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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 294
Mittwoch, den 24. Oktober 1923
186. Jahrgang
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w., erliſcht ſede Verpſiſchtung auf Erfüllung der
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Darmſtädter 8 Nationalbank.
Die Sepgratiſtenbewegung.
eſchloſſene Abwehr der Bevölkerung. — Mißerfolge der Separatiſten. — Generalſtreik.
Die Lage.
* Die rheiniſchen Separatiſten glaubten die Zeit gekommen,
ter Ausnutzung der inverpolitiſchen und wirtſchaftlichen
hwierigkeiten die Loslöſung des Rheinlandes vom Reich unter
n Schutz franzöſiſcher und belgiſcher Bajonette vollziehen zu
inen. Sie verſuchten zu dieſem Zweck, zunächſt ſich in allen
ößeren Städten des Rheinlandes der öffentlichen Gebäude zu
wächtigen, um darauf die Fahne der rheiniſchen Republik zu
ſen. Es gelang jedoch in den meiſten Fällen den ſtädtiſchen
hörden, ihnen zuvorzukommen und die öffentlichen Gebäude
htzeitig mit Polizei zu beſetzen, die die Angreifer gebührend
pfing und ſie mit zum Teil empfindlichen Verluſten
zurück=
lug. Die Bevölkerung underſtützte die Polizei in ihrer Abwehr
d bezeugte durch Demonſtrationen, daß ſie nichts mit dem lan=
Zerräteriſchen Treiben der Separatiſten, zu tun haben will.
Die Beſatzungsbehörden, die ihre Truppen bereit hielten, um
ch ihrer Angabe einzugreifen, wenn die Ruhe und Ordnung
fährdet ſei, verhielten ſich abwartend. Offenbar wollten ſie
n Anſchein erwecken, als ob ſie mit der ganzen Bewegung
hts gemein hätten. Wie es jedoch mit ihrer Neutralität in
irklichkeit ſteht, beweiſt ihr Verhalten in Aachen. Dort hatte
Polizei der belgiſchen Beſatzungsbehörde mitgeteilt, daß ſie
n von den Separatiſten geſchaffenen Zuſtand nicht anerkennen
ine. Im Bunde mit der verfaſſungstreuen Bevölkerung werde
verſuchen, die Separatiſten aus den öffentlichen Gebäuden
eder zu entfernen. Als Anzwort darauf wurde bereits am
ſchmittag der Aachener Polizeipräſident ausgewieſen. Alle als
hrer in Betracht kommenden Männer, wie
Gewerkſchaftsſekre=
e, leitende Beamte, politiſche Perſönlichkeiten uſw., wurden
sgewieſen, ſo daß kein maßgebender Führer mehr in der
Be=
kerung vorhanden war. Die belgiſche Beſatzungsbehörde hat
ßerdem in Aachen im Verlauf der verſchiedenen
Zuſamen=
ße der Polizei mit den Separatiſten drei Poliziſten ſeſtnehmen
ſen. In dieſem Zuſammenhang verdient hervongehoben zu
irden, daß die Franzoſen den Miniſter Le Tocquer nach
Düſ=
dorf entſandt haben, um mit den dortigen maßgebenden
Stel=
der Beſatzungsbehörden über das Verhalten der
Be=
jungsbehörden und die etwa zu ergreifenden Maßregeln
Er=
erungen anzuſtellen.
Die Vorgänge ſpielten ſich in den einzelnen Städten wie
gtab:
In Mänchen=Gladbach rückten die Sonderbündler
ſtern in Laſtautos ein und begaben ſich unverzüglich vor das
ithaus. Während ihr Führer mit dem Bürgermeiſter
verhan=
ſte, trafen ſie die nötigen Maßnahmen, um auf den öffentlichen
ebäuden die rheinländiſche Fahne zu hiſſen. Als ſie jedoch nach
migen Minuten in die Bürgermeiſterei zurückkehrten, in der
yſicht, ſie militäriſch zu beſetzn, fanden ſie ſich den
Polizeikräf=
der Stadt gegenüber. Sämtliche Türen und Fenſter des
Rat=
uſes waren verbarrikadiert und die blaue Polizei forderte ſie
, ſich unverzüglich zu zerſtreuen. Die Separatiſten wagten,
ſie nur in ungenügender Zahl vertreten waren, keinen
An=
iff auf das Rathaus und begnügten ſich im übrigen damit, die
grenzenden Straßen zu beſetzn. Kommuniſten und
Nationa=
ten veranſtalteten eine Gegenkundgebung und verſuchten
ihrer=
ts, die Sonderbündler zu umzingeln.
Der offizielle Delegierte der Dorten=Partei, Herr Ohmen,
tte ſich in Begleitung des Führers des Stoßtrupps Zeller zu
m Bürgermeiſter von Koblenz, Herrn Ruſſel, begeben und
m bedeutet, es ſei zwecklos, ſich der Ausrufung der rheiniſchen
epublik zu widerſetzen, da ein Wunſch der Bevölkerung damit
Erfüllung gehe. Ohmen fügte hinzu, er hoffe, nicht zu
Ge=
altmitteln ſeine Zuflucht nehmen zu müſſen. Der
Bürger=
eiſter erwiderte darauf, daß er ſich einverſtanden erkläre und
wolle Befehl geben, die Endwaffnung der Polizei zu
veran=
ſſen. Die Sonderbündler ſchickten ſich an, auf den öffentlichen
ebäuden die rheinländiſche Fahne aufzuziehen. Gegen ½1 Uhr
nden ſie ſich, ungefähr 800 Mann ſtark, vor dem Rathauſe ein.
ſt ihrer größten Ueberraſchung ſtellten ſie jedoch feſt, daß ihre
egner ihnen zuvorgekommen waren und ſich im Rathaus
ver=
ſanzt hatten. Die Separatiſten wurden mit Revolverſchüſſen
ipfangen und haben ungefähr 10 Mann an Schwerverletzten
nigebüßt. Sie behaupten, daß ſich unter den Angreifern
ver=
eidete Poliziſten befunden haben. Die Polizei ſelbſt griff ſpäter
n, um die Ordnung wieder herzuſtellen.
Auch in Mörfelden haben ſich die die ganze Gegend
un=
her machenden Separatiſtenhaufen eine gründliche Abfuhr ge=
It. Man wollte dort nach der Beſetzung des Rathauſes in der
acht von Mondag auf Dienstag die rheiniſche Republik
aus=
ifen. Die Separatiſten wurden aber von eiligſt alarmierten
ewerkſchaftlern nicht nur aus dem Rathaus, ſondern in einer
rmlichen Straßenſchlacht aus dem Dorf hinausgeprügelt.
Es kann ſchon jetzt geſagt werden, daß die ganze Bewegung
m Mißerfolg verurteilt iſt und an dem einmütigen
Abwehr=
illen der Bevölkerung, die ſich nicht zum Werkzeug der Feinde
achen laſſen will, zerſchellen wird. Die vereinigten politiſchen
arteien des Rheinlandes erlaſſen folgenden Aufruf:
„Rheinländer! Bewaffnete Banden der Sonderbündler
haben in einer Anzahl rheiniſcher Orte verſucht, die
öffent=
lichen Gebäude zu beſetzen und ſich der Verwaltung zu
bemäch=
tigen. Sie vermehren dadurch in verbrecheriſcher Weiſe das
Unglück unſeres Volkes. Rheinländer, vertraut in dieſen
ſchwe=
ren Tagen unſeres Landes Eueren Führern. Habt Vertrauen
zu den politiſchen Parteien. Sie ſind ſich ihrer Aufgabe und
ihrer Verantwortung bewußt und werden ihre Pflicht tun.
Größer denn je iſt gegenwärdig die auf uns allen laſtende
Ver=
antwortung.”
Ruhe in Krefeld.
Krefeld, 23. Okt. (Wolff.) Eine Abordnung der
Son=
erbündler iſt beim Oberbürgermeiſter erſchienen und forderte
te Entwaffnung der Polizei. Die Verwaltung könne unter
onderbündleriſcher Leitung arbeiten. Der Oberbürgermeiſter
at dus Anſinnen abgelehnt. In der Stadt herrſcht Ruhe,
Ueberrumpelung der Polizei in Wiesbaden.
In Wiesbaden beſetzten die Separatiſten das Rathaus
und die Regierungsgebäude geſtern abend gegen 8 Uhr. Sie
verhafteten ungefähr 30 Polizeibeamten und enwaffneten ſie.
Dann hißten ſie die rheinländiſchen Fahnen auf den öffenilichen
Gebäuden. — Hierauf verſuchten Gegendemonſtranten ſich des
Rathauſes wieder zu bemächtigen, doch wurden ſie von den
ſeparatiſtiſchen Stoßtrupps, die ſehr gut ausgerüſtet ſind, ohne
weiteres zurückgeſchlagen. Bei dem Zuſanmenſtoß ſind einige
Perſonen verletzt worden. Der Telephonbetrieb mit Wiesbaden
iſt noch normal. Wie überraſchend der Bevölkerung die doch
erwartete Tatſache kam, beweiſt der Umſtand, daß eine Stunde
nach der Ausrufung ſogar die Behörden noch nichts davon
wußten.
Die Beſatzungsbehörde hat von 6 Uhr abends bis 6 Uhr
morgens jeden Verkehr auf den Straßen verboten.
Abwehr durch Generalſtreik.
Heute nachmittag wurde von ſeiten der Gewerkſchaften der
Generalſtreik proklamiert als Proteſt gegen jeben Druck
der Dortenpartei. Starke franzöſiſche Patrouillen durchzogen
am Nachmittag die Stadt.
Sämtliche gewerkſchaftlichen Verbände und die
plitiſchen Parteien aller Richtungen erklären ſich
durch Maueranſchläge gegen die Beſtrebungen gewiſſer
Elemente, die rheiniſche Republik auszurufen, und mahnen die
Bevölkerung zur Ruhe und Ordnung, zu welchem Zweck, die
gewerkſchaftlichen Verbände einen Ordnungsdienſt (weiße
Arm=
binden mit dem Zeichen 9—O) organiſiert haben.
Die Vorgänge in Bonn.
Köln, 23. Okt. (Wolff.) Ueber die Vorgänge in Bonn
wird noch berichtet:
Der erſte Angriff der Separatiſten auf das Rathaus
wurde um 8,30 Uhr vormittags abgewieſen, indem die
an=
rückenden Separatiſten aus Waſſerſchläuchen mit Waſſer
über=
ſchüttet wurden. Drei Separatiſten, die mit Revolvern
bewaff=
net waren, wurden gefangen genommen; außerdem ließen die
Separatiſten einen Kraftwagen und wehrere Fahnen zurück. Um
5 Uhr morgens näherten ſich fünf franzöſiſche Tanks
dem Rathaus. Die Franzoſen beſetzten das Rathaus und
er=
klärten, es ſei aus dem Rathaus geſchoſſen worden, und ſuchten
nach Waffen. Die ganze Beſatzung des Rathauſes wurde
in einen Raum getrieben und nach Waffen durchſucht,
während weitere franzöſiſche Tanks vor dem Rathaus auffuhren.
Während der Durchſuchung nach Waffen drangen die
Sonder=
bündler in das Rathaus und bemächtigten ſich der Gewalt. Die
Separatiſten ſtanden unter der Führung eines Mannes namens
Natter, der gegen 6 Uhr morgens auf der eiſernen Treppe
des Rathauſes die Rheiniſche Republik ausrief. Nach
ergebnis=
loſer Waffenſuche waren unterdeſſen die Franzoſen wieder
ab=
gerückt, halten aber die weitere Umgebung und die Zugänge
zum Rathaus abgeſperrt. Da die Sonderbündler das Rathaus
in der Gewalt hatten, verließen die Beamten der
Stadtverwal=
tung das Rathaus.
Köln, 23. Okt. (Wolff.) Die telephoniſche Verbindung
nach Gerolſtein und Mayen iſt unterbrochen. Man nimmt
an, daß Gerolſtein und Mayen in der Hand der
Sonder=
bündler ſind.
Die eintägige „Herrſchaft” der Sonderbündler
München=Gladbach, 23. Okt. (Wolff.) Hier wurde
heute die eintägige Herrſchaft der Sonderbündler von der
Volks=
menge wieder geſtürzt. Die Volksmenge ſtürmte das Rathaus,
holte unter allgemeiner Begeiſterung die rot=weiß=grünen
Fah=
nen herunter und hißte die ſtädtiſche Flagge. Der ehemalige
Ge=
werkſchaftsſekretär Schönknecht, der ſich die Gewalt eines
Polizeikommiſſars angeeignet hatte, wurde im Rathaus
über=
raſcht, von der Menge in den Hof hineingezerrt und arg
ver=
prügelt. Das gleiche Schickſal ereilte die übrigen Sonderbündler.
Darauf begab ſich die Volksmenge zum Hauptquartier der
Son=
derbündler. Dieſe feuerten zunächſt auf die Menge, verſuchten
dann aber über die Dächer zu entfliehen. Einige von ihnen
wurden gefaßt und verprügelt. Das Rathaus wurde von
der Pblizei wieder in Beſitz genommen. Die belgiſche Beſatzung
verhielt ſich neutral. Die Zeitungen ſind wieder erſchienen.
Verhängung des Belagerungszuſtandes über Aachen.
Aachen, 23. Okt. (Wolff.) Im Laufe des heutigen
Nach=
mittags iſt es gelungen, faſt alle von den Sonderbündlern
beſetz=
ten Gebäude wieder in die Hand zu bekomen. Die
Sonderbünd=
ler flüchteten, ohne Widerſtand zu leiſten. Einzelne
Sonder=
bündler wurden gefangen genommen. Nur das
Regierungs=
gebäude befindet ſich noch in der Hand der Sonderbündler. Es
iſt aber zu erwarten, daß dieſe gezwungen werden, das Gebäude
zu räumen. Die Belgier, die ſich bei der Gegenbewegung
völlig neutral verhielten, haben heute nachmittag für drei Tage
den verſchärften Belagerungszuſtand verhängt.
Die Lage in Duisburg.
* Duisburg, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Die rheiniſchen
Hoch=
verräter haben heute morgen einen überraſchenden Vorſtoß auf
die öffentlichen Gebäude von Duisburg unternommen und von
ihnen Beſitz ergriffen. Im Laufe des Tages wandte ſich eine
Abordnung der Separatiſten an die K rperſchaften, um von
ihnen, die Anerkennung des beſtehenden Zuſtandes zu erwirken.
Die ſtädtiſchen Behörden lehnten jedoch jede Gemeinſamkeit mit
den Separatiſten ab. Beſonders hervorgehoben zu werden
ver=
dient, daß die blaue und grüne Polizei vor der Anäherung der
Sonderbündler von den Beſatzungsbehörden entwaffnet wurden.
Die Separatiſten ſind noch Herr der St.dt.
Verhandlungen über die
Wiederauf=
nahme des Verkehrs.
„Kategoriſche Bedingungen” der Regie.
Die Reichsregierung lehnt ab.
Berlin, 22. Okt. (Wolff.) Eine Havas=Meldung
berich=
tete in den letzten Tagen, daß Ende der vorletzten Woche
zwi=
ſchen der franzöſiſch=belgiſchen Regie und Vertretern der
deut=
ſchen Eiſenbahnverwaltung Verhandlungen eingeleitet
worden ſeien über die Fragen, die ſich auf die Wiederaufnahme
der Arbeit des Eiſenbahnperſonals und auf die
Wieder=
aufnahme des Betriebs zwiſchen dem
unbe=
ſetzten und beſetzten Gebiet bezögen. Im
Einver=
ſtändnis mit dem Präſidenten der Interalliierten
Rheinland=
kommiſſion Tirard ſowie mit Geueral Degoutte, ſeien in dieſen
beiden Fragen gewiſſe „kategoriſche Bedingungen”
geſtellt worden. Wie wir von zuſtändiger Seite hören,
haben in der Tat in der vorletzten Woche in Mainz derartige
Beſprechungen ſtattgefunden. Der Verkehrsminiſter erachtete es
nach Bendigung des paſſiven Widerſtandes für ſeine Aufgabe,
alsbald mit der Regie Fühlung zu ſuchen, ſowohl im Intereſſe
des beutſchen Eiſenbahnperſonals als auch namentlich im
In=
tereſſe der Wirtſchaft der beſetzten Gebiete. Dieſe
Beſprechun=
gen mit der Regie wurden unter der ausdrücklichen
Voraus=
ſetzung eingeleitet, daß in der Bereitwilligkeit zu einer
perſön=
lichen Ausſprache keine Anerkenntnis, der
Rechtsmäßig=
keit Her beſtehenden Regie liegen könne. Ferner wurde betont,
daß es ſich lediglich um einen „modus vibendi” handele, durch
deſſen Vereinbarung von den Eiſenbahnverwaltungen der
ent=
ſcheidenden Frage der künftigen Geſtaltung der Eiſenbahnen
der beſetzten Gebiete nicht vorgegriffen werden dürfe.
Der Leiter der Regie erklärte ſich mit dieſer Vorbedingung
ein=
verſtanden.
Es wurde aber im weiteren Verlaufe der Unterredung von
der Regie eine Reihe von Bedingungen geſtellt, die,
wie von den Vertretern der Reichsbahn von Anfang an betont
wurde, den Boden der vorläufigen Vereinbarung zur
Wieder=
aufnahme des Betriebes verlaſſen, und die auch der
Entſchei=
dung über das Reparationsproblem vorgereifen. Die deutſche
Eiſenbahnverwaltung ſollte ihre Hand bieten zur
Einrich=
tung eines neuen, völlig ſelbſtändigen
Eiſen=
bahnnetzes, das ſich auch noch auf die im unbeſetzten Gebiet
liegenden Strecken Emmerich-Weſel und Gernsheim—
Worms erſtrecken ſollte. Ferner ſollten, und das iſt beſonders
bezeichnend für die franzöſiſchen Abſichten, auch die in der
bri=
tiſchen Beſatzungszone gelegenen Linien der Regie
übergeben werden. Die deutſche
Eiſenbahnver=
waltung ſollte ferner die Verpflichtung übernehmen auf
ihre Koſten die feſten Anlagen der Regie wieder in Stand
zu ſetzen, die Vorräte, insbeſondere die Kohlenvorräte auf eine
normale Höhe zu bringen, und den geſamten Lokomotiv= und
Wagenpark des Netzes, unter den von der Regie einſeitig näher
feſtzuſetzenden Bedingungen, nach Zahl und Güte wieder
herzu=
ſtellen. Auch wurde verlangt, daß der Regie Räume zur
Ver=
fügung zu ſtellen ſeien, um ihre Generaldirektion und ihre
neu=
tralen Dienſtſtellen unterzubringen. Die Regie beanſpruchte
das Recht, die Tarife in Frankenwährung neu und nach
eigenem Ermeſſen aufzuſtellen und gemeinſame Tarife mit den
deutſchen Eiſenbahn= und anderen Nachbarverwaltungen zu
ver=
einbaren. Sie erklärte endlich, ihr Netz bei den verſchiedenen
internationalen Eiſenbahnverbänden, ſowie bei den zentralen
Aemtern, wie z. B. dem Berner Eiſenbahnzentralamt, als
ſelbſtändige Verwaltung vertreten zu wollen.
Die Reichsregierung hat es abgelehnt, ſich
dieſen Bedingungen zu unterwerfen, die den
Rah=
men eines modus vivendi weit überſchreiten und deren
An=
nahme den Standpunkt der Regierung bei den künftigen
Repa=
rationsverhandlungen aufs Schwerſte beeinträchtigt; denn an
dieſen Verhandlungen ſind nicht nur die in der Regie
vertrete=
nen Mächte, ſondern auch England und Italien beſonders
beteiligt. Die Reichsbahnen ſtellen im Reparationsproblem
einen äußerſt wichtigen Faktor dar. Die deutſche Regierung hat
ſich in ihrem Memorandum vom 7. Juni bereit erklärt, die
deut=
ſche Reichsbahn als geſchloſſenes Ganzes in den Dienſt der
Re=
parationen zu ſtellen. Die Reichsregierung kann die ſchweren
Opfer, zu denen ſie ſich entſchloſſen hat, nur unter der
Voraus=
ſetzung erfüllen, daß ihr die Reichsbahnen als wertvollſtes
Ele=
ment der Wirtſchaft unverkürzt zur Verfügung ſtehen. Sie konnte
ſich daher ſchon unter dieſen Geſichtspunkten nicht damit
ein=
verſtanden erklären, daß ihr einer der koſtbarſten Teile der
Reichsbahn entzogen würde. Die Reichsbahn iſt aber heute noch
durchaus bereit, die eingeleiteten Verhandlungen über die
das Perſonal berührenden Fragen und über die Richtlinien zur
ſchrittweiſen Ingangſetzung des Eiſenbahnverkehrs fortzuſetzen
und ſtellt hierfür alle erforderlichen Kräfte und Unterlagen zur
Verfügung. Auf ein in dieſem Sinne an die Regie gerichtetes
Schreiben hat dieſe geantwortet, daß ſie die Beprechungen als
abgeſchloſſen betrachte, da ihre Forderungen nicht
vorbe=
haltslos angenommen ſeien. Sie hat zugleich hervorgehoben,
daß ſie unter dieſen Verhältniſſen nicht in der Lage ſei, den
nor=
malen Gefamtverkehr im beſetzten Gebiet einerſeits und mit den
Nachbarverwaltungen der Regie, einſchließlich der deutſchen
Eiſenbahnverwaltungen, andererſeits wieder aufzunehmen.
Geſcheiterte Verhandlungen der Ruhrinduſtriellen.
