Darmstädter Tagblatt 1923


18. November 1923

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Nummer 3419
Sonntag, den 18. November 1923 186. Jahrgang

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ſer


rlamentariſche Aktivität Streſemanns.
Berlin, 17. Nov. (Priv.=Tel.) Zur Regierungs= bezw.
rlamentskriſe bemerkt heute die Zeit: Die parlamentariſche
idung wird vorausſichtlich in der erſten Hälfte der kom=
wi
Woche fallen. Der Reichskanzler beabſichtigt, ſie für den
ag zu fordern, an dem der Reichstag zuſammentritt. Da
ittwoch ein Feiertag iſt, ſo dürfte eine Verzögerung der
idung eine unnötige Verſchleppung bedeuten. Das Blatt
ſt, daß die Demokraten und das Zentrum auf der Seite
binetts Dr. Streſemanns ſtehen. Damit wird allen Kriſen=
en
der Boden entzogen. Ueber die Haltung der ſozial=
atiſchen
Reichstagsfraktion läßt ſich eine abſchließende
ng noch nicht gewinnen. Die Fraktion wird am Montag
nentreten und erſt in dieſer Sitzung ſich endgütlig ent=
i
. Wenn behauptet wi d, daß ſich der Reichspräſident
die Auflöſung des Reichstages ausgeſprochen habe und
zerweigerung der Vollmachtserteilung in Ausſicht ſtellte,
dieſe Behauptung ebenſo aus der Luft gegriffen, wie alle
n Gerüchte, die in der letzten Zeit in die Welt geſetzt wor=
d
, um die politiſch=parlamentariſche Lage zu verwirren.
Beſprechungen in Berlin.
erlin, 17. Nov. Heute vormittag fand eine Beſpre=
der
Miniſterpräſidenten der an den beſetzten
en unmittelbar intereſſierten Länder Preußen, Oldenburg,
und Heſſen mit der Reichsregierung ſtatt. Im Anſchluß
trat der Fünfzehner=Ausſchuß des beſetzten Gebietes zu
Zeratung mit der Reichsregierung zuſammen. Man glaubt,
ahrſcheinlich noch heute entſcheidende Beſchlüſſe in der
andfrage gefaßt werden.
ſeratungen der Deutſchen Volkspartei.
. Berlin, 17. Nov. Die Reichstagsfraktion der Deut=
Folkspartei hielt am Samstag nachmittag eine mehrſtün=
itzung
ab, die ſich im wefentlichen mit der Vorbereitung
Sonntag in Berlin ſtattfindenden Zentralvorſtandsſitzung
rtei beſchäftigte. Bei dieſer Gelegenheit wurde die geſamte
de Lage eingehend durchgeſprochen. Beſchlüſſe wurden je=
cht
gefaßt.

Vom Tage

Nach einer Habasmeldung aus Koblenz iſt von der Griesheim Elek=
tron
und den zu dieſer Intereſſengemeinſchaft gehörenden Werken des
beſetzten Gebietes am 1. November eine proviſoriſche Abmachung mit
der Rheinlandkommiſſion getrofſen worden. Ihre Beſtimmungen lau=
ten
ähnlich, denen mit der Farbſtoffinduſtrie vom 10. November und
gelten wie dieſe für drei Monate.
Havas berichtet aus Mainz, daß dort eine techniſche Konferenz
zwiſchen den franzöſiſch=belgiſchen Negievertretern und deutſchen Eiſen=
bahnverwaltungen
begonnen habe. Auf der Tagesordnung ſtehe zu=
nächſt
die Frage: Wiederaufnahme des Verkehrs zwiſchen dem Ruhr=
gebiet
und dem nicht beſetzten Deutſchland. Vom 19. November ab
wird die deutſche Eiſenbahnverwaltung zur Regelung von Verkehrs=
fragen
an Ort und Stelle bei der Regiedirektion in Eſſen vertreten ſein.
Nach einer Meldung aus Düſſeldorf iſt am Freitag in Köln
von neuem über die Schaffung einer Rheiniſchen Emiſſionsbank ver=
handelt
worden. Die Rheinlandkommiſſion ſei durch den Leiter ihrer
Finanzabteilung vertreten geweſen. Der Kölner Bankier Louis Hagen,
der der Urheber des Planes der Emiſſionsbank ſei, ſei am Abend noch
nach Berlin abgereiſt.
Einige Frankfurter Blätter bringen eine Meldung, wonach zur
Zeit Verhandlungen ſtattfinden über eine Ueberlaſſung einiger Bahn=
ſteige
des Frankfurter Perſonenbahnhofes an die franzöſiſch=belgiſche
Eiſenbahnregie. Von ſolchen Verhandlungen iſt bei der Eiſenbahn=
direktion
Frankfurt nichts bekannt.
Der frühere baheriſche Miniſter Roth iſt augenſcheinlich im Zu=
ſammenhange
mit dem Münchener Putſch verhaftet worden. Roth
hatte ſich als Führer eines Teiles der vaterländiſchen Verbände Hitler
eng angeſchloſſen.
Der franzöſiſche Kammerpräſident teilte am Schluſſe der letzten
Sitzung mit, daß der Abgeordnete Herriot eine Interpellation über den
Stand der Verhandlungen zwiſchen den Vereinigten Staaten und
Frankreich in der Reparations= und Kriegsſchuldfrage angekündigt hat.
Der engliſche König hat Lord Ceeil die Würde eines Peers ver=
liehen
. Infolge deſſen kann dieſer nicht als Kandidat bei den Neu=
wahlen
zum Unterhauſe auftreten. Lord Robert Ceeil iſt ein eifriger
Vorkämpfer des Freihandels.

Imtlicher Oollarkurs 2 326 300000000

Senatsrede Muſſolinis.
m, 17. Nov. (Wolff.) In ſeiner Senatsrede gab
olini einen Nückblick auf die Reparationsfrage,
auf der Londoner und der darauf folgenden Pariſer Kon=
ohne
Erfolg behandelt worden ſei. Zur Ruhrfrage ſtellte
iniſterpräſident feſt, daß Italien von Beginn an darauf
en habe, die Ruhraktion als eine rein zivile, nicht als
ilitäriſche zu geſtalten. Als die Aktion dennoch und trotz
mellen Widerſpruchs Englands einen militäriſchen Cha=
annahm
, habe Italien mit Rückſicht auf die möglichen
n Folgen auf die Entente ſich nicht zurückgezogen. Außer=
itte
die Zurückziehung Italiens deſſen Kohlenverſorgung
ß gemacht; überdies wäre in der Politik Frankreichs keine
ung eingetreten. Der Bruch mit Frankreich und die end=
Trennung von ſeinen Kriegsverbündeten hätte Italien
kantwortung für die Annullierung des Verſailler Vertrags
gt und eine furchtbare Iſolierung Italiens herbeigeführt.
en ſei bereit, Opfer gegenüber Deutſchland zu bringen,
ir im gleichen Verhältnis wie die anderen. Italien habe
m Falle, wo es möglich war, hinſichtlich Deutſchland in=
ert
. Aber könne Italien eine ſchöne Geſte machen, und
ne Forderungen Verzicht leiſten, während ſeine Alliierten
auf keine einzige Lire ihrer Forderungen verzichtet hät=
Tebrigens habe ſich Italien erſt kürzlich in der Frage der
tionalen Konferenz unter der Teilnahme der Vereinigten
i dem engliſchen Standpunkt angeſchloſſen. Auch in der
der militäriſchen Kontrolle und der Rückkehr
hemaligen Kronprinzen nach Deutſchland ſeien
en und England einig. Man müſſe es offen aus=
i
, daß die Forderung nach einer Auslieferung des Kron=
ein
Irrtum ſei und in eine Sackgaſſe führen würde, aus
n nur durch neue Verwicklungen der Lage herauskommen
ſiſſolini ging im weiteren Verlauf ſeiner Rede auf den
italieniſch=griechiſchen Zwiſchenfall
d kam hierbei auf den Völkerbund zu ſprechen, der
Italien Stellung genommen habe. Hierbei betonte er, daß
im Vergleich zu England, Frankreich und der Schweiz,
es ſich um einen ſtändigen Beamten handelt, ſtark im
I ſei. Italien beabſichtige nicht, aus dem Völkerbund
uſcheiden, und zwar ſchon aus Rückſicht auf den Ver=
Vertrag, aber es könne darin nicht unter den gegenwär=
Bedingungen der Unterlegenheit bleiben. Es müſſe ein
unbedingter Gleichheit unter den drei Nationen hergeſtellt
, die den Völkerbund geſchaffen hätten. Ueber
Fiume
Muſſolini, die paritätiſche Kommiſſion ſei zu keinem Er=
gelangt
. Er habe Südſlawien eine billige Regelung vor=
gen
und hoffe, demnächſt eine Löſung zu erreichen. Die
einer Großmacht müſſe weite Horizonte haben. Eine auf
Iffen geſtützte auswärtige Politik, eine auswärtige Politik,
ttunft und Leben der Nation Verpflichtungen auferlege,
nur von einer verantwortlichen Regierung, die im Beſitze
nntnis aller Faktoren der Lage ſei, geführt werden. Muſ=
fügte
hinzu, man ſolle nicht von einer auswärtigen Politik
ngter Unabhängigkeit träumen, aber ebenſowenig ſei eine
rtige Politik untergeordneter Mitarbeit möglich. Eine
der Iſolierung rechtfertige ſich dann, wenn die Intereſſen
as zu denen anderer Mächte als Folge einer auf der
chkeit der Unabhängigkeit und des Friedens eingeſtellten
im Gegenſatz ſtehen. Aber eine ſolche Politik des Frie=
jurfe
nicht blind und optimiſtiſch ſein, ſie müſſe weitblickend
ohl vorbreitet ſein.

Der Miniſterpräſident erwähnte in dieſem Zuſammenhange,
daß der Oberbürgermeiſter von Wien dieſer Tage die
demnächſtige Vereinigung Oeſterreichs und Deutſchlands begrüßte.
Deutſchland werde im gegebenen Augenblick ein Faktor im
Spiele der europäiſchen Politik werden.
Rußland werde ſeine Wunden heilen, es werde aber
künftig nicht ſozialiſtiſchen Imperialismus treiben, ſondern viel=
leicht
in die Bahnen des alten panſlawiſtiſchen Imperialismus
einſchwenken. Angeſichts der Unruhe, die das Leben Europas
beherrſche, und der Ungewißheit der Zukunft müſſe man wach
und vorbereitet ſein. Dank dem Faſzismus könnte das ita=
lieniſche
Volk, das die Diſziplin der Einigkeit wieder gewonnen
habe, und Heer und Flotte gegenwärtig jeder Probe unterworfen
werden, ſofern es ſich um Intereſſen der Würde und Zukunft des
Vaterlandes handle.
Die Ausführungen des Miniſterpräſidenten wurden vom
Senat mit allgemeinem lebhaftem Beifall aufgenommen.
Muſſolinis Politik vom Senat gebilligt.
Rom 17 Nov. (Wolff.) Nach ſeiner Rede wurde Muſſo=
lini
von ſämtlichen Senatoren beglückwünſcht. Der Senat nahm
darauf folgende Tagesordnung an: Der Senat billigt nach An=
hörung
der Erklärungen des Miniſterpräſidenten die von ihm
vorgetragenen Richtlinien für die auswärtige Politik der Re=
gierung
.
Mac Neill um die Allianz beſorgt.
London, 17. Nov. (Wolff.) Der Unterſtaatsſekretär für
auswärtige Angelegenheiten, Mac Neill, erklärte geſtern in
einer Rede in Cambridge über die auswärtige Lage, die alles
überragende Sorge der Regierung ſei, wie die Allianz
mit den Alliierten aufrecht erhalten werden
ſoll. Die Regierung ſei beſtrebt, zu verhüten, daß eine Kluft
zwiſchen England und ſeinen franzöſiſchen Alliierten erſtehe. Die
Lage ſei gegenwärtig beſonders ſchwierig; deshalb wolle er nur
ſagen, er lehne es ab, obgleich Urſachen für ernſte Befürchtungen
beſtänden, die Hoffnung aufzugeben, daß die franzöſiſchen Freunde
auch jetzt noch England in den Stand ſetzen, mit ihm zuſammen
zu wirken, während es ſeine eigenen Intereſſen und den Weg, den
es für richtig halte, wahre. Auf die letzte Erklärung des Generals
Smuts Bezug nehmend, ſagte Mac Neill: Es gebe Faktoren,
über die Smuts nicht voll unterrichtet ſein könne. Aber die Re=
gierung
ſtimme darin mit ihm vollkommen überein, daß die
beſte Hoffnung für die Welt in Zukunft in dem
Zuſammenwirken zwiſchen dem britiſchen Reich
und den Vereinigten Staaten liege. Die Regierung
ſei ebenſo beſtrebt wie Smuts, dieſes Zuſammenwirken zwiſchen
Amerika und England ſo herzlich wie möglich zu geſtalten und
zwar durch irgendeine Methode, die der amerikaniſchen Regierung
anwendbar erſcheine.
Die Dollar=Anleihe.
Paris, 17. Nov. (Wolff.) Die Chicago Tribune
berichtet aus Newyork: Nach dem Waſhingtoner Korreſpondenten
der New. York Times ſei geſtern die Londoner Meldung,
Präſident Coolidge erwäge eine, Anleihe in Höhe von
90 Millionen Dollars für Deutſchland zum Ankauf von
Nahrungsmitteln, in den Vereinigten Staaten, in Abrede geſtellt
worden. Es ſei ſeit einigen Wochen die Rede von einer An=
leihe
mit Hilfe der amerikaniſchen War Finance Corporation
geweſen für Weizenaufkäufe in den Vereinigten Staaten, um
auch die Lage der amerikaniſchen Weizenprodu=
zenten
zu heben. Dieſe Anleihe ſollte durch befriedigende deut=
ſche
Sicherheiten garantiert werden.

Die Woche.

Nach mehreren bedeutungsvollen Reden iſt das engliſche
Unterhaus am Freitag auseinandergegangen, und ein neuei
Wahlgang wird darüber zu entſcheiden haben, in welcher Zuſam=
menſetzung
das engliſche Parlament am 5. Dezember wieder zu=
ſammentritt
. Die Auflöſung des Parläments, die Befragung
der Wählerſchaft vor einer ſo grundlegenden Entſcheidung, wie
ſie die Rückkehr zum Schutzzoll bedeuten würde, entſpricht durch=
aus
den britiſchen Gepflogenheiten. Es iſt aber mehr wie wahr=
ſcheinlich
, daß im kommenden engliſchen Wahlkampf die außen=
politiſchen
Fragen eine ganz beſondere Rolle ſpielen werden.
Mehr und mehr empfindet man nicht nur in England, ſondern,
wie die nun zu Ende gegangene britiſche Reichskonferenz be=
wies
, im ganzen britiſchen Weltreich die ſtarke Bedrohung durch
die franzöſiſche Politik. Die ſtarke außenpolitiſche Zurückhaltung
Bonar Laws, das vorſichtige Taſten ſeines Nachfolgers Baldwin,
haben in England die Unzufriedenheit ſtark geſteigert. Klar
empfindet man es, wie gewaltig Englands politiſche Stellung an
Weltgeltung verloren hat und die brutale Rückſichtsloſigkeit des
franzöſiſchen Miniſterpräſidenten hat ihr Teil zu dieſer Entwick=
lung
beigetragen. Die britiſche Reichskonferenz, die, verbunden
mit einer Wirtſchaftskonferenz, am 1. Oktober in London degann,
ſollte nicht zuletzt dazu dienen, Englands Stellung in Europa zu
ſtärken. Sie konnte das um ſo mehr, als die Miniſterpräſidenten
der einzelnen Staaten, mit Ausnahme des Generals Smuts,
von den europäiſchen Verhältniſſen doch wohl nur eine recht un=
klare
Vorſtellung hatten. Die Konferenz hat mit einer Ent=
ſchließung
geendet, die genau in der Richtung der engliſchen Poli=
tik
liegt, und eine erneute moraliſche Offenſive gegen Frankreich
bedeutet, indem ſie zwiſchen den Zeilen die franzöſiſche Politik
verurteilt, und dem britiſchen Kabinett nahelegt, eigene Wege zu
gehen, falls Frankreich in ſeiner gegenwärtigen Haltung behar=
ren
ſollte. Daß hierbei ſtarke wirtſchaftliche Intereſſen mitge=
ſprochen
haben, liegt auf der Hand. Deutſchland war im Frieden
Englands beſter Kunde. Die engliſche Arbeitsloſigkeit drückt auf
die Rohſtofferzeugung in den engliſchen Kolonien, und wenn auch
der kommende Schutzzoll die Blutzirkulation zwiſchen England
und den Dominions beſchleunigen ſoll, ſo braucht doch der ge=
ſamte
Wirtſchaftskomplex trotzdem noch den Kräfteaustauſch nach
außen. Die Wirtſchaftskonferenz zeigt in ihren Ergebniſſen die
Anſätze einer ganz neuen Entwicklung, die Anfätze eines Welt=
imperiums
, das, in ſich abgeſchloſſen, ſich durch gegenſeitigen
Austauſch von Ware und Rohſtoff unabhängig zu machen ſucht
von den Folgen nachbarlicher Gewaltpolitik, aber auch von
den Gefahren ausländiſcher Konkurrrenz. Da der deutſche
Wettbewerb kaum noch eine Rölle ſpielt, ſo richtet ſich guch die
Schutzzollmauer in erſter Linie gegen Fraikkreich, welches in dem
Augenblick, in dem die Zollſchranken um das ganze engliſche
Weltreich gehen, keine Hoffnung mehr hat, ſeine Produkte abzu=
ſetzen
, ſelbſt wenn ihm ſeine Gewaltpolitik an der Ruhr Deutſch=
land
gegenüber reſtlos gelingen ſollte.
Er habe den Alliierten mitgeteilt, ſo führte Baldwin ant
Donnerstag im engliſchen Unterhaus aus, daß die Mitwirkung
Großbritannniens nicht unbegrenzte Zeit durchgeführt werden
könnte, wenn die gegenwärtige Lage andauere. Es könne
ſchwierig, ſein, unbegrenzteBeit die Bemühun=
gen
aufrecht zu erhalten, mit den Alliierten zu=
ſammenzuarbeiten
, welche dies ſo ſchwierig
machten. Die Verhandlungen mit Amerika ſeien
durch das Vorgehen zweier Verbündeter zum
Scheitern gebracht worden. Die erſte Pflicht der
neuen Regierung werde ſein, die Geſamtſitug=
tion
in bezug auf die Reparationsfrage erneut
zu prüfen und über die notwendigen Schrirte zu
entſcheiden. Es iſt von allergrößter Wichtigkeit, daß die
Entwicklung, welche die Dinge jenſeits des Kanals nehmen, von
der deutſchen Regierung richtig erkannt wird. Auf der anderer,
Seite aber und das iſt faſt von ebenſo großer Bedeutung
darf ſich die deutſche Oeffentlichkeit keinerlei Illuſionen über eine
etwaige alsbaldige Entlaſtung durch England hingeßen. Die
engliſche Politik weiß fehr kühl zu rechnen, ſie weiß insbeſondere
abzuwarten, und auch ein Regierungswechſel wird kaum die
Grundeinſtellung der engliſchen auswärtigen Politik jemals än=
dern
. Zwiſchen jenem berühmt gewordenen klaren Artilei der
Saturday Review (in dem ausgeführt wurde, daß, wenn heute
die deutſche Flotte vernichtet würde, es morgen keinen Engländer
geben würde, der nicht um ſo viel reicher geworden ſei) und dem
tatſächlichen Ausbruch des Weltkrieges liegen faſt 20 Jahre!
Die Meinungsverſchiedenheiten zwiſchen England und Frank=
reich
ſind, nicht nur in der Reparationskommiſſion, wo Sie
John Bradbury eine an Deutlichkeit nichts zu wünſchen übrig
laſſende Rede hielt, ſondern auch beſonders in den wiederholten
Sitzungen der Botſchafterkonferenz zu klarem Ausdruk gekom=
men
. Von engliſcher Seite wird den franzöſiſchen Verſuchen, die
Rückkehr des Kronprinzen nach Deutſchland und die Militär=
Kontrollfrage zu neuen gewaltſamen Vorgehen auszunutzen, we=
nig
Gegenliebe entgegengebracht, und es dürfte auch in Anbe=
tracht
der eben erörterten Geſamteinſtellung der engliſchen Poli=
tik
zur europäiſchen Frage wenig Ausſicht vorhanden ſein, daß
man in London den neuen franzöſiſchen Wünſchen entgegen=
kommt
, welche lediglich die Politik Poincarés einen Schritt ſei=
ter
bringen würden.
Eine erhebliche Rolle ſpielt auch die ſtarke Differenz ziviſchen
den beiden Kabinetten in der Frage des von den Franzoſen am
Rhein aufgezogenen Separatiſtenſpukes. Mit nicht mißzuver=
ſtehender
Deutlichkeit hat die britiſche Regierung erklärt, daß eine
Veränderung der ſtaatlichen Grenzen am Rhein für England
nicht annehmbar ſei, und die Note, die am Mittwoch der engliſche
Botſchafter Lord Crewe in Paris Poincaré übergab, weiſt neuer=
dings
darauf hin, daß ein Erfolg der Separatiſten,bewegung,
d. h. die Loslöſung irgendwelcher Gebietsteile vom Reich even=
tuell
ſogar die Gültigkeit des Verſailler Vertrages überhaupt in
Frage ſtellen würde. Daß Frankreichs Miniſterpräſident dem=
gegenüber
an der Behauptung feſthalten möchte, daß die fran=
zöſiſchen
Beſatzungsbehörden den Separatiſten neutral gegen=
überſtänden
, iſt vielleicht begreiflich, nur müßte man ſich eigentlich
auch in Paris ſagen können, daß, angeſichts der Tatſachen ſelbſt,
einer ſo dreiſten Lüge wenig Erfolg beſchieden ſein kann.
In Frankreich ruft man nach Sanktionen, und der New
York Herald weiß ſogar bereits von einer Beſtätigung zu be=
richten
, daß Poincaré die Beſetzung Hamburgs plane. Der Ruhr=
einbruch
, der auch nach der Kammerrede Poincarés vom Frei=
tag
, ein ſehr erhebliches finanzielles Defizit aufzuweiſen hat,
ſcheint den Diktator Europas zu neuen Taten anregen zu wol=

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 18. November 1923.

Rummer

len. Demgegenüber gilt es in Deutſchland, nicht die Nerven zu
verlieren. Wir haben ſeit längerer Zeit auf dem Standpunkt
geſtanden, daß ein weiteres Nachgeben Deutſchlands den Beſtand

des Reiches aufs Aeußerſte gefährden würde und haben daher
jene Aeußerung des Reichskanzlers, daß das Deutſche Reich nie=

mals den franzöſiſchen Länderraub durch ſeine Unterſchrift lega=
liſieren
werde, für unbedingt in der Linie der einzig möglichen
deutſchen Politik liegend gehalten. Jetzt rückt die Ent=
ſcheidung
heran. Das Deutſche Reich iſt nicht mehr in
der Lage, die ungeheuren Koſten zu tragen, welche der franzö=
ſiſche
Ruhreinbruch und ſeine Folgen verurſacht. Eine Beibe=
haltung
der bisherigen Methoden, auch nur für eine beſchränkte
Zeit, würde die finanzielle Kataſtrophe und damit die Kata=
ſtrophe
überhaupt, für das geſamte Reich im Gefolge haben.
Weil dem aber ſo iſt, haben die Franzoſen bisher alle Verſuche,
das zerſtörte Wirtſchaftsleben an Rhein und Ruhr wieder in
Gang zu bringen, mit Erfolg ſabotiert. Töricht wäre es, anzu=
nehmen
daß in dieſer Haltung eine Aenderung eintreten würde,
ſo lange das Reich an der bisherigen Praxis feſthält. Eine Er=
klärung
aber der deutſchen Reichsregierung, etwa des Inhalts,
daß das Reich nicht mehr in der Lage ſei, die bisherigen Unter=
ſtützungen
zu zahlen, möchte man zur Propaganda für die Los=
löſung
des Rheinlandes vom Reich benutzen. Wir ſind nicht in
der Lage, die Lande an Rhein und Nuhr mit Waffengewalt zu
befreien, eine fürchterliche Folge jenes kopfloſen Wahnes aus
dem Jahre 1919. Unſere einzige Hoffnung, und damit auch die
einzige Hoffnung auf eine Befreiung unſerer Brüder und Schwe=

ſtern an Rhein und Ruhr, iſt die Zukunft. Die in ihr liegenden
Möglichkeiten nicht zu verſcherzen, iſt die ungeheuer ſchwere und
berantwortungsvolle Pflicht der Reichsregierung. Schwer mag

auch dieſe Erkenntnis zu tragen ſein für die gequälte Bevölkerung
der beſetzten Gebiete, aber auch ſie wird ſich den Notwendigkeiten
für die Gegenwart nicht verſchließen, um ſich die Ausſichten für
die Zukunft zu erhalten. Es iſt ein trübes Zeichen unſerer inner=
politiſchen
Verwirrung, daß man dem neu ernannten Reichs=
innenminiſter
Dr. Jarres vorwerfen konnte, er arbeite bewußt
auf eine Loslöſung des beſetzten Gebietes vom Reich hin, nur
weil man von ihm zu wiſſen glaubte, daß er, der ſelbſt aus bem
beſetzten Gebiet kommt, eine Politik des Nachgebens gegenüber
Frankreich niemals mitmachen würde. Nachdem die Franzoſen
den Vertrag von Verſailles ſchnöde gebrochen, nachdem alle Ver=
ſuche
, die europäiſche Frage auf dem Wege der Verſtändigung zu
löſen, an der franzöſiſchen Haltung geſcheitert ſind, gibt es für die
deutſche Reichsregierung nur die eine Möglichieit, aus dieſen
Tatſachen die Folgerungen zu ziehen. Dabei iſt es
ſelbſtverſtändlich, daß ein ſolcher Schritt nicht die Verpflichtungen
berühren würde, welche uns der Verſailer Vertrag den Mächten
gegenüber auferlegt, welche ihn nicht gebrocyen haben,
Es iſt müßig, über das zurzeit in Berlin herrſchende parla=
mentariſche
Tohuwabohn viel Worte zu verlieren. Hin und her
wird dort zwiſchen den Parteien verhangelt, und Sabei iſt keine
der Parteien wirklich in ſich geſchloſſen. (s ag richtig ſein, daß
der Weg, den die Engländer mit ihren Parlamentsauf=
löſung
gegangen ſind, um das Volk vor einer wichtigen Entſchei=
dung
zu befragen, für uns in unſerem gegenwärtigen Augenblick
nur ſchwer gangbar iſt. Das darf aber nicht dazu führen, daß
dieſer gänzlich überalterte Reichstag in Deutſchlands Entſchei=
dungsſtunde
die notwendigen Entſcheidungen lähmend beein=
flußt
. Handeln muß die Regierung, ſonſt entgleitet ihr das
Steuer, und mit der deutſchen Reichsregierung würde das Deut=
ſche
Reich im Chaos verſinken. Eine fürchterliche Verantwortung
laſtet auf dem verantwortlichen Leiter der deutſchen Politik.
Staatsmann und Führer jedoch iſt nur derjenige, der ſich durch
das Bewußtſein ſeiner Verantwortung nicht die Entſchlußkraft
lähmen läßt.
A.

Die vertagte Botſchafterkonferenz.
Frankreichs Jſolierung.

* Paris, 17. Nov. (Priv.=Tel.) Ueber die Fortführung
der Botſchafterverhandlungen iſt noch keine Einigung erzielt
worden. Die Botſchafterkonferenz, die heute vormittag ihre Be=
ſchlüſſe
in der Frage des Kronprinzen und der Militärkontrolle
faſſen wollte, mußte dieſe Sitzung vertagen, und es ſteht in die=
ſem
Augenblick noch nicht feſt, wann die Sitzung ſtattfinden wird.
Frankreich möchte den Abſchluß der Verhandlungen beſchleuni=
gen
und forderte die Einberufung der Sitzung auf heute nach=
mittag
, während die engliſche Regierung die Verhandlungen hin=
ter
den Kuliſſen fortführen und die nächſte Sitzung früheſtens auf
den Montag angeſetzt ſehen will. Dazu kommt noch die Rück=
ſichtnahme
auf Italien, das ſich in dieſer Frage dem Standpunkt
Englands anſchließt, während Belgien eine vermittelnde Rolle zu
ſpielen verſucht. Am Quai d’Orſay, wo man es noch ſür möglich
erklärt, daß die Sitzung heute ſtattfinden kann, wird auf die
Frage, ob Frankreich zu einem Kompromiß bereit ſei, keine Aus=
kunft
gegeben. Die Tatſache allein jedoch, daß man hier eine ſo=
fortige
Beſchlußfaſſung unter allen Umſtänden wünſcht, ſpricht
dagegen.

Franzöſiſche Stimmungsm
Foch’ſche Phantaſien.

Die engliſch=franzöſiſchen Gegenſätze.

Die Politik der Vereinigten Stagten.

London, 17. Nov. (Wolff.) Wie das Heuterſche Büro
erfährt, glaubt man nicht, daß die Meinunzsverſchiedenheiten
zwiſchen Großbritannien und Frankreich) in der Frage der Rück=
kehr
des vormaligen deutſchen Kronprinzen nach Deutſchland und
der Wiederaufnahme der alliierten Militärkontrolle in Deutſch=
land
vollkommen unüberwindlich ſind. Man hofft, daß, nachdem
die Botſchafter ſich mit ihren Regierungen beraten haben werden,
es möglich ſein wird, ein Uebereinkommen zu erzielen. Die Lage
ſei jedoch zweiſellos ſchwierig. Aus der Tatſache, daß Großbri=
ltannien
die Beſetzung des Nuhrgebietes nicht billigt, könne ge=
ſchloſſen
werden, daß es noch immer die Anſicht vertritt, daß wei=
tere
territoriale Beſetzungen deutſchen Gebietes als Sanktionen
nicht wünſchenswert ſind. Bezüglich der allgemeinen Haltung
Großbritanniens könne folgendes angenommen werden: Die bri=
tiſche
Regierung wünſcht, während ſie der Anſicht iſt, daß die
deutſche Aktion mit Bezug auf den vormaligen deutſchen Kron=
prinzen
und die Kontrollkommiſſionen einen Proteſt erfordert,
nicht einen Märtyrer=Heiligenſchein um den vormaligen Kron=
prinzen
zu legen und dadurch ſeine Fähigkeit, Schwierigteiten
hervor zu rüfen, zu vermehren oder übereilt eine Aktion zu
unternehmen, die die in Deutſchland beſtehende Verwirrung ſtei=
gern
würde. Die Notwendigkeit für ſorgfältig erwogene und wvo=
möglich
gemeinſame Maßnahmen wird in London jedoch voll=
kommen
anerkannt.

Beſgien und die Rede Baldwins.

Paris, 17. Nov. (Wolff.) Havas berichtet aus Wafhing=
ton
: In Beantwortung einer Anfrage, in der um genaue Angabe
über die am Dienstag in einem öffentlichen Communigus zum
Ausdruck gebrachte Haltung der Vereinigten Staaten hinſichtlich
der Wiederherſtellung der Monarchie gebeten worden ſei, ſei im
Weißen Hauſe erklärt worden, die Politik der Vereinigten Staa=
ten
, die ſeit langem ſpeziell in der Monroe=Doktrin zum Ausdruc
komme, habe ſtets dem republikaniſchen Regiernngs=
gedanken
zugeneigt. Das bedeute, daß nicht jedes beliebige
Mitglied der Regierung oder auch nur die Regierung ſelbf das
Recht hätte, einzugreifen, ſelbſt wenn das Volk eine derartige In=
tervention
wolle. Die Gründe, die die Vereinigten Staaten zum
Eingreifen in den Krieg veranlaßt hätten, ſei die Abſicht geweſen,
den Kaiſer vom Thron zu verjagen, ſeine Ambitionen
zu unterdrücken und die Wiederherſtellung alles deſſen zu verhin=
dern
was die kaiſerliche Regierung zu verſirklichen erſtrebte. r=

Amerika und die Hohenzollernmonarchie.

