Darmstädter Tagblatt 1923


25. November 1923

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ach der Demiſſion Streſenanns.
vliardorff, vom Reichspräſidenten bereifen, gibt den Auftrag zurück. Dr. Jarres auf der Liſte.

Einzelnummer 15 Goldpfennige

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364
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ſchentlich 2maligem Erſcheinen vom 25. Nov.
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten

Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 326
Sonniag, den 23. November 1923
186. Jahrgang

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Rabait weg. Bankkonto: Deutſche Bank und Darm=
ſtädter
8 Nationalbant.

*

Auf der Kanzlerſuche.

Der Sturz des Kabinetts Streſemann hat ein Trümmerfeld
gelaſſen, aus dem jetzt in aller Eile ein Ausweg gefunden
en muß. Das war vorauszuſehen. Um ſo unbegreiflicher
deshalb, wenn ſchon einmal ein Wechfel der Regierung er=
ſollte
, daß alle Vorbereitungen von den maßgeblichen Stellen
vorher getroffen wurden. Der Reichspräſident zum min=
wußte
, daß er dem Kanzler die nachgeſuchte Ermächtigung
Auflöſung des Reichstages nicht erteilen werde. Er wußte,
die ſozialdemokratiſche Fraktion ein Mißtrauensvotum ein=
ſen
wollte, und daß damit das Schickſal des Kabinetts be=
twar
. Er ſcheint aber daran gedacht zu haben, daß er ge=
rmaßen
als Zwiſchenlöfung ein Beamtenkabinett vor den
Stag ſtellen wollte unter Führung des ehemaligen Staats=
ärs
und Miniſters Albert, ein Gedanke, der allerdings raſch
er in die Verſenkung verſchwand, weil gegen die Perſönlich=
des
Kandidaten von allen politiſchen Parteien die ſchwerſten
nken geäußert wurden.
Es beſtanden alſo nebeneinander drei Möglichkeiten: Eut=
r
das Beamtenkabinett unter einem Kanzler, der wenigſtens
nliche Hemmungen nicht zu überwinden hatte, oder die Rück=
zu
einer Zuſammenarbeit mit der Sozialdeniokratie entweder
r Form der großen Koalition, oder der kleinen Weimarer
tion, und endlich eine rein bürgerliche Regierung mit oder
Anſchluß an die Deutſchnationalen. Die Zahl der Fabi=
möglichkeiten
war gewiß nicht gering. Das eine aber iſt
allen gemeinſam, daß die Vorausſetzungen für eine parla=
ariſche
Baſis ſchwer zu ſchaffen waren, und daß auch die Par=
keine
große Neigung zeigten, eines ihrer Mitglieder an die
e der Regierung zu ſtellen. Es war eigentlich jedesmal die=
Erfahrung, die Herr Ebert machte, daß die einzelnen Frak=
führer
für ſich und ihre Fraktion den ehrenvollen Antrag
inten, dafür aber Mitglieder einer anderen Fraktion emp=
n
. gegen die jedoch dann wieder in der Frgktion, der ſi felbſt
hörten, Bedenken geltend gemacht wurden. Der Verſuch,
nur die Parteien der bürgerlichen Arbeitsgemeinſchaft auf
Namen zu vereinigen, mißlang.
der Reichspräſident beſchritt deshalb am Samstag einen an
berraſchenden Weg und ließ den Abg. der Deutſchen Volks=
i
, v. Kardorff, der ihm von dem Zentrumsabg. Fehrenbach
n empfohlen worden war, zu ſich bitten und ihm das Kanz=
nt
anbieten. Herr v. Kardorff iſt eine eigenartige Natur.
Sohn ſeines Vaters trat er im altpreußiſchen Abgeordneten=
der
freikonſervativen Partei bei, von der er ſich aber un=
lbar
vor der Revolntion trennte, weil er ſich aus Staats=
endigkeit
für das gleiche Wahlreicht einſetzte. Nach der
llution wurde er als Kandidat der Deutſchnationalen in die
ßiſche Landesverſammlung gewählt, trennte ſich indeſſen kurz
den Neuwahlen von den Deutſchnationalen, um ſich dem
rer der Deutſchen Volkspartei zur Verfügung zu ſtellen, der
ruch in ſeinem eigenen Wahlkreis als zweiten Kandidaten in
r Liſte unterbrachte. Er ſpielte auch zunächſt in der Frak=
eine
ziemliche Rolle, da er ein guter Redner iſt und die Gabe
für ſich einzunehmen. Bald jedoch ſtellte ſich heraus, daß er
iner politiſchen Einſtellung ſtark von Impulſen abhängig iſt.
chwankte zwiſchen dem rechten und dem linken Flügel der
tion hin und her, wobei es ihm gar nicht darauf ankam, ſich
t mehr als einmal zu widerſprechen. So blieb ſein Einfluß
auf eine kleine Gruppe beſchränkt, die ſich um Herrn Dr.
tze und Frau v. Oheimb gruppiert. Im übrigen war ſeine
e in der Fraktion ausgeſpielt. Auch zu Dr. Streſemann ſelbſt
er ſich mehr und mehr in Gegenſatz. Er war auch einer der
n, die in der Fraktion zum Kampf gegen den Parteiführer
iefen. Daß eine ſolche Perſönlichkeit nicht gerade geeignet
die nötige Sicherheit für die Gradlinigkeit und Zielſicherheit
ieten, die die Vorausſetzungen bei der Beſetzung des Kanzler=
s
ſein müßten, braucht nicht erſt geſagt zu werden, ganz ab=
hen
von den Bedenken, die dagegen beſtehen, daß gerade die
tion, welcher der geſtürzte Kanzler angehört, jetzt einen Nach=
er
ſtellt. Für die Deutſche Volkspartei war die gegebene
ole abſolutes Durchhalten, indem ſie den Oppoſitionsparteien
Verantwortung für die Neubildung des Kabinetts zuſchob.
Die Deutſchnationalen haben ſich auch diesmal die Sache
der ſehr leicht gemacht, indem ſie Herrn v. Kardorff als
sona minus grata ablehnten mit dem Hinzufügen allerdings,
ſich dieſe Ablehnung keineswegs gegen die Deutſche Volks=
ei
richte, ſondern daß ſie vielmehr gerne bereit wäre, in einer
ierung mitzutun, an deren Spitze ein Kanzler aus der Reihe
Deutſchen Volkspartei ſtände, wobei ſie in erſter Linie an
En Dr. Scholz oder an Herrn Dr. Jarres gedacht hätten. Sie
en ſich im übrigen die Regierung ſo vor, daß die fünf bürger=
n
Parteien durch je einen Miniſter vertreten ſind, neben denen
Fachminiſter ſtehen werden, darunter Herr v. Seeckt als
chswehrminiſter. Wie aber die Verſtändigung auf ein ſolches
gramm der bürgerlichen Koalition erfolgen ſollte, darüber
von ihnen eine Auskunft bisher nicht zu bekommen.
Die Fraktion der Deutſchen Volkspartei trat am Samstag
nd um 6 Uhr zu einer Beſprechung zuſammen, um ſich über
Stellung in der Kandidaturfrage klar zu werden. Die Frak=
Sſitzung war nur recht ſchwach beſucht. Eines Beſchluſſes
de die Fraktion enrhoben, da Herr v. Kardorff mitteilte, daß
einen Auftrag dem Reichspräſidenten zurückgeben werde, nach=
er
eine Ablehnung ſeitens der Deutſchnationalen Volkspartei
hren habe.
Die Regierungskriſe.
Berlin, 24. Nov. Der Reichspräſident hat heute vor=
kag
die Führer der politiſchen Parteien nacheinander zu ſich
men laſſen, um mit ihnen die Frage der Kabinettsbildung
beſprechen. Irgendwelche Entſchließungen liegen jedoch noch
N vor. So viel kann jedoch ſchon gefagt werden, daß ein Ge=
Iſts= oder Beamtenminiſterium nicht mehr in Frage kommt,
ſich faſt alle Fraktionen gegen ein ſolches Proviſorium aus=
Prochen haben. Wie die Germania mitteilt, hat es das Zentrum

abgelehnt, aus ſeinen Reihen den Poſten des Reichskanzlers zu
beſetzen. Wie es heißt, ſoll dagegen die Deutſche Volkspartei nicht
abgeneigt ſein, wiederum den Kanzler zu ſtellen, und zwar wird
von den meiſten Blättern der Name des Abg. v. Kardorff ge=
nannt
. Kardorff, der auch bereit ſein ſoll, das Kanzleramt zu
übernehmen, iſt am frühen Nachmittag zum Reichspräſidenten
gerufen worden. Sowohl bei der Deutſchen Volkspartei als
auch beim Zentrum und den Demokraten iſt, wie verlautet, der
Wunſch laut geworden, Dr. Strefemann zu veranlaſſen, als
Miniſter des Aeußern in das neue Kabinett einzutrcten. Im
weſentlichen dürfte ein Kabineit Kardorff vermutlich den Charak=
ter
einer Regierung der Mitte haben.
Kanzler=Kandidatur Dr. Jarres.
* Berlin, 24. Nov. (Priv.=Tel.) Der vom Reichspräſi=
denten
mit der Neubildung des Kabinetts beauftragte volks=
parteiliche
Abgeordnete d. Kardorff hat heute nunmehr infolge
der Ablehnung der Deutſchnationalen und der bekannten
Stellungnahme der Deutſchen Volkspartei, keine weitere Kanzie:
kandidatur zu ſtellen, ſeinen Auftrag an den Reichspräſidenien
zurückgegeben. Als ausſichtsreicher Kandidat gilt nunmelr 2 Innenminiſter Dr. Jarres, dem bekanntlich auch
die Deutſchnationalen wohlvollend gegenüberſtehen.
Die Wiener Preſſe zur Oemiſſion Streſemanns
Wien, 23. Nov. (Wolff.) In der Beſprechung der geſt=
rigen
Abſtimmung des Reichstages und der Demiſſion des Kabi=
netts
Streſemann bezeichnen die Blätter als Haupturſache für
die höffnungslos erſcheinende Lage Deutſchlands die Haltung
Frankreichs. Hierüber ſchreibt die Neue Freie Preſſe,
Poincarc ſei eigentlich der Mörder des Kabi=
netts
Streſemann. Zum zweiten Male ſei Frankreich
die Urſache, daß eine deutſche Regierung zuſammenbreche, welche
erfüllen wollte zud den Wunſch hatte, Frieden zu ſchließen.
n der Ncichspoſt heißt es im Hinblick auf das Schickſak
der zukünftigen Regierung in Deutſchland, die ſchwere Laſt
des franzöſiſchen Druckes, die in der Kammerrede
Poincarés neuerlich in ihrer ganzen Wucht zu erkennen ſei,
werde die neue Regierung natürlich ebenſowenig
wie die bisherige abſchütteln können. Die Politik
des künftigen Reichskabinetts werde ſich daher in den allgemeinen
Umriſſen kaum viel von der des Vorgängers unterſcheiden, was
auch die Zweckloſigkeit des Sturzes Streſemanns offenbare.
Die Arbeiterzeitung erklärt dagegen unter Hinweis auf
den Ausnahmezuſtand im Reich und das Vorgehen der Regie=
rung
in Sachſen, da Streſemann den militäriſchen Ausnahme=
zuſtand
habe aufgeben wollen, ſei auf ihn die Verantwortlichkeit
gefallen. Es ſei daher nötig geweſen, ihn zu ſtürzen.
Die Auffaſſung in Italien.
* Rom, 24. Nov. (Priv.=Tel.) Der erwartete Sturz Streſe=
mann
wird bis jetzt nur von dem Corriere d’Italia kommen=
tiert
. Sein Bericht, der Zwei Kapitulationen betitelt iſt, bringt
die Niederlage mit der Kapitulation der rheiniſchen Induſtriellen
in Zuſammenhang. Zur gleichen Zeit mit dem Fall Streſemann
komme die Unterwerfung der Schwerinduſtrie. Zu einer Zeit,
da kommuniſtiſche und ſeparatiſtiſche Umtriebe das ganze Land
erſchütterten, könne man keinerlei Hypotheſe über die Zukunft
der morgigen Regierung aufſtellen. Das kurze und unruhige
Kanzlertum Streſemanns ſei von ſo plötzlichen und unüberwind=
lichen
Schwierigkeiten heimgeſucht worden, die die Summe dieſer
Verantwortung einfach unvermeidlich machten. Die Einigung
der Mächte in Paris hält man in römiſchen Kreiſen nur als eine
proviſoriſche. Poincarés Unnachgiebigkeit ſei in ſeiner allzu
phantaſtiſchen Politik verwurzelt, als daß ſie einer wirklichen
Mäßigung Raum geben könnte.
Ein engliſches Urteil.
Loudon, 24. Nov. (Wolff.) Die Times nimmt bisher.
als einziges Blatt zu dem in ſpäter Abendſtunde gemeldeten
Rückleitt des Kabinerts Streſemann Stellung. Sie ſchreibt: Der
Sturz Streſemanns hat beſondere Bedeutung. Er iſt das Ende
einer Epoche. Streſemann hat ein durch die wahnſinnige Finanz=
politik
ſeiner Vorgänger faſt ruiniertes Deutſchland regierend
und mit gewältſamen oder diplomatiſchen Maßnahmen gegen
eine offene Revolte von Gruppen, Parteien und Staaten an=
kämipfen
müſſen. Die wirtſchaftlichen und finanziellen Schwie=
rigkeiten
, mit denen er zu kämpfen hatte, ſeien außerordentlich
geweſen. Aber das unüberwindliche Hindernis, dem er gegen=
überſtand
, hat in den Beziehungen zu Deutſchland und den
Alliierten gelegen. Hierfür hat Streſemann alles getan, was
ein ſterblicher Deutſcher hätte tun können, um mit den Alliierten
zu einer Regelung oder zu Verhandlungen zu kommen. Es ſei
ihm ohne ſeine Schuld nicht geglückt. Streſemann habe große
Anſtrengungen gemacht, freilich erfolglos, weil er nach dem Aus=
Eleiben einer wirklichen Unterſtützung von außen ſeinen Einfluß
auf die innere Politik verloren hat, deren Verwirrung und
chaotiſcher Zuſtand immer größer geworden iſt. Er hat ſchließ=
lich
an den Reichstag appelliert, was ein Akt der Verzweiflung
geweſen ſei. Was jetzt bevorſtehe, ſei eine fehr ernſte Angelegen=
heit
für die ganze Welt. Die nackte Tatſache, daß Deutſchland
auseinanderbreche, müßte jetzt als das wichtigſte Ereignis in
einem Europa erklärt werden, in dem in der größten Not Ruß=
land
im Hintergrund lauere. Es könne ſein, daß während der
nächſten Monate die Trennung des Rheinlandes und des Ruhr=
gebiets
von Deutſchland verſuchsweiſe politiſche Geſtalt anneh=
men
werde. Frankreichs ſyſtematiſche und kaltlogiſche Bemühun=
gen
näherten ſich ihrem Ziel. Eine neue politiſche und wirt=
ſchaftliche
Einheit, geformt und beberſcht von Frankreich, drohe,
mitten in Eurepo aufzutauchen. Der übrige Teil eines chaoti=
ſchen
Deutſchlands, der dieſes reichen Gebietes auf unbeſtimmte
Zeit beraubt ſei, werde wenia Ausſicht auf eine baldige Er=
holung
haben. Eine neues Europa bilde ſich vor den Toren
Englands.

Die Woche.

Auch wenn man nicht zu den berufsmäßigen Peſſimiſten ge=
hört
, könnte man faſt verzweifeln an der Möglichkeit unſeres
Wiederemporkommens. Der Mangel jeden politiſchen Inſtinkts
hat in Verbindung mit einem Srſtem, welches gerade dieſen
Mangel beſonders fühlbar macht, nunmehr Ergeb iſſe gezeitigt,
die in ihrer ganzen Furchtbarkeit wohl noch kaum überall über=
ſehen
werden könner.
Eine grundſätzliche Bemerkung ſei vorausgeſchickt: Nicht
Parteidogmen, nicht ſchön formulierte Grundſätze können für
die politiſche Führung eines Volkes ausſchlaggebend ſcin. Führer
iſt nur die ſtarke Perſönlichkeit, welche in klarer Erkenntnis der
nationalen Möglichkeiten das Geſchick beſitzt, im Einklang mit
dieſen Möglichkeiten die geeigneten politiſchen Methoden zu
wählen, und welche über das Maß von Willensenergie verfügt,
das befähigt, mit eiſerner Folgerichtigkeit den für richtig er=
kanuten
und eingeſchlagenen Weg bis zum Ziel zu verfolgen.
Drei Monate ſinz bergangen, ſeit Herr Dr. Streſemann die
Leitung der deutſchen Reichsregierung übernahm. Drei Monate
lang hat er unter ſchwerſten innerpolitiſchen Kämpfen ſich be=
müht
, den ſchwankenden Grund zu befeſtigen, auf dem das
deutſche Volk ſtand, hat er ſich bemüht, die außenpolitiſche Bilanz
der ſetzten trüben Jah; zu ziehen, um ſo die Möglichkeit zu
ſihaffen für ein zähes, laug ines ſich Wiederemporarbeiten.
Ais er im Auguſt zur Regierung kam, übernahm er von ſeinem
Vorgänger Cuno ein entſebliches Erbe, gab geſtern die Frank=
furter
Zeitung zu, die dock, wahrlich nicht zu den Freunden
Herrn Streſemanns gehöit. In der Tat ein entſetzliches Erbe‟,
aber nicht ſo ſehr das Erbe ſeines direkten Vorgängers, als viel=
iehr
das fürchterliche Reſultat jener verantwortungsloſen Po=
litik
nationaler Willenloſigkeit, des Fortwurſtelns und des müden
Geſchehenlaſſens, die leider nicht erſt mit dem Zuſammenbruch
1918 einſetzte und deren Folgen die Regierung Cuno nicht zu
beſeitigen hermochte. Auch der Gegner Herrn Streſemanns wird
zugeben müſſen, daß er mit unleugbarem Geſchick und zweifel=
koſem
, wenn auch natürlicherweiſe begrenztem Erfolg daran
ging, die troſtloſe außenpolitiſche Lage zu beſſern. Es kann ſich
hier nicht darum handeln, den Ablauf des Geſchehens im ein=
zelnen
zu erörtern. Das Ergebnis der Botſchafterkonferenz, die
nach heftigen Auseinanderſetzungen am Mittwoch zur Frage der
Wiederaufnghuge der militäriſchen Kontrolltätigkeit, Stellung
nahm, beleuchtet klar die Gefamtiage.
In einer gemeinſamen Note der Alliierten wird dem Deut=
ſchen
Reich die Wiederaufnahme der fanfoſen Rolletkommiſſion
angekündigt, und es mag zunächſt ſs ſcheinen, als ob. für das
deutſche Volk wenig Veranläſſung zur Befriedigung über dieſes
Ergebnis beſtünde. Es iſt durchaus richtig, wvenn man die
Wiederaufnahme der Militärkonrrolle in dem in militäriſchem
Sinne völlig entwaffneten Deutſchland als eine von Frank=
reich
gewollte gefährliche Probokation auffaßt, und das Kom=
promiß
der Alliierten iſt inſofern alſo keineswegs unbedenklich.
Tatſache aber bleibt doch, daß zum erſten Male ſeit jenem
Januartag, an dem Bonar Law reſigniert von ſeiner erfolgloſen
Beſprechung mit Poincaré nach London zurückkehrte, die eng=
liſche
Politik franzöſiſchen Wünſchen einen Niegel vorzuſchieben
vermochte.
Daß das deutſche Volk ohne freude Hilfe ſich nur unter faſt
unüberwindlichen Schwierigkeiten, jedenfalls aber nur unter aller=
ſchwerſten
ſozialen Schädigungen, aus dem gegendärtigen Wirt=
ſchaftselend
herausarbeiten kann, iſt eine Tatſache, die mittler=
weile
allgemein erkannt ſein dürfte. (Es war ein unbeſtreit=
bares
Verdienſt des Reichskanzlers, daß er weder der Welt noch
dem deutſchen Volke die Wahrheit vorenthielt!) Dem Kabinett
Streſemann iſt es als der erſten deutſchen Regierung ſeit dem
Weltkrieg gelungen, ausſichtsdolle Verhandlungen über
weitgehende ausländiſche Kredite anzubahnen, und wenn dem
Kabinett von vielen Seiten der Vorwurf gemacht worden iſt, daß
es die finanzielle und wirtſchaftliche Lage Deutſchlands, zu peſſi=
miſtiſch
geſchildert habe, und daß man mit Peſſimismus allein
nicht regieren köne, ſo muß dem doch entgegengehalten werden,
daß die rückſichtsloſe Darſtellung der wahren Lage erſt die Auf=
merkſamkeit
des Auslandes auf die unhaltbaren Zuſtände in
Deutſchland gelenkt und damit die Vorbedingungen für eine
Hilfsbereitſchaft geſchaffen hat. Es iſt leider über dieſe Anleihe=
verhandlungen
in den letzten Tagen ſchon viel zu viel in der
deutſchen Oeffentlichkeit geſprochen worden. Ueber ſolche Dinge
ſollte eigentlich nur geredet werden, wenn ſie perfett ſind. Tai=
ſache
aber iſt leider, daß ſehr ausſichtsreiche
Verhandlungen durch den vom Reichstag er=
zwungenen
Rücktritt des Kabinetts aufs
äußerſte gefährdet ſind!
Unſere Volksvertreter hat das nicht zu ſtören vermccht. Ueber
dem Intereſſe des Vaterlandes ſteht das der Partei! Abgewirt=
ſchaftet
hat dieſer Neichstag, abgewirtſchaftet die Parteien, die
in geradezu bodenloſer Engſtirnigkeit das deutſche Volk aufs
ſchwerſte geſchädigt haben. Es iſt überaus bedeutſam und trau=
rig
, daß die Perſönlichkeit, die verfaſſungsmäßig dazu berufen
war, aus der klaren Lage im entſcheidenden Moment nicht die
allein mögliche Konſequenz zu ziehen vermochte. Die Bedenken
gegen eine Reichstagsauflöſung, in dieſem Augenblick ſind ſicher=
lich
durchaus ernſt. Uingleich größer aber ſind die Gefahren eines
Negierungswechſels, unbedingt verhängnisvoll aber muß
das jetzt beſtehende Interregnum werden. Herr Ebert hat Dr.
Streſemann am Freitag die Vollmacht zur Auflöſung des Parla=
ments
verweigert, und man kann ſich des traurigen Eindrucks
nicht erwehren, daß nicht die ſachlichen Bedenken das Ausſchlag=
gebende
für dieſen Entſchluß waren. Die Reichstagsauflöſung
wäre ein vernichtender Schlag gegen die Sozialdemokratiſche
Partei geweſen der Sozialdemokrat Ebert hat
über den Reichspräſidenten Ebert geſiegt!
Das deutſche Volk aber ſteht nunmehr vor einer geradezi
unabſehbaren Entwickelung. Wir führten ſchon geſtern aus, daß
nach dem Sturz des Kabinetts Streſemann Ausſichten für irgend
eine parlamentariſche Konſtellation, welche die Baſis für eine
neue Regierung bilden könnte, nicht beſtünden. Die Ablehnung
der verſchiedenen Parteiführer am geſtrigen Tage, die ihnen vom
Reſchspräſidenten angetragene Regierungsbildung zu über=
nehmen
, hat die Richtigkeit dieſer Auffaſſung erwieſen. Welchen
Grad aber die Ratloſigkeit erreicht hat, erhellt am beſten aus der
Tatſache, daß man ſchließlich ausgerechnet einem Abgeordneten
der Deutſchen Volkspartei die Kabinettsbildung anbot, einen

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, deit 25. Robeiber 1923.

