Darmstädter Tagblatt 1924


29. Januar 1924

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit + verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſi. Tagbl. geſfattet.
Nummer 29
Dienstag, den 29. Januar 1924.
187. Jahrgang

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Rabatt weg. Bankkonto: Deuiſche Banl und Darun=
ſtädter
8 Nationalbank.

Reich und Rheinland.
Die Frage der Beſatzungskoſſen.
* Berlin, 28. Jan. (Priv.=Tel.) Die große Ausſprache
über die Rhein= und Ruhrfrage, die am Samstag innerhalb des
Reichskabinetts unter Hinzuziehung des preußiſchen Miniſter=
präſidenten
Braun und des deutſchen Geſchäftsträgers in Paris
b. Hoeſch ſtattfand, hat, wie wir erfahren, die Richtlinien der
Politik des Kabinetts Marx neu befeſtigt. Es beſteht Ueberein=
ſtimmung
darüber, daß für die Erhaltung des beſetz=
ten
Gebiets in ſeiner nationalen Einheit und für ſeine un=
veränderte
Zugehörigkeit zum Reich auch die ſchwerſten
Opfer zu bringen ſeien. Insbeſondere werden dieſe
Richtlinien maßgebend ſein für die Frage der
Beſatzungskoſten. Man iſt entſchloſſen, alles zu tun, um
im beſetzten Gebiet auch nicht einen Augenblick das Gefühl auf=
kommen
zu laſſen, daß die Regierung materielle Hilfsopfer für
das Rheinland ſcheue.
Keine Streikluſt bei den Eiſenbahnern.
Berlin, 28. Jan. Von den Organiſationen der deutſchen
Eiſenbahner hat nur der Deutſche Eiſenbahnerverband unter den
Mitgliedern eine Urabſtimmung über die Verlängerung der Ar=
beitszeit
vorgenommen. Die Abſtimmung iſt am Samstag abend
zu Ende gegangen. Nach den bisher vorliegenden Reſultaten
dürfte für den Streik die notwendige Dreiviertelmehrheit nicht
uſtande kommen. In Gegenden, wo die radikalen Elemente die
Oberhand haben, iſt zwar eine überwiegende Mehrheit für den
Streik vorhanden, jedoch ſind die Bezirke, die ſich gegen den
Streik erklärt haben, in der Mehrheit geblieben.
Nach einer Meldung aus Augsburg hat das baheriſche Ge=
eralſtaatskomnſſariat
die Vornahme einer Urabſtimmung
cnter den Eiſenbahnern dauernd verboten. In Augsburg wur=
den
die Bureaus und Wohnungen der Betriebsratsmitglieder
urchſucht und das vorgefundene Material für die Urabſtim=
niung
beſchlagnahmt. Die Funktionäre des Eiſenbahnerverban=
des
wurden in einem- Wahllokal verhaftet.

Vom Tage

Regierungsvizepräſident Matthens früher beim
Bezirksamt in Ludwigshafen und dann Regierungsdirektor und Vize=
präſident
in Speyer, iſt zum Regierungspräſidenten der
Pfalz ernannt worden.
Die demokratiſche Reichstagsfraktion beſchloß, die
Regierung aufzuforhern, den militäriſchen Aus=
nahmezuſtand
aufzuheben und eine Wahlvorlage möglichſt
bald einzubringen, die noch im Februar im Reichstag erledigt werden
ſoll.
Die dritte Notverordnung der Reichsregierung wird auch
ein neues Wohlfahrtsgeſetz enthalten, das eine Zuſammen=
faſſung
und Vereinfachung der bisherigen Verordnungen auf dieſem Ge=
biet
darſtellen ſoll.
Der deutſche Landwirtſchaftsminiſter Graf Kanitz iſt
in München angekommen, um mit maßgebenden Kreiſen der
bayeriſchen Bauernſchaft verſchiedene Tages= und Fach=
fragen
zu beſprechen.
Im ſaarländiſchen Buchdruckerſtreik, haben die Ar=
beitnehmer
den gefällten Schiedsſpruch abgelehnt. Der Streik geht
weiter.
Im Laufe des geſtrigen Tages empfing der engliſche Miniſterpräſibent
Naedonald, die diplomatiſchen Vertreter von 34 auswärtigen
Staaten.
Der jugoſlawiſche Miniſterpräſident Paſchitſch iſt geſtern vom Papſt
empfangen worden, dem er den Wunſch ausdrückte, noch heute das
Konkordat zwiſchen Jugoſlawien und dem Vatikan abzuſchließen.
Außenminiſter Beneſch trifft heute, aus Paris kommend, wieder in
Prag ein und wird dann ſofort dem Auswärtigen Ausſchuß über ſeine
Neiſe berichten.
Die Baltenkonferenz iſt auf den 12. Februar der=
ſchoben
worden. Es nehmen Eſtland, Lettland, Polen und Finn=
land
teil.

Amtlicher Oollarkurs 4 210 500 000 000
1 Goldmark 1 Billion 1 Pfg. 10 Milliarden

Die Berliner Anterſuchungen.

Die Sachverſtändigenberatungen in Berlin.
* Berlin, 28. Jan. (Priv.=Tel.) Nach den an hieſiger zu=
ſtändiger
Stelle aus Paris vorliegenden Meldungen wird der
rſte Ausſchuß unter General Dawes heute abend die franzöſiſche
Hauptſtadt verlaſſen und morgen abend in Berlin eintreffen.
Die ziveite Sachverſtändigenkommiſſion, die morgen abend
von Paris abfährt, wird übermorgen hier erwartet. Die Aus=
ſnhüſſe
werden aus je 40 Perſonen beſtehen. Ein offizieller Emp=
ſang
durch die Reichsregierung wird bei der Ankunft der Sach=
verſtändigen
nicht ſtattfinden. Auf dem Bahnhof werden ſich
ediglich die deutſchen Perſönlichkeixen einfinden, die den Sach=
erſtändigen
aus Paris bekannt ſind. Auch der Vorſitzende der
deutſchen Kriegslaſtenkommiſſion, Staatsſekretär Fiſcher, wird
m Bahnhof anweſend ſein.
*
Nach der Mitteilungen eines Berliner Mittagsblattes werden
je beiden Sachverſtändigenausſchüſſe, die am Diens=
g und Mittwoch in Berlin eintreffen, mit ihren Mitgliedern, Sekre=
iren und Hilfskräften eine ziemlich große Zahl von Köpfen umfaſſen
Stwa 100) und gemeinſam in einem großen Berliner Hotel untergebracht
werden. Den Ausſchüſſen werden beſondere Arbeitsräume in einem
Reichsgebäude zur Verfügung geſtellt. Alle dieſe Vorbereitungen und
der aufgebotene Apparat laſſen darauf ſchließen, daß die Arbeiten der
heiden Kommiſſionen von der bisherigen Behandlung der Finanz= und
Heparationsfragen abweichen werden. In früheren Fällen kamen die
Unterſuchungen und Gutachten gewöhnlich in der Weiſe zuſtande, daß
ieſige Vertretungen von interalliierten Behörden die Kriegslaſtenkom=
miſſion
oder andere Reichsſtellen um einige Daten und Angaben erſuchten,
gieſe dann mit einem perſönlichen Kommentau verſahen und nach Paris
*hickten, wo man ſich dann mit mehr oder weniger gutem Willen ein
UUrteil zu bilden verſuchte. Die neue Art der Kommiſſionsarbeiten läßt
Aber zweifellos eher eine gründliche Prüfung der ganzen Finanz= und
Wirtſchaftslage und der Hilfsmittel des Reiches erwarten. Angeſichts
daer von den Unterſuchungsausſchüſſen bereits in Paris kundgegebenen
Ubſichten, die eine objektive Würdigung aller beteiligten Intereſſen er=
arten
laſſen, wird ſeitens der Reichsbehörden den Ausſchüſſen mit der
größten Offenheit und Rückhaltloſigkeit Einblick in alle Vorgänge ge=
wvährt
werden. Beſondere Beamte werden den Ausſchüſſen dauernd
uur Verfügung ſtehen.
Nach Londoner Meldungen rechnet man mit einer Dauer der Ar=
beiten
von mindeſtens einem Monat. Bei der Vielköpfigkeit und Kom=
petenz
der Bearbeiter iſt wohl ein Ergebnis zu erwarten, das zum min=
Weſten alle demagogiſchen Abſichten, Verdrehungen und Agitationen
ſernhält, und dem Märchen von dem abſichtlichen Bankerott Deutſch=
lands
, dem Feldzug gegen den Franken und ähnlichen übelwollenden
und törichten Gerüchten ein Ende bereiten wird.
Verbeſſerungspläne der Regiebahn.
Eſfen, 28. Jan. Ueber die kürzlich unter dem Vorſitz des
Präſidenten der Generaldirektion der Regiebahn in Mainz,
Breaud, und dem Arbeitsausſchuß für Eiſenbahnfragen, dem
Bertreter des Bergbaues, der Eiſen= und Hütteninduſtrie, der
ſoandelskammer, der Kanalwirtſchaft und der Rheinſchiffahrt
ſattgefundenen Verhandlungen wird berichtet: Um dem Wagen=
niangel
abzuhelfen, ſagt die Regie die größere Geſtellung von
2 okomotiven und die Ausbeſſerung der beſchädigten Materialien
auch durch die Privatinduſtrie zu. Die Regie hat gleichfalls die
Mbſicht, die Haftpflicht auf die Regie in dem gleichen Umfange
zet übernehmen, wie die deutſche Bahnverwaltung. Gleichzeitie
wurde mitgeteilt, daß vorausſichtlich ab 1. Februar die Bedienung
der Privatgleiſe zu denſelben Gebühren und in der gleichen
Weiſe geſchehen ſoll, wie bisher unter der deutſchen Verwaltung.
Z3ur Behebung der Schwierigkeiten der Frachtgebührenzahlung
wurde die Errichtung einer Zentralkaſſe in Eſſen ins Auge ge=
frßt
. Die Transportkoſten für die Reparationskohle werden, ſo=
weit
es ſich um den Verſand auf Privatanſhlüſſen der Zechen
bandelt, von der Micum wiedererſtattet,

Jaſpar Poincaré.
Ein belgiſcher Vermitilungsvorſchlag.
Paris, 28. Jan. (Wolff.) Nach einer Meldung der Chicago
Tribune ſoll der belgiſche Außenminiſter Jaſpar ſich bei der
geſtrigen Beſprechung mit Poincaré erboten haben nach London
zu reiſen, um mit Macdonald im Namen der Beſatzungsmächte
des Ruhrgebiets zu verhandeln. Man nimmt an, daß Poincaré
dieſen Schritt für unnötig gehalten habe.
Paris, 28. Jan. (Wolff.) Der Außenpolitiker des Echo
de Paris beſchäftigt ſich mit der geſtrigen Beratung, die Mini=
ſterpräſident
Poincaré mit dem belgiſchen Außenminiſter Jaſ=
par
hatte. Er ſcheint aber der am Abend ſtattgefundenen Un=
terredung
zwiſchen dieſen beiden Miniſtern und dem tſchecho=
ſlowakiſchen
Außenminiſter Beneſch eine größere Bedeutung
beizulegen. Beneſch habe jetzt Ramſay Macdonald viel
Klugheit und Zurückhaltung gezeigt. Er erkläre, daß er eine rein
britiſche Politik verfolge, und daß er ſich nicht durch eine ſtarre
Theorie und durch keine vorgefaßte Meinung und durch keine
Parteilichkeit behindern laſſen werde. Aber zu welcher Methode
er auch ſeine Zuflucht nehmen werde, früher oder ſpäter müſſe er
ſich notwendigerweiſe für eine Reparationsmethode
ausſprechen, die ſchwer mit der franzöſiſch=belgiſchen Politik ver=
einbar
ſei, und aus dieſer Tatſache heraus könne ein gewaltſamer
Bruch nicht außerhalb der Möglichkeiten der nächſten Zukunft
liegen. Die Regierenden in Paris und Brüſſel müßten zwiſchen
dem Weſentlichen und Nebenſächlichen unterſcheiden, das Neben=
ſächliche
aufgeben und das Weſentliche aufrechterhalten.
Der Außenpolitiker beſtätigt im übrigen über den Verlauf
der geſtrigen Nachmittagsverhandlungen das, was von uns be=
richtet
worden iſt, und fügt hinzu, daß auch die Frage des Ver=
kehrs
in der engliſchen Zone beſprochen worden iſt. Um
dieſe Frage an Ort und Stelle regeln zu können, treffe heute der

ſei bhandelt 2 Nor vehe De Aſte Fächſch au die maierſel
len Intereſſen Englands nehmen. Wenn die Umſtände günſtig
ſeien, werde man die an den Tag gelegte Strenge mildern; aber
auf das weſentliche der angewandten Methoden könne man nicht
verzichten.
Auch das Echode Paris behauptet, man könne auf mehr
als eine Milliarde Franken Nutzen im Jahre
rechnen, deren Steigerung ſicher ſei. Das allgemeine Repa=
rationsſyſtem
, das die Sachverſtändigen ſchließlich in eine For=
mel
kleiden könnten, könnte dieſen Ergebniſſen nicht übergeordnet
werden. Mit anderen Worten: Die belgiſchen Studien, von
denen geſtern bei den Beratungen geſprochen worden ſei, ſeien
nichts als Ergänzungen zu dem, was augenblicklich funktioniere.
Nach dem Brüſſeler Berichterſtatter des Oeuvre ſei der
Hauptzweck des Beſuchs Jaſpars das belgiſch=
franzöſiſche
Wirtſchaftsabkommen geweſen, das be=
kanntlich
in Belgien auf ſtarken Widerſtand geſtoßen iſt.
Jaſpar wieder in Brüſſel.
TU. Paris, 28. Jan. Jaſpar iſt nach Brüſſel zurückge=
kehrt
, um an dem am Nachmittag ſtattſindenden Miniſterrat teil=
zunehmen
. Uieber den Ausgang ſeiner geſtrigen Unterredung mit
Poincaré wird an halbamtlichen Stellen keine Mitteilung ge=
macht
.

Münchener Brief.
Hetr von Kahr. Die Parlamentskriſe. Auf zumt Volks
begehren! Zum Hitlerprozeß. München-Berlin.
g. München, 28. Januar.
Unſerer letzten, Herrn v. Kahr, dem Vielumſtrittenen, ge=
widmeten
Betrachtung haben wir das Bewußtſein vorangeſtellt,
daß dieſer Rann auch damals noch und vielleicht für
längere Zeit Amt und Würde des bayeriſchen General=
ſtagtskommiſſars
innehabe, daß er nichtsdeſtoweniger politiſch
aher e i toter Mann ſei. Unſere Erwartung, daß Herr v. Kahr=
von
ſich aus die Konſequenzen aus ſeiner Desavouierung von
allen Seiten, Freund und Feind, ziehen werde, hat er ſelbſt aus
Gründen, die ſich unſerer Kenntnis entziehen, nicht erfüllt. Was
aber dieſe letzten Tage auch für jeden, der damals noch nicht ſehen
wollte, klar genug entſchleiert haben, iſt die splendick isolation,
die hoffnungsloſe Vereinſamung, die den noch amtierenden Ge=
neralſtaatskommiſſar
heute auch für die allerletzten Getreuen zuut
toten Manne geſtempelt hat. Es iſt in dieſem Zuſammenhange
äußerſt lehrreich, zu hören, was der Regensburger Anzeiger
der Beſitztum und Organ des Führers der Bayeriſchen Volks=
partei
iſt, zu dem Kampf um das Generalſtaatskommiſſariat zu
ſagen wußte, desſelben Führers, der in den letzten Parlaments=
debatten
ſich als einziger auf die Dankespflicht beſann und ihr
Ausdruck gab, die gerade das Parlament dem Manne ſchul=
det
, der den törichten Novemberſtreich unter Aufopferung der
eigenen Perſon zunichte machte. (Wobei daran vorbeigegangen
werden ſoll, daß die Sozialiſten, dem Gerichtsverfahren vorgrei=
fend
und ſomit allgemeingültige Anſtandsregeln verletzend, Herrn
v. Kahr höchſtens den Strafausſchließungsgrund der tätigen
Reue zubilligten, worüber ſpäterhin nach Abſchluß des Verfah=
rens
vielleicht noch zu reden ſein wird!). Beſagter Artikel kommt
zu dem in ſolcher Eindeutigkeit auch von der regierenden Par=
tei
bisher noch nicht gehörten Ergebnis, daß die Frage des Ab=
baus
des Generalſtaatskommiſſariats weder Prinzipien= noch
Perſonenfrage, ſondern lediglich eine Frage des Termins
ſein kann. Dieſen Termin hält man dann für gekommen, wenn
die Staatsregierung ſelbſt ſich wieder in der Lage ſehen
wird, Garantien für die Sicherheit des Landes auch ohne die
außergewöhnlichen Mittel des Ausnahmezuſtandes und des
Generalſtaatskommiſſariats zu geben, das am gleichen Ort, unter
ſchmerzlichem Eingeſtehen der auf die Diktatur geſetzten und als
trügeriſch erwieſenen Hoffnungen, mehrfach ausdrücklich als
Notſtandsmaßnahme angeſprochen wird, deren Voraus=
fetzungen
entfallen, ſobald der Notſtand ſelbft nicht mehr ge=
geben
iſt.
Aber auch die Regierung ſelbſt hat in den letzten par=
lamentariſchen
Verhandlungen im Verfaſſungsausſchuß durch
den Mund des Innenminiſters gar keinen Zweifel gelaſſen, daß
ſie ſpäteſtens mit Ausſchreibung der Neuwahlen tief in den Aus=
nahmezuſtand
eingreifen, die Wahlfreiheit nach allen Richtungen
ſichern und zu dieſem Behuf auch die Zuſtändigkeit des General=
ſtaatskommiſſars
beſeitigen werde. Und einem ſozialiſtiſchen
Zwiſchenrufer erklärte der Miniſter ausdrücklich, daß ſolches
auch in der Wahlſicherungsverordnung drinſtehen werde, um
die letzten Zweifel an ſolcher Wende zu zerſtreuen. Und wenn
Herr v. Kahr auf Meldungen über ſeinen, kurz bevorſtehenden
Rücktritt wiederholt mit geharniſchten Dementis aufwartet, ſo
mag er damit formal zweifellos im Recht ſein. Daß ſeine
Amtsführung mit Rieſenſchritten dem Ende entgegengeht und
daß ſie nach dem Hitlerprozeß dieſes ihr Ende ſpäteſtens
finden wird, ſteht für uns außer Zweifel. Und wie Herr v. Kahr
ſelbſt durch Zurücknahme des vielangefochtenen Streik= und
Ausſperrungsverbots und, ſeine Beſchränkung auf lebenswich=
tige
Betriebe mit dem Abbau ſeiner oft in mehr als einer Hinſicht
außerordentlichen Maßnahmen beginnt, ſo ſetzen ſeine Gegner
den Stellungskrieg gegen ihn mit täglich wachſendem
Erfolg fort.
Der Landtag hat in dieſem Grabenkampf in der zurückliegen=
den
Woche immerhin einige recht beträchtliche Abſchnitte in ſeine
Hand gebracht. Er hat die Regierung mit allen gegen die Stim=
men
der Bayeriſchen Volkspartei förmlich beauftragt, das in
jeder Richtung unſinnige Verbot der Auslegung von Zeitungen
außerbayeriſcher Herkunft, wie Vorwärts, Frankfurter Zei=
tung
uſw., in öffentlichen Lokalen zur Aufhebung zu bringen,
das ſchon um deswillen lächerlich berühren mußte, weil der Poſt=
bezug
dieſer Blätter nicht geſperrt, ihrer Einfuhr alſo nichts im
Wege war von der Verletzung des Grundſatzes der Preſſe=
freiheit
durch ſolche hämiſche Nadelſtichpolitik ganz zu ſchweigen.
Er hat die Rücknahme der Ausweiſung des ſudetendeutſchen Vor=
ſitzenden
des Deutſchen Hochſchulrings Pleyer beſchlußmäßig
gefordert und endlich in dem Kampf um die Wahlfreiheit mit der
oben erwähnten Regierungserklärung und der Zuſicherung vor=
heriger
Vorlegung der den Generalſtaatskommiſſar ausſchalten=
den
Verordnung ein Kernſtück der gegneriſchen Linie erobert.
Man ſollte ſich im Landesparlament an dieſen politiſchen Erfol=
gen
genügen laſſen und in der jetzt beginnenden letzten Plenar=
ſitzungsperiode
die Auflöſung beſchließen, wenu die letzten
Reſte von Sympathie, die die bayeriſche Abart des Parlamen=
tarismus
überhaupt noch im Volke gelaſfen hat, nicht auch noch
verloren gehen ſollen. Ob das geſchehen wird, ob. man nicht
neue Hinderungsgründe entdecken wird, die die Auflöſung
abermals inopportun erſcheinen laſſen müſſen, um noch länger
zuſammenbleiben zu können, muß die laufende oder kommende
Woche erſt lehren.
Sollte ſich woofür geſviſſe Anzeichen ſprechen die Auf=
löſung
des Landesparlaments auch noch länger hinauszögern, ſo
ſteht man doch ſchon heute mitten im Wahlkampf drinnen: das
Volksbegehren der Bayeriſchen Volkspartei, das in Preſſe
und Oeffentlichkeit ſeit Bekanntwerden ſeine Schatten voraus=
warf
, iſt im Zuge, und damit bereits der friſchfröhlichſte Wahl=
krieg
entfeſſelt. So, wie die Dinge heute liegen, iſt dieſem Unter=
nehmen
der Erfolg zweifelhaft. Demokraten, Sozialiſten
und Bauernbündler lehnen eine Unterſtützung ab, ſelbſt die
deutſchnationale Mittelpartei und die Deutſche Volkspartei ſchei=
nen
obwohl ſie ſich noch nicht definitiv erklärten die regie
rende ſtärkſte Partei in ihrem Feldzug allein laſſen zu wollen,
da man auch hier den erſten, die Landtagsauflöſung erſtreben=
den
Teil des Begehrens als unnötig angeſichts des ohnehin ab=
laufenden
Mandats, den zweiten, einen mit einfacher Mehr=
heit
beſchließenden verfaſſunggebenden Landtag als höchſt be=

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, ben 29. Januar 1924.

