe feſt, daß der Vorſitzende des erſten Sachverſtändigenaus=
ſchuſſes
geradezu eine Arbeitswut an den Tag legt und ſogar am
Tage vor der Abreiſe nach Berlin zwei Sitzungen anberaumte,
ja ſelbſt die Fahrt im Eiſenbahnzuge zur Fortſetzung dieſer Be=
ratungen
auszunutzen gedachte. Er hat damit den Franzoſen
einen Strich durch die Rechnung gemacht, die den ganzen Aus=
ſchuß
mit Statiſtiken totzufüttern gedachten und ſich der Erwar=
tung
hingaben, daß es auf dieſe Weiſe gelingen würde, die Kom=
miſſion
vollkommen lahmzulegen, jedenfalls ihre Arbeiten ſoweit
in die Länge zu ziehen, daß ſie inzwiſchen an Autorität verlor.
Herr Dawes hat damit kurzen Prozeß gemacht. Er hat die Sta=
tiſtiken
in den Papierkorb geworfen und hat auch die Einladung
Dr. Schachts nach Paris, die urſprünglich wohl als Erſatz einer
Reiſe nach Berlin gedacht war, ſo aufgezogen, daß er unmittel=
bar
hinter Dr. Schacht mitſamt dem ganzen Ausſchuß angefahren
kommt. Daß er hier ſeine Taktik ändern wird, iſt kaum anzuneh=
men
. Er braucht zudem nicht Sorge zu haben, daß die deutſche
Regierung ihm irgendwelche Schwierigkeiten machen wird. Im
Gegenteil, die Miniſterien haben in den letzten Wochen mit Höch=
druck
gearbeitet, um den Sachverſtändigen ihre Aufgaben zu er=
leichtern
und mit jeder nur gewünſchten Auskunft zur Verfügung
zu ſtehen. Man darf wohl auch hoffen, daß ähnliche Entgleiſun=
gen
, wie ſie bei früheren Gelegenheiten vorkamen, als wir Zah=
len
vorlegten, die einer genauen Nachprüfung nicht ſtandhielten,
diesmal vermieden werden; denn nur, wenn der Ausſchuß die
unbedingte Gewißheit hat, daß ihm von deutſcher Seite reiner
Wein eingeſchenkt wird, iſt damit zu rechnen, daß er überhaupt
ein praktiſches Ergebnis erzielt.
Schließlich iſt es ja nicht das erſtemal, daß wir einen ſolchen
Beſuch in Berlin haben. Die letzten Jahre haben ſo viele Tat=
ſachen
auf uns herunterregnen laſſen, daß ein normales menſch=
liches
Gehirn gar nicht imſtande iſt, ſie aufzunehmen. Es darf
aber doch daran erinnert werden, daß ſchon einmal Sachverſtän=
dige
in Brüſſel waren, daß wir den Beſuch der Reparations=
kommiſſion
in Berlin hatten, und daß auch, wenn man von der
Konferenz in Genua abſieht, in Cannes ähnliche Ziele verfolgt
wurden, bisher jedesmal mit rein negativem Erfolg. Deshalb
iſt auch eine gute Portion Skepſis gegenüber dem Ausgang die=
Amtlicher Oollarkurs 4 210500 000000 ſer neuen Argonautenfahrt am Platze. Was kann der Ausſchuß
machen? Er wird ſich durch das glänzende Bild, das ihm die
Aufnahme in einem der vornehmſten Berliner Hotels bietet,
nicht blenden laſſen, ſondern zu der Feſtſtellung kommen, daß int
der Tat heute in Deutſchland ein Elend herrſcht, das ſich für
mehr als die Hälfte der Bewohner von einer Hungersnot kauuf
noch unterſcheidet. Er wird auch feſiſtellen können, daß die deuts
ſche Wirtſchaft mit ihren Kräften am Ende iſt, und daß anderer=
ſeits
der deutſche Staat krampfhafte Anſtrengungen macht, das
Gleichgewicht im Haushalt herzuſtellen, daß aber alle dieſe Ver=
ſuche
vergeblich bleiben müſſen, ſolange nicht das eiternde Ge=
ſchwür
der Ruhrbeſetzung aus unſerem Körper entfernt wird.
Das wäre immerhin ſchon etwas; denn damit wäre der Beweis
erbracht, daß nicht durch unſere Schuld die Zahlung irgend=
welcher
Kriegsentſchädigung unmöglich gemacht iſt, und die
Berlin, 29. Jan. Ein Berliner Blatt glaubt feſtſtellen Schlußfolgerung, daß die Vorausſetzung für alles weitere, die
Vorausſetzung vor allem für die Rückkehr von Friede und Arbeit
in Europa der Rückmarſch der Franzoſen aus dem Ruhrgebiet
ſatzungskoſten einſetze. Demgegenüber muß mit allem Nachdruck ſei, wird ſich daraus, mag ſie nun ausgeſprochen werden oder
nicht, ganz von ſelbſt ergeben.
Fragt ſich nur, was dann Herr Poincaré darauf macht. Er
hat ähnliche Anzapfungen früher regelmäßig überhört, hat ſich
auch nicht geniert, Herrn Morgan nach Hauſe zurückzuſchicken,
als die Pariſer Sachverſtändigen ſchon das gleiche andeuteten.
Wenn er alſo könnte, wie er wollte, dann wäre auch diesmal
nicht viel mehr als ein gelinder moraliſcher Druck zu erwarten,
der auf den franzöſiſchen Miniſterpräſidenten keinen allzu großen
Eindruck machen würde. Er kann doch nicht mehr ganz ſo. Der
Sturz des Franken iſt auch für ihn ein memento mori, und
wenn er auch die Kammermehrheit wieder einmal gewonnen hat,
ſo war das doch ein Pyrrhusſieg, den er vielleicht nur der Er=
wägung
verdankt, daß einige Gruppen ſeiner Mehrheit ihn im
Augenblick nicht ſtürzen wollten, damit er nicht nachher ſagen
könnte, er wäre gerade geſtürzt worden, als er die Früchte ſeiner
Taktik zu ernten im Begriff war. Wenn nun aber die neuen
Steuern und die Sparmaßnahmen, die er in der Kammer durch=
ralenten
und mit Hilfe ausländiſcher Katzitaliſten eine Emiſſion von peitſchte, einen Erfolg nicht haben, ſondern der Franken, wie an=
zunehmen
iſt, ſtändig weiterſinkt, über die 100 hinausgeht und
die 150 erreicht, dann iſt doch vielleicht das pſychologiſche Mo=
ment
gekommen, wo auch Herr Poincaré den Bogen nicht mehr
überſpannen kann.
Die Reiſe des belgiſchen Außenminiſters nach Paris läßt
zudem erkennen, daß Belgien die Brücke zur neuen engliſchen
Regierung nicht abbrechen möchte und zu einer Verſtändigung
rät. Macdonnalds Offenſive und die Drohung mit dem Völker=
bund
könnten auch Herrn Poincaré nachdenklich ſtimmen. Die
Dinge liegen alſo tatſächlich ſo, daß zum erſtenmal wenigſtens
eine gewiſſe Möglichkeit für ein erfolgreiches Arbeiten der Sach=
verſtändigen
gegeben iſt, allerdings nur dann, wenn Poincaré
einſieht, daß er den Sturz des Franken nicht aufhalten kann.
Deutſchland in einer bedenklichen Lage vorfinden, denn nach Deshalb iſt die Schickſal der franzöſiſchen Währung zum guten
Der ſtalieniſch=jugoſlawiſche Freundſchaftsvertrag.

Rom, 29. Jan. (Wolff.) Den Blättern zufolge umfaßt der
itnlieniſch=jugoſlawiſche Freundſchaftsvertrag die Konvention und
ein Zuſatzprotokoll. Die Konvention beſteht aus drei Haupt=
artikeln
und zwei ergänzenden Artikeln, die die Dauer der Kon=
vention
ſelbſt und das Verfahren der Regiſtrierung des Ver=
rages
beim Völkerbund betreffen. Der erſte Artikel des Ver=
trages
verpflichtet zu gegenſeitiger Neutralität im Falle
eines Krieges, der zweite Artikel, der von Jugoſlawien
gefordert worden iſt, ſieht das Zuſammenwirken bei
militäriſcher Verteidigung und auf wirtſchaft=
ichem
Gebiet vor, wodurch die italieniſch=jugoſlawiſchen
jeziehungen in allen politiſchen Fragen Mitteleuropas und des
alkans ihren beſonderen Charakter erhalten. In den nächſten
Tagen ſtellt eine gemiſchte Sachverſtändigenkommiſſion den end=
gültigen
Text der Anhänge feſt. Es werden dann noch wirt=
chaftliche
Abmachungen folgen, die in einem Monat in
elgrad unterzeichnet werden jollen.

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Seite 2:

Dartſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 30. Janunr 1924.

Mumter 30.

Frankreich und die Pfalz.
Die Botſchafterkonferenz ſoll entſcheiden.
Paris, 29. Jan. (Wolff.) Havas berichtet offiziös, in
Kiplomatiſchen Kreiſen werde darauf hingewieſen, daß von einem
Schiedsſpruch in der Pfalzfrage nicht die Rede
ſein könne. Es beſtehe keineswegs ein Gegenſatz zwiſchen dem
franzöſiſchen und dem engliſchen Standpunkt, was die Aner=
kennung
der ſeparatiſtiſchen Bewegung angehe.
In Paris wie in London ſei man der Anſicht, daß die Rhein=
landkommiſſion
über dieſe Anerkennung nicht zu entſcheiden
habe. Es handele ſich in Wirklichkeit darum, ob die Rheinland=
kommiſſion
die ſeparatiſtiſchen Verordnungen beſtätigen könne,
ohne ihre Kompetenzen zu überſchreiten. Die franzöſtſche Regi= habe gefunden, daß zweckmäßigerweiſe in dieſem Punkte
die Botſchafterkonferenz zu Nate gezogen werde,
um zubeſtimmen, wie weit die Kompetenzen der
Rheinlandkommiſſion hinſichtlich der Aufrechaerhaltung
der Ordnung und der Sicherheit der Truppen uſw. gehen. Die
franzöſiſche Regierung habe dementſprechend der Londoner Re=
gierung
vorgeſchlagen, daß die Frage der Vollmachten ber
Rheinlandkommiſſion im gegenſeitigen Einvernehmen
der Botſchafterkonferenz unterbreitet werde, die die Kommiſſion
ermächtigen könnte, für eigene Rechnung diejenigen von den
bfälziſchen Verordnungen, die die öffentliche Ordnung und die
Sicherheit berührten, ſowie die, die die Arbeitsloſenfürſorge be=
träfen
, zu veröffentlichen. Die Botſchafterkonferenz hätte, ſich
auch mit der von Geheimorganifationen in der Pfalz, mit der
der Treuhand, geſchaffenen Erregung zu befaſſen und Abhilfe=
maßnahmnen
in Erwägung zu ziehen.
Militärdiktatur in der Pfalz?
Speher, 29. Jan. Die Separatiſtenbanden haben jetzt auch
das Bezirksamt in Speyer, das bisher als einziges Bezirksamt
von ihren Eingriffen verſchont geblieben war, beſetzt, nachdem
ſich der Vorſtand des Amtes geweigert hatte, dem Oberkomman=
dierenden
der ſeparatiſtiſchen Truppen die Schlüſſel auszuliefern.
In Bergzabern wurde das Finanzamt beſetzt und die Beamten
mit Gewalt vertrieben, weil ſie ſich geweigert hatten, alle Ein=
nahmen
an die Sonderbündler abzuführen. In den letzten Tagen
nehmen die Gewalttätigkeiten gegen die Beamten und die übrige
Bevölkerung ſichtlich zu. Es liegt ein Syſtem darin, das offenbar
von General de Metz ausgeht. Er will wohl die Separatiſten=
herrſchaft
vor ihrem Abbau noch fehnell dazu benutzen, den Reſt
der deutſchen Beamten aus ihren Aemtern mit Gewalt zu ent=
fernen
, um den gewünſchten Vor vand zu bekommen, die Be=
ſatzungsbehörde
müſſe, um Ruhe und Ordnung aufrecht zu er=
holten
, die vakanten Poſten mit franzöſiſchen Beamten be=
ſetzen
. Das wäre die erſte Etappe zur Militärdiktatur, von der
General de Metz und die Separatiſten in den letzten Tagen ſo
deutlich geſprochen haben.


Separatiſiiſche Beſtien.
Speher, 29. Jan. Am 13. Januar hatten ſich einige junge Leute
bei einer Familie zu einer Abendunterhaltung zuſammengefunden. Da=
bei
ſoll auch das Deutſchlandlied geſungen worden ſein. Um 8 Uhr
abends erſchien franzöſiſche Polizei und ſtellte die Perſonalien der jungen
Leute feſt. Eine halbe Stunde ſpäter erſchienen bewaffnete Separatiſten
und ſchleppteu ſie mit dem Gaſtgeber, ſeiner Frau und dem ſiebenjährigen
Rind in das Amtsgerichtsgefängnis in Speher. Schon unterwegs wur=
den
die Verhafteten, darunter ein Schwerkriegsbeſchädigter, mit Gurmmi=
trüppeln
ſchwer mißhandelt. Der Bankbeamte Hermann Grieſer wurde
blutig geſchlagen und bewußtlos ins Gefängnis eingeliefert. Trotzdem
wurde er im Gefängnis noch derartig weiter mißhandelt, daß das Blut
aus dem Kopfe bis zur Decke der Zelle ſpritzte. (1!) Grieſer iſt an
den Folgen der Mißhandlungen (Vertrümmerung
der Schädeldecke) am 27. Jannar geſtorben.

Die Zukunft von Süd=Peſt=Pfrika.
Die Rechte der deutſchen Siedler.
Berlin, 28. Jan. In dem Gedankenaustauſch zwiſchen ber Reichs=
regierung
und dem zur britiſchen Reichskonferenz in London weilenden
General Smuts über die Regelung der Frage der Staats=
angehörigkeit
der Deutſchen in Südweſtafrika ſind
für die ſüdweſtafrikaniſchen Deutſchen vom Reiche wichtige Zugeſtänd=
niſſe
erreicht worden, ohne daß dieſe ihre Reichsangehörigkeit aufzugeben
brauchen. Der Umſtand, daß ſie ohne eigenen Antrag in den ſüdafrika=
niſchen
Staatsverband aufgenommen werden ſollen, läßt es nach der
deutſchen Geſetzgebung zu, daß ſie die Reichsangehörigkeit behalten.
In dem die Ergebniſſe des Gedankenaustauſches zuſammenfaſſenden
Memorandum vom 23. September 1923 wird u. a. die Abſicht der Ae=
gierung
der ſüdafrikaniſchen Union hervorgehoben, die Deutſchen im
Südweſtafrika als einen Teil der Bevölkerung mit denſelben Rechten und
Pflichten wie die übrigen Bürger anzuerkennen. Die ſüdweſtafrikaniſche
Verwaltung wird jede Erleichnerung für den freien Gebrauch der deut=
ſchen
Sprache gewährleiſten und gegen den Gebrauch der deutſchen
Sprache vor den öffentlichen Behörden und im Schriftverkehr mit ihnen
keinen Einwand erheben. Wenn irgend möglich, werden die Vehörden
in deutſcher Sprache antworten. Die deutſchen Schulen in Swakopmund
und Windhuk ſollen für eine Uebergangszeit von zwei Jahren unterſtützt
werden, die Beihilfen ſollen jedoch 50 Prozent der Geſamtausgaben
der letzten zwölf Monate nicht überſteigen. Die Schulen unterſtehen der
Inſpektion der Regierung; ihr Lehrziel muß demjenigen in den Regie=
rungsſchulen
zum wenigſten gleichkommen. Die deutſchen Kirchen und Miſ=
ſionen
werden wie bisher von der füdweſtafrikaniſichen Regierung Lohl=
wollend
behandelt werden. Im Rahmen der Einwanderungsgeſetze der
ſüdafrikaniſchen Union werden Deutſche wvillkommen ſein. Sie erkennt
die Beſtellung eines deutſchen Mitglieds beim Landesamt (Land board)
als erwünſcht an und iſt bereit, die Penſionen zu übernehmen, auf die
noch in Südweſtafrika wohnende Beamte des ehemaligen deutſchen Gou=
vernemeuts
Anſpruch haben. Die Deutſchen in Südweſtafrika und ihre
Nachkommen werden während der nächſten dreißig Jahre unter keinen
Umſtänden zum Militärdienſk gegen das Deutſche Reich verpflichtet
werden.
In dem gleichfalls veröffentlichten Briefwechſel vom 31. September
zwviſchen General Smuts und dem Vertreter des Auswärtigen Amts,
Geh. Rat de Haas, hebt Smuts die Freude über die erzielte Verſtän=
digung
hervor und ſtellt feſt, daß die Deutſchen, die ſich zu verſchiedenen
Zeiten in verſchiedenen Teiſen der Union niedergelaſſen haben, einen
der wertvollſten Teile der füdafrikaniſchen Bevölkerung bilden. Es ſei
ſicher, daß die Deutſchen, deren erfolgreiches und gewiſſenhaftes Wirken
im Mandatsgebiet er ſehr hoch ſchätze, an der Aufrichtung einer dauer=
haften
europäiſchen Ziviliſation auf dem afrikaniſchen Kontinent kräftig
mitarbeiten würden.
Die Möglichkeit einer Freigabe der Ruhr.
Paris, 29. Jan. Ueber die Unterredung des belgiſchen
Außerminiſters Jaſpar mit Poincarz ſchreibt die Brüſſeler Zei=
tung
Lalibre Belgique, die der Regierung naheſteht, es
erſcheine heute die Idee einer Freigabe der Ruhr
wegen der Aufnahme einer internationalen Anleihe zur Beglei=
chung
der franzöſiſchen und belgiſchen Reparationsforderungen
möglich. Einer ſolchen Löſung würde auch die engliſche Ar=
beiterregierung
zuſtimmen, ſobald ein Bruch zwiſchen England
und Frankreich vermieden würde. Die Ruhrfrage ſei nicht
durch den engliſchen Regierungswechſel, ſondern auch durch
die Tätigkeit der erſten Sachverſtändigenkommiſſion bren=
nend
geworden. Dieſe ſei ſich darüber einig geworden,
daß Deutſchland über die Einkünfte des Ruhrgebiets verfügen
müſſe, um ſein Budget balanzieren zu können.
Der Perſonalabbau der Reichsbahn.
Berlin, 29. Jan. Im Sparausſchuß des Reichstags er=
klärte
der Vertreter des Reichsverkehrsminiſteriums zum Per=
ſonalabbau
, daß bis zum 31. Januar vorausſichtlich 14
Prozent der Beamten und Angeſtellten der
Reichsbahn und rund 17 Prozent der Eiſenbahu=
arbeiter
ausgeſchieden ſein werden.

Lebergriffe eines franzöſiſchen Bezirksdelegierten. Keine Streikmehrheit bei den Eiſenbahnern.

Landau, 29. Jan. Die Landbürgermeiſter von Venningen, Alt=
dorf
und Boebingen bei Landau hatten am 25. und 26. Januar die ihnen
ſeinerzeit von den Separatiſten abgepreßten Loyalitätseuklärungen
zurückgenommen und die Widerrufsſchreiben den einſchlägigen Stellen

fuhr, ſofort ein Vertreter bes Beziurksbelegierten im Kraftwuagen nach
Venningen und veranlaßte den Bürgermeiſter unter Androhung ſofor=
tiger
Verhaftung zur Zurücknahue der WLiderrufserkllärung. Der Ver=
treter
des franzöſiſchen Bezirksdelegierten fuhr dann nach Altdorf, wo
auf ſeine Veranlaſſung die bereits abgeſtmepelten Widerrufsſchreiben
der Gemeinden Altdorf und Boebingen zurückgezogen werden mußten.
Der Vertreter des Bezirksdelegierten äußerte, die Franzoſen würden die
Regierung in der Pfalz übernehmen. Ferner erklärte er, es ſei den
Franzoſen bekanut, daß die gauze Beamtenſchaft der Pfalz gegen die
Separatiſtenbewegung ſei. Es werde jedoch der Tag kommen, au dem
die Franzoſen mit den Beamten abrechnen würben. Infolge des
von den franzöſiſchen Beſatzungsbehörben aus=
geübten
Druckes haben 15 Landbürgermeiſter des Be=
zirks
Landau bei dem franzöſiſchen Bezirksdelegierten erklärt, daß ſie
die abgedreßten Loyalitätzerklärungen nicht
zurücknehmen, obwohl in den betreffenden Gemeinden die Sepa=
ratiſten
faſt keine Anhänger habe

Bradburt in London.