Rummer 326

Tag nachdem der Reichstag das Kabinet geſtürzt, das vom
Führer dieſer Partei geleitet war!
Sozialdemokraten, Deutſchnationale und Kommuniſten haben
gemeinſam das Kabinett Streſemann geſtürzt. Wenn es nun
auch wohl nicht recht möglich erſcheint, daß dieſe gemeinſame
Oppoſition auch nach parlamentariſchem Brauch gemeinſam eine
neue Regierung bildet, ſo muß doch unbedingt verlangt werden,
daß diejenigen, welche den gegenwärtigen Zuſtand herauf=
beſchworen
, nunmehr auch ihre Fähigkeit erweiſen, die Geſchicke
des Reiches in die Hand zu nehmen. Die Tatſache, daß 21 Stun=
den
nach dem Sturz des bisherigen Kabinetts eine neue Regie=
rung
noch immer nicht vorhanden iſt, ſcheint jedoch zu beweiſen,
daß dieſe Fähigkeit nicht vorhanden iſt.
Herr Ebert möchte, um der Notwendigkeit einer Reichstags=
auflöfung
enthoben zu ſein, wenn alles andere fehlſchlüge, ein
ſogenanntes Beamtenkabinett bilden. Glaubt irgend jemand im
ganzen Reich, daß ein ſolches Kabinett unter den gegen=
wärtigen
Verhältniſſen über die unbedingt notwen=
dige
Autorität im In= und Auslande verfügen würde? Ein ſol=
cher
Verſuch wäre wahrhaft Kataſtrophenpolitik!
In einem Augenblick, in dem nicht weniger als die poli=
tiſche
und wirtſchaftliche Exiſtenz des deutſchen Volkes davon
akhänat, daß eine ſtarke Regierung das Steuer feſt in der Hand
hält, iſt das Reich bereits über einen Tag lang ohne Regierung.
Wie lange glaubt man in Berlin, wie lange glaubt insbeſondere
Herr Ebert, daß es unter dieſen Umſtänden dauern wird, bis=
alles
zuſammenbricht? Nur einen einzigen Aitswen
gibt es aus der fürchierlichen Lage, in die uns Torheit und Ver=
antwortungsloſigkeit
gebracht: die Auflöſung des Reichstages!
Kann ſich Herr Ebert dazu nicht entſchließen, ſo wird ihn diel=
leicht
dereinft die Geſchichte als den Totengräber des Deutſchen
Reiches bezeichnen!
A.
Pariſer Echo.
Paris, 24. Nov. (Wolff.) Zur Demiſſion des Kabinetts
Streſemann ſchreibt das Echode Paris, von gewiſſer Seite
werde ſeine. Demiſſion bedauert werden, denn man wiſſe,
warum her betrachte man ihn als einen Mann der Vor=
ſehung
, der befähigt ſei, Deutſchland zum Vertrag von Verſailles
zurückzuführen. Diejenigen, welche derartige Hoffnungen gehegi
hätten, hätten wohl nicht ſehr genau die Kriegs= und Vorkriegs
reden des abgegangenen Reichskanzlers geleſen. Angeſül;8 d=
öffentlichen
Meinung jenſeits des Rheins hätten alle Regi=
rungsmänner
wenig Bewegungsfreiheit und ſeien geziungen,
ſich gegen Frankreich zu wenden. Das Reich werde ſich dem
Vertrag nur unterordnen, wenn es ſich um die beſetzten Gebiete
gruppiere, d. h. um das von Frankreich vorgeſchriebene Geſetz.
Wann werde England endlich begreifen, daß die Stunde ge=
kommen
ſei, das Unvermeidliche anzugeß:t und ſich Frankreich
anzuſchließen?
Das Fournal ſchreibt, das Werk Streſemauns laſfe ſich
in einem Wort zuſammenfaſſen: Bankerott. Selten ſei ein
Staatsmann, dem ein ſo großer Ruf vorausgegangen ſei, zur
Macht aufgeſtiegen und habe ſich ſo radikal und ſo raſch wieder
ſeine Macht zerſtören laſſen. Er könne ſic) jedoch nicht darüber
beklagen, daß ihm die Gelegenheit gefehlt hätte, ſein Talent zu
beweiſen.
Der Petit Pariſien ſchreibt: Der Mann, der alle
Standpunkte miteinander ausgleichen ſollte, der Deutſchland aus
der Sackgaſſe herauszuführen verſuchte und dem es gelungen
war, ſich einen Augenblick lang weitgehende Vollmachten anver=
trauen
zu laſſen, ſtürzt nach dreimonatiger Regierung als
Opfer ſeiner Schwankungen und ſeines Man=
gels
an Zivilkurage. Angeſichts dieſer neuen Lage hält
Frankreich mehr denn je ſein Recht auf reſtloſe Erfüllung des
Friedensvertrages aufrecht. Die Deutſchen müſſen wiſſen, was ſie
wollen, aber wenn ſie wirklich aus dem Wirrwarr entſchküpfen
wollen, in den ſie die Kataſtrophenpolitik gebracht hat, dann
müſſe der Reichspräſident Ebert und der Reichstag Mäuner entweder Monarchie oder Anarchie, und Frankreich könne das
finden, die endlich begreifen, daß ein großes Land ſich nicht
ſeinen geheiligten Verpflichtungen entziehen kann, ohne jeden
Kredit in den Augen der Welt zu verlieren und daß ſie im Gegen=
teil
dieſe Verpflichtung aufrichtig und entſchloſſen durchführen
müßten.
Das Petit Journal ſchreibt: Streſemann habe nicht
lange den Seſſel Bismarcks innegehabt, den er lange Jahre hin=
durch
ſo eifrig begehrt habe. Dieſer ſtarke Mann, den
Deutſchland ſozuſagen in Reſerve gehalten und den auszupro=
bieren
es lange gezögert habe, habe ſich in drei Monaten
verbraucht, ohne eines von ſeinen Verſprechen gehalten oder gen hierher gelangt, die alles eher als Vertrauen in die Zukunft
die Hoffnung ſeiner Landsleute gerechtfertigt zu haben.
Im Oeuvre heißt es, Streſemann ſei nicht wegen ſeiner
Außenpolitik geſtürzt worden. Die Urſache ſeiner De=
miſſion
ſei ſeine Innenpolitik. Es ſei ſchwer ge=
weſen
, einen Kanzler in der Regiernng zu erhalten, der geſagt, der Realitäten aufraffe. Ebenſo wird aus dem Weißen Hauſe
habe, daß die Lage Deutſchlands verzweifelt ſei und daß er
für ſeinen Teil keine Möglichkeit erkenne, ſie zu beſſern. Es ſei
natürlich nicht das erſte Mal geweſen, daß man einen Regie= nehmen können. Frankreich erblickt gerade in dieſer Stunde ſei=
rungschef
ohne ein Programm geſunden habe, aber das erſte nes Erfolges die Gefährlichkeit ſeiuer Lage. Pertinax droht im
Mal, daß ein ſolcher Regierungschef das mit ſo viel naivem Frei=
mut
verkündet habe.
Die Humanité meint, Streſemann habe das ganze
Deutſche Reich unter Militärkontrolle geſtellt. In dem Augen=

Vom Tage
Heru b. Kardouff hat in der Fraktionsſitzung der Deutſchen
Vollspartei am Samstag abend mitgeteilt, daß er dem Reichspräſi=
denten
die ihm übertragene Aufgabe, der Kabinettsbil=
dung
zürückgeben werde.
Der Generalſtaatskommiſſar b. Kahr wies die Vorſtände der Be=
zirkspolizeibehörden
an die Verbreitung und das Anſchla=
gen
hetzeriſcher Flugblätter mit allen Mitteln zu verhindern
und die Verbreiter feſtzunehmen.
Der Generalſtaatskommiſſar teilt mit, daß ein Ver=
fahren
wegen der Vorgänge am 8. und 9. November be=
reits
bei den bayeriſchen Juſtizbehörden anhängig ſei
und daß eine Auslieferung an den Staatsgerichtshof
der Nepublik daher nicht in Frage komme.
Der Genexalſtaatskommiſſar hat für München ein ſo=
fort
in Kraft getretenes Verbot des Automobilverkehrs von
bis 5 Uhr nachts erlaſſen, das bei Zuwiderhandlungen ſtrenge Strafen
vorſieht. Aerzte und Behörden werden davon nicht betroffen.
Der Hamburger Senat hat eine Verordnung erlaſſen, wo=
nach
die unterſchiedliche Bewertung des wertbeſtändi=
gen
Notgeldes unter ſchwere Strafe geſtellt wird.
1. a. kann der Betrieb der Zuwiderhandelnden auf die Dauer von einen
Monat geſchloſſen werden.
Zu Ehren des Wiener Schauſpielers Tyrolt fand anläßlich ſeines
Geburtstages eine Feſtvorſtellung ſtatt, deren Erträgnis Tyrolt
der Deutſchlandhilfe widmete. Der deutſche Geſandte Dr. Pfeif=
fer
wohnte der Vorſtellung bei.
Der Finanzminiſter des iriſchen Freiſtaates kündigt die
Ausgabe einer fünfprozentigen Anleihe von 10 Mil=
lionen
Pfund Sterling zum Kurſe von 95 Prozent an. Sie ſoll 1935
und 1245 rückzahlbar ſein und wird zum Wiederaufbau der während des
Bürgerkrieges zerſtörten Gebiete verwendet.

Amtlicher Yollarkurg 4 210300000000
1 Goldmark 1 Billion 1 Pfg. 10 Milliarden

deutſchen Republik den Druckmaßnahmen, durch die
bereits ſämtliche kommuniſtiſche Organiſationen außer Geſetz ge=
ſtellt
ſeien, die Krone auf. Wenn er nach dem Rüctritt Cunos,
der durch eine Arbeitererhebung verjagt worden ſei, alles dies
ſich habe geſtatten können, ſo deshalb, weil er auf die Hilfe und
die aktive Mitſchuld der Sozialdemokraten zählen konnte.
Der Gaulois zieht einen Vergleich zwiſchen der geſtrigen
Sitzung der franzöſiſchen Kammer und der Reichstagsſitzung, in
der Streſemann das Vertrauen terweigert wurde. Iſt der
Gegenſatz nicht frappierend ſchreibt das Blatt. In Berlin ein
Abſtimmungsergebnis in miiten des Wirrwarrs, in Paris ein
Ergebnis des Burgfriedens. In Perlin verzetteln und verun=
einigen
ſich die Mehrheitsparteien, in Paris dagegen ſchließt ſich
die Oppoſition zum größten Teil den gemäßigten, klarblickenden
und klugen Ausführungen eines exoßen Patrioten an.
Die Unſicherheit Franizeichs.
* Paris, 24. Nov. (Priv.=Tei.) Der 9ücrritt des Ka=
binetts
Streſeman hat hier im erſten Augenblic Genugtuung
hervorgerufen, da man dem abtreten e Feichgnzier in ½e:
letzten Zeit eine Entwickelung zum a 13;7xzs und zur
Nevanchepolitik vorwarf. Inzwiſchen iſt mau ſic, jedoch darützer
klar geworden, daß die Unſicherheit der deutſchen Zuſtände,
die ſich im Sturz der Reichsregierung ausdrückt, für Frankreich
ſelber und für ſeine jüngſten politiſche Vorteile die Einigung
mit England in der Botſchafterkonferenz und die Unterzeichnung
des Düſſeldorfer Abkommens mit den Induftriellen eine
ſtarke Ueunruhigung bedeutet.
Die Action Fraugaiſe ſtellt ſich auf den ſturiden Standpunkt,
zu erklären, was nach dem Sturz Streſemanns beborſtehe, ſei
Seinige dazu tun, daß die Anarchie ſiege,
Die gut informierte Ere Nouvelle ſchreibt: Nachdem Herr
Streſemann zurückgetreten iſt, wird da noch die Unterſchrift des
Herrn Stinnes gelten?
Die Information gibt die Auffaſſung des Tages wieder mit
der Ueberſchrift eines Artikels: Keine Illuſionen!
In der
Tat iſt die ſogen. Unterwerfung der Ruhrinduſtriellen, die im
Abſchluß des Vertrages mit der Mieum geſtern zum Ausdruck
kam, plötzlich von problematiſcher Bedeutung für Frankreich.
Aber aus England und Amerika ſind inzwiſchen Aeußerun=
des
Ruhrabkommens ausdrücken. In England erklärt man,
daß der Sturz Streſcmanns durch Frankreich verſchuldet ſei und
den Zuſammenbruch Deutſchlands beſchleunigen müſſe, wenn
Fraukreich ſich nicht noch im letzten Augenblick zu einer Politik
in Waſhington gemeldet, daß man dort erklärt habe, man werde
einen Zuſamemnbruch Deutſchlands nicht ohne Bedenken hin=
Echo de Paris heute den Engländern, daß man die Ruhrpolitik
notwendigenfalls ohne uns gegen ſie fortſetzen werde. Aber es
ſei keineswvegs ſicher, daß die großen Schichten des franzöſiſchen
Volkes und ſelbſt die Mehrheit des nationalen Blocks im ent=
blick
, in dem er abtrete, ſetze der eigentliche Herr der ſcheidenden Augenblick ein ſolches Wagnis unterſtützen werden.

ge
Dasublonnenmttoer Mtut
Eſſen, 24. Nov. (Priv.=Tel.) Die einzelnen ſachli
Punkte des Vertrages, der zwiſchen der Micum und den
treiern des Bergbaulichen Vereins abgeſchloſſen worden
beſagen:
1. Die durch die deutſchen Delegierten vertretenen Beral
betriebe werden auf die rückſtändigen Steuern vom 1. 1. bis
1. 11. die Summe von 15 Millionen Dollar, d. i. 279 Millio
frauzöſiſche Fränken zum Tageskurs bezahlen.
2. Sie werden in Zukunft 10 Prozent für die verkauften 2
nen bezahlen.
3. Sie werden an die Entente 18 Prozent der Nettoprol
tiog abliefern.
4. Die am 1. Oktober im Ruhrgebiet beſtehenden Lager
bleiben den Verbündeten als Eigentum.
5. Die Beſtimmungen über die Ausfuhrerlaubnis bleiben
ſtehen. Ueber die vorhandenen Erzeugniſſe der Stahl=
Eiſeninduſtrie kann nur nach Maßgabe der Bezahlung der
ſtändigen Steuern verfügt werden und die exportierte Menge
Export von 1922 nicht überſteigen.
6. Die Ablieferung chemiſcher Kohlenerzeugniſſe wird
ein ſpezielles Abkommen beſtimmt werden.
In dem Abkommen ſind dann noch eine Reihe von Beſtin
ungen über die Qualität der für Reparationszwecke zu lie
den Kohlen und für die vorgeſehenen Strafmaßnahmen
Falle von Lieferungen, die nicht mit den Vertragsbeſtimmur
übereinſtimmen enthalten. Es wird ausdrüclich bemerkt,
die einzelnen Parargaphen in keiner Weiſe die zukünftigen
nitive: Abmachungen über die Reparationen beeinfluſſen kön=
Das unterzeichnete Abkommen gilt bis zum 15. April 1924.
Eſſen, 24. Nov. Zu der Unterzeichnung des Mantel
trage3 zwviſchen der Micum und einer Kommiſſion des bergb
lichen Vereins ſchreibt die Deutſche Bergwerkszeitung:
ſechsſöchentlichen Verhandlungen iſt jedenfalls der Verſuch
macht worden, die Kohlenwirtſchaft, die die Grundlage einer jel
Wirtſchaft bildet, wieder in Fluß zu bringen. Wir freuen
dieſer Tatſache, glauben, aber in dieſem Augenblick nochm
darauf hinweiſen zu müſſen, daß die wirtſchaftlichen Bedenk
die wii nach dem Bekanntwerden der Bedingungen, unter der
der Vertrag abgeſchloſſen werden ſollte, geäußert haben, in je
2eiſe aufrecht erhalten müſſen. Wir hoffen, daß es der Kom
ſion gelungen iſt, noch weſentliche Milverungen der Bedingun
zu erreichen. Es liegt unſeres Erachtens im Intereſſe der
ſamten Wirtſchaft am Rhein und an der Ruhr, wenn der Vert
zur Lienntnis der Oeffentlichkeit gebracht wird. Nachdem
aber, ie ſchon hervorgehoben, eine Grundlage geſchaffen iſt,
der das Wirtſchaftsleben wieder in Ordnung kommen kann, ſ
man verſuchen, aus dem vorläufigen Vertrag heraus und zu ei
Lauernden wirtſchaftlichen Verſtändigung zu kommen. Iſt
beiden Seiten der gute Wille vorhanden, dann ſollte es
ſchwer fallen, Mittel und Wege zu finden, die nötig ſind,
künftig dem Rheinland nach ſo langer Leidenszeit wieder Arbe
möglichkeit zu geben, die erforderlich iſt, um die nötige Sid
heit und ſomit Vertrauen in unſer Wirtſchaftsleben zu brin
Unter dieſen Vorausſetzungen begrüßen wir den endlichen
79u8 im Rahmen eines Mantelvertrages.

Die Pariſer Preſſe zum Abkommen.

Paris, 24. Nov. (Wolff.) Das Echo de Paris beſpr
das Aökommen, das die dem bergbaulichen Verein an
hörenden Gruppen mit der belgiſch=franzöſiſch
Ingenieurkommiſſion abgeſchloſſen haben. Der A
ein bertritt nach ſeiner Anſicht 80 Prozent der rheiniſch=weſtf
ſchen Produktion und wird von nun ab 23 Prozent ſei
Kohlenförderung und Koksproduktion an Frankreich zu lief P
haben. Das mit den Induſtriellen abgeſchloſſene Arrangem
entfpreche dem, was mit der Gruppe Otto Wolf abgeſchlo ſalic
wurde, jedoch mit einer Ausnahme. In dem Vertrag ſei
Art politiſche Klauſel enthalten. Deutſcherſeits ſeien die
ſtrengungen darauf verwendet worden, Frankreich zu zwin=
der
Reparationskommiſſion integral die Summpen für die Se
lieferungen zu übermitteln. Die franzöſiſche Regierung h.
nicht verabſäumt, zu behaupten, daß ſie im Recht ſei, gewif
Abzüge zu machen, entfprechend den Koſten d
Beſetzung auf dem rechten Rheinufer. Die Abf
der Gegner ſei darauf ausgegangen, in den Kontrakt eine Klau
einzufügen, die eine Art Proteſt gegen die Legalität des Ru
unternehmens bildet. Geſtern vormittag habe Poincaré
General Degoutte, Ingenieur Frantzen, dem Miniſter für öffe
liche Arbeiten, dem Finanzminiſter und dem Kriegsminiſter
raten. Es ſei beſchloſſen worden, daß die franzöſiſche Regieru
ſich nur das Recht vorbehalten könne, die Angelegenheit dil
mit der Reparationskommiſſion zu regeln, und daß die fran
ſiſche Regierung dadurch die Freiheit der Reparationskommiſf
in keiner Weiſe beeinträchtige. Wenn das Problem der Nel
rationskommiſſion unterbreitet werde, werde Bradbury
zwiſchen zwei Fragen zu wählen haben; entweder er bleibe dal
die juriſtiſche Rechtfertigung der Ruhrbeſetzung anzuzweife
dann dürfe er auch für ſein Land von den ſeit dem 11. Janu
1923 erzielten Einnahmen nichts in Anſpruch nehmen, oder al
er unterlaſſe ſeinen Proteſt, und dann würde es ihm ſchwer
nicht die Rückerſtattung der Beſatzungskoſten für das franzöſi
Volk zu geſtatten.

Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Sautstag, 24. November
Roſengarten.
Ein Schauſpiel von Fritz v. Uinruh.
Nraufführung.
Als Goethes zweiter Aufenthalt in Rom ſich ſeinem Ende
zuneigte, wurde der Plan des Taſſo in ihm wieder lebendig,
und am 28. März 1788 ſchrieb er an den Herzog: Wie der Reiz,
der mich zu dieſem Gegenſtand führte, aus dem Innerſten meiner
Natur entſtand, ſo ſchließt ſich auch jetzt die Arbeit, die ich unter=
nehme
, um es zu endigen, ganz ſonderbar ans Ende meiner ita=
lieniſchen
Laufbahn, und ich kann nicht wpünſchen, daß es anders
ſein möchte. Von Rom führte ihn der Weg nach Florenz.
Die Luſtgärten der wundervollen Stadt gaben ſeinem Taſſo
den Hintergrund. Unter den alten Bäumen des Giardino di
Boboli ſuchs ihm die Dichtung. Die Geſtalt des Taſſo ſchloß
ſich zu ihrem ſchmerzensreichen und doch harmoniſchen Ende.
Sein Auge weilt auf dieſer Erde kaum;
Sein Ohr vernimmt den Einklang der Natur;
Was die Geſchichte reicht, das Leben gibt,
Sein Buſen nimmt es gleich und willig auf:
Das weit Zerſtreute fammelt ſein Gemüt,
Und ſein Gefühl belebt das Unbelebte.
II.
Es tut wohl, nachdem die Wirruiſſe des Unruhſchen Dramas
borübergezogen ſind, ſich der Harmonie klaſſiſcher Kunſt zu er=
innern
, um Diſtanz zu gewinnen und in den Kämpfen der Mei=
nungen
einen ruhigen Standpunkt für die Beurteilung zu finden.
Die Erinnerung an Goethes Taſſo wird wach, da auch Un=
ruhs
Dichtung in Florenz oder doch unter dem Eindruck des
Florentiner Aufenthalts entſtanden iſt, auf Florentiner Boden
ſpielt, und da auch in ihr ein Dichter im Mittelpunkt ſteht; ein
Dichter, in dem, wie Goethe im Taſſo, ſo Unruh im
Roſengarten ſich ſelbſt widerſpiegelt; ein Dichter, der
ebenfalls zwiſchen zwei Frauen ſteht. Zugleich gibt dieſe Erinne=
rung
an Goethes Taſſo den unermeßlichen Abſtand zwiſchen
zwei Zeiten, zwiſchen zwei Begabungen, zwiſchen Vollendung und
Sturm und Draug, zwiſchen Harmonie und Chaos.

In einer Floxentiner Landvilla ich ſtelle mir vor, auf der
Höhe von Fieſole, wo Lorenzo Magnifico ſommerlich weilte und
Böcklin malte iſt der deutſche Dichter Reinmar Dietrich
bei ſeinem Freund, Dr. Edmund Berg, zu Beſuch. Geſchüttelt
von den Schrecken des Weltkriegs, ſucht er, in dem Roſengarten
der Villa die innere Ruhe für ſeine Dichtung zu gewinnen. Er
empfindet die Erſchütterung und die Widerſprüche ſeiner Zeit
und ſeiner ſelbſt:
Hoß! Krieg und Rache! Lauter Nachtdämonen
Bellin unerlöſt ich ſchreibe Verſe! Verſe!
Während das Entſetzen Deutſchlands Kehle würgt
Und ſich der Erde Kreis, wie es Nero tat
Im blutigen Zirkus mit den Chriſten, gierig
An dem Martyrium meines Volkes weidet
Da wandle ich im Roſengarten, duld’ es,
Während die Millionen hungern, daß du mich
Wie inen Kapaun mit Leckerbiſſen ſtopfſt,
Und ſetze alle Kraft an ein Gedicht!
Ich gebe dieſe Worte hier wieder, weil ſie ſo recht Unruhs
eigne kämpfende Seele, die beſondere Art ſeiner Dichtung und
die erſchütternden Widerſprüche der Zeit, die in dem Schauſpiel
im Guten und im Schlimmen ihren Ausdruck finden, offenbaren.
Reinmar, der Dichter, ſteht zwiſchen zwei Frauen. Mit
Ellinox, der Frau ſeines Freundes Edmund Berg, verbinden
ihn Beziehungen mehr ſeeliſcher Art. Sie war während des
Krieges ſein Talisman, ſie war ihm allerwunderzarteſte Seelen=
kraft
. Edmund, der Sammler, hat für ſie, die in Ideen leben
will, keinen Sinn. Blutvoller als die äſthetiſch blaſſe Ellinor iſt
Veronika, die ſich von ihrem Gatten, dem um Geſchäft und
Aktien bemühten Walter Dorm, nicht verſtanden fühlt. Im
Florentiner Dom trifft Veronika den Dichter; beide finden in
füßer Liebe ſich, ihr Tuſcheln und Plaudern erregt den Zorn des
predigenden Dominikaners, ſie werden von der erregten Menge
aus der Kirche gejagt. Ihre nächtliche Kahnfahrt führt ſie unter
Sturm und Blitz Arno=abwärts dem Meer zu. Dieſe Szene ge=
hört
dichteriſch zu den ſchönſten des Werks. Walter ſpürt die
Liebe, die zwiſchen ſeiner Gattin und Reinmar ſich entſponnen
hat. Aus den Worten des Dichters erkennt er, daß er, der ſtets
nur für ſeine Frau gearbeitet hat, ihr niemals ſein Herz ge=
ſchenkt
und niemals ihr Herz beſeſſen hat. Das in ihm er=
wachende
Gefühl findet bei ihr keine Erwiderung mehr: Pas

weißt du von meinem wilden Sein? Was weißt du von meit
trauernden Bruſt? Was weißt du von meinem heimlichſ
Traum? Was haſt du von deiner Mutter gewußt? Getrof
von einem leidenſchaftlichen Wurfe Walters, ſtirbt Veronika.
In dieſe Handlung, aus der ſich ein Drama hätte forn
laſſen, greifen nun alle die Vorgänge ein, durch die Unruh
Werk offenbar zu einem Zeitbild, zu einem Werk der C
löſung ausder Not der Zeit erheben will, und in dieſ
Plan liegt die Schwäche der Dichtung.
Eine unheimlich groteske Reihe von Geſtalten tut ſich a
Als Abordnung des Johanniterordens erſcheint Prinz Wi
helm von Preußen mit ſeinen Offizieren in Florenz.
hat von dem Orden den Auftrag, den Dichter, der ſich als Pa
fiſten bekannt hat, aus der Welt zu ſchaffen. In ſeinem Gefol
iſt Bonin, preußiſcher Junker mit 80 009 Morgen Rüben 1.
Kartoffeln in Brandenburg, den Unruh als den Vertreter
alten Preußentums auftreten läßt. Aus Rußland findet
Holler ein, Bolſchewiſt, Trotzkis Adjutant, der in Rußla
die Meuſchen zu Tauſenden hat niederknallen laſſen, der u
über dem Chaos Rußlands den lebenden Gott noch ſieht.
Fragen der Zeit werden zwiſchen dieſen buntgewürfelten Me
ſchen erörtert; die Fragen der Liebe, der Ehe, der Gottheit, d
Kriegs und vor allem des Paziſismus und der Menſche
verbrüderung. Man ſpürt, wie der Dichter aus den Wirren ?
Zeit nach einem Ausweg ſucht, nach einem Weg aus dem Cha.
zu einer reineren Welt. Doch wohin? Was iſt das Ziel?
es dem Dichter ſelbſt bewußt? Mit ſchwungvollen, aber 1
klaren Worten umſchreibt er es: Ich aber will die he
lige Flamme aus, allen Siedlungen des Er
ballsblaſen . . . und dann . . . und dann, wenn es volle
det iſt, dies einzige Werk dann Götter! Götter!, das will
euch wieder in eure Unſterblichkeit tragen. Niederknien will
ſtammeln: Gott! Hier haſt du deinen Funken zurück! Rie
mich! Daß ich es wagte, ihn zu den Menſchen zu bringen!
In langen, undramatiſchen Geſprächen werden dieſe Ide
erörtert, unterbrochen von kraſſen Vorgängen ſchaurigſter A
Ihren Höhepunkt erreichen die Wirrniſſe in der vorletzten Sze
auf dem Zypreſſenhügel, als auf den Gräbern der Toten 1
Abordnung der Johanniter den gefangenen Dichter, den Zwbe
gen, erſchießen will. Doch Prinz Wilhelm, gewonnen von di
Ideen des Dichters, rettet ihn und zieht mit ihm und Elin
über den Gotthard nach Norden, einer neuen Zukunft entgege

[ ][  ][ ]

Rumuter 326.

ar iſtädier Tagblatt, Souutag, den 25. Robeiiber 1923

Seite 3.