Rummer 29.

denklich, nicht ohne ſchwerwiegende Gründe, betrachtet. Eine
Unterſtützung hat die Partei dennoch gefunden: die völkiſchen
Blocks werden ihrem Auflöſungswunſch für das Parlament
Hilfe leiſten und ſo verſuchen, an ihrem Teil zum ſeligen Ende
des gegenwärtigen Landtags beizutragen. Aber weiter gehen
die Hilfspläne auch bei den Völkiſchen nicht, denen es vorbehalten
geblieben iſt, für den kommenden Landtag eine neue Spezies
von Abgeordneten aus ihren Reihen anzukündigen: Männer, die
als Geiſt gewordene Oppoſition das lebende Gewiſſen der Na=
tion
im kommenden Landtag ſein, das Parlament zerſtören
und umkrempeln und allen Parteien Kampf bis auf Meſſer lie=
fern
wollen. Hält man dazu noch, daß die völkiſchen Gruppen
für die kommenden Wahlen Schutzabteilungen wegen des Ter=
rors
der anderen aufſtellen wollen, ſo wird man ſich auf recht
erbauliche Dinge gefaßt machen dürfen, unter denen die leben=
den
Gewiſſen vielleicht auch anatomiſche Volksbeluſtigungen ver=
ſprechen
! Bei dieſer Machtgruppierung mögen die Volks=
begehren
vielleicht die nötige Stimmenzahl aufbringen. Für
die Volksentſcheidung, die dann erſt anzuordnen wäre,
ſcheint eine Mehrheit ausgeſchloſſen. Und das dünkt auch uns
das beſte Ergebnis, das mindeſtens dem zweiten Volksbegehren
zu wünſchen wäre: Blankovollmachten, die es in das Belieben
einer einfachen Parlamentsmehrheit ſtellen würden, die beſtehende
Verfaſſung nach Belieben umzukrempeln, zweite Kammern,
Staatspräſidenten und ähnliche Inſtitutionen gegen ſtarke, be=
deutſame
Minoritäten zu ſchaffen, kann kein Volk einem Par=
lament
erteilen, deſſen Zuſammenſetzung durchaus ungewiß iſt.
Für vernünftige Löſungen dieſer Probleme werden ſich
mindeſtens die bürgerlihen Parteien keineswegs verſagen, was
auch in den Landtagsdebatten der letzten Tage mit aller Deut=
lichkeit
zum Ausdruck kam. Und überdies muß es höchſt zweifel=
haft
erſcheinen, ob die Pfalz, alſo ein gewichtiger Teil des
Bahernlandes, ſich an dieſen auch für ſie hochbedeutſamen Ent=
ſcheidungen
auf dem Wege der Volksabſtimmungen beteiligen
kann, was für Verhandlungen innerhalb des Parlaments
ohne weiteres durch ihre parlamentariſchen Vertreter gegeben
ift, die auch in den neuen Landtag, nötigenfalls ohne Wahl, ein=
ziehen
werden. Schon dieſe Erwägung allein ſollten den par=
lamentariſchen
Löſungsweg als einzig gangbaren in der Gegen=
wart
und einer nahen Zukunft, ſolange die Pfalz unter den Be=
drückungen
von Separatiſtengeſindel und ſeinen franzöfiſchen
Hintermännern leidet, erſcheinen laſfen.
In dieſe nach allen Richtungen noch recht ungeklärte Wahl=
und Kampfzeit ſchneit nun der Linken willkommener Anlaß
zur Verzögerung des Landtagsendes die Friſtſetzung zum
Hitlerprozeß hinein, der am 18. Februar bekanntlich begin=
nen
ſoll. Man hat klugerweiſe den erſten Plan, dieſes Verfahren
in Landsberg, und zwar in der Feſtungshaftanſtalt ſelbſt abzu=
wickeln
, fallen gelaſſen und die Durchführung des Prozeſſes in
München angeſetzt. So ſehr aus Gründen der Staatsauto=
rität
dieſer Entſcheidung zugeſtimmt werden kann, ſo ſehr hat
jedoch nanentlich die Preſſe Anlaß, gegen die in Ausſicht genom=
menen
Verhandlungsräume Einſpruch zu erheben, die für den
zu erwartenden Maſſenandrang an Prozeßbeteiligten 9 An=
geklagte
, 9 Staatsanwälte und Verteidiger und etwa 150 Zeugen,
von den Vertretern der Preſſe und Oeffentlichkeit abgeſehen".
durchaus unzureichend ſind. Es ſteht zu erwarten, daß bereits
eigeleitete Schritte zur Beftimmung anderer Räumlichkeiten den
erſtrebten Erfolg haben werden, ſo daß dieſer Monſtreprozeß
hoffentlich unter halbwegs erträglichen Bedingungen für die
Bereiligten, an die eine Verhandlungsdauer von drei bis vier
Wochen ohnehin einige Anforderungen ſtellen dürfte, zur Durch=
führung
gelangen wird. Neben Hitler und General Luden=
dorff
erſcheinen in dieſem Verfahren noch ſieben weitere Haupt=
angeklagte
, der Miniſterpräſident Pöhner (gegenwärtig
wegen Erkrankung in einem Xrankenhaus untergebracht), der
Polizeipräſident von Hitlers Gnaden Frick, die Führer von
Oberkand und der Reichskriegsflagge‟ Dr. Weber und
Hauptmann Röhm, endlich der militäriſche Führer des Kampf=
bundes
Oberſtleutnant Kriebel, der ſich kürzlich erſt freiwil=
lig
ſtellte, und die bei der Ueberrumpelung des Bürgerbräu=
kellers
kommandierenden Unterführer Wagner und Brück=
ner
vor den Schranken des Gerichts. Wenn hier noch eine
grundſätzliche Forderung erhoben werden ſoll, ſo wäre es die,
daß durch öffentliches Verhandeln, von ganz beftimmten
Tatſachenkomplexen abgeſehen, auch der Schein einer Verdunke=
lung
aller Zuſammenhange vermieden werden muß. Dieſe For=
derung
iſt ſowohl von ſeiten der Regierung wie auch von der
Oberſtaatsanwaltſchaft grundſätzlich bereits als durchaus berech=
tigt
anerkannt worden. Man wird alſo annehmen können, daß
die Verhandlungen die Klarheit ſchaffen werden, die zur
Reinigung der politiſchen Atmoſphäre Bayerns mehr als je von=
nöten
iſt.
Als erfreuliches Ereignis in aller Wirrſal unſerer Tage
möchten wir ſchließlich auf die Tatſache verweiſen, daß die Ver=
handlungen
zwiſchen München und Berlin weiter fort=
ſchreiten
und, wie es ſcheinen will, in gutem Zuge ſind. Der
Begegnung Dr. v. Knillings mit dem Reichskanzler in Homburg
hat ſich ein Beſuch des Reichspoſtminiſters in München ange=
reiht
, als deſſen Ergebnis ſelbſt eine amtliche bayeriſche Mittei=
lung
erfreuliche Uebereinſtimmung über die grundſätzlichen

Fragen feſiſtellte. Es handelt ſich hier, um das Wichtigſte kurz
verauszugreifen, namentlich um die Neuregelung der Eigentums=
verhältniſſe
zwiſchen Reich und vormals bayeriſcher Poſtverwal=
tung
an dem Reichspoſtvermögen, das durch das Reichspoſt=
finanzgeſetz
geſchaffen werden ſoll, des weiteren auch um die Er=
weiterung
der bayeriſchen Rechte, die an Stelle der noch nicht ge=
zahlten
Abfindungsreſtſummen gewährt werden ſoll. Ueber die
Einzelheiten des geplanten Abkommens beſteht, wie wir zu wiſ=
ſen
glauben, auch in ſämtlichen Parteien des bayeriſchen
Landtags Uebereinſtimmung. Es iſt daher doppelt bedauerlich,
daß die Mehrheit eine grundſätzliche Ausſprache über die baye=
riſche
Verfaſſungsdenkſchrift in ihrer Geſamtheit ablehnen zu
müſſen glaubte, die Klarheit über die Stellung der Volksvertre=
tung
zu dem Geſamtproblem der Verfaſſungsfragen geſchaffen
hätte. Wir fürchten, daß extomporierte Ausflüge in dieſes
heikle Gebiet, wie ſie nun wohl in den kommenben Landtags=
debatten
zu verzeichnen ſein werden, mehr Porzellan zerſchla=
gen
können, als für Bayern ſelbſt und vielleicht auch für das
Reich lieb ſein wird. Das ſollte und darf die beteiligten Unter=
händler
nicht abhalten, pflichtmäßig nach ſachlichen Geſichts=
punkten
weiter zu verhandeln, denn Parteibrillen ſind nie=
mals
geeignete Inſtrumente zur Beleuchtung und Löſung ſtaats=
politiſcher
Fragen, wie ſie hier nun einmal gegeben ſind. Das
gilt für Oppoſitions= wie für Koalitionsparteien, wenn die Ab=
lehnung
der letzteren den Sinn gehabt haben ſollte, eine Einig=
keit
aufder ganzen Linie vorzutäuſchen, die in immerhin
wwichtigen der angeſchnittenen Fragen nicht vorhanden iſt ...."

Orohender Putſch in Bayern.
München; 28. Jan. Nach Blättermeldungen hat ber
Präſident des Blücherbundes, Regierungsbaumeiſter
Schäfer, in einer Verſammlung des Bundes in Schwoben=
hauſen
einen Putſch angekündigt, der noch vor dem
Hitlerprozeß ſtattfinden werde. Es würde dann mit roheſter Ge=
walt
vorgegangen. An maßgebender Stelle wird dieſen Dro=
hungen
als Zeichen der erregten Stimmung in
bölkiſchen Kreiſen eine gewiſſſe Bedeutung bei=
gemeſſen
. Es ſind jedoch alle Vorkehrungen getrof=
en
worden, um Ueberraſchungen vor oder währenb des
Hitlerprozeſſes vorzubeugen.
Günſtige Aufnahme des außenpolitiſchen

Oebüts Macdonalds.
London, 28. Jan. Die Aeußerungen Macdonalds gegen=
über
dem Mitarbeiter des Pariſer Quoditien, die mit Offenheit
die Bedingungen für ein Fortbeſtehen der franzöſiſch=engliſchen
Entente umſchreiben, werden von der geſamten liberalen Preſſe
außerordentlich beifällig begrüßt. Weſtminſter Gazette bezeichnet
ſie als eine offenherzige und klare Auseinanderſetzung mit dem
franzöſiſchen Standpunkt. Die konſervative Preſſe ſchweigt ſich
darüber aus, aber Chamberlain erklärte darüber in einer Rede
in Birmingham, daß Maedonald nicht nur auf die Unterſtützung
ſeiner Außenpolitik durch die Konſervative Partei rechnen könne,
ſondern daß die Arbeitsdauer der Arbeiterregierung möglicher=
weiſe
eine ziemlich lange ſein werde, da die Konſervative Partei
während der Zeit, in der Macdonald die außenpolitiſchen Pro=
bleme
zu löſen hat, auf jede engherzige Oppoſition in außenpoli=
tiſchen
Fragen, verzichten werden. Macdonald hat die Abſicht,
die Schuldenfrage, die Reparationsfrage und die Sicherungsfrage
gemeinſam in einer großen interalliierten Ausſprache zu behan=
deln
, ſobald Ende Februar das Gutachten der Sachverſtändigen=
ausſchüſſe
der Reparationskommiſſion vorliegt. In amtlichen
Londoner Kreiſen erwartet man, daß dieſes Gutachten einen voll=
ſtändig
ausgearbeiteten Plan enthalten werde, Deutſchland finan=
ziell
zu reorganiſieren. Nach den Mitteilungen Mac Kennas ſoll.
dieſer Plan vor einigen Tage Macdonald unterbreitet wordei
ſein und anſcheinend auf die Zuſtimmung der maßgebenden poli=
tiſchen
und amtlichen Kreiſe Frankreichs rechnen können.
Halbamtliche engliſche Erklärungen.
* Paris, 28. Jan. (Prib.=Tel.) Der Quotidien hat in
ſeiner geſtrigen Ausgabe ein angebliches Interview mit Ram=
ſah
Macdonald veröffentlicht. Eine ſoeben aus London einge=
troffene
halbamtliche Reutermeldung führt demgegenüber aus,
daß Macdonald ſeit ſeinem Amtsantritt keinem Journaliſten ein
Interview gewährt habe, ſondern ſich lediglich als Führer der
Arbeiterpartei ſeinerzeit privat ausgeſprochen habe. Dieſer Mit=
teilung
wird hinzugefügt, es beſtände kein Grund zu der An=
nahme
, daß die großen Linien der Politik Macdonalds ſich von
denen unterſcheiden, die mitgeteilt worden ſind. Es liege ferner
auf der Hand, daß die Entwickelung der großen Linien der Poli=
tik
eine Frage der Zeit ſei, und es wäre auch Irrtum, wollte
man annehmen, wie es beiſpielsweiſe vor einigen Tagen hin=
ſichtlich
Rußlands geſchehen ſei, daß dieſe Entwickelung mit un=
gewöhnlicher
Schnelligkeit vor ſich gehen werde. Die Frage der
Zeziehungen zu Rußland wie auch zu Frankreich, ſowie das
Reparationsproblem müßten vielmehr ſorgfältig mit Rückſicht
auf die Regierungspolitik geprüft werden.

Aus der Rheinpfalz.

Franzöſiſch=belgiſcher Räckzug in der Pfalz?
* Paris, 28. Jan. (Priv.=Tel.) Die franzöſiſche
Aktion in der Pfalz ſcheint mit einem vollſtändigem
Rückzug zu enden. Die geſtrige Unterredung des belgiſchen
Außemminiſters Jaſpar mit Poincaré hat dazu geführt, daß die
franzöſiſche und belgiſche Regierung von ihrem
Vorhaben, die ſeparatiſtiſche Regierung in der
Pfalz durch die Rheinlandkommiſſion auerken=
nen
zu laſſen und ihre Verordnungen zu unterſtützen,
zurückzutreten beabſichtigen. Der franzöſiſch=
belgiſche
Nückzug wird in der Pariſer Preſſe zum Teil
dadurch vertuſcht, daß man den Gegenſatz zwiſchen der Regie=
rung
und den franzöſiſchen Behörden im beſetzten Gebiet feſt=
ſtellt
und die Schuld an dem in der Pfalzfrage aufgetauchten
panzöſiſch=engliſchen Gegenſatz auf das Vorgehen der Beſatzungs=
behörde
, namentlich des Militärs, zurückführt. Macdonald und
Poincaré, ſo ſchreibt Paris a Midi, ſind in Wirklichkeit ganz
einer Meinung; dagegen hätten gewiſſe Generäle, die in
Preſſegeſprächen erblärten, Frankreich wünſche die Rheiniſche Re=
ublik
, zum engliſchen Vorgehen und dem Bericht des
Generalkonſuls Clives geradezu herausgefordert. Das
genannte Blatt ſchließt ſeine Bemerkungen mit einem Hinweis
darauf, daß der Amerikaner Dawes recht zu haben ſcheine, wenn
er ſage, daß gewiſſe Beamte in den verſchiedenen alliierten Län=
dern
eine Einigung ihrer Regierungen verhüten wollen, weil ſi=
davon
eine Minderung ihres Einfluſſes befürchten.
Der Standpunkt Macdonalds in der
Pfolzangelegenheit.
Londoi, 28. Jan. (Wolff.) Der diplomatiſche Berichterſtatter des
Daily Telegraph ſchreibt zum Empfang der auswärtigen Botſchafter am
Freitag durch Macdonald, daß die Unterredungen zwiſchen Macdonald
und dem amerikaniſchen Botſchafter durch beſondere Herzlichkeit gekenn=
zeichnet
waren. Der belgiſche Botſchafter habe Macdonald gegenüber
erneut erklärt, daß die belgiſche Politik in erſter Linie eine Politik ſei,
die niemals durch die eine oder andere Macht ausſchließlich beſtimmt wer=
den
könne, die aber auf ein Zuſammenwirben mit allen hinzielen müſſe.
Mardonald antwortete, daß unter den Umſtänden einem Einvernehmen
zwiſchen den beiden Ländern wenig im Wege ſtehen dürfte.
Belgien hoffe, daß ein von der Brüſſeler Regierung vorgeſchlahener
Mittelweg zwiſchen dem britiſchen und franzöſiſchen Standpunkt in der
Frage der ſeparatiſtiſchen Ordonnauzen für das Pfalzgebiet ſowohl für
London als auch für Paris annehmbar ſei, wenn die Rheinlandkommiſ=
ſion
in Koblenz die Erörterung in einigen Tagen wieder aufnehme.. Auf
belgiſcher Seite werde behauptet, daß die Rheinlandkommiſſion, wenn ſie
direkt durch eine gemiſchte Körperſchaft von Unterdelegierten die Ver=
teilung
der Arbeitsloſenunterſtützung überwache, eine unparteiiſche Ver=
teilung
ſicherſtellen würde. Die britiſche Regierung ſehe jedoch keinen
Grund für irgend ein derartiges Kompromiß in der Pfalzfrage. Dort,
wo die Sebaratiſten nicht die Kontrolle haben, beſtehe keinerlei Schwie=
rigkeit
in der Arbeitsloſenunterſtützung; man ſei in London daher der
Anſicht) daß alle Schwierigeiten verſchwinden würden, wenn die Frau=
zoſen
die Separatiſten dort, wo ſie die Kontrolle haben, nicht unterſtützen
würden. Wie vermutet werden könne, wurden Paris und Brüſſel in
dieſem Sinne unterrichtet.
Ein drakoniſches Urteiſ.
Landau, 28. Jan. Das hieſige Kriegsgericht verhandelte
geſtern gegen 12 in jüngerem Alter ſtehende, meiſt aus Speyer
ſtammende Perſonen, die an einem ſogenannten militäriſchen
Geheimbund teilgenommen haben follen. Das Gericht verhängte
über die Angeklagten Strafen bis zu zwei Jahren Gefängnis und
1000 Mark Geldſtrafe. Dr. Graf=Ludwigshafen und Dr. Bär=
mann
=Speyer wurden in Abweſenheit zu je 10 Jahren Gefäng=
nis
verurteilt.
Dieſes drakoniſche Urteil trifft in Wirklichkeit Angehörigé
einer Selbſtſchutzorganiſation, die mit der Verteidigung von Re=
gierungsgebäuden
gegen die Separatiften betraut war. Der Um=
ſtand
, daß dieſe Leute im Gefängnis teilweiſe ſchwer mißhandelt
wurden, um ihnen das Geſtändnis antifranzöſiſcher Anſchläge zu
erpreſſen, läßt wieder klar bas in einer der letzten Reden Poin=
carös
zum Ausdruck gebrachte Beſtreben erkennen, überall mili=
täriſche
Geheimbünde auszukundſchaften, um daraus eine Gefahr
für die Beſatzungsbehörden zu konſtruieren.)
Dem Urteil gegen die Angehörigen des angeblichen Geheim=.
bundes iſt noch nachzutragen, daß außer dem erwähnten Dr.
Baum in contumaciam noch acht weitere Angeklagte zu mehrjäh=
rigen
Gefängnisſtrafen verurteilt worden ſind.
Die Separatiſten haben die geſamten Papiervor=
räte
der Pfülzer Zeitung in Speher beſchlagnahmt.
Eine franzöſiſche Anleihe für Jugoſſawien.

Paris, 28. Jan. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Belgrad hat die Kammer, nach Anhörung der Erklärungen des
Finanzminiſters und des Kriegsminiſters, vorgeſtern mit 103

gegen 64 Stimmen die geplante franzöſiſche Anleihe in Höhe von
300 Millionen Franes gutgeheißen.

Heffenland=Ausſtellung.
Das Gewerbemuſeum hat zurzeit eine umfangreiche Ausſtel=
lung
von Baudenkmälern aus Heſſen veranſtaktet. Profeſſor
Carl Bronner aus Mainz, der ſeit vier Jahrzehnten in der
Denkmalpflege tätig iſt, hat in unermüdlicher Arbeit die ſchön=
ſten
Baudenkmäler Oberheſſens und Rheinheſſens
n Aguarellaufnahmen feſtgehalten und dieſe Sammlung von
240 Blättern dem Gewerbemuſeum für eine Ausſtellung über=
laſſen
. Dieſe Ausſtellung von dem reichen hiſtoriſchen Beſitz
unſerer Heimat würde zu jeder Zeit auf Teilnahme rechnen kön=
nen
. In der heutigen Zeit der Verkehrsbeſchränkung iſt ſie von
doppeltem Wert. Den Aelteren wird ſie manche freundliche Er=
innerung
wachrufen. Der jüngeren Generation gibt ſie Gelegen=
heit
, von dem Reichtum des Landes einen Begriff zu gewinnen.
Mit großer Deutlichkeit tritt in den Baudenkmälern der
Gegenſatz der Lage und Geſchichte beider Provinzen entgegen.
Oberheſſen mit der Wetterau, die Hauptſtraße zwiſchen Thüringen
und dem Mittelrhein, hat ſich mannigfach entwickelt. Nebenein=
ander
haben wir hier die größte Ruine romaniſchen Burgbaues
in Münzenberg, die mächtige Kloſterruine von Arns=
burg
, die köſtlichen Beiſpiele alter Städteanlagen in Büdin=
gen
und Friedberg, Herrenſitze in Eiſenbach, Lich und
Romrod und die Wunderwerke bürgerlichen Wohnbaues in
den Fachwerkhäuſern mit dem Reichtum ihrer farbigen
und konſtruktiven Wirkung. Das Bild, das uns hier in etwa 110
Aufnahmenlaus Oberheſſen geboten wird, iſt in keiner Weiſe er=
ſchöpfend
. Aber in ſehr glücklicher Zuſammenſtellung führt es
us ein in die ganze Fülle und Vielſeitigkeit der Geſchichte des
Landes, die in dieſen Baudenkmälern ihren Ausdruck fand.
Ganz anders ſtellt ſich das Bild Rheinheſſens dar.
Scharf klafft hier der Gegenſatz zwiſchen den großen rheiniſchen
Städten und dem flachen Land, das, ohne durchgehenden Verkehr,
ich in kleinſtädtiſcher Abgeſchloſſenheit auslebte. Neben Bei=
ſpielen
bürgerlichen Wohnungsbaues ſind es daher in erſter
Linie die Landkirchen, die hier unſere Aufmerkſamkeit wecken. Und
da bietet die Ausſtellung allerdings für den, der das Land wenig
kennt, ein überraſchendes Bild. Es iſt nicht nur die große Schön=
heit
der Lage in einſamer Landſchaft oder der Gruppierung im
Städtebild, die dieſen Bildern einen beſonderen Reiz gibt, ſon=
dern
in dem Kirchenbau auch der abgelegenſten Orte zeigt ſich
hier eine Größe und ein Schwung baukünſtleriſcher Ideen, den
ein Fremder hier kaum erwarten wird. Die Bautätigkeit der
rheiniſchen Städte findet einen mächtigen Nachklang vor allem in
einer Fülle romaniſcher Landkirchen. Das 17. und 18. Jahrhun=
dert
haben die meiſten dieſer Bauten in Aſche gelegt. Die alten

Langhäuſer ſind meiſt durch ſchlichte Notbauten erſetzt. Aber die
romaniſchen Türme ſind geblieben. Die Ausſtellung allein weiſt
16 von dieſen trotzigen Recken auf, darunter baugeſchichtlich ſo
wertvolle Typen wie die Türme in Guntersblum, Dit=
telsheim
und Alsheim mit ihrem maſſiv gebauten Zelt=
dach
, das dem Turm der Pauluskirche in Worms nachgebildet
iſt. Eine romaniſche Choranlage von größtem Reichtum zeigt die
Keloſterkirche in Pfaffenſchwabenheim, und in Becht=
heim
und Nieder=Ingelheim, über der alten Pfalz=
kapelle
Karls des Großen ſehen wir noch heute die romaniſche
Kirchenanlage im Grundriß und Aufbau völlig erhalten. Die
neun Blätter aus Ober= und Nieder=Ingelheim mit
den drei Kirchen, den Reſten der Befeſtigung und den Ruinen der
Kaiſerpfalz bilden einen der anziehendſten Punkte der Aus=
ſtellung
.
Neben den romaniſchen Bauten hat auch die Gotik nach dem
Vorgang von Oppenheim eine Reihe, künſtleriſcher Kirchen=
bauten
in Rheinheſſen geſchaffen. Neben der großen Hallenkirche
in Armsheim und der evangeliſchen Kirche in Ober= In=
gelheim
üben hier die kleinen Landkirchen in Udenheim
oder in St. Johann durch den eigenen Gegenſatz zwiſchen
der künſtleriſch hoch entwickelten Idee ihrer Choranlage und die
ländliche Umgebung einen beſonderen Reiz.
Die reichhaltige Ausſtellung iſt an allen Wochentagen von
11 bis ½1 Uhr, an den Sonntagen von 11 bis 1 Uhr geöffnet.
Für Schulen und Vereine kann der Beſuch auch zu anderen
Tageszeiten ermöglicht werden. Die Oertlichkeit der einzelnen
Denkmäler iſt auf den Blättern ſelbſt vermerkt. Wer ſich näher
zu unterrichten wünſcht, ſei auf Dehios Handbuch der deutſchen
Kunſtdenkmäler verwieſen, das in dem Leſeſaal des Muſeums
eingeſehen werden kann. Daſelbſt ſind auch die bisher erſchiene=
nen
Inventare der heſſiſchen Bau= und Kunſtdenkmäler erhältlich.
In Betracht kommen für die Ausſtellung die Inventare von
Friedberg, Büdingen, Arnsburg, Oppenheim und Kreis Worms.

* Darmſtädter Erinnerungen.
Von Profeſſor Dr. jur. et phil. Karl Eſſelborn.
Nachträge.
10. Darmſtadt im Jahre 1725.
Der bekannte Schweizer Naturforſcher und Dichter Albrecht
von Haller (geb. zu Bern am 16. Oktober 1708, geſt. daſelbſt
am 12. Dezember 1776) kam, als er von Tübingen, wo er von
1723 bis 1725 ſtudiert hatte, zur Fortſetzung ſeiner Studien nach
Leiden überſiedelte, am 30. April 1725 nach Darmſtadt. In ſei=

nem Tagebuch (Albrecht Hallers Tagebücher ſeiner Reiſen nach
Deutſchland, Holland und England 17231727, mit Anmerkungen
herausgegeben von Ludwig Hirzel, Leipzig 1883, S. 23) entwirft
er folgendes Bild von der Stadt:
Den 30. IApril 1725) Morgens frühe gleich nach Mitternacht
traten wir von Heidelberg) die Tagreiſe nach Frankfort an, die
von zehn Meilen iſt. Man durchgeht die ſogenannte Bergſtraße,
die ich mir als eine lange Allee von Bäumen eingebildet. Da
doch nichts dergleichen zu ſehen. Nachdeme wir Weinheim
und andre Pfälziſche Flecken vorbey gelegt, kamen wir nach
Darmſtatt. Dieſe Hauptſtatt eines heßiſchen Fürſtenthumes,
wozu nun auch die Grafſchaft Hanau kommen wird, liegt in
einem ofnen ebnen Korn=Lande. Nach einem großen Brand iſt
ſie ganz der Schnur nach, von einerley Bau=Art wieder aufge=
bauen
worden. Wie wohl dieſe Gleichförmigkeit mich nicht ſonder=
lich
vergnüget. Deß Fürſten Burg iſt nach Italiäniſcher Art, und
wie alles nur von Holz und Riegwerk gebauen. Um die Statt ſind
anſtatt Mauern nichts als Pfäle. Etwas weiter kamen wir an
zwey hölzerne Säulen, die 38 Schuh von einander entfernt, die
Länge des Sprunges bezeichnen, den ein gehezter Hirſch über
einen mit Heu geladenen Wagen gethan. Hier iſt ziemlich viel
höchſt angenehme und wohl außgehaune Waldung. Wir kamen
ferner durch ein ganz mit vertiehnen Franzoſen bewohntes Dorſ
Neu=Iſenburg), und endlich nach Frankfurt am Mayne,
die von den Stätten, die bißher geſehn, bey fernem die größte
ſchönſte und reichſte ware.
1n
Die im Darmſtädter Tagblatt ſeit Nr. 355 bom 24. Dezem=
ber
1922 veröffentlichten Darmſtädter Erinnerungen ſind nun=
mehr
als Band 3 der von dem Verfaſſer herausgegebenen Heſ=
ſiſchen
Hausbücherei unter dem Titel Darmſtädter Erinnerun=
gen
. Ein Führer durch die Darmſtädter Memoirenliteratur (139
Seiten) im Litera=Verlag dahier erſchienen und zum Preiſe von
75 Pfennig durch jede Buchhandlung zu beziehen. Das mit einem
alphabetiſchen Regiſter verſehene Werkchen iſt die erſtmalige Be=
arbeitung
ſeines Gegenſtandes, und wenn es auch, wie alle Ar=
beiten
dieſer Art, auf unbedingte Vollſtändigkeit keinen Anſpruch
machen kann und macht, ſo iſt es doch ein für jeden Freund der
Darmſtädter Geſchichte wichtiges und unentbehrliches Hilfsmittel,
das ihm durch ſeine genauen Inhalts= und Literaturangaben
eine Fülle verſteckten Quellenmaterials erſchließt. Die Nachträge
geben einen Begriff davon, wie das Werk urſprünglich gedacht
war, doch mußte dieſe ausführlichere Behandlung der einzelnen
Quellen wegen Raummangels und wegen der hohen Druck= und
Papierkoſten für den Haupteil aufgegeben und auf eine beſſers
Zeit verſchoben werden.,

[ ][  ][ ]

Mummer 29.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 29. Januar 1921,

Seite 3.