FU. Londbn, 29. Jan. Sir John Bradbury hat geſtern
vormittag eine lange Unterredung nicht nur mit dem Reichsſchatz=
kanzler
, ſondern auch mit Macbonald gehabt.

Ueber das Reſultat der Abſtimmung unter den Mitglie=
dern
des Deutſchen Eiſenbahnerverbandes über die
Arbeitszeitverlängerung wird mitgeteilt, daß durch=
ſchnittlich
noch nicht einmal 50 Prozeut der Mitglieder
an der Abſtimmung teilgenommen haben.
Léon Blum über die franzöſiſche Politik.
Paris, 29. Jan. (Wolff.) Léon Blum ſchreibt zur Finanz=
bebatte
in der Kcmer im Populaire, in England erhalte der
Ueberlieferung gemäß die Wählerſchaft das Wort, bevor dem
öffentlichen Leben der Stempel einer Neuorientierung aufgedrückt
werde. So ſei es eben erſt in der Frage des Protektionismus
geweſen. Der Regierung und der Mehrheit zum Trotz ſei die
franzöſiſche Politik ſeit 14 Tagen in eine andere Phaſe einge=
treten
. Die Ruhrpolitik ſei nichtmehr die Politix
der produktiven Pfänder. Man ſei jetzt zur Po=
litik
der neuen Steuernübergegangen. Das Land
hätte das Recht gehabt, darüber zu entſcheiden, ob es bei der
Ruhrbefetzung in dieſer unerwarteten Form bleibe, oder ob es
einen neuen Weg beſchreiten wollte in Geſtalt derjenigen Poli=
tik
, die von den Sozialiſten ſeit Jahren vorgezeichnet und ange=
bahnt
worden ſei. Das Land hätte das Recht gehabt, auf eine
ſo klar geſtellte Frage mit einem kategoriſchen Bruch zu ant=
worten
. Der nationale Block und die Regierung hätten das
nicht gewollt. Sie hätten zu der Laſt, von der ſie ſchon erdrückt
würden, noch eine Verantwortung mehr übernommen.

20 Jahre Amortiſierungsdauer.

* Budapeſt, 29. Jan. (Privat=Telegr.) Graf Bethlenz
brientierte die Vertreter der Preſſe über das Ergebnis der Bon=
doner
und Pariſer Verhandlungen und wies auf bie
Velgrader Konferenz der Kleinen Entente, in der
die Bedingungen der Zuſtimmung dieſer Stagten für die Gewährung
der Anleihe feſtgelegt wurden.
Als erſte Bedingung ſei geſtellt worden, daß die Repara=
tionsfrage
Ungarn gegenüber geklärt werde. Die Kleine Entente, na=
mentlich
Jugoſlavien, beanſpruche nämlich gewiſſe aus dem Waffen=
ſtillſitandsvertrag
reſultierende Wiederherſtellungen. Es han=
delt
ſich um gewiſſe Ciſenbahnmaterialien, über die eine prinzipielle
Vereinbarung bereits erzielt wurde.
Die zweite Bedingung, die in Belgrad geſtellt wurde, be=
traf
das Verlangen, die ſogengnnten Befreiungsſchulben der
Kleinen Entente gegenüber der großen Entente zu be=
reinigen
, wobei die Kleine Entente auch für dieſe Krediterleichterun=
gen
fordert, wie ſie in der Reparationsfrage Ungarn gegenüber ge=
währt
werden ſollen.
Was das Ergebnis der Londoner Verhandlungen anbelange, fo ſe3
jetzt von einer beſchleunigten Amortiſierung keine Rede mehr. Die
Dauer der Amortiſierung betrage prinzipiell nicht 15, ſon=
dern
20 Jahre. Die Schaffung eines Tilgungsfonds
ſei eine bloße Vorſichtsmaßregel gegenüber der Möglichkeit
einer Verſchlechterung der Finanzen Ungarns während der Amörti=
ſierungsdauer
. Eine Klärung wurde erzielt hinſichtlich der
Laſten aus dem Friedensvertrag, unter denen nicht al=
lein
die Reparationsleiſtungen, ſondern auch die Sachleiſtungen, Reſti=
tutionen
, Beſatzungskoſten und die Koſten der Interalliierten Kom=
miſſion
zu verſtehen ſeien, mit Ausnahme der noch 3½9 Jahue aur
Jugoſlavien zu erfolgenden Kohlenlieferungen und der ſtaatlichen und
der privaten Kriegsſchulden. Eine Protokollſtelle, wonach
ungarn Handelsabkommen mit ſeinen Nachbarn
abzuſchließen hat, beziehe ſich nicht bloß auf die Nachbarn, ſondern auf
alle Staaten, die mit Ungarn in Handelsbeziehungen ſtehen. Es wurbe
feſtgeſtellt, daß ein Kontrolleur auch aus den Vereinig=
ten
Staaten beſtellt warden würde. Die Erlebigung dieſer
Frage ſei Lord Nobert Cecil übertragen worden. Die Nedarations=
kommiſſion
werde ihre Entſcheidung Ende dieſer Woche oder ſpäte=
ſtens
Anfang nächſter Woche treffen.
Stabiliſierungsverſuche in Polen.
Warſchau, 29. Jan. (Wolff.) Der Miniſterrat befchloß,
zwecks der Entfaltung der ſtaatlichen Kredit=
aktion
die Vermittelungstätigkeit der ſtaatlichen und der vom
Staate ſubventionierten Kreditinſtitute anzurufen und die Be=
rufung
eines außerordentlichen Komitees für die allgemeine
Sparſamkeit und die öffentlichen Kredite beim Finanzminiſte=
rium
. In den Bereich ſeines Wirkungskreiſes fallen: 1. die Aus=
arbeitung
von Anträgen betreffend die Emiſſion von lang= und
kurzfriſtigen Staatsanleihen, die Konvertierung und Konſolidie=
rung
bereits emittierter Staatsanleihen, die Verpflichtungen und
die Schaffung von Grundlagen und Bedingungen der ſtaatlichen
Kreditaktion, der ſtaatlichen und der vom Staate ſubventionierten
Inſtitute und die Reorganiſation bzw. die Union dieſer Inſtitute,
2. die Leitung des Verkaufs der emittierten Anleihen, 3. die Kon=
trolle
über die Tätigkeit der ſtaatlichen und vom Staate ſubven=
tionierten
Kreditinſtitute durch beſondere Staatsdelegierte, 4. die
Entfaltung des Sparſamkeitsſinnes in der Bevölkerung und die
Propagierung von Kapitalsanträgen in prozentigen Staatspapie=
ren
. Der außerordentliche Kommiſſar kann zur Mitwirkung ge=
ſellſchaftliche
Faktoren heranziehen.
Wirtſchaftskriſe und Soziaſpolitik.
Eine Rede des Reichsarbeitsminiſters.
Efſen, 28. Jan. Im Vereinshaufe zu Hagen in Weſtfalen ſprach
vor einer etwa 800 Perſonen zählenden Konferenz der führenden Kreiſe
3 Deutſchen Gewerkſchaftsbundes der Reichsarbeitsminiſten
Dr. Brauns über das Thema Wirtſchaftsfriſis und
Sozialpolitik‟ Er führte aus: Auch durch eine allgemeine Wirt=
ſchaftskriſe
dürfe das Prinzip der Sozialpolitik ſelbſt in ihren Grund=
ſätzen
nicht angetaſtet werden. In der Frage der Sozialverſicherung ſei
eine Vereinfachung der Organiſation eingetreten und eine Beſchräu=
kung
der Leiſtungen auf das notwendige Maß erfolgt, ſo daß heute das
Verſicherungsweſen als geregelt betrachtet werden könne,
Weniger befriedigend dagegen ſeien die gegenwärtige Lage und die Aus=
ſichten
für die nächſte Zeit auf dem Gebiete der Erwerbslofen=
fürſorge
. Nachdem die reichsſeitige Einführung der Erwerbsloſen=
fürſorgeverſicherung
geſcheitert ſei, ſei durch die Verordwung vom
15. Oktober Erſatz geſchaffen. An dem Grundſatz der Pflichtarbeit
müſſe feſtgehalten werden. Wenn die Umſtände es erlauben, würden
die Unterſtützungsſätze hinaufgeſetzt werden, aber nicht um ben Preis
einer neuen Inflationsperiode. Der Miniſter verſprach, nach Kräften
auf die Steigerung des Fehleinkommens hinzuwirken. Bei einer Sen=
kung
der Preiſe und bei größerer Bewegungsfreiheit müſſe die Wirt=
ſchaft
wieder zu den früheren Grundſätzen zurückkehren. Scharfe
Kalkulation, größere Umſätze, kleiner Nutzen. Da
ſei auch das wirkſamſte Mittel zur Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit.
In der Wohlfahrtspflege habe ſich das Reichsarbeitsmiſti=
ſterium
beſtrebt gezeigt, die Selbſthilfe zu fördern. Zur Arbeits=
eitfrage
ſagte der Miniſter, daß die Gewerkſchaften und politiſchen
Parteien grundſätzlich der Arbeitsleiſtung auch auf dem Wege der Ar=
beitszeitverlängerung
zugeſtimmt hätten. Die Erklärong vom 21. De=
zember
entſpreche zwar nicht dem ſozialpolitiſchen Ideal, ſei aber nur
auch als Notverordnung gedacht.
Das Hauptgewicht bleibe bei der Regelung der Arbeits=
zeit
und der Taxifverträge. Zur Lohnfrage bemerkte der

und Arbeitnehmes mehr und mehr zu ver

Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. Dienstag, den 29. Januar.
Der Barbier von Sevilia.
Komiſche Oper von Sterbini, Muſik von G. Roſſini.
Es iſt Roſſinis klaſſiſches Werk, mit dem er unſterblich ge=
worden
iſt. Gibt ſein Tell ein breiteres Bild ſeines muſika=
liſchen
Könnens, ſo unmöglich uns heute ſeine Wiederbelebung
ſcheint, ſo bleibt der Barbier das geniale Kind ſeines Geiſtes
von einer Fülle muſikaliſcher Einfälle und Schalkheiten, die im=
ier
aufs neue entzücken. Und zwar alles trotz des oft albernen
Textes, trotz ſchematiſcher Bindung an feſte Formen, die der
kaum Vierundzwanzigjährige ſtreng einhielt. Hier ſcheint mir
ſeit Mozart vielleicht wieder das ſeltene Beiſpiel gegeben, daß
Muſik an ſich Komik beſitzen kann, nicht nur Komik illuſtriert.
Dieſe Muſik hat in der Tat naiven Witz, anmutigen Humor und
Raketen.
Die Oper hat ſich durch in den hundert Jahren ihres Be=
ſtehens
eingebürgerten Spielgewvohnheiten viele Zutaten und
Aenderungen gefallen laſſen müſſen. Sie fordert dazu auf, und
man kann ſagen, daß ſie auf jeder Bühne anders aufgeführt
wird. Auch die meiſten jetzt geſungenen Koloraturen ſtehen nicht
in der Partitur. Aber man kann ſich die Oper ſchwer ohne ſie
denken, und heute war im allgemeinen Maß gehalten.
Die Vorſtellung, zu deren völligen Abrundung es noch einer
Probe bedurft hätte, kam erſt allmählich in Schwung und Lgune,
deren das Stück zum Zünden bedarf. Dann aber zeigte es ſich,
daß die Wirkung nicht totzukriegen iſt. Denn die Rollenbeſetzung
konnte, troßz vieler ſtimmlicher Schönheiten, die ſie brachte, doch
nur teilweiſe befriedigen. Nicht allen iſt eben Begabung für
Humor und Schaltheit von Natur gegeben. Zu lernen iſt da
wenig. Immerhin war der Barbier Theodor Heuſers eine in
den Grenzen, die ihm körperliche und ſtimmliche Begabung zie=
hen
, gute und gewandt durchgeführte Leiſiung. Und die ſehr an=
ſpruchsvolle
, ſtark verzierte Rolle das Grafen habe ich noch ſelten
ſo richtig und ſicher geſungen gehört und vornehm dargeſtellt ge=
ſehen
wie durch Herrn von Enehjelm. Herrn Kuhns Bar=
Uo und Herrn Hölzlins Baſilio waren fein durchgearbeitete,

ſtimmlich hervorragende, köſtliche Darbietungen von draſtiſcher
Wirkung.
Das Intereſſe des Abends ginfelte in der Rolle der Roſine,
die Anni Stein=Nöthig zum erſten Male gab. Ihre zier=
liche
, bewegliche Figur wpar ſchon beſonders geeignet. Obgleich
die ſehr kleine Stimme oft noch tonlos klang, in den Enſembles
ganz unterging und in der Iutonation manchmal ſchwankte,
nahm ſie mich gefangen durch ihre fabelhafte Begabung für Zier=
geſang
und ihre ſchon recht beachtenswerte Fertigkeit. Wer die
über die Maßen ſchwierige erſte Arie auch noch in ihrer geſpick=
teſten
Faſſung , wer die halsbrecheriſchen Adamſchen Variatio=
nen
ſchon ſo vollendet ſingen kann, dem verzeihe ich gern vieles
Zaghafte, Gebundene, Anfängerhafte in Spiel, Dialog, Rezitatio
und rufe ein aufrichtiges Bravo. Hinauf jetzt auf die Bretter und
hinein in alle Koloraturrollen! Zu ſchwer iſt hier keine; es gilt
nur Tonfeſtigkeit und Tragfähigkeit zu finden, Routine und Per=
ſönlichkeit
zu gewinnen: Glückauf!
Martha Liebels Marzelline und Paul Peterſens
Fiorillo fügten ſich, ebenſo wie die ganz kleinen Rollen, lobens=
werk
dem ganzen ein. Die rührige Spielleitung Peter Suhr=
kamps
wird noch manches nachzuholen haben. Der Schluß
zum Beiſpiel ſchien mir matt, und der Dialog zeigte viele Män=
gek
. Joſeph Roſenſtock begleitete fein, ſchon die Ouvertüre
holte ſich Beifall, doch hob ſich die Gewittermuſik als Intermezzo
nicht genügend hervor. Die Bühnenbilder Meiſter Pilartzens
gefielen mir gut.
H.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben
Darmſtädter Künſtler auswärts. lieber ein
Konzert von Göſta Andreaſſon (Violine) und Guſtav Beck
(Klavier) in Würzburg ſchreibt der Würzburger Generalanzeiger:
Eines hervorragenden künſtleriſchen Erfolges erfreute ſich im
Harmonieſaale die Konzertveranſtaltung des Geigers Göſta An=
dreaſſpn
(vom Buſchquartett) unter der Mitwirkung des Pia=
niſten
Guſtav Beck. Göſta Andreaſſon iſt ein ebenſo feiner Vio=
linſpieler
wie gediegener Muſiker. Er entlockte ſeinem Juſtru=
mente
einen wunderbar ſingenden Ton, durchtränkt von innigem
Empfinden. Auffallend ſchön iſt ſe
riffsſpiel, das

wie man es auf der Geige ſelten hört den ſelbſtändigen Gang
der einzelnen Stimmen erkennen läßt, die eine Melodieführung
von der anderen klar abhebt. Dazu, wie zur Entfaltung ſeiner
glänzenden Finger= und Bogentechnik überhaupt, gab ihm die
Teufelstrillerſonate von Tartini Gelegenheit. An erſter Stelle
ſtand, die Sonate A=Dur Opus 47 von Beethoven ( Kreutzer=
ſonate
), von beiden Künſtlern mit Verve, mit Schwung und Be=
geiſterung
zum Entzücken der Zuhörer geſpielt. Der Pianiſt
trat auch als Soliſt hervor und bewährte ſich in den bei Beet=
hoven
und Tartini geoffenbarten Qualitäten, insbeſondere hin=
ſichtlich
der klanglichen Delikateſſe, beim Vortrag der Polonaiſe
As=Dur und der Ballade G=Moll von Chopin. Die jugendlichen
Künſtler fanden herzliche Anerkennung.
Telefunken=Bordpeiler. Von unterrichteter
Seite tird uus geſchrieben: Die drahtloſe Peilanlage, die deu
engliſchen Dampfer Olympia bei ſeiner letzten Amerikafahrt
ſo gute Dienſte geleiſtet hat, hat vor langer Zeit ſchon ein Gegen=
ſtück
in Deutſchland gefunden. Die Telefunken=Geſellſchaft in
Berlin hat im Frühjahr 1923 bereits einen Bordpeiler heraus=
gebracht
, der an Bord des Vermeſſungsſchiffes Panther der
Reichsmarine und ſpäter an Bord des Linienſchiffes Braun=
ſchweig
gründlichſt auf ſeine Brauchbarkeit geprüft worden iſt,
Die Ergebniſſe haben erwieſen, daß die Leiſtungen des deutſchen
Bordpeilergerätes denen des engliſchen Marconi=Peilers min=
deſtens
voll ebenbürtig ſind, nur daß der deutſche Boxdpeiler in
ſeiner Anlage und Bedienung ganz weſentlich einfacher iſt, als
der engliſche Apparat. Der Telefunken=Bordpeiler wird ſeine
Eignung für große Fahrt auf der erſten Ausreiſe des Lloyd=
Dampfers Columbus erweiſen, da dieſes neue deutſche Rieſen=
ſchiff
neben einem Telefunken=Röhrenſender auch eine Tele=
funken
=Bordpeiler=Anlage haben wird. Die Columbus wird
außerdem als letzte Neuheit mit zwei Telefunken=Senderanlagen
verſehene Motor=Rettungsbovte an Bord haben, die beftimmt
ſind, im Falle einer bei der Columbus allerdings mehr als
unwahrſcheinlichen Schiffskataſtrophe auch nach dem Unter=
gang
des Schiffes ſelbſt mit herannahenden Rettern ſchon auf
weite Eutfernungen in drahtloſen Verkehr zu treten. Man wird
ermeſſen, um wieviel ein Rettungstverk erleichtert wird, wenn die
ſonſt auf hoher Eee ſo ſchwer auffindbaren Boote drahtlos dem
Retter ihren genanen Standort angeben können.

[ ][  ][ ]

Nummer 30.

Darmſtädter Taablatt, Mittwoch, den 30. Januar 1921.