Waſhington, 17. Nov. (Wolff.) Reuter zufolge glaubt
Präſident Coolidge, das amerikaniſche Volk werde mit jedem
Schritt der Alliierten zur Verhinderung einer Wiederherſtellung
der Hohenzollernmonarchie ſympathiſieren, wenn auch die ame=
rikaniſche
Regierung ſelbſt in Uebereinſtimmung mit einer ſeit
langem beſtehenden Tradition in dieſer Angelegenheit nicht han=
deln
könne.

London, 17. Nov. (Wolff.) Der diplomatiſche Bericht=
erſtatter
des Daily Telegraph ſchreibt, in Belgien werde
Ueberraſchung über die Stelle in Baldwins Rede ausgedrückt,
in der von einer gewiſſen Iſolierung die Rede ſei und die
zum Ausdruck bringe, daß zwei der Alliierten verantwortlich
wären für das Scheitern des britiſchen Verſuchs, die Verwirk=
lichung
des Hughesſchen Planes bezüglich der Sachverſtän=
digen
=hnterſuchung über die Zahlungsfähigkeit Deutſch=
lands
zu ſichern. Was die interalliierte Kontrollkommiſ=
ſion
in Deutſchland betreffe, ſo ſind dem Berichterſtatter zu=
folge
nach britiſcher Anſicht die Schwierigkeiten teilweiſe recht=
licher
, im beſonderen aber geographiſcher Art, d. h. es gebe in
Deutſchland Gebiete, wie Bayern und gewiſſe Junkerdiſtrikte‟
tuo die Kommiſſion augenblicklich unmöglich ohne ernſte
Gefahr operieren könne. Der franzöſiſche Wunſch nach
weiteren Aktionen werde in London ſehr bedauert, da man der
Anſicht ſei, daß ihre Erzwingung entweder undurchführbar ſei
oder nur das beſtehende Chaos vermehren und der deutſchen
Reaktion einen neuen Anſporn geben werde. Der Vorſchlag, daß
Großbritannien an der interalliierten Beſetzung in Hamburg
oder Bremen oder irgend welcher anderen deutſchen Gebicte
außerhalb der im Verſailler Vertrage feſtgeſetzten Grenzen teil=
nehmen
ſolle, würde in Großbritannien aus Gründen ſowohl der
Rechtlichkeit als der Zweckmäßigkeit nicht unterſtützt werden.
Im übrigen ſtehe, wenn auch der Entwurf des Schatzamtes im
Kabinett in Umlauf geſetzt worden ſei, in dem dargelegt werde,
bis zu welchem bemerkenswerten Umfang Frankreich in der letz=
ten
Zeit ſeine kleinen Freunde und Alliierten hauptſächlich zu
Rüſtungszwecken finanziert habe, die Entſendung einer Note an
Frankreich, in der die Aufmerkſamkeit auf die Tatſache gelenkt
verde, daß es bisher keinerlei Vorkehrungen getroffen habe, um
ſeine Schulden zu fundieren, im Gegenſatz zu gewiſſen im Umlauf
befindlichen Gerüchten, nicht unmittelbar bevor.

Berlin, 16. Nov. Marſchall Foch hat in der
Sitzung der Botſchafterkonferenz behauptet, die Beſtän
Reichswehr ſeien größer, als der Vertrag von
erlaube; die Herſtellung von Kriegsmaterial und Mun
ſeit mehreren Monaten in verſtärktem Maße betrie
den. Stinnes habe ſogar Spezialiſten in der Fabrika=
Munition und Sprengſtoff unter ſeinen Arbeitern aus der
gebiet nach dem unbeſetzten Deutſchland geſchickt. Auch
land habe in Uebereinſtimmung mit dem Reiche Kriegs
und Munition für Deutſchland hergeſtell
erklärt zwar, daß dieſe angeblichen Vorkehrungen zunächſt
troffen worden ſeien, um im Innern des Reiches Ord=
ſchaffen
, da ein Krieg Deutſchlands gegen
reich augenblicklich unmöglich ſei, er meint
Sorge für die Zukunft mache es notwendig, mit der
wachung der deutſchen Rüſtungen ſofort wieder
ginnen und dieſe mit aller Energie durchzuführen.
Hierzu wird uns von maßgebender Seite mitgeteilt:
auf der Hand, daß es ſich hier um eine Stimmung
handelt, d. h. um einen Verſuch, die Vertreter der Allii
der Botſchafterkonferenz zu hewegen, ſich bei ihren Regi
für eine den Intereſſen Frankreichs entſprechende Ab
rung ihrer Inſtruktionen einzuſetzer
Aeußerungen Fochs ſind bezüglich der Heranzieh=
Stinnesarbeitern und Rußlands für die Herſtellung do
tion und Sprengſtoff Phantaſien, im übrigen ledi
Wiederholung der Behauptungen, die gerade in jüngſt
mehrfach von amtlicher deutſcher Seite widerlegt word
Immerhin ſei noch einmal feſtgeſtellt, daß die Reichstve
einmal die im Vertrag von Verſailles vorgeſehene Stä
100 000 Mann erreicht, und daß zur Aufrechterhaltu=
Ruhe und Ordnung im Innern alles in allem noch etwn
Mann Schutzpolizei, einſchließlich der zivilen Polizeibea=
Deutſchland vorhanden ſind, und daß die gegenwärtig in
land vorhandene Munition, wie auch der J.M.K. beka=
dürfte
, nur für die Deckung des dringendſten Bedarfs
Daß die Reichsregierunz beſtrebt iſt, illegale Ver
militäriſchen Charakters, ſie ſich da und dort bilden, zu
tigen, hat ſie wiederholt hurch ihr Vorgehen bewieſen.
gens liegt es gerade in der franzöſiſchen Politik, wenn ſie
illegalen Verbände zu bilden ſuchen. Iſt es doch Frank
das es jeder deutſchen Regierung durch einen unar
lichen Druck unmöglich macht, die Lebensintereſ
Volkes wirkſam zu wahren, wodurch in weiten Kreiſen
völlerung der Eindruck hervorgerufen wird, als nehnie
deutſche Regierung der nationalen Intereſſen nicht hin=
an
, als bedürfe es vielmehr beſonderer, von der Regieru
abhängiger, zum Teil zu ihr in Widerſpruch ſtehender
ſationen.

Die Abſicht der Franzoſen.

London, 17. Nob. (Wolff.) Der Kölner Sonder
erſtatter der Times ſchreibt: Es beſtehen Anzeichen dafür,
Franzoſen ihr Beſtes tun, die Arbeitnehmer gegen die
geber aufzuhetzen. In den Kohlengebieten und überall ha
Franzoſen Zettel angeſchlagen, in denen es heißt: Wenn
beiter in dieſem Winter hungern und frieren, ſo liegt die
bei den Arbeitgebern, die ſich aus Habgier geweigert hab
Bedingungen der Franzoſen zur Wiederaufnahme der Arb
ſie geſtellt haben, anzunehmen.

Eine Erklärung des früheren Kaiſers

Amſterdam, 17. Nov. (Wolff.) Die Blätter ver
lichen eine vom vormaligen deutſchen Kaiſerc
bene Erklärung, in der es heißt, die Rückkehr des Kronprin
ohne ſein Vorwiſſen erfolgt. Ein Abſchiedsbrief des Kront
ſei eingetroffen, als dieſer bereits die Grenze paſſiert hatte.
der Kronprinz ihn vorher gefragt hätte, ſo hätte er Einw
gen gegen die Abreiſe erhoben in einem Augenblick, wo 2
land derart durch innere Zwietracht zerriſſen ſei. Weiter
der Erklärung dementiert, daß der Kaiſer mit einer Ben
in Verbindung ſtehe, die die Wiederherſtellung der Monare
zwecke, daß eine drahtloſe Station in Haus Doorn beſtel
daß eine Anzahl Päſſe in Doorn eingetroffen ſeien.

Deutſchland, Rußland und Japan.

* Moskau, 17. Nov. (Priv.=Tel.) Die ſowjetr
Preſſe beſpricht angelegentlich die politiſchen Konzeſſione
Sowjetregierung über die Bildung eines Bündniſſes, das
Rußland und Deutſchland umfaſſen ſoll. Der Vater dieſe
iſt vermutlich Joffe, der während ſeines Aufenthalts in
bemüht war, bei den japaniſchen Behörden den Boden zu
ren, und ſie zur Teilnahme an dem Bündnis zu bewegen.
Miſſion in Japan hatte jedoch nicht den gewünſchten Erfole
amtliche Organ der Sowjetregierung, die Isweſtija ſchreibt
gen, daß die Idee eines japaniſch=ruſſiſch=deutſchen Bün=
nach
der letzten Kataſtrophe in Japan ſelbſt entſtanden ſei

Zurück von Amerika.

Trübe Betrachtungen eines Heimgekehrten.

Dollarſtand 56 Millionen, meldete uns die Bordzeitung in
der Frühe des 25. Oktober. Heute noch geſättigt mit fri=
ſchem
, köſtlichem kaliforniſchem Obſt, friſchem Brot feinſten Aus=
zugsmehls
, einem guten Steak und duftigem Bohnenkaffee, All=
täglichkeiten
an Bord eines Ozeandampfers, leſen wir darüber
hin und verſchließen uns dem Jammer und Elend, die in dieſer
Ziffer zum Ausdruck kommen. Ein paar Tage noch, und der
Zahlenwahnſinn, dem wir auf einige Wochen entfliehen durften,
wird uns wieder in ſeiner ganzen Brutalitit ſich aufdrängen
und in keiner Stunde des Tages mehr in Vergeſſenheit geraten.
Das Thermometer unſeres Wohlgefühls ſtieg mit jeder Meile
des Abſtandes vom ſiechen Vaterlande. In den letzten Tagen,
ſeitdem wir, rückkehrend, den warmen Hauch des Golfſtroms
nicht mehr verſpürten, ſank es mit jeder morgendlichen Radio=
poſt
tiefer und tiefer, und in jedem Geſicht an Bord prägte ſich
deutlicher und bänglicher die Frage aus: Wie wag ſich daheim
die Lebenshaltung unter dem Druck des letzten rieſenhaften
Sturzes der Mark geſtaltet haben?
Wer Deutſchland eben verlaſſen darf (viele könnten es, denn
im Laufe des Juli und Auguſt wanderten erſt 16 223 Deutſche
aus und noch über 50 000 ſteht im laufenden Fiskaljahr der Ein=
tritt
in die Vereinigten Staaten frei, wofern die Einwande=
rungsbedingungen
erfüllt ſind!), und wer auf Grund von Be=
ziehungen
Arbeitsgelegenheit drüben zu finden hoffen darf, wird
mit dem Tage, an dem er die heimatliche Küſte verſinken ſieht,
aufathmen und froh ſein, nicht mehr mit Millionen und neuer=
dings
nun mit Milliarden rechnen zu brauchen. Hat ihm ein
gütiger Gott Seefeſtigkeit verliehen, oder iſt er bald Herr über die
Gleichgewichtsſtörungen geworden, die niemandem erſpart blei=
ben
, der ſich auf das Meer wagt, ſo wird er bald mit Empfin=
dungen
die Hände zum lecker bereiteten Mahl erheben, wie ſie
den meiſten unſerer Volksgenoſſen in den letzten Jahren fremd
und fremder geworden ſind! Langentbehrtes wird wieder zur
Gewohnheit, und bei runden Backen und mit vellem Magen
wächſt auch der Mut zum Betreten des Strandes Amerikas! Wie
viele Deutſche aus allen Gauen des Vaterlandes, mit denen ich
auf der Ausfahrt ſprach, deren Stimmung ich angeſichts vorläufig
noch ungewiſſer Schickſale zu ergründen ſuchte, verſicherten mir
daß ſie von einem Alpdruck befreit, von einer Hoffnungsfreudig=
keit
ſich beſeelt fühlten, wie lange nicht zuvor!
Wer Wagemut ſein nennt, wie muß der Eindruck Neu=Yorks
ihn gefangen nehmen! Welch rieſenhafte Entwickelung hat dieſe

Stadt in den 30 Jahren, die Schreiber dieſer Zeilen ſie nicht ge
ſehen, genommen! Welch ein Leben und Treiben auf den
Straßen! Welcher geniale Ausbau der Verkehrsmittel! Ein
kompliziertes und doch ſo leicht zu begreifendes Syſtem der Sub=
ways
, Elevated railways, Trolleys und Buſſes, von deren
Verdeckſitzen ſich das Straßenleben ſo gut ſtudieren läßt! Welche

Unzahl elektriſcher Vehikel aller Art auf den Straßen und Broad=
wahs
! Welche Fülle impoſanter Bauten überall, beſonders um

Cityhall herum! Mit der Zeit wird die Aeſthetik der Architekten
auch den Wolkenkratzern Formen verleihen, die dem Auge nicht
mehr wehe tun, wie die älteren, himmelhochragenden Geſchäfts=
häuſer
unten am Broadway. Woolworthbuilding ſchaut ſchon
aus wie eine prachtvolle gotiſche Kathedrale, nur daß das Schiff
etwas zu kurz geraten. Prachtvolle Bauten ſind die neuen großen
Bahnhöfe an der 42. Straße und die Station der Pennſylvanian
Railroad an der 33. mit ihren unterirdiſchen glänzenden Läden,
Reſtaurants, Offices aller Art!
Der Deutſche aber wandert traurig durch alle dieſe Pracht
und die immenſen Schätze in den Auslagen, lieſt mit Zagen die
Preiſe und zieht wunden Herzens Vergleiche mit den Verhält=
niſſen
daheim! Mit wie wenig von dieſem Reichtum ließe ſich
deutſche Not erträglicher geſtalten und einer Nation unſägliches
Elend erſparen, von der tauſendfache Fäden hinüberziehen zu
dieſer zweitgrößten Handelsempore der Welt.
Und welche Fülle erſt in den Stores der Fruchthändler an
Apfelſinen, Bananen, prachtvollſtem Obſt, Trauben, die unſeren
deutſchen Kindern ſo fremd geworden ſind! Welcher Ueberfluß
an animaliſchen Produkten jeglicher Art in den Metzgerläden!
Lockendes Weißbrot und Leckereien in uns Deutſche an die
Märchen vom Schlaraffenland erinnernden unerſchöpflichen Men=
gen
! Daß doch eine Woche lang ganz Neu=York und beſonders
alle für unſere Not kein Verſtändnis beſitzenden Neu=Yorker
deutſcher Abkunft nur deutſches Markenbrot hätten genießen
müſſen! Daß ihnen nur ein einziges Mal auf eine Woche die
Candyſtores und die maſſenhaften Konditoreien, welche an die
Stelle der durch die Prohibition aufgehobenen Stätten des Abko=
hols
getreten ſind, verſchloſſen blieben! Sie würden in ihrem
Ueberfluß an Zerealien, Zucker= und Schokoladeprodukten und
allem, was bei uns zum Luxus geworden iſt, erſt recht erkennen,
trie wehe es den deutſchen Eltern tut, ihren Kindern ſolche ehe=
dem
auch ihnen ereichbare Dinge ſelbſt an den Tagen verſagen
zu müſſen, an denen man ſonſt Anlaß zu beſonderer Freude
hatte, an Geburtstagen, beim Weihnachtsfeſt uſw. Daß ſie
einmal nur anſtehen müßten um ein halbes Pfund Margarine,
um ein paar Kartoffeln und andere abſolut unentbehrliche
Dinge, auf dem Handwägelchen ihre Kohlen abholen müßten
vom Händler, ohne zu wiſſen, wovon ſie ſich wärmen, wenn der

beſcheidene Vorat verbraucht iſt! Dann erſt würde ihne
malmend deutſches Elend zum Bewußtſein kommen ur
Ueberzeugung ihnen aufdämmern, daß nicht allein mit E
ladungen von Liebesgaben ihm beizukommen iſt, ſonder
vor allem eine große Aktion nötig iſt, ein Zuſammenſchlu
politiſchem Hintergrund aller, die Deutſchland wahrhaft
geſinnt ſind. Wo aber bleiben ſie, die erröten müßten, we
tie Straßenhändler Neu=Yorks deutſche Milliardennoten
Kurioſa für einige Cents (übrigens ein lohnendes Geſchäf
aber oftmals die rauhe Dazwiſchenkunft des Policeman=
hindert
, der das Feilbieten abſolut wertloſer Dinge ar
Straße für gutes amerikaniſches Geld, nicht dulden will
ſpöttiſchen Bemerkungen ausſchreien hören?
Iſt das Verſtändnis für deutſche Not und deutſche
bereitſchaft im Wachſen begriffen? Wenn man die deutſcher
tungen Nen=Yorks, Staatszeitung, Herald, Volkszeitung,
ſieht, ſo möchte man glauben, daß ihre Leitungen das Men
mögliche tun, um den Deutſchen da drüben die Not der Stan
genoſſen in Europa einzuhämmern, und die Pflicht, zu
ihnen beizubringen. Keine Nummer erſcheint, in der nich
beredten Worten die ſich ſtändig verſchlechternde Lage konſt
und die Aufforderung, beizuſteuern, an die Leſerſchaft 9e
wird. In zahlreichen Artikeln ſetzt beſonders die Staatsz
ihrem Publikum auseinander, daß die Pflicht, für Deutſ
zu ſammeln, eine Aufgabe ſei, die man Sammlungen für
voranzuſtellen habe. Zündende Worte ihres jüngſt in De
land gereiſten Herausgebers de Ridder hörte ich, gericht
Tauſende deutſcher Abſtammung, anläßlich des von den
einigten Sängern Neu=Yorks veranſtalteten Wohltätigkeits
auf dem Pier des Lloyd in Hoboken, bei dem die wiedere
kende Geſellſchaft Gelegenheit zur Beſichtigung ihres
ſchönen Dampfers München gewährte. Solche Kundgebl
in Wort und Schrift ſind doch ein Beweis dafür, daß der W.
der alten Heimat beizuſpringen, rege iſt und ſich nach Betätt
drängt. Aber viele, viele leben noch, denen das Verſtändni.
unſere Not nicht voll aufgegangen iſt. Sie leſen von der En
tung der Mark, aber auch von der Höhe der Löhne und 2
dungen, und glauben, daß der Mehrzahl der Deutſchen die
lichkeit zum unbegrenzten Einkauf geblieben ſei durch die
höhung der Ziffern auf den Produkten der Notenpreſſe.
man ihnen aber genauer die Wirkung des Währungszer
dar, detailliert man ihnen die Folgen der beſtändigen P
erhöhungen auf den einzelnen Gebieten des Budgets eines &
halts, zumal eines Haushalts, der auf Einkünften aus fel
zinslichen Werten, Mieten, Penſionen aufgebaut iſt, dann
ſo manche Auskunft über exorbitante Preiſe aller Dinge
mehr mit einem Lächeln quittiert, ſondern es geht dem Här‟

[ ][  ][ ]

Neue Sanktionen.
Erweſterung der Beſetzungszone.
Paris, 17. Nov. (Wolff.) Nach dem New York Herald
rfte der Gebietsſtreifen, den die franzöſiſchen Truppen
nktionsweiſe beſetzen ſollen, etwa 100 Quadratmei=
umfaſſen
, Barmen und Elberfeld ſollen in das Be=
ungsgebiet
einbezogen und den Franzoſen die Kontrolle
eier Eiſenbahnſtrecken in der näheren Umgebung der
ſliſchen Zone verſchafft werden.
Die Sepaxatiſien in Groß=Gerau.
* Groß=Gerau, 17. Nov. Wie wir aus gut unterrichte=
Quelle erfahren, wurde am Freitag vormittag das Freisamt
Separatiſten beſetzt und die grün=weiß=rote Flagge gehißt.
h der Beſetzung wurde in ein gegenüberliegendes Gebäude
Zug Marokkaner gelegt. Eine beabſichtigte Entſetzung des
isamts durch die Einwohnerſchaft wurde dadurch unmög=
gemacht
. Das Kreisamt hat ſeine Dienſträume verlegt, der
rieb geht weiter.
Eine blutige Schlapze der Sonderbündler.
Köln, 17. Nob. Aus Neuwied wird gemeldet: Auf An=
nung
der Interalliierten Rheinlandkommiſſion mußten die
iderbündler aus Linz und Unkel abziehen. Die Flagge zurde
Rathaus heruntergeholt. Die Separatiſten zogen ſich nach
nmer zurück, nachdem ſie bei einem blutigen Zuſammenſtoß
Kürzeren gezogen hatten.
Oberpleis i. Siebengebirge, 17. Nod. In der Gegend
Gibienberg iſt es geſtern zu einer förmlichen Schlacht gekom=
14 Sonderbündler wurden hierbei getötet. Die Bevölke=
g
hatte zwei Schwerverletzte, von denen einer inzwiſchen ge=
ben
. Es verlautet, daß die Sonderbündler meiſt aus
ten beſtanden, die von den Bel iern aus der Gegend von
feld verwieſen wurden. Beim Eintreffen in den Ortſchaften
Siebengebirges haben ſie ſofort mit Requiſitionen begonnen,
auf ſich die Ortsbevölkerung zur Wehr ſetzte.
Drohungen der Separatiſten.
Speyer, 17. Nob. (Wolff.) Wie uns von zuverläſſiger
ater Seite mitgeteilt wird, hat die ſeparatiſtiſche
egierung der Pfalz an die führenden gewerk=
für
die ſeparatiſtiſche Regierung zu erklären. Erfolge
zuſtimmende Erklärung nicht binnen kürzeſter Friſt, ſo
ing des Eigentums der Ausgewieſenen, das von den Separa=
i
verſteigert werde.
Plünderungen in Karlsruhe.
Karlsruhe, 17. Nov. Im Anſchluß an Demonſtrationen
Erwerbsloſen im Innern der Stadt, die von der Polizei zer=
t
wurden, kam es zu Plünderungen. Die Plünderer wurden
der Polizei alsbald vertrieben, ſo daß ihre Beute nicht ſehr
blich war. Die Polizei nahm einzelne Verhaftungen vor.
Plünderungen in Neuſalz.
erbsloſe, nachdem ſie von dem ergebnisloſen Verlauf, der Hektar auf Hofreiten, Aecker und Wieſen, und 5 Hektar auf Wein=
jandlungen
zwiſchen dem Magiſtrat und den Fleiſchern über
Herabſetzung des Fleiſchpreiſes erfuhren, die Fleiſcherläden
einige Konfektionsgeſchäfte. Von Grünberg eingetroffene gelegt werden.
tpolizei zerſtreute die Demonſtranten. Sieben Perſonen
den verletzt, darunter zwei lebensgefährlich. Heute herrſcht
Die Kommuniſien an der Prbeit.
hiedenen Stellen zu zerſtreuen, jedoch kam es an einer Stelle
inem Feuergefecht, bei dem drei Polizeibeamte und
7 Demonſtranten verwundet und der Polizeibetriebsaſſiſtent willige Verfügung iſt dem Inhaber nicht geſtattet.
i verwundet und von der wütenden Menge aus dem Kran=
agen
geriſſen und noch ſchwer mißhandelt wurde.
kam es hier zu großen Menſchenanſammlungen,
ge ſchnell auseinanderging. Gegen abend herrſchte wieder ſchon bei dem erſten Nachfolger des heutigen Inhabers die

ändnis für die ſchauerliche Bedeutung ſolcher Zuſammen=
e
auf und die gan:e Troſtloſigkeit der deutſchen Verhältniſſe
nt ihm zum Bewußtſein.
Die deutſchen Zeitungen Neu=Yorks rufen allen, die noch
die Lektüre deutſcher Blätter andeuten, daß ſie in ihrem
en noch deutſch fühlen können, täglich zu, daß es ſehr ſchlimm
r alten Heimat ſtehe. Das traurigſte Weihnachtsfeſt wird
erden in der diele Jahrhunderte alten Geſchichte des deut=
Volkes, ſo hieß es jüngſt in einem Leitartikel der Staats=
ng
vom 14. Oktober. Ein Drama ſpielt ſich vor unſeren
n ab, ſo unfaßbar und überwältigend, daß wir mit weinen=
Augen Einhalt gebieten und das Schickſalsrad rückwärts
en möchten zu den Tagen, da ein großes, ſtarkes Volk von
ter Intelligenz, höchſter Schaffenskraſt des Friedens heilige
lungen genießen durfte. Und weiter heißt es da: Dem
kſal in den Arm fallen, geht über Menſchenkraft und
ſchenkönnen. Stimmt das ſo ganz? Man ſollte denken,
che Kraft und deutſches Können würden doch wohl dazu
uide ſein, wenn nur unſere deutſchen Abkömmlinge drüben
ören würden, ſich allzu ſchnell zu aſſimilieren, wenn ſie noch
Weile ihres Deutſchtums bewußt blieben, ſich zu einem
in Verbande zuſammenſchlöſſen, der fähig wäre, allen anti=
chen
Beſtrebungen und antideutſcher Propagauda erſolgreich
li zu bieten! Verbände, die deutſches Weſen, deutſches
deutſche Bräuche kultivieren, gibt es drüben zur Genüge.
Zuſamnenſchlüſſen von Sprößlingen kleiner und kleinſter
cher Ortſchaften iſt wahrlich im Weichbilde Neu=Yorks lein
gel. Aber von einem großen politiſchen Verein mit dem
iel des Zuſammenhalts aller noch deutſch Empfindenden,
ſetzt dringender am Platze wäre wie je zuvor, von einem
in, dem es am Herzen liegen müßte, eine großzügige Hilfs=
n
für die Millionen darbender Stammesgenoſſen daheim im
nmengebrochenen Vaterlande zu organiſieren, von einem
en äſt drüben nichts zu hören und zu ſehen. Wagt keiner
Stimme zu erheben aus Beſorgnis vor geſellſchaftlichem
geſchäftlichem Boykott? Oder iſt es Jndolenz und die Be=
tung
, in ausſichtsloſem Streben die Kräfte zu vergeuden,
ier den Grund zum Schweigen abgeben?
Rudolf Herzog hat vor kurzem einen neuen Roman uns be=
der
in Amerika ſpielt. Er heißt Das gruße Heimweh
deutſcher Geſchichtsprofeſſor, der noch Amerika gekommen iſt,
ſt da der Noman ſpielt vor dem Kriege vor eingewan=
n
Deutſchen von dem, was Deutſchland für ſie alle bedeuten
Er mahnt ſie an die Beteiligung des Deutſchtums am
hängigkeitskrieg, zeichnet die Geſtalt des Barons von Steu=
der
, ein Scharnhorſt der amerikaniſchen Armee‟, Waſhing=

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 18. Nobember 1923.

Seite 3.

Selbſtändiges Vergehen Baherns.
* München, 17. Nov. (Priv.=Tel.) Der dem Generalſtaats=
kommiſſar
v. Kahr ehrenamtlich als Preſſechef zur Seite ſtehende
Hauptſchriftleiter der Münchener Zeitung nimmt in einem Artikel
ſeines Blattes unter der Ueberſchrift: Volk in Not! zu der
drohenden Lage Stellung, die durch die Teuerung der letzten
Tage hervorgerufen iſt. Darin heißt es u. a.: Wenn Bayern ſelb=
ſtändig
vorgeht und ſich die Hilfsmittel ſeines eigenen Landes
wieder zu Nutzen macht, um ſich, zu retten, wenn es eigenes Geld
mit der Hoffnung auf Wertbeſtändigkeit herausgibt, ſo wäre
das praktiſch die Wiederaufrichtung des alten Bismarckſchen för=
deratiben
Verhältniſſes zum Reiche. Hier Verfaſſung, hier dar=
bendes
Volk! Es gilt zu wählen. Es iſt bayeriſche und auch
deutſche Politik, Bayern zu retten. Es müſſen Notſtandsmaß=
nahmen
mit ſofortiger Wirkung getroffen werden. Das Volk
kann nicht auf Berliner und Münchener Inſtanzen warten.
München, 17. Nov. In einer Beſprechung von Vertrau=
ensmännern
der vaterländiſchen Verbände, die der Organiſation
Eſcherich angehören, wurde einmütig beſchloſſen, ſich hinter die
Regierung Knilling zu ſtellen und die Autorität der hayeriſchen
Staatsregierung mit allen Mitteln zu feſtigen.

Das Ende der Diskontierung von Reichsſchatzwechſeln.
Berlin, 17. Nob. Mit dem Erſcheinen der Rentenmark
erreicht die Diskontierung von Reichsſchatzwechſeln bei der Reichs=
bank
ihr Ende, durch die eine der bisherigen Quellen der Infla=
tion
beſeitigt wird. Daraus ergibt ſich die Notwendigkeit, die Be=
dingungen
für zurzeit noch laufende Bewilligungen zur Ausgabe
von Papiernotgeld zu ändern. Die Neuanlegung des gegenwär=
tig
ausgegebenen Papiergeldes in dreimonatige Reichsſchatz=
anweiſungen
kommt in Wegfall und die Verzinſung des Gut=
habens
durch die Reichskreditgeſellſchaft hört auf. Neubewilligun=
gen
zur Ausgabe von Papiernotgeld werden nicht mehr erteilt.
Die Löhne im Bergbau.
Berlin, 17. Nob. Im Bergbau wurden für die Lohnwoche
vom 12. bis 19. November die durchſchnittlichen Tariflihne durch
ein im Reichsarbeitsminiſterium zuſammengetretenes Schiedsge=
richt
feſtgeſetzt. Sie betragen in Goldmark für den Ruhrbergbau
4.20 Mk., für den oberſchleſiſchen Steinkohlenbergbau 3 Mk., für
den niederſchleſiſchen Steinkohlenbergbau 2.50 Mk., für den ſäch=
ſiſchen
Steinkohlenbergbau 2.70 Mk., für den mitteldeutſchen
Braunkohlenbergbau 2.50 Mk. je Schicht.

ing der Rideikommiſſe in Seſſen.

Von Rechtsanwalt Dr. C. E. Hoffmann II. in Darmſtadt.

