zeigenſchlüſſel 2 Millionen
Finzelnummer 50 Millionen Mark
Bezugspreis:
 zöchentlich Tmaligem Erſcheinen vom 15. bis 3 
300 Millionen Mk. und 30 Millionen Mu 
egebühr, Abgeholt 305 Millionen Mk., durch die 
uren 330 Millionen Mk. frei Haus. 
            Poſtbezugs=
freibleibend) ohne Beſiellgeld 30 Millionen Mk., 
ahlung 344 Millionen Mk. Verantworilichkeif fü 
hme von Anzeigen an beſimmten Tagen wird 
ibernommen. Nichterſcheinen einzelner Nummern 
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht 
ürzung des Bezugspreiſes. Beſtellungen und 
            Ab=
ungen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns. 
Poſiſcheckonto: Frankfurt a. M. 4301.
 Heſſiſche Neueſte Nachrichten 
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt 
Nachdruck ſämtlicher mit + verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet. 
Nummer 293 
Dienstag, den 23. Oktober 1923 
186. Jahrgang
 Anzeigenpreis: 
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 150 Mark 
Finanz=Anzeigen 200 Marf, Reklamezeile (92 mm 
breit) 800 Mark. Anzeigen von auswärts 200 Mk., 
Finanz=Anzeigen 300 Mark, 92 mm breite Reklan 
zeiſe 1000 Mark. Dieſe Preiſe ſind mit der jeweils 
gültigen Schlüfſelzahl zu multiplizieren. — Im 
Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Alufruhr, Streit 
uſw., erliſcht ſede Verpſiſchtung auf Erfüllung der 
Anzeigenaufträge und Teiſtung von Schadenerſatz 
dei Konkurs oder gerſchtlſcher Beitreibung fällt 
ſeder Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und 
Darmſtädter 8 Naiionalbank.
 der Sepgratiſtenputſch am Rhein. 
Mißerfolg in Mainz und Köln. — Ruhe in Aachen. — Lebhafte Tätigkeit der Separatiſten 
in der beigiſchen Zone. — Der Pariſer Kommentar.
 Den Franzoſen und Belgiern liegt begreiflicherweiſe ſehr 
daran, den Anſchein zu erwecken, als ob ſie mit der Aktion 
Sonderbündler” nichts zu tun hätten. So ſchickte der bel= 
Kriegsminiſter ſeinen Kabinettschef, General Girou, eigens 
Informationszwecken” nach Aachen, und der belgiſche 
            Kom=
ir in der Rheinlandkommiſſion hatte ſogar die Kühnheit, bei 
vEmpfang der Führer der vorläufigen „Aachener 
            Regie=
zu erklären, daß für das belgiſche Verhalten einzig und 
die Aufrechterhaltung der Ordnung auf der Straße 
            maß=
d ſei. Die belgiſche Regierung wolle ſich nicht in Fragen 
nneren deutſchen Politik miſchen! Wie man dieſe Aufgabe 
ßt, geht unter anderem aus einer Havasmeldung hervor, 
der eine Perſon, die angeblich ſeparatiſtiſche Anſchläge 
            ab=
durch Schüſſe einer belgiſchen Patrouille verletzt worden iſt. 
übrigen laſſen die nachſtehenden Meldungen die Drahtzieher 
erkennen. 
Bonn, 22. Okt. (Wolff.) Der franzöſiſche Oberdelegierte 
ſeſtern der Stadtverwaltung Bonn mitgeteilt, daß die 
            Poli=
dis 4 Uhr nachmittags ſämtliche Schußwaffen abzugeben 
Auf den Proteſt der Stadtverwaltung hin erging 
            ſchließ=
die Mitteilung, daß der Befehl zurückgezogen werde und daß 
Polizei ihre Waffen behalten dürfe. Heute nachmittag 4 Uhr 
It die Stadtverwaltung neuerdings vom franzöſiſchen 
            Ober=
ierten die Mitteilung, daß ſoeben ein Armeebefehl 
            einge=
en ſei, daß auf Sonderbündler nicht 
            geſchoſ=
werden dürfe. (!) Die franzöſiſche Gendarmerie ſei zur 
achtung der Vorgänge in Bonn bereitgeſtellt, um 
            feſtzuſtel=
ver bei etwaigen Zuſammenſtößen zuerſt ſchießen werde. Von 
öſiſcher Seite wurde betont, daß die Sonderbündler 
            unbe=
iet auftreten. Franzöſiſches Militär liege zum ſofortigen 
eeifen bereit. Nach ſicheren Informationen beabſichtigen die 
erbündler, die ihre Truppen ſammeln und mit Karabinern 
ffnen, heute nacht 2 Uhr gewaltſam aller öffentlichen Ge= 
Bonns ſich zu bewächtigen. Infolge des franzöſiſchen 
ßverbots iſt die deutſche Polizei faſt machtlos. 