(4
Mdeutſcher Schrittin Srufel.
Uebereinſiimmung mit dem belgiſchen
Reparationsplan.
Paris, 24. Nov. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung
s Brüſſel hat der deutſche Geſchäftsträger heute vormittag
n Außenminiſter Jaſpar eine Note mit ins Einzelne gehenden
ußerungen zu dem belgiſch=techniſchen Reparationsplan über=
ht
. Der Geſchäftsträger hat erklärt, daß die deutſche Regie=
ig
geneigt ſei, die Erörterung der Reparationsfrage auf der
undlage dieſer Studien fortzuſetzen. Die belgiſche Regierung
rde die Note der Reparationskommiſſion übermitteln, die be=
ntlich
zurzeit mit der Prüfung der belgiſchen techniſchen Stu
n, wie ſie im belgiſchen Graubuch veröffentlicht ſind, be=
iftigt
iſt.
Die Zahl Poincarés.
Der franzöſiſche Miniſterpräſident hat vor kurzem in Nebers
e ſeiner üblichen Reden gehalten. Wir haben nicht die Ab=
t
, näher auf ſie nachträglich einzugehen, wohl aber möchten
Poincarés Behauptung feſthalten, daß Frankreich unter
iſchluß der Saargruben und der Waffenſtillſtandslieferungen
2,12 Milliarden Goldmark erhalten habe. Auch dieſe Bemer=
ig
würden wir nicht aufgegriffen haben, wenn ſie nicht einen
haltspunkt für die zukünftige Berechnung des Wertes der
argruben gäbe eines Wertes, den wir zu bezahlen haben,
nn wir die Saargruben einmal zurückerhalten.
Wer hätte in Deutſchland geglaubt, daß wir die Saar=
iben
für ſo wenig Geld einmal zurückkaufen könnten? Eben
wegen wird man ſich dieſe Zahl Herrn Poincarés, 2,12 Mil=
den
, merken müſſen.
Treu zum Reich.
Frankfurt, 24. Nov. Die Mitglieder des Kommunal=
idtags
des Regierungsbezirks Wiesbaden haben eine Ent=
ließung
gefaßt, in der ſie zum Ausdruck bringen, daß ſie ein
tig die Beſtrebungen der Sonderbündler ablehnen und ſich
unerſchütterlicher Treue zur Verfaſſung der deutſchen Repu=
kund
ihrer Länder bekennen. Die Mitglieder des Kommunal=
dtags
betrachten es als eine ſelbſtverſtändliche Aufgabe der
ichsregierung, der Bevölkerung der beſetzten Gebiete auch in
kunft die Fürſorge zuteil werden zu laſſen, die ſie vor Hunger
d Verzweiflung bewahren wird. Sie beſtellten eine aus ſechs
tgliedern beſtehende Kommiſſion, um die Intereſſen des
zirksverbandes bei dem Vorgehen des Fünfzehnerausſchuſſes
wahren.
Eine Wahlrede Llotzd Georges.
* London, 24. Nob. (Prib.=Tel.) Lord George ſprach
ite in Glasgow in einer Wahlverſammlung der vereinigten
ſeralen und betonte vor allem, wie notwendig es ſei, daß der
jeden in Europa wieder hergeſtellt werde. Er erklärte, die
ſtände in Europa ſeien während der Regierung der Konſer=
iven
in Großbritannien ſtändig ſchlechter geworden, obwohl
h vor einem Jahre die Konſervativen eine Beſſerung der
ziehungen zu Frankreich verſprochen hätten. Es ſei jedoch
eifelhaft, ob in ganz Europa ein glücklicher Zuſtand geſchaffen
rden iſt. Lloyd George rief aus: Was wir wünſchen, iſt die
eſtellung des Friedens in ganz Europa, damit nicht länger
ropa von dem Einfall feindlicher Armeen bedroht iſt und durch
e Gewaltpolitik der nationale Haß entfeſſelt wird!
7
je Höchſtfatze der Erwerbsloſenunterſtützung
ragen in der Woche vom 19. bis 24. November 1923 wochen=
lich
in den Orten der Ortsklaſſen
Du. E
Für männliche Perſonen;
in Milliarden Mark
a) über 21 Jahre .
.. . . 780 730 680 630
b) unter 21 Jahren . . . . ... 470 440 410 380
Für weibliche Perſonen:
a) über 21 Jahre . . . . V . 620 580 540 500
b) unter 21 Jahren
360 340 320 300
Als Familienzuſchläge für:
a) den Ehegatten .
200 190 180 170
b) die Kinder und ſonſtige unter=
ſtützungsberechtigte
Angehörige 150 140 130 120
Die Familienzuſchläge (vorſtehende Nr. 3) dürfen insgeſamt
Hauptunterſtützung nicht überſteigen.
Der im beſetzten Gebiet ſeither zugelaſſene Zuſchlag von
Prozent fällt weg.
Bisher gezahlte Vorſchüſſe ſind in Abzug zu bringen. In
vieten, in denen die Kaufkraft der Papiermark in beſonders
jünſtigem Verhältnis zu den Warenpreiſen ſteht, ſoll die
terſtützung nach Möglichkeit in Sachleiſtungen geſchehen.
Die ſelbſtändigen Unterſtützungen, die mehrere in
em gemeinſchaftlichen Hausftande lebende Familienmitglieder
alten, dürfen in ihrer Summe das Doppelte der Unterſtützung
rgl. hierzu § 6 Abfatz 4 der Reichsverordnung über Erwerbs=
enfürſorge
) nicht überſteigen, die dem höchſtunterſtützten Mit=
d
für ſeine Perſon zuſteht. Der Vorſtand der Familie gilt
Sinne dieſer Beſtimmung als ihr Mitglied.

* Darmſtädter Beamtenverſamntlung.
Das Ortskartell Darmſtadt des Deutſchen Beamtenbundes
hatte zum Samstag abend zu einer öffentlichen Beamtenverſamm=
lung
in der Turnhalle eingeladen, die ſehr ſtark beſucht war.
Herr Zinſer, Vorſitzender des Ortskartells, begrüßte die Er=
ſchienenen
, darauf hinweiſend, daß es wieder einmal gelte, Stel=
lung
zu nehmen, wie vor kurzem zur Abſchaffung der viertel=
jährlichen
Gehaltszahlung, ſo heute zu Fragen, die die Beamten
ſchaft in nicht geringerem Maße angeht, zur Forderung der
Goldmarkbeſoldung, damit zuſammenhängend die Preisbildung
und weiter zum Beamtenabbau. Hierzu die Stimme zu erheben,
erheiſcht die Not der Beamtenſchaft. Herr Dr. Claſe, Vorſitzen=
der
des Landeskartells, als Referent des Abends, wandte ſich
dann im Einzelnen zu den in Rede ſtehenden Fragen. Ver=
wahrung
muß eingelegt werden gegen die außerordentlich zögernd
erfolgenden und ungenügenden Gehaltszahlungen, andererſeits
muß nachdrücklichſt ausreichende wertbeſtändige Bezahlung ge=
fordert
werden. Penſionäre und Witwen haben bis jetzt noch
zum größten Teile kein wertbeſtändiges Geld bekommen. Eine
Erklärung der Reichsregierung findet Beachtung, wonach in
Zukunft der Beamtenbeſoldung nicht mehr die Teuerungs=
zahlen
zugrunde gelegt werden ſollen, ſondern die Zah=
lungen
nach Maßgabe der vorhandenen Mittel erfolgen
ſollen. Bei ſolchen Maßnahmen komme allerdings der Be=
amtenabbau
von ſelbſt. Dieſer darf nicht ſchematiſch durchgeführt
werden, ſondern ſyſtematiſch; ſoziale Erwägungen müſſen dabei
leitend ein. Die Folgen mögen für das Schickſal vieler und ihrer
Familien entſcheidend ſein, fallen doch auch die mit dem Abbau
Betrofenen dem Reiche wieder in der Erwerbsloſenfürſorge zur
Laſt. Wenn der Regierung keine Mittel zur Verfügung ſtehen,
dann müſſen die Preiſe reguliert werden, müſſen energiſche
Maßnahmen gegen Wucher ergriffen werden. Entweder muß
in der Beſoldung eine Anpaſſung an die Ueberforderung, die
mehr und mehr bei Handel, Induſtrie und Geweibe glatzgreift,
ſtattfinden, oder aber es muß mit aller Schärfe bei der Herab=
ſetzung
der Goldmarkpreiſe vorgegengen werden, die heute durch=
ſchnittlich
das Vierfache der Friedenspreiſe betragen. Die Hoff=
nung
weiter Volkskreiſe, durch Einführung ſtabiler Zahlungs=
mittel
, beſondeus der Rentenmark, eine Erleichterung ihrer Lage
herbeiführen zu können, wird durch die in letzter Zeit geübte
Preisbildung zunichte gemacht und die Rentenmark durch Ham=
ſtern
, Verkauf gegen Deviſen bei hohem Aufgeld den Weg der
Papiermark gehen müſſen. Es gilt, zuſammenzuſtellen und nach=
drücklichſt
die gerechten Forderungen der Beamtenſchaft Reich
und Land gegenüber zu vertreten. Der Redner fand für ſeine
treffenden, fachlichen Ausführungen lebhaften Beifall. Seine
Ausführungen wurden in der anſchließenden Ausſprache von
verſchiedenen Rednern nachdrücklichſt unterſtützt und ergänzt.
Zwei Entſchließungen fanden volle Billigung und einſtimmige
Annahme:
1. Entſchließung: Die im Ortskartell Darmſtadt des
Deutſchen Beamtenbundes vereinigten Reichs=, Landes= und Ge=
meindebeamten
erſuchen die Reichsregierung und die heſſiſche Re=
gierung
, endlich mit aller Schärfe und Rückſichtsloſigkeit gegen
die in den letzten Wochen geübte Preisbildung für die wichtigſten
Lebensmittel und Bedarfsartikel vorzugehen. Die fortgeſetzte
Erhöhung der Goldgrundpreiſe wird eine weitere ungeheure Ver=
elendung
der Beamtenſchaft zur Folge haben und alle Verfuche,
zu wertbeſtändigen Zahlungsmitteln zu gelangen, im voraus zur
Ausſichtsloſigkeit verurteilen. Sie proteſtieren gegen die lang=
ſame
ungenügende Belieferung mit wertbeſtändigen Zahlungs=
mitteln
, die beſonders in den letzten Tagen eine weitere Verſchär=
fung
der Not in den Beamtenfamilien zur Folge hatte. Sollte
die Reichsregierung nicht in der Lage ſein, gegen die Erhöhung
der Grundpreiſe wirkungsvoll einzuſchreiten, ſo muß die Feſt=
ſetzung
des amtlichen Dollarkurſes, die ſich bis jetzt einſeitig gegen
die Lohn= und Gehaltsempfänger ausgewirkt hat, zum wahren
Handelswert erfolgen. Die Beamtenſchaft erwartet weiterhin,
daß unverzüglich an eine grundlegende Beſoldungs=
verordnung
herangetreten wird, die endlich auch dem Be=
amten
eine Berechnung ſeiner Bezüge auf Goldmarkgrundlage
ſichert. Dabei iſt der geſunkene Wert der Goldmark voll und ganz
zu berückſichtigen.
2. Entſchließung: Die im Ortskartell Darmſtadt des
Deutſchen Beamtenbundes vereinigten Reichs=, Landes= und Ge=
meindebeamten
erblicken in der von der Reichsregierung diktierten
Perſonal=Abbauverordnung einen ſchweren Verſtoß gegen wohl=
erworbene
Rechte und eine Erſchütterung der Grundlage, auf der
das Berufsbeamtentum aufgebaut iſt. Sie machen mit allem
Ernſt darauf aufmerkſam, daß ein Perſonalabbau in den öffent=
lichen
Verwaltungen und Betrieben erſt dann vorgenommen
werden kann, wenn durch organiſatoriſche und geſetzgeberiſche
Reformen die Vorausſetzungen dafür geſchaffen ſind. Ein über=
ſtürzter
ſchematiſcher und brutaler Abbau wird nicht nur für die
betroffenen Beamten, ſondern auch für den Staat in ſeiner Ge=
ſamtheit
die ſchwerſten Folgen nach ſich ziehen. Die Beamten=
ſchaft
iſt nicht gewillt, das ihr zugedachte ſchwere Unrecht gedul=
dig
hinzunehmen. Der Verſuch, die Folgen einer durchaus fal=
ſchen
Wirtſchafts= und Steuerpolitik einſeitig der ſchon ſeither
ſchwer leidenden Beamtenſchaft aufzubürden, muß als eine
ſchreiende Ungerechtigkeit zurückgewieſen werden. Wir erſuchen
insbeſondere die heſſiſche Regierung, nichts unverſucht zu laſſen,
um die in ihrer Wirkung grauſame Maßnahme der Reichsregie=
rung
zu Fall zu bringen.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 25. November.
* Zum Totenſonntag.
In einem ſchönen, feierlichen Buche fand ich den Satz: Wir
haben es in unſerer Hand, unſere Toten nicht ſterben zu laſſen.
Mehr denn je denken wir an die Toten des großen Krieges,
an jene anderen ungezählten Opfer, die an ſeinen Folgen zu=
grunde
gegangen ſind, und mehr denn je iſt es uns, als ob all
die lieben Geſichter der Verblichenen mit großem, ſchmerzerfüll=
tem
Blicke fragend uns anſehen, als wenn ſie zu uns ſprächen:
Wollt ihr uns nun ganz ſterben laſſen? Wollt ihr all das heilige
Freudigkeit, all den tapferen Mut, mit denen wir gelebt, gelitten
und geſtorben ſind, wollt ihr das alles nun wirklich umſonſt ge=
weſen
ſein laſſen? (Soll denn nichts mehr von dem allen leben=
dig
in euch ſein und wirken, daß es wie ein großes, mächtiges
Leuchten das Dunkel durchflammt, ſollen unſere ſehnenden
Kräfte, die euch gleichſam umhüllen wollen, nun gänzlich von
euch weichen, weil ihr ſie gleichſam durch eure Dumpfheit und
Welkheit und Mutloſigkeit aus euch forttreibt? Ja, ſollen wir
denn nun wirllich ganz tot ſein? Soll wirklich über unſerem
Leben das harte, troſtloſe Vergeblich ſtehen, wollt ihr uns das
antun?
Wir waren treu, und ihr wollt untreu ſein. Wir ſuchten
unſerem Leben ein großes Ziel zu geben, und ihr wollt wie mit
Mutwillen die Irrenden und Zielloſen ſein. Wir waren die
Trutzigen und Feſten, und ihr wollt die Schwankenden und Feig=
herzigen
ſein. Wir erlebten das große Wunder des letzten
Opfers, und ihr findet nicht mehr die kleinſte Beziehung zu dem
erhabenen Worte. Unſer Leben wellte Liebe ſein, und jetzt
herrſcht im deutſchen Lande die Ichſucht. Wir wollen gerne mit
euch für deutſches Weſen und Ideal, für deutſche Freiheit und
Heimat kämpfen. Aber wir ſehen Millionen ſchlaffe Hände und
kalte Herzen, die den Kampf ſcheuen. Laßt uns in eurem Herzen
auferſtehen, daß wieder die alte deutſche Mächtigkeit über euch
komme, die deutſche Liebe und das deutſche Hoffen.
So und ähnlich lautet die Predigt unſerer Toten hinein
in die harten Stunden unſerer Tage. Wer Ohren zum Hören
hat, der höre! Und wer ein deutſches Herz noch hat, der fühle!
Ja, inehr denn je gilt es, alle inneren Kräfte lebendig zu
machen, und dazu wollen uns auch die Toten helfen, und ſi=
ſind
nicht tot, wenn wir aus ihrem Leben wie aus heiligen
Quellen Kraft und Tröſtung ſchöpfen. Laſſet uns wieder wach
und gut, ſtark und deutſch an unſeren geliebten Toten werden.
Dann feiern wir ein rechtes Totenfeſt, dann iſt es wie ein Tag
innerſter Auferſtehung, und wie Oſterglocken tönt es mitten in
den Schauern des November. Laſſet unſere Toten leben, dann
werden auch wir leben und den Weg zur Rettung finden. Hans
Sachſens Wort ſoll uns die Loſung des Totenfeſtes ſein:
Dran ſetze Leib und Blut, Kraft, Macht, Gewalt
K. B.
und Gut, dein Vaterland zu retten!

L. Das Geſamtminiſterium hat eine mit Verkündigung im Reg.=Blatt
in Kraft tretenden Notverordnung über ein vereinfachtes Enteig=
nungsverfahren
zur Beſchaffung von Arbeitsgelegenheit erlaſſen. Für
Arbeiten, die zur Beſchaffung von Arbsitsgelegenheit beſtimmt ſind, kann
das Geſamtminiſterium durch im Reg.=Blatt zu verlautbarenden Erlaß
ein vereinfachtes Enteignungsverfahren anordnen, auf das das Enteig=
nungsgeſetz
von 1884 in Faſſung von 1899 Anwendung findet. Anſtelle
des Provinzialausſchuſſes tritt der zuſtändige Kreisdirektor und die
Lokalkommiſſion, deren Mitglieder der Kreisdirektor beſtellt. Alle Ent=
ſcheidungen
und Entſchließungen ergehen in Beſchlußform. Soweit nach
Enteignungsgeſetz Rechtsmittel zuläſſig ſind, findet mit aufſchiebender
Wirkung Beſchwerde an Miniſterium des Innern ſtatt.
Ernannt wurden: durch Entſchließung des Miniſteriums für
Arbeit und Wirtſchaft vom 9. November 1923 wurden die Landwirt=
ſchaftsreferendare
Friedrich Balz zu Sprendlingen i. Rh., Johann
Baußmann zu Gau=Algesheim, Heinrich Röcher zu Grünberg,
Wilhelm Hofmann zu Groß=Gerau, Fritz Sang zu Friedberg,
He=mann Schmitt zu Schotten, Dr. Anton Wetzel zu Heppen=
heim
zu Landwirtſchaftsaſſeſſoren.
Konſulatsweſen. Robert Roß iſt zum ſtellvertretenden Kgl.
Großbritanniſchen Vizekonſul in Frankfurt a. M. mit Zuſtimmung der
Reichsregierung beſtellt worden. Die Heſſiſche Regierung hat ſeine
Anerkennung und Zulaſſung zur Ausübung konfularifcher Verrichtun=
gen
in dem Gebiet des Volksſtaates Heſſen erteilt.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Welch großes Intereſſe das
au kommenden Mittwoch ſtattfindende Volkskonzert in den
Beiteſten Kreiſen gefunden hat, beweiſt eine Stiftung von 10 Bil=
lionen
, die der Leitung der Städtiſchen Akademie als Beitrag zu den
UInkoften übermittelt worden ſind. Von Seiten der Schulen und Wohl=
fahrtsorganiſationen
ging eine ſo große Anzahl von Beſtellungen auf
Karten ein, daß leider nicht alle Wünſche befriedigt werden konnten.
Alle diejenigen, die Karten erhalten haben, aus irgend einem Grunde
aber das Konzert nicht beſuchen können, werden gebeten, die Karten bis
Montag Abend auf dem Sekretariat der Städtiſchen Akademie zurückzu=
geben
, damit möglichſt alle Beſtellungen ausgeführt werden können. Es
jei beſonders darauf hingewieſen, daß das Konzert für die Schulen
Pünktlick, um 6 Uhr beginnt, damit die Pauſe zwiſchen den Konzerten
nihk unnötig verkürzt wird.
Wertloſes Papiergeld ſammelt das Städtiſche Jugendamt Frank=
furt
a. M.; es hat vor Haupt=, Konſtablerwache und Hauptbahnhof große
Sammelkäſten aufgeſtellt, die das von einem großen Teil der Be
völkerung meiſt achtlos fortgeworfene wertloſe Papiergeld aufneh=
men
ſollen. Die auf dieſe Weiſe geſammelten kleinen und entwerteten
Papiergeldſcheine ſtellen immerhin noch einen erheblichen Wert dar
deren Ertrag wohltätigen Zwecken zugeführt werden ſoll.

bleibt das Werk nur das Vorſpiel zu dem geplanten
ietrich, dem dritten Teil der Trilogie, der ſich an Ge=
lecht
und Platz anſchließen ſoll.
Den Auseinanderſetzungen zwiſchen dem Dichter, dem Prin=
und ſeinen Johannitern könnte ſtärkere Bedeutung beigelegt
rden, wenn die Johanniter nicht faſt Karrikaturen, ſondern
ubhaftere Vertreter des Preußengeiſtes wären. Von dem Un=
des
Roſengarten appelliere ich an den Unruh der Offi=
2re und des Louis Ferdinand Kann der Unruh,
einen Ernſt von Schlichting in höchſter Pflichterfüllung als
odenoffizier unter der afrikaniſchen Sonne ſterben ließ, in
em Bonin, in einem Bredow die maßgebenden Vertreter der
heren Zeit ſehen? Manche Wendungen, die die Offiziere an=
agen
, überſchreiten die Grenze deſſen, was auf der Bühne üb=
und geſchmackvoll iſt.
So ergibt ſich das Geſamtbild, daß das neueſte Schauſpiel
ruhs einzelne Szenen von ſtarker dichteriſcher Schönheit, daß
als Ganzes aber allzu undramatiſch und verworren, und als
zu aktuelles Zeitbild nur von vergänglicher Bedeutung iſt.
TV.
In der Darſtellungpulſierte unter Guſtavs Hartungs
tung ſtarkes Leben. In dieſen von Sturm und Drang getrie=
ten
, öft chaotiſch ſich türmenden Werken, wie einſt im Platz,
e geſtein im Roſengarten iſt Hartungs oft brutal zu=
ifende
, ſtets aber vorwärts jagende Regie geeignet. In 12
ldern, von denen ſich je ſechs zu einem Akte zuſammenſchloſſen,
rmte die Handlung vorüber und ſuchte durch das Tempo des
ſieles die Gefahren der undramatiſchen Erörterungen zu über=
iiden
. Die Verwandlungen vollzogen ſich bei offenem Vorhang,
n Muſik oder Volkslärm übertönt. Die Bühnen=Architektur,
iſchen den Stilen ſchwankend, ſtammte von T. C. Pilartz
nige Bilder waren von ſchöner maleriſcher Wirkung, andere, wie
nächtliche Arno=Fahrt, waren weniger gelungen.
Die Stärke von Fritz Valks eindrucksvollem Dietrich lag
dem reſtloſen, ge anklichen Erſchöpfen der Ralle und der aus=
ſeichneten
ſprachlichen Wiedergabe, während die gefühlsmäßige
ite des Dichters etwas zurücktrat. Prächtig ſtand in Gerhart
itter der Junker von Bonin, der Vertreter des alten
keüßentums, auf der Bühne, aus innerem Erleben geſchaffen,
Uſaftig, überzeugend. Walter Kuliſch entwickelt ſich zum
ezialiſten für die ruſſiſchen Schwärmer, wie ſeinem Fedja,
ber auch ſeinem Holler die gebrochene Natur des Ruſſen, die

ſchwärmeriſch nach neuen Zielen greift, aber nicht die Entſchluß=
kraft
zur Durchſetzung der eigenen Perſönlichkeit aufbringen kann.
Als Prinz von Preußen ſetzte Joſeph Gielen lebendig ein,
wurde aber dann etwas blaß in der Darſtellung.
Den beiden Frauen Ellinor und Veronika gibt der Dichter
nur wenig eigenes Geſicht. Immerhin hätte ich mir Fritta Brod,
die ſtilvolle Darſtellerin expreſſioniſtiſcher Schauſpiele, als die
äfthetiſche Ellinor und Anne Kerſten als die ſtärker au
Sinnenliebe geſtellte Veronika gedacht; die Beſetzung war jedoch
umgekehrt und konnte nicht von ihrer Richtigkeit überzeugen, wenn
auch ſchone Momente in der Darſtellung nicht fehlten. Fran;
Schneider und Kurt Weſtermann in den Rollen der ver=
laſſenen
Ehemänner, Hans Baumeiſter als Major von
Stülpnagel, F. Faber als Katte, Theo Bögel als Vogel und
Hedwig Sparrer als Kammerfrau ſeien noch hervorgehoben.
Am Schluſſe ſetzte lebhafter Beifall ein, der ſich gegenüber
der Oppoſition behauptete und den Dichter wie die Mitwirkenden
wiederholt an die Rampe rief.
Z.

Die Anordnung im Wohnbau.
* Einen intereſſanten Hinweis auf einen Fehler, der in
der Anordnung unſerer Wohnräume meiſt gemacht wird, gibt
der engliſche Architekt Barry Perker, F. R. J. B. A.=Letchworth,
im Leitartikel des reich illuſtrierten November=Heftes der
bekannten, von Alexander Koch, Darmſtadt, herausgegebenen
führenden Kunſtzeitſchrift Innen=Dekoration‟: Es iſt
unſere Gewohnheit, heißt es da, alles in Beziehung auf uns ſelbſt
im Stehen zu ordnen, wobei wir vergeſſen, daß wir für jede
paar Minuten, die wir ſtehen, viele Stunden ſitzen werden! Im
Stehen ordnen und ſchmücken wir unſere Räume, und wenn wir
uns dann ſetzen, fallen wir ganz aus der richtigen Beziehung
zu jedem Ding im Raum. Im Sitzen ſollten wir aber im=
ſtande
ſein, alles, was die ganze Ueberlegung uns bietet, zu
genießen. Wir hängen alle unſere Bilder in die Höhe, die
richtig iſt, wenn wir ſie ſtehend betrachten. Wenn wir irgend
etwas mit Genuß betrachten wollen, müſſen wir immer auf=
ſtehen‟
. Es iſt wirklich erſtaunlich, wie allgemein verbreitet dieſe
falſche Anordnung iſt, und es iſt für die meiſten eine Offenbarung,
wenn ſie zum erſten Male einen Raum betreten, in dem die

Blicke von den Fenſtern, die Beleuchtung und alles Uebrige in
die richtige Beziehung gebracht iſt zu einem, der im Raume ſitzt
Ueberdies hat ſolch ein Raum eine einladende Geſte: er bittet
den Gaſt, Platz zu nehmen und ſich ganz zu Hauſe zu fühlen.
Der andere übrige Naum hingegen ſagt Aufſtehen! nachden
du den Caſt gebeten haſt, Platz zu nehmen, und er der Einladung
gefolgt iſt.
Dieſer von vielen vorzüglichen Abbildungen begleitete Text=
beitrag
enthält noch weitere wertvolle Anregung. Aus den ein=
leitenden
Worten, die der engliſche Architekt dieſer wertvollen
und bewundernswerten Zeitſchrift der Innen=Dekora
tion, widmet, wird das hohe Anſehen und die Verbreitung
die dieſe einzigartige Revue auch im Ausland genießt, ſehr
deutlich erkennbar.