Recht, Reichsregierang und Parteien.
Von Oberlandesgerichtspräſident Dr. Beſt, Darmſtadt.

Die Verurteilung des Schuldnerwuchers hat den Glauben
an den Rechtsſtaat wieder hergeſteut. Der Verſuch des Reichs=
finanzmin
ſters, den Spruch des hochſten Gerichts duich ein Anſ=
wertungsverbot
im Keime zu erſticten, iſt an dem Widerſtande
Süddeutſchlands geſcheitert. Bahern vor auem hat aus recht=
lichen
, ſittlichen, wirt chaftlichen und politiſchen Gründen wider=
fprochen
. Auch der Verſuch Dr. Luthers, die Glaubiger der In=
duſtrieobliggtionen
mit 10 Prozent abzufinden und burch Ver=
quidung
mit einer Mietzinsſteuer den landwirtſchaftlichen Grund=
beſitz
vor Steuer und Rufwertung zugleich zu ſchützen, mißlang.
Als Vorſitzender der Fuldger Biſchofskonferenz widerſprach der
Fürſtbiſchof von Breslau der verfaſſungswidrige.: Entrechtung
des Mittelſtandes und der Stiftungen. Gleich der katholiſchen
ſirche erhob das Reichsgericht Proteſt. Durch eine von hohem
ſittlichem Ernſt getragene Mahnung hat das höchſte Gericht be=
wicſen
, daß es nicht nur durch ſeine Sprüche, ſondern auch über
fein amtliches Wirken hinaus mannhaft dem Rechtsbruch ent=
gegentri
.t. Unbelümmert um Günſt und Ungunſt der Regierung
und die Stellung des Gewarnten. Im Voxhaus in Berlin und
im Ueberſeekub hat ſich ſeitdem der Reichsfinanzminiſter ge=
äußert
. Er will notgedrungen eine beſcheidene Hypothekauf=
wvertung
zulaſſen. Aber für einen Zauberglauben hält er cs,
tvenn Leute, die ihre Hypotheken innerſich längſt abgeſchrieben
hätten, wähnten, dieſe tönnten mit einem Federſtrich auf ihrmn
alten Goldwert oder einen erheblichen Teit davon wieder auf=
gebaut
werden und dabei könnten Staat und Wirtſchaft beſtehen.
Hätte doch das deutſche Volk in den letzten Jahren durch das
Mittol der Juflation von den Hypothelen und den übrigen Er=
ſparniſſen
ge ebt und dieſe verzehit. Was wir verloren hätten,
bleibe verloren. Wenn es gelungen ſei, die Währung zu feſtigen,
ſo dürfe man jetzt nicht die Mittel verlürzen, die das ermöglicht
hätten.
Ich laſſe dahingeſtellt, ob dieſen Ausführungen unklares Den=
ken
oder das Streben zugrunde liegt, durch abſichtliche Unklar=
heit
die Gegner zu verwirren. Jedenfalls hätte ein Reichsminiſter
keinen Satz von alledem ſprechen dürfen. Den raſchen Erwerb
müheloſer Spelulation mögen die Beteiligten leicht verloren
geben. Niemandem aber iſt es eingefallen, mit ſeinen Hypo=
theken
die Frucht mühevoller Lebensarbeit abzuſchreiben. Und
wenn pflichtwidrig unter ein eitigem Schuldnerdruck der Geſetz=
geber
überlange der Bedrohung der Gläubigerrechte untätig zu=
geſehen
hat, ſo gehen dieſe dadurch ebenſo wenig verloren, wie
das Unrecht der Schuldner zum Recht wird. Das hat das RG.
außer Zweifel geſtelli. Gewiß hat das deutſche Volk mittels
der Inflation jahrelang über ſeine Verhältniſſe geſeßt. Aber
dadurch hat es doch nicht gerade die Hypothel= und ansere alten
Geldforderungen verzehrt. Die Häuſer, die 7ücke, die
Fabrikanlagen und Maſchinen pp., die mit den Sdarlehen
angeſchafft wurden, ſind da. Und, auch wenn der 10 Pro=
zent
für ſich in Anſpruch nimmt, liegt kein Grund vor, den Reſt
der Forderungen dem Schuldner zu ſchenken. Durch die Mittel
der Währungsfeſtigung wird das weder bedingt, noch gerecht=
fertigt
. Und wenn der Zauberglaube etwa dem warnenden
Reichsgerichte vorgeworfen wird, ſchuellt der Pfeil auf den
Schützen zurück. Das Reichsgericht ſteht weit über die deutſchen
Grenzen hinaus in hohem Anſehen. Es ſteht nicht nur auf der
Höhe der Wiſſenſchaft, ſondern es hat, wie ſeine Urteile dartun,
volles Verſtändnis auch für die Bedürfniſſe des Wirtſchafts=
lebens
. Ein Reichminiſter von heute kann ſeine Warnungen
nicht durch Redewendungen beſeitigen.
Auch der Reichsjuſtizminiſter hat ſich im Rechtsausſchuß des
Reichsrat zur Aufwertungsfrage geäußert. Er eikennt die Ent=
ſche
dung des RG. an, meint aber, ihre Durchführung würde
Deutſchland in Millionen von Prozeſſen ſtürzen. Deshalb ſei
es notwendig, ein mehr das Durchſchnittliche berückſichtigendes
Veifahren zu ſchaffen und bei Berechnung des Durchſchnittsſatzes,
abgeſehen von den Steuerlaſten des geſamten Grundbeſitzes, die
jetzige ſchwere Lage der Landwirtſchaft und des verarmten
ſtädtiſchen Hausbeſitzes zu berückſichtigen. Eine Aufwertung der
Schuldverpflichtungen von Reich, Ländern und Gemeinden komme
nach dem Reichsgerichtsurteil nicht in Frage, da dieſe durch ihre
Pflichten aus dem Friedensvertrag zahlungsunfähig ſeien. Wie
der Reichsjuſtizminiſter ſich die beabſichtigten Durchſchnittsſätze
denkt, darf vielleicht aus einem Gutachten entnommen werden,
das in ſeinem Auſtrage der Abgeordnete Dauch verfaßt hat. Die=
ſer
ſieht bei Hypotheken auf landwirtſchaftlichem Beſitz 40 v. H.
des Coldwertes der Forderung als Höchſtgrenze an. Bei indu=
ſtriellem
Beſitz ſchlägt er eine Aufwertung auf etwa 30 v. H. für
die vor dem 1. Januar 1919 noch nicht zurückgezahlten Hypo=
theken
vor. Bei ſtädtiſchem Grundbeſitz ſchlägt Dauch eine vor=
läufige
Regelung dahin vor, daß beim Verkauf eines Miethauſes
der Erlös zwiſchen Eigentümer und Hypothekengläubiger nach
folgendem Verhältniſſe geteilt wird: Wenn ein mit 60000 Gold=
mart
belaſtetes Haus im Verkaufswert von 100 000 Mk. jetzt zu
50 000 Goldmark verkauft wird, foll davon der Hypcthekengläubi=

ger 10 Prozent ſeiner halben Forderung init 12000 Goldmark er=
halken
. Solange das Unterpfand nicht verkauft wird, ſouen die
Hypoiheken bis zur endgültigen Regetung geſperrt bleiben. Für
die dinglich nicht geſicherten Reichsmarkforderungen will Dauch
einen feſten Goldumrechnungsturs geſetzlich feſtgeregt wiſſen, der
lei Anleihen des Reiches, der Länder und Gemeinden etwa ein
Tauſendſtel des Nennwertes betragen ſoll. Dieſes Tauſendſtel
ſoll nicht bar bezahlt, ſondern durch Umtauſch der alten Anleihe=
ſtücke
gegen ein berzin liches Goldpapier geleiſtet werden. Die
Verſchläge Dauchs ſtehen anſcheinend auf dem Boden des Reichs=
gerichtsurteils
. Aber nur inſoweit, als ſie die Aufwertung
grundſätzlich zulaſſen. Sie weichen davon inſofern ab, als ſi=
den
Umfang der Aufwertung weit enger ziehen als das Reich3. Deſſen ilrteil entſpricht grundfäglich der Mügelſchen
Formel. Das heißt, die Aufwertung hat in dem Verhältnis zu
erfolgen, in dem bei Begründung und Tilgung der Forderung
der Goldmarkwert des Un erpfandes zu dem der Forderung ſteht.
Das wäre in dem obigen Beiſpielsfalle die Hälfte von 60000
Mark, während nach Dauch der Glänbiger nur 40 Prozent von
30 000 Mk., d. h. 12000 Mk., erhalten, und bei landwirtſchaftlichem
und induſtriellem Grundbeſitz in der oben dargelegten Weiſe be=
ſchränkt
werden ſoll. Der Grund, den der Reichsjüſtizminiſter
fur die Aufſtellung eines Durchſchnittsſatzes anführt, trifft nicht
zu. Denn es geht im Rechtsſtaate nicht an, dem Berechtigten
deshalb ſein Recht zu ſchmälern, weil der Schulduer durch Klage
zur Zahlung gezwungen werden muß. Es trifft aber auch nicht
zut, daß Millionen von Prozeſſen entſtehen würden. Wenn man
alsbald Einigungsämter errichtet und ſtatt eines Durchſchnitts=
ſatzes
als grundſätzliche Richtlinie die Mügelſche Formel auf=
ſtellt
, wird ſich bei den alten Geldforderungen die Aufwertung
ebenſo leicht vollziehen, wie dies auf Grund der reichsgericht=
lichen
Rechtſprechung bei den Lieferungsverträgen der Fall war.
Die Aufſtellung eines Durchfchnittsfatzes iſt aber auch mit Treu
und Gläuben unbereinbar, weil dieſer Satz der Geſtaltung der
Grundſtückspreiſe nicht entſpricht. Beim landwirtſchaftlichen und
induſtriellen Grundbeſitz, Miethäuſern und ſolchen, die der Eigen=
tümer
allein bewohnt, hat ſich das Verhältnis des Vorkriegs=
wertes
zum damaligen Goldmarkwert aus naheliegenden Grün=
den
ganz verſchieden geſtaltet. Und es wäre durch nichts gerecht=
fertigt
, den Gläubiger, dem ein zum vollen Vorkriegswerte ver=
kauftes
Einfamilienhaus verpfändet iſt, deshalb auf die Hälfte
ſeiner Forderung zu beſchränken, weil Miethäufer meiſt nur den
halben Vorkriegswert oder weniger erzielen. Eine Notlage der
Landwirtſchaft weiſt die Statiſtik nicht aus. Ihre Produlte er=
zielen
zwar nicht mehr die früher übermäßigen, aber zumeiſt doch
höhere als Vorkriegspreiſe. Beſtände die Notlage aber, ſo käme
das ebenſo wie die Mietzwangswirtſchaft in den Grundſtücks=
prei
en zum Ausdruck und würde deshalb durch die Mügelſche
Formel berückſichtigt. Die Aufſtellung niedriger Durchſchnitts=
ſätze
iſt deshalb unveranlaßt, entrechtet zugunſten der Schuldner
die Gläubiger und ſteht mit dem Urteil des Reichsgerichts, das
auf Grund des § 242 BGB. Abſtellung auf den Einzelfall fordert,
in unlösbagem Widerſpruch. Gleichermaßen widerſpricht es dem
Urteile des RG. und dem Geſetze, wenn Dauch bei dinglich nicht
geſicherten Forderungen einen feſten Geldumrechnungskurs be=
ſtimmt
und dieſen bei Anleihen des Reiches und der anderen
öffentlichen Verbände auf ein Tauſendſtel des Nennwertes be=
ſchränlt
haben will. Das Landgericht Berlin hat kürzlich bei
einer günſtig ſtehenden Induſtriegeſellſchaſt deren Anleihen auf
75 Goldmark v. H. des Nennbetrages aufgewertet, und es wider=
ſtröche
Treu und Glauben und dem Geſetze, wegen des minder
günſtigen Standes einzelner Unternehmungen die Gläubiger
auch der gutgeſtellten zu deren Gunſten zu entrechten. Ebenſo
wenig geht es an, die ſämtlichen Sparkaſſeneinlagen und die
ſämtlichen Pfandbriefe deshalb auf das gleiche Mindeſtmaß zu
beſchränken, weil im Gegenfatz zu pflichtgetreueren einzelne Spar=
kaſſen
und einzelne Hypothekenbanken bei der Löſchung ihrer
Hypotheken beſonders ſorglos derfahren haben und zur Ver=
dunkelung
ihrer Fehler, im Widerſpruch mit den von ihnen
pflichtmäßig zu vertretenden Intereſſen, die konfiskatoriſchen
Pläne des Finanzminiſters nicht ungern verwirklicht ſähen. Daß
mangels einer Bereicherung und wegen ihrer durch den Frie=
densvertrag
bedingten Zahlungsunfähigkeit die öffentlichen Ver=
bände
ihre Anleihen in abſehbarer Zeit nicht aufwerten können,
ſteht mit dem Urteile des RG. und meinen wiederholten Dar=
legungen
im Einklange. Das rechtfertigt es aber nicht, durch
Herabſetzung der öffentlichen Anleihen auf ein Tauſendſtel die
ſolideſten Kreiſe des Volkes ihrer Anſprüche dauernd zu berau=
ben
, obwohl vielleicht Reich, Länder und Geineinden zu einer
Aufwertung ſpäter in der Lage ſind. Daß die Verwirklichung
der Dauchſchen Pläne nicht nur unveranlaßt, unbillig und geſetz=
widrig
, ſondern auch verfaſſungswidrig, unſittlich und deshalb
rechtsunwirkſam wäre, geht aus der von mir veröffentlichten
(Nr. 15 des Tagblatts vom 15. ds.) Mahnung des Reichsgerichts
hervor. Denn dort wird darauf hingewieſen, daß die Gefahr

einer ſolchen Beurteilung durch das höchſte Gericht auch dann
beſteht, wenn die Regierung unter dem Drucke der aufgetretenen
Widerſtände die urſprünglich geplante völlig= Konſiskation auf
geben und die im Recht begründete Aufwertung nur zum Teil
verbieten ſollte. Reichsjuſtizminiſter Emminger hat ſich im übri=
gen
als ſachlich und klar denkender, energiſcher Mann erwieſen,
der ſich durch dämagogiſche Schlagworte nicht beeinfluſſen läßt.
Ohne darüber Näheres zu wiſſen, nehme ich deshalb an, daß
der Plan, das Maß der Aufwertung zugunſten der Schuldner
geſetzwidrig zu beſchränken, durch den Starrſinn des Finanz
miniſters veranlaßt worden iſt. Die Stellung der dritten Steuer
notverordnung zur Aufwertungsfrage und dem Urteile des RG.
geht aus den Preſſenachrichten über den Enturf nicht zweifels=
frei
hervor. Angeblich ſoll die Aufwertung unter gewiſſen Ein=
ſchränkungen
bis zu einer gewiſſen Höchſtgrenze zugelaſſen und
daran feſtgehalten werden, daß der Geldentwertungsgewinn
beim Schuldner mit 712 Proz. beſteuert wird. (Schluß folgt.)

Die Franzoſenfreunde kläglich abgeſchnitten.

Saarbrücken, 28. Jan. Die Wahlen zum ſaar=
ländiſchen
Landesrat ſind ruhig verlaufen. Die Wahl=
bcteiligung
ſcheint im allgemeinen etwas größer geweſen zu ſein
als bei den letzten Wahlen. Aus den bis jetzt vorliegenden Teil=
ergebniſſen
iſt erſichtlich, daß die ſaarländiſche Landes=
partei
(Partei der Franzoſenfreunde) ſehr
kläglich abgeſchnitten hat. Sehr ſtarken Zuwachs
ſcheinen die Hommuniſten errungen zu haben. Im Kreiſe
Ottweiler erhielien: Sozialdemokraten 10 185, Kommuniſten
7193, Hausbeſitzer= und landwirtſchaftliche Liſte 2500, Deutſch=
nationale
165, Deutſche ſaarländiſche Volkspartei (Vereinigte
Liberale und Demokraten) 4938, Zentrum 19 520, Saarländiſche
Arbeitsgemeinſchaft (franzoſenfreundliche Partei) 1394.
Das Wahlergebnis aus der Stadt Saarbrücken
iſt noch nicht endgültig. Es fehlen noch der Stadtteil
Malſtatt ſowie die kleineren Vororte. Bis fetzt erhielten: Sozial=
demokraten
5007, Kommuniſten 1981, Hausbeſitzer und Landwirt
ſchaftsliſte 2009. Deutſchationale 1360, Saarländiſche Volkspartei
7027, Zentrum 6162, Saarbund (Franzoſenpartei) 590, zerſplittert
396 Stimmen.
Saarbrücken, 28. Jan. Bei den vorjährigen Wahlen
(Stadtverordnetenwahlen) waren auf die einzelnen Parteien
folgende Stimmen entfallen: Sozialdemokraten 1346, Kommuni=
ſten
1851, Hausbeſitzerliſte 2725, Deutſchnationale 1366, Saar=
ländiſche
Volkspartei (Liberale und Demokraten) 6965, Zentrum
6865. Der Saarbund hatte damals keine Kandidaten aufgeſtellt.
Saarbrücken, 28. Jan. Die Landesratswahlen im Saar=
gebiet
weiſen zur Stunde, 9 Uhr vormittags, folgendes Ergebnis
auf. Zentrum 98 662, Sozialdemokraten 44536, Deutſche ſaar=
ländiſche
Volkspartei (Liberale und Demokraten) 32 058, Deutſch=
nationale
Volkspartei 2791, Haus= und Grundbeſitzerpartei 9178,
Kommnniſten 39 311, Saarbund (Franzoſenpartei) 5586 Stim=
men
. Die Mandate verteilen ſich bisher wie folgt:
Zeutrum 14 (bisher 16), Sozialdemokraten 6 (5),
Kommuniſten 5 (2), Deutſche ſaarländiſche Volks=
partei
4 (Liberale und Demokraten bisher zuſammen 5),
Haus= und Grundbeſitz 1 (2), Deutſchnativnale 0,
Saarbund 0.
Das endgültige Ergebnis.
* Saarbrücken, 28. Jan. (Prib.=Tel.) Bei den Lan=
desratswahlen
wurden insgeſamt abgeben: Zentrum 101810,
Mehrheitsſozialdemokratie 46 787, Kommuniſten 39 858, Saar=
ländiſche
Volkspartei (Liberale und Demokraten) 33075, Partei
für Hausbeſitz und Landwirtſchaft 8506, Deutſchnationale Volks=
partei
3731, Saarländiſche Wirtſchaftsvereinigung ( Saarſepara=
tiſten
) 6923 Stimmen. Wahlberechtigt waren 377 300, gewählt
haben 255 499, alſo 68,25 Prozent.
General Degoutte und der Beamtenabbau.
Düſſeldorf, 28. Jan. Der kommandierende General
Degoutte hat eine Verfügung, betreffend den Beamtenabbau im
beſetzten Ruhrgebiet und im Brückenkopf Düſſeldorf, den leiten=
den
Stellen der deutſchen Behörden zugehen laſſen. Danach hat
er beſchloſſen, ſich der Durchführung der Reichsverordnung vom
27. Oitober 1923 über den Abbau von Beamten und Angeſtell=
ten
ſich unter folgenden Vorbehalten nicht zu wiserſetzen: Durch
die Din ſionskommandeure und den lommiano erengen General
wird eine Ueberwachung der auf Grund der Reichsverordnung
durchzuführenden Entlaſſungen ausgeübt. Zu dieſem Zwecke
müſſen, ſämtliche erforderlichen Angaben über die entlaſſenen
Beamten und Angeſtellten, gleichzeitig auch der Entlaſſungsplan
(Abbauprojekt), durch die zuſtändigen deutſchen Behörden den
Militärbehörden zugeſtellt werden.

*Aus unbekannten Vorleſungen Fichtes.
C.K. Fichtes gewaltige Perſönlichkeit, die für uns unver=
geßlich
in ſeinen Reden an die deutſche Nation ausgeprägt iſt,
erſcheint im ſchönen Feuer der Jugend und mit der ganzen
Ueberzeugungskraft ſeiner Rednerbegabung in einigen akade=
miſchen
Vorleſungen, die ſoeben aus feinem bisher unver=
öffentlichten
Nachlaß von Siegfried Berger bei Felir
Meiner in Leipzig herausgegeben werden. Die drei Vorleſungen
führen den Titel Ueber den Unterſchied des Geiſtes
und des Buchſtabens in der Philoſophie und wur=
den
von ihm wahrſcheinlich im Sommerſemeſter 1794 in Jena
gehalten; ſie vermitteln uns einen unmittelbaren Eindruck von
der Lehrtätigkeit des großen Philoſophen. Wie unſer vorliegen=
der
Text geſtaltet iſt, ſagt der Herausgeber, ſo ſprach wirklich
der große Lehrer, und zwar in der Enge einer Jenaer Hörſaals,
noch nicht von der hohen Warte eines Redners an die deutſche
Nation, wie das in der Art ſeiner ſpäteren Berliner Vorleſungen
liegt. Hier wendet ſich der Leiter ganz perſönlich an ſeine Stu=
denten
. In allem Pathos, mit dem Fichte ſeine Vorleſungen
ſtets beginnt und ſchließt, bleibt hier doch immer das intime
Moment unmittelbarer Fühlung mit ſeinen Schülern ſpürbar.
Das iſt der beſondere Reiz dieſer Jenaer Publika. Dieſe Sprache,
dieſe Leisenſchaft in der folgerechten Gedankenentwicklung war
es, die ihm die Gläudigkeit der Studenten an ſeine Sendung und
den Haß der zopfigen akademiſchen Kollegen ſchuf. Fichte ſtellt
hier in hinreißenden Ausführungen den Sieg des Geiſtes in ſei=
uer
Philoſophie über den Körper und den Buchſtaben dar. Ueber
die notwendigen Formen des Körpers im Raume, ruft er aus,
erhebt ſich der Geiſt zur freien Begrenzung des Urſchönen, dem
nichts in dieſer Sinnenwelt gleicht, über den Wechſel der Emp=
findungen
in der Zeit zur freien Begrenzung des Ergötzenden,
wo. Empſindungen Empfindungen drängen, ohne daß ſie ver=
ändert
zu ſein ſcheinen; über die Begrenzung alles Empfundenen
in Zeit und Raum ſchwingt er über Zeit und Raum ſich weg zum
Anſtaunen des Urerhabenen, über den Wechſel ſeiner Ueberzeu=
gungen
, zum Gefühl von der ewigen Wahrheit, über allen Ein=
fluß
der Sinnlichkeit hinweg zur erhabenſten Idee, der völlig
dargeſtellten ſittlichen Vollkommenheit, oder der Gottheit. Die
praktiſchen Folgen für die Lebensweiſe jedes Einzelnen, die aus
feiner Philoſophie ſich ergeben, ſchildert er folgendermaßen: Wie
er ſich in jedem Augenblick ſeines Lebens ſagt, und wieder ſagt,
und die Kraft hat, es zu glauben; alles, was mich umgibt,
ſind bloße Erſcheinungen, die für mich nicht da ſind, als inſofern
ich will, daß ſie für mich da ſeien; die mir nichts ſind, als
das, wozu ich ſie mir ſelbſt mache, die keinen Einfluß auf mich

haben als den, den ich ihnen ſelbſt gebe was könnte den be=
wegen
, den aus ſeiner Faſſung bringen, dem ſeinen feſten Plan
verrüdlen? Der Erde Freuden? Er weiß, daß er in der Welt der
Täuſchungen lebt, und er will nirgends anders leben, als da, wo
er zu leben hat, und von dem vernunftwidrigen Wahnſinn, ohne
Zweck gegen die Natur anzukämpfen, iſt niemand freier als er.
Oder könnten ihn die Leiden der Welt bewegen? Was dürfte es
wohl geben, was für ihn Leiden wäre? Solange es ihm ſich noch
der Mühe verlohnt, zu leben, d. i. ſolange er ſich des Lebens und
das Leben ſeiner noch ſür wert hält, hat er noch immer mehr
Freude als Leid; denn er hat die höchſte, alles überwiegende
Freude, die Freude an ſich ſelbſt, die nur ſtärker wird und höheren
Genuß gewährt, je mehr er durch Leiden von außen in ſich ſelbſt
hineingetrieben wird. Und das allerärgſte, was ihm widerfahren
kann, was iſt es denn? Das iſt es, was man gewöhnlich Tod
nennt. Und was iſt denn dieſer Tod, dieſes Aergſte, ſo oft Ge=
fürchtete
, was uns auf der Erde begegnen kann. Der Tod iſt eine
Erſcheinung wie alle anderen Erſcheinungen; keine Erſcheinung
aber trifft das Ich. Das Fürchterliche liegt bloß darin, wenn man
wähnt, er treffe das Jch. Aber dem, der ſeine Selbſtändigkeit
fühlt, iſt es phyſiſch unmöglich, ſich ſo etwas nur zu deuken. Der
Tod iſt ihm das Ende einer gewiſſen Reihe von Erſcheinungen,
und nichts weiter.
Zum Schluß bekennt ſich Fichte in ſtolzen und erhebenden
Worten zu ſeiner Lehre: Im Leben Irrthümer anerkennen, die
man auf der Studierſtube widerlegt, in der Welt bewundern,
oder fürchten, was man an ſeinem Schreibpulte, oder auf dem
Lehrſtuhle verachtet, ſeiner Bemühungen, ſeiner Sorgen, und
ſeines Schweißes werthachten, was man in ſeinen Schriften für
unrichtig, nichtig, eitel erklärt, das iſt der ſicherſte Beweis, daß
man die Philoſodhie noch nicht in ſeinem Geiſt aufgefaßt habe.
Wer mit Geiſt philoſophiert hat, in deſſen Aeußerungen und
Handlungen allein zeigen ſich ſeine theoretiſchen Grundſätze; aus
jeder derſelben kann derjenige, der ſelbſt Geiſt hat, das ganze
Syſtem des Mannes ſchließen, denn er hängt mit dem ganzen
Syſtem und mit allen einzelnen Momenten desſelben zuſammen.
Wo er iſt, da iſt er immer ganz, und wo er haudelt, da handelt er
immer ganz; denn er iſt eins, und es findet in ihm keine Thei=
lung
ſtatt. Dann auch, und nur dann gibt die Philoſophie das=
jenige
, ohne welches ſelbſt die einzig wahre Glückſeligkeit, die
Werthachtung unſerer ſelbſt, und die Billigung unſerer ſelbſt un=
vollendet
und unſicher bleibt, das gegründete Vertrauen
auf uns ſelbſt. Des erhabenen Gedaukens: nach den Grund=
ſätzen
, nach denen ich jetzt haudele, werde ich immer handeln,, weil
ich es immer wollen werde iſt nur der fähig, der jene Grund=
ſätze
ganz in ſein Inneres aufgenommen hat, dem ſie zu ſeinem
Selbſt geworden ſind, und der in jedem Augenblicke ſeines