Von Rechtsanwalt Dr. E E. Hoffmann II in Darmſtadt.
Der Heſſiſche Landtag hat das Geſetz über die Auflöſung
der Familien=Fideikommiſſe nach längeren Verhandlungen nun=
mehr
angenommen.
Die Frage der Auflöſung der Fideikommiſſe iſt
durch die Revolution in Fluß gekommen. Hitzige Stürmer der
Sinne einer entſchädigungslofen Enteignung zugunſten des Anſprüche können bei Auflöſung des Fideikommiſſes Verſor=
Staates. Die Unbilligkeit und Ungeſetzlichkeit dieſer Forderung
ſowie die ſchweren Gefahren ihrer Honſequenzen wurden bald
erkannt. Die Weimarer Reichsverfaſſung vom 1. Auguſt
1919 legte in Artikel 153 ausdrücklich den Grundſatz feſt, daß das
Eigentum von der Verfaſſung gewährleiſtet
wird, und daß eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemein=
heit
und in der Regel nur gegen angemeſſene Entſchädigung er=
folgen
darf. Hinſichtlich der Fideikommiſſe ſtellt die Reichsver=
faſſung
in Artikel 155 die allgemeine Vorſchrift auf: Die
Fideikommiſſe ſind aufzulöſen. Die Durchführung
iftlichen Perſönlichkeiten das Erſuchen geſtellt, dieſer Beſtimmung überließ die Reichsverfaſſung den einzelnen
Bundesſtaaten.
Während Preußen und einige andere Bundesſtaaten ihre
ſen die Separatiſten mit Ausweiſung unter Zurück= Ausführungsgeſetze ſchon vor einiger Zeit erlafſen haben, zogen
ſich in Heſſen die Verhandlungen bis jetzt hin. Die Heſſiſche
Regierung brachte am 7. Mai 1919 einen Geſetzentwurf ein, der
grundſätzlich nicht die Auflöſung der Fideikommiſſe, ſondern die
Umwandlung der Grundſtücks=Fideikommiſſe in Geld= Fideikom=
miſſe
vorſah. Der Entwurf wurde ſpäter zurückgezogen und durch
eine Vorlage vom 2. März 1923 (Druckſache des Landtags Nr.
674) erſetzt. Letztere wurde ohne erhebliche Aenderungen nun=
mehr
zum Geſetz erhoben.
Das heſſiſche Geſetz ſchließt ſich im weſentlichen den
preußiſchen Beſtimmungen an; eine Regelung, die ſchon dadurch,
geboten iſt, daß von den 40 heſſiſchen Familien=Fideikommiſſen
mehr als die Hälfte ſich auch auf preußiſches Gebiet erſtreckt. Ein
Zehntel des heſſiſchen Grundbeſitzes iſt ſeither ſideikommiſſariſch
Neuſalz a. d. Oder, 17. Nov. Geſtern abend plünderten gebunden. Hiervon entfallen 47842 Hektar auf Wald, 28 450
berge. Bei der Wichtigkeit der neuen Beſtimmungen ſollen die
Grundzüge des heſſiſchen Auflöſungsgeſetzes im folgenden dar=
ſetz
für berechtigt erklärt, durch Rechtsgeſchäft unter Lebenden
auch ohne Zuſtimmung der Anwärter über Beſtandteile des
Fideikommiſſes zu verfügen. Der Inhaber darf hiernach
Grundbeſitz, der zu dem Fideikommiß gehört, verkau=
Dortmund, 17. Nov. (Wolff.) Die kommuniſtiſche Par= fen. Der hieraus erzielte Erlös iſt jedoch noch nicht ſein freies
atte durch Fugblätter zu einer Straßendemonſtration auf= Vermögen, ſondern zunächſt noch fideikommiſſariſch gebunden,
dert. Es gelang der Polizei, die Demonſtrationszüge an ſo daß der Inhaber des Fideikommiſſes bis zur formellen Auf=
löſung
den Erlös ordnungsmäßig anlegen und zur Verfügung
der Fideikommißmaſſe halten muß. Eine unentgeltliche oder letzt=
Das Fideikommiß bleibt alſo zunächſt noch in der Hand des
derzeitigen Beſitzers als ſolches beſtehen. Erſt wenn das Fidei=
Buer, 17. Nov. (Wolff.) Im Laufe des geſtrigen Nachmit= kommiß nach Maßgabe der fideikommiſſariſchen Nachfolge= Ord=
nung
auf den nächſten folgeberechtigten Anwär=
inen
bedrohlichen Charakter annahmen. Starke belgiſche ter übergeht, wird es in deſſen Hand von jeder fideikommiſſa=
ouillen
durchzogen die Straßen; auch Panzerwagen und riſchen Bindung frei. Preußen läßt unter gewiſſen Voraus=
ahrer
waren aufgeboten. Das Militär brauchte jedoch nir= ſetzungen erſt nach zweimaligem Inhaberwechſel das Fideikom=
S einzuſchreiten, da bei einſetzendem ſtrömenden Regen die miß frei werden, Heſſen iſt in dieſer Hinſicht radikaler, indem es
fideikommiſſariſche Bindung unter allen Umſtänden aufhebt.
tons Heere neu gebildet und ſiegreich gemacht habe. Er erinnert der Berliner Volksmund gewiß bald eine ehrende Abbreviatur
Sammeln Sie ſich, ſo ruft er, unter einer gemeinſamen Fahne, wir uns aus hiſtoriſchen Szenen, in denen ſog. Flagellanten und
und Sie werden ſtaunen, wie weit Ihre Macht reicht, wie unbe=
zwinglich
Sie ſind.
Wann wird das Deutſchtum in den Vereinigten Staaten ſich
würde es jetzt zum Heil des am Rande des Verderbeus ſtehen=
den
Vaterlandes ihn verwenden können!
Das wäre rühmenswerter Mut, wenn unſere Stammes=
brüder
da drüben trotz unſerer Niederlage im großen Ringen
ſich nun erſt recht zu uns bekenwen und in den kommenden Jah=
deſſen
Einheit ſie ja ſchließlich, wie alle zuſtrömenden Elemente,
welcher Nation ſie auch angehören mögen, einmal endgültig auf=
Prof. Dannemann=Heppenheim.
aufgedrückt haben.

* Berliner Brief.
Von Gummiknüppeln, Flagellanten und braunen Blättern.
Nun alſo haben wir ihn. Nach langen Kämpfen iſt er er=
ſchienen
. Der Gummiknüppel nämlich, der unſer Intereſſe auf
allen engliſchen und amerikaniſchen Filmen beſonders anzog,
wenn er in der Hand des Policeman auf den Schwerverbrecher
in geheimnisvollen Kämpfen niederſauſte. Die deutſchen Behör=
den
haben ſich lange gegen die Einführung dieſer Waffe geſträubt.
Aber man hat jenſeits des großen Waſſers mit dieſer nicht los=
gehenden
Waffe ſo gute Erſahrungen gemacht, daß ſie nun auch
bei der Berliner Schutzpolizei offiziell geworden iſt. Mit ihr
kommt natürlich zugleich eine Dienſtvorſchrift, die über ihre An=
wendung
verfügt. Danach iſt der Gummiknüppel lediglich eine
Waffe, eine Waffe neben den anderen ſchärferen Hieb= und Schuß=
waffen
der Schupo, er darf nicht als Züchtigungsmittel benutzt
werden. Wir werden alſo in Kürze unſere Herren Schupoiſten
mit dem neuen Marſchallſtab begrüßen können, und dieſes liebe
freundliche Knüppelchen wird hoffentlich dazu beitragen, daß,
ohne daß Blut zu fließen braucht, die allmählich chroniſch wer=
denden
Unruhen unter dem ſozuſagen ſchußbereit gemachten
Gumiknüppel verebben werden.
Daß Menſchen gelegentlich geſchlagen werden müſſen, bezeugt
dieſer neue Mann im Staate, genannt Gummiknüppel, für den

Wird das Fideikommiß freies Vermögen, ſo bleiben doch
die Anſprüche der Familienglieder auf Unterhalt, Apan=
nage
, Ausſtattungen, Wittum u. dgl., ſowie die Anſprüche der
Angeſtellten auf Gehalt und Penſion erhalten. Sie ſind
nach wie vor zu befriedigen. Im Hinblick auf die Geldentwertung
kann eine entſprechende Erhöhung dieſer Bezüge von der Fidei=
Revolution forderten die Aufhebung der Fideikommiſſe in dem kommiß=Auflöſungsbehörde feſtgeſetzt werden. Zur Sicherung der
gungsmaſſen gebildet und eingerichtet werden.
Bei dem Uebergang in freies Eigentum hat die Behörde
cißerdem die im öffentlichen Intereſſe gebotenen Maß=
nahmen
anzuordnen. Da eine eindringliche Waldbewirtſchaf=
tung
ein Gebot der Gegenwart iſt, kann die Auflöſungsbehörde
die Bildung von Waldſchutzforſten vorſchreiben und hier=
durch
die Verſchleuderung und Abforſtung des Waldes verhüten:
die Schutzſorſte werden der ſtagtlichen Forſtbehörde unterſtellt.
In gleicher Weiſe kann die Auflöſungsbehörde auf die Bildung
geſchloſſener landwirtſchaftlicher Güter hinwir=
ken
. Archive, Sammlungen u. dal. können zu Stiftungen zu=
ſammengeſchloſſen
werden.
Iſt dieſen Vorſchriften Rechnung getragen, ſo erläßt die Auf=
löfungsbehörde
(das zuſtändige Landgericht) den Fideikom=
miß
=Auflöſungsbeſchluß, durch den die Sperre auf=
gehoben
und feſtgeſtellt wird, daß, wann und in weſſen Hand
das Fideikommiß freigeworden iſt.
Kraft Geſetzes wird das Fideikommiß, wie dargelegt, erſt in
der Hand des nächſten Nachfolgers frei. Auf Antrag des Fidei=
kommißbeſitzers
kann jedoch das Fideikommiß durch Beſchluß
oder Verordnung des Geſamtminiſteriums ſchon jetzt für
aufgelöſt erklärt werden, falls die beiden näch=
ſten
Anwärter der alsbaldigen Auflöſung zu=
ſtimmen
. Dieſe Beſtimmung des heſſiſchen Geſetzes iſt von
großer Wichtigkeit. In einer erheblichen Anzahl von Fidei=
kommiß
=Familien beſteht bereits jetzt der Wunſch der alsbal=
digen
Auflöſung. Während nach dem alten heſſiſchen Fideikom=
mißgeſetz
von 1858 hierzu die Zuſtimmung ſämtlicher, auch der
entfernteſten Anwärter rforderlich war, iſt es nunmehr möglich,
die ſofortige Auflöſung des Fideikommiſſes herbeizuführen, falls
der jetzige Inhaber und die beiden nächſten Anwärter ſich über
Der Inhaber eines Fideikommiſſes wird durch das neue Ge= die Form der Auflöſung, insbeſondere, alſo über die Art der
Teilung, verſtändigt haben. Hierdurch wird die manchmal zur
Erlangung unberechtigter Vorteile ausgenutzte Oppoſition ent=
fernteſter
Anwärter beſeitigt. Praktiſch wird, unter den gegen=
wärtigen
wirtſchaftlichen Verhältniſſen in der Regel eine Real=
teilung
inerhalb der nächſten Berechtigten ſich empfehlen, durch
die der Beſitz innerhalb der Familie erhalten bleibt und ſteuer=
liche
Nachteile vermieden werden; die entfernteren Beteiligten
werden ziveckmäßigerweiſe durch Kapital abzufinden ſein.
Wird die Auflöſung durch eine vernünftige, den wirtſchaft=
lichen
Verhältniſſen Rechnung tragende Verſtändigung inner=
halb
der Familie durchgeführt, ſo können hierdurch die don der
Auflöſung vielfach befürchteten Nachteile, wie eine allzu weit=
gehende
Zerſplitterung des Grundbeſitzes, vermieden werden.
Soweit man bis jetzt in anderen Bundesſtaaten Erfahrungen
auf dem Gebiete der Fideikommiß=Auflöſungen ſammeln konnte,
muß man zu dem Urteil kommen, daß das heſſiſche Auflöſungs=
geſetz
im wefentlichen einen verſtändigen Mittelweg einſchlägt,
bei deſſen vernünftiger Durchführung die Intereſſen der betei=
ligten
Familien wie das Jutereſſe des Staates in billiger Weiſe
geivahrt werden können.
Gag
an die ungeheuren Gut= und Blutopfer der Deutſchen Amerikas, prägen wird. Daß ſich Menſchen ſelber ſchlagen, deſſen erinnern
Geißler durch die Lande zogen. Die beginnende Winterkälte wird
neue Flagellanten ſchaffen. Es gibt da eine ganz beſtimmte Me=
thode
der Selbſtſchlagung, die zugleich eine Selbſterwärmung iſt.
zu ſolcher Sammlung aufraffen und denjenigen Einfluß auf Droſchkenkutſcher, gezwungen, ihr Daſein auch im Winter auf der
Politik und Geſetzgebung ſich zu ſichern wiſſen, den es füglich kalten Straße zuzubringen, ſind Meiſter in dieſer Kunſt. Auch
nach ſeiner Kopfzahl verlangen könnte? Beſäße es ihn, wie Handwerker, Maurer, Schloſſer uſw. verſtehen ſich darauf. Daß
auch dieſe Kunſt gelernt ſein will, konnte ich kürzlich in der König=
grätzer
Straße beobachten, wo ein Schloſſer mit ſeinem Lehrling
einen Konfitürenladen verbarrikadierte. Der Meiſter brachte dem
Lehrling bei, wie und mit welcher Kraft und auf welche Stellen
des Körpers hin man die Arme um ſich herumwerfen müſſe. Dem
ren nicht ruhen würden, ehe ſie dem amerikaniſchen Volke, in kleinen Bengel, der ſich rührend abmühte, ſchien aber dieſe
Uebung vorläufig noch mehr Schmerz= als Wärmegefühl zu be=
reiten
, denn die hellen Tränen liefen ihm herunter. Das Publi=
gehen
müſſen, den Stempel ihres Deutſchtuns unsergänglich kum amüſierte ſich über den kleinen Anfänger im Flagellantis=
mus
, doch man, ſah, wie es genau aufpaßte, dieſe kunſtreiche Me=
thode
der Erwärmung ſich zu merken, in der wohl nicht unbe=
gründeten
Annahme, daß dieſer kommende Winter 1923 noch
reichlich Gelegenheit bringen wird, ſie praktiſch anzuwenden.
Ja, da haben wir ihn nun, den Winter. Die letzten berühm=
ten
Blätter, die Freude aller elegiſchen Lyriker, ſinken kreiſelnd
von den ebenſo berühmten kahlen Zweigen. Noch im Sterben er=
füllen
ſie Aufgaben. Die Straßenreinigung braucht ſich wenig zu
bemühen. Die Bläterhaufen verſchwinden von ſelbſt; das Publi=
kum
hamſtert ſie ein; die Blätter, getrocknet, geben einen pracht=
vollen
Erſatz zum Feueranmachen. Aber auch den Kindern machen
die braunen Blätter Spaß. Sie können wieder einmal das ſchöne
Spiel Erwachſen ſpielen. Die braunen Blätter erinnern ſo
traut und lieblich an die Papierſcheine, mit denen die Erwachſe=
nen
immer wieder glauben, ſich in den Läden ſchöne Sachen kau=
fen
zu können. Eens, zwee, drei, via, finf Miljonen, zählt ein
Stöpſel einem anderen, der Steine als Waren feilbietet, vor.
Menſch, Miljonen? reſpondiert der, det koſt: Miljarden! Der
Stöpſel macht’s wie die Reichsbank: er erklärt die Miljonen=
ſcheine
für Miljardenſcheine, und da der andere die Illuſion
mitmacht, ſo werden ſie einig.
Kindliche Spiele? . . . Die Kinder ſpielen Erwachſen und
wir ſehnen uns zurück, wieder einmal wie die Kinder ſein zu
dürfen. Wir ſuchen die Illuſion, wir wollen gern von uns aus
alles tun, ſie wenigſtens für eine Stunde heraufzubeſchwören:
aber der große Mitſpieler Schickſal macht nicht mit .. ..

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Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 18. November 1923.

Rummer 31

Die Gas=, Waſſer= und Strompreiſe.
Das unwirtſchaftlich arbeitende Gaswerk.

Get wh Leche
Darmſtadt, 18. Noven
Sonntagsgedanfen.
Diktatur.

Wir erhalten einen ſehr ausführlichen Aufſatz über die Gas= und
Waſſerpreiſe in Darmſtadt von Herrn Dipl.=Ing. Kalbfuß, den
wir aber aus Gründen der Lohalität das Nachſtehende wiedergeben:
Wir haben gleichzeitig Herrn Dipl.=Jng. von Lippmann gebeten,
zu dem Aufſatz, der inzwviſchen an anderer Stelle veröffentlicht wurde,
Stellung zu nehuen, und fügen dieſe gleichzeitig bei.
Herr Dipl.=Ing. Kalbfuß ſchreibt: Nachdem ſich nunmehr die die Mittel dazu muß eben der Verkauſspreis der Ware liefern.
erſte Erregung über die Neufeſtſetzung der Gas= und Waſſerpreiſe
etwas gelegt (2) und die Bevölkerung ſich weitgehend mit Gas= und
Baſſer=Gutſcheinen verſorgt hat, ſei einem Mitbürger als Fachmann
ein Nach= und hoffentlich auch Schlußwort geſtattet. Ich ſpreche hier
durchaus als Privatmann, nicht als Beamter, aber aus meiner Honnt=
nis
der aufgeworfenen Fragen heraus, nicht nur bei unſerer Stadt,
Die Straßenlaternen brennen morgens und abends unter Umſtän=
den
bei Tageslicht, weil die Zündung und Löſchung durch eine kurze
Druckwelle vom Gaswerk aus erfolgt, die aber nicht zur Zeit des be=
ginnenden
ſtarken Verbrauchs, ſondern etwas vorher gegeben werden
muß, weil ſie ſonſt nicht genügend wirkſam iſt. An Stellen enger Rohr=
querſchnitte
befinden ſich Uhrenzünder, die auf eine mittlere Tages=
helligkeit
eingeſtellt werden müſſen und nicht jeden Tag nach den Witte=
rungsverhältniſſen
reguliert werden können. Wie allen automatiſchen
Vorrichtungen haftet auch dieſen beiden Shſtemen der Nachteil eines
uuvermeidlichen Prozentſatzes Verſager anz doch ſind die Erſparniſſe
an Bedienungskoſten ſo weſentlich, daß dagegen der etwas höhere Gas=
verbrauch
nicht ins Gewicht fällt.
Das Spielen öffentlicher Brunnen, beſonders am Mathildenplatz,
wird als Verſchwendung gerügt. Die heute noch in Betrieb befind=
lichen
öffentlichen Springbrunnen ſind an alte, meiſt ſtaatliche Waſſer=
leitungen
angeſchloſſen, für die eine Pumpenleiſtung nicht in Frage
kommt. Freuen wir uns doch, daß ſie noch Waſſer liefern und unſer
Stadtbild verſchönen.
Es ſollen nicht rechtzeitig Kohlenvorräte für das Gaswerk ange=
ſchafft
worden ſein. Wenn vielleicht der Einſender dieſes Vorwurfs
mit einem Angebot nicht berückſichtigt werden konnte, ſo wurden doch
bei Eintritt der Ruhrbeſetzung ſolche Kohlenmengen zuſammengekauft,
daß nicht nur die Lager im Freien, ſondern auch die Kammern des
Kohlenhauſes vollſtändig gefüllt waren, wobei dann die in letzteren be=
findlichen
, ſtark zur Selbſtentzündupg neigenden engliſchen Kohlen den
ganzen Sommer hindurch Sorge und Koſten verurſachten, weil ſie in
Brand gerieten. Zum Glück waren bis dahin wenigſtens einige Behäl=
ter
wieder leer, ſo daß durch Umlagern gtößere Schäden verhitet wer=
den
konnten. (Wir haben hierzu bereits mehrfach Stellung genommen.
D. Ned.)
Auch der Vorwurf mangelhafter Organiſation, insbeſondere beim
Gutſchein=Verkauf, wurde öffentlich erhoben. Ich möchte im Gegenteil
hier allen Beamten und Arbeitern, die daran beteiligt waren, beſonders großer Teil der Bevölkerung die neuen Preiſe einfach nicht
Lob und Dank ausſprechen. Sie haben alle Bewundernswertes geleiſtet.
Sehen wir uns alſo die Gaspreiſe einmal etwas näher an.
Bis zum Frühjahr 1914 war der Einheitspreis für Leucht= und Heiz=
gas
16 Pf. je Kubikmeter. Der Unterzeichnete hatte in jahrelanger
Arbeit die vorgeſetzte Behörde und die Stadtverordnetenverſammlung
immer wieder darauf hingewieſen, daß hier infolge des zu hohen
Preiſes das früher in Deutſchland hinſichtlich des Verbrauchs auf den
Kopf der Beblökerung faſt an der Spitze ſtehende Gaswerk ſtark ins
Preis im Wege ſtehe. Der Hauptkonkurrent war die billige Kohle, bei
deren Verbrennung aber wertvolle, unerſetzbare Stoffe unwieder=
bringlich
zerſtört werden. Der ab Frühjahr 1914 herabgeſetzte Gas=
preis
konnte infolge des Kriegsausbruchs die beabſichtigte Wirkung nicht
gewinn zum Teil häfte decken können, trat ein ſtarker Nückgang ein, und Er könnte ſich des weitgehendſten Dankes verſichert halten!
der alte Preis wurde bald wieder eingeführt. Unſer Währungszerfall
führte dann zu immer höheren Papiermarkpreiſen, die nach Stadtver=
ordnetenbeſchluß
ſich mittels einer einfachen Beziehung nach den Kohlen=
geben
wurde, die immer tollere Abwärtsbewegungen, gemeſſen, am
Dollar, ausführte. Es wird meiſt gar nicht bedacht, welchen Vorteil
der Gasverbraucher hat, dem vier Wochen lang eine Ware täglich gelie=
fert
wuird, die er am Monatsſchluß erſt bezahlt. (Kürzere Ableſe= und
Erheberperioden ſcheitern an der Koſtenfrage, da hierbei entſzrechend
verſtärktes Perſonal Verwendung finden muß. In Offenbach zurde
das zur Entlaſſung vorgeſehene Straßenbahnperſonal zur Durchführ=
ung
der 14tägigen Aufnahme verwendet; wahrſcheinlich aber zahlt denktafel am Ufer der Elbe!
durt die Straßenbahn Zuſchüſſe, oder Penſionen für die Leute, ſtnſt
würde dieſe Maßnahme ſich im Gaspreis ſtark bemerkbar machen müſ=
ſen
.) Die Gaswerke müſſen aber die für die Gasherſtellung benötigten
Kohlen als größte Betriebsausgabe bereits vier Tage nach dem Ab=
rollen
ab Grube bezahlen, alſo meiſt vor deren Eintreſſen im Werk.
Der bezahlte Papiermarkbetrag wird aber nur nach dem amtlichen
Kurſe vom Vortage des Cintreffens bei der Zahlſtelle gutgebract, wo=
durch
z. B. eine dieſer Tage getroffene Maßnahme bei der heutigen
ſprunghaften Entwertung gut rentiert, das in Säcken verpackte Papier=
geld
(B. nur Reichsgeld!) durch einige Beamte mit dem D=Zug in
eine Nachbarſtadt an die betreffende Kohlenzahlſtelle verbringen zu
laſſen.
Die Gasaufnahme, verbunden mit ſofortiger Gelderhebung, erſtreäkt
ſich auf die Zeit von vier Wochen. Bei Beginn der Septembererhebung
wurde der dem Kohlenpreis auf Grund der genehmigten Berechnungs=
ber
hatte dieſer Geldbetrag nur noch etwa ein Vierzigſtel der Kauf=
kraft
wie die gleiche Summe am 15. September. Gine Aufvertung
während dieſer Ableſeperiode ließen die damals in Kraft befindlichen überhaupt zuſtande kommt.
Beſtimmungen nicht zu. Aehnliche Schwierigkeiten hatten wohl alle
Gaswerke, weshalb die verſchiedenſten Mittel zur Abhilfe verfult wur=
den
. Wohl die meiſten kamen, ähnlich wie hier, auch dazu, eine An= Kalbfuß werden gekrönt durch den Schluß, den er aus ihnen
zahlung des gleichen Rechnungsbetrages zu fordern, wie der des ab=
gelaufenen
Monats war. Hiermit ſollte das Mißverhältnis zuiſchen
Lieferung der Ware und Zahlung der Nechnung ausgeglichen werden.
Aber auch dieſer Weg erwies ſich nicht als zum Ziele einer finanziellen
Gefundung führend, denn daß Ausberkauf gehalten wurde, das be=
wies
das Hinwegſchmelzen der Kohlenlager und die finauzielle Unmög=
lichkeit
, entſprechenden Erſatz zu beſchaffen. So iſt denn heute die
große Mehrzahl der Gaswerke zum Goldmarkpreis übergegangen (uach
den neueſten Nachrichten ſogar das ſtets als Gegenbeiſpiel vorgezeigte
anderen Tage recht artige Verluſte entſtehen.
koſten) für 1 Kubikmeter Gas waren in der Vorkriegszeit, wie dies
Der heutige Herſtellungspreis iſt ſehr ſchwer feſtſtellbar (:),
kriegspreiſes iſt, wobei aber die Kohle weſentlich ſchlechter iſt als die kommen.
früher verwendete, mithin weniger Gas und geringere Nebenprodukte
liefert.
Es folgt hier eine Taßelle mit Preisgegenüberſtellungen, wie ſie
mehrfach in Einzelheiten ſchon veröffentlicht wurde.
Einige Einſendungen an die Zeitungen bezeichnen den Preis bis z
50 Kubikmeter als zeitentſprechend und annehmbar, verlangen aber
Heizgas! Glaubt wohl einer der Gasverbraucher, daß mit den ſeit
26. Oktober für die erſten 50 Kubikmeter Gasverbrauch eingegangenen
9 Pf. betrug?. Dabei ſei noch beſonders darauf hingewieſen, daß ſeit=
her
die Verbraucher bis monatlich 50 Kubikmeter etwa 45 Prozent des
bis 25 oder 50 Kubikmeter für ſich in Anſpruch nimmt. Nach den ſeit=
noch
weiter vermindern wird. Der Ausverkauf geht alſo weiter! Wie
lange Zeit wohl noch?
Und der Schluß aus vorſtehenden Ausführungen? Es iſt bedenk=
lich
, wenn reine Verbraucheriutereſſen und politiſche Parteien Einfluß
auf ein wirtſchaftliches Unternehmen haben. Das kann

d kaum zum Segen für dieſes Unternehmen ausſchlagen. Der Vorſchlag
zu einem Wege, den bereits eine größere Anzahl deutſcher Städte ge=
wir
in ſeinem ganzen Umfange unmöglich abdrucken können, aus dem gangen iſt, iſt im Darmſtädter Tagblatt vom 26. Oktober erwähnt.
Möchten meine Ausführungen Verſtändnis für die Lage der Werke
und die bedrohte Gasverſorgung der Städte bei den Verbrauchern er=
wecken
. Die Aufnahme einer Anleihe kann nur vorübergehend helfen;
letzten Endes muß ſie doch auch verzinſt und zurückgezahlt werden, und
Dipl.=Ing. Kalbfuß.
Hierzu ſchreibt uns Herr Diplom=Ingenieur von Lippmann:
Im Intereſſe der friedlichen Löſung der lebenswichtigen
Fragen, die die Bürgerſchaft nach wie vor erregen (im
ſondern auch einer Anzahl Städte der näheren und wpeiteren Umgebung. Gegenſatz zu der Anſicht des Herrn Kalbfuß) das beweiſt ſchon
der ſtändige Ruf nach einer neuen Verſammlung , iſt
es ſehr zu bedauern, daß der Aufſatz des Herrn Dpl.=Ing. Kalb=
fuß
über die Gas und Waſſerpreiſe bereits an anderer Stelle
veröffentlicht worden iſt. Wir würden ſonſt von einer Veröf=
fentlichung
dringend abgeraten haben. Dennerſchadet der
Verwaltung.
Das Vertrauen der Bürgerſchaſt, die von dem Bürgeraus=
ſchuß
Hilfe in ihren Nöten erwartet, fordert, daß man ſich mit
rückhaltloſer Offenheit darüber ausſpricht ſelbſt auf
die Gefahr hin, dadurch zu mißfallen.
Zwar gibt der Verfaſſer vor, als Privatnann zu ſprechen;
aber der Tenor ſeiner Ausführungen läßt doch deutlich erkennen,
daß er als verwaltungstechniſcher Fachmann gehört zu werden
wünſcht. Und da kann eben doch nicht verhehlt werden, daß ſeine
Ausführungen einen bedenklichen Mangel an Verſtändnis für die
Forderungen der Zeit und die Gefühle ſeiner bedrängten Mit=
bürger
verraten, der nicht geeignet iſt, das ohnehin ſtark erſchüt=
terte
Vertrauen zu der Verwaltung wieder zu heben. Das darf
angeſichts der Auslaſſungen, die uns zugehen, nicht verſchwiegen
werden. Die um ihre Exiſtenz kämpfende Bevölkerung verlangt,
daß die Stadt Mittel und Wege findet, ihr die zur Zubereitung
ihres kärglichen Mahles erforderliche Wärmeenergie ſowie das be=
nötigte
Waſſer zu erſchwinglichen Preiſen zuliefern
und man erzählt ihr von der automatiſchen Zündung der
Straßenlaternen und ſagt ihr ſie möge ſich doch freuen, daß
die Springbrunnen noch ſpringen!! Schon in einer früheren
amtlichen Erklärung hat man verſucht, um die Tatſache, daß ein
bezahlen kann, mit der unglaublichen Bemerkung herum=
zukommen
, daß ja demnächſt Goldlöhne gezahlt würden,
und die Bebölkerung dann ſchon zahlen könne. Das Tagblatt
hatte damals die einzig richtige Antwort darauf gegeben. Der
Verfaſſer bläſt nun in das gleiche Horn und ſagt: Beamte und
Arbeiter, die ihre geiſtige oder körperliche Arbeitskraft verkaufen,
müſſen aber alles daranſetzen, auch hierfür Goldmarkpreiſe zu
Hintertreffen gekommen ſei, und einer weiteren Ausdehnung des Gas= erhalten, wie dies jeder Fabrikant und Verkäufer anderer Ware
veubrauchs zu gewerblichen und häuslichen Heizzwecken nur dieſer hohe auch eingeführt hat!! Nun ſagen uns aber Staat und Indu=
ſtrie
wahrſcheinlich auch die Stadt , daß ſie Goldlöhne nicht
bezahlen können. Vielleicht gibt uns der Herr Verfaſſer ein wirk=
ſames
Rezept, nach dem wir arbeiten können, um unſere Brot=
tunz
ſtatt des erhofften Mehrverbrauchs, der den Ausfall an Rein= geber zu zwingen, uns jetzt auch ſofort Goldlöhne zu zahlen?
Ja, glauben die maßgebenden Perſönlichkeiten denn wirklich,
daß die Bevölkerung ſich durch ſolche Entgleiſungen, die gelinde
preiſen richteten. Der Gaspreis wurde zuerſt zu Beginn des Ver= geſagt als grobe Ungeſchicklichkeiten bezeichnet werden müſſen,
brauchsmonats feſtgelegt und bekanntgegeben; dann wurde es nötig, beruhigen läßt? Das Gegenteil iſt der Fall!. Wir möchten die Engelſtadt, Fritz Wörth aus Wölſtein mit Wirkung vom 5.
ihn erſt nachträglich zu beſtimmen, weil er nur in Papiermark ange= Worte, die uns darüber geſagt worden ſind, hier nicht wieder=
holen
. Wir begnügen uns, feſtzuſtellen, daß die Erbitte=
rung
ſteigt. Hätte ich in jenen bitter ernſten Tagen der
Hamburger Revolution meiner erregten Arbeiterſchaft auf der
Werft am Reiherſtieg nichts anderes zu bieten gewußt, als ſolche
lauwarmen Worte, die wie Hohn klingen, dann wäre von mir
heute wohl wenig mehr übrig geblieben als eine beſcheidene Ge=
Zu den ſpärlichen fachlichen Ausführungen des Aufſatzes iſt hier in Darmſtadt die Scheine, die geringwertiger ſind als die je
nur zu bemerken, daß auch uns mittlerweile von maßgeben=
der
Seite Zahlenangaben gemacht worden ſind. von einer Milliarde abwärts nur am Schalter 6 des Poſta
Wir können darüber heute nur ſagen, daß uns dieſe Angaben in werktags vormittags von 812 Uhr, beim Markenverkauf in 2.
unſerer Auffaſſung, daß das Gaswerk nicht ſehrrationelt genommen.
arbeitet, beſtärkt haben. Solange aber die Verhand=
lungen
hierüber nicht als abgeſchloſſen betrachtet werden können, mit großem Erfolg gegebene Lortzingoper Die beiden Sch
halten wir es nicht für lohal, eine öffentliche Kritik an dieſen wieder in den Spielplan aufgenommen. In den Hauptp
Zahlen zu üben und müſſen uns vorbehalten, darauf ſpäter ein= ſind beſchäftigt die Damen Baß, Greeff, Dövner und die 4
zugehen. Wir müſſen uns begnügen, zu der Behauptung des Peterſen, Hoefflin, Hölzlin, Vogt, Welcker und Hagner. M
Herrn Dipl.=Ing. Kalbfuß, daß der heutige Herſtel= liſche Leitung: Joſeph Roſenſtock, Spielleitung: Arthur
lungspreis des Gaſes ſehr ſchwer feſtzuſtellen Rabenalt.
formel angepaßte Gaspreis auf 520 000 Mk. feſtgeſetzt. Am 15. Okto= ſei, mit der Bemerkung Stellung zu nehmen, daß die Bür=
gerſchaft
dann erſt recht verlangen kann, zu er=
fahren
, wie denn der Verkaufspreis des Gaſes die Uraufführung von Fritz v. Unruhs Roſengarten aufe
Die recht unglücklichen Ausführungen des Herrn Dipl.=Ing.
zieht: daß nämlich reine Verbraucherintereſſen und
politiſche Parteien keinen Einfluß auf wirtſchaftliche
Unternehmungen haben dürfen!
Herr Dipl.=Ing. Kalbfuß, dem als reinen Fachingenieur
wirtſchaftliche Dinge ja wohl fernliegen mögen, überſieht, daß
die Verbraucherintereſſen für den klugen und weitſichtigen Kauſ= Ziel des Lebens und aller Reichsgottesarbeit redete: Menſchenſiſt
mann ſogar eine ſehr erhebliche Rolle ſpielen; denn auf der werden, d. h. die Seelen an Jeſum binden. Am Nachmittag faß
Ofſenkacher Werk), wobei aber wieder weſentlich bleibt, daß das ein= Kaufkraft ſeiner Verbaucher ruht letzten Endes ſein Geſchäft.
gehende Papiergeld ſofort in Ware wertbeſtändig angelegt wird, denn ſchon Hier ſind aber die Verbaucher Bürger, die in Zeiten höchſter Not
durch das unvermeidliche Zählen und Bündeln können von einem zum durch eine unzeitige Maßnahme der Stadtverwal= die Grüße der oberſten Kirchenregierung und als Geburtstagsg
tung in weitere Nöte geraten ſind; das Unterneh= um die Mitte des 18. Jahrhunderts, einer hittern Notzeit, in der 6
Doch zurück zum Gaspreis. Die Herſtellungskoſten (Selbſt= men iſt ein kommunales, obes auch ein wirtſchaftliches
jeder Verwaltungsbericht der Stadt ausweiſt, etwva 9 Pfennige, iſt, muß ſich erſt erweiſen. Daß kommungle Unterneh= Führer der Bewegung, zweier hervoragender Theologen, in d.
mungen, wie ſchon der Name ſagt, der Gemeinſchaft zu dienen gemeinſame Leid alle zuſammenzwang. Bei aller Gelehrſamkeit
denn bis nur die Abrechnung bei vollſtändig vorhandenen Unterlagen und in dieſem Sinne auch ſoziale Forderungen zu erfüllen haben, des Evangeliums ſich zur Hauptaufgabe gemacht. Pfr. D. Waitz
zuſammengeſtellt iſt, iſt ſie ſchon überholt. Sicher nachweisbar aber iſt, ſcheint Herrn Dipl.=Ing. Kalbfuß entgangen zu ſein. Auf dieſe als Vertreter der Pfarrvereinigung und warb um Mitarbeiter
daß der Kohlenpreis frei Gaswerk etwa das anderthalbfache des Vor= ſozialen Forderungen werden wir an anderer Stelle noch zurück= birchlichen Gemeindevereinen. Pfarrer Eßlinger grüßte namen
Zu der Behauptung hinſichtlich der politiſchen Intereſſen iſt berichtete ausführlich über die Art der Verwaltung, den Umfar
zu ſagen, daß der Bürgerausſchuß von ſeinem erſten Auftreten Arbeit, die Verufsarbeiter und freiwilligen Helfer, über beſonder
an damit gerechnet hat, dieſen Einwand von irgendeiner Seite anſtaltungen im verfloſſenen Vereinsjahr, über Neugründunger
zur Abwehr ſeiner Bemühungen entgegengehalten zu bekommen, zu einer Kurrende, die Einrichtung eines Hortes für Knaben und
Deshalb hat er es ſich vom erſten Augenblick ſeines Beſtehens an chen und die Uebernahme einer Kleinkinderſchule, über Stiftunge
Verdoppelung der Verbilligung für Verbraucher von Leucht= und angelegen ſein laſſen, ſich ſo zuſammenzuſetzen, daß alle politi= das Verhältnis zwiſchen Stadtmiſſion und Kirche. Er ſchrieb üb
ſchen Schattierungen in ihm vertreten ſind. Gerade um eine ein=
Geldern irgend welche namhaften Kohlenbeſcheffungen gemacht werdee ſeitige politiſche Intereſſenvertretung, die mit der Sache gar ſiehe wir leben! Gedichte und gemeinſam geſungene Lieder =a
konnten, wenn er ſieht, wie die Einnahmen ſich zwiſchen 4, 2 und nichts zu tun hat, von vornherein auszuſchließen. Und in der die Anſprachen ein und leiteten über zur kraftvollen Schlußanſpra=
1 Pf. je Aubikmeter bewegen, und der Selbſtkoſtenpreis vor dem Krieg Tat haben bisher die unter den Männern des Ausſchuſſes vor= dienſtälteſten Stadtmiſſionars Hägele, der ihr das Schriftwor
handenen politiſchen Gegenſätze in der gemeinſamen Arbeit zum Krunde legte: Ihr ſollt meine Zeugen ſein!
Gieſamtverbrauchs ausmachten, dieſer Prozentſatz aber ſich weſentlich öffentlichen Wohle in keiner Weiſe ſtörend gewirkt. Wenn aber tene Einladung des Ski=clubs Darmſtadt-Odenwald zur Atg
erhöht, weil doch nun jeder Untermieter auch wieder den billigen Preis ſchon mit Gewalt die Politik hereingezogen werden ſoll, ſo weiß verſammlung am 22. ds. Mts. hingewieſen. Trotz der Ungunſt der
ich mich eins auch mit meinen politiſchen Gegnern im Bürger= hältniſſe beabſichtigt der Skiklub, wie in früheren Jahren ſo auch
herigen Verbrauchsverhältniſſen ergäbe, ſich eine mittlere Einnahme ausſchuß, wenn ich die Anſicht vertrete, daß man dem Volk, die= ſem Winter, im Gebirge einen Skikurs für Anfänger und für 7
von 14 Pf. je Kubikmeter, die ſich aber nach dem vorſtehend Geſagten ſem Volk, das im Kriege ſo unglaublich viel erduldet und getra= ter geblanten Veranſtaltungen foll in der Mitgliederverſammlun
gen hat und jetzt noch den letzten Kampf um ſeine Exiſtenz führt, ſchluß gefaßt werden. Daher iſt das vollzählige Erſcheinen aller
das Recht nicht nehmen kann, das zu fordern, was man ihm ſo, glieder ſowie aller ſonſtigen Freunde des Skiſports dringend erwt
lange vorenthalten hat: die Wahrheit!