* Düſſeldorf, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Bekanntlich
fan=
den geſtern Beſprechungen zwiſchen den Vertcetern der
franzöſi=
ſchen oberſten Beſatzungsbehörde und den Ruhrinkuſtriellen in
Düſſeldorf ſtatt. Dieſen Beſprechungen war mit großer
Span=
nung entgegengeſehen worden, weil von ihrem Ergebnis, die
Wiederinſtandſetzung der Wirtſchaft abhängt. Leider haben die
Beſprechungen ein negatives Reſultat gehabt. Die Franzoſen
haben hartnäckig auf ihren Forderungen beſtanden, ſo daß die
deutſchen Induſtrievertreter die Erklärung abgaben, daß die
wenigen zurzeit noch aufrecht erhaltenen Betriebe in aller Kürze
ſchließen müßten, da ihnen die franzöſiſchen Bedingungen jede
Abſatzmöglichkeit verſperren, und es ihnen zudem unmöglich iſt,
Lohnzahlungsmittel zu beſchaffen. Nach dieſer Sachlage muß
damit gerechnet werden, daß die geſamten Werke des
Induſtrie=
bezirks geſchloſſen werden.
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 24. Oktober 1923.
Nummer 294.
Die Separatiſten inRheinheſſen
Scheitern der Aktion in Mainz.
In Mainz brachte der geſtrige Tag nach dem in der
vori=
gen Nacht undernommenen und mißglückten bewaffneten Verſuch
entſcheidende Zuſammenſtöße, die mit der
vollkomme=
nen Niederlage der Separatiſten endeten. Nachdem
bereits, wie ſchon gemeldet, ſämtliche Anſchläge auf die
Polizei=
wache geſcheitert waren, verſuchten heute vormittag von
aus=
wärts, insbeſondere aus dem Groß=Gerauer Gebiet kommende
Separatiſtenhaufen einen großen Schlag.
Die Franzoſen hatten am Morgen ein allgemeines
Schieß=
verbot erlaſſen, ohne jedoch den Separatiſten die Waffen
abzu=
nehmen. Später wurde ſogar auf Weiſung der
inter=
alliierten Kommiſſion in Koblenz
Vom Tage.
Zu der für Mittwoch nachmittag. 5 Uhr angeſetzten Vollſitzung des
Reichsrates werden die Miniſterpräſidenten der Länder, die
Bürgermei=
ſter der Hanſaſtädte und die ſtimmführenden ſtellvertretenden
Bevoll=
mächtigten eingeladen werden. Auf der Tagesordnung ſteht nicht nur die
Beſprechung der bayeriſchen Angelegenheit, ſondern auch eine
Erörte=
rung über die politiſche Lage. Die Sitzung wird vertraulich ſein.
Im Reichsfinanzminiſterium fanden geſtern und heute
Beſprechun=
gen über die in dieſem Miniſterium ausgearbeiteten Vorſchläge über
den Perſonalabbau in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben ſtatt.
Die Beſprechungen führten zu keiner Einigung.
Der Generalſtaatskommiſſar von Kahr hat den Deviſenhandel in
München verboten. Bei den Banken wurden heute keine Deviſen mehr
gewechſelt.
Die Buchhandelsſchlüſſelzahl beträgt vom 24. Oktober ab 13 Mil=
Der Reichsernährungsminiſter an d
Landwirtſchaft.
liarden.
die Entwaffnung der deutſchen Polizei angeordnet.
Der ſtellvertretende Oberbürgermeiſter, Bürgermeiſter
Ehr=
hardt, blieb gegenüber den Aufſtändigen vollkommen
ab=
lehnend, forderte von ihnen ſofortige Entaffnung und
ſicherte ihnen freien Abzug zu.
Die ganze Bevölkerung, ohne Unterſchied der Partei,
ſtand geſchloſſen den Separatiſten gegenüber in Abwehr
und drückte dies durch ihr demonſtratives Verhalten auf
der Straße aus.
Dieſes ſcheinbar unerwartete Verhalten der Bevölkerung und
die ruhige und ſichere Haltung der Mainzer Behörden löſte
offen=
bar einen Umſchwung bei den franzöſiſchen
Be=
hörden aus.
In den anſchließenden Verhandlungen der Stadt mit den
Separatiſten wurden folgende Bedingungen auferlegt, die von
den Franzoſen nachträglich gebilligt wurden:
1. Sofortige Entwaffnung der Separatiſten
durch die Franzoſen.
2. Die deutſche Polizei behält ihre Waffen,
wird aber vorläufig in ihren Gebäuden zerniert.
Die Aufrechterhaltung der Ordnung haben vorläufig die
franzöſiſchen Trpppen übernommen.
Alle öffentlichen Gebäude in Mainz ſind frei,
für die Nacht iſt allerdings noch Bereitſchaft angeordnet. Gegen
die Führer des Putſches ſind von deutſcher Seite
Haft=
befehle erlaſſen. Inzwiſchen wurden bereits zwei
Poli=
zeiſekretäre verhaftet. Hervorragend an dem Putſch
beteiligt war auch der ſozialdemokratiſche
Stadtver=
ordnete Polizeiwachtmeiſter Roth von deſſen Verhaftung
noch nichts verlautet. Die geſchloſſene Abwehr der
Mainzer Bevölkerung und die entſchloſſene
Standhaftig=
keit der Mainzer Behörden haben eine Entſcheidung gebracht,
die wohl für das ganze beſetzte Gebiet eine ſtarke Rückwirkung
haben wird.
Der fünfte Polizeibezirk in der Frauenlobſtraße
wurde unter dem Jubel der Bevölkerung wieder
von der Polizei beſetzt. Das ganze Wirtſchaftsleben
ſteht ſtill.
In den Kreiſen der Arbeiterſchaft iſt man zum äußerſten
Widerſtand entſchloſſen.
Die Schießereien dauerten heute weiter an. Die Polizei hat ſich
auf das Stadthaus und das Polizeiamt konzentriert. Wie
ver=
lautet, wurde ihr ein Vorgehen gegen die Separatiſten durch die
franzöſiſchen Beſatzungsbehörden unterſagt. Spahis ſäubern
augenblicklich die Straßen. Die Sanitätskolonne iſt in voller
Tätigkeit. Das Stadthaus iſt von franzöſiſchem
Militär abgeſperrt. Ein Teil der Separatiſten
wurde von den Spahis entwaffnet und weggebracht,
weil ſie blindlings in die Menge geſchoſſen haben, wobei es vier
Verletzte gab.
Die Lage ſcheint für die Separatiſten recht kritiſch zu werden.
Vom Donnerstag, den 25. Oktober ab werden die Schlüſſelzahlen im
Perſonenverkehr 1½ Milliarde und im Güterverkehr 3 Milliarden
be=
tragen.
In der Generalverſammlung des Kreisvereins der V.S.P.D. Groß=
Leipzig, die im Leipziger Volkshaus am Sonntag tagte, wurde ein An
trag angenommen, der unter Hinblick auf die Verſtöße des
Reichs=
präſidenten Genoſſen Ebert gegen das
Parteipro=
gramm verlangt, daß beim Parteivorſtand der Ausſchluß des
Genoſſen Ebert beantragt wird.
Die Handelskammer Frankfurt a. M.=Hanau gibt bekannt, daß
An=
meldungen von Schäden aus Anlaß der Ruhrbeſetzung
bis zum 29. Oktober bei ihr eingereicht ſein müſſen, ſoweit ſie bis zum
28. September 1923 entſtanden ſind. Für ſpätere, bis zum 31. Oktober
eingetretene Schäden läuft die Anmeldungsfriſt am 28.
No=
vember ab.
Lloyd George führte in einer Rede in Indianapolis im Hinblick
auf die rheiniſche Abfallbewegung aus, daß Frankreich die
Führer der Bewegung bezahlt habe und dies das Werk des
Quai dOrſay ſei.
Reuter meldet: Die Reichskonferenz erörterte unter dem
Vorſitz Baldwins die Frage der Reichsverteidigung. Es wurde
beſchloſſen, die Verhandlungen geheimzuhalten.
Der Arbeitsminiſter ſagte in einer Rede in Conventry über die
Frage der Reichsvorzugsbehandlung, das Verſprechen
Bo=
nar Laws, wonach die Regierung keine grundlegende Aenderung in ihrer
fiskaliſchen Politik vornehmen werde, müſſe und werde eingehalten
werden. Die Entwickelung der Vorausbehandlung innerhalb des
Rei=
ches ſtehe nicht im Widerſpruch zu dieſem Verſprechen.
Berlin, 23. Okt. Reichstagsabgeordneter Graf Kan
iſt zum Miniſter für Ernährung und Landwirtſchaft erna
worden. Er veröffentlicht folgenden Aufruf:
An meine Berufsgenoſſen!
In ſchwerſter Not des Vaterlandes habe ich das Ernährung
miniſterium übernommen. Zum erſten Male iſt ein praktiſe
Landwirt für dieſes Amt auserſehen worden. Ich bin
meiner Partei ausgeſchieden, weil ſie im Kampfe gegen die h.
tige Regierungskoalition ſteht. Dieſer Entſchluß iſt mir ſchn
geworden. Er mußte aber gebracht werden. Ich habe jet
Parteipolitik vorläufig entſagt, weil ich der Anſicht bin, daß
dem Wege der rein parteipolitiſchen Auseinanderſetzuns
Deutſchland nicht gerettet werden kann, und weil ich vor all
glaube, daß außerordentliche Zeiten auch außerordentliche E
ſchlüſſe und
Opfer des Einzelnen
erfordern. In dem derzeitigen Reichskabinett werde und ka
ich lediglich für mein Vaterland arbeiten und meine Aufge
hauptſächlich darin ſehen, im Rahmen des heute überhaupt M.
lichen
Nahrungsmittel für das hungernde Volk
zu ſchaffen, damit es die kommende ſchwere Kriſe noch leben
überſteht
Daß ich als praktiſcher Landwirt mich zu keinerlei M./ cn wie
nahmen verſtehen werde, die die Produktion lähmen und die
zur Linderung der furchtbaren Not
erforderlich ſind, iſt ſelbſtverſtändlich. Es geht nicht an, daß
der höchſten Not des Vaterlandes wichtige Berufsſtände info
parteipolitiſcher Bindungen oder anderer Hemungen abſe
ſtehen. Es geht nicht an, den Untergang des Vaterlandes led
lich zu prophezeien, ohne helfend einzugreifen. Das jahrelan
Verfahren wertvoller Teile des Volkes, in mehr oder wenie
negativer Oppoſition zu ſtehen, mag in norwalen friedlid
Zeiten ſeine Berechtigung haben. Heute aber iſt es ſehr bede
lich, denn aus dem infolge ſolche Beiſeiteſtehens heute mit Sich
heit zu erwartenden wirtſchaftlichen und politiſchen Chaos ka
nur der Verfall des Reiches und der endgültige Unterge
Deutſchlands, nicht aber die wirtſchaftliche Erſtarkung Deutſ
lands erſtehen. Dieſe, die ich dringend erhoffe, wird nur ko /ſoprivaten
men, wenn die Reichseinheit erhalten bleibt und
Re
zrmt
Uz04
Mir
M imet
zmlaßt im
lungen
ick zu keiner
Vernehm
uden. Ein
halſte Lage
ſuche der E
Hrordentlic
ſich verſtärt
Trier in den Händen der Sonderbündler.
Der überwiegend größte Teil der Bevölkerung iſt, obwohl
wehrlos, keineswegs geneigt, ſich den Separatiſten zu ergeben.
Mißglückier Putſch in Arbeilgen.
Im Groß=Gerauer Gebiet herrſcht ebenfalls Ruhe.
In Langen berſuchten geſtern morgen halbwüchſige Burſchen
einen Ueberfall, entwaffneten den Gendarmen und den Förſter
und ſuchten die Bevölkerung zu terroriſieren.
Auch in Arheilgen erſchienen am Montag
Erwerbs=
loſe und Separatiſten, die den Verſuch machten, die
Rheiniſche Republik auszurufen. An verſchiedenen Stellen
wurden Läden, beſonders Bäckerläden, geplündert und Brot
fort=
geſchafft. Der Verſuch, den Bürgermeiſter zur Anerkennung der
Rheiniſchen Republik zu bewegen, ſcheiterte an deſſen Weigerung.
Mit Hilfe der Einwohnerſchaft wurden die Ruheſtörer wieder
entfernt. Am Dienstag nachmittag ſollten, wie gemeldet wurde,
abermals Autos mit Separatiſten unterwegs ſein. Durch
Glockenläuten wurde die Einwohnerſchaft alarmiert. Es ſtellte
ſich aber bald heraus, daß das angekommene Auto nichts mit
den Separatiſten zu tun hatte, worauf die Arbeiterſchaft wieder
zu ihrer Arbeitsſtätte zurückkehrte. An den Ortseingängen ſind
Wachen ausgeſtellt, die eine herannahende Gefahr ſofort melden
und für Abwehr Sorge treffen werden.
Trier, 23. Okt. (Wolff.) Die Sonberbündler haben in
der vergangenen Nacht die öffentlichen Gebäude beſetzt
und die Rheiniſche Republik ausgerufen. Die Stadtverwaltung
führt die Geſchäfte weiter. Die Zeitungen ſtehen unter
Zenſur. Es iſt ihnen verboten, Mitteilungen über die
ſepa=
ratiſtiſche Bewegung zu verbreiten.
Prolkamierung der rheiniſchen Repablik in Saarburg.
Saarbrücken, 23. Okt. (Wolff.) Wie die Volksſtimme
meldet, iſt in Saarburg an der Grenze des Saargebiets am
Sonntag in einer Verſammlung die Rheiniſche Republik
proklamiert worden. Die Separatiſten haben die wenigen
Polizeibeamten entwaffnet und die öffentlichen Gebäude beſetzt.
An den Zugängen zur Stadt wird eine ſtrenge Kontrolle
aus=
geübt. Verhafter wurde von den Separatiſten der Rendant der
Kreisſparkaſſe. Führer der Bewegung iſt hier ein früherer
Re=
dakteur der Volkswacht in Trier, namens Holl.
kein Hungerſtaat
entſteht.
Berufsgenoſſen! Denkt an die furchtbar
unbeſchreibliche Not in den Städten! Denkt dare
daß täglich wertvolle deutſche Menſchenleben buchſtä
lich verhungern! Denkt daran, daß ein neues glücklick
Deutſchland niemals aufzubauen iſt, wenm die Städte ſterbe
Helft mir bei meiner unſagbar ſchweren Aufgabe, ſchnellſte
Lebensmittel zu beſchaffen, eine Aufgabe, die, wenn
überha=
einigermaßen, dann nur mit Eurer freiwvilligen und verſtän
gen Mitarbeit zu löſen iſt.
nden Franz
ſtliche Lage
MNarkſturzes
ſerung veran
der Welt
ſte haheriſcher
wumehr die
das Reid
Währungsverfall und Gewerkſchaften.
Entrüſtung der Deutſch=Amerikaner.
TU. Newyork, 23. Okt. Die Nachricht von der
Aus=
rufung der Rheiniſchen Republik in Aachen wurde geſtern von
5000 Deutſchamerikanern, die eine Maſſenverſammlung
abhiel=
ten, mit lauten Entrüſtungsrufen aufgenommen. Die
Verſammelten machten der amerikaniſchen
Regie=
rung den Vorwurf, den Zuſammenbruch des
Deutſchen Reiches nicht aufgehalten zu haben.
Die Verſammlung nahm eine Entſchließung an, in der
ſämt=
liche deutſchen Geſellſchaften Newyorks mit mehr als 75 00
Deutſch=Amerikanern aufgefordert wurden, in jeder nur
denk=
baren Weiſe durch finanzielle und andere Maßnahmen der
Ge=
ahr eines völligen Zuſammenbruches des Deutſchen Reiches
zu begegnen.
7
Italien und die Sonderbündler.
*Paris, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Der Temps meldet aus
Rom, daß man in den dortigen politiſchen Kreiſen wegen der
Vorgänge im Rheinland ſich ſehr reſerviert verhalte. Die
allge=
meine Anſicht gehe dahin, daß die politiſche Bewegung der
Inte=
grität des Reiches gar keinen Schaden tun könnte, ſolange nicht
die großen Städte, wie Köln und Düſſeldorf, ſich der Bewegung
angeſchloſſen hätten. Man verfolgt die Vorgänge mit großer
Aufmerkſamkeit, weil man glaubt, daß ſich die internationale
Lage dadurch verſchieben könnte. Man hält das Kabinett
Streſe=
mann nach wie vor für ſtark genug, Herr der Situation zu
bleiben.
* Berlin, 23. Ok.t (Priv.=Tel.) Der raſende Verfall 7
deutſchen Währung, die ungeheure Steigerung aller Leber
mittelpreiſe, mit denen das Einkommen des weitaus größ=
Teiles der Bevölkerung auch nicht annähernd Schritt zu
hal=
vermag, hat die Gewerkſchaften veranlaßt, ſich erneut mit dieſ
Problem zu befaſſen. Man iſt in dieſen Kreiſen der Anſicht, d.
eine gewiſſe Stabiliſierung der Kaufkraft des Einkommens
reicht werden muß. Die Spitzenorganiſationen, der Allgemei
Gewerkſchaftsbund und der Afabund, haben heute mit dem P
teivorſtand der S.P.D. ſehr eingehend verhandelt. Wie wir b.
unterrichteter Seite erfahren, iſt ſeitens der Gewerkſchaften u
der S.P.D. ein Währungsprogramm ausgearbeitet, das in
g=
ßen Zügen bereits fertiggeſtellt iſt und das unter Umſtänden ſch
am Mittwoch der Regierung unterbreitet wird.
Eine deutſche Note an die Kriegslaſtenkommiſſion.
* Paris, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Die neue deutſche 9
parationsnote iſt im Laufe des geſtrigen Tages der Kriegs.
ſtenkommiſſion übermittelt worden, und wird aller Vorausſi
nach heute durch Regierungsrat Meher dem Generalſekretau
der Reparationskommiſſion überwieſen werden. Bis dahin kö
nen über den Inhalt der neuen deutſchen Note Einzelheiten
türlich nicht mitgeteilt werden. Es mag heute nur ſoviel a
gedeutet werden, daß dieſe drei Seiten umfaſſende Note
hauptſächlich mit der Reparationsfähigkeit Deutſchlands befe
und nicht etwa mit dem geſamten Problem. Im Mittelpun
ſteht natürlich die Frage der Finanzierung der Naturalleiſtu
gen. Mit dem belgiſchen Graubuchgutachten, insbeſondere n
dem belgiſchen Monopolplan beſchäftigt ſich die neue deutſ
Note nicht. In der geſtrigen Sitzung der Reparationskomm
ſion wurde dem belgiſchen Delegierten die bereits erwähnte Ar
zeichnung offiziell übergeben und ebenſo wie das techniſche G.
achten vor einigen Tagen dem Finanzausſchuß der Reparatior
kommſſion überwieſen. Es iſt wohl kaum darin ein Scht
nach vorwärts zu erblicken.
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Paul Friedländer +*
Am 4. September d. J. ſtarb der Chemiker Profeſſor Dr.
Paul Friedländer an einem Herzleiden, nachdem er bis
zuletzt im Dienſte der Wiſſenſchaft tätig geweſen war, mitten
aus einem arbeitsreichen Leben, das noch viele Pläne und
Ent=
würfe, noch viele Hoffnungen für die Mitwelt barg. Die
Be=
erdigung des Entſchlafenen fand, wie er ſelbſt gewünſcht hatte,
in der Stille ſtatt, wur wenige Freunde ſowie einige Kollegen
und Studenten unſerer Techniſchen Hochſchule, an der er als
Privatdozent 12 Jahre lang tätig geweſen iſt, gaben ihm das
letzte Geleite.
Für unſere Stadt, in deren Mauern Friedländer jahrelang
erfolgreich für die Wiſſenſchaft wirkte, ziemt es ſich wohl, dieſes
hochbedeutenden Mannes zu gedenken und ſein Bild auch denen
wäher zu rücken, die dem von ihm vertretenen Wiſſenſchaftsgebiet
ferner ſtehen. Wir können dies nicht beſſer tun, als daß wir
hier die Rede wiedergeben, welche der vertraute Freund des
Entſchlafenen, Geheimrat Prof. Dr. F. Haber, in der Sitzung
der Deutſchen Chemiſchen Geſellſchaft in Berlin am 15. Oktober
zu Ehren Friedländers hielt:
Wieder hat die deutſche Chemie einen Verluſt an ihrem
wichtigſten Beſitz zu beklagen, an ihrem Beſtande an großen
Chemikern.
Der frühere Vizepräſident unſerer Geſellſchaft, Paul
Fried=
länder, iſ=wm 4. September geſtorben. Unter den Gelehrten, die
an deutſohtr: Hochſchuulen wirken, galt er nach ſeinen Verdienſten
unbeſtritten als der erſte Fachmann auf dem Gebiete der
Farb=
ſtoffchemie. Sein überragendes Können hat in der Syntheſe des
Thioindigos und in der Aufklärung des antiken Purpurs, ſein
unvergleichliches Wiſſen und ſeine raſtloſe Arbeitskraft in der
imponierenden Bandreihe der Fortſchritte der Teerfarben=
Fabrikation den bekannteſten Ausdruck gefunden.
Er war voller Schlichtheit, Wahrheit und Treue, beſcheiden
von Grund ſeiner Seele aus und immer bereit, große fachliche
Leiſtung Anderer auf das wärmſte anzuerkennen. Was er ſagte,
meinte er ganz, und ſeine Aufrichtigkeit war ſo groß, daß er nie
mit einem gefälligen Worte über den Gegenſatz hinwegzugleiten
vermochte, in den in dieſer Welt der Unvollkommenheiten fremde
Selbſteinſchätzung und eigene Beurteilung imer wieder dreden.
Seiner ſchamhaften Seele war eigener pathetiſcher Ausdruck
widerſtrebend und fremdes Pathos verdächtig. Während er
Menſchen, die ſtill für ſich wit voller Hingabe um die
Wiſſen=
ſchaft rangen, alle Wäme und alles Intereſſe ungebeten
ent=
gegenbrachte, war er ſpröde und kritiſch gegen einflußreiche
Männer, wenn ihre Geltung ihm über ihr wiſſenſchaftliches
Ver=
dienſt hinauszugehen ſchien. Weil er aber Zeit ſeines Lebens
voll des Kinderglaubens war, daß unperſönliche Sachlichkeit, die
von ſich und von der eigenen Leiſtung nicht viel Weſens macht.
alle Menſchen mit gleicher Stärke erfüllte wie ihn, ſo entgingen
ihm die Erfolge, die weltläufige Naturen im äußeren Leben
erreichen.