Lebens die phyſiſche Unmöglichkeit fühlt, von ihnen ſich zu tren=
nen
, wenn er ſich nicht von ſich ſelbſt trennen will. Was uns be=
gegnen
wird, wiſſen wir nicht und können wir nicht wiſſen. Nur
das können wir wiſſen, wie wir handeln werden; und wohl dem,
der es weiß, denn darauf allein beruht doch unſer ganzer Werth
und unſer ganzes Wohl!
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben
* Eine neue liraufführung am Heſſ. Landes=
theater
. Generalintendant Hartung hat das Luſtſpiel Aben=
teuer
in Moll von dem Münchener Schriftſteller Hanns
Braun zur Uraufführung erworben. Die zur Handlung notwen=
dige
Begleitmuſik ſtammt von dem Berliner Komponiſten Heinz
Tieſſen.
Felix Weingartner, Generalmuſikdirektor
in Chiago? Felix Weingartner, deſſen Vertrag mit der Wie=
ner
Volksoper mit Ende Dezember 1924 abläuft, hat, wie ver=
lautet
, einen Antrag erhalten, als Generalmuſikdireſtor nach
Chicago zu kommen, welches Angebot er auch annehmen wird.
Geheimrat Dr. Oskar Beck . In München ver=
ſtarb
im 71. Lebensjahre der Aelteſtinhaber der C. H. Beckſchen
Verlagsbuchhandlung daſelbſt.
Goethe=Ausſtellung in Kopenhagen. Die
Ausſtellungsſtücke der deutſchen öffentlichen und privaten Samm=
lungen
, die auf der Kopenhagener Goethe=Ausſtellung vom 29.
Januar bis 12. Februar gezeigt werden, ſind in Kopenhagen ein=
getroffen
. Es beteiligten ſich mit wertvollen Leihgaben das
Goethe=Nationalmuſeum, das Gvethe=Schiller=Archiv in Weimar,
das Frankfurter Goethe=Muſeum und die Univerſitätsbibliothek
mit der Hirzelſcmmlung in Leipzig, das deutſche Buchmuſeum
in Leipzig und ebenfalls, die dortigen Privatſammlungen von
Profeſſor Kippenberg und Dr. Stumme. Unter den deutſcher=
ſeits
zur Verfügung geſtellten Stücken ſind zahlreiche loſtbare
Originale, die ihren Standort bisher nie verlaſſen haben und da=
her
der Ausſtellung ein beſonderes Intereſſe verleihen.
* Ein neuentdeckter Dürer. Wie aus Wien gemel=
det
wird, hat der Vorſtand des Kunſthiſtoriſchen Muſeums, Dr.
Glück, ein bisher unbekguntes Gemälde von Dürer entdeckt. Es
iſt eines der ſchönſten Frauenbildniſſe, von dem Meiſter eigen=
händig
ſigniert und ſtammt aus dem Jahre 1505, aus der Zeit
der zweiten italieniſchen Reiſe Dürers. Das Bild ſtellt eine
junge, intereſſante Venezianerin mit blonden Locken in einem
karminroten Gewand mit zwei dunklen Maſchen dar. Das Stück
wurde für die Galerie des Kunſthiſtoriſchen Muſeums ſehr gün=
ſtig
ervvorben.

[ ][  ][ ]

eite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 29. Januar 1924.

Nummer 29.

Franzöſiſche Kammerdebatte.
Ablehnung der Vertagungsanträge.
Paris, 28. Jan. (Wolff.) Die Kammer iſt heute nachmit=
tag
in die Einzelberatung der Finanzgeſetze eingetreten. Nach
der Geſchäftsordnung muß ſie ſich vorher mit drei Vertagungs=
anträgen
beſchäftigen, von denen zwei von den Kommuniſten und
einer von den Sozialiſten eingebracht werden ſoll. Danach würde
ſie ſich über das Ermächtigungsgeſetz ausſprechen und erſt dann
in die Einzelberatung der verſchiedenen von der Regierung vor=
geſehenen
Maßnahmen eintreten.
Der Vertagungsantrag des kommuniſtiſchen Abgeordneten
Leby, der die Beratung der vorliegenden Geſetze fordert, wenn
dem Plenum und dem Lande die Bilanz gegeben ſei, wird gegen
die Kommuniſten und Sozialiſten abgelehnt. Darauf begründet
der Abgeordnete Cachin ſeinen Antrag, der darauf hinausgeht,
die Geſetze erſt da. in zu beraten, wenn eine regelrechte Kontrolle
über die Ausgaben und Einnahmen ermöglicht ſei. Er erinnert
an die Skandale, die im beſetzten Gebiet aufgedeat wurden, und
kritiſiert die allgemeine Politik der Regierung, die das Mißtrauen
der ganzen Welt gegen Frankreich hervorgerufen habe. Die
Ruhrbeſetzung ſei ein verhängnisvolles Ereignis geweſen.
Der Redner verlangt die Räumung des Ruhrgebietes. (Ein Ab=
geordneter
der Rechten ruft ihm zu: Das würde den Deutſchen
Vergnügen machen!) Nein, erwidert Cachin, das würde gewiſſen
Deutſchen kein Vergnügen machen, denn es gibt deutſche Kapita=
liſten
, die erfreut ſind, daß ſie Truppen zur Verfügung haben,
um die Arbeiterklaſſe zu knechten. Nach ſeiner Anſicht würden
die neuen Steuern nur eine Erſchwerung der materiellen Lebens=
bedürfniſſe
der arbeitenden Klaſſen zur Folge haben. Der Red=
ner
ſpricht ſeine Befriedigung darüber aus, daß die ruſſiſche Re
bolution trotz allen Haſſes und aller Hinderniſſe von kapitaliſtiſcher
Seite ſiegreich geweſen ſei. Die Sowjetregierung werde nach und
nach von der ganzen Welt anerkannt, und Frankreich werde wohl
yder übel eines Tages auch dazu kommen müſſen, ſolange noch
nicht in Frankreich ſelbſt eine Arbeiter= und Bauernregierung
errichtet ſei.
Der Vertagungsantrag Cachin wird mit großer Mehrheit
durch Handauſheben abgelehnt, ebenſo ein Antrag der Sozia=
liſten
Moutert und Blum mit 410 gegen 125 Stimmen, der die
Vertagung der Regierungsentwürfe bis nach den Kammer
wahlen verlangt. Darauf beſchließt die Kammer mit 426 gegen
152 Stimmen zur Beratung der einzelnen Artikel der Regie=
rungsentwürfe
überzugehen und vertagt ſich auf morgen vormit=
tag
9 Uhr.
Der Kampf der Regie gegen die Kölner Zone.
Köln, 28. Jan. Von gut unterrichteter Seite erfahren wir:
Der Güterverlehr in der engliſchen Zone iſt infolge der franzö=
ſchen
Blockademaßnahmen mit außerordentlichen Umſtänden ver=
bunden
, da alle Güter, die aus dem Kölner Bezirk herausgehen,
mit der Eiſenbahn oder Automobil nach der deutſchen Grenz=
ſtation
des Kölner Bezirks gebracht und dann dort neuerdings
bei der Regie aufgegeben werden müſſen. Dadurch wird der
Güterverkehr außerordentlich erſchwert und perteuert. Durch
dieſe Methode des ſogen. gebrochenen Verkehrs ſoll das iſt
der allgemeine Eindruck in den rheiniſchen Wirtſchaftskreiſen
der Kölner Bezirk mürbe, d. h. für den Uebergang an die Regie
willig gemacht werden. Es kommt noch hinzu, daß der Güter=
verkehr
der Regie außerordentlich unregelmäßig iſt und daß von
einem eigentlichen Fahrplan für Güterzüge überhaupt nicht ge=
ſprochen
werden kann. In der letzten Zeit wenden die Fran=
zoſen
neue Schikanen an. Nach einer Ordonnanz der Rheinland=
kommi
ſion waren bisher aus dem Ausland kommende, von
einer deutſchen Grenzſtation ordnungsmäßig verzollte Waren
bei der Einfuhr ins beſetzte Gebiet zollfrei zu laſſen, wenn die
deutſche Verzollung nachgewieſen wurde. Im Gegenſatz zu den
Beſtimmungen der Rheinlandkommiſſion gehen, die Franzoſen
neuerdings dazu über, auch für ſolche Auslandswaren, deren
Verzollung durch deutſche Zollbehörden nachgewieſen iſt, einen
Einfuhrzoll beim Eintritt ins beſetzte Gebiet zu fordern.
Die Pfalzfrage noch immer in der Schwebe.
Paris, 28. Jan. (Wolff.) Nach dem Journal des Debats
ſollte ſich die Rheinlandkommiſſion heute wiederum mit den Ver=
ordnungen
der pfälziſchen Separatiſtenregierung beſchäftigen,
und zwar trotz der Mitbeteiligung des engliſchen Delegierten.
Da jedoch der belgiſche Delegierte Rollin=Jacquemyns mitgeteilt
hat, daß er nicht rechtzeitig zur Sitzung in Koblenz eintreffen
könne, ſei dieſe nahezu gegenſtandslos und ihre Tagesordnung
zwecklos geworden, ſo daß die Pfalzfrage in der Schwebe bleibe.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 29. Januar.
In den Ruheſtand verſetzt wurde am 22. Dezember 1923 der Rek=
tor
an der Volksſchule zu Worms, Philipp Heinrich Gröbe, auf ſein
Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten Dienſte
vom 1. Januar 1924 an. Auf Grund des § 1 des Geſetzes über die
Altersgrenze der Staatsbeamten vom 2. Juli / 19. Dezember 1923 ſin.
der Rechnungsrat Karl Gcorg Ludwig Kammer bei dem Reviſions=
amt
II, Abteilung der Oberrechnungskammer, der Polizeioberinſpektor
und Vorſtand des Polizeiamts Frliedberg Ludwig Weiß, der Gen=
darmeriekreiskommiſſar
Karl Seibel zu Offenbach, der Gendarm. rie=
kreiskommiſſar
, Friedrich Kern zu Bensheim, der Gendarmeriekreis=
kommiſſar
Guſtav Bückner zu Dieburg, der Gendarmerieoberwacht=
meiſter
Heinrich Buchhammer zu Ortenberg und der Amtsober=
gehilfe
Georg Schröbel bei dem Kreisamt Gießen am 31. Januar
1924 in den Ruhrſtand getreten. Aus dieſem Anlaß iſt ihnen die Aner=
kennung
der dem Staate geleiſteten langjährigen treuen Dienſte aus=
geſprochen
worden.
Ernennung. Durch Entſchließung des Miniſteriums für Arbeit
und Wirtſchaft wurde der Landwirtſchaftsreferendar Otto Traut
mann zu Alz=y zum Landwirtſchaftsaſſeſſor ernannt
Heſſiſches Landestheater. Die morgige Aufführung von Unruhs
Prinz Louis Ferdinand iſt die achtzehnte ſeit der hieſigen Urauf=
führung
.

Anſelen Auſtäuennemen
empfehlen wir, ſofern dies noch nicht
geſchehen, die ſofortige Beſtellung ſür
Monat Februar bei dem zuſtändigen
Poſtamt, wenn eine Unterbrechung in
der Zuſtellung vermieden weiden ſoll.
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatts.
(928im

Das Poſtamt 1 hier teilt mit: Wegen der Notlage des
Reiches hatten wir in den letzten Jahren unſeren Perſonal=
beſtand
ſchon erheblich herabgeſetzt. Einen neuen Abgang der
Beamten ſieht bekanntlich die Perſonalabbau=Verordnung vom
27. Oktober 1923 vor. Solch ſtarke Verminderung des Perſonals
iſt nur bei Einſchränkungen in den Verkehrseinrichtungen mög=
lich
. Wir ſind daher leider gezwungen, ab 1. Februar die werk=
täglich
dreimalige Orts=Briefzuſtellung auf eine zweimalige
(7.45 Uhr vormittags und 2.45 Uhr nachmittags) zu beſchränken
und Land=Zuſtellungen zu kürzen. Uebrigens iſt für Städte von
der Größe Darmſtadts eine nur zweimalige Orts=Briefzuſtellung
die Regel, tatſächlich ſonſt auch eingeführt, zum Beiſpiel in dem
größeren Mainz; Land=Zuſtellung ſoll allgemein nur einmal
werktags ſtattfinden. Von einer ſpäteren Zuſtellung der Briefe
werden zahlreiche Empfänger betroffen werden. Beſchwerden
hiergegen und Anträge auf anderes Begehen der Straßen uſw.
können nicht berückſichtigt werden, zumal eine Berückſichtigung
nur anderen Empfängern Grund zu Klagen geben würde.
Zur Aufwertungsfrage wird ein Urteil des Landgerichts Han=
nover
(5. Z.=K.) bekannt. Es handelte ſich um eine Vorkriegshypothek,
die zum 1. Oktober 1923 gekündigt war, wobei ſich die Parteien übe=
die
Höhe des rückzuzahlenden Betrags nicht einigen konnten, obwohl
Schuldner eine erhebliche Aufwertung geboten hatte. Im Klagewege
wurde Löſchung der Oypother verlangt, das Gericht wies die Klage ab.
Grund: Löſchungsbewilligung könne nur erfolgen, wenn die Tilgung
der hypothekariſch geſicherten Forderung vorausgegangen ſei. Es ſ
zunächſt darum zu entſcheiden, ob Kläger den von ihm geſchuldeten Be=
trag
mindeſtens angeboten habe. Dieſe Vorausſetzung liege nicht vor
Es handele ſich um eine Goldmarkverpflichtung, die in der Folgezeit
durch die geſetzlichen Vorſchriften nicht berührt worden ſei. Die Auf
faſſung, Mark ſei Mark, entbehre jeglicher Rechtsgrundlage, insbe=
ondere
könne ſie nicht aus der Verordnung vom 4. Auguſt 1914 herge
leitet werden. Denn, wenn damals das Papiergeld mit einem Zwangs=
kurſe
ausgeſtattet worden ſei, ſo ſei damit nur geſagt, was man an=
nehmen
müſſe, nicht aber wieviel. Aus dieſem Irrtum entſpringe
auch, daß von aufwerten, ſtatt von herabwerten geredet werde. Nicht
darum handele es ſich, ob es aus beſonderen Umſtänden gerechtfertigt
erſcheine, weniger zu zahlen. Eine Berechtigung hierzu wäre nur dann
gegeben, wenn ſie von Treu und Glauben, mit Rückſicht auf die Ver
kehrsſitte gerechtfertigt wäre. In dieſer Hinſicht habe Kläger nichts
vorgebracht. Er ſei daher verpflichtet, 10 000 Goldmark zu bezahlen und,
da er ſich ſchließlich geweigert, mit der Klage abzuweiſen.

Mozart=Verein. Die Chormitglieder werden darauf aufmerkſam
gemacht, daß die nächſte Chorprobe am Mittwoch, den 6. Februar, im
Vereinshaus, ſtattfindet mit anſchließender Chorverſammlung. Am
16. Februar iſt im Saalbau ein bunter Abend mit Tanz vorgeſehen,
Näheres darüber folgt in Anzeigen.
Aus dem Wartburgverein, Darmſtadt, Liebrauenſtr. 6, Gemeinde=
haus
. Der letzte Monat brachte neben der Vertiefungsarbeit, die im
Mittelpunkte des Wartburgvereins ſteht, auch wieder ſonſt allerlei Ge=
legenheit
, die Vielſeitigkeit der Vereinsarbeit kennen zu lernen. Er
zeigte, wie die Wartburger auch den Sinn für alles Große und Schöne,
was in unſerer Volksſeele ſchlummert, helle Augen und einen klaren
Blick haben. Der vorige Sonntag brachte nach dieſer Seite eine Ein=
führung
in die Entwickelung des Volksliedes in unſerem Heſſenlande,
Der muſikaliſch umrahmte Vortrag fand reichen und dankbaren Beifall,
An dieſem Sonntag war es das gemütstiefe Deutſche Märchen, das in
zahlreichen lebenden B.ldern an den Augen der Beſchauer vorüberzog,
Die jüngſten Wartburger hatten ihr B.ſtes geboten und die Darbie=
tungen
fanden eine gute Aufnahme. Auch diesmal war der Abend wie=
der
muſikaliſch umrahmt. Das nächſte Treffen aller Wartburger zu wich=
tigen
Vereinsbeſprechungen iſt am Dienskag abend, wie immer, im
Wartburgzimmer.
n. Strafkammer. Am Tatort eines Einbruchs in Finthen bei Main=
feſtgeſtellte
Fingerabdrücke belaſten den 87jährigen Arbeiter Pcter
Brenner aus Bechtheim, ſodaß er trotz entſchiedenen Beſtreitens jeder
Schuld vom Schöffengericht wegen ſchweren Diebſtahls im Rückfall zu
2 Jahren Zuchthaus nebſt 5jährigem Ehrverluſt verurteilt war. Jener
Dieb hatte im Dezember 1922 nachts aus einer dortigen Konſervenfabrik
zwei große Ledertreibriemen in hohem Wert entwendet, wovon jede
weitere Spur fehlt. Es fand ſich lediglich an einer von dem Einbrecher
zwecks Eindringens herausgenommenen Türglasſcheibe im Kitt der Ab=
druck
eines Daumens, und deſſen Linien uſw. ſind nach Gutachten des
Gerichtschemikers Dr. Popp=Frankfurt a. M. zweifellos identiſch mit
denen des Angeklagten. Die Ausführung des Verbrechens deutet auf
genaue Ortskenntnis hin, und Br. war kurz zuvor aus der Beſchäftigung
in erwähnter Fabrik entlaſſen worden. Dieſer an ſich ſchwere Verdacht
erſcheint jedoch durch ein Moment erſchüttert, und der Angeklagte hatte
deshalb mit ſeiner nun verhandelten Berufung Erfolg. Unmittelbar
vor ſeinem Austritt half er nämlich bei Verglaſung jener Tür, und er
behauptet, es müſſe ſich dabei der Finger abgedrückt haben. Die ge=
wandte
Verteidigung war nach Anuicht des Berufungsgerichts nicht zu
widerlegen, weshalb der mehrmals vorbeſtrafte Angeklagte freigeſpro=
chen
und aus der Unterſuchungshaft entlaſſen wurde. Fortgeſetzter
Betrug nebſt ſchwerer Urkundenfälſchung iſt dem 45jährigen, b’sher un=
beſtraften
Bäckermeiſter Valentin Jgkob Döſcher aus Groß=Zimmern
zur Laſt gelegt und wird von ihm nach anfänglichem, zu Beginn des
Verfahrens abgelegtem Geſtändnis jetzt in Abrede geſtellt. Der Ang
klagte, Obermeiſter der Bäckerinnung des Kreiſes Dieburg und auch
ſonſtige Ehrenämter begleitend, genoß allgemeines Anſehen, bis Ende
Februar v. Js. der fragliche Fall erwuchs. Von der Groß=Zimmerer
Bäckerſchaft (acht an der Zahl) mit Beſorgung der Geſchäfts. ohlenvor=
räte
betraut, rechnete D. ſeit 1922 dieſen Beziehern fortgeſetzt höhere
Gewichtsmengen, als geliefert waren, an und vereinnahmte ſo entſpre=
chende
Mehrbeträge, die auf die damals noch recht bedeutende Geſamt=
ſumme
von 600 000 Mk. geſchätzt werk i. Die Entdeckung wurde dadurch
veranlaßt, daß er bei jener letzten Lieferung im vorigen Frühjahr eine
halbe Million Mark zuviel angeſetzt hatte. Die von Kohlenhändler
Heinrich Fröhlich 7. daſelbſt ausgeſtellte Rechnung lautete richtig auf
1300 000 Mk, ſpäter war aber auf dieſer in D.s Beſitz befindlichen und
ſeinerſeits den Kollegen als Ausweis vorgelegten Urkunde die 3 in eine 8
abgeändert. Wie der Angeklagte vorbringt, hatte er ſich geirrt und
letztere Zahl für die richtige gehalten. Verſchiedene Begleitumſtände ent=
kräften
ſolche Angabe, insbeſondere hatte D. zur kritiſchen Zeit von dem
Zeugen Fröhlich das Gegenteil jener Annahme erfahren, und er berief
ſich auch zuerſt keineswegs darauf. Bei dem einſchreitenden Staats=
anwalt
und einem Kriminalkommiſſär räumte er vielmehr unumwunden
ein, die Betrügerei in ſtets ſteigendem Maße zum Nachteil der übrigen
Meiſter verübt zu haben. In der Verhandlung bezeichnete er das Ge=
ſtändnis
als falſch und in Verwirrung ſowie Angſt zuſtande gekommen
will aus bloßem Verſehen zu Irrtümern geführt worden ſein und eigene
Anſprüche aus Zeitverſäumnis, Unkoſten uſw. mindeſtens in Höhe jener
Mehrbeträge gehabt haben. Er wurde des Betrugs und der einfachen
Urkundenfälſchung für überführt erachtet und zu 3 Monaten 2 Wochen
Gefänanis, nebſt 500 Goldmark Geldſtrafe evtl. weitere 2 Monate Ge=
fängnis
verurteilt. Schwere Urkundenfälſchung nahm das Gericht nicht
an, weil D. die Aenderung an der Rechnung nicht zwecks Erlangung
eines Vermögensvorteils, ſondern nur vorgenommen hatte, um ſeinen
angeblichen Irrtum zu belegen.
Schiffsnachrichten der Hamburg=Amerika=Linie. Hamburg=
Nordam. D. Mount Clinton 17. ab Newyork. D. Cleveland 20. ab
Cherbourg n. Newyork. D. Alb. Ballin 21. in Hbg. D. Fürſt Bülow
21. Dover paſſ., Ausr. Weſtk.=Nordam.: D. Heſſen 19. San Miguel
paſſ., Ausr. D. Kermit 19. in Antwerpen, Ausr. Hbg.=Cuba=
Mexico=Weſtindien: D. Idarwald 17. ab Norfolk, Hr. D. Adalia
18. Queſſant paſſ., Ausr. D. Weſterwald 20. ab Vliſſingen, Ausr. D.
(upatoria 21. in Bremen, Hr. Weſtk.=Zentral=Amerika: D.
Otavi 17. ab Panama, Hr. Hbg.=Südamerika: D. Sachſenwald
16. in Mefillones, Hr. D. Wasgenwald 18. Pliſſingen paſſ., Ausr. D.
Galicia 17. ab Rio de Janeiro, Ausr. D. Altmark 19. Fernando de
Noronha paſſ., Ausr. D. Steigerwald 20. Oueſſant paſſ., Hr. D. Würt=
temberg
21. ab Giſon, Ausr. Weſtk.=Südam: D. Schwarzwald vor=
ausſichtlich
24. nachts ab Rotterdam, Hr. D. Kellerwald 20. ab Panama,
Hr. Hbg.=Oſtaſien: M. S. Münſterland 17. ab Penang n. Singa=
pore
, Ausr. M. S Ermland 19. ab Genua, Hr. M. S. Havelland 20. in
Hbg. M. S. Rheinland 21. in Kobe, Ausr. D. Oldenburg 20. in Genua,
Ausr. D. Braſilia vorausſichtlich 22. ab Antwerpen, Ausr. Nord= und
Oſtſee=Dienſt: D. Duisburg 19. in Hbg. (Mitgeteilt durch Ver=
treter
Adolph Rady in Darmſtadt, Zimmerſtraße 1.