Diplom=Ingenieur Adolf von Lippmann. bis 12 Uhr, Orpheumskaſſe von 3 Uhr ab.

Von Reinhold Braun.
Mit Worten zwingt man das Leben nicht
Leben braucht keine Jaſager und keine. Nei=
ſondern
Männer zu einem Manne braucht es
len und keine Worte.
Heinrich Lilien
Aus dem Grunde der dunklen, wirrenvollen Not ſteig
mer neue Schlagwörter auf, die man gleichſam wie Leucht
in die Luft ſchießt, die die Maſſe blenden ſollen. Es ſin
Schlagwörter da, die wie Flammen emporzüngeln, um gle
einen Weg zur Rettung zu beleuchten. Solch ein Wort
unſeren Tagen, das Wort Diktatur. In einer Zeit, d
Schwächlichteit an den Wegen hockt und debattiert oder
und ringsum alles verwahrloſen läßt, da ſteigt der Ruf na
ſtarken Manne, nach der Diktatur aus dem Herzen mit ein
Gebetinbrunſt empor. Freilich, man zerrt auch dieſes W.
und her. Die einen wittern dahinter die guten Tage für
und Plünderung, für Vergewaltigung der noch Beſitzender
die Maſſe. Die anderen blicken durch dieſes Wort hindur
in eine neue Klarheit und in ein neues Leben. Dieſe wolle
tung des Ganzen, ſie wollen durch Nacht zum Licht.
Diktatur, das Wort iſt der Gipfel von Kraft und Härt
Rückſichtsloſigkeit gegen alles, was ſich der Rettung in der
ſtellt. So will es das wahrhafte, deutſche Herz aufgefaßt
Ja, es will, daß das Wort zu einem hohen, ſteilen Gip
Liebe wachſe. So aufgefaßt, kann das Wort tatſächlich zu
Evangelium werden, zu einer Botſchaft der Rettung. Das
verträgt nicht, daß die Ichſucht mit ihm ſpielt und die Al
und die Philiſterhaftigkeit, ſondern daß es erlebt wird n
ganzen Glut eines großen, tapferen Herzens.
Und weiter muß man ſich das klar machen, daß n
Diktatur allein nichts getan iſt, wenn nicht der Mann, der
hinter ſich ein Volk hat, das noch innere Werte beſitzt, aus
tiefſter Stärke man heilige Funken ſchlagen kann. Der O.
iſt ein Künſtler in der Gotteswerkſtatt der Weltgeſchichte.
all ſein Können, ſein Temperament und ſein Genie, ſeine
Sehnſucht vermögen nichts, wenn er nicht den Stoff hat, au
er etwas formen kann. Scherben nützen einem ſolchen
Künſtler nichts. Nur aus dem Ganzen ſchafft er Ganze
aus edlem Stoffe ſchafft er Edles. Es kommt alſo dara
daß ſich unſer Volk zu einem Ganzen zuſammenglüht, ſiu
ſchlackt, alles Unechte von ſich wirft und wieder ein Vo
innen heraus wird und ſeine beſten Kräfte wieder aus ſi
bindet und Einkehr hält in das wahrhafte deutſche Weſer
Diktator kann dann nur Rettung bringen, wenn jeder ei
in ſich der Seele zur Diktatur verhilft, ſodaß ſchließlich die
gewaltige Macht zur Rettung die deutſche Seele ſelber i
der ſtarke Mann nichts weiter als ihr göttliches Werkzeug.

Ernannt wurden: am N. September: der Schulamtsar
Jakob Herter aus Eningen zum Lehrer an der Volksſch
Hamm, Kreis Worms; am 2. September: der Schulamtsar
Jakob Nenneiſen aus Raunheim zum Lehrer an der Volksſe
Kelſterbach, Kreis Groß=Gerauz am 2. September; der Lehrer
Borger zu Eppertshauſen zum Lehrer an der Volksſchule zu
heim, Kreis Worms. Durch Entſchließung des Heſſiſchen Land
für das Bildungsweſen wurden die Studienreferendare Walter
aus Mainz, Dr. Ferdinand Ewald aus Darmſtadt, Dr.
Heidt, aus Uſenborn, Julius Keim aus Darmſtadt, Karl
aus Frankfurt a. M., Paul Mühlfeld aus Straßburg, Kar
mann aus Nidda mit Wirkung vom 2. Oktober 1923 ab; die e
referendare Dr. Hans Axel aus Worms, Gundo Bogler aus
heim, Dr. Friedrich Kredel aus Bad=Nauheim, Geora Röd
Asbach i. O., Wilhelm Weinel aus Darmſtadt mit Wirkung
Oktober 1923 ab: die Studienreferendare Dr. Adolf Walte
1923 ab: der Studienreferendar Dr. Friedrich Mahlerwei
Darmſtadt mit Wirkung vom 9. Oktober 1923 ab und der e
referendar Auguſt Jäger aus Mainz mit Wirkung vom 8. No
1923 ab zu Studienaſſeſſoren ernannt.
In den Ruheſtand verſetzt wurde: am 14. November 19
Lehrerin an der Volksſchule zu Noßdorf. Luiſe Egli, auf ih=
ſuchen
unter Anerkennnung ihrer dem Staate geleiſteten Dien
Wirkung vom 16. November 1923 an.
Poſtaliſches. Durch den Rückfluß kleinwertiger Scheine
überall der Schalterverkehr. Um vorwiegend im Belange der 2
rung und nicht minder in dem des Dienſtes Abhilfe zu ſchaffen,
Mindeſtgebühr für eine Inlandsdruckſache zurzeit alſo die
Heſſiſches Landestheater. Heute Sonntag, den 18. N
ber, wird abends 6½ Uhr im Kleinen Haus die im vorigen
Ve=ſchiebung der Uraufführung von Unruhs Noſe
ten. Infolge Erkrankung des Hauptdarſtellers Fritz Vall
tag, den 24. November, verlegt werden.
Vereinigung der Freunde des humaniſtiſchen Gymna
Nächſte öffentliche Winterveranſtaltung am kommenden 7
tag, den 23. November. Univerſitätsprofeſſor Gehe
Dr. Kautzſch ſpricht mit Lichtbildern über Antike
Mittelalter. Gäſte, insbeſondere auch Damen, ſind
kommen!
e. Die Stadtmiſſion feierte das Feſt ihres 31jährigen Beſ
Aus dieſem Anlaß fand ein Feſtaottesdienſt in der vollbeſetzten
kirche ſtatt, in dem P. D. Michaelis, ein geiſtgefalbter Kanzelredne
Näume der Stadtmiſſion kaum die Zahl der Mitglieder, Freund
Gäſte. Pfr. Schäfer leitete die Feier, Prälat Dr. D. Diehl über
heilſame Erinnerungen an die Gemeinſchaftsbewegung in Dat
ſchaft und Kirche einen engen Bund ſchloſſen, in der Perſon der
aber die beiden Führer der Gemeinſchaftsbewegung, die ſchlichte 2
Vereins für Innere Miſſion=Worms. Prediger Brück im Auftre
Gemeinſchaftsverbands Starkenburg. Der Geſchäftsführer Dr. Au
Einführung der Hofmiſſion, der Straßenpredigten, über Vorbereit
Geſchichte der Stadtmiſſion in den derfloſſenen Jahren das P
wort: Als die Unbekannten und doch bekannt, als die Sterbendel
Ski=Klub. Es wird auf die im heutigen Anzeigenteil
ſchrittene abzuhalten. Hierüber ſowie über die ſonſtigen für dieſen
Orphenm. Bertrams Operetten=Gaſtſpiele. Vorverkauf ft
Operette Die Frau im Hermelin findet ſtatt im Verkehrsbüro v

[ ][  ][ ]

Rummer 319.

Darmſtädter Dagblett, Sonutag, den 18. Robeniber 1925.

Seite 5.

Verſchärfte Grenzſperre.
Verſchiedene Anzeichen laſſen darauf ſchließen, daß die Grenz=
erre
des beſetzten Gebietes wieder in einer Weiſe verſchärft
ird, daß ihre Ausübung beginnt ſchikanös zu werden. Auch das
nſt von allen Völkern auf Grund der Genfer Konvention reſpek=
rte
Rote Kreuz achten die Herren Franzoſen nicht mehr,
eichwie ſie ja auch vor der Majeſtät des Todes keine Achtung
ben und das Beſtatten unſerer Toten auf dem Waldfriedhof
3 willkommene Gelegenheit zu Schikanen gegenüber den Leid=
agenden
ausnützen.
Geſtern nachmittag hatte die Städtiſche Rettungs=
ache
einen Krankentransport über die Grenze des beſetzten
ebietes und die Franzoſen beſchlagnahmten das Kran=
nauto
trotz des roten Kreuzes und der deutlichen Aufſchrift.
ſt nach ſtundenlangen Verhandlungen wurde das Auto wieder
igegeben.
Wie ſvir hören, hat der franzöſiſche Lagerkommandant von
riesheim angeordnet, daß künftig bei Leichenbegängniſſen
diglich die Leichenwagen und das Friedhofs=
rſonal
den Waldfriedhof paſſieren dürfen.
idtragenden, auch den nächſten Verwandten und Geiſtlichen, iſt
e Teilnahme unterſagt. Der Beſuch des Waldfried=
ofs
beziehungsweiſe der Gräber iſt verboten!
rſtellungen gegen dieſe durch nichts begründete rigoroſe An=
dnung
ſind erhoben, der Erfolg bleibt abzuwarten.

Die Stenographenvereinigung Gabelsberger, Eliſabethenſtraße 52,
It am Sonntag, den 18. November, in ihren Unterrichtsräumen ihr
Sjähriges Wettſchreiben ab, um wieder einmal ihr gutes Können zu
weiſen. Es werden ſicherlich gute Leiſtungen zu erwarten ſein, da
hlreiche äußerſt wertvolle Ehrenpreiſe zur Verfügung ſtehen, die dank
r anerkennenswerten Stiftungen ſeitens der Firmen Bahnbedarf A.=G.,
armſtädter und Nationalbank, E. Merck, Maſchinenfabrik Göbel, Herd=
brik
und Emaillierwerk, Gebr. Trier, Heinrich Lautz, Gebr. Marſchal=
S. Wronker u. Co. beſchafft werden konnten. Dieſe Zuwendungen
ögen ein Beweis dafür ſein, daß der Wert der Stenographie immer
ehr erkannt wird. Die feierliche Preisverteilung findet am gleichen

h im Datterich. Weite Kreiſe wird es intereſſieren, daß jetzt die
te Stätte der Wirkſamkeit jenes Fauſt von de Ludwigsheh wieder
Betrieb genommen iſt. Werktags wenigſtens iſt die Wirtfchaft
egen der Ungunſt der Zeit wieder in die traulich warmen Stuben des
ten Häuschens verlegt worden, die jeder alte Darmſtädter aus ſeiner
ugend kennt. Auch der alte Zimmermannsſpruch vom Jahre 1838.
m Erbauungsjahr des Hauſes, hängt wieder an ſeinem Platz. Das
äuschen ſtellt überhaupt ein Stück Darmſtädter Baugeſchichte dar. Die
ndbogigen Fenſterpaare in den rundbogigen Niſchen erinnern an den
enetianiſchen Stil, den beſonders der Baurat Heger in den 1820er
s 1830er Jahren in Darmſtadt zu Ehren brachte. Man ſehe deſſen
auten, die Infanteriekaſerne in der Alexanderſtraße, das alte Lazarett,
Dragonerkaſerne am Marienplatz uſw. Auch die alte Viktoriaſchule,
9t. Stadtbauamt, in der Grafenſtraße, zeigt dieſen Stil, hier ſogar
rch die Andeutung des Kreisfenſters im Putz über den Fenſterpaaren
m Vorbild etwas genähert. Die beiden alten Speiſekarten zu ſeiten
5 Eingangs zum alten Ludwigshöh=Häuschen mit den märchenhaften
reiſen werden vollends manchem Darmſtädter helfen, ſich in die guten
ten Zeiten zurückzuverſetzen.
St. Büroktatius. Dieſer Tage erhielten wir von der Gerichts=
greiberei
des Heſſ. Amtsgerichtes, Darmſtadt I, einen Strafbefehl wegen
ner polizeilichen Uebertretung über 10 Milliarden zuzüglich Koſten ins=
ſamt
11 Milliarden. Der Brief, in welchem uns dies mitgeteilt wurde,
ar mit 20 Milliarden frankiert. Hierzu kommen noch die Koſten für
s Papier und den Umſchlag ſowie die Aufwendung für Beamten=
hälter
und ſonſtige Unkoſten, zuſammen ſchätzungsweiſe 2300 Miſ=
arden
, alles wegen 11 Milliarden. Kommentar überflüſſig.
Ortskrankenkaſſe und Aerzte. Der Münchener Aerzte=
erein
für freie Arztwahl hat einſtimmig beſchloſſen: Da ſtie
rtskrankenkaſſe München derzeit nicht in der Lage iſt, ihre vertrag=
hen
Verpflichtungen hinſichtlich der Auszahlung der Kaffenärzke zu
füllen, das bisherige Verfahrer aber, wonach die Aerzte aLein noch
iter allen Lieferanten die Tragung ungeheurer Verzugsſchäben auf ſich
nommen haben, die Kaſſenverhältniſſe nicht ſanieren kann und nur zur
fektiden Exiſtenzvernichtung jedes Einzelarztes, ſehen ſich die ünchener
aſſenärzte gezwungen, ab 16. ds. Mts. die ſoforlige Barzahlung
* Kaſſenhonorare in jedem Einzelfalle burch jeden Orts=
ankenkaſſenpatienten
ſelbſt zu verlangen. Im Uehrigen erklären ſie

Sonntag:
Montag:
Dienstag
Mittwoch:
Donnerst.:
Freitag:
Samstag:

Sonntag:
Sonntag:
Montag:
Dienstag:
Mittwoch
Donnerst.:
Freitag:
Samstag:
Sonntag:

vom 18. bis 25. November.
Großes Haus:
6½ Uhr: Der lebende Leichnam. A 7, a 4.
Keine Vorſtellung.
7 Uhr: Falſtaff. Sondermieten 12 (4) und 15 (4).
Keine Vorſtellung.
Keine Vorſtellung.
7 Uhr: Falſtaff. D 6.
6 Uhr: Uraufführung: Der Roſengarten Schau=
ſpiel
von Fritz d. Unruh, in der Inſzenierung von
Guſtav Hartung. F 7, 5.
6 Uhr: 1. Wiederhol.: Der Roſengarten. E6, 3.
Kleines Haus:
6½ Uhr: Die beiden Schützen. Zuſatzmiete IV 3.
7 Uhr: Aleſſandro Stradella. Sonderm. 20 (4).
Keine Vorſtellung.
7 Uhr: Die Freier. Sondermiete 21 (4).
7 Uhr: Figaros Hochzeit. Zuſatzmiete III 3.
7½ Uhr: Der Scheiterhaufen. Sonderm. 22 (4).
7 Uhr: Die beiden Schützen. Sondermiete 18 (4).
11 Uhr vorm. und 4 Uhr nachm.: Film: Hygiene
der Ehe. Abends 7½ Uhr: Aleſſandro Stra=
della
. Sondermiete 19 (4).

A
M Unfere Lefer.
Für die Woche vom 18.24. November beträgt
der Bezugspreis für das Darmſtädter Tagblatt
460 Milliarden, zuzüglich
40 Milliarden Trägerlohn
500 Mikliaxden Maxk
(für Abholer 470 Milkiarden Mark).
Obwohl ein großer Teil der Zeitungen, um ſich vor großen
Verluſten zu ſchützen, bereits zur Goldmarkberechnung übergegangen
iſt, haben wir im Intereſſe unſerer Leſerſchaft noch davon Ab=
ſtand
genommen. Eine nähere Begründung des Preiſes dürfte ſich
erübrigen, wenn wir darauf hinreiſen, daß ſieh gegen die Vorwoche
der Dollarkurs vervielfacht ba= und demzufolge die Unkoſten,
die uns in Goldmark bereihnet werden, geſtiegen ſind; das Gleiche
gilt für Löhne, Gehälter uſr
Der obige Betrag gilt als unveränderlich, wenn er bis Diens=
tag
mittag 1 Uhr in unſeres Beſitz iſt. Wir bitten daher, das
Bezugsgeld für die Kaſſierer bereitzuhalten oder die Entrichtung
bis zur angegebenen Zeit in unſerer Geſchäftsſtelle vorzunehmen.
Vielfach treffen unſere Boten die Leſer nicht an, ſodaß es ratſam
iſt, ſofern der Betrag am Montag abend nicht erhoben, die Be=
zahlung
noch Dienstag Vormittag zu veranlaſſen.
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.

h bereit, allen Vertragsbeſtimmungen, die das Weſen der kaſſenärzt=
hen
Tätigkeit ausmachen, bis auf weiteres ihrerſeits nachzukommen.

genüber der Zollbehörde in Betracht. Ferner lautete die Anklage noch
If Beamtenbeſtechung nach § 333 St. G.B., und nur in letzterer Hinſicht
urde der Angeklagte ſchuldig befunden. Er pflegt Lederwaren auszu=
hren
, und eine derartige Lieferung erwies ſich bei der Zollreviſion
ößer, als angegeben war. E. beſtreitet jeden vorſätzlichen oder fahr=
ſſigen
Verſtoß, und es ergab ſich in der Beweisaufnahme, daß in ſei=
n
Betrieb eine jetzt als Zeugin eidlich gehörte Kontoriſtin ſelbſtän=
mit
der Erledigung ſolcher Sendungen betraut iſt. Es waren zu
ner Lieferung nachträglich von E. eine kleinere Anzahl gleicher Leder=
tikel
beigefügt und jene Angeſtellte entſprechend bedeutet worden. Sie
nterließ die Abänderung der Deklaration nach ihrer Bekundung aus
erſehen. Nach dem daraufhin erhobenen Anſtand äußerte E. in einer
ückſprache mit dem Oberſteuerinſpektor Höhn, wie unangenehm ihm die
trafanzeige ſei, bat davon Abſtand zu nehmen und fragte den Beam=
n
bedeutſam, ob er etwas brauche‟. Es war dies offenbar beabſich=
gte
Beeinfluffung mit dem Angebot irgendeinen Geſchenks oder ſonſti=
en
Vorteils, doch erfuhr E. pflichtgemäße Ablehnung. Hierfür erſchien
ach Lage des Falles als Sühne eine Geldſtrafe ausreichend, und zwar,
7 Gewinnſucht als Motiv ausſchied, der zuläſſige Höchſtbetrag von einer
ſillion Mark, wozu der Angeklagte nunmehr verurteilt wurde. Wegen
anderen Beſchuldigung erfolgte, mangels Vorfatzes oder Fahr=
ſigkeit
Engels, Freiſpruch. Recht bezeichnend für heutige Zeitver=
ſiitniſſe
mit ihren wirtſchaftlichen Auswüchſen erſcheint das Verhalten
es wegen ſchwerer Urkundenfälſchung nebſt Betrug angeklagten, 22 jähri=
en
Kaufmanns Eduard Efſer aus Offenbach, handelt es ſich doch um
ichtige Schiebergeſchäfte. Bisher unbeſtraft und gut beleumundet, hatte
damals keine feſte Stelle, ſondern befaßte ſich mit mannigfachem Han=
el
. So kaufte er dem dortigen Fabrikanten Hotz Lederwaren zum
reiſe von mehreren hundert Goldmark ab, ohne ſelbſt nennenswerte
Jarmittel zu beſißen. Am abend des nämlichen Tages ſollte vereinba=
ungsgemäß
die Zahlung der weiterveräußerten Waren nach dem letz=
en
Börſenkurs geſchehen. E. erſchien auch bei H., nannte eine ange=
hene
Offenbacher Firma als Abnehmerin und übergab einen Scheck der=
elben
auf 470 Milliarden Mark. Als H. ihn andern Tags auf der
ſank erheben wollte, ſtellte ſich die Fälſchung heraus, und die Sachen
laren von E. zu Schleuderpreifen an ganz andere abgeſetzt, wo ſie von
er Polizei größtenteils beſchlagnahmt werden konnten. So glich ſich
3 Schaden nahezu aus, und ein Reſt von 8 Milliarden iſt durch An=
ehörige
des Angeklagten ſpäter erſetzt worden. Er leugnet die Fäl=
chung
nicht und beſtreitet nur die Betrügerei, will vielmehr aus einem
eplanten Deviſengeſchäft, das ihm ein Fremder in dem berüchtigten
Frankfurter Kaffeehaus Goldſchmidt mit einer Hundertdollarnote ange=
ſoten
habe, die zu Hotz Befriedigung erforderlichen Gelder erwartet
aben. Plötzlicher Kursſturz habe dies vereitelt. Die ganze Verteidi=
ung
mutet mehr als fragwürdig an und vermag den Tatbeſtand der
Inklage nicht zu erſchüttern. Man erkannte, unter Zubilligung mildern=
ſer
Umſtände, auf insgeſamt 4 Monate Gefängnis, abzüglich 4 Monate
Interſuchungshaft, und hob den Haftbefehl auf.

