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bie 15. Januar 137 Pfennig und 13. Pennig
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preie ohne Beſtieligeld monatlſch 3.— Goldmare.
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beſtimmten Tagen wird nicht übernommen.
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erſcheinen einzelner Nunmern infolge höberer Gewalt
berechtigt den Bezieher nicht fur Kür unz des
Bezugspreiſes. Beſiellungen und Abbeſkellungen durch
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Franfurt a. M. 1301.
Einzelnummer 15 Goldpfennige
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 6
Sonntag, den 6. Januar 1924.
187. Jahrgang
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Finanz=Anzeigen 30 Goldpfg. Nelamezeile (92 mm
breiſt 1 Goldmarl. Anzelgen ver auzwärts 30 Goldpfg,
Finanz=Anzeigen 45 Goldpfg, 92 mm breite
Rellame=
zeile 1.50 Goldmark. Alle preſe in Soldmart
1 Oellar — 4.20 Markl — Im Feſſe höherer
Gewalt, wie Krieg, Aufruhr Streit uſw erliſcht
jede Verpſichiung auf Erfüllung der
Anzeigen=
aufträge und Teiſiung von Schabenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtlicher Beltreibuns fäflt ſeder
Rabatt weg. Bankonto: Deuiſche Bani und Darme
ſtädter 8 MNallonalbant.
Franzöſiſche Finanzpolitik.
Das Sinken des Franken.
Paris, 5. Jan. Es verlautet offiziell, daß Finanzminiſter
de Laſteyrie, der heute aus der Provinz nach Paris
zurück=
kehrt, mit einer Anzahl von Finanzleuten eine Beſprechung
haben wird, in der die Lage auf dem Wechſelmarkt und
die zur Unterdrückung der Spekulation à la baisse des
franzö=
ſchen Franken etwa nötigen Maznahmen geprüft werden ſouen.
— Die Ere Nouvelle bemerkt hierzu, daß mißbräuchliche
Speku=
lation vorliege, ſtehe feſt, aber daß der gegenwärtigen Kriſe nur
das zugrunde liege, ſei falſch. Die Urſachen lägen tiefer und die
Spekulation beute dieſe Urſachen nur aus. Die lägen in der
Finanzpolitik, die ein von der Hand in den Mund lebender
Mini=
ſter treibe, der ein Budget auf dem Papier im Gleichgewicht
halte, deſſen Gleichgewicht in Wirklichkeit völlig geſtört ſei, der
ſich auf wahrſcheinliche Mehreinnahmen ſtütze, um feſtſtehende
Ausgaben zu rechtfertigen. Die Urſachen lägen vor allem auch in
der Lüge des illuſoriſchen Budgets der von Deutſchland
zurück=
zuerſtattenden Ausgaben und der Politik ununterbrochener
An=
leihen, zu der es führe.
Weiterer Frankenſiurz.
TU Paris, 5. Jan. Der Sturz des Franken bauert
an. Der Dollar, der hier geſtern früh mit 20,29 notiert wurde,
hat heute die Höhe von 20,57 erreicht. Der Optimismus der
Franzoſen im Hinblick auf die Währung, der ſich auf ihre
angeb=
lich geſunde Währungspolitik, d. h. auf den Widerſtand der
fran=
zöſiſchen Regierung gegen die weitere Inflation ſtützt, der jedoch
den Faktor der allgemeinen Politik und des Vertrauens der
inter=
nationalen Finanzwelt außer Acht läßt, ſcheint langſam ins
Schwanken zu kommen.
Eine Frankenverordnung.
Paris, 5. Jan. (Wolff.) Die
Rheinlandkommiſ=
lion hat eine Verordnung erlaſſen, um den
franzöſi=
ſchen Franken zu ſchützen. Nur Banken und Wechſelbureaus
ſind berechtigt, im beſetzten Gebiet Handel mit Oeviſen zu
trei=
ben. Sie müſſen innerhalb und außerhalb ihres Geſchäftsloka(s
den Kurs anſchlagen, zu dem ſie Deviſen kaufen und verkaufen.
Die Verordnung erſtreckt ſich auch auf den Brückenkopf von Kehl.
Vom Tage
Die Rheinlandkommiſſion macht bekannt, daß für die
im beſezten Gebiet Wohnenden von jetzt ab der
Per=
ſonalausweis genügt, um nach dem unbeſetzten Gebiet zu reiſen,
die Genehmigung der Rheinlandkommiſſion für die Einreiſe
er=
forderlich iſt.
Die Bayeriſche Volkspartei hat einen Antrag
ein=
gebracht, wonach die Zahl der Abgeordneten entgegen der
Regierungsvorlage, die 114 Mandate vorſieht, nur auf 128 verringert muß die bombaſtiſche Phraſe gerade aus dieſem Munde wirken.
werden ſoll.
Nach einer Harasmeldung aus Düſſeldorf hat General
De=
goutte beſtimmt, daß die Bewohner des Ruhrgebietes
gegen Vorzeigung ihrer Identitätskarte nach dem unbeſetzten
Deutſch=
land reiſen können, daß jedoch die im unbeſetzten Deutſchland
Wohnen=
den nicht ohne Genehmigung in das beſetzte Gebiet einreiſen
dürfen.
Anfang nächſter Woche werden in Berlin Beſprechung
der Reichsregierung mit Vertretern der beſetzi
Gebiete über die Angelegenheit der Ausdehnung der Lieferux.
verträge mit der Micum auf weitere Induſtriezweige ſtattfinden.
Wie wir von zuſtändiger Seite erfahren, hat eine
Fühlung=
nahme zwiſchen der deutſchen und der türkiſchen
Regie=
rung in der Abſicht der Aufnahme von Verhandlungen wegen eines
künftigen Freundſchaftsvertrages ſtattgefunden.
Der durch ſeine Forſchungen bekannte Profeſſor der Phyſiologie
Hamburger in Groningen iſt geſtorben.
Hadas meldet aus Madrid: Der Oberſte Gerichtshof
hat das Todesurteil gegen die Mörder Datos beſtätigt.
Die Botſchafterkonferenz hat ſich, entgegen der Meldung
des Echo de Paris, geſtern vormittag nicht mit der interalliierten
Mili=
tärkontrolle in Deutſchland, ſondern mit laufenden
Angelegen=
heiten beſchäftigt.
Nach einem Bericht des Hauptquartiers der Aufſtändiſchen
in Veraeruz befinden ſich alle mexikaniſchen
Petroleumge=
biete in deren Händen.
Nach Meldungen der Pariſer Morgenpreſſe aus Tokio iſt das
Kabinett des Vicomte Kiyura gebildet worden. Zum Miniſter
des Aeußern wurde Vicomte Iſhii ernannt.
Die bacheriſchen Amngeſtaltungspläne.
Der Reichsſinanzminiſier über die Rücküberführung der Steuerverwaltung.
Berlin, 5. Jan. Einem Vertreter der Deutſchen
Allge=
meinen Zeitung, der ihn im Kinblick auf die heute fruh belannt
gewordene bayeriſche Dentſchrift über die
Um=
geſtaltung im Reichskörper auſſuchte, ertlärte der
Reichsfinanzminiſter, daß die Ruaüberführung
der Steuerverwaltung oder eines Teiles derſelben auſ
die Lunoer, woſern man ſich dazu entſchließt, erheblich ſchneller
gehen werde als ſeinerzeit die Ueberführung auf das Reich und
doch werde auch ſie, ebenſo wie damals die Leverführung auf das
Reich, einen Steuerausfall bedeuten, und durch die damit
verbundenen Organiſationsfragen die Arbeitsträfte und Beamten
von der Steuerveranlagung und =erhebung ablenken. Der
Mini=
ſter ſagte weiter: Daß nach dieſer Richtung zurzeit auch nicht die
geringſte Unterbrechung eintritt, iſt aber einſach eine Lebensfrage
des deutſchen Volles.
Es muß alles vermieden werden, was die
Kräftezuſammen=
faſſung der Steuerverwaltung auf das Einheben der Steuern
irgend vie bceinträchtigt.
Da der 1. April 1924 aus den ſoeben genannten Gründen
aus=
ſcheidet, lommt als Zeitpunkt für die Rücküberführung, wenn
dieſe beſchloſſen wird, der 1. April 1925 in Betracht. Zu dem in
der bayeriſchen Dentſchrift angegebenen Grund für den Wunſch
der Nicükerſührung, daß nämlich die Reichsfinanzverwaltung
die in ſie geſetzten Crwartungen nicht erfüllt habe, bemerkte der
Miniſter: Cin Urteil daruber, was die Neichsſinanzverwaltung
geleiſtet hat und zu leiſten vermag, kann zurzeit endgültig noch
nicht abgegeben werden, da in der Inilationswirtſchaft die
Steuererhebung infolge der ſchnellen Entwertung des Geldes
nie=
mals den geſorderten Ertrag bringen klann, iſt erſt jetzt, nachdem
wir ſtabile Geldverhältniſſe bekommen haben, die
Grundlage für ein Urteil über die
Leiſtungs=
fähigkeit der Reichsſteuerverwaltung geſchaffen.
Beiſpielsweiſe lann die Neichsſinanzverwaltung auf ihre
Er=
folge bei der Erhebung der Landabgabe mit
Ge=
nugtuung blicken. Die Behauptung, die Reichsſteuerverwaltung
arbeite teuer, wird von meinen verantwortlichen Mitarbeitern
im Aeichsſinanzminiſterium auf das lebhafteſte beſtritten. Eine
eingehende Den ſchrift darüler iſt in Ausarbeitung. Erſt an Hano
dieſes Materials wird ſich ein ſachliches Urteil darüber gewinnen
laſſen, ob die Reichsſinanzverwaltung die im finanztechniſchen
Sinne erwarteten Vorteile gebracht hat. Eine Reihe von kleinen
Organiſationsänderungen iſt jedenfalls erforderlich. Mit aus
dieſem Grunde ſindet in dieſen Tazen eine Crörterung der
Or=
ganiſationsfragen mit ſämtlichen Landesſinanzamtspräſidenten
unter meinem Vorſitz ſtatt.
Eine Rückübertragung der „Verwaltung der
Verbrauchs=
ſteuern und Zölle würde eine Aenderung der
Neichsverfaf=
ſung notwendig machen, während die direlten Steuern im
Wege des einſachen Geſetzes rückübertragen werden könnten.
Bei einer Aufteilung zwiſchen der Reichs= und
Länderver=
waltung wird man prüſen, ob nicht einerſeits das Reich und
andererſeits die Länder und Gemeinden diejenigen Steuern
er=
heben ſollen, deren Ertrag jedem der beiden großen
Steuergläu=
biger zufließt. Verbrauchsſteuern und Zölle hätten dann in
un=
mittelbarer Reichsverwaltung zu bleiben. Hinſichtlich der
direk=
ten Steuern kann ich mir nicht denken, daß das Reich auf die
Ver=
mögensſteuer verzichten würde. Schon im alten Reich
bean=
ſprucht das Reich einen Teil Beſitzſteuern, weil es
ſonſt nicht leben konnte. Dieſer Tatbeſtand iſt heute natürlich
viel deutlicher, nachdem das Reich die ungeheuren Laſten
trägt, die aus dem Vertrage von Verſailles und aus
den ſonſtigen Folgen des Weltkrieges ſich ergeben.
Obendrein iſt die Vermögensſteuer für die
Goldan=
leihe verpfändet worden. Eine getrennte Veranlagung
der Cinkommen= und Vermögensſteuer aber ſcheint mir ſehr
be=
denklich. Auf die Bemerkung der Interviewers, daß der
Mini=
ſter einer Rücküberführung der Steuerverwaltung an die
Län=
der grundſätzlich abgeneigt zu ſein ſcheine, lehnte dieſer ein
glat=
tes Ja oder ein glattes Nein ab und ſagte:
Die Selbſtverantwortung der Länder und Gemeinden muß
dadurch geſtärkt werden, daß ſie wieder eigene Einnahmen
bewirtſchaften.
Ueber die Grundzüge eines Finanzausgleichs auf dieſer
Grund=
lage wird zurzeit zwiſchen meinem Miniſterium und den
Länder=
vertretungen verhandelt. Aus dieſer Notwendigkeit der
Auf=
teilung der Steuerquellen folgt aber nicht ohne weiteres, daß die
Erhebung der Steuern und beſonders der Cinkommenſteuer auch
wieder durch die Landesbehörden erfolgen müßte. Dieſe
Ange=
legenheit bedarf vielmehr eingehender Prüfung. Die
Bedeu=
tung der Schaffung einer
Reichsfinanzverwal=
tung ſeinerzeit beſtand in der großen neuen Tat einheitlicher
Kräftezuſammenfaſſung in Deutſchland. Daß
nachher die Inflation die Wirkungen dieſer Tat abſchwächte oder
ſogar zum Teil aufhob, war nicht die Schuld des Gedankens.
Daß die Kräfte, die Deutſchland zerſchlagen und Mitteleuropa
endgültig bal'aniſieren wollen, heute noch ſehr ſtark am Werke
ſind, weiß jedermann. Deshalb iſt die Entſcheidung über die
Reichsfinanzverwaltung auch eine Frage von entſcheidender
poli=
tiſcher Tragweite, die mit größter Beſonnenheit behandelt
wer=
den muß.
Münchener Echo zur Denkſchrift.
München, 5. Jan. Zur Denkſchrift der bayeriſchen
Re=
gierung ſchreibt die Bayeriſche Staatszeitung u. a.:
Wenn die bayeriſche Staatsregierung jetzt mit ihren
Vorſchlä=
gen heivortritt, iſt das nicht etwas, was rein zufällig wäre
oder auf einer partikulariſtiſchen Neigung beruht, ſondern etwas
ganz natürliches, in der Natur der Dinge ſelbſt begründet und
etwas, was notwendig iſt, mindeſtens ebenſoſehr im Intereſſe
des Neiches wie Bayerns ſelbſt. Wenn Bayern dieſen Schritt
getan hat, ſo hat es ihn getan im Intereſſe des
Nei=
ches in allererſter Linie. Bayern hat es immer als
ſeine Aufgabe betrachtet, zu Gedeihen und zur
Er=
haltung des deutſchen Nationalſtaates nach
Kräf=
ten beizutragen, und in Erſüllung dieſer ſeiner Aufgabe hat es
zugleich ſtets die ſicherſte Gewähr für ſeinen eigenen Beſtand
geſehen.
München, 5. Jan. Während die bürgerlichen
Blätter die Denkſchrift der bayeriſchen Regierung zur
Reviſion der Weimarer Verſaſſung als einen
begrüßens=
werten Schritt bezeichnen, meint die
ſozialdemo=
kratiſche Münchener Poſt” die bayeriſche Negierung
glaube wohl ſelbſt nicht, daß ihre Vorſchläge in weitem
Um=
fange etwa Ausſicht auf baldige Verwirklichung hätten. Das
Blatt befürchtet, daß die Heraufbeſchwörung dieſes
Verfaſſungsſtreites weder den Intereſſen des
Reiches, noch denen des Landes förderlich ſei.
Die Woche.
„Es ſcheint, daß es erlaubt iſt, die Morgenröte der
Ver=
während für die Bewohner des unbeſetzten Deutſchland weiterhin ſöhnung und des endgültigen Friedens zu begr en.
Frank=
reich, deſſen Geiſt vom Haß und der Zwietracht ſo wveit entfernt
iſt, ruſt ſie mit ganzer Seele.” So ſprach Herr Millerand, der
Präſident der franzöſiſchen Republik, beim üblichen
Neujahrs=
empfang des diplomatiſchen Korps, und faſt wie blutiger Hohn
Zwei Tage gerade war es her, daß die Ankündigung eines
franzöſiſch=tſchechoſlowaliſchen Bündniſſes die europäiſche Welt
in Aufruhr verſetzt hatte. Nicht zu Unrecht, denn wenn auch
dieſes Bündnis inſofern nicht gerade überraſchen konnte, als es
genau in der Linie der bisherigen franzöſiſchen Politik liegt, ſo
iſt doch die Tatſache des Abſchluſſes eines ſolchen Bündniſſes
ein ſichtbares Zeichen dafür wohin der Weg nach franzöſiſcher
bſicht gehen ſoll. „Er iſt ein Vertrag in demokratiſchem Geiſte,
er beiden Teilen die Freiheit des Einvernehmens im
Augen=
lick der Kriſe, ſowie eine ſtändige friedliche Zuſammenarbeit
ſichert, der den Weg in die Zukunft bahnt, der zum europäiſchen
Garantiepakt führt”, ſo läßt Herr Beneſch durch die Prager
Preſſe verkünden. Die wahre Natur dieſes Vertrages werden
dieſe ſchönen Worte niemals verſchleiern können. Mit lauten
Worten wird verkündet, daß er gegen kein anderes Volk
ge=
richtet ſei, daß er ein Beweis der Friedensliebe ſei, und daß
jede Militärkonvention fehle. Hat zwiſchen England
und Frankreich während der Zeit der Entente eordiale eine
Militärconvention beſtanden? „Die Armee der Tſchechoſlowakei
iſt ein Kind der franzöſiſchen Armee, ein franzöſiſcher General
ſteht an der Spitze des tſchechoſlowakiſchen Generalſtabs und die
Einigkeir des Geiſtes und der Methode genügt, um bei
gemein=
ſamer Not auch die Einigkeit der Aktion zu ſichern”, ſo ſtellt
triumphierend der Leitartikel des „Petit Parifien” feſt und läßt
damit klar die Hoffnungen erkennen, die man in Frankreich an
dieſes neue Bündnis knüpft.
Frankreichs Ziel iſt die Erlangung einer geſicherten
Vor=
machtſtellung in Europa, und planmäßig und konſequent wird
dieſes Ziel von der franzöſiſchen Politik ſeit Jahren verfolgt.
Die Balkaniſierung Europas, das Verſailler Diktat gab den
Franzoſen die Handhabe dazu, durch ein Eyſtem von
Vaſallen=
ſtaaten die eigene Vormachtſtellung zu ſichern. Insbeſondere
iſt es ſeit Jahren eine Lieblingsidee des Quai d’Orfay, durch
eine feſte Verbindung der in Verſailles aus der Taufe
gehobe=
nen Oſtſtaaten von der Oſtſee bis zum Schwarzen Meer eine
eiſerne Barriere zu ſchafſen, welche den durch den damaligen
Zuſammenbruch Rußlands geſprengten Ring um Deutſchland
von neuem ſchließt, und welche dauernd den direkten Verkehr
zwiſchen Rußland und Mitteleuropa unter franzöſiſche
Kon=
trolle ſtellt. Der Zuſammenſchluß der neu geſchaffenen
Donau=
ſtaaten unter franzöſiſcher Aegide war ſeinerzeit der erſte Schritt
auf dieſem Weg. Später nahmen dann jedoch die Dinge einen
Verlauf, der keineswegs den Wünſchen des Quai d’Orſay
völ=
lig entſprach. In den verſchiedenen Hauptſtädten empfand man
trotz traditioneller Freundſchaft ſür den großen Beſchützer an
der Seine und trotz bereitwilligſt gegebener Rüſtungskredite
(welche der franzöſiſchen Rüſtungsinduſtrie, zu der Herr
Poin=
caré ja recht gute Beziehungen hat, höchſt willkommene
Ge=
winne in den Schoß warſen), daß immerhin ſehr bedeutſame
eigene Intereſſen gegen eine allzu enge Verbindung mit
Frank=
reich ſprachen. Insbeſondere die Tſchechoflowakei hatte, trotz
ſichtlicher Bereitſchaft zu allen möglichen Freundſchaftsdienſten
(man denke an Beneſchs Haltung während der oberſchleſiſchen
Kriſis und während verſchiedener Neparationskriſen!), eine feſte
Bindung an den franzöſiſchen Siegeswagen aus ſehr wohl
er=
wogenen Gründen ängſtlich vermieden. Als die Franzoſen vor
nunmehr einem Jahre in das Ruhrgebiet einbrachen, hat es an
Verſuchen nicht gefehlt, die öſtlichen Vaſallenſtaaten gleichfalls
gegen Deutſchland mobil zu machen, und das negative
Ergeb=
nis dieſer Bemühungen war zweifellos eine ſchwere
Enttäu=
ſchung für die Pariſer Machthaber. Wenn jetzt die jahrelangen
Bemühungen der franzöſiſchen Politik von Erfolg gekrönt
ſchei=
nen, ſo kann das nur aus der allgemeinen europäiſchen Lage
heraus richtig beurteilt werden.
Die franzöſiſche Politik richtet ſich nicht nur gegen
Deutſch=
land, ſondern notwendiger Weiſe auch gegen die anderen
euro=
päiſchen Großmächte, in erſter Linie gegen England und
Ita=
lien. Ueber das engliſch=franzöſiſche Verhältnis iſt an dieſer
Stelle ſchon oft genug geſprochen worden. Bedeutungsvoll iſt
in dieſer Beziehung der Abſchluß des franzöſiſch=
tſchechoſlowaki=
ſchen Vertrages nur inſofern, als damit eine ganz weſentliche
Klärung der Situation eingetreten iſt. Von tief einſchneidender
Bedeutung aber iſt der Vertragsabſchluß für die Stellung
Ita=
liens. denn — das kann wohl ohne Uebertreibung geſagt
werden — ein feſter Zuſammenſchluß der Donauſtaaten,
wo=
möglich unter Anſchluß eines venizeliſtiſchen Griechenlands
un=
ter franzöſiſcher Führung, würde unmittelbar die
Großmacht=
ſtellunn Italiens aufs Aeußerſte bedrohen. Die angeblich ſo
kühle Nealpolitik des sacro egoismo, welche Italien auf der
Seite der Verbandsmächte in den Weltkrieg führte, hat ſich
immer mehr als eine utopiſche Geſühlspolitik herausgeſtellt. Der
habsburgiſche Erbſeind ſollte vernichtet werden. Anſtelle der
durch Nationalitätenhader zermürbten Doppelmonarchie ſind
ſlawiſche Nationalſtaaten entſtanden, deren ungeſtümes
Drän=
gen ſich zwangsläufig mehr und mehr gegen die traditionelle
Adria”olitie Italiens richten muß. Das gefährdete europäiſche
Gleichgeicht ſollte durch die Vernichtung Deutſchlands geſichert
werden; anſtelle einer nur in der Einbildung beſtehenden
Hege=
monie des Deutſchen Reiches, deſſen eigene Intereſſen von
je=
her eine wohlwollende Unterſtützung Italiens geboten, iſt eine
waffenklirrende franzöſiſche Hegemonie getreten, deren
Mittel=
meerambitionen mit Naturnotwendigkeit für die
Großmachtſtel=
lu,ig Italiens ſchwerſte Bedrohung bilden. Die erſte ſchwere
Differenz zwiſchen den beiden „Schweſternationen” auf der
Pa=
riſer Friedenskonferenz hat die italieniſchen Staatsmänner
dieſe zwangslänſige Entwicklung trotzdem noch nicht klar
er=
keniien laſſen. Die Politik des Grafen Sforza verſuchte durch
Anlehnung an Frankreich Italiens Intereſſen zu ſichern.
Aber ſchon Nitti erkannte klar, daß auf dieſe Weiſe der
kom=
menden Gefahr nicht zu begnen ſei. Die ſchwankende Politik
Muſſolinis, die ebenfalls eine ganz kühle Intereſſenpolitik ſein
ſollte auf der Grundlage eines „Nichts für umſonſt” hat ſich im
Laufe dieſes letzten Jahres als völlig ergebnislos erwieſen, und
insbeſondere dürſte man ſich auch in Nom mittlerweile
dar=
über klar geworten ſein, daß die wohlwollende Unterſtützung
des franzöſiſchen Ruhrabenteuers, welches ſich als entſcheiden=
Ner Schit erchiſchen. Cchdes
auch gegen Italien wandte, ein verhängnisvoller Irrtum war.
Die Schwenkung nach der engliſchen Seite hin, die denn auch
im Frühjahr 1923 bereits erfolgte, und die im Beſuch des
eng=
liſchen Königspaares in Rom ihren Ausdruck fand, konnte
je=
doch dem Verhängnis nicht mehr Einhalt tun. Es gibt für ein
Land wie Italien in der gegenwärtigen Lage nur zwei Wege,
entweder den Verſuch zu wiederholen, im Bündnis mit dem
eigentlichen Feind, eigene Kräftigung und eine beſſere politiſche
Sitt ation abzuwarten, oder durch Verbündung mit den
Län=
dern gleichlaufenden Intereſſes ein Gegengewicht zu ſchaffen,
ſtark genug, allen Eventualitäten zu begegnen. Wollte man aber
den letzten Weg gehen, ſo wäre eine gründliche Bereinigung
des engliſch=italieniſchen Intereſſes, die zweiſellos möglich
ge=
weſen wäre, unbedingtes Erfordernis. Der abrupte
ita=
lieniſche Verſuch, ſich in den Beſitz Korfus zu ſetzen, der alle
nach Lendon angeſponnenen Fäden jählings wieder zerriß, war
von dieſem Standpunkt aus geſehen ein verhängnisvoller
Feh=
ler, und man dürſte nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß
die Auslieferung Tangers an Frankreich durch England, durch
welche das Mittelmeer für die Italiener auch durch die
Fran=
zoſen verriegelt wurde, die greiſbare Folge dieſer italieniſchen
Extratour war.
Konſequent allein iſt die franzöſiſche Politik ihren Weg
ge=
gangen, und Schritt für Schritt iſt zunächſt Poincars ſeinem
Ziel näher gekommen. Wird er es erreichen? Das iſt die
Schickſalsfrage Europas, deren Beantwortung zum großen Teil
auch durch die deutſche Haltung beſtimmt werden wird. Die
Legaliſierung des Nuhreinbruchs, die Schaffung des kait
acc mpli an Rhein und Ruhr, iſt das nächſte Ziel des Quai
dOrſah, das Ziel, welches durch die direkten „Verhandlungen”
mit Berlin womöglich noch erreicht werden ſoll, bevor die ſich
gegenwärtig anbahnende umgruppierung der europäiſchen
Mächte greifbare Geſtalt annimmt. Der Abſchluß des
Bünd=
niſſes mit der Tſchechoflowakei ſollte weithin ſichtbare Drohung
gegen ein widerſpenſtiges Deutſchland bedeuten, die
Friedens=
ſchalmei Herrn Millerands am Neujahrstage das Zuckerbrot
nach der Peitſche. Ein Spiel mit verteilten Rollen, kaum eine
Meinungsverſchiedenheit zwiſchen Millerand und Poincaré,
trotzdem ja beianntlich dieſe beiden ſich nicht allzuſehr lieben.
Heirn Rechberg, der ohne Mandat nach Paris reiſte, um dort
auf eigene Fauſt große Politik zu machen, hat man am Quai
dOrſay empfangen, und der Direktor des „Intranſigeant”, Wiedereinführung der Vorkriegsarbeitszeit vorſieht, wurde von
Herr Léon Bailby, erklärte am Freitag, daß Herr Poinearé
auch Herrn Stinnes empfangen werde, wenn dieſer nach Paris
komme, um an einer Politik der Reparationen mitzuwirken. Daß
die deutſche Negierung zu einer vernünftigen Regelung der
Ne=
paratiansfrage jederzeit bereit iſt, nicht nur die Hand zu
bie=
ten, ſondern auch für ſie ſchwere Opfer zu bringen, weiß alle
Welt. Ebenſo aber iſt ſich niemand über die Abſichten
Frank=
ſich hiuſichtlich des Ausganges der jetzigen Verhandlungen
niemals das Steuer der franzöſiſchen Politik herumwerſen,
trotzdem er den kommenden Wahlen kaum ſehr zuverſichtlich
entgegenſehen dürſte. Der Nuhrkrieg wurde bekanntlich aus
„wirtſchaftlichen” Gründen begonnen. Damals bezahlte man an
der Nenhorker Börſe für den franzöſiſchen Franken nahezu
8Cent. Nach der „glorreichen Beendigung” am 2. Jan. 1924, war
der Kus auf 4,97 Cent zurückgegangen! Wir wiſſen aus
ſchmerz=
lihſter eigener Erſahrung, was die Entwertung ſeiner
Wäh=
rung für ein Volk in allen ſeinen Schichten bedeutet. Der
franzöſiſche Rentner wird an der Politik Poincares vielleicht
manches auszuſetzen haben.
Auch für das deutſche Volk wird das Jahr 1924 Neuwahlen
zum Reichstag bringen, und trotz des Wahlaufrufs, den der
Vorwärts” am 1. Januar veröffentlichte, und der ein trübes
Bild politiſcher Verblendung zeigt, werden, davon darf man
wohl überzeugt ſein, die kommenden Wahlen die ſo dringend
notwendige innerpolitiſche Klärung bringen, und zwar trotz rium im Schlichtungsverfahren feſtgeſetzt worden. Der
Schicht=
ſters dem Radikalismus die Anhänger in die Arme treibt.
Manhe „Errungenſchaſten” müſſen unter dem harten Zwange jede in der vorgenannten Zeit verfahrene Schicht eine
Papier=
der Not abgebaut, ſchwere Opfer von weiteſten Kreiſen
gefor=
darüber hinaus zur Erreichung egoiſtiſcher Ziele
ausge=
nutzt werden ſollte. Das Wirtſchaſtproblem kann nicht dadurch
gelöſt werden, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer ſich im
offe=
nen oder latenten Kampf gegenüberſtehen, wobei es von der
je=
weiligen Konjunktur abhüngt, welche Partei zeitweilig den Sieg
davonträgt. Das iſt die dürre Idee des Klaſſenkampfes!. Wir
aber fordern von beiden Seiten das Gefühl der unlöslichen
Verbundenheit, das Durchdrungenſein von der Notwendigkeit
gemeinſamer freudiger Zuſammenarbeit, das Gefühl ſozialer
Verantwortung.