C. K. Häuſer aus Salz und Glas. Es gibt Städte, die
aus ſehr merkwürdigem Bauſtoff errichtet ſind. So miſchen die
Bewohner von Cookſtolon in Alaska Seetang mit Salz, preſſen
dieſe Miſchung trennen ſie zu Ziegeln, die der Witterung viel
beſſer widerſtehen als die früher benutzten Lehmſteine. In der
Nähe von Krakau liegt unter der Erde der Ort Kelberg; er wird
nur von den Arbeitern bewohnt, die in den Salzbergwerken der
dortigen Gegend tätig ſind, und iſt ganz aus Salzfelſen aus=
gehauen
. Noch eigenartiger iſt das Material, aus dem Häuſer
einer kleinen Anſiedlung in der Nähe des Yellowſtone=Parks in
den Vereinigten Staaten beſtehen; ſie ſind nämlich aus Obſidian=
Glas gebaut. Auf Bahnſtationen ſieht man manchmal, daß aus=
rangierte
Bahntagen als Wohnräume benutzt werden, und auch
bei uns war dies während der großen Häuſernot kurz nach dem
Kriege der Fall. Es gibt aber ein ganzes Eiſenbahndorf bei
dem engliſchen Scebad Shoreham, das aus Bahnwaggons be=
ſteht
. Die Wohnhäuſer des Ortes Nidah in Georgien ſind
Straßenbahnwagen, die ausrangiert worden waren. Der wich=
tigſte
Bauſtoff für Anſiedlungen, die möglichſt ſchnell errichtei
werden ſollen, iſt Eiſen und Wellblech. So werden z. B. die
Städte, die um die neu entdeckten Gold= und Diamantenfelder
in Afrika und Auſtralien emporſchießen, aus galvaniſiertem Eiſen=
blech
errichtet. Einzigartig aber iſt der Stoff, aus dem der Ort
Bareira in Portugiſiſch=Oſtafrika erbaut iſt. Da das ſonſt übliche
Wellblech des Klimas wegen nicht benutzt werden konnte, nahyr
man ſeine Zuflucht zu Zinkhäufern.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 25. November 1923.

Ein halbes Jahrhundert Mittelſchule.
Am 25. November ds. Js. beſteht die Mittelſchule ein halbes Jahr=
hundert
. Wenn auch die traurige Lage unſeres geſamten öffentlichen
Lebens die feſtliche Begehung dieſes Gedenktages verbietet, ſo ſoll doch
wenigſtens in einem kurzen Hinweiſe dieſes Tages und der Schule ge=
dacht
werden, die jahrzehntelang in unſerem ſtädtiſchen Schulweſen eine
geachtete Stellung einnahm. Viele Tauſende von Darmſtädter Einwoh=
nern
beiderlei Geſchlechts verdanken der Mittelſchule ihre Ausbildung
und die Fähigkeit, ſich mit dieſem Rüſtzeug eine Fachbildung zu erwer=
ben
, die ſie in den Stand ſetzte, verantwortungsvolle Stellen in öffent=
lichem
Dienſte oder in privater Wirtſchaft auszufüllen. Viele ihrer
Schüler und Schülerinnen fanden von ihr aus den Weg zu den höherenSchu=
len
und dann zum Studium auf Hochſchule und Univerſität. Wenn
auch keine beſondere Vereinigung der Elternſchaft beſtand, ſo war doch
eine gewiſſe Tradition der Treue entſtanden, die ſich gern der Schulzeit
in der Mittelſchule erinnerte und ihren Nachwuchs immer wieder der=
ſelben
Anſtalt anvertraute.
Es würde hier zu weit führen, das unterſcheidende Weſen der Mit=
telſchule
darzulegen, aber das äußere Wachstum der Schule iſt Beweis
genug, daß ſie zur Zufriedenheit derjenigen, die ihr ihre Kinder anver=
trauten
, arbeitete und auch ſeitens der ſtädtiſchen und ſtaatlichen Be=
hörden
ſich einer großen Wertſchätzung erfreute.
So wurde ſchon ein halbes Jahr nach ihrer Gründung der Knaben=
ſchule
ein eigenes, für die damaligen Verhältniſſe ſtattliches Gebäude in
der Friedrichſtraße errichtet, während die Mädchenſchule noch in dem
Schulhauſe hinter der Stadtkirche verblieb, bis auch dieſer in der
Viktoriaſtraße ein eigenes Heim erbaut wurde. In den erſten Jahren
unſeres Jahrhunderts wurde dann das große Schulhaus in der Her=
mannſtraße
errichtet und als Mittelſchule II. in Betrieb genommen.
Immer, wenn eine Trennung vorgenommen worden war, füllte ſich die
Mutterſchule ſo raſch wieder auf, daß für die vielen Schüler und Schü=
lerinnen
noch in anderen Schulhäuſern Unterkunft geſucht werden mußte.
Gewiß ein Zeichen dafür, daß die Anziehungskraft dieſer Schulgattung
ihren Grund nicht in bloßen Aeußerlichkeiten haben konnte.
Es iſt auch hier angebracht, aller der Lehrperſonen zu gedenken, die
entweder viele Jahre lang oder gar ihr ganzes Berufsleben an den
Mittelſchulen verbracht haben. Eine ſtattliche Anzahl von Schulleitern
d Schulinſpektoren hat ihren Weg durch die Mittelſchule genommen.
* um das heſſiſche Schulweſen verdiente Leiter der Schulabteilung,
Eiſenhuth, zählt auch zu dieſer Zahl. Etliche von den Lehrern, die bei=
nahe
ihre ganze Lebensarbeit der Mittelſchule gewidmet haben, weilen
noch als Ruheſtändler unter uns. Es ſind dies die Herren Schwveisgut,
Venzel, Hoffmann, Röder, Schäfer, Eſcher, Schröck, Keſſel, Frl. Bender
und Frl. Parendier.
Die Mittelſchule wurde beſonders auf das Betreiben des Buchhänd=
lers
J. Ph. Diehl (Bergſtraeßerſche Buchhandlung) gegründet, den man
daher mit Fug und Recht den Vater der Mittelſchule nennen darf. Durch
den Artikel 18 des Volksſchulgeſetzes vom 16. Juni 1874 wurde ihr ge=
ſetzmäßiges
Beſtehen gewährleiſtet, und durch das neue Volksſchulgeſetz
vom 25. Oktober 1921 wurde ſie zum Abbau gezwungen, der indeſſen
ſchon im Jahre 1919 durch eine einfache Verfügung des Landesbildungs=
amtes
in die Wege geleitet worden war, ſodaß jetzt nur die drei ober=
ſten
Klaſſen noch Mittelſchulklaſſen ſind.
Wie jener neue Geiſt, der nach dem ruhmreichen Kriege von 1870/71
unſer öffentliches Leben befruchtete, das muſtergültige heſſiſche Schul=
geſetz
vom Jahre 1874 geſchaffen hat, ſo hat der neue Geiſt, der mit der
Revolution vom November 1918 unſer ſeeliſches Leben gefangen nahm,
auch der Volksſchule ſeinen Stempel mit dem Schulgeſetze vom Jahre
1921 aufgedrückt. Im Artikel 3 dieſes Geſetzes ſollte die Mittelſchule
in einer neuen, ſchöneren Geſtalt ihre Auferſtehung feiern, nämlich in
den Klaſſen mit erweiterten Lehrzielen. In Ermangelung von etwas
Beſſerem hat man einſtweilen dem Unterricht in dieſen Klaſſen den Lehr=
plan
der ſo viel geſchmähten Mittelſchule zu Grunde gelegt.
In den umfangreichen pädagogiſchen Erörterungen, die durch die
Umbildung des Volksſchulweſens ſtattfanden, war viel die Rede von dem
Bildungsdrange, der, in den unteren Schichten unſeres Volkes ſchlum=
mernd
, brach liegen ſollte. Dieſem Umſtande hat man auch im Artikel 3
des Volksſchulgeſetzes vom Jahre 1921 Rechnung getragen, indem man
für die Klaſſen mit erweiterten Lehrzielen mindeſtens ein weiteres neun=
tes
Schuljahr vorſah. Die jetzt noch beſtehenden Mittelſchulen errichteten
auf Grund dieſes Artikels und nach Ueberwindung vieler Widerſtände
ein neuntes und in der Mädchenmittelſchule ſogar ein zehntes Schul=
jahr
, die indeſſen begabten Zöglingen aller Därmſtädter Volksſchulen
offen ſtehen ſollten. Leider wurde von letzter Möglichkeit faſt gar kein
Geb=
auch
gemacht, da dieſe neuen Klaſſen mit geringen Ausnahmen nur
von früheren Zögliugen der Mittelſchulen beſucht werden. Damit wird
ein weiterer Beweis dafür erbracht, wvo der Drang nach Aus= und Wei=
terbildung
wirklich vorhanden iſt, während der Abbau der Mittelſchulen
etwa nicht der Volksſchule zugute kommt, ſondern nach dem Beſuch der
vierſtufigen Grundſchule eine Abwanderung der bildungsbedürftigen
Schüler nach den höheren Schulen hervorgerufen hat.
Nachdem die Frage der Neueinrichtung des Volksſchulweſens, wie
ſie das neue Volksſchulgeſetz in ſeinem Artikel 3 vorſieht, etliche Jahre
lang die zuſtändigen Behörden und die unmittelbar daran beteiligte Leh=
rerſchaft
in ſteter Bewegung, mancmal auch Aufregung, gehalten hatte,
iſt es in letzter Zeit recht ſtill geworden, Schweigen im Walde, denn
Nöte aller Art gehen nicht nur an die Schultüren, ſondern dröhnen auch
dumpf an die großen Tore, hinter denen man Schickſalsbewältiger ſein
zu können glaubte. Oder glaubt man, daß die Neueinrichtung des Volks=
ſchulweſens
nun ſo glatt läuft, daß keinerlei Reibung mehr Knirſchen
verurſache?
Man hat eine Einrichtung, deren Vorzüge und auch Mängel man
kannte, erſetzt durch ein Gebilde, für das ein geringes Bedürfnis vorlag
und um das man ſich anſcheinend gar nicht viel Sorge macht.
Parturiunt montes, nascetur ridiculus mus Wie das Gebirge
auch kreißt, es kommt nur eine lächerliche Maus heraus. (Horaz, Ars
postica.)
Auszahluugen für die erſte Dezemberhälfte finden bereits ſtatt
1. Kleinrentner: im Städt. Leihamt, am Mittwoch,
28. November, von vorm. 9 Uhr ab wie folgt: vorm von
12 Uhr Kleinrentner mit den Anfangsbuchſtaben der Zunamen
S Z, mittags von 14 Uhr Kleinrentner mit den Anfangsbuchſtaben
der Zuſamen LR; Donnerstag, den 29. November: vorm.
on 312 Uhr Kleinrentner mit den Anfangsbuchſtaben der Zunamen
GL, mittags von 14 Uhr Kleinrentner mit den Anfangsbuchſtaben lung ihrer Verpflichtung aufzufordern, andernfalls deren Vieh nicht
der Zunamen AF. Nicht abgeholte Beträge werden nur am nächſt=
forgeniden
Tage ausbezahlt. Das Leihamt bleibt an dieſen Tagen für
andere Zwecle geſchloſſen. 2. Sozialrentner: im Städt. Saal=
bau
am Mittwoch, den 28. November, wie folgt: von 910
Uhr vorm. für die Feſtſetzungsbeſ heide 1201 und mehr, von 1011 auf grund der mündlichen Vereinbarung mit der Verwaltung übertra=
1Ihr vorm. 10011200, von 1112 Uhr vorm. 8011000, von 121 Uhr
mittags 601800, von 12 Uhr nchm. 401600, von 23 Uhr nchm.
201320, von 31 Uhr nchm. 1200. Nicht abgeholte Beträge werden
nur am nächſtfolgenden Tage ausgezahlt.
Für Photographen. Die photogradhiſche Monatsſchrift Mit=
teilungen
aus den Leonar=Werken liegt von heute an im Lefezimmer
des Gewerbemuſeums zur Anſicht auf. Die Photographiſche Rund=
ſchau
wird wie bisher gleichfalls den Beſuchern des Leſezimmers zu=
gänglich
, ſein.
kehrsbüiro von 1012 und an der Orpheumskaſſe von 3 Uhr ab.
Feier am Totenſonntag.
fen ſich heute Vormittag pünktlich um 7/,11 Uhr im Vereinslokal zwecks har die unteren Räume des Nathauſes unter Schaffung einer Küche als
Abhaltung einer außerordentlichen Hauptrerſammlung. Anſchließend
liges Erſcheinen Pflicht.
Eoangeliſche Martinskirche. Anläßlich des Totenfeſtes
findet in der evangeliſchen Martinskirche eine lithurgiſche Feier unter
Mitwirkung des Kirchengeſangvereins ſtatt. Zum Vortrag kommen Sitzung wurden noch Armenſachen erledigt.
dem Ernſte des Tages entſprechende Chöre. Leitung: Herr Dr. Noack.
Die Feier beginnt pünktlich 6 Uhr, nicht wie angezeigt um 5½/ Uhr.
Bei der Totengedächtnisfeier auf dem Beſſunger Friedhof,
die nachmittags um 3 Uhr ſtattfindet, wird der Kirchenchor der Petrus=
Gemeinde mitwirken.
Kunſtnotizen.
geſchlehbt, behält ſich die Redakion ihr Urteil vor.
Konzert=Direktion Arnold, Darmſtadt. Das
Künilerpaar Ernſt und Lille Raven veranſtaltet zuſammen
mit Derrn Guſti Beck, einen Konzert= und Vortrags=Abend, mit ſehr
abends 8 Uhr im Mathildenhöhſaal. Ernſt Heinz Naven, von ſeiner
Tätigkeit am hinſigen früheren Hoftheater beſtens bekannt trat mit
ſeiner Gattin Lille Raven auf ihrer Tournee durch Süddeutſchland
und die Schweiz im Laufe des Jahres 84mal auf. Das Künſtlerpaar
erzielte große künſtleriſche Erfolge, und erſcheinen Lille Ravens eigene
Dictungen, unter dem Titel Flammen, demnächſt im Verlage von
Krauſencc=Rheinfelden im Buchhandel. Herr Guſti Beck, Darmſtadt,
hat die Begleitung der Geſänge übernommen, und bringt außerdem
Werke von Chopin uſw. zum Vortrag.

Theaterausſtellung im Landesmuſeum.
Hunderifünfzig Jahre Darmſtädter Bühnenausſtellung.

St. Im Kupferſtichkabinett des Heſſiſchen Landesmuſeums
tpurde geſtern nochmittag in Gegenwart zahlreicher Beſucher,
darunter behördliche Vertreter, viele Künſtler und Private, die
Theaterausſtellung eröffnet. Die Geladenen verſammelten ſich
im Gemäldeſaal. Hier hielt Geheimrat Dr. Back eine An=
ſprache
, in der er für das zahlreiche Erſcheinen dankte und auf
tie alten Beziehungen zwiſchen Theater und Muſeum hinwies,
an die die Ausſtellung erinnere. Solange die Bühne beſteht,
wurden Entpürfe der Künſtler den Sammlungen des Muſeums
überwieſen und hier aufbewahrt. Dieſe Entwürfe bilden den
nächſten Anlaß und den Grundſtock der Ausſtellung. Sie ſind
vermehrt worden durch zahlreiche Blätter uſw. aus Privatbeſitz,
die ſür die Ausſtellung in dankenswerter Weiſe überlaſſen wur=
den
. Sie geben ein anſchauliches Bild der Entwickelung der
Darmſtädter Bühne während anderthalb Jahrhunderten und da=
mit
zugleich ein gutes Stück deutſcher Kunſtgeſchichte ſeit Ende
des 18 Jahrhunderts. Ueber das Geſchichtliche hinaus hat die
Ausſtellung erhebliche lokale Bedeutung. Um ſie wirklich ent=
ſprechend
auszubauen, bedurfte es des verſtändnisvollen Ent=
gegenkommens
der Leitung des Landestheaters. Dieſ hat nicht
nur koſtbare Koſtüme des Rokoko, ſondern noch eine große Zahl
von Modellen aus der jüngſten Vergangenheit und aus der
Gegenwart zur Verfügung geſtellt. So bietet die Ausſtellung
auch einen intereſſanten Ueberblick über die Entwickelung der
Bühnenkunſt, die gerade in letzter Zeit ſehr einſchneidend war.
Es ſei ihm, dem Redner, ein Bedürfnis, noch einmal allen
denen, die durch ihre Beteiligung das Werk ſo tatkräftig fördern
halfen, ſeinen und ſeiner Mitarbeiter Dank auszuſprechen, be=
ſonders
der Leitung des Landestheaters. Es ſei dringend zu
wünſchen, daß nicht nur die nächſtintereſſierten Kreiſe, auch die
Behörden, ſondern auch weitere Kreiſe die Ausſtellung beſuchen
und Kenntnis nehmen von allem, was geleiſtet wurde. Die
Oeffentlichkeit wird dann Verſtändnis finden für die rege künſt=
leriſche
Tätigkeit, auch die der Handwerkerkreiſe, die im Landes=
theater
entfaltet wird.
Herr Dr. Freund gab ſodann in längerer Rede eine theo=
retiſche
Einführung in die Ausſtellung, in der er überzeugend
darlegte, daß auch eine Theaterausſtellung, vielleicht entgegen
der Anſicht der Aeſthetiker von der einen Obſervanz, auch
künſtleriſch vollauf berechtigt iſt und inſtruktiver und überzeugen=
der
wirken kann, als eine Ausſtellung rein künſtleriſcher Dar=
ſtellung
. Die Ausſtellung ſelbſt zeigt einen Januskopf, das eine
Geſicht zeigt nach rückwärts, das andere nach vorn 3. Das rück=
wärts
zeigende Geſicht wird vieles, das geweſen, in ein helleres
Licht rücken, manches allerdings ganz im Dunkeln laſſen. Ueber
die Grenzſcheide der großen Umwälzung auf dem Gebiete der
Bühnenkunſt hinweg zeigt das vorwärts gerichtete Geſicht, was
die Bühnenkunſt uns künftig bringen ſoll, und in deſſen Ent=
wickelung
wir uns zurzeit befinden.
Generalintendant Hartung führte ſeinerſeits aus, daß
er zunächſt, als Dr. Freund unter dem Patronat des Geheim=
rats
Dr. Back ihm den Gedanken der Ausſtellung entwickelte,
ihn für eine Kateridee gehalten habe. Für ihn war bis dato
das Theater nur ſo lange lebendig, als der letzte Glühfaden ge=
leuchtet
. Mit dem Verlöſchen des letzten Glühfadens wurde die
Theaterkunſt anonym. Sehr bald aber hat er ſich eines anderen
belehren laſſen. Die Ausſtellung zeige, wie doch auch in der
Vergangenheit mit außerordentlichem Ernſt und tiefſtem Er=
faſſen
gearbeitet wurde, und das Verſenken in die Theater=
forſchung
, in die Vergangenheit künſtleriſcher Schöpferarbeit be=
weiſe
, daß alles, was heute geſchieht, auf ſolider Vorarbeit und
planmäßiger Entwickelung aufbaut. Es ſei ihm heute ein
Herzensbebürfnis, den Herren, die die Ausſtellung zuſtande ge=
bracht
haben, ſeinen Dank auszuſprechen.
Dem Eröffnungsakt folgte ein Rundgang durch die Aus=
ſtellung
, die grundſätzlich zwei Abteilungen, jede für ſich ſehr
reichhaltig und ſehr intereſſant, aufweiſt. Vorbehaltlich der kri=
tiſchen
Stellungnahme zu Einzelheiten der Ausſtellung, beſon=
ders
den modernen Abteilungen, geben wir im Nachſtehenden
die Ueberſicht wieder, die Herr Dr. Freund in ſeinem Vorbericht
gegeben.
Als Aufgabe ſtand, die Geſchichte der Bühnenausſtattung in Darm=
ſtadt
vorzuführen, ſo gut es mit den ſpärlichen Reſten der älteren Zeit
möglich war, und daran die Gegenwartsleiſtung in breiter Abfolge an=

zuſchließen. Die Ausſtellung zeigt eine Dreigliederung. Sie ſetzt
außerhalb und vor der Darmſtädter Welt mit barockem Auftatt
Florentiner Szenenbilder mit verſpektiviſch bemalten Holzprism
prachtgehäufte Dekorationen des Meſſiners Juvara und von Mitglied
der Bologneſer Bibiena=Familie, die teilweiſe in Wien, Dresden
Mannheim gearbeitet haben, Proſpekte des Giulio Quaglio für Ma
heim in ſchwerem, düſterem, kaltem Prunk gehen hintereinander her
Dann die Darmſtädter Frühzeit 40 Jahre vor der Erbauung des G
ßen Hauſes. Jean Frangois Gout hat in den 80er Jahren
18. Jahrhunderts, als die Truppe Nehrlich im alten Opernhauſe (K
nes Haus) ſpielte, für die Darmſtädter Bühne gemalt und, wie es ſche
als Theaterarchitekt projektiert und gebaut. Spielende Rokoko=Erin
rungen und zarte Abkühlung im Zopfſtil trägt er ins neue Jahrhund
hinüber. (Bühnenarbeiten ſeiner Zeitgenoſſen und Nachfolger Prim
veſi, Schönberger, O. Emich, Seekatz waren nicht greifbar, dagegen fan
ſich zwei Tuſchzeichnungen des älteren Ph. Chr. Seekatz.) Den Sohn
Ancien regime löſt der Mann der Revolution und Romantik ab,
geniale Georg Moller. Seinen Szenenentwürfen ſieht ma=
ſtrengen
Klaſſiziſten, den Beſucher Roms, den Enthuſiaſten für
deutſche Vergangenheit an. Er verwandelt die Bühne, wie er das Ste
bild Darmſtadts verwandelt hat: durch ſein Theater fühlt man die nei
Straßenquartiere, die Kuppelrotunde der katholiſchen Kirche, den Theat
bau ſelbſt, die Aufnahme mittelalterlicher Baudenkmäler klar hindu
J. Hch. Schilbach, ſein Nachfolger, iſt der Mann des Biederma
z.
ns und nicht ſo herb, aber kühl und klar iſt auch er. In den 5
Jahren ſetzt mit Auguſ,Schwedler, ſpäter mit Karl B
und den Brüdern Brückner in Koburg die lang hinſchwingende W.
einer naturaliſtiſch=illuſionären Bühnendekoration ein, welche ſchließ
mit Hermann Schlegel, dem Altſtadt=Aquarelliſten, ins
preſſioniſtiſche genial zerflackert. Er beendet mit Hermann Müll
und ſeinem unmittelbaren Nachfolger Karl Schwedlerjr., von d
die Ausſtellung nichts zeigen kann, die ältere und man darf ſagenh
riſche Zeit der Darmſtädter Bühnenausſtattung. Das 20. Jahrhund
hat ein neues Herz und neue Forderungen. Mühevolle Bühnenrefor
beginnen; Reinhardt hat in Berlin ſeine große Zeit, man denkt auch
die Verſuche des Münchener Künſtlertheaters. Kurt Kempin,
ſeit 1898 volle 22 Jahre als Theatermaler an der Darmſtädter Bil
gearbeitet hat, geht von einem Stil aus, der mit dem Jugendſtil
läuft. Er kam nacheinander zum Naturtheater, zur raumflachen R
und Stilbühne, zur Niederſchrift der jeweiligen Atmoſphäre des Stü
in expreſſioniſtiſchen Form= und Farbenſteigerungen und zuletzt zur
malten Architektur mit erneuter Aufnahme der Tiefenilluſion. Kem
hat den Bereich, welchen eine gemalte Bühnenausſtattung bot, bis z
Ende ausgeſchritten. Die Bühne blieb Diſtanz, das Spiel eine und
bindliche Augenangelegenheit. Der Taſtſinn des Zuſchauers war a
geſchaltet. Als natürlicher Vorgang ſprang eines Tages vom P
und von der Kuliſſe aus das Verlangen nach ſelbſtändiger Bühn
wirklichkeit (anſtelle ihrer bloßen Wahrſcheinlichkeit) auf. Die Ema
pation der Bühne, wie wir ſie die letzten Jahre bei Alexander Ta
und Guſtav Hartung erlebt haben, das ſtipulierte Selbſtrecht des Theate
verlangte nach einer Bühnenrealität. Die Ausſtattung mußte rau
bewirkend gebaut, konnte nicht mehr raumtäuſchend
malt ſein. Den Bühnenmaler hatte der Büi'e enarchitekt abzulö
T. C. Pilartz hat für Darmſtadt dieſe Folg g gezogen und ett
geſchaffen, was man als den Anfang einer kubiſchen Raum=Bühne
zeichnen müßte. T. C. Pilartz und ſeine Mitarbeiter beſtreiten
neueſten Teil der Ausſtellung.
Sie iſt ein gemeinſames Unternehmen des Landesmuſeums und
Landestheaters, und um deren Beſtände aus alter und neuer Zeit
ſich der übrige Ausſtellungsſtoff an. Reichlicher Gebrauch wurde
Leihgaben gemacht. Es haben beigeſteuert, was ſie Brauchbares beſ
Das heſſiſche Denkmalarchiv, das Muſeum der Stadt Darmſtadt, B
beamter Leo Amendt, Dekorationsmaler Fritz Bauer Prof. Adolf Bel
Photograph Hermann Collmann, Hausverwalter Eickenmüller, Thea ſnder
friſeur Willy Hermes, Prof. Wilhelm Horſt, Prof. Kurt Kem)
Sc
tuſpieldirektor Willy Löhr, Frau Mörbel, Aenne Osborn, Ho
bef.
er Adolf Reuter, Theatermalergehilfe i. R. Jeremias Rühl, Aſf
Hans Rühl, Geheimrat Emil A
Verner, Lithograph Welzbacher.
neueſte Material geht auf T. C. Pilartz und ſeine Mitarbeiter, daru=
den
Afſiſtenten Gerhard Pohl, Maler Werner Alvo von Alvenslel
Maler F. J. Langer, Maria Willenz zurück; Theatermeiſter Ge
Pfeiffer, Wilhelm Bröſer und Fräulein Elli Büttner haben die Mod
gemacht. Die Leuchtkörper beſorgte Beleuchtungsinſpektor Weil,
Koſtüme die Garderobeinſpektoren Storck und Frau Heß, Perücken
Maskenköpfe Willy Hermes, die Photos Herm. Collmann; von
von Haken ſind die Koſtümſkizzen für Aenne Osborn, von Theaterfr
Willy Schreiber eine Anzahl Maskenſkizzen die Cachierarbeiten t
Cacheur am Landestheater Friedrich Craß. Die Koſtümbüſten und G
derpuppen haben die Firmen Gebrüder Höslein und Theodor Scht
unentgeltlich hergeliehen. Dem Ausſtellungsleiter haben zwei ju
Kunſtwiſſenſchaftler C. H. Ruppel und H. Bopp unverdroſſen bei
zeitraubenden Vorbereitungen geholfen. Wertvoll waren die Auskür
des Prof. Herm. Müller, von dem auch viele Kopien nach verlore=
Dekorationen ſtammen, und des Geheimrats Ludwig Winter.

Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am Montag, den
26, ds., findet ein Kommunalpolitiſcher Abend ſtatt. Im weſentlichen
kommen Beamkenfragen zur Beſprechung. Die Zuſammenkunft iſt 8.15
Uhr im Parteilokal.
St. Nieder=Ramſtadt, 24. Nov. Gemeinderatsbericht. Die
neuen Bebauungspläne für das Gelände der Gemeinnützigen Baugenoſ=
ſenſchaft
Wildnis ſowie der 2. Nachtrag zum Ortsbauſtatut für dieſes
Quartier werden nach den vorliegenden Entwürfen genehmigt. Die
Faſelviehkommiſſion wird ermächtigt, einen zweiten Faſeleber anzukau=
fen
. Gleichzeitig wird beſchloſſen, die ſäumigen Landwirte, die noch mit
der Haferlieferung aus vorigem Jahre im Rückſtande ſind, zur Erfül=
mehr
zugelaſſen werden ſoll. Die in dem Straßengelände der Stift=
ſtraße
und der Querſtraße durch Schneiders Garten ſtehenden Obſtbäume
ſollen entfernt werden, da die Gemeinde keinen Nutzen davon hat. Das
Beſchneiden der gemeindlichen Obſtbäume wird dem Gärtner Häußer
gen. Ein Antrag des P. Trautmann um Erwerbung von Erbbegräb=
nisplätzen
auf dem Gemeindefriedhof wird abgelehnt, da der in Frage
kommende Platz unentbehrlich iſt. Die Vergütung des Schreibgehilfen
Krug wird anderweitig geregelt, dergeſtalt, daß ſeine Einſtufung in
Gruppe 3 erfolgt. Im übrigen werden noch verſchiedene Mißſtände
in der Organiſation der Gemeindeverwaltung gerügt und beſchloſſen,
hierin Abhilfe zu ſchaffen, insbeſondere ſollen einzelne Dienſtgeſchäfte
auf andere Vertvaltungszweige abgewälzt werden. So ſoll verſuchsweiſe
das Stromgeld durch das Perſonal des Elektrizitätswerks einkafſiert
Orpheum. Der Sonntagskarten=Verkauf findet ſtatt: im Veu= werden. Gleichzeitig wird der Verwaltung die Ermächtigung erteilt, zu
gegebener Zeit einen geeigneten Lehrjungen einzuſtellen. Dem Antrag
des Geſangvereins Harmonie auf Erlaß der Vergnügungsſteuer an=
läßlich
einer Theaterveranſtaltung wird ſtattgegeben, da der Ausſchuß
auf Grund ſeiner Feſtſtellungen den Antrag befürwortet. Einem An=
Verein ehem. 117er Darmſtadt. Unſere Mitglieder tref= ſinnen des Kreisamtes Darmſtadt, dem ehemaligen Maſchiniſten Flechſen=
Wohnung zu überlaſſen, kann nicht ſtattgegeben werden, da dieſe Räume
Abzarſch zu der um 12 Uhr ſtattfindenden Totengedenkfeier. Vollzäh= für Verwaltungszwecke unentbehrlich ſind. Die ſchon längſt beſchloſſene
ſchtung eines Gemeindeſportplatzes ſoll jetzt zur Ausführung gelan=
gen
. Das Gelände an der Gemeindeſandkaute wird unter Heranziehung
der zahlreichen Erwerbsloſen entſprechend eingeebnet. In geheimer
O Birkenau, 23. Nov. Das goldene Ehejubiläum feiern
am nächſten Sonntag die Eheleute Joh. Mich. Jochim, dahier, und
deiſen Chefrau Katharina, geb. Nettig von Mörlenbach. Der Jubel=
räutigam
zählt 76, die Juhelbraut 70 Jahre, beide ſind noch ſehr
rüſtig und geſund. Von 9 Kindern ſind noch 4 am Leben. 2 Söhne
und 2 Töchter. Ein Sohn befindet ſich in Amerika. Erwähnt ſei noch,
ſich das Jubelpaar wegen ſeines ruhigen, ſoliden und friedlichen
Leber Werfe, Könſiler und fünſilerſſche Veranſtaltungen, deren im Nachſiehenden Erwähnung / Lebenswandels in der ganzen hieſigen Gemeinde allgemeiner Beliebt=
heit
erfreut.
* Vom Lande, 23. Nov. Den Notſchrei eines Altpen=
ſionärs
in Ihrer geſch. Zeitung. Nr. 319 vom 18. Nov., habe ich
geleſen, aber Beſſerung iſt noch keine eingetreten. Schreiber dieſes,
auutl) ein Altpenſionär, wartet heute noch auf die Bezahlung für die
riclaltigen, intereſſanten Programm an Donnerstag, den 29. Nob, zweite Nodemberwoche, während ſeine aktiven Kollegen ſchon ſeit
vergeſtern die dritte Novemberwoche einkaſſiert haben.
+ Seligenſtadt, 23. Nov. Verhaftet. Die Polizei hat hier
nehrere verdächtige Perſonen feſtgenommen. Dem Vernehmen nach war
zu befürchten, daß die Betreffenden ſich zuſammen getan hatten, um
Scheunen in Brand zu ſtecken und Diebſtähle auszuführen.
(. Gau=Algesheim (Rheinh ), 23. Nov. Fürſorgeweſen. Die
Gemeinde ſtellt der bedürftigen Bevölkerung Holz aus dem Gemeinde=
wald
zu annehmbaren Preiſen zur Verfügung.

Sport, Spiel und Turnen.
Fußball.
Union=Darmſtadt Olympia=Lampertheim.
Auf dem Unionplatz an der Heidelbergerſtraße empfängt die Sp
abteilung Union der Tgde. Beſſungen 65 e. V. heute nachm. hall
Uhr die Kreisligamannſchaft des F.V. Olympia=Lampertheim z
ſälligen Verbandsſpiel. Dieſes Treffen dürfte ein ganz beſonderes
tercſſe erwecken, da man ſich über den Gegner, der gegen Sportver
98 auf heimiſchem Boden ein unentſchiedenes Reſultat erzielen kon
noch kein klares Bild machen konnte. Lampertheim tritt erſtmals
in Darmſtadt an und dürſte ſchon aus dieſem Grunde den Anhäng
res Fußballſportes die Gelegenheit geboten ſein, die Elf ken,
unſe
zu leinen und einen Vergleich zu ſtellen, zu dem obigen Reſultat.
den Ausſcheidungsſpielen um die Kreisliga konnte ſich Olympia
erſten Platz ſichern und rückte dadurch in die Kreisliga auf. Sie u
nun auch hier beweiſen müſſen, ob ſie auf einem fremden Platze
ſelbe friſche Kampfesart und =weiſe beſitzt als auf ihrem eignen, de
wie bekannt, hat doch ſchon mancher Verein auf dem kleinen Platz
Lampertheim unverdient Federn laſſen müſſen. Die Unioniſten,
am vergangenen Sonntag in Mannheim=Sandhofen gegen den Tabell
meiſter mit Erſatz und nur 10 Mann ſpielend, eine 4:0 Niederlage e
ſtecken mußten, werden ihr möglichſtes dazu beitragen, dieſe Scha
auszuwetzen und gleichzeitig verſuchen, den heutigen punktgleid
Nebenbuhler im Hintertreffen zu laſſen. Da zu dieſer angeſetzten
kein weiterer Verein mit ſeiner Ligamannſchaft in Darmſtadt ein Si
austrägt, ſo dürfte auch diesmal wieder der Unionplatz an der Heil
bergerſtraße Treffpunkt aller Fußballer und deren Anhänger ſein.
Fuchsjagd.
Am Sonntag um 3 Uhr vom Stadion beginnt die Fuchsig
Fünf Minuten nach den drei Füchſen verläßt die Meute den Pl
Nach einer Stunde iſt Sammeln auf dem Platze.
Nebenbei wird an die Waldläufe, Samstag, nachm. 5 Uhr (Spt
platz; und Donnerstag, 8 Uhr, Hallenabend (Soderſtraße), erinnert.
Im weiteren ſind Klubmannſchaftskämpfe (Waldlauf) für Juge
und aktive Mannſchaften geplant.
Hocken.
Dis für heute Nachmittag angeſetzte Wettſpiel des Darmſtäd
Hockeyklubs gegen Frankfurter Turnverein von 1860 fällt infolge 2
ſage der Frankfurter aus.
aaee
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende nach 10 1
(E 6, 3): Roſengarten. Kleines Haus, vorm. 11 Uhr und nach
4 Uhr, Filmvortrag: Hygiene der Ehe; Anfang 7½ Uhr, Ende 10 1
Sondermiete 194): Alleſſandro Stradella. Orpheum, 734 U.
Die Frau im Hermelin. Volkstheater, ½4 Uhr: Hän
und Gretel, abends Verlorenes Glück. Union=, Reſidenz=, 3
tral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: 2. C. Wittich. Hauptſchriftleitung: Rudo
Mauve. Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudo
Mauve, für Feuilleton: Max Streeſe. Heſſiſche Nachrichte
Max Streeſe, Sport: Dr. Eugen Buhlmann Schl!
dienſt: Andreas Bauer; für den Inſeratenteil: Wil
Kuhle, ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Aummer hat 6. Seiten
znd Uuterhaltungsblatt.

[ ][  ][ ]

Srizſiädter Tagblat?

25. November 1923 Nr. 326

Handelsbia

Poſigebühren.
Zom 26. Nobember ab werden die jetzigen Poſtgebühren
ſp) die ſogenannten Nebengebühren (für Einſchreibung, Lauf=
Rückſcheine, Schließfächer uſw.) auf das Vierfache erhöht
füü ſen Inlands= wie für den Auslandsverkehr. Der einfache
F brief koſtet alſo 80 Milliarden.
für Bareinzahlungen gilt folgender Tarif;
Poſtanweiſungen
Zahlkarten
bis 25 Billionen 100 Milliarden
50 Milliarden

25
50
50 100
100 250
250 500
500 750 1500
750 1000
füe weitere 250

200
100
n
300
n
150
7
N
500
250


n
500
1000
n
w
750
v
2000
n
1000
*
*
400
200
*
höchſtens jedoch 2000
Milliarden bei Bar=
einzahlung
und 1000
Milliard. b. bargeld=
loſer
Auflieferung.
Unverändert bleiben:
Zeitungsgebühr,
Inlandsgebühr für Blindenſchriftſendungen,
Verſicherungsgebühr für Wertſendungen,
Bebühren für Auszahlungen im Poſtſcheckverkehr,
Gebühren für Poſtanweiſungen u. Pakete nach dem Ausland,
Einziehungsgebühr bei Poſtaufträgen und Nachnahmen nach
dem Inland,
Gebühren für Auszahlungen auf Poſtkreditbriefe, Stundung,
ür Reiſegepäckverſicherung und die Zeitungszuſtellung wäh=
tend
des Dezember.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* D. C. Schleußner A.=G., Frankfurt. Die Bezugsfriſt
das ausgeſchriebene Bezugsrecht, die urſprünglich bis zum 15. 11.
hließlich feſtgeſetzt war, wird auf unbeſtimmte Zeit hinaus verſcho=
Die Verwaltung ſieht ſich zu dieſer Maßnahme gezwungen, da
nblicklich und in abſehbarer Zeit volle Zuteilung auf die Gold=
ihe
nicht zu erwarten ſei. Solvohl das Bezugsverhältnis (3:2), als
der Bezugspreis von 2½ Goldmark ſollen beſtehen bleiben. Im
gen behalt ſich die Verwaltung Feſtſetzung neuer Zahlungsbe=
ungen
vor.
Notgeld vollgültiges Zahlungsmittel. Die
die Preſſe veröffentlichte Nachricht, daß die Reichsbank vom 22.
ember an an ihren Kaſſen Notgeld nicht mehr annehme, iſt in der
öikerung dahin verſtanden worden, daß das Notgeld minderwertig
ind kein Vertrauen verdiene. Demgegenüber wird amtlich erklärt,
diefe Auffaſſung falſch iſt. Der Beſchluß der Reichsbank beruht auf
ren Gründin und ſteht mit der Güte des Notgeldes in keinem Zu=
nenhang
. Das Norgeld, das den Aufdruck trägt: Ausgegeben mit
hmigung des Reichsminiſters der Finanzen iſt durch Gold=Anleihe
Schatzanweiſungen in voller Höhe gedeckt. Die Deckung iſt bei der
Sbank hinterlegt und durch Sperrvermerk zugunſten des Reichs=
nzminiſters
ſichergeſtellt. Dieſes Notgeld wird nach Aufruf mit den
ungsmitteln eingelöſt. Es beſteht keine Veranlaſſung, mit Genehmi=
des
Reichsfinanzminiſters ausgegebenem Notgeld irgendwelches
tr uen entgegen zu bringen. Im übrigen muß das Notgeld der
der und Gemeinden nach der Verordnung des Inhabers der voll=
enden
Gewalt vom 9. November als geſetzliches Zahlungsmittel von
rmaun angenommen werden. Wer dieſes Notgeld zurückweiſt.
ſich ſtrafbar.
Trachenbeuger Zuckerſiederei, Drachenberg.
Geſellſchaft bietet von den zur Ausgabe gelangenden 20 Mill. neuen
mmaktien einen Teilbetrag von 12,5 Mill. ab 1. 7. 23 dividenden=
chtigter
Stammaktien den alten Aktionären zum Bezuge an. Auf
2000 Mk. alte Stamm= oder Vorzugsaktien entfällt eine neue zu
1000 Mk. zum Preiſe von 2 Dollaz Reichs=Gold=Anleihe, zuzüg=
Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer. Das Bezugsrecht iſt bis
chließlich 19. 12. auszuüben.
Dauerwäſche=A.=G., Berlin. Die Verwaltung bean=
* Umwandlung ſämtlicher bisheriger Vorzugsaktien in Stammaktien
Erhöhung des Grundkapitals je nach dem Stand der Valuta um
52 Mill. Stammaktien und um 48 Mill. Vorzugsaktien mit mehr=
em
Stimmrecht. Ao. G.=V. 12. Dezember.
Eiſenwerk Varel A.=G., Bremen. Die G.=V. beſchloß
der Verteilung einer Dividende abzuſehen und den Reingewinn in
ſe von 127,6 Mill. auf neue Rechnung vorzutragen. Der Geſchäfts=
g
wird als befriedigend bezeichnet.
* Kammgarnſpinnerei Stöhr u. Co., Leipzig. Der
ſchen der Geſellſchaft und der amerikaniſchen Regierung ſchwebende
zeß wegen der während des Krieges beſchlagnahmten Aktien de
tany Mills i. /Paſſaie (U. S.A.) ſoll nunmehr zu Gunſten der deutſche
tei entſchieden worden ſein. Die Botany Mills ſollen nunmehr durch
igabe der umſtrittenen 21 000 Shares in den Beſitz des Herrn Mag
ihr und des Newyorker Bankhauſes Blair u. Co. übergehen. Die
tany Mills beſchäftigen zurzeit 6000 Arbeiter und ſtellen laut Mel=
g
die größte Kammgarnſpinnerei der Vereinigten Staaten dar.
H. Leutke Flügel= u. Pianoforte=Fabrik, Leip=
Die av. G.=V. vom 17. beſchloß Erhöhung des Grundkapitals von
Mill. auf höchſtens 100 Mill. Die neuen Aktien werden von einem
nſortium übernommen, mit der Verpflichtung, einen Betrag von
Mill, den bisherigen Aktionären zum Bezuge anzubieten. Die Feſt=
ung
des Ausgabekurſes bleibt dem Aufſichtsrate überlaſſen. Alle
eigen Aktien ſollen im Intereſſe der Geſellſchaft Verwertung finden.
erzu liegt die Begründung der Geſellſchaft vor, die außer Beſchaffung
ger Mittel einen größeren Aktienpoſten zu Angliederungszwecken be=
halten
will. Der kommende Abſchluß wird ein gutes Ergebnis zei=
. Außerdem liegen zahlreiche gewinnbringende Aufträge vor.

* Faun=Werke A.=G., Anspach. 35 Mill. Stammaktien
des Unternehmens wurden kürzlich an der Berliner Börſe neu zuge=
laſſen
. Die Geſellſchaft ging hervor aus der 1916 gegründeten Fahr=
zeug
=Fabrik Anspach A.=G., die 1320 den obigen Namen angenommen
hat. Das Grundkapital betrug anfangs 1,6 Mill. Die letzte Kapitals=
erhöhung
wurde im September 1922 durchgeführt durch Ausgabe von
10 Mill. Stammaktien. Hiervon dienten 2426 Stück zum Erwerb der
Karroſſerie=Fabrik der Komm. Fahrzeug=Fabrik Eſtelmann u. Co.
ie
Aktien wurden den Firmeninhabern zu 200 Prozent mit einer Sperrver=
pflichtung
bis zu zwei Jahren überlaſſen. Von den reſtlichen 7574 Stück
wurden 5 Mill. den Aktionären der Faun=Werke im Verhältnis 5:1 zu
150 Prozent zum Bezuge angeboten, und 1½ Mill. der Geſellſchaft für
evtl. zu übernehmende Warenvorräte der Fahrzeug=Fabrik Eſtelmann
u. Co. zur Verfügung geſtellt. Die unter Gewinnbeteiligung der Ge=
ſellſchaft
verwerteten Aktien erbrachten 6,78 Mill. Agio, das dem R
ſervefonds zugefloſſen iſt. Im Proſpekt per Ende Juni 1923 werden
die Debitoren mit 11 263 Mill. ausgewieſen, worin Bankguthaben in Höhe
von 947 Mill. und Vorauszahlungen von Lieferanten in Höhe von
2684 Mill. enthalten waren. Von den 6,25 Mill. Mk. Beteiligungen ent=
fielen
6 Mill. auf die Beteiligung an der 1923 gegründeten Autokar=
Automobil und Karroſſerie e. G. m. b. H., Nürnberg, und 240 000 Mk.
auf eine Beteiligung an der Sociated Automecania Eſpanola Ltd. i.
Bilbao. Die Geſellſchaft hat 1920, wie der Proſpekt ausführt, mit einer
ſpaniſchen Gruppe zum Zweck des Vertriebs ihrer Erzeugniſſe in Spa=
nien
und Portugal Vereinbarungen getroffen. Danach wurden dieſer
Gruppe 1 Mill. Aktien zu 150 Prozent überlaſſen und die Alleinvertre=
tung
für die beiden Staaten der genannten, in Spanien mit einem Aktien
kapital von 400 000 Peſos gegründeten Akr.=Geſ., übertragen. Die Faun=
Werke ſind mit einem Aktienbetrag an dem Gewinnergebnis ſowie nach
beſtimmten Sätzen an dem Liquidationserlös beteiligt. Durch dieſe Ver=
einbarung
ſind in den betreffenden Gebieten gute Erfolge mit reichlichem
Abſatz erzielt worden. Ferner fand eine Annäherung an die Friedrich
Krupp A.=G., Eſſen, ſtatt, welche demgemäß im Februar 1921 4 Mill.
neue Aktien übernahm. Die Abmachungen beziehen ſich auf die Abgren=
zung
in der Herſtellung von Wagentypen, ſowie in gemeinſchaftlichen
Verkaufsorganiſationen. Die Faun=Werke beſchäftigen zurzeit 1000 Ar=
beiter
und zirka 170 Angeſtellte. Die Umſätze in den letzten zwei Ge=
ſchäftsjahren
betrugen 11,3 bezw. 82,7 Mill. Das Unternehmen iſt zur=
zeit
gut beſchäftigt und mit Aufträgen hinreichend verſorgt, ſodaß mit
einem angemeſſenen Erträgnis für das laufende Geſchäftsjahr gerechnet
werden darf.
Werkzeug=Maſch.=Fabrik Gildemeiſter u. Co.
A.=G., Bielefeld. Die G.=V. ſetzte die Dividende auf einen Viertel
Dollar pro Aktie, berechnet zum Wert vom 30. 6. d. J. feſt. Der Rein=
gewinn
beträgt nach Abſchreibungen von 1,2 Mill. (i. V. 497,183) 2107
Mill. (i. V. 1,7 Mill.). Der Bedarf an Werkze ig=Maſchinen iſt nach wie
vor groß. Die Verwaltung iſt bis jetzt in der Lage gewveſen, mit den
vorhandenen Mitteln auszukommen. Sollte ſich eine Vermehrung der
Betriebsmittel notwendig erweiſen, ſo ſei die Aufnahme einer Anleihe
auf Gold=Baſis geplant, die den Aktionären zu einem Vorzugspreis an=
geboten
werden dürfte.
Aufhebung der Zementbewirtſchaftung. Die
ſeit 1916 beſtehende Zementbewirtſchaftung wird durch im Reichsgeſetz=
blatt
zu veröffentlichende Verordnung des Reichswirtſchaftsminiſters
mit Wirkung für Anfang Dezember aufgehoben werden und zum gleichen
Zei=
ikt
wird auch die Feſtſetzung von Höchſtdreiſen für Zement und
das Ausfuh=verbot für Zement in Wegfall kommen.
* Der amerikaniſche Eiſen= und Stahlmarkt.
Jron Trade Review Cleveland, Ohio, kabelt: Die kürzlichen Ab=
ſchlüſſe
von insgeſamt 700 000 To. Roheiſen ſind die umfangreichſten
der letzten 7 Monate und haben zu einer Befeſtigung des Marktes ge=
führt
. Die Ausſichten auf dem Stahlmarkt ſind gunſtig, obwohl die
Kaufer in der Erwartung der Preisnachläſſe zurückhalten. Die Eiſen=
bahnen
fragen 20 000 Eiſenbahnwagen an. Die Weißblecherzeugung
wird für das laufende Jahr auf 37½/ Million Normalkiſten geſchätzt,
ſie wirb ſich vorausſichtlich im nächſten Jahr noch weiter ſteigern. Von
Indien wird Ferromangan angeboten. Die Ausſichten für den Schiff=
bau
haben ſich bedeutend gebeſſert. In Bauſtahl kommen umfang=
reiche
Abſchlüſſe zuſtande, drei davon betragen allein 30 000 To. Grob=
bleche
für Eiſenbahnwagen und Behälterbau ſind ſtark gefragt.
Schmiedeeiferne Rohre werden lebhaft abgeſetzt; viele Rohrwalzwerke
arbeiten mit ihrer vollen Leiſtungsfähigkeit. Die großen Weißblech=
walzwerke
ſind bis in den Juli voll beſchäftigt.
Warenmärkte.
. Mannheimer Wochenberichte. Gerzeide. Die
verwirrten innerpolitiſchen Verhältniſſe ſowie der neuerliche Druck von
außen üben wieder einen ſtarken Druck auf die Wirtſchaft aus und ließen
die Warenmärkte in ſehr feſter Tendenz verkehren. Die Geſchäftstätig=
keit
war ſehr eingeſchränkt, da der Umlauf von wertbeſtändigem Geld
noch ſehr klein iſt und für größere Käufe die Mittel noch nicht ausrei=
chen
. Offerten für ausländiſches Getreide fehlen, da eine Herlegung bei
dem Mangel an Deviſen doch keinen Zweck hätte. Das Angebot war
etwas beſſer als in der Vorwoche, die Preiſe ziemlich unverändert, aber
eher nach oben gerichtet. Soweit Kaufabſchlüſſe zuſtande kamen, wurden
bezahlt in Goldmark für Weizen 2525,25, für Roggen 23,7524, für
Gerſte 2223, für Hafer 2122 pro 100 Kilo bahnfrei Mannheim.
Mehl. Auf dem Mehlmarkt iſt nach einiger Zeit der Ruhe in=
folge
allgemeiner Zurückhaltung wieder etwas mehr Nachfrage hervor=
getreten
, und man handelte ſüddeutſches Weizenmehl Baſis 0 zuletzt mit
37,1537,30, Roggenmehl mit 33,5034 pro Doppelzentner ab ſüd=
deutſche
Mühlen.
Futtermittel. Der Markt wurde die abgelaufene Woche etwas
beſſer beſchickt, aber zu lebhafterem Geſchäft fehlten ebenfalls die wert=
beſtändigen
Zahlungsmittel. Am Markt lagen Rohmelaſſe zu 6,57,
Weizenkleie zu 911, Futtermehl zu 12, Trockenſchnitzel zu 1212,25
Goldmark ab Station Mannheim, Viertreber und Malzkeime zu 8
Goldmark ab baheriſche Stationen, alles pro 100 Kilo. Die wenigen
hieſigen Brauereien ſetzen ihre Futtermittelprodukte direkt an die Land=
wirte
ab, halb gegen Gerſte, halb gegen Barzahlung, und können zeit=
weiſe
die Nachfrage gar nicht decken, ſodaß ſie nicht genötigt ſind, an die
Börſe ihre Ware zu legen. Mit der Notwendigkeit der Trockenfütterung
zeigt ſich auch ein ſtärkerer Begehr auf dem Rauhfuttermittelmaukt, und
die Preiſe haben für Wieſenheu von 77,5 auf 7,88, für Preßſtroh

