Darmstädter Tagblatt 1923


28. Oktober 1923

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Inzeigenſchlüſſel 18 Millionen

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Ihrer

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(freibleibend) ohne Beſtellgeld 30 Millionen Mk.,
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Kürzung des Bezugspreiſes, Beſſellungen und Ab=
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeskauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe
Nummer 298
Sonntag, den 28. Oftober 1923

Darmſt. Tagbl. geſtattet.
186. Jahrgang

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uſw., erliſcht jede Verpfſichtung auf Erfüllung der
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Darmſädter 8 Nationalbank.

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Das Urteil im Küſtriner Prozeß.
Kottbus, 27. Okt. Das außerordentliche Gericht verkün=
e
heute gegen 11 Uhr vormittags das Urteil in dem Pro=
ß
gegen die 14 wegen der Küſtriner Vorgänge am
und 2. Oktober des Hochverrats Angeklagten. Das Ur=
lautet
wegen Hochverrats gegen Major E. Buchrucker
f 10 Jahre Feſtungshaft und 100 Milliarden Mark Geldſtrafe.
Alle übrigen Strafen wurden wegen Beihilfe zur
ötigung verhängt, und zwar gegen Major a. D.
itz Hertzer 2 Jahre 6 Monate Gefängnis, gegen Ober=
utnant
a. D. Peter Vogt 6 Mongte Gefängnis, gegen
ufmann Hans Hain 8 Monate Gefängnis, gegen Zahn=
zt
Herbert Fliege 5 Monate Gefängnis, gegen den Kan=
daten
der Chemie Ehrhardt Reichel 5 Monate Ge=
gnis
, gegen den Oberleutnant a. D. Georg Walter,
en den Landwirt Eduard Stobbe, gegen den Ober=
atnant
zur Seea. D. Ernold Schrenk und den Kauf=
inn
Willi Wojzewski 3 Monate Gefängnis.
Die Angeklagten Landwirt Karl Koertge, Ingenieur Karl
bkowski, Landwirt Hermann Kühn und Landwirt Georg
rkhard wurden freigeſprochen.
Den Verurteilten werden 3 Wochen der Unterſuchungshaft
die Freiheitsſtrafe angerechnet. Gegen Buchrucker und
tzer wurde der beſtehende Haftbefehl aufrecht erhalten. Die
igen Angeklagten ſind nach der Aufhebung des Haftbefehls
freien Fuß geſetzt worden. Die Koſten des Verfahrens
gt die Reichskaſſe, ſoweit Freiſpruch erfolgte. Während der
rleſung der Urteilsverkündigung wurde die Oeffentlichkeit
Antrag der Anklagebehörde und der Verteidigung wieder
geſchloſſen.

Vom Tage.

Die baheriſche Regierung hat Anweiſung gegeben, gegen
alle Perſonen, die bei dem pfälziſchen Separatiſtenplan
beteiligt geweſen ſind, ein Verfahren wegen Landesverrat einzu=
leiten
.
Im Anſchluß an die Verhandlungen in Hagen mit den Wirtſchafts=
vertretern
und den Parteiführern des beſetzten Gebietes wurde ein fünf=
gliedriger
Ausſchuß eingeſetzt, der eine enge Verbindung mit den Stellen
der Reichs= und Länderregierungen unterhalten ſoll, um beſonders er=
folgreich
die ſeparatiſtiſche Bewegung abwehren zu können.
Unter dem Zwang der Geldentwertung mußte die Poſtverwaltung
die zum 1. November feſtgeſetzten, in den Zeitungen bereits bekannt=
gegebenen
Gebühren für Brief= und Paketſendungen des Inlandverkehrs
verdoppeln. Der einfache Fernbrief koſtet demnach ab 1. November 100
Millionen Mark und die Fernpoſtkarte 40 Millionen Mark. Weitere
vorausſichtlich ſehr beträchtliche Erhöhungen ſtehen zum 5. November paſſiven Widerſtandes im Ruhrgebiet nunmehr die Möglichkeit
bevor.
Die Allgemeine Elektrizitäts=Geſellſchaft ſchloß das Kabelwerk Ober=
ſpree
und entließ die Belegſchaft. Als Gründe für dieſe Maßnahme
werden angegeben: paſſive Reſiſtenz, Bedrohung und Gewalttaten. Die
Werksleitung lehnte die Verhandlungen mit dem Betriebsrate ab.
Wie der Matin aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreiſen zu wiſſen
glaubt, ſollen die franzöſiſchen Kammerwahlen am erſten Sonntag im
Monat April 1924 ſtattfinden. Die Legislaturperiode der augenblick=
lichen
Kammer iſt bekanntlich am 31. Mai 1924 zu Ende.
Der franzöſiſche Botſchafter in Waſhington, Juſſerand, iſt in Frank=
reich
angekommen.
Reuter meldet aus Waſhington: Der vormalige Senator von Minne=
ſota
, Frank Kelloy, iſt zum Botſchafter in London auserſehen.

Dollarkurs 65 162300000

Die Reichsrege

MSachſen.

Uſtimatum der Reichsregierung. Der Reichskanzler fordert den Rücktritt der derzeitigen
ſächſiſchen Landesresierung. Androhung von Maßnahmen gegen Sachſen.

Berlin, 27. Okt. Nachdem die der fächfifchen Re=
rung
angehörenden kommuniſtiſchen Mitglieder, in
ufen an die ſächſiſche Bevölkerung dieſe zu Gewalt=
igkeiten
und zur Auflehnung gegen die
ichsgewalt aufgehetzt haben, hat der Reichskanz=
den
ſächſiſchen Miniſterpräſidenten in einem Schrei=
aufgefordert
, den Rücktritt der derzeitigen
ſſiſchen Landesregierung herbeizuführen,
die Reichsregierung die gegenwärtige ſächſiſche Landesregie=
nicht
mehr als eine Landesregierung im Sinne der Reichs=
iſſung
anſehen könne. Der Reichskanzler hat dabei zum Aus=
gebracht
, daß er die Antwort des Miniſterpräſidenten im
e des morgigen Tages erwarte, und ihn von den Maßnah=
in
Kenntnis geſetzt, die die Reichsregierung im Falle
er Ablehnung dieſer Aufforderung ſofort ergreifen

* Das Eingreifen der Reichswehr in Sachſen hat leider nur
urze Zeit gefruchtet. Das Kabinett Zeigner, das vorüber=
Aid von der Energie der Reichsregierung offenbar ſtark be=
Außt war, hat inzwiſchen ſeine alte Unverfrorenheit wieder=
Aiden und glaubt, ſich über die Reichsregierung luſtig machen
Aürfen. Vor allem leiſten die kommuniſtiſchen Miniſter darin
Qunliches und haben ſich auch durch Warnungen aus Berlin
davon abhalten laſſen. So iſt neuerdings von der kommu=
chen
Partei ein Flugblatt in Sachſen herausgegeben wor=
das
zur Gewalt gegen die Reichsregierung und ihren
Häſendanten General Müller auffordert. Die kommuniſtiſche
Aei ſtellt darin ſeſt, daß ſie auf die Reichsregierung pfeift,
fordert ihre Anhänger auf, für jede aufgelöſte Hundertſchaft
hlige neue zu mobiliſieren. Dieſes Flugblatt trägt auch die
eſchrift der kommuniſtiſchen Landtagsfraktion und der kom=
ſtiſchen
Miniſter, die Abgeordnete ſind.
Die Reichsregierung kann, wenn ſie nicht jede Autorität ver=
1t will, ſich eine ſolche Verhöhnung nicht gefallen laſſen. Die
4e Maßregel, die Miniſter zu verhaften, verbietet ſich, weil

derren durch die Immunität des Abgeordnetengeſetzes ge=
It ſind und ſie nicht auf friſcher Tat ertappt wurden. Die
Sregierung hat deshalb zu einem anderen Schritt gegriffen.
ſat an den ſächſiſchen Miniſterpräſidenten Dr. Zeigner einen
gerichtet, worin ſie von dem Miniſterpräſidenten verlangt,
die ſächſiſche Regierung auflöſt, und weiter fordert, daß
neue verfaſſungsmäßige Regierung in Sachſen gebildet
Sie hat die Zeit, die ſie Herrn Zeigner für die Beant=
ung
dieſes Briefes läßt, bis Sonntag abend befriſtet. Sollte
ahin eine Mitteilung über die Auflöſung der gegenwärtigen
rung und die Bildung einer neuen nicht vorliegen, dann
t ſich die Reichsreierung weitere Maßnahmen vor, die be=
vorbereitet
ſind. Die ſächſiſche Regierung hat alſo die Wahl,

El:der nachzugeben, was zur Folge haben würde, daß eine Re=
Kng ohne Kommuniſten gebildet würde, oder das Schreiben
Teichsregierung zu ignorieren. Sie wird ſich dann darauf
Iet machen müſſen, daß von Berlin durchgegriffen wird und
Priahmen getroffen werden, die den ſchädigenden Einfluß
r Quertreibereien ausſchalten. Alle Vorbereitungen für die=
all
ſind bereits getroffen.
2s wurde darauf hingewieſen, daß dieſer Kabinettsbeſchluß
mniig gefaßt wurde, daß alſo auch die ſozialdemokratiſchen
ſter im Reichskabinett ihm zugeſtimmt haben. Wir möchten
4 annehmen, daß die ſozialdemokratiſche Parteileitung alles
S chen wird, um den Rücktritt der Zeigner=Regierung zu er=
Zen. Es iſt ja ein offenes Geheimnis, daß Zeigner bei den
inftigen Sozialdemokraten wenig Vertrauen genießt. Es
7 auch Anzeichen Lafür vorhanden, daß zwiſchen der ſozial=
kratiſchen
Partei in Sachſen und den Kommuniſten die
1* zum Bruch trieben. Die Reichsregierung hat aber ge=

glaubt, barauf nicht mehr warten zu können, weil die allge=
meine
Lage in Deutſchland aufs äußerſte geſpannt iſt und die
Regierung vermeiden muß, daß ſie zwiſchen die beiden Feuer
der Rechts= und Linksradikalen gerät.
Blutige Zuſammenſtöße zwiſchen Reichswehr
und Demonſtranten.
Dresden, 27. Okt. (Wolff.) Das Reichswehrkommando 4
teilt mit: In Freiberg iſt es heute zu ernſten Zuſammen=
ſtößen
zwiſchen der Reichswehr und radikalen
Elementen gebommen. Im Laufe des frühen Nachmittags
wurde auf Anforderung der Polizei Reichswehr auf zwei Laſt=
kraftwagen
in die Stadt entſandt, um die Anſammlungen zu zer=
ſtreuen
und Hausſuchungen vorzunehmen. Um 4 Uhr nachmit=
tags
erbat die Polizeidirektion militäriſche Hilfe, da vier Reichs=
wehrſoldaten
am Poſtamt bedrängt wurden. Die Reichswehr
ſäuberte den Poſtplatz und befreite die vier bedrängten Soldaten.
Sie wurde von der Menge mit Steinen beworfen und mit
Piſtolenſchüſſen befeuert. Dabei wurden vier Soldaten verwun=
det
, darunter zwei ſchwer. Nach den bisher vorliegenden Nach=
richten
wurden 12 bis 13 Unruheſtifter erſchoſſen und gegen 20
verwundet. Hierauf wurde eine Kompagnie in die Stadt ent=
ſandt
, um die Anſammlungen zu zerſtreuen und die Ordnung
wiederherzuſtellen. Nähere Meldungen liegen zur Stunde noch
nicht vor.
Goldmarktarif auf der Bahn ab 1. November.
Berlin, 27. Okt. Infolge des Niedergangs der Papier=
mark
und der zunehmenden Umſtellung der deutſchen Wirtſchaft
auf Goldmarkrechnung wird auch die Reichsbahn zum 1. Novem=
ber
1923 im Perſonen=, Güter= und Gepäckverkehr zur Goldrech=
nung
übergehen. Die bisherigen Grundzahlen, die durch eine
Verbielfachung mit der Schlüſſelzahl den zu erlegenden Papier=
markbetrag
ergaben, werden auch künftig der Tarifberechnung zu=
grunde
gelegt, nur mit dem Unterſchied, daß eine Verdielfachung
mit dem jeweiligen Kurs der Goldmark erfolgt. Der Umrech=
nungskurs
der Goldmark in Papiermark wird täglich auf Grund
des ſtaatlichen Dollarkurſes an der Berliner Börſe feſtgeſtellt
und den Eiſenbahndienſtſtellen telegraphiſch mitgeteilt. Dieſer
auf Milliarden abzurundende Umrechnungskurs gelangt am
nächſten Tage für die Umrechnung der Goldtarifſätze in Papier=
mark
zur Anwendung. Die Abfertigung der Reiſenden erfolgt
in derſelben Weiſe und an den gleichen Schaltern wie bisher.
Beſondere Einrichtungen und Verweiſung an beſtimmte Schal=
ter
und im Notfall an beſtimmte Wechſelkaſſen läßt ſich dort nicht
umgehen, wo bei zunehmendem Umlauf von Rentenmark, Dollar=
ſchatzanweiſungen
, Goldanleihe uſw. eine Umrechnung am Fahr=
kartenſchalter
die Abfertigung zu ſehr aufhalten würde. An der
viertägigen Gültigkeit der Fahrkarten ändert ſich auch bei der
Einführung der Goldmarktarife nichts. Eine Nücknahme der
Fahrkarte am Schalter iſt nur am Löſungstage zugelaſſen. Fahr=
karten
, Gepäck und Frachten werden zum Grundpreis am Tage
der Zahlungsanweiſung erſtattet. Eine Frachtſtundung findet
nur noch auf Goldmarkbaſis ſtatt. Der 10prozentige Zuſchlag
bei der Ueberweiſung der Frachten fällt mit der Einführung
des Goldumrechnungstarifes fort.
Ein Geſetzentwurf über die Arbeitszeit.
Berlin, 27. Okt. (Wolff.) Ein Geſetzentwurf über die
Regelung der Arbeitszeit iſt dem Reichstag zugegangen. Der
Entwurf ſteht auf dem Boden der Vereinbarungen, die zwiſchen
den Regierungsparteien und der Reichsregierung getroffen wur=
den
. Der Entwurf ſchafft freie Bahn für Ausnahmen vom Acht=
ſtundentag
, und zwar in erſter Linie durch eine tarifliche Ver=
einbarung
und in zweiter Linie durch eine behördliche Geneh=
migung
. Der Entwurf wird ausdrücklich als vorläufig gekenn=

zeichnet.

Die Woche.
Durch Wochen hindurch war die Aufmerkſamkeit der geſamten
deutſchen Oeffentlichkeit gebannt durch die innerpolitiſchen Ereig=
niſſe
, und während eine Kriſe die andere ablöſte, vollziehen ſich
in der Welt Ereigniſſe, durch welche das Schickſal des Deutſchen
Reiches entſcheidend beſtimmt wird. Mit ſtarken Beſorgniſſen
ſieh: England zu, wie die franzöſiſche Gewaltpolitik an Rhein
und Ruhr immer mehr jeder Verhüllung entbehren zu können
glaubt, und wie damit eine Entwicklung heranreift, die keines=
wegs
im engliſchen Intereſſe liegt. Man hat in Deutſchland
ſchon mehrfach ausgeſprochen, daß es das offenbare Beſtreben der
Engländer ſei, nunmehr ebenfalls in das Ruhrgeſchäft hinein=
zukommen
, nachdem England erkannt habe, daß die Aufgabe des
für ein gutes Geſchäft laſſe. Ganz ſo liegen die Dinge aber doch
nichi. Daß mit Poincaréſchen Methoden an Rhein und Ruhr
ſehr wenig zu holen iſt, weiß man in London ſehr gut, und es iſt
ſicherlich nicht reines Geſchäftsintereſſe, welches die Engländer
mit allen Mitteln verſuchen läßt, wieder in das Spiel hineinzu=
kommen
. In London hat der General Smuts, der Vertreter
Südafrikas auf der britiſchen Reichskonferenz, eine Rede gehalten,
die deswegen um ſo bemerkenswerter iſt, weil man mit Recht
annehmen darf, daß die von Smuts vertretene Auffaſſung bis
zu einem gewiſſen Grade auch in engliſchen Regierungskreiſen
geteilt wird. Mit einer Deutlichkeit, die in Paris ſehr unliebſam
bemierkt wurde, hat Herr Smuts erklärt, daß die drohende Auf=
löſung
Deutſchlands auf die furchtbare Politik Frankreichs zu=
rückzuführen
ſei, das am Rhein und anderweitig einen ſchonungs=
loſen
Druck angewandt habe, welcher das ſchwache Vermögen des
Deutſchen Reiches weit übertreffe. Ernſte Verantwortung
ruhe auf Fran kreich vor der Geſchichte. Sehr ſtark
betonte Herr Smuts die Beunruhigung des engliſchen Volkes
durch die franzöſiſchen Rüſtungen zu Lande und in der Luft.
Die franzöſiſche Regierung habe auch den kleinen Staaten große
Summen geliehen, um ſeinen militäriſchen Hunger zu ſtillen.
Es beſtehe die Gefahr, daß eine Politik allzu großen Edelmutes
in der Frage der alliierten Schulden Frankreich in den Stand
ſetze, den Militarismus auf dem Kontinent mit Geld zu unter=
ſtützen
. Venn die Dinge ſo fortdauerten, werde
Großbritannien gezwungen ſein, ſich zu ſeiner
Selbſtverteidigung wieder zu bewaffnen. Daß
man mittlerweile in England mehr und mehr erkannt hat, daß
die bisherige Politik Großbritanniens die ſehr ernſte Gefahr
heraufbeſchworen hat, daß es aus der europäiſchen Politik
döllig ausgeſchaltet wird, und daß die Dinge infolge der fran=
zöſiſchen
Getvaltpolitik in Europä einer Kataſtrophe Zutreiben,
geht auch hervor aus dem dieſer Tage vom britiſchen Auswär=
tigen
Amt veröffentlichten Schriftwechſel zwiſchen dem Außen=
miniſter
Lord Curzon und dem britiſchen Botſchafter in
Waſhington. Unter Hinweis auf die überaus ernſte Lage in
Europa hat ſich England an die Regierung der Vereinigten
Staaten gewandt, mit der Anfrage, ob und unter welchen Be=
dingungen
die Vereinigten Staaten an einer Sanierung Euro=
pas
mitzuarbeiten bereit wären. Eine Löſung des Repara=
tionsproblems
ohne Amerikas Teilnahme iſt, ſo führte das erſte
Telegramm Lord Curzons aus, nicht möglich, da zwiſchen den
europäiſchen Mächten nicht jene Einheit des Gedankens zu be=
ſtehen
ſcheint, die entweder eine gemeinſame Aktion durchführ=
bar
macht, oder dazu verhelfen wird, eine baldige Löſung zu
finden. Des weiteren wird darauf hingewieſen, daß die eng=
liſche
Regierung während der letzten neun Monate eine Reihe
von Vorſchlägen an ihre Alliierten gerichtet habe, ohne dadurch
eine gemeinfame Aktion zu ſtande gebracht zu haben. Das In=
tereſſanteſte
an dieſem Schriftwechſel iſt jedoch ein Memoran=
dum
des amerikaniſchen Staatsſekretärs Hughes, das dieſer
dem britiſchen Geſchäftsträger am 16. Oktober überreicht hat.
In dieſem Memorandum wird, um es kurz zu ſagen, zwar die
Bereitſchaft der Vereinigten Staaten klar zum Ausdruck ge=
bracht
, an der Beſſerung der wirtſchaftlichen Lage Europas mit=
zuarbeiten
und auf jedem praktiſchen Wege die Wiederherſtel=
lung
der wirtſchaftlichen Stabilität zu fördern, auf der anderen
Seite wird aber betont, daß eine Teilnahme Amerikas an einer
einzuberufenden Konferenz nur dann möglich ſei, wenn alle
beteiligten Mächte einen entſprechenden Wunſch äußern wür=
den
. Im Zuſammenhang mit dieſen, in Waſhington getanen
Schritten : die Nede des engliſchen Premte eminiſters zu be=
trachten
, welche dieſer am 25. Oktober in Plymouth gehalten
hat. In dieſer Rede verteidigte Baldwin ſeine bisherige Po=
litik
, gab aber ſeinem franzöſiſchen Kollegen Poincaré ſehr
deutlich zu verſtehen, wie ſehr England wünſche, daß das Repa=
rationsproblem
neuerdings auf einer Konferenz aller beteilig=
ten
Mächte beraten werde, und daß insbeſondere Amerika
daran teilnehme.
Die Möglichkeit beſteht alſo, daß das Reparationsproblem
nochtials auf einer internationalen Konferenz beraten wird,
wenn Herr Poincaré ſich dazu verſteht, auch ſei=
nerſeits
die Zuſtimmung zu einer Heranziehung der Vereinig=
ten
Staaten zu geben. Wer die franzöſiſche Politik, wer Herrn
Poincares Wirken kennt und die ganze Welt hat es in die=
ſen
trüben Jahren kennen gelernt wird wenig Hoffnung
haben können, daß Herr Poincaré der Stimme der Vernunft
gehor=hen toird. Auf Frankreich aber ruht die ungeheure Ver=
antwortung
für alles das, was nunmehr kommen wird.
Die Loslöſung irgend eines deutſchen Gebietes vom Reich
könne England nicht in Betracht ziehen, ſo führte Baldwin in
ſeiner Rede aus. Die Antwort Herrn Poincarés war die An=
weiſung
an Herrn Tirard, die Separatiſtenbewegung am Rhein
als geſetzmäßig anzuerkennen, d. h., daß man nunmehr auch
offiziell jenes Häuflein dunkler Ehrenmänner, welches im be=
ſetzten
Gebiet mit franzöſiſchen Waffen rheiniſche Politik
machen will, unter den Schutz der franzöſiſchen oder belgiſchen
Bajonette ſiellt. Die Lage der deutſchen Bevölkerung, die trotz
aller frauzöſiſchen Drohungen einmütig nach wie vor den gan=
zen
Spuk ablehnt, wird durch die jetzigen franzöſiſchen Maß=
nahmen
zweiſellos noch mehr erſchwert. Das Deutſche Reich
hat heute nicht die Macht, die Volksgenoſſen an Rhein und
Ruhr gegen die franzöſiſchen Bajonette zu ſchützen. Niemals
aber wird nach dem Worte Streſemanns in Hagen die deutſche
Reichsregierung durch ihre Unterſchrift jene Raubpolitik lega=
liſieren
. Aus der bitteren Tatſache, daß Deutſchland heute
machtlos iſt, gilt es zunächſt die Konſequenzen zu ziehen. Mit
allen Mitteln aber muß jetzt daran gegangen werden, aus den
Trümmern der deutſchen Wirtſchaft zu retten, was zu retten iſt,

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Oktober 1923.