Unfer Handeln muß beherrſcht ſein von dem Gedenken
un=
ſerer ſchweren außenpolitiſchen Bedrängnis, und es muß daher
auch mehr wie fraglich erſcheinen, ob die bayeriſche Regierung
gut daran tat, die (auch von uns ſtets geforderte) Rückbildung
der Veimarer Verſaſſung im föderaliſtiſchen Sinne in der
Weiſe in Angriff zu nehmen, wie es in dem am Freitag in
Verlin überreichten bayeriſchen Memorandum geſchah. Es kann
dieſe Frage naturgemäß nicht im Nahmen eines kurzen
Geſamt=
überblicks erörtert werden. Das eine aber muß geſagt ſein: Das
Verhältnis zwiſchen Reich und Ländern muß auf eine neue
Grunolage geſtellt werden zur Stärkung des Reiches,
des Reichsgedankens. Eine Nückbildung, welche weit über die
Bismarckſche Verſaſſung hinausgehend, eine Schwächung des
Reichsgedankens, um nicht mehr zu ſagen, bedeutet, würde dem
entſchloſſenen Widerſtand der überwältigenden Mehrheit des
U.
deutſchen Volkes begegnen.
Die Arbeitszeit.
Arbeitszeit für die Uebertagearbeiter vom
19. Dezember 1923 eine Einigung nicht erzielt worden war, hat einnahmen in befriedigender Weiſe fließen. Wenn hier und da
heute der Schlichtungsausſchuß, unter dem Vorſitz des
Reichs= und Staatskommiſſars Mehlich, folgenden
Schieds=
ſpruch gefällt:
1. Die Arbeitszeit für die an den Koksöfen beſchäftigten
Arbeiter beträgt insgeſamt im Wochendurchſchnitt
65 Stunden, bei einer Höchſtſchichtzeit von 74 Stun= nen eines Zahlungsmittels annehmen, da dann, wenn die
Ge=
den einſchließlich Sonntag. Sofern in die Sonntagsſchicht
eine Pauſe eingelegt wird, liegt ſie außerhalb der Schichtzeit,
wird aber beſonders bezahlt.
beträgt im Wochendurchſchnitt 65 Stunden, bei einer
Höchſt=
ſchichtdauer von 78 Stunden die Woche einſchließlich Sonntag.
3. Die Einverſtändniserklärung iſt bis Dienstag, den
8. Januar 1924 zu geben.
Der Schiedsſpruch wurde gegen die Stimmen der
Arbeit=
nehmervertreter gefält. Die Gewerkſchaften werden voraus= Neihe von Warengruppen veröffentlicht, nach der mit Wirkung
ſichtlich gegen die verlängerte Arbeitszeit Stellung nehmen. In
der Lohnfrage wurde, ebenſalls unter dem Vorſitz des
Reichs=
kommiſſars Mehlich, der Schiedsſpruch gefällt, der bis auf wei=
4.20 Goldmark vorſieht.
ſpruch, der für den Mansfelder Kupſer= und Schieferbau die
den Arbeitnehmerverbänden angenommen.
Die Lage in der Berliner Metallinduſirie.
reichs im unklaren, und es wäre daher recht verfehlt, wenn man geber und Arbeitnehmer in der Berliner Metallinduſtrie ergeb= unterbreitet:
nislos verlaufen ſind, trat das Schiedsgericht zuſammen, deſſen
irgendwelchen Iluſionen hingeben wollte. Herr Peincarz wird Sitzung noch andauert. Die Vertreter der Arbeitgeber waren
nicht erſchienen.
Frieden in der Metallinduſitie.
heute zwiſchen den Vertretern des Verbandes Berliner
Metall=
induſtrieller und den Vertretern Berliner Merallarbeiter ſtatt= zahl von Abgeordneten ſich offenſichtlich im Saale aufhält und
fanden, haben zu einer Einigung geführt. Die Arbeit ſoll mit
möglichſter Beſchleunigung wieder aufgenommen werden.
Lohnregelung im Kohlenbergbau.
unbeſetzten Gebiets ſowie im bayeriſchen Kohlenbergbau für
die Zeit vom 1. bis 14. Januar ſind im
Reichsarbeitsminiſte=
unſerer furchtbaren wirtſchaftlichen Not, die erfahrungsgemäß lohn ſieht eine Erhöhung des Goldlohnanteils an den
beſtehen=
markzulage in dem Ausmaße gewährt, daß der Geſamtbetrag
dert werden. Die deutſche Wirtſchaft muß wieder produktiv an Gold= und Pavierlohn gleich dem bis 31. Dezember in Gel= Glück nicht akut wurde, angefochten worden. Ich möchte deshalb
grbdeiten lernen, Verhängnisvoll aber würde es fein, wenn der tung geweſenen Geſamtlohn iſt. Für den mitteldeutſchen eine Klarſtellung zu einer Zeit herbeiführen, wo die Aufklärung
gegenwärtige Konjunkturtieſſtand von Arbeitgeberſeite her Braunkohlenbergbau iſt zwiſchen den Parteien eine
Verein=
barung erzielt worden, wonach in den Kerrevieren der
Durch=
ſchnittlohn, einſchließlich der ſozialen Zulagen, 3,12 Rentenmark
je Schicht beträgt. Hierzu tritt eine durchſchnittliche
Teue=
rungszulage von 0,93 Mark je Schicht.
Maßnahmen gegen die Wirtſchaftskritik.
mersdorf eine Verwarnung ergehen laſſen, weil er in ſeinen
„Wirtſchaftlichen Tagesberichten, vom 24. Dezember 1923, in der thüringiſchen und möglicherweiſe auch mit der bayeriſchen
einem „Wohin die Reiſe geht” überſchriebenen Artikel der
Reichsregierung vorgeworſen habe, durch eine neue Inflation
das Volk, aus Dummheit oder Abſicht, zu betrügen. Verartige
Artikel ſeien geeignet, das Vertrauen zu den wirtſchaftlichen
Maßuahmen der Regierung zu untergraben und eine
Beun=
ruhigung im Volke hervorzurufen. Der Chef der Heeresleitung
teilte Herrn Calwer mit, daß er im Wiederholungsſalle
genö=
zugehen.
Keine Inſiſtion mehr.
Neue Hoffnungen.
Berlin, 5. Jan. Zu der Frage, ob in Deutſchland wieder
eine Inflation getrieben werden kann, wird uns von zuſtändtger
Stelle mitgeteilt: Cine ſolche Inflation iſt in Zukunft
ausge=
ſchloſſen und ein Verſuch, dieſe Bahn, je wieder zu betreten,
wäre nach den Erſahrungen der Vergangenheit zur Ausſichts=
Schiedsſpruch für die Ueberiagarbeiter. loſigkeit verurteilt. Wenn wir aber je wieder in die Zwangslage
kommen ſollten, ſo werden wir andere Wege ſchreiten müſſen, als
Eſſen, 4. Jan. Nachdem über das Abkommen über die die Schaffung zuſätzlicher Kaufkraſt durch Geldvermehrung. Zur
Zeit liegen aber die Verhältniſſe nicht ungünſtig, da die
Reichs=
die Ausgaben von Anleihen ſeitens der Länder die
Oeffentlich=
keit beunruhigt haben, ſo liegt zu einer ſolchen Beunruhigung
keine Veranlaſſung vor. Eine Kontrollmöglichkeit der
Anleihe=
wirtſchaft durch das Reich beſteht im allgemeinen nicht. Das
Reich kann aber eingrefen, wenn die Anleiheſtücke die
Funktio=
nehmigung des Reichsfinanzminiſteriums nicht eingeholt worden
iſt. ein Verſtoß gegen das Geſetz über die Ausgabe und die
Ein=
löſung von Notgeld vom 17. Juli 1922, Reichsgefetzblatt 1
2. Die Arbeitszeit in den übrigen durchgehenden Betrieben. Seite 693 vorliegt. Soweit ſolche Verſtöße vorliegen ſollten, wird
unverzüglich eingegriffen.
Erweiterung der Einfuhr=Freiliſte.
Berlin, 5. Jan. Nach Bekanntgabe des
Reichswirtſchafts=
miniſteriums (Reichsanzeiger vom 4. Januar 1924) wird eine
vom 1. Januar die Cinfuhr von Waren ohne beſondere
Bewil=
ligung geſtattet iſt. Die Liſte umfaßt (rzeugniſſe des
Acer=
baues und Weidebaues, der Forſtwirtſchaft, tieriſche Erzeugniſſe,
teres ab 1. Januar d. J. einen Geſamtdurchſchnittslohn von Mineralien, mineraliſche Fette. Oele, Brennſtoffe Seifen,
Teerprodukte, chemiſche und pharmazeutiſche Artikel, Alkoholika,
Sriunſtoffe. Paumwollwaren. Seidenwaren, Leder und Leder=
Wiedereinführung der Vorkriegsarbeitszeit, waren, Kautſchuk und Kautſchukwaren, Papier, Pappe uſw.,
Tonwaren, Glas und Glaswaren, Ciſen und Eiſenverbindun=
Berlin, 5. Jan. Der am 29. Dezember gefällte Schieds= gen, Zink, Kupſer, Nickel, Maſchinen, Fahrzeuge, Feuerwaffen.
Die Zweidrittel=Mehrheit.
Eine Streitfrage des Reichstags.
Berlin, 5. Jan. Reichstagspräſident Loebe hat folgende
Anfrage über die Auslegung der Reichsverſaſſung dem Geſchi ſts=
Berlin, 5. Jan. Nachdem die morgens ſtattgehabten ordnungsausſchuß in einem Schreiben an den Vorſitzenden des
direkten Verhandlungen zwiſchen den Vertretern der Arbeit= Ausſchuſſes, dem Abgeordneten Warmuth, zur Begutachtung
In Artikel 76 der Verfaſſung von Weimar wird
vorgeſchrie=
ben, daß die Beſchlüſſe des Neichstages auf Aenderung der
Ver=
faſſung nur zuſtandekommen können, wenn zwei Drittel der
geſetzlichen Mitgliederzahl anweſend iſt und wenigſtens zwei
Drittel der Anweſenden der Aenderung zuſtimmen. Es iſt nun
Berlin, 5. Jan. (Priv=Tel.) Der Lohnkampf in der neuerdings ein Streit darüber entſtanden, wie die in dieſem Ar=
Berliner Metalinduſtrie iſt beigelegt. Die Verhandlungen, die tikel vorgeſchriebene Anweſenheit aufzufaſſen iſt. Die eine
Mei=
nung geht dahin, daß es genügt, wenn die vorgeſchriebene
An=
der Präſident dieſes konſtatiert, alſo auch dann, wenn ein Teil
der Anweſenden ſich an der Abſtimmung ſelbſt nicht beteiligt.
Dieſe Auslegung entſpricht dem Wortlaut des Artikels 76. Die
andere Meinung geht dahin, daß der Geſetzgeber, habe
vor=
ſchreiben wollen, daß zwei Drittel der Mitglieder des Reichstags
Berlin, 5. Jan. Die Löhne im Steinkohlenbergbau bes ſich auch an der Abſtimmung beteiligten müßten, ihre bloße
An=
weſenheit alſo nicht genüge. Die Vertreter dieſer Meinung
hal=
ten es für untunlich, daß der Präſident die Anweſenheit von
zwei Oritteln der Mitglieder konſtatiert, wenn aus der
unmittel=
bar darauf folgenden Abſtimmung hervorgeht, daß dieſe zwei
den Löhnen um 10 Prozent vor. Darüber hinaus wird für Drittel ſich nicht an der Abſtimmung beteiligt haben. Ich ſelbſt
habe bisher die zweite Auffaſſung vertreten. Sie iſt aber bei der
Abſtimmung zum Ermächtigungsgeſetz, bei der der Fall zum
nicht an einem beſtimmten Fall ſtrittig wird.
Der Geſchäftsordnungsausſchuß des Reichstags iſt zum
Montag, den 7. Januar, zu einer Sitzung einberufen worden.
Thüringiſche Kabinetismitglieder in Berlin.
Berlin, 5. Jan. Heute ſind in Berlin die Mitglieder
des thüringiſcheg Kabinetts eingetroffen, um die direkten Be=
Berlin, 5. Jan. Wie der Deutſche Handelsdienſt er= ſprechungen mit der Reichsregierung aufzunehmen. Zu den
Be=
fährt, hat der Chef der Heeresleitung gegen den bekannten Wirt= ſprechungen, die gegen mittag ihren Anfang nahmen, wurde
ſchaftpolitiker und Statiſtiker Nichard Calwer in Berlin=Wil= Neichskommiſſar Küuzer, der mehrſach in Thüringen weilte,
hinzugezogen. Das Reichskabinett wird ſich am Montag mit
Frage beſchäftigen.
Blätter=Verbote.
Berlin, 5. Jan. Der Inhaber der vollziehenden Gewalt,
General der Inſanterie von Seeat, hat auf Grund der
Verord=
nung 1 des Reichspräſidenten vom 26. September den
Ver=
trieb der Roten Fahne. Wien, des Baſeler Vorwärts und der
tigt ſein werde, mit den Mitteln des Ausnahmezuſtandes vor= Internationalen Preſſekorreſpondenz, Wien für das
Reichsge=
biet verboten.
*Märchenfahrt über den AtlantiſchenOzean
Orginalbericht von Dr. A. H. Kober.
An Bord „Ludendorff”.
Aequator, Ends November.
Märchenhaft iſt es eo ipso ſchon, wenn heute ein deutſcher
Journaliſt über den Atlantiſchen Ozean fährt. Völlig
märchen=
haft iſt es, wenn beſagter Journaliſt mit 10 Elefanten, 8
Ka=
me en, 10 Bären, 8 Büffeln, 4 Zebras, 120 Pferden und einem
Nilpferd über den Atlautik ſauſt. Ich, der ich am 14. Oktober
noch völlig, normal” in meiner Berliner Redaktion ſaß, bin
dieſer deutſche Journaliſt. Auf dem Stinnesdampfer „
Luden=
dorff” — 12500 Tonnen — bin ich am 8. November von
Ham=
burg abgefahren, bin vorgeſtern, von derben Seemannsfäuſten
über den Aequator hinübergetauft worden, und hoffe, in einer
Wocke etwva in Montevideo heil und geſund zu landen.
Der Zirkus Sarraſani hat mich auf eine Südamerika=Tournee
mitgenommen. Ein paar Tage vor uns iſt der Extradampfer
„Danzig” mit ein paar hundert Artiſten von Hamburg
abge=
dampft, dann haben wir auf die „Ludendorff” den Tierpark
(300 Stück), 120 Zirkuswagen, die Zeltſtadt und das ganze
Ma=
terial geladen. Hallo, in Montevideo ſehen wir uns wieder!
Wer hat die beiden Extradampfer geſtellt, ſie umbauen laſſen
für dieſen grotesken Transport, ſie zu einem Kurioſum der
Schiffahrtsgeſchichte gemacht? Stinnes, natürlich Stinnes, der
große Hexenmeiſter. Hans Stoſch=Sarraſani, der europäiſche
Zirluskönig, zieht mit ſeinem ganzen Nieſentroß aus, um
zu=
nächſt in Südamerika — zum Barnum auszuwachſen. Der
Zau=
ber iſt alſo komplett, ein modernes Märchen beginnt. Und ich,
als der Chroniſt, beginne zu erzählen, hoffentlich: Tauſend und
eine Nacht lang.
Glück muß der Menſch haben. Als wir losfuhren, erzählten
uns die Seeleute, die „Danzig” habe ſchon bei Kurhaven ſchwere
See bekommen. Ganz verteufelt habe der Wind geblaſen, und
das Schiff habe „getanzt”!. Man muß wiſſen, was dies „Tanzen”
in der zarten Seemannsſprache bedeutet. Lgien würden ſagen:
Kopfſtehen. Eine See, hieß es dann tröſtend, und Eure ganzen
Wagen fliegen über Bord. und zur Erläuterung werden Fälle
ausführlich beſchrieben, in denen von mächtigen Sturzwellen
alles über die Reeling gefegt wurde, aber auch alles, ſelbſt die
Kommandobrücke! Und die Seekrankheit! — Ob man daran
Ehmmngnmnnmngmmmnnnnmm mmmmmnmmmnmmmnm ngmnmn mmn
ren habe ich ſelber. . . „Mut in der Bruſt”, beginnen wir alſo
unſere Fahrt.
Das Schiff fährt wie der Teufel, mit drei Keſſeln 12
See=
meilen in der Stunde (gleich rund 22 Kilometer); den vierten
Keſſel auch noch anzuheizen, hat keinen Zweck, denn unſere Fracht
iſt ſo leicht, daß bei noch größerer Maſchinenleiſtung die Schraube
dauernd über Waſſer liegen würde. Ich bekomme, als ich das
höre, einen Heidenreſpekt vor dem Faſſungsraum dieſes
Dampfers. Wir haben auf dem Deck etwa zwei Dutzend rieſige
Zirkusautos, Wagen. Käfige mit Löwen und Bären, das
an=
ſehnliche Nilpferd „Oedipus” (Max Reinhardts Lieblingstier),
die ganzen Zwviſchendecks mit Ställen und Umläufen für die
Tiere vollgebaut, in den Luken noch einige achtzig großer Autos,
Wagen, Maſchinen, ganz unten rieſige Vorräte an Futter und
Stroh, dann kommen ſchließlich wir 90 gewichtigen Menſchen
noch dazu — und dann behauptet ſo ein Dampfer, dieſe Ladung
in ſeinem Rieſenwanſte kaum zu ſpüren! Ich gehe in den
Ma=
ſchinenraum und blicke herunter die reichlich vier Stockwerke
tiefen Schächte, in denen geheimnisvolle Keſſel, Kolben, Hebel,
Schrauben, Räder, Stangen, Klötze ihr eiſenhartes, dröhnendes
Lied ſingen, daß der ganze Bau wackelt, und ſage mir ſchließlich:
Gut, mit einem ſolchen Koloß ſoll man ſich nicht ſtreiten über
Größen= und Gewichtsverhältniſſe. Dieſe modernen Schiffe mit
ihren Maſchinen im Mammutguadrat überſteigen die Begriffe
eines armſeligen Skribenten und trommeln ihm unweigerlich
Reſpekt in den brummenden Schädel.
Wenn ich durch unſeren Betrieb gehe, duich unferen Zirkus,
wie er hier ſteht, dann ſage ich mir aber doch wieder — heimlich
und leiſe —: Das iſt eine Stadt für ſich, eine ſchwimmende Stadt.
Da ſind Wagen mit Sattlerei, mit Schneiderei, Schmieden,
Tiſchlerwerkſtatt, vollſtändige kaufmänniſche Betriebe mit
Kon=
toren, Buchhaltungen, Einkaufsbureaus, Kaſſen (1), mächtige
Zeltdecken werden über das ganze Vorderdeck gebreitet und
ge=
flickt, Autos repariert, Tiere geſchonen und probiert in den
Ställen wimmelt es von Wärtern, Kutſchern, Dreſſeuren, auf
dem Hinterdeck lernen kleine Bären die Anfangsgründe, der
Menagearbeit, während die Löwen, die ſchon „ausgelernt”
haben, zuſehen, wie ihnen ein Pferd geſchlachtet wird. Da
kauern auch acht ſtolze Kamele und vergleichen — hochnäſig ſehen
ſie dabei gus — ihr beimatliches Wüſtenmeer mit dem
Atlan=
tiſchen, das klaſſiſche Nilyferd. Oedipus” vertreibt ſich die Zeit
zwiſchen Baden und Freſſen, kokett reißt es vor jedem
Vorüber=
gehenden ſein Metermäulchen auf und zeigt den unergründlichen
roſa Schlund. Unten in einer beſonderen Luke brummen 5
Nieſenbären herum; wirklich „Sonderklaſſe” — ſie haben
neu=
lich erſt wieder ihrem Dompteur im Handumdrehen ein paa=
Dutzend Bißwunden beigebracht. Die Elefanten, die 10
unheim=
lichen, grauen, verwitterten Felſen, die in einer Reihe ſtehen
und beſtändig mit den Rüſſeln in einer Gegend herumangeln,
ſind allerdings noch gefährlicher, dieſe Nieſenmörder haben ihren
alten Wärter umgebracht und ihrem Meiſter, dem Direktor
Stoſch=Sarraſani, fünf Nippen gelrochen.
Ueberall wird gearbeitet; als wenn der Zirkus irgendwo auf
dem Feſtlande ſpielt. Drahtlos wird die Korreſpondenz eriedigt.
Lurch Funkſpruch ſind wir in Montebideo ſchon jetzt quaſi „zu
Hauſe‟. Zeit iſt Geld. Ich ſelber arbeite in dem originelſten
Buregu, das je ein Journaliſt gehabt hat: in meinem Wagen,
der auf dem Vorderdeck, ganz nahe der Reeling, ſteht. Ich
„ſchwebe” etwa ſechs Meter über dem Atlantiſchen Ozean; die
Fenſter habe ich heruntergelaſſen, ſehe beſtändig das unendliche
Meer unmittelbar neben mir, manchmal ſind mir ſchon Tropfen
kis in die Schreibmaſchine geſpritzt, ununterbrochen höre ich die
tpundervolle Melodie des brauſenden Waſſers. Jetzt mache ich
einen Augenblick Pauſe und ſehe nach fliegenden Fiſchen aus:
da ſchwirren ein paar Hundert auf. graziös wie Schwalben;
wenn ich Glück habe, ſehe ich ein Dutzend Delphine
herum=
ſauſen, neulich ſogar an die fünfzig Tümmler”, die luſtig über
die Wogen weg Kobolz ſchießen. Mein Wagen=Arbeitszimmer
ſchwanpt auf und ab, wiegt ſich auch nach den Seiten, aber ſo
elaſtiſch=weich, wie ich das noch nicht einmal im Pullmancar
er=
lebt habe. Heute iſt der Seegang etwas ſtärker, da ſind die
Schwingungen größer, aber ſie bleiben immer gleich weich: ich
kann mir gar michts Gefährliches mehr denken bei dieſem
Bureau mobile, in dem man die Damen auf ihren Sitzen hin=
und herſchweben ſieht, wie im Lungpark auf irgend einer
Jux=
bahn. Nur, wenn ich mal ſo eine gewaltige Welle aufmerkſam
verfolge, gengu beobachte, welch ungeheure Energie in ihr ſteckt,
ſelbſt jetzt, da ſie noch gutmütig iſt, dann denke ich daran, daß
unſer Wagen doch eigentlich nur „mit Strivve angebunden” iſt.
Jetzt, da wir nur noch eine knappe Woche von unſerem
Reiſeziel entfernt ſind und ſchon an der braſiligniſchen Küſte
entlanggondeln — in 40 Seemeilen Entfernung allerdings —
hürſen wir wohl ſagen: Wir haben eine ſelten ſchöne, ruhige
Fahrt gehabt. Nehtun, der einzige alte Griechengott, der ſich
heute noch ſehen laſſen darf, hat wohl etwas übrig für uns
Zirkusleute, die wir ja auch noch klaſſiſches Aroma haben (val.
Olympiſche Spiele und panem et eirgenges!). Ich habe nie
Rumier G.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 6. Januar 1924,
Seite 3
Eine franzöſiſche Zeitung hat ſich dieſer Tage den billigen
Scherz geleiſtet, eine Todesanzeige der deutſchen Papiermark zu
veröffentlichen, die von der Nentenmark und einigen anderen
Leidensgenoſſen als trauernde Hinterbliebene unterzeichnet war.
Uns will doch ſcheinen, daß, wer im Glashauſe ſitzt, nicht mit
Steinen werfen foll. Es iſt zwar richtig, daß der franzöſiſche
Franken im Vergleich zur deutſchen Papiermarkk noch
edelvalu=
tariſchen Charakter hat, wenn aber die Franzoſen ſich ihre
Wih=
rung einmal an ehen, und ſie nicht in Beziehung zur
Papier=
mark, ſondern etwa zum Dollar ſetzen, dann muß doch auch ſie ein
leiſes Grauſen ankommen über den Weg, auf den Poincaré ſie
gedrängt hat. Frankreich rüſtet ſich jetzt, das Jubiläum des
Ein=
marſches ins Ruhrgebiet feſtlich zu begehen, und an
Sieges=
artikeln wird es dabei geiß nicht fehlen. Herr Poincaré hat
ja in regelmäßigen Zwiſchenräumen Bilanzen veröfſentlicht, in
denen er herausrechnete, ein wie gkänzendes Geſchäft der
Ein=
marſch in das Ruhrgebiet ſei; er hat es auch verſtanden, den
Begrif der „produktiven Pfänder” ſo feſt in das Gehirn der
Fran=
zofen einzuhämmern, daß der Spießbürger vorläufig nur die
Erfolge ſieht, ſo lange, bis er an der ſchwindenden Kaufkraft
ſei=
nes Franken merkt, daß irgend etwas nicht in Ordnung iſt.
Frantreich iſt von jeher das Volk der Rentner geieſen. Es war
das Ideal jedes Franzoſen, ſich ſo viel auf die hohe Kante zu
legen, daß er die letzten Jahre in ſtiller Beſchaulichkeit leben
konnte. Deshalb haben die Staatspapiere in Frankreich immer
einen beſonders guten Marit gehabt, mit der ſelbſtverſtändlichen
Folge, daß es nirgends ſo viel Staatsrentner gegeben hat wie
in Frankreich, daß aber auch jede Erſchchütterung des
Staats=
kredits und jede Schmälerung des Zinseinkommens nirgends ſo
unmittelbar empfunden wird, wie dort. Der Verluſt der nach
Rußland geliehenen Milliarden war daher ein böſer Stoß, der
nur durch die nationale Hochſpannung übertunden werden
konnte, die alle Klagen der Betrogenen erſtickte.
Ein Zuſammenbruch der Staatsanleihe aber muß bei den
Franzoſen noch ganz andere Wirlungen auslöſen als bei uns.
Soweit ſind ſelbſtverſtändlich die Dinge noch nicht gediehen;
immerhin, in dem Anſteigen aller Preiſe macht ſich doch bereits
das Mißtrauen bemerkbar, das im Auslande gegen die
Wert=
beſtändigkeit des Franken herrſcht. Nur ſehr wenige franzöſi che
Zeitungen werden wohl am Jahrestage des Ruhreinmarſches
eine Statiſtik veröffentlichen, worin das Sinken des Franien
zahlenmäßig zum Ausdruck kommt. Wir Deurſche aber haben
keinen Grund, den Franzoſen das Verſteckſpielen zu erleichtern.
Nimmt man die Deviſe Neu=York-Paris als Grundlage — das
ergibt das beſte Bild, weil die europäiſchen Deviſen gegenüber
Neu=York auch wieder Schwanlungen unterliegen —, ſo ergibt
ſich, daß der Franken am 2. Januar 1923 mit 7,42 Cents in Neu=
York notiert wurde, während er am 3. Januar 1924 nur noch
4,90 Cents wert war gegenüber einem Vorkriegskurſe von 19,30
Cents. Der Franken hat alſo im Laufe des einen Jahres ein
volles Drittel ſeines Kurswertes verloren; er iſt am Goldfrank
gemeſſen nur noch 25 Centimes, alſo etwa den vierten Teil, wert;
und zwar zeigt die Linie ein unaufhaltſames Abgleiten, das hin
und wieder durch Eingreifen der Bank von Frankreich
unter=
brochen wurde. Aufzuhalten aber war der Sturz nicht mehr,
und wir wiſſen ja aus eigener Erfahrung, daß, je näher dem
Ende zu, das Tempo immer raſcher wird. In den
internationa=
len Finanzkreiſen glaubt eigentlich kein Menſch mehr daran, daß
der Franken noch zu halten iſt. Vielleicht erleben wir es übers
Jahr ſchon, daß die franzöſiſche Währung der deutſchen
Papier=
mark ſich weiter ſehr erheblich genähert hat.
Beſprechungen zum Schutze des Franken.
Paris, 5. Jan. (Wolff.) Die vom Finanzminiſter
Leſteyrie heute vormitag mit einer Anzahl
Perſönlichkei=
ten aus der Finanzwelt, darunter dem Gouverneur der
Banque de France, dem Präſidenten der Handelskammer von
Paris und dem Syndikus der Geſellſchaſt der Börſenmakler
be=
gonnenen Verhandlungen über die zum Schutze des Franken zu
ergreifenden Maßnahmen wurden heute nachmittag fortgeſetzt.
Unſicherheit auf der Regiebahn.
Gelſenkirchen, 5. Jan. Wie wir hören, ſind
umfang=
reiche Sendungen von friſchem Fleiſch nach dem beſetzten Gebict
währen; des Transportes auf der franzöſiſchen Regiebahn völlig
verſchwunden. Die Regie lehnt für den Verluſt und die
Beſchä=
digung von Frachtgut jede Haftung ab. Dieſe Unſicherheit im
Betrieb der Regiebahn iſt geeignet, die Lebensmittelverſorgung
des ſtarlbevölferten Induſtriegebietes erheblich zu beeintrüchtigen.
Bisher iſt es der franzöſiſchen Regie nicht gelungen, dieſem
Uebelſtande abzuhelfen.
50 000 Dollar für den Weltfrieden.
Paris, 5. Jan. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Neu=York hat ein iſraelitiſcher Kaufmann in Toſton
50 000 Dollar für einen Preis geſtiſtet, der in Europa
ausge=
ſchrieben und demjenigen gewährt werden ſoll, der die beſten
Möglichkeiten ausſindig macht, den Weltfrieden wieder
herzuſtellen.
Die beigiſche Haltung.
Eine Unierredung mit Jaſpar.
London, 5. Jan. (Wolff.) Der Daily, Telegraph
veröfſentlicht eine Uinterredung ſeines politiſchen Beobachters mit
dem belgiſchen Miniſter des Aeußern Jaſpar. Dieſer erklärte
unter anderem, die belgiſche Außenpolitik verfolge eine Linie
vollkommener Unabhängigkeit. Es ſei das Hauptziel der
belgiſchen Politik, die Entente zwiſchen Frankreich und England
wahren und konſolidieren zu helfen. Die belgiſche Haltung
gegen=
über Deutſchland ſei daher nicht ausſchließlich von ſeinen
eigenen Intereſſen diktiert, ſondern von interalliierten
Erwä=
gungen. Sie ſei nicht diktiert von Haß oder Rache.. Belgien
wünſche die Bezahlung ſeiner gerechten
Forde=
rungen; ohne die es nicht hoffen könne, zu einem
einiger=
maßen ausgeglichenen Budget zurückzukehren. Belgien ſei
ins Ruhrgebiet gegangen, weil es der Anſicht geweſen ſei,
daß dies das beſte Mittel ſei, Deutſchland zum Zahlen zu
brin=
gen. Die Tatſachen, fährt Jaſpar fort, hätten bewieſen, daß
Bel=
gien recht gehabt habe. Die Ruhr werde bald aufhören,
Gegen=
ſtand von Erörterungen zu bilden; denn nachdem der paſſive
Widerſtand eingeſtellt ſei, arbeiteten die Deutſchen mit
erſtaunlicher Schnelligkeit, um alle Spuren des
indu=
ſtriellen Kampfes zu beſeitigen. Das Ruhrgebiet arbeite
wieder.