ergefecht zwiſchen Separatiſten und Polizei 
in Mainz. 
Nainz, 22. Okt. Heute früh zwiſchen 5 und 6 Uhr 
            ſam=
ſich eine Anzahl Separatiſten vor dem 5. 
            Polizei=
auf dem Gartenfeldplatz an und verſuchte in das 
izeirevier einzudringen. Dabei kam es zu 
            Schieße=
worauf ſich die Sonderbündler in einem Garten 
            verſteck=
ind von hier aus ein Feuer eröffneten, das von 
nderen Seite erwidert wurde. Zwei Polizeibeamte 
en dabei verletzt. Nachher räumten die 
            Separa=
n das Feld und zogen in Laſtautos auf das Land. 
ſawvas berichtet darüber aus Mainz: Heute nacht 4,30 Uhr 
die ſeparatiſtiſchen Truppen in Mainz eingezogen. Eine 
lung beſetzte das Rathaus. Nach der Havasmeldung ſei auf 
paratiſtiſchen Truppen geſchoſſen und zwei von ihnen 
            ver=
vorden. Darauf ſollen ſich die Sonderbündler zurückgezogen 
eine Verſammlung abgehalten haben. Sie wollen ver= 
, mit der Polizei zu verhandeln. Die Truppen aber hätten 
(sdann nach der Umgebung gewandt und warteten dort die 
le ihrer Chefs ab, um den Verſuch morgen oder übermorgen 
neuern. 
*795 
z 
Es wäre intereſſant, wenn die franzöſiſche Agentur ſich 
einmal darüber verbreiten würde, woher die „ſeparatiſti= 
Truppen” ihre Waffen haben. 
Nainz 22. Okt. (Wolff.) Wie wir von amtlicher Stelle 
ten, kann von einer Ausrufung der Rheiniſchen 
ublik in Mainz keine Rede ſein. Lediglich wurden 
vergangenen Nacht, offenbar von ſeiten der Separatiſten, 
ſchverſuche unternommen, die aber reſtlos 
            ab=
lagen wurden. Im Laufe des heutigen Tages iſt es 
1d8 zu Ruheſtörungen gekommen. 
Geſcheiterte Putſchverſuche. 
ölc, 22. Okt. (Wolff.) In Jülich iſt der Verſuch der 
atiſten, die Rheiniſche Republik auszurufen, an dem 
            Wider=
der Behörden geſcheitert. Die Sonderbündler ſind 
richteter Sache wieder abgezogen. In Stolberg iſt die 
ung nicht geſtört worden. 
Oemonſtrationen in Koblenz. 
oblenz, 22. Okt. Heute vormittag verſammelten ſich 
ähr hundert Sonderbündler vor dem 
            Polizeipräſi=
von wo ſie vor das Rathaus zogen, wo ſich eine 
            neu=
e Menge anſammelte. Die Polizei ſäuberte den 
Auch franzöſiſche Kavallerie wurde eingeſetzt, 
ie Menge zu verdrängen. Soweit wir erfahren, ſind drei 
nen verwundet worden, die nicht zu den Sonderbündlern 
n. Ein Sonderbündler wurde von der Menge 
rügelt, weil er einen Schuß auf einen Deutſchen 
            ab=
hatte. Vorläufig iſt die Lage ſo, daß das Rathaus ſich 
nHänden der deutſchen Behörden befindet 
die Polizei den Zugang zum Rathaus 
            ge=
rthat. 
tolberg, 22. Okt. In Büsbach bei Aachen ſind die 
zei und das Bürgermeiſteramt durch 
            Son=
ündler in Verwaltung genommen worden. 