Nummer 298,

muß daran gegangen werden, durch eine tiefeingreifende Sanie=
rungsaktion
neue Lebensmöglichkeit für die Zukunft zu ſchaffen.
In allen Kreiſen des deutſchen Volkes lebt der dringende
Wunſch, daß nunmehr endlich der innere Hader gufhöre, und
erſt dann beſteht eine Hoffnung für Deutſchlands Zukunft,
wenn man ſich auch in München dieſem Verlangen nicht mehr
länger entzieht. Einen neuen Akt in der Tragödie vom deut=
ſchen
Vruderzwiſt haben wir ſchaudernd erlebt. In München
und. Berlin muß volle Klarheit darüber beſtehen, daß der
jetzige Zuſtand unmöglich noch länger anhalten darf.
Tatlräftiges Handeln verlangt das ganze deutſche Volk von
der Reichsregierung in jeder Beziehung. Nicht länger mehr
darf ſie in ihrer Aktionsfreiheit gehemmt ſein. Gebieteriſch
drängen die großen Wirtſchafts= und Finanzprobleme zur
Löſung. Die Maßnahmen der Regierung, welche die Papier=
mark
in dieſer Woche wenigſtens auf dem bis dahin erreichten
Kataſtrophenkurs feſthalten konnten, ſind in ihrer Wirkung na=
turgemäß
zeitlich eng begrenzt, und ſie ſind wirtſchaftlich nur
damit zu begründen, daß es ſich eben nur um eine Uebergangs=
maßnahme
handelt, welche die Verhältniſſe wenigſtens einiger=
maßen
erträglich erhalten ſoll, bis das wertbeſtändige Geld die
Papiermark nach und nach in ihrer Funktion als Zahlungsmit=
tel
ablöfen kann.
Ueber dem Währungselend darf aber nicht vergeſſen wer=
den
, daß das grundlegende Problem die Steigerung der Pro=
duktion
iſt und bleibt. Das Geld ſtellt letzten Endes doch nur
Verteilungsmarken dar, und es kommt nicht nur darauf an
daß andere oder mehr ſolcher Verteilungsmarken in Umlauf
kommen, ſondern das weſentliche iſt und bleibt, daß die Menge
des Erzeugten, die zur Verteilung kommen kann, vergrößert
wird!
E3 iſt eine betrübende Tatſache, daß die Frage der notwen=
digen
Produktionsſteigerung gerade in Arbeiterkreiſen ganz falſch
beurteilt wird. Schlagworte haben wieder einmal verhängnis=
volle
Kraft bewieſen.
Iſt denn nicht gerade der deutſche Arbeiter in ganz beſon=
derem
Maße an der Steigerung der deutſchen Produktion inter=
eſſiert
, die ihm allein erträgliche Lebensverhältniſſe gewährlei=
ſten
kaun? Der Fleiß des deutſchen Arbeiters hat nicht zum
wenigſten den Siegeszug der deutſchen Induſtrie in früheren
Zeiten ermöglicht.
Nicht um die Ausbeutung des Fleißigen handelt es
ſich bei den kommenden Maßnahmen, nicht um einen Kampf des
Uniernehmertums gegen die Arbeiterſchaft auch ſolche Kämpfe
hat es ſchon gegeben , ſondern einzig allein darum, daß die
deutſche Wirtſchaft, und damit nicht nur der Arbeiter ſelbſt, ſon=
dern
auch das ganze Volk, vor drohendem Zuſammenbruch ge=
rettet
werde.
Auch die Geſundung unſerer Wirtſchaft iſt eine Etappe in
A.
dent Kampf um Freiheit!
Wertbeſtändiges Noigeld.
Berlin, 26. Okt. Das Reichskabinett nahm heute eine
Verordnung zur Aenderung des Geſetzes über die Ausgabe und
Einlöſung von Notgeld an, welche den Reichsfinanzminiſter
ermächtigen ſoll, im Einvernehmen mit den oberſten Landes=
behörden
die Ausgabe von wertbeſtändigen Noten zu genehmi= Schritt widerriet. Für Deutſchland kam es alſo darauf an, auf
gen. Dieſes Notgeld darf nur auf Beträge oder Teilbeträge
der wertbeſtändigen Anleihe des Deutſchen Reiches lauten. Der
Nennbetrag muß in Mark=Gold oder Pfennig=Gold ausgedrückt
ſein. Er darf für den einzelnen Schein 4,20 Mark nicht über=
ſteigen
. In Ausmahmefällen kann ihn der Reichsfinanzminiſter
auf 8,40 Mark erhöhen. In dem Notgeldſchein muß ſtehen, daß
der Inhaber des Scheins binnen Monatsfriſt nach Aufruf den
Umtauſch in Schatzanweiſungen der wertbeſtändigen Anleihe des
Deutſchen Reiches oder gegen Aushändigung des Scheins die
Zahlung eines gleichwertigen Barbetrags verlangen kann, und
wo Umtauſch oder Zahlung erfolgen wird. Das Notgeld muß
von dem Ausſteller ſpäteſtens am 15. Dezember 1923 aufgerufen
werden. Der Reichsfinanzminiſter kann einen früheren Aufruf
anordnen. Zur Deckung des jeweils auszugebenden Notgeldes
müſſen in Höhe des Nennbetrages Schatzanweiſungen der wert=
beſtändigen
Anleihe des Deutſchen Reiches bei einer zur Auf=
Maßgabe hinterlegt werden, daß die Herausgabe nur mit Zu=
ſtimmung
des Reichsfinanzminiſters verlangt werden kann. Die
Verordnung enthält ferner noch nähere Beſtimmungen über die
Deckung des Notgeldes, über die notwendigen Vemerke auf dem
Notgeld, ſowie die Strafbeſtimmungen für Verſtöße gegen die
Verordnung. Der Reichsfinanzminiſter iſt ermächtigt, die ihm Hughes, betr. die Nachprüfung der deutſchen Zahlungsfähigkeit,
nach den Beſtimmungen dieſes Geſetzes zuſtehenden Befugniſſe
auf eine andere Stelle zu übertragen. Die Vorſchriften der
88 912 des Geſetzes über die Ausgabe und Einlöſung von Not=
geld
findem auf ſtrafbare Handlungen, die nach dem Inkraft=
treten
dieſer Verordnung begangen worden ſind, keine Anwen=
dung
. Die Verordnung tritt an dem auf ihre Verkündung fol=
genden
Tage in Kraft. Im Anſchluß an die Verordnung zur
Regelung des wertbeſtändigen Notgeldes wird uns von zuſtän=
diger
Stelle mitgeteilt, daß es ſich für den Zweck der Ausgabe
ſicherheit und der Vereinfachung der Kontrolle des Notgeldes
für größere Bezirke oder ganze Berufe Scheine gemeinſam
herauszugeben und von Anträgen kleinerer Unternehmungen auf
Genehmigung möglichſt abzuſehen.
w
* Das deutſche Theater von heute. Ausbruch der Revolution aus innerer Ueberzeugung des Präſi=
Von Heller=Halberg, Hamburg.
lüſternen geſagt: Wiſſen Sie, mein Lieber das Theater
das Theater iſt eine Irrenanſtalt. Und die Oper (tief ſeufzend,
denn er war Operndirektor) die Oper iſt die Abteilung der
Hoffuungsloſen.
ter Operndirektor zu Prag, es wiſſen müſſen! Aber der ſkeptiſche, meintlichen Notwendigkeiten ſeiner Klaſſe, jedenfalls wirkte auf
wirklich aus tiefſter Seele ſeufzende Ausſpruch bleibt doch etwas dem Arbeitsgebiet der Kunſt, des Theaters dieſer einſeitige
hart, ſelbſt für den, dem die inneren Verhältniſſe des Theater= Standpunkt beſonders verhängnisvoll,
lebens nicht fremd ſind.
am Nuder einer nach außen ſo ſtolz daherſegelnden modernen den Künſte ein neues Morgenrot angebrochen ſei mit einer
Overnfregatte ſtände? Vermutlich wäre ſeine ſpitzige Kritik noch völligen Umſtellung ihrer Mittel wie hauptſächlich ihres geiſtigen
Verhältniſſen konnte, damals ein Theatergewaltiger herrſchen, leicht in innerſter Uebereinſtimmung mit ſich und ihrem Theater=
wegenſter
Bedeutung. Der Tropfen demokratiſchen Oeles, der ja Ideen reichlich weihrauchende Opfer darbrachten. Aber merkwür=
längſt
zu Kübeln ſozialiſtiſch=marxiſtiſchem Tranes angeſchwol= dig ſchnell hat der ſogenannte Expreſſionismus, der der künſt=
len
iſi, in denen heute ein Theaterdirektor vor ſeiner Wahl ge= leriſche Träger all der revolutionierenden Ideenkräfte ſein wollte,
badei wird, um wahlreif zu werden, fehlte damals ganz. Das auch auf dem Gebiet des Theaters abgewirtſchaftet. Schließlich
Herr ſein ſchien für die Führung eines ſo diffizilen (das ben. Im allgemeinen war der Wille wohl da, die Kräfte nur
Fremdwort iſt nicht zu umgehen), eines aus ſo widerſpruch= waren ſchwach, die künſtleriſchen Mittel aber beſonders beſchei=
vollen
Elementen, Wünſchen und Abſichten zuſammengeſetzten den und armſelig. Alles nur anders zu machen, wie es ehedem
Apparates ſelbſtverſtändlich und notwendig. Es war eine Dik= war, blieb nur zum erſtenmal neu, wirkte bei ſteten Widerholun=
tatur
des Geiſtes, die nicht unbedingt unſozial zu ſein brauchte, gen langweilig, bei manchen ſogenannten künſtleriſchen Experi=
wenn
eben der Diktator ſozial fühlte und handelte, die freilich menten lächerlich. Schillers Räuber im Frack von heute zu
das ſoll man nicht leugnen oft genug auch eine Diktatur des ſpielen, war hier eine Hamburger Gipfelleiſtung.
Geldes und der rückſichtsloſen Ausbeutung von Menſchenkräften
geweſen iſt. Geweſen iſt?
Zuzugeben, daß die Genoſſenſchaft deutſcher Bühnenangehöri= zu hangen, weil es in einer früheren Zeit etwas galt. Sich die
ger eine große und fruchtbringende Leiſtung zur Hebung des Freiheit des Urteils zu wahren über Zeitſtrömungen und Tages=
Standes ihrer Mitglieder, zu ihrer zeitentſprechenden Entloh= geſchmack hinaus iſt vielleicht das Schwerſte, aber auch das Not=
zetätigt
hat, das iſt ihr nicht bezweifelbares Verdienſt.
Mie

Frankreichs Zugeſtändnis.
Poincaré zur Prüfung der deutſchen Leiſtungsfähigkeit unter Einſchränkungen bereit.
TU. Paris, 27. Okt. In Pgris iſt infolge ſtrenger Geheim= Die engliſche preſſe über Poincarés Zugeſtändnis
haltung der letzten engliſch=franzöſiſchen Beſprechungen erſt

geſtern mittag bekannt geworden, daß Frankreich bereit
iſt, der Prüfung der deutſchen Leiſtungsfähig=
keit
durch einen internationalen Sachverſtän=
digenausſchuß
zuzuſtimmen, falls dieſer Ausſchuß von
der Neparationskommniſſion ernannt wird, und daß Frankreich
weiter mit der Anhörung deutſcher Vertreter durch die Repara=
tionskommiſſion
einverſtanden iſt, ohne auf effektiver
vorheriger Wiederaufnahme der Sachlieferun=
gen
durch Deutſchland zu beſtehen.
Forderungen Poincares zur Sachverſtändigenkonferenz.
TU. Berlin, 27. Okt. Nach Meldungen aus London er=
hebt
Poincaré neben den bereits bekannten Bedingungen für
das Zuſtandekommen der Sachverſtändigenkonferenz nunmehr
eine große Anzahl von Forderungen, deren Erfüllung die ganze
Konferenz von vornherein zu einer leeren Formalität wachen
müßte. Es iſt ſehr zweifelhaft, ob die Konferenz auch nur die
Erlaubnis erhalten ſoll, neutrale oder deutſche Sachverſtändige
anzuhören, ſo daß ſie alſo in ihren Befugniſſen noch hinter der
Bankierskonferenz des vorigen Jahres zurückbleiben würde. Die
einzige Aufgabe der Konferenz würde alſo wur darin beſtehen,
Mittel und Wege zu finden, die deutſchen Zahlungen, zu ver=
wirklichen
.
Das Reparationsproblem.
* Berlin, 27. Okt. (Priv.=Tel.) Die Vorgänge der letzten
24 Stunden haben nach Anſicht hieſiger amtlicher Kreiſe eine
ſtarke Entſpannung der außenpolitiſchen Lage gebracht, ſoweit
das Reparationsproblem in Frage kommt. Das Eingreifen der
Vereinigten Staaten ſcheint beſtimmtere Formen anzunehmen.
Auch England hat dadurch neuen Mut gewonnen und will noch
einen letzten Verſuch machen, zu verhindern, daß Deutſchland
wirtſchaftlich, ſozial und politiſch in Verfall gerät. Die Vereinig=
ten
Staaden wieder ſind durch die Vorgänge in Japan nach dem
Oſten hin ſo entlaſtet, daß ſie für Europa freie Hand bekommen
haben. Man rechnet daher mit der Möglichkeit einer Zuſammen=
arbeit
zwiſchen England und Amerika, wodurch Frankreich unter
Druck genommen und zu einer anderen Taktik Deutſchland
gegenüber veranlaßt werden ſoll. Die deutſche Regierung hat
auch, um dieſe Entwicklung zu fördern, den Schritt getan, daß
ſie ſich an die Reparationskommiſſion mit der Aufforderung zur
Feſtſtellung der deutſchen Leiſtungsfähigkeit gewandt hat, nicht,
wie von einzelnen Seiten behauptet wird, auf Anraten Poin=
carés
, ſondern gerade im Gegenteil, weil Poincaré einem ſolchen
dieſem Wege Klarheit zu ſchaffen, daß wir unmöglich zahlen
können, daß der Vertrag von Verſailles eingehalten iſt, daß wir
alſo den unmittelbaren Bruch mit Frankreich noch vermieden
haben, daß wir trotzdem aber unſer wirtſchaftliches Unvermögen
mit allen Folgerungen zum Ausdruck bringen,
Die neue Konferenz.
U. Paris, 27. Okt. Zu der Frage der Einberufung der
Sachverſtändigenkonferenz ſchreibt der Neu=Yorker Herald, das
amerikaniſche Staatsdepartement erwarte die offizielle Zu=
ſtimmung
der franzöſiſchen Regierung baldmög=
lichſt
. Wahrſcheinlich, ſo heißt es weiter, würde Morgan auf=
gefordert
, als Sachverſtändiger Amerikas an der
neuen Konferenz teilzunehmen, wenn die Reparationskommiſ=
ſion
überhaupt dazu käme, dieſe Kommiſſion zu ernennen, was
bewahrung von Depots ermächtigten Reichsbankanſtalt mit der dann vielleicht innerhalb der nächſten 14 Tage geſchehen würde.

Der Plan Hughes.

U. Neu=York, 27. Okt. Die Nachricht von der relativen
Einwilligung Frankreichs in den Plan des Staatsſekretärs
hat in den amerikaniſchen Blättern große Genugtuung hervor=
gerufen
.
Die amerikaniſche Auffaſſung.
Paris, 27. Okt. (Wolff.) Havas berichtet aus Waſhing=
ton
: Im Staatsdepartement iſt man der Auffaſſung, daß jetzt
die Tür zu Verhandlungen offen ſei. Da keine Regierung auf
ihre Souveränität und ihre Autorität zu verzichten brauche,
wertbeſtändigen Notgeldes empfiehlt, im Intereſſe der Verkehrs= würde die Aktion einer eventuellen Konferenz lediglich ein Gut=
achten
betreffen, das die beteiligten Regierungen in keiner Weiſe
feſtlegen werde. Die künftige Entwicklung wird ergeben, ob der
amerikaniſche Vertreter von der Regierung der Vereinigten Staa=
ten
oder von der Reparationskommiſſion ſelbſt beſtimmt wird.

Paris, 27. Okt. (Priv.=Tel.) Aus London wird gemelt
daß die engliſche Preſſe im Gegenſatz zu den geſtrigen Komm
taren heute überwiegend freundlich die Note Poincarés an L.
Curzon beurteilt. Daily Graphie gibt der Anſicht A
druck, daß nunmehr ein Zuſammenarbeiten Frankreichs mit L
don zu erwarten ſei. Die Weſtminſter Gazette begr
die franzöſiſche Entſcheidung und erwartet, daß die Vereinig
Staaten unter dieſen Umſtänden nicht verfehlen werden, gr
mütig Zugeſtändniſſe im Hinblick auf eine Regelung der Fr
der interalliierten Schulden zu machen. Daily Telegra
betont, daß Frankreich viel leichter durch Ueberredungen
durch kategoriſche Forderungen dazu gebracht werden könne,
den engliſch=amerikaniſchen Abſichten anzuſchließen und ſich
den unerbittlichen Tatſachen zu beugen. Die konſervative P
triumphiert über das Zeichen von Verſöhnlichkeit, das Fra
reich gegeben habe. Die Times iſt eines der wenigen Blät
die noch Zweifel über die jetzt zu erwartende. Entwickely
äußern. Aber auch dieſes Blatt begrüßt den franzöſiſchen C
ſchluß, der unbedingt einen Fortſchritt darſtelle.
London, 27. Okt. (Wolff.) Der Daily Telegraph=Beri
erſtatter ſchreibt: Die Antwort der franzöſiſchen Regierung
die letzte britiſche Reparationsnote iſt geſtern mittag im Fore
Office angelangt. Die belgiſche Antwort iſt dem britiſchen
ſchäftsträger in Brüſſel bereits ausgehändigt worden.
Der Times zufolge verlautet, daß die franzöſiſche Regien
in ihrer Antwort an die Annahme des Vorſchlages zur Abl
tung einer Sachverſtändigenkonferenz noch gewiſſe Bedingun=
knüpfe
, deren genaue Bedeutung und Tragweits nicht ſcharf
kennbar wäre. Es bleibe abzuwarten, ob die britiſche Regiert
dieſe bedingte Annahme Poincarés als geeignete Grundlage
Verfolgung der Regelung des Reparationsproblems anſel
werde.
Die Pariſer Preſſe zu Poincarés Entſchluß
Paris, 27. Okt. (Wolff.) Der Beſchluß der franz
ſchen Negierung, die Einſetzung eines Sachverſtä
digenausſchuſſes zur Abſchätzung der Zahlune
fähigkeit Deutſchlands anzunehmen, wenn er von
Reparationskommiſſion ernannt wird, wird allgemein als
kluge Maßnahme bezeichnet, jedoch erklären die mei
Blätter, daß dies zweifellos zu nichts Praktiſchem führen we
So ſchreibt der Matin: Dieſe Konferenz dürfe nicht
große Hoffnungen erwecken.
Es ſei vergeblich, von ihr Löſungen für die endgültige Regel=
der
Neparationsfrage und den Betrag der deutſchen Sch
folange zu erwarten, als die Vereinigten Staaten es nicht
ſtatten würden, die Diskuſſion über das Problem der in
alliierten Schulden damit zu verbinden.
Tardieu ſchreibt im Echo National man habe
Franzoſen zuerſt Wunder verſprochen von Bonar Law und
Baldwin. Jetzt ſehe man ihre Taten. Man habe den Fr
zoſen erklärt, die Dominions würden die franzöſiſche Sache
treten, in ihrem Namen aber nehme der engliſche Premierm
ſter ſeinen Plan vom Auguſt d. J. wieder auf, der damals
Frankreich abgelehnt worden ſei. Man habe Frankreich
ſichert, Streſemann ſei auf die Knie gezwungen und
briuge Frankreich einen größeren Sieg als den von 1918.
Niemals ſei der Widerſtand gegen den Friedensvertrag, un
ſchämter betont worden, als in der letzten Rede des Reil
kanzlers.
Man habe Frankreich erklärt, daß es in den letzten 10 !
naten nur 30 Prozent des Geſamtbetrags der im vorigen J.
gelieferten Kohlen erhalten habe. Im vergangenen Mo
habe man verkündet, daß das alles ſich ändern würde, und
Unternehmer und Arbeiter herbeiſtürzen würden, um den
ſatungsbehörden ihre Dienſte anzubieten. Die Fabriken a ſ
die die Arbeit und die Lieferung ſeit der angeblichen Beei
gung des paſſiven Widerſtands wieder aufgenommen hät
ſeien noch nicht an den Fingern des Herrn Le Troquer ab
zählen. Die Bankiers, die die Reparationskommiſſion im
1922 berufen habe, und die immerhin die beſten in ihrem 7

geweſen ſeien, habe man damals lächerlich gemacht. Es ſche
daß dieſes Spiel von neuem beginnen ſoll.
Die Konferenzen hätten Frankreich nichts eingebracht, ihm
gegen viel gekoſtet.
Zu ihnen kehre man jetzt zurück, und das ſei ſchon ſchlimm.
Auch das Echo de Paris kommt zu dem Ergebnis,
die Debatte der Sachverſtändigen höchſt unnütz
ſei. Das hauptſächlichſte Intereſſe ſei, Frankreich in die L
zu verſetzen, die Stärke der diplomatiſchen Offenſive abzuwä=
die
gegen es unternommen werde. Sorgen wir dafür, daß
Ruhrunternehmen funktioniert, ſelbſt auf die Gefahr hin, 6
und Lebensmittel zu opfern, und ſorgen wir dafür, daß
die rheiniſchen Angelegenheiten nicht von dieſem weſentlie
Ziel abbringen.

Ob es aber dazu notwendig war, die Genoſſenſchaft mit
diums oder aus taktiſchen Gründen heraus in das gewerkſchaft=
lich
=ſozialiſtiſche Fahrwaſſer hinüberzuleiten, darüber gehen frei=
Ein alter Theaterleiter, mit allen Hunden gehetzt, mit allen lich die Meinungen auseinander. Auch auf dem Gebiete der Kunſt
den klaffenden Spalt des Kſaſſenkampfſtandpunktes, der Nur=
Waſſern gewaſchen, kundigſter Thebaner auf den Brettern, die Tarifvertrags=Partei gegenüber dem Direktor oder Unternehmer
heute kaum mehr die Welt bedeuten, hat einmal einem Bühnen= auf=und immer weiter zu reißen, bekam der Kunſt ſicherlich nicht
allzu gut.
Es mag vom gewerkſchaftlichen Gedanken, aus logiſch ſein,
ſich um das Ziel und den Zweck der Arbeit reſp. der Arbeits=
leiſtung
durchaus nicht zu kummern, das Intereſſe am Werk weit
Eigentlich hätte Angelo Neumann, derzeit faſt weltberühm= zurückzuſtellen hinter das Intereſſe des Standes, hinter die ver=
Der überzeugte Revolutionär von 1918 glaubte freilich,
Was aber hätte Angelo Neumann geſagt, wenn er heute daß mit dem 9. November auch für die ſchweigenden und reden=
bösautiger
ausgefallen. Denn unter welch’ geradezu idylliſchen Willens. Es hat da und dort Theaterleiter gegeben, die viel=
Herrſchen das Wort iſt abſichtlich geſagt. Der Theater= betriebsrat, vielleicht auch nur, um mit der Zeit zu gehen, dem
leuker vergangener Zeiten war ein Diktator in des Wortes ver= Zeitgeiſt zu dienen und dabei obenauf zu bleiben den neuen
griechiſche eis Koigavos esto! die Forderung: Einer ſoll ſind nur noch ganz wenige ſtarke Eindrücke von ihm zurückgeblie=
Es ſcheint uns gleich philiſterhaft und arm an Geiſt, das
Neue nur deshalb ſtark und ſteil (das ſind Lieblingsworte
Es ſcheint fraglich, ob ſich hier Weſentliches geändert hat! von heute) zu finden, weil es neu iſt, wie am Alten nur deshalb
wendigſte in der Stellungnahme zum Theater von heute.

Daß mancher heutige Theaterpapſt, Papſt von manche
Gnaden, ſehr oft nur nicht von Gnaden des Geiſtes und Könne
hierin gerade umgekehrt denkt, ſieht und hört man alleror
Wenn der Intendant einer einſt künſtleriſch hochſtehenden Bül
die die erſte Fauſt=Aufführung wagte, auf die Rundfrage ei
Zeitung: Welche Rolle ſpiele ich am liebſten? Welches S
inſzeniere ich am liebſten? vor dem Volksgeiſte buckelnd
wortet: Das Stück, das dem Publikum am beſten gefällt,
ſteht dieſe Antwort auf der Höhe derſelben geiſtigen F
heit wie der Regieeinfall ſeines ſüddeutſchen Kollegen, der
einem durchaus unpolitiſch geſehenen Kunſtwerk das Bühr
bild einer Landſtraße rechts mit der zuſammengebrochenen R!
eines ſchwarz=weiß=roten Wegweiſers ſchmückte, während II
der aufrechte, wegweiſende Pfahl in ſtolzer ſchwarz=rot=golde
Pracht erſtrahlte.
Man behauptete früher, daß die Beſchäftigung mit der P
tik den Charakter verderbe. Es wäre eine beſondere Unfreu
lichkeit, in der Blütezeit des Parlamentarismus dieſen 2
wurf auch auf die heutige Zeit auszudehnen. Ganz ſicher
dürſen wir ſagen, daß ein derartiges Hineintragen von politiſ
Anſchauungen in den künſtleriſchen Betrieb eines Theaters
nur grobe Geſchmackloſigkeit, ſondern glattweg eine Herabn
digung der Kunſt bedeutet. Wie hat man es ſeiner
Wilhelm II verdacht, und mit Recht verdacht, daß er es als
einzige Aufgabe der Kunſt betrachtete, dem damaligen Syf
genehme Staatsbürger zu erziehen. Iſt es heute weniger unkü
leriſch, ſozialiſtiſch=kommuniſtiſche Tendenzen im Theaterkunſt
aller Orten durchſcheinen zu laſſen? Jede nur irgend ſich biete
Möglichkeit, politiſch zu wirken, wird heute auf dem Theater
nutzt. Die Einheit des Kunſtwerkes wird zerbrochen, um eine
heute natürlich links gerichtete politiſche Anſchauung triump
ren zu laſſen. Aus der Antigone wird eine moderne E.
Anarchiſtin gemacht, Wilhelm Tell wird in heutiger Auff
rung zum Vorkämpfer der Novemberrevolution aufgeputzt, d.
nächſt bekommt Parſifal internationale=pazifiſtiſche Ideen un
gelegt. Beethovens Neunte hat ſich eine derartige Undeutung
völlig anders gemeinten Schlußchores ja ſchon längſt gefa
laſſen müſſen.
Neben dieſem künſtleriſchen Verfall des Theaters durch
allzu geſchmeidige Hingabe an politiſche Zeitſtrömungen
heute aber noch ein anderer Mangel bei dem modern emp
denden und handelnden Negiſſeur. Er will Seele geben /
Bilder, er will die frühere realiſtiſche Aufmachung des Bühn

[ ][  ][ ]

Nummer 298.
Die Senderbändlerbewegung. Projett der

Darmſtädter Tagblatt,

Sonntag, den 28. Oktober 1923.

½

Seite 3.
Stadt und Land.

* zur
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britiſche Re=
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Premien
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Frankeigh

Die prosiſoriſche Hochverrgter=Begierung.
UU. Paris, 27. Okt. Ans Koblenz wird mitgeteilt, daß die
inderbündler zur Bildung einer proviſoriſchen
egierung geſchritten ſind. Die einzelnen Reſſorts ſind wie
gt verteilt:
Matthes, Miniſterpräſident:
v. Rotzen, Minifter für Handel und Induſtrie;
Dr. Volterhoff, Finanzminiſter;
Dr. Liebing, Miniſter des Innern und Generalkommiſſar
der Rheinpfalz;
Dr. Abt Kremer, Kultusminiſter:
Dr. Müller, Verkehrsminiſter:
Dr. Kleber, Juſtizminiſter;
Dr. Simon übernimmt das Landwirtſchaftsminiſte=
rium
, und
Dr. Guthard das Generalkommiſſarigt für die belgiſche
Zone.
Dem Berichterſtatter des Echo de Paris zufolge hat der Dele=
rte
der Rheinlandkommiſſion, Philippe, den Separatiſten
ehmen als Regierungspräſidenten anerkannt. Die
wiſoriſche Regierung verfügt über zwei Zeitungen, in denen
ihre Communiqués veröffentlicht, ſowie auch über eine
uckerei, in der Proklamationen fertiggeſtellt werden.
Die Lage in Mainz.
Mainz, 27. Okt. (Wolff.) Die Lage hat heute inſofern
e Aenderung erfahren, als die Franzoſen das Stadthaus be=
t
und zahlreiche Verhaftungen vorgenommen haben. Wie es
int, wollen die Franzoſen mit Gewalt der Mainzer Bevölke=
ig
die rheiniſche Republik aufzwingen.
Sämtliche politiſchen Parteien und gewerk=
aftlichen
Organiſationen, ſowie die vereinigten
beitgeberverbände haben heute folgende Erklä=
ng
veröffentlicht: Die Bevölkerung von Mainz
ht einmütig zum Deutſchen Reich. Sie lehnt ent=
eden
die ſeparatiſtiſche Bewegung ab und kennt nur ihre ver=
ungsmäßigen
Regierungen.
Die Lage im Rheinland.
Köln, 27. Okt. (Priv.=Tel.) Die Sonderbündler entfalten
Trier eine rührige Propaganda. An allen Plakatſäulen und
caßenecken ſind Anſchläge angetlebt, in denen mitgeteilt wird,
ein Deutſchland die Revolution ausgebrochen ſei und daß
hern ſich vollkommen vom Deutſchen Reiche getrennt habe.
eichzeitig werden, um die Bevölkerung über die Vorgänge im
ich im Unklaren zu laſſen, alle von auswärts kommenden Zei=
gen
beſchlagwahmt. In Beuel bei Bonn wurde geſtern ver=
zt
, das Rathaus zu beſetzen. Bevor aber die Kämpfe um
3 Rathaus abgeſchloſſen waren, griff die Beſatzung ein. In
nigswinter wurde das Rathaus von 30 auswärtigen Sonder=
idlern
geſtürmt. In Wiesbaden geht allem Anſchein nach die
itägige Separatiſtenherrſchaft zu Ende. Die Regierung hat
einer Bekanntmachung mitgeteilt, daß ſie die Geſchäfte weiter=
rt
. Dorten iſt in Wiesbaden bei der ganzen Aktion nicht in
cheinung getreten.
Berufsmäßige Banditen im Rheinland.

imn derfgal

17

London, 27. Okt. (Wolff.) Der Sonderberichterſtatter
Times in Krefeld berichtet, er habe im dortigen zerſtörten
thaus die freimütigſte Beſtätigung von dem Wortführer der
daratiſten erhalten, daß die ſeparatiſtiſche Bewegung
ein Verſuch ſei, um die Rheinlande von Deutſchland
ch die Verwendung berufsmäßiger Abenteurer und vom =
zumeiſt
Verbrechern, loszureißen. Der Berichterſtatter
eibt, es gebe in dieſer Stadt Hunderte von Männern vom
rſchlimmſten Verbrechertyp. Der Führer erklärte mir, daß
derufsmäßiger Banditenführer ſei. Er erklärte, er habe
ts mit Politik zu tun; er ſei kein Deutſcher, ſondern fran=
ſcher
Untertan polniſcher Geburt. Seinen Namen kenne nie=
id
er werde Kapitän genannt. Der Adjutant des Kapitäns
e dem Times=Berichterſtatter jedoch, daß der Name des Ka=
ns
Parzival lautet. Der Kapitän fuhr fort: Ich wurde
drei Wochen nach dem Rheinland gebracht, um dieſe Sache
altſam durchzuführen. Ich bin zum Oberbefehls=
ber
der fliegenden Rheinarmee gemacht worden. Ich
mehrere Tauſend bis an die Zähne bewaffneter Männer
er mir. Wir haben Maſchinengewehre, Gewehre, Handgra=
en
und Revolver mit unbeſchränkter Munition. Ich bin kein
änger, was Sie erkennen werden, wenn ich Ihnen ſage, daß
die ganzen Unruhen in Oberſchleſien organi=
rt
und in ähnlichem Sinne in anderen Weltteilen tätig war.
Kapitän ſagte weiter, Nahrungsmittel erhielten ſie aus
ſeldorf und Befehle kämen direkt aus Koblenz. Der Typ
Männern, die er befehlen würde, würden für jedermann
pfen der ſie beköſtige und löhne, und ſie würden auf die an=
Seite übergehen, wenn der Lohn ausbleibe.