Künſtler=Abend.
Es iſt ſchön und iſt dankenswert, wenn Künſtler, die mitten
pulſierenden, haſtenden Leben ſtehen, das ja trotz allem noch
anches Schöne bietet (Künſtler haben die beneidenswerte Natur,
4s Schöne genießen zu können, auch wenn die Nacht ringsum
dſch ſo dunkel und wolkenſchwer), ſich ihrer alt gewordenen und
er Not anheimgefallenen Kollegen erinnern und in der ihnen
ächſtliegenden Art, des Schenkens aus dem reichen Schatz ihrer
unſt, zu helfen verſuchen. Und es iſt auch ſchön und dankens=
ſert
, daß Darmſtadts Bürgertum in ſolchen Fällen nie verſagt.
s ſcheint ja nur kalt und leidenſchaftslos. Es hat ſtets eine
inkbare Anhänglichkeit bewieſen an die Künſtler, die von der
fühne des Landestheaters herab ihm all das Schöne vermitteln,
as uns über das Grau des Alltags herausheben ſoll in die
öphären einer von der Erdenſchwere gelöſten ſchönen Welt. Und
S hat ſtets dieſer Anhänglichkeit und Dankbarkeit Ausdruck ge=
eben
, wenn an ſeine Opferwilligkeit appelliert wurde, Freilich,
5 gehört noch etwas dazu, dieſe Opferwilligkeit zu wecken.
Der Darmſtädter Bürger will hin und wieder in irgend eine per=
önliche
Beziehung zu dem Künſtlertum treten, will teilhaben an
em Nimbus des Geheimnisvollen, das das lebensfrohe Volk der
ünſtler umgibt, das ſich nun einmal leichter über die Schwere des
Daſeins hintveghelſen kann, als andere Sterbliche. Wenn ein=
nal
die Schrauke des Orcheſterraums und der Eiſerne Vorhang
defallen, die dieſe Welt von der ſchöneren des Scheins trennt,
dann iſt der Darm=ſtädter gern dabei, und dann bringt er auch
Obfer. Beſonders, wenns beiter zugeht. Lachen iſt ja ſo be=
freiend
, ſo geſund.
2
Heiterkeit war die Signatur des Künſtlerabends in
der Traube. Sie war es in dem Moment, da Hans Bau=
meiſter
die Leitung des Abends übernahm und mit ſeiner un=
verwüſtlichen
Laune, die dieſer ernſte Künſtler ſich trotz aller
Spielplanänderungen, die chroniſch zu werden drohen, bewahst
hat, nicht nur die Beſucher, ſondern auch die große Schar ſeiner
ſollegen auf dem Podium mit fortriß, und da ihm in neuen,
dem Publikum noch unbekannten Künſtlern wertvolle Stützen
erwuchſen, die ſich den längſt zu Lieblingen des Publikums
geſtempelten um nur Käthe Gothe herauszugreifen treff=

lich einten. Er war ein Konferenzier des erſten Teils des
Abends, in welchemt ſchwerem, aber von ihm ausgezeichnet ver=
walteten
Amnt er im zweiten abgelöſt wurde durch Chordirektor
Sander, der erfolgreich mit ihm in Wettbewerb trat. Bau=
meiſter
war noch mehrfach als Solokraft tätig. Und wer ſeinen
Vortrag der Uhr von Löwe noch nicht kennt, oder wem er ſeine
Paradoxe noch nicht erzählt, oder über Liebe und Ehe aufgeklärt,
der war baß erſchlagen ob des urwüchſigen, nie die Grenzen
überſchreitenden Humors, der dieſen Künſtler erfüllt. Der war
ebenſo baß eſchlagen, als Käthe Gothe einen Skandal impro=
viſierte
, der Rufe nach Polizei laut werden ließ, bevor ſie ſich
endlich (als beſenbewehrte Dienſtmaid) das Podium erkämpft
und ihre Liebesſchmerzen unter Lachen und Tränen indiskret
verraten. Tränen floſſen darob auch im Publikum. Lach=
krämpfe
löſten ſie aus, und floſſen ſie hier noch ſpärlich, ſo
ſchwollen ſie zu Tränenbächlein an, als das von Chordirektor
Sander gegründete und vorgeſtellte Quartett Stimmbänd=
chen
auftrat, in dem ſich der Friſeur als Ludwig Weller,
der Schuhmacher als Eugen Vogt, der Malerjüngling als
Heinrich Hölzlin und der Bankeleve als Heinrich
Kuhn entpuppten. Die Geſänge dieſes Quartetts, das unter
anderem eine Friedensſpeiſekarte und den Theaterzettel vom
Freiſchütz vierſtimmig ſang, bildeten einen Abſchluß des
Abends, wie er wirkſamer tatſächlich nicht getroffen werden
konnte. Von den neuen Kräften hat ſich mit dieſer Schöpfung
Chordirektor Sander ſicherlich in ſehe ſympathiſcher Weiſe den
Darmſtädtern vorgeſtellt.
Vornehmlich auf heiteren Ton geſtinmt waren auch die
Geſangsvorträge von Heinrich Hölzlin, dem, wie der
Konferenzier verriet, das Herzenknicken zur zweiten Natur ge=
worden
, gleichwie die des neuen Operettentenors. Ludwig
Welker, der mit temperamentvollen Rhein= und Trinkliedern
erfreute und beſonders die von Ruth Porita in wirkungs=
vollſtem
Vortrag gebrachten Lieder zur Laute. Sogar der ge=
ſtrenge
Herr Oberregiſſeur Joſ. Schlembach fügte ſich dem
humorgewürzten Rahmen ein. Er war zum Bühnenarbeiter
abanciert und mußte, alldieweil es dazu erheblicher Körper=
kärfte
bedurfte, trotzdem ſie als leichte Damen annonciert wur=
den
, drei Elfen in Geſtalt überwältigend grotesker, lebens=
großer
Marionetten im Schweiße ſeines Angeſichts auf das Po=
dium
ſchleppen. Dieſe fabelhaften drei Geſtalten wurden plötz=
lich
lebendig und tanzten mit bewundernswerter Anmut und
Grazie die Marionettenpolka aus der Fſedermaus. Es waren

von 4,45,0 auf 55,5 Goldmark pro Doppelzentner waggonfrei Mann=
heim
angezogen.
Kolonialwaren. Die Tendenz blieb die ganze Woche hin=
durch
fehr ſeſt, das Geſchäft auf den dringenden Bedarf eng begrenzt.
Zu unveränderten Preiſen waren angeboten: Kaffee Santos, roh
4,604,90, gewaſchen zu 5,505,90, Tee, mittel zu 8,708,90, gute War=
zu
9,9010,90, feine Ware zu 1112, inländiſcher Kakao zu 3,303,80,
holländiſcher zu 3,804,00, Burmah=Reis zu 0,65, Weizengrieß zu 0,70
und Kriſtallzucker zu 1,25 Goldmark je Kilo ab Mannheim.
Holz. Bei den Holzverſteigerungen ſind nun ebenfalls Goldmark=
taxen
und Goldmarkpreiſe eingeführt. In Baiersbronn wurden 120
Prozeut der Goldmarktaxpreiſe erlöſt und auch teilweiſe in wertbeſtän=
digem
Geld bezahlt. In Oberkochen (Württemberg) wurden für 100
Wellen bis zu 4 Goldmark, für Reisſchläge mit Tannenwellen pro 100
Stück 18,40, mit buchenen Wellen bis 48 Mk. gegen 6 bezw. 10 Goldmart
Ausgebot, bei größeren Schlägen 5060 Goldmark erlöſt.
Wein. Die Weine entwickeln ſich in den Kellern ſehr gut. Von
einem Geſchäft iſt wenig zu ſpüren infolge der verworrenen Währungs=
verhältniſſe
im beſetzten Gebiet und der ſeparatiſtiſchen Umtriebe in
der Pfalz.
Tabak. Die Marktlage iſt unverändert ruhig, ſowohl im Ein=
kauf
von neuen Tabaken wegen Mangel an wertbeſtändigem Geld, als
auch im Handel mit alten Tabaken wegen des Fehlens von Deviſen. Ii
der Fabrikation nimmt die Arbeitsloſigkeit durch ſtändige Betriebsein=
ſchränkungen
wie =ſtillegungen zu. Aufträge gehen faſt gar keine ein,
Im Kleinhandel hat ſich nun die Goldpfennigberechnung überall ein=
geführt
.
Hopfen. Die Produzenten halten ſtark mit ihrer Ware zurück bei
Kaufangeboten mit Papiermark. Badiſcher Hopfen wurde zu 300 Gold=
mark
pro Zentner verkauft und für guten Markthopfen 300350 Bil=
lionen
pro Zentner bezahlt. Der Markt iſt ſehr feft.
wL. Berliner Produktenbericht. Wenn auch heute
Rentenmtik vereinzelt etwas mehr zur Verfügung ſtanden, ſo hat ſich
doch ſonſt in der Knappheit an wertbeſtändigen Zahlungsmitteln noch
trenig geändert. Die Stimmung am Produktenmarkt iſt infolge des
ſchwierigen Warenabſatzes wieder ſchwach geweſen. Das wenige, das
gehandelt wurde, ging zumeiſt zu etwas niedrigeren Preiſen um als
geſtern. Sämtliche Artikel hatten daher wiederum ein ſtilles Geſchäft.
Für Gerſte und Hafer beſtand aber lebhafte Nachfrage aus dem Weſten,
und in Papiermark wurden dafür verhältnismäßig hohe Preiſe be=
willigt
.
Börſen.
* Vörſenbericht bom 19. bis 24. November 1923.
(Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt.) Die abgelau=
fene
Woche hatte nur zwei Börſentage und auch an dieſen war das Ge=
ſchäft
, ſowohl was den Umfang der getätigten Abſchlüſſe als auch was
die Höhe der Kursveränderungen anbetrifft, verhältnismäßig ruhig.
Insbeſondere blieb die Erhöhung der amtlichen Devifenkurſe, die am
Dienstag eine Verdoppelung erfuhren, ohne ſtärkere Wirkung an den
Effektenmärkten, deren Tendenz zurzeit beinahe ausſchließlich von der
ſeweiligen Lage des Geldmarktes beſtimmt wird. An dieſem traten zwar
wiederholt im Verlaufe der Woche plötzliche Erleichterungen ein, die den
Satz für tägliches Geld jeweils ſcharf zurückgehen ließen, doch folgte
jedesmal ebenſo raſch wieder eine neue Verſteifung mit Geldſätzen bis zu
20 Prozent, und dieſe ſtarken Schwankungen waren natürlich erſt red
dazu angetan, die beſtehende große Unſicherheit noch zu vermehren.
Erwägt man hierzu noch den innerpolitiſchen Kriſenzuſtand, der wäh=
rend
der ganzen Woche anhielt und die Nähe des Monatsendes, ſo er=
ſcheint
es nicht verwunderlich, daß die Spekulation größte Zurückhaltung
übte und beſtrebt war, ihre Engagements jeweils raſch wieder zu löſen
Das Kursnibeau der Effektenmärkte erfuhr trotzdem allgemein eine nicht
unbeträchtliche Erhöhung. Beſonders an der Freitagsbörſe betrugen die
ufwertungen im großen und ganzen etwa 50 Prozent, nachdem im
Freiverkehr der Vortage bereits weſentlich höhere Kurſe genannt worden
waren. Am Donnerstag wurde der Verſuch gemacht, in einer eigens
hierzu abgehaltenen Börſe Kurſe für die ſeit langem geſtrichenen deut=
ſchen
Renten, Pfandbriefe und Induſtrie=Obligationen feſtzuſetzen, doch
mußten auch hierbei die meiſten Notierungen mangels Material unter=
bleiben
, und ſoweit Kurſe zuſtande kamen, waren ſie meiſt ſcharf ratio=
niert
oder nur nominell ohne Umſatz.
wh. Berliner Börſenſtimmungsbild. Mitr=Ausnahme.
ton Italien, das etwas niedriger feſtgeſetzt wurde, blieben die Devifen=
preiſe
gegen geſtern unverändert. Bis auf Budapeſt ſind auch die Zu=
teilungsprozente
die gleichen wie geſtern, nur mit dem Unterſchiede.
daß für London und New=York Beträge über 50 000 Einheiten unbe=
rückſichtigt
blieben. Am Geldmarkt wurden heute vormittag Sätze von
5 bis tereinzelt 25 Proz. genannt, doch trat am Mittag anſcheinend
unter dem Einfluſſe des Wochenſchluſſes eine Ermäßigung bis zu
5 Prozent ein. Dicſe Erleichterung war auch die Veranlaſſung dafür,
daß die Stimmulig für Effekten überwiegend feſter war.

Oeviſenmarkt.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich als 1000 Mk.

Ae KNe Geid Zriel Geio Zriel Ae Amſterdam=Notterdam.
rüſſel=Antwerpen ... .."
hriſtiania .. . . . . . . . . . . .
opent agen .. . . . . . .. .."
stockholm .. . . . . . . . . . .
Helſingfors ..........." 1596000 00.
9510000.
450000.
5000
281
05230000
107230000 15 04000000.
6 490000.
621530000
3185 00.
1110720000
10- 3:0000. 19 000000.
995 00000.
18450 09.
6175600
103230000
107730000. 104004000
2003 00000.
21 50100.
318 5000
107700
32.0 Ftalien ... . .. . . ......." 3½40000 84410009 79550000 041000 Lonvon .. ... .. .. . .... 8 13 4000000
18.50 00. 84461 0000
421050. 000 5400004
189590000. 1244 0000
4210; =York ....... . . . ..." Paris .. .. . .. ......... 227430000 35 70000 27430000 8.70000. hiveiz .. . .. . . . .. . .. .. 7301 70000 30000 7301700000. 3833000. Spanien .............. 54663/000. 549½70009 0000.
466 749370000 Wien (i. D.=Oſterr. abg.). 58812 59148. A. Prag ................ 21695000. 22305000 12169 1000. 122305 Budapeſt .. . . . . . . ..... 219450. 215,0 1/450. G. Buenos=Aires .. . . . . . . ." 1296750000 130 250000
575 0000. 30 0000 Bulgarien ............" 314000. 31486009 14000. Japan ...... . ........ 995060000. 2005000000 3500M 00 35000000 Rio de Janeiro ......." 59100009 60000900. 59100000 Belarad. . . . . . . .. ...... 47481000. 47719000 47481000. 2774900.- Liſſabon ... .........." 153610000. 1563 0000 155610000. 15 390000. 3

die Damen Willenz, Osborn und Donalies, die ihren
Tanz, ſtürmiiſchem Drängen nachgebend, wiederholen mußten.
Auch die auf ernſten Ton geſtimmten Verträge und Geſänge
wurden durch Hans Baumeiſters humorvolle Ankündigung,
die ſich willig auch die ſeriöſen Kräfte unſerer Landesbühne ge=
fallen
ließen, von einem Schein ſonniger Heiterkeit umſtrahlt.
Hier dürfen einrubriziert werden die auf hohes künſtleriſches
Niveau eingeſtellten Muſikvorträge der Hauskapelle, die Konzert=
meiſter
Otto Drumm, Kammermuſiker Andreae und
Chorrepetitor Ephraim bildeten. In des letzteren Händen
lag auch die Begleitung während des ganzen Abends, eine Lei=
ſtung
, der der Künſtler ſich mit ſtaunenswerter Ausdauer das
Programm tpar erſt gegen 1 Uhr beendet und ausgezeichnetenr
Können unterzog. Die Herren Drumm und Andreae durf=
ten
außerdem durch Solovorträge ſtürmiſchen Beifall quittieren.
Frau Orff=Solſcher, die zwei Lieder von Hugo Wolff mit
von der Künſtlerin gewohnter Meiſterſchaft ſang, Fräulein
Stefanowa, die ruſſiſche Lieder vortrng, und lact not least
Anna Baumeiſter=Jacobs, die mit Hedwig Werle
Duette von Mendelsſohn ſang. Beide Künſtlerinnen wurden
ſchon beim Betreten des Podiums mit rauſchendem Beifall
empfangen, an dieſem Abend eine beſonders auffallende Aus=
zeichnung
. Herr Faber rezitierte Gedichte ernſten Inhalts,
und Marthe Heinoffenbarte in dem Vortrag einer Reihe von
Gedichten von Morgenſtern und Palmſtroem eine neue Seite
ihrer Kunſt.
Alles in allem hielt der Abend in ſeinem ganzen Verlauf
das, was der Konferenzier zu Beginn angekündigt, und von
dem er hoffte, daß er in einem durch die Zeitverhältniſſe beding=
ten
kleinen Rahmen einen vollwertigen Erſatz bilden ſollte für
die in früheren ſchönen Zeiten gewohnten großen Künſtlerfeſte,
die vielen Darmſtädtern ja noch in beſter Erinnerung ſind. Nis=
mand
wohl wird unbefriedigt an den ſchönen Abend zurück=
denken
, weder die Künſtler, die ſich von der herzlichen Geſinnung
der Darmſtädter erneut überzeugen durften, noch die Beſucher,
die neben dem ſchönen Bewußtſein, notleidenden Mitmenſchen
geholfen zu haben, durch künſtleriſche Gaben reichlich beſchenkt
wurden, noch endlich diejenigen, denen der Abend galt, und für
die immerhin eine Summe erübrigt werden konnte, die, wenn
auch nur vorübergehend, über die Not hinweghilft. Es beſteht
die Abſicht, derartige Abende zu gleichem Zweck zu wiederholen,
und es darf ihnen der gleiche oder noch reichere Erfolg von Her=
zen
gewünſcht werden.
U. St.

[ ][  ][ ]

Seite G.

Darmſtät:. T...blatt, Sottta), den 25. Robeiber 1 23.

Liebe und PNicht.
Romantiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von Ernſt Elias Niebergall.

23)

Nachdruck verboten.

Es war ein trauriges, ein hartes Erwecken aus blütenvollen
Liebesträumen. Aber konnte Leuthold ſeinem Herzen gebieten,
nicht mehr für die Einzige zu ſchlagen? Konnte er ihr Bild aus
ſeiner Seele verſcheuchen, ohne ſelber zu vergehen? Dazu ge=
tröſtete
er ſich künftiger beſſerer Zeiten, wo er mit freier Stirn
als Bewerber auftreten könnte; aber gänzlich ihrem Anblick zu
entſagen, nimmer den Schmeichelton ihrer Worte zu hören,
nimmer das Säuſeln ihres Atems an ſeinen Wangen zu fühlen
das vermochte er nicht über ſich. Er fand Gelegenheit, die
tiefbetrübte, faſt verzagende Magdalene heimlich zu ſprechen;
den Augen des ſtrengen Vaters verborgen, ſchturen ſie ſich
Treue auf dem verſchwiegenen Kirchhof; hier geſtand ihm Mag=
dalene
, und die dämmernde Sternennacht verbarg ihr ſcham=
haftes
Erröten, daß ihr Daſein an das ſeine geknüpft ſei, und
daß ohne ihn das Leben ihr keine Freude mehr bringen könne.
Der Geſelle überließ ſich ganz ſeinen ſchmerzlichſüßen Ge=
fühlen
, und ſahe mit ungeduldiger Sehnſucht nach dem Fenſter
der Küſterwohnung. Der Lichtſchein war ſchon ſeit einiger Zeit
verſchwunden, und auf der Turmglocke war ſchon lange der
neunte Stundenſchlag verhallt, als die Erſehnte erſchien. Er eilte
ihr entgegen, um ſie in ſeine Arme zu ſchließen, aber ſie wich ihm
aus und flüſterte:
Nur auf einen kurzen Augenblick konnte ich mich fortſteh=
len
. Der Vater kann nicht ſchlafen und will eins mit mir plau=
der
, drum bin ich hierher geſprungen, damit Du nicht unnötig
warteſt. Komm morgen, ich habe Dir viel zu ſagen. Gute
Nacht, lieber, guter Leuthold!
Sie wwar flüchtig zwiſchen den Grabmälern verſchtvunden,
ehe dieſer nur eine Frage an ſie richten konnte. Lange noch
hingen ſeine Augen an der Wohnung des Küſters, und ſeine
Seele träumte von Liebesglück und Liebesſchmerz.
Endlich begab er ſich, traurig über die getäuſchte Hoffnung
und nur halb mit der Ausſicht auf das morgende Wiederſehen
getröſtet, auf den Heimweg. Er kam an der offenen Kirchentüre
vorbei, und eine unſichtbare Gewalt zog ihn in den geweihten
Raum des Gotteshauſes.

Die Kirche war nur ſchwach erleuchtet, und in den Seiten=
gängen
brütete die Finſternis. Ein hochbetagter Mönch knieete
regungslos, gleich einem toten Steinbild), ſtumn betend vor dem
Gnadenbilde über dem Altar, und achtete nicht der hallenden
Fußtritte Leutholds, der voll düſterer Gedanken mechaniſch
einen dunkeln Winkel ſuchte und ſich auf einer Bank niederſetzte.
Den Rücken an eine Säule gelehnt, überließ er ſich ganz dem
Drange ſeiner Empfindungen, dem Wechſel zwiſchen Hoffen und
Verzagen. Er richtete ſeine Gedanken in die Zukunft, ſie dünkte
ihm trüb und freudenleer, dunkel wie die nächtlichen Hallen,
welche ſich vor dem Altar ſeitab dehnten. Magdalenens Beſitz
ſchien ihm unerreichbar. Ihre Geſtalt verdämmerte vor ſeinem
Geiſte bleicher und bleicher, bis ſie faſt zu Nebel zerrann und
aus dem Nebel tauchte Judith auf mit den ſtill duldenden
Mienen, die in dem ſchwarzen Lockenhaar faſt denen einer Ent=
ſchlafenen
glichen. Er rüttelte ſich aus ſeiner Träumerei gewalt=
ſam
auf. Judith liebte ihn mit glühender Leidenſchaft, daran
konnte er ſeit lange nicht mehr zweifeln, und er verſchmähete ſie,
um vielleicht eine andere zu täuſchen. Sein Gewiſſen begann
zu richten, wo ſein Herz ſchon längſt entſchieden hatte; in ſeinem
Innern flüſterte es unheimlich: laß ab! Willſt Du beide ver=
derben
, die eine durch deine Kälte, die andere durch deine Glut?
Dann kämpfte er dagegen mit dem Troſte, daß er nichts getan,
um Judiths Liebe zu erwecken und zu nähren, daß er ſie viel=
mehr
ſtets durch Kälte und zurückhaltende Höflichkeit von ſich zu
entfernen geſucht habe.
Der Ordensmann erhob ſich jetzt, löſchte die Altarkerzen,
daß nur die etvige Lampe ihren ungewiſſen Schein auf die näch=
ſten
Uimgebungen ftreute, und verließ geräuſchlos die Stätte
ſeiner nächtlichen Andacht. Leuthold gewahrte ſein Weggehen
nicht; mit ſeinen gefalteten Händen die Augen zudrückend, ſahe
er einem Schlafenden gleich.
Vor dem Schlage der Turmuhr ſchrak er auf. Er zählte: es
war die Stunde vor Mitternacht, wo ſich die Grüfte öffnen und
der Tag des Geiſterreiches beginnt. Er konnte ſich eines leiſen
Schauers nicht erwehren, als er ſich ſo allein in dem öden, fin=
ſteren
Raum erblickte, und wollte davon. Aber wie ſehr er ſich
auch auf den Drücker der Türe ſtemmte, ſie wich nicht aus den
Angeln, und er ſahe ein, daß ſie der Mönch bei ſeiner Entfer=
38) Originaldruck: Scheinbild.

Rummer 326
nung berſchloſſen hatte. Es blieb ihm jetzt keine Wahl.
mußte die Nacht an dieſem ſchauerlichen Orte zubringen.
halbem Grauſen nahm er wieder ſeinen vorigen Sitz ein,
ſich in ſeinen Mantel und verſuchte die Augen zum Schlafe
ſchließen
Aber er blieb ihm ferne. So feſt er die Augenlider zupre=
um
den Schlummer herbeizuzwingen, ſo lebendig wachte
inneres Auge und erblickte bekannte und unbekannte Geſtal
bunt durcheinander. Abermals erblickte er die gramble
Judith mit ihren dunkeln Locken neben der roſigen Magdale
und die Verſchmähte verſchwanmm allmählich wie ein trügeriſe
Nebelbild vor den Strahlen der Fruhlingsſonne, die imſiier he
licher aufblühte in ihrer Glanzespracht und dem armen Träu=
uniderſtehlich
Sinne und Augen blendete. Er ermannte
und öffnete die Augen. Die Traumgebilde flohen wie Geſpen
bei dem erſten Hahnenſchrei, doch die Umgebung, in welche
blickte, war nicht geeignet, ihn zu beruhigen. Die Stille um
her hatte etwas Furchtbares; es war, als zage alles in ban
Erwartung einem nahen Schreckniſſe entgegen. Der Mond,
melancholiſche Lauſcher, ſtahl ſich durch die buntgemalten Sch
ben und zog hier und da die ſteinernen Zierden der Grü
betende Rittergeftalten, knieende Frauen an der gegenüberſteh
den Wand, aus der Dunkelheit hervor, daß ſie aufzuleben und
zu regen ſchienen, während das beſchränkte Licht der ewie
Lampe in unſtäten Flammen mit dem Luftzug kämpfte, der
Geiſterhauch die ſpitzbogigen Pfeiler umſäuſelte.
Aber horch! Was regt ſich hinter dem Hochaltar? Stel
die Toten auf, unwillig, daß der Atem eines Lebenden in
Mitternachtsunde um ihre Ruheſtätte weht? Wahrlich
Haar ſträubte ſich auf Leutholds Haupte hinter dem Ta
ſtein hebt ſich eine Steinplatte langſam empor, heller Sch
bricht aus der Tiefe und erleuchtet die Wappenſchilder an
Decke der Kirche. Eiskalter Schrecken packt den ſonſt muti
Geſellen; er will fliehen, aber die Angſt hat ſeine Glieſ
gelähmt, und er ſieht mit entſetztem Auge, wie die Gruft wei
und weiter gähnt. Siehe, ſie ſendet Geſtalten zur Oberwe
ſchattenhaft ſchweben ſie zwſchen den Strahlen einer Later
über den Boden hin. Leuthold betete leiſe: Alle guten Geiſf
loben Gott, den Herrn.
(Fortſetzung folgt.)