Franzöſiſche Kammer.
Vorſtöße gegen den Wiederaufbauminiſter.
Paris, 29. Jan. (Wolff.) Die Kammer verhandelte
heute vormittag über den im Rahmen der Regierungsmaßnah=
men
von der Regierung eingebrachten Geſetzentwurf betreffend
die Vereinfachung der Verwaltungsausgaben.
Artikel 1 des Entwurfs, mit dem die Beratungen beginnen, lau=
tet
: Es werden im Jahre 1924 Cinſchränkungen der Staatsaus=
gaben
vorgenommen, die ſich im ganzen auf nicht weniger als
eine Milliarde Franken belaufen dürfen. Die Regierung wird
ermächtigt, mit Hilfe von Verordnungen, die nach vorheriger
Zuſtimmung des Miniſterrats vom Staatsrat erlaſſen werden,
alle diefenigen Reformen von Vereinfachungen in der Verwal=
tung
vorzunehmen, die die Verwirklichung dieſer Sparſamkeits=
maßnahmen
vorausſetzt. Wenn die auf dieſe Weiſe getroffenen
Maßnahmen Aenderungen in den beſtehenden Geſetzen erfordern,
werden die Verordnungen binnen 6 Monaten dem Parlament
zur Genehmigung unterbreitet.
Der Abgeordnete Deyris vertritt einen Geſetzentwurf, der
eine Reviſion aller Wiederaufbauentſchädigun=
gen
vonmehr als 500 000 Franken in den Mittelpunkt
der Finanzreform ſtellt. Alle widerrechtlich erlangten Summen
ſollen ſofort der Staatskaſſe verſallen, unbeſchadet der ſtrafrecht=
lichen
Verfolgung der über Gebühr Entſchädigten. Der Antrag
Deyris verlangt die Abwiclung des Wiederaufbaues bis Ende
1928, die möglichſt baldige Entlaſſung der überflüſſigen Beamten
des Wiederaufbauminiſteriums und deſſen ſofortiges Anheim=
fallen
an das Finanzminiſterium. Er fordert ſchließlich ſtär=
kere
Beſteuerung der Landwirtſchaft. Was den
Ermächtigungsentwurf der Regierung anbetrifft, ſo iſt Deyris
der leberzeugung, daß Poincaré ſeine Vollmacht nicht miß=
brauchen
werde, aber als entſchiedener Republikaner zu einer ſo
weit gehenden Beſeitigung der Parlamentskontrolle, nicht die
Hand biete.
Die anſchließende Debatte, an der ſich der Wiederaufbau=
miniſter
Reibel, Loucheur und andere Abgeordnete aus den be=
freiten
Gebieten beteiligten, hat in der Hauptſache die Miß=
bräuche
bei der Behandlung der Wiederaufbau=
entſchädigungen
zum Gegenſtand und läßt den Regie=
rungsentwurf
in den Hintergrund treten. Erſt in der Nachmit=
tagsſitzung
werden ſich die Verhandlungen anf dieſen konzen=
trieren
.
Paris, 29. Jan. (Wolff.) In der heutigen Nachmittags=
ſitzung
der Kammer dauerte zuerſt die Auseinanderſetzung über
die mißbräuchliche Berechnung der Schadenserſatzanſprüche an.
Der ſozialiſtiſche Abgeordnete Inghels, der in der ſoziali=
ſtiſchen
Preſſe ſeit Jahren über dieſe Schäden ankämpft, ſchätzt
den Betrag, auf deſſen Rückerſtattung der Staat Anſpruch hat,
auf 3 Milliarden. Trotz aller ſeiner Bemühungen habe ſich bis
jetzt das Miniſterium für die befreiten Gebiete als der Friedhof
der Mißbräuche und die Kammerkommiſſion für die befreiten
Gebiet als das Maſſengrab der Skandale erwieſen. Der Red=
dier
führt eine Anzahl Fälle auf, durch die auch Parlamentarier
kompromittiert werden. Inghels erklärt, daß diejenigen, die
den Staat beſtohlen hätten, ihr unrechtmäßiges Gut wieder
hergeben müßten.
Der Abg. Fougete, der Vorſitzende eines von der Kam=
zerkommiſſion
für die befreiten Gebiete eingeſetzten Enquete=
Ausſchuſſes, deſſen Feſtſtellungen in den letzten Tagen in der
Preſſe viel von ſich reden gemacht haben, ſpricht ſich über die
Aufgabe der Unterſuchung wie folgt aus: Die Enquéte ſei
heikler Art und nötige zu zahlreichen Zeugenvernehmungen.
Es könne alſo noch nicht grundſätzlich darüber geſprochen wer=
den
. Er müſſe jedoch ſagen, daß ſich das Miniſterium für die
befreiten Gebiete bis jetzt geweigert habe, mit dem Unter=
ſuchungsausſchuß
zuſammenzuarbeiten. Dieſer habe an das
Miniſterium einen Brief gerichtet, in welchem die Uebermitte=
lung
gewiſſer Aktenſtücke verlangt wurde. Bis heute ſei dieſer
Brief unbeantwortet geblieben.
Der Abg. Inghels begründet ſeinen Antrag, die ausgezahl=
ken
Schäden einer Reviſion zu unterziehen, indem er Beiſpiele
anführt, tvonach nach ſeiner Anſicht Milliarden öffentlicher
Gelder geopfert wurden. Er habe dieſen Skandal ſchon vor
mehreren Jahren auf der Kammertribüne angekündigt, aber
damals habe man ſeine Vorſchläge abgelehnt.
Der ſozialiſtiſche Abg. Escoffier unterſtützt den Antrag
Inghels.
Nachdem Miniſterpräſident Poincaré ausdrücklich erklärt,
daß die Regierung die Grundſätze des Antrags Ringuier (der
ſich im weſentlichen mit demjenigen des Abg. Dehris dealt) an=
nehme
, ergreift der Miniſter für die befreiten Gebiete Reibel
das Wort, um die Tätigkeit ſeines Miniſteriums zu verteidigen.
Als er das Miniſterium für die befreiten Gebiete übernommen
habe ſeien bereits 40 Milliarden Schäden ausbezahlt geweſen.
Man habe die Geſamtſchäden auf 146 Milliarden geſchätzt, aber
angenommen, daß man nicht mehr als etwa 100 Milliarden
auszubezahlen habe. Die endgültige Schätzung habe jedoch eine
geringere Summe, nämlich 82 Milliarden ergeben. Das ſei un=
ter
ſeinem Miniſterium geſchehen. Er habe alſo die Intereſſen
des Staates gewahrt. Der Miniſter kündigt an, daß alle die=
jenigen
, die den Staat geſchädigt hätten, ſtrafrechtlich verfolgt
rürden. Er führt eine Anzahl von Fällen auf, um zu be=
weiſen
, daß bereits Nachprüfungen über die ausbezahlten
Schäden ſtattgefunden haben, und geht ſchließlich im einzelnen
auf einige von dem Abg. Inghels vorgebrachte Fälle ein.
Nach der Rede des Miniſters Reibel wird die Weiterbera=
tung
der Steuergeſetzentwürfe der Regierung auf morgen Nach=
mittag
vertagt.

Seite 3.

O.xmude‟.
Berlin, 29. Jan. Die Reichsregierung hat die Anfrage 2062
der deutſchnationalen Fraktion des Reichstags wie folgt be=
antwortet
: Durch die innerpolitiſche Erörterung der deutſchen Bei=
leidserklärung
anläßlich des Untergangs der Beſatzung der
Dixmude hat dieſer Akt einfacher diplomatiſcher Höflichkeit eine
Bedeutung erlangt, die ihm keineswegs zukommt. In Frankreich wur=
den
der Untergang des Luftſchiffes und ſeine Begleitumſtände als eine
außerordentliche Kataſtrophe empfunden. Dies hat eine internationale

Beileidskundgebung ungewöhnlichen Umfangs veranlaßt, an der ſich
viele Staatsoberhäupter ſogar unmittelbar beteiligt haben. Mit einem
abweichenden Verhalten hätte die deutſche Botſchaft den Anſchein er=
weckt
, als ob ſie eine unfreundliche politiſche Kundgebung bezwecke. Unter
dieſen Umſtänden hielt das Auswärtige Amt es für angezeigt, deutſcher=
ſeits
die rein menſchlichen Geſichtspunkte in den Vordergrund zu ſtellen
und den Geſchäftsträger in Paris anzuweiſen, die Teilnahme der deut=
ſchen
Regierung zu dem Verluſt an Menſchenleben beim Untergang der
Dixmude auszuſprechen. Die Erklärung iſt in der im zwiſchenſtaat=
lichen
Verkehr üblichen Form unter voller Wahrung der deutſchen Würde
geſchehen.

Recht, Reichsregierung und Parteien.
Von Oberlandesgerichtspräſident Dr. Beſt, Darmſtadt.
(Schluß.)

Wie ich früher und vorſtehend mitgeteilt habe, iſt eine Ver=
ordnung
, die die geſetzliche Aufwertung beſchränkt, richtsunwirk=
ſam
. Falls die Verordnung eine Höchſtgrenze aufſtellt, wäre
darum zunächſt im Rechtswege die Unzuläſſigteit dieſer Grenze
feſtzuſtellen. Die Verordnung kann aber auch formell auf Grund
des Ermächtigungsgeſetzes vom Reichstag aufgehoben werden.
Deshalb haben die Gläubiger=Schutzverbände bekannt gegeben,
daß ſie bei künftigen Wahlen die Stellung der Bewerber zur
Aufwertungsſrage berückſichtigen würden, und deshalb haben,
zum Teile wenigſtens, die politiſchen Parteien ihren Standpunkt
dargelegt. Die Sozialdemokratie lehnt jede Aufwertung zu=
gunſten
der privaten Gläubiger ab. Die Aufwertung
ſoll nur zugunſten der Allgemeinheit erfolgen und
der entrechtete Gläubiger auf eine Unterſtützung beſchränkt wer=
den
. Der Beſchluß entſpricht der Stellungnahme des Links=
fozialiſten
Hilſerding. Er ſteht aber mit derjenigen anderer
Parteimitglieder im Widerſpruch. So hat mir der ſozialdemo=
kratiſche
Landtagsabgeordnete Widmann unlängſt einen in Nr. 12
des Heſſiſchen Volksfreund vom 15. Januar abgedruckten Artikel
zugeſandt, dem ich, ſoweit er die Aufwertungsfrage
behandelt, durchaus zuſtimme. Der Verfaſſer, der zu Offen=
bach
deu Wohnungsbau leitet, hat ſich überzeugt, daß jede Be=
ſchränkung
der Aufwertung den Kredit vernichtet, und ohne die=
ſen
die Wohnungsfrage nicht zu löſen iſt. Die offizielle Stellung=
nahme
der Sozialdemokratie legt die Vermutung nahe, daß das
Aufwertungsverbot der Miniſterzeit Hilferdings entſtammt und
von Dr. Luther übernommen worden iſt. Hilferding hat aber
damit wohl die Proletariſierung des Mittelſtandes beabſichtigt,
während die Abſicht des Oberbürgermeiſters aus dem Ruhrgebiet
aus der Beſchränkung der Steuern auf etwa 10 Prozent erſicht=
lich
iſt.
Im ſcharfen Gegenſatz zu dem Standpunkte der Sozialdemo=
kratie
ſtehen die Leitſätze, die der Staatsminiſter und Reichstags=
abgeordnete
Dr. Hergt als Vorſitzender der Deutſchnationalen
Volkspartei unlängſt im Tag veröffentlicht hat. Sie lehnen
ein Verbot der Hypothekenaufwertung unbedingt ab. Auch die
geſetzliche Feſtſetzung eines einzigen durchgehenden Aufwertungs=
prozentſatzes
wird als ungerecht und konfiskatoriſch verworfen.
Die Regelung der Aufwertung ſoll der natürlichen Rechtsentwicke=
lung
überlaſſen und dieſe nur durch ein beſchleunigtes Verfah=
ren
, einen Mindeſtſatz und vom Reichsgericht feſtzuſetzende Richt=
linien
unterſtützt werden. Die Verquickung der Aufwertung mit
der Mietzinsfrage wird verworfen und die Aufwertung getilgter
Hypotheken der Rechtſprechung überwieſen. Eine Sonderſteuer
aus Anlaß der Aufwertung erſcheine grundſätzlich nicht gerecht=
fertigt
, ſoll aber wegen der durch ſie bewirkten Steigerung der
Leiſtungsfähigkeit von Gläubiger und Schuldner in mäßigem
Umfange und gleichmäßig zu Laſten beider zugelaſſen werden.
Hypothekenbanken, Sparkaſſen und Verſicherungen pp. ſollen
geſetzlich verpflichtet werden, entſprechend der von ihnen ſelbſt
erlaugten Aufwertung auch ihre Pfandbriefe, Einlagen und Ver=
ſicherungsſummen
pp. aufzuwerten. Die Aufwertung der Indu=
ſtrieobligationen
und privaten Darlehen pp. ſoll der Rech=ſprechung
überlaſſen, aber das Reich verpflichtet werden, ſeine Anleihen,
wenn auch nach langer Friſt, entſprechend ſeiner Finanzlage,
mäßig aufgewertet in Gold zurückzuzahlen.
Dieſe Grundſätze ſtehen mit dem Geſetze, mit Treu und
Glauben, dem Urteil des Reichsgerichts ſowie mit dem im Ein=
klange
, was ich ſeit Jahren vertrete.
Ob ſich die Stellungnahme des Zentrums mit der des hohen
katholiſchen Klerus deckt, iſt mir bisher nicht bekannt geworden.
Die Demokratiſche Fraktion hat beſchloſſen, im Wege geſetz=
licher
Regelung eine billige Aufwertung zuzulaſſen.
Die Deutſche Volkspartei tritt der Anſicht des Finanzmini=
ſters
, die Aufwertung der Hypotheken wegzuſteuern, entgegen.
Wegen der Bedeutung der Frage bei allen, künftigen Wahlen
wird aber keine bürgerliche Partei umhin können, dazu ebenſo
im einzelnen Stellung zu nehmen, wie dies die Deutſchnationale
Partei getan hat. Deshalb füge ich folgendes an:
Je größer die Opfer ſind, die die Finanzlage des Reiches
fordert, deſto peinlicher muß die Steuergerechtigkeit walten. Eine
Beſtimmung, die die Aufwertung ganz oder teilwveiſe wegſteuert,
ſpricht nach der Meinung des Reichsgerichts dem verfaſſungs=
mäßig
gewährleiſteten Grundſatz der Allgemeinheit der Beſteue=
rung
Hohn und iſt deshalb unwirkſam. Die Gerechtigkeit fordert
eine grundſätzliche Trennung der Aufwertungsfrage von der der
Beſteuerung. Die Aufwertung geht lediglich die Juſtiz, in kei=
ner
Weiſe den Finauziiniſter an. Eine Verquickung von Auf=
wertung
, Aufwertungs= und Mietzinsſteuer ermöglicht es, zu=
gunſten
von Sonderintereſſen im Trüben zu fiſchen, ſchließt aber
ein gerechtes Ergebnis ſowohl auf dem Gebiete des Privatrechts
wie dem der Beſteuerung aus. Grundſätzlich ſollte zunächſt die

Auſwertung erledigt und dann Gläubiger und Schuldner nach
je ihrer Leiſtungsfähigkeit beſteuert werden. Geht dies, da die
Beſteuerung drängt, nicht an, ſo muß doch an der Trennung
zwiſchen Privat= und Steuerrecht feſtgehalten werden. Das iſt
auch ſehr wohl möglich. Beiſpielsweiſe ſo, daß man der Be=
ſteuerung
von Gläubiger und Schuldner lediglich für
Steuerzwecke ein Durchſchnittsmaß der Aufwertung zu=
grunde
legt und den Ausgleich des dadurch an Steuern von
dem einen oder anderen Teile zu viel Gezahlten der bürgerlich=
rechtlichen
Regelung des Schuldverhältwiſſes überläßt. Oder ſo,
daß man bei der Beſteuerung zunächſt die Aufwertungspflicht
außer Betracht läßt und dann in jedem Falle dem Schuldner
die Aufrechnung der zu viel bezahlten Steuern gegenüber dem
Gläubiger vorbehält. Keinesfalls aber in der auſcheinend von
der Verordnung beabſichtigten Weiſe, daß man den Gläubiger
auf einen Teil deſſen, was er nach dem Spruche des RG. zu er=
halten
hätte, beſchränkt, von den übrigen 712 Prozent ſür
den Fiskus erhebt und den wahrſcheinlich erheblichen Reſt der
Forderung dem Schuldnerwucher zum Opfer bringt. Denn ſol=
cher
Gewaltakt gegenüber dem Urteile des RG. würde nicht nur
das Recht, fondern auch das Rechtsbewußtſein um ſo ſchwerer
erſchüttern, als er zugunſten langjähriger Nutznießer der Geld=
entwertung
wirtſchaftlich Schwache träfe, die deren Laſten bisher
in beſonderem Maße getragen haben. Da in den Kulturſtaaten
Hypotheken als die ſicherſte Kapitalanlage angeſehen werden,
würde nach Anſicht der berufenſten Vertreter des organiſierten
Realkredits der Gewaltakt zugleich den deutſchen Kredit im In=
und Auslande vernichten und dem Auslande den Zugriff auf den
deutſchen Grundbeſitz erleichtern. Der Rechtsbruch würde des=
halb
nicht nur die betrogenen Gläubiger, ſondern alle ſchädigen,
denen der Kredit als Lebensblut unentbehrlich iſt. Weite
Schuldnerkreiſe ſehen denn auch neuerdinas ein, daß ihren Vor=
teilen
mehr gedient iſt, wenn ſie mit dem Gläubiger Hand in Hand
gehen, und der Deutſche Induſtrie= und Handelstag hat, ſich
letzthin in einer Eingabe an das Reichswirtſchaftsminiſterium
im weſentlichen auf den Boden des Reichsgerichtsurteils geſtellt.
Man ſollte ſich deshalb hüten, wegen ſcheinbarer Augenblicks=
borteile
die Grundlagen des Rechts, des Kredits und damit des
Wiederaufbaus zu zerſtören.
Als Vermutung habe ich oben ausgeſprochen, daß der So=
zialiſt
Hilferding mit ſeinem Vorgehen die Proletariſierung des
Mittelſtandes erſtrebt. Durch die geplante Aufwertungsbeſchrän=
kung
würde dieſer Zweck erreicht. Denn die Aufwertung der
Hypotheken bildet die Vorausſetzung auch für die Aufwertung
der Sparkaſſeeinlagen, Pfandbriefe und Lebensverſicherungen.
Die beteiligten Inſtitute aber halten, mit wenigen unrühmlichen
Ausnahinen, deren Aufbeſſerung für möglich und befürworten
ſie dringend, trotz der Umſtände und der Arbeit, die ihnen daraus
erwachſen. Würde dem Mittelſtande mit der Unterbindung der
Aufwertung ſeine letzte Hoffnung genommen, ſo würde das nich:
nur die Höhe unſerer Kultur gefährden, ſondern auch unſeren
wirtſchaftlichen Aufſtieg. Wir leiden, wie Staatsſetretär Dr.
Mügel jüngſt mit Recht geſagt hat, unter einer Ueberſchätzung der
unmittelbaren Produktionstätigkeit, und dergeſſen zu leicht, daß
eine weſentliche Vorausſetzung für unſere wirtſchaftliche Ent=
wickelung
die Aufrechterhaltung des Bildungsſtandes unſeres
Volkes iſt.
Die weitreichenden Befugniſſe des Ermächtigungsgeſetzes
hätten eine Beſteuerung erlaubt, die die Bevölkerung gleichmäßig
und gerecht zu den ungeheuren Laſten heranzieht. Trotzdem und
allen Warnungen zumm Trotz hält der Finanzminiſter an der
konfiskatoriſchen Aufwertungsbeſchränkung feſt. Er verfolgt da=
mit
einen Weg, den man ſchon vorher betreten hatte. Ganz
ſyſtematiſch nahm man ſich Minderheitsgruppen vor, von denen
ein geſchloſſener politiſcher Widerſtand nicht zu erwarten war.
Durch Vermögenskonfiskation gegen Schwache eignete man ſich
dergeſtalt an, was man durch offene Steuern den wirtſchaftlich
oder politiſch Mächtigen nicht zu nehmen wagte. Die Behand=
lung
der Lizuidationsſchäden, die Abgeltungsverordnung und
die rechtswidrige Verkürzung der Beamtengehalte ſind Etappen
auf dem Wege zur Beraubung der Goldgläubiger. Gerade die
Demokratie aber müßte an der Rechtsſtaatsidee unverbrüchlich
feſthalten. Sie iſt die einzige Kulturidee, die der Volksſtaat der
Monarchie entgegenſetzen kann. Der Republik fehlen die zahl=
loſen
Fäden, durch die eine vielhundertjährige Geſchichte, die
enge Stamrmesgemeinſchaft, die perſönliche Anhänglichkeit und
das wechſelſeitige Treueverhältnis die Monarchie mit dem
Volke verbinden. Es iſt Macchiavellismus ohne Klugheit, die
Rechtsidee um angeblicher, leicht auf andere Weiſe zu erreichen=
der
Vorteile willen zu ſabotieren. Der Faszismus der Pygmäen
gräbt ſich mit ſolchen ſtaatsabſolutiſtiſchen Exzeſſen ſein eigenes
Grab.