Separatiſien in Oüſſeldorf außer Gefecht geſetzt. 
erlin, 22. Okt. (Wolff.) Nach der Anſicht des jetzt in 
en amtierenden Düſſeldorfer „Regierungspräſidenten Dr. 
nter iſt mit dem Gelingen eines ſeparatiſtiſchen Putſches 
ißerem Umfange nicht zu rechnen. In Düſſeldorf ſelbſt 
en 2300 Separatiſten außer Gefecht geſetzt.
Die Lage in Nachen.
 Aachen, 22. Okt. (Wolff.) Zu dem Putſch der 
            Sonder=
bündler in Aachen wird noch gemeldet: Geſtern früh ſahen die 
Bewohner auf dem Rathaus, den Regierungsgebäuden, der 
Poſt und der Reichsbank die grün=weiß=rote Flagge der 
            ſoge=
nannten Rheiniſchen Republik wehen. Die Polizei, die 
            vormit=
tags noch auf den Straßen zu ſehen war, zog ſich ſpäter zurück. 
An ihrer Stelle ſtanden zahlreiche Leute mit Armbinden an den 
Hauptpunkten der inneren Stadt, die den Zugang zur Regierung 
und Poſt verwehrten. Belgiſche Panzerautos ſah man durch die 
Straßen fahren. Das Fernſprechamt arheitete nicht mehr; weder 
Orts= noch Ferngeſpräche wurden hergeſtellt. Sämtliche 
            Re=
ſtaurants waren den Tag über geſchloſſen. Auf dem 
            Polizei=
präſidium ſah man keine Flagge der Sonderbündler. Ueberall 
ſah man Plakate folgenden Inhalts angeſchlagen: Rheinländer! 
Die Rheiniſche Republik iſt da. Jeder Widerſtand wird 
            unnach=
ſichtlich unterdrückt. Plünderer und Ruheſtörer werden 
            ſtreng=
ſtens beſtraft. Wir werden für Lebensmittel und Arbeit 
            ſor=
gen. Darum bewahret Ruhe und Ordnung! Die Bevölkerung 
ſammelt ſich vor den Plakaten und geht dann ruhig ihres Weges. 
Von irgend einer Wirkung auf die Oeffentlichkeit iſt bisher nichts 
zu bemerken. Gerüchtweiſe verlautet, daß von ſeiten der 
            Arbei=
ter für morgen der Generalſtreik geplant iſt. 
Separatiſten=Vorſtoß in München=Gladbach 
Köln, 22. Okt. (Wolff.) Nach hier eingegangenen 
            Nach=
richten haben in der vergangenen Nacht in Rheydt und 
            Kre=
feld ſtarke Menſchenanſammlungen ſtattgefunden mit dem 
            Ver=
ſuch, die Rheiniſche Republik auszurufen, ebenſo 
in München=Gladbach.‟ Die Lage iſt überall unverändert. 
Die Menſchenanſammlungen dauern an. In München=Gladbach 
hat die Polizei die Gewalt und die Gebäude noch feſt in der 
Hand. In Koblenz findem Verhandlungen zwiſchen der 
Maſſe und dem Oberbürgermeiſter wegen Ausrufung der 
            Rhei=
niſchen Republik ſtatt. Der Oberbürgermeiſter hat hier erklärt, 
daß er nur eine deutſche Regierung anerkennen könne und nur 
der Gewalt weichen werde. In Krefeld haben die 
            Sonderbünd=
ler von der Feuerwache unter Vorhaltung von Revolvern ein 
Auto requirieren laſſen. 
Weitere Filialen. 
* Köln, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Wie wir in letzter Stunde 
erfahren, wurde in München=Gladbach, Düren und 
Mayen die Rheiniſche Republik ausgerufen und 
auf den öffentlichen Gebäuden die weiß=rot=grüne Fahne gehißt. 
Die Pariſer Preſſe. 
* Paris, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Während die franzöſiſche 
Preſſe geſtern, wie bereits berichtet, den Ereigniſſen im 
            Rhein=
land noch ziemlich ſkeptiſch gegenüberſtand, weil man die 
            Aus=
rufung der Rheiniſchen Republik ſich eben ganz anders vorgeſtellt 
hatte, iſt im heutigen Leitartikel des Temps eine neue Nuanze 
zu konſtatieren. Das Blatt drückt die Hoffnung aus, daß der 
Aachener Putſch gelingen möchte. Im übrigen iſt die 
            Rhein=
landbewegung natürlich für Paris das Geſpräch des Tages. 