Aus den Parteien..
Deutſchnationale Partei. Vortrag, Dr. von
Dryander Freitag abend ſprach im Saalbau Herr Dr. von Dryan=
der
über die Politik der letzten 5 Jahre. Die Verſammlung war überaus
frauk beſucht.
Noch einleitenden Begrüßungsworten des Hrn. Abg. Kindt führte
Herr Dr. v. Dryander, ofk von ſtarkem Beifall unterbrochen, zunächſt
aus, weshalb die deutſchen Regierungen ſeit 1918, ja weshalb auch ſchon
Bethmann=Hollweg ſcheitern mußte: Infolge der Vorherrſchaft der So=
ziaſdemokratie
, da leider weite bürgerliche Kreiſe die irrige Anſicht ver=
traten
, daß ohne die Sozialdemokratie nicht regiert werden dürfe.
Dieſe Partei jedoch iſt in ihren ganzen Tendenzen abſdlut ſtaatsfeindlich,
ſie iſt zu jeder poſitiven Arbeit unfähig. Auf allen Gebieten hat ſie ver=
ſagt
, ihre Schlagworte ſind zuſammengebrochen, und die Anhänger der
Partei wandern in großen Scharen enttäuſcht in andere Lager ab. Es
war der Fehler Kunos, daß er ſeine zu Beginn überparteiliche Stellung
nicht als ſolche behauptete und ohne das Vertrauen der Sozialdemokratie
nicht glaubte, regieren zu können. Der Ruhrkampf mußte ſcheitern, da
die Sozialdemokratie jede Aktivierung des Widerſtandes ſabotierte und
Herr Severing Männer, die ſich einſetzten für die Errertung Deutſch=
lands
, mit allen Mitteln der Polizeigewalt verfolgte. Ein rein paſſiver
Widerſtand aber war naturgemäß zum Scheitern verurteilt. Der Name
Schlageter jedoch wird als Fackel der deutſchen Jugend noch leuchten,
wenn Sozialismus und Pazifismus längſt vergeſſen ſind. (Stürmiſcher
Beifall.) Ein Hauptvertreter des Gedankens, ohne die Sozialdemokratie
ſei nicht zu regieren, des Gedankens der großen Koalitiyn, war Herr
Dr. Streſemann. Die Behauptung, ein auf breiteſter Baſis errichtetes
Kabinett könne den Nuhrwiderſtand am beſten aufrecht erhalten, iſt durch
die ſofortige Liquidierung desſelben hinfällig geworden. Die deutſch=
Währung, die Dr. Hilferding in kurzer Zeit zu ordnen verſprach, iſt ins
Bodenloſe geſunken, und das Kabinett Strefemann hat es nicht verſtan=
den
, rechtzeitig ein wertbeſtändiges Zahlungsmittel zu ſhaffen, obwohl
die Ernte vor der Türe ſtand und ſo die Volksernährung aufs ſchwerſte
gefährdet werden mußte. Ein Kabinett, in welchem ſo verſchiedenartige
Anſichten vertreten ſind, kann ja auch über die fortgeſetzten Verhandlun=
gen
über die verſchiedenen Standpunkte gar nicht zum Handeln kommen
Die einzig poſitive Staatsgewalt ſeit der Revolution iſt in der Reichs=
wehr
geſchaffen worden, die unſer volles Vertrauen beſitzt. Im Anſchluß
hieran ſpricht der Redner über die Entwicklung Baherns. Während
durch Bismarcks meiſterhafte Verfaſſung unter Berückſichtigung der
Stammeseigenart die einzelnen Stämme in Reichsfreudigkeit erhalten
wurden, iſt durch die Weimarer Verfaſſung Zündſtoff gegeben, der bei
jeder Gelegenheit ſich zu entladen droht. So hat ſich ein ſcharfer Gegen=
ſatz
herausgebildet: Hie München hie Berlin! Hie Streben nach Er=
haltung
Deutſchlands hie Streben nach Erhaltung der Revolutions=
errungenſchaften
! Die Rechtsregierung Baherns hat eine geordnete
Staatsverwaltung geſchaffen, während in dem ſozialiſtiſch= kommuniſti=
ſchen
Sachſen Plünderungen an der Tagesordnung ſind. Nur durch die
ſchwankende Haltung der Reichsregierung iſt es zu den bedauerlichen
Ereigniſſen der letzten Woche in München gekommen, die der Redner
ſcharf verurteilt. Von beſonnenen Händen muß die vaterländiſche Be=
wegung
geleitet ſein. Dieſe Vorgänge müſſen eine Mahnung ſein für
Berlin, daß die Zeit gekommen iſt für eine entſchiedene Rechtsregierung
Die Zuſammenſetzung der Parlamente gibt keineswegs mehr ein Bild
von der wahren Volksſtimmung. Was für Beſſerungen kann nun aber
eine Rechtsvegierung, geſtützt auf die nationalen Parteien, die ſtetig
wachſenden chriſtlich=nationalen Gewerkſchaften, die deutſche Landwirt=
ſchaft
und die vaterländiſchen Verbände, ſchaffen? Sie kann Sorge tra=
gen
für eine fachkundige Verwaltung, ſie kann durch Zuſammenarbeit
mit der Landwirtſchaft die Ernährung beſſern, ſie genöße das Ver=
trauen
des Auslandes, und ſie könne die Wehrhaftmachung des deutſchen
Volkes vorbereiten, denn ein Aufſchwung iſt niemals denkbar durch
Völkerverſöhnung, ſondern nur durch den Kampf mit der Waffe in der
Hand. Vor ſchweren Steueropfern kann freilich auch eine Nechtsregie=
rung
das deutſche Volk nicht bewahren, aber ſie wird dieſe Opfer in na=
tionalem
Sinne verwenden. Der Redner ſchließt mit einer zündenden
Werbung, durch Opferbereitſchaft am Sieg der deutſchnationalen Idee,
am Erwachen der deutſchen Volksſeele mitzuarbeiten im feſten Clauben
an die göttliche Sendung des deutſchen Volkes

Stürmiſcher=Beifall zeigte dem Vortragenden, welch warmen Wider=
hall
ſeine Worte gefunden hatten. In der Ausſprache führte ein Redner
aus, daß es jetzt den Austrag der Gegenſätze Nationalismus und Kom=
munismus
gälte. Er begrüßt beſonders freudig, daß die Partei auch den
ſozialen Gedanken auf ihre Fahne geſchrieben hat und fordert ſie auf, in
dieſem Sinne weiter zu wirken. Herr Abg. Kindt verſicherte in ſeinem
Schlußwort, daß dies eine der vornehmſten Aufgaben des kommenden
nationalen Diktators ſei, und ſprach ſeine Freude darüber aus, daß
Herr von Drhander die feſte Zuverſicht mit nach Berlin nehmen könne,
daß auch in Darmſtadt eine ſtarke deurſchnationale Gemeinde beſteht, die
trotz ſchwerſter Not aushält in der Treue zum Deutſchen Vaterland.
Deutſche Volkspartei. Die Mitglieder werden davon in
Kenntnis geſetzt, daß Dienstag, den 20. November, abends 8 Uhr, bei
Sitte ein Politiſcher Abend ſtattfindet, an dem der Landes=
vorſitzende
, Herr Rechtsanwalt Dingeldey, nach ſeiner Rückkehr von
Berlin, wo er ſeit geſtern an den Verhandlungen des Zentralvorſtandes
der Partei teilnimmt, Bericht über di gegenwärtige politiſche Lage er=
ſtatten
wird.
Lokale Veranſialtungen.
Die hierunier erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in feinem Jalle irgendwie als Deidrachung oder Kritik.
Darmſtädter Streichquartett. Auf die heutige Kam=
mermuſik
=Aufführung, vormittags 11½/, Uhr, in der Aula des Real=
gymnaſiums
, ſei biermit nochmals hingewieſen. Die Vortragsfolge be=
ſteht
aus Streichquartetten von Schubert, Beethoven und Dvorak. Ein=
trittskarten
, auch für Studierende und Schüler, werden an der Tages=
kaſſe
ausgegeben.
Der Theſta=Klub hält ſeine diesjährige Herbſtveranſtal=
tung
im Rahmen eines Bunten Abends am Sonntag, den 18. Novem=
ber
, im Fürſtenſaal ab. Mitwirkende: Frl. Elſe Falkenſtein und Frl.
A. Kraft vom Heſſ. Landestheater, Frl. Eliſabeth Creter, Herr Böhm,
Herr A. Hildebrand, ſowie Mitgliéder des Zitherklubs Darmſtadt=
Beſſungen und andere mehr. Näheres ſiehe Anzeige in heutiger Aus=
gabe
des Blattes
Chriſtl. Vereinjunger Männer. Alle Miſſions= und
Kolonialfreunde ſeien nochmals darauf hingewieſen, daß heute abend in
unſerem Heim. Infanteriekaſerne, Alexanderſtraße, Herr Miſſionar Kel=
ler
, der unter den Menſchenfreſſerſtämmen in Goosland (Kamerungebiet)
gearbeitet hat, viel intereſſantes aus ſeinen Erlebniſſen ſchildern wird.
Kunſinotizen.
Ueber Werk. Künfſtier und fünNeriſihe Veranſtaliungen, deren im Nachſſehenden Erwähnung
ceſkſeht. Hehält ch die Redaltien ihr Urteil vor.
Die Freie literariſch=künſtleriſche Geſell=
ſchaft
hat für nächſten Donnerstag, den 22. November, 71/. Uhr,
Nobert Kothe und Lies Engelhardt zu einem Lautenabend
eingeladen, der ſten künſtleriſchen Genuß verſpricht. Kothe und ſeine
junge Paxtreri: werden zurzeit auf einer Kunſtfahrt durch Deutſchland
überall gefeiert. Ss ſchreibt das Berl. Tgbl.: Kothe ſprüht förmlich
von Leben. Lanue und Schelmerei. Was und wie Lies Engelhardt mit
ihrem Partner zuſammen ſang, das war köftlich. Schleſ. Anz.: Ro=
bert
Kothe, nach wie har unbeſtreitbar der Meiſter aller deutſchen Lau=
tenſänger
, iſt und bleiht in ſeinem Fache eine Ausnahmeerſcheinung,
Kieler Volkszeitung: 2s war wieder einmal eine Stunde im Glück,
welche die dichſtgedrängte
erlebte‟. Da ein ſtarker Andrang zu
erwarten iſt, empfiehlt ch redtzeitige Kartenbeſorgung bei Buchhand=
lung
Bergſträßer, Rheirſtyaße. (Siehe Anzeige.)
Palaſt=Lich’ſpiele. Königin Karoline von Eng=
land
, das tragiſche Schikſal der Prinzeſſin von Braunſchweig. Eine
Fürſtentragödie in ; Akten. Darſtelleriſch ſteht Carla Nelſen in der
Doppelrolle als Königi= und Tänzerin im Vordergrund, gewinnend und
reſtlos überzeugend dort vor allem, wo ſie als Königin in ränkefüchtiger
Umgebung eine den Menſchheitshöh= zugewandte Seele zu verteidigen
hat. Als ihre intrigante Gegnerin 5 my Sturm eine über das
Herkömmliche hinausgreifende Geſtalt. Chenbürtig iſt ihr Magnus Stif=
ter
als Herzog von Monhriſon. Könie Georgs lavierendem und ſpäter
verſumpfendem Charakter hätte Willy Kahſer manchmal mehr Relief
geben dürfen. Nicht vergeſſen ſeien Julie Serda als Königin Charlotte,
Ernſt Schrumpf als König Georg der Dritte, Erich Kaiiſer=Titz als ſehr
ſympathiſcher Lord Brougham. Rolf Naffés Hand erwies ſich in der
Szenenführung wie im Aufbau des Ganzen von vorwärts drängendem,
zielklarem künſtleriſchen Willen dirigierr, dem die Verfilmung des
Manuſkriptes von M. Schmahl in hervorragender Weiſe gelang. Auf=
führung
noch heute und morgen.
* Hähnlein, 16. Nov. Hohes Alter. Der Landwirt Gg. Bauey
im benachbarten Langwaden feierte dieſer Tage in beſter Geſund=
heit
ſeinen 101. Geburtstag.
O Birkenau, 17. Nov. (Sammlung.) Die hieſigen Ar=
beitsloſen
hielten hier und in einigen Nachbarorten eine Samm=
lung
von Lebensmitteln ab, die einen guten und anerkennenswerten
Erfolg aufzuweiſen hatte. Leider haben ſich dabei einige Sammler
Ungehörigkeiten und Entgleiſungen zu ſchulden kommen laſſen, die nun
bedauerlicherweiſe ein gerichtliches Nachſpiel zur Folge haben werden,
Die Sammlung ſoll den Ortsarmen und in Not geratenen Arbeits=
loſen
zugute kommen.
( Aus dem Weſchnitztal, 17. Nov. Teueres Laub. Die bis
jetzt abgehaltenen Laubſtreuverſteigerungen erzielten ganz envrme
Preiſe. Die Loſe kamen mitunter auf 500 bis 900 Milliarden zu ſtehen.
O Aus dem Odenwald, 17. Nov. Einſtarkes Abſchlachten
der fetten Schweine findet eben bei uns ſtatt. Es geht namlich das
Gerücht um, daß die Hausſchlachtungen mit einer anſehlichen Sonder=
ſteuer
und einer prozentualen Fleiſch= bezw. Fettabgabe belegt würden,
Inwieweir dieſes Gerücht auf Wahrheit beruht, können wir nicht ſagen,
möglich wäre es ſchon, denn während des Krieges wurde ſchon einmal
von dieſer Maßnahme Gebrauch gemacht.
r. Babenhauſen, 16. Nov. Der Turnverein veranſtaltet dieſen
Sonntag, abends 8 Uhr, im Gaſthaus zum Löwen einen Eltern=
abend
mit turneriſchen Vorführungen. Freunde und Gönner der
Turn= und Sportbewegung ſind herzlichſt dazu eingeladen. Wie der
Dollar, ſo macht auch, beſonders zum Schaden der kinderreichen Familien,
der Milchpreis von Tag zu Tag ſeine raſenden Sprünge. Geſtern
verkauften die Bauern noch das Liter zu 55 Milliarden, heute koſtete es
parallel dem Dollartanz 110 Milliarden. Und morgen? Zu Ge=
ſchworenen
wurden ausgeloſt: Robert Baur, Brauereidirektor, hier
und Ad. L. Kratz, Landwirt in Harreshauſen.
* Vom Lande, 16. Nov. Wir erhalten folgenden Notſchrei eines
Altpenſionärs, den wir ohne Kommentar wiedergeben. Habe
heute meinen Ruhegehalt für die erſte Novemberwoche mit 2,8
Billionen glücklich erhalten, während meine aktiven jungen Kolle=
gen
bereits den Gehalt für die zweite Novemberwoche einkaſſierten und
in Waren umſetzen konnten. Was kann ich heute noch für dieſes Geld
kaufen? Faſt nichts, und mein Verluſt beträgt nach dem heutigen
Dollarſtand gut 2 Billionen. Vor acht Tagen hätte ich mir für dieſe
Summe noch etwas kaufen können. Es iſt geradezu himmelſchreiend,
wie man uns Penſionäre behandelt, es treibt einen faſt zur Ver=
zweiflung
. Schreiber dieſes nähert ſich bald den 80er Jahren,
hat dem Staate treu und pflichtbewußt ſeine Dienſte nahezu 54 Jahre
gewidmet, hat ſich durch ſeinen ſteten Pflichteifer die höchſten Orden ver=
dient
, die ſich ein mittlerer Beamte überhaupt erwerben konnte und jetzt
dieſe Zurückſetzung in der Zuteilung des mäßigen Ruhegehalts! Das
von mir und meiner Frau in mehr als 54 Jahren ſauer erſparte, ja
man kann ſagen erhungerte, Vermögen iſt in nichts zerſchmolzen, und ich
werde nächſtens in die bittere Notwendigkeit verſetzt werden, ein Stück
Möbel nach dem anderen zu veräußern, um Lebensmittel kaufen zu
können. Kann ein Staat, in dem noch Recht und Gerechtigkeit herrſcht,
ſolche Zuſtände dulden? Alte, in Ehren ergraute Beamte ſo behan=
deln
? Manche Volkskreiſe haben eben eine ganz ungeheure Einnahme,
ſo daß dieſe im Gelde faſt erſticken, und die armen Penſionäre müſſen
ſozufagen hungern. Dort, bei vollgefüllten Scheunen, Speichern, Stäl=
len
, Kellern, Räucherkammern uſw. Ueberfluß, hier, Entbehrung und
Not. Wie das Fleiſch ſchmeckt, weiß ich nicht mehr, denn ſchon monate=
lang
kommt keins mehr auf den Tiſch, iſt ja auch nicht nötg, wenn nur
die Schieber, Wucherer, Neureichen und andere dieſes haben. Mein
Enkel, ein lediger, 27 Jahre alter Burſche, bekam geſtern von der Anilin=
und Sodafabrik, Ludwigshafen, einen Wochenlohn von 28 Goldmark
und ich, ſein Großvater? Ich ſchäme mich vor ihm!

LHAISI

[ ][  ][ ]

Seite G.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 1B. Rovember 1923.

Rummer 31

Reich und Ausland.

Aus der Reichshauptſtadt.
Die letzte Sitzung der Berliner Stadtverordnetenver=
ſammlung
fand durch die Obſtruktion der Sozialdemokraten ein vor=
zeitiges
Ende. Nachdem man koſtbare Zeit mit einer im Grunde nutz=
loſen
. Debatte über den militäriſchen Ausnahmezuſtand hatte dergehen
laſſen, wandte man ſich der Vorlage über die Auflöſung der einheit=
lichen
Schuldeputation für die Bezirke 16 zu. Der Ausſchuß bean=
tragte
durch ſeinen Berichterſtatter Stadtv. Troll (Dnt.) die Ablehnung
der Magiſtratsvorlage. Die Sozialdemokraten dagegen wünſchten eine
nochmalige ausführliche Beſprechung dieſer Organiſationsfrage. Als
dann in Ablehnung dieſes Wunſches ein Schlußantrag der Rechten ange=
nommen
worden war, forderte die Linke namentliche Abſtimmung und
verließ den Sitzungsſaal. Der Vorſteher ſah ſich ſo genötigt, infolge
Beſchlußunfähigkeit des Hauſes, die Sitzung abzubrechen.

Der Reichselternbund zur ſchulpolitiſchen Lage.
Auf der Führertagung des Reichselternbundes in Berlin wurde
einſtimmig folgende Entſchließung gefaßt: Seit nunmehr 5 Jahren
leben Millionen von Eltern in tiefer Sorge um das Schickſal der evan=
geliſchen
Erziehung. In zahlloſen Schulen und in ganzen Ländern iſt
ihr geheiligtes Erziehungsrecht mit Füßen getreten worden. Die Hoff=
nung
auf ein Ende des Schulkrieges und der Schulnöte wurde immer
wieder peinlich enttäuſcht, beſonders durch die 4jährige Leidensgeſchichte
des ſogenannten Reichsſchulgeſetzes. Um ſo zäher beſtehen wir darauf,
daß die ſo lange heiß umkämpfte Grundlage dieſes Geſetzentwurfes
nicht preisgegeben wird. Wir fordern, daß auf dieſer Grundlage, in
Ueberwindung aller entgegenſtehenden Schwierigkeiten, der Schulfrieden
geſchaffen wird. Nur durch dieſen Frieden bleibt dem evangeliſchen Volk
die innere Ruhe und Kraft erhalten, der es in Deutſchlands Daſeins=
kampf
bedarf.

wegen Nichtbeachtung der Preisaushangsvorſchriften
halten.
Plünderungen in Weinheim.

Strafbefehle er=

In vorletzter Nacht wurden hier mehrere Läden geplündert.
Schießerei. Ein Toter, ein Poliziſt ſchwer verwundet.

Große

Totgefahren.
Weinheim. Eine etwa 25 Jahre alte unbekannte Frau wurde
in der Nähe der Kolonie von einem Eiſenbahnzuge überfahren und ſo
ſchwer verletzt, daß ſie nach Verbringung ins Krankenhaus alsbald ver=
ſtarb
. Der Aermſten war eine Hand und ein Bein abgefahren. Die
Perſonalien der Unbekannten konnten noch nicht feſtgeſtellt werden, eben=
ſo
ob ein Unglück oder Lebensmüdigkeit vorliegt.

Sechs Monate Gefängnis und 10 Billionen Mark Geldſtrafe für einen
Gefchäftsmann, der nicht in Papiermark verkaufen wollte.
Eine ſchwere Strafe verhängte die Wucherabteilung des Amts=
gerichts
Frankfurt gegen einen Kaufmann, der ſich geweigert hatte, im
Kleinhandel Waren gegen Papiermark zu verkaufen. Der Drogenhänd=
ler
A. wollte Petroleum nur gegen wertbeſtändige Zahlung abgeben,
weil auch ſeine Lieferanten nur wertbeſtändiges Geld in Zahlung neh=
men
. Er ſchrieb an die Tür: Petroleum ausverkauft gab es aber
hintenherum ab, wenn er wertbeſtändiges Geld bekam. So füllte er
auch einem Käufer die Flaſche, als dieſer ihm Zahlung in Schatzan=
weiſungen
anbot, goß aber das Petzoleum wieder zurück, als der Kunde
dann doch in Papiermark zahlen wollte. Der Kunde erſtattete darauf
Anzeige bei der Polizei, die A. ſofort der Wucherabteilung vorführte.
Es wurde ſogleich in der Sitzung Anklage wegen Verſtoßes gegen die
Reichsverordnung vom 22. Oktober und 7. November erhoben. Der
Staatsanwalt betonte, daß hier ein Exempel ſtatuiert werden müſſe, da
ſonſt, wenn allgemein die Waren nur noch gegen wertbeſtändige Zahlung
abgegeben würden, die Bevölkerung in drei Tagen verhungern müſſe.
Das Gericht erkannte nach dem Antrage des Staatsanwaltes auf ſechs
Monate Gefängnis und 10 Billionen Mk. Geldſtrafe und führte in der
Begründung aus, es handle ſich hier um eine Generalprävention, die
Strafe diene zur Abſchreckung der anderen. In derſelben Sitzung
wurde ein Kolonialwarenhändler zu zwei Wochen Gefängnis und zehn
Billionen Mark Geldſtrafe verurteilt, weil er mehrfach das Preisver=
zeichnis
nicht im Schaufenſter ausgelegt hat. Bei Bezahlung von 40
Billionen binnen einer Woche tritt bedingte Begnadigung ein. In der
Urteilsbegründung wurde erwähnt, daß täglich etwa zwanzig Firmen

Die Stenotypiſtin am Autoſteuer.
Vor der Strafkammer in Halberſtadt hatte ſich ein Liebespaar
wegen fahrläſſiger Tötung beim Automobilfahren zu verantworten. Es
handelt ſich um einen Werkführer und eine Stenotypiſtin. Das Pärchen
leiſtete ſich eine Vergnügungsfahrt im Auto, wobei die unkundige Dame
das Steuer führte. Das Automobil geriet in eine größere Menſchen=
menge
, aus der eine Frau auf der Stelle getötet wurde. Eine andere
Frau ſtarb nach wenigen Tagen an den erlitten Verletzungen; eine
dritte Frau wurde ſo ſchwer verletzt, daß ſie heute an zwei Stöcken
geht, als viertes Opfer war ein Schuljunge weniger ſchwer verwundet
worden. Die beiden Angeklagten wurden wegen fahrläſſiger Tötung
verurteilt, und zwar erhielt der Mann ein Jahr Gefängnis, ſeine Braut
kam mit einem halben Jahr Gefängnis und zwanzig Milliarden Geld=
ſtrafe
davon.
Die unbekannten Gäſte.
Ein Kaufmann in der Amalienſtraße in München lud mehrmals
eine junge Polin und ihre Freundin, eine Oberſchleſierin, zu Gafr,
ohne jedoch die beiden zu kennen. Beim letzten Beſuch der Kaufmann
war gerade nicht zugegen plünderten die beiden Mädchen den Gaſt=
geber
aus. Sie ſtahlen u. a. einen Pelzſtutzer mit Opoſſumkragen und
Hamſterfutter, 13 Oberhemden, einen Schlafanzug, Lackſtiefel, andere
Schuhe, Taſchentücher, Socken, Gamaſchen, einen großen braunen Leder=
koffer
, ein Lederetui mit einer Hausapotheke, eine ſilberne Herren=
Remontviruhr, eine eiſerne grünlackierte Kaſſette mit Aktien und zwar
Daimler, Paſinger Kartonnagen und Mitteldeutſche Kreditbank und 40
Mark Silbergeld. Der Wert der geſtohlenen Gegenſtände überſteigt
heute eine halbe Billiarde Maxk.

in der Technik. Um die Bedeutung der deutſch=amerikaniſchen Die
richtig zu beleuchten, trug der Reduer eine Reihe von Gedichten
deren ſchöne Sprache und dichteriſcher Schwung auf die Anweſ,
ihren nachhaltigen Eindruck nicht verfehlten. Auch die deutſchen
flüſſe in der Muſik und in der Bühnenkunſt fanden entſprechende
digung. Nach der Anſicht Profeſſor de Marnay=Baruchs ſind vo=
Millionen Bürgern der Vereinigten Staaten etwa 30 Millionen
ſcher Abſtammung, und wenn die große Maſſe der Amerikaner
heute eine einheitliche amerikaniſche Homogenität aufweiſt, ſo
ſich doch die Deutſch=Amerikaner in beſonders ſtarkem Maße die
zur alten Heimat bewahrt. Die Tatſache, daß bisher 350 Mill
Dollars an Hilfsgeldern nicht von den reichen Deutſch=Amerikg
ſondern von den breiten Maſſen herübergeſchickt wurden,
für ſich. Profeſſer de Marnah=Baruch ſagte auch manches offene
über die Fehler der Deutſch=Amerikaner, und er ſchloß ſeinen
großem Beifall aufgenommenen Vortrag mit der Feſtſtellung,
Deutſchland und Oeſterreich unendlich viel zum Fortſchritt der
einigten Staaten beigetragen haben, und daß ein Volk unbezwuf

ſei, ſo lange es ſich ſelbſt treu bleibt, ſo lange es ſeine Seele nie

liert.


Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmaſtraße

Ein Vortrag von Prof. Dr. Emanuel de Marnay=Baruch, Neu=York.
DAI. Auf Veranlaſſung des Deutſchen Ausland=Inſtituts hielt
Profeſſor Dr. Emanuel de Marnah=Baruch, der Präſident des Neu=
Yorker Relief Committees of Diſtreß in Germany and Auſtria, für ge=
ladene
Gäſte am 6. Okt. einen Vortrag über den Einfluß der Deutſch=
Amerikaner auf die kulturelle Entwicklung Amerikas. Der Vortragende
ging von dem Gedanken aus, daß die Hilfe, die heute von deutſch= ameri=
kaniſcher
Seite Deutſchland und Oeſterreich geleiſtet wird, nur einen
kleinen Teil der Dankesſchuld abtragen könne, die die Deutſch= Ameri=
kaner
ihrer alten Heimat ſchuldig ſind. Er entwickelte ſodann in länge=
ren
Ausführungen die zahlreichen Einflüſſe von führenden deutſchen
Perſönlichkeiten, welche ſich jenſeits des Ozeans eine neue Heimat ſuch=
ten
, im kulturellen, wirtſchaftlichen und politiſchen Leben der Vereinig=
ten
Staaten. Er ſchilderte insbeſondere die Leiſtung eines Steuben
in dem Amerikaniſchen Unabhängigkeitskrieg, die Bedeutung der 48er
für den kulturellen Aufſchwung Amerikas im 19. Jahrhundert, die nach=
haltigen
Wirkungen der Deutſchen im geſamten Bildungsweſen und
insbeſondere in der Medizin, in der Architektur, in der Malerei und

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6½ Uhr, Ende
(4 7, a 4): Der lebende Leichnam. Kleines Haus, Anfe
Uhr, Ende 94/= Uhr (Zuſatzmiete UV,3): Die beiden
Orpheum, 734 Uhr: Die Frau im Hermelin.
theater, nachm.: Dornröschen, abends: Frühlingstraum
Liebhaber=Bühne 1922 nachm. 5 Uhr im Städt. Sa=
Stiftungsfeſt, Feſtball. Stenographen=Vereinig
abends 7 Uhr, im Konkordiaſaale: Feſtball. Wander
Mouſalvat, abends 6 Uhr in der Beſſunger Turnhalle=
lien
=Abend. Rummelbräu, 6 Uhr: Tanz. Union=, Ne
Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Hauptſchriftleitung: R
Mauve. Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Ru

Mauve, für Feuilleton: Max Streeſe Heſſiſche Nachri
Max Streeſe Sport: Dr. Eugen Buhlmann,
dienſt: Andreas Bauer; für den Inſeratenteil: W
Kuhle, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Geiten
und Nuterhaltungsblatt.

Familiennachrichten

Statt Karten.

Die glückliche Geburt

eines gesunden
TUNGEN
beehren sich anzuzeigen
Oskar Radolph u. Frau
Dora, geb. Hofmann.
Stuttgart, Darmstadt, Nov. 1923.
Werfmershalde 16.
(*27770

Statt Karten.

Meine Verlobung mit Frau
Lillt Morell, geb. Kölsch,
beehre fch mich anzuzeigen.
Robert Maaß

Darmstadt, 18. Nov. 1923.
(*27731

Meine liebe Frau, unſere gute
Muttter und Großmutter

geb. Adam
iſt geſtern geſtorben,
Chriſtian Fiſcher
Jacoh Fiſcher u. Frau, geb. Schwarz
Louis Fiſcher u. Frau, geb. Müller
Fritz Fiſcher u. Frau.
geb. Langenſcheidt
Fritz Ehrhardt u. Frau, geb. Fiſcher
Die Beerdigung findet Dienstag
Vormittag 11 Uhr vom Friedhof
Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt.
Von Beileidsbeſuchen bitten ab=
(*27777
zuſehen.

Unſere geliebte Mutter und
(*27793
Broßmutter

Frau Mathilde Weihrauch

wurde heute nach kurzem Kranken=
lager
im Alter von 67 Jahren ſanft
von uns genommen.
J. N. der Familie:
Dr. Bidal und Frau.
Darmſtadt, 16. Nov. 1923.
Beerdigung: Montag 4 Uhr vom
Portale des alten Friedhofs.
Blumenſpenden ſind nicht nach dem
Wunſche der Verſtorbenen

An gut bürg. (*2779
Prid.=Mittagtiſch
könn ſichn. einige beſſ.
Dam, u. Herren betei=
ligen
. M. Steffan, Wil=
helminenſtr
. 36. (*

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Für die vielen Beweiſe aufrichtiger
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einzureichen.
(*27765

[ ][  ][ ]

Jarmſtädter Tagblatt

18. November 1923 Nr. 319

forderungen der Eiſen= und Stahlwaren=Induſtrie.
Der Eiſen= und Stahlwaren=Induſtriebund in
ichtet, aus der wir die folgenden Punkte herausgreifen:
duſtrie 7 Prozent der geſamten deutſchen Ausfuhr. Seit dem Jahre
de von Einzelbetrieben und beſchäftigt etwa eine Million Arbeiter.
Ein ſehr großer Teil unſerer Induſtrie liegt im beſotzten und im
adgebiet und iſt durch die Maßnahmen der Franzoſen zum Stilliegen
urteilt. Die wirtſchaftliche Lage des übrigen Teils der Induſtrie hauſes Merck, Finck u. Co., und der zum Konzern der Münchener Nück=
die
gleiche, da die Inlandspreiſe in Anbetracht der hohen Produk=
E. in folgender Nichtung bewegen:
ere Induſtrie wieder wettbewerbsfähig gemacht werden. Dazu gehört
erſter Linie eine Erhöhung der Arbeitszeit und des Leiſtungsgrades
erhalb derſelben.
genügend und billige Rohſtoffe zur Verfügung ſtehen.
iſt daher mit allen Mitteln anzuſtreben, daß die drei weſentlichſten
sſtand wieder erreichen. Ausſchlaggebend für unſere Induſtrie iſt
ausreichende und hinſichtlich der Preiſe tragbare Verſorgung mit
le und Eiſen. Die Kohlen= und Eiſenpreiſe ſind ſihon ſeit längerer
t überſetzt, das gleiche gilt auch ſeit dem 1. November 1923 bezüglich
Frachten. Wenn es nicht gelingt, die vorgenannten drei Fakioren
den Stand vor dem Kriege herabzudrücken, ſo wird unſere Wirt=
ft
nicht wieder in Gang kommen.
3. Ferner muß jede Behinderung des Außenhandels
(len. Wir verkennen durchaus nicht, daß die Negierung finanziell
ſt in der Lage iſt, zurzeit Ausfuhrprämien zu gewähren. Dagegen
chten wir es für die Pflicht der Regierung, dafür zu ſorgen, daß alle
Ausfuhr verteuernden Elemente in Fortfall kommen und die Aus=
r
in die Bahnen gelenkt wird, daß ſie unſers Handelsbilanz und im
olge auch die Zahlungsbilanz aktiv geſtaltet. Zur Wiederbelebung
Ausfuhr für unſere Induſtrie iſt daher der Fortfall aller Gebühren,
beſondere aber der Umſatzſteuer auf die Ausf=

Handelsbia

en zurzeit an den augenblicklich zerfahrenen Verhältniſſen auf dem zahlt, ſo treten ohne beſondere Mahnung Verzugszinſen in Kraft, die
biete des Geld= und Kreditverfahrens. Die Eiſen= und bis auf weiteres 8 Prozent jährlich, von dem Goldmarkpreis berechnet,
ahlwareninduſtrie führt nicht nuu unmittelbar aus, ſondern ſie liefert alſo Goldzinſen, betragen. Auch die Vertragsſtrafen, die in den all=
großem
Umfange an Exporteure, ferner in gleichem Maße an In=

derlich.
4. Es iſt bereits oben hervorgehoben, daß unſere Kohlen= und Eiſen=
e
zu kurz iſt. In abſehbarer Zeit wird auch keine Möglichkeit zu
er weſentlichen Aenderung nach dieſer Aichtung hin beſtehen. Des=
h
Zollerleichterungen ſind zu ſchaffen. Der Veredlungsver= abzugeben; nur bei Verkäufen für den rein örtlichen Verkehr kann bis
gr iſt für unſere Induſtrie in weiteſtem Umſange einzuführen und
ie Nutzbarkeit techniſch einfach zu geſtalten. Insbeſondere, müſſen
, und zwar mit ſofortiger Wirkung, alle Einfuhrzölle für
hmaterialien (Poſ. 777, 782, 784, 785 bis 795 des Zolltarifs) fallen, Solange die Papiermark noch allgemeines Zahlungsmittel iſt, wird der
be wieder in Gang zu bringen.
dsgroſſiſten, aber auch nicht unerhebliche Mengen an die letzten Ver=
ucher
, die ſich wiederum auf die verſchiedenſten Erwerbsſtände, In=
Störung im Geld= und Kreditverkehr ſofort und bis in die feinſten
der Weiſe geltend macht.
rtzanweiſungen und Goldanleihe, und zwar in kleinen und kleinſten Obligationen in eine Aktie angeboten.
icken, in den Verkehr gebracht werden, ſondern wir bitten auch ſofout
ipt des Geſchäftsverkehrs mit den Banken iſt notwendia.
6. Ein weiteres Gebot der Stunde iſt die Nachprüfung der Arbeiter und Beamte überwieſen werden.
ſamten Steuergeſetzgebung. Wir wiſſen, daß die In=
trie
wie auch alle anderen Berufsſtände Steuern zahlen müſſen und
euern ſelbſt auf.
Der amtliche Großhandelsindex.
ſerziffer des Statiſtiſchen Neichsamtes ergibt bei einem amtlichen Stahlwerksanlagen Verträge mit den interallierten Behörden abge=
/42 Gold), davon die Gruppe Kohlen und Eiſen um 98,7 b. H. auf
8 v.H. auf das 305Milliardenfache (1525 Gold) und die Inlands=
ren
um 108,6 auf das 257,8Milliardenfache.