es überwinden durch eine ſtilvolle Einfachheit, die den einſt
der Hauptſache Schauenden (Zuſchauer) zum mehr
renden, auf die inneren Stimmen des Kunſtwerkes Lau=
enden
macht. Dieſer Hörer von heute ſoll durchaus nicht
elenkt werden von der inneren Melodie und Kraft des Wer=
Des Sängers Wunſch wird zum Befehl:
Schließt, Augen, euch, hier iſt nicht Zeit,
Sich ſtaunend zu ergötzen.
Der ſeeliſche Eindruck wird aufs innerlichſte konzentriert
ch Anwendung einfachſter Mittel. Die Idee iſt richtig.
daß nicht jedes Werk ſich dieſe künſtleriſch=primitive Um=
ſung
gefallen laſſen wird, da eben die meiſten Bühnenwerke
heute für die reoliſtiſche Bühne geſchrieben worden ſind, die
Milieu, eine Zeitſtimmung im Bilde verlangen. Zeit=
Werke ſind ſelten und nur ſie vertragen ſolche zeit=
Umwelt und Darſtellung.
Außerdem aber ſind die Mittel einer ſolchen ſtiliſierten Bild=
miachung
, wie ſchon oben geſagt, überaus beſchränkt, was
urgemäß zu ewigen Wiederholungen führt. Meiſt wirken die
heidenen Kunſtmittel des Expreſſionismus auf dem heutigen
ater als brutale Vergewaltigungen des Kunſtwerks und des
ſtellenden Künſtlers.
Der eine Regiſſeur hat ſich eine haushohe Treppe erdacht,
der alle Geſchehniſſe irgend eines Werkes ſzeniſch vor ſich
en. Einmal, zum erſten Male, war dieſe gewaltige Treppe
leicht ein genialer Regie=Einfall. Ständig aber, bei vielen
rken gebaut und gebraucht, wird ſie zur Manier.
Ein anderer kommt über kiſtenartige Aufbauten, vor ver=
eden
getönten Vorhängen mit oft ſehr ſchönen Scheinwerfer=
t
=Wirkungen nicht hinaus. Die viereckigen Podeſte aber ge=
inen
bei gewohnheitsmäßiger Verwendung ſicher nicht an
druckskraft. Und der einzelne unglückliche Schauſpieler, aus
* Dunkel heraus in einen grellen Lichtkegel geſtellt, wird ſehr
lell Marionette. Der Regiſſeur ſoll wecken, leiten, zuſammen=
ten
, formen, aber doch ſchließlich nicht Menſchen abrichten,
man eine Truppe junger Hunde für den Zirkus abrichtet.
mancher Theaterpapſt wirkt freilich heute nicht anders als
ſolcher Dompteur.
Beſtätigt aber ſei, daß die künſtleriſche Arbeit am Theater
* ungeheure Konzentration des Willens und der Kraft dar=
t
. Die Organiſationen der Arbeitnehmer dürfen freilich dabei
es nicht vergeſſen:

Berlin, 27. Okt. Die Reichsregierung hat wegen
der Vorgänge in Aachen und in der Pfalz bei den Regierungen
der Alliierten Proteſt erhoben.
Die Reichsregierung geht dabei aus von der Rechtslage, wie
ſie durch das Rheinlandabkommen unanfechtbar vertraglich feſt=
gelegt
worden iſt.
Eine ſtaatsrechtliche Veränderung, wie ſie von den Separa=
tiſten
erſtrebt wird, kann nur im Rahmen der deutſchen Verfaſ=
ſung
und ihrer Beſtimmungen herbeigeführt werden. Auf keinen
Fall haben die alliierten Befehlshaber das Recht, eine ſepara=
tiſtiſche
Herrſchaft de kacto oder auch nur vorübergehend anzu=
erkennen
.
Auf dieſe Rechtslage ſind die alliierten Mächte durch den
Proteſt der Reichsregierung nachdrücklich hingewieſen worden.
Verhaftung Arheilger Bürger durch die Franzoſen.
Darmſtadt, 27. Okt. Wie bekannt, waren zu Beginn der
Woche Umtriebe der Separatiſten in dem benachbarten Arheilgen
von der Bevölkerung mit größter Energie abgewehrt worden.
Die Stellung der Dorfbewohner gegen ortsanſäſſige Separa=
tiſten
hatte nun ſolch ſchroffe Formen angevommen, daß der
Bürgermeiſter von Arheilgen ſich genötigt ſah, einige Sepa=
ratiſten
in Schutzhaft zu nehmen und, da er am Ort ihre
Sicherheit nicht garantieren konnte, noch Darmſtadt abtrans=
portieren
zu laſſen. Wie wir von beſtunterrichteter Seite erfah=
ren
, haben darauf die Franzoſen unter Androhung von Repreſſa=
lien
deren ſofortige Freilaſſung verlangt und, ohne eine Ent=
ſcheidung
der deutſchen Behörden abzuwarten, heute eine große
Anzahl Arheilger Bürger, an der Spitze den Bürgermeiſter,
verhaftet und nach Mainz abtransportiert.
Eine Entſchließung der rheinbeſſiſchen
Wirtſchaft.
* Darmſtadt, 27. Okt. Am Donnerstag fanden, wie wir
bereits gemeldet haben, Verhandlungen zwiſchen den Vertretern
der Wirtſchaft, des Handels und der Induſtrie mit der rhein=
heſſiſchen
Beſatzung ſtatt. Zum Schluß der Sitzung wurde fol=
gende
Entſchließung einſtimmig angenommen: Die Vertreter der
Wirtſchaft, des Handels und der Induſtrie haben nach wie vor
vollſtes Vertrauen zu den verfaſſungsmäßigen
Behörden, wirtſchaftlichen Korporationen, berufenen wirt=
ſchaftlichen
Körperſchaften, Organiſationen und Verbänden.
Dieſe waren und ſind jederzeit gerne bereit, durch ihre Sachver=
ſtändigen
mit den franzöſiſchen Beſatzungsbehörden über die
wirtſchaftlichen Fragen des beſetz. Gebiets zu raten und
zu taten.
Die bateriſche Frage.
Eine Aufforderung der Reichsregierung an Bahern.
Berlin, 27. Okt. In Verfolg der am 24. Oktober von der
Konferenz der Miniſterpräſidenten und Geſandten der Länder
gefaßten Entſchließung hat die Reichsregierung an die bayeriſche
Regierung das Erſuchen gerichtet, die verfaſſungsmäßige
Befehlsgewalt im bayeriſchen Teil der Reichswehr
in kürzeſter Zeit wied erherzuſtellen.
Die Reichsregierung gegen Kahr.
Berlin, 27. Okt. In ſpäter Nachtſtunde erläßt die
Reichsregierung eine offiziöſe Verlautbarung, in der ſie
ſich mit aller Schärfe gegen die Erklärung Kahrs
wendet, wonach er mit der jetzigen Reichsregierung niemals ver=
handeln
würde. Dieſe Erklärungwird zunächſt als an ſich belang=
los
bezeichnet, da die Vertretung Baherns nicht in ſeinen Hän=
den
, ſondern in denen der bayeriſchen Staatsregierung liege.
Der Widerſtand Kahrs gegen die von allen Seiten ge=
wünſchte
Verſtändigung wird jedoch als unverantwortlich
bezeichnet, zumal in der jetzigen innerpolitiſchen, außenpolitiſchen
und wirtſchaftlichen Bedrängnis des deutſchen Volkes. Zum
Schluß erklärt die Mitteilung des Reichskabinetts das Verhalten
Kahrs als eine Anmaßung, die mit aller Schärfe zurückgewieſen
werden müßte.
Die Antwort v. Kahrs an die Reichsregierung.
München, 27. Okt. Zu der Auslaſſung der Neichsregie=
rung
gegen Herrn v. Kahr vom 26. Oktober erfahren wir, daß
der Generalſtaatskommiſſar es nicht als ſeine Aufgabe anſieht,
ſich mit der Reichsregierung in kraſſe Auseinanderſetzungen ein=
zulaſſen
. Im übrigen könne er ſich keine Vorſchriften darüber
machen laſſen, in welcher Weiſe er von dem Recht der freien Mei=
nungsäußerung
Gebrauch machen ſoll. Ob eine Regierung, in
der die Parteifreunde des Johannes Hoffmann in leitender
Stelle ſitzen, beſonders berufen ſei, den bayeriſchen General=
ſtaatskommiſſar
über die Notwendigkeit der Wahrung der Reichs=
einheit
zu belehren, ſei eine Frage, deren Beandwortung er ge=
troſt
der Beurteilung aller verſtändigen Leute überlaſſen könne.
Die ſeeliſche und körperliche Ausbentung von Menſchen=
kräften
fordert beim Theater in den meiſten Fällen das Kunſt=
werk
und nicht der leitende Direktor. Iſt er ein Künſtler und völkerung entfallende Menge berechnet. Danach leiſtet ſich die
er ſoll es ſein , ſo handelt er unter künſtleriſchem Zwang, er
beutet aus, indem er künſtleriſch ſchafft. Das iſt ja das Weſent=
liche
des Theater=Kunſtbetriebes, daß er mit Menſchenkräften
arbeitet, daß er aus Menſchenſeelen und Menſchenleibern ein
Werk baut, das ein Schaffender erdacht und erlebt, daß er die
ſchweifende Phantaſie des Genius, aus Stoff und Kraft von
Menſchen geformt, zu ſcheinbarer Wirklichkeit bringt.
Kann der regieführende Theaterleiter dies, ſo darf er, ſo
ihn hindert, hilft ſie vielleicht dem Stand, hemmt ſie ganz
ſicher die Kunſt.
Es ſcheint ſchon ganz im allgemeinen eine unlösbare Auf=
in
den Vorwurf des Unſozialen zu kommen. Jede künſt=
heit
des darzuſtellenden Kunſtwerkes, es ſtreitet die Vielheit der
Menſchenköpfe, der künſtleriſchen Eigenſchaften und Meinungen
gegen die Einheit des Werkes, das ſein Leiter garantieren ſoll.
Kampf iſt auch hier die Loſung, es ſiegt die ſtärkere ſuggeſtive
Kraft, die dem Theaterleiter eingeboren ſein muß, ſoll ihm der
künſtleriſche Sieg ſicher ſein.
Aber das Theater von heute iſt wir ſagen: leider nicht
mehr dieſer künſtleriſche Kampfplatz allein, es hallt wider von
ganz anderem Kampfgeſchrei, das nicht der Kunſt, ſondern dem Das war ganz ſchön geſagt.
Stande und dem Tarif gilt.
Wer ſich mit den künſtleriſchen Leiſtungen des heutigen
Theaters beſchäftigt, darf dieſe Hemmung nicht vergeſſen, ſoll
ſein kritiſches Wort Geltung haben in der Gemeinde, von Wert
ſein heute und morgen.
der Welt verbrauchen nach einer Zuſammenſtellung des Scien=
tifie
American am meiſten elektriſchen Strom die Vereinigten
Staaten, nämlich 49 802 Millionen Kilowatt jährlich. Dann Heirat ſei die allein geſetzmäßige, da der gegenwärtige Beſitzer
kommt Deutſchland mit 8600, Japan mit 6925, Großbritannien
mit 6400, Frankreich mit 5410 Millionen Kilowatt. Italien ver=
braucht
3400, die Schweiz 2700, Schweden 2144, Norwegen 1331,
Spanien 100 Millionen Kilowatt im Jahr. Ganz anders aber

Darmſtadt, 28. Oktober.
Mobiliſierung der Kirchengemeinden.
Zum Darmſtädter Kirchenſonntag am 28. Oktober 1923.
Von Profeſſor D. Dr. M. Schian.
Am heutigen Tag begeht die Heſſiſche Landesgruppe des
Deutſchen evangeliſchen Gemeindetages hier einen Kirchen=
ſonntag
. Sie hat ſonſt von Gemeindefeſten geſprochen, aber der
Name Feſt ſchmeckt uns heute bitter. Es handelt ſich ja auch
um nichts anderes als um einige Stunden ernſteſter Beſinnung.
Der Gemeindetag iſt 1910 gegründet. 1911 hielt er ſeine
zweite Tagung in Darmſtadt. Bald danach entſtand die Heſſiſche
Landesgruppe. Weder der geſamte Gemeindetag noch die Lan=
desgruppe
können mehr Verſammlungen für große Gebiete hal=
ten
; ſie müſſen ſich mit örtlichen Veranſtaltungen begnügen, um
ihre Gedanken lebendig zu erhalten. Eine ſolche ſoll der Darm=
ſtädter
Kirchenſonntag ſein.
Der Gemeindetag will die Erkenntnis fördern, daß es nicht
bloß auf individuelle Frömmigkeit oder Religioſität ankommt
ſo gewiß ſie in allem das Notwendigſte bleibt , ſondern daß
auch der Zuſam=menſchluß der religiöſen Kräfte,
die gemeinſame Arbeit, das organiſierte Handeln von höchſter
Wichtigkeit iſt. Im Zeitalter des Individualismus und Subjek=
tidismus
hat wan das vielfach vergeſſen. Aus dieſem Vergeſſen
floſſen Intereſſemangel und Teilnahmsloſigkeit für das Leben
und die Arbeit der Kirche. Man lebte allenfalls beſtenfalls!
ſein perſönliches religiöſes Leben, aber man blieb der Geſamt=
heit
, man blieb der ſozialen Gemeinſchaft der Kirche und der
Kirchengemeinde vieles, wenn nicht alles ſchuldig. Das führte
zu einer Schwächung der Kirche, die ſchlimme Folgen zeitigen
muß. So wüſſen wir arbeiten, daß es damit anders werde.
Der Gemeindetag will weiter den Willen zum kirchlichen und
gemeindlichen Handeln fördern. Mit der perſönlichen Pflege
des religiöſen Lebens, mit der Erkenntnis der Notwendigkeit
kirchlichen Zuſammenſchluſſes iſt es nicht getan. Wir dürfen die
Kirche, die Kirchengemeinde nicht als eine Einrichtung anſehen,
die uns gewiſſe Leiſtungen bietet. Wir ſelber ſind die
Kirchengemeinde, ſind die Kirche! Gewiß, die Kirche
ſtellt ihre Pfarrer an, damit die notwendige Arbeit getan wird.
Aber wenn der Pfarrer nicht von ſeiner Gemeinde getragen wird,
bleibt ſein Wirken ohne die volle Kraft. Er ſieht ſich, zumal in
der großen Stadtgemeinde, einer Flut von Aufgaben gegenüber,
die auszuführen dem Einzelnen unmöglich iſt, die ganze Kirchen=
gemeinde
muß mithelfen, muß mitarbeiten. Es gilt, unſere Ge=
meinde
aus ihrer Paſſivität herauszuführen; es gilt, ſie zu
mobiliſieren.
Die Darmſtädter Gemeinden ſind auf dieſem Wege in letzter
Zeit entſchloſſen vorwärts gegangen. Aber es handelt ſich um
Aufgaben, die dauernd alle Kraft fordern, ja die in dieſen Not=
zeiten
immer ſchwieriger, imer umfänglicher werden. So muß
immer aufs neue gearbeitet werden, damit die Gemeinden dem
Rufe Mobil! folgen. Auch die heutige Veranſtaltung des Ge=
meindetages
will dazu helfen. Möge ſie rege Teilnahme finden!

Ernannt wurden: Am 15. Oktober, der Stadtſchulrat bei dem
Stadtſchulamt Darmſtadt Eduard Pfaff zum Oberſtudiendirektor am
Seminar für Volksſchullehrerinnen zu Darmſtadt mit Wirkung vom
1. Oktober 1923 ab; am 18. Oktober der Polizeiwachtmeiſter auf Probe
Adam Müller aus Dieburg zum Polizeimachtmeiſter mit Wirkung
vom 1. Oktober 1923 an; am 19. Oktober die Polizeiwachtmeiſter auf
Probe Max Brauße aus Leipzig zum Polizeiwachtmeiſter mit Wir=
kung
vom 1. Oktober 1923 an, Hilmar Eilhauer aus Schaderthal
CThüringen) zum Polizeiwachtmeiſter mit Wirkung vom 1. Auguſt 1923
an; die Polizeiwachtmeiſter auf Probe Heinrich Wolf aus Fürfeld
(Kreis Alzey) mit Wirkung vom 1. Auguſt 1923, Heinrich Braun aus
Mainz mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 und am 20. Oktober Karl
Bormurh aus Lautern (Kreis Bensheim) mit Wirkung vom 1. Sept.
1:/23 zu Polizeiwachtmeiſtern: die Zollſekretäre Konrad Lippert bei
O.3. A. Gießen, Georg Gröber zu Michelſtadt, die Zollpraktikanten
Rudolf, Södler, zu Nidda unter Verſetzung zum Landesfinanzamt
Darmſtadt, Wilhelm Betz, Wilhelm Reitinger Heinrich Veith zu
Darmſtadt, Max Schäfer zu Offenbach a. M., Zollſupernumerar Ru=
dolf
Kaus zu Gießen zu Oberzollſekretären; die Steuerſekretäre Lud=
win
Röhn zu Grünberg, Oswald Großmann zu Butzbach zu Ober=
ſtenerſekretären
.
Steuerabzug vom Arbeitslohn. Die Verhältniszahl zur Berech=
nung
der Ermäßigungen beim Steuerabzug beträgt für die Zeit vom
28. 10. bis 3. 11. 1923 ſechstauſend‟. Der Multiplikator für die Sach=
bezüge
beträgt ab 1. November 1923 gegenüber den Sätzen der
zweiten Septemberhälfte ſechstauſend‟. Die beſondere Be=
wertung
nach Umlagepreis fällt weg. Der Bewertungsſatz für Wohnun=
gen
für verheiratete Deputatempfänger auf dem Land iſt unverändert
geblieben. Die einzubehaltenden Beträge werden auf volle Millionen
nach unten abgerundet.
Die Schonfriſt bei der Umfatzſteuer. Nach einem Erlaß des
Reichsfinanzminiſters, betreffend Steueraufwertung, kann innerhalb der
ſogenannten Schonfriſt die Steuerſchuld noch nach dem urſprünglichen
Papiermarkbetrag entrichtet werden. Dieſe Friſt beträgt eine Woche und
beginnt nach Ablauf des Tages der Entſtehung der Steuerſchuld. Zum
Beiſpiel für die nächſte Umſatzſteuervorauszahlung wäre dies der 31. Ok=
tober
, ſo daß die Schonfriſt am 7. November abläuft. Nach dieſem Zeit=
punkt
iſt die Umſatzſteuer nach den Beſtimmungen der Aufwertungsver=
ordnung
in Goldmark zu entrichten.
Die Auszahlung weiterer Unterſtützungsbeträge an Sozialrentner
findet am Mittwoch, den 31. Oktober, vormittags von
8 Uhr ab, im Städtiſchen Wohlfahrtsamt, Zimmer 8, im Erdgeſchoß, und
an Kleinrentner am gleichen Tage in der Stadtkaſſe, Grafenſtr. 28,
ſtatt.

geſtaltet ſich die Reihenfolge, wenn man nicht den jährlichen
Geſamtverbrauch der Länder, ſondern die auf den Kopf der Be=
Schweiz den größten Luxus an Elektrizität mit 700 Kilowatt pro
Kopf; dann komt Kanada mit 612, Norwegen mit 493, die Ver=
einigten
Staaten mit 472, Schweden mit 364 Kilowatt. Jeder
Franzoſe verbraucht 147 Kilowatt, jeder Deutſche 143 und jeder
Bewohner von Großbritannien 139 Kilowatt.
Miniſter Le Trocquer im Galawagen. Der Miniſter ver=
nachläſſigt
nicht ſeine parlanentariſchen Pflichten. Zwiſchen
zwei Reiſen nach der Ruhr, zwei Eiſenbahnunglücken oder zwei
muß er Tyrann ſein. Wo eine gewerkſchaftliche Organiſation Reden zum Andenken der Gefallenen ſteuert er der Bretagne zu.
Er liebt die Bequemlichkeit, und als Verkehrsminiſter iſt er be=
ſorgt
, ſich für ſeine Reiſen in die Heimat einen Luxuswagen
beiſtellen zu laſſen, den man dem Expreßzug anhängt. Dies ver=
gabe
, aus Vieler Wollen einen Willen zu ſchaffen, ohne urſacht manchmal Unannehmlichkeiten für die Mitreiſenden.
Jüngſt zum Beiſpiel wurden die Reiſenden des Expreßzuges
leriſche Theaterarbeit hat aber das Ziel der künſtleriſchen Ein= ParisBreſt infolge der Notwendigkeit, den Galawagen an den
Zug anzuhängen, zum Speiſewagen erſt um 9½ Uhr abends zu=
gelaſſen
. Darauf heſtige Proteſte. Die Reiſenden verlangten
Aufklärung. Man erklärte ihnen, daß die Ehre, ſich auf der
Reiſe in der Nähe des Miniſters zu befinden, dieſe kleine Un=
annehmlichkeit
wettmache. Aber ein unehrerbietiger Eiſenbahner
ſagte: Nur Geduld! Wir haben ja Wahlen. Im nächſten Jahr
wird Mr. Le Trocquer nicht mehr Miniſter ſein. Einen Gala=
wagen
im Zuge ParisBreſt wird’s nicht mehr geben".
C.K. Ein neuer Salomo geſucht. Ein Pariſer Richter wird
demnächſt in die Lage verſetzt werden, ſich als neuer Salomo zu
bewähren. Ein Levantiner namens Bazan kam nach Paris, um
hier ſeine angetraute Ehefran zu finden; er ſtellte aber feſt, daß
ſie mit einem Landsmann verheiratet war. Der andere hatte
die Frau nach türkiſchem Brauch geheiratet, bei dem nichts wei=
C.K. Der Weltverbrauch an Elektrizität. Unter den Staaten ter notwendig iſt, als daß 4 Zeugen eine Ehebeſcheinigung aus=
ſtellen
. Bazan war aber mit ſeiner Frau von einem Prieſter der
griechiſchen Kirche getraut worden und behauptete daher, ſeine
ſich weigert, ſie zurückzugeben, und dieſe erklärt hat, ſie überlaſſe
es dem Urteil eines Pariſer Gerichtshofes, weſſen Frau ſie
eigentlich ſei, ſo hat Bazan die Gerichte angerufen und damiit
die franzöſiſchen Richter vor eine ſchwierige Entſcheidung geſtellt.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Oktober 1923.

Nummer 298.

Die Not hat einen Grad angenommen, der nicht mehr
überboten werden kann. Taufende von Familien der Darmſtädter
Bürgerſchaft haben nicht mehr die Möglichkeit, trotz aller Hilfe,
die ſich Reich, Land und Gemeinde bemühen zu gewähren, auch
nur das notwendige tägliche Brot zu beſchafſen. Verſchärft wird
dieſe Lage durch den vollſtändigen Kartoffelmangel. Fehlen
aber Brot und Kardoffeln als wichtigſte Nahrungsmittel weiteren
Schichten der Bevölkerung, dann bemächtigt ſich der hunger=
leidenden
Menſchen eine Verzweiflungsſtimmng, in der Sicher=
heit
und Ordnung, ſowie die ſtaatliche und gemeindliche Beſtän=
digkeit
unterzugehen drohen. Es kann und darf in dieſer furcht=
baren
Zeit nicht mehr den öffentlichen Gewalten, allein über=
laſſen
werden, gegen die furchtbare Not anzukämpfen. Ihre
Mittel ſind nur unzulänglich. Bringen Sie es wirklich fertig,
heute oder morgen eine Papiergeldunterſtützung flüſſia zu machen,
dann ſind die Zuwendungen übermorgen bereits von der In=
flation
verſchlungen. Nicht allein die Verwaltung, ſondern auch
die Wirtſchaft in allen ihren Teilen hat ein Intereſſe daran, die
notleidende Bevölkerung in dieſen ſchrecklichen Wochen über
Waſſer zu halten. Ein Kulturvolk kann es nicht zulaſſen, daß
ſchon in einer einzigen Stadt tauſende von Familien dem Hun=
ger
zu erliegen drohen. Die Kaſſen der öffentlichen Verwaltun=
gen
ſind leer. Dagegen verfügen Wirtſchaftskreiſe, wie die Ban=
ken
, die Induſtrie, die Landwirtſchaft, der Handel uſw. über
Mittel, die, zur rechten Zeit noch eingeſetzt, das Schlimmſte ver=
hindern
können. Antworten wir auf den Ruf Hunger! gemein=
ſam
mit unſerer Bereitwilligkeit, zu lindern und zu helfen, ſo=
lange
uns nicht ein hereinbrechendes Chaos, auch dieſe letzte
Möglichkeit noch nimmt. Angebote zu einer ſolchen Hilfeleiſtung
ſind aus Kreiſen der Wirtſchaft der Stadtverwaltung ſelbſt
ſchon unterbreitet worden. Gerne hat deshalb der Herr Ober=
bürgermeiſter
dieſe helfende Hand ergriffen und die in Frage kom=
menden
Kreiſe zu einer Beſprechung der vordringlichſten Frage,
die es heute gibt, auf. Dienstag, den 30. Oktober d. J.,
nachm. 5 Uhr, im Stadtverordneten= Sitzungs=
ſaal
(Rathaus) eingeladen.

Der Mann mit den drei Wünſchen.

Von Oscar A. H. Schmitz.

ten Schamhaftigkeit gebreitet wird. Es iſt ganz beſonders zu begrüßen,
daß Gelehrte von Weltruf mit ihrem Namen und ihrer Autorität die
Populariſierung eines derartigen Themas decken, deſſen Behandlung
durch den Film ſonſt zu Mißdeutungen und falſchen Auslegungen füh=
ren
könnte.