In Erwartung der franzöſiſch=belgiſchen Antwort.
TU. Paris, 5. Jan. Die franzöſiſche und belgiſche
Ant=
wort auf das letzte deutſche Memorandum wird, wie nun
feſt=
ſteht, am Dienstag überreicht werden. Es ſcheint, daß von
bel=
giſcher Seite Bemühungen im Gange ſind, dieſe Antwort
gleich=
zeitig mit der frantöſiſchen ſo zu geſtalten, daß die Verhanolungen
nicht abgebrochen werden müſſen. Es iſt dabei der Wunſch
maß=
gebend, der Aufrechierhaltung der Entente mit England
Nech=
nung zu tragen.
Die Zahl der Deutſchen in franzöſiſchen Gefängniſſen.
Berlin, 5. Jan. Nach den letzten authentiſchen Berichten
werden in den Gefängniſſen des beſetzten Gebietes über 200)
deutſche Staatsbürger aus politiſchen Grunden ſeſtgehalten. Bei
dieſer Ziffer ſind bereits die nach franzöſiſchen Angaben in den
letzten Wochen erfolgten 300 Amneſtien in Abzug gebracht. Nach
deutſchen Feſtſtellungen iſt die Zahl der Amneſtierten nicht einnial
ſo hoch. Die franzöſiſchen Quellen geben die Zahl der aus
poli=
tiſchen Gründen Inhaſtierten im beſetzten Gebiet weſentlich
nied=
riger an, da ſie zwiſchen politiſch und kriminell Inhaſtierten
unter=
ſcheiden und zu den letzteren ſehr viele rechnen, die nach deutſcher
Auffaſſung nur wegen politiſcher Mißhelligkeiten verurteilt
wor=
den ſind. Nach den hier vorliegenden Informationen befinden
ſich immer noch eine anſehnliche Anzahl von Deutſchen in
franzö=
ſiſchen Gefängniſſen, k. B. in St. Martin de Né 6, in Naney 5,
in Pas de Calais 3, in Endersheim bei Mühlhauſen 1 und in
Marſeille 10.
Macdonald für eine Ruhepauſe.
London, 5. Jan. (Wolff.) Wie Daily Chronicle meldet,
beſuchte Namſay Macdonald auf ſeiner Rückkehr von
Schott=
land u. a. Lord Haldane.
London, 5. Jan. (Wolff.) Wie der Daily Chronicle aus
den der Arbeiterpartei naheſtehenden Kreiſen erfährt, iſt es
Ram=
ſay Macdonald gelungen, die Partei und auch ihre äußerſt
linksſteyenden Elemente zu überzeugen, daß die Nation vor
allem eine Ruhepauſe haben müſſe, in der keine
unmittel=
baren Neuwahlen zu befürchten ſeien, und daß zu einer
Rege=
lung der Verhältniſſe auf dem Kontinent geſchritten werden
müſſe, wozu auch die Wiederaufnahme ordnungsmäßiger
diplo=
matiſcher Beziehungen zu Rußland gehöre.
Ausdehnung des Waſhingtoner Abrüſlungsvertrages.
* Genf, 5. Jan. (Priv.=Tel.) Die Tagung der Marine=
Unterkommiſſion der Völkerbundskommiſſion für Militärfragen,
die am 21. Januar ſtattfinden ſollte; iſt auf Mitte Februar
ver=
ſchoben worden. Aufgabe dieſer Kommiſſion iſt die
Ausarbei=
tung eines Programms für eine große internationale Konferenz
behufs Ausdehnung des Waſhingtoner Abrüſtungsvertrags auf
die in Waſhington nicht vertretenen Mächte. Zu der
vorberei=
tinden Tagung der Marinekommiſſion ſind auch Rußland und
die Türkei eingeladen worden. Tſchitſcherin hat ſür Rußland die
Einladung angenommen unter der Bedingung, daß die Tagung
der Kommiſſion nicht auf Schweizer Boden ſtattfindet.
Amerikaniſche Waffenlieferungen für Mexiko.
TI. New York, 5. Jan. Nach einer Meldung aus
Santiago ſind 40 Feldgeſchütze von Ameri a an die mexilaniſche
Regierung abgeſandt worden. Der Staatsminiſter des
amerila=
niſchen Kriegsdepartements Wools gibt bekannt, daß die
ame=
ri aniſche Regierung dem General Obregon 5000 Gewehre,
5 Miuionen Patronen und 8 Flugzeuge verlauſt habe.
Die Qualen eines Nervöſen.
Ein nervöſer Menſch iſt ein unglücklicher Menſch. Kleine
Wider=
wärtigkeiten können ihn zur Verzweiflung bringen, die kleinſte
Auf=
regung kann ihm tagelang Kopfſchmerzen oder Uebelkeit verurſachen,
ihn ärgert die Fliege an der Wand, und er ärgert ſich wiederum
darüber, daß er ſich ſo ärgert.
Nervenleiden ſind zumeiſt Gehirnkeiden — und Geiſteskrankheit,
unbewußte Handlungen, Rückenmarkslähmungen uſw. ſind nur
beſon=
ders ſchwere Folgen derſelben. In leichteren Fällen äußert
ſich Nervoſität durch; Kopfſchmerzen,
Glieder=
reißen, Zuckungen, Rückenſchmerzen
Geſichts=
ſchmerzen Schmerzen im Hals, Armen und
Gelen=
ken Augenflimmern Blutwallungen Herzklopfen,
Schlafloſigkeit, ſchwere oder ſchreckliche Träume,
Beklemmungen Schwindelanfälle, Angſtgefühle,
übermäßige Empfindlichkeit gegen Geräuſche,
Reizbarkeit beſonders früh nach dem Aufſtehen,
Unruhe, Launenhaftigkeit Verſagen des
Gedächt=
niſſes gelbe Hautflecke, Klopfen in den Adern,
Gefühl von Taubheit in den Gliedern, Zittern der
Hände und Kniee bei Exregungen blaue Ringe um
die Augen, Ohrenſauſen ſonderbare Gelüſte und
Abneigungen, Schrechhaftigkeit. Viele weniger
auf=
fällige Erſcheinungen treten einzeln oder zuſammen auf und ſind
An=
zeichen dafür, daß die Nerven angegriffen ſind.
Zeigen ſie ſich, ſo ſollte unbedingt ſofort etwas geſchehen. Man
muß den erſchöpften Nerven diejenigen Stoffe zuführen, die ſie bei der
übermäßigen Anſtrengung verbraucht haben. Dieſe Stoffe beſtehen
aus organiſchen Phosphorſäureverbindungen, und es iſt der
Wiſſen=
ſchaft gelungen, ſie aus organiſchen Subſtanzen in ſhr ſtarker
Konzen=
tration zu gewinnen. In zweckmäßiger Zuſammenſetzung enthält ſie
das bekannte, ſehr empfohlene Dr. med. Robert Hahns „Nerviſan”.
Hören Sie, wie es beurteilt wird:
Ich bin ſehr zufrieden, fühle mich jetzt viel wohler, hauptſächlich
der Schlaf iſt viel beſſer geworden, ich ſchlafe jtzt faſt jede Nacht
un=
unterbrochen durch, was erſt nicht der Fall war. . . . . . . Bruder,
Juſtizwachtmeiſter. . . . . . . . daß ich mit Ihrem „Nerviſan”
ſehr zufrieden bin, ich bin mein Nervenleiden Gott ſei Dank los, wofür
ich Iynen ſehr dankbar bin. . . . . Ich habe es ſchon vielen empfohlen
und werde es auch weiter tun. Val. Göring. — . . . . . zu meiner
Befriedigung kann ich Ihnen die freudige Mitteilung machen, daß ich
mich wieder wohl und geſund fühle und wieder ein ganz anderer Menſch
bin. Werde mich b mühen, Ihr „Nerviſan” überall zu empfehlen, danke
Ihnen nochmals nachträglich Fr. Fuchs. ... und viele andere mehr.
Wenn man ſich unter Berufung auf dieſe Zeitung an Dr. med.
Robert Hahn u. Co., G. m. b. H. Magdeburg 676, wendet, ſo erhäſt
man vollſrändig koſtenlos und portofrei eine Probeſchachtel dieſer
nervenſtärkenden Paſtillen zugeſandt, außerdem auch noch ein Buch, in
welchem die Urſachen und die Heilung der Nervenleiden klar und
ver=
ſtändlich geſchildert ſind. Ein Mittel, welches von jedem aufs günſtigſte
beurteilt wird, ſollte man mindeſtens verſuchen, beſonders, wenn dieſer
Verſuch nichts koſtet.
(I.Mg184
Die Oktober=Putſchiſien vor Gericht.
* Hamburg, 5. Jan. (Priv.=Tel.) Wegen
Erſtür=
mung der ſtädtiſchen Polizeiwache Nr. 42 gelegent ich der
kom=
muniſtiſchen Oktoberunruhen in Hamburg, verurteilte das
außerorventliche Gericht des Reiches wegen vollendeten
Hoch=
verrats einen Angeklagten zu 10 Jahren, 6 Angeklaste zu je
6 Jahren 8 Angeklagte zu je 5 Jahren, 2 Angklagte zu je
4 Jahren, 3 Angeklagte zu je 2 Jahren und 2 Angeklagte zu je
11. Jahren Feſtung. Außerdem wurden wegen verbotenen
Waffentragens Gefängnisſtraſen von 3 Monaten bis zu einem
Jahre verhängt.
Einleitung von Strafverfahren gegen Berliner Bankiers.
Berlin, 5. Jan. Die Staatsanwaltſchaft hat
ge=
gen eine Reihe Berliner Banken und Bankiers
Strafverfahren eingeleitet, weil ſie durch zu hohe
Zins=
berechnung und Belaſtung mit unverhältnismäßig hohen
Vank=
ſpeſen zu den Zahlungsſchwierigkeiten des
Le=
bensmittelhandels bei etragen haben ſollen. Gegen
etwa ſechzig Firmen des Bankfaches ſollen Straſverfahren
ein=
geleitet ſein.
Wie wir erfahren, iſt die Bildung einer Kommiſſion in die
Wege geleitet, die ſich mit den Beziehungen zwiſchen den
Ber=
liner Banken und dem Nahrungsmittelhandel
beſaſſen ſoll. Der Kommiſſion ſollen, neben Vertretern der
Wücherpolizei, des Handels, der Induſtrie und Vanken,
vor=
ausſichtlich auch Vertreter der Reichsbank angehören.
Eine 700000 Mf.=Spende der Großbanſen.
Berlin 5. Jan. Die Commerz= und Privatbank, die
Darmſtädter und Na; onalbank, Deutſche Bank, die Direktion der
Diskonto=Geſellſchaſt, die Dresdener Bank, die Mitteldeutſihe
Kreoitcank, ſowdie die Ban=h uſer Haroy u. Cie. F. „.
Krauſe u. Cie., Delbrück, Schickler u. Cie., J. Dreyfuß
u. Cie. und AZendelsſohn u. Cie, haben zur Linderung der Not
in Deutſchland 700 000 Goldmark geſpendet. Von dieſem
Be=
trage wurden 150 000 Goldmark der Reichsgeſchäftsſtelle der
deutſchen Nothilfe überwieſen, der Reſt iſt für Terlin beſtimmt.
Er ſoll in dreimonatigen Raten ausgeſchüttet und für
Speiſun=
gen, Heizuny, Aitersfürſorge, Geſundheitspflege und ſonſtige
notwendige Unterſtützungen beſtehender karitativer
Organiſa=
tionen verwendet werden.
geahnt, daß ein Meer, einfach ein unendliches Waſſer, ſo viel
Schönheit geben kann. Die Inſeln natürlich ſind ja oft beſungen
Madeira taucht eines Frühmorgens vor uns auf, matt vergoldet
von der verſchleierten Sonne, ein Ozeantraum mit ſeinen
brau=
nen Bergen, dem ewigen Grün an den Abhängen, den
marmor=
weiß leuchtenden Häuſern und den bunten Fiſcherſegeln vor der
geſchwungenen Terraſſenbucht von Funchal. Dann kamen die
Cap Verdeſchen Inſeln, graue Anhäuſungen geometriſch kalten
Berge; tot, rätſelhaft ſtumm, undeutbar liegt dieſe harte braune
Maſſe ſchroff in dem kriſtallgrünen unendlichen Waſſerſpiegel.
Geſtern endlich — tagelang hatten wir kein Land, kein Souff
geſehen — zog Fernando Naronha an uns vorüber: wieder eine
Eilhouette großer felſiger Dreiecke, ſpärlich unterbrochen von
ein paar Rundungen und Plateaus. Wir erkennen Hütten, am
Fuße dreier eiſerner Telefunkentürme eine Allee von Palmen.
Man träumt von Robinſon und Tropen; aber dieſe Inſel iſt
furchtbar: die Braſilianer deportieren hierher ihre politiſchen
Verbrecher.
Die Inſeln, die vor dem landentwöhnten Auge des
Ozean=
fahrers auftauchen, haben für ihn etwas Befreiendes, etwas
Idylliſches, wie ein liebes Märchen. Deshalb finden wir ſie
immer ſchön‟. Das eigentlich Schöne aber iſt das Meer ſelber.
Es iſt eine unvergleichlich erhabene Symphonie von Farbe und
Ton. In der Höhe von Marokko ſchon — wo alſo noch Winter
war bekamen wir ſtrahlend heiße Sonne, wie bei uns in
Deutſchland — wie mag man dort jetzt frieren! — im Juli.
Da=
mit ſetzte das herrliche Spiel der unzähligen Farben ein, das
nun, da wir jenſeits des Aequators ja im vollen Sommer ſind,
ſeinen Höhepunkt erreicht. Azurblau weitet ſich das Meer, dann
wieder iſt es kriſtallgrün und wirft mit weißen Kämmen
glitzern=
des Filigran auf, ſchwarz und eiſern ſtand es, wenn der Regen
— der den afrikaniſchen Winter bedeutet — einſetzte; nachts
malt der Mond auf die dunkelblaue Fläche ſilberne Wunder,
man kmal ſäumt er den Horizont mit einem ganz ſchmalen
Streifen ein, dann wieder läßt er phantaſtiſch leuchtende Felder
entſtehen, auf denen man nächtliche Schlachten der Geiſter
wähnt oder er bewirft unzählige Wogenkämme mit Silber und
läßt ſie wogen und allmählich verzittern bis in die
Unendlich=
keit hinaus. An den Seiten des Schiffes glühen Millionen
greller, gol?gelber eleltriſcher Lämpchen auf, zuweilen ziehen
ſich lange Streifen von ihnen durch das Waſſek. Das iſt das
Meerleuchten.
Verflüffende Ueberraſchungen bereiten uns die kosmiſchen
Mächte in dieſen Gegenden. Mit unbeimlicher Schnelligkeit
ſauſte neulich die Sonne ins Meer, eine blutrote Scheibe; dann
war auch der Mond ſchon da, eine zarte, zunehmende Sichel,
nach einer Weile ſchwamm er auf dem Rücken dahin, mit den
Spitzen nach oben. Einen Mondregenbogen ſah ich in e r
die=
ſer Wundernächte, einen mächtigen Bogen mit allen
Spektral=
farben, mit den Enden auf dem Meere aufſtehend. Geſtern
zeigte mir der Offizier auf der Kommandobrücke den ſeltſamen
Lichtkegel eines Zodia allichtes, einen Nebelfleck konnte er
gleich noch dazu geben, und dann begann ich mich im ſüdlichen
Sternenhienmel zu orientieren, in einer mir bisher unbekann.en
Welt von tropiſcher Ueberfülle. Sirius glitzerte grün und rot
in meinem Glaſe, grelle Sterne mit ſeltſamen arabiſchen Namen
zählt und weiſt mir der Seemann auf, zwei große Sternſchnuppen
ſehe ich kurz hintereinander herabſinken. Dem alten
Volks=
glauben meiner Heimat gemäß wünſche ich mir ſchnell etwas,
Ich habe an Deutſchland gedacht. Zuerſt hatten wir noch
ziemlich regelmäßige Funkberichte bekommen, kurze Nachrichten
über die „Lage” (journaliſtiſch ſehr ſchlecht ausgewählt übrigens).
Seit vierzehn Tagen aber wiſſen wir gar nichts mehr von
unſe=
rer Heimat. Ich hätte nie für möglich gehalten, daß ich das
ülerhaupt ertragen lönne. Aber: es geht. Wohl kommen
Stun=
den ſchmerzvoller Grübeleien, Aufſchreie der Angſt und der
Sehnſucht, wohl zieht man alle Augenblicke Parallelen zwviſchen
dem Leben hier und dem daheim, aber es iſt doch nicht ſo — wie
ich gefürchtet hatte —, daß nun die ganze lange Zeit auf demn
„eintönigen” Meere in Melancholie verlaufen würde. Vielmehr
wäſcht gerade dieſes Meer viel von den Krankheitskeimen weg,
die ſich in Deutſchland auf unſere Nerven gelegt haben. Der
immerwährende Anblick der gewaltigen, unendlichen, ewigen
kosmiſchen Mächte ſtellt das Auge wieder auf die wirklich
gro=
ßen Gegenſtände ein: viel, um das man ſich jahrelang Sorge
machte, ſchumpft zuſammen vor der Gewißheit alles
beherrſchen=
der kosmiſcher Kräfte und organiſcher Geſetze. Daß man den
Glauben an die „Natur” auf dem Meere wiedergewinnt, ſcheint
mir nicht das kleinſte ſeiner Wunder.
Unſere „Ludendorff” iſt ein für Schriftſteller beſonders
ge=
eignetes Schiff; es ſteckt von oben bis unten voll mit
intereſſan=
tem Novellenſtoff. Da ſind zunächſt die Seemänner mit der
unerſehöpflichen Fülle ihrer Reiſeerinnerungen, mit ihren
Er=
lebniſſen in exotiſchen Ländern, in Kolonialkriegen, auf Kreuzer=
und U=Bootfahrten im Weltkriege. Nicht minder intereſſant ſind
die Berichte derer, die während des Krieges im Auslande
inter=
niert waren, die Erzählungen dann von den erſten
Wieder=
ausfahrten nach dem Friedensſchluß, von dem Zuſammentreffen
mit den Feinden von ehedem. Und nun die Artifen! Was
kön=
nen ſie aues erzählen, dieſe Welterfahrenen: von ihren Reiſen,
ihrem Glanz und ihrem Elend, von ſeltſamen Menſchen und
Tie=
ren, von den Cefahren ihrer Arbeit, von Dreſſurgeheimniſſen,
aus der Geſchichte des fahrenden Volkes, großer „Nummern”,
berühmter Unternehmungen. Irgend ein ruſſiſcher Dichter — ich
glaube: Korolenko — ſoll einmal bekannt haden, ſeine liebſten
Kameraden ſeien die Artiſten. Ich kann mir das jetzt fehr gut
vorſtellen. Man braucht nicht auf die Stoffjagd zu gehen; ſetzt
ſich zuſammen mit dieſen geſelligen Menſchen vom Zirkus und
hört ihnen zu, — ſie können ununterbrochen erzählen. Wenn
auch nur zwei von ihnen dabei ſind, dann lernt man ſchon ein
gewaltiges Stück der Erde kennen; denn die ganze Zirluswelt
hängt eng zuſammen, jeder kennt jeden, eine unſichtbare Poſt,
eine ununterbrochene mündliche Ueberlieferung verbindet alle,
die meiſten der großen internationalen Namen ſind verwandt,
verſchwägert.
Bei wundervollem Mondſchein liegen wir in der milden
Abendluft in unſeren Liegeſtühlen auf Deck, gedämpft klingt die
Muſik unſerer Kapelle herauf, und ein paar Artiſten — der
Bärendompteur, der Schulreiter, der italieniſche Jongleur —
tauſchen Erinnerungen aus. Sobald man einen irgendwo
an=
gedreht hat. läuft die Geſchichte meiter, ununterbrochen, bis ins
Endloſe. Wir haben alſo ſchon Glück und Ende der Renz,
Schu=
mann Auſch, Carrs, Wulff und wie ſie alle heißen durchgehechelt,
eine blendende Viſion märchenhaften Glanzes zog vorüber,
ein=
zelne ſcharfe Profile, phantaſtiſche Abenteurer, kurioſe Käuze
tauchen dazwiſchen auf: der ruſſiſche Manegekomiker Duroff, der
jetzt Profeſſor für Tierpſchologie in Petersburg iſt, der
Siour=
häuptling Quadalajara, der auf ſeinen Wunſch in Dresden in
Frack und Zylinder begraben wurde, Reiterinnen, die in Paläſte
einzogen und dann wieder in die wackelige Maringotte
zurück=
kehrten. Dompteure, die von ihren Raubtieren immer wieder
angefallen wurden, und immer wieder mit ihnen „arbeiteten”,
Athleten, die wie Simſon ihre Stärke durch eine Frau verloren,
„Onkel Hermann” (Blumenfeld), der in 30 Tagen mit ſeinem
Zirkus 30 Städte bereiſen wollte, Glückliche, die ſich ihr
Rentner=
häuschen kaufen konnten, und Greiſe, die heute noch in der
Manege ſtehen wie vor 50 Jahren.
Beladen mit Schickſal fährt unſer Märchenſchiff über den
Atlantik, Ländern zu, in denen jeder dieſer Paſſagiere ſich eine
beſſere Zukunft erhofft. Von dieſen Ländern und von dieſen
Schiaſalen in ihnen werde ich meinen Leſern nun demnächſt zu
berichten beginnen.
Seite 4.
Rummer 6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den G. Januar 1924,
Stadt und Land.
Darmſtadt, 6. Januar.
*Die Gas= und Waſſerpreiſe
und der Herr Beigeordnete Ritzert.
Die Stadtverordnetenverſammlung am Donnerstag ſollte
ſich auch mit der Erhöhung (!)der Gas= und
Waſſer=
preiſe befaſſen, doch wurde dieſer Gegenſtand auf eine
Sonder=
ſitzung am nächſten Donnerstag vertagt. Es liegt ein Antrag des
Oberbürgermeiſters vor, die Stadtverordnetenverſammlung wolle
beſchließen, daß mit Wirlung vom 15. d. Mts. ab (Beginn der
neuen Ableſeperiode) ein Gas= bzw. Waſſerpreis von
25 Goldpfennigen einſchließlich einer in Höhe von 10
Pro=
zent an die Stadtkaſſe abzuführenden Abgabe für ſoziale Zwecke
erhoben wird.
Alſo in Darmſtadt, das ohnehin den höchſten Gas= und
Waſ=
ſerpreis hat, ſoll zu einer Zeit, in der viele Städte gerechterweiſe
eine Herabſetzung der Gaspreiſe beſchließen, eine nicht
un=
erhebliche Erhöhung eintreten. Wir werden dazu noch
eini=
ges zu ſagen haben. Für heute wollen wir uns darauf
beſchrän=
ken, kurz auf einiges einzugehen, was der Herr
Beigeord=
nete Ritzert und der Herr Oberbürgermeiſter zur
Be=
gründung ihrer Vorlage gegen den Kampf zu ſagen für
ange=
bracht hielten, den das Tagblatt gegen die unſoziale,
unwirt=
ſchaftliche und ungerechtfertigte Preisbemeſſung der Gas= und
Waſſerpreiſe in Darmſtadt zu führen im Intereſſe der
Allgemein=
heit für ſeine Pflicht hielt. Herr Ritzert erklärte — wir wollen
unſeren Leſern das nicht vorenthalten —, er werde ſich bei der
Behandlung der neuen Gas= und Waſſerpreiſe nicht mehr auf
einen Zeitungskampf wie den letzten, wie er vor allem von dem
Tagblatt ausgefochten worden ſei, einlaſſen. Er werde ſich mit
ſolchen „Kindereien” nicht mehr beſchäftigen. Jeder, der
rechnen kann, hätte ſolches nicht bringen dürfen, um damit in der
Oeffentlichkeit „krebſen” zu gehen. Das Tagblatt ſtelle ſich hin
und ſage, wir ſeien die Wucherer der Stadt. Er ſprach ſchließlich
von „hyſteriſchen Formen” die der Kampf ſeinerzeit
an=
genommen habe.
Wir wollen uns heute im weſentlichen damit begnügen, dieſe
Ausfälle des Herrn techniſchen Beigeordneten der Stadt niedriger
zu hängen. Sie richten ſich von ſelbſt und kennzeichnen nichts
anderes als die ſehr ſchwache Poſition, die Herr Ritzert gaubt
vertreten zu können. Von dem erſten techniſchen Beamten hätte
man zum mindeſten ein ernſtes Eingehen auf Urteile und
Güt=
achten erwbarten können, die von Autoritäten ſtammten,
voraus=
geſetzt natürlich, daß die dazu erforderlichen Fähigkeiten
vorhan=
den ſind. Herr Ritzert aber — ſchimpſt. Das iſt nicht ſchön und
nicht klug. Man löſt damit nicht ſchwerwiegende ſoziale und
wirtſchaftliche Probleme.
Die Beweisgründe des Herrn Ritzert.
Zu meinem aufrichtigen Bedauern bin ich ſchon einmal
ge=
nötigt geweſen, Herrn Ritert darauf aufmerkſam zu machen, daß
man durch die Vernachläſſigung der üblichen geſellſchaftlichen
Formen nur beweiſt, daß man ſonſt nichts zu erwidern weiß.
Offenbar hat Herr Ritzert auf das Referat, das wir aus einer
Arbeit erſter Fachleute im Tagblatt gebracht haben, nun noch
weniger zu ſagen, denn er geht einen Schritt weiter und ſchimpft.
Das iſt ja bekanntlich das letzte Abwehrmittel, das man benützen
kann, wenn man um ſachliche und ſtichhaltige Erwiderung abſolut
verlegen iſt. Herr Ritzert nennt die von uns vorgeſchlagenen
Verkaufspreiſe kindiſch und bezeichnet die ſehr ernſte Bewegung
gegen die ungerechtfertigte Ueberteuerung, die die Kleinen und
Kleinſten der Bevölkerung ſchwer trifſt, als hyſteriſch — und tritt
in dem Augenbkick, da zum Beiſpiel das Gaswerk Frankfurt ſich
endlich veranlaßt ſieht, die Preife von 23. auf 21 Pfennig
herab=
zuſetzen, auch noch dafür ein, daß hier in dem ſo gutmütigen
Darmſtadt die Gaspreiſe auf 25 Pfennig
hinauf=
geſetzt werden und alle Vergünſtigungen auf Grund
etwai=
ger Staffeltarife fallen ſollen.
Das wagt Herr Ritzert in dem Augenblick zu vertreten, in
dem man überall einen Abbau der Preiſe anſtrebt und in dem
man zum Beiſpiel den Beamten kurzerhand erklärt, daß ſie ſich
mit ſtückſicht auf die Not des Staates mit geringeren
Entloh=
nungen begnügen müßten.
Auf dem Wege des Schimpfens, den der Herr ſtädtiſche
Bei=
geordnete Ritzert in ſo geſchmaavoller Weiſe vertreten hat, folgen
wir ihm nicht, ſondern begnügen uns vollkommen damit, ſeine
Haltung angeſichts der Not der Bevölkerung kurzerhand als
frivol zu bezeichnen. Das iſt, nebenbei bemerkt, kein
Schimpf=
wort, ſondern die ſcharf umriſſene Bezeichnung eines
Charakter=
mangels, der für einen Stadtvater fatal iſt.
Mit gründlichen ſachlichen Darlegungen werden wir aber
nicht verfihlen, im Intereſſe der Bürgerſchaft Herrn Ritzert
dem=
nächſt noch zu dienen. Dipl.=Ing. Adolf v. Lippmann.
— In den Ruheſtand verſetzt wurde: am 22. Dezember 1923 der
Oberlandesgerichtsrat bei dem Oberlandesgericht in Darmſtadt Dr. Aug.
Zimmermann auf ſein Nachſuchen mit Wirkung vom 1. F=bruar
1924 unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten langjährigen
treuen Dienſte.
— Heſſ. Landestheater. „Was Ihr wollt”, Heute, Sonntag,
den 6. Januar, wird im Kleinen Haus in der Neuinſzenierung und
Neucinſtudierung von Joſeph Gielen zum erſten Male Shakeſpeares
Luſtſpiel „Was Ihr wollt” gegeben. Die Bühnenbilder beſorgt 2. C.
Pilartz.
— Steuern und ſonſtige Forderungen des heſſiſchen Staates,
ſoweit ſie auf Goldbaſis geſtellt ſind, können durch Hingabe von
Stücken der Heſſiſchen Dollaranleihe (Dollarſchatzanweiſungen) in
Höhe ihres Nennwertes bezahlt werden. Das Landesfinanzamt
Darmſtadt hat den ihm unterſtellten Finanzämtern und
Finanz=
kaſſen entſprechende Weiſung zugehen laſſen.
— Verkehr aus dem beſetzten Gebiet. Die
Rheinlandkommiſ=
ſion hat mit ſofortiger Wirkung für die Bewohner des
be=
ſetzten Gebietes die Verpflichtung zur Einholung eines
Viſums für den Verkehr nach dem unbeſetzten Gebiet und zurück
aufgehoben. Die Bewohner des beſetzten Gebietes können alſo
künftig auf Grund eines von der deutſchen Behörde
aus=
geſtellten Ausweiſes die Grenze nach beiden Richtungen
über=
ſchreiten. Für die Bewohner des unbeſetzten Gebietes
gel=
ten weiterhin die ſeitherigen Vorſchriften. Es iſt alſo die
Ein=
reiſeerlaubnis der franzöſiſchen Behörde erforderlich.