*Jackie Coogan, der kleine Filmkröſus.
Ich kann mir nicht helfen, wenn ich den kleinen, lieben, gol=
digen
Kerl ſehe mir tut das Herz weh. In alle Freude über
dieſe lebendige, natürliche, wundervolle Darſtellungskunſt dieſes
Kleinen miſcht ſich ein Tropfen wehmutvollen Mitleids, wenn
ich an ſeine Zukunft denke. Daran denke, daß für den jetzt
9jährigen, der mit 4 bis 6 Jahren auf der Höhe ſeiner Kunſt
ſtand, in ganz abſehbarer Zeit das Alter kommt, da er dieſe Höhe
unmöglich halten kann, das Alter, in dem man nicht Kind, noch
Jüngling iſt, in dem notgedrungen geſucht wird, das, was jetzt
natürliche kindliche Veranlagung die Natur erlaubt ſich von
Zeit zu Zeit ſolche Scherze, die faſt immer zu Tragödien wer=
den
zu erſetzen durch immer neue Entfaltung, die dann eben
nicht mehr das Natürliche ſein kann. Wenn dieſes Kind nicht
mehr Kind iſt, wenn es anfängt bewußter, denkender, ſchaffen=
der
Menſch zu werden und ihm eines Tages die Erkenntnis
kommt, daß er innerlich völlig ausgebrannt, reſtlos erſchöpft iſt,
einer von rielen, er, der heute ein Einziger iſt. Er wird dann
ſein Los, das er mit anderen Wunderkindern tragen muß, mit
Muſikern, Komponiſten, Rechenkünſtlern uſw. dielleicht leich=
ter
tragen können, wenn er ſich, was ſein Vermögen ihm ge=
ſtattet
, in ſtillen Stunden ſeine eigene Jugend im Laufbild
anſieht.
Jackie Coogan iſt heute 9 Jahre alt. Er ſoll immer noch der
entzückende Junge ſein mit den großen Märchenaugen, dem be=
zwingenden
Lachen und dem echten Weinen (wenn er filmt).
Man ſagt von ihm, daß Millionen Kinder in Amerika ihn ken=
nen
, daß ſein Name in allen Fcnilien populär iſt und daß es der
Sehnſuchtswunſch der Kinder Amerikas iſt, auch einmal ein
Jaclie Coogan zu werden mit dem im Hintergrunde ſchim=
mernden
Jahreseinkommen von einer Million Dollars ( 4,20
Millionen deutſche Rentenmark). Soviel verſteuert nämlich der
beneidenswerte kleine Kerl. Wir kennen den Kleinen nur aus
den an ſich keineswegs künſtleriſch vollwertigen amerikaniſchen
Filmſtreifen, die hier abgerollt wurden, und aus denen ſich ſeine
wundervoſle Kindlichkeit ſo zwingend heraushebt, ganz gleich,
in weſſen Geſellſchaft er mimt. Wir bewundern ſein großes,

dunkles, ſo rührend ſprechendes Augenpaar, ſein Mienenſpiel,
das darum ſo meiſterhaft wirkt, weil ihm auch nicht die Spur von
irgendwie Erlerntem, Gedrilltem, Gekünſteltem anhängt. Er iſt
bei aller Reife ſeiner Darſtellung ſo ganz Kind, ſo ganz er ſelbſt.
Wenn er in den viel zu weiten, langen Hoſen, ärmlich aber rein=
lich
, an Hoſenträgern mit drei Knöpfen hangend, die ebenſo viel
zu große, zerſchliſſene Sportmütze keck auf dem langhaarigen
Pagenkopf, flink wie ein Wieſel läuft, wenn er ſeinen etwas
breit geratenen Mund mit den vollen Lippen zu ſeinem bezwin=
genden
Lachen ſpielen läßt, oder mit einer in ihrer natürlichen
Schlichtheit rührenden Hilfloſigkeit zum Weinen verzieht, wobei
die Augen in Tränen ſchwimmen (nie auch hierbei ſentimentale
Ulebertreibung!), wenn er ſeine ſchelmiſchen Spitzbubenſtückchen
ausführt, in denen er immer irgendwie im Hintergrunde Kava=
lier
bleibt, oder wenn er bei aller Kindlichkeit ſehr dezent ſeinen
Körper entblößt, um mit Bürſte und Seife eine Generalreinigung
an ſich vorzunehmen. So kennen wir ihn als den beſten Film=
darſteller
ſeines Alters und Faches.
Was man bisher nicht von ihm wußte, wird in amerikani=
ſchen
Blättern erzählt: Jadie Coogan iſt das Söhnchen kleiner
Artiſten eines Vaudevilletheaters, das in der 100. alſo in einer
ſehr beſcheidenen Straße Neu=Yorks liegt und ſich nicht mit
den Reichen der ariſtokratiſchen Abenues füllt. Die Eltern nah=
men
ihren Kuaben ſchon frühzeitig mit, und von ſeinem verſteck=
ten
Platze aus hatte er Gelegenheit, die Schauſpielkunſt ſeiner
Eltern zu ſtudieren. Eines ſchönen Abends aber ſo wird er=
zählt
ſtand Jackie plötzlich auf, verließ ſein Verſteck und eilte
auf die Bühne, da ihn die Luſt angekommen war, ſich auch ein=
mal
zu produzieren. Voller Erſtaunen, aber auch Bewunderung
begrüßte das Publikum dieſen bisher nie geſehenen und gehörten
kleinen Schauſpieler. Und dieſes improviſierte Spiel wurde zu
Jadies Debut, denn ſehr bald verbreitete ſich die Kunde, daß ein
Filmproduzent von Hollywood ſich ſeiner angenommen habe, um
ihn zum Filmſtar auszubilden. Es war Charlie Chaplin, der
Jacklie Coogan entdeckte. Mit ihm ſchuf er den unvergleichlichen
Film vom Kid.
Was ſein unberührtes Spiel im Film erklärlich erſcheinen
läßt, wird damit glaubhaft von Leuten, die ihn kennen, begrün=

det, daß Jackie ſich herzlich wenig um die Filmſchauſpielkunſt
kümmert, daß er tatſächlich gan; unbewußt ſpielt und daß ſein
kindlicher Traum eigentlich der iſt, einmal ein berühmter Baſe=
ballſpieler
zu werden. So iſt der Zauber erklärlich, den ſein Spiel
auf den Beſchauer ausübt und alle Herzen für ihn gewinnt, auch
die derer, ſo mit einem meiſt durchaus berechtigten Mißtrauen
ſich einem Wunderkinde gegenüberſtellen.
Wir fahen in Darmſtadt Jackie Coogan im Kid, dem
Chaplin=Film, in My Boy und ſehen ihn jetzt die Haupt= und
Titelrolle im Zirkuskind (Uniontheater) ſpielen. In die=
ſem
Film iſt er der arme Junge einer armen Witwe, läuft eines
Tages nach allerhand Streichen ſeinem Oukel davon, um der
Prügel zu entgehen, und landet in einem Zirkus als Eisboy.
Hier erlebt er nun ſeine erſte kindlich nur gefühlte Liebe. Die
kleine Parforcereiterin auf ungeſatteltem Pferde, ein Mädchen
ſeines Alters, der er ſich angeſchloſſen, kann eines Abends nicht
auftreten, weil ſie den Fuß verletzt hat, und Jackie hört, daß der
brutale Zirkusdirektor die Kleine und ihren Großvater (der
Jaclie einſt Liebes erwieſen) entlaſſen werden ſoll. Er dringt
mit ſeinem Opfer, dem man zunächſt ablehnend gegenüberſteht,
durch, ſchlüpft ins Koſtüm ſeiner kleinen Freundin und reitet
parforce. Mit durch ſtürmiſchem Applaus beſtätigtem Erfolg. Ein
Mißgeſchick läßt ihn die Perücke verlieren, der fromme Betrug
kommt zutage und der Zirkusgewaltige verpflichtet den ſo
neu entdeckten Kunſtreiter um 75 Dollar die Woche, will aber die
kleine Freundin und den Großpapa Clown entlaſſen. Das aber
verträgt Jackies kleines Herz nicht, er ſetzt alles durch, wird ein
reicher kleiner Mann und holt ſeine Mutter im Auto zu ſich.
Dieſer Film gibt Gelegenheit, neben Jacklie Coogau im ganzen
Umfange ſeiner Darſtellungskunſt alles mögliche ſonſt rieſig In=
tereſſante
zu zeigen, und macht den Film ſpannend und feſſelnd,
ſo daß man das Sentimental=Amerikaniſche leicht verwindet.
Jackie Coogan wird im Film nicht in gleicher Größe zu
erſetzen ſein. Es darf dem goldigen kleinen Bengel von Herzen
gewünſcht werden, daß er trotzdem ein glücklicher Menſch
II. St.
wird, er, der als Kind ſchon ſo vielen etwas gibt.

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Seite X.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 30. Januar 1924.

Nummer 30.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 30. Januar.
Techniſche Hochſchule. Rektor und Senat der Techniſchen
Hochſchule Darmſtadt haben auf einſtimmigen Antrag der Ab=
teilung
für Chemie die Würde eines Doktor=Ingenieurs Ehren=
halber
verliehen: Herrn Dr. phil. Adolf Winther, Vor=
ſtandsmitglied
der Chemiſchen Fabrik Griesheim=Elektron in
Frankfurt a. M., in Anerkennung ſeiner bedeutſamen Verdienſte
um die Entwicklung der Teerfarbeninduſtrie, verknüpft mit dem
Ausbau eines heimiſchen Werkes der chemiſchen Großinduſtrie.
Landestheater. Der zweite, heute abend ſtattfindende Beethoven=
Abend des Drumm=Quartetts im Kleinen Haus beginnt um 71 Uhr.
Dritter Vortragsabend techniſch=wiſſenſchaftlicher Vereine
(Mittelrh. Arch= und Ing.=V., V. d. J., Elektrotechn. Geſ. V. d.
Dipl.=Ing.). Der 3. Vortrag findet heute, Mittwoch, den 30. Jan.,
abends 8 Uhr, im Hörſaal 326 der Techn. Hochſchule, ſtatt über Scha=
lungsloſe
Bauweiſe im Eiſenbetonbau, mit Lichtbildern. Vortragen=
der
: Herr Direttor Lupescu, bei Wayß u. Freytag, Frankfurt a. M.
Daran aſchließend Mitteilungen über Ziele und Aufgaben der Tech=
niſchen
Nothilfe, ebenfalls mit Lichtbildern. Vortragender: Reg=
Baumeiſter Dilsdorf.
* Plakat=Ausſchreiben für die Ausſtellung Darmſtadt 1924.
An alle heſſiſche oder in Heſſen wohnende Künſtlerinnen und
Künſtler ergeht die Aufforderung zur Beteiligung an einem
Skizzen=Wettbewerb für das Plakat der Südweſtdeutſchen Kunſt=
ausſtellung
Darmſtadt 1924. Preisgericht iſt der Ausſtellungs=
ausſchuß
, Schlußtag der Einlieferung der 1. März. Nähere Be=
dingungen
ſind zu erfahren auf dem Geſchäftszimmer der Ar=
beitsgemeinſchaſt
für bildende Kunſt, Stadthaus, Zimmer 70,
täglich von 10 bis 12½ Uhr vormitags.
v. H.
Der Darmſtädter Anwaltveren ſendet uns zur Frage der Pro=
zeßreform
folgende Entſchließung: Die heutige Verſammlung des
Darmſtädter Anwaltvereins proteſtiert dagegen, daß grundlegende Be=
ſtimmungen
der Reichsjuſtizgeſetze im Wege von Notverordnungen auf
Grund des 8 48,2 der Verfaſſung oder d.8 Ermächtigungsgeſetzes vom
8. Dezember 1923 geändert werden. Wir erwarten, daß der Neichsrat
und der Reichstag die Aufhebung der bis jetzt erlaſſenen Verordnungen
ſchleungſt verlangt, da ein offenbarer Mißbrauch des Ermächtigungs=
geſetzes
und der Verfaſſungsbeſtimmung vorliegt. Es war nicht der
Wille der geſetzgebenden Faktoren, die Reichsregierung mit ſo weitgehen=
den
Vollmachten auszuſtatten; es war nicht der Wille dieſer Faktoren, die
ſeit Jahren beratenen grundlegenden Reformen, der Reichsjuſtizgeſetze
auf dem Wege ſolcher Notverordnungen übers Knie brechen zu laſſen.
Auch ſachlich bedeuten die bis heute ergangenen und die dem Vernehmen
nach in Vorbereitung befindlichen Verordnungen eine ungeheuerliche
Verſchlechterung der Rechtspflege und eine unerträgliche Minderung der
Garantien des Verfahrens. Die getroffenen Maßnahmen haben im wei=
ten
Kreiſen das Vertrauen darauf, daß wir in einem Rechtsſtagt leben,
ſchwer erſchüttert.
* Zuſchläge zur Erwerbslofenunterſtützung bei Ausführung von
Notſtandsarbeiten. Die Erwerbsloſen ſind verpflichtet gegen ihre Un=

de Hr e O. Kunden de ei wehr as 2 Sauden Abef Leſſf.
30 Prozent Zuſchlag zur Hauptunterſtützung erhält. Bei ſchweren
Arbeiten kann der Zuſchlag ſchon nach 16 Stunden bezahlt werden.
Für Facharbeiter iſt eine beſondere Prämie von 10 Prozent des
Hauptunterſtützungsſatzes pro Tag eingeführt worden. Außerdem iſt
bei beſonders guten und beſonders ſchwierigen Leiſtungen eine Prä=
mie
von 5 Prozent täglich feſtgeſetzt worden.
* Hypothekengläubiger=Schutzverband. Am Montag abend fand im
Feierabendſaal eine erweiterte Ausſchußſitzung ſtatt. Es wurde über
die zur Tagesordnung ſtehenden Punkte lebhafte Debatte geführt und
ſchließlich beſchloſſen: 1. Innerhalb der nächſten 14 Tage wird die
Jahreshauptverſammlung ſtatutengemäß abgehalten: 2. In der Jah=
reshauptverſammlung
ſoll, wie bei allen künftigen Mitgliederverſamm=
lungen
, ein Referat über die wichtigſten Fragen der Materie gehalten
werden, mit anſchließender Ausſprache; 3. Als Beitrag wird der Jah=
reshauptverſammlung
ein Monatsbeitrag von 0,50 Mk. vorgeſchlagen;
4. Für die Zukunſt wird der Verband ſich nicht nur mit den Hypothe=
ken
, ſondern auch mit Obligationen, Sparguthaben, kurz allen hochwer=
tigen
Schuldforderungen befaſſen. Diesbezügliche Namensänderungs=
vorſchläge
wurden zur Hauptverſammlung zurückgewieſen. In der
weiteren Ausſprache wurde die künſtige Zuſammenſetzung des Vor=
ſtandes
beraten.
Aus der Schloßgemeinde. Am 25. ds. Mts. hielt Herr Stu=
bienrat
Dr. Zimmermann einen Vortrag über das Chriſtentum und
die auderen Religionen. Ausgehend von den religiöſen Anſchauungen
und Gebräuchen der Naturvölker, gab der Vortragende den geſpannt
lauſchenden Zuhörern ein anſchauliches Bild über die Entſtehung und
Vorbereitung des Brahmanismus, der Religion des Buddha und der
Lehren des Confucius, und wies darauf hin, wie vorzeitlich ſchon die
hochſtehende Kultur der Inder und Chineſen geiſtig bedeutende Per=
ſönlichteiten
hervorbrachte, die dem Weſen des Chriſtentums nicht allzu
fern ſtander. Beſonders die grundlegenden Lehren des Confucius
haben es fertig gebracht, ein verſchieden geartetes Rieſenvolk von
400 Millionen auf Jahrtauſende zuſammenzuhalten. Nichtsdeſtoweni=
ger
habe aber das Chriſtentum gerade in Indien und China ſehr gute
Aufnahme gefunden und damit bewieſen, daß es nicht eine von vielen
Religionen, ſondern die Religion ſei, welche alles durchdringt und im=
mer
von neuem ſeine wahre Heilkraſt beweiſt. Raicher Beifall dankte
dem Redner für ſeine tiefgründigen Darlegungen.
Der Verein der Hundefreunde von Darmſtadt und Umgegend
für Raſfezucht, Polizei=, Schutz= und Gebrauchshundeweſen, e. V., hielt
im Saale der Brauerei Fah, Alexauderſtraße, ſeine Hauptverſamm=
lung
ab. Der 1. Vorſitzende, Herr Rechtsanwalt Rohde, eröffnete die
Verſammlung mit freundlichen Begrüßungsworten und erwähnte, daß
das zahlreiche Erſcheinen von regem Intereſſe zeuge. Hierauf erſtattete
der Vorſitzende den Jahresbericht und betonte, daß die Tätigkeit des
Vereins im abgelaufenen Jahr, trotz der wirtſchaftlichen Verhältniſſe,
ſehr rege geweſen ſei, insbeſondere auf dem Dreſſurplatz, wo fleißig ge=
arbeitet
wurde. Das hierauf vom Schriftführer verleſene Protokoll
wurde ohne Widerſpruch angenommen. Sodann erſtattete der Rechner
den Rechenſchaftsbericht. Die Rechnungen wurden von den Mitglie=
dern
Hofmann und Jäger geprüft und für richtia befunden. Auf
Grund deſſen wurde dem Rechner mit Worten des Dankes Entlaſtung
erteilt. Bezüglich der Vorſtandswahl wurde der ſeitherige Vorſtand
mit wenigen Aenderungen wiedergewählt. Zu Punkt Ausſtellung, foll
eine ſolche in dieſem Jahre abgehalten werden; Tag und Lokal wer=
den
noch feſtgelegt. Zu Punkt Dreſſurfragen referierte Herr Jäger
und ſtellte feſt, daß die Mitglieder auf ihre im abgelaufenen Jahre
geleiſtete Arbeit ſtolz ſein können, was ſie bei den Prüfungen bei ſtar=
ker
Konkurrenz bewieſen haben, insbeſondere, daß ſtets die erſten
Preisträger in Darmſtadt zu ſuchen ſind. Leider befindet ſich das aute
Material von Hunden in Privathänden, da die Polizei in Darmſtadt
zurzeit über keine Polizeihunde verfügt, welches auch von den meiſten
Bürgern Darmſtadt mißbilligt wird. Es erübrigt ſich nochmals dar=
auf
hinzuweiſen, wie wertvoll in beſonders gelagerten Fällen ein Poli=
zeihund
mitwirken kann. Ueber die von ſeiten der Stadt Darmſtadt
enorm erhöhte Hundeſteuer waren die Mitglieder ſehr empört und
auch mit Recht, da ja Darmſtadt bekanntlich eine der teuerſten Städte
iſt, ſo auch in der Hundeſteuer. Der Verein wird beim Miniſterium
anfragen, inwieweit die Stadt Darmſtadt berechtigt iſt, eine derartig
erhöhte Hundeſteuer zu erheben. Zu Punkt Verſchiedenes wurde ſich
noch unterhalten über Zucht=, Ausſtellungs= und Dreſſurweſen. Erfreu=
licherweiſe
beſuchen die Mitglieder recht zahlreich die Dreſſurſtunden,
welche jeden Mittwoch nachmittag und Sonntag vormittag auf dem
Gelände des Pferdemarktes in der Holzhofallee, unter Aufſicht von
bewährten Dreſſurleitern ſtattfinden. Hier iſt jedem Mitglied Gele=
genheit
geboten, ſeinen Hund ſo auszubilden, daß er ein zuverläſſiger
Bächter und Beſchützer ſeines Herrn iſt. In der Hoffnung auf ein
weiteres Blühen und Gedeihen der Vereins ſchloß der Vorſitzende mit
Worten des Dankes die Verſammlung.