Gewerbemuſeum. Die hieſigen Gewerbetreibenden werden noch=
mals
darauf hingewieſen, daß das Leſezimmer des Muſeums in den
Wintermonaten bis 7 Uhr abends geöffnet iſt (außer am Samstag). Bei
der augenblicklichen Teuerung ſind die wenigſten Gewerbetreibenden in
der Lage, Fachzeitſchriften zu halten. Die Möglichkeit, in dem Leſe=
zimmer
von der wichtigſten Fachliteratur und den wirtſchaftlichen Vor=
gängen
Kenntnis zu nehmen, iſt daher für das hieſige Gewerbe von im=
mer
wachſender Bedeutung.
Die Anthropoſophiſche Geſellſchaft trat in letzter Zeit mit drei
Vorträgen vor die Oeffentlichkeit und beabſichtigt noch weitere Vor=
träge
folgen zu laſſen. Die Vorträge beſprechen zunächſt nicht Anthro=
poſophie
an ſich, ſondern ſtellen die Früchte anthropoſophiſchen Forſchens
auſ verſchiedenſten Gebieten der Kunſt, Wiſſenſchaft und Pädagogik vor
die Hörer. Im erſten Vortrag über Geiſteswiſſenſchaft und Natur=
wiſſenſchaft
wurde gezeigt, wie geiſteswiſſenſchaftliche Betrachtungs=
weiſe
geeignet iſt, die reichen und verdienſtvollen Ergebniſſe der Natur=
wiſſenſchaft
zu bereichern, gleichſam eine formvollendete Statue zu warm
pulſierendem Eigenleben zu erwecken. Die beiden letzten Vorträge über
das Gralserlebnis Richard Wagners und ſeinen Parſival erſchließen
Ausblicke von ungeahnter Weite auf ein Verſtändnis deſſen, was der
Genius dieſes großen Deutſchen uns zu ſagen hat. Zu ſagen hat und
zu mahnen gerade in dieſer Zeit unſerer ſchwerſten Not. Wie in dem
Gralserlebnis des Meiſters die Offenbarung der Metamorphoſe der
deutſchen Volksſeele liegt, von ihrer Geburt im vorchriſtlichen Germa=
nentum
bis zu dem durchchriſteten Willensmenſchen der Zukunft, Par=
ſival
, das brachte der Vortragende lebendig und in warmer Ueberzeu=
gung
feſſelnd zum Ausdruck. Es gehörte als Ergebnis der Abende zum
ſtärkſten Eindruck, wie Gebiete, die wir gewöhnt ſind, als mehr oder
weniger tiefgehenden Genuß für die Feierſtunden unſeres Lebens hin=
zunehmen
, hier mitten in das Leben hineingeſtellt wurden, als Willens=
impuls
, der die alltäglichſten Handlungen durchkräften und erheben
kann und ſoll. Es iſt dankenswert, daß unſerer Stadt hier Gelegenheit
gegeben wurde, einer Sache, die ſo viel und ſo gegenſätzlich beurteilt
wird, näher zu kommen und ſich ein eigenes Urteil bilden zu
können.
G. K.
Die techniſch=wiffenſchaftlichen Vereine, der Mittelrheiniſche Archi=
tekten
= und Ingenieur=Verein, der Verein Deutſcher Ingenieure und die
Heſſiſche elektrotechniſche Geſellſchaft, haben ſich zu einer Vortragsgemein=
ſchaft
zuſammengeſchloſſen, die regelmäßig Vorträge aus techniſch= wiſſen=
ſchaftlichen
Gebieten veranſtalten. Der 1. Vortragsabend findet am
31. Oktober in der Techniſchen Hochſchule ſtatt, und zwar ſpricht Herr
Dipl.=Ing. Bientzle über die Betriebs= und wärmewirtſchaftliche Bedeu=
tung
des Ruthſpeichers. (Näheres ſiehe heutige Anzeige.)
Die freie Geſellſchaft für Muſik beabſichtigt, auch in dieſem Winter
durch Wiederaufnahme ihrer Konzerte für die Pflege neuzeitlicher Kam=
mermuſik
zu werben. Die Veranſtaltungen finden Sonntags vormittags
in dem neueröffneten Vortragsſaal von Kunſt und Keramik, Wilhel=
minenſtraße
, ſtatt, den Herr Heinz Heberer zur Verfügung geſtellt hat.
Anmeldungen zur Mitgliedſchaft in dem Verkaufsraum von Kunſt und
Keramik,
Univerſitätsgelehrte als Filmarbeiter. Man ſchreibt uns: Mit
einer in Deutſchland ungewohnten Energie und Unvoreingenommenheit
haben ſich in Wien und Prag eine größere Anzahl namhafter Univerſi=
tätsprofeſſoren
eines populärwiſſenſchaftlichen Films angenommen, zu
deſſen Durchführung ſie ihre wiſſenſchaftliche Mitarbeit, ihre Kliniken
und Inſtitute, Patienten, Präparate uſw. zur Verfügung ſtellten. Es
handelt ſich um die Profeſſoren Rubecka und Wagner in Prag, die
Profeſſoren Tandler, Moll, Spitzky, Peham und Franki in Wien. Be=
ſonders
Profeſſor Tandler, der in Wien als Staatskommiſſar für das
Geſundheitsweſen die erſte Eheberatungsſtelle der Welt eingerichtet hat,
hat ſich um das Zuſtandekommen und um die Durcharbeitung dieſes
hygieniſchen Volksaufklärungsfilms größte Verdienſte erworben. Das
Ergebnis dieſer Zuſammenarbeit der Filminduſtrie mit den Spitzen der
wiſſenſchaftlichen Welt des alten Oeſterreich hat den Film Hygiene
der Ehe ergeben, der über viele Fragen Licht in die weiteſten Volks=
kreiſe
bringen ſoll, über die bisher der Mantel einer durchaus verfehl=

Es war in Orotava auf den Kanariſchen Inſeln. Ich wohnte
ſſeit einigen Tagen in einem kleinen Hotel, meine Mahlzeiten
nahm ich an einem Einzeltiſch im Speiſeſaal. Eines Abends
nun geſchah es, daß ſich, obwohl noch andere Tiſche frei waren,
ein Fremder mit einem etwas formloſen Good evening, Sir
zu mir ſetzte und ſofort ein Geſpräch begann, als kennten wir uns
längſt. Es war ein ſtämiger, derber Mann zwiſchen 50 und
60, nicht ſchlecht, aber nachläſſig gekleidet, mit bartloſem Geſicht
von etwas groben Linien, ſonneverbrannt, laut, unverwüſtlich
gut gelaunt und vor allem auffällig ungeniert, aber ohne jede
rückſichtsloſe Grobheit, kurz, der Typus eines engliſchen Empor=
kömanlings
ohne den Schliff der Oberblaſſe ſeines Landes, aber
mit einer vollendeten, durch ſein wohlerworbenes Geld eingege=
benen
Sicherheit.
Nach etwa einer Viertelſtunde wußte ich bereits ſeine ganze
Geſchichte. Er war aus Wales, der Heimat des damals noch
baum genannten Lloyd George, ein ſogenannter Chapel=man,
d. h. eifriger Anhänger einer Diſſidentenſekte, hatte mit Nichts
begonnen, einigen Wohlſtand erreicht, dann eine bedeutend ältere
Frau geheiratet, die ihm aber der Herr wieder genommen
hatte, und mit ihrem Geld reiſte er nun ſeit Jahren in der Welt
umher, um alles kennen zu lernen, was es gibt. Schon kannte
er nun alles, außer drei Dingen; noch war er nicht in Konſtanti=
nopel
geweſen, aber er würde nächſte Woche hinfahren, noch
hatte er kein Erdbeben erlebt, obgleich er drei Jahre lang am
Fuß des Veſuvs gewartet, noch war ihm niemals erlaubt wor=
den
, einer menſchlichen Geburt beizuwohnen, obwohl er ſich ſchon
oft an Entbindungsanſtalten gewendet hatte. Ja, mein Lieber.
ſo ſchloß er ſeine lange Rede, ſo ſteht es mit mir. (So am I
situated.")
Ant anderen Vormitdag herrſchte eine trübe, föhnartige Hitze.
Ich blieb auf meinem Zimer. Während ich mit einem Buch
in einem Seſſel ſaß, ſchwindelte mir plötzlich. Mir war, als
ſchwankten die Möbel um mich her, und als ich aufſprang, konnte
ich mich einen Augenblick kaum auf den Füßen halten. Mit einem.
zufälligen Blick aus dem Fenſter ſah ich, daß die Menſchen die
Häuſer verlaſſen hatten und mehr betroffen als ängſtlich herum=
n
. Nach einiger Zeit verliefen ſie ſich wieder, und der

Militär=Rentenzahlung beim Poſtamt 1. Die Militärverſorgungs=
gebührniſſe
für November werden am Montag, den 29. Okt., von 8½/ bis
12 und 2 bis 5 Uhr, in der Paketausgabe gezahlt. Die Auszahlung der
Renten erfolgt nur an erwachſene Perſonen, die ſich unter
Vorlegung der Stammkartennummer zur Abholung melden.

Stenographiſche Ausſtellung. Man ſchreibt uns: Eine großzügige
Ausſtellung veranſtaltet heute in ſeinen Unterrichtsräumen der National=
Stenographenverein von Kunowski‟, Darmſtadt. Den Beſuchern wird
zunächſt an 10 großen Wandtafeln der techniſche Aufbau des Syſtems
erläutert, indem die 40 Lautzeichen (einſchließlich 11 Siegel) der National=
ſtenographie
nebſt Verbindungsart der Zeichen miteinander in logiſcher
Reihenfolge dargeſtellt ſind. An ſchönſchriftlichen Arbeiten ſteht dem
Verein eine erſchöpfende Menge zur Verfügung. Unter dieſen verdienen
die Arbeiten eines Tjährigen Kindes beſondere Hervorhebung. Die Ar=
beiten
ſind durchweg in künſtleriſcher Vollendung verfertigt und legen
Zeugnis ab von dem Beſtreben des Vereins, in dieſer Hinſicht Muſter=
gültiges
zu leiſten. In der Abteilung: Stenographie in der Praxis
ſind Verhandlungs=Stenogramme anläßlich der Waffenſtillſtandsverhand=
lungen
in Spaa und der Friedensdelegation in Paris vorhanden, und
zahlreiche Konzepte aus Schule und Studium zeigen, wie notwendig heute
eine leiſtungsfähige Kurzſchrift für alle Berufszweige in jeder Lebens=
lage
iſt. Beſondere Aufmerkſamkeit dürfte eine Abteilung der Aus=
ſtellung
in Anſpruch nehmen, in der die Nationalſtenographie in Kultur=
ſprachen
: wie Engliſch, Franzöſiſch, Polniſch, Eſperanto u. a. Anwendung
findet. Die Ausſtellung im Vorjahre hatte einen ſtarken Beſuch aufzu=
weiſen
, dank dem Intereſſe, das in allen Kreiſen dieſem jungen, auf=
ſtrebenden
Kurzſchriftſyſtem entgegengebracht wird, und dürfte allen Be=
ſuchern
in angenehmer Erinnerung ſein. Die Ausſtellung iſt geöffnet
von vormittags 10 bis nachmittags 5 Uhr, der Beſuch iſt für Jedermann
frei. Bemerkt ſei noch, daß der Verein am Freitag, den 2. November,
abends 7½ Uhr, neue Anfängerkurſe für Damen, Herren und Schüler
eröffnet und iſt Intereſſenten bei Beſuch der Ausſtellung Gelegenheit ge=
boten
, ſich von der leichten Erlernbarkeit und höchſten Leiſtungsfähigkeit
der Nationalſtenographie zu überzeugen und ſich zur Teilnahme an dem
Kurſus vorzumerken. (Siehe Anzeige.)
Die Stenographen=Vereinigung Gabelsberger, Darmſtadt, beginnt
in ihren Unterrichtsräumen, Eliſabethenſtraße 52, am Montag, den
29. Oktober, abends 8 Uhr, einen neuen Anfängerkurſus, ſowie am Diens=
tag
, den 30. Oktober, einen neuen Fortbildungskurſus in Stenographie,
unter Leitung bewährter Lehrkräfte. Schreibmaſchinenkurſe täglich von
6 bis 9 Uhr. Auf die heutige Anzeige wird beſonders hingewieſen.
Volkstheater. Am Freitag öffnete das neue Unternehmen ſeine
Pforten und erzielte mit Königin Luiſe einen durchſchlagenden Erfolg.
Das leider noch; nicht ausverkaufte Haus ſpendete reichen Beifall. Wir
kommen noch auf die Einzelleiſtungen zurück. Wir wollen nur bemerken,
daß die Direktion bei derartig guten Darbietungen bald ausverkaufte
Häuſer zu verzeichnen haben wird. Heute gibts zum letzten Male Köni=
gin
Luiſe worauf wir ganz beſonders aufmerkſam machen. Nachmittags
4 Uhr iſt als Jugendvorſtellung Rumpelſtilzchen
Die gegenwärtig zur Ausgabe gelangenden Gutſcheine der Stadt
Darmſtadt in Stücken zu 5, 10, 20, 50 und 100 Milliarden Mark
ſind nicht nur für eigene Zwecke der Stadt, ſondern auch auf dringendes
Verlangen aus gewerblichen ſowie induſtriellen und Bank=Kreiſen herge=
ſtellt
worden. Es iſt zu hoffen, daß die Geſchäftswelt für dieſe,
durch die außerordentliche Notlage bedingte Maßnahme der Stadt Ver=
ſtändnis
zeigt und die nach vorausgehender amtlicher Bekanntmachung
wieder einzulöſenden Gutſcheine anſtandslos als Zah=
lungsmittel
annimmt. Sollten ſich durch etwaige Ablehnung
der Gutſcheine Schwierigkeiten ergeben, dann könnte dies die Stadtver=
waltung
nur veranlaſſen, in künftigen ähnlichen Fällen nicht mehr wie
ſeither einzugreifen. Für daraus ſich ergebende Störungen würden als=
dann
diefenigen verantwortlich ſein, die heute die ganz unbedenkliche An=
nahme
der ſtädtiſchen Gutſcheine als öffentliche Zahlungsmittel ver=
weigern
.
Aus dem Kunſthandel. Herr Winkler. Dieburger Straße 8,
Parterre, hat den Vertrieb gediegener Graphiken in Darmſtadt unternom=
men
. Zurzeit iſt eine gediegene Sammlung ausgeſtellt, in der vertreten
ſind: Prof. Hoelſcher, Prof. Kleukens, Theodor Gengnagel, Frau Geng=
nagel
=Rahuſen, Aneliſe Reichmann, Hans Vielmetter, Gerh. Prangel,
Julius Kaufmann, Frau Kaufmann=Pfiſter, Darmſtadt; ferner Eduard

Winkler=München, Anna Löffler=München und Hermann Bollinger=

Freiburg i. Br.
Einführung der Millionenmarkrechnung bei der Poſt= und
Telegraphenverwaltung. Infolge der ſtarken Geldentwertung und
der dadurch hervorgerufenen Aufblähung des Zahlenſyſtems,
under deren Wirkung die pünktliche Abfertigung der Bevölkerung
an den Poſtſchaltern außerordentlich leidet, ſieht ſich die Reichs=
poſt
= und Telegraphenverwaltung genötigt, ihren geſamten Zah=
lungs
= und Rechnungsverkehr und das Gebührenweſen vom
1. November an auf die Millionenwarkrechnung einzuſtellen.
Poſtanweiſungen, Nachnahmen, Poſtaufträge, Wertangaben bei
Wertſendungen, Zahlkarten, Poſtüberweiſungen, Erſatzüberwei=
ſungen
, Poſtſchecks und Zahlungsanweiſungen dürfen vom
1. November an nur über volle Millionen Mark
leuten. Bei der Angabe des Betrags in Ziffern iſt dabei an
Stelle der ſechs Nullen das Wort Millionen zu ſchreiben; zum
Beiſpiel iſt alſo ſtatt 16 000 000 Mark künftig 16 Millionen Mark
zu ſchreiben. Die Stammeinlage, die auf jedem Poſtſcheckkonto
zu halten iſt, wird auf 10 Millionen Mark feſtgeſetzt werden.
Bruchteile von einer Million Mark, die über den 1. November
hinaus als Guthaben auf den Poſtſcheckkonten ſtehen geblieben
ſind, werden geſtrichen werden.
Ortsbriefbeſtellung. Die eingehenden Briefſendungen und Zei=
tungen
werden werktäglich in folgender Weiſe beſtellt: Bei der
1. Beſtellung um 7.45 Uhr vormittags, die von 5 Uhr nachmittags bis
6.30 Uhr vormittags eingegangenen Poſten, bei der 2. Beſtellung um
10.45 Uhr vormittags, die nach 7.30 Uhr bis 10 Uhr vormittags einge=
gangenen
Poſten und bei der 3. Beſtellung um 4 Uhr nachmittags, die
nach 10 Uhr vormittags bis 3.30 Uhr nachmittags eingegangenen Poſten.
An Sonn= und Feiertagen findet eine Beſtellung um 8 Uhr ſtatt, aus=
genommen
am zweiten Weihnachts=, Oſter= und Pfingſtfeiertag.

drückende, ſchläfrige Vormittag mit ſeinen gewohnten Geräuſchen
nahm ſeinen Fortgang. Es hatte ein kleines, harmloſes Erd=
beben
ſtattgefunden, wie es hier in der Nähe des Pic de Teneriffa
nicht ſelten iſt, und ſo beruhigte man ſich ſchnell wieder. Natür=
lich
dachte ich ſofort an meinen geſtrigen Tafelgenoſſen und freute
mich ſchon darauf, ihm mittags zu ſeinem Glück zu gratulieren.
In Kürze würde er auch noch Konſtantinopel ſehen, und dann
fehlte ihm nur noch der Anblick einer Geburt, um ihn reſulos
glücklich zu machen.
Zum Lunch war für ihn an meinem Tiſch gedeckt, aber er
kam nicht. Man wußte nur, daß er am Morgen ein Pferd be=
ſtellt
hatte und, von einem jungen Burſchen begleitet, in die
Berge geritten war. Zum Diner erſchien er wieder und ſetzte ſich
lärmend zu mir. Er war ärgerlich und aufgeregt und erzählte,
während er allzu hörbar ſeine Suppe ſchlürfte, was er für ein
Pech gehabt hatte. Mitten in den Bergen waren ihm plötzlich
einige armſelige Menſchen in heftiger Erregung entgegengekom=
men
und verlangten ſeine Hilfe. Durch die Vermittlung eines
einheimiſchen Begleiters, der ein paar Worte Engliſch konnte,
verſtand er, daß er dicht vor die Erfüllung eines ſeiner drei
Wünſche geſtellt war. In einem Dorf in der Nähe hatten bei
einer Frau die Wehen begonnen, und offenbar war irgendeine
Schwierigkeit eingetreten; die Weiber, die ſich ſonſt gegenſeitig
beiſtanden, wußten keinen Rat. Nun wollten einige nach Orotava
hinunterlaufen, einen Arzt zu rufen. Der Engländer wurde um=
ringt
und mit der Frage beſtürmt, ob er vielleicht ein Arzt ſei.
Als ehrlicher Chriſt, erzählte er, mußte er verneinen, erklärte
aber mitkommen zu wollen, denn er hatte immer eine kleine
Reiſeapotheke bei ſich und auch einiges in populären Schriften
über Geburtshilfe geleſen. Er folgte alſo dem Schwarm und ließ
ſich in ein elendes Dorf führen, deſſen Hütten in Felsniſchen ge=
baut
waren. Vor einer Tür war eine Menſchenanſammlung in
fröhlicher Geſchäftigkeit, aus der Hütte hörte man das Wim=
mern
eines kleinen Kindes. Nun, kleine Kinder und allenfalls
auch Wöchnerinnen hatte der Walliſer ſchon des öfteren geſehen,
aber die Hauptſache war vorüber.
Iſt das nicht zum Tollwerden? fragte er mich.
Nun. erwiderte ich, Sie können nicht alles von einem
Tag erwarten, dafür haben Sie doch heute ein Erdbeben erlebt.
Was für ein Erdbeben?
Ich erzählte ihm nun von den Vorgängen am Morgen, die
ihm völlig unbekannt waren. Oben im Gebirge hatte man offen=

* Der Guſtav Adolf=Frauenverein, Darmſtadt, veranſtaltet am Mo
tag, den 29. Oktober, abends 8 Uhr, im Gemeindehaus der Petrusg

meinde in Beſſungen, einen Vortragsabend. Herr Pfarrer Knab au
Pfungſtadt wird über deutſch=evangeliſche Not ſprechen. Der Vortr
wird für alle, die Intereſſe an den Kämpfen der evangeliſchen Kirche b
ben, von beſonderem Wert ſein. Der Eintritt iſt frei.
Der Chriſtl. Verein Junger Männer, e. V., lädt für heute Son
tag abend ſeine Freunde und Mitglieder, nebſt Familienangehörigen,
dem im Heim, Infanterie=Kaſerne, ſtattfindenden Erntedankfeſt ein.
Krankenpflegeverein. Der Krankenpflegeverein der Barmherzig
Schweſtern beſteht nun ſchon ſeit einigen Monaten. Die Zahl ſein

Mitglieder beträgt etwa 400. Soll der Verein aber ſeinen überaus g
ten Zweck, der Aum und Reich zuſtatten kommt, voll und ganz erfülle

ſo muß ſich dieſe Zahl noch beträchtlich erhöhen; denn die kataſtropha
in Rieſenſchritten vor ſich gehende Entwertung der Mark blieb auch
den Verein nicht ohne verhängnisvolle Folgen. Der Vorſtand bittet 1
her dringend um weitere Beitrittserklärungen. Man vergeſſe auch nie
Verwandte und Bekannte in valutaſtarken Ländern zum Beitritt und
Spenden zu bewegen. Nähere Auskunft wird Niederramſtädter Str.
(Fernruf 2542) bereitwilligſt erteilt.
Orpheum. Frankfurter Operettengaſtſpiele. Heute und folgen
Tage: Der Fürſt von Pappenheim. Der Vorverkauf findet ſtatt: Ve
kehrsbureau von 111 Uhr, Orpheumskaſſe ab 3 Uhr.
Preuß.=ſüddeutſche Klaffenlotterie. 4. Klaſſe, 3. Tag.
heutiger Ziehung wurden die Endzahlen 30 und 47 gezogen. Mit welch
Gewinnen, iſt bei den zuſtändigen Einnehmern zu erfahren.
L. Verwaltungsgerichtshof. Einſpruch gegen die Gemeind
ratswahl in Beerfelden. Erſchienen: R.=A. J.=R. Dr. Oſar
für die Reviſionskläger, Parteiſekretär Riegel für die Gewählte
Ueber die Einzelheiten wurde gelegentlich der Verhandlung vor d
Provinzialausſchuß berichtet. Den Einſpruch, den Weber und Gen
ſen gegen die Wahl der ſozialdemokratiſchen Mitglieder des Gemein=
rats
erhoben, haben Kreis= und Provinzialausſchuß als unbegrün=
verworfen
. Gegen die Entſcheidung des letzteren Gerichts haben
Reklamanten Weber und Genoſſen Reviſion eingelegt. Der Antrag
auf Ungültigkeitserklärung bezüglich der Wahl der ſozialdemokratiſch
Mitglieder, in der heutigen Verhandlung wird Antrag auf Ungült
keitserklärung der Gemeinderatswahl überhaupt geſtellt und begründ
Es dreht ſich hauptſächlich um die Frage, ob der am 22. Oktober 19
(Sonntag) eingereichte Wahlvorſchlag der ſozialdemokratiſchen Par
verfpätet iſt oder nicht und weiter, ob die Friſten zwiſchen Einreichu
der Wahlvorſchläge und dem Tage der Wahlhandlung gewahrt ſ
(Art. 19 und 66 des Geſetzes vom 19. Auguſt 1922). Die Nichteinhaltu
der Friſten ſtellt nach Anſicht des Vertreters des Reviſionsklägers ein
wefentlichen Mangel des Verfahrens im Sinne des Art. 61 dar, der
Ungültigkeitserklärung der Wahl zur Folge hat. Der Vertreter
Staatsintereſſes beantragt die Verwerfung der Reviſion, indem er
der Begründung des Provinzialausſchußurteils anſchließt, Wahlv
ſchläge hätten nach dem Sinn der Bekanntmachung noch am 22. Oktol
1922 eingereicht werden können. Urteil: Verwerfung d
Neuiſion.
n. Strafkammer. Bei der Ueberhandnahme der Diebſtähle ſpi
bekanntlich die heutzutage vorhandene leichte Abſatzmöglichkeit eine gr
Rolle und wirkt öfters geradezu beſtimmend. Auch in einem hieſi
Berufungsfall trat dieſer Zug charakteriſtiſch hervor, und der als Heh
ſchöffengerichtlich zu 3 Monaten Gefängnis verurteilte Händler Ludn
Klein ſchützt vergeblich guten Glauben vor. Im nämlichen Anwe
wo er ſein Ladengeſchäft betreibt, befindet ſich eine Dütenfabrik, u
ein Angehöriger des Inhabers derſelben hatte in Gemeinſchaft 1
einem noch jugendlichen Genoſſen größere Mengen von Düten entwend
um ſie an Kl. zu veräußern. Letzterer beſaß für geliefertes Obſk u
andere Nahrungsmittel eine Forderung an jenen Dieb, die mit 1ch
überbrachten Düten von 36 000 Mark damaligem Wert beglichen wur /wring
Es war ſogar die weitere Abgabe von hundert Eiern gegen ebenſol /g/
Düten in Ausſicht genommen, als die Entdeckung einen Strich du
den üblen Handel machte. Gegen den eigentlichen Dieb fehlte es
dem erforderlichen Strafantrag des Beſtohlenen, und der jugendli
Helfer ging am Jugendgericht ſtraflos aus. Nach den ganzen Umſt
den mußte der jetzige Angeklagte auf den unredlichen Erwerb ſchließ
und erſchien auch etwaige Strafmilderung nicht angemeſſen, weshe Wermemm=
das
Schöfengerichtsurteil beſtätigt wurde. Unter Ausſchluß
Oeffentlichkeit fand Verhandlung gegen den 25jährigen Hilfsarbei
Philipp Koch 3. aus Pfungſtadt wegen erſchwerter Kuppelei (bezüg!
der eigenen Ehefrau) nach §S 180 181 St.=G.=B. ſtatt und endigte
mit, daß der Angeklagte mit mildernden Umſtänden 10 Monate (
fängnis, abzüglich 1 Monat Unterſuchungshaft, erhielt. Freigeſp
chen wurden auf ihre Berufung die ſchöffengerichtlich wegen Diebſta
mit je 1 Monat Gefängnis belegten Landwirte Philipp Kaſimir Ecke
und Chriſtian Eckert (Bruder des erſteren) von Dietzenbach. Von X

den erſteigertes Holz ſaß im dortigen Walde, und ſie hatten ſtatt deſ

fremdes Holz verladen, bei deſſen Abfuhr ſie betroffen wurden.
Verteidigung, es ſei ohne Aneignungsabſicht irrig geſchehen, drang
Schöffengericht nicht durch, fand aber nunmehr derart ſtützende A
mente, daß das Berufungsgericht den Schuldbeweis für nicht gefi
erachtete. Staatsanwaltliche Berufung richtete ſich gegen den ſchöff
gerichtlichen Freiſpruch des Gemeinderatsmitglieds Wilhelm Schlie
mann aus Klein=Welzheim, welcher der öffentlichen Amtsbeleidigt
des Forſtmeiſters in Seligenſtadt und des Bürgermeiſters von Kle
Welzheim angeklagt iſt. Anläßlich einer Sitzung der Gemeindevert
tung hatte er die Lieferung von Holz bzw. deſſen Preis beanſtan
und bon Schiebung geſprochen. Dieſe ehrverletztende Nachrede
durckaus unbegründet, wovon ſich der Angeklagte nunmehr ſelbſt du
die Beweisaufnahme überzeugt hat. In erſter Inſtanz war ihm Wa
nehmung berechtigter Intereſſen zugebilligt, und dies focht die
rufung an. Man einigte ſich jetzt zu einem Vergleich, in dem Schl.
nen haltloſen Angriff mit Bedauern widerrief, ſowie die Koſten üb
nahm und die Beleidigten den Strafantrag zurückzogen, auch für Zur
nahme desjenigen der vorgeſetzten Behörde wirken wollen.
Berichtigung. In unſerem Bericht über die Stadtverordnet
verſammlung vom Donnerstag iſt uns ein Irrtum unterlaufen. In
Nachruf des Herrn Oberbürgermeiſters bitten wir richtig zu le
B. Cramer.

im imt
Ni.

Regimentsnachrichten.

Die Mitglieder des Vereins ehemaliger Heſ
ſchen Leib=Dragoner im Kreiſe Darmſtadt ſind
Verein ehemaliger Unteroffiziere unſeres Regiments zu der Enthüllt
der Gedenktafel für die gefallenen Unteroffiziere, ſtattfindend am So
tag, den 28. Oktober, nachmittags //=3 Uhr, im Saale des Feieraber
herzlichſt eingeladen, und erwarten wir zahlreiches Erſcheinen.
bar den Erdſtoß nicht geſpürt. Der Mann erſtarrte in Spra
loſigkeit, dann brach er in ein Gelächter aus, nannte mich ein

Im

prächtigen Kerl, weil ich mir dieſen Spaß ausgedacht hatte. 20
ihm dann aber auch von anderen Gäſten das Erdbeben geſch
dert wurde, ſetzte er ſich in ſtiller Verzweiflung in eine Ecke u
trank einen Whisky nach dem anderen.
Am nächſten Morgen ſchien er um zehn Jahre gealtert,
nannte ſich einen geſchlagenen Mann. Den folgenden Tag g
ſein Schiff nach Gibraltar, von wo er nach Konſtantinopel rei
wollte.
Ich fahre, ſagte er bekümmert, aber ich bin ein hoffnum
loſer Mann geworden. Dann nahm er Abſchied von al
Gäſten, als den Zeugen ſeines Unglücks, nannte beſonders m
weichmütig his dear old friend beſchenkte das Perſonal rei
lich mit Trinkgeldern und beſtieg in der Dämmerſtunde das Sch
Ich habe nie wieder von ihm gehört, obwohl er mir b.
ſprochen hatte, mir von Konſtantinopel eine Karte zu ſchick
Wenn ich mich auf die Dinge dieſer Welt verſtehe, ſo iſt er n
nach Konſtantinopel gekommen.
T. Eine Bevölkerung von Schachſpielern. Im Jahre 1
wurde ein Graf Gunnelin man erinnert ſich nicht mehr wet
welchen Verbrechens in den Kerker des Schloßturmes 1*
Schloſſes Ströbeck (in Mitteldeutſchland) geworfen. Die lans

Tage der Untätigkeit laſteten ſchwer auf dem Gefangenen. D
halb dachte er, um ſich zu zerſtreuen, ſich ein vollſtändiges Scha.