Paul Friedländer war der älteſte Sohn des Profeſſors
Ludwig Friedländer, dem wir die „Sittengeſchichte Roms”
ver=
danken. In Königsberg i. Pr. 1857 geboren, abſolvierte er 1875
das Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt, ſtdierte in Königsberg,
Mün=
chen und Straßburg und promovierte 1878 under der Leitung
Adolf v. Baeyers in München. Nach dreijähriger
Aſſiſtenden=
tätigkeit bei dieſem ſeinem Lehrer habilitierte er ſich 1883 an der
Münchener Univerſität als Privatdozent. Im Jahre 1884
über=
nahm er die Leitung des Forſchungslaboratoriums der Firma
Oehler in Offenbach, die er drei Jahre lang führte. Dann trat
er 1888 in die wiſſenſchaftliche Laufbahn zurück, indem er ſich
an der Techniſchen Hochſchule in Karlsruhe niederließ. Dort
übermahm er den Lehrauftrag für Farbſtoffe und Färberei, den
er bis zu ſeiner Berufung an das Technologiſche Gewerbemiſeum
in Wien 1895 ausübte, und wurde zum außerordentlichen
Pro=
feſſor ernannt.
Aus den Karlsruher Tagen datiert unſere Freundſchaft, die
im Jahre 1900 zu einem gemeinſamen Beſuche der Pariſer
Welt=
ausſtellung, in der Zeit vom November 1916 bis Mai 1920 zu
Paul Friedländers Wirken in Dahlem als Mitglied des Kaiſer=
Wilhelm=Inſtituts für phyſikaliſche Chemie und Elektrochemie
ge=
führt hat. Sie war von ſeiner Seite eine fortlaufende Kette
ſelbſüloſer Bemühungen, dem jüngeren Kollegen Güte und
Förde=
rung zuteil werden zu laſſen.
Am Technologiſchen Gewerbemuſeum in Wien hat er vom
Sommer 1895 bis Oſtern 1911 gewirkt, ſo lange das
Techno=
logiſche Gewerbemuſenm eine Anſtalt war, die auf ihrer
Ober=
ſtufe wiſſenſchaftliche Arbeit im Laboratorium betrieb. Eine
organiſatoriſche Aenderung, die dieſen freien Wiſſenſchaftsbetrieb
aufhob, führte zu ſeiner Penſionierung. Er verlegte ſeinen
Wohnſitz nach Darmſtadt, wo er bis zu ſeinem Ende als Forſcher
und akademiſcher Lehrer an der Techniſchen Hochſchule d
Wiſſenſchaft gedient und zugleich den befreundeten Firmen Ka
u. Co. und Leop. Caſſella u. Co., deren Fabriken in der Nachba
ſchaft von Darmſtadt liegen, als Berater zur Seite geſtandenhe
Obgleich weit über die Jahre hinaus, in denen der Sta
die Dienſte ſeiner Angehörigen forderte, hat er ſich im Krie
mit der Kraft und Hingabe der Jugend in den Dienſt der Krieg
aufgaben geſtellt. Es war ihm ſelbſtverſtändlich, daß der Forſch
im Frieden der Menſchheit, im Kriege aber dem Vaterlande
hörte. Er war gleich nützlich auf dem Felde der
wiſſenſcha=
lichen Bearbeitung der Gaskampfſtoffe und auf dem Gebie
ihrer techniſchen Herſtellung, und er war unerſetzlich als Ve
mittler beider Gebiete. Nach dem Kriege aber begeiſterte ihn
Gedanke, die bei den Kampfaufgaben gewonnenen neuen chem
ſchn Einſichten für Heilzwecke nutzbar zu machen. In der Ve
folgung dieſes humanitären Zieles blieb er am Kaiſer=Wilheln
Inſtitut für phyſikaliſche Chemie und Glektrochemie über de
Kriegsende hinaus, ſolange das Inſtitut die wirtſchaftliche Kre
beſaß, dieſer Aufgabe zu dienen.
Paul Friedländer war nach ſeinem inneren Weſen nebe
dem Chemiker ein Künſtler. Seine Feierſtunden gehörten de
Muſik, und ſeine Freunde ſuchte und fand er mit Vorliebe und
den Muſikern, Malern und Bildhauern.
In unſerer deutſchen Welt lebt, in den letzten Jahren 9.
mindert, aber niemals erloſchen, ein Reſpekt vor dem Gelehrte
Er hat ſeine Quelle einmal in dem allgemeinen Empfinden, de
die großen Lebenserleichterungen der Geſamtheit letzten Ende
von der erfolgreichen Arbeit dieſer Männer herſtannmen. Er he
eine andere Quelle in dem Gefühl für die ſittliche Größe, d.
in der bewußten Gleichgültigkeit gegen die Werte des
Erwerb=
lebens und in der vollen Hingabe an ideale Aufgaben gelegen !
Er wurzelt ſchließlich in dem Eindruck, den die Perſönlichke
von Männern weckt, deren Leben beſtändig über das Fachmäß!t
und Altägliche hinauswächſt, weil ſie alles Bedeutende in de
Kultur ihrer Zeit innerlich ſich zu eigen mu chen und miterlebei
Ehre dem Manne, der durch fachliche Leiſtung, durcy Charakne
und Geiſtesart dieſem Elvigkeitsbilde des deutſchen Gelehrte
entſpricht!
Paul Friedländer hat ihm in allen drei Hinſichten ſo el
ſprochen, daß die Naheſtehenden mit bitterer Trauer, difs gar
Fach aber mit dankbarem Stolz
gedenke
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Rummer 294.
Darmſtädter Dagblatt, Mittwoch, den 24. Oktober 1923.
Seite 3.
G
Sahern und Reich.
Der württembergiſche Staatspräſident in München.
* München, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Der württembergiſche
taatspräſident Hieber weilte geſtern auf dem Wege zu einer
eichsratsſitzung nach Berlin in München, um ſich mit dem
baye=
ſchen Miniſterpräſidenten Dr. v. Knilling über die
Stellung=
ihme der bahyeriſchen Regierung und über den Verlauf der
tuttgarter Konferenz der ſüdddeutſchen Miniſterpräſidenten zu
iterhalten. An baheriſcher maßgebender Stelle hat man nach
je vor die Hoffnung, daß die Reichsratsſitzung zu einer
Klä=
ng der ſchwebenden Fragen führen wird, wenn das Problem
cht rückſchauend, ſondern vorwärts blickend auch in der
Rich=
ng zur Behandlung kommt, die vom Reichskanzler bereits
an=
deutet iſt, daß alſo auch die Frage der Erweiterung der Rechte
r deutſchen Länder im Rahmen des Deutſchen Reiches zur
örterung geſtellt wird.
Berliner Stimmen zur Lage.
* Berlin, 23. Okt. (Priv.=Tel.) In Kreiſen, die der
eichsregierung naheſtehen, iſt man der Anſicht, daß die
Reichs=
gierung alles verſuchen wird, um den Konflikt mit
Bay=
n zu überbrücken. Danach iſt anzunehmen, daß man den
baye=
chen Wünſchen hinſichtlich der Gewährung bayeriſcher
Sonder=
chte innerhalb der deutſchen Verfaſſung im Reichsrat
entgegen=
mmen wird. Die Reichsregierung ſieht ſich zu dieſer Haltung
ranlaßt im Anbetracht der außenpoliciſchen Lage. Die
Ver=
ndlungen der Induſtrievertreter mit Frankreich haben noch
mner zu keinem Ergebnis geführt, obwohl dieſe Verhandlungen
m Vernehmen nach auf franzöſiſchem Boden noch weitergeführt
erden. Ein Scheitern dieſer Verhandlungen würde die
kata=
ophalſte Lage für das Ruhrgebiet herbeiführen müſſen. Die
erſuche der Sepavatiſten im Rheinland werden noch immer
ißerordentlich ernſt aufgefaßt und man befürchtet, daß ſie mit
r ſich verſtärkenden wirtſchaftlichen Not im beſetzten Gebiet
n den Franzoſen von neuem begonnen werden. Auch die
wirt=
haftliche Lage, deren Auswirkungen in dem weiteren Fortgang
s Markſturzes ſich immer drohender geſtalten, wird die
Reichs=
gierung veranlaſſen, alles zu tun, um den Konflikt mit Bayern
s der Welt zu ſchaffen. Ob das nur durch Zugeſtändniſſe an
e bayeriſchen Sonderwünſche geſchehen kann, erſcheint fraglich.
ach privaten Mitteilungen aus München verſtärkt ſich dort
im=
er mehr die reichsdeutſche Bewegung, die gerade mehr Einfluß
f das Reich zu erhalten wünſcht.
Die Auffaſſung in München.
* München, 23. Okt. (Priv.=Tel.) In München wird
be=
nders vermerkt, daß ſeit dem Ausbruch der Kriſe zwiſchen
ünchen und Berlin kein Tag vergehe, an dem nicht in der
Ber=
ter Preſſe von ſeparatiſtſchen Abſichten Bayerns geſprochen
ird. Demgegenüber wird hier feſtgeſtellt, daß auf Grund der
altung nicht nur v. Kahrs und der bayeriſchen Regierung,
ſon=
rn auch der Koalitionsparteien, der vaderländiſchen Verbände
id der überwältigenden Mehrheit der bayeriſchen Bevölkerung
in einer Bewegung, die auf Loslöſung Bayerns vom Reich
ziele, nicht die Rede ſein könne und eine Trennung vom Reich
s politiſch, wirtſchaftlich und moraliſch unwöglich abgelehnt
erde. Wenn man ſchon überhaupt von einer Separation
ſpre=
en wolle, ſo könne es ſich nur um eine Separation von dem
Berlin herrſchenden Geiſt, von den Berliner
Regierungs=
ethoden und von der marxiſtiſchen Einſtellung handeln.
An=
ſichts der außenpolitiſchen Fehlſchläge, der unerträglich
gewach=
ten innerpolitiſchen Zerklüftung und des namenloſen
wirt=
haftlichen Elends hätte ſich die felſenfeſte Ueberzeugung
heraus=
bildet, daß das Reich entweder durch die Beibehaltung der
tigen Regierungsmethode rettungslos zugrunde geht, oder aber
iß eine radikale Umkehr durch Schaffung einer wirklich
deut=
ſen nationalen Regierung im Reich erfolgen muß, die auf das
eſthalten an der unitariſtiſchen Weimarer Verfaſſung verzichtet,
e wieder den Gliedſtaaden ausreichende Hoheitsrechte ſchafft
d ihnen die Möglichkeit gibt, ſich wieder freudig ins große
eichsganze einzufügen. Darum ſei der gegenwärtige Konflikt
cht bloß ein Streit um Perſonen, nicht bloß ein Kampf
zwi=
ſen zwei Regierungen, ſondern ein Kampf, in dem ſich
grund=
tzliche Staatsauffaſſungen gegenüberſtehen. Gerade aus
die=
m Grunde ſetzt man in München wenig Hoffnung auf eine
erſtändigung durch die bevorſtehenden Verhandlungen im
eichsrat; denn wachdem dieſe ſtark mit ſozialiſtiſchen Vertretern
ſetzte Körperſchaft weniger wichtige Dinge Bayerns
nieder=
ſtimmt hat, glaubt man nun erſt recht nicht, daß den baheriſchen
nwartſchaften in einer ſo wichtigen und grundſätzlichen Sache
echnung getragen wird, daß ſich dadurch für längere Dauer
er=
ägliche Verhältniſſe ergeben. Die nationalen Kreiſe in Bayern,
nſchließlich der Bayeriſchen Volkspartei, halten vielmehr das
ortbeſtehen der Regierung Streſemann, wie überhaupt das
yſtem bürgerlich=ſozialiſtiſcher Kompromiſſe und
Koalitions=
gierungen mit den deutſchen Staatsnotwendigkeiten nicht mehr
rſatz durch eine entſchloſſene nationale Regierung im Sinne der auf aufmerkſam gemacht, daß er unter den obwaltenden
Verhält=
eutſchen Einſtellung Bayerns als das einzig Gegebene zur niſſen nicht mehr in der Lage ſei, den Bedarf Berlins zu decken
nen= und außenpolitiſchen Rettung Deutſchlands.
Die Reichswehr in Sachſen.
Die Reichswehr in Oresden.
Ein Zwiſchenfall in Pirna.
Dresden, 23. Okt. (Wolff.) Heute vormittag iſt die
Reichswehr mit klingendem Spiel in die Stadt eingerückt, und
zwar. Infanterie, Kavallerie, Artillerie und
Radfahrabteilun=
gen. General Müller nahm die Parade ab. Der Einzug
voll=
zog ſich ohne Zwiſchenfall. In Pirna dagegen iſt es am
Vor=
mittag zu einem ähnlichen Zuſammenſtoß gekommen wie
ge=
ſtern in Meißen. Es wurde auf die anrückenden Truppen
ge=
ſchoſſen, die das Feuer erwiderten. Ein Erwerbsloſer wurde
dabei getötet und mehrere Perſonen verwundet. Zurzeit herrſcht
wieder Ruhe. In den Straßen patrouilliert die Reichswehr.
Den Einwohnern wurde befohlen, die Fenſter und Türen zu
ſchließen.
Erklärungen Zeigners zum Einmarſch der Reichswehr.
* Dresden, 23. Okt. (Priv.=Tel.) In der heutigen
Sitzung des ſächſiſchen Landtags gab Miniſterpräſident Dr.
Zeig=
ner eine Erklärung ab, in der es u. a. heißt: Am Samstag
vor=
mittag iſt mir aus Berlin ein Schreiben zugegangen, in welchem
mir erklärt wurde, die Verlegung der Reichswehrtruppen nach
Sachſen habe den Zweck, Sachſen vor einem etwaigen Einmarſch
bayeriſcher Verbände zu ſchützen. Es handele ſich nicht um
Maßnahmen gegen Sachſen, und Sachſen möge dieſe
Maßnah=
men nicht als einen feindlichen Akt betrachten. Wenige
Stun=
den danach erhielt ich vom Reichswehrkommandeur einen Brief,
der ſchon in der Preſſe veröffentlicht worden iſt, und bald darauf
wurde der Aufruf an die Bevölkerung verbreitet. Was ſoll man
zu den Erklärungen in dieſem Aufruf ſagen? Mit Bitterkeit
muß ich feſtſtellen, daß Berliner Stellen uns bewußt oder
unbe=
wußt unrichtige Auskunft gegeben haben über Maßnahmen, die
unſere ſächſiſchen Verhältniſſe aufs ſchwerſte beeinträchtigen. Das
Vertrauensverhältnis zwiſchen dem Reich und Sachſen muß
durch ſolche Vorgänge ſchwer erſchüttert werden. Es bedarf nur
der unerantwortlichen Tat eines Einzelnen, um das ganze Land
zu entflammen. Die ſächſiſche Regierung iſt die Regierung der
republikaniſchen und demokratiſchen Verteidigung. Wir erwarten
von dieſen Kreiſen, daß ſie entſchloſſen hinter uns ſtehen.
Unruhen im Reich.
Bewaffnete Trupps ſtürmen die Polizeiwachen
in Hamburg.
Hamburg, 23. Okt. (Wolff.) Hier haben heute vormittag
in verſchiedenen Stadtteilen Unruhen ſtattgefunden.
Bewaff=
nete Trupps dauchten an verſchiedenen Stellen der Stadt auf,
die die einzelnen Polizeiwachen in den entlegenen Bezirken
ſtürmten, ſo in Eimsbüttel, Uhlenhorſt, Wandsbeck und Hamm.
Durch dieſen Ueberfall ſetzten ſich die Aufrührer in den Beſitz
der Polizeiwaffen. Später wurde eine
Säuberungsaktion
eingeleitet. Wie der ſtaatliche Preſſedienſt mitteilt, war der
Kampf um die Wache 42 in Eimsbüttel außerordentlich heftig.
Die Aufrührer ſchoſſen aus Häuſern, von Dächern und
Vorgär=
ten. Soweit bis jetzt bekannt, hat die Ordnungspolizei bei
die=
ſem Vorgehen einen Beamten verloren. Mehrere ſind verwundet.
Gegenwärtig iſt die Säuberungsaktion in Barmbeck im Gange,
die das Heranziehen größerer Kräfte notendig machte. Die An= „zur redaktionellen Verwendung” am Morgen des Dienstag!
griffe auf die Polizeiwachen 36 und 39 wurden mit großer
Tat=
kraft abgewieſen. Anſammlungen im Innern der Stadt wurden
zerſtreut. Die Gerüchte, daß Reichswehr bei der
Säuberungs=
aktion beteiligt iſt, ſind falſch.
Der Hamburger Ordnungsdienſt fühlt ſich wieder Herr
der Lage.
Zur Sicherung der Häfen ſind beſondere Vorkehrungen getroffen
worden. Um 1.40 Uhr wurde die Wache in Barmbeck wieder
ge=
nommen. Die Säuberungsaktion wird fortgeführt.
Verſchärfter Belagerungszuſtand über Hamburg.
* Hamburg, 24. Okt. (Priv.=Tel.) Ueber das
Groß=
hängt worden, demzufolge niemand zwiſchen 11 Uhr abends und
5 Uhr morgens die Straßen betreten darf und ſämtliche
Fen=
ſter der Straßenſeite geſchloſſen bleiben müſſen. Die Schupo iſt
bisher Herr der Lage. Der Straßenbahn=, Hoch= und
Unter=
grundbahnverkehr ruht vollſtändig. Die Vorortbahn verkehrt bergiſchen, badiſchen und heſſiſchen Regierung.
einſtweilen noch.
Plünderung von Lebensmittelgeſchäften in Berlin.
Berlin, 23. Okt. (Wolff.) Auch am heutigen Vormittag
ſetzten ſich die Lebensmittelunruhen fort. Beſonders
wurden die Bäckereien und Schlächtereien heimgeſucht, deren
Wagen teilweiſe auf die Straßen geworfen wurden. Mehrere
ir vereinbar, ſondern fordern zur Vermeidung ſchwerer Ver= Rädelsführer und Haupttäter wurden feſtgenommen. — Der
icklungen den Rücktritt der jetzigen Reichsregierung und ihren Zweckverband der Bäckermeiſter Berlins hat den Magiſtrat dar=
und daß er die entſtehenden Folgen ablehnen müſſe.
Eine neue Deviſenverordnung.
Berlin, 22. Okt. Zur Behebung der Schwierigkeiten, die
ſich infolge der Steigerung des Dollarkurſes und der daraus
her=
vorgegangenen Stockungen des Warenumlaufes ergeben haben,
hat die Reichsregierung eine Anzahl
einſchnei=
dender Verordnungen erlaſſen. Neben dieſen
Ver=
ordnungen betreibt die Reichsregierung die Einführung
wert=
beſtändiger Zahlungsmittel mit äußerſtem Nachdruck. Um die
Zeitſpanne bis zur Ausgabe der Rentenmark auszufüllen,
wer=
den, wie ſchon bekannt gegeben, in großem Umfange kleine Stücke
der Goldanleihe hergeſtellt und in Kürze ausgegeben. Ferner iſt
zur noch größeren Beſchleunigung die Ausfertigung von
Zwi=
ſchenſcheinen für beſtimmte Zwecke in Vorbereitung. Die
Regie=
rung wird auch in allen geeigneten Fällen und unter den
ſelbſt=
verſtändlichen Bedingungen die Genehwigung erteilen, falls
in=
duſtrielle Werke von ſich aus auf kürzere Zeit wertbeſtändiges
Notgeld ausgeben können und wollen. Ueber die Einführung
von Goldſchecks von Banken wird verhandelt. Die geſtrige Börſe
hat wieder ergeben, daß die Deviſenkurſe nur geſprochen
wer=
den. Bei der maßgebenden Bedeutung, die die Deviſenkurſe für
die geſamte innere Preisberechnung haben, ſieht ſich die
Reichs=
regierung erneut zu einem Eingreifen in die Kursfeſtſtellungen
gezwungen und hat deshalb die Vorſchriften der Verordnungen
über den Handel mit ausländiſchen Zahlungsmitveln und
Dollar=
ſchatzanweiſungen zum Einheitskurſe, die ſich aus den
ſeiner=
zeitigen Erfahrungen ergeben haben, auf Grund des
Ermäch=
tigungsgeſetzes für das ganze Reichsgebiet erneut in Kraft geſetzt.
Die Verbreitung durch das Wolffſche Bureau gilt als
Ver=
kündung. Die Verordnung ſoll nur ſolange in Geltung bleiben,
bis durch ausreichende Verſorgung der Wirtſchaft mit
wert=
beſtändigen Zahlungsmitteln eine Beruhigung auf dem Waren=
und Deviſenmüarkt eingetreten iſt. Die Inhaber der Geſchäfte,
in denen Gegenſtände des täglichen Bedarfs feilgeboten werden,
werden für verpflichtet erhlärt, ihre Verkaufsräume werktäglich
zu den üblichen Stunden zur Abgabe von Waren offen zu halten,
ſowie ihre Waren gegen Zahlung in deutſcher Mark abzugeben.
Auf Zuwiderhandlungen dieſer Vorſchriften ſind hohe Geld= und
Freiheitsſtrafen geſetzt. Außerdem kann die Verwaltungsbehörde
die Schließung dieſer Betriebe anordnen. Gegen die Plünderung
oder die gewaltſame Wegnahme ſowie durch Drohung
erzwun=
gene Herausgabe von Waren werden ſchwerſte Strafen angedroht.
* Das heſſiſche Preſſeamt.