Todes=Anzeige.
Am 21. Nov. ds, Js. verſchied
*28064
unſer lieber

Geolg vierkkaf
im 68. Lebensjahre.
Darmſtadt,
Heidenreichſtraße 41,
Dietrauernden Hinterbliebenen.
Die Verbrennung fand aufWunſch
des Verſtorbenen in der Stille ſtatt
Beileidsbeſuche dankend verbeten.

Nach kurzer, ſchwerer Krank=
heit
entſrhlief geſtern unſer herzens=
gutes
, innig geliebtes, einziges
Töchterchen
(*28095
Almachen
im Alter von 5 Jahren.
Die tieftrauernden Hinterbliebenen:
*
Duektor Louis Hahnemann
und Frau, geb. Kellermann.
Darmſtadt, Wittmannſtr. 36.
Die Beerdigung findet Montag,
nachmittags 2½ Uhr, auf dem
Friedhof Nieder=Namſtädterſtraße
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Aiterhmſmſisdittt uid ſagenſeltdi
Nummer 46
25. November 1923
Darmſtädter Tagblatt

* Unſeren gefallenen Helden zum
Gedächtnis am Sotenſonntag!.
Von Profeſſor K. Rothermel.
Wenn im Herbſt die Blätter fallen, wenn das Leben in der
ur erſtirbt, wenn draußen in den Wäldern und auf den
dern uns alles an die Vergänglichkeit des Irdiſchen mahnt,
iſt es gute, alte Sitte, auch unſerer Toten zu gedenken, die
den Friedhöfen liegen, die die Sonne nicht mehr ſchauen und
lichten Tag, und Blumen der Liebe und Erinnerung auf ihre
iber zu legen. Die ſchlichten Worte Theodor Körners: Ver=
die
treuen Toten nicht! haben wohl noch nie einen ſolch in=
tsſchweren
und mahnenden Klang angenommen, als gerade in
erer Zeit. Wenn an den Tagen, die dem Gedächtnis unſerer
en geweiht ſind, nicht Hunderttauſende, nein Millionen hin=
ziehen
auf die Friedhöfe, um unſerer lieben Entſchlafenen zu
enken, ſo finden doch nicht alle das Grab, das ſie ſuchen mit
er Seele.
Es ſind unſere gefallenen Helden, deren frühe Gräber wir
gen, doch ſpärlich nur liegen ſie hier in heimiſcher Erde. Drau=
auf
grüner Heide, dort, wo ſie litten und ſtritten, wo ſie
ipften und ſiegten, da liegen ſie begraben, im Feindesland,
ne der Heimat, dort ſind die großen Friedhöfe des deutſchen
lkes zu ſuchen. Und dorthin eilen heute unſere Gedanken,
zu den großen weiten Scharen,
die ehdem unſere Brüder waren!
Wenn wir hier auf unſeren Friedhöfen die Gräber ſchmücken,
denken wir an alle diejenigen Gräber, welche wir nicht
mücken können, die vielleicht niemand mehr ſchmücken wird, die
ne Mutterliebe mehr findet. Siegestage zu feiern, das ziemet
nmer den Beſiegten, den Geknechteten, aber zu trauern, zu
uern um die Toten, dieſes Recht iſt uns geblieben.
Für einen Augenblick wollen wir im Geiſte hintreten an das
ab der gefallenen Helden, in das mit den Toten ſo viele hei=
Erinnerungen, ſo viele Herzenswünſche ſind hinabgeſenkt,
alle ihrer Erfüllung entbehren. Es ſind ja viele Gräber, fern
d nah, im eiſigen Schnee, im heißen Wüſtenſand, tief unten
Meere, und es gibt ſo viele Gräber, deren Hügel uns ganz
d gar unbekannt ſind. Aber im Geiſte ſtellen wir uns einmal
r ein großes, gemeinſames Grab, in das wir die Toten liebe=
I umbetten.
Wir hören ſingen und ſagen bon jenen Wiſigoten, wie ſie
weinten und begruben ihres Volkes beſten Toten, den jugend=
hen
Alarich. Welch eine Liebe!. Welch ein Schmerz zugleich!
elch ein erhabener Gedanke, als ſie ihm das Grab ſchaufelten,
unten im Bette des Fluſſes Buſento!
Die gleichen Gefühle beſeelen uns. Wir wollen abdämmen
n Strom der ſchäumenden Ereigniſſe und der fluchbeladenen
egebenheiten um uns her, und wir wollen uns hingeben den
bevollen Erinnerungen und den dankbaren Gefühlen an dem
rabe der jungen Helden, das wir ihnen im Geiſte ſchaufeln.
nd dann möchten wir darüber leiten nicht die alten Fluten,
in, die Fluten beſſerer Gedanken und Entſchlüſſe und Taten,
)o wir möchten das Gefühl haben; unſere Gedanken=
elt
ſchützt euer Grab wie ein Strom, ſo daß ihr
Ruhe und Frieden ſchlafen dürft.
Wenn man doch das eine nur vermöchte, vor aller Welt zu
rem Preiſe ein allumfaſſendes Heldenlied zu ſingen! Aber es
bt wohl keine Harfe, auf der man den Gefallenen die Toten=
age
anſtimmen kann. Wohl würde ſie beſingen in hellen, hohen
önen ihren Mut, ihre kühne Entſchloſſenheit, ihres tapferen
innes heiliges Feuer, aber die tiefen und tiefſten Töne fehlten
r, um das unſagbar tiefe Leid und den unendlich tiefen Schmerz
klagen, den ihr Tod ſo vielen, ach ſo vielen gebracht hat. Die
efſten Töne, die der Harfe fehlen, müſſen erklingen aus unſerem
erzen. Nur es allein vermag auszuſprechen das bittere Weh
nd die wehe Bitterkeit, welche die Erinnerung an die Toten im
ns weckt.
Was hat der Tod aus unſeren Gefallenen gemacht? Nur
zutes wollen wir von ihm ſagen. Geeint hat er ſie zu einer
roßen Schar und entriſſen dem unwürdigen Ringen und Streiten
er Zeiten, die gegeneinander wüten. Verklärt hat er ſie,
wir uns ſtumm verneigen vor der Seelengröße derer, die
ingaben das herrliche Gut des Lebens für uns. Empor=
etragen
hat er ſie, obwohl ſie ſanken ins Grab, und er=
öht
, daß ſie von der Höhe mit zwingender Macht die zer=
iſſenſten
und verfeindetſten Gefühle zuſammenſchweißen, wenn
s heißt, der Toten zu gedenken im ganzen weiten Vaterland
und zu ihrer Heldengröße emporzuſchauen.
Und wie hat der ſchweigſame Tod dieſer ſtummen Armee die
Nacht verliehen, laut zu reden. Unſere lieben Toten haben uns
iel, unendlich viel zu ſagen, und was unſere Toten ſagen, iſt un=
oiderſtehlich
wahr, wirkt ſieghaft, denn ſie reden von den höch=
ten
Gedanken, die nur ein Volk erfüllen kann. Sie reden in ſiche=
em
Tone zur irrenden, wankenden Gegenwart und zu einer ſich
ſeſinnenden und mehr entſchloſſenen Zukunft. Sie ſetzen ein

An den Tod.
Einſt haſt mich du begrüßt. Aus nächſter Nähe
Sah ich dein Antlitz. Doch du tratſt zurück:
Wohin ich dann in Näh und Weiten ſah,
Du fehlteſt drin. Jetzt aber ſcheint die Lilie,
Die Roſe, die der Sommer reicht, das Lied
Des Vogels, das vom Frühling träumt, des Himmels
Gebreitet Blau, der Sonne leiſe Wärme
Und alle Wärme, die aus Menſchenaugen
Mir Güte ſcheint mir iſt, du webſt darin,
Beſcheidner Segner, der den Schlummer bringt.
Hüllſt du auch ein in Bilder, die da leuchten,
Hagen und ſingen, gibſt auch du die Kraft,
Erguickend zu Neuem?
Was du gibſt,
B.
Das Beſte muß es ſein, ſonſt wärſt du nicht,
Dich grüß ich, denn ich habe dich verdient.
Aus dem Nachlaß von Ferdinand Avenarius teilte der neue
Kunſtwart einige unveröffentlichte Gedichte ſeines verſtorbenen Heraus=
gebers
mit, darunter das obige.
K6
deutliches Ziel den Ratloſen; ſie ſammeln zu Taten und ver=
leihen
Kräfte dem Geſchlecht, das entſchloſſen iſt, eine große
Schuld abzutragen vor dieſen Toten. Und ſie reden ohne Bitter=
keit
, denn der Tod hat gütig einen Schleier über ihre Augen ge=
breitet
, daß ſie nicht ſehen, was wir ſehen mußten.
Wir denken immer, ſie liegen in ihren Gräbern und träumen
einen Heldentraum und lauſchen den Sturmwinden, die ihnen
das Heldenlied ſingen von Deutſchlands Glanz und Ruhm, von
ſeiner Macht und Größe, von ſeinen noch größeren Errungen=
ſchaften
, daß ſeine Rieſenſchiffe unter alter ruhmreicher Flagge
die Meere durchfurchten und die Wunderſchiffe durch die Lüſte
führen. Und wir glauben, ſie träumten vom unbezwingbaren
Deutſchen Reich. Wenn ſie wirklich dieſen Traum träumten, wir
müßten ſie glücklich preiſen. Was gäben wir, die Wiſſenden, dar=
um
, wenn wir es träumen und aus jenem Traum zu ſolcher
Wirklichkeit erwachen könnten!
Unſere Gefallenen ſind ins Grab geſunken mit der Gewiß=
heit
, diejenigen, welche die Netze ſpannen, bekommen ihren Lohn,
und diejenigen, die die Treue brechen, fallen der Vergeltung an=
heim
. Sie ſind ins Grab geſunken und vermeinten zu ſehen das
Morgenrot einer herrlichen, glänzenden Zeit. Aber daß es nur
war das Abendrot, und daß wir nun ſind hineingetaucht in die
jämmerliche Macht der Knechtſchaft trotz des ſiegreichen Heeres,
all das zu ſchauen iſt ihnen erſpart geblieben.
Alltäglich ſehen wir kkarer und deutlicher, was dieſer Krieg
und dieſer Frieden uns Ueberlebenden gebracht hat. So wurde
noch kein Volk von ſeinen Feinden betrogen, ſo wurde noch kein
Volk ausgeraubt, geknechtet und mißhandelt. Stets und ſtändig
klingt uns das Wehe den Beſiegten! in die Ohren, und doch
dürfen wir nicht verzweifeln.
Ich weiß nicht, wie eine Mutter oder ein Vater ſich tröſtet
beim Gedanken an den dahingerafften Sohn, ich weiß auch keinen
heilenden Troſt die Wunde brennt , aber einen kleinen,
wenn auch nur ganz ſchwachen Troſt vermögen vielleicht zu geben
die beiden Wörtchen: erſpart geblieben! die in hundertfacher
Wiederholung die Lebenden ſchrecken, aber den Toten ins Grab
ſind mitgegeben zum Geleit.
Es gibt wohl kaum eine Familie in unſerem Vaterlande, die
nicht miteinſtimmt in die Totenklage, die nicht trauert um manche
blühende Hoffnung, die nicht weint um das entriſſene Glück.
Ganz beſonders am Totenſonntag gedenken wir all dieſer Helden,
der älteren wie der jüngeren Streiter, die hinauszogen in den
Kampf zuerſt in froher Begeiſterung, dann ernſter und ernſter
ſcheidend und die nicht wiederkehrten. Wir hatten ſie gerne,
und ſo ſehen wir noch ihr Lächeln, wir hören, noch ihre Lieder.
Sie ſangen ſo ſtolz: Haltet aus, haltet aus in Sturmgebraus!
aber der Sturm hat ſie zu Boden geworfen. Wie ſangen ſie doch ſo
gläubig und ſo freudig von den Vöglein im Walde, doch kein Vög=
lein
hat ihnen vom Wiederſehen geſungen. Und dennoch beklagen
wir nicht ſie; ſie haben gelitten und geſtritten, ſie ſtarben unbeſiegt
und im Glauben an den Sieg. Uns aber beklagen wir und
das iſt die Urſache unſerer Trauer , daß ſoviel Jugendbegei=
ſterung
, daß ſobiel Manuesmut und Manneskraft uns verloren
iſt. Wir wären nicht ſo krank, bis ins innerſte Mark unſeres
Volkes, wenn die Edlen alle noch lebten, die wir beklagen. Ach,
der Krieg, er raubt die Beſten! Heute, wo es gilt, aufzurichten,
aufzubauen aus Trümmern, da ſpüren wir es täglich und über=
all
, welche ſittlichen Kräſte unſerem Volke verloren ſind mit die=
ſen
Toten.
Mit der Trauer verbindet ſich die Dankespflicht. So ſoll denn
der Totenſonntag auch ſein ein Tag des Dankes an unſere Hel=
den
. Zwar haben ſie uns nicht den Sieg erſtritten und im Tode

ermattend, konnten ſie es nicht hindern, daß der Feinde Ueber=
macht
, daß der Feinde Liſt und Trug am Ende triumphierte.
Aber der eherne, unbeſtechliche Mund der Geſchichte wird nicht
ſchweigen und wird es verkünden allen folgenden Geſchlechtern,
welche Taten dieſe Helden vollführt. Aller Heldenmut und alle
Heldengröße, von denen Geſchichte und Sage berichten wird ver=
blaſſen
gegen das Ungeheuere, kaum Glaubliche, das ſie erduldet
und vollbracht. Wie oft läuteten die Glocken und verkündeten
uns einen Sieg. Wir fühlen es heute bitter: alles war vergeb=
lich
. Und doch, wenn erſt die Wolken der Trübſal und der
Schande verſchwunden ſein werden, dann wird man unſeren ge=
fallenen
Helden danken, daß der deutſche Name durch ſie unſterb=
liche
Ehre gewonnen.
Kann der Tag der Trauer und des Dankes nicht auch ein
Tag der Hoffnung werden?. Wir bedürfen ihrer wie ein durſtig
verſchmachtendes Land des Sommerregens. 1im der Toten wil=
len
muß Deutſchland leben, ihr edles, teures Blut darf nicht um=
ſonſt
gefloſſen ſein. Sie ſtarben im Kampfe um Deutſchlands
Freiheit und Ehre. Beide ſind entſchwunden und dahin. Es iſt
nun unſere heilige Pflicht, unſere größte und vornehmſte Auf=
gabe
, ſie wieder zu erringen. Deutſchlands Größe iſt in jähem
Fall geſtürzt; unendlich langſam und mühſam wird ſie wieder
errichtet. Geblieben ſind uns nur die Waffen des Geiſtes und
die Arbeitskraft der Hände. Auf den Gebieten des Geiſtes und
der Sittlichkeit, der Arbeit und des ſozialen Friedens, durch deut=
ſche
Ordnung, deutſche Zucht und deutſchen Ernſt, mit deutſchem
Fleiß, deutſcher Regſamkeit und Gewiſſenhaftigkeit, da können
und müſſen wir uns wiederum emporringen.
Allerdings iſt es ein Erfordernis, ja das Gebot der Stunde,
daß der Geiſt der Zwietracht und der Uneinigkeit, der Geiſt des
Neides und der Mißgunſt aus den Herzen unſerer deutſchen
Brüder und Schweſtern verſchwindet. Es mag ſein, daß der Ge=
ſchichtsunterricht
und der des Deutſchen nicht in allen unſeren
Schulen die Bedeutung haben, die ihnen von Rechtswegen zu=
kommen
müßte. Einmal werden wir viel zu wenig zu Deutſchen
erzogen, und dann lernt der Deutſche rein gar nichts aus ſeiner
Geſchichte. Iſſt es nicht durch die Jahrhunderte der Geſchichte
ſtets ſo geweſen, daß in den Zeiten, in denen Frankreich ſtark und
mächtig war, die Deutſchen von ihm als Sklaven behandelt,
ſchwer gedemütigt und grauſam gepeinigt wurden? Darum wol=
len
wir ganz beſonders am heutigen Totenſonntag den Stim=
men
und Worten unſerer gefallenen Helden lauſchen. Und wenn
wir dann gottesfürchtig und aufmerkſam hören auf all das, was
unſere lieben Toten predigen, dann dürfte es uns auch gelingen,
daß wir wieder werden ein einig Volk von Brüdern!
Sowahr die Bäume im kommenden Frühling
wieder grünen werden, ſo wahr wird auch die
Zeit kommen, daß Deutſchland wieder grünt
und blüht, daß es ſich nicht zu ſchämen braucht
vor ſeinen Toten!
Es war einmal ein Vater, der ſein Söhnchen, einen werden=
den
Helden, am Altar auf die Arme hob und angeſichts des
Römergedankens, der erſt ſpäter in die Worte geprägt wurde:
gesterum genseo Carthaginem esss delendam den Knaben
ſchwören ließ ſein Nie, Niemals! Und er hat den Schwur
gehalten; er allein, nicht ſein Volk. Einen Schwur ſind auch wir
den Toten ſchuldig. Wenn wir alle dieſen täten und wer will
uns daran hindern, ſolches zu tun dann, aber auch nur dann,
leuchtet über den Heldengräbern blitzartig das
Morgenrot einer glücklichen Zeit eines Vater=
landes
in Kraft und Ehren. Und dafür ſind unſere
Helden, unſere Söhne und Brüder gefallen!
*
Das Kriegergrab.
Ein Grab auf roter Heide ..=
Ein ſtiller Waldesrand ...
Es wallt mein ſcheues Träumen
Zu jenen ſtillen Räumen
In ſchwarzem Leidgewand.
Das Kreuzlein iſt zerbrochen,
Der Hügel überſchneit . ..
Hier kniet mein ganz Empfinden
Und kann nicht Tränen finden
Vor übergroßem Leid.
Ein Engel mir zur Seite,
So mild wie Sternenlicht,
Hält einen Flor in Händen,
Bomit bis zu den Enden
Er ſtill das Kreuz umflicht.
Der kniende Engel am Grabe
Iſt deutſches Weh und Leid.
Der Flor heißt innig Gedenken,
Das unſren Toten wir ſchenken
In Liebe und Dankbarkeit.
Georg Hartung, stud. electr.

* Der große Feldßerr.
Von Erich Bockemühl.
Aus dem ſchwarzen Wald, der wie eine Wand ſteht in der
Mondnacht, wie eine dunkle Mauer vor den Verborgenheiten
der Nacht (denn die Nacht des Waldes iſt der Schrecken voll,
aller Schrecken, Furchtbarkeiten, die eine bange Seele ſchaudernd
träumt): Aus dem ſchwarzen Wald ſchreitet ſichtbar auf dem
weißen Heideweg der Tod. Wer weiß, woher er kommt. Der
Tod iſt unruhvoll und wandert tauſend Stunden in Tag und
Nacht, und hat der Arbeit viel: Im Wald iſt die Verlorenheit
des grauen Sterbens, ächzend Verlaſſen einſam letzten Stöhnens
und tief verborgen liegt der ſchwarze Teich, da die Raben
nicht lange warten auf ein Menſchenaas, die ſchwarzen Naben,
die nun krächzend fliegen aus den Bäumen hoch, dunkle Weſen
vor dem hellen Licht des Mondes ... O, der Mond ſcheint
milde auf die Welt des ſtillen Schlafs: Wieſen, Felder, und den
breiten Weg der Heide, da der Tod hinwandelt, laugſam im
großen Mantel, unter dem großen Hut, langſam, Schritt um
Schritt, ſich ſtützend auf den Stock. Der Tod, aus hunderttauſend
Stunden Ferne hat er ſich aufgemacht, dieſen Weg zu gehen, den
ging noch nie ein König oder Feldmarſchall, und die Menſchen
ſchlafen in den dunklen Häuſern und ahnen nichts der großen
Stunde, da der Tod herabſchreitet ihren Heideweg, da noch
geſtern ihre Karren fuhren hui hot, rief der Fuhrmann, und
die Peitſche knallte , da noch geſtern Kinder gingen, die die
kleinen Blumen in dem Graſe ſuchten . . . o der Tod, der Herr=
ſcher
über Könige und Fürſten, über alle Welt und die Men=
ſchen
ſchlafen, ſchlafen tief in die Nacht verſunken und nur
einer weiß ihrer Träume Seltſamkeiten, einer ſieht durch dunkle
Fenſter und durch ſchwarze Mauern ... einer, der Wiſſende
und Unſcheinbare, hat ſein Heer der Greuel und der Schrecken
in dem ſchwarzen Wald zurückgelaſſen und ſchreitet, einſam, wie
ein Feldherr ohne Volk, den weißen Weg. Der graue Unſchein=

bare, in dem ſchwarzen Mantel, Napoleon der dunklen Heere .."
O der Mond ſcheint lieblich in die ſtillen Gärten der kleinen
Häuschen rechts und links am Wege: Wer aber ſollte nicht furcht=
ſam
werden, ſo er dieſes ſieht: der ſtillen Häuſer Traum, und
ſo er weiß der Kinder Schlafen in der Eltern Sorge ſo ahuungs=
los
in neuen Morgens Spiel und Arbeit und der Tod geht
um. O vielleicht nur, daß er müde iſt und ſieht nicht rechts und
links, langſam, langſam ſchreitend über der Kiefern breiten,
laugen Schatten, der Tod, der alte, uralte Mann, keuchend, wie
mit ſchwacher Bruſt; er ſinkt am Wege hin, am kleinen Hügel,
wo die gelben Blumen ſtehen, da am Tage die Bienen ſummen,
und ſchläft. Der Feldherr ſchläft, der König ſchläft, der Tod,
der Wanderer von tauſend Jahren her und die Raben fliegen
nieder und wie zur Wache ſitzen ſie zu ſeinen Seiten, und der
Mond ſcheint hell und friedlich in das ſtille Dorf. Denn am
Hügel iſt der erſte Gartenzaun am Dorf. O, wenn dies einer
ſchrie durch enge Straßen: der Tod iſt da, der Tod liegt auf
dem Stein vorm Dorf und ſchläft . .. wie würden alle Lichter
durch die Fenſter ſcheinen, und Kinder würden ſchreien, Mütter
beten . . .. vielleicht im alten Kirchturm, der wie ein ſpitzes
Dreieck in die helle Nacht hinaufragt, würden die Glocken wie
von ſelber in Erſchütterung der Aengſte läuten oder einer,
dem die Not zu tief zu Herzen ging, würde heimlich lauern um
den Zaun, den alten Säbel in der Fauſt doch der Tod iſt
längſt ſchon aufgewacht. Die Raben ſitzen auf der alten Kiefer
der Tod ſteht auf und reckt ſich und ſchwingt den Hut mit
junger Kraft . . . der Tod ſchlief eine Viertelſtunde für tauſend=
jährigen
Tag und ſpricht, ja der Tod ſpricht Worte, langſam,
ſchwer, wie richterliches Urteil einer ſchweren Wandluug der
Dinge dem, den es angeht . . . Wem gilt des Todes Wort?
Die Raben fliegen auf . . . der Tod geht langſam an den Hek=
ken
her, ſchleichend, leiſe, ins halbe Dorf und kommt zurück:
irgend ein neuer Wille regt ſich in der Welt. Der Wind wird
wach, die Sträucher und die Bäume ſchaudern und jagen die
Vögel blinden Flugs aus ihren Neſtern ... ein fahler Schim=
mer
überm Simmel hin ... wo iſt der Tod? Wie eine Katze

klettert er am Kirchturm hoch . . . der Mantel weht im Wind
. . im bleichen Mondlicht, fahl im Licht wie einer Sterbelampe
ſteht er hoch und löſcht die Sterne mit der Knochenhand o,
deutlich mit den kahlen Fingern ſchlägt er ins Geſichr des Mon=
des
, ſchwingt ſeinen Mautel hoch . . . und dann iſt finſtre Nacht,
ſchwarze Nacht der Wolken und des Sturmes . .. hui, wie die
Rahen ſchreien, ob ſie die Botſchaft brachten in den Wald, die
Heere zu rufen; ob nun der Feldherr ſchon bei ſeinen Führern
iſt, o, ob das ſtille Dorf des Königs Hauptquartier iſt für die
Nacht, die Heere in die Landſchaſt zu zerſtreuen, die er, vom
Kirchturm ſpähend, weithin ohne Fernglas ſpähend, überſah...
die Heere zu zerſtreuen zum Ueberfall aller Sorglosſchlafenden
.. das ſtille Dorf; es iſt ein Fenſter hell, ob in Stunden
eine arme Seele ſchreit, und es irrt ein Licht im wirren Wind
der Welt. . . o grauſig iſt die dunkle Heidenacht, wenn der Tod
vorübergeht. Die Hunde heulen rings umher den Morgen wach
... da vielleicht ein Klagen und ein Weinen in dem Wind der
grauen Dämmerung weht über Felder, Wieſen, Häuſer hin in
der Heide welt= und zeitverlorene Unendlichkeit.
* Die arme Seele.
Von Anna Kappſtein.
Kb. Frau Beate fuhr ins Warenhaus, in die Großmarkt=

in de ete e e eltaill eun ſe
einen Tag auf den Wochenmarkt und durchſtreifte ſie einen au=
deren
Tag die Nebenſtraßen.
Sie tat es wahrlich nicht aus Luſt am Bummeln, denn von
jedem Wege kam ſie erſchöpſt und gepeinigt nach Haufe, ſtürzte
ſich in die Wirtſchaftsarbeit, räumte mit wachſender Mühe die
Einkäufe beiſeite, für die es an Raum zu fehlen begann, nähte,
flickte, rechnete begaun den Tag mit Rechnen, beſchloß den
Tag mit Rechnen, unt ſich am anderen Morgen, vom Pflicht=