Handel und Wandel in Heſſen.
spd. Heſſiſche Dollarſchatzanweiſungen. Aufgrund
ser Ermächtigung erhöht die heſſiſche Regierung den Betriebsſtock
er Hauptſtaatskaſſe durch Ausaabe von 5 Millionen Goldmark im
ege des Staatskredits (Schuldverſchreibungen, Schatzanweiſungen
d Wechſeln), indem ſie durch die Heſſiſche Staatsſchuldenverwaltung
hatzanweiſungen in zwei Reihen, 4. und B, im Geſamtnennwert von
0 000 Dollars gleich 2 100 000 Goldmark ausgibt. Auf jede Neihe
tfällt die Hälfte des Geſamtbetrages. Die Reihe 4 iſt in Stücke zu
420 Goldmark gleich 1 Dollar eingeteilt, während die Reihe B
0 000 Stück zu 105 Goldmark gleich ein Viertel Dollar, 125 000 Stück
210 Goldmark gleich einem halben Dollar, 62 500 Stück zu
2 Goldmark, gleich einem Dollar und 12500 Stück zu 21 Goldmart
eich 5 Dollar aufweiſt. Für die Schatzanweiſungen hat die Heſſiſche
indesbank zu Darmſtadt die ſelbſtſchuldneriſche Bürgſchaft gegen Ver=
ändung
von ſtaatlichem Waldbeſitz übernommen. Die in Frage kom=
enden
Waldgrundſtücke liegen im Bezirk der Oberförſterei Eudorf in
berheſſen und im Bezirk der Oberförſterei Bad=Salzhauſen und um=
ſſen
einen Flächeninhalt vor zuſammen 1410 Hektar mit einem Gold=
ert
von 418 Millionen Mark. Die Schatzanweiſungen ſind unver=
nslich
. Ihre Einlöſung erfolgt bei der Heſſiſchen Hauptſtaatskaſſe
7d der Heſſiſchen Landesbank zu Darmſtadt am 18. Oktober 1926 zu
1 2 Prozent des Nennwertes in Neichsluährung nach dem durchſchnitt=
chen
Berliner Dollarmittelkuts im Monat September 1928. Die Heſ=
ſchen
Dollarſchatzanweiſungen ſind an der Frankfurter Vörſe zuge=
ſſen
.
Banken.
wb. Die Bank elektriſcher Werte A. G., Berlin, be=
bſichtigt
, die zum April und Juli 1923 gekündigten, und zwar auch
ie bereits eingereichten und eingelöſten Teilſchuldverſchreibungen im
jerhältnis von 60 000 Mk. in Obligationen gegen 1000 Mk. ihrer
ingen Stammaktien mit Dividendenberec tigung ab 1. Juli 1923 durch
sermittelung der Berliner Handelsgefellſchaft, der Deutſchen Bank und
er Diskontogeſellſchaft einzutauſchen. Frühere Beſitzer ſolcher bereits
ingelöſter Teilſchuldverſchreibungen können den Umtauſch ebenfalls
och bewirken, wenn ſie die empfangenen Verſchreibungen mit einem
ach der heutigen Geldentwertung valoriſierten Betrag zurückzahlen.
Anleihen.
spd. Schuldverſchreibungen der Stadt München.
Die Stadtgemeinde München wird nach Genehn 3.rteilung 94.7
igen Reichsbank=
Billionen Schuldverſchreibungen verzinslich zum
liskont, jedoch mindeſtens mit 8 Prozent und höchltenls mit 20 Prozent
rusgeben.

Wirtſchaftliche Rundſchau.
spd. Leipziger Kreditbank. Die a. v. G.=V. genehmigte die
berfeld hat an den Reichswirtſchaftöminiſter eine längere Eingabe Kabzitalserhöhung um 5 Mill. Mk. Vorzugsaktien und bis zu 100 Mül. zweite Hand, die durch die Neichsverordnung noch zur Annahme von
Die Ciſen= und Stahlwareninduſtrie iſt eine ausgeſprochene Aus= dendenberechtigten Aktien werden einem Konſortium unter Führung der
rinduſtrie. Ctwa 70 bis 80 Prozent der geſamten Erzeugung geht Nasmuſſener Bank, Aſchersleben, überlaſſen (350 Proz.). Den Stamm= rück, da ſie ſich nicht mehr mit neuer Ware eindecken konnte, und wartet
das Ausſand. Bereits vor dem Kriege betrug die Ausfuhr unſerer aktionären ſoll ein Bezugsrecht auf die neuen Stammaktien in Höhe nun die Ausgabe der Rentenmark ab.
des vierten Teiles der auszugebenden Stammaktien eingeräumt werden.
i pesier Brosestistz ſtandis gehnachien und ſielte ich vor der Nuhts Die Durchſührung der Kabitilerhöhung und die Aushabebedingungen läſſt uie in der Vorhoce; es lam wenioſtens etwas Angebot in
Hunß ausl Ktuß 12 bs 15 Prosent, ünſere Zudiſtrie umfaßt Tau= bleiben dem Aufſchtsrat vorbehalten. Die Aubitalserhöhung hat den Nohnelaſſe zu 6505 Goldmark, und Weizenleie zu 7 Goldmark bro
Zweck, der Bank neue Reſerven zuzuführen.
spd. Süddeutſche Holzwirtſchaftsbank A.=G.
München. Unter Mitwirkung der Bayeriſchen Staatsbank, des Bank=
lskoſten
die Weltmarktpreiſe überſchritten haben und damit ein Abſatz A.G, wurde das neue Inſtitut mit dem Sitz in München gegründet. Paviermarkpreiſen faſt ſtets auf gleicher Höhe ſtanden, jetzt ſich wieder
1 Auslande nicht mehr möglich iſt. Der Inlandsmarkt iſt gering. Maß= Zweck des Unternehmens iſt der Betrieb aller bankmäßigen Geſchäfte für
men zur Abhilfe ſind daher dringend erforderlich. Dieſe müßten ſich die Kreiſe der Waldbeſtzer, des Golzhandels und der Sägewertsbeſitzer, Verwendungszweck ſtehen.
ſowvie der Holz verarbeitenden Induſtrie Süddeutſchlands. Das Aktien=
1. Der Leerlauf der deutſchen Wirtſchaft muß aufhören und kapital beträgt 6 Milliarden Stammaktien und 12 Millionen Vorzugs=
wert
geleiſtet.
Amme, Gieſecke u. Konegen A. G., Braunſchweig.
2. Wettbewverbsfähig woird unſere Induſtrie jedoch nur werden, wenn Dieſe, dem Miag=Konzern angehörende Geſellſchaft ſchlägt für 1923=
1923 aus einem Neingewinn von 363,7 0,5) Mill. Mk. als Dividende
toren der deutſchen Wirtſchaft: Kohle. Eiſen und Frachten den Frie= und die Ausſchüttung wird dementſprechend dieſer Anlage am Tage
nach der Generalverſammlung in Mark vorgenommen. In der Bilanz
ſtehen Grundſtücke mit wieder 1 Mill. Mk. zu Buche, Gebäude mit mit 0.90 Goldmark auf Dollarbaſis pro 1 Kilo ab Mannheim.
20 000 Mk. (i. V. 2,3 Mill. Mk.). Die ſonſtigen Jmmobilien und Mo=
bilien
ſind bis auf die Erinnerungspoſten abgeſchrieben. Ferner er=
ſcheinen
u. a. (in Mill. Mk.) Lagerbeſlände 4544,8 (861), Effekten 89
(20), Wechſel 470,3 (1,2), Debitoren 19 032,1 (1188) gegenüber 22 139
(116.1) Kreditoren.
Bremiſches wertbeſtändiges Geld. Der Bremiſche
Staat hat laut Mitteilungen der Handelskammer Bremen Schatzanwei=
ſungen
ausgegeben, die unter dem Namen Anteilſcheine in den Verkehr
gebracht werden und bei einem Geſamtbetrag von 1 Million Dollars
auf den Gegenwert von 0,5. 1. 5, 10, 50 und 100 amerikaniſche Doll.
lauten; ferner hat der Bremiſche Staat weitere Anteilſcheine, lautend
auf den Gegenwert von 1/5, 1/50 und 11100 amerikaniſche Doll, heraus=
gegeben
. Für die Anteilſcheine über 1/5 Doll, gelten die gleichen Grund=
ſätze
wie für die erwähnten größeren Anteilſcheine, nur daß jeweils
fünf Anteilſcheine je 1/5 Dollar gegen eine Schatzanweiſung über einen
Dollar tauſchbar ſind.
Holzverkaufs= und Zahlungsbedingungen. Vom
2. November ab ſind, wie der amtliche Preußiſche Preſſedienſt mitteilt,
die Verkaufsbedingungen für Holzverkäufe in den preußiſchen Staats=
forſten
grundlegend geändert. Der Verkauf des Holzes erfolgt nach
b iſt die Einfuhr aller Rohſtoffe für unſere Induſttie freizugeben. Goldmark. Bei öffentlichen Verkäufen ſind die Gebote in Goldmark
auf weiteres noch nach Papiermark verkauft werden. Auf dieſen Veu=
käufen
muß aber ſofort nach dem Verkauf bar bezahlt wverden. Für
die Verkaufsabſchlüſſe in Goldmark beträgt die Zahlungsfriſt 3 Wochen.
nit unſere Induſtrie in die Lage verſetzt wird, unverzüglich ihre Be= fällige Goldmarkbetrag am Zahlungstage in Paviermark nach dem für
dieſen Tag gültigen Umrechnungsſatz für Reichsſteuern und Zölle um=
5. Die Beziehungen unſerer Induſtrie zu den Inlandsabnehmern gerechnet. Wird der Kaufpreis innerhalb der Zahlungsfriſt nicht be=
Goldmark berechnet.
Baher, Telephon=Fabrik A=G., München. Aus
trie und Landwittſchaft, Handel und Handwerk verteilen. Aus die= einem Neingewinn von 419 Mill, war eine Dividende von 500 Pzozent kaufen nichts gegen Paviermark. Die unterm Dach hängenden Tabale
ſo ſtark veräſtelten Beziehungen ergibt ſich auch die Tatſache, daß in Ausſicht genommen. Durch die inzwiſchen eingetretene Geldentwver=
tung
ſah ſich die Generalberſammlung veranlaßt, von der Verteilung
eige hinein ſich m unſerer Induſtrie, und zwar in geradezu vernich= einer Dividende Abſtand zu nehmen. Es wurde beſchloſſen, das Kapital
um 140 Mill, zu erhöhen, wobei ein Bezugsrecht im Verhältnis 1:1 zum
Deshalb ſind alle Mittel und Wege zu erſchöpfen, um den Kredit= Gegenwert von mindeſtens ½. Dollar für die alten Aktonäre in Ausſicht
kehr wieder nutzbringend zu geſtalten. Es genügt nicht, daß Dollau= genommen iſt. Ferner wird den Obligationären der Umtauſch von 10
vorgeſehenen 1200 Millionen Rentenmark in die Wirtſchaft hinein= furth. Die Geſellſchaft wird von der Verteilung einer Dibidende für
eiten. Auch eine Nachprüfung der Bankbedingungen, über= das abgelaufene Geſchäftsjahr abſehen. Nach Abſchreibung der Anlage=
Vecker A.=G. In der Aufſichtsratsſitzung wurde der Abſchluß für
tr hohe Steuern. Es muß aber verlangt werden, daß ein Steuer= das mit 30 6, endigende Geſchäftsjahr beſprochen. Vor einiger Zeit
em geſchaffen wird, welches einfach iſt, und auch die Steuern ſelbſt wurde bereits gemeldet, daß das Stahlwerk Becker trotz der bei der
ſſen klar ſein. Heute weiß kein Menſch, welche Steuern und in wel= Lundſchaft ſonſt allgemein üblichen Zurückhaltung mit den Qualitäts=
Höhe er dieſe zu zahlen hat. Dabei zehren die Erhebungskoſten die erzeugniſſen nicht nur größeren Abſatz, ſondern infolge der überlegenen
techniſchen Einrichtungen auch beträchtliche Gewinne erzielt, und die für Nachfrage bezog ſich aber meiſt nur auf Lieferung gegen Papiermark.
Die Betriebsſteuer iſt ſofort zu beſeitigen. Sie die Ausſchüttung einer Dividende von 12 Gold=Mark vorgeſehene Be= Aus ähnlichen Gründen war das Geſchäft in Hülſenfrüchten und Futter=
in
unſerer Induſtrie geradezu vernichtend gewirkt, da die Arbeit= träge wertbeſtändig ſichergeſtellt häte. Mit Rückſicht auf die ungeklär=
ten
Verhältniſſe im Nuhrgebiet will man nunmehr dem Beiſpiel
er finanziell nicht in der Lage waren, ſie auf die Däller zi trägeil, anderer Unternehmen folgen und von einer Dibidenden=Ausſchüttung für
das abgelaufene Geſchäftsjahr abſehen, vielmehr auch die dafür aufge=
ſpeicherten
Summen für die baldige Vollinbetriebnahme der Anlagen Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt.) Unter dem
derwenden. Inzwiſchen iſt bekannt geworden, daß die Becker=Gruppe
Die auf den Stichtag des 13. November berechnete Großhandels= als eine der Erſten für ihre Steinkohlenbergwerke und die Hochöfen und auf Entſcheidungen ſchwerwiegendſter Art hindrängt, verlor die Börſe
Uarkurs von 840 das 265,6=Milliardenfache der Vorkriegspreiſe und ſchloſſen hat. Dieſe ſichern den Zechen nicht nur den ungeſtörten Weitel= legte ſich um ſo größere Zurückhaltung auf, als durch die Einführung
gegenüber dem Stande vom 6. Nobember um 106 v. H. geſtiegen, verſand von Koks und Kohle nach der Schweiz, ſondern auch die Wieder= der Rentenmarkt über deren einzelne Modalitäten und dorausſichtliche
s Goldniveau der Großhandelsindexziffer 1913 1000 hat ſich in aufnahme der vollen Förderung. Die Stahlwerksanlagen, die nach der Wirkungen noch in vieler Beziehung Unklarheit herrſcht, die Unſicher=
gleichen
Zeit von 290 auf 132,8 oder um 29 v.H. verſchoben. Von kurzen Stilggung teilweiſe ſeit einiger Zeit wieder tätig ſind, haben die
Hauptgruppen ſtiegen die Lebensmittel im Großhandel um 138 ungeſtörte Zufuhr der benötigten Brenn= und anderen Nohſtoffe zu= heit noch verſtärkt wurde. Die Umſätze erfuhren ſtarke Einſchränkun=
5. auf das 242,7=Milliardenfache (121,4 Gold), davon die Gruppe Ge= geſichert erhalten und ſind in die Lage verſetzt, ihre geſamten Anlagen gen und die Kursveränderungen bewegten ſſich, gemeſſen an den ſtarken
ide und Kartoffeln um 90,4 b.H. auf das 187,ſ=Milliardenfache (949 bei verlängerter Arbeitszeit in Betrieb zu nehmen und
Id); die Zuduſtrieſtoffe um 95,5 d.H. auf das 3085=Milliardenfache einen Esport im gewiſſen Umfange zu entfalten. Die Betriebsergebniſſe
3 391.4Milliardenfache (1607 Gold), ferner die Einfuhrwaren um auf die Höchſtleiſtung zu bringen, dürfte iun kürzeſter Friſt möglich ſein. Woche eine kleine Erleichterung zeigte, ſpäter aber ſich von neuem ver=
Iron Trade Reviewv. Cleveland (Ohio), kabelt: Die Nohblockerzeugung
war im Oktober etwas geringer als im September und entſpricht einer
Jahreserzeugung von annähernd 44 Millionen Tonnen. Der gleich=
mäßige
Verbrauch bei weiter günſtigen Ausſichten und gute Kaufluſt
lar. Nach Schrott herrſcht ſtarke Nachfrage. Ferromanganmarkt un=
blechwalzwerke
arbeiten mit höchſter Kraft, können jedoch dem Bedarf
nicht genügen. In Weißblech wurde ein Auftrag von 100 000 Tonnen
erteilt, der größte, bisher jemals getätigte Einzelabſchluß. Nach Bau= Elektrizitätzaktien, während andere Gebiete, wie der Maſchinenaktien=
eiſen
und Eiſenbahnmaterial herrſcht gute Nachfrage,

Warenmärkte.
Schwankungen der Papiermark unterworfen ſind, trat eine weſentliche
Beruhigung in der Stimmung, aber auch eine große Nuhe im Geſchäft
ein. Da allgemein Mangel an Goldanleiheſtücken vorhanden war,
ſich aber auch gegen die früher ſo begehrten Deviſen ablehnend, mit
denen hauptſächlich, die Kaufintereſſenten aus dem beſetzten Gebiete und Goldanleihe mußten mangels verfügbaren Materials geſtrichen
glaubten alles zuſammenkaufen zu können. Auch ſie mußten mit ihren
Ware abziehen. Naſch hat ſich das frühere Vertrauen des deutſchen der innen= und außenpolitiſchen Lage.
Volkes von der deutſchen Mark auf die Gold= und Nentenmark über=
tragen
, und man will im Handel nur noch Abſchlüſſe in dieſem wert=
beſtändigen
Zahlungsmittel machen. Es wäre nur zu wünſchen, daß
dieſes Vertrauen nicht getäuſcht wird und daß wvieder geſunde Verhält=
niſſe
in die Wirtſchaft mit dieſem Gelde kommt und dieſe wieder auf=
lebt
, wie in Friedenszeiten. Offerten in ausländiſchem Getreide konn=
ten
keine Beachtung finden, da hier keine Debiſenerteilung erfolgte, Amſterdam=Notterbom
weil die Regierung auf dem Standpunkt ſteht, daß im Reich noch ge= Brüſſel=Antwerven Getreide ſteckt, und vorerſt andere Artikel, von denen ſich faſt Chriſtianig zue=
nichts
im Lande befindet, eingeführt werden müſſen, wie z. B. Fett. Kovendagen:
Soweit Abſchlüſſe zuſtande kamen, die mit Paviermark erledigt wur= Stocholm
den, mußten erhöhte Preiſe bezahlt werden. Die Preiſe auf Goldmark= Italienzzo
baſis unterlagen nur kleinen Schwankungen. Sie gingen bei Weizen London;
zunächſt von 25 in der Mitte der Woche auf 23,2524 zurück und zogen New=York:.
dann wieder auf 25 an. Noggen kam infolge Mangels an Angebotz Paris..
überhaupt nicht zur Notierung. Gerſte ermäßigte ſich von 2222,50 Schweiz:
auf 2022 und erholte ſich wieder auf 223. Hafer aber, der in der Vienſt Dzöſterrabg
vorigen Woche ſtark gedrückt wurde, verfolgte nur aufſteigende Nichl= Prog z
tung von 19.5020 auf 2021 in der Mitte der Woche und ſtellte ſich Budapeſt.
am Schluß auf 2122 Goldmark alles pro 100 Kilo bahnfrei Mann= Buenos Aires.:
heim, zahlbar zu dieſen Sätzen ſtets nur in Goldanleihe.
Mehl: Das Geſchäft lenkte auch hier in ruhigere Bahnen eil. Rio de Faueiro zuuzrrr:
Wie am Getreidemarkt jegliches Angebot an Noggen ausblieb, ſo fehlte Velgradauuzrrerrgrgrr=
am
Mehlmarkt auch Noggenmehl tolſtändig. Weizenmehl Spezial 1 Liſſabon,zuzerirrirtri=

Null geben die ſüddeutſchen Mühlen zunächſt nur aufgrund des er=
mäßigten
Weizenpreiſes zu 34,75 und ſpäter zu 3638 Goldmark pro
Doppelzentner ab Mannheim, zahlbar nur in Goldanleihe, ab. Die
Mk. Stammaktien auf insgeſamt 320 Mill. Mk. Die ab 1. 1. 24 divi= Baviermark verpflichtet wau, verkaufte noch einige Poſten zu ſieben
Billionen Mark den Doppelzentner, zog ſich dann aber vom Markt zu=
Futtermittel: Der Markt war nicht mehr ganz ſo vernach=
100 Kilo bahnfrei Manheim heraus. Auch auf dem Rauhfuttermittel=
markt
war etwas Wieſenheu zu 77,50 und Preßſtroh zu 4,45,00
Goldmark pro Doppelzeutner waggonfrei Mannheim angedient. Bei
dieſen Artikeln findet man ebenfalls eine Nückehr. zu Friedensverhält=
verſicherungs
=Geſellſchaft gehörenden Hermes=Kredit=Verſicherungsbank niſſen in der Preisbewertung der Artikel, da Heu und Stroh, die bei
in angemeſſenem Preisverhältnis entſprechend ihrem Nährwert und
Kolonialwaren: Die Teudenz iſt unentwegt feſt und die
Preiſe haben entſprechend den Weltmarktpreiſen angezogen. Von einem
aktien. Auch haben, die Gründer Sacheinlagen von beträchtlichem Gold= größeren als reinen Bedarfsgeſchäft kann aber keine Rede ſein, ſo lange
es an wertbeſtändigen Zahlungsmitteln mangelt, da dieſe ausländiſchen
Artikel von den Erzeugergebieten nur gegen Deviſen, von dem Groß=
handel
nur gegen Goldmarkſcheine abgegeben werden. Man notierte
hier: Kaffee Santos roh mit 4.304,60, gewaſchen mit 5,205,60; Tee
300 Prozent vor. Sämtliche Gewinnanteile ſind wertbeſtändig angelegt mittel mit 8,409.40, Tee gut mit 9,5010,50, fein mit 10,6012; in=
ländiſcher
Kakao nit 3,203,80, holländiſcher mit 3,804,20, Burmah=
Neis mit 060, Weizengrieß und Hartweizengrieß mit 0,70, und Zucker
Wein: Nachdem die Ernte vorbei und der Wein eingekellert iſt,
geht man in den Weinbaugegenden von neuem an die Weinbergarbei=
ten
. Die Neben zeigen gut ausgereiftes Holz. In der Pfalz befinden
ſich bekanntlich ganz vervorrene Währungsverhältniſſe. Das Geſchäfts=
leben
hat ſich faſt ganz auf den franzöſiſchen Franken eingeſtellt, obwohl
dort doch auch große Mengen deutſches Papiergeld im Umlauf iſt. Der
Franken wurde bis auf 1,5 Billionen Papiermark hinaufgetrieben, und
da dann bei dieſem hohen Kurs die deutſchen Barmittel zum Ankauf
fehlten, fiel der Kurs wieder auf 100 Milliarden Paviermark. Unter
ſolchen Verhältniſſen ſchließt natürlich der Winzer keine Geſchäfte ab.
Die Verſteigerungen finden ja auf Goldmarkberechnung ſtatt, aber mau
iſt doch ganz im Unklaren, ob überhaupt im beſetzten Gebiet die Nenten=
mark
zur Einführung kommt oder ob nicht dort eine rheiniſche Währung
geſchaffen wird. Von Verkäufen wurde deshalb in der Rheinpfalz
nichts bekannt. In der badiſchen Ortenau wurden folgende Mindeſt=
preiſe
feſtgeſetzt: für geringſte Weine 60 Mk., für mittlere 80 Mk.,
und für Clevner= und Rotweine 100 Mk. Bei württembergiſchen Ver=
ſteigerungen
wurden im Weinberg für Rotgemiſch 88 Goldmark. für
Trollinger 100121, für Weißtvein 97103. für Niesling 123135
Goldmark pro Hektoliter erlöſt. Bei der Fürſtlich Oehringſchen Verſtei=
gerung
heurſchte ſtarke Zurückhaltung, da Goldmark gefordert und 100
Mark pro Hektoliter als Mindeſtreis feſtgeſetzt waren. Geboten wur=
den
52 Goldmark, aber nicht abgegeben. Für Weißriesling wurden
109117 Goldmark, für Notgewächs 100 Goldmark bezahlt, aber nur
kleinere Poſten abgenommen; das Hauptangebot fand keine Käufer.
Holz: Die Kaufluſt auf dem Nutzholzmarkt iſt ins Stocken ge=
raten
. Auch die Umſtellung auf Goldmarkrechnung machte dem Ge=
ſchäft
Schwierigkeiten, da es an wertbeſtändigen Zahlungsmitteln
fehlte. Die Einführung von Goldkrediten ſteht vor der Tür.
Tabak: Durch den Währungswirrwarr und den rabiden Ver=
fall
der Papiermark kam der Einkauf bei den Pflanzern vollends ganz
gemeinen Verkaufsbedingungen feſtgelegt ſind, werden in Zukunft in zum Stillſtund. Die Landwirte haben ihre Steuern und ihren Mau=
tinizins
beſtritten und benötigen ſo erſt gegen Ende des Monats wie=
der
Geld. Bis, dahin hoffen ſie aber auf die Rentenmark und ver=
konnten
bei dem Froſtwetter gut auslaugen. Vor dem Zutrockenwer=
den
ſchützte ſie der Nachtfroſt. Auch im Handel mit alten Tabaken
herrſchte Nuhe. Rippen werden nur gegen Gulden abgegeben. In
der Fabrikation gibt man auch nur gegen Goldmarkſcheine ab.
Hopfen: Die Preiſe gingen bei der Geldentwertung ſprung=
haft
in die Höhe. Die Pflanzer halten zurück und warten auf wert=
beſtändiges
Geld für ihr Erzeugnis. Aber auch die Nachfrage ſeitens
* G. Sauerbrey, Maſchinenfabrik A.=G., Staß= der Brauereien iſt mit deu ſchwächeren Bierablatz bei der kälteren Wit=
terung
ſchwächer geworden.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
Konten ſoll der verfügbare Reingewinn, der Unterſtützungskaſſe für machte ſich in allen Getreidearten ziemlich bedeutendes Angebot gegen
Goldanleihe geltend. Zum Geſchäft konnte es aber wegen Mangels
Stahlwerk Becker A.=6. Steinkohlenbergwerk an Goldauleihe nur in den ſeltenſten Fällen kommen, die Preiſe waren
eher etwas ſchwächer. Gegen Papiermark zeigte ſich vielfach Nachfrage
bei verhältnismäßig hohen Preisangeboten. Es kam aber nur ſelten
zum Geſchäft. Von Abſchlüſſen gegen Rentenmark war noch nichts zu
hören. Mehl war ebenfalls gegen Goldanleihe reichlich zu haben. Die
ſtoffen beſchränkt.
Börſen.
* Börſenbericht vom 12. bis 17. Nobember 1923.
Eindruck, der ſich mehr und mehr verdüſternden politiſchen Lage, die
in der Berichtswvoche beinahe jede Unternehmungsluſt. Die Spekulation
Sprüngen der letzten Wochen, in verhältnismäßig engen Grenzen. Die
Tendenz der einzelne Börſentage richtete ſich dabei faſt ausſchließlich
und den Verſand auch nach dem unbeſetzten Gebiet nach und nach wieder, nach der jeweiligen Lage des Geldmarktes, die in der erſten Hälfte der
Der amerikaniſche Eiſen= und Stahlmarkt, ſteifte. Die Bewegungen am Deviſenmarkt, an dem die Kurſe mehr=
mals
kräftig hinaufgeſetzt wurden, blieben dagegen ohne ſtärkeren Ein=
fluß
auf die Effektenbörſe, da deren Kursbewegungen ja bereits in der
Vorwoche in der Hauptſache nach der internationalen Bewertung der
Mark orientiert waren. Am Montaa und in verſtärktem Maße an der
können die Erzeugung nicht voll aufnehmen, die daher weiter reduziert Mitwochsbörſe waren demgemäß auf den meiſten Gebieten Erholungen
werden muß. Bei fallenden Preiſen belebt ſich das Roheiſengeſchäft, zu konſtatieren, die jedoch nur in den ſeltenſten Fällen die Höchſtkurſe
Buffalo Valleh=Roheiſen koſtet 20 Dollar, Birmingham=Giſen 18,30 Dol= der letzten Zeit wieder erreichten, während am Freitag unter dem her=
ſchärften
Druck der Geldknappheit vielfach Material herauskam, das
verändert. In Schienen kommen große Aufträge heraus. Die Weiß= nur zu weichenden Kurſen Aufnahme fand. Am meiſten betroffen von
den hierdurch bedingten Kurseinbußen waren die ſchlueren Werte der
Montan= und Chemiſchen Induſtrie, ſowie in zweiter Linie Bank= und
markt und die überwiegende Mehrzahl der Cinheitswerte, gut behauptet
blieben und teilweiſe ſogar weitere Lursgewinne erzielen konnten.
Am Donnerstag, den 22. November, werden an der Berliner Börſe
die feſtverzinslichen, auf Reichsmark lautenden
h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide: Nach= Wertpapiere gehandelt und amtlich notiert. Die Feſtſtel=
dem
die Preiſe auf Goldmark geſtellt und ſomit nicht mehr den großen lung der Kurſe ſoll um 2 Uhr beendet ſein. Der Handel in anderen
Wertpapieren mit Ausnahme von Dollarſchatzanweiſungen und Gold=
anleihe
, bleibt an den genannten Tagen unterſagt.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Bei unvermin=
kamen
die Abgeber gleich gar nicht mit Angeboten heraus; ſie zeigten dert ſtarker Nachfrage wurden die Deviſenkurſe in gleicher Höhe wie
geſtern bei unveränderter Zuteilung feſtgeſetzt. Dollarſchatzanweiſungen
werden. Für Effekten herrſchte eine etwas feſtere Stimmung, jedoch war
vollen Taſchen mit franzöſiſchen Franken, aber mit leren Händen au allgemeine Zurückhaltung zu beachten, mit Rückſicht auf die Unſicherheit
Oeviſenmarkt.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich als 1000 Mk.

We
Griel
10ch .
Geld Wefe
Brtel. 194762 000 932375000 91725 0 052 7500 i5 210000 118210000. u15100/0. 116290000. 1363090 00. 4 301910100.1 63090000. 364910000 128985000. 431075000 -I 228925000. 4310:5 00. 64335000 667665000 - 1664335000 6 667665000. Helſingfors: 53810000. 68120000.1 578 0000. 6e170000 107730000. 10827001 0 1n073000 108270000. uug8 500000 11027500000 1098-500000. 11027500000 1513700000. 2526 00000. 1251 700 00. 52030 000. 13765500. 138345000 1137655000 13834 000 422300000. 1411000d 14 80000 445110000. Spanien. 2718 000. 328820000 271,0000 z 3e88 000 3i910. 300 0.- 35910. 3 1000. 7 8100- 74183000- 73815000. 74 8000. 135760. . 91330. 1 10685. 150375. 97750000.- 902250000. 14 97750000 91 902250000 Bulgarien. 2194 000. 220 00. 2194 000. 22053000 Japan.............. 208920000. 121503000. 1120 970000. 1 1213030000. 215460000. 2 270540000. 15360000 9 216530000. 29325000. 30075000.1 29925000. 30073000 75760000. 9240000.1 670000. 96.40000. [ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 18. Rovember 1923.

Mummer 319.