ſpiel anzufertigen. Von da an war das Los Gunnelins ertre
lich. Seine Wärter waren von einer wahren Leidenſchaft
das Schachſpiel, das er ſie gelehrt hatte, ergriffen, und die 3
verlief ſtill im düſteren Gewölbe zwiſchen dem Gefangenen u
ſeinen Wächtern. Als Gunnelin ſtarb, hatte das ganze 9
Ströbeck das vornehme Spiel erlernt, das ſeitdem zur wahl
Lokaltradition geworden iſt. Noch heute, nach mehr als 8 Ja
hunderten, ſpielt alle Welt, Männer, Frauen, Kinder, Greiſe
Ströbeck Schach. Vom zarteſten Alter an begeben ſich die Kind
mit einem Schachſpiel zur Schule, wo der Lehrer ihnen die 31

der Könige, Königinnen, Türme und Springer beibringt.
Hauptwirtshaus des Marktfleckens iſt unter dem Namen Ge
hof zum Schachbrett bekannt. Als außergewöhnlich iſt and
merken, daß Ströbeck der Welt niemals einen Wettſieger
Schachſpiel gegeben hat.

[ ][  ][ ]

rich

Rummer 298.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Oktober 1923.

Seite 5.

Das Ergebnis der Proteſiverſammlung gegen
die Tarife des Gaswerks und der Heag.
Von Diplom=Ingenieur Adolf v. Lippmann.
Da wird ein Berg ſchwwanger und dick,
Und iſt doch all verlohren,
Wenn man’s beym Licht und recht beſicht,
So wird eyn Mauß gebohren!
utet die Ueberſetzung eines bekannten Horazſchen Wortes in
iem Volkslied aus dem Jahre 1623. Es wurde eine Maus
boren, wenigſtens was die Erleichterungen in bezug auf die
g8tarife anlangt. Es lohnt nicht, darüber ein Wort zu verlieren!
Aber das, was in anderer Hinſicht geboren wurde, iſt wehr
e eine Maus: ein Eingeſtändnis von nicht unerheblicher Trag=
eite
! Herr Ritzert ſagte in der Verſammlung, es geſchehe ja
es, was getan werden könne, man gehe nun auch daran, die
ufmänniſche Buichführung im Betriebe der Gaswerke ein=
führen
!!
Ich habe zum Schluß meines Aufſatzes über die Urſachen
r irrſinnigen Strom= und Gaspreiſe in Nr. 248 der Heſſ. Lan=
Szeitung vom 23. Oktober 1923 ſehr eindeutig ausgeſprochen,
ß falſche Preispolitik und Unmöglichkeit richtiger Kalkulation
ungels der erforderlichen Unterlagen die Urſachen ſolcher
eisüberſpannungen ſein können. Beides liegt alſo hier vor!
Eine zuverläſſige Betriebsbuchführung, Betriebsſtatiſtik und
triebskontrolle läßt ſich nur auf der Grundlage einer korrek=
kaurfmänniſchen
Buchführung aufbauen. Wo das alles fehlt,
ilen auch die Unterlagen für die Kalkularion, und wo dieſe
len, gibt es auch keinen wirtſchaftlichen Betrieb.
Das Gaswerk hat keine kauſmänniſche Buchführung, das ver=
mt
mit aller Schärfe herausgeſtellt zu werden. Es hat alſo
ch keinen wirtſchaftlichen Betrieb. Denn auf Grund dieſes
ngeſtändniſſes kann man, ohne die Betriebsverhältniſſe des
fswerks ingendwie zu kennen, getroſt behaupten, daß das Gas=
rk
ſelbſt nicht weiß, ja nicht wiſſen kann, wie teuer ihm das
bikmeter Leuchtgas zu ſtehen kommt. Da wird wohl alles, wie
ſolchen Fällen üblich, durch einen großen Topf laufen, der
iſt beer iſt, da andere zu viel herausnehmen. Da werden
hl andere unrentable Betriebe mit hineingewurſtet und dann
es der Gaspreis wieder holen! Auf das Konto der falſchen
eispolitik iſt es aber zu ſetzen, wenn man ganz beſonders
dieſen Zeiten andere Ausfälle dadurch zu decken ſucht, daß
Under ſchwer um ihre Exiſtenz kämpfenden minderbemittelten
völberung Lebensnotwendigkeiten bis zur Unerträglichbeit ver=
ert
. Das geht nicht an!
Wie bei allen wirtſchaftlich geführten Unternehmungen
ßte autch hier der rechtzeitige und richtige Einkauf eine aller=
de
Rolle ſpielen. Wenn hier in der Tat etwas verſäumt wor=
iſt
, ſo laſſen ſich die übrigens ſehr berechtigten Ein=
ndungen
der Preſſe nicht nach Augurenart mit der Bemerkung
ſeite ſchieben, daß man von einem Redakteur nicht das Wiſſen
langen könne, daß die Kohle wegen der Selbſtentzündungs=
ahr
nicht in unbegrenzten Mengen gelagert werden kann.
in, das kann man nicht! Aber von einem Fachmann bann man
7 Wiſſen verlangen, daß auch auf verhältnismäßig kleinen
gerplätzen ſehr erhebliche Mengen von Kohle ohne Entzün=
igsgefahr
gelagert werden können, wenn nur die bei der ſteten
rbvennung der Kohle an der Luft entſtehende Wärme durch
ſprechende Entlüftung abgeführt wird, ſo daß örtliche Wärme=
tungen
vermieden werden. Da die Kohle durch Regen etwas
bet, ſo pflegt man beim Bau moderner Gaswerke Kohlen=
ppen
vorzuſehen, die mindeſtens den Bedarf für drei Winter=
nate
halten können.
Im übrigen ſtime ich dem Darmſtädter Tagblatt vollkom=
40 zu: es iſt nicht ſympathiſch, wenn bei der Erörterung ſolch
ſter Fragen auf das Perſönliche übergeſpielt wird. Aber wenn
ſucht wird, auf dieſem nicht mehr ungewöhnlichen Wege von
mgenehmen, aber notwendigen Erörterungen abzulenben,
mkann und darf auch vor der Perſon nicht Halt gemacht wer=
Das fordert das Intereſſe der Bürgerſchaft.
Ich habe in der Verſammlung auf die Ausführungen des
Arn Ritzert erwidert, daß ich auf Grund meiner Berechntngen
z ehr abweichenden Reſultaten kome und bereit bin, ihm die
indlagen meiner Kalkulationen jederzeit perſönlich zu erläu=
I. Da ich mich gleich zu Anfang in einer Zahl verſprochen
1e, erntete ich zunächſt einen ſehr gröblichen Zuruf des Herrn
ert und hatte den Erfolg, daß mir zum Schluß der Verſamm=
g
Herr Ritzert kurzerhand den Rücken drehte. So, daß ſich
ge Bürger veranlaßt fühlten, an mich heranzutreten und mir
1 Entrüſtung darüber unverholen auszuſprechen.
Herr Ritzert! Durch die Vernachläſſigung der Form beweiſt
9inur, daß man ſich nicht in ſehr ſtarker Poſition fühlt! Wei=
nichts
! Aber ſo kommen wir nicht weiter!
Stadt und Heag werden ſich dazu bequemen müſſen, der
gerſchaft volle Aufklärung darüber zu geben, wie ſie zu ſol=
Preisſtellungen kommen. Ganz beſonders die minderbemit=
Bevölkerung will wiſſen, ob wir ſchon ſoweit abgewirtſchaf=
ſind
, daß ſie auf den Bezug von Lebensnotwendigkeiten, wie
1 und Lichtſtrom, verzichten muß. Die Antwort darauf läßt
aber nicht von heute auf morgen geben. Schon gar nicht
Ah das Gaswerk. Denn das muß ja erſt ſeine kaufmänniſche
2hführung einrichten, was, wie ich erfahre, ſchon vor dem
ge von dem damaligen Stadtverordneten Juſtizrat Lindt
Herrn Oberbürgermeiſter dringend empfohlen wurde.
Aus dieſem Grunde war es wohl gänzlich verkehrt, die Bür=
Achaft ſchnell mit einem Almoſen abſpeiſen zu wollen!

Ne
d
i
9
b
S
G

*
5
f.

Herr Architekt Peter Müller, Mathildenſtraße 15, bittet
mitzuteilen, daß er mit dem Redner in der Proteſtverſamm=
am
Mittwoch abend, Architekt Müller, nicht identiſch iſt.
Gas= und Waſſerpreiserhebung. Es ſei wiederholt, worauf
tin Nr. 293 hingewieſen wurde, darauf aufmerkſam gemacht,
die Ableſezettel, die die ſtädtiſchen Erheber in dieſen Tagen
ſen Wohnungen zurücklaſſen, keine Rechnungen ſind. Jede
nung, die über eine Ware ausgeſtellt wird (und auch Gas
Waſſer ſind ſolche Waren, die die Stadt verkauft), bedarf
Einſtellung der Forderungsbeträge mit
ezifikation zwecks Ermöglichung der Nachprüfung durch
Schuldner. Sollte der Erheber angedroht haben, daß bei
lung erſt am Montag das Doppelte geſchuldet werde, ſo
ichen ſich die Bezieher auch durch dieſe Aeußerung in kei=
Weiſe beunruhigen zu laſſen. Fälligkeit der
ild ſetzt die Ausſtellung ordnungsmäßiger Rechnung, Verzug
ebliche Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit voraus. Das
either Rechtens geweſen und muß auch Rechtens bleiben. Die
dtverwaltung wird denn doch gut daran tun, auch dieſe
)tlichen Gepflogenheiten eines geregelten Geſchäftsver=
5 ſich zu eigen zu machen. Im Prozeßfalle würde ſie unzwei=
ft
den Kürzeren ziehen.
De Höchſiſätze der Erwerbsloſenunterſtützung
agen in der Woche vom 22. bis zum 27. Oktober 1923 wochen=
ch
in den Orten der Ortsklaſſen A B O Du. E
in Milliarden Mark
für männliche Perſonen:
1 8,4
über 21 Jahre .. 10,5 98
unter 21 Jahren ... 68 59 55 ZI
für weibliche Perſonen:
72 6,6
über 21 Jahre . . 84 78
3 4
unter 21 Jahren ..
4,9 4,6
(ls Familienzuſchläge für
3,9 3,6 3,3 3
) den Ehegatten
die Kinder und ſonſtige unter=
2,5
27
ſtützungsberecht. Angehörige.
31 29

Mietberechnung.
Wiederholt wurde von den intereſſierten Kreiſen der Wunſch ge=
äußert
, daß die Stadtverwaltung allmonatlich eine Mietberechnung, ins=
beſondere
für möblierte Zimmer, veröffentlichen möchte. Deshalb ſoll
im Folgenden für den Monat Oktober eine endgültige Miet=
berechnung
für alle die feſtgeſtellt werden, die ihre Miete nicht ſchon
vorausbezahlt haben.
Wichtig iſt, daß für die Berechnung der Reichslebenshaltungsindex
von großer Bedeutung iſt. Dieſer Indes wird in der Regel Donners=
tags
vormittags in den Tageszeitungen bekannt gegeben und gilt vom
Tage der Bekanntmachung in den hieſigen Tageszeitungen ab, alſo vom
Donnerstag ab.
Berechnen wir nun wiederum ein Beiſpiel. Als
ſolches diene wieder, wie in den früheren Veröffentlichungen, eine Vier=
zimmerwohnung
in einem vierſtöckigen Hauſe. Der Steuerwert beträgt
50 000 Mark, der Brandverſicherungswert 40 000 Mark, die Friedens=
miete
des ganzen Hauſes 2500 Mark, die Grundmiete 2000 Mark, die
Friedensmiete der Wohnung 730 Mark, die Grundmiete alſo 584 Mark
jährlich. Es ſei hier bemerkt, daß die Friedensmiete etwa 5 Prozent
des Steuerwertes beträgt, die Grundmiete etwa 4 Prozent. Wer nur
ſeine Grundmiete kennt, muß alſo ¼ dieſes Betrages zurechnen, um
die Friedensmiete zu erhalten.
4) Reichsgeſetzliche Miete.
1. Die Grundmiete beträgt monatlich
48,50 Mk.
2. Der Zuſchlag für Steigerung der Zinſen beträgt
1500 Prozent der Grundmiete 584 X 1500
730,00
100 19
3. Der Zuſchlag für die Betriebskoſten ( Verwal=
tung
) beträgt 1 Proz. d. Friedensmiete mal dem
Lebenshaltungsindex 730 X 3 045 000 000
1852375 000,00
100 X 12
4. Der Zuſchlag für die Unterhaltungskoſten
beträgt 15 Prozent der Friedensmiete mal
dem Lebenshaltungsindes monatlich
730 X 15 X 3 045 000 000

100 X 12

27 785 625 000,00

beſitzer muß heute dieſe Steuern und Abgaben ſo=
fort
nach Eingang der Rechnung auf die Mieter in
voller Höhe ausſchlagen.

29 638 000 778,50 Mk.
Die monatliche Miete für eine ſolche Wohnung beträgt demnach
rund 30 Milliarden Mark.
B) Betriebskoſten.
Im voraus ſei bemerkt, daß die folgende Berechnung notwendig
iſt für die Berechnung der möblierten Zimmer. Der Haus=
1. Die Wohnungsbauabgabe. Sie bleibt vorerſt un=
berückſichtigt
, weil die Reichsbehörden noch keine
Entſchließung getroffen haben, ob für die Folge
eine Wohnungsbauabgabe überhaupt noch erhoben
werden ſoll, oder in welcher Höhe die Erhebung
zu erfolgen hat.
2. Die ſtädtiſche Grundſteuer. Sie beträgt pro 100 Mk.
Steuerkapital 1 Million Mark und iſt in zwei
Zielen zu erheben. Der Aufſchlag auf die Woh=
nung
beträgt demnach auf einen Monat berechnet:
50 000 X 1000 000

20 833 000 Mk.

3 125000

83435000

2100000000

2801 400000

100 X 4X6.
3. Grundſteuer des Staates. Sie beträgt pro 100
Mk. Steuerkapital 5 Mk. mal einem Index. Die
beiden erſten Ziele dienen für die rückliegende
Zeit und ſind demnach auf einmal zu bezahlen
50 000 X 5 X 10000
100 X2X4
4. Der Brandverſicherungsbeitrag. Er beträgt z. Zt.
jährlich das 100 121fache des Brandverſicherungs=
wertes
und für eine Wohnung 40 000 X 100 121
4 X 19
5. Die Schornſteinfegergebühr. Sie beträgt z. Zt. das
3milliardenfache derFriedensbeträge, demnach monat=
lich
1.4 X 24 X 3000 0000 000
4X 12
6. Der Waſſerverbrauch mit monatlich etwa 4 Kbm.
Der Preis für die rückliegende Ableſeperiode be=
trägt
0,23 Mk. mal Lebenshaltungsindex, demnach
0,23 X 4 X 3045000000
zuſammen: 5 008 793 000 Mk.
Die Betriebskoſten betragen demnach zuſammen etwa 5 Milliarden.
Dazu kommen noch unter Umſtänden Treppenbeleuchtung, Verſicherung
gegen Waſſerſchaden, Haftpflicht uſw.
C. Der Preis für ein möbliertes Zimmer ſetzt ſich
wie folgt zuſammen:
1. Für den leeren Raum ¼ der reichsgeſetzlichen
7 500 000 000 Mk.
Miete unter A.
1 250 000 000
2. ¼ der Betriebskoſten unter B
170000 000
3. Umſatzſteuer 2 Prozent von 1 und 4
4. für Benutzung des Mobiliars 0,6 Prozent vom
Mittelwert, der jetzt mindeſtens mit 320 Milliarden
2000 000000
angenommen werden muß
5. Für Bedienung der 15ſtündige Lohn einen Lauf=
7 500 000 000
frau ohne Koſt 15 X 500 000 000
zuſammen alſo monatlich: 18 420 000 000 Mk.
Dazu kommen noch die Vergütung für Beleuchtung, Heizung,
Wäſche, Verpflegung uſw. Schlafſtellen fallen nicht unter dieſe
Berechnung.

Die vorſtehend errechneten Mietpreiſe ſind indeſſen nur für ein
normales Beiſpiel mit einfachſter Möblierung be=
ſtimmt
. Sie richten ſich im einzelnen Falle nach der Größe der
Näume, ihrer Lage und baulichen Ausſtattung. Es muß ausdrücklich
darauf hingewieſen werden, daß die Feſtſetzung der Unter=
miete
der freien Vereinbarung der Vertragsteile
vorbehalten iſt. Einigen ſich die Parteien nicht, ſo entſcheidet auf
Inrufen eines Vertragsteiles das Mieteinigungsamt und ſetzt die Miete
feſt. Das Mieteinigungsamt wird dabei die ſozialen Verhältniſſe des
Mieters wie des Vermieters berückſichtigen. Es ſoll damit vor allem
einer unberechtigten Ausbeutung der Untermieter vorgebeugt werden,
auf der anderen Seite aber wird leiſtungsſchwachen Vermietern nicht
die Möglichkeit genommen, ſich durch entſprechende Miete, insbeſondere
Ausländern gegenüber, ſchadlos zu halten.
Für Küchenmitbenutzung iſt (ohne Gas, Elektrizität, Waſ=
ſer
, Kohle, Holz, Streichhölzer uſw.) die Hälfte des Satzes für den
leeren Raum und die Möbel eines einfachen Zimmers zu berechnen.
Ganz beſondere Aufmerkſamkeit verdient der Gas= und Strom=
verbrauch
, denn die jetzt zu zahlenden Beträge machen es für den
Vermieter notwendig, eine genaue Verteilung der Laſten vorzunehmen
damit er nicht zu großem Schaden kommt. Es empfiehlt ſich, jeweils
ei Eingang der Rechnung eine Verteilung der Koſten vorzunehmen
oder von dem Untermieter die Löſung von Gutſcheinen im voraus zu
verlangen.
Der Vermieter kann bei Eingang des Mietver=
jältniſſes
Vorauszahlung verlangen, er muß dabei
aber den jeweiligen Lebenshaltungsindex am Tage der Zahlung gelten
laſſen und kann am Ende des Monats ſich nicht auf die Erhöhung des
Lebenshaltungsindex berufen und eine Nachzahlung verlangen.
Die vorſtehenden Berechnungsmethoden ſind reichlich kompliziert.

B.
Methode für den Monat November Anwendung.
Zur Mietberechnung.
Die Bekanntmachung des Heſſiſchen Miniſteriums für Arbeit und
Wirtſchaft vom 26. 9. 1923, über die Berechnung der Mieten vom 1. 10.
1923 ab, hat in mehreren Zeitungen Kommentare gefunden, deren Aus=
führungen
nicht unwiderſprochen bleiben dürfen. Zunächſt iſt es keines=
wegs
in das Belieben des Mieters geſtellt, wann er ſeine Miete zu zah=
len
hat. Durch Artikel 1 der zweiten Verordnung des Reichsgeſetzes über
Mieterſchutz und Mieteinigungsämter vom 16. 10. 1923 Darmſtädter
Zeitung vom 17. 10. 1923, Nr. 243 iſt zwar beſtimmt, daß in allen
Fällen, in denen die geſetzliche Miete gilt, ſowohl der Vermieter als auch
der Mieter berechtigt iſt, die Zahlung des Mietzinſes in Monatsabſchnit=
ten
zu verlangen; die vierteljährliche Mietzahlung iſt in dieſen Fällen
aufgehoben. Im übrigen iſt aber, gemäß § 551 des BGB., der Miet=
zins
grundſätzlich nach dem Ablauf der Monatsabſchnitte zu entrichten
Es ſteht ſelbſtverſtändlich nichts im Wege, dieſe Beſtimmungen vertraglich
dahin abzuändern, daß die Miete im voraus zu zahlen iſt. Hierzu be=
darf
es jedoch der übereinſtimmenden Willenserklärung beider Teile.
Was die Berechnung der Oktobermiete anlangt, ſo ſei noch insbeſon=
dere
auf folgenden Umſtand hingewieſen:
Gemäß Ziffer 3 und 4 unſerer Bekanntmachung vom 26. September
1923 betragen die Zuſchläge für Inſtandſetzungs= und Verwaltungskoſten
zuſammen 16 Prozent der Friedensmiete, vervielfacht mit dem vor dem
Tage der Fälligkeit der Miete zuletzt bekannt gegebenen