            Ge=
rüchte und Tendenzmeldungen ſchwirren durch die Luft. Die 
offiziöſen Nachrichtenagenturen verbreiten lange Berichte über 
die Bewegung. Matthes hat ſein Hauptquartier in Düren 
            auf=
geſchlagen und leitet von dort aus die Bewegung, wie Radio 
meldet. Von einer Ausdehnung der Bewegung hört man, 
            ab=
geſehen von einigen kleinen Ortſchaften in der Umgebung von 
Mainz, indeſſen nichts. Aachen iſt nach einer Temps=Meldung 
ruhig. Die lokalen Behörden haben angeblich keinerlei 
            Wider=
ſtand geleiſtet und ſich zur Verfügung der Separatiſten geſtellt. 
Die Bewegung richtet ſich nach dem gleichen Blatt ausſchließlich 
gegen Berlin. Die Meinung darüber, ob das pſychologiſche 
            Mo=
ment zum Losſchlagen richtig geweſen war, gehen ſtark 
            ausein=
ander. Not, Elend und allgemeine Depreſſion ſcheinen die 
            Be=
völkerung völlig ſtumpf gemacht zu haben. Dieſe verhält ſich im 
übrigen, wie allgemein in den Pariſer Zeitungen zu leſen iſt, 
völlig indifferent, wenn auch dem neuen Regime gegenüber nicht 
gerade feindlich. Deckers erklärte franzöſiſchen Journaliſten, ſein 
Ziel ſei die Schaffung eines unabhängigen und freien Staates, 
völlig getrennt von Berlin und wirtſchaftlich nach Weſten 
            orien=
tiert, das heißt, nach Holland, Belgien, Frankreich und 
            Luxem=
burg, in ſeiner Struktur ähnlich wie Belgien in der 
            Vorkriegs=
zeit, um ſeine Neutralität im Kriege zu ſichern. Mit den 
            Eng=
ländern ſieht Deckers Schwierigkeiten voraus. Mit Matthes, 
Smeets und Dorten hätte die von ihm geleitete Bewegung nichts 
gemein, aber man verſuche jetzt, eine Verſtändigung, um mit 
ihnen zuſammenzuarbeiten. Er wolle Reparationen leiſten und 
den Verpflichtungen des Verſailler Vertrags nachkommen. 
            In=
deſſen erwarte er von den Alliierten beſonderes 
            Entgegenkom=
men angeſichts der Sicherheiten, die ihnen ſeine Bewegung böte. 
Dieſes angebliche Interview iſt allzu durchſichtig und ſo ſtark 
tendenziös gefärbt, daß ihm irgend eine Bedeutung ſicherlich nicht 
zukommt. 
Engliſche Kommentare. 
* London, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Der diplomatiſche 
            Mitar=
beiter der Weſtminſter Gazette meldet, daß die Ausrufung der 
Rheiniſchen Republik in London nicht ſehr tragiſch genommen 
werde. Man betrachte dort die Verhältniſſe als viel ernſter. 
Doch ſei man der Anſicht, daß ein Zerfall Deutſchlands nicht zu 
befürchten ſei. Eher werde mit einer verſchärften Diktatur anſtelle 
des jetzt immer noch parlamentariſchen Syſtems zu rechnen ſein. 
Der Daily Chronicle ſchreibt: Die Wahrheit iſt, daß Poincaré 
nicht imſtande war, den Zahlungswillen Deutſchlands zu 
            ſtär=
ken, ſondern daß er die Zahlungsfähigkeit des Landes vernichtet 
hat. Was Lord Curzon vor drei Monaten vorausfah, tritt jetzt 
ein. Der Schuldner iſt im Begriffe, ſeinen letzten Atemzug 
            aus=
zuhauchen.
 * Bayern und das Reich. 