Liebe und Pflicht.
Romantiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von Ernſt Elias Niebergall.
(Nachdruck verboten.)
17)
Dieſe Hindeutung war ſehr einleuchtend.
Sprich mit ihm, mein guter Nepomuk, ſprich mit ihm. Ich
hoffe, er ſoll ſich nicht ſo halsſtarrig beweiſen. Daß das Hoftor
wohl verſchloſſen gehalten wird! Auch wirſt Du gut tun, den
Riegel vor ſeine Kammer zu ſchieben.
Nepomuk verſprach genaue Erfüllung des Befehls und begab
ſich, nachdem er den Freiherrn zu Bette gebracht hatte, unverzüg=
lich
hinauf in Leutholds Gemach.
11.
Der gütige Leſer wird ſich vielleicht gewundert haben, daß
Leuthold, ſich ſo zuverſichtlich Gefahren ausſetzte, denen ſein
Freund nur mit Mühe entgangen war. Er ſelbſt wußte ſich keine
deutliche Rechenſchaft darüber zu geben; aber ein dunkler
Ahnungsdrang, dem er ſich ſeit jenem abenteuerlichen Traum ſo
gerne überließ, übte ſeinen mächtigen Zauber über ihn und lenkte
ſeine Schritte willenlos in die liebloſe Behauſung: es war ihm
zu Mute, als müſſe er hier Auskunft über ſeinen Vater erhalten.
Was Hubert warnend über den Charakter des Freiherrn und
Nepomuks geſagt hatte, war von ihm nicht leichtſinnig überhört
worden, ſein natürlicher Mut aber ließ ihn die bevorſtehenden
Ereigniſſe in einem weniger drohenden Lichte erblicken, und
indem er ſich vornahm, durch ſchlaue Willfährigkeit Herrn und
Diener zu überliſten, vergaß er auch nicht darüber zu ſinnen, wie
er die grauſamen Mißhandlungen ſeines Freundes ahnden
könne.
Dieſe Gedanken trieben ihn von ſeinem Lager auf, und mit
Entwürfen beſchäftigt, lehnte er am Fenſter und ſahe hinaus in
die nächtliche Dunkelheit. Indem trat Nepomuk mit krummem
Katzenbuckel ein, bot freundlichen Abendgruß und ſetzte einen
Krug Wein auf den Tiſch.
Du wählſt Dir eine üble Zeit, mein werter Freund ſprach
er, um die Gegend zu beſchauen. Mußt morgen in der Frühe
aufſtehen, wenn die Sonne aufgeht wie über ein Paradies.
Jetzt ſetz: Dieh zu mir und laß uns plaudern. Du ſtammſt aus
Sachſen, das merkt’ ich gleich an Deiner Sprache, und darum
will ich Dir wohl, denn auch ich bin dort geboren und heiße den
jungen Landsmann freudig willkommen.
Leuthold erkannte die Lüge ſogleich, denn Nepomuk konnte
den echtbayeriſchen Dialekt nicht verleugnen; doch ſchien er, es zu
glauben, und tat freundlich in dem dargereichten Becher Beſcheid.

Nepomuk, der ſchon im Keller heimlich einige tüchtige Züge
aus dem edelſten Faſſe getan hatte und ſich das Vertrauen des
Gaſtes erworben zu haben glaubte, war bald eitel Redſeligkeit,
erzählte von dieſem und jenem, pries die Güte ſeines Herrn und
ſeine eigene Treue und Uneigennützigkeit und lenkte allgemach
das Geſpräch auf den Gegenſtand, wegen deſſen er gekommen
war. Seine urſprüngliche Vorſicht ganz vergeſſend, plumpte er
auf einmal mit der Frage heraus:
Nicht wahr, mein lieber Landsmann, der ſelige Obriſt hat
Dir vor ſeinem Tode vertraut, wohin er ſeine Schätze gebracht
hat?
Leuthold ſahe ihn mit einer Miene an, die weder bejahete
noch verneinte. Jener hatte ein offenes Ja erwartet und
ſchmunzelte ſäuerlichfüß. Darauf verfiel er auf das gewöhnliche
Mittel, verſchwiegene Zungen zu löſen; er nötigte Leuthold zum
öfteren Trinken, bemerkte aber nicht, wie dieſer den berauſchen=
den
Trank heimlich auf den Boden goß. Er ſelbſt hob wieder von
andern Dingen an und war dem Fuchſe gleich, der das ſorgloſe
Geflügel von weitem umkreiſt, bis er den günſtigen Zeitpunkt
zum Sprunge erſieht; dabei folgte er ſeinem Lieblingshange und
trank, bis ſeine Zunge ungehorſam ward und Leutholds Geſtalt
nebelhaft vor ſeinen Augen ſchwankte. Ein ſolcher Zuſtand kennt
keine Vorſicht, und er ſagte:
Vertrau mir’s, Knabe. Du biſt der einzige, der des Obriſten
letzte Worte gehört hat.
Was meinet Ihr damit? fragte Leuthold mit verſtelltem
Befremden.
Was ich damit meine? Was anders, als Dich und mich
glücklich zu machen?
Er rückte ganz nahe und neigte ſeine Stimme zum Flüſtern.
Der Freiherr hat alles geerbt; er hat genug für ſein Leben=
lang
; wir ſpeiſen ihn mit wenigem ab oder noch klüger
behalten den ganzen Schatz für uns.
Leuthold ſchwieg und gab ſich den Anſchein, über den Vor=
ſchlag
nachzuſinnen.
Wir teilen, mein Herzensfreund, und laſſen den Griesgram
allein mit ſeiner Hetzpeitſche, die erſt heute auf meinem unſchul=
digen
Rücken getanzt hat.
Was Ihr ſagt, iſt nicht übel, entgegnete Leuthold, und ich
traue Euren Worten unbedingt. So will ich Euch denn auch
nicht länger die Wahrheit verhehlen; ja, ich weiß, wo Schätze
liegen, doch iſt ihre Hebung unabänderlich mit einer Bedingung
verbunden, die Ihr zuvor erfüllen müßt.
Die wäre?
Ihr zahlet den Armen des Dorfes hundert Gulden: Ihr
ein Drittel, das übrige Euer Herr, und zwar als ein Geſchenk,

bei dem Ihr öffentlich verkünden müßt, niemals wieder etn
davon zurückfordern zu wollen.
Warum das? fragte Nevomuk gedehnt und plötzl
nüchtern.
Der Obriſt hat es gelobt und mir auf die Seele gebund
nur nach Erfüllung dieſes Bedingniſſes den Ort, wo der Sch
liegt, anzuzeigen. Wollt Ihr denn ſo töricht ſein und E=
weigern
? Das Opfer wird Euch hundertfach erſetzt.
Könnte es denn der Freiherr nicht allein tragen?
Unmöglich. Wollt Ihr teil an dem Schatz haben, ſo mi
Ihr auch Eurem Teil an der Klauſel nachkommen.
Wo liegt der Schatz?
Eher darf ich’s nicht ſagen, bis die hundert Gulden bis
den letzten Pfennig entrichtet ſind.
Nepomuk ſchwieg eine geraume Zeit und machte im Stil
den Ueberſchlag, wobei er fand, daß er auf keinen Fall Gefe
liefe, einen Verluſt zu erleiden, weil er geſonnen war, ſein
Herrn um das zu findende Geld zu betrügen.
Muß es halt zufrieden ſein.
So teilet morgen das Geld aus.
Ja denn, wenn’s nicht anders ſein kann.
Gut; aber ich muß dabei ſein. Dann halt’ ich am nächſt
Neumond mein Verſprechen.
Bis dahin ſind’s wohl vier Wochen. Kann’s nicht frül
geſchehen?
Nein.
Dem habſüchtigen Schurken ſtieg der Gedanke auf, daß Le=
hold
vielleicht den größeren Teil des Schatzes für ſich verlang
könnte, und er fragte mit einer Haſt, die ihm ſeine Verſchmitzth
im nüchternen Zuſtand nicht erlaubt haben würde:
Wie iſt’s? Was willſt Du zu Deinem Teil?
Nicht mehr, als ich zur Fortſetzung meiner Wanderſch
bedarf.
Darüber war Nepomuk hoch erfreut. War er doch in He
nung, der einzige Beſitzer des reichen Schatzes und damit im Ge
ſchon über alle Berge!
Was ich noch ſagen wollte, lieber Landsmann, vertraue de
filzigen Freiherrn nicht den Zeitpunkt, wann wir ans W
gehen; der alte Geizhals braucht kein Gold mehr. Fragt er Di
ſo ſprich nur von Konſtellatioien und Planeten und Komet
und halte ihn hin. Verſtehſt Du mich?
Vollkommen.
Nepomuk glaubte, nunmehr ſeinen Zweck erreicht zu habe
ſtand auf und ſchüttelte Leutholds Hand.
(Fortſetzung folgt.)

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Heirat
kennen zu lernen.
Off. m. Bild u. V. 109
a. d. Geſch. (*27794

3rädr. Rollwägelchen
zum Sitzen für die
ganz Kleinen am 1.
Nop. Nähe Hoffmann=,
Heinrich=,Nd. Ramſtädter=
ſtraße
ſtehen geblieben,
Abzugeb. od. ſachdien=
liche
Mitteilung geg.
Bel. i. Kartoffeln o. And.
Mathildenſtr. 27, I. (*

Ke
Heinheimer= u. Stiſt=
ſtr
. 1 Perſ.Schulterkragen
verl. Geg. Bel. abzug.
Alexandraweg 24/k2ict

HEinesteng
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Wohnhaus m. Garten
zu kauf. geſucht. Ang.
an Bayer, Schulſtr. 7,
erbeten., (*27800gm

Sparen heißt die Loſung des Tages, ſparen an allem und jedem! Das iſt in der heutigen Zeit
eine traurige Noiwendigkeit geworden. Jede Hausfrau weiß, wie koſtſpielig eine Wäſche heut=
zutage
wird, denn Seife und Feuerung ſind enorm ieuer! Oas Einweichmittel Burnus ver=
ringert
dieſe Ausgaben um ein Bedeutendes, denn es hat eine vollſtändige Umwälzung im Waſch=
verfahren
hervorgerufen, wei die Wäſche bei ſeiner Verwendung zum größten Teile ſchon durch
das Einweichen in kaltem Waſſer gereinigt wird, ſodaß dem Waſchen ſelbſt lediglich die Be=
deufung
einer kurzen Nachbehandlung zukommt. Dieſes wundervolle Mittel hat nämlich die
Fähigkeit, den Schmutz von der Wäſche faſt ganz ſelbfitätig abzulöſen, wenn man ſie über Nacht
in kaltes Waſſer legt, dem etwas Burnus zugeſetzt iſt! Bedeutende Spezialgelehrte, eine große
Anzahl von Dampfwäſchereien, Waſchanſtalten in Krankenhägſern und unendlich viele Haus=
frauen
heben uns dieſen Vorzug freutig beſtätigt. Burnus bedeufet alſo keine Mehrausgabe
bei der Wäſche, denn in irgend etwas muß man ſie doch einweichen. Im Gegenteil, man ſpart
bei ſeiner Verwendung in erheblichem Maße Seife, Feuerung, Zeit und Arbeit. Außerdem
aber ſpart man Wäſche, die koſtbar und unerſetzlich iſt, weil dieſelbe bei der Verwendung von
Burnus mehr geſchont wird als bei jedem anderen Verfahren. Weitere Aufklärungen verſenden
koſtenlos und pofifrei die Faitinger=Werke A. G., Berlin NW. T. Burnus iſt in allen einſchlägzigen
Geſchäffen zu haben. Preis 10 Pfennige ( Gold. )für die Patrone, ausreichend für eine Wäſche nor=
malen
Umfanges. Machen Sie einen Verſuch und auch Sie werden beſtimmt in Zukunft ſagen:

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ſMerben
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Jedermann Zutritt.
3
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Der geehrten Einwohnerſchaft zur Kennt=
nis
, daß ich die

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Wendelſtadtſtraße 13 :: Tel. 2039
wieder übernommen habe und bitte ich,
das mir früher in ſo reichem Maße ent=
gegengebrachte
Vertrauen wieder zuwenden
Hochachtungsvoll
zu wollen.
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Preiſe 400-2000 Milliard.
die Nachzahlungen auf
die 2. Hälfte des 2. Miet=
abſchnitts
werden am
Montag, 19. Nov.
von 9½12½ und
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u. zwar für alle Platz=
arten
der Vollmieten
A u. Dan der Tages=
kaſſed
. GroßenHauſes,
für alle Platzarten
der Vollmieten Bu. F
und der Schauſpiel=
mieten
ak an der
Tageskaſſe d. Kleinen
Hauſes, für alle Platz=
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Einladung zur
ordentl. Mitgliederverſammlan
am Donnerstag, 22. November,
abends 8 Uhr 30 Minuten
im Reſtaurant Sitte‟ (Karlſtraße),
Tagesordnung:
1. Vereinsmitteilungen.
2. Winterveranſtaltungen.

Alle Freunde des Skiſports, auch Nie
mitglieder, ſind willkommen.
(*27
Die Mitglieder werden gebeten, d
Jahresbeitrag von 2 Goldmark
zwecks Vermeidung von Erhebungskoſte
und ſpäteren Nachzahlungen gelegentlie
der Mitgliederverſammlung unmittelbar a
den Rechner abzuführen. Außerdem wir
der Mitgliedsbeitrag in der Zeit vom 22. b
30. November 1923 bei Sporthaus Adelman
Rheinſtr. 12½, zum Tageskurs erhoben.

Damen=Turn=Verein.
Der Verein bittet ſeine Mitglieder, de
Beitrag für Oktober 0,15 Goldmark un
November 0,50 Goldmark bei R. K., Wit
mannſtr. 4, oder in den Turnſtunden Dien
tags u. Freitags von 6-7 Uhr zu entrichtei
*27795)
Der Vorſtand.

für Feſtlichkeite
und Vorträg
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noch frei
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Vereinsh. Obergaſſe 12. Daſelbſt ſchöne
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[ ][  ][ ]

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Nummer 45

Ar44

Dr di
U
Darmſtädter Tagblatt

18. November 1923

utſche Gegenwartsſchriftſtellerinnen.
Von Dr. Ella Menſch.
XyI.
Doris Wittner.
Eine geſöandte, ſehr beleſene Frau, die ſich, ähnlich der
ih Brachoogel, auch auf den hiſtoriſchen Einſchlag verſteht.
wweit wir abgerückt ſind von der alten Fabulierkunſt, die an
Itlichen Perſonen Koſtüm und Haupt= und Staatsaktion
ſter Linie aufgriff, zeigen die Wittnerſchen Bücher über das
sleben Napoleons I. und der Zyklus Aus ſterben=
Zeiten, in denen Erſcheinungen wie Nero, Titus u. a.
Studienobjelte moderner Pſhchoanalyſe erſcheinen.
Veitaus ihr Beſtes hat Doris Wittner in dem Heine=Roman
kleine Fliege gegeben. Hier iſt ihr das Beſtreben,
trdokumente zu bringen, tatſächlich voll geglückt, mag man
gewiſſe Wendungen, die ſich aus Raſſeverwandtſchaft mit
Helden erklären, kritiſch beanſtanden. So z. B., wenn es
ner Stelle heißt: Es waren Hände, die die Arbeit an Pflug
Schwert verlernt hatten und nur in heiligen Büchern blät=
. Oder: Seine brennendſten Schmerze

t, trägt auch die Göttlichkeit des Schmerzes nicht auf die
e Gaſſe.
für Heines unbändige Leidenſchaft, anzuzweifeln und den
er zu verunglimpfen, hält Doris Wittner die Erklärung
t: Die Gabe des Haſſes eignet wohl allen Söhnen des

Naun muſte ſch don der duſteren Schwere des inſetiſgen
tikers ablehren. Ihn entzückte die ſchöne Geſte. Er konnte
leon und Nobespierre gleichzeitig begreifen und verehren.
3 Wittner’läßt ihren Helden ſprechen: Ich bin Stammgaſt
ill da, wo das Leben ſihäumt oder zu ſchäumen vorgibt.
ichten hat mir immer als eine recht armſelige Lotterwirt=
gegolten
. Bei ſolchen Neigungen war es auch nicht zu
undern, daß der deutſche Dichter ſeine kleine Franzöſin von
vornehmlich in der Weiſe heranbildete, daß ſie in den welt=
mten
Speiſehäuſern der Boulevards des Palais Rohal
rleſenſten Delikateſſen der Jahreszeit naſchen lernt. Die
sdors, die er bereitwillig für die unbekümnerte Kleinbürge=
verſtreut
, mußte er ſich aus Finger= und Nervenſpitzen er=
ben
!
Die Verfaſſerin hat die eigentümliche und nicht immer
iche Miſchung von Sentimentalität, Lebenshunger und
dalſucht in Heines Weſen objektiv erfaßt, aber, da ſie in
Dichter des Buchs der Lieder einen Sohn des Schmerzes
des tragiſchen Schickſals ſieht, kingt ihre Sympathie doch
r in Gedankengängen und Schlußfolgerungen aus wie:
öſt in ſeinen Gang ſchlich ſich allgemarh etwas von der
penden Schwere ein, womit ſein Volk das Schickſal der

eoesogeogoesssoonssosesesoeoeeessesosoeee
8
S. Ich rate euch angelegentlich, keine Stunde mit Menſchen zu
verlieren, zu denen ihr nicht gehört, oder die nicht zu euch
g gehören.
Goethe.
eoossgegoosooeseseseesenssseogeoeesoebsse

8s68: Wiſſenſchaft und Tecknik
Veche

C.K. Der Nadio=Amateur als Erzieher. Das Radio= Ama=
teurtreſen
, das in anderen Ländern bereits eine ſo große Aus=
breitung
beſitzt, wird bei uns noch immer der Allgemeinheit vor=
enthalten
. Der Pflege dieſes ſo überaus wichtigen Gebietes
nimmt ſich eine neue, im Verlage von Julius Springer und M.
Krayn erſcheinende Zeitſchrift Der Radio=Amatenr an, die das
ganze Gebiet der drahtloſen Telegraphie und Telephonie behan=
delt
. Auf den hohen erzieheriſchen Wert des Amateurweſens
weiſt Carl Urban hin. Er entkräftet zunächſt den Hauptgrund,
mit dem man ſich in Deutſchland der Einführung des Radio=
Amateurweſens widerſetzt, nämlich die Behauptung, daß dem
Amateur die grundlegenden Vorkenntniſſe und genügenden Mit=
tel
fehlen. Dann dürften wir überhaupt nicht telegraphieren und
telephonieren, denn jedermann benutzt heute täglich und ſtünd=
lich
techniſche Errungenſchaften, ohne von ihrem Weſen einen Be=
griff
zu haben. Der Phyſik=Unterricht in den Schulen, der ſich
leider auf das Theoretiſche beſchränkt, müßte mehr Nachdruck auf
das Praktiſche legen, und um Intereſſe ſür techniſche Dinge zu
wecken, gibt es kein geeigneteres Gebiet als die drahtloſe Tele=
phonie
. Der Radio=Amateur kommt mit faſt allen praktiſchen
und ebenſo mit den meiſten Problemen wiſſenſchaftlich= phyfi=
kaliſcher
Natur in Verührung. Vor allem aber regt die geheim=
nisvolle
unerklärliche Fernwirkung der Aetherwellen das Stau=
nen
an, das je ſtets die Vorſtufe der Erkenntnis iſt. Nur wer
es ſelber einmal erlebt hat, ſagt Urban, kann nachfühlen, was
es heißt, wenn zum erſten Mal beim Glimmen der Verſtärkerröh=
ren
die erſten Zeichen aus der primitiven Apparatur dringen.
Die praktiſche Ausnutzung dieſes hervorragenden Erziehungs=
mittels
würbe am beſten durch die Schule erfolgen, und wenn
auch die Schulen ſelbſt kein Radio=Material anſchaffen können,
ſo iſt doch noch genug davon in den Beſtänden, des Heeres vor=
handen
. Sicherlich würden ſich an jeder höheren deutſchen Schule
weſen werfen und dadurch mithelfen würden, techniſches Ver=
ſtändnis
in weitere Kreiſe des Volkes zu tragen. Auch die
Radio=Induſtrie müßte an dieſem Ziel mitarbeiten.

Re

Der Naturfreund

e (Grethlein u. Co., Leipzig) vorbeigegangen iſt
U
Z ne

C.K. Abſonderlichkeiten unſeres Flugwildes. Einige Ver=
zesflucht
durch Zeit und Raum trug. Durch die ſtändige tieter unſeres Federwildes beſitzen in ihrem körperlichen Bau
äftigung mit den Werken des Dichters ward es ihr nach bemerkenswerte Abſonderlichkeiten, auf die Dr. Ludwig Staby
nach zur unentbehrlichen Gewohnheit, ſich tief in ſeine im St. Hubertus hinweiſt. Der an Merktürdigkeiten reichſte
hineinzubohren. Mit der genialen Treffſicherheit des Wei= Vogel iſt der Auerhahn, der bei der Mauſer nicht nur ſeine
vußte ſie den geheimſten Veräſtelungen dieſes vielfältigen hornartigen Balzſtifte fortwirft, ſondern auch die Krallen und
is nachzuſpüren. Was die Verfaſſerin hier von Camilla ſogar den hornigen Ueberzug des Schnabels, ein Vorgang, der
den, der Mouche, fagt, trifft auf ſie ſelber zu. Die Frage, in der Vogelwelt einzig daſteht. Noch ſeltſamer iſt es, daß der
e kleine Mouche, die Lotosblume an Heines Krankenlager, balzende Auerhahn während des Schleifens ſo völlig taub iſt,
inglückliche und vom Leben Herumgeſtoßene oder eine Aben= daß er kein Geräuſch, auch nicht den Knall eines Schuſſes, ver=
rin
geſeſen iſt, läßt Doris Wittner offen. Eine bewegte nimmt. In dem Gehörgang des Hahnes befindet ſich nämlich
angenheit hatte die kleine Fliege ſo geuannt nach ihrem eine loſe herabhängende Hautfalte, die durch Blutzutritt an=
haſt
ſicher ſchon hinter ſich, als ſie im Juli 1855 klopfen= ſchwillt. Der ſtarke Blutandrang, den der liebestolle Vogel beim
Herzens die ſteilen Treppen zur Wohnung des Dichters in Schleifen hat, füllt die Falte mit Blut und ſchließt den Gehörgang
kue Matignon emporſtieg. Es iſt ſchade und entſchieden vollſtändig ab, ſo daß der Hahn nichts mehr hört. Da er auch
Zerluſt, daß J. Max Wolff in ſeiner kürzlich erſchienenen meiſtens den Kopf nach oben hält und beim Schleifen die Augen
ſſenden Heige=Biographie (Oskar Beck, München), der ſorg= ſchließt, ſo ſieht und hört er in dieſem Augenblick nichts, und der
die einſchlägige Literatur berückſichtigt, an dem intereſſanten, ſchlaue Menſch hat die Gelegenheit benutzen gelernt, um den
der Frau Doris Wittner: Die Geſchichte der kleinen Valzhahn in dieſem wenige Sekunden dauernden Zuſtand anzu=
ſpringen
und herunterzuſchießen. Die Roſe des Auerhahns,

die nackte warzige Haut, die in der Balzzeit lebhaft hervortritt,
erhält ihre prächtige rote Farbe nicht von dem in ihr enthalt= Blut, ſondern von einem eigentümlichen roten Farbſtoff, den
der große Auerhahnkenner Wurm entdeckt und genau unterſucht
bat. Dieſes ſogen. Wildhahn=Not oder Tetroneophtin iſt ein in
Waſſer unlöslicher, aber in Alkohol, Aether und Chloroform 15 s=
licher
Fettfarbſtoff, der merkwürdigerweiſe genau dieſelben chemi=
ſchen
Eigenſchaften hat wie der Farbſtoff vieler in den Tiefen
des Ozeans lebender Tiere. Unſere Waldſchnepfe beſitzt
ebenfalls eine einzigartige Abſonderlichkeit. Der lange Schna=
bel
iſt in der Mitte dünn und biegſam, ſo daß die Spitze des
Oberſchnabels ſich nach oben biegt und ſo die Schnabelſpitze wie
eine Zange öffnet. Dieſe für die Schnepfe ſehr wichtige und
praktiſche Einrichtung, ermöglicht es ihr, den Schnabel tief in
den weichen Boden zu ſtecken und einen Wurm damit zu faſſen
und herauszuziehen. Die Augen nehmen im Kopf der Schnepfe
einen ſo großen Raum ein, daß die Gehöröffnungen dahinter
keinen Platz mehr haben, ſondern ſich unter und vor den Augen=
höhlen
befinden, was ſonſi bei keinem Tiere der Fall iſt. Eine
einzig daſtehende Sonderbarkeit zeigt auch der Singſchwan,
und zwar im Bau ſeines Bruſtbeines. Während ſonſt bei allen
Vögeln das Bruſtbein einen einwwandigen Kiel hat, iſt dieſer bei
dem Singſchwan zweiwandig und bildet eine geſchloffene, nur
nach vorn offene Höhlung, die zur Aufnahme der Luftröhre
dient. Die lange Luftröhre macht eine Schleifenbiegung, die in
der Höhlung des Bruſtbeins untergebracht iſt, und durch dieſe
fonderbare Bildung werden wahrſcheinlich die lauten, trom=
petenartigen
Töne des Singſchwans hervorgerufen.

annigfaltiges

Die Pappelallee.
Nobellette von Ernſt Ulitzſch.
Obgleich ſie ſich ſeit fünfzehn Jahren nicht geſehen hatten,
ten die Freunde keinen Augenblick, ſondern begrüßten ſich
zlich, als habe ſich jeder niemals ohne den anderen denken
n, während ſie doch jahrelang nicht mehr aneinander ge=
hatten
. Sie fanden ſich gealtert, aber doch nicht von der
angenagt: als angehender Fünfziger iſt man eben ergraut,
enig behäbig geworden, wie Alfred, oder wenn man ſchlank
wie Otto, ein wenia ſteif in den Knochen und ein wenig
ttert. So war es ihnen nicht fremd, ſich wiederzufinden
(fred, der ſeit zwei Dezennien ſeine Heimatſtadt nicht wieder
hatte, war erſtaunt, ihr Bild ſo verändert zu finden.
Wir ſind Großſtadt geworden, ſagte Alfred, als ſie beide
Jagen ſaßen. Alfred, der Arzt, hatte ſeine Praxis aus der
4. in einen Vorort verlegt, in dem ſich die Fabrikbeſitzer und
gen reichen Leute angeſiedelt hatten
Itto war etwas nervös. Er wollte auf Alfred einſprechen,
itſchuldigen, daß er ſo plötzlich in die Heimat wieder zurück=
e
, aber dieſer unterbrach ihn und ſagte mit jenem etwas
)aften Tone, den er ſich im Verkehr mit ſeinen Kranken
böhnt hatte: Siehſt du, ich begreife das alles. Du biſt
ndzwanzig Jahre verheiratet geweſen, mein Lieber, und an
Hausſtand geſvöhnt, dem eine Frau vorſteht. Ich habe
tie kennen gekernt und werde es im Alter nie vermiſſen.
ich kann mir denlen, daß man ſich einſam fühlt, wenn einem
rau wegſürbt und die Kinder aus dem Hauſe wollen. Wahr=
lich
nürde auch ich zum ziweiten Male heiraten, wenn ich
imal getan hätte.
Wir haben gut miteinander gelebt, fiel Otto ein. Ich
es ja nicht leugnen, daß ich nie ſo recht glücklich war, aber
be es dunch das Geld meiner Frau zu etwas gebracht, wir
i unſere drei Hinder zu ordentlichen Menſchen erzogen und
. inner im Wohlſtand gelebt. Und wenn Geld gewiß nicht
Glück bedeutet, es iſt doch angenehnn, wenn man darüber
gen kann. Aber jetzt, weißt du, möchte ich verſuchen, ob ich
ivas ich verſäumte, nicht nachholen kaun.
ilfred antworiete nicht und ſo fuhr Otto fort: Es war
’s eine ernſte Sache zwiſchen Adelheid Runge und mir
liebten uns und ſchwwärmten einander an. Aber ich ließ
iiberreden, denn ſie hatte nichts und von der Liebe kann
nicht leben, ſchließlich beſaß ich nicht mehr. Es iſt mir eine
Beruhigung geweſen, daß du mir mitteilteſt, ſie ſei noch
denn ich kann nicht umhin, dir zu geſtehen, daß ich an ſie
en den Jahren denken mußte, nur an ſie, immer nur an ſie!
ale ihr Unrecht getan, bin geflohen, ohne mich en:ſ huldigen
nnen. Aber du ſagteſt mir ja ſchon vor Jahren, als ich es
wagte, nach ihr zu fragen, daß ſie mir nicht mehr zürnt. 1ind
ub will ich mich heute vor ſie ſtellen und fragen, ob ſie
Frau werden will.

Der Arzt unterbrach ihn nicht. Otto erging ſich in Schwär=
mereien
war bald überzeugt und zweifelte wieder, er war ſelt=
ſam
erregt, ſo verwirrt, wie er damals bei ſeiner erſten Werbung
nicht geweſen war. Ich hänge Illuſionen nach, ſprach er, ſie
wird alt geworden ſein und in meiner Phantaſie lebt ſie als das
Mädchen von 20 Jahren, das ich alle Abend in der Pappelallee
küßte, die ſich damals hinter den letzten Häuſern erſtreckte . . .
Iſt Adelheid ſehr gegltert?
Du wirſt ſie gleich ſehen, amtwortete Alfred, ſie hat ſich
verändert, natürlich, aber ſehr alt iſt ſie nicht geworden. Uebri=
gens
ſind wir gute Bekannte. Sie beſucht mich oft, und ich habe
ihr erzählt, daß du kämſt, was ſie freute.
Sie freute ſich? Haſt du ihr Andeutungen gemacht?
Nein, mein Lieber, das will ich lieber dir überlaſſen. Denn
ich weiß nicht, ob du ſie wiederfinden wirſt, wie du ſie dir er=
ſehnſt
. Ich verſtehe mich nicht auf die Liebe, habe mich nie
darauf gelegt und überlaſſe auch die Ehe gern anderen.
Aber ich kaunte ſie, ſagte Otto, nie gab es ein ſanfteres
Geſchöpf als ſie, nie eines, was zärtlicher und anſchmiegender
war. Ich hätte alles von ihr fordern können, ſie wäre für mich
durch das Feuer gegangen.
Sie waren vor dem Hauſe angelangt. Als ſie über die
Schwelle ſchritten, faßte Alfred ſeinen Freund bei der Schulter
und ſagte: Lieber Otto, Fräulein Runge wartet bereits auf
uns, aber ich will eure erſten Augenblicke nicht ſtören. Der erſte
Eindruck iſt immer der bedeutungsvollſte, und da will ich mich
nicht zwiſchendrängen. Und noch während er ſprach, hatte er
eine Tür geöffnet und den anderen in ein Zimmer geſchoben.
Otto wußte zuerſt nicht wie ihm geſchah. Er glaubte, der
Boden müſſe unter ſeinen Füßen verſchwinden, denn zu ſchnell
ſtürmte alles auf ihn ein. Er wäre am liebſten aus dem Zimmer
geeilt und hätte ſich auf dem Korridor erſt wieder geſammelt,
hätte gern die Worte zurechtgelegt. mit denen er die alte Geliebte
begrüßen wollte. Doch es war ſchon zu ſpät. Aus einem Seſſel
erhob ſich eine Dame und reichte ihm mit freundlichem Lächeln
beide Hände zur Begrüßung.
Das alſo war Fräulein Runge! Er hatte geglaubt und
leiſe gefürchtet, eine zierliche alte Dame mit grauen Scheiteln,
Zeichen beginnender Gebrechlichkeit und den ſtrengen Zügen der
alten Jungfer zu finden. Aber eine impoſante Dame, reichlich
in Fett geraten, trotzdem ſie ſtark geſchnürt war, mit einem
Doppelkinn und blühender Geſichtsfarbe ſtand da und nickte ihm
aufmunternd zu. Sie hatte nichts mehr von der grazilen Adel=
heid
ſeiner Jugend an ſich. Nur die hellen Augen lachten noch
übermütig wie damals.
Mein Gott, Otto rief ſie, was ſind Sie ſchüchtern ge=
worden
! Sagen Sie mir doch guten Tag. Habe ich mich denn
ſo verändert? Es war ein netter Gedanke von Alfred, daß er
uns mial ſo über ſchend zuſamnenbrachte; wir haben uns ja
eine Ewigkeit niclt mehr geſehen, ſeitdem Sie damals Hals über
Kopf auf und davon gingen.