— Weihnachtsausſtellung am Rheintor. Die Ausſtellung iſt nur
noch eine Woche lang geöffnet, und wird allen, die ihren Beſuch
bis=
her verſäumt haben, warm empfohlen. Der Sonntag, 13. Januar,
wird ihr letzter Tag ſein. Die ausſtellenden Künſtler werden gebeten,
ihre eingeſandten Werke in der Woche vom 14.—2). Januar, in der
auch die Verkäufe in Empfang zu nehmen ſind, wieder abzuholen. Um
ein in einer Beſprechung enthaltenes Mißverſtändnis zu berichtigen,
wird nacgetragen, daß die Weihnachtsausſtellung nicht jurhfrei war.
Die ſeinerzeit bekannt gemachte Jury hat vielmehr eine ſehr
ſorg=
fältige Auswahl unter den eingeſchickten Werken vorgenommen. v. H.
— Möblierte Zimmer. Die fetzt nur noch Montags prazis 4 Uhr in
den Räumen des Hausfrauenhundes (früheren Artilleriekaſerne,
Heidel=
berger Straße, Eingang Wilhelmſtraße) ſtattfindende Beratungsſtunde
in Mietangelegenheiten mußte an den beiden letzten Montagen wegen
des Beſcherabends und wegen Silveſter leider ausfallen; ſie wird aber
weiter regelmäßig abgehalten werden, ſo lange ſich noch ein Bedürfnis
ergibt. Durch die Goldmarkrechnung iſt in den die Vermieter
möblier=
ter Zimmer angehenden Fragen eine ſehr erhebliche Vereinfachung
ein=
getreten; auch iſt in” dem ausführlichen Artikel „Möblierte Zimmer”, in
Nrr 359 des Tagblatt,3 vom 29. Dezember alles das zuſammengeſtellt,
toas für die Vermieter zu wiſſen nötig iſt, ſo daß erwartet werden
kann, daß die Vermieter ſich, wenn ſie dieſen Artikel genau leſen, ſofern
nicht ganz beſondere Verhältniſſe vorliegen, nun im weſentlichen allein
zurechtfinden können. Die Ausführungen des genannten Artikels, der
zunächſt den Dezember ins Auge faßte, gelten im allgemeinen auch für
Januar. Bei den 3 Goldmark für die gewöhnliche Bedienung, die in
den 10 Goldmark Micte monatlich für ein Normalzimmer enthalten
ſind, war mit einem Aufwartefrauen=Stundenlohn von 20 Pf. (wenn
die Aufwartefrau kein Eſſen erhält) gerechnet. Jetzt muß aber mit
einem Stundenlohn von 25 Pf. (ohne Eſſen) gerechnet werden, ſo daß
ſich für Januar der monatliche Bedienungsſatz von 3 auf 4. Goldmark
und demgemäß die Monatsmiete für ein Normalzimmer von 10 auf
rund 11 Goldmark erhöht. Daraus ergibt ſich alles weitere. Eine
Er=
höhung der mit 3 Goldmark in dieſen 10 bzw. 11 Goldmark enthaltenen
Miete für den leeren Naum tritt nicht ein, da die Haupt=
Wohnungsmie=
ten im Januar dieſelben geblieben ſind wie im Dezember, uämlich
17 Prozent (— rund ein Sechſtel) der Friedensmiete.
— Reichsgründungsfeier. Die Deutſche Volkspartei
veranſtaltet auch in dieſem Jahre abends im Großen Haus des
Landestheaters eine öffentliche
Reichsgrün=
dungsfeier. Neben einer Anſprache wird das geſamte
Orcheſter des Landestheaters unter perſönlicher Leitung von
Herrn Generalmuſikdirektor Balling mitwirken. Nähere
Be=
kanntgabe erfolgt noch.
—Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Der Unterricht beginnt
in allen Fächern am Montag, den 7. Januar. — Im
Fernſprech=
verkehr mit der Städtiſchen Akademie ſind folgende Anſchlüſſe zu
beachten: Sekretariat und Auskunft: Stadtamt Nr. 424;
Amts=
zimmer des Direktors (Städt. Muſikdireltor Schmitt):
Stadt=
amt Nr. 425; Privatwohnung des Direktors (Heide reichſtr. 17);
Stadtamt Nr. 434.
— Zweiter Kammermuſikabend des Drumm=Quartetts. Am
Don=
nerstag, den 10. Januar, um 8 Uhr, veranſtaltet das Drumm=Quartett
unter Mitwirkung von Kapellmeiſter Joſeph Roſenſtock im Kleinen Haus
des H.ſi. Landestheaters einen zweiten Kammermuſikabend. Zur
Auf=
führung kommen Werke von Brahms, Hermann Götz und Anton Docrak.
Ev. Jugenbgerichtshilfe. Die Helfer und Helferinnen werden auf
Montag, den 2. Januar, abends 8 Uhr, ins Gemeinbehaus der
Johan=
nisgemeinde, Kahlertſtraße 26, eingeladen.
— Die Weihnachtsfeier der Hstel=, Reſtaurant= und Caféhaus=
Ange=
ſtellten, welche am Donnerstag in den Räumen des „Konkordiafaales”
ſtattfand, nahm einen überaus ſtimmungsvollen und befriedigenden
Ver=
lauf. Die Vortragsfolge wurde durch Muſikſtücke eine gut eingeſpielten
Kapelle eingeleitet, Geſangsvorträge eines ausgezeichneten
Männerquar=
tetts wcchſelten damit ab, für die humoriſtiſche Note ſorgte Alex
Wagenbach mit durchſchlagendem Erfolg, welcher auch für die
er=
krankten Soliſten Fritz Kilian und Geſchwiſter Hartmann in
dankens=
werter Weife einſprang. In der Begrüßungsanſprache gedachte der
Vorſitzende Kurt Dölz der Toten des Kollegenkreiſes, verbreitete ſich
über die wirtſchaftliche Lage des Berufsſtandes und ſprach die Hoffnung
aus, daß auch bald beſſere Zeiten eintreten möchten. Von den Gäſten
gab der Vorſitzende Schnauber der Gaſtwirte=Innung der
Genug=
tuung Ausdruck, daß die aus der ſchwierigen Lage des Gewerbes
reſul=
tierende Spannung zwiſchen Wirten und Angeſtellten im Schwinden ſei
und betonte, daß nur in gemeinſamem Handeln der in
Schickſalsgemein=
ſchaft Verbundenen der Weg aus den gegenwärtigen Nöten zu finden
ſei. Eine wohlgelungene Ueberraſchung bildete das Erſcheinen des
Knecht Rupprecht (Bauer), welcher unter den Klängen des
Stille Nacht, heilige Nacht” den Kindern beſcherte. Der Gabentiſch der
Verloſung war reich beſchickt; beſonderer Dank gebührt hier der
Firma Janſſen für ihre anſehnlichen Stiftungen ſowohl, als auch für
die bisher geübte großherzige Unterſtützung der Erwerbsloſen. Auch die
ausgezeichnete und preiswürdige Bewirtung ſeitens des Feſtwirtes fand
bei den fachkundigen Gäſten uneingeſchränkte Anerkennung. Der
Feſt=
ball hielt die Teilnehmer in beſter ungetrübter Stimmung bis in die
frühen Morgenſtunden beiſammen.
— Orpheum. Es ſei darauf aufmerkſam gemacht, daß am Sonntag
die letzten Aufführungen von „Venus im Grünen” gegeben werden. Auf
dem Spielplan ſteht für Montag die Erſtaufführung von „Incognito”.
Nach der Aufführung ſtehen elektriſche Wagen für die Fahrt nach der
Stadt zur Verfügung.
* Konzert.
N. Zum Beſten der Altpenſionäre des Heſſiſchen
Landes=
theaters fand in der Stadtkirche ein Konzert ſtatt, das
ſowohl durch die wertvolle Vortragsfolge und die
ausgezeich=
neten ausführenden Künſtler, als auch um des guten Zweaes
willen noch ſtärkeren Beſuch verdient hätte. Wir haben Herrn
Eberhard Delp ſeit längerer Zeit nicht gehört und ſtellen mit
großer Freude feſt, daß ſeine Technik ſich noch weſentlich
vervoll=
kommnet hat, daß ſeine vorzüglichen muſikaliſchen Anlagen ihn
ſicher bei dem Aufbau und der Wiedergabe umfangreicher Werke
leiten und daß er die große prachtvolle Orgel unſerer Stadttirche
ausgezeichnet auszunutzen verſteht. Beim Soloſpiel wie beim
Begleiten fand er treffliche Farben, und hielt ſtets die richtige
Mitte zwiſchen Schlichtheit und Virtuoſität des Vortrags.
Toc=
cata und Fuge in A=Moll aus Max Regers Opus 80 und
Prä=
ludium und Fuge in F=Dur aus Opus 85 ſtellen beide höchſte
Anfordeungen an den Spieler, die erſte durch geiſtvolle
Virtuoſi=
tät, die andere durch ihren gedankenreichen Ernſt und die
aus=
geprägte Klangſchönheit.
Fräulein Anni Delp, die ſtets weiterſtrebende
Violin=
künſtlerin, leiſtet in Ausgeglichenheit und reinem Wohllaut des
Tones Ausgezeichnetes. Sie ſteht ſo über dem Techniſchen, daß
ſie nur im Ausdruck zu leben ſcheint. Mit ihrem Bruder trug ſie
ein wertvolles Variationswverk von Joſ. Rheinberger Opus 150
vor, außerdem begleitete ſie bei zwei Kantaten=Arien von Joh.
Seb. Bach mit obligater Violine, die Frau Baumeiſter=
Jacobs mit ihrer reifen Geſangskunſt zum Vortrag brachte.
Die in allen Lagen ausgeglichene Stimme, die Sicherheit des
Techniſchen und die vorbildliche Ausſprache bringen die
geſang=
lich ſtets ſchwierigen Bachſchen Werke zu ſchönſter Wirlung.
Auch Herr Alexis af Enehjelm gab ſein Beſtes in zwei
geiſt=
lichen Liedern von Hugo Wolf und Nietzſche=Mahlers „
Mitter=
nacht‟. Sein vornehm durchdachter Vortrag kommt nirgends ſo
wie im Lied zur Geltzing. Herr Fritz Valk rezitierte aus der
Offenbarung Johannes und ließ durch ſein klangvolles Organ
und ſeine meiſterhaſte Sprachbehandlung Gedanken und
Sprach=
ſchönheit in gleich ſtarker Weiſe wirken.
— Konzert=Matinee. Die im Wochenſpielplan für Sonntag, den
G. Januar, vormittags 11 Uhr, im Kleinen Haus angekündigte Konzert=
Matinee Alice Orff, Fredy Wiener, Guſtav Beck findet nicht ſtatt.
— Liedertafel. Das dieswinterliche Liedertafelkonzert findet am
Sonntag, den 27. Januar nachmittags, ſtatt. Es ſteht unter dem
Motto: „Zeitgenoſſen” Zur Mitwirkung ſind nur allererſte Kräfte
gewonnen worden. Niheres folgt.
— Ein Schu=:terling, der ausgerechnet am geſtrigen kälteſten
Tage dieſes Winters Luſt verſpürte, den Frühling vorzeitig
anzukün=
digen wurde von Herrn Franz Töppel, Karlsſtraße 21, gefangen und
der Redaktion geſtiftet. Er flog geſtern noch munter umher, dürfte aber
doch bald den Ernährungsſchwierigkeiten zum Opfer fallen; es fehlt
uns an Nektar und Blütenſtaub!
Lokale Veranſtkaltungen.
Die dlerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachien,
in ſeinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kriiik.
— Verein für Vogel= und Geflügelzucht. Wie aus
dem Anzeigenteil erſichtlich, findet die diesjährige Hauptverſammlung am
21. d. M. ſtatt. Außer der Entgegennahme der verſchiedenen Berichte
ſtehen die Neuwahl des Vorſtandes, die Neuregelung der Beiträge und
ſonſtige Anträge auf der Tagesordnung und wird um eine zahlreiche
Beteiligung gebeten.
Aus den Parteien.
— Deutſche Volkspartei. Wir verweiſen erneut auf den
nächſten politiſchen Abend der Ortsgruppe, der am Montag, den
7. Januar, abends 8 Uhr. bei „Sitte” (gelber Saal) ſtattfindet. Der
Vorſitzende, Herr Nechtsanwalt Dingeldey, M. d. L., wird über
die Reichs= und Lany= spolitik ſprechen. Der Vortrag darf
größeres Intereſſe beanſprucken und wird deshalb um eine rege
Betei=
ligung der Parteifreunde gebeten.
Deutſche Demokratiſche Frauengruppe. Mittwoch,
den 9. Januar, nachmittags, Hauptverſammlung: 1. Geſchäftsbericht,
2. Vorſtandswahl, 3. Ausſprache über Bildungsfragen, beſonders das
Mädchenſchulweſen betreffend. Referentin Frl. Pöpperling. Die
Zu=
ſammenkunft iſt im Parteilokal.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am Dienstag finder
eine Vorſtandsſitzung ſtatt, zu der wir alle unſere Vorſtandsmitglieder
einladen. Es ſtehen dringende Beſpcechungen auf der Tagesordnung.
Die Sitzung iſt im Parteilokal.
Deutſche Demokratiſche Jugendgruppe. Am
Mitt=
woch iſt Heimabend. Es findet eine Beſprechung der Vorſtandswahl
ſtatt. Dann werden noch die letzten Vorbereitungen für die Feier amr
12. Januar getroffen.
* Erbach i. D., 4. Jan. Erfroren. Auf dem Waldweg „Drei
Weg — Schnappgalgen” wurde eine in den 30er Jahren ſtehende
Näherin, die ven Hetzbach nach Airlenbach unterwegs war, und ſeit dem
30. Dezember vermißt wurde, erfroren aufgefunden.
* Offenbach, 4. Jan. Die Offenbacher
Lebenshaltungs=
koſten haben ſich auf Grund der Aufwandzahl auf das 1220
milliarden=
fache der Vorkriegszeit erhöht.
O Alsfeld, 4. Jan. Das „Deutſche Haus” ein weithin
be=
kanntes Gaſthaus, das zuletzt der jetzt wieder geſchloſſenen Filiale der
Darmſtädter und National=Bank als Unterkunft diente, ſoll demnächſt
wieder als Wirtſchaftsbetrieb eröffnet werden.
O Laubach (Tberbeſſen), 4. Jan. Unfall. Hier ſtürzte die
hoch=
betagte Witwe Thiers mit ihrem Korb voll Holz in ihrer Wohnung
die Treppe ſo unglücklich hinab, daß ſie das Genick brach.
O Nieder=Beſſingen (Oberheſſen), 4. Jan. Denkmalsweihe.
An Neujahr iſt das hieſige Denkmal zum Gedächtnis der im Weltkrieg
Gefallenen feierlich eingeweiht worden. Das Denkmal ſteht neben der
Kirche unter der Luthereiche. Unſer Ort hat den Heldentod von zehn
Gefallenen zu beklagen.
* Sternſinger.
Eine volkskundliche Studie zum Dreikönigstag.
Von Ernſt Edgar Reimerdes.
bz. Aus den etwa ſeit dem 12. Jahrhundert bekannten
Drei=
lönigsſpielen, deren Blütezeit in das Mittelalter fiel, dürften
die Umzüge der Stern= oder Dreikönigsſinger hervorgegangen
ſein, wie ſie früher in ganz Deutfchland und darüber hinaus
zwiſchen Weihnachten und dem 6. Januar, manchmal auch ſchon
vor Weihnachten abgehalten wurden. In Anbetracht ihrer großen
Beliebtheit beim Volk iſt es begreiflich, daß die Geſtalten der
hei=
ligen drei Könige aus den Kirchen auf die Straße und in die
Häuſer gelangten. Hier trat der alte Drang des Volkes, nicht
nur zuſehen, ſondern ſelbſt mitſpielen zu wollen, deutlich zutage.
Urſprünglich dienten die Umzüge der Sternſinger lediglich der
religiöſen Erbauung, ſpäter ſanten ſie zu Bettelgängen herab.
Die früheſten Berichte über die Sternſinger ſtammen aus
dem Ende des 16. Jahrhunderts, doch dürfte die Sitte viel älter
ſein. Vielleicht ſind die Umzüge auf den Glauben unſerer
heid=
niſchen Vorfahren an den Umzug der Götter auf Erden während
der Zwölften und auf allerlei Mummenſchanz zurückzuführen.
Urſprünglich waren es nur die Weiſen aus dem Morgenlande,
die, von jungen Burſchen dargeſtellt, mit einem erleuchteten
Stern auf hoher Stange herumzogen und Weihnachts= und
Dreikönigslieder ſangen. Später kamen noch andere Geſtalten:
Herodes und ſein Bedienter, Schriftgelehrte, ein Engel und einige
Kirten hinzu, die Rede und Gegenrede führten, wodurch eine
dramatiſche Szene entſtand. Dieſe Form war noch in den 90er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Münſtermaifeld in
der Eifel bekannt. Auch in Roſenheim wurde bis in unſere Zeit
hinein ein Dreikönigsſpiel aufgeführt, das in einzelnen Teilen
ſehr alt iſt. — Im Elſaß kannte man das Sternſingen ſeit der
Reformation, jetzt iſt es in Vergeſſenheit geraten. Dort, ſowie in
der Pfalz, traten meiſt nur Knahen auf, die nach dem Geſanz
Gaben einſammelten. In der Pfalz hießen ſie Sternbuben, ſie
ſtammten meiſt aus dem armen Goſſersweilertal, erſchienen in
weißen Hemden, hatten Kronen aus Buntpapier aufgeſetzt und
Beutel für die Gaben umgehängt.
Ein Bericht aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts ſchildert
den Brauch des Sternſingens in Hamburg folgendermaßen:
„Da war ein Stern zu tragen, ſo großmächtig, daß ſeine
Strah=
len den kleinen Träger vorn ganz bedeckten, während hinten ein
unhiſtoriſcher (2) Kometenſchweif nach ſchleifte; da waren drei
Könige vorzuſtellen mit langen Ziegenbärten, ſchleppenden
Män=
teln, mit goldpapiernen Kronen, langen Szeptern und
Kegel=
kugeln als Reichsäpfel. Und unter den dreien war gar ein
ſchwar=
zer Mohrenkönig. So zogen die unheiligen drei Könige langſam
und bedächtig durch die Gaſſen, gefolgt von jubelnden
Kinder=
ſcharen, deren Geſchrei nur verſtummte, wenn vor den Türen
an=
geſehener Leute die Könige mit ihrem Sternträger ganz ehrbar
ein geiſtliches Lied zu ſingen begannen. Es folgte aft ein
welt=
liches Schelmenlied, das ganz arglos mit derſelben trübſeligen
Miene vorgetragen wurde, als wär’s ein Bußpſalm. Dann
ſam=
melten ſie milde Gaben ein, Butterbrot, Kuchen, Aepfel und
Nüſſe, ſelten bares Geld. Häufig nötigte man ſie in die Häuſer
zum Entzücken der kleinen Kinder, welche ſich anfangs in ſcheuer
Ehrfurcht den vermummten Geſtalten näherten, aber zuletzt
ſelbſt mit dem ſchwarzen Mohren Freundſchaft ſchloſſen. Sie
ſchieden mit dem alten, hell herausgegröhlten Verſe:
„Die heiligen drei Könige mit ihrem Stern,
Sie eſſen und trinken und bezahlen nicht gern.”
In Thüringen, wo das Sternſingen einſt allgemein üblich
war, trugen zwei der als Könige verkleideten Burſchen
vergol=
dete Spieße, der dritte auf einer Stange einen großen vergoldeten
drehbaren Stern, in defen Innern Erbſen lagen, die beim
Dre=
hen ein raſchelndes Geräuſch hervorbrachten. Unterhalb des
Sterns befand ſich ein kleines, mit Grün geſchmücktes Häuschen,
hinter deſſen erleuchtetem Fenſter eine Puppe, Herodes
darſtel=
lend, ſichtbar war. Neben dem Hauſe des Herodes lag links eine
kleine Buchsbaumlaube, rechts ein Stall mit Maria, Joſeph, dem
Chriftkind in der Krippe ſowie Ochs und Eſel. Mit dieſem
Drei=
königs= oder Herodeskaſten zogen die Burſchen von Haus zu
Haus und ſangen oder ſprachen mit verteilten Rollen alte Reime
von der Geburt Jeſu und dem Beſuch der Könige, wobei die
Puppen entſprechend bewegt wurden. Zur Belohnung erhielten
die Sternſinger Eßwaren oder Geld.
Beſonders großartig geſtaltete ſich das Sternſingen ehemals
in Hildesheim. Schon von Mitte Dezember an zogen Männer
aus dem Bürgerſtand, als heilige drei Könige verkleidet, in
Be=
gleitung eines Herodes und mehrerer Muſikanten umher und
ſangen ihre Lieder. Der Mohrenkönig trug einen großen, mit
einem Marienbilde geſchmückten, transparenten Stern, in deſſen
Innern Lichter brannten. Es gelangten Geſänge zum Vortrag,
welche die Geburt Chriſti, den Beſuch der Weiſen und die
Ver=
folgung der unſchuldigen Kindlein behſandelten. Da es bei den
Umzügen bäufig zu Ruheſtörungen kam, erließ die Behörde
wie=
derholt Verbote gegen das Sternſingen, aber das Volk kehrte ſich
nicht daran. — In Schleſien ziehen auf dem Lande, beſonders im
Gebirge, heute noch am 6. Januar drei Burſchen als Könige aus
dem Morgenlande ausſtaffiert umher und ſingen ihre alten
Lie=
der. Ehemals ſchloſſen ſich den drei Königen Herodes und ſein
Begleiter Laßan, die luſtige Perſon des Enſembles, ſowie einige
Engel und Hirten an. Aus Rede und Gegenrede entſtanden die
einſt durch ganz Schleſien verbreiteten Sternſingerſpiele, eine
Fortſetzung der mittelalterlichen Weihnachtsſpiele. — In der
Propinz Sachſen, zum Beiſpiel in Torgau und Umgegend, ziehen
die Kinder mit einem großen erleuchteten Oelpapierſtern herum.
In der Mitte befindet ſich ein Haus, deſſen Fenſter mittels eines
Fadens ſich auf= und zumachen läßt, um eine Figur, Herodes,
bei beſtimmten Stellen des zum Vortrag gelangenden Liedes
erſcheinen zu laſſen. — Am Niederrhein gehen Kinder mit dem
ſogen. Dreikönigskaſten, in dem ſich drei Puppen befinden, die die
Könige aus dem Morgenlande vorſtellen, von Haus zu Haus. —
Früher zogen in Franken arme Leute mit langen Hemden über
ihrer Kleidung, Ledergürteln und Papierkronen ſingend umher.
In gleicher Verkleidung gehen heute noch in Weſtfalen,
Schwa=
ben und in der Mark drei Knaben Haus bei Haus, davon einer
als Mohrenkönig mit geſchwärztem Geſicht. — Im Harz kennt
man ſeit langer Zeit das Sternſingen auf Großneujahr (6.
Ja=
nuar). Ehemals hielten es gewiſſe arme Gebirgsdörfer des
Oberharzes für ihr Privilegium, alljährlich vom 1. bis 6. Januar
verſchiedene Gruppen von heiligen drei Königen, auch wohl
Sterngucker genannt, weit ins Land hinein zu ſchicken, um Gaben
einzuſammeln, wie es bis in die Gegenwart hinein von Schierke
aus geſchah. — Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts war die
hübſche Sitte des Sternſingens in Deutſchland und darüber
hin=
aus weit verbreitet, und wenn ſie auch heute noch nicht ganz
aus=
geſtorben iſt, ſo bedarf ſie doch dringend der Neubelebung.
Nummer 6.
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 6. Januar 1924
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Daſchinenſchreiben
[ ← ][ ][ → ]Seite 6.
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den G. Januar 1924.
Rummer G.
Reich und Ausland
Beſtrafte Verräter.
Wiesbaden. Der Separatiſt Schorn war bei dem Ueberfill
auf den Geldtransport am „Wandersmann” beteiligt. Weil er ſich
da=
bei einer Amtsanmaßung ſchuldig gemacht hatte, ſollte er durch die
franzöſiſche Gendarmerie in der Wohnung von Dortens Generalſekretär
Kaiſer verhaftet werden. Kaiſer leugnete die Anweſenheit Schorns,
beſchimpfte die Beamten und griff dabei nach der Taſche, in der er einen
Revolver trug. Kaiſer und Schorn wurden ſofort in Haft genomimen
und Kaiſer jetzt wegen ſeines Verhaltens zu 20 Tagen Gefänguis
und 400 Goldmark Geldſtrafe verurteilt. Schorn hat ſich noch vor
dem Militärgeriht wegen der Amtsanmaßung und vor dem deutſchen
Gericht wegen des Raubüberfalls zu verantworten.
Von den Franzoſen aus dem Gerichtsſaal heraus verhaftet.
Mannheim. Vor dem Schöffengericht ſollte ſich der Arbeiter
Heinrich Schiffer wegen Hausfriedensbruchs verantworten. Der Mann
ſtand im Zuſchauerraum und wartete auf ſeinen Fall, als jemand auf
ihn zutrat und ihm ſagte, er ſolle mit ihm vor die Türe kommen.
Ahnungslos ging Schiffer mit, aber draußen ergriffen ihn mehrere
fran=
zöſiſche Kriminalbeamte und führten ihn unter Bedrohung mit dem
Revolver, angeſichts der jammernden Frau und des auf dem Vorplaß
ſich anſammelnden Publikums ab. Er wurde nach Ludwigshafen
ge=
bracht. Von einem franzöſiſchen Kriegsgericht war er wegen erſchwerter
Körperverletzung in Abweſenheit zu einer Gefängnisſtafe von
zweiein=
halb Jahen verurteilt worden, und trotzdem ſo unklug geweſen der
Ladung vor das Schöffengericht zu folgen, das im Mannheimer Schloß
auf beſetztem Gebict tagt. Die Denunziation ſoll von Belaſtungszeugen
ausgegangen ſein; im Publikum wurde ſogar von Verwandten geſprochen.
Staatliche Spürhunde.
Karlsruhe. Wie die Karlsruher Zeitung von zuſtändiger Seite
erfährt, werden nicht nur bei der Polizeihundeſchule in Karlsruhe,
ſon=
dern neuerdings auch für das Oberland bei der Freiburger Polizei
ftaatliche Spürhunde gehalten. Die Hunde ſtehen zur Verfolgung von
Berbrechern den ſtaatlichen Behörden und Polizeiwachen zur Verfügung.
Mitternachtsſpuk.
München. Man kann ſich mancherlei Vergnügen machen, wenn
man übriges Geld hat. Der eine geht ins Gebirge und bleibt im Schnee
ſtecken, der andere ſchiemmt, der dritte fühlt ſich zum weiblichen
Ge=
ſchlecht hingezogen und verliebt ſich zuletzt in einen — Kleiderkaſten.
Das gibts! Mag es noch ſo ſeltſam klingen. Kam da ein Kaufmann
nach München als Vertreter einer Firma, die ſich einige Speſen leiſten
kann. Da er anſcheinend an der Geſpenſterfurcht litt, mochte er bei der
Nacht nicht allein ſein und lud zwei Freunde weiblichen Geſchlechts zu
ſich ins Hotelzimmer. Man unterhielt ſich gut und die Freunde
unter=
hielten den Fremdling beſtens durch Zauberei. Sie ließen 150
Renten=
mark, die ihm gehörten, einfach verſchwinden, ohne daß der Beſitzer
wieder eine Spur don ihnen entdeckte. Plötzlich ein Numpler an der
Tür — wir leben ja in den 12 Nächten, wo die Geſpenſter beſonders
wirkſam ſind —, dann noch ein Rumpler, und dann geht die Tür auf.
Die Polizei erſcheint, findet Zauberinnen, die verhexten Nentenmark
und am Ende im Kleiderkaſten auch den ängſtlichen Kaufmann, der wohl
zeitlebens an die Spuknacht in München zurückdenken wird.
„Beſtätigtes und vollſtrecktes Todesurteil.
Ellwangen. Das Todesurteil gegen den Hilfsarbeiter Ernſt
Richmann von Untertürkheim und den Fräſer Wilhelm Geiſt von
Cannſtatt wegen Raubmordes an dem Kriegsivaliden Jakob Stingel
von Weilheim wurde geſtern vormittag in Ellwangen vollſtreckt.
Die Kataſtrophe der „Dixmuide‟.
Paris. Nach einer Radiomeldung haben die Nahforſchungen
nach der „Dixmuide” ergeben, daß Ueberreſte des Luftſchiffes in einem
Kreiſe von einer halben Seemeile Radius=gefunden worden ſeien, deſſen
Mittelpunkt drei Meilen von San Marco entfernt liegen ſoll.
Sport, Spiel und Turnen.
Fußball.
Das heutige Pokalſpiel des Sportvereins Darmſtadt gegen V.f.L.
Neckarau findet wegen Vereiſung des Stadionſpielfeldes infolge
Waſſer=
rohrbruchs auf dem Hochſchulplatze ſtatt, der dem Verein in
liebens=
würdiger Weiſe zur Verfügung geſtellt wurde. Vom Zuſchauerplatz iſt
der Schnee beſeitigt. (Näheres Anzeige.)
Fußball=Abteilung der Freien Turngemeinbe Darmſtadt.
Gäſte aus dem beſetzten Gebiet empfängt heute nachmittag halb 3
Uhr die erſte Mannſchaft in Geſtalt der erſten Elf der Fr. Tgde, Worms.
Auch dieſes Treffen dürfte ſeine Anziehungskraft nicht verfehlen. Worms,
längere Zeit durch die Beſatzungsſchwierigkeiten von dem unbeſetzten
Gie=
biet abgeſchnitten, nimmt mit dieſem Spiel erſtmalig wieder Fühlung mit
dem 9. Kreis vom Arbeiter=Turn= und Sportbund, zu welchem Kreis es
gehört. Auf den Ausgang darf man geſpannt ſein. Vorher ſpielen die
zweiten Mannſchaften beider Vereine.