*Zehn Tage Mexiko.
Von Erich Weintraud.
I.
Die Fahrt.
In weiß=gelben Tropenfarben gleitet die Toledo der
Hamburg=Amerika=Linie ſtromab, weiß in grünen Gärten ſchim=
mern
freundliche Villen. In Cuxhaven werden bei ſchwerem
Wetter drei blinde Paſſagiere ausgeſetzt, die Kriminalpoliziſten
inzwiſchen in Kleiderſpinden aufgeſtöbert haben. In tiefſter
Nacht auf der Brücke. Unter den Füßen rollt das Schiff, an Bug
und Heck leuchtet Waſſer hell, Sturm heult in dem Maſt, klarerer
Sternenhimmel. Morgens Sonntagswetter, blaue Nordſee, weiße
Wölkchen im blauen Himmel, vereinzelte Segel noch am Horizont.
Das große Tier faucht und brüllt, dichter Nebel fällt ein im
Kanal; aber ſicher und geborgen fühlen ſich die Paſſagiere in den
wohnlichen Salons des Schiffes. Mittags tönen Landſirenen,
der Nebel ſteigt und enthüllt felſiges Land. Krauſen grünen
Wald, weiße Navigationsſtationen, Badezelte, rote kleine Häuſer.
Von Plymouth nur durch Glas blinkende Hotels. Paſſagiere
kommen von London, nach zwei Stunden geht es weiter in
den Nebel.
Die ſpaniſche Nordküſte.
Blutrot geht die Sonne über Santander auf. In der
Dämmerung ſucht die Toledo durch die zerklüfteten Felſen
Einfahrt. Vom Pier ſieht man in die ſtille Stadt. Lang ſchläft
der Spanier. Ein erſter Zeitungsjunge ſingt langgedehnt El
Abricolo! In den ſteilen Straßen reiten ſpäter auf kleinen
Eſeln gut gewachſene Mädchen zum Einkauf, rechts und links
pendeln Körbe. Ein Junge bettelt um Zigaretten; alle haben das
gleiche heitere Spitzbubengeſicht unter dem Franzoſenkäppi, der
üblichen Kopfbedeckung. Mit den Hüften kreiſend und mit gra=
zilen
Armbewegungen markiert er Tanz. Auch die Frauen ſind
ſchön: dunkler Teint, dunkle Augenbrauen, ſchwarzes Haar, weiche
Augen ohne ſpaniſches Feuer ſchwarze Kleider und Spitzen=
ſchleier
. In den Kirchen ſchlagen ſie mit Anmut und Inbrunſt
das Kreuz, ebenſo graziös knien ſie nieder und kokettieren ſie
hinter dem Fächer. Von der Höhe zwiſchen Villen, ſpärlichen
Palmen und reichen Blumengärten geht der Blick über gelbe
Sandbänke zur Brandung an der Steilküſte. In geſchützter Bucht
der blendende Badeſtrand von Sardinero, auf der Spitze
der Halbinſel das Schloß und auf Felſenklippen ein weißer
Leuchtturm. Zwiſchen Anhöhen belebte Geſchäftsſtraßen, Wechſel=
ſtuben
gibt es nicht viele, hingegen dicht gedrängt Kirchen; ein
altes, niedriges, höhlengleiches Gotteshaus, darüber eine ſtolze
Jeſuitenkirche. Davor muſizieren Bettler. In einer alten Baſi=
lika
glüht die Altarwand von oben bis unten in vergoldetem
Schuitzwerk.

Zwiſchen ſchnittigen Kriegsſchiffen, weißen Rennjachten, an
Schloß und Leuchtturm vorbei nimmt die Toledo Kurs nach
Weſten. Als Silhouette ſteht gegen den grauen Himmel die
Steilküſte: ein Sphynxkopf. Im Näherkommen iſt er bald Wiſhnu.
bald Fratze, ſchließlich eine große Hakennaſe. Durch den Dunſt
ſchimmern noch lange die roten Felſen und die weiße Brandung.
Tollſchön waren die Menſchen von Santander . ..
Der erſte Tag ſpaniſche See: glatte Fläche, warme Mittel=
meerluft
, ab und zu das Spritzen oder der große Rücken eines
Walfiſches, und Schweinsfiſche ſpringen rudelweiſe. Die Dünung
wird ſchwerer. Bei dieſem Wetter wird die Maſchine zum Er=
lebnis
. Sie iſt Seele und Herz des großen Tieres. Sieht man die
beiden Kolbenmaſchinen ihre Maſſen im Gleichtakt auf und ab
bewegen, ſo ſpürt man Ehrfurcht vor den Kräften. Wenn ſich
beim Rollen des Schiffes gewohnte Perſpektiven verſchieben,
wenn eine Maſchine durch verringerten Widerſtand der Schraube
ſekundenlang losdonnert, dann fühlt man ſich urzeitlichen Mo=
tiven
näher.
Die dritte Klaſſe wimmelt von Spaniern, die nach Cuba aus=
wandern
; aber die ſchönen Räume, der geräumige Speiſeſaal
der gemütliche Rauchſalon bieten jedem auch bei ſchlechtem Wet=
ter
behaglichen Aufenthalt.
Atlantik.
Coruna, der alte Hafen der Phöniker, und Vigo, felſig,
weit im Land gelegen, zogen wie ſchöne Bilder vorüber. Lang=
ſam
hebt und ſenkt ſich das Schiff, ſelten ſtreift ein verirrter
Vogel. Dunkelkarmin färben ſich die Wolken im Weſten. Einer
der Mannſchaft erzählt, er ſah den Grünen Strahl, das ſeltene
Phänomen, daß die letzten Sonnenſtrahlen blaugrün gefärbt ſind.
Auch Jules Verne beſchreibt es, ſagt er, und im Geſpräch über
franzöſiſche und deutſche Literatur, zeigt er ſich ſehr beleſen.
Lange noch ſprachen wir, während eine Wolkenbank in der Däm=
merung
nahes Ufer vortäuſcht: eine friedliche Sonntagabend=
ſtimmung
am Rhein.
Langſam fängt es an, heiß zu werden. In der Zylinder=
ſtation
werden ſchon 60 Grad notiert, und das erſtaunlichſte: das
Meer hat 29 Grad Wärme. Die Tage fliegen. In bequemen
long-chairs liegen auf dem ſchattigen Deck der zweiten Klaſſe die
Damen in leichter Toilette bei leichter Lektüre. An den Bars
drängen ſich die Herren um den Genuß erleſener Getränke. Dau=
ernd
macht man neue Entdecklungen auf dem Schiffe. Ueber Lang=
weile
hat man nicht zu klagen.
Blau leuchtet das Waſſer, faſt glaubt man auf den Käm=
men
Rot zu ſehen. Gewitterwolken ballen ſich weiß. Schon geſtern
ſahen wir in der Ferne wunderſames Wetterleuchten. Der
Mond hatte ein mächtiges Halo, und geſpenſtiſch erſchienen Wel=
lenkuliſſen
ſekundenlang als Silhouetten. Schon kennen wir
keine Dämmerung mehr. Kaum iſt die Sonne unter dem Hori=
zont
, ſo leuchten klar die Sterne. Die Nächte zeigen merkliche
Temperaturdifferenz gegenüber dem Tage. Der Wind flaut be=
trächtlich
ab; hört er ganz auf, dann fängt die Hitze erſt an.

Cuba.
Land! Land! . . . Nach elf Tagen morgens bald auf Steuer=
bord
, bald auf Backbord, vereinzelte Felsgruppen, Klippen, Aus=
läufer
der weſtindiſchen und Bahamainſeln, monotone Küſten,
mit Weide und wenigen Bäumen bewachſen. Anderntags mit=
tags
liegt die cubaniſche Küſte längsſeits. In dem kühlen Speiſe=
ſaal
der erſten Klaſſe, deſſen gediegene Eleganz uns die jahr=
zehntelange
Tradition der Hamburg=Amerika=Linie ſpüren läßt
wird unter Flaggenſchmuck das Abſchiedseſſen eingenommen, zu
dem die hervorragende Küche der Toledo das Erleſenſte bei=
trägt
. Paſſagiere und Offiziere haben ſich auf der langen Ueber=
fahrt
angefreundet, und mancher wird gerne in der neuen Hei=
mat
an dieſen letzten Genuß deutſchen Lebens zurückdenken. Die
großen Maſten der Radioſtation werden ſichtbar, der Leuchtturm
des Caſtillo del Morro, auf Felſen aus dem Meer gewachſen,
und plötzlich in großer Bucht Häuſerreihen, weiß in der Sonne
flimmernd: Habana. Durch ſchmale Einfahrt gleiten wir
ganz dicht an den voll kleiner Autos wie Ameiſenſtraßen wim=
melnden
Kolonaden in den großen Haſen. Neger kommen an
Bord, es wird mit dem Löſchen begonnen. Nicht einen Augen=
blick
laſſen die geſchmeidigen, aber tieriſch rohen Kerle die dicke
Habana aus dem Munde. Es wird Nacht, eine Motorgondel
bringt uns ans Ufer, ein Fordwagen führt uns weiter. Hier iſt
Auto Selbſtverſtändlichkeit. Die Boys raſen durch die ſchacht=
tiefen
Straßen. Schmutzige Hafenviertel, im Zentrum luxuriöſe
Kaufläden, weite Plätze, überall blenden Lichtreklamen, flimmern
Namen und Ornamente von flachen Dächern. Auf dem Campo
del Marte in weiter Rotunde unter Palmen Muſik und elegante
Welt. Nicht weit davon ſchwingen Wagen in wilden Kurven,
Achterbahn, Lunapark: Betrieb. In weithalligen, von ſchwirren=
den
Ventilatoren bedeckten Kaffeehäuſern Alkohol und Amerika
ner, Refreskos und raffinierte Limonaden. Dick und ſchwarz
wird eubaniſcher Kaffee in großes Glas Sahne gegoſſen. Der
Duft der Ananas, Zitronen, Bananen, der Crepefrüchte und des
tropiſchen Obſtes miſcht ſich mit dem Aroma ſüß=herber Ziga=
retten
und dicker Habanas. Auf den Straßen gutgekleidete Men=
ſchen
, keine Bettler, Negerfrauen, verblühte Spanierinnen, Kre=
olen
und Amerikaner. In den engen Straßen unten nur Ge=
ſchäftsräume
ohne Fenſterſcheiben, hölzerne Gittertüren und
Holzläden; die geräumigen Wohnungen liegen meiſt in den
oberen Stockwverken.
Die Frühſonne glüht über der Feſtung, verſilbert die weiße
Kuppel des Obſervatoriums, entzündet das Grün der Palmen
und Sträucher des üppig bwachſenen Ufers. Schiffe kommen und
gehen, Luxusdampfer von New=York, Eiſenbahnfähren von
New=Orleans, Frachtſchiffe nach Marſaille und Dreimaſter nach)
Buenos=Aires. Die Hitze wird unbehaglich. Abends fahren wir,
das Lichtmeer verſinkt. Elektriſche Entladungen erhellen magiſch
den Himmel. Ringsumher Gewitter. Eine leichte Briſe. In
zwei Tagen ſind wir in Mexiko.

[ ][  ][ ]

Rummer 29.

Darmſtädter Zunb att, Deustag, den 22. Jauuar 1924.

* Möblierte Zimmer.
Von Geheimrat Welcker.
Das Tagblatt hat unter dem obigen Stichwork am 29. Dezember
v. J. eine eingehende Darſtellung gebracht. Aus dieſer wird, da man=
ches
davon in Vergeſſenheit geraten ſcheint, hier zunächſt wiederholt:
Nach der zwiſchen der Stadtverwaltung und dem Verband der Zimmer=
vermieter
getroffenen Verſtändigung betrug der Mietpreis für ein
ein
faches möbliertes Durchſchnittszimmer, das in der Vorkriegszeit etwa
20 Mark koſtete (ſog. Normalzimmer) im Dezember 10 Goldmark
(3 Mk. für den leeren Raum, 3 Mk. für

Frühſtück, Stiefelputzen, Kleiderreinigung und jede andere über den
Begriff der gewöhnlichen Bedienung hinausgehende beſondere Leiſtung
beſonders zu vergüten war. Mit Rückſicht auf die ſeit der vorgenannten
Verſtändigung geſtiegenen Aufwartefrauenlöhne iſt der Mietſatz für
ein Normalzimmer im Januar von 10 auf 11 Goldmark zu er=

Ha Geenche in Geteiefe er enge
der Friedensmiete auf 22 Prozent, d. h. um rund ein Drittel des bis=
herigen
Betrags. Es ſind deshalb für Februar bei den möblierten
Zimmern die in dem Januarſatz von 11 Goldmark für ein Normal=
zimmer
enthaltenen 3 Mk. für den leeren Raum auf 4 Mark zu er=
höhen
, ſo daß der Februarſatz für ein Normalzimmer 12 Goldmark
beträgt (4 Mk. für Raum, 4 Mk. für gewöhnliche Bedienung, 3 Mk. für
die Einrichtungsgegenſtände, 1 Mk. für Vetriebskoſten). Immer mit
der Maßgabe, daß, wie bei den urſprünglichen 10 Goldmark, ſo auch bei
dem Januar= und dem Februarſatz, die Zubereitung von Verpflegung
insbeſondere von Frühſtück, Stiefelputzen, Kleiderreinigung und jede
andere über den Begriff der gewöhnlichen Bedienung
hinausgehende
beſondere Leiſtung beſonders zu vergüten iſt. Wohlgemerkt: Die
vorſtehenden Sätze gelten nur für ein ſog. Normal=
zimmer
, d. h. für ein einfach möbliertes Durch=
ſchnittszimmer
, das in der Vorkriegszeit etwa
20 Mark koſtete. Für ganz primitiv eingerichtete Zimmer ſind
geringere, für wirklich beſſer möblierte Zimmer ſind höhere Preiſe z
berechnen, alles nach den Umſtänden des einzelnen Falles. Der in der
Vorkriegszeit für ein ſolches Zimmer üblich geweſene Mietſatz kann da=
bei
als Anhalt dienen. Alſo für Dezember etwa die Hälfte, für Januar
und Februar etwas mehr als die Hälfte des Friedensmieteſatzes. Den
vollen Friedensmieteſatz können die Vermieter nicht verlangen, da ſie
dem Hauseigentümer ja auch nicht den vollen Friedensſatz ihrer Woh=
nungsmiete
bezahlen.
In den obigen Sätzen ſind die bis Anfang dieſes Jahres gültig ge=
weſenen
Nebenkoſten für Waſſer Schornſteinfeger, Grundſteuer, Kanal=
gebühren
, Haftpflicht= und Waſſerſchadensverſicherung, Brandverſicherung
uſw. mit enthalten. Seitdem ſind aber folgende neue Koſten dieſer Art
von den zuſtändigen Stellen bekannt gegeben worden: Neue Ge=
meinde
=Grundſteuer von 20 Goldpfennigen auf 100 Mark
Grundſteuerkapital in vier, ſpäteſtens je bis zum 5. Februar, 5. März,
5. April und 5. Mai zahlbaren Teilbeträgen. Weiter einmali=
ger
beſonderer, ſpäteſtens bis zum 31. Januar zahlbarer Brand=
verſicherungsbeitrag
von 6 Goldpfennigen auf die Mark
Brandverſicherungskapital. Endlich eine einmalige beſondere
Staatsgrundſteuer von 15 Goldpfennigen auf 100 Mark Grund=
ſteuerkapital
, zahlbar ſpäteſtens bis zum 18. Februar. Alle dieſe neuen
Laſten werden von den Behörden bei den Hauseigentümern angefordert
und ſind von dieſen nach dem Verhältnis der Mieten auf
die Wohnungsinhaber, von den Wohnungsinhabern, im allgemeinen
nach dem Verhältnis, in dem die Flächengröße der untervermieteten
Zimmer zu der Flächengröße der dem Wohnungsinhaber, verbliebenen
Zimmer ſteht, auf die Untermieter zu verteilen. Man laſſe ſich in Be=
zug
auf dieſe Verteilungsfrage durch Gerede anderer und auch durch
die, aus beſonderen Gründen etwas eigentümliche Faſſung der neuen
ſtaatlichen Grundſteuerverordnung nicht irre machen; die Verteilung vom
Hauseigentümer auf die Wohnungsmieter und von dieſen auf die Un=
termieter
, wie ſie ſchon für die bisherigen Laſten zu Recht beſtand, be=
ſteht
auch für die neuen Laſten zu Recht. Die Vermieter möblierter
Zimmer müſſen aber aufmerken und ihren Untermietern ſagen, daß
die neuen Laſten nicht in die bisherigen Mieteſätze einkalkuliert
feien und deshalb dieſen noch hinzutreten. Um ein ungefähres Bild zu
geben, ſei bemerkt, daß auf ein Zimmer von durchſchnittlicher Größe
gerechnet (auf die Art der Ausſtattung, wie Möbel uſw., kommt
es bei der Laſtenderteilung nicht an) die neue Gemeindegrund=
ſsteuer
für die vier Zahlungsmonate je etwa 2 Goldmark,
Die neue einmalige Brandverſicherungsabgabe im
Zahlungsmonat etwa 1½ Goldmark, die neue einmalige Staats
Grundſteuer im Zahlungsmonat etwa 6 Goldmark beträgt. Die
meue ſtaatliche Grundſteuer, bzw. der auf den einzelnen en
Fallende Anteil, iſt nach der Verordnung unter gewiſſen Vorausſetzungen
wom Staate zu erlaſſen. In dieſer Hinſicht werden noch Ausführungs=

Seite 5.

Aus Heſſen.

beitsmarkt hat, was die Kurzarbeiter anbelangt, eine leichte Beſſerung burg entgegengenommen, dem wir entnehmen, daß nach dem in Berlin
Beginn der neuen Woche die Holzhaucrei ihrem Ende zugeht, wird die 1. April an die volle Goldmiete bezahlen ſollen. Vom 1.4.
dem hieſigen Milchhändler Sand aus Gründen höherer Anlieferungs= ſagte Nedner, Angeſtellte, Beamte und freie Berufe dieſe Miete tragen
koſten ein Kleinverkaufspreis von 30 Pf. genehmigt worden.
Jahre ſein 80jähriges Jubiläum feiern kann, hat in ſeiner heutigen. Forderungen und das Gehot, in Paviermark heimzuzahlen. Das bedeute
eines echten Geſangsfeſtes zu begehen.
Der hieſige Gemeinderat hat die Erhebung von 30 Prozent Grund=, R.M.G. ſollten auch das M. Sch.G. und die Wohnungszwangswirtſchaft
ſozialdemokratiſche Antrag (40 Prozent Grund=, 4 Prozent Gebäude=
und 1½ Prozent Gewerbeſteuer) und ein Vermittlungsantrag der Linken ſeitigung des R.M. G. die Goldmiete zugunſten des Hausbeſitzes und
wurden abgelehnt.
Obſtbauinſpektor, Herrn Behne, einen Obſtbaukurſus. Der in ſeiner inſoweit Goldzins werden, als alle Hauslaſten, zu deren Abgeltung er
Entwickelung hier zum Stillſtand gekommene ausgedehnte Obſtbau er= beſtimmt iſt, Goldlaſten ſein werden. So lange Hypotheken nicht voll
forderte dieſe Veranſtaltung. Während vormittags die wichtigſten Fra= verzinſt und zurückbezahlt werden, kann es keine Goldmiete, ſondern
gen des Obſtbaues theoretiſch behandelt wurden, wurde an den Nach= nur eine den Hauslaſter entſprechende geſetzliche Miete geben. Wirt=
benötigen
, als man ihnen bisher angedeihen ließ, und daß der Obſtbau kommen wieder erarbeitet werden kann. Nie darf die Goldmiete deu
bedürftig iſt. Die eingehende Behandlung der Sortenfrage zeigte, daß
eine große Anzahl weniger empfehlenswerter Sorten durch bekannte
auch gelegentlich der vom hieſigen Obſt= und Gartenbauverein am Mitt= ſie gerade die perſonenreichſten Haushaltungen in unbilligſter Weiſe

Gegen die Goldmiete.

Wie aus dem obigen erſichtlich, beginnt die Frage der möblierten
Zimmer, die im Dezember ſehr ſchön vereinfacht war, nun wieder
romplizierter zu werden. Die Beratungsſtelle für Zimmervermieter (imn
wer übrigens auch anfragende Mieter willkommen ſind) übt deshalb ihre
Tätigkeit jeden Montag, um 4 Uhr, in den Räumen des Hausfrauen=
undes (frühere Artilleriekaſerne, Heidelberger Straße, Eingang Wil=
helmſtraße
) weiter aus.

Lokale Veranſtaltungen.

4Die bierunfer erſchelinenden Nokizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu Getrachten,

in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
Deutſcher Oſtbund E.V. (Ortsgruppe Darmſtadt). Unſere
Diſchſtandartenweihe findet am Samstag, den 8. März, im Mathilden=
ksöhſaal
, abends, mit Konzert, Theater, diverſen humoriſtiſchen Vorträ=
uen
ſtatt. Alle Flüchtlingsorganiſationen, wie Elſaß=Lothringer, Hei=
mattreue
Oberſchleſier, Saarländerbund und die Flüchtlinge von Rhein
und Ruhr, ſind zu dieſer Feierſtunde herzlichſt eingeladen. Eintritts=
darten
, ſind bei dem Schriftführer und Kaſſenwart Herrn G. Plötz, Rhön=
ning
101, zu haben. Alles Nähere für die Mitglieder in der am 7. Fe=
ruar
ſtattfindenden Mongtsverſammlung und den ſ. Zt. in der Preſſe
arſcheinenden Anzeigen.
Parlamentariſches.
* Der Geſetzgebungsausſchuß trat geſtern nachmittag zu=
ſmammen
. Vor Eintritt in die Tagesordnung gedenkt der Vorſitzende
Abg. Nu ß, des durch Krankheit verhinderten Abg. Wünzer und wünſcht
zom gute Geneſung. Der Ausſchuß beſchloß hierauf dem Abg. Wün=
zzer
ein Schreiben in folgendem Wortlaut zu überſenden: Herrn Land=
agsabgeordneter
Wünzer, Darmſtadt. Der II. Ausſchuß des Heſſiſchen
Mandtags, dem Sie angehören, hat mit Bedauern von Ihrer Krankheit
tgenntnis genommen und hat einſtimmig beſchloſſen, Ihnen, verehrter
Herr Kollege, durch mich den Ausdruck herzlicher Teilnahme, mit dem
Psunſche baldiger Geneſung übermitteln zu laſſen. Ich komme dieſem
Beſchluß gerne nach und knüpfe hieran meine perſönlichen guten
Bsünſche für Ihre Geſundheit. Mit kollegialer Hochachtung und freund=
lEhem
Gruß: Nuß, Präſident des II. Ausſchuſſes. Das Privat=
1rageverfahren gegen den Landtagsabgeordneten Adam Lang II., Ur=
mrrach
, wegen Beleidigung, wird einſtimmig während der Dauer der
eätzungsperiode unterſagt. Die Verordnung über die Gebühren und
Auslagen in Pachteinigungsſachen vom 5. Oktober 1923 wird nachträg=
läh
gutgeheißen. Die Vorſtellung einer Anzahl Staatsbürger aus dem
bäſetzten Gebiet betr. Ergreifung geeigneter Maßnahmen im beſetzten
Geebiet, wird zurückgeſtellt und die Auswirkung der getroffenen Maß=
uſahmen
abgewartet. Zugeſtimmt wird der Verordnung über die Ab=
aurderung
des Art. 15, Abſ. 3 der Städteordnung und Art. 15, Abf. 4 der
Landgemeindeordnung. Die Verordnung zum Notariatsgeſetz wird be=
fürtigt
. Ein Antrag RothSteinhauſer, betr. Streichung der Para=
gwaphen
218 und 219, wird abgelehnt und auf den Standpunkt der Ne=
rung
im Plenum verwieſen, wonach eine Milderung der Strafbeſtim=

eurs bereclidt ei. S. Der Auſchuß beſchlß, die Neoierung 2u bi=
tenr
, auf die Stadt Gießen einzuwirken, daß ſie dem Vorſteller durch Zu=
meiſung
eines Grundſtücks vollen Erſatz für das früher innegehabte
Gr-undſtück gibt. Die Vorſtellung W. Klüpfel zu Wieſeck, betr. be=

Abel, ber. Nechlsſcutz. Die Vorſtellng der Abeſtgemeſnſchaſt der
Dr rektoren der höheren Lehranſtalten Heſſens, Maßnahmen für den
UA-bergang von der Grundſchule zur höheren Schule zu treffen, wird
dmrch die Regierungsantwort und eine Verordnung des Bildungsamts
üur erledigt erklärt. Die Verordnung zur Aenderung des Feld= und
Fa rſtſtrafgeſetzes wird nachträglich gutgeheißen.