Der Notenkrieg zwiſchen Bayern und dem Reich iſt bis auf 
weiteres eingeſtellt. Der Fall iſt offenbar doch nicht ganz ſo 
            hoff=
nungslos, wie es nach den erſten Kundgebungen aus München zu 
ſein ſchien. Jetzt, wo die Entwicklung faſt bis zum Zuſammenbruch 
getrieben iſt, überlegt man ſich auch in München, ob der nicht 
            wie=
der gut zu machende letzte Schritt geſchehen ſoll, und wir 
            wol=
len hoffen, daß die beſſere Einſicht und der Verſtand über alle 
anderen Erwägungen ſiegt. Wer in den Dingen nicht ſehr tief 
drinnen ſteckt, dem iſt es ja überhaupt unfaßbar, daß ein ſolch 
lächerlicher Anlaß, wie der Streit um das Verbot eines 
            rechts=
radikalen Blattes, der Ausgangspunkt zum Auseinanderfallen 
des Reiches ſollte ſein können. Wenn mam die Verſtändigung 
will, dann muß man ſchon ſehr viel weiter in die Vergangenheit 
zurückgehen; denn die Urſachen liegen natürlich ſehr viel tiefer, 
und da unterſcheidet man in Bayern zwei Strömungen, die zum 
wenigſten in der Zielrichtung nebeneinander herlaufen, aber doch 
verſchieden ſtark ſind. 
Die eine iſt ausgeſprochen antiſozialiſtiſch. Man hat den 
Bayern bittere Vorwürfe darüber gemacht, daß ſie ſich im 
            No=
vember 1918 am kläglichſten haben von der Revolution 
            über=
rennen laſſen. Sie erkennen innerlich dieſen Vorwurf als 
            be=
rechtigt an, und haben deshalb das Bedürfnis, ſich 
            herauszu=
pauken, haben aber auch ſeit der Zeit einen Haß gegen alles, was 
mit Sozialismus etwas zu tun hat; daher die Parole gegen den 
Marxismus, die in Proteſtübertreibung dazu geführt hat, daß 
in Bayern allgemein behauptet wird, daß das Kabinett 
            Streſe=
mann der Gefangene des Marxismus ſei. Von da bis zu dem 
Schlagwort, daß die Sozialdemokraten im Reich wie in Preußen 
aus der Regierung heraus müſſen, wenn überhaupt noch aus uns 
etwas werden ſoll, iſt es nur noch ein Schritt. Gegen dieſe 
Zwangsvorſtellung iſt ſchwer etwas zu machen, obwohl ihr 
            tatſäch=
jede Grndlage fehlt. Der Einmarſch in Sachſen, der gegen eine rein 
ſozialiſtiſche ſächſiſche Regierung erfolgt iſt, iſt doch ſicherlich keim 
Erfolg des Marxismus. Die Beſeitigung des Achtſtundentages 
und die Rückkehr zum Zehnſtundendag iſt es ſicherlich 
            ebenſo=
wenig, und wenn die Regierung Streſemann ſchärfer als ihre 
Vorgängerin mit der Erfüllungspolitik brach, wenn ſie die 
            Er=
klärung abgab, daß ſie keine Reparationen mehr bezahlt, wenn 
ſie jetzt alle Vorbereitungen trifft, um ſämtliche Lieferungen 
            ein=
zuſtellen, die auch under der Regierung Cuno zu Laſten des 
Reparationskontos weitergingen, ſo iſt das bei der ausgeſprochen 
internationalen pazifiſtiſchen Einſtellung der Sozialdemokratie 
doch alles andere eher als eine Verbeugung vor dem Marxismts. 
Wenn wir alſo nicht in einer Zeit lebten, wo Vorurteile und 
Schlagworte die Stunde beherrſchen, ſo dürfte man mit dieſem 
Argument nicht allzuviel anfangen können. 