In der Nacht vom Samstag auf Sonntag erließ die
Reichs=
regierung einen Aufruf, in dem ſie Stellung nahm zu den
Ereig=
niſſen in Bayern. Wir veröffentlichten dieſen Aufruf in unſerer
Sonntagsausgabe. Bei der ungeheueren Bedeutung des
Schrit=
tes veröffentlichte die geſomte Preſſe des Deutſchen Reiches
dieſen Aufruf der Reichsregierung ſpäteſtens am Mondag. Das
Preſſeamt der heſſiſchen Regierung überſandte uns den Aufruf
Am Montag fand in Stttgart eine Beſprechung zwiſchen
der württembergiſchen, badiſchen und heſſiſchen Regierung ſtatt,
die ſich mit der bayeriſchen Frage befaßte. Die amtliche
Verlaut=
barung über dieſe Beſprechung geht uns am darauffolgenden
Tage zu. Die Möglichkeit, eine ſo wichtige Mitteilung
wenig=
ſtens an die größeren Zeitungen des Landes noch am gleichen
Tag durchs Telephon zu geben, ſcheint im Preſſeamt der
heſſi=
ſchen Regierung nicht bekannt zu ſein. Wir, die wir ja die
Lei=
ſtungen des heſſiſchen Preſſeamtes kennen, haben es aufgegeben,
uns über derartige Dinge zu wundern. Bedauerlich iſt es aber,
daß eine amtliche Stelle, für welche doch imerhin erhebliche
Hamburger Gebiet iſt der verſchärfte Belagerungszuſtand ver= Staatsgelder aufgewendet werden, ſo wenig ihrer Aufgabe
ge=
recht wird.
Die Stuttgarter Beſprechung der württem=
Die Staatspräſidenten und Mitglieder der
württembergi=
ſchen, badiſchen und heſſiſchen Regierungen haben ſich geſtern in
Stuttgart zu einer Beſprechung über die augenblickliche politiſche
Lage zuſammengefunden. Der Antrag des württembergiſchen
Staatspräſidenten auf ſofortige Einberufung bes Reichsrats zur
Beſprechung der neuerdings entſtandenen innerpolitiſchen
Ge=
fahren wurde allſeitig gebilligt. Die Beſprechung ergab
Ueber=
einſtimmung dahin, daß alle anweſenden Verrreter
vorbehalt=
los auf dem Boden der Reichseinheit ſtehen, und daß alle
Ver=
ſuche, die — gewollt oder ungewollt — die Reichseinheit zu
zer=
ſtören und die Autorität der Reichsregierung zu untergraben
geeignet ſind, verurteilt werden.
agern und die deutſche Einheit 1848.
C.K. Die Gegenſätze, die ſich jetzt in der Politik des Deutſchen
eiches und Bayerns zeigen, werden gewiß nicht imſtande ſein,
je duich die Geſchichte und das gemeinſame Schickſal
ge=
hlungenen Bande zu lockern. Bahern gehört zum Reich und
ihlt ſich als ein untrennbarer Beſtandteil dieſer Einheit. Wie
üh ſchon die Einheitsbeſtrebungen in Bahern mächtig wurden,
as können wir uns gerade jetzt wieder aus einem inhaltsreichen
Ferk vergegenwärtigen. Der Mürchener Hiſtoriker M. Doeberl
at bei R. Oldenbourg in München „Bahern und die Deutſche
frage in der Epoche des Frankfurter Parlaments” auf Grund
ingehender Studien in den Staatsarchiven und mit Benutzung
ahlreicher ungedruckter Quellen behandelt. Er zeigt darin, daß
könig Maximilian II. die Deutſche Frage, wie ſie von dem
rankfurter Parlament behandelt wurde, eifrig unterſtützte, und
Umählich wurde auch in Bahern die deutſche Einheit zum
Zentralproblem der öffentlichen Meinung. Hauptſächlich waren
S die Neu=Bahern, die Pfälzer, Franken und Schwaben, in
enen der demokratiſche und republikaniſche Geiſt mächtig war,
ind die die Anerkennung der Reichsverfaſſung forderten. In
er bayeriſchen Pfalz kam es ſogar zu einem Putſch, aber auch
ſort wollte der Kern der Bevölkerung keine Revolution, und die
Ordnung wurde bald wieder hergeſtellt. Immerhin wurde von
lieſen neubayeriſchen Kreiſen aus das Verlangen nach deutſcher
Einheit auch nach Altbayern getragen, und gerade dieſe
Volks=
dewegung von 1848 trug dazu bei, daß Neubayern und
Alt=
jayern zu einem Staatsvolk verwuchſen. Das hat Bismarck
nit den Worten betont: „Der Zuſammenhang des Königreichs
Bahern beruht nicht nur auf dem bayeriſchen Stamm, wie er im
Süden Baherns und in Oeſterreich vorhanden iſt, ſondern der
Augsburger Schwabe, der pfälziſche Alemanne und der
Main=
ranke, ſehr verſchiedenen Geblüts, nennen ſich mit derſelben
Henugtuung Bayern, lediglich weil ſie mit den Bayern durch
die gemeinſchaftliche Oynaſtie während Menſchenaltern
verbun=
den ſind.‟ Dieſe Umſchichtung des bayeriſchen Volkes und ſein
immer ſtärkeres Hineinwachſen in die allgemeine deutſche
Ent=
woickelung ſpiegelt ſich in der Stellung Münchens im 19.
Jahr=
hundert, das in wirtſchaftlicher und geiſtiger Beziehung ein
Mittelpunkt des deutſchen Weſens überhaupt wurde. Durch das
Scheitern des Frankfurter Verfaſſungswerkes wurden auch die
Beſtrebungen für die deutſche Einheit in Bayern wieder
zurück=
gedrängt; aber umſonſt war das „Sturmjahr” doch nicht, der
Ge=
danke hatte auch in Bayern feſte Wurzeln gefaßt.
Als Köwig Maximilian II. dem Miniſter v. Zwehl nach der
Ueberwindung der revolutionären Bewegungen in den
neubaye=
riſchen Provinzen den Auftrag gab, für die Hebung des
baye=
riſchen Nationalgefühls zu ſorgen, da empfahl dieſer in erſter
Linie die Löſung der deutſchen Frage: „Anhänglichkeit und
Liebe zum engeren bayeriſchen Vaterlande iſt mit dem
allgemei=
nen deutſchen Stammesbewußtſein nicht unverträglich. Gerade
die erſtere kann nur dann ihre feſte und dauernde Kräftigung
er=
halten, wenn die Stellung Baherns im Geſamwaterlande ſchon
in der nächſten Zukunft entſchieden wird, und mit dem
Wieder=
aufbau der Einigung ſämtlicher deutſchen Stämme, mit der
ver=
jüngten Wiederherſtellung des Deutſchen Reiches das unſelige
Mißtrauen gegen die Staatsregierung verſchwindet und der von
Anfang an vorhandene redliche Willen Bayerns, auch mit großen
Opfern und ohne Sonderintereſſe zur Realiſierung dieſes großen
Werkes mitzuwirken, jedem zum klaren Bewußtſein gebracht
wird. Je größeren Anteil an dem Zuſtandekommen des Friedens=
und Verſöhnungswerkes die bayeriſche Regierung für ſich in
An=
ſpruch nehmen kann, deſto innigere Liebe und Anhänglichkeit
wird ſie dafür ſelbſt in jenen Teilen des Königreiches ernten,
welche erſt in neuerer Zeit dem Mutterlande zugewachſen ſind,
und eben wegen des Mangels ſolcher Bande in der „neueſten
Zeitbewegung in eine unitariſche, den Beſtand ihres engeren
Vaterlandes in Frage ſtellende Richtung hineingezogen wurden.”
Ein anderer bayeriſcher, Staatsmann, Freiherr Hermann
von Rotenhan, gab damals für die künftige Politik Bayerns das
folgende Gutachten: „Das Verlangen, daß Deutſchland wieder
in einer Weiſe organiſch geeinigt werde, durch welche die deutſche
Nation ſich als ein Ganzes fühlt und der Schwerpunkt der
deut=
ſchen Politik und Macht in der Mitte des deutſchen Vaterlandes
ſeinen Sitz hat, iſt wohl berechtigt. Deutſchland iſt beſtimmt,
im Föderativſyſtem ſeine weltgeſchichtliche Bedeutung auch für
die Zukunft durchzuführen. Der ſpezielle Patriotismus für den
einzelnen Staat und der allgemeine für das ganze Vaterland
ſind keine ſich ausſchließenden Gegenſätze, ſie können und müſſen
ſich gegenſeitig ergänzen. Die beſten Patrioten werden dann
mit Luſt und Stolz ſagen: Ich bin ein Bayer, wenn ſie zugleich
mit Luſt und Stolz ſagen können: Ich bin ein Deutſcher!“
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
— Der Lutherfilm. Um die ſeit Jahren geplante
Her=
ſtellung eines Lutherfilms vorzubereiten, hatte ſich eine
Luther=
filmgeſellſchaft gebildet, an deren Spitze Freiherr v. d. Heyden=
Rynſch in Eiſenach ſteht. Die großen proteſtantiſchen
Vereini=
gungen und die Lutherſtädte, ſowie der bekannte Lutherforſcher
Profeſſor D. Scheel in Tübingen unterſtützen das Unternehmen.
Die Dichtung ſtammt aus der Feder des Lutherkenners Pfarrer
Kurz in Erfurt. Die Aufführungen vor der Zenſurbehörde und
vor der Preſſe in München ſind erfolgreich verlaufen. Der
Vor=
ſitzende der Zenſurbehörde erklärte den Film geradezu für eine
Tat und für ein großzügiges evaggeliſches Glaubensbekenntnis.
Der Film wurde ſofort ohne Antrag als Lehrfilm zugelaſſen.
Die Uraufführung in Eiſenach ging in feierlicher Weiſe vor ſich
und fand außerordentlichen Beifall. Das Gleiche iſt zu ſagen
von der zu Ehren des Lutheriſchen Weltkonvents einige Tage
ſpäter ebenfalls in Eifenach veranſtalteten Feſtaufführung vor
einer ſtark beſuchten Verſammlung ſeiner Mitglieder.
Maß=
gebende deutſche Perſönlichkeiten, Vertreter von Geſellſchaften
und von großen lutheriſchen Kirchen, wie aus Schweden und
Ungarn, haben ſich höchſt anerkennend über die Vorführungen
und die geſchichtlich treue Darſtellung ausgeſprochen. Mit den
beiden obengenannten Ländern, ſowie mit Amerika ſchtvehien
Verhandlungen wegen Uebernahme des Films. Der Vertrieb
des Films ſtößt vorläufig noch auf Schwierigkeiten, was wvohl
auf den ernſten Inhalt zurückzuführen iſt. Es iſt daher die
Auf=
gabe aller kirchlichen und ſonſt intereſſierten Kreiſe, darauf
hinzu=
wirken, daß dem Lutherfilm an recht vielen Orten Eingang
ver=
ſchafft wird, damit er nicht in die Hände von nichtdeutſchen und
nichtevangeliſchen Filmgeſellſchaften übergeht.
C.K. Doſtojewskis, Idiot” auf der Bühne. Ein
Drama „Der Idiot”, das nach dem gleichnamigen Roman
Doſto=
jewskis von dem franzöſiſchen Theaterdirektor und Schriftſteller
Irenée Mauget bearbeitet iſt, wurde von dem Pariſer Theater
Albert I. zum erſten Male aufgeführt. Das Werk, das die
Sze=
nen des Romans möglichſt getreu auf die Bühne bringt und ſich
auch im Dialog an die langen Geſprüche des großen Ruſſen
an=
ſchließt, fand bei glänzender Darſiell, g eine ſehr günſtige
Auf=
nahme, ſo daß die Fran oſen, die Ooſtofewski ſonſt ſicher noch
wenig geleſen haben, den Noman wenigſtens auf ieſe ſ.
nſatio=
nell zugeſtutzte Weiſe kennen lernen.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 24. Oktober 1923.
Rummer 294.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 24. Oktober.
F.
Einſtellung der Ueberweiſung von Zinsbeträgen. Mit Rückſicht
auf die Geldentwertung und die außerordentlich geſtiegenen Koſten für
das Ueberſenden von Zinsbeträgen, für die Buchungen bei den
Ban=
ken, Sparkaſſen uſw. ſieht ſich die heſſiſche Staatsſchuldenverwaltung
zwungen, ebenſo wie die Reichsſchuldenverwaltung und die
Haupt=
verwaltung der Preußiſchen Staatsſchulden, das Ueberweiſen von
Zins=
beträgen von Buchſchulden und Zinsſcheinen an die Banken uſw. auch
im eigenen Nutzen der Gläubiger vorläufig einzuſtellen. Durch die
Bezirks=(Finanz=/Kaſſen und Untererheber können ſolche Zinsbeträge
ebenfalls nicht mehr ausbezahlt werden, nachdem der
Reichsfinanzmi=
niſter zur Entlaſtung dieſer Kaſſen angeordnet hat, daß ſie dafür nicht
mehr herangezogen werden dürfen. Zinsſcheine heſſiſcher
Staatsſchuld=
verſchreibungen werden aber auf Zimmer 2 des Staatsſchuldbuchamts
(Gebäude der Heſſiſchen Landeshypothekenbank) Paulusplatz 1
einge=
löſt und ebenſo Schuldbuchzinſen daſelbſt ausbezahlt, und zwar gleich
für die Zinstermine 1 Oktober 1923 und 1. April 1924 zuſammen. Das
Recht der Gläubiger auf den Zinsbezug ſoll vorbehaltlich einer ſpäter
ren endgültigen Regelung nicht geſchädigt werden.
Nach Mitteilung der amtlichen Fürſorgeſtelle der Stadt Darmſtadt
werden die laufenden Zuſatzrenten für den Monat November ds. Js
und Nachzahlung für Monat Oktober ds. Js. für nicht im
Erwerbé=
leben ſtehende Schwerbeſchädigte, Hinterbliebene, Altrentner und
Altrent=
nerinnen am Donnerstag, den 25. Oktober ds. Js., vormittags von
8½½ bis 12½/= Uhr im Amtsgebäude, Mornewegſtraße 1 (Alter Heſſiſcher
Ludwigsbahnhof) Saal 1, parterre links, ausgezahlt.
Zweite Rentenzwiſchenzahlung an Kriegsbeſchädigte und
Hinter=
bliebene für Oktober 1923. Mit Rückſicht auf das raſche Fortſchreiten
der Teuerung und die große Notlage, die in weiten Kreiſen der
Kriegs=
beſchädigten und Kriegshinterbliebenen herrſcht, wird ſofort eine zweite
Zwiſchenzahlung durchgeführt. Sie beträgt das Zehnfache der erſten
Zwiſchenzahlung für Oktober, die den Empfängern im Poſtſcheckwege
zu=
gegangen iſt. Die Auszahlung der Beträge fur die in Darmſtadt
woh=
nenden Empfänger findet vom Mittwoch, den 24. Okt. bis Freitag, den
26. Oktober, durch die Kaſſe des Verſorgungsamts Darmſtadt,
Magda=
lenenſtraße 8, und zwar in der Zeit zwiſchen 11 und 3 Uhr ſtatt. Die
Nummerkarte iſt mitzubringen. Inhaber von Bank= und Poſtſcheckkonten
können ebenfalls die Rente hier in Empfang nehmen. Die außerhalb
wohnenden Empfänger erhalten die Zwiſchenzahlung im Poſtſcheckwege.
— Heſſiſches Landestheater. Mietnachzahlungen des
Heſſi=
ſchen Landestheaters. Die Nachzahlungen für den 2.
Miet=
abſchnitt, ſoweit ſie noch nicht geleiſtet wurden, können jetzt noch von
9—12½ Uhr vormittags an der Hauptkaſſe geſchehen, bis Mittwoch, den
24. Oktober einſchließlich nach dem Lebenshaltungsindex vom 18. Oktober,
ab Donnerstag nach dem Index vom 25. Oktober.
Techniſche Neuerung im Kleinen Haus. In „Liliom”, der
Vor=
ſtadtlegende von Franz Molnar, die am Donnerstag, den 25.
Okto=
ber, hier zum erſten Male im Kleinen Haus des Landestheaters gegeben
wird, findet eine neue Einrichtung auf der Bühne erſtmalig Verwendung.
Es iſt dies eine auf den Bühnen aufgeſetzte große Drehbühne. Die
Vor=
teile der Drehbühne beſtehen in der Möglichkeit, mehrere Bilder vor
Be=
ginn der Vorſtellung fertig aufbauen zu können und dadurch bis zur
großen Pauſe keine Umbauten, alſo auch keine längeren Pauſen zu
be=
nötigen. Es iſt die dritte größere Verbeſſerung, die ſeit Ende der
vori=
gen Spielzeit in der Bühnenmaſchinerie des Kleinen Hauſes fertiggeſtellt
wird. Gleich nach der letzten Vorſtellung im Juni wurde der alte Büh=
nenboden, der noch aus den achtziger Jahren ſtammte, herausgeriſſen und
erneuert. Hierbei wurde auch die Neigung des Bühnenpodiums beſei=
tigt. Die Bühne liegt nun wie unſere modernen Bühnen wagrecht. Nach
der Beendigung der Spielzeit Harprecht wurde als zweite Neuerung die
bei der Eröffnung des Hauſes vom Großen Haus übernommene, alte
Horizontanlage herausgenommen und durch eine neue Doppelanlage
er=
ſetzt. Dieſe wird nicht mehr von der Arbeitsgalerie aus bedient, auf die
die Arbeiter erſt hinaufgehen mußten, ſondern unmittelbar von der
Bühne aus. Das Einlaufen der Leinwand in die Führungskandel, das
Auf= und Abwickeln auf die Kegel erfolgt rein maſchinell, ohne
Hand=
arbeit. Gleichzeitig wurde ein Balkenunterzug des Daches entfernt und
durch eine höher gelegene Eiſenträgerkonſtruktion erſetzt. Dadurch konnte
die Horizontkandel ſo hoch gelegt werden, daß nun Deckung ohne
Soffit=
ten erreicht iſt. Da zwei getrennte Horizonte, ein heller und ein dunkler,
eingebaut ſind, iſt die neue Einrichtung noch vollkommener als die
An=
lage im Großen Haus, die nur einen Horizont beſitzt. Sämtliche
Arbei=
ten, außer der Eiſenkonſtruktion des Dachbinders und der
Aufwicklungs=
vorrichtung der Horizonte, die die Firma Eiſenbau Donges lieferten,
wurden in den Werkſtätten des Landestheaters, unter der Oberleitung
des Herrn Maſchineriedirektors Schwerdtfeger ausgeführt. Konſtruiert
und eingebaut wurden Neuerungen von Herrn R. Kranich, dem
Bühnen=
inſpektor des Kleinen Hauſes. Durch die drei Verbeſſerungen, die
Grad=
legung des Bühnenbodens, die Doppelhorizontanlage, und die Drehbühne
hat Herr Generalintendant Guſtav Hartung zuſammen mit ſeinem
künſt=
leriſchen Beirat, Herrn T. C. Pilartz, der die Anregung zu den
Verbeſ=
ſerungen gab, durch ſeine techniſchen Vorſtände, trotz der heute
herr=
ſchenden troſtloſen Zuſtände, in wenigen Wochen die maſchinelle
Einrich=
tung des Kleinen Hauſes weſentlich verbeſſert und ſomit den Wert des
ganzen Gebäudes weiter bedeutend und bleibend gehoben. Zurzeit ſin!
mehrere Verbeſſerungen beleuchtungstechniſcher Art in Arbeit, die ſich
würdig den beſprochenen, rein maſchinellen Anlagen anreihen werden.
Wichtig für die Angeſtelltenverſicherung. Arbeitgeber, die für
Beitragszeiten vor dem 1. Oktober noch Beiträge für die
Angeſtellten=
verſicherung zu entrichten haben, werden darauf hingewieſen, daß nach
der neueſten Verordnung des Reichsarbeitsminiſters die
Reichsverſiche=
rungsanſtalt auf Antrag noch die erforderlichen Marken zu den
aufge=
druckten Werten abgibt, und zwar für Beiträge in den Klaſſen 36—44
Marken dieſer Klaſſe, für Beiträge in niederen Klaſſen nur Marken der
Klaſſe 36. Der Antrag iſt ſo zeitig ſchriftlich zu ſtellen, daß er der
Reichsverſicherungsanſtalt in Berlin=Wilmersdorf, Hohenzollerndamm,
ſpäteſtens bis zum 31. Oktober ds. Js. zugeht. In dem Antrag iſt die
Zahl der erforderlichen Marken, die Gehaltsklaſſe, in der die Beiträge
noch zu entrichten ſind, und die Beitragszeit für die ſie gelten ſollen,
anzugeben. Mit dem Antrag iſt zugleich der Geldwert der Marken ge=
bührenfrei zu überſenden. Die Reichsverſicherungsanſtalt liefert darauf
die erforderlichen Marken mit dem Entwertungsvermerk auf Koſten des
Antragſtellers Anträge, die nicht alle aufgeführten Angaben enthalten,
oder denen nicht der Gegenwert der Marken beigefügt iſt, ſind
wir=
kungslos.
— Beamten=Wirtſchaftsgenofſenſchaft. In der gut beſuchten Haupt=
Verſammlung am 19. Okt. wurde nach reger Ausſprache die Erhöhung
des Geſchäftsanteils von 1 Million auf 2 Milliarden, 1 Million,
einſtim=
mig beſchloſſen. Die hiernach erforderlichen Nachzahlungen von je 2
Milliar=
den Mark wollen alsbald in der Geſchäftsſtelle der B.W. G. geleiſtet
werden, und zwar ſpäteſtens bis 5. November (für aktive Beamte) und
bis 5. Dezember (für Witwen, Penſionäre uſw.). Die Verſammlung
nahm einen allgemein befriedigenden Verlauf.
— D. H. V. Die für Mittwoch abend vorgeſehene Zuſammenkunft
in der Geſchäftsſtelle findet wegen der Proteſtverſammlung erſt am
Don=
nerstag abend, 8= Uhr, ſtatt.
die beiden Erſtaufführungen der Operettennovität: „Der Fürſt von
Pap=
penheim” fanden, wird dieſelbe ab nächſten Samstag wiederholt.