An unſere verehrl. Leſer!
Den heutigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen Rech=
nung
tragend, haben wir uns entſchloſſen, für Familien=
anzeigen
und Stellengeſuche eine bedeutende Preis=
ermäßigung
eintreten zu laſſen.
Wir berechnen jetzt für genannte Anzeigen pro
Zeile 15 Pfg. aus Stadt und Kreis Darmſiadi,
25 Pfg. für auswärtige.
Des ferneren gewähren wir unſeren Abonnenten
bis 31. ds. Mis auf die
Kleinen Anzeigen
(Privatanzeigen) bei Vorlegung der letzten Abonne=
ments
=Quittung einen
Rabatt von 10%o=
430) Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.

woch abend abgehaltenen Obſtbauverſammlung ſtatt, in der der Kurſus=
leiter
über Maßnahmen zur Förderung des Obſtbaues, Zweck und Ziel
der Obſtbaukurſe und der hier gemachten Wahrnehmungen ſprach. Die kamp iſt dauernd verhindert, an den Sitzungen der Sradtverordneten=
Ausführungen gaben der Verſammlung einen äußerſt anregenden Ver=
lauf
. Der mit dem hier ſtattgefundenen Kurſus verbundene Veredelungs=
kurſus
wird vorausſichtlich Ende April ſtattfinden. Die im vorigen
Jahre geplante Obſtbauausſtellung wird dieſen Herbſt abgehalten, die
für die Löſung der Sortenfrage jetzt noch notwendiger als vorher er=
ſcheint
. Zweifellos werden dieſe hier von der obſtbautreibenden Be=
völkerung
freudig begrüßten Veranſtaltungen zu einer weſentlichen Ver=
breitung
und Verbeſſerung des Obſtbaues beitragen.
O Aus dem Kreiſe Heppenheim, N. Jan. Fiſchereiverpach=
tungen
. Nachfolgende Domanialfiſchereien werden auf weitere 12
Jahre verpachtet: Am Mittwoch, den 6. Februar, nachmittags 2½ Uhr,
im Hotel Zum Naturaliſten in Hirſchhorn die Fiſchereien der
heſſiſchen Oberförſtereien Hirſchhorn und Rothenberg, und am Donners=
tag
, den 7. Februar, nachmittags 2½ Uhr, im Kaiſerhof zu Wald=
michelbach
die Fiſchereein der heſſiſchen Oberförſtereien Birkenau
und Waldmichelbach=Nord und =Süd. Pachtliebhaber haben ſich binnen
acht Tagen über ihre Qualifikation bei den einſchlägigen Oberförſtereien
auszuweiſen.
) Waldmichelbach, 27. Jan. Wahlen machen Qualen. Un=
ſerer
Nachbargemeinde Wahlen machen die Wahlen Qualen, denn auch
die zweite Bürgermeiſterwahl war für die Katz. Bei der erſten Wahl
erhielt Herr Roth 70 und Herr Horle 62 Stimmen, bei der zweiten er=
hielt
jeder Kandidat 71 Stimmen, aber beide Wahlen wurden wegen ein=
gelaufener
Formfehler für ungültig erklärt. Es muß mun eine neue
Wahlliſte aufgeſtellt und eine dritte Wahl vorgenommen werden.
O Birkenau, N. Jan. Schlechte Geſchäfte machte die hieſige
Gemeinde mit einer Kartoffellieferung. Obſchon die Beſtellung ſchon
im Herbſt vorigen Jahres geſchah, kamen die zwei Waggons mit etwa
500 Zentnern erſt am erſten Weihnachtsfeiertage an, zu welcher Zeit ge=
tade
die Kälte einſetzte. Die Kartoffeln wurden dann, ſtatt die Annahme

zu verweigern, ſofort eingekellert. Nach kurzer Zeit merkte man aber,

i ſch.
* Die Abgeordneten des Bauernbundes haben, die
Au-fhebung der heſſiſchen Verordnung über den Verkehr mit Milch, But=
und Eiern und der verſchiedenen Höchſtpreisverordnungen für Milch
ſemm Landtag beantragt.

daß der Kartoffelhauſen rapid zuſammenſchrumpfte, und als man ſie
durchlas, fand man die Knollen zum größten Teile verfault. Die Be=
ſteller
von Kartoffeln bekamen ihr vor etwa drei Monaten eingezahltes
und gänzlich wertloſes Geld dieſer Tage wieder zurückbezahlt.
* Mörlenbach, V. Jan. Schadenfeuer. Dieſer Tage brach
in dem Anweſen des Gaſt= und Landwirts Helfrich hier Feuer aus, dem
die beiden Scheuern ſamt den Vorräten zum Opfer fielen; das Wohn=
haus
blieb verſchont. Ob Brandſtiftung vorliegt, wird die eingeleitete
Unterſuchung feſtſtellen. Im April 1922 wurde dasſelbe Anweſen eben=
falls
von einem Brande heimgeſucht.
2 Aus dem Ulfenbachtal, 27. Jan. Jagdverpachtung. Bei
der unlängſt ſtattgefundenen Verpachtung der Jagd der Gemeinde
Langenthal wurden 3820 Mk. jährliche Pacht erzielt. Mit Steuern
ſtellt ſich der Pachtpreis auf über 6000 Goldmark, ein reſpektables
Sümmchen!
Semb. 28. Jan. Ganz in der Stille, im engſten Familienkreiſe,
feierten am Sonntag die Eheleute Schreinermeiſter Heinrich Storck.
und Katharina, geb. Pfeiffer, das Feſt ihrer Goldenen Hochzeit
Dem beſcheidenen Sinn des ehrwürdigen, allgemein geachteten Paares
entſprach es nicht, den Tag durch eine größere Feier zu begehen. Daher
wußten auch nur wenige in der Gemeinde von dieſem ſeltenen Jubi=
läum
. Nach dem Sonntagsaottesdienſt erſchien mit dem Geiſtlichen,
Pfarrer Briegleb aus Groß=Umſtadt, der Geſamtkirchenvorſtand in der
Wohnung des Jubilars, wo der Pfarrer in herzlicher Rede die Bedeu
tung des Tages für die Eheleute ſelbſt, für ihre Kinder und Enkel, wie
für die Kirchengemeinde Storck iſt ſeit 40 Jahren Mitglied des refor=
mierten
Kirchenvorſtandes würdigte, zugleich die Glückwünſche de
Kirchenvorſtandes ſowie der oberſten Kirchenbehörde übermittelnd, wel
letztere mit einem freundlichen Schreiben ein koſtbares Geſangbuch über
reichen ließ. Das Mitglied des Kirchenvorſtandes, Bürgermeiſter Hehl,
gratulicrte in bewegten Worten namens der Gemeinde. Dem ehren
haften Paar möge noch ein langer Leebnsabend beſchieden ſein!
Groß=Umſtadt, 28. Jan. Der Verein für Vogel= und
Geflügelzucht Groß=Umſtadt hält am Sonntag, den
3. Februar im Gaſthaus Zum weißen Roß ſeine diesjährige Ge=
flügelausſtellung
ab.
Wiebelsbach, 27. Jan. Bei der heute ſtattgehabten Beigeor
netenwahl wurde Herr Jakob Hild 1. mit 30 Stimmen Mehrheit
als Beigeordneter gewählt. Die Gegenkandidaten, Herr Jakob Weiß 1.
und Georg Gilch, erhielten zuſammen 92 Stimmen, der erſtere 71, der
zweite 21 Stimmen.
z. Babenhaufen, 27. Jan. Am 24. d. M. wurde eine Bauersfrau
aus dem Nachbarorte S., die wegen Milchentrahmung (40 Prozent) von
der bieſigen Gendarmerie zur Anzeige gebracht worden war, vom Amts=
gericht
Seligenſtadt zu 300 Goldmark Geldſtſtrafe verurteilt. B= uers=
frauen
, die eine gewiſſe Veranlagung zur Milchtaufe zu beſitzen ſchei=
nen
, mögen ſich dieſen Vorfall als abſchreckendes Beiſpiel dienen laſſen.

dertigen Gemartung mui der Winterweide ſch befand. Genaue Gründe
wegen der Verhaftung ſind bis jetzt nicht bekannt geworden. Haftbefehl
war von der höheren Behörde ergangen,

Der Mieterſchutzberband München und Um=
* Eberſtadt, 26. Jan. Arbeitsmarkt. Die Lage auf dem Ar= gebung hat ein Referat des Rechtsanwalts Dr. Scherer= Augs=
erfahren
. Arbeitslos ſind in dieſer Woche 320 Perſonen. Da aber zu ausgearbeiteten Entwurf einer Steuernotverordnung die Mieter vom
Ziffer der Erwerbsloſen in den nähſten Tagen wieder ziemlich anſteigen, an follen hiervon 30 Prozent dem Hausbeſitzer zuſtehen, vom 1. Juli au
Eberſtadt, 26. Jan. Milchpreis. Der Kleinhandelspreis für 40 Prozent und vom 1. Oktober an 50 Prozent. Die übrigen Anteile
Milch darf hier 28 Goldpf. nicht überſteigen. Ausnahmsweiſe iſt jedoch follen Reich, Ländern und Gemeinden zugute kommen. Wie ſollen, ſo
8.Gberſtadt, 27. Jan. Aus demVereinsleben. Der älteſte können, wenn ſie bft nur noch die Hälfte des Friedenzeinkommens haben?
Geſangverein Eberſtadts der Geſangverein Frohſinn, der in dieſem Die Notverordnung enthalte auch ein Verbot der Aufwertung ſämtlicher
eine Entſchuldung des Hausbeſitzes, dem ſeine Vermögensſubſtanz er=
Hauptverſammlung beſchloſſen, dieſes am 21. und 22. Juni in Geſtalt halten bleibe und der außerdem noch eine Grundrente erhalten ſolle,
Auerbach, 26. Jan. Die neuen Gemeindeſteuern, die nicht durch Arbeit erworben wurde. Den Abſichten der Reichsregie=
rung
müſſe ein Unannehmbar entgegengeſetzt werden. Denn mit dem
5 Prozent Gebäude= und 4½ Prozent Gewerbeſteuer beſchloſſen. Der falen. Die Entſchließung ſagt: Die Reichsregierung fordert unter Be=
der
allgemeinen Staatsfinanzen. Dagegen ruft die Mieterſchaft Mün=
Nordheim, Kr. Bensheim, 2. Jan. Der Landwirtſchafts= chens die bayeriſchen Mieter zum Volksbegehren und Volks=
kammer
=Ausſchuß veranſtaltete vorige Woche hier durch ſeinen entſcheid auf. Nach Recht und Billigkeit kaun der Mietzins nur
mittagen die Praxis ausgeüut. Hie bei kam den Teilnehmern erſt recht ſchaftlich kann eine Goldmiete erſt getragen werden, wei ſich die
zum Bewußtſein, daß die Bäume im allgemeinen doch mehr Pflege übrige Lebenshaltung verbilligt und mindeſtens das frühere Goldein=
auch
im übrigen, insbeſondere hinſichtlich der Sorten, verbeſſerungs= Prozentſatz überſteigen, den im Frieden der Mieter aus ſeinem Ein=
kommen
an den Vermieter bezahlte. Der Mietzins bietet keine
vernünftige Grundlage für die Steuererhebung.
beſſere erſetzt wedren müſſen. Hierüber fand eine lebhafte Ausſprache Eine ſolche Kopfſteuer muß als roh und ungerecht abgelehnt werden, da
belaſtet.
r. Babenhauſen, 28. Jau. Seit voriger Woche hat ſich Dr. med. K.
Zülch, praktiſcher Zahnarzt, hier niedergelaſſen. Die hieſige
Volksbank gibt bekannt, daß ſie für Rentenmark Konten ab 1. Ja=
nuar
, bei täglicher Verfügung 8 Prozent, bei Feſtlegung auf 2 Monate
10 Prozent Jahreszinſen vergütet.
r. Babenhauſen, 27. Jan. Volks=und Schülerkonzert am
3. Februar 1924. Ein muſikaliſches Ereignis erſten Ranges ver=
ſpricht
der kommende Sonntag uns und der näheren Umgebung zu
bringen. Eingeladen vom hieſigen Volksbildungsausſchuß, gibt die
Städtiſche Akademie, für Tonkunſt Darmſtadt unter
Leitung des Herrn Muſikdirektors Schmitt am kommenden Sonntag
zwei Konzerte. Ungefähr 10 Damen und Herren der Ausbildungsklaſſe
haben in entgegenkommender Weiſe ſich bereit erklärt, ihre Kunſt in den
Dienſt der guten Sache zu ſtellen und hierher zu kommen. Den uver=
geßlichen
muſikaliſchen Auftakt in unſerem Kunſt= und Muſikleben b. l=
dete
vor kurzem das Kirchenkonzert, das uns die Darmſtädter Madrigal=
vereinigung
mit Herrn Dr. Noack bot. Dies zweite Konzert iſt als
Volks= und Schülerkonzert gedacht. Die Vortragsfolge ſetzt ſich zuſan=
men
aus: Sonate in B=Dur für 2 Viol. und Klavier von F. Haendel,
volkstümlichen Liedern Gbearbeitet von H. Reimann), einem Trio Nr.
G=Dur für Klavier, Viol. und Cello von J. Haydn, fünf däniſchen und
ſchwediſchen Volksliedern und der Serenade Nr. 1 Op. 56 in G=Dur von
Ch. Sinding. Dieſes Programm, das abends 7 Uhr den Erwachſenen
geboten wird, kommt nachmittags 3 Uhr für die Schüiler und Schülerin=
nen
der hieſigen Schulen und der Schulen der näheren Umgebung zum
billigen Preiſe von 20 Pf. zu Gehör. Die muſikaliſchen Damen und
Herren, vor allem die Geſangslehrer, werden ihre Kinder vorher in die
Werke etwas einführen, ſie mit unſeren großen Tonkünſtlern bekannt
machen, um das muſikaliſche Verſtändnis für dieſes Konzert aufnahme
fähiger zu machen. Einer ſchönen, hohen Aufgabe werden ſich die Künſit=
ler
kommenden Sonntag hier unterziehen. Sie helfen mit am Aufbau
unſeres Volkes und unſerer ländlichen Jugend. Wann wird dieſer mal
gute geiſtige Koſt geboten? Doch nur ſelten. Darum freuen wir uns
dankbar auf dieſen Genuß, der uns bevorſteht. Dieſer Samen des
Schönen, Wahren, Guten, der in die Herzen der Jugend geſät wird,
muß ja reiche Früchte bringen.
A+ Offenbach, 27. Jan. Der kommuniſtiſche Stadtverordnete See=
verſammlung
teilzunehmen. Er iſt, wie man hört, über die Grenze des
beſetzten Gebiets gegangen, da er vier Monate Gefängnis wegen Mi
handlung des Dachdeckermeiſters Neſſel gelegentlich des kommuniſtiſ hen
Jugendfeſtes im September 1922 verbüßen ſoll. Die Stadtverordneten=
verſammlung
wird entſcheiden müſſen, ob er, da er dauernd verhindert
iſt, der Verſammlung noch angehören kann. Auf Vorſchlag ſeiner Frak=
tion
gehörte er dem Stadtſchulamt, dem Schulausſchuß und dem Schul=
vorſtand
an. Es war eines ſeiner Lieblingsfächer, in der Stadtverord
netenverſammlung angebliche Ueberſchreitungen des den Lehrern geſetz=
lich
zugeſtandenen väterlichen Züchtigungsrechtes zur Sprache zu bringen,
obgleich er ſelbſt durch körperliche Züchtigung unbefugterweiſe einen Er=
wachſenen
, einen Mann, erziehen wollte.
Heuſenſtamm, 27. Jan. Der hieſige Landwirt Heinrich Fried=
rich
Holzamer wurde vom Wuchergericht Offenbach wegen Preis=
wuchers
mit Milch zu drei Tagen Gefängnis und zweihundert
Goldmark Geldſtrafe verurteilt. Die Einziehung des Ueberpreiſes wurde
ebenfalls ausgeſprochen.
Worms, 27. Jan. Ein Beweis für die Mentalität
der Franzoſen wird durch nachſtehendes Vorkommnis geliefert. Ein
höherer Beamter der Reichsbahn, der hier ſeinen amtlichen Wohnſitz
hatte, wurde im Vorjahre von dem franzöſiſchen Kriegsgericht in Mainz,
auf Grund vager Beweiſe, zu einer längeren Freiheitsſtrafe verurteilt,
die er im Gefängnis zu Wiesbaden zurzeit verbüßt. Seine Ehefrau be=
gab
ſich letzthin zum Beſuche ihrer Schweſter, traf aber dort in ſo
krankem Zuſtand ein, daß ſie ſich alsbald in das Hoſpital nach Mülheim
am Rhein begeben mußte. Von der ſchweren Erkrankung wurde der
Ehemann verſtändigt, traf aber im Spital ſeine Frau nicht mehr lebend
an. Die in Darmſtadt geborene Frau ſollte auf dem alten Friedhof
in Darmſtadt, wo ſich das Erbbegräbnis befindet, beſtattet werden. Nach
Geiſelſtellung erhielt der Mann die Erlaubnis, der Beiſetzung beizu=
wohnen
, natürlich in Begleitung eines Offiziers. Da aber der Gefangene
das beſette Gebiet nicht verlaſſen durfte, mußte die Beerdigung auf dem
im beſetzten Gebiet liegenden Darmſtädter Baldfriedhof, auf einem
eigens erworbenen Grab ſtattfinden. Nach der Trauerfeier kehrte der
Witwer in ſeine Gefangenenzelle wieder zurück.
D Oſthofen, 28. Jan. Die Gemeinde will einen beſoldeten
Bürgermeiſter anſtellen. Geſucht wird eine energiſche Kraft, die in allen
Zweigen des Kommunalverwaltungsdienſtes bewandert iſt. Beſoldung
nach Gruppe 10, Ortsklaſſe B.
+ Friedberg, 27. Jan. Die Winterhilfe Friedberg iſt dank
der Unterſtützung aus allen Kreiſen der Bürgerſchaft in der Lage, zirka
300400 Perſonen täglich ein warmes Mittageſſen verabfolgen zu
können. In den letzten Tagen konnte ſogar ein zweiter Keſſel aufgeſtellt
werden. Man hofft, die Speiſung bis zum April durchführen zu können.
O Gießen, 26. Jan. Gegen den Schulabbau. Eine gut be=
ſuchte
Verſammlung der hieſigen Elternſchaft hat in entſchiedener Weiſe
gegen den geplanten Schulabbau proteſtiert. In der vom Staatsanwalt
Knauß geleiteten Elternverſammlung ſprachen die Landtagsabgeordneten
Reiber, Profeſſor Werner und Dr. Schian. Ihre grundlegenden Ge=
danken
wurden in einer Entſchließung zuſammengefaßt, in der betont
wird, daß bei dem geplanten Abbau in letzter Linie an den Bildungs
anſtalten geſpart werden müſſe. Die geſundheitlichen Gefahren unſerer
Jugend ſollten vor allen Experimenten bewahren. An der Erziehung
und Ausbildung unſerer Jugend ſparen, hieße die Zukunft unſeres
Volkes untergraben.
Queckborn, 28. Jan. In eirem benachbarten Dörfchen verkündete
ein Fremder, eine Schafherde befinde ſich auf der Durchreiſe, nähcre ſich
der Ortſchaft, er brauche für ſie Futter und werde je einen Zentner Heu
und Stroh mit einem Schaf bezahlen. Das Geſchäft ſchien lohnend. Die
Bündel wurden bereit gelegt, der Mann und trank ſich ſatt, meinte
nach einiger Zeit, er müſſe doch einmal ſehen, ob die Herde nicht bald
komme, und verſchwand. Auch in einem anderen, unweit gelegenen Dorf
ſollen die Heu= und Strohbündel zum Abholen vor den Haustüren ge=
legen
haben. Man glaubt in dem Schwindler einen früher in der hie=
ſigen
Gegend bedienſteten Schäfer erkannt zu haben und hofft auf ſeine
Feſtnahme.
Wetterfeld, 28. Jan. Eine merkwürdige Beobachtung, die Natur=
freunde
und Jäger beſonders intereſſieren dürſte, wurde in dieſen
Tagen an der Straße WetterfeldLaubach gemacht. Man ſah einen
Raubwürger (Krickelſter, Buſchfalke, Neuntöter) einen vier= bis fünfmal
größeren Eichelhäher in der Luft wütend angreifen. Der Hährr flüch=
tete
in eine Dornhecke. Auch hier verfolgte ihn der grimmige Feind.
Er brachte den Häher wieder hoch, griff ihn fortgeſetzt von ob. 7 mit
Schnabelhieben auf den Kopf an und drückte ihn endlich zu Boden. wier
machte er ihn mit Kopſſtößen kampfunfähig und zerriß ihn. Der R ub=
würger
greift in der Regel nur kleinere Vögel an, ſowie gerne Mäuſe
Offenbar war, der Eichelhäher durch Mangel an Nahrung ſehr ermattet,

können ſich die nötige Nahrung wegen der ſtarken Schneemaſſen nicht
mehr beſchaffen.

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Dagblatt, Dienstag, den 29. Januar 1924.

M mme 29.

Reich und Ausland.
Reichstagung der Kriegsopfer.
Der Reichsverband Deutſcher Kriegsbeſchädigter und Kriegerhinter=
bliebener
, der einige 100 000 verſorgungsberechtigter Kriegsopfer
umfaßt, auf parteipolitiſch und konfeſſioneu ſtreng neutralem Boden
ſteht und in erſter Linie rein wirtſchaftliche Zwecke verfolgt, hatte in den
Tagen vom 18. bis 22. Januar 1924 ſeinen Verbandsausſchuß nach
Leipzig einberufen. Aus allen Teilen des Reiches waren die Vertreter
äußerſt zahlreich erſchienen, um in eingehenden Beratungen zu den auf
Grund des Ermächtigungsgeſetzes von der Reichsregierung eingeleiteten
Abbaumaßnahmen auf dem Gebiete des Verſorgungs= und Fürſorge=
wſens
Stellung zu nehmen.

den Opfern des Weltkrieges nicht nachgekommen ſind. Es wurde daxauf
hingewieſen, daß die neuen Goldrenten ſofort einer den tatſächlichen
Lebensbedürfniſſen Rechnung tragenden Aufbeſſerung bedürfen, wenn
wieder Ruhe und Zufriedenheit in den Kreiſen der Kriegsopfer einkehren
ſollen. Den Enttäuſchungen, die das Abänderungsgeſetz vom 30. 6. 23
fum Rechsverſorgungsgeſetz den deutſchen Kriegsopfern gebracht hat,
fei mit der Perſonalabbau=Verordnung vom 27. 10. 23 eine noch
ſchwerere gefolgt. Die Wiedereinführung der Kürzungsparagraphen, die
am 15. Juni 23 einſtimmig vom Reichstag abgelehnt wurden, die ſtarke
Beſchneidung des Rechtsmittelweges, die Einführung der Gebührenpflicht
im Neutenſtreitd rfahren, die Zahlungsverweigerung für rückſtändige
Verſorgungsgebührniſſe, der Fortfall jeglicher Abfindung, die Ablehnung
irgendſelchen Valutaausgleichs, die im Fluß befindliche Maſſenentlaſ=
ſung
von ſchwerkriegsbeſchädigten Angeſtellten und Beamten in Be=
hördenbetrieben
wurden in dieſer Hinſicht ebenfalls erwähnt.
Der Verbandsausſchuß beauftragte einſtimmig die Verbandsleitung,
das ſozialpolitiſche Programm des Verbandes nach wie vor als Grund=
lage
zur Erreichung der wirtſchaftlichen Sicherſtellung der Kriegsopfer
zu nehmen und alles zur Erreichung des geſteckten Zieles aufzubieten.
Es müſſe angeſtrebt werden, die nachteil’gen B ſtimmungei der Per=
fonal
=Abbau=Verordnung, ſoweit ſie die Belange der Kriegsopfer be=
rühren
, ſchnellſtens rückgängig zu machen und ſpeziell die Arbeitsſchutz=
beſtimmungen
für Schwerkriegsbeſchädigte durch entſprechenden Ausbau
des beſtehenden Schwerbeſchädigtengeſetzes zu verbeſſern und ihre ge=
naueſte
Beachtung allen Arb itgebern zur geſetzlichen Pflicht zu machen.
Nicht Abbau, ſondern Ausbau der ſozialen Kriegsbeſchädigten= und

Gegen Schluß der Tagung nahm der Verbandsausſchuß in eingehen=
der
Erörterung zu den kommenden Reichstagswahlen Stellung und be=
vollmächtigte
die Verhandsleitung, ſchon in den nächſten Tagen Schritte
einzuleiten, um den Kriegsopfern im neuen Reichstage die bisher als
großen Mangel empfundene Intereſſenvertretung zu ſichern.

* Schweizer Schützenfeſt in Frankfurt.
Am Sonntag fand unter überaus ſtarker Konkurrenz von Wies=

baden, Mainz, Frankfurt a. M., Kaſſel, Darmſtadt und Mannheim in
der Loge Karl das Schweizer Schützenfeſt ſtatt. Das Preisſchießen
ging in erſter Linie um den von Wiesbaden geſtifteten Wanderpreis
Bogenſchütze in Bronze), der im letzten Jahre von Frankfurt errungen
und ſich in deſſen Beſitz befand. Sieger blieb die Schützengeſellſ haft
Darmſtadt mit 197 Punkten. Ebenſo gelang es den Darmſtadtern, ein
ganze Reihe Einzel=Ehrenpreiſe zu erringen und auch im Serienſchießen
zute Erfolge zu erzielen. Im Ehrenpreis=Cinzelſchießen errang den
erſten Preis Ingenieur Knöpfl=Darmſtadt. In dieſem Jahre kommt
das nächſte Wanderpreisſchießen in Darmſtadt zum Austrag.
Großfeuer in Mariendorf.
Feuter von enormer Ausdehnung kam heute früh um 6 Uhr in
Mariendorf, aus noch unbekannter Urſache, in der Apparatefabrik Ge=
einer
Zweigſtelle der Motorenfabrik von Siemens u. Halske, zum
ruch und verurſachte unüverſehbaren Schaden. Als die Gefahr be=
merkt
wurde, ſchlugen die Flammen ſchon hell aus den Fabrikräumen,
und zwar an mehreren, Stellen, weithin ſichtbar empor. Es war kur
vor Beginn der Arbeit. Spfort wurden mehrere Feuerwachen in 1
ſüdlichen Vororten alarmiert. Oberbranddirektor Gempp eilte
ranbſtelle, wo ſchon der 11. Löſchzug aus Berlin und die Wehren a=
Neukölln, Britz, Mariendorf, Marienfelde, Tempelhof uſw. eingetroffen
waren und arbeiteten. Die Brandſtelle bedeckt eine Fläche von 6000
Quadratmeter Größe. Sie bildete ein einziges Flammenmeer, das eine
derartige Hitze ausſtrahlte, daß man ſich der Brandſtelle nur mit großet
Gefahr nähern konnte. Gegenſtände, die in einer Entfernung vor
9 Metern von der Brandſtelle lagerten, fingen plötzlich Feuer. 2
Mannſchaften an den Mündungen der Schlauchleitungen hatten einen
ſehr ſchweren Stand. Haushoch ſchlugen die Flammen und meterweit
die Stickflammen. Von zahlreichen Motorſpritzen und Hydrauten wurde
mnit 15 Schlauchleitungen unausgeſetzt kräftig Waſſer gegeben. Dadurch
felang es ſchließlich, den Brand auf ſeinen Herd zu beſchränken. Die
lppavatebaufabrik konnte aber nicht mehr gerettet werden. Sie iſt in
ihrer ganzen Ausdehnung bis auf die Mauern niedergebrannt. Die an=
grenzenden
Fabriken, die Drutſche Motorenbau=A.=G., die Eiko=Film=
Geſeltſchaft, die Firma Fonrobert u. Reimann uſw., konnten von der
Feuerwehr wirkſam geſchützt werden. Um 8 Uhr wurden die bis dahi
tätigen Löſchzüge durch die Schöneberger Wehr und Züge der 1. Kom=
pagnie
abgelöſt. Dieſe hatten mit der Ablöſchung noch längere Zeit zu
tun. Von den alten Fabrikgebäuden konnten niur kleine Teile gerettet
werden, dagegen war es möglich, die an der Straße ſtehenden und Wohn=
zwecken
dienenden Gebäude vollſtandig zu ſchützen. Auch der anliegende
uinfangreiche Neubau blieb unverſehrt.
Der Betrieb der Fabrik
für elektriſche Apparate muß vorläufig eingeſtellt werden, ſoll aber in
Kürze an anderer Stelle und in dem Neubau wieder aufgenommen
werden. Ueber die Höhe des Schadens und über die Urſache des Bran=
des
ſchweben noch Ermittlungen.