Abſchied des
Oberlandeßgerichtsbnräſdenten D. Beſ.
Zum letzten Male vor ſeinem Uebertritt in den Ruheſtand
führte geſtern Herr Oberlandesgerichtspräſident Dr. Beſt den
Vorſitz in dem erſten Zivilſenat. Dieſen Anlaß nahmen die an übt. Audolf Schanzer und Ernſt Weliſch haben das Wagnis, die große
dem Gericht verſammelten Anwälte wahr, um ihm durch Rechts=
anwalt
Dr. Oſann ein warmes Abſchiedswort ſagen zu laſſen.
Dr. Oſann wies darauf hin, daß Herr Oberlandesgerichtspräſi=
dent
Dr. Beſt in einer geradezu vorbildlichen Weiſe die Leitung
des Senats und der dort entſchiedenen Rechtsſachen durchgeführt
hat. Mit einer außerordentlichen Inteuſität ſeiner Arbeit und
mit nachhaltigem Wirken habe er die Intereſſen des Rechtes
und der rechtſuchenden Kreiſe der Bevöllerung gewahrt. Er
habe ſich die ſchnelle und doch gründliche Durchführung der Pro=
zeſſe
zur Aufgabe gemacht, und erreicht, daß in einer anerken=
nenswert
kurzen Zeit die Prozeſſe vor dem Oberlandesgericht
zur Entcheidung gebracht worden ſeien. Aber nicht allein dieſes
äußerliche Moment ſei danlbar anerkannt worden, ſondern ins=
beſondere
auch die umfaſſenden Kenntniſſe, welche Herr Ober=
landesgerichtspräſident
Dr. Beſt in der Führung ſeiner Geſchäfte
bewieſen habe. Er ſei vor etwa 8 Jahrin aus dem Miniſterium
in das Oberlandesgericht berufen worden, und habe in dem
Miniſterium die Bearbeitung der Geſetze durchgeführt, welche
die Ueberleitung des heſſiſchen Rechts in das bürgerliche Geſetz=
buch
zum Gegenſtand gehabt hätten. Dann habe er als Präſi=
dent
des Oberlandesgerichts dieſe Geſetzgebung in die Praxis
überführt und ſich in dieſer zwiefachen Richtung um das Recht
unſeres Landes aufs höchſte verdient gemacht. Ihm ſei es aber
nicht bloß auf das formale Recht angekommen, ſondern ſeine
Hauptaufgabe habe er darin geſehen, Recht und Wirtſchaft in
Einklang zu bringen. Dieſe vornehme Tätigkeit des Juriſten
ſei zum beſonderen Ausdruck in der Frage der Aufwertung der
Hypotheken und der Aufwertung bei anderen Rechtsgeſchäften
gekommen. Zu einer Zeit, zu der der Juriſt noch ſtarr an dem
Grundſatze Mark Mark feſthielt, habe Herr Oberlandesgerichts=
präſident
Dr. Beſt in weiter Einſicht in die wirtſchaftlichen Dinze
dieſen Satz bekämpft und die Aufwertung in bahnbrechenden
Entſcheidungen ſeines Senats zur Dunchführung gebracht. Nun=
mehr
ſei der Standpunkt des Herrn Oberlandesgerichtspräſiden=
ten
Dr. Beſt von vielen Gerichte, insbeſondere aber auch von
dem Neichsgericht, als durchaus zutreffend anerkannt worden,
und es werde ihm eine innere Genugtuung ſein, daß ſich das
Reichsgericht in ſeiner grundlegenden Entſcheidung in manchen
Beziehungen wörtlich das zu eigen macht, was Herr Oberlandes=
gerichtspräſident
Dr. Beſt vertreten und durchg=führt habe. Zu
den Anwälten habe er, was dankbarſt anerkannt werde, in den
beſten Beziehungen geſtanden, wie dies auch dankbar bei den
anderen Herren des Oberlandesgerichts zu verzeichnen ſei, die
ebenfalls jetzt in den Nuheſtand hätten treten müſſen: die Ober=
landesgerichtsräte
Sandmann, Zimmermann, Pſannmüller, Dr.
Berchelmann und Diefenbach. Es bedeute eine Fronie, daß ein
ſolcher Mann, wie Herr Oberlandesgerichtspräſident Dr. Beſt,
in der Vollkraft ſeines Schaffens gezwungen werde, in den Ruhe=
ſtand
zu treten. Mit tiefem Bedauern ſcheide die Anwaltſchaft
von ihm, und ſie werde ſtets gedenken, welch ein Kenner des
Rechts und Förderer der rechtlichen Intereſſen Herr Präſident
Dr. Beſt geweſen ſei.
Herr Präſident Dr. Beſt dankte ſichtlich bewegt für dieſe
anerkennden Worte und gab ſeinem tiefen Bedauern Ausdruck,
daß er aus dem ihm lieb gewordenen Amte, dem er ſeine ganze
Kraft und Tätigkeit gewidmet habe, ſcheiden müſſe, und das zu
einer Zeit, in welcher jeder ſeinen Lebenszweck nur in der Ar=
beit
finden könne, insbeſondere, da er ſich noch im Vollbeſitz ſei= früheren Aufführungen ſind einige Neuerungen vorgenommen. Deu
ner Kraft fühle.
Abſchiedsfeier im Landgericht.
Im ſinnvoll gärtneriſch geſchmückten Sitzungsſaale der
Strafkammer fand geſtern eine kleine Feier ſtatt, die den
nach dem Altersgrenzengeſetze zum 1. Februar 1924 verabſchiedeten
Mitgliedern des Land= und der beiden Amtsgerichte galt und die über=
aus
zahlreich beſucht war. Landgerichtsdirektor Dr. Nagel ſprach
namens der Mitglieder des Landgerichts, der Staatsanwaltſchaft und
der beiden Amtsgerichte warme Abſchiedsworte an die durch die Un=
gunſt
der Zeiten aus dem Amt Scheidenden, insbeſondere richteten ſich
ſolche an den Landgerichtspräſidenten Theobald. Präſident Theo=
bald
dankte für die ihm nach faſt 45jähriger Dienſtzeit gewidmeten
Abſchiedsworte und wandte ſich dann an die mit ihm, kraft der Ab=
baugeſetze
und Abbauverordnungen Ausſcheidenden. Dieſe Maßregeln, Turnhalle ein Kartenvorverkauf eingerichtet. (Näheres ſiehe im An=
ſo
ſagte der Redner ſind als Sparmaßnahmen notwendig. Für viele
bringen ſie große Sorgen, aber die zuſtändigen Stellen betrachten die
Ausſcheidenden als Vorbilder und Wegweiſer für das, was an Opfern
Treue Pflichterfüllung haben die Ausſcheidenden, an die ich mich
wende immer geübt. Auf das zurückkommend, was Kollege Dr.
Anerkennung der amtlichen Tätigkeit, die Sie mir bewieſen, für die
treue Mitarbeit aber auch, die ich bei Ihnen, meinen Kollegen, bei den
übrigen Mitgliedern des Landgerichts und der beiden Amtsgerichte
gefunden habe: dieſe Worte des Dankes darf ich ſchließlich auch aus=
meine
amtliche Tätigkeit gedenke ich noch der Toten. Haben Sie alle
herzlichen Dank, bewahren Sie mir ein freundliches Angedenken. In
poetiſchen formvollendeten Abſchiedsworten ſprach dann Direktor
Schilling Trygophorus: Dem kategoriſchen Imperativ der
ſittlichen Pflicht gehorchend, weis ich das Geſchick mit Würde zu tra=
gen
. Bewegten Herzens nehme ich Abſchied von Zion, bewahren Sie
mir ein freundliches, nachſichtiges Andenken‟. Ergreifende Worte des
Abſchieds fand ſchließlich Bürodirektor Bauer: Die horaziſchen
Worte olim meminigse jurabit im guten Sinne gedeutet, mögen
wohl auch ihre Verechtigung haben. Alles in allem, es war eine
ernſte, ſtimmungsvolle Feier, die allen ewig in Erinnerung bleiben
wird.

Da N D Scn den ein er ict ertlist u
1 Uhr und nachmittags von 2 bis 5 Uhr, beim Verſorgungsamt Darm=
ſtadt
(in denſelben Zimmern wie ſeither) ſtatt. An dieſem Tage nicht
abgeholte Beträge können noch am 2. Februar, von 1012 Uhr vor=
mittags
auf der Kaſſe (Zimmer 80) in Empfang genommen werden.
Nicht abgeholte Beträge werden am 4. Februar den Empfängern durch
die Poſt koſtenpflichtig überſandt. Cs wird noch darauf aufmerkſam
gemacht, daß die Penſionsempfänger auf Grund der Perſonglabbau=
Verordnung verpflichtet ſind, etwaiges Privateinkommen nach dem
Stande vom Monat Dezember 1923 oder Januar 1924 in Goldmark
ausgedrückt dem Verſorgungsamt mitzuteilen haben. Bei der etwai=
gen
Penſionskürzung wird das Dienſteinkommen eines ledigen Beam=
ten
der Beſoldungsgruppe III, Stufe 1 zu Grunde gelegt: dasſelbe
beträgt in Ortsklaſſe 4 135 Mk. B 131,50 Mk., C 129,50 Mk., D 127 Mk.
und k. 125 Mk.; dazu tritt noch der jeweilige örtliche Sonderzuſchlag.
Die Anmeldung ſchulpflichtiger Kinder zur Aufnahme in die
Stadtſchulen hat Dienstag, den 5. Februar zu erfolgen. Näheres in
der Bekanntmachung im Anzeigenteil, in den ſtädtiſchen Aushänge=
käſten
und in den Schulen.

TALIZCAI
Bewährt?

* Orpheum.
Gaſtſpiel Guſtav Bertrams Operetten=Geſellſchaft.

Zurzeit beherrſcht den Spielplan unſeres Operettentheaters
Orpheum Leo Fall mit ſeinem großen Schlager Madame

Pompadour, der in vielen Großſtädten eines der zugkräftigſten
Kaſſenſtücke war, und noch iſt, und auch hier die gleiche Bugkraſt aus=
Pompadour zur Operettenfigur zu machen, unternommen und haben
mit dieſem Wagnis entſchieden Glück gehabt, ſie erwies ſich als ein
ausgezeichnetes Obiekt für die Operette. Man muß es den Librettiſten
übrigens anerkennend beſtätigen, ſie haben verſucht, ihrer Dichtung
einen politiſch=geſchichtlichen Hintergrund zu geben, und ſich nicht dar=
auf
beſchränkt, das ſagen wir Pikante aus dem Leben dieſer Königs=
kokette
zum Gegenſtand der Handlung zu machen, wenn das naturge=
mäß
auch einen breiten Rahmen in der Operette einnimmt. Wir ſehen
einen zeitlich begrenzten Ausſchnitt aus dem reich bewegten Leben
der Pompadour. Sie ſehnt ſich wie oft aus der Enge des Hof=
lebens
und ſteigt ins Volk hinab, prüft die Tänzer auf Temperament
und Muskelkraft, um wieder mal einen glücklich zu machen. Dieſer
eine aber iſt auch verkleidet in dem fragwürdigen Lokal. Er iſt in
Wirklickkeit Graf Nens und der Gatte ihrer wirklichen Schweſter.
Was aber erſt ſpäter herauskommt. Nach allerlei Zwiſchenſpielen, in
denen auch ein Poet, der Spottlieder auf die Pompadour macht und ſie
dieſer, die er nicht kennt, ſelbſt vorlieſt, dafür zum Tode verurteilt,
aber nicht hingerichtet wird, eine weſentliche Rolle ſpielt, kommt das
Ehepaar wieder zuſammen und der König wird zum ſo und ſo vielten
Male mit einem anderen betrogen.
Die Aufführung iſt wieder, im Rahmen des hier möglichen, ganz
ausgezeichnet. Die Vorſtadtkneive, wie die königlichen Zimmer ſind in
recht guter Ausſtattung originell und bildhaft wirkſam erſtellt (Georg
Ranzow, E. Fink und Guſtav Bertram zeichnen für Ausſtat=
tung
, Technik und Regie verantwortlich) und die Aufführung iſt tempe=
ramentvoll
., flott und von bis zur Ausgelaſſenheit geſteigerter Laune
die ſich unbedingt dem Publikum mitteilt. Dabei iſt der Stoff wohl
an ſich heikel, aber ſchließlich paſſiert nichts oder doch ſo gut wie
nichts. Die Hauptrollen ſind treffend beſetzt. Die Pompadour findet
in Margarete Peter eine ſehr pikante, energiſche und bis zur Liebes=
tollheit
temperamentvolle Verkörperung. Die Künſtlerin zeigt, daß ſie
ſich im Reifrock, wie im Maskenkleid, im Reitkoſtüm und faſt ohne
zu geben vermag und immer, bei aller Pikanterie ihrer Erſcheinung,
dezent wirt. Der geſaugliche Teil ihrer Aufgabe macht ihr ebenſo=
wenig
Schwierigkeiten, wie Guſtav Bertram, dem ſtets Ausge=
laſſenen
und witziger Einfälle vollen, und wie Hans Süßen=
guth
(Rene), der, wie immer, ein feuriger, zwingender Liebhaber iſt,
im Juchtenwams, wie in der Uniform und im königlichen Schlaf=
rock
. Hermann Schüler ſpielt den trottelhaften König gut und
mit der nötigen Zurückhaltung im Humor und findet in Adolf
Fordan als Polizeiminiſter einen ausgezeichneten Partner. Mizi
Rauſchenberg iſt ein nettes Kammerkätzchen, und die übrigen
Rollen ſind durchweg gut beſetzt. Am Dirigentenpult wirkt mit beſtem
Erfolg, wie immer, P. Dietrich.
A. 8t.
Gaſtwirte=Innung. Heute, Mittwoch, den 30. Januar, begeht die
Gaſtwirte=Innung im Städt. Saalbau ihr 41jähriges Stif=
tungsfeſt
. Die Feier, die abends 8 Uhr beginnt, beſteht in einem
unterhaltenden Teil und dem Feſtakt zur Ehrung verdienter Mitglie=
der
und Angeſtellten. Der erſte Teil wird gediegen=künſtleriſchen Cha=
rakter
tragen. Hier werden mitwirken: Herr Karl Schlupp und
Frau, ferner Herr Theodor Heuſer, Frau Käthe Gothe, Frl.
Paula Kapper, ferner Mitglieder des Heſſiſchen Landestheaters und
ein Männerquartett unter Leitung des Herrn Kammermuſikers Adam.
Die muſikaliſche Leitung hat Herr Obremuſikmeiſter M. Weber.
Fremde können nur bei vorheriger Anmeldung durch Mitglieder ein=
geführt
werden, und ſind Mitglieder= und Fremdenkarten vorher bei
Kollege Bickelhaupt, Kaiſerautomat, Rheinſtraße, abzuholen.
Friſch auf mein Volk. Auf Wunſch vieler Bruder= und ſonſtigen
Vereine, wie auch aus Anlaß der Tagung der Gauwarte des 9. Turn=
kreiſes
(Mittelrhein) der Deutſchen Turnerſchaft, wiederholt die Turn=
gemeinde
Darmſtadt 1846 (Woogsplatz) nochmals ihren Turn=
und Feſtſpielabend am Sonntag, den 10. Februar. Auch dieſe Wieder=
holung
findet im Großen Haus des Heſſiſchen Landestheaters ſtatt, ſie
beginnt um 2½ Uhr nachmittags. Der erſte Teil der Veranſtaltung iſt
turneriſchen Darbietungen beider Geſchlechter gewidmet. Gegen die
zweite Teil bringt in gleicher Beſetzung das beim Münchener Turnfeſt
und auch hier in Darmſtadt mit größtem Erfolg aufgeführte Feſtſpiel=
Friſch auf mein Volk von B. Krüger. Die Aufführung am 10. k. Mts.
iſt die fünſte hier in Darmſtadt; hieraus dürſte erſichtlich ſein, daß es
ſich um eine Veranſtaltung handelt, die über den Rahmen einer gewöhm=
lichen
Vereinsveranſtaltung hinausgeht. Der Kartenpreis iſt 1,00, 1.50,
2,00, 2,50 Mark, alles numerierte Sitzplätze. Der Kartenverkauf beginnt
am Montag, den 4. Februar, bei Muſik=Arnold, Ernſt=Ludwigſtraße 9.
Auswärtige können Kartenbeſtellungen mit Geldſendung an A. H. San=
der
Sohn, Darmſtadt, Poſtſcheckonto Nr. 6534 Amt Frankfurt a. M.,
gelangen laſſen. Auf dieſe Art beſtellte Karten können am 10. Februar,
ab 2 Uhr, an der Theaterkaſſe abgeholt werden. Für Mitglieder deu
T G.D. 1846, deren Angehörige und Bekannte, wie auch alle Turnſchwe=
ſtern
und Turnbrüder der Darmſtädter Turnerſchaft iſt am Sonntag,
den 3. Februar, mittags von 111 Uhr, im Tie=Saal der Woogsplatz=
zeigenteil
.)
National=Stenographie. Der hieſige National= Stenographen=
verein
eröffnet, wie aus dem Anzeigenteil dieſes Blattes hervorgeht,
getragen werden muß, im Intereſſe des Vaterlandes, des Volkes, am Freitag, den 1. Februar, abends, in ſeinen Unterrichtsräumen im
Feierabend, Stiſtſtraße 51, neue Anfängerkurſe in dieſer einfachſten
Kurzſchrift der Gegenwart. Bei nur achtſtündiger Dauer des geſamtem
Nagel in ſchöne Worte kleidete, möchte ich Ihnen Dank ſagen für die Unterrichts wird das Syſtem vollſtändig gelehrt, und bietet ſich ſomit
Jedem Gelegenheit, ſich dieſe nützliche Fertigkeiten anzueignen.
Lokale Veranſtaltungen.
dehnen auf die Beamten der Staatsanwaltſchaft. Beim Rückblick auf Die dlerunter erſchelnenden Nolzen ſind ausſchließlich als Hinwelſe auf Anzelgen zu bekrachten,
in ſeinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Krill.
Krieger=Verein 1874, Darmſtadt, e. V. Der nächſts
Unterhaltungsabend mit Damen findet mit behördlicher Geneh=
migung
am Samstag, den 2. Februar d. J., abends, nicht bei Chriſt,
Grafenſtraße, ſondern in den Näumen des Bürger=Vereins, Saalbau=
ſtraße
67, gegenüber dem Städt. Saalbau ſtatt.
Heſſ. Fechtverein, Darmſtadt. Wir machen unſere Mit=
glieder
auf die morgen abend 8½ Uhr, im Vereinslokal Heſſiſcher
Hof, ſtattfindende Generalverſammlung aufmerkſam.
Sektion Darmſtadt des Deutſchen und Oeſter=
reichiſchen
Alpenvereins. In der Monatsverſammlung
am Freitag, den 1. Februar, abends, im Vereinszimmer, wird Herr
Dr. med. A. Hüffell über Hochtouren im Hüttengebiet ſprechen.
Aus den Porteien.
Deutſche Volkspartei. Frauenkreiſe der Deutſchen Volks=
partet
. Die weiblichen Mitglieder der Partei werden erneut auf die
Frauenkreiſe aufmerkſam gemacht, die wiederum vorbereitet worden ſind.
Da dieſe Frauenkreiſe ihre Tätigkeit in allernächſter Zeit aufnehmen
werden, ſo bitten wir alle weiblichen Mitglieder, die ſich daran beteiligen
wollen, ihre Eintragung in die betreffenden, auf der Parteigeſchäftsſtelle,
Wilhelminenſtraße 5, aufliegenden Liſten baldmöglichſt vorzunehmen.
Politiſcher Frauenabend. Der nächſte pol tiſche Frauen=
abend
wird am Mittwoch, den 6. Februar, abends 8 Uhr, bei Sitte ( gel=
ber
Saal) veranſtaltet, wozu alle weiblichen Mitglieder der Deutſchen
Volkspartei hierdurch herzlichſt eingeladen werden. Herr Generalſekretär
Kollbach wird ſeine Darſtellungen aus der Reichs= und Landespolitik
fortſetzen, an die ſich dann die politiſche Ausſprache anſchließen ſoll.
Die Demokratiſche Partei Darmſtadt wählte in ihrer
geſtrigen Generalverſammlung an Stelle des durch Arbeit überlaſteten
Rektors der Techniſchen Hochſchule, Prof. Dr. Heidebroeck, den Land=
tagsabgeordneten
Reiber zum 1. Vorſitzenden.

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[ ][  ][ ]

Nummer 30.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 30. Januar 1924

Seite 5.

Parlamentariſches.
* Der Sonderausſchuß des Landtags hielt geſtern nur
eine kurze Sitzung ab. Er beriet noch ergänzende Richtlinien über die
Entlaſſung der Angeſtellten. Dabei wurde beſchloſſen, daß Arbeitern,
ſoweit ſie in Durchführung des Perſonalabbaus entlaſſen werden, wenn
ſie mindeſtens 21 Jahre alt ſind und 1 Jahr ununterbrochen bei einer
Staatsſtelle beſchäftigt waren, beim Ausſch iden zwei Wochenlöhne als
Uebergangsgeld gewährt werden. Die Regierung hatte nur einen
Wochenlohn vorgeſehen. Die Richtlinien über die Ausnahmen bei der
Anſtellungsſperre wurden nach der Regierungsvorlage angenommen. So=
dann
gab die Regierung Erklärungen ab über die Kündigung der Tarif=
verträge
, über deren Neugeſtaltung im Augenblick verhandelt wird. Der
Entwurf über die Dienſtzeit und die Richtlinien über den Abbau der
Beamten ſollen in der Mittwochſitzung beraten werden. Nach der
Sitzung traten die Fraktionen der Regierungskoalition
zuſammen, um dieſe beiden Angelegenheiten einer Vorberatung zu
unterziehen. Dieſe interfraktionelle Beſprechung dauerte mit kurzer
Unterbrechung bis in die Abendſtunden hinein.