— Lehrlingsausbildung. Das Reichsarbeitsminiſterium hat den
ge=
werblichen Kreiſen einen Geſetzentwurf über die Ausbildung Jugendlicher
zur Begutachtung übermittelt, der demnächſt in einem kleinen
Arbeits=
ausſchuß, dem Vertreter des Deutſchen Induſtrie= und Handelstags, der
Vereinigung Deutſcher Arbeitgeberverbände und der Gewerkſchaften
an=
gehören, durchgearbeitet werden ſoll. Der Entwurf dürfte eine
vollſtän=
dige Umarbeitunig erfahren, da ſich gegen die Einbeziehung der
jugend=
lichen Arbeiter in das Geſetz, gegen die Kontrolle der
Lehrlingsausbil=
dung mit Hilfe eines ganz neuen umfangreichen bureaukratiſchen
Appa=
rates und gegen den Gedanken, die Durchführung des Geſetzes durch
paritätiſche Ausſchüſſe der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und an der
Ju=
gendpflege beteiligten Kreiſe vorzunehmen, ſehr erheblicher Widerſtand
bemerkbar macht. Der Gedanke, die Durchführung des Geſetzes und der
geſamten Lehrlingserziehung einer Art Selbſtverwaltung der
Unterneh=
mer und Arbeiter zu überantworten, wird ſehr beifällig begrüßt. Aber
die praktiſche Form, wie der Geſetzgeber dieſes Ziel verwirklichen will,
wird ebenſo einſtimmig abgelehnt. Der Geſetzgeber beabſichtigt nämlich,
vorläufig den paritätiſchen Ausſchuß, der die Lehrlingserziehung
beob=
achten ſoll, ganz unabhängig von den Berufskammern und Gewerkſchaften
mit ſelbſtändigen Befugniſſen auszuſtatten, während die Berufskammern
auf dem Standpunkt ſtehen, daß dieſe Angelegenheit zwar paritätiſch zu
regeln ſei, es aber den Berufskammern und Gewerkſchaften überlaſſen
werden müſſe, ſich ein von ihnen abhängiges Organ für dieſe Zwecke zu
ſchaffen.
Die religiöſe Hungersnot. Aus der ungeheuren Büchernot, die durch
die Preiskataſtrophe im Papier= und Druckergewerbe über das geiſtig
ſchaffende Deutſchland hereingebrochen iſt, iſt ein nicht mehr zu
über=
ſehender Ausſchnitt die Bibelnot. Eine Vollbibel von mittlerer
Aus=
ſtattung koſtet heute 600 Millionen, ein Neues Teſtament 60—80
Millio=
nen. Das bedeutet: das „Buch der Bücher” rechnet für Millionen
chriſt=
licher Deutſcher zu den immer zahlreicheren Dingen, die man ſich „nicht
mehr leiſten” kann. Der in beſſeren Zeiten mit ſo hervorragendem
Er=
folg geleiſtete Dienſt der großen deutſchen Bibelgeſellſchaften vermag an
dieſer ſchmerzlichen Tatſache nichts zu ändern. Sie ſtehen ſelbſt vor dem
Nichts. Auch die Bibelerzeugung geht infolgedeſſen immer mehr zurück.
Viel innere Verarmung gibt es in Deutſchland — in einer Zeit, die der
einen Aufgabe, Nahrung und Kleidung für den Körper zu ſchaffen, alle
geiſtigen Güter opfern heißt. Aber nun drohen die Quellen zu verſiegen.
Um die deutſche Bibel im Lande ihrer Geburt nicht ſterben zu laſſen, ſoll
in Verbindung mit dem Deutſchen Evangeliſchen Kirchenausſchuß ein
Bibelhilfswerk in die Wege geleitet werden.
Rektoratsübergabe an der Techniſchen
Die feierliche Uebergabe des Rektorats, der Techniſchen Hochſchule
durch den Prorektor Profeſſor Dr.=Ing. Peterſen an den
neuernann=
ten Rektor Profeſſor Dr.=Ing. Heidebroek fand geſtern vormittag in der
üblichen feierlichen Weiſe ſtatt.
Vor Beginn der Feier verſammelte ſich die Studentenſchaft in der
Skulpturenhalle, die Chargierten in Wichs und mit Fahnen umſäumten
das Podium mit dem Rednerpult, und nachdem die Profeſſorenſchaft
und die Ehrengäſte um ½12 Uhr eingezogen, leitete ein Liedervortrag
des Akademiſchen Chors die Feier ſtimmungsvoll ein. Der Prorektor,
Herr Prof. Dr.=Ing. Peterſen, gab einen Bericht über das vergangene
Semeſter. Die Beſucherzahl der Hochſchule hat die Höchſtzahl von 3080
Studierenden (mit Gäſten: 3326) erreicht. 7 Todesfälle ſind leider zu
beklagen. Auch den Lehrſtuhl traf durch das Hinſcheiden Prof. Dr.
Friedländers und Staatsrat Dr.=Ing. Alexander Koch unerſetzliche
Ver=
luſte. Der Prorektor knüpft daran an, daß ſich eine ſo hohe Zahl von
Studierenden im letzten Semeſter wieder in der Hochſchule
zuſammen=
fanden, und erkennt ausdrücklich an, daß der jungen akademiſchen
Ju=
gend hoch anzurechnen ſei, die lieber perſönliche Opfer auf ſich nimmt
als von dem Studium unter den heute äußerſt drückenden wirtſchaftlichen
Bedingungen abzuſehen. Im vergangenen Semeſter konnte der Bau des
neuen Gerberei=Inſtitutes fertiggeſtellt und ſeiner Beſtimmung
über=
geben werden. Ebenſo wurde das Laboratoriumsgebäude im
Herrn=
garten ſeiner Vollendung nahegeführt. Die ſtudentiſche Wirtſchaftshilfe
wurde unter rührigſter Mithilfe der Studentenſchaft ſehr erweitert.
Ihr wurde eine Hochſchuldruckerei angegliedert, die den privaten
Drucke=
reien keine Konkurrenz machen wird, da ſie ſich darauf beſchränken wird,
Ausarbeitungen zu drucken, die ſonſt wegen der wirtſchaftlichen Notlage
nicht gedruckt würden, und der Wiſſenſchaft verloren gehen würden,
Um die Wohnungsnot unter der Studentenſchaft zu lindern, gelang es,
ein „Studentenhaus” zu pachten. Endlich wurde im letzten Semeſter
das lang erſtrebte Ziel der Schaffung eines Sportplatzes erreicht. Der
Prorektor dankt angeſichts dieſer Erfolge dem Heſſiſchen Landesamt für
das Bildungsweſen, dem Lehrſtuhl wie auch der Studentenſchaft für die
rege Mitarbeit. Beſonderer Dank galt auch den Beamten der
Hoch=
ſchule, die der überaus angewachſenen Verwaltungsarbeit nur mit
Auf=
bietung aller Kräfte Herr werden konnte.
Darauf erfolgte die feierliche Uebergabe, der Kette des Rektors an
ſeine Magnifizenz, dem jetzigen Rektor, Herrn Profeſſor Dr.=Ing.
Heidebroek. Dieſer ſprach dann dem Prorektor den Dank für die
außerordentlichen Verdienſte um die Hochſchule aus.
Der Vorſitzende der Studentenſchaft, Herr Erfurt, ſprach von der
vaterländiſchen Not, die ſeit der letzten Rektoratsübergabe ſo überaus
gewachſen iſt. In der Zeit, wo franzöſiſche Truppen weiteres deutſches
Gebiet beſetzten, feſtigte ſich der Zuſammenhalt in der Studentenſchaft.
Dieſer Zuſammenhalt und der Wille, dem armen, daniederliegenden
Vaterlande zu helfen, wird die Studentenſchaft nicht untätig fein laſſen.
Sie wird erſt an ſich arbeiten, ſich ſelbſt erziehen, und ſpäter weiteren
Zielen nachſtreben. Wo ein Wille iſt, iſt auch ein Weg. Worte
wärm=
ſten Dankes richtete er an den Prorektor, Prof. Dr.=Ing. Peterſen, der
es in geradezu idealer Weiſe verſtanden hat, mit der Studentenſchaft in
Verbindung zu treten und zu bleiben. Als Mitbegründer des „
Aus=
ſchuſſes für Ruhrarbeit der Deutſchen Studentenſchaft” überreicht der
Vorſitzende dem Rektor eine Mappe der bisher erſchienenen
Veröffent=
lichungen dieſes Ausſchuſſes mit folgendem Schreiben:
Darmſtadt, den 23. Oktober 1923.
Sehr geehrter Herr Prorektor!
Den feſtlichen Akt der Rektoratsübergabe nimmt der unterzeichnete
Ausſchuß zum Anlaß, Ihnen, ſehr geehrter Herr Prorektor, für die
Förderung und Unterſtützung der Arbeit des Ausſchuſſes aufrichtig Dank
zu ſagen.
Unſere Meinung von der Studentenſchaft iſt, daß ſie in Zeiten
größter vaterländiſcher Not den Kopf hoch, die Ideale wach, und den
Willen ſtark halten muß. Es iſt unſer feſter Glaube, daß die
weitſich=
tige Ruhrarbeit der Deutſchen Studentenſchaft, welche unbeirrt in den
Tagen inneren Zwieſpaltes geleiſtet wird, ihren Erfolg haben wird.
Daß Sie, ſehr geehrter Herr Prorektor, der Studentenſchaft in
ihrem vaterländiſchen Empfinden und Handeln ſo nahe ſtanden,
ver=
pflichtet ſie zu freudigem Dank.
Ausſchuß für Ruhrarbeit der Deutſchen Studentenſchaft
an der Techniſchen Hochſchule Darmſtadt.
gez. R. Pfeifer.
Darauf richtete Herr Erfurt Worte der Begrüßung und
Beglück=
wünſchung an Seine Magnifizenz, Herrn Prof. Dr.=Ing. Heidebroek,
der daran anſchließend eine längere Feſtvorleſung hielt, die die
vater=
ländiſche Nor zum Thema hatte, und auf die wir in unſerer morgigen
Hochſchulbeilage eingehend zurückkommen.
— Proteſtverſammlung. Es ſei nochmals auf die heute abend
8 Uhr im Städtiſchen Saalbau ſtattfindende
Proteſtver=
ſammlung hingewieſen, zu der der Verkehrsverein und
der Mieterverein nicht nur ihre Mitglieder, ſondern die
geſamte Bürgerſchaft Darmſtadts dringend einladen. Es
gilt, gegen die Ungerechtigkeit der Berechnung von Gas, Waſſer
und Strom nach Goldmark zu proteſtieren, die beſonders den
Kleinverbraucher über das Maß des Erträglichen hinaus belaſten.
— Vom Muſikverein wird uns geſchrieben: Die Einlöſung der
Ein=
trittskarten, für Mitglieder zur Aufführung von Schumanns „Paradies
und Peri” beginnt am Mittwoch, den 24. Oktober, der Kartenverkauf an
Nichtmitglieder am Donnerstag, den 25. Oktober. (Näheres ſiehe heutige
Anzeige.
— Erziehung zum Feuerſchutz. Im Spätherbſt 1922 veröffentlichte
die „Zeitſchrift für Kommunalwirtſchaft” (Verlag: Berlin und
Frie=
denau, Hertaſtraße 5) ein dem Feuerſchutz und Feuerlöſchweſen
gewid=
metes Sonderheft, aus dem wir eine Abhandlung „Erziehung zun
Feuerſchutz”, von Oberbrandinſpektor Senckel=Stettin, in abgekürzter
Form wiedergaben. Am Schluſſe derſelben heißt es: „Noch fehlt uns
leider ein Geſetz, das alljährlich die feuerpolizeiliche Beſichtigung aller
Grundſtücke durch eine auf Sachverſtändigen (Feuerwehrtechniker,
Bau=
polizeibeamter, Schornſteinfegermeiſter uſw.) beſtehende Kommiſſion
vor=
ſchreibt. Auch dieſes ſog. Brandſchaugeſetz muß kommen, je
früher, deſto beſſer, denn es wird mit das wirkſamſte Mittel ſein, unſer
Volk zum Feuerſchutz zu erziehen.” In einer an den Landtag am
7. November 1922 gerichteten Eingabe wurde von Juſtizrat
Lindt=Darmſtadt gefordert, der Landtag wolle die Regierung um
mög=
lichſt baldige Vorlage eines Brandſchaugeſetzes
er=
ſuchen. Am 16. Oktober 1923 hat das Landtagsamt dem
Peten=
ten mitgeteilt, daß der zweite Ausſchuß des Landtags in ſeiner Sitzung
vom 10. September 1923 beſchloſſen hat, die Vorſtellung der Regierung
als Material zu überweiſen. Mit dieſem Beſchluß iſt die
Angele=
genheit für den Landtag — wenigſtens vorerſt — erledigt. Angeſichts
des troſtloſen finanziellen Standes der heſſiſchen
Brandverſicherungs=
kaſſe ſollten ſich — nach faſt Jahresfriſt — die Intereſſenten aber
keines=
wegs bei dieſer Antwort beruhigen; es muß vielmehr Sache der
Haus=
beſitzer= und Mietervereine ſein, bei der Regierung
auf baldigen Erlaß eines Brandſchaugeſetzes zu
dringen. Es gilt nicht allein über die Höhe der
Brandverſicherungs=
beiträge zu klagen, man muß auch aus der Bevölkerung
her=
aus für größeren Feuerſchutz und Feuerverhütung wirken.
n. Strafkammer. Rechtlich von allgemeinem Belang erſcheint das
Ergebnis eines Offenbacher Berufungsfalles, der ein Vergehen gegen
das Vermögensfluchtgeſetz zum Gegenſtand hat. Das Schöffengericht
war zum Freiſpruch eines Fabrikanten Sebaſtian Roſenberger aus Klein=
Steinheim gelangt, und die Staatsanwaltſchaft blieb mit ihrer
Anfech=
tung dieſes Urteils erfolgreich, auch wurde dabei hier erſtmalig das
ge=
rade in Kraft getretene neue Geldſtrafgeſetz zur Anwendung gebracht.
Was letzteres betrifft, ſo ſoll es ſich der fortſchreitenden Geldentwertung
möglichſt anpaſſen, und es kann demgemäß nunmehr (auch rückwirkend
für frühere Delikte bezw. anhängige Sachen) wegen Verbrechen oder
Vergehen die etwaige Geldſtrafe bis zu 1000 Milliarden, bei Eigennutz
ſogar bis zu 10000 Milliarden Mark feſtgeſetzt werden.
Bemerkens=
wert iſt ferner aus dieſem Geſetz, daß für die Zahlung der
rechtskräf=
tigen Geldſtrafe ſowie für gewährte Raten derſelben der jeweilige
Teuerungsindex beſtimmend wird. In jenem Fall ſtand der Angeklagte
mit Schweden in Geſchäftsverbindung und beſaß aus Lieferungen Wechſel
eines dortigen Kunden von 6000 Kronen. Als er auf die Nachricht vom
Konkuus des Schuldners ſich an einen Stockholmer Rechtsanwalt zwecks
Vertretung wandte, verlangte dieſer die Ueberſendung der fraglichen
Wechſel, was auch ſeitens R.s geſchah. Er tat es jedoch vorſchriftswidrig
unmittelbar, nicht durch eine Bank unter Beobachtung der einſchlägigen
Beſtimmung, während erſterer Weg für Verſendung aller „
Zahlungs=
mittel” ins Ausland einzuhalten iſt. Der Anklage gegenüber ſtützte ſich
R. auf guten Glauben, weil er nach Lage der Verhältniſſe die in den
Konkurs gehenden Wechſel nicht als Zahlungsmittel im Sinne des
Ver=
mögensfluchtgeſetzes angeſehen habe. Dem Berufungsgericht erſchien
dies (abweichend von der Vorinſtanz) unſtichhaltig, und der Angeklagte
wurde nach der Beſchuldigung zu 20 Milliarden Mark Geldſtrafe ver
urteilt, auch die Einziehung der Wechſel für die Staatskaſſe
ausgeſpro=
chen. — Ein weiterer Fall aus Offenbach, in dem der Arbeiter Bern=
hard Ganß von da wegen Diebſtahls im Rückfall zu 3 Monaten G.
fängnis ſchöffengerichtlich verurteilt war, endigte damit, daß nunmeb
„Notdiebſtahl” nach § 248 a. St. G.B. angenommen und auf 3 Milliarde
Mark Geldſtrafe evtl. 3 Wochen Gefängnis erkannt wurde. Der in b
drängter Lage geweſene Angeklagte hatte nachts vom
Güterbahnh=
etwa einen halben Zentner Kohlen entwendet, wobei man ihn abfaßt
— Nächſte Abfahrten der Hamburg—Amerika=Linie. Hamburg=
Nordamerika: Nach Neu=York „Neliance” 30. 10., „Mount Clat
1. 11., „Albert Ballin” 8. 11., „Reſolute” 13. 11., „Thuringia” 15. 1
Nach Philadelphia, Baltimore, Norfolk: „Braſilia” 26. 10. — Na
Boſton, Baltimore, Norfolk: „Fürſt Bülow” 10. 11. — Weſtküſt
Nordamerika: „Sachſen” 27. 10., M.S. „Iſis” etwa 17. 11.
Hamburg-Kuba-Mexiko—Weſtindien: „Naimes” 26. 1
„Idarwald” 3. 11., „Holſatia” 21. 11. Hamburg—Südamerike
„Sachſenwald” 30. 10., „Antiochia” 6. 11., „Teutonia” 8. 11., „Ligurie
15. 11. — Hamburg—Oſtaſien: Engl. D. „Hyſon” 27. 10., M.e
„Rheinland 3. 11., Engl. D. „Dardanus” 10. 15., „Saarbrücken” 17.
Levante=Dienſt: „Cattaro” etwa 27. 10., „Jonia” etwa 27. 1
„Carducci” etwa 6. 11.
RDV. Paß= und Gepäckreviſion im Zuge. Als eine beſondere Ur
annehmlichkeit iſt es empfunden worden, daß die Reiſenden an de
Grenze den Zug verlaſſen mußten — obgleich der ſogen. „Durchlaufent
Wagen” bis an das ausländiſche Reiſeziel führte —, um ſich einer un
ſtändlichen Paß= und Gepäckreviſion zu unterziehen. Jetzt iſt es, w
die Reichszentrale für Deutſche Verkehrswerbung mitteilt, dem Reich
verkehrsminiſter Oeſer gelungen, eine Milderung, der Beſrimmut
gen durchzuſetzen. In einem beſonderen Erlaß des Reichsfinanzmin
ſters werden die Grenzzollämter angewieſen, die zollamtliche Abfert
gung der Reiſenden der D=Züge im ſtehenden Zuge vorzunehmen, w
es die Zahl der verfügbaren Beamten irgend wie zuläßt. Sollte d
Abfertigung im einzelnen Falle wegen Ueberfüllung des Zugs undure
führbar erſcheinen, ſo bleibt es der Zollſtelle unbenommen, die Pa
und Gepäckreviſion außerhalb des Zuges in den Abfertigungsräume
des Bahnhofs vorzunehmen. Mit dieſer Maßnahme des Reichsfinan
miniſters, die von der Reichsbahnverwaltung ſeit langem angeſtrel
wird, werden auch die peinlichen Zuſtände beſonders in Paſſau, Ku
ſtein und Salzburg endgültig beſeitigt. Da ſich jedoch der Reichsfinan
miniſter bei Ueberfüllung der Züge oder bei Mitnahme von übermäßi
viel Handgepäck eine Wiederaufhebung ſeines Erlaſſes vorbehalten ha
kann Auslandsreiſenden in ihrem eigenen Intereſſe nur dringend em)
fohlen werden, die Beſtimmungen der Reichsbahn über die Mitnahm
von Handgepäck in die Abteile genau zu beachten und größere Stüd
aufzugeben; die Beamten der D=Züge ſind neuerdings angewieſen wor
den, dieſe Beſtimmungen ſtreng durchzuführen und übermäßiges Hanl
gepäck — im Notfalle zwangsweiſe! — aus den Abteilen zu entferne
und zur Beförderung im Gepäckwagen aufzugeben.
L. Billigeres Brot — in der Schweiz. Die eidgenöſſiſche Getreide
verwaltung hat den ſchon längſt erwarteten Abſchlag auf Brotgetreit
eintreten laſſen und zwar um rund 3 Fr. 80 Cts. per 100 Kilo. Dieſe
Getreideabſchlag ſoll in erſter Linie dem Backmehl zu gute kommen, da
denn auch ab 1. d8. Mts. 4 Fr. 50 Cts, per 100 Kilo weniger koſte
alſo Fr. 47 per Doppelzentner. Auch der Preis für Gries und Weif
mehl erfährt eine kleine Reduktion, von Fr. 58 auf Fr. 56. Im übrige
iſt die Situation auf dem Weltgetreidemarkte heute eine ſolche, daß di
Schweiz wegen der Brotverſorgung ohne Sorge ſein dürfte. Die Ernte
ſind überall gut, bis ſehr gut, ſo daß alſo von einem eigentlichen Ge
treideüberfluß zu berichten wäre. Es fehlt wo ganz anders, wenn e
auf unſerem Erdball ſo traurig ausſieht.
Aus den Parteien.