Lebenshaltungsindex. Fällig iſt die Oktobermiete, ſoweit ſie nicht im Ok=
tober
vorausgezahlt worden iſt, nach Monatsablauf, d. h. mit dem Ab=
lauf
des letzten Oktobertages. Die Indexziffern werden ſtets Donners=
tags
in den Zeitungen bekannt gegeben. Die Oktobermiete iſt daher, ſo=
weit
ſie noch nicht geleiſtet iſt, nach dem Lebenshaltungsindex zu bemeſſen,
der am 25. Oktober 1923 veröffentlicht worden iſt und der das
3 045 000 000 fache der Vorkriegszeit beträgt. Die Tatſache, daß der Don=
nerstags
bekannt gegebene Lebenshaltungsindex für die ganze Woche gilt,
iſt für die Berechnung der Miete ohne Belang.
Die Zuſchläge für November werden Anfang nächſter Woche bekannt
gegeben werden.
Eberſtadt, 27. Okt. Hilfsaktion. Zur Linderung der Nor
der Sozial= und Kleinrentner ſowie der Erwerbsloſen hat ſich unter dem
Vorſitz des Herrn Bürgermeiſters Schäfer ein Hilfsaktionsausſchuß von
Induſtrie, Landwirtſchaft, Handel und Gewerbe, ſowie des Arbeiter=
kartells
gebildet. Es werden ſowohl Geldſpenden wie Naturälien an=
genommen
. Alle Gaben gelangen unter Hinzuziehung von Vertretern
der Erwerbsloſen zur Verteilung. Die erſten Spenden ſind bereits ein=
gegangen
. Die Bäckervereinigung hat 650 Laib Brot zu verbilligten
Preiſen, die Kolonialwarengeſchäfte Lebensmittel im Werte von zwei
Billionen, die Textilbranche zirka 200 Milliarden, die Mühlenbeſitzer
Mehl uſw. zur Verfügung geſtellt. Die diesjährige Kartoffel=
kirchweihe
, die dem Datum nach am kommenden Sonntag ſtatt=
finden
ſollte, fällt dieſes Jahr mit Rückſicht auf die Zeitverhältniſſe aus.
v. Eberſtadt, 26. Okt. Aufdem Main=Neckarbahnhof
wird gegenwärtig wegen Baufälligkeit des alten Unterkunftsraumes,
einer einfachen Bretterhütte, ein neues ſteinernes Aufenthaltsgebäude
für Eiſenbahner errichtet. Die Inſtallationsarbeiten für elektriſches
Licht auf dem Bahnof gehen ihrer Vollendung entgegen.
-0- Roßdorf, 27. Okt. Die Bürgermeiſterei iſt vomt Ge=
meinderat
ermächtigt worden, je nach Bedarf einen Betriebsmittelvor=
ſchuß
in Anſpruch zu nehmen. Die Grundmiete für die neu er=
bauten
Wohnhäuſer iſt auf 400 Mk. (mal Lebenshaltungsindes vom
1. Tag eines jeden Monats) feſtgeſetzt worden.
* Nieder=Ramſtadt, 28. Okt. Der hieſige Durnverein veran=
ſtaltet
heute, den 28. d. M., im Gaſthaus Zur Poſt einen Theater=
abend
. Es gelangt die dreiaktige Operette Die Winzerlieſel, von
Gg. Mielke zur Aufführung. Es iſt dies die Wiederholung des vor
14 Tagen mit ſo großem Erfolg aufgenommenen Stückes. Die Beſetzung
iſt die gleiche geblieben. Mitwirkende ſind die Damen: Mahr, Voll,
Seeger, Bender, ſowie die Herren: Voll, Rückert, Trautmann, Schettler
und Althaus, die einen genußreichen Abend verſprechen. Die muſikaliſche
Begleitung liegt in Händen der Herren Crößmann und Fiſcher. Karten
ſind an der Abendkaſſe zu haben.
H. Ober=Ramſtadt, 26. Okr. Gemeinderatsbericht. An
dem Baublock Frankenhäuſer Weg ſoll die erforderliche Waſſerzuleitung
von der Gemeinde in eigener Regie, unter Mithilfe der dortſelbſt direkt
Intereſſierten, ausgeführt, Material hierzu überwiegend aus dem Be=
ſtand
der Gemeinde verwandt und das erforderliche Kapital zur Durch=
führung
des Projekts beim Staate aufgenommen werden. Unter Auf=
hebung
ſeines Beſchluſſes vom 16. Auguſt hat der Gemeinderat das
Pachtgeld für die Jagdbezirke 2 und 3 für das Jahr 1923 auf den Wert
von 120 Haſen, und zwar letzteren zu 3 Goldmark angenommen, feſtge=
ſetzt
. Bezüglich des Jagdbezirks 1 wurde die ſeinerzeitige Verhandlung
der Finanzkommiſſion mit dem Pächter gebilligt und als Geſamtpacht=
preis
6 Milliarden, einſchl. Geldentwertungszuſchlag für den Reſt dieſer
Summe feſtgeſetzt. Mit der Erbauung eines Zweifamilienhauſes
durch Gg. und Herm. Henkel am Nieder=Ramſtädter Pfad (zurzeit noch
außerhalb des Ortsbauplanes), erklärt ſich der Gemeinderat einverſtan=
den
, die Koſten der Zuleitung von Waſſer und Licht übernimmt die
Gemeinde jedoch nicht. Als weiterer Baublock wird Gelände am Fran=
kenhäuſerweg
, rechts der gegenwärtig errichteten neuen Häuſerreihe,
und im Ochſenbruch ſeitens der Gemeinde zur Verfügung geſtellt. Die
Reflektanten haben alle Vermeſſungskoſten, die Koſten der Licht= und
Waſſerverſorgung ſelbſt zu tragen und außerdem, ſoweit ſie Privatge=
lände
beſitzen, der Gemeinde ſolches im Tauſchwege zur Verfügung zu
ſtellen. Die Erweiterung des Baublocks hinter der Faſelhofreite wird
vorerſt zurückgeſtellt. Der Preis der abgegebenen Bauplätze wird nach
endgültiger Einteilung dieſer vom Gemeinderat feſtgeſetzt werden.
Das im Gemeindewald noch vorhandene Nutzholz ſoll demnächſt, gegen
Barzahlung innerhalb 8 Tagen, verſteigert werden derart, daß vom
achten Tage nach der Verſteigerung 10 Prozent Tageszinſen auf dem
Steigpreis erhoben werden. Ein Geſuch des Herrn Lehrers Adelberger
um Erlaß von Pachtgeld eines Gemeindegrundſtücks als Vergütung
für ſeine Tätigkeit in der Kriegsbeſchädigtenfürſorge, wurde der Kon=
ſequenzen
halber abgelehnt. Geſuchſteller ſoll ev. Anſprüche der Ge=
meinde
gegenüber in Geld erheben. Von verſchiedenen Anträgen des
Wohnungsinſpektors Würtenberger wird Kenntnis genommen, und ſol=
len
die Mißſtände ſeitens der Gemeinde behoben werden. Gleich dem
Staatsgefällen werden künftig auch Gemeindegefälle auf volle 1000 Mk.
auf= bzw. abgerundet. Für das Fahren des Leichenwagens von Darm=
ſtadt
bis einſchl. Friedhof Ober=Ramſtadt wurde eine Grundgebühr von
12 Goldmark feſtgelegt. In dieſem Sinne kam auch eine Beſchwerde
gegen den derzeitigen Unternehmer zur Erledigung. Da die Räume
der Gewerbeſchule zurzeit nur noch Fortbildungsſchulzwecken dienen und
der Ortsgewerbeverein Ober=Ramſtadt als Eigentümer keine direkte Ver=
wendung
zurzeit mehr dafür hat, trat er an den Gemeinderat mit dem
Vorſchlag heran, die Gemeinde wolle ſämtliche Unterhaltungskoſten an
und in dem Gebäude, einſchl. Mobiliar, übernehmen und den reichsge=
ſetzlichen
Anteil von 6 Prozent Miete an den Verein abführen. Der
Gemeinderat erklärte ſich hiermit einverſtanden, und ſoll zwiſchen Bür=
germeiſterei
und Ortsgewerbeverein ein entſprechender Vertrag ausge=
arbeitet
werden. Die Geſuche Georg Heinz und Philipp Keller 1. wegen
Pachtgeldnachläſſe, werden vorerſt zurückgeſtellt. Eine Beſchwerde des
Karl Rodenhäuſer 2., bezüglich eines Pachtgrundſtücks am Schmeerofen,
wurde an die Feldgeſchworenen verwieſen. Die Beſchwerde der Ludwig
Schmidt Ww. gegen Georg Rodenhäuſer 10., wegen Beſchädigung einer
Grabeinfaſſung uſw. auf dem alten Friedhof, wurde nach einem Gut=
achten
mehrerer Gemeinderatsmitglieder teilweiſe für erledigt erklärt,
Nodenhäuſer ſoll jedoch nochmals aufgefordert werden, auch das Grab=
kreuz
vorſchriftsmäßig inſtand zu ſetzen. Das Sprunggeld für Mutter=
tiere
in der Faſelhofreite wurde auf 100 Millionen für eine Kuh oder
ein Rind, 80 Millionen für ein Mutterſchwein und auf 7 Millionen für
eine Ziege mit Wirkung vom 25. 10. erhöht. Ein Dringlichkeitsantrag
der Arbeitsloſen auf Gewährung von Brot, Milch uſw. für ihre Fami=
lien
kam dahin zur Erledigung, daß größere Kapitalaufnahmen beim
Staate für dieſen Zweck gemacht werden ſollen. Auch ſollen erforder=
lichenfalls
Betriebsmittelvorſchüſſe für laufende Zwecke daſelbſt aufge=
nommen
werden. Die Erledigung von Wohlfahrtsſachen bildete den
Schluß der Sitzung.
0- Münſter bei Dieburg, 26. Okt. Hochwaſſer. Die Gerſprenz
führt infolge des anhaltenden Regenwetters der letzten Tage Hochwaſſer
mit ſich. An der Straße nach Eppertshauſen reicht das Waſſer bis dicht=
unter
die Steinbrücke. Viele Wieſen, auf denen ſich eben die Gänſe tum=
meln
dürfen, ſtehen unter Waſſer.
A Reichelsheim i. O., 27. Okt. Einbruch. Dienstag auf Mittwoch
Nacht wurde hier wieder ein ſehr ſchwerer Einbruch ausgeführt. Als
der Landwirt und Kaufmann Phil. Röder geſtern früh ſeinen Laden
öffnete, bemerkte er, daß die wertvollſten Waren, Herren= und Damen=
hemden
, Tücher, Kragen, Strümpfe, Wolle und andere Kleider= und
Wäſcheſtücke geſtohlen waren, während die Vorräte an Kolonialwaren
unverſehrt geblieben waren. Auch 3 Paar Stiefel des Beſitzers fehlten.
Bis jetzt fehlt noch jede Spur des Verbrechers.
r. Hahn, 27. Okt. Eine Hilfsaktion für alle Notleidende iſt
hier im Gange. In der Hauptſache werden nur Naturalien geſammelt.
Neuer Gemeinderat. Für den ausgeſchiedenen Gemeinderat
Gilbert iſt der Landwirt Friedrich Kehr 3. in den Gemeinderat ein=
getreten
. Mieteinigungsamt. Dem Mieteinigungsamt gehö=
ren
an als Vertreter der Mieter: Gg. Strauch 2. (Stellvertreter Hch.
Merſchroth) und als Vermieter=Vertreter: Friedrich Starck (Stellvertr.:
Heinrich Maus).
ro. Aus dem Ried, 26. Okt. Die Kartoffeln ſind jetzt nahezu
eingebracht. Die Einbringung der Rüben hat beſonders durch die naſſe
Witterung in den letzten Tagen einige Verſpätung erfahren.
zh. Heppenheim a. d. B., 27. Okt. Der Streit umden Baum.
Die beiden Nachbargemeinden Bensheim und Heppenheim lagen ſeit
längerer Zeit wegen einer Pappel, die auf ſtrittigem Gebiete ſtand, mit=
einander
in Differenzen. Dieſer Streit iſt nunmehr durch einen Ver=
gleich
beigelegt worden. Die Pappel wird jetzt zur Verſteigerung kom=
men
und der Erlös zu einem Drittel der Stadt Heppenheim und zu
Zweidritteln Bensheim zugeführt werden.
nr. Offenbach, 26. Okt. Todesfall. Der langjährige und ver=
dienſtvolle
Studienrat an der Baugewerkſchule Offenbach, Herr Alois
Beck, ein geborener Offenbacher, iſt dieſer Tage geſtorben. Er hat ſich
als Fachmann auch über ſeine engere Heimatſtadt Offenbach hinaus einen
guten Ruf erworben.
th. Mainz, 27. Okt. Bei einem Boxkampf zwiſchen einem
Mainzer und einem Kölner Ringer wurde der letztere, der Boxkämpfer
Schmitz, aus Köln, von ſeinem Gegner ſo unglücklich auf den Boden
aufgeſorfen, daß er an den erlittenen Verletzungen im Maizer Kran=
kenhaus
, wohin man den verunglückten Sportsmann ſogleich gebracht
hatte, nach kurzer Zeit verſtarb.
R. Weitershain bei Gießen, 26. Okt. Familientragödie.
Ein ſchweres Familiendrama hat ſich in unſerem ſtillen Dörfchen abge=
ſpielt
. Der Landwirt Karl Röcker iſt im Verlauf einer Streitigkeit von
ſeinem Schwiegervater durch einen Beilhieb ſo ſchwer verletzt worden,
daß er ſich ſofort im Krankenhaus zu Gießen einer Operation unter=
ziehen
mußte. Man hofft, daß der Bedauernswerte mit dem Leben da=
vonkommt
.

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Solitttag, dent 28. Oktober 1923.

Rummer 298.

*Leitſätze für eine neue Städte= und

Landgemeindeordnung
H.K. Von der Handelskammer Darmſtadt wird uns zur Frage des
wertbeſtändigen Notgeldes folgendes geſchrieben:
die der langjährige Leiter ſtädtiſcher Betriebswerke i. R. Dr. Karl
Nachdem ſeitens des Herrn Reichsifnanzminiſters die Bedingungen
für die Ausgabe von wertbeſtändigem Notgeld durch einzelne Firmen Klein, Offenbach a. M., aufgeſtellt hat und die er auf dem
oder Organiſationen bekannt gemacht worden waren, hat die Handels= Tage der Technik auf der internationalen Meſſe in Frankfurt vor
kammer Darmſtadt mit den hauptſächlich in Betracht kommenden hieſi= den Ingenieuren im Oktober 1922 vortrug (vgl. den Aufſatz Kleins
gen größeren Firmen die Frage geprüft, ob die Ausgabe von wert= über Kommunale Elektrizitätswirtſchaft in der Zeitſchrift für Kom=
munalwirtſchaft
, Nr. 10 vom 25. Mai 1923):
beſtändigem Notgeld ſeitens der einzelnen Firmen oder zentral durch
die Handelskammer angebracht erſcheint. Die heute ſich aus der rapiden
Neue preußiſche Städteordnung als Vorläufer der Reichsſtädteord=

Geldentwertung ergebenden Mißſtände bei der Auszahlung von Lohn
und Gehalt ließen die Prüfung dieſer Frage ganz beſonders dringend
erſcheinen.
Die Ausgabe von wertbeſtindigem Notgeld durch einzelne Fir=
men
war von vornherein als nicht angebracht anzuſehen, 2r hierdurch
eine Menge verſchiedenartigen, meh: oder minder verkehrsfähigen Not=
geldes
geſchaffen worden wäre, deſſen Annahme in den Geſchäften, wie
auch deſſen Einlöſen erhebliche Schwierigkeiten gemacht haben würde.
Es war daher lediglich die Frage zu prüfen, ob ſeitens ver Handels=
kammer
für den hieſigen Bezirk die Ausgabe wertbeſtändigen Not=
geldes
angebracht iſt.
Nach dem Erlaß des Herrn Reichsfinanzminiſters kann derartiges
Geld nur als eine Kleinſtückelung der Goldanleihe herausgegeben wer=
den
. Eine ſolche Stückelung iſt aber bereits ſeitens des Reiches im
Gange und erſcheinen die Stücke in dieſen Tagen im Verkehr. Das von
der Handelskammer auszugebende Notgeld konnte daher keinesfalls
früher wie die kleinen Stücke der Goldanleih= ſelbſt auf dem Markt er=
ſcheinen
. Als bedenklich wurde es auch angeſehen, für den hieſigen Ve=
zirk
wertbeſtändiges Notgeld zu ſchaffen, während dies in den umlie=
genden
größeren Bezirken nach den eingeholten Informationen vorläufig
nicht in Betracht kommt. Dieſes für Darmſtadt geſchaffene Geld wäre
daher notgedrungen von den umliegenden Bezirken abgeſaugt worden,
ſo daß es in unſerem Bezirk lediglich bei einer Lohn= und Gehalts=
zahlung
die ihm zugedachte Aufgabe hätte erfüllen können. Abgeſehen
hiervon, war aber ſicher damit zu rechnen, daß dieſes wertbeſtändige
Geld bei dem außerordentlichen Bedürfnis hiernach auch in anderen als
Lohn= und Gehaltsempfängerkreiſen gehamſtert worden wäre. Neben
allem dieſem führt aber auch eine ſolche Ausgabe von wertbeſtändigem
Notgeld zu der vollſtändigen Entwertug der Papiermark auch für den
inneren Verkehr, und zwar zu einem Zeitpunkt, da die Ausgabe der
neuen Rentenmark bevorſteht, und es gilt, über dieſe ſchwierige Ueber=
gangszeit
ohne weitere Erſchütterung hinwegzukommen.
Man war daher der Meinung, daß aus dieſen Gründen die Han=
delskammer
von der Ausgabe ſolchen wertbeſtändigen Geldes Abſtand
nehmen ſoll, und ſah es ebenfalls als wüinſchenswert an, daß auch ein=
zelne
Firmen, die vielleicht ihrerſeits die Ausgabe wertbeſtändigen Gel=
des
planten, hiervon Abſtand nehmen. Vorerſt gilt es, die laufend not=
wendigen
Mengen von Papiermark zu beſchaffen, damit die Lohn= und
Gehaltszahlungen überhaupt bewerkſtelligt werden können. Im Inter=
eſſe
der Sicherung des empfangenen Wertes jedoch in den Händen der
Lohn= und Gehaltsempfänger kann allen Firmen, die es ermöglichen
können, nur empfohlen werden, wertbeſtändige Sparkaſſen, ähnlich wie
es bereits verſchiedene Firmen in Darmſtadt für ihre Angeſtellten und
Arbeiter getan haben, für ihren Betrieb einzurichten. Dieſes erſcheint
zurzeit das beſte Mittel, um dem Lohn= und Gehaltsempfänger in Han=
del
und Induſtrie die wertbeſtändige Sicherung eines Teiles ſeines
Einkommens zu gewährleiſten und ihm eine Sparmöglichkeit für grö=
ßere
Anſchaffungen zu geben. Noch wichtiger wäre es aber, weun dieſe
Aufgabe nicht dem einzelnen Betrieb zufällt, ſondern wenn die Banken
und vor allen Dingen die Sparkaſſen ihrerſeits möglichſt bald zur Ein=
führung
ſolcher Goldmarkkonten ſchreiten, zumal dieſe bei Einführung
der Rentenmark ohne weiteres geſchaffen werden müſſen. Soweit bei
der Errichtung ſolcher Konten durch die Sparkaſſen zur Beſchaffung der
notwendigen Deckung eine Aenderung der Deviſengeſetzgebung not=
wendig
iſt, ſollte dieſe ſofort auf Grund des Ermächtigungsgeſetzes ge=
ſchehen
.
Maßnahrnen zur Lebensmittelverſorgung.
Die heſſiſche Staatsregierung hat im Hinblick auf die außer=
ordentlichen
Schwierigkeiten bei der Lebensmittelverſorgung ſich zur
Bereitſtellung namhafter Kredite entſchloſſen.
Bei der Verſorgung mit Kartoffeln dienen die Kredite ein=
mal
dazu, größeren Ankaufsorganiſationen und Großhändlern den An=
kauf
von Kartoffeln durch bereitgeſtellte wertbeſtündige Zahlungsmittel
zu erleichtern. Die damit beſchafften Kartoffeln werden von den
Bedarfsſtellen gegen Bezahlung in Empfang genommen, wofir die
Reichsbank entſprechende Kredite gewährt. Zur Umwandlung dieſer
Kredite in wertbeſtändige Zahlungsmittel hat wiederum der Staat
wertbeſtändige Kredite zur Verfügung geſtellt. Durch dieſe Art der
Organiſation iſt es möglich, den erſten Kredit des öfteren umzuſchlagen
und größere Kartoffelmengen in kürzeſter Zeit in das Land zu bringen.
Die Bedarfsſtellen ihrerſeits haben von den einzelnen Konſumenten
für die abgelieferten Kartoffeln den Kaufpreis einzuziehen. Mit dieſen
Krediten wird bereits ſeit einiger Zeit von den Aufkäufern gearbeitet,
und es ſind daraufhin Kartoffeln im Anrollen.
In gleicher Weiſe hat das Finanzminiſterium einen Kredit in wert=
beſtändiger
Währung zur Verfügung geſtellt, durch den die erforder=
liche
Mehlbeſchaffung für die Brotverſorgung der
Bevölkerung ſichergeſtellt werden kann. Auch dieſe Organiſation iſt be=
reits
in Tätigkeit.
Mit der Durchführung dieſer Maßnahmen iſt das Miniſterium für
Arbeit und Wirtſchaft, Abteilung für Ernährung und Landwirtſchaft, be=
auftragt
, mit dem ſich gegebenenfalls die Kreiſe und Gemeinden ins Be=
nehmen
ſetzen wollen.
Außer dieſen Verſorgungsmaßnahmen hat die Regierung im In=
tereſſe
der Brot= und Kartoffelverſorgung die Beſtandsaufnahme der
Getreide= und Meh.vorräte, ſowie der Kartoffeln angeordnet; außer=
dem
iſt die Fortführung der Markenbrotverſorgung vom Geſamtmini=
ſterium
beſchloſſen worden.
Vorſchläge zur Kartoffelpreisregulierung.
A. Aus dem Weſterwald. Die Kreis=Preisprüfungsſtelle be=
faßt
ſich, wie das Landratsamt Altenkirchen veröffentlicht,
mit der Kartoffelfrage. Die Auswüchſe auf dem Kartoffelmarkt,
insbeſondere Forderung von 3 Goldmark und darüber, wurde namentlich
auch von Vertretern der Landwirtſchaft aufs ſchärfſte verurteilt. In
Friedenszeit waren bei einer Ernte wie der diesjährigen ein Preis von
3 Mk. nie zu erzielen geweſen. Dem aus Erzeugerkreiſen zu erwarten=
den
, aber von keinem Mitglied der Preisprüfungsſtelle gemachten Ein=
wurf
, daß dieſe Erhöhung des Grundpreiſes dem gegen Friedenszeit
ebenfalls erhöhten Grundpreiſe der anderen Waren entſpreche, wurde da=
mit
begegnet, daß ſich die Erzeugungskoſten in der Landwirtſchaft nicht
in dem Maße erhöht hätten, wie in der Induſtrie (deren Berechnung
im übrigen auch höchſt angreifbar ſei), aber ſelbſt, wenn dem ſo wäre,
müſſe gerade bei der Kartoffelverſorgung unter heutigen Verhältniſſen
ein Höchſtmaß von Opfern verlangt werden. Dies ſei umſo billiger,
als die Landwirtſchaft zugeſtandenermaßen gute Zeiten hinter ſich habe,
die es ihr ermöglicht hätten, Subſtanz zu erhalten, Betriebsmittel zu
vermehren und vervollkommnen, Goldhypotheken in Papiermark abzu=
ſtoßen
. Man einigte ſich auf die Kalkulationsmethode: Unveränder=
licher
Grundpreis mal Multiplikator. Als Grundpreis wurde einſtim=
mig
ein ſolcher von 2 Mk. für angemeſſen gehalten. Der Multiplikator
wird zweimal wöchentlich Samstags und Mittwochs mit Wirkung
für drei Tage aus dem Kleinhandelsmultiplikator und der Landabgabe
am Tage der Feſtſetzung errechnet und zwar dergeſtalt, daß beide Rech=
nungsfaktoren
zu je 50 Prozent in Anrechnung gebracht werden, wobei
jedoch von der Landabgabe ebenſo wie beim Kleinhandelsmultiplikator
20 Prozent in Abzug gebracht werden. So errechnete ſich der für die
Zeit vom 22. bis 24. Oktober feſtgeſetzte Preis folgendermaßen: Der
nach Abzug von 20 Prozent errechnete Kleinhandelsmultiplikator betrug
24 Milliarden. Die Landabgabe 936 Millionen. Von letzterer waren
20 Prozent, alſo 187,2 Millionen, in Abzug zu bringen, ſodaß 748,8 Mill.
einzuſetzen waren. Kleinhandelsmultiplikator und um 20 Prozent er=
mäßigte
Landabgabe waren je zu 50 Prozent, alſo mit 1,2 Milliarden
bezw. 374,4 Millionen in Anſatz zu bringen, ſodaß ſich ein Multiplikator
von 1,574 Milliarden ergab, vervielfältigt mit der Grundzahl 2 ergab
einen Verkaufspreis von 3,148 Milliarden, abgerundet auf 3,2 Milliar=
den
. Dieſe Art der Berechnung ermögliche dem Landwirt, den Kartoffel=
erlös
in faſt allen Fällen ſofort zum Teil in Waren, die er im Klein=
handel
erſteht, anzulegen und zum Teil zur Bezahlung der Landabgabe
zu bringen; der Preis werde zu beiden Ausgaben ſtets in einem ange=
meſſenen
Verhältnis ſtehen. Der feſtgeſetzte Preis wird Montags und
Donnerstags morgens amtlich bekannt gemacht, es iſt Pflicht, ſich über
ihn zu vergewiſſern; Nichtinnehaltung wird ſtrafrechtlich verfolgt. Preis=
prüfungsſtelle
wird auch darüber wachen, daß Kartoffeln auch zu
dieſen Preiſen auf den Markt kommen und nicht in ſpeku=
lativer
Abſicht zuräckgehalten werden. Wer Waren an
Landwirte nur gegen Naturalien abgibt, gegen den ſoll mit allen zu=
läfſigen
Zwangsmitteln, namentlich Beſchlagnahme unnachſichtlich vor=
gegangen
werden, weil Zweifel daran, daß in ſolchen Fällen verbotene
Zurückhaltung vorliegt, nicht beſtehe. Sofern es ſich bei ſolchen Kauf=
leuten
um Inhaber einer ſogen. Großhandelserlaubnis handelt, ſoll das
ahren auf Entziehung derſelben eingeleitet und durchgeführt werden,

nung keine innerpreußiſche, ſondern reichsdeutſche Angelegenheit. Im
Gegenſatz zur undemokratiſchen Bürgermeiſterverfaſſung vermeidet die
bisherige Magiſtratsverfaſſung Autokratiſierung und Politiſierung in=
nerer
Stadtverwaltung, daher Magiſtrat als berufsſtändige, unpolitiſche
Körperſchaft beibehalten.
Magiſtratsmitglieder wie Beigeordnete nur in Hinſicht auf Be=
fähigung
und Vorbildung ohne Nückſicht auf politiſche Anſchauung wäh=
len
, alſo politiſche Verhältniswahl hier ablehnen. Stadt muß zu jeder
Zeit von Magiſtratsverfaſſung zu Bürgermeiſterverfaſſung übergehen
können und umgekehrt, ohne Bindung auf eine von beiden Formen für
die Zukunft.
Wirtſchaftlichkeit und Stetigkeit der Verwaltung ſtets in den Vorder=
grund
ſtellen. Mehrfachbearbeitung derſelben Sache durch verſchiedene
Amtsſtellen grundſätzlich vermeiden.
Beamtenapparat möglichſt einſchränken.
Betriebe und techniſche Aemter als ſelbſtändige wirtſchaftliche Un=
termehmungen
behandeln und auf höchſt erreichbare Wirtſchaftlichkeit
umſtellen. Rechnungsführung und Leitung nach privatwirtſchaftlichen
kaufmänniſchen Grundſätzen ohne jeden formaliſtiſchen Zwang geſetzlich
vorſchreiben.
Schiverfällige Verwaltungsausſchüſſe überall durch kleine beivegliche
Aufſichtsausſchüſſe mit allen Befugniſſen und Pflichten der Aufſichtsräte
von Aktiengeſellſchaften erſetzen. Ihre Mitglieder nur aus den beſten
Wirtſchaftlern der Städte berufen.
Dem Techniker in allen Stellen den ihm gebührenden Einfluß zu=
ſichern
. Direktoren ausnahmslos Sitz und Stimme in den Aufſichts= und
Fachausſchüſſen geben ſowie mit allen Rechten und Pflichten der Vor=
ſtandsmitglieder
der Aktiengeſellſchaften ausſtatten.
Neues freiheitliches Beamten= und Disziplinarrecht unter eindeuti=
ger
geſetzlicher Wahrung aller wohlerworbenen Rechte der Beamten
ſofort ſchaffen und die diesbezüglichen veralteten Geſetze reſtlos ablöſen.
Bewährte Kommunalingenieure zu allen Beratungen ſämtlicher da=
mit
befaßter parlamentariſcher Ausſchüſſe für Durcharbeitung neuer
preußiſcher wie ſpäterer Reichsſtädteordnung als Berater zuzuziehen
und in Frage kommende Fachorganiſationen vor Verabſchiedung dieſer
Geſetze hören.

Reich und Ausland.

Folgenſchwerer Zuſamptenſtoß.
Auf der Rückfahrt aus dem Algäu nach München iſt bei Landsberg
am Lech ein mit drei Herren, darunter einem Herrn von Bohlen und
Halbach, einem Neffen Krupps von Bohlen, beſetztes Motorfahrzeug in
ein ihm entgegenkommendes Militärfuhrwerk hineingerannt. Von den
herausgeſchleuderten Motorradfahrern iſt von Bohlen und Halbach durch
einen Schädelbruch und einen komplizierten Oberſchenkelbruch am ſchwer=
ſten
verletzt. Auch der zweite Mitfahrer erlitt einen Schädelbruch, wäh=
rend
der dritte mit Geſichtsquetſchungen davonkam. Alle drei liegen im
Krankenhaus in Landsberg. Das Befinden der Schwerverletzten iſt ſehr
bedenklich.
Staſelaluf des Motorſchiffes Saarland.
Auf der Werft Blohm u. Voß erfolgte der Stapellauf des für die
Hamburg=Amerika=Linie erbauten Motorſchiffes Saarland‟. Der Neu=
bau
iſt ein Schweſterſchiff der Ermland und Havelland und wird
nach ſeiner Fertigſtellung gleich dieſen in den Oſtaſiendienſt der Reederei
eingeſtellt.
Zuſammenſtoß zwiſchen Kartoffelſtopplern und Schupo.
Donnerstag morgen gegen 8½4 Uhr verſammelten ſich auf den Fel=
dern
zwiſchen Neukölln und Rudow etwa 1200 bis 1500 Perſonen, die
dort Kartoffeln ſtoppeln wollten, und zwar auf einem Gelände von
einem Quadratkilometer, wo bereits die Kartoffelernte beendet war und
das an den vier Ecken von je einem Schutzpoliziſten bewacht war. Den
Leuten war auf dieſem Gelände das Kartoffelſtoppeln erlaubt. Bereits
nach kurzer Zeit fielen verſchiedene der Kartoffelſammler über ein noch
nicht abgeerntetes Feld her, worauf ein Polizeibeamter einſchritt und die
Leute zurückwies. Darauf entſtand eine heftige Auseinanderſetzung.
Einer der Leute wurde tätlich und griff einen der Polizeibeamten an.
Ein anderer Polizeibeamter, der ſeinem Kameraden zu Hilfe geeilt war,
wurde von der Menge bedroht. Sie drangen mit ihren Kartoffelhacken
auf ihn ein, ſodaß der Beamte auf eine Anhöhe flüchten mußte. Er
forderte die Leute auf, von ihm abzulaſſen, widrigenfalls er von ſeiner
Schußwaffe Gebrauch machen müßte. Alle Mahnungen hatten aber kei=
nen
Erfolg. Die Kartoffelſammler drangen erneut auf ihn ein, ſodaß
er nunmehr zwei Schüſſe abgab. Dadurch wurde der 13jährige Karl
Hinz aus der Steinmetzſtraße 25 in Neukölln getötet und die 15jährige
Anna Brache aus der Wanzlickſtraße 21 in Neukölln ſchwer verletzt. Der
Knabe hat etwa 300 Meter von der Stelle entfernt geſtanden und ſcheint
durch einen Querſchläger getroffen worden zu ſein. Die ſchwerverletzte
Brache wurde einem Krankenhaus zugeführt.
Der Boxerdiebſtahl.
Großes Aufſehen erregte am Neujahrstage dieſes Jahres der Sta=
tuendiebſtahl
auf dem Fehrbelliner Platz. Hier war während der Nacht
einer der Boxkämpfer, über zwei Zentner ſchwer, vom Sockel abgeſägt
und verſchwunden. Der Magiſtrat fürchtete auch für ſeinen Partner,
nahm ihn ebenfalls weg und brachte ihn in Sicherheit. Jetzt iſt es dem
Kriminalkommiſſar Dr. Berndorff und ſeinen Beamten gelungen, dieſen
Diebſtahl und in Verbindung damit andere große Diebereien aufzu=
klären
und 20 Mann hinter Schloß und Niegel zu bringen. Haupt=
täter
waren ein Arbeiter Fritz Böhlke aus der Manteuffelſtraße und
ein Arbeiter Auguſt Rohfs aus der Mariannenſtraße. Dieſe beiden ge=
werbsmäßigen
Metalldiebe hatten auch ein Auge auf die Boxergruppe
geworfen. Mit ihren Frauen und ihrem Anhang machten ſie ſich in der
Neujahrsnacht auf, zunächſt einmal den einen Kämpfer zu holen. Wäh=
rend
von der benachbarten Kirche die Glocken das neue Jahre einläu=
teten
, und auf der Straße der übliche Silveſtertrubel anhub, ſetzten ſie
mit Erfolg ihre Metallſäge an und ſchafften die ſchwere Beute zunächſt
zu Böhlke nach der Manteuffelſtraße. Hier zerlegten ſie den Boxer in
mehrere Teile. Am nächſten Sonntag ſchafften ſie ihn zu einer Frau
Hoffmann in der Köpenicker Straße, und ein Arbeiter Ott, der dort be=
ſchäftigt
war, zerkleinerte ihn noch weiter. Dann wurde er als Alt=
metall
verkauft. Der Magiſtrat hatte gut daran getan, den zweiten
Kämpfer zu ſichern. Denn die Bande hatte in der Tat beſchloſſen, auch
ihn mit einem Handwagen abzuholen, aber enttäuſcht wieder umkehren
müſſen, weil der Platz leer war. Dieſe Diebe ſuchten planmäßig auch
Kirchen und Friedhöfe heim und ſtahlen, was ſie an Metall dort fan=
den
. Auch in der Nachbarſchaft von Berlin machten ſie Streifzüge, nach
Bernau, Groß=Schönebeck uſw. An einer Stelle deckten ſie das Zinnblech
von der Stadtmauer ab, an einer anderen Stelle einen Teil des Kupfer=
daches
von der Kirche. In den Stadtbahnwagen war kein Griff und
keine Klinke vor ihnen ſicher. An einem Ort montierten ſie eine ganze
Lokomotive ab. Das Hauptarbeitsfeld der Bande war die Station
Glöwen an der BerlinHamburger Bahn. Hier ſtehen auf toten Glei=
ſen
immer hunderte von Eiſenbahnwagen, die nach und nach in die Re=
paratur
gebracht werden. Ein paarmal in der Woche machten Böhlke
und Rohfs dorthin ihre Ausflüge und unterſuchten die Wagen ſo genau,
daß von ihren Metallteilen nicht viel mehr zurückblieb. Die größten
Teile zerſchlugen ſie gleich an Ort und Stelle oder im benachbarten
Walde. Mit zentnerſchweren Säcken beladen kehrten ſie jedesmal auf
Umwegen, nach Berlin zurück und verkauften hier ihre koſtbare Beute.
Die Geſchäfte gingen ſo gut und waren ſo lohnend, daß die Haupt=
diebe
nach und nach auch andere Leute als Träger mitnahmen. Dieſe
überzeugten ſich dann bald, daß dieſe Metalldiebſtähle in Glöwen ziem=
lich
leicht und ungefährlich waren, machten ſich ſelbſtändig und zogen
nun wieder mit anderen Helfershelfern, Verwandten oder Bekannten,
ebenfalls hinaus. So entſtand den Urhebern eine bedeutende Konkur=
renz
, dem Eiſenbahnfiskus aber ein Verluſt von Billionenwerten. Das
geſtohlene Gut, nicht nur Metall, ſondern auch Stoffe und Leder von
den gepolſterten Bänken, wurde überall an Altwarengeſchäfte verkauft,
und es iſt ſchwer, es auch nur zum Teil wieder herbeizuſchaffen. Im
ganzen wurden bisher 20 Beteiligte feſtgenommen.