Ober=Ramſtadt, 29. Jan. Am nächſten Sonntag, den 3. Februar,
veranſtaltet die hieſige Ortsgruppe des Odenwaldklubs ihr Deko=
rierungsfeſt
, verbunden mit der 1. Wand rung 1924. Zum erſten Male
wird das Feſt ncht in Ober=Ramſtadt, ſondern in den gaſtlichen, ſtets dem
Odenwaldllub offenſtehenden Räumen Schellhaas=Lichtenberg gefeiert.
Der Weg iſt nicht weit, ſodaß auch die weniger Wandergeübten mitlaufen
können. Einige gemütliche Stunden werden dort geboten. Zahlreiche
Beteiligung, auch von Gäſten, erbeten.
Beerfelden, 29. Jan. Man ſchreibt uns: Am letzten Sonntag
nachmittag fand unter dem Vorſitz des Herrn Willy Breimer in hie=
ſiger
Turnhalle eine große öffentliche Verſammlung der Deutſchen
Volkspartei ſtatt, in der Herr Generalſekretär Kollbach= Darm=
ſtadt
über die gegenwärtige politiſche Lage berichtete. Der große Saal
war faſt voll beſetzt. In glänzender 2½ſtündiger Rede zeigte Herr
Generalſekretär Kollbach die Entwickelung unſerer außen= und innen=
politiſchen
Verhältniſſe ſeit dem Verſailler Vertrag. In ausführlicher
Würdigung der Politik Streſemanns wurde dargetan, wie notwendig
und heilſam ſich dieſe Politik der Mitte erwieſen habe. Als einzig mög=
liche
auswärtige Politik bezeichnete der Redner den Weg Streſemanns
zur Schaffung einer nationalen Volksgemeinſchaft, die uns, einig im
Innern, nach außen hin ſtark genug mache, den Rhein als deutſchen
Strom zu erhalten . Dieſes Ziel der Einigkeit müſſe erreicht werden,
ſonſt ſeien wir als Volk verloren. Beſondeis eingehend beſprach Herr
Kollbach die Lage an Rhein und Ruhr. Seine Beleuchtung jener Ver=
hältniſſe
ſetzte die Zuhörer in atemloſe Spannung, und ſein Appell, treu
zuſammenzuhalten, fand den lebhaften Beifall der ganzen Verſammlung.
Nach der Verſammlung fand eine Vereinsſitzun g ſtatt, in der eine
große Anzahl neuer Mitglieder unter dem gewaltigen Eindruck der Rede
ihren Beitritt zur Deutſchen Volkspartei erklärte. Im ganzen kann man
ſagen, daß die Rede des Herrn Kollbach einen vollen Erfolg der D.V. P.
bedeutet und in Kreiſen, die ſeither dieſer Partei ferngeſtanden haben,
wurde der Wunſch geäußert, daß recht bald wieder ein Redner dieſer
Partei hier ſprechen möge.
* Heppenheim (Bergſtr.), 28. Jan. Geſtern nachmittag 2 Uhr ſchoß
ſich der 22jährige Willy Hojer von hier in der Ernſt=Ludwigſtraße mit
einem Revolver eine Kugel in den Kopf. In ſchwer verletztem Zuſtand
wurde er nach dem Städt. Krankenhaus verbracht. Durch die alsbald
vorgenommene Operation hofft man den Lebensmüden am Leben zu er=
halten
. Liebeskummer ſoll den Jüngling zu der Tat veranlaßt haben.
Offenbach, 29. Jan. In der Nacht zum 9. Auguſt 1923 war die Ge=
meinde
Sprendlingen durch unaufhörliches Sturmgeläute in große Er=
regung
verſetzt worden. Eine Rotte junger Burſchen hatte den Pfarrer
und den Kirchendiener gewaltſam gezwungen, die Kirchenſchlüſſel heraus=
zugeben
. Fünf Angeklagte, alle im Alter von ungefähr 20 Jahren, wur=
den
deswegen heute wegen gemeinſamen Hausfriedensbruchs und Sach=
beſchädigung
zu Gefängnisſtrafen von 6 bis 9 Monaten verurteilt. Das
Verfahren gegen den Haupträdelsführer mußte abgetrennt werden, da
er noch auf ſeinen Geiſteszuſtand unterſucht werden ſoll.
Worms 29. Jan. Zeitungsverbot. Von der franzöſiſchen
Beſatzungsbehörde wurde die Wormſer Zeitung von morgen ab auf drei
Tage verboten.
Mainz, 29. Jan. Frecher Raubüberfall. Eine an der
Mombacher Straße wohnende 50jährige Frau wurde am Donnerstag
abend gegen 6½ Uhr, als ſie von einem Gange in die Stadt heimkehrte,
auf der Stiege zu ihrer Wohnung von einem unbekannten jungen Mann
überfallen. Der unbekannte Räuber kam die Stiege herunter, packte die
Frau und entriß ihr gewaltſam die Handtaſche, mit der er verſchwand.
Die Frau ſchlug Lärm und lief dem Täter nach, den ſie aber in der
Dunkelheit raſch aus den Augen verlor. Die geraubte Handtaſche, aus
der nichts fehlte, wurde ſpäter in der Mombacher Straße gefunden. In
dem Hauſe fand man gleich auf der zweiten Stiege nach dem Ueberfall
eine Brieftaſche mit diverſen Papieren und Bildern. V.rmutlich wurde
ſie von dem Räuber verloren. Ob ſie ſeine eigene Brieftaſche iſt oder
es ſich auch um ein geraubtes Stück handelt, ſteht noch nicht feſt.
(.) Schwalheim (Kr. Friedberg), 28. Jan. Die Bürgermeiſter=
wahl
ſoll Anfang Februar ſtattfinden. Von Seiten der Bürgerlichen
wurde beſchloſſen, den Landwirt Karl Dietz 3. als Kandidaten aufzuſtellen.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Unter ſtarker Beteiligung fand im Berliner Großen Schauſpiel=
hauſe
aus Anlaß des Ablebens Lenins einer Trauerfeier der Kommu=
niſtiſchen
Partei ſtatt. Während im Großen Schauſpielhaus die Ver=
anſtaltung
ohne jeden Zwiſchenfall verlief, kam es vor dem Theater=
gebäude
und in der Karlſtraße

nationale ausgebracht. Dazwiſchen ſchrie die Menge: Nieder mit
der Schupo! Nieder mit dem Kapitalismus! Den wiederholten Auf=
forderungen
der Schutzpolizei, die Straße freizugeben, und ſich zu zer=
ſtreuen
, leiſteten die Demonſtranten keine Folge. Die Situation wurde
ſchließlich ſo kritiſch, daß die Schutzpolizei zur Säuberung der
Straße ſchreiten mußte. Da die Kommuniſten ſich immer wieder an=
ſammelten
, wurde ſchließlich die Menge unter Anwendung von Gum=
miknüppeln
und mit aufgepflanztem Seitengewehr auseinandergetrie=
ben
. Drei Perſonen wurden zur Wache gebracht. Zwei andere Ver=
anſtaltungen
ſind ohne nennenswerte Zwiſchenfälle verlaufen.

Unſeren Poſtabonnenten
empfehlen wir, ſofern dies noch nicht
geſchehen, die ſofortige Beſtellung für
Monat Februar bei dem zuſtändigen
Poſtamt, wenn eine Unterbrechung in
der Zuſtellung vermieden werden ſoll.
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatts.

(928im.

Der Steuerhinterziehungsprozeß Kerckhoff.
Die Strafkammer in Elberfeld beſchäftigte ſich mit der Steueran=
gelegenheit
des deutſchnationalen Abg. van den Kerckhoff, die ſeinerzeit
viel Aufſehen erregte. Auf eine Anzeige des Finanzamts erfolgte im
Juni 1920 bei van den Kerckhoff eine Hausſuchung, weil er als Ge=
ſchäftsführer
eines Werkes, das einem gewiſſen Wegner gehörte in
die Steuerhinterziehung des letzteren mit verſtrickt ſein und weil er
ferner eigene Steuerverfehlungen begangen haben ſollte. Er entfernte
ohne weiteres eigenmächtig die Siegel von einem Geldſchrank und
einem Schreibtiſch. Es wurden aber trotzdem weitere Ermittlungen
angeſtellt. Im Februar 1921 ſetzte ihn auf Antrag der Staatsanwalt=
ſchaft
die Strafkammer wegen Steuerdeliktes außer Verfolgung. Dieſer
Beſchluß, der ſich ſchon im Sekretariat der Staatsanwaltſchaft befand,
wurde aber von der Strafkammer wieder zurückgeholt und für ungül=
tig
erklärt, weil wegen der Immunität ein ſolcher Beſchluß gar nicht
hätte gefaßt werden können. Es drehte ſich im Verlauf der Verhand=
lung
bei der Erörterung des dem Angeklagten zur Laſt gelegten
Steuervergehens ausſchließlich um die Frage, wie Kerckhoff die Summe
von 280 000 Mark, die in ſeiner Zuwachsſteuererklärung vom Jahre
1919 zu berückſichtigen geweſen war, belegen könne. Am Schluß der
Beweisaufnahme beantragte Staatsanwaltſchaftsrat Hoffmann, die
Entſcheidung über das Steuervergehen abzutrennen und gemäß § 433
der Reichsabgabenverordnung zunächſt eine Entſcheidung des Reichs=
finanzhofes
einzuholen. Was den Siegelbruch angehe, ſo ſei der An=
geklagte
keineswegs berechtigt geweſen, die Siegel eigenmächtig zu
entfernen. Ein Abgeordneter, der berufen ſei, an dem Geſetz mitzu=
arbeiten
, deſſen ſtrenge Beobachtung dem Volke zur Pflicht gemacht
werde, müſſe das, was der Bürger als heilig zu achten habe, im be=
ſonderen
Maße zunächſt ſelbſt achten. Er beantragte die höchſtzuläſſige
Strafe von 600 Goldmark und eine Freiheitsſtrafe, die in eine Zuſatz=
ſtrafe
umzuwandeln ſei. Das Gericht kam zu einer Frei=
ſprechung
. Der Freiſpruch wegen des Steuerdelikts erfolgte wegen
Mangel an Beweiſen. Ein Verdacht gegen den Angeklagten bleibe
immerhin ſo lange beſtehen, bis von ihm nachgewieſen ſei wo die in
ſeiner Steuererklärung nicht belegten Gelder verblieben ſeien. Was
die Entfernung der Siegelung angehe, ſo ſei der Angeklagte erſichtlich
im guten Clauben geweſen.
Schwerſpatlager im Hunsrück.
Meiſenheim. Ausgedehnte Schwerſpatlager ſind bei Ulmet
im Gebiete der Steinalb, zwiſchen Glan und Nahe, entd ckt worden.
Vermutlich handelt es ſich um die Ausläufer der ſeit längerem in Aus=
beute
ſtehenden Schwerſpatgruben von Baumholder. Die Arbeiterſchaft
unſerer Gegend findet durch dieſe Entdeckung eine willkommene Er=
werbsquelle
.

Sport, Spiel und Turnen.
Turnen.
Turngemeinde Beſſungen 1865 e. V., Darmſtadt.
Wieder iſt ein arbeitsreiches Jahr vorüber und ſchwere Zeiten ſind
überwunden. Die Turngemende konnte deshalb mit Beruhigung am
Samstag, den 26. ds. Mts., ihre diesjährige Hauptverſammlung abhal=
ten
. Eine ſtattliche Zahl Turner und Turnerinnen war im Kneipſaal
verſammelt, um ſich über das Leben innerhalb der Turngemeinde Beſ=
ſungen
zu unterrichten. Man konnte feſtſtellen, daß die Erſch enenen auch
zuſammen gehören und gewillt ſind, ſich noch feſter zuſammenzuſchließen
als je. Unter dieſem Eindruck eröffnete der 1. Sprecher, Herr Ober=
ſtudiendirektor
Kiſſinger, um 8¾, Uhr die Hauptverſammlung. Nach
Abſingen eines guten Turnerlied’s ergriff der 1. Sprecher zu einer tief
empfundenen, echt deutſchen Anſprache das Wort. Reicher Beifall lohnte
dieſe trefflichen Ausführungen. Wollte ſich nur ein Teil des in der An=
ſprache
Angeregten verwirklichen, wie ganz anders ſtände Deutſchland da
Aber hier muß eingegriffen werden, um immer wieder der Jugend die
Augen zu öffnen, denn die Jugend iſt unſer Heiligtum, deshalb muß ſie
echt deutſch fühlen und denken lernen. Es iſt ganz außer Zweifel, daß
neben körperlicher Ertüchtigung auch die Liebe zum Vaterland geweckt
werden muß. Weiter gedachte der 1. Sprecher der Ehrenmitglieder und
Mitglieder, welche durch Tod aus unſeren Reihen ſchieden. Ihr Au=
denken
wurde durch Erheben von den Sitzen geehrt. Der geſchäftliche
Teil der Hauptverſammlung wickelte ſich raſch ab. Die Jahresberichte
der einzelnen Ausſchüſſe und Kommiſſionen wurden ohne Debatte gut=
geheißen
. Auch in dieſem Jahre konnten eine Reihe von Turner und
Turnerinnen für fleißigen Turnſtundenbeſuch durch Ehrengaben ausge=
zeichnet
werden. Bei der nun folgenden Wahl des Vorſtandes wurden
außer dem Rechner alle Vorſtandsmitglieder wiedergewählt. Für den
ausſcheidenden Rechner wurde unſer altes verdientes Mitglied Bracher
gewonnen. Die fetzige Zuſammenſetzung des Vorſtandes ſowie der ein=
zelnen
Ausſchüſſe und Kommiſſionen bietet Gewähr, daß alle Ange=
legenheiten
der Turngemeinde Beſſungen nach beſtem Wiſſen erledigt
werdeir. Darum, Turner und Turnerinnen, mit Gut Heil an die Ar=
beir
, denn es gibt viel zu tun.
Hi.
Wandern.
Turngemeinde Darmſtadt 1846.
Nächſten Sonntag, den 3. Februar, unternimmt die Wanderabtei=
lung
eine Nachmittagswanderung. Abmarſch 2½ Uhr vom Tierbrun=
nen
. Gäſte herzlich willkommen.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinerlei Ver=
antwortung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Amfange
der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, fönnen nicht
zurückge andt, die Ablehnung nicht begrünbet werden.
In den zwei vorderen neuen ſtädtiſchen Häuſern am Rhönring,
auf der linken Seite, wohnen 3 Schwerkriegsbeſchäd’gte (Beinamputierte).
Iſt es da nicht angebracht, wenn die Stadt als Beſitzeri durch ihre
Arbeiter etwas Sand den Häuſern entlang ſtreuen würde, damit die
Leute wenigſtens über die Straße gehen können. Bei einer Witterung
wie heute morgen iſt es gefunden Menſchen nicht möglich, an der Stelle
zu gehen. Eine perſönliche Bitte an die Arbeiter blieb leider ohne Er=
folg
. Die Streuung müßte natürlich früh vor ½8 Uhr erfolgt ſein
Ein Anwohner.
mittags hat es keinen Zweck mehr.

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Donnerstag, 31. Januar:
Tagsüber geringe Erwärmung, ſtrichweiſe Niederſchläge, nachts kalt;
Temperatur um den Gefrierpunkt.

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 10½ Uhr,
(E 12, e 6): Louis Ferdinand. Kleines Haus: Zweiter
Beethoven=Abend des Drumm=Quartetts. Anfang 7½ Uhr.
Orpheum, 73 Uhr: Madame Pompadour. Union=, Reſi=
denz
=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen,
Verſteigerungskalender Donnerstag, 31. Januar.
Stammholzverſteigerung, vorm. 10 Uhr, im Eberſtädter Ge=
meindewald
. Zuſammenkunft der Steigerer auf dem Bäckerweg an
Waldeingang.

Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortl & für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich ſür Feuill ton und Heſſiſche Nadrchten: Max Streeſ=
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd en .: Andreas Bauer
Verantw rilich für den nſ ratente l: Willy Kunle
Druch und Verlag: 2. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt.

De hentige Ziunmer hat 10 Zeiten

Unser Bub
ist angekommen.
In dankbarer Freude
Aug. Christmann u. Frau
Ottilie, geb. Seibert.
Af 3

Todes=Anzeige.
Heute früh entſchlief ſanft unſer
lieber, guter Vater, Großvater,
Urgroßvater, Schwager u. Onkei

Darmſtadt, 29. Jan. 1924.
Dietrauernden Hinterbllebenen.
Die Beerdigung findet Donners=
tag
nachmitt. ,2 Uhr auf dem
Friedhof an der Nieder= Nam=
ſtädterſtraße
ſtatt.
(1021

Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es
in ſeinem unerforſchlichen Rat=
ſchluß
gefallen, keute nacht 1½
Uhr unſeren heißgeliebten, un=
vergeßlichen

Wolfgang
nach kurzem qualvollen Leiden
im 9. Lebensjahre zu ſich in ſein
immliſches Reich zu nehmen.
1 Im Namen dertrauernd. Hinterdliebenen
Die tiefgebeugten Eltern
Dr. med. Ludwig Wißmannu. Frau
Johanna, geb. Klump.
Darmſtadt, 29. Januar 1924.
Stiftſtraße 7.
Die Beerdigung findet Donners=
tag
, den 31. Januar 1924, nach=
mittags
3 Uhr, von der Napelle
des Friedhofs, Niederramſtädter=
ſtraße
, ſtatt. (*2538

Heute entſchlief ſanft mein lieber
Mann, unſer guter Vater, Groß=
vater
, Schwiegervater, Schwager
und Onkel
Georg Nothnagel
im Alter von 77 Jahren.
Darmſtadt, 29. Januar 1924.
Im Namen der Hinterbliebenen:
Frau Luiſe Nothnagel. geb. Graeff.
Die Beertigung findet Donners=
tag
nachm. ½8 Uhr, auf dem Fried=
hofNied
.=Ramſtädterſtr ſtatt. (1030

Todes=Anzeige.
Heute entſchlief ſanft mein
lieber guter Mann,unſerSchtvager
und Onkel
Heinrich Rahn
Poſtaſſiſtent in Ruhe.
Im Namen
der trauernden / interbliebenen:
Anna Rahn, geb. Kaffik
Darmſtadt, 29. Januar 1924.
Helfmannſtraße 8.
(*2610
Beerdigung, Donnerstag, d
91. Januar 1924, vom Portal
alten Fried

Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es
gefallen, heute abend 6½ Uhr nach
langem mit großer Geduld ge=
tragenem
Leiden, aber kurzem
Krankenlager, meine liebe, teure
Gattin, unſere üiber alles geliebte,
her ensute Mutter, Schwieger=
mutter
. Großmutter, Schweſter,
Schwägerin und Tante
Frau Eba Marie Emich
geb. Kadel
in faſt vollendetem 58. Lebens=
jahr
zu ſich zu nehmen in ſein
himmliſches Reich.
Eberſtadt, Eſchollmlhle, 28. Jan. 24.
Im Namen
der tiefſtrauernden Hinterbliebenen:
Joh. Emich.
Die Beerdigung findet Donners=
tag
, den 31. Januar 1924, nachm.
4 Uhr, vom Trauerhauſe, Eſcholl=
mühle
, aus ſtatt. (*2.

Todes=Anzeige.
Am 27. d. M. verſchied plötz=
lich
inſolge Herzſchlages unſere
liebe Mutter

Die trauernden Hinterbllebenen:
Friedrich Turich u. Frau.
Darmſtadt. 29. Januar 1924.
Die Beerdigung findet Mittwoch
ben 20. Jan., vom Por ale de
Waldfriedhofs aus ſtatt.

Nervöse Zustände
finden sich jetzt allgemein, da die Ernährung vel zu wünsche
übrig 1äßt. Es ist Klugheit und Pflicht eines Jrden, dem Körpe
neues frisches Blut zuzu ühren, wodusch die Nerven gekräftie
werden, und die nervösen Zustände dann verschwinden, hierti
wird Le iferrin ärztlich gerne verordnet. Preis M. 3 (1,100
Galenus Chemische Industrie G m. b. H., Frankkurk a. M.

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe aufrichtiger Teilnahme
beim Heimgange meiner lieben Gattin, der treu=
beſorgten
Mutter meiner beiden Söhne, ſage ich
allen Verwandten, Freunden und Bekannten meinen
tiefgefühlteſten Dank. Beſonderen Dank Herrn
Pfarrer Bogel für die tröſtenden Worte, dem Herrn
Präſidenten und den Herren Mitgliedern der Reichs=
bahndirektion
Mainz, z. Zt. in Darmſtadt, den Herren
Beamten des Betriebsamtes II Worms, und den
Herren Dienſtſtellenvorſtehern der mir unterſtellten
Bahnhöfe und Bahnmeiſtereien, dem Verein ehe=
maliger
Pioniere und Verkehrstruppen in Worms,
der Aktivitas und dem Alten Herrenverband des
Corps. ,Cimbria in Frankfurt a. M. für ihre pracht=
vollen
Kranzſpenden und das letzte Geleit.
Darmſtadt. Biesbaden, den 19. Januar 1924.
Im Namen der trauernden ginterbllebenen:
Jordan
Regierungs= und Baurat.
2567)

Dankſagung.
Für die vielen Bewveiſe herzlicher
Teilnahme bei dem uns ſchwer be=
troffenen
Verluſte ſagen wir Allen.
insbeſondere dem Herrn Pfarraſſiſt.
Reinhardt, für die troſtreichen Worte
am Grabe, unſeren tiefſtgefühlten
Dank.
Geſchwiſter Duyſter.