— Mitgliederverſammlung der Deutſchnationa
len Volkspartei, Ortsgruppe Darmſtadt. Montag, den 29. O1
tober, abends 8 Uhr, findet im Gaſthof Sitte, Karlſtraße, im Gelbe=
Saal, eine Mitgliederverſammlung ſtatt, bei der der Provinzvorſitzende
Herr Abg. Kindt, über die politiſche Lage ſprechen wird. Daran an
ſchließen wird ſich freie Ausſprache. Einlaß erfolgt nur auf
Vorzeige=
der Mitgliedskarte, noch nicht zugeſtellte Karten ſind am Eingang z.
erhalten. Angeſichts der Hochſpannung der Lage iſt es Pflicht der Mit
glieder, durch vollzähliges Erſcheinen und Ausſprechen ihrer Anſichte
mitzuarbeiten an unſerer deutſchnationalen Sache, die einzig Deutſchlan
aus dem Sumpf des Parlamentarismus und Marxismus retten kann
B Auerbach, 21. Okr. Die vereinigten Landwirte hatter
ſich geſtern abend im Rathausſaale verſammelt und waren zu dieſer 2
ſammlung auch die Jungbauern eingeladen. — Gegen Tauſch von Zucke
wurde letzter Tage ein Kraftwagen mit Kartoffeln nach Mannheim ver
laden und dorthin verbracht. Hiergegen haben die Erwerbsloſen ener
giſch Proteſt erhoben, und mußte der Vermittler verſprechen, daß di
Kartoffeln wieder zurückgebracht werden. Die Ausfuhr von
Kartoffel=
aus der Gemeinde wurde infolge dieſes Vorkommens von der Bürger
meiſterei verboten.
* Fürth i. O., 22. Okt. Hausſchlachtungen. Die Metzger
innung der Amtsbezirke Fürth—Waldmichelbach hat für Hausſchlach
tungen folgende Preiſe feſtgeſetzt: Für ein Schwein bis zu 1 Zentne=
4 Pfund Fleiſch, bis zu 2 Zentner 6 Pfund und bis zu 3 Zentne=
8 Pfund und dazu gute Koſt; kann’s gehen! —
* Von der Bergſtraße, 22. Okt. Kartoffelkrieg. Die Er
werbsloſen von Hockenheim und drei umliegenden Gemeinden zoge
dieſer Tage nach dem Inſultheimer Hof, um ſich Kartoffeln zu holet
Eine Abordnung verhandelte dann mit der Gutsverwaltung, worau
die Zuſicherung gegeben wurde, daß die Gutsverwaltung den Arbei
tern Kartoffeln zu einem annehmbaren Preiſe liefern werde. Darau
zog man wieder ruhig ab. Das iſt vernünftig, und auch unſere Bauerr
ſollten danach handeln.
z. Erzhauſen, 23. Okt. Im Laufe dieſer Woche ſoll hier durch die
Schulkinder eine Hausſammlung von Naturalien für das
Eliſa=
bethenſtift vorgenommen werden. Auch Geldſpenden werden hierbei noch
angenommen. Für dieſen Zweck iſt auch ſchon in der Kirche geopfert
worden.
-0-. Groß=Gerau, 21. Okt. Stenographiſches. Die in dem
neu gegründeten „Riedgau” zuſammengeſchloſſenen Stenographenvereine
des Bezirks Darmſtadt hielten am heutigen Sonntag hier ihren erſten
Gautag ab, verbunden mit einem Wettſchreiben. Gleichzeitig beging der
rührige Stenographenverein Groß=Gerau (Vorſ.: Wilhelm Mahr) ſein
40jähriges Stiftungsfeſt.
th. Mainz, 22. Okt. Ein Aufruf an die Bevölkerung.
Die Stadtverwaltung hat in Gemeinſchaft mit der heſſiſchen
Staats=
anwaltſchaft Mainz, der Handelskammer Mainz, dem Verein Mainzer
Kaufleute und den hieſigen Gewerkſchaften beider Richtungen einen
ge=
meinſamen Aufruf „an die Geſchäftswelt und Verbraucherſchaft”
ge=
richtet, in dem die genannten Körperſchaften die Bevölkerung m
Be=
ruhigung bitten. Es werde alles getan, um Wucher uſw. zu de neiden.
Der beſonders für die Mainzer Verhältniſſe geſchaffene „Maincr
Mul=
tiplikator” regele die Preiſe. Der Multiplikator wird jeden Tag
öffent=
lich bekannt gegeben. — Streik der Kaſſenärzte. Die hieſigen
Krankenkaſſenärzte ſind wegen ungenügender Regelung der
Behand=
lungsſätze in den Streik getreten. Es werden gegenwärtig keine
Mit=
glieder der hieſigen Ortskrankenkaſſe in Behandlung genommen. —
Un=
fall. Ein auswärtiger Schloſſergeſelle iſt auf dem Weg nach Koſtheim
von einem Auto überfahren worden. Er wurde ſchwer verletzt in ein
Krankenhaus gebracht. — Wegen unerlaubten Viehhandels ſind mehrere
auswärtige Viehhändler von der Wucherpolizei angezeigt worden.
th. Mainz, 22. Okt. Der neue Milchpreis. Ein Liter
Voll=
milch koſtet hier bereits 372 Millionen. — Neuer Stadtverordneter. An
die Stelle des Bürgermeiſters Heinſtadt iſt Lehrer Joſef Seib in die
Stadtverordnetenverſammlung eingetreten.
ro. Worms, 22. Okt. Diebſtahl. In einer hieſigen
Zigarren=
fabrik ſind 125 Pfund Zigarettentabak im Werte von zirka 600
Milliar=
den entwendet worden.
ro. Pfeddersheim b. Worms, 22. Okt. Einbruch im Rathaus.
Mehrere Diebe drangen nachts in die Bureauräume des hieſigen
Rat=
hauſes ein und ſtahlen die dort untergebrachten Holz= und
Kartoffel=
gelder. Es ſind ihnen mehrere Milliarden Mark in die Hände gefallen.
Die Polizei konnte vier erwerbsloſe Perſonen feſtnehmen, die an dem
Einbruch beteiligt waren.
R. Gießen, 21. Okt. Stillegung der Straßenbahn? Die
hieſigen maßgebenden ſtädtiſchen Stellen haben die gänzliche Stillegung
des Straßenbahnbetriebs für Ende Oktober in Ausſicht genommen, da
die Straßenbahn ſchon längſt nicht mehr rentabel iſt. Die bei der
Elektri=
ſchen beſchäftigten Arbeiter ſollen möglichſt in anderen Betrieben
unter=
gebracht werden. — Ueberfahren. Hier ſtieß in der Weſtanlage
ein Straßenbahnwagen mit einem Fuhrwerk zuſammen. Dabei wurde
ein 14jähriges Mädchen, das hinter dem Fuhrwerk herging, getöret.
R. Lauterbach (Oberheſſen), 21. Okt. Vorläufig kein
Krie=
gerdenkmal. Infolge der hohen Unkoſten hat ſich der hierorts
eingefetzte Ausſchuß zur Errichtung eines Kriegerd enkmals veranlaßt
ge=
ſehen, von der Ausführung des Planes im jetzigen Augenblick abzuſehen.
Die Unkoſten würden die geſammelte Summe von 10 Milliarden
erheb=
lich überſteigen. Der Bürgermeiſter iſt beauftragt worden, bei gegebener
Gro=
Zeit mit dem Projekt wieder an die Oeffentlichkeit zu treten. —
ßer Felddiebſtahl. Bei Friſchborn iſt auf zwei Aeckern in der
Nähe des Bahnhofs faſt ſämtliches Kraut geſtohlen worden. Die
Täter=
haben es auf Handwagen weggeſchafft. Sie konnten leider nicht
ermit=
telt werden.
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Rummer 29X.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 24. Oktober 1923.
Seite 5.
ragen praktiſcher Volksbildungsarbeit.
Ein Preisausſchreiben der Zentralſtelle zur Förderung der
Volks=
bildung und Jugendpflege in Heſſen.)
Ueber die Notwendigkeit der Volksbildungsarbeit, die ſich ſpaltet in
Erwachſenenbildung und Jugendpflege, beſteht heute unter Einſichtigen
ein Zweifel mehr. Aber unabläſſig muß an der Vervollkommnung
hrer Methoden, an der Ausdehnung und Verſtärkung ihrer
Wirkſam=
eit gearbeitet werden. Es müſſen ihr neue Gebiete erſchloſſen werden,
je bisher noch brach liegen. Es müſſen Volkskreiſe von ihr ergriffen
verden, die bisher noch außerhalb ihres Wirkungsfeldes ſtanden. Es
nüſſen die Mittel, die ihr zur Verfügung ſtehen, genau geprüft, und
hre Handhabung muß von Berufenen immer beſſer erlernt werden.
Die Zentralſtelle hat in mehrjähriger und erfolgreicher Tätigkeit
eſtſtellen können, daß es in dieſer Richtung noch vieles zu tun gibt. Sie
t der Meinung, daß ſich in der Volksbildungsarbeit mehr als bisher
ine zuverläſſige, ſolide Technik ausbilden muß, damit nicht jeder
Ein=
elne, der ſich mit gutem Willen um das geiſtige Wohl ſeiner
Mit=
tenſchen ſorgt, ſich mühſam ſeine eigene Methode ſchaffen muß. Sie
göchte daher gerne die Erfahrungen der Praktiker ſammeln und der
IIIgemeinheit zugänglich machen. Sie möchte aber auch neue, noch
nerprobte Gedanken zur Erörterung ſtellen, und ſie möchte vor allem
er erzieheriſchen Arbeit eine gute Grundlage geben, indem ſie den
ehrenden zeigt, wie das Volk im allgemeinen die im Gang befindliche
Zildungsarbeit aufnimmt und bewertet, was er ſich davon erhofft und
ach welcher Seite es Erweiterungen und Fortſchritte wünſcht.
Dieſem Zweck ſoll ein Preisausſchreiben dienen, das die
Zentral=
elle zur Förderung der Volksbildung und Jugendpflege hiermit
er=
ißt. Es iſt in die Form einfacher, beſtimmter Fragen gekleidet, deren
eſte Beantwortungen veröffentlicht und mit einer
dabe an wertvollen Büchern ausgezeichnet werden
ollen. Zur Teilnahme an dieſem Wettbewerb iſt Jeder
aufgefor=
ert, ſei es, daß er Erfahrungen mitteilen will, ſei es, daß er
Anregun=
en, ſchöpferiſche Kritik oder ſonſtige gute Gedanken beizuſteuern hat.
hrem Inhalte nach gliedern ſich die Fragen in zwei Gruppen. Die
zruppe A wendet ſich mehr an die Lehrenden und Leitenden, die
jruppe B an die Empfangenden. Aber da es in der
Volksbildungs=
rbeit eine ſchroffe Trennung zwiſchen Lehrenden und Lernenden,
ſebenden und Nehmenden nicht gibt, da vielmehr alle Intereſſierter
re Mitarbeiter und Helfer ſind, ſoll jedem Volksgenoſſen ohne Unter
hied die Teilnahme am ganzen Wettbewerb offenſtehen. Für die
Be=
ntwortung iſt zu beachten, daß ſie ſich ſtreng auf Selbſterfahrenes,
zelbſterlebtes und Selbſtempfundenes beſchränken und ſich nicht in
all=
emeinen oder gar angeleſenen Redensarten ergeben ſollen. Bei der
jruppe A wird beſonderer Wert auf praktiſche Beiſpiele und beſtimmte
forſchläge gelegt; allgemeinere Geſichtspunkte ſollen hier nur dann
ge=
eben werden, wenn ſie unmittelbar zur Praxis hinüberführen. Auch
ei der Gruppe B ſollen die Angaben beſtimmt, kurz und
wahrheits=
etreu ſein, d. h., ſie ſollen das tatſächliche Empfinden des Schreibers
nzweideutig und klar zum Ausdruck bringen. Unbedingt nötig iſt es,
aß jede einzelne Frage geſondert und auf einem beſonderen
Papier=
ogen behandelt wird. Das betreffende Blatt ſoll am Kopf den
Wort=
rut der geſtellten Frage tragen; jede einzelne Antwort muß deutlich
tit Namen und Wohnort des Einſenders unterzeichnet ſein. Die
Ein=
ndungen ſollen alsbald, ſpätcſtens jedoch bis zum 1. Dezember, an die
entralſtelle zur Förderung der Volksbildung und Jugendpflege in
ſeſſen — Darmſtadt, Mathildenplatz 17 — erfolgen, damit wir den
zreisträgern die Büchergaben nach Möglichkeit noch auf den
Weih=
chtstiſch legen können.
Dem Preisrichterkollegium gehören an: Direktor Haſſinger, Hofrat
ttenheimer, Studienaſſeſſor Maurer und Schriftſteller Michel.
Fragen:
Gruppe A:, I. Wie kann die Dorfbücherei mehr als bisher zum
ittelpunkt der örtlichen außerſchulmäßigen Bildungsarbeit werden?
iſpielſkizze. 2. Wie geſtalte und leite ich einen Leſekreis?
Beiſpiel=
zze. 3. Wie leite ich zum Betrachten und Genießen von Kunſtwerken,
vie zur Geſchmacksbildung an? Beiſpielſkizze. 4. Wie erläutere ich
gendlichen und Erwachſenen Werke der Wortkunſt? Beiſpielſkizze
Wie geſtalte ich ein Volksfeſt auf heimatlicher Grundlage?
Beiſpiel=
ze. 6. Welche Chöre ſollten alle Geſangvereine pflegen? (Möglichſt
sführliche Nachweiſung geeigneter Chorliteratur.) 7. Wie ſorge ich
Hebung und Veredeleung der Volksunterhaltung? Beiſpielſkizze.
Vie fördere ich die ſtaatsbürgerliche und wirtſchaftliche Bildung von
endlichen und Erwachſenen? Beiſpielſkizze. 9. In welcher Weiſe
1ß ſich die Volksbildungsarbeit auf die wirtſchaftliche Not der
Gegen=
einſtellen? 10. Wie können der Volksbildungsarbeit neue Kräfte
geführt werden? (Perſönl. und Mittel.)
Gruppe B: 1. Was erwarte ich von der Volkshochſchule?
arum gehe ich ins Theater? 3. Was bedeutet eine Wanderfahrt
neinen Körper und Geiſt? (Beiſpielſkizze.) 4. Warum betreibe ich
esübungen? 5. Was erwarte ich von der Jugendbewegung? 6. Was
arte ich als Arbeiter von der Volksbildung? 7. Aus welchen Grün=
und in welcher Weiſe ſpielen wir Theater?
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
in verwegener Raubüberfall wurde auf dem großen
te der Deutſch=Amerikaniſchen Petroleumgeſellſchaft am Spandauer
fahrtskanal Ecke Saatwinkeler Damm verübt. Das Grundſtück mit
infahrt am Kanal iſt eingegittert und ſtets verſchloſſen. Die Kut=
, die tagsüber Petroleum ausfahren, rechnen jedesmal abends, wenn
it ihren Wagen zurückkehren, in den Kaſſenräumen des
Verwaltungs=
des im erſten Stock ab. Am Samstag abend gegen 6½/, Uhr waren
bereits eingefahren, und zum Teil hatten ſie auch ſchon ihre
Ein=
ne abgeliefert und verrechnet. Einige befanden ſich mit mehreren
enbeamten noch in einem Raume, in dem noch eine ſehr große Summe
bündelt lag. In dem anderen Kaſſenraume war noch ein
Kaſſen=
mit einem zweiten Kaſſenbeamten tätig. Hier lagen auf dem
n= und Kaſſentiſche 600 bis 800 Milliarden, die bereits gebündelt
. Als nun der Wächter, ein Mann von 63 Jahren, die bereits
ertigten Kutſcher vom Hofe hinausließ und das Tor wieder ſchlie=
ßen wollte, drang eine Bande von 6 bis 8 maskierten Räubern
unge=
tüim ein, ſtieß den Wächter beiſeite, ſo daß er gegen das Wachthaus
flog, und ſtürmte das Verwaltungsgebäude. Der Wächter packte noch
den letzten, diß ihm in die Hand und, wie er glaubt, ein Stück Fleiſch
heraus, entriß ihm ſeine Piſtole und einen Totſchläger. In dem
kur=
zen Ringkampf aber machte ſich der Räuber doch von ihm los und
eilte im Sturmſchritt den anderen nach. Blitzſchnell drang die Bande
in den Raum ein, in dem der Kaſſenführer ſaß und ſtürzte ſich mit
gezogenen Piſtolen auf die beiden Männer. Der Kaſſenführer griff
benfalls zur Piſtole, um ſich zu verteidigen, aber bevor er davon
Ge=
brauch machen konnte, wurde er und der andere Beamte von der
Uebermacht in eine Ecke geſtoßen und von einem Teil der Bande in
Schach gehalten. Die Leute in dem anderen Raume, die fürchteten, es
mit einer dielköpfigen Bande zu tun zu haben, ſchloſſen und riegelten
ter des Kaſſenführers auf den Ueberfall aufmerkſam. Während die
Tochter ein Fenſter öffnete und um Hilfe hinausrief, lief die Mutter
die Treppe hinunter nach den Kaſſenräumen. Einer der Räuber trat
alle entflohen blitzſchnell, wie ſie gekommen waren, ein Teil in die
nächſte Straße, der andere nach dem Waldgelände am Reſtaurant
„Karlshof” zu. Der Ueberfall und die Flucht wurden begünſtigt durch
das ſchlechte Wetter. Bei dem ſtarken Regen war niemand auf der
Straße, der den Anſchlag beobachtet und die Räuber auf der Flucht
aufgehalten hätte. Als die noch nicht abgefertigten Kutſcher und die
Angeſtellten auf den Hof hinunterkamen, war die ganze Bande
ver=
chwunden. Die Verfolgung, die die Polizei des 130. Reviers aufnahm,
blieb erfolglos.
Räuberrazzia in Pommern.
Die alte pommerſche Stadt Cammin, die auch vielen Berlinern von
der Reiſe nach Dievenow bekannt iſt, wurde ſeit Jahren von
Räuber=
banden terroriſiert. Im Juli 1920 wurden zwei junge Zigeuner auf
einem dunklen Wege in unmittelbarer Nähe der Stadt niedergeſchoſſen
und beraubt. Keine Kirche blieb von Einbrechern verſchont. Aus dem
uralten Dom wurde eine ſilberne Chriſtusfigur von hohem Werte
ge=
ſtohlen. Auch der katholiſchen Kirche und der Synagoge wurden
nächt=
liche Beſuche abgeſtattet, ebenſo wurde das Rathaus heimgeſucht. Auf
den Landſtraßen hielten abends Banditen in ſchwarzer Larve mit der
Piſtole die Fuhrwerke an. „Ordnung muß ſein!” ſo begründete in
einem Falle der Führer der Räuber ſeiner Aufforderung zur
Heraus=
gabe der Wertſachen, dazu kamen unzählige Einbrüche in Wohnungen
und Geſchäften, vor allem auch in der ländlichen Umgebung. Faſt immer
führten die Einbrecher Waffen bei ſich. In der kleinen Stadt von nur
etwa 5000 Einwohnern hatte ſich ein geradezu bodenſtändiges,
gewerbs=
mäßiges Verbrechertum entwickelt. Den Höhepunkt des verbrecheriſchen
Treibens bildete die Ermordung des tüchtigſten Oberlandjägers des
Kreiſes, der im Februar 1922 in der Umgebung von Cammin erſchoſſen
wurde. Um den unhaltbaren Zuſtänden, bei denen ſich abends niemand
mehr auf die Straße wagte, ein Ende zu machen, entſandte das
Mini=
ſterium auf Antrag des Landratsamtes den Berliner Kriminalkomiſſar
Gennat mit einem Berliner und einem Stettiner Beamten in jenen
Kreis. Energiſch wurde nunmehr ein kriminelles Großreinemachen
durchgeführt, in deſſen Verlauf der größte Teil aller Straftaten
aufge=
klärt und etwa 50 Perſonen zur Haft gebracht wurden. Die
Maßnah=
men hatten den Erfolg, daß vom Eintreffen der Beamten an keine
Ver=
brechen mehr vorgekommen ſind. Nachdem nunmehr auch die
Ermor=
dung des Oberlandjägers ſoweit aufgeklärt iſt, daß ſie demnächſt vor
dem Schwurgericht zur Aburteilung gelangen wird, hat der
Kreisaus=
ſchuß des Kreiſes Cammin und der Miniſter des Innern insbeſondere
den beteiligten Beamten den wärmſten Dank der Bevölkerung
aus=
geſprochen.
Gräßliches Exploſionsunglück.
Nicht weit vom Forſthaus Aſpach und dem Schießſtand waren zwei
Gruppen Waldarbeiter mit Holzfällen beſchäftigt. Zum Frühſtück
zün=
deten ſie ein Feuer an, nicht ahnend, daß unter dem Feuer ein Geſchoß
aus den Kriegsjahren lag, das nach beendetem Frühſtück explodierte und
die friedlich ruhenden Arbeiter in die Luft ſchleuderte. Zwei waren
ſo=
fort tot, die übrigen drei und ein Förſter ſind ſchwer verletzt.
Samuel Mahareros Begräbnis.
DAI In Okahandja wurde Ende Auguſt Samuel Maharero
begraben, jener Mann, der 1904 die Ermordung von über 100 weißen
Männern, Frauen und Kindern veranlaßte, und damit den
langwieri=
gen und blutigen Hereroaufſtand einleitete. Der Leichenkondukt wurde
auf allen Stationen, wo der Zug durchfuhr, von den Eingeborenen
ehr=
fürchtig und mit großen Ehrungen empfangen. Die engliſche Behörde
hielt ſich außerordentlich zurück. Den eigentlichen Trauerzug führte der
Kavalleriekommandeur an, hinter dem etwa 150 berittene Eingeborene
und 700 Mann Fußvolk folgten. Der Vertreter der Landesverwaltung,
Clarke, ſprach bei der Feier in der Kirche und verlas eine Botſchaft des
Adminiſtrators, die den Eingeborenen die Trauer des Landeschefs zu
ihrem Verluſte ausdrückte, ſie aber an Hand des Schickſals des
Verſtor=
benen warnte, in die alten Fehler zurückzuverfallen. Rund 2500 Hereros
und 70 Weiße nahmen an der Feier teil. Die Hereros ſelbſt waren
zu=
meiſt in die alten deutſchen Truppenuniformen gekleidet und trugen die
deutſchen Tropenhüte mit den ſchwarz=weiß=roten Kokarden. Zahlreiche
Hereros trugen rote Armbinden, auf denen weiß umſäumte ſchwarze
Kreuze aufgenäht waren, die das Eiſerne Kreuz darſtellen ſollten. Die
deutſchen Zeitungen Südweſts betonen mit Recht, daß dieſe Eingeborenen
doch eine recht gute Erinnerung an die deutſche Herrſchaft haben müſſen,
wenn ſie deren Hoheitszeichen ſelbſt bei einem ſo traurigen Anlaß
tra=
gen und ſtolz darauf ſind.