Nach 9 Jahren wieder ein Lebenszeichen.
Windecken. Der letzte Windecker Kriegsgefangene Heinrich
Muth, der im Jahre 1915 bei Auguſtowo in ruſſiſche Kriegsgefangen=
ſchaft
geraten iſt, hat nach 9 Jahren das erſte Lebenszeichen aus Sibi=
rien
von ſich gegeben. Er bittet ſeine Verwandten um Ausweispapiere
von der hieſigen Bürgermeiſterei, um die Reiſe nach Deutſchland an=
treten
zu können. Seit der ruſſiſchen Revolution betreibt er ein ſelbſt=
ſtändiges
Schuhmachergeſchäft, iſt mit einer Ruſſin verheiratet und hat
eine Tochter. Muth hat, dem Hanauer Anzeiger zufolge, in einem
Hanauer Tapezierergeſchäft gelernt.
Schutz der Kleinaktionäre.
In einer Verſammlung des vorläufigen Arbeitsausſchuſſes des
Schutzverbandes der Kleinaktionäre in München bezeichnete. Abg.
Dr. Zahnbrecher als den ſchwerſten Fehler der Goldmartbilanzver=
ordnung
, daß man in Deutſchland nicht wie in England und Belgien, die
ſchon im Frieden Pfund= und 5 Franes=Aktien hatten, auch kleine Aktien,
vielleicht zu 5 Mark, geſchaffen habe. Die Anordnung, daß nur
100 Mark=Aktien als untere Grenze gelten ſollen, ſchneide tief in unſer
Wirtſchaftsleben ein. Der Schutzverband im Bereich der Münchene=
Börſe ſolle in einer G. m. b. H. eine Treuhandgeſellſchaft ſein, die nicht
ſelbſt Kleinaktien kaufe und verkaufe, ſondern nur Vermögensverwalte=
rin
ſei. Etwaige Gewinne ſollen den betr. Aktienbeſitzern zufallen. Abg.
Walterbach erklärte, daß die Landtagsfraktion der Bayeriſchen
Volkspartei mit dem Programm des Schutzverbandes, beſonders mit dem
Streben nach Schaffen von Kleinaktien einig gehe. In einer Ent=
ſ
chließung an Staatsregierung und Landtag wurden dieſe erſucht
bei der Reichsregierung auf Schaffung einer 5 Goldmarkaktie hinzu=
wirken
.
Die Vereinigung der Oberbeamten im Bankge=
werbe
bittet in einer Eingabe an den Reichsverband der
Bankleitungen an zuſtändiger Stelle darauf hinzuwirken, daß ein
eſetzgeberiſcher Schutz der Kleinaktionäre über den
Rahmen der Verordnung vom 28. Dezember hinaus in die Wege geleitet
werde. Eine Verhinderung der Expröpriierung der Kleinaktionäre müſſe
um ſo mehr angeſtrebt werden, als nach den Erfahrungen der letzten
Jahre anzunehmen ſei, daß in den Kleinaktien liegende Vermögenswerte
in Geſtalt von Umſtellungsgewinnen wirtſchaftlichen Kreiſen zufließen
würden, die der allgemeinen Wirtſchaft einen annähernden Ausgleich
bringen würden.
Deutſcher Zirkus in Südamerika.
Aus Montebideo wird uns gemeldet: Die Sarraſani=Schau iſt hier
eingetroffen und von den Behörden und der Einwohnerſchaft begrüßt
worden mit einer Anteilnahme und Herzlichkeit, deren ſich bisher noch
kein künſtleriſches Unternehmen jemals erfreuen konnte. Die beiden
Extradampf r der Stinneslinien, Ludendorff und Danzig, die da=
Rieſenmaterial, die Menſchenmaſſen und Tierſcharen des einzigartigen
Unternehmens nach Montev dev brachten, wurden von einer tauſend=
öpfigen
Menſchenmenge mit lautem Jubel begrüßt, der ſeinen Höhe=
punkt
erreichte, als die Zirkuskapelle die Nationalhymne von Uruguay
und darauf das Deutſchlandlied anſtimmte. Es war für die Deutſchen
ein erhebender Moment, als die uruguayſchen Zuſchauer beim Klange
des Deutſchland, Deutſchland über alles die Hüte abnahmen, die Sol=
daten
und Matroſen ſalutierten. Die Ausladungsarbeiten werden von
großen Menſchenmaſſen, die ſtändig am Kai auf und ab fluten, mit reg=
ſtem
Inter ſſe verfolgt. Wenn abends die Schiffskapelle konzertiert,
promeniert ganz Montevideo in vergnügter Stimmung am Strande.
Der Präſident der Republik, der Oberbürgermeiſter, der deutſche Gene=
ralkonſul
gehörten zu den erſten Beſuchern des Wunderſchiffes Luden=
dorff
, das ununterbrochen von Unzähligen beſucht wird, die ſtaunend
die langen Ställe mit den Hunderten von Pferden, Elefanten, Löwen,
Bären, Zebras Kamelen, Nilpferden durchwandern. Die Artiſtenſcharen,
die mit der Danzig angekommen ſind, die Rieſen und Zwerge, Ja=
baner
, Chineſen, Marokkaner ſind in den Straßen Montevideos ſchon
popnlär. Alle Zeitungen haben in ſeitenlangen Aufſätzen und Inter=
diews
, in zahlloſen Abbildungen über die Ankunft der Dampfer berichtet.
Das ſüdamerikaniſche Gaſtſpiel der Sarraſani=Schau beginnt unter den
b=ſten Auſpizien und ſcheint demnach ein ſtarker deutſcher Erfolg zu
werden.
Ein berühmter Juwelendieb.
Die engliſchen Blätter beſchäftigen ſich mit einem Toten, der in
ſeiner Art auch eine Berühmtheit geweſen iſt. Es handelt ſich um einen
der verwegenſten Juwelendiebe, der die Aufmerkſamkeit der europäiſchen
Soliz=ibehörden auf ſich gelenkt hat. Dieſer gefürchtete Hochſtapler heißt
Zalter Bachmann alias Walter Grove. Nachdem man jetzt in einer
Villa bei Zürich auf ſeine großen Reichtümer geſtoßen iſt, weiß man erſt,
mit was für einem Genie man es zu tun gehabt hat. Aber die engliſchen
Zeitungen ſcheinen nicht dafür eingenommen zu ſein, ſeinen Schädel dem
anatomiſchen Zollſtock auszuliefein. Sie beſchränken ſich auf die Feſt=
ſtellung
, daß Bachmann das Haupt der größten Verbrecherbande war,
und daß Scotland Yard ihn einmal beinahe, aber nicht ganz, erwiſcht
habe. Er hat grundſätzlich nur ganz große Dinge gedreht. Einmal
ſtahl er einem Reiſenden im Madrid=Barcelona=Schnellzug Juwelen im
Werte von hunderttauſend Pfund Sterling. Ein andermal begnügte er
ſich mit 15000 Pfund; aber das geſchah nur deshalb, weil in dem Lon=
doner
Hot=I, wo dieſer Diebſtahl vor ſich ging, die Detektive ſchon über
die Korridore ſchlichen. Seitdem er ihnen auch diesmal durch die Finger
gegangen war, wurde er geadelt zum König der Juwelendiebe‟ Ge=
fängnisluft
hat er nie atmen brauchen. Als er jetzt in Baſel das Mal=
heur
hatte, gefaßt zu werden, war es auch nur ein Zufall. Der Schutz=
mannsarm
war um die Hälfte zu kurz. Aber die hinterdrein gefeuerte
Kugel holte ihn auf. In Baſel wird er unter andeten Verbrechern ein
Grab ohne Hügel bekommen. Aber wenn ſich die Geſchädigten aus ſeiner
Villa am Zürcher Sce ihre Juwelen zurückholen, werden ſie doch nicht
ſo ganz reſpektlos von ihm denken. Mancher reiche Mann hat ihm den
größten Schreck ſeines Lebens zu verdanken.

Sport, Spiel und Turnen.

Fußball.

Spielvgg. 1921 Turn= und Sportvgg. Arheilgen 4:5 (3:1).
Für den, der Tore zu ſehen wünſchte ein intereſſantes Treffen.
Nachdem die Spielvereinigungsmannſchaft bei Halbzeit mit 3:1 klar in Füh=
ung
gelegen hatte, mußte ſie ſich zum Schluß mit 5:4 Toren geſchlagen
bekennen. 2. Mannſchaft 2. Mannſchaft Arheilgen 1:0 (0:0).
1. Jugendmannſchaft 1. Jugendmannſchaft Erbach 0:7.
Spoxtverein Meſſel Sportverein Roßdorf 1:5.
Zum fälligen Verbandsſpiel hatte Meſſel am Sonntag den Sport=
verein
Roßdorf zu Gaſt, für den es galt, den letzten noch fehlenden
Punkt zur Meiſterſchaft zu erringen. Die Gäſte zeigten ſich dieſer Auf=
gabe
auch vollſtändig gewachſen und führten ein durchweg überlegenes
Spiei vor. Zwar gelingt es Meſſel ſchon nach 10 Minuten in Füh=
rung
zu gehen, doch kann Roßdorf bald darauf ausgleichen und acht
Ecken erzwingen, die jedoch nichts einbringen. Nach der Pauſe drängt
Roßdorf ſeinen Gegner vollſtändig in ſeine Spielhälfte zurück und ver=
mag
noch vier weitere Tore zu erzielen, ſo daß das Reſultat beim
Schlußpfiff 5:1 für Roßdorf ſtand. Schiedsrichter Becht, vom V. f. B.
Oberramſtadt, leitete das Spiel zuu beiderſeitigen Zufriedenheit.
V. f. R. ErbachSportverein 1913 König i. O. 2:2 (1:1).
M. M.- Zum fälligen Verbandsrückſpiel hatte König den V. f. R. Er=
bach
zu Gaſt. Dank eines forſchen, eifrigen Spieles ſind die Gäſte zu=
nächſt
leicht überlegen, können jedoch einen Erfolg der Königer Elf inr
der 35. Minutc nicht verhindern. Auſchließend bringt ein wegen Hände
gegebener Elfmeter (man kann hierüber auch anderer Meinung ſein) den
Ausgleich. Mit 1:1 geht es in die Pauſe. Mit Wiederanſtoß iſt Erbach
vorübergehend wieder im Vorteil und kaun mit einem 2. Tor die Füh=
rung
übernehmen. Die bis dahin ſehr luſtlos und äußerſt zerfahren
ſpielenden Königer (Mittelläufer flottere und beſſere Ballverteilung,
auch rechts ſtehen Spieler) kommt auf und dräugt Erbach vollſtänedig in
die Verteidigung. Nur ſelten kommt Erbach noch über die Mittellinie,
aber alle wohlgemeinten Schüſſe der Königer gehen an oder über die
Latte oder können vor lauter Beinen den Weg ins Tor nicht finden.
Endlich gelingt es König, mit ſcharfem Flachſchuß längſt verdient gleich=
zuziehen
. Mit dem Stande 2:2 trennen ſich die Gegner. Der Schieds=
richter
, ein Herr G. von Darmſtadt, ließ ſich das Spiel völlig aus der
Hand nehmen und irrte Eilflos umher.
Turnen.
Südweſtdeutſcher Turnerbund.
Der S. T. B. hielt am Sonntag in Frankfurt eine Bundesausſchuß=
Sitzung ab, in der das Arbeitsprogramm für das laufende Jahr feſtge=
legt
wurde. Es wurde beſchloſſen, den Gautag des Main=Rodgaues am
10. Februar in Erzhauſen abzuhalten. Das Bergfeſt auf dem Franken=
ſtein
am 24. und 25. Mai wird für beri ganzen Bund offen ſein. Der
diesjährige Bundesturnertag ſoll am 24. Februar in Frankfurt abgehal=
ten
werden. Die Ausſcheidungskämpfe für Stuttgart werden am 4. Mai
in Klein=Karben (Wetterau) abgehalten.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keineriei Ver=
des
521 Abſ. 2
eſſegeſetzes in vollem Umfang
vortung; für
Gru
plei
ſendungen, die
verwendet werden, können nicht
der (inſender vei
zurückge andt, die Ablehnung nicht begrünzet werden
Am nächſten Mittwoch ſoll der 2. Beethoven=Abend des Drumm=
Quartetts ſtattfinden. Die Direktion des Landestheaters wird höflichſt
geb ten, doch Störungen dieſes Kunſtgenuſſes, wie ſie am letzten Diens=
tag
durch das rückſichtslöſe Zuſpätkommen einer Anzahl von Beſuchern
entſtanden, diesmal zu verhüten. Das Konzert fing um 1/,8 Uhr an,
aber bis beinahe 8 Uhr war noch ein beſtändiges Kommen, ſodaß nament=
lich
die Zuhörer, die in der Nähe der Türen ſaßen, durch den dauernden
Lärm, das Suchen in dem verdunkelten Hauſe nach den Plätzen uſw.
auf das empfindlichſt= aus ihrer Stimmung herausgeriſſen wurden. So
ging das erſte Streichquartett für Viele faſt verloven. Es iſt unerhört,
wenn die große Zahl der pünktlichen Beſucher durch die Unſitte einer
Minderzahl von unpünktlichen zu leiden hat. Die Türſchließer ſollten
auf das ſtrengſte angewieſen ſein, die zu ſpät Kommenden erſt nach
vollſtändiger Beendigung einer Programmnummer einzulaſſen, wie dies,
ſoweit uns bekannt, früher ſtets der Fall war.

Häßlich m
gefärtte AdffU
O

ntſtellen das Wonſte
A.
abſtoßen
Nundgeruch u
Abel werden ſofe
in vollkommen
Sädliche=
durch
die
baf
jährte
UBtorodont.
In allen Ap=
n
Beruch lohnt!
theben Dro=
md
Tarfümerien.

Tageskalenber.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7½ Uhr, Ende 9½ Uhr
(Sondermete F 11, 15, Schülermiete grün 3): Antigone. Kleines
Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 9½ Uhr (Zuſatzmiete 19: Der Barbier
von Sevilla. Orpheum, 7¾4 Uhr: Madame Pompadour.
Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichſtſpiele: Kino= Vor=
ſtellungen
.

Wetterbericht der Gießener Wetterwärte.
Wettervorherſage für den 30. Januar 1924
Zunächſt wieder leichter Froſt, dann milder, meiſt bedeckt und Nie=
derſchläge
.

Hauptſchriftleitung: Rudolf Maupe
Verantwortl 4 f
Politik und Wirtſch
ſchN
erantwortlich für Feuill ton und Heſſi
Nackrchten: Max Streeſe
So
Zerantwortlich ſ.
rort: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd en : Andreas Bau
Verantwrtlich für den nſ ratente l: Willy Kuhle
Truck und Verlag: 2. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt.
De hentige Rummer hat 10 Zeiten

8/ Die Geburt eines
/ kräftigen jungen zeigen
B
hochertrect an
Polizeisekretär
Eritz Aulbach u. Frau
Elisabeth, geb. Schwinn
(939

Dankſagung.
Für die uns erwieſene liebevolle
eilnahme beim Heimgange mneiner
nvergeßlichen Frau, unſerer lieben
Rutter, auch für d e Blumenſpenden
danken tir herzlichſt. Beſonderen
Dank Herrn Pfarrer Goethe für die
troſtreichen Worte am Grabe, ſowie
der Schweſter Eliſabeth für ihre liebe=
(993
volle Pflege.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Karl Pullmann, Landwirt.
Darmſtadt, den 28. Januar 1924,
Feldber,ſtr 28.

Todes=Anzeige.
Hierdurch die ſchmerzliche Mit=
teilung
, daß heute früh 9 Ur
meine liebe Frau, unſere gute
Mutter, Tochter, Schweſter,
Schwiegertochter und Tante

geb. Härtmann
nach langem ſchweren Leiden
ſanft verſchieden iſt.
Im Namen der trauernd. Hfnterbliebenen:
Gg. Mantel, Pareusſtr. 3.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
den 30. Jan., nachm. 2 Uhr, auf
dem Waldfriedhof ſtatt. (*2470

Dankſagung.
Für die vielen Bewveiſe herzlicher
Teilnahme bei dem uns ſo ſchwer
betroffenen Verluſte, unſerer innigſt=
geliebten
, unvergeßlichen Mutter
Kriodoricka Weicker Wp.
Frau zenberme Beinet !
geb. Horſt
ſowie für die zahlreichen Blumen=
penden
ſagen wir Allen unſeren
nnigſten Dank,

Dankfagung.
Zurückgekehrt vom Grabe meines
geliebten Mannes und unſeres teurer

Heute nacht verſchieb ſanft nach
langem, ſchwerem mit großer Ge=
duld
ertragenem Leiden, geſtürkt
durch die Tröſtungen ſeiner heil.
Kirche, mein lieber Mann, unſer
guter Vater, Bruder, Onkel und
Schwiegervater
donn Wilholm
Derr Sihelaf grann
im Alter von 69 Jahren.
Darmſtadt, 27. Januar 1924,
(Schulſtr. 9.)
In tiefer Trauer:
Sidon e Frank, geb. Niepott
Wilhelmine Frank
Lina Frank
Wiihelm Klappker.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
nakmit. 3 Uhr auf dem Friedhof
Nieder=Ramſtädterſtr. ſtatt. (*2461

Vaters

973

Die trauerngen Hinterbliebenen.
Darmſtadt, 26. Jan. 1924. (*21.

PaulClauſius
iſt es uus ein Herzensbedürfnis, allen
denen zu danken, weiche ihm während
ſeiner Krankheit mit Rat und Tat zur
Seit ſtan en ſeinen Sara mit Blumen
ſchmückten, ihm das letzte Geleit zur
ewwigen Ruhe gaben und uns ihr
Berleid ausdrückten.
Die Beweiſe herzlicher Anteilnahme
ſind ſo zahlreich, daß es uns nur auf
dieſem Wege möglich iſt, unſeren herz=
lichſten
Dank auszuſprechen.
(zoddelau, deu 25. Januar 1921,
Die trauernden Hinterbliebenen.

Dankſagung.
Allen denen, wvelche uns ihre liebe=
volle
Teilnahme während der Krank=
heit
und dem Ableben unſeres lieb
Vaters bekundeten, ſagen vir hierdurc
unſern innigſten Dank
(9
Darmſtadt, Neue Niederſtraße 7,
26. Januar 1924.
Familie Hch. Aßmuth.

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme bei dem uns ſo ſchwer
betroffenen Verluſte unſeres lieben
Vaters ſagen wir allen Teilnehmenden
ſowie für die zahlreichen Blumen=
ſpenden
unſeren innigſten Dank. Be=
ſonders
danken wir dem Vorſtande
des Heſſ. Polizeiamtes, den Beamten
des V. Pol.=Reviers und Herrn Pfarrer
Gerſtenmeier.
(22415
Helene Rühl.
Heinrich Rühlund Familie.

Dankſagung.
Für die überaus herzl. Teilnahme,
ſowie zahlreichen Kranzſpenden beim
Heimgang der t. Entſchlafenen ſagen
wir innigen Dank. Beſonderen Dank
Herrn Pfarrer Kleberger für die trö=
ſtenden
Einſegnungsworte, ſowie den
barmh. Schweſt. d. Niederramſtädter=
ſtraße
für die liebevolle und auf=
ppfernde
Unterſtützung während der
Krankheit der Verſtorbenen, (*2420
Im Namen der trauernden
Hinterbliebenen:
Eugenie Alberti.

Meine liebe Frau, unſere gute Mutter,
Schweſter und Schwägerin
Frieda Barthel
geb. Germann
iſt heute in die ewige Heimat eingegangen.
Darmſtadt, den 27. Jan. 1924.
Im Namen der Hinterbliebenen:
Dr. Guſtav Barthel
Hanitätsrat.
Die Beerdigung findet auf beſonderen Wunſch der
Verſtorbenen in der Stille ſtatt. (*2419

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[ ][  ][ ]

Nummer 29.

Daruſtädter Tagblatt, Dienstag, den 29. Januar 1924.

Seite 2.

Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
82)
(Nachdruck verboken.)
Lieber Junge, der Mutter Stimme klang ſehr zurecht=
weiſend
, gewöhne Dir nicht ſolch Uelortreiben an; überhaupt
dieſe Art Traum=Denken, dieſe Einbildungen und Vorſtellungen
darin ſollte Dich niemand beſtärken auch der Herr Stettner
nicht. So ein bißchen Stricheln, damit beſchäftigen ſich viele Jun=
gen
in Deinem Alter, dabei iſt gar nichts Beſonderes, mein Kind,
gar nichts
Aber mit einer beſtimmten Art legte Hans Peter ſeine Hand
auf die Blätter und ſpielte dann mutig ſeine höchſte Karte aus:
Kleiner Malmann hat er zu mir geſagt der Herr Stettner.
Und er ſchaute erwartungsvoll.
So verdreht er Dir den Kopf, dieſer Herr Stettner! Dem
will ich aber ein ſchnelles Ende machen. Denkſt Du, ich habe Dich
erzogen, ein Herumſtreicher und Zeitvergeuder zu werden? So
ein Strichler und Tagedieb, bekleaſt wie ein Stieglitz! Sie griff
nach den Blättchen: Fort mit dem Kram!
Nein, Mutter! Hans Peter deckte ſie und ſtand unbewegt.
Die Hand weg! befahl ſie zornig. Da ſchob er ſeine ſchlanke
Jungengeſtalt nur dichter vor ſein Eigentum.
Bleich vor Erregung faßte Merete nach dem Ungehorſamen,
zog ihn mit Gewalt vom Tiſch und ſtieß ihn von ſich, daß er tau=
melte
. Ob er ſich ge Zen hatte? Sie beachtete es nicht, ihre
Hände griffen ihn no. als und ſchüttelten ihn hart: Nie und
nimmer ſollſt Du ein ein Malmann werden! Maler und Muſi=
kanten
! Gott behürte jeden ehrlichen Menſchen vor ſolchem Ge=
lichter
. Sie riß die Bildchen mitten durch und warf ſie in den
Ofen. Den Knaben aber ſchob ſie vor ſich her und ſteckte ihn in
die Schrankkammer. Beſinne Dich, mein Sohn! Und der
Schlüſſel draußen wurde umgedreht.

Und dann ſtand ſie wie zerbrochen. Hatte der Herr Lehrer
Engerlingk nicht recht gehabt? Die Verwechſlung von gerade und
ſchräg, das war der Anfang, hier war ſchon etwas im Aufſchießen,
was ſchlimmer genannt werden mußte: Widerſtand gegen der
Mutter Wort und Zucht! Das mußte bekämpft, das mußte aus=
gereutet
werden! Wie verſtockt er dageſtanden! Keine Bitte war
über ſeine Lippen gekommen. Stumm und ſtarr hatte er ſich ein=
ſperren
laſſen. Das war noch nie vorgekommen.
Und dennoch hatte die junge ſich wehrende Geſtalt nicht
ein Erinnerung gewedt? So hatte ſein Vater ausgeſehen, da
er ſich einmal als Knabe ungerecht angefallen ſah. Merete griff
ſich nach der Stirn und bemerkte Blutflecken auf ihrer Hand. Sie
erſchrak: Blut! Ihres Kindes Blut! Herrgott im Himmel, hatte
ſie es im Zorn vergoſſen?. Wie mit lauten Stimmen ſchrie dieſes
Rote ſie an: Du mein Lachen, mein Freuen! Du mein Men=
ſchenſohn
geliebte Hauptperſon meines Daſeins kleiner
Hans Peter Kromm! . . .
Schnell, ſehr ſchnell ging ſie an die Kammertür: Möchteſt
Du heraus? fragte ſie unſicher. Da hörte ſie drinnen reden. Aber
nicht mit ihr ſprach dieſe Stimme: Lieber Gott, ich ſag’s nur
dir ich mag Mutter nicht leiden aber ſag’s ihr nicht wieder,
lieber Gott betete, der ihr Sohn war.
Mit bebenden Händen ſchloß ſie auf. Peterle! Zwei Augen
blitzten ihr in offenbarer Abwehr entgegen. Ihr Junge drehte
lautlos das Geſicht zur Wand.
Da überkam ſie ein Zittern: Hans Peter! rief ſie ſchmerz=
lich
, willſt Du Dich nicht bei mir entſchuldigen?
Der Knabe blieb ſtumm.
Du biſt auf ſchlechtem Wege, mein armer Burſch. Sieh Dein
Unrecht ein.
Peterle wandte den Kopf ein wenig. War da nicht im Grunde
dieſer Augen ein kleines Auslachen?
Sie ſtand hilflos.
Wo hatte er das her?. Natürlich von dem Verkehr bei dieſem
ſonderbaren Herrn Stettner! War deſſen Junge nicht verrufen?