Zeiſerne Zimteröfen
4 Flngel für Glasab=
ſchluß
zu verkaufen
Frankfurterſtr. 4 II (230

4Stühle, Polſterſ
zu verkaufen (*258
Sandbergſtr. 37, Htb.I

Berkauf.
Mehrere Korbſeſſe
mit Bank, Stuhl, ver=
goldet
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verſh. Teller und
Gläſer, 1 Gabardine=
Koſtüm, brann, Gr
44. Schuhe Nr. 36
alles faſt neu, preis=
wert
zu verk. Anzuſ.
vormitt. zw. 10 u 12
Uhr Dyroff, Bismarck=
ſtraße
51, I
Moderne Küche
bllig zu verkaufen
Neckarſtraße 26. Werk
tatt,
(*2507mfi

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Klubſeſſel
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Herrenzimmer, eich,
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Schreinerei.
Eiſ Kinder=Bettſt.
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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt:
Die Belaſtung Deutſchlands
durch die Micum=Verträge.
Ju Zuſammenhang mit der bevorſtehenden Anweſenheit der Sach=
berſtandigen
=Kommiſſionen in Berlin iſt es von großem Wert, ſich ein
Vild von der ungewöhnlich großen Belaſtung zu machen, die der deut=
ſchen
Wirtſchaft durch die der Induſtrie aufgezwungenen Micumver=
träge
nicht nur zu ihrem eigenen Schaden, ſondern zum Schaden der
geſamten Volkswirtſchaft erwächſt. Hierüber erfährt die Telegraphen=
Union von ſehr gut unterrichteter Seite folgende intereſſante Tat=
fachen
:
Die bisher abgeſchloſſenen Verträge unter dem Namen Micum=
verträge
, tragen dieſen Namen zum Teil irrtümlicher Weiſe, da die
letzten und wichtigſten Hauptverträge unmittelbar und einheitlich mit
der Rheinlandkommiſſion, allerdings nach dem Schema der vorher ab=

Verträge über Kohlenlieferungen,
Verträge um Lieferung chemiſcher Produkte und
um augemeine Sachlieferungsverträge.
Die Verträge ſind keineswegs von den einzelnen Induſtriegruppen
freiwillig abgeſchloſſen worden, vielmehr ſtanden dieſe unter dem Druck
der franzöſiſch=belgiſchen Beſatzung. Da ohne Abſchluß der Verträge
eine Wiederaufnahme der Arbeit in der Induſtrie nach Lage der Dinge
vollkommen ausgeſchloſſen war, zumal die franzöſiſch=belgiſche Be=
ſatzung
die Ausfuhr, ſowohl nach dem Weſten über die deutſche Reichs=
grenze
, wie nach dem Oſten in das unbeſetzte Gebiet, vollkommen abge=
ſchnitten
hatte. Für den Abſchluß der Verträge ſelbſt waren gewiſſe
Vergünſtigungen in Ausſicht geſteut worden, ſo insbeſondere die Be=
willigung
von Ausfuhrkontingenten, außerdem die Herabſetzung der
Grundſätze der auf 8 Prozent feſtgeſetzten Ausfuhrabgabe auf 2 Pro=
zent
und barunter Tür den Fall des Nichtabſchluſſes wurde vollkom=
mene
Ausfuhrſperre, Beſchlagnahme der Kohlen, ja ſogar Beſchlag=
nahme
der geſamten Betriebe angedroht.
Ille Verträge ſind nach einem beſtimmten Schema abgeſchloſſen.
Sie verlangen:
1. die uneingeſchränkte Verpflichtung zu Reparationslieferungen;
2. eine ausdrückliche Unterwerfung unter ſämtliche ſchon ergaugenen
oder noch zu erlaſſenden Ordonnanzen der Befatzungs=nächte und
3. das ausdruckliche Zugeſtändnis der Mitarbeit beim Wiederaufbau
der Wirtſchaft in den beſetzten Gebieten, ja ſogar zum Teil die
Mitarbeit bei einer etwaigen Währungsreform in Rheinland=
Weſtfalen.
In letzter Linie ſind dann die genannten Zugeſtändniſſe in Bezug
auf die Ausfuhrbewilligungen erwähnt.
Die Verträge mit den Kohlenzechen wurden zuerſt mit den Konzer=
nen
Rheinſtahl, Phönix, Becker und Krupp, ſpäter in Form eines
Mautelvertrages mit der geſamten übrigen bergbaulichen Induſtrie
abgeſchloſſen. Sie baſieren auf einem Abgabeſoll von 1,835 Millionen
Toinen Kohlen, die auf ſämtliche Beteiligten umgelegt werden. Im
Sinblick auf die noch nicht voll aufgenommene Förderung ſind aber
bisher ſtatt der im ganzen 27prozentigen Mengenabgabe nur 8 Proz.,
zuletzt 21 Prozent der geſamten Förderung verlangt worden. Außer=
dem
müſſen auf Grund des Mantelvertrages 15 Millionen Dollar, auf
Grund der ſonſt abgeſchloſſenen Einzeiverträge 5 Millionen Dollau
rückſtändige Kohlenſteuer nachgezahlt werden.
Viertens werden für jede geförderte Tonne Kohlen 8 franzöſiſche
Franken Kohleuſteuer verlangt, obwohl durch Reichsgeſetz die deutſche
Kohlenſteuer inzwiſchen aufgehoben worden iſt. Außerdem müſſen die
Zechen den Regiebahnen gegen einen von dieſen willkürtich feſtgeſetzten
Preis Regiekohlen abliefern. Die durch dieſes ganze Süſtem hervor=
gerufene
Belaſtung beträgt bei vollen Arbeit 40 Prozent der geſamten
Nutzförderung, und diefe 40 Prozent ſind, unter Zugrundelegung der
9rbeitsleiſtung des Jahres 1921, monatlich mit 50 bis 55 Millionen
Goldmark, nach anderer Schätzung mit 60 Millionen Goldmark zu
beziffern.
Aehuliche Verträge ſind mit der rheiniſchen Braunkohleninduſtri=
abgeſchloſſen
worden. Die Verträge mit der chemiſchen Induſtrie, von
der bekanntlich 80 Prozent der Produktion im beſetzten Gebiet liegt,
ſehen ebenfalls ſchwere Belaſtungen vor. Jusbeſondere ſind rückſtän=
dige
Lieferungen in Höhe von 41 Millionen Goldmark nachzuholen.
Laufend beträgt die Belaſtung mindeſtens 3 Millionen Goldmart im
Monat. Auch für die Stickſtofflieferungen aus den Werken der Badi=
ſchen
Anilin= und Sodawarenfabrik in Oppau iſt ein Abkommen zu=
ſtande
gekommen, in dem vorgeſehen iſt, daß der von den Franzoſen
nicht weggenommene Teil der Produktionsabgabe frei nach Deutſchland
(au geführt werden darf.
Für die geſamte übrige im beſetzten Gebiet befindliche Induſtrie
ſind bisher nur teilweiſe Verträge zuſtande gekommen. Viele Ver=
handluugen
ſchweben noch, kommen aber in den nächſten Tagen vor=
ausſichtlich
zum Abſchluß. Hier ſind insbeſondere Lieferungen in
Zucker und Holz gefordert worden. Die Zellſtoff= und Papierindu=
ſtrie
hat einen dementſprechenden Vertrag ſchon abgeſchloſſen. Ebenſo
ſind verlangt wvorden Verträge über Lieferung von Wein Sekt,
Schuhen, Stahlwaren uſw. Ganz beſonders gefährlich ſind die Ver=
träge
, die man der Textilinduſtrie und dem Textilhandel ſowie der
Ledenwareninduſtrie und dem Lederwarenhandel zugemutet hat, weil
hier nur ganz unbeſtimmte Forderungen geſtellt und unter Druck auch
augenommen worden ſind, während alle Einzelheiten vorbehalten
bleiben.

Da es ſich hier, wie auch in der Maſchineninduſtrie, häufig um die
Lieferung von Spezialartikeln handelt, die nicht auf die Geſamtheit
einer Induſtrie umgeleitet werden können, ſo iſt der Gedanke von
Ausgleichskaſſen aufgetaucht, in die von allen Betrieben der betr.
Induſtrie bis zu 2½ ihrer Produktion in bar Gelder abgeliefert wer=
den
müſſen, um die mit den Sachlieferungen belaſteten Unternehmun=
gen
zu bezahlen.
Man denkt offenbar in den franzöſiſch=belgiſchen Kreiſen der
Rheinlandkommiſſion darüber hinaus ſogar an eine Art finanziellen
Generalausgleich), wobei die nicht für Sachlieferungen aufgebrauchten
Verträge womöglich als Bargeld weggenommen werden ſollen. Ein
derartiges Shſten iſt beſonders deshalb oußerordentlich gefährlich,
weil, mit Rückſicht auf die franzöſiſche Induſtrie, bisher eine ganz ge=
ringe
Inanſpruchnahme der vorgeſehenen Sachlieferungen ſtattgefun=
den
hatte, die nun offenbar auf dieſem Wege durch Geldzahlungen er=
ſetzt
werden ſoll.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Neue Verhandlungen zwiſchen der Ruhrinduſtrie
und der Lothringer Induſtrie. Zwiſchen verſchiedenen Kon=
zernen
der Ruhrinduſtrie und der Lothringer Induſtrie, in erſter Linie
den Beſitzern der großen Lothringer Werksgruppe de Wendel, und auch
anderen, ſchweben ſeit dem Abſchluß des Micum=Vertrages wieder Ver=
handlungen
über den Abſchluß langfriſtiger Lieferungsaufträge von
Erzen im Austauſch von Koks. Ein derartiges Problem hat ſei Kriegs=
ende
mehrfach zur Erörterung geſtanden; waren doch bis 1918 die Loth=
ringer
Minette und die Nuhrkohle in engſter Beziehung geſtanden. Wie
eine Korreſpondenz meldet, iſt unter den heutigen Umſtänden mit dem
Wiederzuſtandckommen derartiger Lieferungsabkommen zu rechnen, da,
von anderen Erwägungen abgeſehen, der Koksabſatz der Ruhrz chen auf
die Dauer kaum in einer anderen Weiſe ſichergeſtellt werden kann. In
den ſchwebenden Verhandlungen iſt man bisher auf die Frage einer
evtl. finanziellen Beteiligung der Lothringer Induſtrie an den in Frage
kommenden Werken des Ruhrgebiets im Zuſammenhang mit den ange=
ſtrebten
Abkommen über den Austauſch von Kohle, Kors und Erzen nicht
näher eingegangen. Auf franzöſiſcher Seite läßt man dieſe Angelegen=
heit
vielleicht auch deshalb noch beiſeite, weil die finanzielle Lage der
Lothringer Eiſeninduſtrie, die ja zum Teil nach dem Friedensſchluß
große Beträge im Saargebiet invertiert hat, zurzeit nicht ſo disponiert
iſt, daß es ihr leicht fallen würde, große Summen für die Uebernahme
von Beteiligungen in der Ruhrinduſtrie aufzubringen.
Goldbilanzen. Die Bl. für Gen.=Weſen ſchreiben: Die
Goldbilanzierungsvorſchrift enthält noch zahlreiche Zweifelsfragen, vor
allem auch auf genoſſenſchaftlichem Gebiet. Es erſcheint daher zweck=
mäßig
, Goldbilanzen erſt dann aufzuſtellen, wenn alle dieſe Zweifels=
fragen
geklärt und die zur Klärung dieſer Zweifelsfragen in Ausſicht
genommenen Verhandlungen zum Abſchluß gekommen ſind.
Meſſen.
Erfinder=Meſſe Mannheim Frühjahr 1924. Der
ſeit 1918 beſtehende Reichsverband Deutſcher Erfinder E. V., Mann=
heim
, beabſichtigt, in der erſten Maiwoche ds. Js. wiederum eine Erfin=
dungen
= und Induſtrie=Meſſe im Mannheimer Roſengarten zu verau=
ſtalten
. Alle deutſchen Erfinder erhalten große Vergünſtigungen. Frage=
bogen
wolle man umgehend bei der Geſchäftsſtelle (Mannheim, K. 3, 3)
anfordern Dieſe, gemeinnützigen Charakter tragende Deutſche Erfin=
dungen
=, Neuheiten= und Induſtrie=Meſſe Mannheim gewann ſeit ihrer
Gründung 1921 durch eine weitreichende Werbetätigkeit im In= und Aus=
lande
eine ſtändig wachſende Zahl von feſten Intereſſenten in Erfinder=,
Induſtrie= und Handelskreifen.
Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurker Börſe,
Abteilung Getreide, vom 29. Januar. Getreide, Hülſenfrüchte
und Biertreber ohne Sack, Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie mit
Sack. Preis je 190 Kilogramm: Weizen, Wetterau 17½1734, Roggen
16.4016.60, Sommergerſte für Brauzwecke 17.5018, Hafer, inländiſch
13.5014 Hafer, ausländiſch 0000, Weizenmehl, füdd. Spezial 0
27.5029. Roggenmehl 24.2524.75, Weizen= und Roggenkleie 7.758.50.
wb. Berliner Produktenmarkt. Der Produktenmarkt
berlief ſehr ſtill, da ein großer Teil der Berliner Produktenhändler an
dem heute ſtettfindenden 5. Allgemeinen Deutſchen Saatenmarkt teil=
nahm
. Die Tendenz war ſchwach bei vorſichtiger Nachfrage. Die Preiſe
für Roggen und Weizen gaben nach, von Gerſte wurden nur einige
Poſten in mittleren Qualitäten gehandelt. Hafer wurde wenig umgeſetzt,
Mehl war verkehrt angeboten.

Börſen.

Frankfurter Börſenbericht vom 29. Januar 1924.
(Eigener Bericht.) Die feſtere Grundſtimmung an den Effektenmärkten
konnte ſich auch zu Beginn der heutigen Börſe behaupten. Man kann
ſagen, daß ſich das Intereſſe heute nicht auf beſtimmte Marktgebiete be=
ſchränkte
, ſondern, daß ſo ziemlich ſämtliche Aktienmärkte von der freund=
licheren
Stimmung profitieren konnten. Beſondere neue Anregungen
liegen nicht vor, abgeſehen von einer weiteren Ermäßigung des Satzes

30. Januar 1924 Nr. 30

für tägliches Geld auf I/8%: Chemiſche Werte lagen durchſchnittlich
½1 Bill. über den letzten amtlichen Notierungen. Etwas fiſter walen
Scheideanſtalt mit 30 plus 2. Elektr. Werte blieben ruhig, bei kaum
veränderten Kurſen. Voigt u. Ha ffner 2 plus 0,1. Von Maſchinen=
aktien
konnten Eßlinger mit 1515½ nahezu 2 Bllionen gewinnen,
während die Kurserhohungen der übrigen Werte dieſes Marktcs ſich in
beſcheideneren Grenzen hielten. Südd. Zuck rwerte waren kursmäßig
nur wenig verändert. Weſtliche Montanaktien blieben uneinheitlich,
Schiffahrtswerte leicht anziehend. Großbankaktien behauptet, teilweiſo
leicht befeſtigt. Deutſche Bank 19½ plus ca. 1. Am Einheitsmarkt über=
wegen
leichte Kursbeſſerungen. Es macht ſich auf dieſem Gebiet immer
wieder Intereſſe für einzelne Spezialwerte und für die Aktien von Ge=
ſellſchaften
mit wenig verwäſſertem Kapital geltend. Es ſeien erwähnt
Badenia 1,4 plus 0,1, Brehmen=Beſigheimer Oel 39 plus 1. Jetter
u. Scherer 39,9 plus 0,9, Denninger Leder 1,7 plus 0,2, Leibrand 2,4
mnus 0,4, Frankf. Allg. Verſicherungen 85 unverändert. Im freien
Verkehr waren Ufa mit 1110½/11 gut behauptet, ebenſo Frankfurter
Handelsbank mit 0,145. Sonſt hörte man hier: Api mit 11, Beckerſtahl
1134, Beckerkohle 12, Benz 43 Georgi 0,8, Growag 0,34, Karſtadt 4,
Kreichgauer 0,475, Krügershall 11½, Mez Söhne 6½, Pctroleum 26½,
Raſtatter Waggon 63. Die Anfangskurſe konnten ſich im allgemeinen
infolge des wiedereinſetzenden Real ſationsbedürfniſſes nicht überall voll
behaupten. Die Nachbörſe blieb faſt völlig geſchäftslos.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Die Effekten=
börſe
bot heute ein weſentlich anderes Bild als geſtern. Gegenüber der
am Vortage herrſchenden Unternehmungsluſt waren heute Spuren von
Ermüdung bemerkbar, da ſich weitere, außenſtehende Kreiſe zur Betei=
ligung
an dem Börſengeſchäft offenbar nicht bereit gefunden haben.
Auch übten die Meldungen über die geplante Einführung einer Kopf=
ſteuer
für Börſenbeſucher einen unverkennbaren Druck auf die Börſen=
ſtimmung
aus. Vorſichtige Spekulanten waren bemüht, zu realſieren.
Anfangs konnte der Kursſtand bei etwas gleichmäßiger Verteilung von
wenig erheblichen Beſſerungen und Abſchwächungen noch als gut be=
hauptet
werden. Späterhin aber machte die Geſchäftsſtille einen wirken=
den
Einfluß geltend, und die Kurſe gerieten infolge der Luſtloſigkeit all=
gemein
ins Schvanken: allerdings beſtand genügend große Widerſtands=
fähigkeit
, um ſtärkere Rückgänge zu verhüten.
Oeviſenmarkt.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich als 1000 Mk.

Ke
Gelb
MIMe
Bf B. 7. Amſterdam=Rotterdam . 1556100000. 1568900000. Wee 1573925000. Brüfſel=Antwerpen ... .." f172578000. 173432000. 173565000. 174425000. Chriſtiania. . . . . . . . . . . . ." 567578000. 500422000. 58600000. 561400000. Kopenhagen . . . . . . . . .. 671318000. 674682000. 1u7 1318000. 674682000. Stockholm . . . . . . . . . . . . ." 1088273000. 1093727000. 1103235000. 110876:000. Helſingfors ..........." 1104986000. 105514000. 104737000. 105263000. Italien .............." 188540000. 184460000. 1181288000. 185212000. London 17755500000. 17854500000. 17455000000. 1204500 0000. New=Yorl 14184500000. 4210500000. 189500000. 4210500000. Paris. 192268000. 193252000. 1955 10000. 196490000. Schweiz
.: 723188000. 726812000. F724185000. 726815000. Spanien. 628675000. 53132 000. 528675000. 5313250 Wien (i. D.=Oſteer, abg.). 59351. 59649.) 59551. 59639. Prag .. F121914000. 122556000. 120946000. 121554000. Budapeſt. 144138. 141862. 144138. 144 Buenos=Aires. 1356600000. 1368400000. 1356600 000. 137341 Bulgarien. .. 29925000. 300 75000.1 30147000. 30326000. .
Japan 1865325000. 1874675000. 865325000. 1874675000. Rio de Janeiro ........" 458850000. 461 150000. 458850000. 61150000. Belgrab..
..... 47979000. 48221000. 27979000. 48221000. Liſſabon 128677000.. 129333000. 128677000. 129333000

Berliner Kurſe (Eigene telegr. Meldung.)
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000 000000.

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Augsb.=Nürnb. Maſch.
Berl.=Anhalt=Maſchinen
Berl. f. Elektr. W. vorzug.
Bismarckhütte
Braunkohlen=Briketts .
Bremer Vulkan .....
Bolle.. ...... !
Chem. Hehden .......
Weiler ......"
Deutſch=Atlant. Tel..
Deutſche Maſchinen. . .
Deutſch=Niedlb. Tel. ..
Deutſche Ervöl.......
Deutſche Petroleum ..
Dt. Kaliwerke ....."
Dt. Waffen u Munition
Donnersmarckhütte ..."
Oynamit Nobel ...
Elberfelder Farben.. ..
Elektr. Lieferung ....."
R. Friſter ...."
Gaggenau Vorz..
Gelſenk. Gußſtahl
Geſ. f. elektr. Untern..
Halle Maſchinen ...
Han. Maſch.=Egeſt.. . . .
Hanſa Dampfſch. . . . . .

28 29. 28. 1. 2. 1. 27750 2225 Hemoor Zement .. 72500 30000 30000 1 Hirſch Kupfer 47000 46500 33500 33000 Höſch Eiſen. 58000 57000 11000 11000 Hohenlohe Werke. 38000 37250 22000 13730 Kahla Porzellan .. 16500 17800 65000 70000 Lindes Eismaſch. .. 7500 7200 35000 36750 Lingel Schuh .. .." 4300 1250 95000 950410 Linke u. Hofmann .. . . 32750 32750 76000 77000 8. Loewe u. Co. ...... 56000 60000 9900 9900 C. Lorenz ..........." 7375 7375 221 21500 Meguin. 36000 35000 21500 Niederländiſche Kohle 54000 11625 10500 Nordd. Gummi ....." 1100 39900 Orenſtein.
...... 24125 21250 63500 65000 Rathgeber Waggon.. .
Rombacher Hütten. 9250 26250 * 23000 53000 Roſitzer Zucker 2750 130750 Rütgerswerke" . 3750 23100 134000 160000 Sachſenwerk. 3750 3875 11725 11375 Sächſiſche Gußſtahl. 40500 43000 25200 26000 Siemens Glas.. 47750 35000 23500 22500 Steaua Romana .. 5000 5000 Thale Eiſenbütte. . 6750 7000 Ver. Lauſitzer Glas.. 74000 22000 260( 23000 Volkſtedter Porzellan. 13000 16000 16875 Weſtf. Eiſ. Langendreer 36000 33005) 19000 18300 Vittener Gußſtahl ... 46500 46500 15900
19000 141000
22500 Wanderer=Werke ..... 16000 416000

Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien.
Die Rotierungen ſind in Billionen

Frankfurter Kursbericht vom 29. Januar 1924.
Prozent ausgedrückt.