Freie Turngemeinde Sprendlingen I — „Fidelio” Traiſa I.
Genannte Mannſchaften ſtehen ſich heute vormittag auf dem Platze
der Freien Turngemeinde Darmſtadt, Windmühle, in einem Treffen um
die Bezirksmeiſterſchaft gegenüber. Das Spiel war ſchon für vergangenen
Sonntag angeſetzt, fiel aber den Witterungsverhältniſſen zum Opfer.
Auch hier dürfte, wie ja ſchon in der letzten Vorb ſprechung an dieſer
Stelle geſchrieben, guter Sport zu erwarten ſein. Ei Beſuch iſt daher
zu empfehlen.
Ringen.
Mannfchaftskämpfe der B=Klaſſe des Odenwaldgaus.
=h=Eine recht verzwickte Geſchichte ſcheint die Austragung der
Mann=
ſchaftskämpfe der B=Klaſſe im Odenwaldgau des D.A. S. V. 1891 zu geben.
Der vom Vo=ſtand angeſetzte Termin wurde von der weſtlichen
Gau=
hälfte überhaupt nicht eingehalten. Die Schuld trägt Nieder=Ramſtadt
nicht nur, weil der Verein ſeine Ringmatte, die ſchon monatelang
repi=
raturbedürftig iſt, nicht inſtand ſetzen ließ, ſondern weil er ſich auch nicht
darum bemühte, eine andere Matte herbeizuſchaffen, was ihm durch
die unmittelbare Nähe von Darmſtadt und Ober=Ramſtadt ein Leichtes
geweſen wäre. Daß den Nieder=Namſtädtern durch die Austragung
dieſer Kämpfe eine Einnahmemöglichkeit geſchaffen war, mit der ſie
eventuell die Inſtandſetzung der Matte beſtreiten konnten, ſei nur
neben=
bei bemerkt. Auch in Altheim war die Sache ſehr mäßig. Nur zwei
Vereine (Altheim und Dieburg) traten zum Kampfe an. Arheilgen,
Eppertshauſen und Groß=Umſtadt fehlten (trotz Verbandsſtatut);
Ar=
heilgen iſt wegen der Beſetzung noch zu entſchuldigen, Eppertshaufen
macht ſchon eine jahrelange Kriſe durch (Turnen=Sport).
Ausgerech=
net Groß=Umſtadt, das in einer Neihe von Feſten und Veranſtaltungen
der Unterſtützung ſämtlicher Gauvereine teilhaftig wurde, fehlte. Daß
bei ſolchen Zuſtänden mit Güte nicht mehr auszukommen iſt, bedarf
wohl kaum noch betont zu werden. Der Kampf ſelbſt: Altheims erſte
Mannſchaft ſtand gegen die zweite von Dieburg, die durch Zilch
ver=
ſtärkt war, der nach dreimonatiger Pauſe wieder mitwirkte. In dieſem
Falle iſt keine Kaurenzzeit notwendig, denn Zilch war ja in dieſer Zeit
keinem anderen Vereine beigetreten. Der Kampf gehört mit zu den
ſchönſten der geſamten Mannſchaftskämpfe. Nur im Bantam= und im
Schwermittelgewicht (Appel und Zilch) wurde Katz und Maus geſpielt.
Alle anderen zeigten ſehr gutes Können. Dies war beſonders in dem
Fliegengewicht und Leichtgewicht der Fall. Das Reſultat lautete 9:5
zugunſten von Diebura. Altheim ſiegte im Bantam= und
Leihtmittel=
gewicht, während Dieburg im Fliegen=, Feder= Schſvermittel= und
Schwergewicht ſiegreich blieb. Der Kampf im Leichtgewicht verlief
un=
entſchieden. Auch in ſportlicher Hinſicht verhielten ſich die Kämpfer
muſtergültig, mit einer Ausnahme.
Gedenket der hungernden Vöglein.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinerlei
Ver=
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückge andi, die Ablehnung nicht begründei werden.
— Die Zugaugswege der Straßen nach dem Tintenviertel: Grüner
Weg, Hoffmaunſtraße, Roquettewveg und Paulusplatz ſind, da noch nicht
ausgebaut, uur ſtellenweife beſtreut, durch ihre Vereiſung wirklich
lebensgefährlich, BCſonders abends bei der jetzigen Beleuchtung. —
Viel=
leicht ſorgt da die Stadt für das Streuen, da man noch keine
Haus=
beſitzer dafü= verantwortlich machen kann; oder ſind die Eigentümer
nicht bebauter Grundſtücke nicht auch zum Streuen bei Glatteis und
Reinigen des Fuſſteigs von Schnee und Eis verpflichtet?
Das gleihe gilt von vielen anderen Sttaßen, wie Mornewegſtraße,
Bahnhofsplatz uſw.. Wo bleibt hier die Beſchäftigung der
Arbeits=
loſen?
Einheitsfront im Geldverkehr!
Heute wollte ich auf dem Poſtamt 1 in Darmſtadt durch
Poſt=
anweiſung eine Schuld tilgen laſſen, die — nebenbei bemerkt — ſchon
dadurch um einen Tag älter geworden war, daß mir geſtern um 5.05
Uhr nachmittags die Geldannahme mit dem Bemerken verweigert
wor=
den war, ab 5 lihr nachmittags werde kein Geld mehr angenomimen.
Mein heute wiederholter Zahlungsverſuch mißglückte wiederum, denn
diesmal erklärte mir der Schalterbeamte, daß er die „Schatzanweiſungen
des Volksſtaates Seſſen”, mit denen ich bezahlen wollte, nicht annehmen
bürfe. Eine Nachſrage an höherer Stelle beſtärigte die Berechtigung
der Verweigerung der Annahme der genanhten Schatzanweiſung mit
der Begründung, die Reichsbank verweigere auch die Annahue dieſer
Schatzanweiſungen als Zahlungsmittel. — Ich bin Beamter im
Volks=
ſtaat Heſſen und erhalte als Entgelt für meine Dienſtleiſtungen
ledig=
lich Bezahlung in „Schatzanweiſungen des Volksſtaates Heſſen”. Wie
mir da zu Mute wurde, als ich mit dem mir gezahlten „Gehalt” meine
Schuld nicht bezahlen konnte, weil die Reichspoſt (auch Reichsbank), mein
„Geld” nicht als Zahlungsmittel annahm, möge die Oeffentlichkeit
be=
denken. Auf jeden Fall iſt es unerklärlich, wie gerade bei der heutigen
Zeit, wo dauernd Zuſammenhalt und Einheit gepredigt wird, ſolche
Zuſtände im Geldterkehr beſtehen können. Eine Regelung zwiſchen den
in Betracht kommenden Behörbe/ erſcheint dringend am Platze.
Brieffaſſen.
J. S. 34. Wenn Sie ganz ſicher gehen wollen, empfehlen wir, ſich
an die Paßſtelle des Polizeiamts (Hügelſtraße) zu wenden.
Geſchäftliches.
Große Preisermäßigung einer Textilfirma.
Die bekaunte Nähſeidenfabrik Gütermann u. Co., Gutach (
Breis=
gau) hat, wie wir vernehmen, die Preiſe ihrer Erzeugniſſe, die ſchon
gegenüber faſt allen anderen Artikeln der Testilinduſtrie erſtaunlich
nie=
der waren, neuerdings ſo weſentlich ermäßigt, daß ſie nur noch ein
Geringes über dem Vorkriegsniveau liegen.
So kann z. V. heute wieder das 50 Meter Röllchen Nähſeide in
der gebräuchliclſten Stärke (100/3fach) im Detailgeſchäft für nur 10Pf.
derkauft werden, wie der gleiche Artikel auch vor dem Kriege in einer
großen Anzahl von Geſchäften verkauft wurde,
Dieſe Preisermäßigung, welche bei den gegenüber dem Fried um
üiber 60 Prozent geſtiegenen Rohſtoffpreiſen, den bedeutend höheren
Speſen aller Art, um ſo erſtaunlicher iſt, ſoll durch weſentliche
Neuerun=
gen in den Fabrikationsverfahren möglich geworden ſein.
Ueber die Bedeutung der genannten Firma in der deutſchen
Seiden=
induſtrie kann man ſich ein ungefähres Bild machen, wenn man hört,
daß ihre Spinnerei heute, bei achtſtündiger Arbeitszeit, eine tägliche
Produktion von über 90 000 Kilometer Seidenfaden hat, das iſt eine
Länge von etwa zweimal dem Umfange der Erde am Aequator.
Es iſt zu wünſ hen, daß auch andere führende deutſche Firmen
die=
ſem Vorbild einer weitgehendſten Ausnützung von neueren
Fabrika=
tionsmethoden für ihre Preisgeſtaltung folgen, wodurch zweifellos der
deutſchen Wirtſchaft der größte Dienſt geleiſtet wird.
Familiennachrichten
Margaret Kapp
Louis Schürmann
Verlobte
Darmſiadt
Heinrichſtr. 65
Berlin=Wilmersdorf
Jengerſtr. 14
Zu Hauſe: Samstag, 12. Januar 1924
(*428
Alfred Hallwachs
Erika Hallwachs
geb. v. Varendorff
VERNAHLTE
Darmstadt, 6. Jan. 1924
(*2
Todes=Anzeige.
Heute verſchied infolge eines
Herzſchlages mein innigſtgeliebter
Mann, mein treuſorgender Vater
Generalmajor a. D.
im Alter von 61 Jahren.
In Dankbarkeit und Liebe:
Hedwig von Schrader
geb. Kiegel
Edgar von Schrader.
Darmſtadt, 4. Januar 1924.
Beiſetzung 7. Januar auf dem
alten Friedhofvormittags 11 Uhr.
97
Magerkeit. F
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Dankſagung.
Allen denjenigen, die unſerem
lieben Verſtorbenen das letzte
Ge=
leit gaben, dem Geſangverein „
Lie=
derzweig”, ſowie für die zahlreichen
Kranz= und Blumenſpenden, ſagen
wir hierdurch unſeren herzlichſten
M Dank.
(*426
Frau 7. Coy und Kinder.
polzei tätig (Rhld.) In der Strafſache
gegen den Pſerdemetzger Konrad Oer=
3 125 Geſchſt. (201 terer und Genoſſen wegen
Nahrungs=
mitielfälſchung hat das Schöffengericht I
in Darmſtadt am 29. Juni 1923 (bezw.
die Ferienſt afkammer in Darmſtadt am
8. September 1923) für Recht erkannt:
Die Angeklagten:
1. Pferdemetzer Konrad Oerterer, geb.
am 3. März 1888 zu Mergners (Kr.
Pegnitz), wohnhaft in Darmſtadt,
2. Pferdemetzger Nikolaus Schmitt, geb.
am 21. September 1873 zu
Zotzen=
bach, woynhaft in Darmſtadk,
3. Landwirt Johann Mehl Dritter in
Fehlheim, geb. am 23. Juni 1880
zu Fehlheim,
4. Pferdehändler Ludwig Schuſter III.
zu Schwanheim, geb. am 27. Juni
1884 zu Schwanheim,
werden: die Angeklagten Oerterer und
Schmitt wegen Verſuchs, die Angeklagten
Mehl und Schuſter wegen Vollendung
des Vergehens nach § 12, Abſatz 1 des
Geſetzes betreffend den Verkehr mit
Nah=
rungsmitteln, Genußmitteln und
Ge=
brauchsgegenſtänden vom 14. Mai 1879
in Verbindung mit der Uebertretung
ge=
gen 827, Ziff. 3, 4 des Geſetzes betreffend
die Schlachtvieh= und Fleiſchbeſchau vom
3. Juni 1900
a) Oerterer und Schmitt in eine
Ge=
fängnisſtrafe von je fünf Monaten,
b) Mehl und Schuſter an Stelle einer
an ſich verwirkten Gefängnisſtrafe
von drei Monaten in eine
Geld=
ſtrafe von je zehn Millionen Mark,
die im Uneinbringlichkeitsfalle mit
je drei Monaten Gefängnis zu
ver=
büßen ſind, und zur Tragung der
Koſten der Verfahren verurteilt.
Das Urteil iſt auf Koſten der
Ange=
klagten öffentlich bekanntzumachen:
a) durch einmalige Bekanntmachung
im Darmſtädter Tagblatt,
b) durch Anſchlag je an dem Laden
oder Hofreite jedes der Angeklagten
auf die Dauer von einer Woche.
Die Richtigkeit der Abſchrift der
Ur=
teilsformel wird beglaubigt und die
Voll=
ſtreckbarkeit des Urteils beſcheinigt. (230
Darmſtadt, den 28. Dez. 1923.
Der Gerichtsſchreiber Heſſ. Amtsgerichts!
A
Nummer 1
*Aus neuen Erinnerungen
an Anton Bruckner.
Die Perſönlichkeit Anton Bruckners, des letzten Klaſſikers
der öſterreichiſchen Muſik, tritt jetzt mehr und mehr in das Licht
der Geſchichte, da eine rege Bruckner=Forſchung ſich mit ihm und
ſeinem Werk beſchäftigt. Einer der wichtigſten „Beiträge zur
„Eikenntnis ſeines Weſens ſind die ſoeben im Univerſal=Verlag
zu Wien erſcheinenden „Erinnerungen an Anton Bruckner”
die einer ſeiner intimſten Freunde und Schüler, Friedrich
Eck=
ſtein, veröffentlicht hat. In ſeiner Wohnung herrſchte eine große
Unordnung; ſovvohl das Harmonium wie ſein Flügel waren mit
Portituren, Haufen von Manuſkripten, mit Skizzen und
Aus=
arbeitungen bedeckt. Auch auf dem Boden des Schlafzimmers
waren ringsum hohe Stöße von Muſikalien, Entwürfen, Büchern,
Brieftaſchen uſw. aufgetürmt, „und gar oft mußte ich” erzählt
Eckſtein, „wenn irgend eine Skizze, ein Brief oder ein wichtiges
Dokument abhanden gekommen war, die längſte Zeit auf allen
Vieren am Boden herumkriechen, um das Geſuchte zu finden”.
Der Meiſter lebte und webte nur in ſeiner Muſik, und ſeine
In=
tereſſen waren begrenzt, wurden aber merkwürdigerweiſe von
zwei ſpezifiſchen öſterreichiſchen Ereigniſſen in Anſpruch
genom=
men, die in ſeinem Seelenleben eine beſondere Rolle zu ſpielen
ſchienen. Es waren dies die Hinrichtung des Kaiſers Max in
Mexiko und die öſtereichiſche Nordpol=Expedition. Mit wahrem
Heißhunger hatte er alles geleſen und verſchlungen, was er
irgendwie über Land und Leute in Mexiko oder über die
Polar=
regionen oder die Expeditionen dahin erlangen konnte, und ganz
im Gegenſatz zu ſeinem ſonſt ſo geringen Intereſſe für Politik,
Geſchichte, Geographie und ſonſtige Wiſſenſchaſten zeigte er eine
geradezu verblüffende Detailkenntnis fener beiden Gebiete,
er=
zählte immer wieder, nicht ohne Zeichen innerer Erregung, von
den Eisfeldern Grönlands und Nowaja Semljas, und dann
wieder von der Verfaſſung Mexikos und deſſen politiſchen
Zu=
ſtänden, und manchwal, nachdem er in ein längeres Schweigen
und nachdenkliches Sinnen verſunken geweſen, hörte ich ihn
auf=
ſeufzen mit den Worten: „Ja, der Diaz!”, wobei er ſich nicht
nehmnen ließ, den Damen Diaz ſtets mit einem z am Ende
aus=
zuſprechen.
Bruckner war ein gewaltiger Orgelſpieler, deſſen
Improviſa=
tionen in ihrer Art einzig waren und nie mehr übertroffen
wor=
den ſind. „Auf dieſes Orgelſpiel war denn auch,” wie Eckſtein
berichtet, „wie er ſelbſt mir einaml angedeutet hat, die für ſeine
ganze Erſcheinung charakteriſtiſche Kleidung zurückzuführen,
denn er trug, wie ein Bergführer, ſtets ſehr kurze, ſchwarze, nur
bis an die Knöchel reichende, überaus weite Beinkleider aus
ſtei=
fem, hausgeſponnenem Lodenſtoff, den er ſtets aus ſeiner
ober=
öſterreichiſchen Heimat bezog, weil er ſich ſo, insbeſondere beim
Pedalſpiel, genügend frei und ungehemmt bewegen IInnte. Aus
dem gleichen Stoff waren auch Rock und Weſte, ſowie der ebenſo
brettartig ſteife Ueberrock, —der mit dem breiten ſchwarzen
Schlapphut und dem ſtets glattraſierten mächtigen Römerſchädel
mit der gewaltigen Hakennaſe einen einzigartigen Anblick
ge=
währte, ſo daß er damals, wenn er durch die Straßen
dahin=
ſchritt, wie ein Wahrzeichen der Stadt Wien wirkte. . . Oft und
gern erzählte er mir auch von den Erlebniſſen ſeiner früheren
Zeit; wie er damals oft harte Not gelitten und als ganz junger
Mann gezwungen war, nicht allein beim Unkerricht in der
Dorf=
ſchule auszuhelfen, ſondern auch gegen Bezahlung eines „
Silber=
zwanzigers”, alſo von etwa 50 Hellern, den Bauern von
Wind=
hag im Wirtshaus nächtelang auf der Geige zum Tanz
aufzu=
ſpielen. Und dann wieder ſprach er mir von dem herrlichen
Stiſt St. Florian bei Linz, wo er ſo oft die mächtige Orgel
ge=
ſpielt, unter der er jetzt begraben liegt, und von ſeinem
Ver=
behr mit den Geiſtlichen dort, deren er ſo viele zu ſeinen
ver=
trauten Freunden rechnete. Und von der ſtillen Sammlung der
Faſten= und Oſterzeit ſprach er manchmal, und von den Schauern
der Karfreitags=Liturgie, und von dem Myſterium der Nacht vom
Gründonnerstag auf Karfreitag, wo das geheimnisvolle
Um=
ſchlagen aus hoffnungsvollem Frühlingsſehnen in die düſtere
Leidenswelt der Kreuzigung ganz dämmerhaft hervortritt. Wenn
Bruckner, in ſeltenen Augenblicken, auf dieſe Dinge zu ſprechen
kam, wurde ſein Geſicht ſchmäler und nahm einen eigenen, ganz
veränderten Ausdruck von Furcht und ſchmerzlicher Entzückung
an; er ſprach mit gedämpfter Stimme, glänzenden Augen,
hoch=
gezogenen Brauen, und die Rechte feierlich erhoben, Daumen
und Zeigefinger geſchloſſen, die anderen Finger weggeſpreizt,
ſo wie etwa Giotto einſt ſeine erleuchteten Greiſe gemalt, die
ck.
von Gott Zeugnis geben.
Der Grenzſtein.
Eine Skizze von W. Lennemann.
Der Knecht des Bauern Midelſchulte kam vom Rübenacker.
Vor dem Geräteſchuppen traf er den Bauern.
„Der Eggede will nächſtes Jahr den Weg umpflügen!“
Der Bauer ſah ihn groß an.
„Sein Kuecht hat’s mir eben zugerufen!“
In dem Bauer wurde etwas grollend lebendig. Der Blick
ſprang in die blauen Adern.
„Welchen Weg. Matthes!”
„Wo am Güttersberge läuft zwiſchen ſeinen und unſeren
Feldern!“
Da wußte der Bauer Beſcheid.
„Da ſoll . . . ." das übrige zerkaute er zwiſchen den Zähnen,
ein heißer Zorn flammte in ſeinen Augen.
Den ganzen Tag ging der Midelſchulte unwirſch umher.
Nichts war ihm recht zu machen. Die Knechte und Mägde
kann=
ten das. Sie gingen ihm klüglich aus dem Wege. Gegen den
Abend erſt wurde der Bauer ruhiger. Da war zwiſchen dem
Unkraut ſeiner wüſten Gedanken ſcheu und ſchüchtern ein
Ret=
tüngsblümlein aufgeblüht. Anfangs war er erſchrocken, als er
es geſehen, und er hatte ſchnell darüber hinweggeblickt. Aber es
wuchs auf dem guten Boden ſeiner Wünſche und Hoffnungen,
da ſchoß es gar ſchnell hoch, da konnte er es nicht mehr überſehen.
Und gar bald fand er Gefallen daran, und er betrachtete die
Blume liebevoll und zärtlich. Er ging hinter das Haus an den
alten Mühlenteich. Mit ſeinem Hofe waren in alten Zeiten die
Mühlengerechtſame verbunden geweſen; aber ſchon ſein Vater
hatte, da die Dampfmühlen aufkamen, den kleinen Betrieb
ſtill=
gelegt. Breitſpurig, den Kopf vorgebogen, ſchritt er in lau
ſamem Trott den Weiden entlang, die das Waſſer umſäumten.
Er arbeitete ſchwer. Aber wo ſeine Gedanken ſich mühſam einen
Weg gebahnt hatten, da ſtellte er ſich auch gleich feſt und ſicher
hin. So kam er Stücklein um Stücklein ſeinem Ziele näher.
Und da er an des Weges Ende angekommen war, löſten ſich ſeine
Finger, die krampfhaft zur Fauſt geballt waren, wieder, ſeine
Miene hellte ſich auf, ſein Kopf hob ſich. Er fuhr ſich mit dem
Darmſtädter Tagblatt
6. Januar 1924
Epiſode aus dem deutſch=däniſchen
Feldzug vor 60 Jahren
Der Winter 1863/64, in welchem Preußen in Verbindung
mit Oeſterreich gegen Dänemark Krieg führte, war von
beſon=
derer Strenge. Er ſtellte an die Ausdauer aller Teilnehmer an
demſelben doppelt hohe Anforderungen. Bon dem damaligen
Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem ſpäteren
Kaiſer Friedrich, wird erzählt, daß er die fürchterliche Kälte und
die ſchwveren Strapazen der anſtrengenden Märſche mit
bewun=
derungswürdiger Ausdauer ertrug. „Immer war er an der
Seite ſeiner Soldaten, die Schwierigkeiten der Märſche getreu
mit ihnen teilend. Die kurze, hiſtoriſch gewordene Felopfeife im
Munde, mit einem ſchlichten, derben Feldmantel bekleidet, watete
er oft an ihrer Seite durch den fußhohen Schnee, durch Eis und
Schmutz, und war, wie jeder andere Soldat, oſt gezwungen, ſein
Nachtlager in einer ungemütlichen Scheune oder in einem elenden
Bauernhauſe aufzuſchlagen, und, um ein Paar trockene. Füße
zu bekommen, ſich von den Landleuten Strümpfe und Pantoffel
zu borgen.”
Von einem ſolchen beſchwerlichen Marſche entwirft ein
Augenzeuge aus dem Gefolge des Prinzen ein anſchauliches
Bild. „Der Kronprinz hatte auf die Nachricht von der Beſetzung
Schleswigs durch die Oeſterreicher ſich von Danndorf aus, wo
ſich das Hauptquartier bisher befunden hatte, noch an demſelben
Abend auf den Weg nach Schleswig gemacht. Um ſchnell
dort=
hin zu gelangen, hatte er einen Extrazug von Flensburg aus
beſtellt. Es war ein fürchterliches Wetter, ein Schneegeſtöber,
daß man kaum drei Schritte weit ſehen konnte, und dabei ein
eiſiger Sturm, der einem das Blut in den Adern zu erſtarren
drohte. Bald hatten ſich die Schneemaſſen zu einer ſo gewaltigen
Höhe aufgetürmt, daß der Zug — ohne Geſahr der Entgleiſung
— nicht weiter konnte. Plötzlich hielt er mitten auf der Strecke,
und die Zugführer machten den Kronprinzen und ſein Gefolge
auf die Gefahr einer Weiterfahrt aufmerkſam und erſuchten die
Herren, den Weg bis zur nächſten Station lieber zu Fuß zu
gehen, da der Zug doch im Schnee ſtecken bleiben würde.
Es war eine entſetzliche Nacht. Es ſchien, als ob man mit
jedem Atemzuge eine Unzahl kleiner feiner Eisſtückchen mit
ein=
atmete, die die Lungen zu zerſchneiden drohten. Alle 20 bis 30
Schritt mußten die nächtlichen Wanderer ſtehen bleiben, um.
den Rücken gegen den Wind gekehrt, Atem ſchöpfen zu können.
Bald befanden ſie ſich auf einer Stelle, die der Wind rein
weg=
gefegt hatte, bald ſtealten ſie bis an die Hüften im Schnee. Auch
manchem tapferen Manne pochte das Herz, wenn er an ſeine
Lieben in der Heimat dachte. Der Kronprinz, immer tapfer
voranſchreitend, gab allen Beteiligten das Beiſpiel, dieſe
ſchreck=
liche Wanderung mit Geduld zu ertragen. Endlich hatten ſie
die erſehnte Staion erreicht. In einem elenden Bauernhauſe
hatte man zwei kleine Zimmer beſorgt, und in den dicken wollenen
Strümpfen und den Pantoffeln einer braven Bauersfrau
ſtol=
zierte der königliche Erbe des Reiches in der beſten Stimmung
einher. In der Nacht ſchlief er mit ſeinem Gefolge auf einem
einfachen Strohlager, was er, ebenſo wie die ſeitherigen Stra=
Römheld.
pazen, mit dem beſten Humor aufnahm.”
Die gebräuchlichſten deutſchen Flugzeuge.
Von Dr. M. Blaſchke=Charlottenburg.
Die großen Metallverkehrsflugzeuge der Staakener
Zeppelin=
werke haben eine Spannweite, von 31 Metern im Tragdeck,
4 Motoren zu je 260 PS., von denen 2 das Flugzeug in Fahrt
halten können. Der Betriebsſicherheit wegen liegen Motoren
und Brennſtoffbehälter getrennt von einander und von den 18
Reiſenden. Soweit als angängig, vermeidet man jetzt Rohre,
denn ihre Wandſtärken ſind ſelten gleichmäßig, nimmt für hoch
beanſpruchte Teile Stahl, für andere nur Aluminium. Der
Rumpf ſelbſt wird nach ſchiffsbautechniſchen Grundſätzen mit
Spanten, Springern und tragender Außenhaut gebaut, die
Flü=
gel nach beſonderen Profilen für größere Ausnutzung des
Brennſtoffes und des vorſpannungsloſen Baues. Beſonders
thpiſch ſind die mit Blechhaut umſchloſſenen Auerprofile des
Dornier=Flugzeuges, ſeine Holmenform, ſein vorſpannungsloſes
Fahrgeſtell, die Anordnung, der 2 Motoren in der Mittellinie.
Die Sablatniger=Flugzeuge ſind Nichtmetall=
Ver=
kehrsflugzeuge, Kabinen=Eindecker mit einem Laderaum von
3,5 Kubikmetern, der ſich von 2 Perſonen in kurzer Zeit durch
Drehen der Flügel und Hochklappenruder ſo zuſammenlegen
läßt, daß er auf einen gewöhnlichen Eiſenbahnwagen verladen
werden kann.
Das Rieſeler=Sportflugzeug, das kleinſte deutſche
Flugzeug, hat 7 Meter Spannweite, 6 Meter Länge, 11
Quadrat=
meter Tragfläche und zuſammen mit dem 28 PS.=Motor ein
Leergewicht von 150 Kilo. Bei einer Geſchwindigkeit von 110
Kilometern beträgt ſein Anlauf bei Gegenwind nur 20 Meter,
ſonſt 40 Meter.
Von den Waſſerflugzeugen in Deutſchland ſind die
Schſvimmerflugzeuge wegen ihrer beſſeren Seefähigkeit mehr
entwickelt: im Ausland ſind es die Flugboote wegen ihres
ge=
ringeren Widerſtandes und ihrer größeren Tragkraft.
Neuer=
dings bevorzugt man auch bei uns den Frughootbau, und
Dor=
nier löſte die Eigenſtabilität des Bootes durch ſeitlich aus dem
Boot herausragende tragdeckartige Floſſen. Seine
Seeflug=
zeuge ſind das ſelbſtſtabile Boot mit Stufenanordnung für
Er=
leichterung des Abhebens aus dem Waſſer und der Stummel
zur Sicherung der Seitenſtabilität im Seezeug. Das Flu=oot
von Ortz iſt ſehr breit und niedrig, das von Junker beſitzt
keine ſeitlichen Hilfsſchwimmer oder Fühlbretter, die bei
un=
gleichem Berühren des Waſſers gefährlich werden können.
Ge=
wöhnlich ſind die Boote aus Dur=Aluminium, deſſen Feſtigkeit
dem Eifen faſt gleich kommt, im Gewicht aber nur ein Drittel
desſelben beträgt. Dazu iſt es unemofindlich regen thermiſche
und atmoſphäriſche Einflüſſe, feuerücher und ſläßt ſich einfach
ausbeſſern.
Allmählich iſt das Flugzeug für den allgemeinen Verkehr
reif geworden, und es liegt bisher nur am Vertrauen zu den
Flugzeugen und ihren Hilfsmitteln, das vielen noch fehlt. Aber
ſchließlich werden alle Erfolge auch dieſe Schwierigkeiten noch
überwinden und ſo die vielen Verſuche zu dem Ziele führen,
welches das Modell= und Segelflugweſen erſtrebte.
*) Vgl. dazu „Jahrbuch der angewandten Naturwiſſenſchaften”
Verlag Herder u. Co., Freiburg i. Br. 1923.
Der Naturfreund
nk. Schutz den Raubvögeln. Dr. med. Engelmann=Gera,
der Vorſitzende des „Deutſchen Falkenordens” bricht in der
Zeit=
ſchrift „Naturſchutz” eine Lanze für den Schutz unſerer Raub=
nk. Das deutſche Verkehrsflugzeug iſt gekennzeichnet durch
ſei=
nen vorſpannungsloſen, freittragenden Flügelbau zwecks
Ver=
minderung des Luftwiderſtandes, ſeine Bevorzugung des
Ein=
deckers und ausſchließliche Verwendung von Stahl und
Dur=
aluminium.