Rauchen ſollte er ſchon und Biertrinken. Sie, die Höfnerin auf
der Sonnenmühle, hatte das für Rederei gehalten und den Um=
gang
zugegeben.
Ihr war ſo verquält zumute.
Haſt Du Dir weh getan, Kind?
Gar nicht.
Aber Du bluteſt
Macht nichts die Naſe ein bißchen.
Komm, bitte um Verzeihung.
Ich kann nicht, Mutter.
Was ſoll ich dann mit Dir tun, lieber Junge?
Mir meine Blätter wiedergeben.
Ich habe ſie verbrannt. Komm, wir wollenmiteinanderreden.
Kopfſchütteln.
Möchteſt Du denn allein hier bleiben?
Ja.
So bleib! Ihre Geduld war zu Ende. Bleib, ſolange Du
magſt meinetwegen die Nacht über. Der Schlüſſel drehte ſich
im Schloß.
Und dann ſaß ſie nieder am alten Rollenſchreibtiſch, ſaß
nieder am Fenſter und fand keine Ruhe. Sie legte ſich, in ihre
Schlafkammer, da war’s beklommen. Sie ging auf die Diele hin=
unter
, da ſchien’s ihr dumpf. Schließlich ſtieg ſie wieder hinauf und
blieb vor der alten Kommode ſitzen, die noch von ihrer Mutter
Hausrat war. Oben auf der gehäkelten Decke ſtanden die Fami=
lienbilder
. Vornan Väterchen, daneben ſeine Begräbnisſtätte,
Bilder, die der kleine Hans Peter oft nachdenklich betrachtet, oft
mit ſeinen jungen Lippen geküßt hatte. Wie war der Bube dem
Vater ähnlich geweſen vorhin aber wie abwehrend die tiefen,
verſonnenen Augen. War’s denn möglich, daß ihr Kind ſich ſo
verändert hatte!
Sie ſtützte den Kopf in die Hand und weinte weinte
wirklich.
(Fortſetzung folgt.)
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Jagd=
Verpachtung.
Freitag, den 1. Februar 1924, nach=
mittags
3 Uhr, wird die Ober=Klinger
ffeld= und Waldjagd im Gaſthaus von
Michael Daum dahier, öffentlich an den
Meiſtbietenden auf weitere 6 Jahre ver=
pachtet
. Der Jagdbezirk umfaßt 825 ha
Feld und Wald. Der Waldſtand iſt
ein ſehr guter, beſonders für Haſen, Rehé,
Feldhühner, und iſt in 10 Minuten von
Station Werſau zu erreichen. Pachtbe=
dingungen
werden bei der Verſteigerung
bekannt gemächt.
Ober=Klingen, den 27. Januar 1924.
Heſſ. Bürgermeiſterei Ober Klingen.
(988
Lutz.

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

29. Januar 1924 Nr. 29

Handel und Wandel in Heſſen.

Handelsblatt

R Heſſiſche Dollar=Schatzanweiſungen. Es wird
darauf aufmerkſam gemacht, daß von den Heſſiſchen Dollar= Schatzan=
weiſungen
nur diejenigen Stücke in Frankfurt a. M. lieferbar ſind, die
den Aufdruck tragen: Die Heſſiſche Landesbank hat die ſelbſtſchuldne=
riſche
Bürgſchaft gegen Verpfändung von ſtaatl. Waldbeſitz übernom=
men‟
. Die außerdem in Umlauf befindlichen Heſſiſchen Dollar= Schatz=
anweiſungen
vom 1. Dezember 1923 ſind nicht lieferbar.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Die Eintragung von Hypotheken in auslän=
diſcher
Währung. Wie der amtliche preußiſche Preſſedienſt mit=
teilt
, gibt der Miniſter für Handel und Gewerbe die Einwilligung zur
Eintragung von Hypotheken in ausländiſcher Währung nur ausnahms=
weiſe
und in der Regel nur dann, wenn durch ſie für den deutſchen Han=
del
und die deutſche Induſtrie die Beſchaffung von Rohſtoffen im Aus=
lande
ermöglicht wird. Im übrigen werden die Antragſteller auf das
Geſetz über wertbeſtändige Hypotheken vom 23. Juni 1923 verwieſen.
Inbetriebnahme des Walchenſee=Werkes. Am
Samstag nachmittag hat ſich ein für das bayeriſche Wirtſchaftsleben
außelordentlich bedeutendes Ereignis durch die teilweiſe Inbetriebnahme
des Walchenſee=Werkes und des Bayernwerkes vollzogen. Der bayeriſche
Miniſterpräſident Dr. v. Knilling, mehrere bayeriſche Miniſter ſowie
Vertreter der Reichsregierung und der württembergiſchen Regierung
wohnten der Inbetriebnahme bei. Im Sommer dieſes Jahres wird
auch die große Kraftanlage an der mittleren Iſaar ihren Betrieb auf=
nehmen
, ſodaß dann die Verſorgung des ganzen bayeriſchen Landes mit
elektriſchem Strom und mit Licht durchgeführt ſein wird.
* Die hohe Börſenumſatzſteuer. Der Zentralverband des
deutſchen Bank= und Bankiergewerbes hat, und zwar gleichzeitig auch in
Namen und Auftrag des Reichsverbands der deutſchen Induſtrie, ſowie
des Zentraldorſtandes des deutſchen Großhandels, eine Beſeitigung der
während der Inflationsepoche im Verordnungswege eingeführten Zu=
ſchläge
zur Börſenumſatzſteuer und demnach die Wiederherſtellung der
fenigen Sätze beantragt, welche in den 8§ 52, 53 des Kapitalver
ſteuergeſetzes vom 8. April 1922 für normale Zeiten vorgeſehen ſind
In der Eingabe wird u. a. betont, daß infolge der ſeit Dezember v. J.
eingetretenen Stetigkeit der Deviſenkurſe die für die Bemeſſung der
geltenden Börſenumſatzſteuergeſetze maßgebend geweſenen Vorausſetzun=
gen
eine völlige Veränderung erfahren haben.
Anleihen.
* Zulaſſung 4proz. badiſcher Staatsanleihen zur
Frankfurter Börſe. Mit Wirkung vom 30. Januar 1924 wer=
den
zur Notierung mit veränderlichen Kurſen 4proz. Bad. Staatsanleihe
von 1901, 1919, 1908/14 zugelaſſen. Mindeſtbetrag 10 000 Mk. und wei=
tere
durch 5000 Mk. teilbare Beträge.
Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter Ge=
kreidebörſe
, Abteilung Getreide, vom 28. Januar. Ge=
treide
, Hülſenfrüchte und Biertreber ohne Sack, Weizenmehl, Roggen=
mehl
und Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilogramm. Weizen, Wetterau
17.5017,75, Rogcen 16.4016,60, Sommergerſte für Brauzwecke 17,50
18,00. Hafer
inländiſch 13,5014,00 ausländiſch ; Weizenmehl, ſüdd.
Spezial 0 28,0029,25, Roggenmehl 24,5025,00, Weizen= und Roggen=
kleie
7,758,75, Erbſen 3240, Heu, ſüddeutſches, gut, geſund
7.508,25, Weizen und Roggenſtroh 4,505,00. Tendenz ruhiger.
Frankfurter Viehmarkt vom 28. Januar. Der Auftrieb
zum Hauptmarkt beſtand aus 1141 Rindern, darunter 277 Ochſen,
86 Bullen, 778 Färſen und Kühen, ferner aus 29 Kälbern, 120 Schafen
und 2425 Schweinen. Gehandelt und notiert wurde nach Goldmark. No=
tiert
wurde für den Zeutner Lebendgewicht Ochſen: Klaſſe a) 4045,
, c) 3339 d) 2532; Bullen: Klaſſe a) 3238, b) 2530, c)
Färſen und Kühe: a) 3644, b) 3540, c) 3035, d) 2834, e) 2025,
afe:
5) 1015; Kälber: a) , b) 5060, c) 4045, d) ,
: Sch
a) 3540, b) 3035, Merzſchafe : Schweine im Gewicht von 80100
Kilo 5560, unter 80 Kilo 4555, von 100120 Kilo 6065, von 120 bis
über 150 Kilo 5560, Sauen und Eber 4858 Goldmark. Verglichen
mit der Notierung vom 21. Januar wurden Ochſen um etwa 2 Gold=
mark
per Zentner Lebendgewicht niedriger bezahlt. Bullen, Färſen und
Kühe behaupteten ihre Notierung, Kälber verteuerten ſich um 510
Goldmark, Schafe ließen teilweiſe um 5 und Schweine um 1215 Gold=
mart
nach. Mit dieſen Notierungen ſind die Preiſe aus der Vorkriegs=
zeit
erreicht. Marktverlauf: In allen Viehgattungen langſamer Han=
del
, bei Rindern und Schweinen Ueberſtand. Der Markt war Be=
obachtungsgebiet
. Abtransport mit Atteſt und Legitimation war ge=
ſtattet
. Nach den feſtgeſetzten Fleiſchgroßhandelspreiſen ſollte Ochſen=
fleiſch
2. Qual. mit 0,50, Bullenfleiſch mit 0,400,50, Kuhfleiſch 1. Qual.
mit 0,450 55, Kalbfleiſch mit 0,68, Schafsfleiſch mit 0,500,65 und
Schtreinefleiſch mit 0,951.10 Goldmark per Pfund verkauft werden.
* Mannheimer Produktenbörſe. Die Börſe war ſtark
beſucht, Kaufneigung kam jedoch nicht auf, weil die Mühlen ſich weiter
im Einkauf zurückhalten. Verlangt wurden für die 100 Kg. bahnfrei
Mannheim in Goldmark: Weizen 18191 Roggen 16½17, Gerſte
1819½, Hafer 13½14½. Ab badiſchen Stationen koſtete Gerſte 173
ab württembergiſchen 17½, ab bayeriſchen 16 Mark. Futterartikel blie=

ben gefragt, insbeſondere Malzkeime, Biertreber und Rapskuchen bei
unveränderten Preiſen. Man nannte Weizenkleie mit 8½8½, Wei=
zenfuttermehl
103411½, Weizenauszugmehl 1518, Heu 78 Preßſtroh
4½5½, Galfoxma’s mit 18½½ bahnfrei Mannheim. Die Mühlenfor=
derungen
beliefen ſich für den Doppelzentner auf 291 Roggenmehl
24½)/=, die zweite Hand gab Weizenmehl bei 28, Roggenmehl bei 24 Mark
ab und bot franzöſiſches Weizenmehl frei Mannheim mit 26½ Mark an.
Für im Mai lieferbares ausländ ſches Weizenmehl wurden 24½ Mark
frei Grenze verlangt. Die Kolonialwarenbörſe war feſt,
insbeſondere für Kaffee auf Käufe des Konſums. Verlangt wurden ür
Kaffee Santos 3,704,20, gewaſchen 4,906,20, für Tee, mittel 6,507,
gut 78 fein 810, Kakav inl. 22,40, holländiſcher 2,402,60 Bur=
man
=Reis 0,40, Weizengrieß 0,38, Hartweizengrieß 0,40, Kriſtallzucker
0,88, alles per Kilogramm.
* Mannheimer Viehmarkt. Zum Viehmarkt am Montag
waren zugeführt und wurden per 50 Kg. Lebendgewicht gehandelt: 176
Ochſen 2040, 106 Bullen 2433, 449 Kühe und Rinder 1442 380
Kälber 3648, 122 Schafe 2234, 1568 Schweine 4666. Zum Pf. rde=
markt
waren zugeführt 97 Arbeitspferde, die per Stück 5001500 Mark
und 38 Schlachtpferde die 40100 Mark koſteten. Tendenz: Mit Groß=
vieh
, Kälbern und Schafen mittelmäßig, ausverkauft; mit Schweinen
mittelmäßig, nicht geräumt: mit Pferden mitt lmäßig.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
machte ſich heute die gleiche Luſtloſigkeit wie in der Vorwoche b merkbar.
Bei reichlichem Angebot blieben die Käufer aus. Die Mühlen beob=
achteten
Zurückhaltung infolge des ſchlechten Mehlgeſchäfts. Gerſte war
nur in guter Brauware verlangt. Von Hafer konnte eingetroffene Ware
an den Konſum billiger, abgegeben werden, als wie ihn der Großhandel
beſchaffen kann. Auch in Hülſenfrüchten und Sämereien hat das An=
gebot
zugenommen.
r. Vom Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter ſchreibt
uns: In den Holzverkaufsterminen der Staatsforſten ſind die Preiſe,
die für gutes Nohholz gezahlt werden, trotzdem der Andrang Kauf=
luſtiger
nicht übermäßig groß zu ſein pflegt, ſehr hoch. Sie überſteigen
die Bewertung der Termine Anfang Januar teilweiſe nicht unweſentlich.
Von einem Abbau der Rohholzpreiſe kann im großen und ganzen alſo
keine Rede ſein.: Auch die Preiſe für geringwertigeres Rohholz, insbe=
re
für Bauholz, die ganz abſonderliche Schwankungen von etwa
1620 Mark je Feſtmeter zeigen, entſprechen zurzeit keineswegs der Be=
wertung
des geſägten Bauholzes. Auf dieſem Gebiete begegnet man, im
Gegenſatz zum Handel mit Tiſchlerhölzern, der recht feſt liegt, den wüſte
ſten Preisunterbietungen. Die Sägewerke wollen ihre Bauware ab=
ſetzen
, das Baugewerbe nimmt die Mengen, die angeboten werden, nicht
r=
auf
. Dazu kommt, daß gewaltige Offerten aus der Tſchechoſlowakei v.
liegen. Kurz und gut, alle dieſe Momente wirken dahin zuſammen, daß
die Preiſe für Bauhölzer abbröckeln, ſtatt ſich, entſprechend der Bewer=
tung
des Rohſtoffes zu befeſtigen. Einſtweilen wird in dieſem Zuſtand
keine Aenderung eintreten, zumal auch in Süddeutſchland, namentlich in
Bayern, große Mengen unverkaufter Bauhölzer, wie beſäumter Ware
und ähnlicher Sortimente lagern. Ob der Baumarkt den Bauholzhand=
lungen
Beſchäftigung und Anregung bieten wird, ſcheint bei den augen=
blicklichen
Geldverhältniſſen mindeſten ſehr zweifelhaft. Ganz ruhig
ſieht es am Schwellenmarkt aus. Das Eiſenbahnzentralamt hat einſt=
weilen
noch nichts gekauft und auch das Geſchäft in Waggonbohlen liegt
vollkommen darnieder. Man begegnet hier Angeboten bis zu 58 Mark,
und es gelingt trotzdem nicht, Abſatz fuü dieſe Mengen zu ſchaffen. Am
Laubholzmarkt iſt die Lage ziemlich verworren. Es durchkreuzen ſich
hier die Angebote in durchaus geringwertigem, gewöhnlichem Eichen=
ſchnittholz
mit den Offerten in hochwertiger Ware, die z. B. aus dem
Speſſart vorliegen, und man begegnet Preisunterſchieden bis zu
100 Mark je Kubikmeter.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht vom 28. Januar 1924.
(Eigener Bericht.) Die heutige Börſe eröffnete nicht ſo feſt, wie man
nach den Kursnennungen im vorbörslichen Freiverkehr erwartet hatte.
Tan hatte bei Börſenbeginn vielmehr den Eindruck, daß die leichte Er=
holung
des Kursniveaus in den letzten Tagen eher Neigung zu Reali=
ſationen
hervorgerufen, als einen Anreiz zu neuen Engagements geboten
atte. Die bekannt gewordene Ermäß gung des Zinsſatzes durch die
Preußiſche Seehandlung konnte einen anregenden Einfluß auf die Ten=
denz
nicht ausüben, da man ſich vollkommen darüber klar iſt, daß in ab=
ſehbarer
Zeit nennenswerte Kapitalien für ſpekulative Zwecke nicht zur
Verfügung ſein werden, ſodaß eine Ermäßigung des Geldſatzes kaum
mehr als theoretiſche Bedeutung beſitzt, und vor allem gegenüber den
immer noch prohibitiv hohen Börſenumſatzſteuern nicht in Wirkung
tritt. Immerhin konnten ſich bei Börſenb=ginn an den großen Märkten
faſt überall leichte Kursbeſſerungen durchſetzen, wobei ſich das Intereſſe
auf die in letzter Zeit bevorzugten Märkte der Chemiewerte, Bankaktien
und heimiſchen Renten konzentrierte. Am Chemieaktienmarkt beachtete
man die Nachricht über die Unterhandlungen der deutſchen Anilingruppe
mit dem engliſchen Farbenkonzern, worüber allerdings Einzelheiten noch
nicht bekannt ſind. Die Kurserhöhungen an dieſem Markte betrugen
durchſchnittlich 1 B. Proz. Von Großbankaktien eröffne
Darmſtädter
Bank mit 21½ B. % + 2 B. %, Diskonto konnte mit 22½ B. % etwa
in gleichem Maße profitieren, während Deutſche und Dresdner Bank
ca. 1 B. % gewannen. Weiterhin ſehr feſt waren Berliner Handels=
geſellſchaft
72
2 + 6 B. %. Demgegenüber blieb der Elektrizitätsaktien=
markt
verhäl
mäßig ruhig. A. E=G. 14½ 1 B. %, Lahmeyer
18 + 1½ B. %. Licht und Kraft 13¾ 0,2 B. %, Bergmann 22 +

2,2 B. %. Von Maſchinenwerten waren Karlsruher mit 5 B. % etwas
feſter, die übrigen blieben behauptet. Zuckeraktien waren auch heute ver=
hältn
smäßig vernachläſſigt. Bei kaum veränderten Kurſen und auch
am Montanaktienmarkt waren die Kursveränderungen prozentual ſehr
gering. Nach Feſtſt=llung der erſten Kurſe verſtärkte ſich die Reali=
ſationsneigung
und die Kaſſakurſe lagen in vielen Fällen unter den Er=
öffnungsnotizen
. Vielfach gingen die bei Börſenbeginn erzielten Er=
holungen
dabei wieder verloren. An der Nachbörſe ſtellt ſich an den gro=
ßen
Märkten eher wieder Kaufneigung ein. Man hörte zun
Schluß:
2
Deutſche Bank 19½ B. % Nordd. Lloyd 97/ B. %, Höchſter
B. V,
Diskonto 22 B. %, Badiſche Anilin 27½ B. %. Der Einhe tsmarkt
zeigte geringe Kursveländerungen, die Tendenz kann hier im großen und
ganzen als gut behauptct bezeichnet werden. Im freien Verkehr handelt
man zu überwiegend leicht erholten Kurſen. Man hörte hier: Apf
117½ B. %, Becker Stahl 11½ B. %, Becker Kohle 1134 B. %, Benz
4,5 D. V. Brown Boveri 2,5 B. %, Georgi 0,7 B. %, Growag 0,35 B. %,
Hanſa Lloyd 1,8 B. %, Karſtadt 23/ B. %, Kreichgauer 0,5 B. %0, Krü=
gershall
11 B. %, Mez Söhne 6½ B. %, Petroleum 26 B. %, Raſtatter
Waggon 7 B. %, Ufa 10 bis 9½ B.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Die beſſere Stim=
mung
in Börſenkreiſen, wozu ſchon kräftige Anſätze bereits in der ver=
gangenen
Woche hervortraten, machte ſich heute ſtärker bemerkbax. Zu
Beginn herrſchte auf allen Umſatzgebieten offenbar ziemlich rege Kauf=
luſt
ſeitens der Spekulation, was den Kreis der Papiere, die Kursſteige=
rungen
erfuhren, weſentlich erweiterte. Das Geſchäft erfuhr damit auch
eine nicht unerhebliche Belebung. Die Kursſteigerungen hielten ſich aller=
dings
noch immer in ziemlich mäßigen Grenzen. Beſſerungen um 3 bis
4 Prozent bildeten bei ſchweren Montanwerten ſo ziemlich das Höchſt=
maß
. Darüber hinausgehende Gewinne hatten Humboldt=Maſchinen zu
verzeichnen, die von 27½ auf 38½ ſtiegen, und ferner Stettiner Vulkan
mit einer Erhöhung um 6 Billionen Prozent. Auch Deutſche Kaliaktie
ſind als weſentlich beſſer hervorzuheben. Lebhaft geſtalteten ſich die Um=
ſätze
in Bankaktien. Beſonders Berliner Handelsgeſellſchaft waren be=
liebt
und wurden weiterhin in die Höhe geſetzt. Das Geſchäft wurde
im Verlaufe zwar ruhiger, weil die Gefolgſchaft bei dem Berliner Pri=
vatpublikum
fehlte; die günſtige Stimmung konnte ſich aber behaupten,
zumal die Flüſſigkeit des Geldſtandes anhielt.
Deviſenmarkt.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich als 1000 Mk.

M Mce
Brief
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Brief
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2.5 Meddn ee2 356100000. 1563000000 6100000. I. Riſc Früſſel=Antwerpen ....." 0. 170425000. 72578000. 173 2000. hriſtignia. . ... ... ... .. 000. 578944000.
576 578000. 000. denhagen .........." 100 68/697000. 318900. 32000.- Stockholm L ...aaaaa! 3000. 1089717000. 1a88273000. 372700. Helſingfors .. . . . . . . .." 104737000. 105263000. 104986100. 55 14000. Italien .. ............" 204 4000.
956000. 3540000. 84460000. ondon .............. 05625000. 17794375000 500000 785450000( New=York .......... .. ." 10000.
9500000. V 0000. Paris. . ... .. . . . . . . . . .. Bi00. 189472000. 232000 weiz .. . . . . . . . . . . . . B688000. 727314000. Rait 100. anien ............." 375000. 53
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000. Lien (i. D.=Oſterr, abg.). 11. 59649. rag . .... . . .........." hraugs
12230- 2i941000= 12255 eſt.... . . . . .. ...." 1443 1889 Buenos Aireß, uuua74f.* 60000
50.
36 3660000 006 Bulgarien. .......... .. 25000.
200h. 29925000 000. Japan ..............." 5325000, 187467500 1874675000. Rio de Janeiro .. ......" 00.-
18850000. 4611- 1000. Belgrad. . ............ 47979000 48221000 97000 We2100. Liſfabon .............." 7000. 1.
100.1 1a
77000. P
3000.

Berliner Kurſe (Eigene telegr. Meldunc.)
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000 000000.

Atiengef. für Anilinfr
ſchaffenburger Zellſto
lugsb.=Nürnb. Maſe
erl.=Anhalt= Maſchinen
Berl. f. Elektr. W. vorzug.
Bismarckhütte ....
Braunkohlen=Briketts
Bremer Vulkan .....
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Chem.
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Maſchinen.:
Deutſche
deutſch=Niebld. Tel. ..
deutſche Erböl .......
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Elberfelder Farben. . ..
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Hanſa Dampfſch. ..

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ahla Vorzellan s.. des Eismaſch. . .. .. ingel Schuh ....." Linke u. Hofmann ... L. Loewe u. Co. ......" 2100 ...!" Niet 13500 u6s5 ord. Gummi uu= Aer 62500 aggon .. 5 .." tgerswe 2u00 . 300 ſemens Glas utis 2 10* No 695 500 hale Eiſenhütte. .. zer Glas.
ſtedter es
Eiſ. Lang 18000 .
h.... 18000 13000 erke ..... 16000

Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien.
Frankfurter Kursbericht vom 28. Januar 1924.
Die Notierungen ſind in Billionen Prozent ausgedrückt.
d5.43

Enropäiſche Staatspapiere.
a) Deutſche.
5% Reichsanleihe ..........
..

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Dollar=Sch
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v. 14
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v. 1907 ....."
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Dollar Goldmk.=Schatzar
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4½ Heſſen unk. 1924.. . . . . . . ."
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.............
47 Bürttemberger .saanas
b)Ausländiſche.
5% Bosnien L.=E..=B. v. 1914
L.=Inveſt.=Anl. v. 191=
v. 1902 ........."
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5% Bülgar. Tab
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Oeſt. Staatsrente v. 1913
1918.."
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1914 .........
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40 Oeſt. (
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5% Rum. am. Rente v. 03 ...
oldrente v. 13 ....
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am. v. 05 .. .. ...."
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4% v. 1911. Zollanl. .."
4½% Ung. Staatsr. v. 14 ....
Goldrente ........"
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4½ Kronenrente .. ....
Außereuropäiſche.
5½ Mexik. amort. innere ......"
konſ. äuß. v. 99... ..
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5% Tamaulipas Seriel......

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% Gal. Carl
v.B.
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5% Oeſt. Siidb. (Lomb.) ſtfr. ..
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5 Oeſt. Staatsb. v. 1883 ...
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Oeſt. Staatsb. b.
(Salzkammerg.)
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Nach Sachwert verzinsl.
Schuldverſchreibungen.
Kohlenwertanl.
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% Sächſt Braunk=Anl. Ser.Iu, f1
5% Südd. Feſtwertbk. . . . . . . . .
Bank=Aktien.
Allg. Deutſche Creditanſtalt. . .
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Venuleth & Ellenberger ...

Unnotierte Aktien.
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de Giorgi Che
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Seite 10.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 29. Januar 1924,

Rummer 29.

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