Sport, Spiel und Zurnen.

Fußball.
Spielabteilung 1nion T. G. V. 65-

V. f. R. Darmſtadt.

Heute, Sonntag, nachmittags 3 Uhr, treffen ſich auf dem Spiel
platz an der Heidelberger Straße die beiden Ligamannſchaften obige
Vereine. Beide Mannſchaften befinden ſich noch ziemlich am Ende der
Tabelle. Während ſich Union bis jetzt 1 Punkt erkämpfen konnte, ſteh
V. f. R. noch punktlos. Somit werden beide Vereine verſuchen und
das größte Intereſſe daran haben, ihren derzeitigen Tabellenſtand gün
ſtiger zu geſtalten. Union als älterer Ligaverein wird ſeine Elf ver
ſtärken, um vor allen Dingen die zweite Stelle in der Darmſtädter Fuß
ballerſchaft beizubehalten. Andererſeits wird V. f. R. auch nicht müßig
ſein und alles daran ſetzen, um erſtens Union dieſe Anwartſchaft ſtreitie
zu machen und zweitens ſich die erſten Punkte zu ſichern. In Fußball
kreiſen iſt man ſich klar, daß beide Mannſchaften einen ganz hartnäckiger
Kampf liefern werden; dieſer wird aber durch die Beſchlüſſe der Inter

eſſengemeinſchaft der Darmſtädter fußballtreibenden Vereine trotzden
im Rahmen der Fairnis bleiben. Die Spielabteilung Union iſt au

ihrem Platze ein ſchwer zu nehmender Gegner; das hat ſie in ihren
einzigen Verbandsſpiel, das ſie bis jetzt auf eigenem Platze hatte, geger
Olympig=Lorſch zur Genüge bewieſen. Wir glauben nicht fehlzugehen
wenn man dieſen Grund berückſichtigt, Union mehr Siegesausſichten zu
zuſprechen, denn dieſer Vorteil ſpielt doch immerhin eine große Rolle
Sind die Unioniſten auf dem Damm und haben ſie aus ihren letzter
Spielen genügend Lehre gezogen, ſo werden ſie für V. f. R. doch ein
ernſtes Hindernis werden. Da zu dieſer Zeit kein weiteres Fußball
ſpiel in Darmſtadt ſtattfindet, ſo dürfte der Sportplatz an der Heidel
berger Straße endlich einmal wieder einen größeren Zuzug haben.
ein faires, ſpannendes Spiel bieten beide Mannſchaften Gewähr. pl.

Sportverein Darmſtadt 1898 E. V.
e Nachdem die Ligamannſchaft des Sportverein=
am
vergangenen Sonntag die Ligamannſchaft des Vereins für Raſen
ſpiele Germania=Pfungſtadt mit einem Siege von 6 zu 2 aus de
Spitzengruxpe der Tabelle verdrängen konnte, ſtehen ſich nunmehr an
heutigen Sonntag die beiden in der Tabelle der Kreisliga des Oden
waldkreiſes führenden Vereine gegenüber. Der Ausgang dieſes Tref
fens ſoll den endgültigen Führer in den weiteren diesjährigen Ver
bandsſpielen im Kreis Odenwald beſtimmen. Daß dabei die Ligamann
ſchaft des Sportvereins in einem für ſie ſo bedeutungsvollen Spiel ſi=
gerade
der Ligamannſchaft der Spielvereinigun
Sandhofen gegenüberſieht, iſt ein beſonderer Zufall. Bereits vo
zwei Jahren kämpften beide Vereine im entſcheidenden Spiel auf einer
neutralen Platz, in Offenbach, um den Verbleiben i der Liga. Ir
vergangenen Jahre waren es wieder die beiden Vereine, die ſich ur
den letzten Platz der Tabelle einen hartnäckigen Kampf lieferten.
beiden Spielen unterlagen die Darmſtädter trotz der beſten Vorſätze
Daß zum dritten Male in einem bedeutungsvollen Spiel, diesmal ur
die Füihrung, es wieder dieſelben Vereine ſind, erſcheint einem beſon
deren Zufall zugeſchrieben. Auf jeden Fall aber ſpielt in dieſem Jahr
die bisherige Leiſtungsfähigkeit die erſte Rolle, denn nur aus dieſer
Grunde war es möglich, daß beide Vereine zum Spiel um die Führun
in ihren Kreiſen zuſammentreffen konnten. Der Ausgang des morge
Sonntag in Sandhofen ſtattfindenden Spiels iſt völlig ungewiß. Beid
Vereine wiſſen nur zu gut, um was es geht. Es geht mehr als um di

Führung, es geht vielleicht ſchon bei dieſem Spiel um die Entſcheidun
der Kreismeiſterſchaft. Hoffen wir dieſes Mal, daß ſich die Liga de
Sportvereins auf ſich ſelbſt beſinnt und ihren zahlreichen Anhängern m.
dem morgigen Tag nicht die dritte Enttäuſchung bereitet. Das fällig
Verbandsſpiel der Ligaerſatzmannſchaften zwiſchen beide
Vereinen findet im Stadion ſtatt, während das Spiel der dritte
Mannſchaften in Sandhofen auszutragen iſt. An Jugendſpiele
finden ſtatt: 2a Jugend Sportverein, gegen 2a Jugend Verein
Raſenſpiele Germania=Pfungſtadt, und 1b Jugend Sportverein gege
1. Jugend Verein für Raſenſpiele Ober=Ramſtadt.

Am 28. Okrober feiert der Weſtdeutſche Spiel
verband, ſein 25jähriges Jubiläum.
Leichtathletik.
AAN2
Techniſche Ausſchußſitzung der D.S.B.
Die am 27. und 28. Oktober in Dachau bei München ſtattfindend
techniſche Ausſchußſitzung der D.S.B. wird ſich vor allem mit zwe
Fragen zu beſchäftigen haben, mit den Leichtathletik=Meiſterſchaften un
der Amateurfrage in der Leichtathletik. Die Leichtathletik=Meiſteeſchat
ten, die ſeit Jahren regelmäßig am dritten Auguſtſonntag zum Aus
trag gelangten, ſollen von jetzt ab eine Vorverlegung um 14 Tage e
fahren, da die Erfahrung gelehrt hat, daß unſere Leichtathleten zu de
bisher von der D.S.B. gewählten Zeit meiſtens ihre Höchſtform ſcho ß
überſchritten hatten. Es beſteht die Abſicht, die Zehnkampfmeiſterſcha M=
wieder
von den Einzelmeiſterſchaften zu trennen und dieſe zuſamme
mit den Meiſterſchaften für Frauen, die ebenfalls aus dem übliche
Programm herausgenommen werden ſollen, an einem acht Tage ſpätene
Termin gemeinſam austragen zu laſſen. Man hofft, auf dieſe Wei ſ.
ſowohl die Einzel= und Staffelmeiſterſchaften für Männer, wie auch d
Zehnkampfmeiſterſchaft in Gemeinſchaft mit den Frauen=Wettbewerbe
jedesmal in anderthalb Tagen, ſpäteſtens aber in zwei Tagen, zu End
führen zu können, ſelbſt wenn, wie die Abſicht beſteht, die Meiſte
ſchaften im Werfen und Stoßen in Zukunft auch beidarmig veranſtalt
werden ſollen.
Die in Deutſchland vertretene Anſicht über den Amateurbegri
ſtimmt nicht mit den international gebräuchlichen Gepflogenheiten übe
ein. Die Begriffe gehen beſonders in bezug auf die Behandlung de
Turn= und Sportlehrer erheblich auseinander. Die internationale

Beſtimmungen beſagen, daß jeder, der in irgend einem Sport für Gel
oder Geldeswert lehrt oder als Trainer die Uebungen überwacht, a.
Berufsſportsmann anzuſehen iſt. Die Beſtimmungen laſſen jedoch eit
Ausnahme bei den nationalen Wettkämpfen zu, aber auch nur, ſofer
es ſich um ſtaatlich oder ſtädtiſch angeſtellte Sportlehrer handelt, dere
Beteiligung an internationalen Wettkämpfen im In= und Ausland au
geſchloſſen bleibt. Eine weitere Beſchränkung beſteht nach internation
len Begriffen darin, daß ein Amateur für keine athletiſche Organiſatio
ſtarten darf, bei der er angeſtellt iſt, oder bei der er für irgend weld
Dienſte ein Entgelt erhält. Von dieſer Maßnahme werden nicht n.
die Turn= und Sportlehrer, ſondern auch die Geſchäftsführer einzelne
größerer Verbände und Vereine betroffen. Sollte die D.S.B. ſich au
zu dieſem international gültigen Standpunkt bekehren, ſo wäre de
Turn= und Sportlehrern das Ausland zu aktiver Betätigung verſchlo
ſen, doch dürften ſie auch innerhalb Deutſchlands Grenzen ein genügen
großes Betätigungsfeld finden, ſtehen ihnen doch alle Kämpfe bis z
den deutſchen Meiſterſchaften hin offen.

Briefkaſten.

Leſerin hier. Die Anzahlung, die dem Händler geleiſtet wurd
muß bei der Schlußrechnung im Werte des Leiſtungstages angerechn
werden. Es iſt ungeſetzlich und ſtrafbar, weil gegen die Deviſenordnun
verſtoßend, wenn im Kleinhandelsverkauf in Dollar gerechnet oder d
Preis nach Dollar gefordert wird. Hier kann allein Staatsanwalt ur
Gericht den Verbraucher ſchützen, wie das Urteil der Wucherabteilur
des Frankfurter Amtsgerichts dartut, das in Nr. 295 abgedruckt iſt.

Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 1

Tageskalender.
Landestheater Großes Haus. Anfang 7 Uhr, Ende 9½
(C 5, 2): Viel Lärmen um nichts, Kleines Haus, Anfang 6½ Uh.
Ende 10 Uhr (Zuſatzmiete VIl:): Zar und Zimmermann. B
belvortrag nachmittags 3½ Uhr, Karlſtraße 16 I. Orpheut

734 Uhr: Der Fürſt von Pappenheim Union=, Reſidenz=, Zentra
Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich fir Politik u
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Ctadt und Land
Reich und Ausland: Max Stroefe; für den Inſeratentei!
77. 2. A. Flriſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten

[ ][  ][ ]

n, auf den Inhaber lautenden Stammaktien.

Darmſtädter Tagblatt
G
Heſſiſche Oolſar=Schatanweiſungen.
Nach der Bekanntmachung des Heſſiſchen Miniſteriumts der
inanzen vom 20. Oktober 1923 (Darmſt. Ztg. vom 22. Oktober
23, Nr. 47), die alsbald auch im Heſſiſchen Regierungshlatt
r. 37 veröffentlicht werden wird, gibt die Heſſiſche Staatsregie=
ng
durch die Staatsſchuldenverwaltung neue Staatsſchatz=
weiſungen
beſonderer Art aus.
Die Schatzanweiſungen lauten auf Mk. 4,20 Gold 1 Dol=
. Sie ſind unverzinslich, werden jedoch am 18. Oktober 1926
120 Prozent des Nenwertes, alſo zu 5,04 Goldmark in
ark=Reichswährung eingelöſt, wobei der Dollar zum Durch=
nitt
der Mittelkurſe der amtlichen Berliner Notierung für
Wtszahlung Neu=York im Monat September 1926 umgerechnet
ro. Der endgültige Einlöſungskurs wird zu gegebener Zeit
entlich bekannt gemacht werden.
Die Heſſiſche Landesbank in Darmſtadt hat die ſelbſtſchuld=
riſche
Bürgſchaft für dieſe Schatzanweiſungen gegen Verpfän=
ng
von ſtaatlichem Waldheſitz übernommen.
Für die Reihe A im Geſamtnennwert von 250 000 Dollar
1050 000 Goldmark ſind Waldgrundſtücke der Heſſiſchen Ober=
ſterei
Eudorf (Oberheſſen) in den Gemarkungen Elbenrod und
dorf mit einem Flächeninhalt von rund 760 Hektar und einem
Udwert von 2,1 Millionen Mark verpfändet.
Für die Reihe B in dem gleichen Nennwert werden Wald=
undſtücke
in der Oberförſterei Bad=Salzhauſen, Gemarkung
rbwald, mit einem Flächeninhalt von rund 650 Hektar und
em Goldwert von 2,08 Millionen Mank verpfändet.
Die Einführung an den Börſen, in Frankfurt a. M. und
rlin iſt beantragt.
Mit dieſen neugeſchaffenen Heſſiſchen Dollar= Schatzanweiſun=
glaubt
die Regierung dem Geldmarkt einen Wertträger mit
Wem Werte zur Verfügung zu ſtellen, der geeignet iſt, insbeſon=
Webei der jetzt im Gange befindlichen Verſorgung der Bevölke=
Aig mit Wintervorräten, Kartoffeln uſw. eine bedeutende
Ae zu ſpielen.
Handel und Wandel in Heſſen.
h. Gebr. Bauer A.=G., Gberſtadt bei Darmſtadt. Die
Intereſſenkreiſe der Inhav=Induſtrie und Handelsvereinigung A.=G.,
nkfurt a. M., gehörige Firma Gebrüder Bauer G. m. b. H., Fabri=
on
von Malzkaffee und Dörrobſt, in Eberſtadt, wurde in eine Aktien=
Uſchaft mit 44 Mill. Mk. Stamm= und 1 Mill. Mk. Vorzugsaktien
gewandelt. Zu den Gründern gehört die Inhav=A.=G. Vorſtand iſt
ektor Wilhelm Rumpf, Frankfurt a. M. Dem Aufſichtsrat gehören
Rechtsanwalt Dr Hugo Emmerich als Vorſitzender, Karl Friedrich
, Heinrich Wagner, alle in Frankfurt a. M., und Fritz Keßler,
elberg.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. Philipp Holzmann A.=G., Frankfurt a. M. Das
ſchale für die Abgeltung der Bezugsrechtsſteuer beläuft ſich auf 104
ionen Prozent, ſo daß ſich der Bezugspreis für jede junge Aktie
107 Millionen Prozent zuzüglich Börſenumſatzſteuer ſtellt. Die Be=
4 friſt läuft am 25. ds. Mts. ab.
I. Rheiniſche Eiſengießerek und Maſchinenfabrik
5., Mannheim. Die Verwaltung beantragt Erhöhung des
idkapitals von 58 auf 68 Mill. Mk. durch Ausgabe von 10 Mill. Mk.

h. Rhenſer Mineralbrunnen Fritz Meyer u. Co.,
Elens a. Rh. Die Geſellſchaft beantragt Kapitalsverdoppelung von

(Euf 50 Mill. Mk. Stammaktien; ferner ſollen 5000 Vorzugsaktien
ſtſm egeben werden.
. Eiſengießerei u. Schloßfabrik A.=G., Velberk.
23 wurden 307,2 (i. V. 3,8) Mill. Mk. Reingewinn erzielt, wovon
e halbe Goldmark (60 Proz.) Dividende verteilt werden ſollen. In
Bilanz ſtehen 4496,2 Mill. Mk. Kreditoren 4255,9 Mill. Mk. Debi=
gegenüber
. Das Ergebnis wurde durch die unmittelbare Ein=
Kug der Ruhrbeſetzung im zweiten Halbjahr ſtark beeinträchtigt.
1. Auguſt Wegelin A.=G. in Kalſcheuren bei Köln.
2 Aufſichtsrat beſchloß, von einer Dividendenverteilung für 1922/23
ſa ſehen, da eine Zuweiſung in Papiermark für die Aktionäre wertlos
würde. Die Generalverſammlung iſt auf den 5. Dezember einbe=

1. Portlandzementfabrik Karlſtadt a. M. Ludwig
h A.=G. Die Zulaſſung der 24,8 Mill. Mk. jungen Stammaktien
Frankfurter Börſe wurde genehmigt. Der Geſchäftsgang ſei nach
Proſpekt zurzeit rege. Wenn die Kohlenzufuhr mit den Produk=
erforderniſſen
im Einklang gehalten werden kann, iſt für das lau=
Jahr mit einem befriedigenden Ergebnis zu rechnen.

Ueber die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und
Stahlmarktes kabelt das amerikaniſche Fachblatt Iron Trade
Reviety,

elche e ehe Denh e dureree
Von Japan wurden 30 60640 60 To. Feinbleche abgeſchloſſen und
weitere 20 000 To. verſchiedenes Material angefragt. Chile fragt 10000
To. Schienen an. Die Lage des Baugewerbes hat ſich gebeſſert, ebenſo
die Kaufabſchlüſſe. Der Noheiſenmarkt iſt ruhig bei nachgebenden
Preiſen. Von Europa werden 2000 To. Spiegeleiſen verlangt, Ferro=
manganmarkt
unverändert ruhig. Die kürzlichen Anfragen auf Eiſen=
bahnwagen
ſind die grüßzſen ſeit verſchiedenen Monaten. Oberbau=
material
wird ſtark verlangt. In Baueiſen wurden 113 000 To. abge=
ſchloſſen
. Auch der übrige Eingang von Auſträgen hat ſich gebeſſert.
Der Bedarf an Oelbehältern wird auf 30 000 To. geſchätzt. Die Er=
zeugung
an Weißblech wird durch Arbeitermangel behindert. Die Weiß=
blechwalzwerke
arbeiten zurzeit mit 95 Prozent ihrer Leiſtungsfähigkeit.
Banken.
h. Hypothekenbank Saarbrücken. Das Inſtitut fordert
zur Umwandlung der Markaktien in Frankenaktien auf.
Warenmärkte.
h. Mannheimer Wochenberichté. Getreide. Das
Geſchäft ſtockt auf allen Märkten, obwohl genug Ware vorhanden iſt,
denn der größte Teil der Ernte liegt noch in Produzentenhänden. Wenn
ſich auch die Preiſe in Papiermark ſtändig den Deviſenſteigerungen an=
paſſen
, ſo iſt ſelbſt zu dieſen hohen Papiermarkſummen einfach nichts zu
erhalten. Die aus dem beſetzten Gebiet kommenden Abgeber verlangen
Franken= und Guldenwährung, und im unbeſetzten Gebiet wird nur noch die infolge des Konfliktes zwiſchen Bayern und dem Reich ſowie der
gegen Dollar, Dollarſchatzanweiſungen und Goldanleihe, alſo nur gegen
wertbeſtändiges Geld, Ware abgegeben. Die Nachfrage nach dieſen iſt ders trübes Bild bot, führte zunächſt zu weiteren Vervielfachungen der
ſo ſtark, daß ſie bei weitem nicht befriedigt werden kann, und die Re=
gierungsmaſchinen
mahlen, ſo langſam, bis weiteres wertbeſtändiges Notiz und ſteigerte ſich im Verlaufe der Woche noch bis zirka 65 Milliar=
Geld herauskommt, worunter eben die Wirtſchaft am meiſten leidet. Zu
Umſätzen von Belang konnte es deshalb in dieſer Woche wiederum nicht
kommen. Noggen war gleich gar nicht zu haben und wurden für ihn regierung am Dienstag zu neuen Einſchränkungen des Deviſenverkehrs,
auch keine Preiſe genannt. Nur Weizen, Braugerſte und Hafer kamen kehrs in ausländiſchen Zahlungsmitteln erneut in Kraſt ſetzte und auch
zur Notierung, die eine mehr als zehnfache Preiserhöhung erhielten.
Weizen ſtieg von 2630 auf 300350, Braugerſte von 2024 auf 200
bis 240 und Hafer von 1821 bis auf 210240 Milliarden Mr. pro hatte zunächſt eine gewiſſe Beruhigung am Deviſenmarkt zur Folge, ſo=
100 Kilo bahnfrei Mannheim. Mais kommt ſchon lange nicht mehr an
den Markt. Was im Inland gebraucht wird, reicht kaum für den Be= friedigt werden konnte. Später machte ſich allerdings erneut ſtarker
darf des Erzeugers, und vom Ausland kann bei dem Deviſenſtand kein
Getreide bezogen werden.
Mehl. Bei dem hohen Preisſtand iſt der Abſatz an den Konſum tenmärkte wav natürlich die enorme Deviſenſteigerung das ausſchlag=
ſehr
klein und auch der Handel kann nur noch Ware in geringen Mengen
kaufen. Die zweite Hand, die eine Zeitlang ganz allein den Markt mit zu weiteren ſcharfen Kursſteigerungen, deren Ausmaß allerdings nur in
Ware verſorgte, iſt faſt ganz aus demſelben verſchwunden und an ihre
Stelle ſind wieder die Mühlen getreten, die Weizenmehl Spezial=Null
zu 450500, Roggenmehl zu 380400 Milliarden Mark den Doppel=
zentner
ab Mühle anboten.
Futtermittel. Die Abgeber haben ſich auch hier faſt ganz aus
dem Markt zurückgezogen. Während die Mühlen zu Anfang der Woche
noch Weizenkleie zu 4050 Milliarden Mk. die 100 Kilo anboten, fehlte
an der letzten Börſe auch hierin jedes Angebot. Auf dem Rauhfutter=
mittelmarkt
kam etwas Ware in Preßſtroh zu 3035 gegen 3,03,5 und
Bundſtroh zu 30 gegen 2,02,7 Milliarden pro Doppelzentner waggon=
frei
Mannheim, alſo ebenfalls Verzehnfachung, an den Markt.
Kokonialwaren. Die an den Markt gelegten Offerten ſind
umfangreich und lauten in Goldmark auf Dollarbaſis ziemlich unver=
ändert
, umgerechnet in Papiermark aber eine bedeutende Preisſteigerung
in ſich bergen. Der Umſatz beſchränkt ſich auch weiter auf den reinen
Bdarf. Man notierte: Kaffee Santos, roh, mit 3,33,55, gewaſchen
mit 4,04,2, Tee, mittel, mit 7,98,9, gut mit 9,09,9 und fein mit
1011, inländiſcher Kakao mit 3,03,5, holländiſcher mir 3,43,8, Reis
Burmah mit 0,/44, Weizengrieß mit 0,45, Hartweizengrieß mit 0,54, Zucker
Melis mit 0,70 Goldmark pro Kilo ab Mannheim.
Holz. Die Holzverſteigerungen bringen nun ſchon Billionenerlöſe.
So wurden in der Pfalz etwas über 40 Kubikmeter mit ungefähr 4½9
Billionen Mk. bezahlt, was rund 100 Milliarden für den Kubikmeter
ausmacht.
Obſt. Die Märkte wieſen in der Berichtswoche wieder eine beſſere
Befahrung auf, doch die Nachfrage konnte nicht befriedigt werden. Auf
dem Freinsheimer Groß=Obſtmarkt koſtete das Pfund im Großhandel
in Millionen Mk.: Birnen 250500, Aepfel 180300, Trauben 260320,
Tomaten 200320, Quitten 200300, Zwetſchgen 6075 und Kaſtanien Brüſſel=Antwerpen ..
4055 Franken pro Zentner im pfälziſchen Saarland.
Hopfen. Der Handel iſt ſehr lebhaft, aber wenig verkäufliche
Ware am Markt. Für württembergiſchen Hopfen wurden in Tettnang
bis zu 800 Milliarden Mk. pro Zentner verkauft, die nächſten Käufe wur=
den
dann zu 1,8 Billion und bis mit 2,5 Billionen Mk. verkauft. Ab=
ſchlüſſe
kamen aber nur ſehr wenig wegen Kapitalmangel zuſtande. Die New=Y=
Tendenz iſt ſehr feſt.
Wein. Die Einkellerung ſeitens der Winzer iſt allgemein. Die Verhält=
niſſe
ſind den Winzern zu unſicher. Nachfrage wäre ſchon genügend vor=
handen
, aber für größere Abſchlüſſe fehlen auch die großen Kapitalien.
An der Bergſtraße wurde Traubenmoſt das Ohm, gleich 200 Liter, mit
1525 Milliarden Mk. verkauft. In Württemberg ſind die Preiſe ſehr / Buenos=Ait
verſchieden und bewegen ſich zwiſchen 90 und 300 Goldmark pro Hekto=
liter
. Im badiſchen Oberland werden 70 Goldmark pro Liter gefordert,
1922er Weine ſind billiger. Verkäufe fanden bis jetzt nur in geringem Belgrad,
Umfange ſtatt. In der Pfalz betragen die Moſtgewichte meiſtens 60 bis
70 Grad. An der Oberhardt wurden für 1922er Weine bis 80 Milliarden
pro 1000 Liter bezahlt, für 40 Liter Weißmoſt 1 Milliarde und höher,
für 40 Liter Rotmoſt in Grünſtadt 6008004000 Millionen, meiſtens