Das Junker=Flugzeug iſt das Ergebnis zahlreicher
ſyſtematiſcher jahrelanger Verſuche gerodynamiſcher, mechaniſcher
und metallographiſcher Art. Es galt, den Widerſtand aller der
Teile, die nicht Tragflächen ſind, auf ein Mindeſtmaß zu
ver=
ringern, und dazu baute man ſie möglichſt in andere Teile ein
oder umgab ſie mit Hüllen, die Auftrieb erzeugen, da ja
Trag=
flächen mit großer Pofildecke vorteilhaft ſind. Der Motor des
Junker=Flugzeuges hat nur 185 PS. und leiſtete doch den
Höhenflug auf 6750 Meter mit 8 Perſonen und den Fernflug
von 3700 Kilometer von Neu=York bis nach Edmanton in Kanada
in 29 Stunden 38 Minuten.*) Ein Metallflugzeug hält viel
län=
ger als ein ſolches aus Holz und Stoff, welches ſtändig neu
verſpannt und überwacht werden muß und nicht feuerſicher iſt.
vögel. Engelmann ſchlägt u. a. vor, daß jeder Jagdſcheinlöfer
zugleich vom Staat ein Jagdmerkbuch löſen müßte, das in
knap=
per Form das Nötige über „Menſchen= uud Tierſchutz” auf der
Jagd zu enthalten hätte. Der Abſchuß aller Tag= und
Nacht=
raubvögel wäre grundſätzlich zu verbieten, alſo auch der des
Habichts, des Sperbers und des Wanderfalken, da die ungeheure
Mehrzahl der Jagdgänger es nicht lernen wird, die geſchützten
von den eventuell ungeſchützten Arten zu unterſcheiden,
wenig=
ſtens nicht im Fluge und am Horſt. Die Unterſcheidung in der
„Hand” aber kommt zu ſpät! Die Behörden ſollen befugt ſein,
nur in ganz beſonderen, wohlbegründeten Fällen den Abſchuß
von Habicht und Sperber oder des Wanderfalken freizugeben,
Abſchußprämien müßten von den Behörden unter allen
Umſtän=
den verboten werden. Ebenſo wäre es den Tiereusſtopfern zu
verbieten, Naubvögel zum Präparieren anzunehmen, es ſei denn,
daß ein behördlicher Erlaubnisſchein beigebracht wird. Das
Fangen und Halten von Raubvögeln dürſte nur für
wiſſenſchaft=
liche Zwecke geduldet werden. Ein Fangen in Schlingen und
Schlageiſen uſw. wäre auf jeden Fall zu verbieten. Nur auf
tieſe Weiſe, glaubt Engelmann, iſt es noch möglich, der ſinnloſen
Vernichtung, der in vielen Gegenden alle Raubvögel
anheim=
fallen, Einhalt zu gebieten.
roten Taſchentuche über die Stirn . . . Herrgott! . . es muß!“
Aber kein Wörtlein verriet weiter, was da mußte,
Dann ſchritt er ins Haus, ſtark und ſteif, als ſei da nichts
geweſen, das die Waſſer ſeiner Seele aufgewühlt hätte
Zum Abend ging der Bauer aus. Spät kam er heim, gegen
Mitternacht erſt. Tiefe Stille war, kein Sternlein leuchtete über
dem ſchlafenden Hofe. Schwer ging der Bauer, als laſte ein
Kornſack auf ſeiner Schulter.
Und war auch wohl dem ähnliches, das er in ſeiner Kammer
ächzend ablud und in einer Kiſte verſtaute, die er dann vorſichtig
verſchloß und unter das Bett ſchob. Die Tage kamen und gingen,
die Ernte ward eingebracht. Alle Hände hatten vollauf zu tun.
Dann aber auch waren die Scheuern voll, und ruhige,
winter=
liche Wochen rückten friedevoll ins Land. An einem Abend trifft
der Eggede den Midelſchulte im Krug.
„Daß Du’s weißt, zum Frühjahr pflüge ich den Acker um,
die neue Chauſſee führt oben an meinen Aeckern entlang, da habe
ich ihn nicht mehr nötig.”
„Da hätt’ ich doch auch noch ein Wörtlein zu reden, Siſt
mein Weg wie Deiner; meinſt, meine Karren fahren nicht aufs
Feld?!"
Der Eggede hat Feuer im Leib. Seine Fauſt legt ſich ſchwer
auf den Eichentiſch. Er brauſt auf: „Du willſt doch nicht etwa
ſagen ..
Ich will damit ſagen!” entgegnet ihm ruhig und kalt der
Midelſchulte, „daß wir beide von unſeren Aeckern einen
Strei=
fen zugetan haben zu dem Weg. Da haſt Du kein Recht
„Der Donner ſoll dreinſchlagen!‟ Der Eggede kann nicht
mehr ruhig ſitzen: er ſteht auf, ſeine Fauſt geht wie ein
Dreſch=
flegel. .. „Ja, ſo hatt’ ich’s Dir vorgeſchlagen von Jahrener
10, 15: aber Du haſt es ja nicht gewollt! Aus Gutheit hab’ ich
Deine Wagen laufen laſſen; und nun willſt kommen und ſagen:
„Biſt mein Weg ſo gut wie Deiner! Scham Di .. . Und
um=
pflügt wird er, ſo war ich Eggede bin!“ Seine Fauſt ſtampfte
auf den Tiſch.
Die übrigen Bauern im Krug ſind zu den Streitenden
getre=
ten. „Das muß der Grenzſtein ausweiſen!” ſagt ein Beſonnener.
„Recht haſt!” ſchreit der Eggede. „Der Stein ſteht auf Deinem
Acker, hart am Weg, hab’ ſchon drauf geſeſſen, wenn ich mein
Veſper verzehrte!”
„Daß ich nicht wüßt!” ſagt gemeſſen der Midelſchulte, „wo
er ſtand, haben wir ihn ausgeriſſen, ſollten wir ihn etwa mitten
im Wege ſtehen laſſen!” In dem Eggede gährt es gefährlich.
Die blauen Adern liegen dick auf der Stirn!
„Donner und Dorris noch einmal! Hat ein Menſch ..."
„Da ſtreit Euch doch nicht lang, das führt zu nix, da ſchaut
doch zu!”
„Ein Wort, Nachbar, ein Wort!” ſchreit der Eggede.
„He Krüger, leih mir Deine Sturmlatern, gleich wird
ge=
ſchaut!“
„Mir ſoll’s recht ſein,” ſagt gelaſſen der Midelſchulte, „
nach=
her ſagſt ſonſt noch, ich hätt’ ihn dieſe Nacht abgeſchleppt!“
Durch Nacht und Schnee trotten die Bauern dem Hückesberg
zu. Der Eggede mit Ungeſtüm und Haſt voran.
„Ich will’s Dir weiſen!” knurrt er.
Der Midelſchulte ſtapft Schritt für Schritt im ruhigen
Eleichmaß dahin, hinter ihm drein die neugierigen Zeugen.
Sie kommen auf dem Hückesberge an. Da biegt der ſchmale
Ackerweg ab.
Der Eggede ſpringt auf die eine Seite.
„Hier! hier!” ruft er, und die Laterne ſchlenkert über den
Boden hin, „da ſchaut . . ."
Aber dann ſteht er erſchrocken, wortlos, als habe ihn ein
Hammerſchlag vor den Kopf getroffen. Und bückt ſich wieder
hin, ſtellt das Licht hin, wühlt mit dem Händen im Schnee.
„Einen Eid tät ich leiſten!” ſchreit er.
„Schtvört nicht!” mahnt der Midelſchulte, „das ſchafft den
Stein nicht auf den Fleck!“
Und er wendet ſich an die übrigen Bauern: „Da, Nachbarn,
ſchaut aufmerlſam hin, da ſteht kein Stein; ich will hoffen, daß
auch morgen keiner da ſteht. Und nun: ich mag nicht die ganze
Nacht hier am Berge ſtehen; bin keine zwanzig mehr. Ich geh
heim!“
Nun hatte das Dorf wieder ſein Geſchwätz. Den anderen
Morgen ſchon flog der Streit wie ein Flugfeuer durchs Dorf.
Die Bauern verhielten ſich abwartend. Wer wollt ſagen: Der
Eggede hat Recht! Wer wollt den Midelſchulte einen Betrügey
heißen? —
Nummer 1
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1924
Eheſehnſucht und Eheflucht.
Was man insgeheim annahm, als die Gegenwartsnöte von
Tag zu Tag bedrohlichere Formen zeitigten, daß die
Ehe=
ſchließungen abnehmen und bald ganz aufhören würden, hat ſich
nicht gezeigt. Es wird flott weiter verlobt und geheiratet, als
gäbe es keine Au ſteuer= und Wohnungsbeſchaffungsnöte. Die
Eheſehnſucht flaute bisher noch nicht ab. Sie beherrſcht in gleich
ſtarkem Maße Männlein und Weiblein, und wollte und könnte
man gründliche Nachforſchungen anſtellen, was die Grundurſache
derſelben iſt, ſo nürde man in zahlloſen Fällen recht
nüchtern=
praktiſche Gründe als ſolche feſtſtellen können, nur ſelten aber
das, was der einzige Grund ſein ſollte: innige, heiße
Liebe zueinander. So traurig dieſe Tatſache iſt, ſo iſt
ſie doch, gemeſſen an den Zeitverhältniſſen, ſehr erklärlich. Der
junge Mann iſt der zu teuren und unzureichenden Gaſthauskoſt
gründlich überdrüſſig. Seiner Zimmerwirtin muß er jeden
Handgriff, jede Beſorgung für ihn zeitgemäß bezahlen. Dabei
fehlt ſeinem „Heim” meiſt jede Behaglichkeit, Wärme und
Trau=
lichkeit. Notgedrungen kehrt er deshalb zum Gaſthaus zurück,
wo er wenigſtens Wärme und Licht ohne direkte Bezahlung
mit=
genießt, aber dafür leider auch niemals ſich ſo, wie er es nach
manchmal recht anſtrengender Berufsarbeit nötig hätte,
behag=
lich „gehen laſſen” und ſich erholen laun. Während der warmen
Jahreszeit fallen dieſe Mißſtände freilich weg, immer bleiben
aber doch Eine ganze Reihe in die Wagſchale fallende Gründe
übrig, die ihm den Gedanken der Eheſchließung immer näher
rücken und verlockender erſcheinen laſſen. Der junge Mann, der
bei den Eltern wohnt, iſt freilich um vieles beſſer daran;
ſchließ=
lich wirkt aber doch das Beiſpiel glücklich verheirateter Kollegen
anfeuernd auch auf ihn.
Das junge Mädchen läßt ſich wohl in der Mehrzahl weniger
durch Vernunftsgründe als durch gefühlsmäßige Momente von
ſeiner Eheſehnſucht zum oft verfrühten Eheſchluß treiben. Je
jünger es iſt, um ſ. mehr verſchließt es Augen und Olren gegen
die Wirklichkeit und läßt ſich von der Hoffnung auf ein „
Wun=
der”, das eines Tages für ſie eintreten muß, haltlos treiben,
in der beglückenden Gewißheit, im Hafen der Ehe das erſehnte
Glück mit dem Erwählten ihres Herzens zu finden. Notzeit
und Teuerung, unter dem Druck derſelben Einſchränkung an
allen Ecken und Enden, können es nicht ſchrecken. Das alles
wird ſich finden, wenn es nur erſt mit ihm vereinigt iſt, an den
ſie ihr Herz verlor.
Zum gründlichen Prüfen und eingehenden Kennenlernen
bietet Beiden Beruf und die heutige Haſt der Zerſtreuungen
und Vergnügungen kaum die erwünſchte Gelegenheit. Zudem
ſehen ſie ſich, eben weil Beide berufstätig, immer nur im „
Sonn=
tagskleide”, und damit auch in der dieſer angepaßten
Stim=
mung. Ungewollt und ohne jede Abſicht verheimlichen ſie ſich
alſo das wahre, das Alltagsgeſicht und die
Alltags=
ſtimmung,; die ſie beide beim Tragen der Alltagskleidung
unverſchleiert zeigen würden. Dieſe wird aber nur zu raſch in
der geſchloſſenen Ehe vorherrſchend, und damit tritt auch nur zu
raſch und Beide im Innerſten tief erſchreckend, die erſte
Ernüch=
terung ein, in der ſie plötzlich die vollzogene Tatſache ihrer
Ehe=
ſchließung in ganz anderem Lichte ſehen. „Flitterwochen —
Honigwochen”, heißt zwar ein altes Sprichwort. Keines iſt
aker unwahrer und verlogener wie dieſes. Gerade in den erſten
Wochen der jungen Ehe zeigen ſich ja unverhüllt alle
perſön=
lichen Eigenarten, Untugenden und Fehler an den jungen
Ehe=
gatten, und wird der Duldſamkeit, Nachgiebigkeit und Nachſicht
eine ſchwere Belaſtungsprobe auferlegt. Führte Veide echte,
innige Liebe zuſammen, dann vermögen ſie dieſe ſchweren
inne=
ren Kämpfe wohl zu beſtehen. War aber nur flüchtige
Zu=
neigung oder gar nur plötzlich auftretende Leidenſchaft der
Grund zur Eheſchließung, zur gegenſeitigen Beſitznahme, dann
tritt meiſt ſchon in den erſten Ehewochen eine derartige Err
üch=
terung ein, daß weder gütliche Vorſtellungen und angebahnte
Verſöhnungsverſuche verſtändnisvoller Angehöriger, noch eigene
ſachlich=nüchterne Erwägungen den Gedanken an Eheflucht, alſo
Trennung vom anderen Teile, verhindern.
Unzweifelhaft tragen die heutigen unglückſeligen
Wohnungs=
verhältniſſe die Hauptſchuld an den oft ſo tiefgehenden und ſo
ſchlimm ſich auswirkenden Ehezwiſtigkeiten und endlichen
Tren=
nungen. Meinungsverſchiedenheiten, die in der
Abgeſchloſſen=
heit des eigenen Heimes ſchließlich doch geklärt würden, können
nicht ſtattfinden, weil das junge Paar als Zwangsmieter auf
die Mitbeſpohner Rückſicht nimmt oder deren neugierig
lauſchen=
des Ohr fürchtet. Manches Ehegewitter bleibt in Permanenz;
weil man ihm nicht Gelegenheit zur reinigenden Entladung
bie=
ten kann und vergiftet nach und nach die Atmoſphäre zwiſchen
Beiden mehr und mehr, bis ſchließlich als einziger Ausweg die
Trennung herbeigeführt wird.
Gibt es einen Weg aus dieſem Elend? Ja und nein! Es
gibt ihn, wenn vor der Eheſchließung beide Teile ſorgſamer,
gründlicher und eingehender, als es gewöhnlich geſchieht,
ein=
ander kennen lernen und auch in Nebenſächlichkeiten zu
erfor=
ſchen trachteten, wozu beider Angehörige in deren eigenſtem
Intereſſe jede Gelegenheit bieten müßten, denn ſchließlich
leiden ſie ſelbſt unter Eheglück oder =unglück ihrer Kinder oder
Anverwandten auf das ſchwerſte mit. Verneinen muß man
aber dieſe Frage, wenn man die glückliche Löſung nur in einer
Der Stein alleine konnt zeugen! Und der Stein war nicht
La! Mit Schaufel und Hacke hat der Eggede am Wegraine
ge=
wühlt — und nichts gefunden!
Er hat auch die Mitte des Weges aufgeriſſen; aber auch hier
fand ſich kein Stein.
„Wenn ich’s nicht ſo genau wüßt!” jammerte er.
Da hat der Satan ſeine Hand im Spiele gehabt. Der hat’s
dem Midelſchulte zugeſteckt, da hat er den Stein bei Seite
weg=
geſchafft, das iſt’s!“
Und dabei blieb er. Und da er aus ſeinem Herzen keine
Mördergrube machen konnte und ſeine ohnmächtige Wut ſich
irgendwo einen Ausweg ſchaffen mußte, ſo wußte bald
jeder=
mann im Dorfe, der Midelſchulte habe den Grenzſtein beiſeite
geſchafft.
Da der davon hörte, blieb er eine Zeit lang ruhig; dann aber
packte er ſich eines Tages den Eggede:
„Hört. Du haſt nun genug geſchwätzt im Dorf; ich denk,
Dein Aerger iſt nun verbrannt; das laß jetzt genug ſein, ſonſt
weiß ich, wo die Gerichte ſind!"
Und die rubige und beſonnene Art des Midelſchulte nahm
im Dorfe für ihn ein; es waren nicht wenige, die im Herzen auf
ſeine Seite traten; während der polternde Eggede ſich keine
über=
zeugten Freunde und Anhänger zu ſchaffen wußte.
Aber der Eggede ließ keine Ruhe.
„Der Stein! Der Stein!” ſchrie er durchs Dorf; „er wird
ſchon wiſſen, wo der Stein iſt, da ſind Gruben und Brunnen
genug!“
Jetzt machte der Midelſchulte Anzeige. „Ich hab auch meine
Ehr”, verteidigte er ſich, ich laß mich nicht von jedem Hund
an=
bellen!“
Und morgen ſollte der erſte Termin ſein.
Den Abend ging der Midelſchulte in ſeiner Kammer unruhig
auf und ab. Dann ging er über den Hof an den alten
Mühlen=
teich. Da lag ein alter Kahn. Er löſte die Kette vom
halten=
den Pflock, er trat prüfend auf die alten morſchen Bretter. Dann
nickte er ſtumm und ging wieder ins Haus. Hoch und ſtill wölbte
ſich die blau=ſchwarze Kuppel über das Dorf; Sternlein
glom=
men auf und glühten in Nacht und Ruhe. Tauſend Wünſche
und Träume zogen lautlos durch die Gaſſen und Kammern und
warfen ihre goldene Saat. Und die Menſchen ſchritten durch
die blühenden Gärten ihrer Sehnſucht und glaubten ſich der
Göttern nahe
UInd auch Schatten huſchten und zogen, und was in den
Finſterniſſen brütete, das blieb Geheimnis der dunklen und
böſen Nächte
Glührot hob ſich der Tag. Die Jungmagd ſtieß an die
Kammertür des Bauern, einmal, zweimal; er gab keine Antwort.
da ſah ſie ſcheu hinein, ſie ſah das Bett aufgewühlt — der Bauer
nicht in der Kammer. Man glaubte, er habe einen Frühgang
gemacht. Da er gegen Mittag nicht heimfehrte, ward auch die
Bäuerin unruhig.
Man horchte im Dorf, man ſuchte Keiner wußte von
dem Bauer, niemand hatte ihn geſehen. —
Da bemerkte einer den alten Kahn mitten im Mühlteich. —
Stumm weiſt er darauf. — Die Bauern verſtehen. Mit langen
Stangen fühlen ſie den Grund des Waſſers ab.
Ich weiß nicht,” mutmaßt einer der Suchenden auf einmal,
„mir iſt . . .. das könnte wohl . ."
Andere ſind ſchon an die Schleuſe gelaufen. In mächtigem
Sturze fließt das Waſſer ab. In wenigen Stunden iſt der Teich
bis auf einen kleinen Tümpel und das ſchmale Rinnſal des
Bächleins geleert. Und nun zerren ſie aus Schlamm und Moraſt
hervor den toten Bauern und eine ſchwere Kiſte, die
monde=
lang unter ſeinem Bette geſtanden. Sie tragen den Toten ins
Haus. Mutmaßungen ſchießen wie Unkraut auf; und ſchon ſind
ſie zu einer Gewißheit zuſammengewachſen:
Der Bauer iſt mit der Kiſte auf die Mitte des Teiches
ge=
fahren, hatte ſie überkippen wollen, dabei wohl das Gleichgewicht
verloren und iſt mit in das ſchwarze, naſſe Grab geſtürzt. Aber
was barg denn die Kiſte, das aller Welt verheimlicht werden
ſollte und das nicht einmal mehr unter der Bettlade in
Sicher=
heit ruht
Man hebt die Kiſte auf, man verſucht ſie zu öffnen, man
ſchüttelt, ſtößt an ſie Da, da ſchlägt ein Bauer mit einem
ſchweren Feldſtein gegen das Schloß, daß es ſpringt. Er reißt
den Deckel auf. Ein Dutzend Augen brennen".
Und finden und ſchauen nichts, denn „.= einen alten,
grauen Grenzſtein.
Beſſerung der Wohnungsverhältniſſe ſucht, und es läge im
In=
tereſſe einer ungeſtörten geſunden Weiterentwickelung unſeres
Volkes, daß endlich die maßgebenden Stellen der Regierung in
dieſer Hinſicht durchgreifend Wandel ſchafften, ehe noch mehr,
wie bisher, wertvollſtes Menſchentum und hoffnungsvoll
her=
anwachſende Jugend in und durch die Wohnungsmiſere völlig
zwecklos zerrieben und aufgerieben wird.
Waldemar Deinhardt.
Die Mode von heute.
DasNeueſtevonderHaarfriſur. Wie die
Frauen=
wvelt ſchon ſeit langem erwartete, iſt es jetzt gekommen: das völlig
ungewellte, glatt nach hinten gekämmte Haar verſchwindet, und
ſtatt deſſen erſcheint die moderne Friſur wieder in faſt täglich
tiefer werdenden Wellen. Auch für den Scheitel, den Mittel= und
Seitenſcheitel, ſcheint ſich die Mode immer mehr zu erwärmen
und geht auch neuerdings noch dazu über, vom ſo lange verdeckt
geweſenen Ohre wenigſtens das roſige Ohrläppchen freizugeben,
um in ihm eine blitzende Perle, einen Kranz farbiger Steinchen
oder die noch immer modernen Hängohrringe in Tropfenform
beſſer zur Geltung bringen zu können. Neben dem wenig
ab=
ſtehenden Nackenknoten, in Rollenform oder aus loſe
geflochte=
nen Zöpfen kunſtvoll geſteckt, ſchuf ſie, namentlich für junge
Mäd=
chen recht kleidſam, die ſogenannte Brezelform, aus Zöpfen
ge=
flochten, die namentlich in Verbindung mit geſcheiteltem Haar,
ſeitlich oder in der Mitte geteilt, vielfach außerordentlich kleidſam
iſt. Die ſchlicht untergeſchlagene, ſogenannte deutſche Friſur,
ſchwindet mehr und mehr, ebenſo das glattanliegende, ondulierte
Haar, das die Kopfform manchmal ganz beſonders ſtark betonte.
Die Mode ſcheint neuerdings, wenn die von Wien ausgehende
Richtung ſich durchſetzen ſollte, dieſe im Gogenteil wieder
voll=
ſtändig verſtecken zu wollen und dafür die faſt immer reizvolle
Wirkung des gekrauſten Haares beſonders zu betonen, das
namentlich unter den modernen Pelzkappen und =ützen ſo recht
am Platze zu ſein ſcheint, um die Trägerin verführeriſch
erſchei=
nen zu laſſen. Auch vereinzelte Nackenlöckchen ſtehlen ſich ſchon
hier und da unter den Haarknoten hervor, die wieder in
zuneh=
mendem Maße von ſchönen Ziernadeln gehalten werden. S. R.
Die moderne Sturmhaube mit Kinnband.
Sowohl aus Leder, wie aus Duvetine, Samt oder Seide
gefer=
tigt, zeigt dieſe meiſt für jugendliche Trägerinnen beſtimmte, faſt
randloſe Sturmhaube, rechts und links über den Ohren einen
ohrenklappenartigen Riemen, der ſich nach dem Kinn zu auf
Daumenbreite verſchmälert und hier mit kleiner Schnalle
feſt=
gehalten und geſchloſſen wird. Die ganze Haube iſt zumeiſt in
feine Bieſen abgenäht, die ſich ſtrahlenartig auf der Mitte des
Kopfes vereinen und hier unter einem aufgeſetzten flachen Knopf
zuſamm nlaufen. Ein nur daumenbreites Bändchen aus gleichem
Material in ſchräge Bieſen algenäht, deckt den Anſatz zwiſchen
Kopf und Rand, wenn nicht der ganze Bezua der Haube vom
Kopf aus bis üler den Rand fortläuft und ſo das ganze ein
Stück Qualitätsarbeit der Putzmacherkunſt darſtellt, das unter
den heutigen Verhältniſſen nur wenigen deutſchen Frauen und
Mädchen zu tragen vergönnt iſt. Nach Belieben können die
ſeit=
lichen Riemen auch durch einen Schlitz dicht am Kopfrand nach
außen gezogen. hier aufgerollt und durch eine eigenartige
Binde=
vorrichtung als bleine Rolle feſtgehalten werden, ſo daß ſeine
Trägerin auch an „ſturmfreien” Tagen ſich mit dieſer Neuheit
ſchmücken kann.
E. M.
Der zeitgemäße Haushalt
Das Gefrieren der Fenſter kann man verhindern,
wenn man ſie mittels Leinenläppchen mit einer Flüſſigkeit
ab=
reibt, die man wie folgt herſtellt: ½ Liter 20proz. Spiritus, 30
Gramm Glyzerin und 1 Tcelöffel Bernſteinöl ſchüttelt man
tüchtig zuſammen, bis ſich alles innig vermiſcht hat; nach
Ge=
brauch verkorkt man die Flaſche gut und bewahrt ſie an kühlem
Orte auf.
E.
Seifige Schwämme werden rein und wie neu,
wenn man ſie in 3 Liter Waſſer legt, dem man wenig Salzſäure
(5—10 Tropfen) zuſetzt, dann läßt man ſie 1 Tag liegen und
ſpült ſie mit viel klarem Waſſer.
H.
Gegen aufgeriſſene blutende Hände iſt Hon:g
ein vorzügliches Vorbeugungs= und Heilmittel. Nachdem die
Hände gewaſchen, aber noch feucht ſind, wird ein erbſengroßes
Stück davon darauf verrieben und dann die Hände abgetrocknet
Die Haut wird davon glatt, weich und ſehr geſchmeidig. R.
Pflege und Behandlung der Gummiſchuhe.
Wer ſich vor Erkältung bei Näſſe und Froſt ſchützen will, der
ſchaffe ſich unbedingt ein paar Gumniſchuhe an. Wohl iſt es
immerhin eine Ausgabe, aber ſie bringt die Koſten durch das
Fernhalten jedweder Erkältung bald wieder ein. Wichtig iſt
aber, ſie im geheizten Raume ſofort auszuziehen, denn, ſtändig
an den Füßen behalten, würden ſie ſehr bald die Blutzirkulation
hemmen und ſchlimme Kopfſchmerzen verurſachen. Auch dem
feinen Lederſchuh, über dem ſie getragen werden, ſchaden ſie
in=
ſoſein, als ſie alle Feuchtigkeit des Leders aufſaugen, ſo daß
zuletzt das Leder bricht. Die feuchten Gummiſchuhe hängt man
am beſten freiſchwebend nach dem Abwaſchen zum Trocknen auf,
reibe ſie von Zeit zu Zeit einmal mit feinem Oel oder Milch
ab und poliere tüchtig hinterher. Auch hin und wieder einmal
mit Gunnnilack lackieren, erhält ſie lange gebrauchsfähig. D.
Speiſezettel.
Sonntag: Flädleſuppe. Wildragout mit Grießklößchen.
Montag: Kümmel=Weißkraut und Bratkartoffeln.
Dienstag: Selleriekartoffeln mit Corned beef.
Mittwoch: Graupen mit Backpflaumen, ſauerſüß.
Donnerstag: Kartoffelmus mit Speckſoße.
Freitag: Geb. Goldbarſch mit Kapernſoße.
Samstag: Kohlrabi mit Reis.
* Der kleine Philoſoph. Der vierjährige Werner ſitzt im
Garten am Erdbeerbeet und ißt emſig die ſchönen reiſen Früchte.
Da ruft ſeine Mutter aus dem Fenſter: „Werner, laß die
Erd=
beeren ſtehen und komm ſofort ins Haus!” Werner rührt ſich
nicht und ißt ruhig weiter. „Werner, wenn du nicht ſofort
kommſt, dann hol’ ich dich und du bekommſt dann gehörig Senge.”
„Die Senge kriege ich doch,” antwortet Werner, „da will ich mich
mal erſt in den Erdbeeren ſatt eſſen.”
* Das kommt noch dazu. Der Herr Profeſſor lieſt mit ſeinen
Schülern in der Homerſtunde das Abenteuer des Odyſſeus in
der Cyklopenhöhle. Zum Schluſſe ſagt er: „Sehen Sie, wie fein
Homer ſchon beobachtet hat. Der Cyklop hatte ja nur ein Auge
und mit einem Auge kann man wohl noch ſehen, aber, wie Sie
ſpäter in der Phyſikſtunde lernen werden, keine Entfernung mehr
abſchätzen. Deshalb traf er mit dem nachgeſchleuderten Felsblock
auch nicht die Leute des Odyſſeus, ſondern warf zu kurz.” „Ja,
aber,” wendet ein Schüler ein, „das eine Auge, das der Cyklop
hatte, war ihm doch vorher, als er ſchlief, vom Odyſſeus
ausge=
brannt und er dadurch blind geworden.” „Richtig,” erwidert der
Profeſſor, „das kam noch dazu.”
886868
Schach
986868
Nummer 33
Aufgabe 65
Philipp Klett
(Schachprobleme 1878),
Weiß zieht und ſetzt in drei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Khs Db5 Se8 Bg2 g5 h3 (6);
Schwarz: K15 Th5 Lht Be5 e6 g3 g6h7 (8); 3+
Ein ſchönes Stück von dem verewigten Klett,
Aufgabe 66
Bruno Sommer in Berlin.
(1. Preis im Turnier des „Teplitz=Schönauer Anzeigers” 1922)1
Weiß; Kg! Dc2 Tb7 e5 Lb2 f7 Bb5 c6 g6 (9);
Schwarz: Kd6 Td8 Se6 Bd7 (4).
Matt in zwei Zügen.
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dal. nur an die
Schrift=
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Auſſchriſt „Schach”=
Darmſtädter Silbenrätſel
an, an, ä, big, dre dun, es, go, kand, lie, lop, mar, na, ſa, ſig, tan.
Aus vorſtehenden Silben ſind 7 Wörter von folgender
Be=
deutung zu bilden: 1. Bekannte Automobilreifenfabrik. 2.