* Weinheim, 22. Okt. Annehmbare Löhne. Die Arbeiter
der Firma Freudenberg, Lederfabrik, erhalten jetzt einen Stundenlohn
von 7 500 Millionen, macht wöchentlich etwa 36 Milliarden. Dazu
bekommen ſie noch Kartoffeln, Kohlen, Fett uſw., auch Leder, und
kön=
nen daran ein Jahr bezahlen. — Ein 74jähriger Penſionär aus dem
Odenwald, der über 50 Jahre dem Staate treu und ehrlich gedient,
mitten unter Bauern wohnt, klagt,, daß er, um ſich ſeine Kartoffeln,
etwas Körner für die Hühner und etwas Mehl zu kaufen, genötigt
wäre, Möbel zu verkaufen.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinerlei
Ver=
ntwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantworilich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, fönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
— Seit einigen Tagen iſt den Beſuchern des Städtiſchen
Hallen=
ſchwimmbades die Möglichkeit zur Aufbewahrung ihrer Fahrräder
ge=
nommen. Bisher war die Obſtverkäuferin auf der rechten Seite des
Schwimmbades gerne bereit, die Räder unter ihre Aufſicht zu nehmen,
natürlich ohne Riſiko und nachdem der Beſitzer das Rad abgeſchloſſen
hatte. Auf Befragen wurde dem Einſender der Beſcheid, daß der „
Be=
trieb” der Frau unrentabel geweſen ſei und ſie ſich nach einem anderen
Erwerb umſehen müſſe, zumal ihr auch die Gefälligkeit, auf die Räder
etwas zu achten, mit lächerlich geringen Summen belohnt worden ſei.
Nun iſt den Beſuchern des Schwimmbades, welche weite Wege gern mit
dem Rad zurücklegen möchten (die Zeiterſparnis iſt, wie jeder Radfahrer
weiß, ſehr groß), gar kein anderer Ausweg geblieben — wollen ſie nicht
das Stehen der Räder vor dem Eingang ohne Aufſicht riskieren —, das
Schwimmbad zu meiden und damit eine liebe Gewohnheit mit geſundem
Sport aufzugeben. Die Verwaltung ſcheint nicht gewillt zu ſein, von
ihrem ſtarren Prinzip: „es dürfen keine Räder mit herein genommen
werden” (auch in den Vorraum nicht, der eine Unmenge Platz aufweiſt),
abweichen zu wollen. Es wäre doch ein kleines Entgegenkommen,
wel=
ches dankbar von allen Radfahrern begrüßt würde, zu geſtatten, die
Räder auf eigenes Riſiko unter Verſchluß in den Vorraum mitnehmen
zu dürfen. Die Zahl der Räder wird beſtimmt nicht ſo rieſenhaft ſein
in dieſer und der kommenden Jahreszeit, daß der Verkehr behindert
würde, und die Radfahrer und Radfahrerinnen werden gern bereit ſein,
etwaigen Schmutz draußen zu laſſen. In der erwähnten Angelegenheit
einen Ausweg zu finden, der beide Teile befriedigt, ſei der Verwaltung
anheimgeſtellt; es werden es viele Beſucher mit Dank anerkennen.
Eine langjährige Schwimmbadbeſucherin
für viele Radfahrer.
Hundeſteuer. Da die Stadtverwaltung neuerdings eine
Nachtragshundeſteuer einfordert, ſeien hier kurz die geſetzlichen
Beſtim=
mungen angeführt: Das Hundeſteuergeſetz vom 12. Auguſt 1899 wurde
durch Geſetz vom 15. Oktober 1921 abgeandert. Die ſtaatliche
Hunde=
ſteuer wurde damals auf 20 Mk. jährliche Abgabe fixiert, ſofern der
Hundebeſitz das ganze Kalenderjahr hindurch dauerte. Art. 2 wurde in
der Faſſung des Geſetzes vom 17. April 1918 durch folgende Vorſchrift
erſetzt: Die Gemeinden ſind befugt, das Halten von Hunden innerhalb
ihrer Gemarkung mit einer jährlichen Abgabe bis zum vierfachen Betrag
der zur Staatskaſſe zu entrichtenden Hundeſteuer zugunſten der
Ge=
meindekaſſe zu belegen. Eine weitere Erhöhung
be=
darf der Genehmigung der Miniſterien des
Innern und der Finanzen. Das am 1. Januar 1923
in Kraft getretene Geſetz,
betreffend die Abänderung des
Hundeſteuergeſetzes vom 20. Dezember 1922, erhöht nun die ſtaatlichen
Hundeſteuerſätze, insbeſondere den Satz von 20 Mk. auf 500 Mk. Art. 2
erhält folgende Faſſung: Die Gemeinden ſind befugt, 1. das Halten von
Hunden innerhalb ihrer Gemarkung nach Maßgabe des
Hundeſteuer=
geſetzes mit einer jährlichen Abgabe, 2. den mehrfachen Hundebeſitz mit
jährlichen, nach der Zahl der Hunde jeweils ſich erhöhenden Zuſchlägen
zugunſten der Gemeindekaſſe zu belegen. Der oben geſperrte Satz:
„Eine weitere Erhöhung bedarf der Genehmigung der Miniſterien des
Innern und der Finanzen” iſt in das am 1. Januar 1923 in Kraft
ge=
tretene Geſetz nicht aufgenommen, daher die Gemeinde nicht mehr
be=
fugt, die jährliche Abgabe zu erhöhen. Gegen den Anſatz der
Hunde=
ſteuer findet nach der Hundeſteuerverordnung vom 4. November 1921
binnen 14 Tagen nach erfolgter Anforderung der Abgabe Einſpruch an
das Hauptzollamt ſtatt, in deſſen Bezirk dem Zahlungspflichtigen die
Abgabe angeſetzt wurde. Deſſen Entſcheidung kann binnen einer gleichen
Friſt durch Beſchwerde an das Finanzminiſterium angefochten werden.
Die Stadtverwaltung ſollte aber doch darauf Bedacht nehmen, ihre
Zu=
ſtellungsbeamten dahin zu inſtruieren, daß ſie den Tag der Anforderung
auf dem Steuerzettel zu bemerken haben.
Briefkaſten.
C. J., hier. Das heſſiſche Landesgeſetz über die Wohnungsbau=
abgabe vom 21. Juni 1923 beſtimmt in Art 5: „Abgabeſchuldner iſt für
die Abgabe im ganzen Betrage, wer zu Beginn des Rechnungsjahres
als Eigentümer des Gebäudes im Grundbuch eingetragen iſt. Neben
dem Abgabeſchuldner haftet derienige, dem ein zur Abgabe
herange=
zogenes Gebäude kraft eines Miet=, Pacht= oder ſonſtigen
Rechtsver=
hältniſſes ganz oder teilweiſe zur Nutzung überlaſſen iſt, für die Dauer
ſeiner Nutzungsberechtigung und nach dem Verhältnis, in dem der
Nutzungswert der von ihm genutzten Räume zum Nutzungswert des
ganzen Gebäudes ſteht. Im Uebrigen müſſen wir darauf verweiſen,
daß wir über das neue Reichsgeſetz vom 27. März 1923 im Mai d. J.
eine ausführliche Erörterung gebracht haben. Es will uns ſcheinen,
daß Sie mit Rückſicht auf Alter (über 60 Jahre) und
Jahreseinkom=
men zu den Perſonen gehören, die nach § 15 dieſes Reichsgeſetzes
Befreiung von der Abgabe beim Oberbürgermeiſter beantragen können.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Donnerstag, 25. Oktobert
Wolkig bis bedeckt. Niederſchläge und Schauern, durchwegs kühl.
Tageskalender.
Landestheater, Anfang 7 Uhr, Ende 9 Uhr (B 5)t „Elektra”,
Kleines Haus: Geſchloſſen. — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater,
Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 6 Seiten
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München. *
(Nachdruck vorboten.)
Bei den Worten des Offiziers löſten ſich zum erſten Male
einer halben Stunde die Zungenbande Herrn Semjon
Mar=
itz.
„Gehängt! Ich!” ſchrie der kleine Mann. „Ich bin ein
ehr=
er Mann — ein ehrlicher Man. Er betrügt uns alle, er, er!
ſoll gehängt werden, Hoheit, nicht ich! Er ſoll ge .. .
„Marcovitz ſchweigen Sie, ſonſt geſchieht hier ein Unglück,”
der Großfürſt auf den Boden ſtampfend. „Hier ſoll
Gerech=
keit geſprochen werden, nichts anderes. Haben Sie recht, ſo
Ihnen Recht, haben Sie gelogen, dann . . .
Anterdeſſen hatte ſich eine eigentümliche Szene abgeſpielt.
n erſtenmale ſeit ihrem Eintritte ſchien die Großfürſtin Don
mon erblickt zu haben. Die blauen Augen vor Staunen weit
geriſſen, ſtarrte ſie von ihm auf Marcovitz und von dieſem auf
ilipp und ihren Bruder. Offenbar hatte die Botſchaft, die der
dere Offizier ihr überbracht hatte, ſie für den Augenblick die
rigen Ereigniſſe der Nacht vergeſſen laſſen; jetzt war die
Er=
rung daran wieder erwacht. Was hatte dieſe Szene zu
be=
titen? Wer war der kleine dicke Mann? Warum ſprach ihr
uder in dieſer Weiſe zu Don Ramon und dem Profeſſor?
ſe Fragen und noch andere mehr drückten ihre Augen ſo
deut=
aus, als ob ſie laut gerufen hätte. Aber bevor ſie noch etwas
en konnte, kam ihr ihr Bruder zuvor, der, nachdem er dem
un=
eßten Offizier eine Order auf Ruſſiſch gegeben hatte,
vermut=
die, auf Philipp und Don Ramon acht zu geben, raſch in
er Sprache zu ihr zu ſprechen begann. Obgleich weder Philipp
9 der Großherzog ein Wort von dem verſtanden, was er ſagte,
y nicht die kurzen Ausrufe, mit denen ſie ihn unaufhörlich
erbrach, konnten ſie doch das Ganze ſo deutlich verfolgen, als
die beiden Geſchwiſter ihre eigene Mutterſprache geſprochen
len. Zuerſt ſagte der Großfürſt einige Worte, mit einer Geſte
Semjon Marcovitz deutend; dann ſenkte er die Stimme,
wäh=
id ſein Blick die Briefe auf dem Tiſche ſuchte und das Geſicht
Großfürſtin von einer tiefen Röte übergoſſen war; dann
irde ſein Tonfall lebhafter, und er deutete bald auf Marcovitz,
1 auf Don Ramon, während ihre Augen immer größer wur=
und mit einem gefährlichen Glanze zu leuchten begannen.
Plötzlich, während er noch auf ſie einredete, unterbrach ſie ihn
und rief auf franzöſiſch:
„Genug! Ich will nicht mehr hören! Was iſt das für eine
abſcheuliche Geſchichte? Wie kannſt Du dem da glauben!
Sie brauchte ihren Tonfall nicht durch eine Geſte zu
verdeut=
lichen, um Herrn Marcovitz erzittern zu laſſen.
Der Großfürſt zuckte die Achſeln.
„Ich konnte nicht . . . nicht umhin, ſeine Erzählung zu
prü=
fen,” ſagte er. Aber ſeine Stimme klang unwillkürlich etwas
befangen. „Willſt Du ſo gut ſein, mir zu ſagen, welcher von
dieſen Briefen der echte iſt, dann werden wir dieſe Geſchichte
ſofort aus der Welt ſchaffen — nebſt dem Schuldigen.”
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, einen Blick, der beinahe
verachtungsvoll war; dann nahm ſie die beiden Briefe vom
Tiſch; es wurde für einige Sekunden votenſtill in der Kajüte, und
aller Augen bis auf die Don Ramons hingen an ihr. Aber die
Spannung dauerte nicht lange.
„Welcher der echte iſt!” rief ſie mit derſelben Verachtung in
der Stimme. „Braucht es erſt mein Wort, um das zu ſagen?
Iſt das hier etwas anderes als eine plumpe Fälſchung? Und
kann es von jemandem anderen herrühren als von dieſem Kerl?”
Sie ſchleuderte Herrn Marcovitz einen Blick voll olympiſcher
Verachtung zu, warf ſeinen Brief weit von ſich und lächelte, den
anderen Brief an ihr Herz gedrückt, Don Ramon ſtrahlend zu.
Armer Don Ramon! So gewiß ſie glaubte, daß dies für ihn ein
Augenblick des höchſten Triumphes war, ſo gewiß litt er in
die=
ſem Augenblick alle Qualen der Hölle, und wäre auf ein Haar
geſcheitert. Vielleicht wäre er wirklich geſcheitert, wenn nicht eine
letzte unerwartete Epiſode dazwiſchen gekommen wäre.
Herr Semjon Marcovitz hatte nach den Worten der
Groß=
fürſtin eine gute Viertelminute ſtarr wie eine Statue
dageſtan=
den, ſeine Augen glühten förmlich in dem kreisförmigen Krater
von Runzeln und Falten, die ſie umgaben, und ſeine Hände
ſchloſſen und öffneten ſich mechaiſch. Plötzlich brach ein heiſeres
Röcheln der Raſerei aus ſeiner Kehle, und in der nächſten
Sekunde ſtürzte er mit einem Satz wie ein toller Hund auf die
Großfürſtin zu. Ein Meſſer blinkte in ſeiner Rechten; ſie hob ſich
und ein dreifacher Angſtſchrei entrang ſich dem Großfürſten, Don
Ramon und dem unterſetzten Offizier. Das Meſſer wurde gezückt,
aber ſenkte ſich nie in den Buſen, den es erreichen wollte. Denn
bevor noch der Angſtſchrei der anderen verklungen war, bevor ſie
ſich aus ihrer Lähmung aufgerafft hatten, knallte ein Schuß;
Herrn Semjon Marcovitz Geſicht wurde von einem Grinſen
verzerrt, das alle ſeine Zähne envblößte, und ſchwer
aufplump=
ſend, fiel ſein Körper an der Großfürſtin vorbei vor den Füßen
hres Bruders zu Boden. Das Meſſer, das nicht einmal im Tode
ſeine Hand verlaſſen hatte, ritzte die Diele einen Zentimeter weit
von dem Großfürſten.
„Mein letzter Schuß!” ſagte Philipp Collin ruhig. „Ein
Glück, daß ich ihn noch übrig hatte.”
Eine gute Minute blieb es ſtill, während aller Augen, vor
Gemütsbewegung noch weit aufgeriſſen, an ihm hingen. Dann
ſagte der Großfürſt langſam:
„Es war ein Glück, daß Sie ihn übrig hatten. Sie haben
meiner Schweſter das Leben gerettet.”
Philipp verbeugte ſich.
„Niewand iſt darüber glücklicher als ich,” ſagte er. „Nur
eines könnte mein Glück noch größer machen.”
„Was denn?”
„Noch einmal das ihres Bruders retten zu können.”
Der Großfürſt ſtarrte ihn an. Endlich ſagte er langſam:
„Noch einmal? Was meinen Sie? Sie haben mir das Leben
gerettet? Sie kennen mich?"
„Ach, Hoheit, mißverſtehen Sie mich nicht! Ich bin königlich
belohnt worden für das, was ich getan habe. Aber da mir nun
die Worte ſchon einmal entſchlüpft ſind — ich ſchwöre, es war
gegen meinen Willen — ja, ich kenne Ew. Hoheit.”
„Seit wann? Und wann wollen Sie mir das Leben gerettet
haben?‟ Die Augenbrauen des Großfürſten zogen ſich nicht allzu
freundlich zuſammen.
„Vor einem Jahr und zwei Monaten, Hoheit. Erinnern ſich
Hoheit nicht vielleicht an eine Jännernacht in Hamburg, wo ein
Herr Wörz und ein Herr Pelotard die Bierhalle eines gewiſſen
Herrn Schiemann beſuchten ."
Philipp verſtummte, ohne ſeinen Satz zu Ende zu ſprechen.
Das Geſicht des Großfürſten erhellte ſich wie der Himmel nach
einem Gewitter, und zur Verwunderung der anderen brach er in
ein ſchallendes Gelächter aus.
„Sie — ach, Sie! Sie haben eine eigentümliche Gabe,
aufzu=
tauchen, wenn man Sie nicht ahnte! Was zum Teufel haben Sie
denn alles getrieben, ſeit ich Sie zuletzt in Hambura ſah?"
„Ach, allerlei,” ſagte Philipp höflich. „Ich habe ſo meine
kleinen Abenteuer gehabt, wie gewöhnlich. Aber Hoheit haben
mich nicht in Hamburg zum letztenmal geſehen.”
„So?. Wo denn zum Kuckuck?”
„In der Gare de Lyon in Paris, vor fünf Tagen. Hoheit
ſtanden an der Türe zum Warteſaal und beobachteten den
Abend=
zug nach Marſeille. Hoheit erkannten mich nicht, und ich fand
keine Gelegenheit, Hoheits Aufmerkſamkeit auf mich zu lenken ..."
ſch war gerade damit beſchäftigt, Hoheits Schweſtier zu
ent=
führen.”
(Fortſetzung folgt.)
Darmſtädter Tagblatt
24. Oftober 1923 Nr. 29
Handel und Wondel in Heſen.
Kandelsblatt
Da
* Verger=Brauerei A.=G., Worms. Einer zum 8. 11.
einberufenen a. v. G.=V. wird die Erhöhung des Grundkapitals um einen
ungenannten Betrag vorgeſchlagen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
L. Süddeutſche Intarſien= u. Holzmoſaikfabrik
A.=G., Münſter bei Stuttgart. Aus dem Bericht über das
dritte Geſchäftsjahr iſt zu bemerken, daß ſich das Unternehmen an der
neu errichteten Reklame= und Handelsgeſellſchaft m. b. H.
in Stuttgart mit Mk. 1 980000 beteiligt. Letzterer wurde der
Ver=
kauf der geſamten Erzeugniſſe übertragen. Die Intarſienabteilung iſt
die nunmehr bei einem Anteil von 50 Prozent für die A.=G. in Münſter
unter der Firma „Stuttgarter Intarſieninduſtrie G. m.
b. H.” weitergeführt wird. Im Stammhauſe wurde die Fabrikation
nach Abzweigung der Intarſienabteilung auf eine Reihe neuer
Ar=
tikel der Feinholzbearbeitung (Schmuckkäſten, Schatullen,
Brillenfutterale, Taſchenfeuerzeuge uſw.) ausgedehnt. Nachdem ſämtliche
Anlagekonten auf Mk. 1 abgeſchrieben ſind, verbleibt ein Reingewinn von
Mk. 56 445 186 gegen Mk. 464 496 im Vorjahr. Im Hinblick auf die
poſtaliſchen Zuſtellungs= und ſonſtigen Einlöſungsſpeſen ſoll von der
Verteilung einer Dividende Abſtand genommen
werden. Um aber den Aktionären ein Aequivalent zu bieten, wird
die Ausgabe von Freiaktien beantragt derart, daß auf je 2 alte
je eine Freiaktie mit Dividendenberechtigung ab 1. Juli 1923
entfällt. Die Ausſichten für das laufende Geſchäftsjahr ſeien unter den
Vorbehalten, die die Lage gebietet, zu beurteilen. Der bisherige Verlau
ſei ganz befriedigend.
* Sächſ. Glasfabrik A.=G., Radeberg. Die a. v. G.=V.
beſchloß Erhöhung des Aktienkapitals von 34 auf 80 Mill., wobei den
Aktionären ein Bezugsrecht im Verhältnis 3:2 gewährt werden ſoll.
* Oberſchl. Kokswerke und chem. Fabriken A.=G.,
Berlin. 15 Mill. neue Stammaktien Nr. 85 001/100 000 und 20 000 St.
Genußſcheine Nr. 1/20 000 wurden an der Berliner Börſe zugelaſſen.
* Eiſen=Matthes, Richard Guſtav Matthes A.=G.,
Magdeburg. Laut G.=V.=Beſchluß vom 22. 9. 23 wird das
Aktien=
kapital um 90 Mill. Stammaktien auf insgeſamt 150 Mill. erhöht. Die
neuen Aktien nehmen an der Dividende ab 1. 1. 23 teil. Ein Teilbetrag
in Höhe von 60 Mill. wird den alten Aktionären derart zum Bezuge
angeboten, daß auf nom. 1000 Mk. alte Aktien nom. 1000 Mk. junge zu
½ Goldmark, errechnet nach dem amtlichen Dollarbriefkurs an der
Ber=
liner Börſe am Tage der Veröffentlichung der Bezugsrechtsaufforderung
im Reichsanzeiger, zuzüglich Bezugsrechts= und Börſenumſaßſteuer
be=
zogen werden können.
Deutſche Nähfaden A.=G., Hamburg. Die Geſellſchaft
teilt folgendes einem Aktionär mit: Das von Ihnen erwähnte Gerücht
iſt natürlich nur ein durchſichtiges Börſenmanöver Berliner Kreiſe, die
ſich ſeit längerer Zeit vermutlich auf die Veranlaſſung unſerer
Konkur=
renz vergeblich darum bemühen, größere Aktienbeſtände unſerer
Geſell=
ſchaft zum billigen Kurſe in die Hand zu bekommen. Wir können Ihnen
nur erklären, daß der Geſchäftsgang unſeres Unternehmens nach jeder
Richtung hin ein durchaus guter iſt. Wir haben, was auch Ihnen nicht
umbekannt ſein dürfte, vor kurzem noch ein Nachbargrundſtück erworben,
in welchem wir durch Umbauten große Lagerräume für unſere Zwecke
geſchaffen haben. Der Umbau iſt jetzt vollſtändig fertig und in Betrieb
genommen. Wir ſind in allen Abteilungen gut beſchäftigt und mit der
finanziellen Entwickelung unſeres Unternehmens, mehr als zufrieden.