[ ][  ]

Rummer 46

* Totenfeſt 1923.
Ein Tag im Jahre iſt den Toten ſrei! Um ihre Bügel trei=
ſchwermutsvoll
ziehen Novemberwolken darüber hin. Der Duft
der Verweſung umſchwebt uns auf Schritt und Tritt, rings um
uns, ſo weit das Auge reicht, das Sterben der Natur, das Ende
alles Grünens und Blühens.
Doch mitten in dieſer Troſtloſigkeit, dieſer Zeugen aller Ver=
den
der Liebe und des treuen Gedenkens. Das Grün der Hoff=
nung
auf künftige Vereinigung nach zeitlicher Trennung von den
Hoffnung, ein linder Troſt in allem Schmerz; es gibt ein Wie=
derſehen
, einſt wird der Tag der Wiedervereinigung kommen.
Niemals erſteht lebendiger in der Erinnerung, was ſie, die
ſtillen Schläfer vor uns unter ſchlichtem Hügel, uns Liebes und
Gutes erwieſen, als am Tage der Toten, dem Feſt der Erinne=
rung
an ſie. Muß man aber wirklich erſt an dieſer Stätte ſtehen,
um deſſen von neuem zu gedenken, was ſie uns einſt waren, wie
glücklich wir in ihrem Beſitz geweſen, als ſie noch atmeten in
roſigem Licht? Ach, für das liebende Herz bedarf es keines
äußeren ſinnfälligen Bildes der Vergänglichkeit, keiner beſtimm=
ten
Stätte, dem innerlich nahe zu kommen, was ihm einſt teuer
geweſen. Liebende Erinnerung überbrückt die Entfernungen,
durchmißt die Weiten und bringt das dem Geiſte nahe, wonach
das innige Sehnen des Herzens ſteht; die Seele kennt keine Ent=
fernungen
. Iſt es nicht möglich, dorthin zu eilen, wo am Feſte
der Toten einſame Grabhügel vergeblich des Schmuckes von lie=
benden
Händen harren, dann weilt doch treues Gedenken, liebe=
volle
Erinnerung an der einſamen Stätte und verbindet wie
einſt, die ſich teuer geweſen. Und dieſes ſich Verſenken, dieſes
Rückerinnern, ſo ſchmerzlich es iſt, ſo tief es auch die alten, kaum
verharrſchten Wunden wieder aufreißt, es bringt doch zugleich
beglückenden Troſt, aufbauend und befreiend: ihnen ähnlich zu
werden, ihnen nachzueifern, die Aufgabe zu vollenden, die ſie
ſich ſtellten, als ſie noch in der Schaffenskraft, in der Vollblüte
ihres Lebens geſtanden.
Ja ſie iſt eindringlich, die ſtille Mahnung, die von der
Stätte des Todes ausgeht am Feſte der Toten. Nütze die Zeit,
ſo lange du lebſt, handle, ſo lange du dich regen darfſt, tue Gu=
tes
, ſo lange du atmeſt, damit du einſt wie ſie unvergeſſen
bleibſt, wie ſie noch nach dem Tode zum Anſporn dienen denen,
die auch du einſt zurücklaſſen mußt. Laß ruhen, laß ruhen die
Toten, aber vergiß ihrer nie, auch wenn bald ihre Stätte wie=
der
hinter dir liegt, das Leben von neuem ſeine Forderungen
an dich ſtellt, lebe in ihrem Sinne, dann ehrſt du am beſten ihr
Gedenken und erweiſt nicht nur dir, ſondern auch denen, die auf
dich bauen, denen du an ihrer Stelle Halt, Schutz und Stütze
ſein mußt, einen Dienſt, deſſen Größe nie vergeſſen wird, wenn
auch du ſelbſt einmal nicht mehr biſt.
Eliſabeth Thielemann.
* Handarbeiten.
kk Weihnachten iſt nahe nur fünf Wochen trennen uns
noch von dem Feſt. So unweihnachtlich wie möglich iſt die
Stimmung dieſer Tage. Und doch wir dürfen uns nicht ganz
gefangen nehmen laſſen von ihr, müſſen ihr unſeren Willen ent=
gegenſetzen
, uns ſeeliſches Gut zu erhalten, es zu pflegen und
die Not der Zeit innerlich zu überwinden ſuchen.
Weihnacht und ſchenken, Freude ſpenden das gehört zu=
einander
, und ſo ſchwer es wirtſchaftlich iſt, ſoll auch dieſe Weih=
nacht
etwas von dieſem perſönlichen Zauber haben. Frauen wer=
den
gern wieder zu Handarbeiten als Geſchenken greifen. Auch
ſie ſind teuer, wenn man ſie kaufen muß; aber manches läßt ſich
doch aus vorhandenen Materialien herſtellen. Sehen wir ein=
mal
, was jetzt beſonders beliebt iſt. Jeder kann dann ſeine
Vorräte daraufhin prüfen, was ſie anzufertigen erlauben. Nicht
die Koſtbarkeit des Materials gibt der Handarbeit ihren Wert,
ſendern die Ausführung, die Mühe, die auf ſie verwendet wird.
Man fertigt heutzutage nicht mehr mühſame Kreuzſtichſticke=
reien
an, deren Schönheit durchaus nicht der Plage entſpricht,
die ſie veranlaſſen; dafür aber iſt das wolkendünne, aus weißem
Zwirn geſtrickte Spitzendeckchen moderner denn je, und es hat
die Eigenſchaft, ſich ebenſo gut als Geſchenk für einen Herrn
wie für eine Dame verwenden zu laſſen. Größere Decken, die
als Milieus aufgelegt werden, erhalten ein Mittelſtück in Petit=
pointarbeit
, kleinere bleiben ganz weiß und dienen hauptfächlich
als Unterlage für in der Vitrine aufbewahrte Kunſtgegen=
ſtände
.
Größere Decken werden auch in einer neuen Technik, der ſo=
genannten
Münchener Spitze, gearbeitet. Dahinter ſteckt ein
Arbeit ſparender Schwindel, denn die neue Spitze wird aus
Bändchen, ähnlich den ſeinerzeit beliebt geweſenen Pointlase=
Spitzen, zuſammengeſetzt, doch erhält ſie durch den angewende=
ten
neuartigen Stil ein ganz anderes Ausſehen. Das Milieu
aus Münchener Spitze beſitzt natürlich weder die Zartheit noch
den Kunſtwert des geſtrickten Deckchens; aber für Damen, die

Unterhaltungsblait und Frauenzeitung
wvenig Geduld zu einer Arbeit haben und auch nicht übermäßig
geſchickt ſind, eignet ſich die neue Technik ganz ausgezeichnet.
Die Anfertigung von Wollſachen iſt genau ſo plötzlich, wie
ſie ſeinerzeit auftauchte, wieder vollſtändig verſchwunden. Die
Materialpreiſe ſpielen dabei natürlich eine ganz beſondere Rolle.
Sehr viel wird heute ſogen. Smyrnaarbeit angefertigt. Der
Bett= oder Schreibtiſchvorleger, das Kiſſen oder gar der Schau=
kelſtuhlläufer
in Smyrnaknüpfung dürfen ſich als Weihnachts=
beu
im unruhigen Wirbel die letzten welken Blätter, trübe und gabe ſchon ſehen laſſen, doch ſoll dabei nicht überſehen werden,
daß Smhrnaarbeiten, auch Vorleger und Läufer, mit ſteifer
Zwiſchenlage verſehen und gefüttert werden müſſen. Einem
echten Smyrnateppich entſpricht ein ſolcher Läufer noch lange
nicht, obwohl auch er ſich ziemlich teuer ſtellt.
Viel billiger und auch raſcher anzufertigen ſind Kiſſen und
gänglichteit leuchten die blumenreichen, verheißungsvollen Spen= Decken in Friſéeſtickerei. Dieſe Arbeit iſt in der letzten Zeit
gleichzeitig dadurch bekannt geworden und in Mißkredit geraten,
geliebten teuren Toten und damit zugleich eine leiſe aufſteigende daß Straßenverkäufer an allen Enden und Ecken Berlins die zu
dieſer Arbeit notwendigen kleinen Apparate feilboten und mit
den fürchterlichſten Muſtern für dieſe Arbeit Reklame machten.
Es laſſen ſich aber ſehr hübſche Kiſſen und Ecken für Klavier=
decken
und andere größere ſchwere Stücke, wie Wandbehänge
und ähnliches, herſtellen; die Arbeit geht raſch vonſtatten und
wirkt, richtig gemuſtert, ſehr hübſch.
Zwei bisher ſehr beliebt geweſene Techniken, die Perl=
ſtickerei
und das Batik, haben gegenwärtig alle Anhängerinnen
verloren. Dafür wird eine eigene Art von Tülldurchzug ſehr
bevorzugt. Insbeſondere eine ſehr korativ wirkende Schwarz=
Weiß=Technik findet auf Lampenſchirme gerne Anwendung. Der
Lampenſchirm wird vermutlich überhaupt viel geſchenkter Gegen=
ſtand
ſein. Er hat das Erbe der Teepuppe angetreten, und dar=
über
werden die Beſchenkten gewiß nicht böſe ſein. Denn eine
Teepuppe nun ja, ſie war gewiß ſehr ſchön und wurde ins=
beſondere
in dem Augenblick, da man ſie erhielt, leidenſchaftlich
bewundert; aber nachher wußte man gewöhnlich nicht viel da=
mit
anzufangen.
So ſehen wir, daß es eine ganze Reihe von Handarbeiten
gibt, die ſich zu Geſchenkzwecken wohl auch aus vorhandenen
Materialien herſtellen laſſen; feine Farbenwahl, ſorgfältige
Arbeit und zarte Rückſichtnahme auf Wünſche des zu Beſchenken=
den
geben ſolchen Geſchenken ihren Wert.
Der zeitgemäße Haushalt.
Bügelfalten in Herrenbeinkleidern ohne
Bügeln zu erzielen. Das am Abend durch Ausſchütteln
und Abbürſten vom Staub befreite Beinkleid zieht man in Form,
legt es auf dem Tiſche Naht auf Naht, alſo in die alten Brüche,
und legt es raſch unter das Bettuch, mit dem Oberteil unter das
Kopfkiſſen. Am anderen Morgen ſind die Falten durch die Kör=
perſchwere
tadellos ſcharf gebügelt und elegant im Sitz. Das
Verfahren iſt namentlich für alleinſtehende und viel reiſende
Herren ſehr zu empfehlen. Ein anderes Verfahren beſteht
darin, daß man das nach der Form gezogene Beinkleid auf ein
Plättbrett legt, ein feuchtes Tuch darüber breitet, auf dieſes ein
der Länge der Hoſe entſprechendes Brett, (es kann auch ein
Kuchenbrett oder ähnliches ſein) darauf legt und dieſes mit
Büchern oder anderen ſchweren Gegenſtänden belaſtet. Am Mor=
gen
wird dann das Beinkleid wie friſch vom Schneider gekom=
men
nach dieſer Behandlung ausſehen.
L.
Sparſamſter Gewürzverbrauch. Viele Haus=
frauen
haben noch nicht erprobt, daß alle ſcharfen ausländiſchen
Gewürze, wie Nelken, Gewürz= und Pfefferkörner, Zimt, Vanille,
Zitronen= und Apfelſinenſchale, bei einmaligem Gebrauch kaum
zur Hälfte ausgenutzt werden. Die in ihnen enthaltenen Würz=
ſtoffe
ſind ſo ſtark, daß ſie noch ein zweites, ja ein drittes Mal
als Speiſewürze dienen können, wenn ſie zu dieſem Zweck auf=
gehoben
werden. Am beſten geſchieht dieſes in einer Gewürz=
kugel
von Aluminium, die, an kleinem Kettchen mit Haken in die
Speiſen gehängt, nach Gebrauch raſch in Waſſer getaucht, zum
Abtropfen aufgehängt werden kann, um danach von Neuem ver=
wendet
zu werden. Die kleine Ausgabe dafür macht ſich jeden=
falls
raſch bezahlt.
R.
Aufbewahrung von Winteräpfeln. Um Aepfel
bis zum Frühjahr vollkommen friſch zu erhalten, empfiehlt es
ſich, ſie lagenweiſe in einen mit mehrfachen Schichten Zeitungs=
papier
auf dem Boden und an den Seitenwänden austapezier=
ten
Reiſekorb oder Kiſte zu legen. Zwiſchen jede Lage Aepfel
kommt eine Lage Papier und zum Schluſſe ebenfalls eine dicke
Schicht davon. So verpackt widerſtehen ſie nicht nur einigen
Kältegraden, ſondern ſie bleiben auch ſaftig und runzeln nicht,
da ſie von der Luft abgeſchloſſen ſind. Allerdings muß man ſie
von Zeit zu Zeit durchſchauen aber an froſtfreien Tagen ,
um angefaulte Stücke zu entfernen.
Billiges Schnellgebäck für den Kaffeetiſch.
Man ſchneidet geſchälte und vom Kernhaus befreite, ſäuerliche,
ziürbe Aepfel in kleinfingerdicke Scheiben und läßt ſie eine halbe
Stunde, um Zucker zu ſparen, in heiß aufgelöſtem Süßſtoff
durchziehen. Dann bereitet man aus 1 Taſſe Magermilch, 1 Tee=
löffel
Trockenei, 2 Eßlöffel Mehl und 1 Meſſerſpitze doppel=
kohlenſaurem
Natron einen dickflüſſigen Ausbackteig, taucht mit
einer Gabel die Scheiben hinein, läßt ſie raſch auf beiden Seiten
in Fett und Oel hellbraun backen und ſiebt etwas Zucker mit
Zimt darüber. Warm und kalt iſt dieſes Gebäck gleich vorzüg=
lich
von Geſchmack.

gefühl getrieben, wiederum auf die Suche nach neuen Vorräten
zu machen.
Täglich ſtiegen die Preiſe. Täglich vergiftete ſie der Ge=
danke
: Hätte ich doch vor einem Jahr, vor einem Monat, vor
einer Woche noch den Kleiderſtoff, die Stiefel, die Marmelade,
den Reis, die Grütze gekauft! Ich hätte die Hälfte, zwei Dritt I,
neun Zehntel daran geſpart.
Um für die kommenden Tage dieſem Vorwurf ſich zu ent=
ziehen
, nahm ſie die Qual der Gegenwart auf ſich, das Leben
einzudecken. Längſt war Kaſten, Truhe, Schrank gefüllt, doch
kein Ende der Teuerung abzuſehen.

Fliegende Angſt ſchoß der Frau ins Blut, wenn ſie der
Tage dachte, da alles aufgegeſſen und aufgetragen ſein würde.
Schon blieben die Einnahmen hinter den Koſten der Lebens=
haltung
zurück. Was, wenn die Entwicklung ein noch raſenderes
Zeitmaß annahm und man nicht mehr mitkonnte?
Früher war Frau Beate ſpäzieren gegangen, hatte Kladier
geſpielt, eine feine Spitze geklöppelt, ein gutes Buch geleſen, ihre
zübſche blonde Perſon gepflegt; zu alle dem kam ſie nicht mehr,
Laſtträgerin, die ſie geworden war an Körper und Gemüt.
Sie wußte kaum, was ſie entbehrte; denn ſie ſah die anderen
Fra en derſelben Not verfallen.
Sklavinnen von Ding und Stoff.
Und wenn ihnen noch ein Freudenſchein im Auge blickte, ſo
var es, weil ſie ſagen konnte: ich habe noch fünf Meter Tuch
gefunden, das für die Ewigkeit hält oder: mit Garn habe ich
vorgeſorgt, bis ich alt und grau bin.
Und dann ging man wieder kaufen. Denn der Zucker
ſchmand hin und der Reis und der Tce.
Danaidenarbeit der Frauen . . .."
Die unabläſſige Wiederkehr des Zielloſen machte, ſo müde.
Eines Tages wandelte Beate eine große Schwäche an. Sie
lüchtete aus dem Kaufhaus an die friſche Luft. Fern über
Dächern winkten Wipfel. Dorthin ſtrebte ſie mit ſchweren Füßen.
Ein E. iten tat ſich vor ihr auf, herbſtgolden über der Buntheit
ſpäter Blumen. Bänke ſtanden unter Büſchen. Sie ſank auf
ine Ruheplatz, kam zu ſich, trank die Stille ...
Vor ihr hob ſich ein Kreuz. Sie entzifferte die verwitterte
Schrift ſeines Spruches: In der Welt habt ihr Angſt. Aber
eid jetroſt, ich habe die Welt überwunden.
Jetzt erſt merkte ſie, daß ſie auf einem alten Friedhof war.
erfallene Hügel, ausgelöſchte Namen auf vermorſchten
Steinen. Das alſo war das Ziel alles Treibens?

Ein großes Erſtaunen überwältigte ſie. Man braucht das
Leben nur von rückwärts zu betrachten, und alle Unraſt und
Ungewißheit ſchwinden. In der Welt habt ihr Angſt. . .
Ihre Stirn entwölkte ſich.
Das war die erſte Atempauſe ſeit vielen Monaten.
Nachts träumte ſie einen ſchweren Traum: ſie ſei geſtorben.
Dunkel war um ſie her und Stille und eine ferne feine Muſik.
Und ſie fühlte, daß ſie etwas dorthin zog, wo die milden Klänge
herkamen. Wie im Nebel ſah ſie andere Weſen durchſichtig und
bleich in leiſem Fluge gleiten. Auch ſie ſpürte in den Schultern
eine neue Kraft ſich regen, ſich zu löſen, ſich emporzuſchwin=
gen
. Aber ihre Füße hielten, wie mit Schwergewichten behängt,
am Boden. Denn auf der feſten Erde lagen tauſend Dinge, mit
deren Zuſammenſchleppen ſie ihr Leben hingebracht. Die über=
lebten
ſie.
Doch im Chor der ſeligen Seelen wurde ſie plötzlich, wie
von einer Sturmflut getragen, mit emporgeriſſen. Auf einer
leuchtenden Wolke glitten ſie zur Himmelspforte.
Dort ſtand der heilige Petrus und verteilte Eintrittskarten.
Wer hinein wollte, mußte einen Ausweis erbringen.
Beate hätte gerne gehört, welcher Art der der anderen war;
doch Rede und Gegenrede gingen ganz unbegreiflich geräuſchlos
vonſtatten, damit niemand beſchämt würde.
Als die Reihe an ſie kam, konnte ſie die Frage nach ihrer
Anwartſchaft auf den Himmel nur ſo beantworten: Ich habe
auf Erden ſtets verſucht, meine Pflicht zu tun.
Worin beſtand dein Tun?
Ich habe vorgeſorgt, auf daß die Meinen keine Not litten.
Und deine arme Seele iſt daran erſtickt.
Herr, alle Frauen tun auf Erden ſo in dieſer ſchweren Zeit.
Siehſt du die leichte Wolke dort, auf der du flogſt?
Ja, Herk.
Du hätteſt ſie auf Erden ſehen können, wenn du den Blick
erhoben hätteſt von den Dingen, die die Motten und der Roſt
freſſen.
Wolke und Geſtirn wandeln über den Sterblichen. Bäume
wachſen auf Erden und weiſen empor wie Türme, und
das Licht der Sonne vergoldet und überflammt ſie. Un=
käufliche
Schönheit ſchenkte auch der Schöpfer im Himmels=
blau
. Alles war über dir. Du ſaheſt es nicht. Das alles
iſt ewig und das Maß des Weltgeſchehens. Ihr aber ſammelt
für die Ewigkeit vergängliche Dinge, ihr Kinder, ihr Toren,
und müßt davon, wenn eure Uhr abgelaufen iſt, und tatet
vergebliche Arbeit. Und meint ſo klug zu ſein ..."

Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Kh5 Sd7 14 Bd3 e3 f3 (6);
Schwarz: Kf5 Te6 Lf6 Bd6 e4 e7 (6); 2+
Aufgabe 54
Konrad Erlin in Wien.
(1. Preis im H. L. Schuld=Gedenkturnier des Niederländiſchen Sche
bundes 1921.)
Weiß: Kh7 Dd8 Te4 Lc1 g8 Bg5 (6);
Schwarz: Kd3 Sd1 h4 Bc2 c3 d4 e5 (7).
Matt in drei Zügen.
Berichtigung. In Aufgabe 51 ſteht auf h1 nicht ein weiße
ſondern ein ſchwarzer Springer. Wir bitten unſere Löſer, die die Au
gabe ſchon bewältigt zu haben glaubten, ſich daraufhin nochmals u
ihr zu befaſſen.
Briefkaſten. H. M. Aufgabe 41: 1. Dc3:7 Lc3:1 2. Td1
Ket! 3. Lc6+ d5 Aufgabe 44: 1. Dd42 Kc8! 2. Dd6 Te7
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schrif
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchriſt Schach

und Rätſel

Darmſtädter Silbenrätſel.
a, ab, bat, bas, bers, bert, bach, dam, de, de, dorf, dom, e, e,
el, fric, gog, hi, i, kin, le, li, ma, ma, mei, ne, nin, ra, ra, ſ:
ta, tan, to, tra.
Aus vorſtehenden Silben ſind 15 Wörter von folgender Be
deutung zu bilden: 1. Ruſſiſcher Heerführer gegen die Bolſchewiſter
2. Namhafter japaniſcher Politiker. 3. Hochſtehender deutſche
Staatsmann. 4. Bezeichnung für einen Politiker, der aus Selbſ.
ſucht ſeinen Einfluß mißbraucht. 5. Weiblicher Vorname. 6. Stal
in Polen. 7. Wegemaß. 8. Bezeichnung der franzöſiſchen Reiter
aus Algerien. 9. Gerbſäure. 10. Berühmter perſiſcher Scha.
11. Hervorragender angelſächſiſcher Schriftſteller des Mittelalter=
12. Ort im Unterelſaß. 13. Gebirgszug in Ungarn. 14. Ort i
Sachſen. 15. Stadt in Marokko.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben ergeben, beide von oben nac
unten geleſen, ein hieſiges Wohltätigkeitsunternehmen, deſſen Unter
ſtützung Ehrenſache aller Darmſtädter Bürgerinnen und Bürge
ſein muß.
Th=s,
Streichholz=Rätſel.
Von den 7 fetten Hölzche=
ſind
6 umzulegen und eine
zu entfernen, ſo daß de
-L

Name eines anderen Opern
komponiſten entſteht.
Carl Deubel.
Auflöſungen.
Silbenrätſel: 1. Diana, 2. Ahab, 3. Salonie, 4. Laubach
5. Amalie. Das Laabche‟.
Rätſel: 570. Schaufel, Schlaufe. 571. Bruch. 572. Nachtkerze

Verantwortlich: Mat Streeſe.

Herr, ich tat, wie alle Menſchen tun, die nur die Dinge
kennen, die man mit Geld erkaufen kann. Schon die Kinder
tun ſo ..."
So ſieh die Tiere an. Sie wiſſen nichts vom Gelde. Darun
ſind ſie in all ihrer Unvollkommenheit dem Ewigen näher
als ihr.
Ein Hund bellte.
Beate erwachte. Ausgeruht und lebendig. Sie ſann in der
blauen Himmel hinein, an deſſen Tür ſie dieſe Nacht geſtanden
An dieſem Tag blieb ſie zuhauſe, pflegte ihre Blumen, las in
ihrem Goethe, ſpielte mit ihrem Hunde und dachte der großen
Frage nach, die aus dem Tierauge heiſcht.
Irgend ein Klang hing ihr im Ohre feſt. Ein ferner Klang
aus Jugendtagen. Ihr Einſegnungsſpruch? Erinnerungsfetzen
ſammelte ſie. In der Welt habt ihr Angſt . . ." Aber nein,
das hatte auf einem alten Kreuz in einem Totengarten geſtan=
den
. Und aus dem Totengarten war ihre arme Seele in den
Himmel aufgeſchwebt. Hatte Zwieſprache mit dem heiligen
Petrus gehalten. Und der Heilige im langen ehrwürdigen Bart,
den blitzend goldenen Schlüſſel in der Hand, hatte die Dinge
dieſer Welt geſchmäht. Mit einem Wort der Bergpredigt. ...
Das war ihr noch aus ihrer Schulzeit geläufig.
Sie ſchlug ihre Traubibel auf. Wohl zum erſten Male, Las
das Kapitel, in dem ſie den Spruch fand: Darum ſollt ihr nicht
ſorgen und ſagen: Was werden wir eſſen? Was werden wir
trinken? Womit werden wir uns kleiden? Sorget nicht für
den anderen Morgen, denn der morgende Tag wird für das
Seine ſorgen. Es iſt genug, daß ein jeglicher Tag ſeine eigene
Plage habe.
War das eine Befreiung ihr, der Unfrommen? War es
auch noch gültig zweitauſend Jahre nachdem es geſprochen, in
einer verwandelten, zerſtörten, entgötterten Welt?
Ihr Verſtand entgegnete: nein. Ich habe recht getan, indem
ich Vorräte häufte für morgen, übermorgen und für lange
Wochen voller Gefahren.
Ihre Seele jubelte: ja. Denn der Menſch lebt nicht vom
Brot allein. Der Menſch, der nur ein Sammler und ein Hüter,
alſo ein Diener ſeiner Schätze iſt, iſt unfreier als ein Tier ...
Können wir in uns eine Hoch=zeit erleben, der Verſtand
und Seele ſich vermählen?
Mag er dann für die Wirklichkeiten ſorgen; doch unſerer
armen Seele wollen wir nicht vergeſſen, auf daß ſie wieder Flü=
sel
breiten lerne ins unendliche Blan über den Dingen.