Europäiſche Staatspapiere.
a) Deutſche.
7 Reichsanleihe ..........
....

29 1.

Dollar=Goldauleihe. ..........
Dollar=Schatzauweifungen ...
Dt. Schatzanw. K. Ausg. Tv. 2
IIv. 2:
Tv. 21
K
HIv. 21
26 IV. u. V. Schatzanweiſg.
41.% VI.IK.
476 Dt. Schutzgebiet u. 0,8-11u. 13
1.14
Sparprämienanleihe ... . .. ..
......."
Zwangsanleihe.
1% Preuß. Konſols ........."

Bad. Aul. unk. 1935 .....
v. 1907 ..... ..
4½ Bahern Anleihe ........."
Seiſ. Dollar Goldmk.= Schatzanw.
rck. 26
816½ Heiſen Reihe KXXTfI.
untilgb. b. 28..... . ... ..."
½ Heſſen unk. 1924..........
..............
.........
42 Pürttemberger .........
blAusländiſche.
6 Bosnien L.=C.=B. v. 1914
.=Inveſt.=Anl. v. 1914
v. 1902 .."
Bulgar. Tabal 1902.... . ..
%6 Griech. Monopol .."
o Leſt. Staatsrente v. 1913
b 1918
J0 Oeſt. Schatzanweif, ſti
v. 1914 ................
2 Leſt Goldrente .........
einheitl. Rente .....

0.180
,72

50

5 Runt ain. Rente v. 08 ....
12%0 Goldreute v. 13 ..
b am. Goldrente konv.
am. v. 05 ......"
Cürk. (Admin.) v. 1303..
(Bagdad) Ser. I
II.
v. 1911. Sollanl. ..

19

03

16

0,181

2.1
0.205

6,75
11,5

Pblig. v. Transportanſt.
ölifabethbahn ſtfr. . . . . . .
Gal. Carl Ludw.=Bahn. . . .
Oeſt. Südb. (Lomb.) ſtfr ..
die Oeſt Südb. (Lomb.)
MNeu=
Oeſt. Staatsb. v. 1883 .
8. Em..
En
v. 1885 ..
Oeit. Staatsb. b. Erg. Retz.
Rudolfb. (Salzkammerg.) ..
% Anatolier I........."
Salon. Conſt. Jonction ..
Salonique Monaſtir ......
Tehuantepec. . . . . . . .. ...."

1iN. Staatér. d. 11..
Goldrente ..
Staatsr. 3. 10
4% Kronenrente ......
Außereuropäiſche.
Mexik. amort. innere.
koni. äuß. v. 99..
ſtit

13.25
11,75 11Ia

Nach Sachwvert verzinsl.
Schuldverſchreibungen.
Badeuw. Kohlenwertanl.
6% Heſſ.Braunk.=Rogg. Anl. v. 23
50 Preuß. Kaliwert=Anleihe .
Roggenwert=Anl.
5½ Sächſ.Braunk.=Anl. Ser. Iu. I
520 Südd. Feſtwertbk. ......
Bank=Aktien.
Allg. Deutſche Creditanſtalt. . . .
Bank für Brauinduſtrie ..
Barmer Banwerein...
Baher Hypotheken= u. Wechſelb.
Berliner Handelsgefellſchaft .
Commerz= und Privatbank.
Darmſtädter u. Nationalbank ..
Deutſche Bauk.
eutſcheEffekten= u. Wechſelbank
pot.=Bank Mein.. .
Deutſche Vereinsbanfk una.
disconto=Geſellſch
Dresduer Bank.
...
Frankfurter Bauk
Hypotheken=Bank
Metallbank. . . .
Mitteldeutſche Creditbank. . .
Seſterreichiſche Creditanſtalt . ..
Reichsbank Ant. . ......
Nhein. Creditbau
.
Hypothekenbank
Sübbeutſche Disconto=Gejellſch.
Weſtban
Wiener Bantvereitt ..
Bergwerks=Aktien.
Berzelius
Bochumer Bergb. ......
Buderus.
............
Dt. Luxemburger .
Sſchweiler Bergwerks=Akt. .
Gelſenlirchen 2
Harpener B
Heben
Kaliwerke 2
rth..
satzd
Weſteregeln
Klöcknerwerke (abg. Lokhr. Hüitte
Mannesmann Röhren .....
Mansſelder ..
edar
Oberſchleſ. Ciſen
tadi Minei u. Eb.=An
Phönir Bergbau ........."

3,25

10
16,5

14.5
3.0

2e
1.7

15

2,75
18,75
9.4
21.73
77,
0,825
38,1
4,6
5,25

a5

1=

28,5


0,787

Rhein. Stahliverke ... . . . ."
Riebeck Montan.. . . . . . .
Rombacher Hütte. ..
Tellus Bergb.=u. Hütten-Akt. . .
Ver. Laurahütte ... ...... .. .."
Aktien induſtr. Nuternehmung.
Brauereien
Henninger Kempf=Stern. . . . . .
Löwenbräu München ........"
Schöfferhof (Binding)........"
Werger ...................."

0,69
0.55

ne Umſatz

Mi Hch
Adler & Oppenheimer ......
Adlerwerke iv. Kleher) ....."
A. E. G. Stamm.. . . . . .
Vorzug Lit. 4 ..."
Borzug Lit. B ..."
Amme Gieſecke & Konegen ....
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21
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5,6
7,5
6,5
10,25
11

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11
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027
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0.12
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3

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18.
32
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Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 30. Januar 1924

Nummer 30.

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Freitag, den 1. Februar 1924,
vorm. 11½, Uhr, ſollen in der Faſel=
hofreite
zu Ober=Ramſtadt, Bauſtr. 30,
ein ſehr gut gehaltener, zur Zucht un=
tauglich
gewordener Faſelochſe, ferner
drei ebenfalls, gut gehaltene überzählige
Ziegenböcke öffentlich meiſtbietend ver=
(999
ſteigert werden.
Over=Ramſtadt, den 28. Jan. 1924.
Heſſiſche Bürgermeiſterei.
Rückert.

Donnerstag, den 31. Januar 1924
vormittags 10 Uhr beginnend, ſollen
aus dem Eberſtädter=Gemeindewald,
Diſtrikt K. ingsackertanne, nachverzeichnete
Holzſortimente öffentlich meiſtbietend at
Ort und Stelle verſteigert werden:
2 Kiefern=Stämme, Klaſſe 1 4,15Fm
661 Stamm II 191,
78 Stämme III 48,11,
IV 38,83,
2
V 4,52,
Zuſammenkunft der Steigerer auf dem
Bäckerweg am Waldeingang. Bemerkt
wird, daß das Holz auf einem Kahlhieb
jaget, und ſehr gut abzufahren iſt.
Eberſtadt, den 25. Januar 1924.
Heſſ. Bürgermeiſterei Eberſtadt.
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Schäfer.

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Mittwoch, den 6. Februar 1924,
nachm. 2 Uhr, wird auf dem Rathauſe
dahier die Feldjagd hieſiger Gemeinde
(1400 Morgen, unb ſetztes Gebiet) au
weitere 6 Jahre verpachtet.
Dieſelbe grenzt zum größten Teil an
die Gemarkung Pfungſtadt. (1001
Hahn, den 25. Januar 1924.
Bürgermeiſterei Hahn.
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Anmeldung ſchulpflichtiger Kinder
zur Aufnahme in die Stadtſchulen:
Alle Kinder, die Eis zum 30. April d. J. einſchließlich das

Bei der Anmeldung iſt Nachweis über das Alter der

Auf Wunſch der Eltern oder deren Stellvertreter können

Die Anmeldungen haben zu erfolgen:
Dienstag, den 5. Februar d. J.,

lung erſichtlichen Schulhäuſern.
Die Aufnahme der Kinder ſindet ebenfalls nach derſelben
Bezirkseinteilung ſtatt.
Darmſtadt, den 28. Januar 1924.
Der Vorſitzende des Schulvorſtandes.
Dr. Gläſſing, Oberbürgermeiſter.

AATROTAIA
Sofort ausschneiden und aufbewahren!
An alle Kranke!
Hess. Kreisarzt Dr. Bork schrieb in seiner Broschüre:
Heilungen durch Magnetismus
u. a.: Die Erfahrungen, weiche ich bei dieser Behandlung ein-
sammelte
, brwiesen mir, daß jene Kraft ein mächtiges Heilmittel
sei, das seines Gleichen in dem Arzneischatze, welchen die Medizin
von den ältesten Zeiten an bis jetzt anhäufte nicht habe ein
Heilmittel, das unwägbar, an kein System gebunden, in der Hand
des Menschen liegt und denjenigen, der dieser Kraft mächtig ist.
zum wahren Helfer am Krankenbette erhebt.
Prof. Dr. med. Ennemoser schreibt: Keine einzige der
bekannten Heilmethoden ist im Stande, sich mit dem Magnetismus
zu messen, sowohl in Rücksicht der Allgemeinheit von Krank-
heiten
, als in der Schnelligkeit des Erfolges Jeder praktische
Heilmagnetiseur wird bereit sein, den Beweis in der Probe zu
liefern und er wird sicher nicht zu Schanden werden.
Viele ähnliche ärztliche Anerkennungen zur Vertügung.
Phil. Schopenhauer sagte: Wer die Wirkung des Megne-
tismus
bezweifeit, ist nicht ungläubig, sondern unwissend
zu nennen‟.
Ich sage: Heil-Magnetismus hat weder mit Hypnose
noch mit Suggestion etwas gemein, wer das Gegenteil
bebauntet, besitzt eben keine magnetische Kraft und will
sich von deren Existenz nicht überzeugen.
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Mlitglied der Vereinigung Deutscher Magnetopathen.
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von Dr med. Gratzinger, Magne opath in Wien.
Sprechstunden: 1012 und 2-6, Samstar und Sonntag 9-12 Uhr
(Behandlung fieberhafter und alter Krankheiten, auch Lungen-
entzündung
, Grippe usw.) Rasche Erfolge.
Viele Dankschreiben!
Telephon 3447.
(*2512)

Bezirkseinteilung.
I. Bezirk: Schulhäuſer am Ballonplatz (Knabenſchule) und
in der Rundeturmſtraße (Mädchenſchule).
Der Stadtteil zwiſchen Erbacherſtraße, Mühlſtraße, Mauer=
ſtraße
, Lauteſchlägerſtraße, Hochſchulſtraße, Hoftheaterplatz,
Schloßgraben, Schillerplatz, Holzſtraße, Kirchſtraße, Karls=
ſtraße
, Nieder=Ramſtädterſtraße und Roßdörferſtraße.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Nieder= Ram=
ſtäterſtraße
und Roßdörferſtraße.
II. Bezirk: Jägertorſchule (Knaben= und Mädchenſchule).
Der Stadtteil zwiſchen Erbacherſtraße, Mühlſtraße, Mauer=
ſtraße
, Lauteſchlägerſtraße und Kranichſteinerſtraße.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Mühlſtraße,
Mauerſtraße und Erbacherſtraße.
III. Bezirk: Schulhäuſer in der Müllerſtraße ( Knaben=
ſchule
) und Emilſtraße (Mädchenſchule).
Der Stadtteil zwiſchen Kranichſteinerſtraße, Lauteſchläger=
ſtraße
, Pankratiusſtraße, Fuhrmannsſtraße, Gardiſten=
ſtraße
, Schloßgartenplatz, Pallaswieſenſtraße und Frank=
furterſtraße
.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Kranich=
ſteinerſtraße
, Lauteſchlägerſtraße, Pankratiusſtraße und
Frankfurterſtraße.
IV. Bezirk: Schulhäuſer in der Friedrichſtraße ( Knaben=
ſchule
) und Viktoriaſtraße (Mädchenſchule).
Der Stadtteil zwiſchen Frankfurterſtraße, Pallaswieſen=
ſtraße
, Schloßgartenplatz, Gardiſtenſtraße, Fuhrmanns=
ſtraße
, Pankratiusſtraße, Hochſchulſtraße, Hoftheaterplatz,
Schloßgraben, Schillerplatz, Holzſtraße, Kirchſtraße, Karls=
ſtraße
, Hügelſtraße, Neckarſtraße, Kaſinoſtraße, Bismarck=
ſtraße
, Wendelſtaotſtraße, Liebigſtraße.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Pallas=
wieſenſtraße
, Schloßgartenplatz, Gardiſtenſtraße, Fuhr=
mannsſtraße
, Hochſchulſtraße, Hoftheaterplatz, Schloßgra=
ben
, Schillerplatz, Holzſtraße, Kirchſtraße, Hügelſtraße,
Bismarckſtraße und Liebigſtraße.
V. Bezirk: Schulhaus in der Lagerhausſtraße (Knaben=
und Mädchenſchule).
Der Stadtteil weſtlich von Liebigſtraße, Wendelſtadtſtraße,
Bismaraſtraße, Kaſinoſtraße, Nedarſtraße, Hügelſtraße
und Exerzierplatz.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Wendelſtadt=
ſtraße
, Kaſinoſtraße und Nedkarſtraße.
VI. Bezirk: Schulhaus in der Hermannſtraße (Knaben= und
Mädchenſchule).
Der Stadtteil zwiſchen Exerzierplatz, Hügelſtraße, Karls=
ſtraße
, Nieder=Ramſtädterſtraße, Roßdörferſtraße einer=
ſeits
und Neuer Niederſtraße, Niederſtraße, Schießhaus=
ſtraße
und Nachtweideweg andererſeits.
Von den Grenzſtraßen zählen zum Bezirk: Exerzier=
platz
, Karlsſtraße.
VII. Bezirk: Schulhäuſer in der Ludwigshöhſtraße ( Kna=
benſchule
) und Beſſungerſtraße (Mädchenſchule).
Der Stadtteil ſüdlich Neuer Niederſtraße, Niederſtraße,
Schießhausſtraße und Nachtweideweg.
Die angeführten Straßen zählen zum Bezirk. (St1923

[ ][  ][ ]

Mutter 30.

Darmſtädter Danblatt, Mittwoch, den 30. Jatuar 1924.

Seite

Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Fohanna Wolff.
33)
achdruck verboken.)
Er hatie das Geſicht von ihr gewandt und für ihn hatte
ſie doch gelebt und geſchafft! Aber zum erſtenmal beſchlich ſie eine
Unſicherheit: Für ihn ?. War er wirklich noch die geliebte
Hauptperſon ihres Lebens? Zum erſtenmal empfand ſie einen
Zwieſpalt mit ſich ſelber. Sie dachte an Frau Monika Schack, mit
der ſie in ſtetem Briefwechſel geblieben war. Was würde die
gütige Dame wohl geſagt haben, hätte ſie eine Ueberſicht über die
Verhältniſſe gewinnen können? Vielleicht würde ſie geſagt
haben: Liebe Merete bei Ihnen iſt der alte Haidebauer durch=
gebrochen
, Art und Natur der verknorrten Steinhäuſer. Viel=
leicht
auch hätte ſie hinzugefügt: Merete, Merete, du machſt dir
viel zu ſchaffen! Glattes Vieh und neue Scheunen, tragſame
Aecker und Wieſen ſind gut, aber beſſer iſt eine Menſchenſeele, die
ins Große und Schöne will: du hat unrecht, Merete, dein Peterle
hat recht! Ja, ſo hätte wohl Frau Monika zu ihr geſprochen.
Allein Merete handelte auch jetzt mit ihrem Herzen, wie ſie
um eine Kuh handelte: Muß man ſolcher Aufſäſſigkeit nicht den
Riegel vorſchieben? Mein Bub ſoll nachgeben nicht ich. Wenn
ich beim erſtenmal unterliege, bin ich beim nächſten verloren.
Rechtlich war’s gedacht und auch richtig, und war doch nicht das
Rechte. Das war der Kleine=Leut=Geiſt der Geiſt mit Be=
dingungen
, dem das große Lieben fremd geblieben. Aber
ſie konnte es doch nicht aushalten, dazuſitzen. Sie griff von der
Kommode die beiden Bilder, die dem Knaben lieb waren, und
guig abermals zur Schrankkammer:

Möchteſt Du jetzt nicht herauskommen, Peterle?
Still blieb’s drinnen. Sie kam ſich wie ein Kerkermeiſter vor,
drehte den Schlüſſel und trat in das Verlies‟. Da ſaß der
Junge, den Kopf gegen die Wand gelehnt, und ſchlief fried=
lich
ſchatteten die langen dichten Wimpern ſeine trotzigen Augen;
der friſche Knabenmund war feſt geſchloſſen; ein merkwürdig her=
ber
und entſchloſſener Zug hatte ſich um die roten Lippen gelegt,
als wäre er mit dem feſten Vorſatz eingeſchlafen, der Mutter
Wiberpart zu halten nach allen ſeinen Kräften. O dieſe Aehn=
lichkeit
! Sie neigte ſich, dieſen abweiſenden Mund zu küſſen
und tat’s nicht. Ich darf ihn nicht verziehen! Gerade weil er
keinen Vater hat, muß ich feſt bleiben, dachte ſie, ſchob die Bild=
chen
neben ihn und ging mit feuchten Augen hinaus. Da waren
unten noch die warmen Brote zum Verkühlen auszulegen ..
Als ſie heraufkam, glitt ſonderbarerweiſe auch Hans Peter zur
Tür herein. Sie erſchrak beinahe, da ſie ihn vor ſich ſah.
Wer hat dir aufgetan?
Euchen ſie hat draußen geweint, und dann hat ſie den
Schlüſſel umgedreht.
Willſt du jetzt gut ſein? Er nickte und ſchob ſachte die
Bildchen, die er im Arm trug, vor ſie hin: Ich hab Vaterle
geſehen, flüſterte er ſchüchtern er hat mir etwas zugeſagt.
Was hat er dir denn zugefagt?, fragte ſie ſehr bewegt.
Da warf er ſeine ſchlanken Jungenarme um ſie herum und
barg den Kopf an ihrer Bruſt, und ſie ſtanden aneinanderge=
drückt
und ſchwiegen beredter, als ſie die ganze letzte Zeit mitein=
ander
geweſen waren.
Es tut mir leid, Peterle, daß ich deine Blätter verbrannt
habe. Nun hatte ſie das rechte Geleiſe gefunden.
Macht nichts, Mutile! Kannſt die andern noch dazu haben.
Sei nur nicht traurig bitte nicht, Muttle. Und der kleine,

verſchloſſene Geſell tat ſo zärtlich mit ihr, als wären ſie lange
Zeit voneinander getrennt geweſen: jede ſeiner Liebkoſungen
aber ließ Merete erſchauern: Er hat die Art ſeines Vaters,
dachte ſie in ſchmerzlichem Entzücken, wie foll ich dagegen an=
gehen
?
Sie war gerührt, allein ſo verſtändig war ſie nicht, ganz
offen mit ihrem Knaben zu ſprechen, zu beſprechen, was ihn am
meiſten anging. Die Unart eines Kindes wurde mit Freund=
lichkeit
beglichen, doch das Leben eines kleinen Menſchen blieb
ungeklärt. Hans Peter fühlt es, aber er vermied wie ſonſt zu
Herrn Stettner zu gehn, weil er ſeine Mutter nicht kränken
wollte ..
Er nahm zu an Alter und Weisheit.
Im Wiſſen von ſich ſelbſt wuchs ſein Gewiſſeit.
Eine Weiſe lebten Mutter und Sohn ſich wieder zurecht:
ohne Knick und Schaden, ſo ſchien es, kamen ihre Herzen wpieder
zuſammen. Aber ſinkt nicht Abgelebtes hinunter in berborgene
Gründe, wo bös und gut ſeine heimlichen Male zurückläßt?
Meretens Seele hatte einen bedeutſomen Anſtoß bekommen.
Sie nahm ſich vor, wieder mehr ihrem Kinde zu leben, und
Peterle konnte jetzt bei ihr ſitzen wie früher, da er noch ein
Knirps geweſen, und wie früher konnte er bitten: Erzähl mir
was, Mutile‟.
Was ſoll ich dir erzählen?
Du haſt doch ſo ſchöne Geſchichten vom lieben Gott gemußt
und von der goldenen Stadt, wo die Türen von Perlen ſind, und
von dem großen Baſſer
Von welchem Waſſer, Kind?
Na, wo ſie alle ſelig wurden, wenn ſie reingingen, U.c5 die
häßlich waren, wurden ſchön, und die krank waren, geſund, und
die Blumen am Ufer konnten ſingen (Fortſetzung foldt.)

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Seite 10.

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Es iſt nicht möglich, alle Artikel in dieſem Inſerat anzuführen, wir bitten deshalb um Beſichtigung
unſerer Auslagen in den Schaufenſtern, ſowie der auf beſonderen Tiſchen ausgelegten Warenpoſten

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Ludwigſtraße 911