Die Einführung unſerer Aktien an der Berliner Börſe wird erſt erfolgen
können, nachdem eine vollſtändige Bilanz (p. 31. 12. 23) vorliegt.
* Hamburger Elektr. Werke. Der Bilanz per 30. 6.
1923 der Geſellſchaft entnehmen wir folgende Zahlen: Anlagen
1 Mill., im Bau befindliche Anlagen 607 Mill., Materialien
6 687 000 000 Mark, Debitoren 11 768 000 000 Mark, Anzahlungen auf
Neubauten 653 Mill., Wertpapiere 31,9 Mill., Beteiligungen 4,4 Mill.,
Bank= und Poſt=Scheck=Guthaben 3 772 000 000 Mark, Kaſſe 132,6 Mill.
Stammaktienkapital 660 Mill., Vorzugsaktien 44 Mill., Reſervefonds
3 990 000 000 Mark, Obligationsſchulden 92 Mill., Finanz=Debitationen
für zu zahlende Abgaben 2074,8 Mill., Abſchluß=Interims=Konto
1 186,7 Mill., Kreditoren 7 257,5 Mill., Kautionen 76 Mill.,
Werkerhal=
tungskonto 5 Milliarden, Beamten= und Arbeiter=Unterſtützungskaſſe
995 Mill., Delcredere 100 Mill. Die Gewinn= und Verluſtrechnung
zeigt folgendes Bild: einſchließlich aus Vortrag 1921/22 ergibt ſich ein
Bruttoüberſchuß von 41 752 609 660 Mark. Betriebskoſten ſtellten ſich
auf 27 605 922 714 Mark, Verwaltungsunkoſten auf 1868 931 790 Mark
Pachten und Abgaben auf 2370 749 368 Mark, Körperſchaftsſteuer
1434037 Mark, Obl. Zinſen und Agio 4 427 058 Mark, Zinſen
86 822 229 Mark, Delcredere 99 900 000 Mark, Beamten= und
Arbeiter=
unterſtützungskaſſe 1 Milliarde, Abſchreibungen 1 924 178 039 Mark,
Anlagenerhaltungskonto, 5 Milliarden, ſo daß ein Reingewinn von
1790 244 419 Mark verbleibt.
L. Oeſterreichs Wiederaufbau. Die Einnahmen aus
den Zöllen und dem Tabakmonopol im erſten Halbjahr 1923 allein
überſtiegen die für den Jahreszinſendienſt der Völkerbundsanleihe
er=
forderliche Summe. Die Auguſteinnahmen an Zöllen und Tabak ſind
mit 242 Milliarden Papierkronen die höchſten bisher verzeichneten. Das
Defizit des öſterreichiſchen Staatshaushalts der erſten ſieben Monate
blieb um 63 Millionen Goldkronen hinter der Berechnung des
Budget=
programms zurück. Der Wert der Einfuhr weiſt einen
Monatsdurch=
ſchnitt von 118 Millionen Goldkronen, jener der Ausfuhr von 77
Mil=
lionen Goldkronen auf. Die Deckung des Notenumlaufs, die anfangs
Januar 29,4 Prozent betrug, iſt heute 53 Prozent. Die Einlagen in
die Banken und Sparkaſſen, die im September vorigen Jahres 31
Mil=
liarden Papierkronen betrugen, belaufen ſich heute auf über 430
Mil=
liarden Papierkronen.
Braunkohlen= und Brikett=Induſtrie A=G
Berlin. Laut dem Geſchäftsbericht iſt das Betriebsjahr, das mit
dem 30. 6. 1923 abſchloß, ohne größere Störungen verlaufen. Die
Jahresdurchſchnittsförderung ſtieg gegen das Vorjahr um 11 Proz., die
Leiſtung je Mann und Schicht um 7 Proz. Immerhin bleibt dieſes
Ergebnis noch erheblich hinter den Vorkriegsleiſtungen zurück. Im
ab=
gelaufenen Verichtsjahr betrug die Durchſchnittsförderung bei dem
Lauſitzer Werk 2,53 Tonnen, gegen 4,30 Tonnen im Betriebsjahr
1913/14. Die Rohkohlenförderung ſtieg um 11,09 Proz. auf 4,59 Mill
Tonnen, die Briketterzeugung um 12,25 Proz. auf 1,21 Mill. Tonnen,
die Stromerzeugung um 32,5 Proz. auf 76,26 Kilowattſtunden. Der
Abſatz an Kohlen und Briketts war entſprechend größer.
Bemerkens=
wert iſt die Steigerung des Stromabſatzes um 86,02 Proz. auf 33,49
Kilowattſtunden. Die Ziegelſteinerzeugung ſank auf etwa //, der
vor=
jährigen Produktion, da nur während vier Monaten gearbeitet wurde.
Der Abſatz während des abgelaufenen Geſchäftsjahres war gut und
er=
fuhr zum erſtenmale ſeit längerer Zeit keine Störungen durch
Wagen=
mangel der Eiſenbahn. Die Geſellſchaft erhöhte zwecks Ergänzung und
Bereitſtellung von Betriebsmitteln für Felderwerbung das
Aktienkapi=
tal im Februar ds Js. von 40 auf 72 Mill. In Gemeinſchaft mit der
Graf von Arminſchen Waldgutſtiftung, der Standsherrſchaft Muskau
und der Ilſe=Bergbau A.=G. wurde die Braunkohlengewerkſchaft
Mus=
kau gegründet, die in der Oberlauſitz über große Felderbeſitze verfügt
Ferner wurde mit der Generaldirektion der Grafen Henkel von
Don=
nersmark in Beuthen und der Ilſe A.=G. die „Barbara Bergbau
A.=G.” gegründet, die in Lohnig, Kreis Strigau, ein Braunkohlen=
Bergwerk beſitzt. Bemerkenswert iſt die Steigerung der Produktion
der Gewerkſchaft Vereinigte Schwiebuſer Kohlenwerke von 22570
Ton=
nen auf 60 738 Tonnen. Der Abſchluß per 30. 6. 1923 ergab einen
Bruttogewinn von 4999 Mill. (i. V. 33,12 Mill.), Unkoſten
einſchließ=
lich Zinſen und Steuern erforderten 2,785 Mill. (i. V. 11,39 Mill.),
für Abſchreibungen wurden 1500 Mill. (i. V. 14 Mill.) verwandt, ſo daß
ein Reingewinn von 715 Mill. (i. V. 8, 34 Mill.) verbleibt. Hieraus
gelangt eine Dividende von 7 Proz. (i. V. 6 Proz.) auf Vorzugsaktien
und 150 Proz. (i. V. 30 Proz.) auf Stammaktien zur Verteilung.
Be=
kanntlich hat die Geſellſchaft im Februar d. J., anläßlich der
Kapitals=
erhöhung den Aktionären bereits eine Abſchlagszahlung auf die
Di=
vidende für das Jahr 1922/23 in Höhe von 150 Prozent gewährt. Die
Verwaltung glaubt angeſichts der wirtſchaftlichen Verhältniſſe von einer
weiteren Verteilung Abſtand nehmen zu müſſen. Der Reſt des
Rein=
gewinnes von 666,7 Mill. ſoll auf neue Rechnung vorgetragen werden.
Die in der Bilanz ausgewieſenen Zugänge auf Anlagen betrugen
zif=
fernmäßig 1990 Mill., ſie betreffen den Umbau des Schloſſes
Mücken=
berg zu einem Verwaltungsgebäude, den Bau eines Werk=Gaſthofes in
Pohley und die Herſtellung von Wohnhäuſern für Beamte und Arbeiter,
insgeſamt betrugen die Anlagewerte 527 Mill. gegen 38,8 Mill. i. V.
Verſchiedene Konten weiſen außerordentliche hohe Abgänge auf.
Koh=
lenbaugerechtſame und Bergwerkseigentum betragen 0,132 Mill. (i. V.
1,886 Mill.), Gruben undSchachtanlagen 0.52 Mill. (i. V. 4,81 Mill.),
Bankguthaben werden mit 4885 Mill. ausgewieſen, gegen 34,3 Mill.
Neugründungen.
* Scheidemandel=Konzern. Im Zuſammenſchluß m
der Spratts=A.=G. wurde die Friedensthal Verſuchs=A.=G. mit eine
Aktienkapital von 50 Mill. gegründet. Gegenſtand des Unternehmen
iſt der Betrieb des Gutes Friedensthal b. Oranienburg zwecks Probi
rung und Verwertung von induſtriell hergeſtellten Dünger=Futtermitt
ſowie zur Errichtung von Zucht= und Maſtanſtalten.
Warenmärkte.
b. Mannheimer Produktenbörſe. Die raſende Der
ſenſteigerung und die innerpolitiſchen Vorgänge verſetzte die Börſe
große Erregung. Der Mark wird gar kein Vertrauen mehr entgege
gebracht und die Forderungen, beſonders der Verkäufer aus dem beſe
ten Gebiet, lauteten auf franzöſiſche Franken oder holländiſche Gulde
weshalb zu Beginn der Börſe auch keine Preiſe feſtzuſtellen waren. 2
Tendenz der Börſe war ſehr ſtramm. An der Kolonialwarenbörſe h
ſich die Stimmung auch noch weiter befeſtigt. Hier notierte man
Goldmark auf Dollarbaſis: Kaffee Santos, roh 3,2—3,55, gewaſche
4,0—4,5, Tee, mittel 7,9—8,9, gut 9,0—9,9, fein 10—11, inländiſch
Kakao 3.0—3,5, holländiſcher 3,4—3,8, Burmah=Reis 0,/44, Weizengrie
0,45, Hartweizengrieß 0,54, Zucker melis 0,70 pro Kilo ab Mannheit
Offiziell wurden pro 100 Kilo netto Kaſſe bahnfrei Mannheim notier
Weizen 160—200, Braugerſte 110—130, Hafer 100—130, Weizenme
Spezial=Null 250—300, Weizenkleie 40—50, alles in Milliarden Mar
h. Mannheimer Schlachtviehmarkt. Für den Schlad
viehmarkt am Montag betrug der Auftrieb 87 Ochſen, 27 Bullen, 1
Kühe und Rinder, 102 Kälber, 16 Schafe und 220 Schweine. Bezak
wurden pro Pfund Lebendgewicht in Milliarden Mark: Ochſen, 1. 5
1,6—1,8, 2. Kl. 1,4—1,5, 3. Kl. 1,2—1,4, 4. Kl. 1,0—1,2; Bullen, 1. 8
1,4—1,5, 2. Kl. 1,2—1,4, 3. Kl. 1,2—1,3; Kühe und Rinder, 1.
1,6—1,8, 2. Kl. 1.4—1,5, 3. Kl. 10—1,2, 4. Kl. 0,9—1,0, 5. Kl. 0,5I
0,8; Kälber b 1,6—18, c 1,4—1,6, d 1,3—1,4, e 1,2—1,4; Scha
a 1,4—1,5, b 1,3—1,4, c 1,0—1,2; Schweine wurden nicht notier
Marktverlauf: mit Großvieh mittelmäßig, geräumt, mit Kälbern ur
Schafen lebhaft, ausverkauft; mit Schweinen mittelmäßig, ausverkau
wb. Berliner Produktenbericht. Bei der fortgeſetzte
Steigerung der Deviſenpreiſe machte auch die Preisbildung am Produ
tenmarkt für die in Papiermark geſtellten Notizen entſprechende
Fo=
ſchritte. Die Forderungen in Gold entſprachen ungefähr dem geſtrige
Stande. Die Umſätze waren wieder ganz geringfügig. Das Inla
bleibt im allgemeinen mit Verkäufen ſehr zurückhaltend, wenn au
gegen Goldforderungen etwas mehr Ware herauskam. Von den Ur
ſätzen in den einzelnen Getreidearten iſt nicht viel zu ſagen. Hafer
ab Station nur in Goldmark zu kaufen und im Konſum aber nur
Papiermark loszuwerden. Die Preiſe erhöhten ſich entſprechend der a
gemeinen Deviſenſteigerung.
V. Bauvorſchüſſe und Anzahlungen mit 2731 Mill. (i. V. 0). Die
ſonſtigen Debitoren beanſpruchen 22,459 Mill. (i. V. 119 Mill.); dem=
Börſen.
gegenüber erſcheinen die Beſtände mit 2,739 Mill. (i. V. 14,01 Mill.
ſehr vering. Die Beteiligungen betragen 10,18 Mill. (i. V. 8,93 Mill.),
Unter den Paſſiven erſcheinen u. a. Rücklägen mit 92,4 Mill.,
Wohl=
fahrtseinrichtungen für Beamte und Arbeiter mit 1,491 Mill. (i. V.
2,95 Mill.) und Debitoren mit 337,8 Mill. (i. V. 141,8 Mill.). Ueber
die Ausſichten des neuen Geſchäftsjahres wurde von der Verwaltung
mitgeteilt, daß die Lage des Kohlenmarktes außerordentlich ſchwierig
und ſchlecht ſei. Die Produktion des Ruhrgebiets liege ſtill. In
Schleſien und Mitteldeutſchland wird geſtürzt und gefeiert. Alle
Ab=
ſatzmöglichkeiten ſchrumpfen zuſammen. Die Preiſe der Werke ſeien
unerſchwinglich, ihre Konditionen kaum erfüllbar. Trotzdem
brauch=
ten ſie dieſe Bedingungen, wenn ſie nicht zu Grunde gehen ſollen.
Die letzte Hoffnung verſpricht ſich die Verwaltung von dem
geplan=
ten neuen Arbeitszeitgeſetz. Bekanntlich werden ſeit dem Kriege drei
Schichten verfahren, während früher der Tag in zwei Schichten
ein=
geteilt war. Die Verwaltung glaubt, daß nur die alte zwölfſtündige
Arbeitszeit bei zweiſtündiger Pauſe Beſſerung verſchaffen könnte.
* Eſchweiler Bergwerksverein. Die Geſellſchaft teilt
in ihrem Geſchäftsbericht über das mit dem 30. 6. abgelaufene
Geſchäfts=
jahr mit, daß die Förderung in der erſten Hälfte des Betriebsjahres
zu=
genommen habe, daß jedoch in der letzten Zeit eine erneute
Abwan=
derung von Bergarbeitern ſtattfinde. Infolge der politiſchen
Verhält=
niſſe haben die Bergbaubetriebe, insbeſondere die Kokereien vollſtändig
ſtillgelegt werden muſſen. Am 30. 6. 23 war die Leiſtung unter 50
Pro=
zent des Vorjahres geſunken. Auch der Betrieb der Hüttenabteilung
mußte mangels Brennmaterial vom April ab ſtillgelegt werben.
Wäh=
rend der Berichtszeit war bis zum Mai ein Hochofen in Betrieb. Die
geringe und unregelmäßige Förderung haben das Geſchäftsergebnis
außerordentlich ungünſtig beeinflußt. Die Heranſchaffung der
Betriebs=
materialien, insbeſondere des Grubenholzes ſei ſehr ſchwierig und
koſt=
ſpielig geweſen. Die Nachfrage nach allen Erzezigniſſen der Gefellſchaft
war ſehr lebhaft und konnte nur teilweiſe befriedigt werden. Die
För=
derung betrug insgeſamt 1 478 201 Tonnen gegen 1 868 675 Tonnen i. V.,
weiſt alſo einen Rückgang von 20,9 Prozent auf. In der Bilanz
er=
ſcheinen Anlagewerte mit 64,4 Mill. (i. V. 78,9), Effekten mit 12,6 Mill.
(i. V. 2,4 Mill.), Beteiligungen mit 10,4 Mill. (i. V. 6,1 Mill.), Rohſtoffe,
Halbfabrikate und Warenbeſtände ſind mit 47,132 Mill. (i. V. 210 Mill.),
Debitoren betrugen 35 606 Mill. (i. V. 456 Mill.), worunter
ſind.
3446 Mill. Bankguthaben (i. V. 158 Mill.) enthalten
Kreditoren hatten 82 623 Mill. (i. V. 639 Mill.) zu fordern. Die
Ver=
waltung kann angeſichts der jetzigen unſicheren wirtſchaftlichen
Verhält=
niſſe keine Aeußerung über die weitere Entwickelung machen.
h. Richard OSwald Film=A. G. Wie wir aus
Verwaltungs=
kreiſen hören, wird die Generalverſammlung auch über eine
Kapitals=
erhöhung zu beſchließen haben, die ein Bezugsrecht für die Aktionäre
der Geſellſchaft bringen wird. Außerdem werden dem Aufſichtsrat
Direktor Schnitkin vom Tſechoſlowakiſchen Bankverein und Direktor
Karl Bratz neu beitreten. Der Geſchäftsgang iſt günſtig.
Oeviſenmarkt.
Kf wZ. Dirodewrte! Be
Brief Beb
Brüſſel=Antwerpen ..
Chriſtiania . . . . . . . . . . . /614
ppenhagen .. . . . . . . . 6
Stockholm .. . . . . . . . . . 110473750000.
Helſingfors ........."
Italien . . . .. ..... ....
London ............"
ew=York ..... ... . ..
Paris .. . . . . . . . . . . . . . ſ23
Wien (in D.=Oſterr. abg.)
Budapeſt. . . . . . . . . . . "
Zuenos=Aires . . . . . . . . 12768000000.
ulgarien ........... .
Japan ... . ........."
Rio de Janeiro ....."
Belgrad. . . . . . . .. ...
Sofia .......... .....
Berlin ſoll zugeteilt, ebenfalls Frankfurt, mit
Holland 25%, Neu=York 60%, Paris 10%.
Amſterdam=Rotterdam L15561000000. 15639000000. 12.
00000
55350000. —
O9N
3000.—
Schweiz.. . . . . . . . . . . . /7112175000.— 7147825000.—194
Spanien .. .. . . . . . . . . /5346600000.— 5373400000.— 17381500000.
564585.-
Prag ... . . . . . . . . . . . . 41185030000.— 1190970000.
2194500.—
381045000.—
Liſſabonn. . . . . . . . . . . . /1596000000.— 1604000000. — 12194500000.
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9550000 000. 180450000000
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00000.
50000
5750000.
25250000. 114563500000
6300000
423850000
5000000
3600000
1200000
0000.
778050.—
1645875000.
3092050.—
00000.
62500 —
250000.
73
400000
27.
2681 0000.
000.
100.
6365000
14
10600
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300
18
00-
219
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Das Paradies und die Peri
von Robert Schumann.
Oeffentliche Hauptprobe am Sonntag,
den 28. Oktober, vormittags 11 Uhr.
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Mittwoch, Donnerstag u. Freitag, den 24.
bis 26., nachm. 3—5 Uhr, an der Tages
kaſſe des Landestheaters. Kartenverkauf an
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ab an der Tageskaſſe. — Textbücher an
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Sonntag, den 28. Okt.,
vormittags 11 Uhr,
Montag, den 29. Okt. u.
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Der Stufe 59 mit einem tägl. Verdienſt von 650—850
Millionen und einem täglichen Beitrag von 63 Millionen
werden mit Wirkung vom 22. Oktober 1923 angehängt die
tägl. Verdienſt: tägl. Beitrag:
60 1000 Mill. Mk. 850—1250 Mill. Mk. 90 Mill. Mk.
61 1500 „ „ 1250—1750 „ „ 135 „ „
62 2500 „ „ 1750—2750 „ „ 225 „ „
„ 315 „ „
450
4250 und mehr
Dieſe Aenderungen betreffen ſolche Betriebe nicht, in
denen mehr als 5 Verſicherte tätig und zur Einreichung der
Lohnliſte verpflichtet ſind ſowie den Beitrag nach dem wirk=
(7936
lichen Arbeitsverdienſt einzuzahlen haben.
Darmſtadt, den 22. Oktober 1923.
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unernmen. 2
wb. Berliner Börſenbericht. Infolge der Verordnur
der Regierung, wonach Deviſen, ausländiſche Banknoten und Dolla
ſchatzanweiſungen nur noch zur amtlichen Notierung gehandelt werde
dürfen, iſt ſeitens der Bankwelt der bisherige Freiverkehr darin vo.
kommen eingeſtellt worden. Vor der Feſtſetzung der amtlichen Not
rungen entwickelte ſich gewiſſermaßen als Erſatz ein lebhaftes Geſchä
in Goldanleihe, die zwiſchen 65 und 57 Milliarden ſchwankte und dar
amtlich auf 56 Milliarden bei voller Zuteilung feſtgeſetzt wurden. Dr
larſchatzanweiſungen wurden amtlich zu 58 Milliarden bei 5 Proz.
teilung feſtgeſetzt, wobei Orders bis 1000 Dollar auffielen. Für D
viſen war die Nachfrage bei der amtlichen Kursfeſtſtellung nicht gro
es handelte ſich zumeiſt um kleinere Beträge. Die Notierung erfolg
auf der Grundlage von 250 bezw. 56 Milliarden für London und Ne
York. Die angeforderten Beträge wurden mit Ausnahme von Prag v.
zugeteilt. Im Effektenverkehr war die Stimmung anfangs luſtlos, k
feſtigte ſich aber bald wieder, da ſeitens des Publikums fortgeſetzt Nac
frage vorliegt.
Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) An der heutigen Börſe lage
Nachrichten aus Bremen vor, daß die dortige Börſe, im Hinblick au
Unruhen, durch die ſie bedroht erſchien, geſchloſſen gehalten wurde.
der
**
u
ide
Ausnahme br
Anmerkung. Wir verweiſen auf den Erlaß der Reichsregierur
(Seite 3).
Aus den Amtsverkündigungen des Kreisam.
Darmſtadt und den Bekanntmachungen de
Polizeiamts Darmſtadt.
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