Ein=
flußreicher lutheriſcher Theologe des 16 Jahrhunderts. 3. Stadt
in Rußland. 4. Weiblicher Vorname. 5. Berühmter Darmſtädter
Chemiter. 6. Moderne Tanzart. 7. Speiſenwürze.
Die Anfa gs= uud Endbuchſtoben ergeben, beide von oben
nach unten geleſen, den Namen eines der beſterhaltenen alten
Bau=
werke unſrer Stadt.
Th—s.
Leiſienrätſel.
1. 2. 3. 4.
1. 444444 4. Nach richtiger Ordnung der Buchſtaben
E E G. & enthalten die 4 wagerechten und ſenkr chten
2. TTIIXXI Reihen gleichlautende Wörter von folgender
T. pr u m Bedeutung: 1. Geburtsort des Ariſtoteles.
3. MyYNN 0 0 2. Weiblicher Krieger, 3. General im 30jährigen
E R R R Kriege. 4. Erdteil.
Carl Deubel.
4. SSSTTZZ
Rätſel
578. Oft iſt das zweite im erſten und häufig, das erſte am zweiten; —
Aber das Ganze gieb’ts nur als zweites im Schwarzwald
Taunus — Oder als ſeenumgürteter Flecken in Starkenburgs
Gauen.
579. Das erſte hat ſaſt jedes Tier, — Nur nicht das ganze und das
zweite. — Das ganze iſt ein harmlos Tier, — Ein kleiner
Kerf, doch nicht das zweite. — Sihlupft’s Dir mal in Dein
Eins linein, — Nie wird es Dir dort ſchädlich ſein.
580. Die erſten ſind bekanrte Tiere — Die gern mit einem Dreivier
ſtehn. — Das Ganze iſt im Berggewirre — Des Odenwaldes
leicht zu ſeh’n..
Auflöſungen.
Silbenrätſel.
1. Erzmarſchall, 2. Inge, 3. Narſes, 4. Flitterwochen, 5. Räude,
6. Jglau, 7. Ebbe, 8. Dumas, 9. Egli. 10. Volta, 11. Olbrich,
12. Leder. — „Ein friedevolles neues Jahr”
Figurenrätſel,
1. Calderon. 2. Seneca. 3. Ares. 4. Unze. 5. Omega. 6 Tiger,
7. Taube 8. Mozart. 9. Sprotte. 10. Veilehen. 11. Lacheſis.
12. Jſabella. 13. Fanklin. 14. Sch euſe. 15. Makart. 16. Hirx.
17. Reuter. 18. Georgine. — „Der zerbrochene Krug‟.
Sternrätſel.
1. Faſan, 2. Regen, 3. Eiſen, 4. Ibſen, 5. Haydn, 6. Eugen,
7. Irren. 8. Traun. — „Freiheit”.
Umlegaufg abe.
Rätſel: 576. Wolkenbruch. 577. Druckknopf.
Verantwortlich; Max Streeſe.
[ ← ][ ][ → ]Nummer 6.
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den G. Januar 1924.
Seite 9.
Heſſiſche Landwietſchaft.
Der Abſchluß der Landwirtſchaftlichen Woche.
Der letzte Tag der Heſſiſchen landwirtſchaftlichen Woche in
Darmſtadt brachte noch einen intereſſanten Fachvortrag des
Herrn Prof. Dr. Kling=Speyer, der über „Fütterung8, Sauer= und Süßpreßfutter” ſprach.
Um 11 Uhr fanden ſich die Teilnehmer ſodann im
Union=
theater ein, um den hochintereſſanten und lehrreichen
Filmvorführungen
beizuwohnen, die von der Landwirtſchaftlichen Auskunftsſtelle
Darmſtadt des Deutſchen Kaliſyndikats. G. m. b. H.
veranſtaltet wurben. Das Intereſſe an dieſen Vorführungen
war ſo ſtark, daß ſich das U.=T. als viel zu klein erwies, um
alle Intereſſenten zu faſſen. Viele mußten wieder umkehren
und hielten ſich dafür durch den Beſuch des Charlie Chaplin=
Films „The Kid” am Nachmittag und Abend ſchadlos. Die
Filmporſührungen des Kaliſyndikats waren teils belehrend und
unterhaltend, teils ſtark propagandiſtiſch. Es wurden zunächſt
die beiden Rieſenwerke der Badiſchen Anilin= und Sodafabrik
Leung und Oppau vorgeführt; in denen vornehmlich
Stickſtoff aus der Luft gewonnen, aber auch alle anderen
Dün=
gemittel hergeſtellt, wiſſenſchaſtlich analyſiert und in
Treibhäu=
ſern, Verſuchsſtationen und auf großen Verſuchsäckern praktiſch
erprobt werden. War die Vorführung der Rieſenwerke mit
ihren weitverzweigten Anlagen, der Einblick in die großzügigen
Betriebsanlagen, in viele Einzelabteilungen und der teilweiſe
Einblick iu die Fabrikation an ſich hochintereſſant und gewaltig
imronierend, ſo war der Einblick in die wiſſenſchaftliche
For=
ſcheraibeit, die beſonders auf dem Gebiet der Agrikulturchemie
in Deutſchland in den letzten Jahrzehnten große Fortſchritte
ge=
macht hat, ein Beweis für die beinliche Gewiſſenhaſtigkeit
deut=
ſcher Forſcherarbeit und ihrer Auswirkung in die Praris.
Hier=
für zeugten vor allem die Verſuche in den „Verſuchsſtationen
und auf den Aeckern. Die verſchiedenſten Bodenarten wurden
mit den verſchiedenſten Früchten und Pflanzen bepflanzt und
über die Zuſammenſetzung des Bodens und die
verſchiedenarti=
gen Düngerzuſätze genaueſtens Buch geführt, gleichwie über die
Erträgniſſe bei den einzelnen Düngemitteln. Es war denn doch
erſtaunlich, wie immer der Ertrag der Brotfrüchte und
Kartof=
feln, aber auch bei Früchten des Gartens und bei Obſt der
Er=
trag durch zweckmäßige Beigabe des geeigneten Düngers
geſtei=
gert werden kann. Die Vorführung erfolgte anſchaulich in dem
Rahmen tatſächlichen Erlebens; ein Bauer, deſſen Aecker nicht
mehr die Arbeit lohnen, holt ſich Rat bei der Verſuchsſtation
und befolgt dieſen Rat, aber auch mit dem Reſultat, daß ſein
Wohlſtand wächſt, er aber auch damit der Allgemeisheit den
größten Dienſt erweiſt, denn nur
Produktionsſteige=
rung kann Deutſchland vorwärts bringen.
Ein mehr propagandiſtiſch eingeſtellter Film führte die
Be=
ſuchrr dann zurück in die Zeit vor drei= bis vierhundert Jahren,
da in Amerika die erſten weißen Anſiedler den Indianern den
Boden ſtreitig zu machen begannen und von den Indianern das
Düngen des Bodens mit Fiſchen lernten. Die Indianer
legten bei ihren Maispflanzungen in jedes Erdloch, dem ſie
Maisſamen anvertrauten, zwvei tote Fiſche. Das führte zunächſt
zu guten Erfolgen, ſpäter jedoch verſagte dieſe Art der
Dün=
gung, weil ſie einſeitig war, der tieriſche Körper enthält nicht,
was die Pflanze notwendig braucht, die Kaliſalze, und eine
einſeitige Düngung verarmt den Boden. Die fortſchreitende
Kultur, die den künſtlichen Stiaſtoff brachte, ermöglichte dann
wieder die Nieſenernten, die der vordem jungfräuliche Boden
gab.
Weiter wurde gezeigt, wie die Düngung auf Pflanzen und
Blumen wirkt, Zeitlupenauſnahmen Taben Gelegenheit die
Nahrungsaufnahme und das Erblühen der Chryſanthemen zu
beobachten, und vieles andere mehr. Die Vorführungen
fan=
den ungeteilten Beiſall und dürſten ihren Zweck ſicher erreicht
haben.
Porführung der Hengſte.
Um 2 Uhr fanden ſich die Teilnehmer und viele Hunderte
ſonſtiger Schauluſtigen auf dem Mathildenplatz ein, wo die
Hengſte des Heſſiſchen Landesgeſtüts vorgeführt
wurden. Dieſe Vorführung leitete Herr Landſtallmeiſter
Schörke, der ſich über die Vorzüge und die beſondere
Geeig=
netheit der verſchiedenen Naſſen verbreitete. In Gruppen von
zwei und mehr wurden dann die ausgezeichnet gepflegten
prachtvollen Tiere vorgeführt, die bei Laien und Fachleuten
ungeteilte Bewunderung fanden. Das intereſſante Schauſpiel
dauerte über 1. Stunden.
Die Landwirtſchaftliche Ausſtellung
die während der ganzen Dauer der Landwirtſchaftlichen Woche
in der ehemaligen Reithalle der Weißen Dragoner=Kaſerne
ge=
öfftet war und die auch heute Sonntag noch geöffnet
bleibt (der Beſuch ſei warm empfohlen!) fand das regſte
In=
tereſſe der Beſucher. Die Landwirtſchaftliche Woche hat alle
Ertdartungen übertroffen. Strömten doch die
landwirtſchaft=
lichen Intereſſenten von Heſſen und den anſtoßenden Ländern
äußerſt zahlreich herbei, das Wiſſenswerte zu ſchöpfen, dadurch
das Bedürfnis nach Vorgetragenem und Gebotenem verratend.
Und ſo muß man allen denen auch danken, die ihr Beſtes dazu
beigetragen haben, ohne Scheuung von Koſten das Ihrige
bei=
zuſteuern, die Intereſſenten mit Wiſſenswertem zu erfreuen.
Das zeigt beſonders im großen und anſchaulichen Rahmen
die Ausſtelbung landwirtſchaftlicher Maſchinen.
Faſt zu klein dünkt uns der Raum, all die Maſchinen und
Ge=
räte ueben den Beſuchern zu ſaſſen. Schon am Zusang zur
Ausſtellung fällt das auf, indem ein Leiterwagen und ein
gro=
ßer Motoipflug, von der Landw.
Zentralgenyſſen=
ſchaft Darmſtadt ausgeſtellt, uns begrüßen. Unter den
Ausſtellern ſelbſt nimmt, entſprechend der Bedeutung unſeres
Genoſſenſchaftsweſens in Heſſen, die Landw.
Zentralge=
noſſenſchaft eine ganz hervorragende Stelle ein. Von
weitem ſchon wird der Beſucher bereits auf ein Gebrumm
auf=
merkſam, das, aus der Kalle dringend, dem Kundigen den Lauf
einer großen Dreſchmaſchine verrät. Der Antrieb dieſer
Dreſch=
maſchine erfolgt, was dem Beſchauer beim Eintritt in die Halle
ſofort auffällt, durch einen elektriſchen Motorwagen, neben dem
ein Exploſionsmotor modernſter Ausführung, ebenfalls für den
Betrieb einer Dreſchgarnitur beſtimmt, in Betrieb geſehen
wer=
den kann. Ein großer Dreſchſatz mit Strohpreſſe bietet ein
er=
freulich lebhaſtes Bild für die Landwirte. Auch eine
Dreſch=
maſchine kleinerer Ausführung wird hier gezeigt. Ferner
wer=
den im Laufe vorgeführt: Eine elektriſch betriebene
Häckſelma=
ſchine, ein Autterfaß und ein Trieur. Die Gruppe der
Antriebs=
mnaſchichen erfährt ihre harmoniſche Ergänzung durch die
Aus=
ſtelluun kleinerer und größerer Elektromotoren, wie dieſe in der
g=öwirtſchaſt benötigt werden. Weiter ſehen wir eine elektriſch
anretrielene Jauchepumpe modernſter Ausführung für eine
minutliche Leiſtung von 800 Litern. Das Geſamtbild erfährt
durch die Ausſtellung von Pflügen verſchtedenſter Arten,
Drill=
maſchine, Räucherofen uſw. einen guten Abſchluß. Alles in
al=
lem beurteilt, befriedigt der Ausſtellungsſtand der
Landwirt=
ſchaftlichen Zentralgenoſſenſchaſt Darmſtadt den Beſucher durch
das Gebotene in hohem Maße, auch was die hübſche und
ſin=
nige Aufmachung anbetrifft, mit der Einzäunung und den
Weg=
weiſern in den heſſiſchen Landesfarben. Sehr begrüßenswert iſt,
daß die Maſchinen im Betrieb gezeigt werden, die
gleichzei=
tig zeigt, welche Kraſtmaſchinen und Betriebsſtoffe erforderlich
ſind. Die Maſchinen zeichnen ſich durchweg durch leichte
Hand=
habung, große Leiſtungsfähigkeit bei größter Beſchränkung in
den Ausmaßen und Antriebsmaſchinen und bei beſter
Stabili=
tät aus.
Es haben weiter ausgeſtellt: der Reichslandbund:
Getreide= und Grasmähmaſchinen, Zentrifugaljauchepumpen,
Eggen, Motor= und Breitdreſchmaſchinen, Zentrifugen, Schrot=
mühlen; Futterdämpfer, Kreisſägen. Düngerſtreumaſchinen,
Heuwender, Handwagen, Drilmaſchinen, Hackmaſchinen,
Häckſel=
maſchinen, diverſe Pflüge, Kultivatore und Putzmühlen; die
Firma, Hermann Heinmüller: Treibriemen, div. Oele
und Fette. Putzwolle und ſonſtiges techniſches Betriebsmaterial;
die Südd, Verkaufsvereinigung: „Strohpreſſe,
Hack=
maſchinen, Drillmaſchinen, Schleifſteine, Bandſägen.
Schrot=
mühle mit und ohne Mehlſichter. Dezimalwagen,
Handleiter=
wagen, Waſchmaſchinen, Breit=, Motor= und Dreſchmaſchinen,
Getreidemäher (Ableger), Häckſelmaſchinen,
Zentrifugaljauche=
pumpen, diberſe Pflüge, Elektromotore, Zentrifugen und
But=
termaſchinen, Putzmühlen; die „Gutsreform” (
Reform=
bund der Gutshöfe, Bad Nauheim);
Getreidereinigungsanla=
gen, fahrbarer Schwerölmotor „Bulldog”, Handhackgeräte und
Drillmaſchinen, Mödell eines Dünger=,Silos”, Zentriſugen,
kleine Motorpflüge, Hackmaſchinen, Drillmaſchinen,
Elektromo=
tore, Strohſchneider, Waſchmaſchinen mit Trockenvorrichtung.
Textilwaren.
Mit der Ausſtellung iſt auch eine wiſſenſchaftliche
Abteilung verbunden. Hier ſind vertreten als Ausſteller:
die Landwirtſchaftskammer: Saatgutabteilung der
Landwirtſchaſtskammer; Buchführungs= und Betriebsabteilung
der Landwirtſchaftskammer; Bauberatungsdienſt der
Landwirt=
ſchaftskammer: „Landwirtſchaftskammer=Ausſchuß für
Star=
keuburg, Landwirtſchaſtskammer=Ausſchuß für
Oberhef=
ſen, Landwirtſchaftliches Inſtitut Gießen,
Landwirtſchaftliche Verſuchsſtation Darmſtadt,
Kul=
turinſpektion Darmſtadt. Landesamt für Wetter=
und Gewäſſerkunde Darmſtadt, Badiſche Anilin= und
Sodafabrik, Ludwigshaſen, Kalkſtiaſtofſwerke.
A. St.
Heſſiſcher Bauernbund und Nothilfe.
Anläßlich der im Rahmen der Heſſiſchen
landwirtſchaft=
lichen Woche ſtattgehabten Landesverſammlung des Heſſiſchen
Bauernlundes, die außerordentlich ſtark beſucht war, wurde
einhellig folgende Entſchließung für die Techniſche
Nothilfe angenommen:
„Die am 3. Januar 1924 in Darmſtadt ſtattgehabte
Lan=
desverſammlung des „Heſſiſchen Bauernbundes” erachtet es
als Ehrenpflicht eines jeden Staatsbürgers das Werk der
Techniſchen Nothilfe, die in den 4 Jahren ihres Beſtehens
über dreitauſendmal in lebenswichtigen Betrieben Hilfe
lei=
ſten mußte, durch freiwillige Mitarbeit in der Notſtunde zu
unterſtützen. Gerade die deutſche Landwirtſchaſt mußte im
verfloſſenen Jahre infolge zahlreicher wilder
Arbeitsnieder=
legungen in gehäuftem Maße Techniſche Nothilfe in Anſpruch
nehmeu, weswegen eine enge Fühlungnahme der
Landwirt=
ſchaft mit der Techniſchen Nothilfe ganz beſonders wichtig
er=
ſcheint. Die Mitglieder werden gebeten, ſich der Techniſchen
Nothilfe als freiwillige Helfer anzuſchließen und bei Streils
in lebeuswichtigen Betrieben als Nothelfer bei der
Verrich=
tung der erforderlichen Notſtandsarbeiten mitzuwirlen. Je
entſchloſſener und hilfsbereiter unſer Volk in der Abwehr
ge=
gen rückſichtsloſe Lahmlegung der gemeinnützigen Betriebe
zuſammenſteht, deſto eher werden derartige verhängnisvolle
Störungen der deutſchen Wirtſchaft gebannt werden.”
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 9½ Uhr
(B 10): „Der Troubadour”: — Kleines Haus, Anfang 7½ Uhr, Cnde
10 Uhr (Zuſatzmiete 15 Was Ihr wollt”. — Orpheum, 734 Uhr
abends: „Venus im Grünen‟. — Geſangverein
Lieder=
halle, nachm. halb 4 Uhr, im Mathildenhöhſgal: Weihnachtsfeier.
— D. R. C. ahends 6 Uhr, im Fürſtenſaal: Weihnachtsfeier — Union=,
Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Hauptichriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortl 4. für Politik und Wirtſchaſt: Nudolf Mauve
Verantwortlich für Feuill ton und Heſſiſch= Tacrchten: Max Streeſe
Derautwortlich für Srort: Dr. Eugen Buhlmann.
Verantwortlich für Schlußd n:: Andreas Bauer
Verantw rlich für den nlratenel: Willy Kudle
Truck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heuige Nummer hat 12 Seiten
OrIIATIII Taea
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Haushalt dabei be= hanolun: geſ. Gute
ſorgt wird Ausf. Ang. Zeugn. erf. Vor uſt.
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s ſchäfte und Private leicht verkäuflichen 2
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S Rührigkeit und Verkaufser ahrung.
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6 von Empfehlungen erbeten an In= 8
2 genieur F. Schüller, z. Bt. Fruntfurt 2
(IHei7
3 a. M., Annaſtr. 19.
Tgoooosooogoooososoesoos
Guiter
Nebenverdienſt
Im Verkehr mit dem Publikum
be=
wanderte Herren (Kaufleute, Rentncr u. A.),
die ſich einem ſehr lolnenden Nebenberuf
widmen wollen, belieben ihre Adreſſe
an=
zugeben unter P 0. k. 385 an Audolf
Moſſe, Darmſtadt.
(1220
Perſönlichkeiten als
Erſtklaſſige, beſte
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(l,219
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Drahtanſchrift: Perkeoſchaum.
Telephon 2007
Darmſtädter Tagblatt
Die Goldmark=Bilanz.
Die neuen, jetzt in Vorbereitung befindlichen Steuergeſetze ſehen,
wie aus den erſten Veröffentlichungen hervorgeht, den Zwang zur
Auf=
ſtellung einer Goldmarkbilanz für den Schluß des Jahres 1923 vor.
Richtlinien werden wohl gegeben werden, aber immerhin iſt es von
In=
tereſſe, das Weſen der Goldmarkbilanz einmal an einem Beiſpiel zu
zeigen und einen Anhaltspunkt zur Aufſtellung derſelben zu geben.
Die Bilanz dient bekanntlich dem Zweck, den Gewinn oder auch
Verluſt des betreffenden Buchführenden durch Vergleich der Anfangs=
und Schlußbilanz eines beſtimmten Zeitabſchnittes, meiſtens des
Ge=
ſchäftsjahres, zu ermitteln. Dieſe Schanzſche Einkommenstheorie iſt bis
jetzt für unſere Steuergeſetzgebung maßgebend, ſo daß ich auf andere
nicht näher einzugehen brauche. Infolge unſerer Währungsverhältniſſe
wurde die Papiermark, die bis jetzt immer noch in der Hauptſache als
Wertmeſſer zugrunde gelegt wurde, dazu immer ungeeigneter, und viele
Geſchäftsleute und Firmen ſind ſchon von ſich aus zur Aufſtellung von
Goldmarkbilanzen übergegangen. Seit Jahren bemühen ſich auch ſchon
unſere erſten Handelswiſſenſchaftler um die Einführung der
Goldmark=
bilanzen, ohne aber bei den bisher beſtehenden Schwierigkeiten
nennens=
werte Erfolge verzeichnen zu können. Erſt die Einführung der
Gold=
markpreiſe und der Feſtmark haben die Notwendigkeit des Uebergangs
zur Goldrechnung auch in der Buchführung und die Vorbedingungen
zur allgemeinen Verbreitung geſchaffen.
Um das Reſultat des Geſchäftsjahres 1923 ermitteln zu können,
iſt es notwendig, zunächſt die Anfangsbilanz dieſes Jahres nach den
gleichen Grundſätzen, die jetzt zur Anwendung kommen ſollen,
umzu=
rechnen. Es iſt anzunehmen, daß die Finanzbehörde beſtimmen wird,
welcher Umrechnungsfaktor zur Anwendung kommen ſoll, doch ſpielt die
Wahl desſelben keine ſo bedeutende Rolle, wenn nur die Gleichförmigkeit
gewahrt bleibt. In meinem Beiſpiel habe ich den Doſlarkurs gewählt,
und zwar bis auf geringe Ausnahmen, den Jahresdurchſchnittskurs.
Um die Sache nicht unnötig zu komplizieren und der beſſeren Ueberſicht
halber habe ich ein ganz einfaches Beiſpiel angenommen, nach welchem
ſich dann jeder nach ſeinem Bedarf die Anwendung auf etwaige
Spezial=
fälle ableiten kann.
Anfangsbilanz in Papiermark.
B. Paſſiva.
Geſchäftsvermögen 1 213967.—
A. Aktiva.
34 107.—
Kaſſe
715 830.—
Kreditoren „ . . . 3 782 420.—
Bank .
1 268 470.—
Werkerhaltung . . . . 1000 000.—
Debitoren.
3 860 210.—
Vorräte".
117 768.—
Immobilien
Kon oreinrichtung 1.—
Geſchirr .
5 996 387.—
5996 387—
Kaſſe, Bank, Debitoren und Kreditoren werden zum
amtlichen Dollarkurs des Stichtages, in meinem Fall der 1. Januar
1923 (7250,00) umgerechnet.
Bei den Vorräten wird angenommen, daß ſie durchweg aus dem
Jahre 1922 ſtammen. Ich habe daher für deren Umrechnung den
Durch=
ſchnittskurs dieſes Jahres zugrunde gelegt (1901,64). Hier möchte ich
er=
wähnen, daß man in der Praxis wohl in den meiſten Fällen den
wirk=
lichen Goldmirkpreis wählen wird.
Bei den Immobilien gehe ich von deren Wert im Jahre 1914 aus
und rechne die Abgänge (in meinem Fall nur Abſchreibungen) und
Zu=
gänge zu dem jeweiligen Dollardurchſchnittskurs des betreffenden
Jahres um:
Durch=
Parier= ſchnitts=
Gold=
mark kulſe mark
Stand Ende 1914 32800
Abſchreibung
Rft
1915 (200) (56
1916
32 134
656
Durch=
Papier= ſchnitts=
Gold=
mark kurſe mark
32800 Uebertrag: 29 510.— 30624.—
Zugang,gebaut
Febr.—April
1920 95983 80.00 5 041
32144
125 493
5.41 F509
35 665
1917
1918
1919
31478
656
31635 Abſchreibung
6.50 423
30822 31 212
656 6.09 450
30 766 30 762
656 20.00 138
1920
1921
1922
2575
122918
2 575
62.76 173
35 493
105.00 103
120 343
35 389
2575 1901.64
30624
29510
117 768
35 383
Die Kontoreinrichtung, war ſchon Ende 1214 auf 1 Mark
abgeſchrieben, ſo daß alſo hier keine Veränderung eintritt.
Das Geſchirrkonto entſtand erſt im Jahre 1920, und zwar
am 15. Dezember, da an dieſem Tage Wagen und Pferde angeſchafft
wurden. Der Preis betrug 76 500 Mk. oder zu dem damaligen
Tages=
kurs (74,00) auf Goldmark umgerechnet Goldmark 4341,60. Ende 1921
wurde das Konto auf 1 Mk. abgeſchrieben, die Abſchreibung betrug alſo
76 499 Mk. oder ebenfalls zum Durchſchnittskurs von 1921 (105,00) um=
4 341,60 Goldmart
gerechnet 3056 Goldmark. Von".
3 056,00
wurden abgeſchrieben
ſo daß alſo Pferde und Wagen noch mit . . . 1 285,60 Goldmirk
in der Goldmarkbilanz zu Buche ſtehen, während ſie in der
Papiermark=
bilanz im Handumdrehen bis auf 1 Mk. abgeſchrieben waren.
Bei dem Kapitalkonto ergibt ſich unter Berückſichtigung der
nach Abzug der Privatentnahmen verbleibenden Zugänge ſeit 1914 und
der inzwiſchen eingetretenen Geldentwertung folgende Rechnung:
Stand Ende 1914 18 240.— 18 240.— Ueber rag:
Zugang 1915 2095 — 2095.— Zugang 1919
36 524 —
19912.—
31 386 15
4 374.90
Wenn wir jetzt nach Vornahme dieſer Berechnungen zur Aufſtellung
der Goldmarkanfangsbilanz ſchreiten, erhalten wir folgendes Ergebnis:
A. Aktiva.
19 50
Kaſſe...."
409 —
Bank . . ...
725.—
Debitoren . .
8 526 —
Vorräte .
Immobilien . . . . . . 35 383.—
1.—
Kontorreinrichtung .
Geſchirr . . . . . . . 1285 50
46 349.—
B. Paſſiva.
Geſchäf svermögen . . 56 234. 75
Kreditoren . . . . . . 2 447.—
58 681. 75
Die Paſſiven ſind jetzt höher als die Aktiven. Dicht nur die
Re=
ferde, der Betrag von 1 Million für Werkerhaltung iſt verſchlvunden,
ſondern die Aktiven reichen nicht einmal dazu aus, um das
Geſchäſts=
vermögen in Gold umgerechnet zu decken. Wir ſchaffen ein
Wertberich=
tigungskonto, um die Differenz auszugleichen, und ſtellen folgende
An=
fangsbilanz auf:
A. Aktiva,
Kaſſe ..
Bank .. .
Debitoren . . . .
Borräte ....
Immobilien . . .
Kontoreinrichtung
Geſchirr
Wertberichtigung
19.50
409 —
725.—
8 526 —
35 383 —
1.
1 285.50
12 332.75
B. Paſſiva.
Geſchäftsvermögen 56 234.75
Kreditoren .. . ... 2447.—
58 681 75
58 681 75
Dollardurchſchnittskurs Mai 46 800
do.
Juni 110 000
156 800 : 2 — 78400
oder pro Goldmark 18 667 Papiermark. Am 30. Juni 1924 ſtand aber
der Dollar bereits 154 500 oder eine Goldmark war gleich 36 786
Papier=
mark. Zu dieſem Kurs müſſen die zum Bilanzſtichtagkurs zu bewertenden
Poſten umgerechnet werden, ſo daß alſo bei den Aktiopoſten Verluſte, bei
Paſſivpoſten Gewinne enſtehen. Warenvorräe habe ich zu dem
Durch=
ſchnittskurſe angeſetzt. In der Praxis wird ſich dieſe Bewertung nach
den beſonderen Einzelumſtänden richten. Bemerken möchte ich noch,
daß die Zugrundelegung des Dollarkurſes trotz der bequemen
Anwen=
dung nur möglich iſt, wenn ſich die Kurſe des Dollars im freien Markt
beſtimmen und nicht durch Verordnung der zuſtändigen Stellen
fiſt=
gelegt werden. Legt man die Zwangskurſe zugrunde, ſo erhält man
ein gleich unwahres Bild, als bei der Rechnung mit der ſchwankenden
Papiermark.
Nach dieſen Vorbemerkungen gebe ich nachſtehend eine Aufſtellung
der einzelnen Konten mit Zu= und Abgängen:
Kaſſekonto:
Kaſſekonto:
Geſchirr:
Beſtand.
Bilanz
do.
Verluſt u. Gew.
34 107.— 19.50 Beſtand
Belaſtungen . 64 362224.— 3 447.85
1.— 1285.50
2855
64 396 931.— 3 467.35
Bilan;
Gutſchriften . 63 098112.— 3 400.40 Verluſt u. Gew.
1298819.—
35 30
1— 1157.
128 50
— 1 285 50
31.65 Wertberichtigung:
64396 931.— 3 467.35 Beſtand
—.— 12 332.75
Bilanz ..
Bankkonto:
—12 332.75
Beſtand.
715830.— 409.—
Belaſtungen . 58 0639 8.— 3 164.10, Bilanz,
58 779 768 — 3573.10
Gutſchriften .
Zilanz
do.
Verluſt u. Gew.
Kapital:
1213967.— 56 234 7‟
Geſchäftsverm. 1 213967.— 56 234.75
56867465 — 3 049.80
Werkerhaltung:
1912 303.—
52.— Bilanz".
1000000.—
471.30 Beſtand
1000000 —
58 779 768.— 3573 10
Debitoren:
Beſtand
1268470.— 725.— Kaſſe
Belaſtungen 23 563652— 1260.— Bauk
Bilanz
vo.
Verluſt u. Gew.
Saldenbilanz vorſtehender
Konten:
1 298 819—
66.95
1912303.— 523.30
3 910.40
1.—
1.— 1285,50
— 12 332.75
24832 122.— 1985. — Unkoſten 76331 529.— 4 089.35
86988 347.