* Der Schirmpilz, leider noch allzu häufig, auch in Deutſch=
land
, nach franzöſiſcher Art Paraſol genannt, ein ſtets ſauberer,
ſchmackhafter und oft recht ſtattlich großer, nahrungsreicher Pilz,
wird noch viel zu wenig geſchätzt und verwertet. Schon roh iſt
er genießbar; ſein Fleiſch erinnert an den Geſchmack der Haſel=
nußlerne
. Richtig zubereitet, gibt er ein vorzügliches Gericht
und kann als Erſatz für Kalbsſchnitzel dienen. Man ſchneidet
die langen hohlen Stiele und die Hautpſpitzen ab: ſie bleiben,
auch bei der beſten Zubereitung, hart und zähe. Dann nimmt
man den Hut, ohne die Haut abzuziehen und ohne das Futter
abzuſtreiſen, wäſcht die Haut ſchnell unter fließendem Waſſer,
ein Dutend Jungen finden, die ſich mit Eifer auf das Radio= auf daß der Pilz nicht zu naß wird, zerlegt ihn in halbhandgroße
Stücke und tut dieſe, die Haut zuerſt nach unten, in ſchon bereit
gehaltenes, glühend heißes Fett, in dem ſie recht ſecharf und kurz
gebraten werden. Die jetzt gut weichen und doch hübſch knuſpe=
rigen
Pilze bringt man ſofort auf den Tiſch und ißt ſie ſogleich
zu Brot, Kartoffelſalat, Bratkartoffeln oder ähnlichem. Sie
ähneln in Geruch und Geſchmack gebackenen Lalbsſchnitzeln;
noch am folgenden Tage riecht das in der Pfanne zurückgeblie=
bene
und erkaltete Fett nach Nuß und Fleiſch.
* Der kluge Dackel. Vor Jahren hatte ich einen gelehrigen
Dachshund, dem ich allerlei beibrachte, jedoch abſichtlich nicht das
ſogenannte Apportieren. Mit ihm ging ich häufig längs einem
Gewäſſer ſpazieren, er als eifriger und tüchtiger Mäuſejäger
immer weit voran auf der Suche nach Feldmäuſen und Waſſer=
ratten
, denen er ſogar ins Waſſer nachſprang und ſie dort fing.
Einmal wehte mir ein plötzlicher Windſtoß meinen Strohhut vom
Kopfe, weit in das Gewäſſer hinein, und zwar ſo, daß der
eigentliche Hut verſank und nur die ſteife, wagrechte Krempe
ſchtrach auf dem Waſſerſpiegel zu ſehen war. Ich pfiff meinem
Dackel, der, da er den Weg kannte, wieder weit vor mir jagte
und ſich gar nicht nach mir umſchaute. Er kam ſofort und fah
nlich neugierig an. Ich zeigte ihm den in der Flut immer mehr
verſinkenden Hut. Er ſchaute hin und dann mich wieder dumm
und fragend an. Nun tippte ich mit meinem Finger auf mein
unbedecktes Haupt und zeigte wieder nach dem Hute. Jeßt be=
griff
er, blickte verſtändnisvoll zu mir, bellte froh, ſprang ins
Waſſer, ſchivamm hinüber, packte den Hut und brachte ihn mir,
trotzdem er nie dazu abgerichtet war. War dies nun ſogenann=
ter
Inſtinkt oder Ueberlegung? Ich denke, letzteres.
Ve
Otto ſtammelte eine Entſchuldigung und errötete. Aber nach=
dem
ſie ſich geſetzt hatten, fuhr Adelheid fort: Ich begreife
das alles, Sie brauchen ſich nicht zu entſchuldigen, das iſt ganz
überflüſſig. Man kann ohne Geld nicht leben, ich habe das ein=
geſehen
.
Er atmete auf und antwortete: Hoffentlich iſt es Ihnen
immer gut gegangen.
Ich kann nicht klagen, ich mußte mich zuſammenreißen und
durch manchen Sand ſchleppen, ober ich verlor nie den Mut.
Weshalb auch man darf nur nicht ſchwärmen.
Und doch, ſogte Otto, haben wir beide geſchwärmt. Er
beſchloß jetzt, dem Geſpräch eine innigere Wendung zu geben
und fuhr fort: Wiſſen Sie noch, welche Schwüre wir aus=
tauſchten
, wenn wir unſeren Abendſpaziergang durch die Pappel=
allee
machten und wie wir uns küßten, ſobald die Dunkelheit
angebrochen war?
Ja, antwortete ſie gleichgültig, ich war damals noch ſehr
dumm und wurde zu Hauſe nicht recht beaufſichtigt. Man ſollte
auf die jungen Mädchen beſſer achten, wenn ſie in jenes Alter
komen. Falls Sie eine Tochter haben, ſeien Sie auf der Hut.
Ueberhaupt, Otto, habe ich Sie mir ganz anders vorgeſtellt. Sie
ſind doch ein wohlhabender Kaufmann, ich dachte, man würde
das Ihnen bereits äußerlich anſehen. Aber nichts von dem.
Betrachten Sie mich, wie ich mich herausgemacht habe.
Sie ſind ſtark geworden.
Fett können Sie ruhig ſagen, aber wer viel arbeitet, muß
gut eſſen. Ich habe ein ſehr ſchweres Leben hinter mir. Erſt
Kindergärtnerin, dann Privatſekretärin, dann Buchhalterin,
Prokuriſtin und ſchließlich wurde ich Unternehmerin und
denken Sie, wodurch: durch unſere Pappelallee.
Durch die Pappelallee Sie haben alſo auch ſo oft an
mich gedacht, wie ich in allen den Jahren an Sie nur an Sie!
Aber nein, Fräulein Adelheid lachte, keine Spur! Otto,
wie ſind Sie ſentimental. Haha, und das will ein Kaufmann
ſein! Nein, mein Verehrteſter, aber als armes Mädel ſah ich
ein, daß ich für die Männer doch imner nur ein Spielzeug ſein
würde und daß ich mich beizeiten nach etwas anderem umſehen
müßte. Alſo ich war knickerig und ſparte, paßte gut im Geſchäft
auf, verzichtete ein paar Jahre auf jeden Luxus und legte mein
Geld gut an. Als ſich dann die Stadt ausdehnte, kam ich auf
den Gedanken, Terrains zu kaufen. Ich machte die Sache ſehr
geſchickt. Ich habe ſie ſolgnge behalten, bis ich erfuhr, daß man
dort eine Eiſenbahn durchlegen würde. Da ließ ich die Bäume
abſchlagen
Sie haben ſie abſchlagen laſſen, unſere alten Bäume? rief
Otto entſetzt.
Ja, ja, es waren ſchöne Bäume, jeder hatte ſvohl ſo an die
fünf Feſtmeter Holz Nutzholz ich hätte es noch länger
liegen laſſen ſollen , aber ich habe den Erlös gleich in Aktien
angelegt, die ſehr im Kurſe geſtiegen ſind. Sie ſehen mich ſo

[ ][  ]

Nummer 45

Peifgaben der Frau in der Geſchmackskultur.

Die Frau, als die Hüterin einer beſonderen Kultur, ſteht
dem Geſchmack gegenüber vor einer beſonders ſchwierigen Auſ=
gabe
, die hohes Verantwortungsgefühl erfordert. Was im
Familienheim dem Gebrauch oder Schmuck dienen foll, geht durch
die Hand der Frau, ihrer Wahl gemäß wird die Wohnungsein=
richtung
angeſchafft, ſie beſorgt die Ergänzungsſtücke, ſie hat für
die Kleidung der Familie Sorge zu tragen, für alle Geſchenke;
Die Geſchmackskultur der Frau ſchafft den Menſchen die Dinge,
mit denen ſie im täglichen Leben verwachſen, durch die ſie er=
zogen
oder derzogen werden. Darum wird die kluge Frau, die
Frau von Geſchmack, beim Beſorgen von Dingen des täglichen
Lebens nicht mit Kunſt den Kauf beginnen, ſondern den Gegen=
ſtand
zunächſt auf ſeine Zweckmäßigkeit prüfen, die Feſtigkeit
und Gediegenheit ſeines Materials werten und zu erkennen
ſuchen, ob der Gegenſtand innerlich wahr ſei, d. h. ob nicht irgend
ein ſchlechter Stoff durch Färben, Preſſen, Streichen oder Uebei=
tünchen
beſſer erſcheint als er iſt. Erſt wenn dieſe ſelbſtverſtänd=
lichen
Forderungen erfüllt ſind, dann wird der Geſchmack ur=
teilen
, ob der Gegenſtand durch Kunſt Veredelung erfahren hat,
oder ob ſinnlos angebrachter Schmuck ihn ſtatt künſtleriſch
emporzuheben, künſtleriſch entwertet hat. Wenn die Frau in
diefer Weiſe ihren Geſchmack betätigt, würden die ſogenannten
Haus,greuel eine Seltenheit werden, unſere Wohnungen wür=
den
Heime und Heimat mit Volkscharakter prägen. Unſerem
Wohnungsſtil don heute fehlt ja trotz der vielen Schlagworte
von Raumkunſt Innenarchitektonik uſw. das Gemütlich=
Behagliche, das die Bauern= und Bürgerſtuben jener Zeit auf=
zuweiſen
hatten, in der mehr die Kultur als der Perſönlichkeits=
kult
galt. Die Jagd nach Originalität, die erſt den Städter und
nun auch das Land ergriffen hat, führt uns auf dim Gebiete der
Geſchmackskultur immer weiter fort von der im Dornröschen=
ſchlaf
verharrenden Volkskunſt, trotz der anerkennenswerten Be=
mühungen
des Kunſtgewerbes: Heimatkunſt der Wiederbelebung
zuzuführen. Denn was wir auf den kunſtgewerblichen Ausſtel=
lungen
ſehen, das niag wohl innere Berührungspunkte bezüg=
lich
der Aufnahme und Beherſchung der ereibten Form der
Volkskunſt aufweiſen, was aber unſere Induſtrie als volkstüm=
lich
oder altertümlich auf den Markt als Maſſenartikel wirft,
das iſt wertloſe Imitation, die nur äußerlich Anlehnung an die
verſtorbene Volkskunſt zeigt und immer wieder dem Originali=
tätstrieb
verfällt, der wohl Prunk in Einfachheit, nie aber Cha=
rakter
aufzuweiſen hat. Warum im Geſchmack fügen? Iſt es
nicht Sorge und Ehrenpflicht der Mutter und Frau, die kom=
mende
Generation zur Wahrheit, Ehrlichkeit und Treue zu er=
ziehen
? Wir dulden doch auch in allen anderen Dingen nichts,
was den Sinn auf Unreelles oder Sittenverderbendes leiten
kann. Cerade im Geſchmad, der das Kind und die Familie in
ihrer Geſamtheit umgebenden Dinge, liegt die Schule, die Ver=
innerlichung
der Lebensauffaſſung predigt. Denn Geſchmack
und Sitte ſind miteinander verwachſen, was wvir nirgends
deutlicher erkennen, als beim mit Geſchmack gewählten Ge=
ſchenk
, das nur dann ein Geben und kein Betrügen iſt, wenn
ſich der Geſchmack als Kennzeichen der gleichgeſtimten ſittlichen
Lebensführung als Band von Seele zu Seele zieht.

In volkswirtſchaftlichem Sinn fällt der Geſchmackskultur der
Frau eine ebenſo wichtige Rolle zu. Aller Schund und Kitſch
iſt, volkswirtſchaftlich angeſehen, Maſſenverſchwendung, weil
Materialverſchtvendung. Je höhere Anſprüche unfere Lebens=
führung
an den Geſchmack ſtellt, deſto qualitätvoller muß ſich die
Volkswirtſchaft geſtalten, deſto beſſere Ware kommnt in den
Handel. Und nur die Qualität erleichtert das Daſein des
Volkes. Gute Arbeit iſt immer auf Volkscharakter aufgebaut
und wirkt als Vorbild auf die anderen Völker, was den inter=
nationalen
Grad der Kultur eines Volkes ausmacht. Von der
Geſchmackskultur der Frau, die als Hauptkonſunrent auf allen
Gebieten des Handels ausſchlaggebend iſt, hängt es ab, ob
gute oder ſchlechte Ware unſere Volkswirtſchaft und Kultur
beeinfluſſen müſſen. Denn Handel und Wandel richten ſich wohl
nach dem Käuferrecht, ſind aber auch der Verbraucherpflicht an=
gepaßt
. Und dieſe Verbraucherpflicht iſt nichts anderes als die
Geſchmackskultur der Frau, die auf die Arbeit ats ſolche ſchaut
und dahei dem weiblichen Bedürfnis nach einem Verſchönen,
einem Sieigern des Alltäglichen, dem einfachen Ausdruck der
Lebensfreude Rechnung trägt. Die äußeren Verhältniſſe diltiert

die Zeit, die inneren der Geſchmiack. Und da die Frauen die Zeit=
träger
der Geſchmackskultur ſind, ſo mögen ſie merken, daß nicht

nur die Gegenwart ſtreng richtet, ſondern daß noch die ſpäteſten
Zeiten urteilen werden, ob ſich im Geſchmack der Frau von jetzt
an eine würdige Kultur offenbart hat.
N. H.

Die Mode von heute.
Moderne Winterhüllen für unſere Schul
kinder. Hat ſchon eine geſchickte Mutter immer mit diel Glück
vorhandene Stoffe für ihre Kinder neu verwenden können, ſo
wird ihr dieſe Arbeit angeſichts der neuen Modelle an Winter=
mänteln
, =jäckchen und =jacken ganz beſonders leicht werden.
Sind doch die meiſten mit bieſengeſchmückten Einſätzen und An=
ſätzen
ſenkrecht aufgeſetzten Garniturteile ſelbſt in den Aermeln
ausgeſtattet, ſo daß eine geſchickte Hand ſehr leicht aus zweierlei
Stoffen ein völlig modegerechtes Modell an Hand der vorräti=

gen Schnitte anzufertigen dermag. So ſahen wir ein 10jähriges
Mädelchen mit einem dunkelblauen Tuchwintermantel, der etwa

20 Zentimeter breit vom Rande entfernt einen 10 Zentimeter
breiten Einſatz von ſchräg kariertem Chebiot zeigte, der in klein=
fingerbreiten
Abſtänden in ſaubere und feine Bieſen abgenäht

erſtaunt an, alter Freund, aber wiſſen Sie denn nicht, daß ich
die reichſte Frau dieſer Stadt bin, der in Geldgeſchäften niemand
über iſt?"
Lieber Freund, ſagte ſie, wenn man jung iſt, glaubt man,
die Pappeln rauſchen ewig, aber eines Tages werden ſie doch
abgeſchlagen. Und warum ſoll ich nicht diejenige ſein, die es
tut? Man darf im Leben nicht warten, Otto. Sie haben ge=
nommen
und dann vergeblich gewartet. Ich habe gewartet und
jetzt genommen. Nur Sie, Verehrteſter, nehme ich nicht. Heute
weniger denn je."

Eine Geſchichte von Ludwig Bäte.

ausgefranſten Halsbinde in die Ecke. Es ſchlägt ſieben.
Los, Grabbe! Lies: Einen vernünftigen Gedanken hat
Deine langweilige Hermannſchlacht doch ſicher! gröhlt ange=
trunken
der Stadtkommiſſar Böhm aus dem ausgekühlten Leder=
ſofa
gegenüber.
Wenigſtens ne nette Zote! näſelt der Auskultator Siruck.
meher hinterher.
Seid vernünftig, Grabbe! Den nächſten Großen kriegt Ihr
umſonſt, flüſtert der Wirt wohlwollend. Die Herren bleiben
Euretwegen, obwohl die Eſſenszeit ſchon gekommen iſt, und der

Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung

Jahrgang 192

war. Schwarze ſeidene Treſſen deckten oben und unten die Ver=
bindungsnaht
. Auch der Aermel war mit dem gleichen Beſatz
geſchmückt, und wir konnten uns ſehr gut vorſtellen, daß eine
findige Mutter den gleichen Garniturſtreifen auch zur Verlänge=
rung
eines zu kurz gewordenen vorjährigen Mantels verwenden
könnte, im Notfalle ſogar in zweimaliger Anwendung; das eine
Mal davon etwas ſchmäler gehalten. Die gleiche Bieſenanord=
nung
, freilich nur in ſenkrechter Weiſe angebracht, ſchmückte ein
dunkelrotes Flauſchmäntelchen. Hier bedeckte die Bieſennäherei
rechts und links als Ein= oder Beſatz die Rückenbreite, wie auch
den vorderen Rand des Mantels und die Aermel in ſeiner gan=
zen
Länge, dem ſie ſcheinbar rechts und links mit drei Kuöpfen
eingeknöpft erſchienen. Auch der Matroſenkragen zeigte im
Rücken quer herüber denſelben Bieſenbeſatz, während der Gürtel
aus drei rings herumgehenden Bieſen, kaum mehr denn daumen=
breit
, beſtand, die links ſeitlich mit einer blitzenden Stahlſchnalle
über den mäßigen Falten des Mantels zuſammengehalteu wur=
den
. Aeußerſt praktiſch und dabei keinesfalls anders denn als
ſehr aparter Schmuck wirlend, ſind dieſe Bieſen auch vereinzelt
zur Anfertigung von kleinen Pelerinen oder Capes für unſere
Schulkinder derarbeitet worden. Die fehlende Weite der zient=
lich
glockig fallenden Schutzkragen iſt hier durch andersfarbige
Keile ergänzt, die in genau aufeinandertreffende, zacig wirkende
Bieſen abgenäht ſind, ehe die mittlere Naht der Keile, die ſie zu
einem ſolchen derbindet, geſchloſſen tird. Einzelne Pelerinen=
kragen
beſtehen auf dieſe Weiſe aus ſechs bis acht Einzelheiten,
bieten alſo Gelegenheit zu weitgehender Verwendung ſelbſt
ſchmaler und kärglichſter Stoffreſte aus dickem, molligem Gewebe,
da die Keile faſt immer aus dünnerem, abſtechendem Stoffe be=
ſtehen
. Krimmer= und Pelzkragen, meiſt als Stehumlegekragen
gefertigt, in Ermangelung derſelben auch von Plüſch, Samt=
Krimmer, ſchließen alle dieſe modernen Winterhüllen für unſere
Kinder am Halſe ab, wenn nicht ein faltenreicher breiter Stofſ=
ſchal
, mit andersfarbigem Tuch unterfüttert, das natürlich auch
im Aermelinnern ſichtbar werden muß, unter dem Kinn gekreuzt
und rechts und links über die Schulter geſchlagen wird, und ſo
ſelbſt bei ſtrengſter Kälte Pelzkragen oder Bog überflüſſig macht.
R. A.
Der zeitgemäße Haushalt.
Kinder= und Krankennachtſtühle und Nacht=
ſchräntchen
geruchfrei zu machen. Bekanntlich wird
durch derartig ſchlecht gelüſtete und desinfizierte Möbel mit
ſchlechten Gerüchen die Luft der Kinder= und Schlafzimmer
auferordentlich raſch verbraucht. Ein Desinſizieren mit Lyſol
hat aber die unangenehme Eigenſchaft, die Geruchsorgane vie=
ler
Menſchen in aufdringlichſter Weiſe zu beläſtigen, ſo daß ſie

desinfizieren. Man nimnit dazu auf einen halben Eimer Waſſer
40 bis 50 Gramm Perfil, rührt es kalt an, erhitzt es und
ſcheuert damit Stühle und Schränkchen mit nicht zu ſcharfer

gründlich desinfiziert und damit auch alle Krankheitskeime ver=
nichtet
.
L.
Trikotunterwäſche tadellos auszubeſſern.
Das Einſetzen von Flicken in Trikotwäſche bereitet bei der Dehn=
barkeit
des Gewebes meiſt große Schwierigkeiten. Es iſt aber
leicht zu bewerkſtelligen, wenn man unter die ſchadhaften Stellen
zunächſt ein ſauber zurechtgeſchnittenes paſſendes Stück gleich=
farbigen
Trikotſtoffes unterſteclt und mit ſogenanntem Hexenſtich
offenrändig aufnäht. Die Stiche, die rechts ſichtbar werden,
müſſen dabei möglichſt klein gehalten ſein, damit ſie kaum zu ſehen
ſind. Nun wird die Arbeit nach rechts gewendet, die ſchadhafte
Stelle dabei ebenfalls fadengerade ſorgſam herausgeſchnitten und
mit recht dichtem Hexenſtich und in der Farbe paſſendem Garn
dem unterſetzten Flicken der Nahtrand angefügt. Nach dem =
geln
ſieht die Arbeit tadellos aus und verurſacht lange nicht ſo=
viel
Mühe wie das übliche, einfach angewandte Stopfen der ſchad=
haften
Stellen auf unterſetztem Flicken.
Eine pikante Gemüſebeilage ergeben He=
ringskoteletts
, die auf nachfolgende Art bereitet werden.
Die einen Tag lang gewäſſerten Salzheringe nimmt man aus,
teilt ſie der Länge nach in Hälften und entfernt dabei die Gräten.
Nun beſtreicht man ſie mit geriebener Zwiebel, träufelt Zitronen=
ſaft
darauf, und ſtreut eine Meſſerſpitze gemahlenen Pfeffer da=
rüber
. Dann bereitet man je 1 Liter Mager= oder Buttermilch,
1 Päckchen Eierſatz, 1 Meſſerſpitze Salz und ſoviel Mehl einen
dickflüſſigen Teig, daß er in Schwaden vom Quirl fällt. In die=
ſem
Ausbackteig wendet man nun die Heringsſchnitten und bäckt
ſie in Fett oder Oel von beiden Seiten goldbraun. Sie eignen ſich
beſonders zu Grünkohl, Weiß= oder Rotkraut. Doch ergeben ſie
auch eine vorzügliche Beilage zu Kartoffelſalat, =mus, ſowie mit
pikauter Soße oder Zwiebelſoße zu Pell= oder Salzkartoffeln. H.
Senf=Kartoffeln. Von 1 Eßlöffel Fett oder Oel und
ebenſoviel Mehl bereitet man eine dunkle Einbrenne, die man
mit 2 Taſſenköpfen Waſſer auffüllt und damit 20 Minuten ſämig
kochen läßt. Dann ſchmeckt man dieſe Soße mit 2 Eßlöffeln Efſig
ſowie 2 Löffeln Senf und Salz und Zucker nach Geſchmack ſüß=
ſäuerlich
ab und läßt in dieſer Soße 2½ Pfd. in Würfel geſchnit=
tene
, gekochte, geſchälte Kartoffeln 5 Minuten ziehen und richtet
ſie mit reichlich Eraungebratener Zwiebel auf tiefer Schüſſel an. L.
Speiſenzettel.
Sonntag: Grünkohl und Schweinebraten.
Montag: Senf=Kartoffeln.
Dienstag: Heringskoteletts mit Zwiebelſoße.
Mittwoch: Kohlrabigraupen.
Donnerstag: Möhren mit weißen Bohnen.
Freitag: Tomatenreis.
Samstag: Linſen mit Backpflaumen.

Keh

Schach

Nummer 26
Aufgabe 51
Freiherr bon Holzhauſen in Magdeburg,

(Brennpunkt=Probleme 1908)

Weiß ziehr und ſetzt in drei Zügen matt.
ung: Weiß: Kh8 Dd8 Ta4 e5 Le3 Shi Ba6 b2e6g2h
Prüfſt
Schwarz: Kf8 Dc2 Lh4 Se8 Ba7 b3 c5 f5 g3 g5 (10); 3-
Ein echrter Holzhauſen!
Aufgabe 52
J. E. Funk
(Good Companion 1920).
Weiß: Kal Dd4 Tc1 e4 Lc8 12 Sa6 c2 Bc7 e6 15 (11,
Schwarz: Kb5Dh7 Ta3 e3 Lg8 h8 Sg4 Ba2 a4 a5 b6 f7 g6
Matt in zwei Zügen.
Nachtrag zur Löſerliſte: H. F. (auch 31, 38).
Briefkaſten: L. G. in M. Ueber Ihren merkwürdigen Beit
waren wir im erſten Augenblick ſehr erſtaunt, erkannten aber dann
Grund. In Aufgabe 39 kommt auf 1. Db5 Ke4! In 40 ſteht
Sie inzwiſchen geſehen haben, der T auf h7. L. H. in 3. Sie
mehreren feinen Verführungen erlegen. Aufgabe 31: 1. TT2 Sg3
Aufgabe 35: 1. a4 g4! 2. Dd2 Lf6! Aufgabe 38: 1. Dd4 Ker
Aufgabe 39 ſ. oben L. G. in M. W. S. in E. Wir antworteten brie
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Sch
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchriſt Scha

Darmſtädter Silbenräiſel.
a, a, a, bach, di, e, hab, lau, li, lo, ma, na, nic, ſa.
Aus vorſtehenden 14 Silben ſind 5 Wörter von folgender
beutung zu bilden: 1. Römiſche Göttin. 2. Iſraelitiſcher
3. Stadt in Griechenland. 4. Städtchen in Oberheſſen. 5. W.
licher Vorname.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben der gefundenen Wörter
geben, beide von oben nach unten geleſen, die im Volksmund
liche Benennung eines ehemaligen Alt=Darmſtädter Braue
lokals.
Th=
Rätſel.
570. Ein Handgerät nennt Dir das Wort. Nimmſt Du
letzte Zeichen fort Und ſchiebſt nach vorn es ziemlich wei=
So kannſt Du ohne Schwierigkeit Es jetzt aus jel
Faden machen. Nun rate mal die beiden Sachen.
571. Im langgeſprochenen Wort kannſt Du oft gar nicht gründer
Das kurzgeſprochene Wort kannſt Du beim Rechnen finden
Mit Ab und Auf, mit Stein und Bein, Mit Wolken
auch ganz allein.
572. In vorderſter Silbe verwendet man gern die anderen z
als das Ganze. Und dieſes entſtammt der weiteſten Ferr
Als amerikaniſche Pflanze.
Auflöſungen.
Silbenrätſel:
1. Dipleidoſcop. 2. Iſtip. 3. Evc. 4. Sichel. 5. Can.
6. Hebe. 7. Eile. Die Schepp' Allee.
Rätſel: 567. Erbe, Rebe, Eber. 568. Rogen, Roch
Rocken, Noggen. 569. Taufe, Traufe.
Zerlegaufgabe:
HE

be

Die ſpäte Sommerſonne des Jahres 1836 glaſtet in die
ſchmalen quadratiſchen Fenſter des Fürſten Alcxander zu Det=
mold
. Der lippiſche Auditeur a. D. Chriſt. Dieterich Grabbe
merkt das nicht. Die Sonne rinnt über den mächtigen kahlen
Schädel mit den dünnen rotblonden unordentlichen Bartſtop=
peln
, den abgeriſſenen blauen Frack hinunter und ſpiegelt trüße
aus dem ſchweren Glaſe Rum, in das er ſeit Minuten vergeſſen
hineinſtarrt, nur manchmal müde eine träge Fliege ſcheuchend,
die gemeſſen über das unbenutzte Schälchen mit Zucker auf der
blanken Nußbaumplatte von ihm kriecht. Schweiß ſteht dick auf

Kommiſſar um acht ins Theater muß. Frau Luife wird Euch
ja nicht holen! Die hat ſich lange über Euch getröſtet! Leſt! Auf
einen Bündel Zigarren ſoll’s auch nicht ankommen!
Halunken!
Der Zinnbecher mit den Fidibuſſen fliegt auf, die Oellampe
über ihm ſchwingt leicht hin und her, die dicht beſchriebenen
Manuſkriptſeiten der Hermannſchlacht, aus der er geleſen, wir=
beln
hoch; der unförmige lippeſche Amtsdegen, den der Auskul=
tator
bequem über den Stuhl gelegt hat, klirrt: Wer ſeid Ihr,
daß Ihr mich nur anzureden wagt, Geſindel, nicht wert, daß ich
Euch anſpie! Habt Ihr den Gotland geſchrieben, die Hundert
Tage, die Hohenſtaufen, jedes Werk ſtark genug, Eure armſeligen
Gehirne einzuſchlagen? Hat nicht Immermann, der glaite
Salonaffe und Königlich Preußiſche Landgerichtsrat, in Neben=
beruf
Dichter und Seelenfreund von Lützows wilder, derwegener
Jagd, der dünnſtengligen Ahlefeldt, alles getan, mich unauf=
fällig
von Düſſeldorf zu verdrängen, da ihm das Feuer meiner
Dramen die Planlaken ſeinen Theaterbude verſengte, ihr friſcher
Wieſenduft ſeine Rampenfunzeln ausblies? Hat man mich in
Frankfurt nicht wie einen Gott gefeiert, hat nicht ſogar der junge
mokante Schoßenhauer meine alte grüne Schirmmütze wieder=
geholt
, die im Eifer der Rede dem Main zutrieb, ſchneller, als
Euch Eure Spindelbeine mittags vom Amt an Cure ivohlbeſetzte
Krippe und auf Euer Faulbett tragen?
Wiſſen wir alles, gähnt Struckmeher gelangweilt.
Wie oft ſollen wir das noch hören?
Wie oft? Grabbe richtet ſich ſteil auf. Wie oft? Bis
Eure Fünfgroſchengehirne wenigſtens ſpüren, welcher Wind in
mir zum erſtenmal durch mein Fürſtlich Lippeſches Vaterland
ſtrich. Lacht nur mit Euren feiſten Backen! Eure Jungen ſollen
ſchon lernen, wenn ſie nicht ganz Eure troſtloſen Ebenbilder
werden, daß nach Hermann dem Cherusker kein Menſch wvie ich
über dieſen Boden ging, der noch ſtehen wird, wenn Eure letzte
Akte längſt verfaulte. Wißt Ihr, was das bedeutet, den Her=
mann
ſchreiben zu müſſen? Wißt Ihr, was es heißt, Dichter
zu ſein? Reiß Wolkengedröhn, Blütenſturm und Flammen=

wüſte, Zeugkraft und ſchweifende Sehnſucht zuſammen, und w
dein kochendes Herz hinein, bis es ziſchend zerſprüht, opfere d
friſchen Tau der Jugend, Mannesreife und Schnee des Alte
Aus nichts ſchafft Gott, wir ſchaffen aus Ruinen. Du gehſt
grunde, aber dein Werk lebt und gleitet langſam, ganz langſt
durch taufend Kanäle und Rinnfale in dein Volk über. W
ſchadet es, wenn du darüber zerbrichſt! Einſt weinen ſei
Beſten an deinem Grabe, und die armſelige Gartentür, in
vormals ein glühender Jüngling den Namen ſeiner Treuloſ
ſchnitzte, ſchleppt irgend ein ſpleeniger Lord höchſtſelbſt auf ſein
Jacht nach England, auf die Inſel des bombaſtiſchen Un
heuers, das Tieck und Schlegel wie ein Götzenbild aufbaute
bis ich es niederriß.
Draußen klingt ſchläfrig eine Physharmonika. Nur die U
tickt im Zimmer.
Tonlos ſpricht er vor ſich hin und hört die ſtill geworden
Gäſte nicht mehr: O Deutſchland! Vaterland! Die Träne hän
mir an der Wimter, wenn ich dein gedenke!
Die Sonne fällt ſchräg ins Zimmer. Wie carrariſch
Marmor, faſt unwirklich und geiſternd, ſchwillt das mächti
Haupt eckig aus dem Schatten der Wände. Die blauen Auge
matt vor Müdigkeit, ſcheinen ſtill zu ſtehen wie ein Irisfalu
über blühender Sommerwieſe. Eine Hand greift in ichts.
Struckmeher und der Kommiſſar ſind gegangen. Er taſ
ſchwer zur Tür. Der Wirt legt ihm gutherzig den ausgefaſert
Schal über die merkwürdig feingliedrigen Schultern und weh
ab, als ein Fremder, der dor einer halben Stunde aus de
Bielefelder Poſtwagen gegenüber ſtieg, erſchüttert hinzer Gra.
bes Rücken die Börſe zieht. Mühſam ſchreitet er dem Wall 3
oft ſtehen bleibend und ſich die Stirn wiſchend. Die Detmold
Bürger ſchütteln den Kopf. Eine Hofkutſche fährt vorbei. Grad
ſieht nicht auf.
Der Fremde iſt leiſe gefolgt. Die Grotenburg wächſt aben
blau in den weſtfäliſchen Himmel. Ernſt von Bandel, der zu=
erſtenmal
den Berg Armins ſieht, ſchaut ſchauernd ein erhaben
Mal über den hohen Tannen.