28. Oftober 1923 Nr. 298
*
werden aber Deviſen verlangt, und daran ſcheitern dann die Abſchlüſſe,
denn dieſe ſind bekanntlich ſehr rar, und eine Zuteilung zum Erwerb
von Weinen wird nicht erteilt, da das Reich ſeine Deviſen für lebens=
wichtigere
Artikel als Weine braucht. In Rüdesheim fanden Weinver=
ſteigerungen
ſtatt. Es wurden dabei erlöſt: für 1922er 30102 Milliar=
den
pro Halbſtück, für 1921er 217322 Milliarden pro Halbſtück, 1920er
200 Milliarden das Halbſtück.
Tabak. In dem Einkauf von Sandgrumpen iſt neuerdings eine
Stockung eingetreten; nicht allein wegen der enorm hohen Preiſe, haupt=
ſächlich
wegen der Forderung der Pflanzer auf ſofortige Barzahlung,
während es früher mehrere Wochen, vor dem Kriege ja mehrere Monate
andauerte, bis die Auszahlung erfolgte. Für größere Käufe brachte
natürlich der Handel die dafür erforderlichen hohen Summen nicht auf
und ſo ſind eben nur kleine Quantitäten verwogen worden, für die bis
zu 100 Milliarden Mk. pro Zentner bezahlt wurden. Das lange Regen=
wetter
iſt den Tabaken unterm Dach gerade nicht günſtig; anſtatt aus=
zutrocknen
, ziehen ſie von neuem Feuchtigkeit an, und was kranke Blätter
ſind, faulen raſch. In der Fabrikation herrſcht ebenfalls große Geſchäfts=
ſtille
und ſchlechter Abſatz wie beim Detailhandel infolge ſtändigem
Rückgang des Konſums.
wb. Berliner Produktenbericht. Im Produktenverkehr
war bei erneut ziemlich knapp bleibenden inländiſchem Angebot die Ge=
ſchäftstätigkeit
gering. In den Preiſen hat ſich ebenſo wie in der Markt=
lage
wenig geändert. Im Verkehr mit Roggenmehl iſt eine Beruhigung
eingetreten, weil durch die Belieferung der Mühlen mit Getreide von
der Reichsgetreideſtelle und Herausgabe von Mehl an die Bäcker dieſe
beſſer verſorgt ſind.
Börſen.
* Börſenbericht vom 22. bis 27. Oktober 1923 ( mit=
geteilt
von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Die politiſche Lage,
ſeparatiſtiſchen Unruhen im Rheinland zu Beginn der Woche ein beſon=
Deviſenkurſe. Der Dollar kam am Montag mit 40 Milliarden Mk. zur
den. Angeſichts dieſer furchtbaren Entwickelung entſchloß ſich die Reichs=
indem
ſie das ſchon einmal in Geltung geweſene Verbot des Freiver=
auf
den Handel mit Dollarſchatzanweiſungen ausdehnte. Die Maßnahme
daß am Mittwoch bei etwa unveränderten Kurſen die Nachfrage voll be=
Deviſenbedarf geltend und das Kursniveau konnte nur unter ziemlich
ſcharfen Rationierungen gehalten werden. Für die Haltung der Effek=
gebende
Moment. Demgemäß kam es hier ſchon an der Montagsbörſe
wenigen Fällen der inzwiſchen wieder erfolgten Entwertung der Papier=
mark
entſprach, da die Spekulation durch die außerordentlich große Geld=
knappheit
in ihren Dispoſitionen ſehr behindert war. Bis zum Mitt=
woch
erfuhr die Lage am Geldmarkt einen überraſchenden Umſchwung,
ſodaß an dieſem Tage tägliches Geld zu 23 Prozent angeboten war,
Dieſe vorübergehere Geldflüſſigkeit rief an den Wertpapiermärkten eine
äußerſt lebhafte Nachfrage hervor und die Kurſe erfuhren auf allen Ge=
bieten
Aufwertungen, die nicht ſelten das 45fache des vorherigen Stan=
des
betrugen. Bevorzugt waren dabei beſonders die mittleren und klei=
neren
Werte des Einheitsmarktes und Freiverkehrs, während die Kurſe
der ſchweren Montan= und Chemiewerte nur etwa verdoppelt bis ver=
dreifacht
waren. Dieſe Vernachläſſigung der variablen Märkte machte
ſich an der Freitagsbörſe noch deutlicher bemerkbar, an der von Seiten
der Spekulation anläßlich des Wochenſchluſſes und wohl auch ſchon im
Hinblick auf den nahenden Ultimo Realiſationen vorgenommen wurden,
unter deren Einfluß die Kurſe an den großen Märkten vielfach abbröckel=
ten
, während bei den übrigen Papieren die Aufwertung im allgemeinen
weiterging.
wb. Berliner Börſenbericht. Die geſtern zum erſten Male
auch Samstags erfolgte Feſtſetzung der Deviſenpreiſe ergab bis auf Wien
und Sofia unveränderte Notizen gegen geſtern. Die Nachfrage iſt etwas
geringer geweſen, ſodaß die Zuteilungen vereinzelt etwas größer be=
meſſen
werden konnten. Ueber Effekten war nichts zu hören.
Oeviſenmarkt.

Re Aie . Geld. Brief Geld Brief B./F. Amſterdam=Rotterdam) 24578500000. 24661500000. 24538500000. 24661500000. 20 B132150000. 3147850000. 41321 50000. 13147850000. 30 Chriſtiania. . ... ..... 19675000000. 9725000000. 9675 750000 9724 250000. 130 Kopenhagen ....... 110972500000. 11027500000. 1109 72500000. 11 027500000. 30 Stockholm .. 16558500000. 16641500000. 16558500000. 16 641500000. 50 Helſingfors. I1s75800000. 1684200000. 11675800000. 1684 200600. Italien: R798000000 2807000000.I. 2793 000000. 12807 000000. 50 London 284287500000. 285712500000 28428 7500000. 285712 500000. 20 62837300000. 16 65 162500000. 164837500000. ſe 65162 500000. 25 Paris, 3670800009. 3689200000. 1. 8670 800000. 3689 200000. 20 Schwei 1 1271750000. 11328250000. 11271 750000. 11328250000. 30 Spanien 8379000000. 8 8421000000. 379 000000. 8421000000. Wienti. D.=5 837775. 392225. 897 750.. 902250. Prag .. 1875300000. 1884700000. H1s75300000. 18e4 700000. Budapeſt 3491250. 3508750. 3391250. 3508750. 19950000000. 200500000 00. Luog50 000000. 20050 000000. Bulgarien 602490003 605510000. 1 593512300. 596488000. Japan. 30922500000. 131077500000. 80 922500000. 31077500000. Rio de 3 5985000000. 6015000000. K985 000000. 6015 000000.1 763087500. 766912500. 763087500. 766912500. Liſſabon 2593500000. 2603500000. 593500000. 2606500000. Sofia.

Anmerkung; B. Berlin, F. Frankfurt.
* Bis 1½ Milliarde voll zugeteilt, darüber 20 %:

Sorgen des Alltags.
Einſendungen aus dem Leſerkreis,
Dollarkalkulation iſt Wucher.
Tach der von Ihnen veröffentlichten Entſcheidung der Wucherabtei=
des
Amtsgerichts Frankfurt a. M. iſt die Kalkulation der Preiſe
WDollar und nach Goldmark Wucher. Eine ähnliche Entſcheidung
Aas Landgericht Kaſſel gefällt und ſogar auf eine Gefängnisſtrafe
13 Monaten gegen einen Apotheker als Angeklagten erkannt. Daß
eag ihre Preiſe ähnlich kalkuliert, war in den letzten Tagen wieder=
9 der Gegenſtand der Beſprechung in der Tagespreſſe. Nun gehen
im Odenwald und vielleicht auch anderwärts die Landwirte
2 über für Kartoffeln einen ſogen. Grundpreis von 3 Goldmark pro
er ihrer Berechnung zugrunde zu legen. Daß die Milchpreiſe auf
ähnlichen Grundlage aufgebaut werden und dadurch für Jeden,
eine Einnahmen nicht nach Goldmark berechnen kann, unerſchwing=
nd
, ergibt ſich aus der letzten Milchpreisfeſtſetzung. Dazu nehme
noch die Berechnung der Wohnungsmiete, nach dem Reichsindes
Fl den Mittelſtand bleibt hier nur der eine Weg, die Zahlungen, die
Uht leiſten kann, geſchloſſen zu verweigern oder aber ſich in Cor-
aufzuhängen
. Wenn freilich, wie bisher, die Regierung keine
tte gegen dieſe Erdroſſelung des Mittelſtandes unternimmt, wenn
dS Staat ſelbſt ſeine Steuern auf der Baſis der Goldmark aufbaut,
9 Gegenleiſtungen gleicher Güte zu gewähren, dann bleibt dem Mit=
nde
in abſehbarer Zeit tatſächlich nur noch der Strick, um der Haut=
K. F. F.
zerei zu entgehen.
Die Kartoffelnot.
Vorige Woche brachten Sie eine Notiz über die Urſache der heu=
Kartoffelnot. Eine der Haupturſachen der Kartoffelnot iſt darin
u chen, daß der Anbau von Kartoffeln in unſerer Gegend bedeutend
81 kgegangen iſt, und der Grund hierzu iſt, daß erſtens der Anbau
frucht mit verhältnismäßig weniger Mühe und Arbeit verknüpft,
bler als Kartoffelanbau iſt, und zweitens und das iſt der Haupt=
), daß der Landwirtſchaft die nötigen Arbeitskräfte beim Anbau
Ernten von Kartoffeln fehlen; iſt es doch voriges Jahr vorgekom=
daß
ganze Aecker mit Kartoffeln erfroren ſind, weil die Land=
trotz
aller Bemühungen, teilweiſe keine Leute, zum Kartoffel=
achen
bekommen konnten, oder aber Löhne gefordert wurden, die
plechterdings nicht bezahlen konnten; info gedeſſen haben ſich ſehr
nur ſo viel Kartoffeln angepflanzt, als ſie für ſich ſelbſt gebrauchen.
Wo kommen die Kartoffeln hin?
Ich habe ſoeben mit einem Landwirt aus Schaafheim geſprochen,
nir bei dieſer Gelegenheit erzählte, daß geſtern Verſammlung der
gen Bauern wegen der Kartoffelabgabe an die Heag war. Letz=
verlangt
pro Kilowattſtunde 5 Zentner Kartoffeln, ſo daß nach der
zung meines Gewährsmannes zirka 2000 Zentner herauskommen;
nicht geleiſtet, droht ſie mit Abbruch der Lieferung. Da mit großer
cſcheinlichkeit anzunehmen iſt, daß die Heag dieſe Taktik auch in
ländlich weitverzweigten Bereiche anwendet, frage ich, wo die
offeln hinkommen und was damit geſchieht, denn ſelber verbrauchen

ſie die Heag doch nicht.

Auch das Schulgeld in Goldmark?
Heute kommt mein Sohn aus der Schule und erklärt mir, daß von
jetzt ab das Schulgeld in Goldmark zahlbar ſei, und zwar bei 3 Ge=
ſchwiſter
für jedes 5 Goldmark, alſo fünfmal Lebenshaltungsindex. Noch
hallt der Entrüſtungsſchrei durch die Stadt wegen der wahnſinnigen
Waſſer= und Gaspreiſe, und ſchon kommt eine noch wahnſinnigere For=
derung
. Wer ſoll die wieder bezahlen?
Kärgliche Penſion.
Knapp ein Drittel Laib Brot, das Monatsgehalt der 70jährigen
Witwe eines höheren Bankbeamten an einer unſerer großen reichen
D. Banken, ſeither ſogar poſtnumerando. Was würde ein Erwerbs=
loſer
zu ſolchem Einkommen ſagen?
Zeitlebens zahlte mein Mann ſeinen Penſionsbeitrag in guten Gold=
mark
und ich erhielt in ebenſolchen früher 2800 Mk. jährlich, mehr als
manche Witwe eines Staatsbeamten. Als ich im Jahre 1874 einem Mit=
begründer
der Bank gegenüber äußerte, 3000 Mk. Jahresgehalt ſeien
zu gering für Beamte in immerhin verantwortlichker Stellung, antwor=
tete
er: Deſto beſſer ſind die Ruhegehälter; unſer Ehrgeiz iſt, immer
den Penſionen der Staatsbeamten etwas voraus zu ſein. Und heute?
Zweck dieſer Zeilen ſoll ein Appell an den Aufſichtsrat ſein, ein Hinweis
auf ein moraliſches Geſetz, angeſichts der bevorſtehenden neuen Währung.
Alle Vorſtellungen bei der hieſigen ſowie bei der Berliner Direktion ver=
hallten
wie die Stimme in der Wüſte.
Da ich von meiner Einnahme nicht ſo viel erübrige, um mir einen
Strick zu kaufen, mich aufzuhängen, oder ſo viel Gas, um ſanft in ein
jedenfalls beſſeres Jenſeits hinüberzuſchlummmern, nur noch zum Schluß
den Vorſchlag, man mache es, wie jene warmherzigen Wilden, die ihre
Greiſe totſchlagen, ſobald ſie dem Stamme nicht mehr folgen können.
Eine für Viele.
Möblierte Zimmer.
Vom Standpunkt einer praktiſchen Hausfrau möchte ich auf einige
Punkte aufmerkſam machen:
1. Während in den früheren Vorſchriften der Behörde die für die
gewöhnliche Bedienung zu rechnende Arbeitszeit nach langen Bemühun=
gen
der Vermieter endlich auf 20 Stunden monatlich gebracht war, iſt
ſie in den neueſten Beſtimmungen wieder auf 15 Stunden reduziert wor=
den
. Bei einer genauen Nachprüfung wird man aber finden, daß
20 Stunden das allergeringſte iſt, um ein Zimmer richtig in Ordnung
zu halten. Jede Hausfrau, die auf Ordnung und Reinlichkeit hält, wird
das beſtätigen können. Handelt es ſich doch nicht nur um die tägliche
Arbeit in dem Zimmer, ſondern auch um die monatlich und jährlich in
gewiſſen Zeiträumen wiederkehrenden längeren Arbeiten.
2. Das Stiefelwichſen, Kaffeekochen, nebſt Geſchirrſpülen muß be=
ſonders
berechnet werden. Es gehört nicht, wie manchmal von den Mie=
tern
behauptet wird, in die Stundenzeit der gewöhnlichen Bedienung,
ebenſowenig wie die Zeit für Ausgänge, Beſorgungen uſw.
3. Eine Vergütung für Putzmittel (Aufwaſch= und Staubtücher, Bür=
ſten
, Beſen, Seife. Sand uſw.) iſt in dem Lauffrauenlohn, den die Zim=
mervermieterin
für die Bedienung bekommt, nicht enhalten. Deshalb
muß der Mieter hierfür beſondere Vergütung leiſten. Man unterrichte
ſich nur in den Geſchäften über die für ſolche Dinge jetzt geltenden unge=
heuren
Preiſe!
4. Es iſt der Wunſch, daß ſich die Behörde, ehe ſie Mietenbeſtimmun=
gen
erläßt, die in das Gebiet der Haushaltung eingreifen, des Rates er=

fahrener Hausfrauen bedient. Dann würden viel weniger Schwierigkei=
ten
bei Anwendung dieſer Beſtimmungen vorkommen, als dies jetzt lei=
der
der Fall iſt. Einſtweilen bemühen ſich dankenswerterweiſe ſachver=
ſtändige
Perſonen in der jeden Montag und Donnerstag, 4 Uhr, vom
Verband der Zimmervermieter in den Räumen des Hausfrauenbunds
(Artilleriekaſerne, Heidelberger Straße, Eingang Wilhelmſtraße) einge=
richteten
Beratung, die durch die Vorſchriften der Behörde und durch die
langen, komplizierten und am nächſten Tage durch die tatſächlichen Ver=
hältniſſe
ſchon wieder überholten Zeitungsartikel ganz in Verwirrung
gebrachten Vermieterinnen über die ppaktiſche Behandlung der Miet=
Eine Hausfrau,
fragen mündlich aufzuklären.
Nachzahleng auf Hundeſteuer für 1923.
Jeder Hundebeſitzer hat die Steuer für ſeinen Hund für das Rechnungs=
jahr
, das doch von Januar bis Ende Dezember läuft, im voraus bezahlt.
Er iſt damit ſeinen Steuerpflichten in dieſer Hinſicht für das laufende
Rechnungsjahr nachgekommen. Soll die beſtehende Steuer für die
Hundehaltung für das neue Rechnungsjahr 1924 erhöht werden,
ſo müßte dies rechtzeitig bekannt gegeben werden, damit ein Beſitzer erſt
in der Lage wäre, ſeinen Hund zu verkaufen, falls er ſich außerſtande
ſieht, bei ſeinen Einkünften die erhöhte Steuer zahlen zu können. Wäh=
rend
des laufenden Rechnungsjahres wie es jetzt von der Stadt
Darmſtadt geſchieht eine Nachzahlung, und noch dazu 1,5 Grundmark,
vervielfältig mit der Reichsindexziffer am Zahlungstag, zu fordern,
dürſte nach m. A. jeglicher Rechtsgültigkeit entbehren. Ebenſo auch die
Bekanntmachung der Stadt, daß der Hundebeſitzer zur Vermeidung
der Nachzahlung den Hund bis zum 10. d. M. abgeſchafft und dies
bis zum 15. d. M. ſchriftlich angezeigt haben müſſe!! Dieſe Entſchei=
dungen
ſind noch dazu erſt Ende September, zum Teil erſt. Anfang
Oktober, zur Kenntnis der Beſitzer wenigſtens ſoweit es ſich um die
Höhe der Nachzahlung handelt gelangt. Wer bei ſeinem infolge
der täglich ungeheuerlich ſteigenden Preiſe für die Lebenshaltung
wohl faſt durchweg völlig unzulänglichen Einkünften dieſe neue
Steuer nicht aufzubringen vermag, wird gezwungen, den Hund in weni=
gen
Tagen unter dem Preis zu verkaufen. Bei nicht erfolgter
Abmeldung muß er zahlen bis ſpäteſtens Ende Oktober, erſt durch Bei=
treibung
der Forderung, und noch dazu nach Grundmark, vervielfältigt
mit der Reichsindexziffer! Dabei erhalten alle Beamten und Penſionäre
jeder Art ihre ſpärlichen Einkünfte vom Staat oder Gemeinde nicht nur
in Papiermark, ſondern dieſe Scheine ſogar meiſt erſt nach Ablauf von
Wochen, wenn ſie alſo inzwiſchen ſo gut wie wertlos geworden ſind. Auch
der vorgeſehene Zahlungsmodus der Nachzahlung kann nicht als der
richtige anerkannt werden! Wenn von der Stadt zur Abmeldung eines
Hundes eine Friſt von wenigen Tagen ( 10. bis 15. d. M.) geſetzt
nurde, ſo hätte wohl mit Recht auch die Entrichtung der geforderten
Nachzahlung in gleicher Weiſe geregelt werden können und müſſen, da=
mit
alle Hundebeſitzer auch die gleiche Nachzahlung entrichten. Wer
z. B. durch Abweſenheit von D. erſt jetzt nach Rückkehr von der Nach=
forderung
Kenntnis erhielt, hat weit höhere Beträge zu zahlen als
derjenige der ſofort die Forderung erledigte (vergleichsweiſe am
18. d. M. über eine Milliarde Mark, am Tage zuvor nur 160 Mil=
lionen
!!)
Gibt es hiergegen kein Rechtsmittel? Es könnte ſich bei weiterem
Geldbedarf der Stadt die gleiche oder eine ähnliche (vielleicht noch
höhere) Nachforderung an Steuer für das laufende Rechnungsjahr
Im Namen mehrerer Hundebeſitzer.
wiederholen.

[ ][  ]

76)

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
ſchdrn verboten.)
Noch habe ich dieſes Vergnügen nicht gehabt, ſagte Philipp,
aber nun ich ſeinen Kaviar gekoſtet habe, werde ich mir nicht
Raſt noch Ruhe gönnen, bis dies nicht der Fall iſt.
Hier iſt ſein Wodka, fügte der Großfürſt hinzu. Was
ſagen Sie dazu, taugt der etwas?
Philiops Antwort war, die Augen fromm zu ſchließen, wäh=
rend
er den kaiſerlichen Branntwein langſam die Kehle hinab=
rinnen
ließ. Es bedurfte nicht erſt der Worte des Großfürſten,
um ihm zu ſagen, daß er nie etwas Aehnliches getrunken hatte
und wahrſcheinlich auch nicht trinken würde. Er goß ein Glas
Bier hinab, nahm dann noch einen Schnaps und drei Kaviar=
brötchen
zur ſichtlichen Befriedigung Seiner Hoheit.
Dann ſeufzte er wohlbehaglich auf und zündete ſich eine
Zigarette an.
Dem Großfürſten war plötzlich etwas eingefallen, er ſagte:
Ja, richtig, man hat aus dem neuen Boote nach Ihnen
ſignaliſiert.
Nach mir? Aus dem neuen Boote?
Ja, das vor einer Stunde gekommen iſt, engliſch: Jacht,
The Petrel, mit einem Herrn Jſages am Bord, ſie liegt drinnen
im Hafen.
Philipp ſrarrte in den Hafen er merkte erſt jetzt, wie weit
davon entfernt der Zar Alexander war da lag eine weiße
Jacht mit engliſcher Flagge vor Anker. Dann ſah er ſeinen
Gaſtgeber verſtändnislos an.
Fſaacs! Iſt Mr. Jſages auch hier? Ja, kommt denn die
ganze Welt nach Minorca! Was will er?
Er fragte, ob wir Sie Hielleicht geſehen hätten. Er war ſehr
unruhig. An Bord Ihrer Jacht glaubte man, Sie ſeien tot oder
von den Rebellen gefangen genommen. Man bat um Hilfe, um
Sie zu befreien.
Ich kann mir denken, daß Kapitän Dupont halb von Sin=
nen
geweſen iſt, murmelte Philipp. Sämtliche Paſſagiere ver=
ſchwunden
!
Ich erwiderte, daß Sie hier an Bord ſind. Mr. Jſaaes
fragte, ob wir Sie ihm ſchicken könnten. Ich ſagte, zuerſt müſſen
Sie Ihr Morgenbier haben. Ich hatte den Eindruck, daß der
Menſch dies nicht kapierte.

Philipp lachte.
Hat er etwas geſagt?
Ja, und es ſah aus, als wollte er etwas Unſchmeichelhaftes
über Sie bemerken, aber dann überlegte er es ſich. Er hatte wohl
vor meinen Kanonen Reſpekt.
Höchſtwahrſcheinlich, ſagte Philipp. Er hat ſie übrigens
gemacht, wenn ich nicht ſehr irre.
Was gemacht? Die Kanonen?
Ja, er hat die Aktienmajorität, von Vikkers und Maxim.
Der Großfürſt ſtieß einen Pfiff aus.
Da ſeh mal einer! Der Kerl iſt alſo reich?
Man könnte es ſagen, meinte Philipp trocken. Vor einer
Woche hat er die ganze Staatsſchuld von Don Ramons Reich
aufgekauft auf meinen Vorſchlag. Wie Sie wiſſen, kam die
Revolution dazwiſchen, und da man alle Schulden abſchrieb,
verlor Mr. Jſages eine und eine viertel Million Pfund.
Ich glaubte nicht, daß ihm das viel machte, wenn er auch
ſicherlich aus Prinzip das Gegenteil behauptet. Und wenn ich
Ew. Hoheit um die Erlaubnis bitten darf, möchte ich mich jetzt
entfernen und mit ihm über dieſe Angelegenheit ſprechen.
Entfernen? ſagte der Großfürſt, der mit ganz erſtaunten
Augen zugehört hatte. Laſſen Sie doch lieber den Mann zum
Morgenbier herkommen, dann können Sie ſich mit ihm aus=
ſprechen
. In einer Stunde wird gefrühſtückt. Die ganze Staats=
ſchuld
auf Ihren Vorſchlag aufgekauft! Sie ſind doch ein
Teufelskerl.
Philipp verbeugte ſich lachend.
Hoheit übertreffen ſich ſelbſt an Liberalität. Wollen Hoheit
Order geben?
Der Großfürſt rief irgend etwas auf ruſſiſch ſeinem Adjutan=
ten
zu, der ſtumm an einer Ecke der Kommandobrücke wartete.
Nach einer Minute begannen die Signalflaggen den Maſt des
Zar Alexander hinaufzutanzen, und es dauerte nicht lange, ſo
ruderte ein Boot, von der weißen Jacht im Hafen weg. Nach
fünf Minuten war es bei dem ruſſiſchen Panzerkoloß angelangt,
und ein elegant gekleideter Herr mit ſchwarzem Mephiſtobart und
überaus ernſter Miene nahm die Treppe zum Verdeck mit drei
Schritten.
Wo iſt der Profeſſor? hörte Philipp ihn rufen. Man hat
ſignaliſiert, daß ich herkommen ſoll. Iſt er hier im Gefängnis?
Im Gefängnis? antwortete eine lachende Offiziersſtimme.
Der Profeſſor iſt auf der oberen Kommandobrücke. Dieſen
Weg, Sir!

Philipp hörte haſtige Schritte die Treppe hinaufkommen,
nun ſtand Mr. Jſaaes auf der Kommandobrücke.
Philipp ging ihm lächelnd entgegen.
Guten Morgen, Mr. Jſaacs. Wie geht es? Wie in a
Welt kommt es, daß Sie da ſind? Mr. Iſages betrachtete
mit Augen, die nichts weniger als heiter blickten.
Ich bin hierhergekommen, um zu verſuchen, eine Mill
dreimalhunderttauſend Pfund zu retten, ſagte er kalt. W
dert Sie das? Hätte ich des Parlamentes wegen früher abke
men können, ſo ſeien Sie überzeugt, daß ich es getan hätte. C
Million dreimalhunderttauſend Pfund von ein paar Schwindl
einfach abgeſchrieben! Eine feine Geſchichte, wirklich eine fe
Geſchichte! Und Sie trinken Ihr Morgenbier!
Aber, Mr. Jſages, wenn Sie wüßten, wie heiß das Kli
hier iſt! Aber laſſen Sie mich Sie Seiner kaiſerlichen Hoheitt
ſtellen. Mr. Jſaacs prällte zwei Schritte zurück und ſah Phil
an wie einen Wahnſinnigen.
Ja, Sr. kaiſerlichen Hoheit, Großfürſt Michael von Rußla
der ſo gütig war, mich
Mr. Jſaaes Hut flog blitzſchnell vor dem Großfürſten ab,
zur Antwort freundlich nickte.
Sie machen unſere Kanonen? ſagte dieſer. Iſt etn
gefällig? Wodki oder Kaviar bedienen Sie ſich!
Mr. Jſaacs, der für den Augenblick ſeine Aktien von Vick
und Maxim vergeſſen hatte, wie überhaupt alles außer Mino=
ſtarrte
einen Augenblick Philipp an, jetzt offenbar ganz im kla
darüber, daß er n Bord eines ſchwimmenden Tollhauſes n
Dann ſich vermutlich an grauſige Geſchichten von der Knute, 1
Leben in Rußland und den exzentriſchen Einfällen ſeiner Gr.
fürſten, wenn man ihnen nicht gehorchte, erinnernd, nahm
eiligſt ein Kaviarbrötchen, goß ein Glas Wodka, das Philipp i
ſervierte, hinunter und warf einen raſchen Blick auf ſeine Je
zurück.
Wollen Sie mir das Vergnügen machen, an Bord zu fr
ſtücken, Mr. Jſaacs? Ich überlaſſe Sie jetzt Ihrem Freunde, d
Profeſſor, da können Sie bis zum Frühſtück Ihre Angeleg
heiten erledigen. In einer Stunde eſſen wir . . . Keinen Wid
ſpruch, wenn ich bitten darf!
Er runzelte leicht ſeine ſtarken Augenbrauen, und nach ein
ſehnſüchtigen Blick auf ſeine Jacht beeilte ſich Mr. Jſaaes un
eifrigen Verbeugungen ja zu ſagen.
Aber kaum war der Großfürſt außer Hörweite, als ſeine
fühle losbrachen.
(Fortſetzung folgt.)

Philipp

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