58 639,55
Kreditoren:
Belaſtungen . 19014008.— 1018.70 Waren
81775470.—
Bilanz
2 998 910.—
Kreditoren . 2998910.— 2 404.80
do.
1213967.— 56 234, 75
81.50 Kapital
Verluſt u. Gew.
323.30 Werkerhaltung 1000000.—
22012 18 — 3 423.50
Mi
86988347.
24832 122 — 1985. — Debitoren 7327926.— 1047.30
Waren
Gutſchriften . 17504 196.— 937.70 Immobilien 117768.— 35 343.—
7327 926.—
Kontor
200.— Geſchirr
847.30 Wertberichtig.
Beſtand
3 742420.— 2447.—
Gutſchriften . 18230498.— 976 5
Kaſſe
22012918.— 3 423.50 Bank
Waren:
Beſtand
3860210 — 8 526.
Belaſtungen 28 701066.— 15 0.75 Geſchirr
Verluſtu. Gew. 81 7754:0.—
do. 70500/ 00.— 3 776.70 Waren
194 836 743 — 13803.45
Bilanz:
1298819.—
35.30
1912303 — 52.—
Debitoren 7327926.— 200.—
Jmmobilien 115413.— 34 675
Kontoreinricht.
1.—
1.— 1157.—
— 12 332.75
Wertberichtig.
70500000.— 3 776.70
— 4086.50
Verluſt
Dieſe Anfangsgoldmarkbilanz bildet jetzt die Grundlage für die
Aufſtellung einer Goldmarkſchlußoilanz. Um dieſe errechnen zu können,
müſſen ſämtliche Geſchäftsvorfälle des in Frage kommenden
Zeitab=
ſchnittes in Goldmark umgerechnet werden. Da man nachträglich
un=
möglich jeden einzelnen Poſten umrechnen kann, wird man ſich damit
begnügen müſſen, die auf den Sachkonten zuſammengeſtellten Monats=
Ein= bzw. Ausgänge zu dem Durchſchnittskurs des betreffenden Monats
umzureclnen, wobei allerdings einiges zu begchten iſt. Beiſpielsweiſe
haben doch alle Beſtände an Geld, ſowie Forderungen und Schulden
einen beſtimmten Wert am Vilanzſtichtage, der ſich nach dem Kurs an
dieſem Tage errechnet. Bei der Steigerung des Dollarkurſes wird ſich
bei Vornahme dieſer Umrechnung zeigen, daß ſich niedrigere
Goldmark=
beträge ergeben, als wie die zum Monatsdurchſchnitt umgerechneten
Kontenſalden zeigen. Es entſtehen alſo Differenzen, die als Verluſt
bzw. als Gewinn zu verbuchen ſind. Daran kann man auch am beſten
ſehen, welche Verluſte bzw. bei Schulden auch Gewinne dem
Geſchäfts=
mann durch die Schwankungen der Kurſe entſtehen. In meinem Beiſpiel
habe ich für die Umrechnung der laufenden Geſchäftsvorfälle den
Durch=
ſchnittskurs ſür die Monate Mai und Juni angenommen:
Gutſchriften . 114 336 746.— 6 176.35
Bilanz
70300 000.— 3 7:6.70 Kapital
— 3 910 40 Kreditoren . 2 9/8 910.—
Verluſt u. Gew.
81154 463.— 56 316.25
Gutſchriften 5284 174.— 283.05 Kaſſe
Verluſt u. Gew. 76331 529.— 4 089 35 Bank
81615703 — 4372.40. Debitoren
Immobilien
Immobilien:
Geſchirr .
117768.— 35 383.— Waren
Beſtand
Bilanz
Verluſt u. Gew.
Unkrſten
115413.— 34 675.— Gewinn
23.55.— 708 —
117 768.— 35 303.—
Waren
Kreditoren
Verluſt
6. Januar 1924 Nr. 6
Warenmärkte.
1213957.— 56 234.75
81.50
Werkerhaltung 1000000.—
184 236 746.— 13803.45
7: 941 586 —
Gewinn
81154 463 — 56 316 25
Unkoſten:
Belaſtungen
81615703 — 4372.40 Verluſt= u. Gewinn=Konto:
31.65
471 30
847.30
2355.
708.—
128.50
3 910 40
76331 529.— 1 069 35
75 941586.—
Kontoreinrichtung:
Beſtand.
Bilanz
Das Ergebnis der Goldmarkrechnung iſt überraſchend. Anſtatt
eines Papiermarkgewinnes von 75 941 586 Mark einen Verluſt von
4086,50 Coldmark. Der Raummangel verbietet es, im Rahmen dieſes
Artikels näher auf die Urſachen einzugehen, doch wird jeder
Geſchafts=
mann an Haud meiner Zahlen in der Lage ſein, dieſe Urſachen ſelbſt
feſtzuſtellen und danach ſeine eigene Goldmarkbilanz aufſtellen können.
Als Hauptquelle des Verlüſtes iſt das Warenkonto anzuſehen, aus
wel=
chem ſich einwandfrei feſtſtellen läßt, daß die Waren durchweg für
Pa=
piermark zu billig; alſo mit Verluſt, verkauft worden ſind. Wer ſich
noch näher über das Weſen der Goldmarkrechnung unterrichten will,
ſei auf das Werkchen „Goldmarkbuchführung und Goldmarkbilanzen”,
von Joſef Nertinger, erſchienen in Stuttgart in der Muthſchen Verl.:
gs=
buckhandlung, hingewieſen, welches auch dieſen Ausführungen
zugrunde=
gelegt iſt. Wenn auch dort mit anderen Umrechnungsfaktoren gearbeitet
wird, ſo bietet es doch wichtige Aufklärungen, die durch einen kurzen
Artikel nicht gegeben werden können.
Fremde Geldſorten und Deviſen ſind bei der Goldmarkrechnung
erſt in Goldmark umzurechnen und mit dieſen Beträgen dann
einzu=
ſtellen.
Jedenfalls wird jeder buchführende Kaufmann nach Studium
mei=
ner Ausführungen wohl davon überzeugt ſein, wie wichtig es iſt, ſich
durch Einführung der Goldmarkrechnung, die ja ſetzt nicht mehr die
großen Schwierigkeiten wie bisher bietet, über den wahren Stand
ſeiner Vermögenslage zu unterrichten.
Felix Graetz.
Handel und Wandel in Heffen.
Simon Mayer, Darmſtadt. Das ſeit 32 Jahren in
Darmſtadt beſtehende Agentur= und Kommiſſionsgeſchäft in Lebens= und
Futtermitteln wurde durch Errichtung einer Zweigſt lle in Frankfurt
a. M. ausgebaut. Die Frankfurter Niederlaſſung ſteht unter der Leitun)
des Herrn H. Wolf.
* Bankgeſchäft Friedrich Zaun, Darmſtadt. Wie
uns von ſeiten des Inſtituts mitgeteilt wird, wurde obiger Firma auf
Grund der Wechſelfiuben=Verordnung vom 8. Mai 1923 die Erlaubnis
für den Betrieb, einer Wechſelſtube durch das Kreisamt Darmſtadt
erteilt.
— Süddeutſche Eiſenhahn=Aktiengeſellſchaft,
Darmſtadt. Die Geſellſchaft erklärt ſich nachträglich bereit, den
In=
habern der zur Rückzahlung gekündigten, noch nicht eingelöſten
Schuld=
verſchreibungen für je 1000 Mk. Nennwert 4 Dollar in
Dollarſchatzan=
weiſungen des Deutſchen Reiches zu gewähren, falls die Einreichung bis
zum 1. Februar 1921 erfolgt.
Das Notgeld der Heſſ. Landesbank. Im Hinblick
darauf, daß dieſer Tage vom Reichsfinanzminiſter das Notgeld einiger
Länder zur Einlöſung aufgerufen worden iſt, wird darauf hingewieſen,
daß das Notgeld der Heſſiſchen Landesbank, das auf
Grund eines Beſchluſſes des H=ſſiſchen G ſamtmin ſteriums nach
einge=
holter Zuſtimmung des Reichsfinanzminiſters ausgegeben wurde, noch
nicht aufgerufen iſt und deshalb nach wie vor im Gebiet des
Volksſtaates Heſſen als Zahlungsmittel gilt und von jedermann
ange=
nommen werden muß.
* Michelsbräu=Brenner A. G., Babenhauſen. Das
Rnternehmen weiſt im Geſchäftsjahr 1923/24 einen Neingewinn von
54 893 Mill. Mk. (i. V. 0,13) auf, der vorgetragen wird. In der Bilanz
ſtehen 68 239 Mill. Mk. Kreditoren, 52 810 Mill. Mk. Debitoren und
55 390 Mill. Mk. Vorräten gegenüber.
* Von den ſüddeutſchen Waren= und
Produkten=
märkten. Die Haltung an den ſüddeutſchen Mäikten hat ſich um
die Jahreswende und mit Beginn des neuen Jahres etwas feſter
ge=
ſtaltet. Nicht unerheblich hierzu beigetragen hat die Tatſache, daß mit
dem 1. Januar die bisherige Frachtvergunſtigung von 30 Prozeut für
Lebensmitteltransporte fortgefallen iſt. Dazu kam das ſtarke
Froſt=
wetter, das zur Folge hatte, daß eine Anzahl von Strömen, wie die
Donau ,die Elbe, die Oder uſw. als Zufahrtsſtraßen für die
Verſor=
gung der Märkte ausſcheiden.
Der Getreidemarkt ſtand zudem unter dem Eindruck etwas
höherer Forderungen aus Amerika. So lauteten die hier vorliegenden
Angebote für Northern Manitoba I bis 12/, fl., Manitoba II 12,10 fl.,
Manftoba III 11,75 f1., Roſario 79 Kg. 11,60 fl. per Januar=Februar
bzw. 11,40 fl. per Februar=März. Bei Mais wirkte das Fehlen direkter
ſüdafrikaniſcher Offerten mit, ſodaß man höhere Forderungen ſtellt,
weil es an der Möglichkeit mangelt, ſich wieder einzudecken, ſoweit man
noch Ware aus früheren Abſchlüſſen verfügbar hat. Endlich wurde
aus Rheinheſſen ſtarke Beſchädigung der Noggenſaaten durch
Mäuſe=
fraß gemelder. In Mitteldeutſchland haben die Mühlen ſo ſtark
zu=
gegriffen, daß die von dort hierher gelegten Offerten gegenüber
Aus=
landsgetreide keine Rechnung mehr laſſen. So wurde bahnfreie Ware
in Maunheim zuletzt je 100 Kg. wie folgt bewertet: Weizen 21 bis
21,50 Gm., Noggen 16 bis 16,25, Braugerſte von den Brauereien mehr
verlangt 18 bis 20 Gm., Futtergerſte 10,40 fl. in Mannheim, Hafer
15,75 bis 16,75 Gm
Am Futtermittelmarkt bekundete Melaſſefutter eher eine
rückgängige Haltung während die übrigen Futtermittel feſt lagen. Man
verlangte für die 100 Kg. Weizenkleie 8,25 bis 8,50 Gm., Roggenkleie
8 bis 8,50, Weizenfuttetmehl 12 bis 13. Biertrebermelaſſe 11.
Malz=
keime und Biertreber 10,50 bis 11,50. Roggenſchaitzel 10,50 bis 10,75,
Napskuchen 11 Gm. ab ſüddeutſcher Verladeſtation, Wieſenheu 7 bis 8
Gm Preſſtroh 4,5 bis 5 Gm.
Die Mehlpreiſe haben eine kleine Befeſtigung um 25 Pfennig
die 100 Kg. erfahren, auf 29,50 Gm. für Weizenmehl Spezial 0 und
24,75 Gm. für Noggenmehl die 100 Kg. Angebote in franzöſiſchen
Franken ſind etwas knapper geworden angeſichts der rückgängigen
Be=
wvegung dieſer Deviſe. Abſchlüſſe ab deutſcher Grenze erfolgten zwiſchen
118 bis 124 franzöſiſchen Franken. Reges Geſchäft war in holländiſchen
Roggenm blen nach dem Rhein zu twa 141 fl. die 100 Ka.
In Hülſenfrüchten iſt das Geſchäft ruhig geworden, da ſich
infolge der Ermäßigung der Fleiſchpreiſe eine Abkehr des Konſums
vollzogen hat. Man verlangte zuletzt für die 100 Kg. Bohnen 32 bis
34 Gm., Erbſen 40 bis 42 Gm., Reis Burma 34 Gm., Saigon 32 Gm.
und Bruckreis 28 bis 29 Gm. frei Mannheim.
Malz hat ſich befeſtigt auf die erhöhten Gerſtenpreiſe. Es wurde
von den Brauereien verlangt. Erſtklaſſige Malzfabriken forderten für
ihre Oualitätsmalze bis zu 34 Gm. die 100 Kg. Geringere Malze
blieben mit 28 Gm. erhältlich; pfälziſche Malze waren mit 55
fran=
zöſiſchen Franken angeboten ab Malzfabrikſtationen; geringere
würt=
tembergiſche und baheriſche Malze wurden ab Stationen mit 30 bis 32
Gm. angeboten. Außer dem Inland waren auch ausländiſche
Brau=
ereien als Käufer am Markte. Dem Vernehmen nach wurden in
Nord=
deutſchland große Poſten guter deutſcher Qualitätsmalze nach
Schwve=
den, Norwegen und Dänemark gehandelt, während am ſüddeutſchen
Maukt neuerdings auch Italien wieder Intereſſe bekundet.
Am Hopfenmarkt war die Tendenz in den letzten Tagen ſehr
feſt, und die Preiſe ſind wieder um 50 bis 70 Gm. je Zentner in die
Höhe gegangen. In Baden wurden 320 bis 400 Gm. angelegt, für
württembrgiſche Hopfen 350 bis 400 Gm., für fränkiſche Hopfen 320
bis 280 Gm. je Zentner. Die Pfalz ſcheint ausverkauft zu ſein. Was
niclſt von den inländiſchen Brauereien erworben wurde, dürfte
ange=
ſichts der beſonderen Verhältniſſe trotz Ausfuhrverbots ſeinen Weg
auf den Hagenauer Markt gefunden haben.
Tabake ſind bei dem Froſtwetter und über die Feiertage kaum
in nennenswerten Poſten zum Verſand gekommen. Verkauft wurden
an der Bergſtraße Schneidetabake zu 35 bis 45 Gm., im Neckartal zu
35 Gm. der Zentner. In 1923er Sandblatt erfolgten große Abſchluſſe
an auswärtige Schneidetabakfabriken. Die Fabrikation iſt wieder beſſer
beſchäftigt. Nippen zu bisherigen Preiſen geſucht.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
war das Geſchäft bei im allgemeinen wenig veränderten Preiſen ſtill.
Roggen war etwas mehr angeboten, ſonſt blieb der Bedarf
Mittel=
deutſchlands beſteben, und die in Schleſien bezahlten hoben Preiſe
er=
hielten ſich, ſo daß dahin Ware abſtrömt, die ſonſt für Berlin in
Be=
tracht gekommen wäre. Für Weizen bleibt Sachſen Käufer. Für Gerſte
erhielt ſich die Nachfrage ſeitens der Brauereien. In Futterſtoffen,
Mehl und Hülſenfrüchten hat ſich nichts geändert.
Börſen.
* Börſenbericht vom 31. Dezember 1923 bis 5. 1. 1924.
(Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Flliale Darmſtadt.) Nachdem die
Börſe das alte Jahr bei außerſter G ſchäftsſtille und kaum v ränderen
Kurſen beſchloſſen hatte, ſetzte, im neuen eine etwas lebhafteie Tätigkeit
an den Cffeltenmärkten ein. Begünſtigt durch den verhältnismäßig
bil=
ligen Zinsſatz für tägliches Börſengeld ſchritt die Spekulation auf vielen
Gebieten zu Meinungskäufen, die bei dem geringen Umfang, den die
Umſätze in letzter Zeit angenommen haben, zu zeitweiſe recht anſehnlichen
Kursſteigerungen führten. Die Anregung zu dieſer neuen Kauftätigkeit
ging in den meiſten Fällen von den Erwägungen aus, die ſich aus der
Verpflichtung zur Bilanzicrung in Goldmark ergeben. Die Börſe
be=
vorzugte demgemäß die Aktien von Geſellſchaften, die in den letzten
Jahren wenig oder gar keine Kapitalserhöhungen vorgenommen haben,
oder ſolche, die das her ingenommene Kapital zu
Subſtanzvermehrun=
gen verwvandt haben. Eine eigentliche Hauſſe bewegung vermochte ſich
jedoch noch nicht zu entwickeln da das Publikum in ſeiner ſei her geübgen
Zurückhaltung im Allgemeinen weiter beharrte. Recht feſt lagen einige
Spezialgebiet=, ſo der Bankaktienmarkt, an dem beſonders die Aktien
der Großbanken ſehr lebhaft umgeſetzt und b=träch’lich geſteigert
wur=
den Eine weſentliche Belebung erfuhr auch der Markt der ausländiſchen
Werte, die beinahe durchwveg namhafte Kursſtigerungen au zuw iſen
haben. Hier wirkte die leichte Abſchwächung, die die Mark im
inter=
nationalen Verkehr in den leßzten Tagen — übrigens im Einklang mit
den meiſten europäiſchen Valuten — erfahren hat und die auch am
Deviſenmarkt in verſtärkter Nachfrage zum Ausdruck kam. Als ein
weiteres Gebiet, auf dem ſich lebhaftere Nachfrage bemerkbar machte,
iſt der Markt der Pfandbriefe und Induſtrie=Obligationen zu nennen.
Das Geſchäft in dieſen Werten erfuhr an der Freitagsbörſe plötzlich
wieder eine ſtarke Belebung auf Grund einer Preſſe=Notiz über eine
neuerdings erfolgte Gerichtsentſcheidung in der Frage der Aufwertung
von Vorkriegs=Schulden, die einen für die Vorkriegsgläubiger ſehr
günſtigen Standpunkt zum Ausdruck bringt. Das hierdurch geweckte
Intereſſe für Rentenwerte übertrug ſich teilweiſe auch auf
Staatsan=
leihen, die ebenfalls nicht unweſentlich geſteigert waven. Dagegen machte
ſich an den Aktienmärlten an der letzten Börſe der Woche wieder etwas
Redliſationsneigung geltend, ſo daß die Tendenz nicht ganz einheitlich
blieb.
wb. Berliner Börſenbericht. Unter dem Einfluß des
andquernd flüſligen Geldſtandes zeigte ſich heute im freien
Effekteuver=
kehr eine ziemlich feſte Stimmung für faſt alle Papiere, ſo daß ziemlich
allgemein für die genannten Werte die geſtrigen Sluſ= und
Nachör=
ſennotierungen überſchritten wurden. Dies gilt beſonders von
Kali=
werten und Petroleum. Für letztere waren, wie ſchon geſtern,
franzö=
ſiſche Preſſemeldungen von der Umbildung der deutſchen
Petroleum=
intereſſen unter Stinnesſcher Beteiligung anregend und für erſtere
er=
wartet man von der beſchloſſenen Preisherabſetzung für Kaliſalze eine
Belebung des bisher ſtockenden Abſatzes. Für Deviſen war die
Nach=
frage für die Haurtblätze etwas größer. Die Notierungen und
Zutei=
lungen entſprachen bei gerinafügigen Abweichungen für einige
Neben=
plätze den geſtrigen. Dollarſchätze und Goldanleihe wurden wiederum
mit 4.200 Milliarden notiert, bei erſteren erhielten Aufträge unter 250
Dollar nichts, darüber 2 Prozent.
Oepiſenmarkt.
Sämtliche Lahlen verſtehen ſich als 1000 Mk.
Gein * Amſterdam=Notterdam 3e5025 00 1731075000 Bruſſel=Antwerpen 1852 100.— 18015000.— Chriſtignia............." 51 463000. 61457 00 Koven agen ... . . . . . . ." 17 0* 2 100 53 80000 Stockholm ............. 112163000 1 3. 337000 Gelſingfors .......... 0 7.3 000 U 2:5009.—5 Italien. ... ... . .... . . 1 9½23009. 90475000 — 1885 8000 — London ..... ...... 32 42* U00M 1:45 750000 Newv=York .. 118,5 0 00 42 05) 00,. Paris.. 2145800N 217742007 —1 1 463 100.— Schweiz.. 1511 2000 — 75 18 2009 —1. Spanien
...." 1541174000 — 1433:6001 Wien li. D.,Oſterr. abg.) 608 7.— 60153 Prag 274-00 10. 2232 000 Budapell . .. 2:0 91— 22)7 Ruenos-Aires. 17½632 00 139/475000 Bulgarien 30 2 000. 3 0.8 00. davan ......" 99360 Guo Rio de „Janeiro ... Belgrad. . . . . . . .. . 4337000 — 4872 000 — Liſſabon. . .. .. . 138352000.— 139348000.
7
Geln
162 925000
3—52 300.—
7 8 50 00.
58109000 —
177 1,0000
1077½5000. —
R254230009
3950Mul0.
5/118 00. —
0:23 00.—
61841—
276 0900 —
220/4)4
138 523009
200 000000 49930000.
423010000 — 142 06 100 —
4 178000.—
Nummer G6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 6. Januar 1924.
Seite 11.
Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
(Nachbruck verboten.)
11)
Und ſie rechnete, wann er zurück ſein könne. Auf jeden
Tag kam’s ihr jetzt an, auf jede Stunde.
Wie das ſein würde, wenn er wieder da war, ſie in die
ſtarken Arme nahm, ſie küßte! Und nachher, wenn das Kind
da ſein würde!
Nein, Merete ſchämte ſich nicht, doch die volle Mutterfreude
wurde ihr nicht zuteil. Jedesmal, wenn die kleine alte Dame
ſie ſo aufmerkſam anſah, fühlte ſie den Blick wie eine
Ver=
letzung ihres geheiligten Zuſtandes.
War es nicht Seligkeit, Leben zu tragen? Wie auf
Wol=
ken trat manchmal ihr Fuß, unter körperlichen Beſchwerden
hatte ſie wenig zu leiden.
Nur die alten Kindsaugen dort hinter der Türe, die fingen
an, ſie zu quälen, ſie fürchtete das Wort von dieſen Lippen,
beißend würde es ſein, wenn die Greiſin ihrer Sache gewiß
ge=
worden — lieber fort in Frieden!
Bald, bald mußte er ja da ſein, ſie zu beſchützen, der
ge=
liebte, der wundervolle Menſch. Wie waren ſeine Augen ſo
ſchön! Hell, wenn er fröhlich war, und dunkel bis ins Braune
hinein, wenn er in Eifer geriet und in Nachdenken, aber ſonſt,
ach ſo leuchtend.
Arme Seele! Wenn ſie gewußt hätte
Der Merete Umbreit geliebt, lag ſchon gebettet da oben in
einem einſamen Steingrabe, und die guten klugen Augen waren
geſchloſſen für immer ...
Als ſie am Abend auf ihr Zimmer ging, huſchte Geſche an
ihr vorbei, die Treppe hinauf. Sie trug einen gehäuften
Teller voll Fettgebadenes in Händen. Merete wollte fragen, ob
die Neunzigjährige ſich das zur Nacht beſtellt hätte, beſann ſich
aber und ſchloß ſchweigend, ihre Tür. Warum, ſollte ſie der
Sache nachgehn; die oben taten ja doch, was ſie wollten, und
wenn Frau Schack etwas nicht erlaubte, wußten ſie ſich das
Gewünſchte anderswo zu verſchaffen.
Am Morgen darauf wurde die kleine Greiſin tot in ihrem
Bett aufgefunden. Sie hatte Geſche um die Kuchen bedrängt
und das ſchwere Gebäck vor dem Schlafengehn mit Vergnügen
aufgegeſſen.
Ein Zug der Zufriedenheit lag noch auf ihrem Geſicht. Ja,
ihr Antliß trug denſelben harmloſen Kinderausoruck, den es
im Leben gehabt, wenn alles nach ihrem Wunſch und Willen
ging.
So ſchien auch der Tod die kleine Dame mit der Rückſicht
angefaßt zu haben, die ſie verlangte. Sie war tot und wurde
feierlich beigeſetzt im alten Schadſchen Erbbegräbnis in der
Stadt. Hätte ſie das Trauerfeſt mitmachen können, ſie wäre
mit dem Koſtenaufwand und den bewieſenen Aufmerkſamkeiten
zufrieden geweſen.
Unter den obwaltenden Umſtänden blieb Meretes
Vor=
haben, Moorwiſche ſo bald als tunlich zu verlaſſen,
unausge=
ſprochen. Sie ſaß nun bei Frau Schack und ließ ſich ein langes
und ſtill ertragenes Herzeleid erzählen und wunderte ſich, daß
Menſchen, die einander ſo nahe ſtehen, ſich ſo fremd bleiben
können. Sie dachte an den Geliebten und nahm ſich lauter
Gutes und Liebes vor und wie ſie beide das Kind erziehen
wollten —
Ach, und die Blumen und Kränze, mit denen harte
Ar=
beiterhände den Hügel des jungen Ingenieurs zugedeclt hatten,
waren doch längſt verdorrt.
Einer der bejahrten Herren von Grauheim u. Dürr kam
ſelber, um der Braut ihres geſchätzten Angeſtellten die
furcht=
bare Kunde, die ihnen zugegangen, ſo gelinde wie möglich
bei=
zubringen:
Der Ingenieur Hans Peter Kromm war bei der letzten
Serengung verunglückt. Cine Felsecke war ſeitlich abgeſtürzt
und hatte ihn mit einem fallenden Block getroffen. Der Tag,
der ein Freudentag hätte werden ſollen, wurde ein Trauertag
für alle, die dabei geweſen, denn ſie liebten ihn, die Männer,
die ihm untergeben waren. Zu Tode verletzt zogen ſie ihn
unter der erdrüclenden Laſt hervor — — Noch gehorchte ihm
ſein Wille, noch vermochte er die Hände zu rihren — er
be=
deutete, daß er ſchreiben wolle; man gab ihm ſein Taſchenbuch,
und mit Ueberwinderkraft führte die ſchon halbgelähmte Rechte
den Stift, während die Linke in Anſtrengung ſich
zuſammen=
ballte:
„Merete Umbreit — mein Weib. Das Kind — mein Kind.
Meinen Namen für beide — — Was ich habe, ihr — —
Eigen=
tum. Immer Dein allein — — Hans Peter Kromm.”
Zittern des nahenden Todes lag über den Schriftzeichen;
in einem langen zerbrochenen Strich endeten die letzten Worte
und der Name — der geliebte Name.
Grauheim u. Dürr gingen ſofort daran, die Sache vor
Ge=
richt zu vertreten und den Willen des Sterbenden geſetzlich zu
machen.
Der alte Herr, der jetzt bei dem blonden Mädchen ſaß,
er=
ledigte ſich — ſtodend, und öfter innehaltend — der ſchweren
Aufgabe. Er hatte ſich auf Entſetzliches gefaßt gemacht. Allein
kein Laut kam über die Lippen der Armen. Sie ſaß, wie ſie ſaß.
Da drückte ihr der grauhaarige Geſchäftsmann die kalten
ver=
krampften Hände und ging mit Tränen im Auge ganz ſachte
davon.
Und die Herrin auf Moorwiſche kam und tat Mutterdienſt
und Treue an der Verlaſſenen. Sie ließ Merete nicht von ſich,
obwohl dieſe in ihrem betäubten Zuſtand verblieb, tagelang.
Als dann keine Aenderung im Befinden eintrat, zog Frau
Schack einen Arzt zu Rate, der beſtand darauf, daß die Kranke
ſofort in eine Anſtalt gebracht würde, denn es handle ſich um
Leben von Mutter und Kind. Und eine Verzweiflungstat wäre
nicht ausgeſchloſſen
Der kleine Hans Peter Kromm, der ſo begierig ins Daſei
geſtreht, kam in Gefahr, zu ſterben, ehe er gelebt. Das wollte
er nicht.
Den Vater hatte er verloren, nun auch mutterlos zu
wer=
den oder gar abzuſterben in der dunklen Enge, dazu war er
nicht gewillt. Er machte rechtzeitig eine kräftige Bewegung
mit den Füßen und ſtieß ſo heftig zu, als wehre er ſich gegen
die ſchlimmen Gewalten, die ſchon jetzt auf ihn eindrangen.
Die Mutter ſpürte den Stoß ihres Kindes. Sie erſchütterte
über und über und drückte ängſtlich die Hände auf den Leib.
Ein Zugen lief ihr Naſe und Mund entlang, und in den
er=
loſchenen Augen glomm Bewußtſein auf. Wie aus ſchwerem
Traum erwachend ſeufzte ſie laut und ſtark. Und dann
tropf=
ten ihr die Tranen über das blaſſe Geſicht. (Fortſetzung folgt.)
HILO Beispiole!
Aus
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Heiderstoffe, einfarbig und gemustert
Meter 1.80, 165 1.40
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Ueter 123, 93 68 8
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Stoffe für Hemden und Blasen, zephierartig
Ueter 75 9
Manelle tür Kleider, Röcke
und Blasen .. . . . Ueter 145, 1.20, 90 9
Ueter 45 9
Gestrickte HIerrensocken.
Damenstrümnie
Gestrickte Kinder öckchen".
Gestricste Kinder,äckchen
Gestrickte Hüschen .
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Vettkollern
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Paar 35 6
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G. m.
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Darmſtadt, den 5. Jan. 1924.
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nittelhandlung, Sitz Darmſtadt.
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enſtand des Uniernehmens: Handel mit
abakwaren und Lebensmitieln jeder
lrt ſowie Vermittlung von
Handelsge=
häften. Stammkapital: 2 Billionen
Nark. Der Geſellſchaftsvertrag iſt am
Dezember 1923 feſtgeſtellt. Jeder
Ge=
häftsführer iſt berechtigt, die Geſellſchat
llein zu vertreten. Geſchäftsführer:
aufmann Karl Hettinger und Kaufmann
udwig Beutel, beide in Darmſtadt. Die
ekanntmachungen der Geſellſchaft
er=
lgen nur durch den Deutſchen Reichs=
(8672
izeiger.
Darmſtadt, den 15. Dez. 1923.
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