Sehr viel ernſter iſt die andere Strömung, die 
            partikula=
riſtiſcheföderaliſtiſche Ziele verfolgt. Unter dem Nachwirkungem 
der Rätezeit in München hat ſich Bayern einen großen Teil 
            ſei=
ner Reſervatvechte in der Weimarer Verfaſſung entwenden 
            laſ=
ſen und hat erſt nachher gemerkt, wie ſtark ihm ſeine 
            Selbſtändig=
keit dabei beſchnitten wurde. Das eigene Heer, die eigene Poſt, 
die eigene Eiſenbahn und die Steuerhoheit wurden ihm 
            genom=
men. Es hat in der Tat den gewaltigen Schritt zum 
            Einheits=
ſtaat mitgemacht.. Vielleicht hätten die Bayern ſich damit 
            abge=
funden, wenn man ihnen jetzt eine Zeit der Ruhe gelaſſen und 
ſie pfleglich behandelt hätte, damit ſie ſich in die neuen 
            Verhält=
niſſe hätten einleben können. Aber ſtatt deſſen wurde jede 
            Ge=
legenheit benutzt, um abſichtlich oder unabſichtlich bayeriſche 
Empfindlichkeiten zu verletzen. Das ganze Syſtem der 
            ſozial=
demokratiſchen Preſſe ſcheint geradezu darauf angelegt zu ſein, 
in Bayern als eine dauernde Herausforderung empfunden zu 
werden, und Herr Dr. Wirth hat das ſeine dazu getan, um den 
Haß gegen Berlin zu ſteigern, der dann auch von der geſamten 
rechtsſtehenden bayeriſchen Preſſe intenſiv gefördert wurde, ſo 
daß für einen richtigen Bayern Berlin heute nicht viel mehr als 
ein verſeuchtes Judenneſt iſt, in dem antideutſche Politik 
            getrie=
ben wird. Der Kanzler hat ſich Mühe gegeben, dagegen 
            anzu=
gehen, aber die Zeit, die ihm dazu zur Verfügung ſtand, war zu 
kurz. Immerhin ſollte es möglich ſein, durch eine Ausſprache im 
Reichsrat jetzt alle Mißverſtändniſſe, die ſich ſeit Jahr und Tag 
aufgeſpeichert haben, wegzuräumen und damit den aktuellen 
Konflikt ſo zu verringern, daß der Reſt durch Erklärungen 
            bei=
gelegt werden kann. 
Große Freude an der Weimarer Verfaſſung beſteht wohl 
nirgends. Auch die Sozialdemokraten ſehen ein, daß der Bogen 
überſpannt iſt. Sie wagen es nicht mehr recht, die großen 
            ge=
ſchichtlichen Verdienſte, die ſie unmittelbar nach Weimar für 
Herrn Erzberger in Anſpruch nahmen, zu erwähnen, weil ihnen 
die Entwicklung zu ſchlagend Unrecht gegeben hat. Wenn dann 
die Bayern den Bogen nicht überſpannen, wenn der Einfluß der 
Mittelſtaaten ſich ſtark genug geltend macht, dann beſteht die 
            Hoff=
nung, daß auch bei dieſem Konflikt ſchließlich noch etwas Gutes 
herauskommt, nämlich eine Rückwärtsredigierung des 
            übertrie=
benen Unitarismus zum föderaliſtiſchen Bundesſtaat, der dem 
Reiche gibt, was des Reiches iſt, aber doch auch den einzelnen 
Staaten Licht und Luft gewg läßt, damit ſie ſich der Pflege 
ihrer kulturellen Eigenheiten hingeben können. 
* 
* Wie ſchon ſo oft in der Geſchichte har ſich wieder einmal 
aus unbedeutendem Anlaß ſchwerſter Konflikt herausgebildet, 
ein Konflikt, der heute das Gefüge des Deutſchen Reiches in allen 
Fugen erzittern läßt. Am geſtrigen Vormittag hat die 
            baye=
riſche Regierung die bayeriſchen Teile der 
Reichswehrverpflichtet, und faſt könnte es ſo ſcheinen, 
als ob damit der Konflikt ſo weit getrieben ſei, daß die Löſung 
kaum noch denkbar erſcheint. „Auf Grund des vorgeleſenen 
            Auf=
rufs der bayeriſchen Staatsregierung”, ſo lautet die Formel, 
auf welche die bayeriſchen Truppen verpflichtet wurden, „bekenne 
ich, daß ich von der bayeriſchen Staatsregierung 
als der Treuhänderin des deutſchen Volkes bis 
zur Wiederherſtellung des Einverſtändniſſes zwiſchen Berlin und
 offen läßt, ſo muß doch geſagt werden, daß die eingeleitete 
            Ver=
ſtändigungsaktion der ſüdweſtdeutſchen Staaten dadurch 
            einiger=
maßen erſchwert iſt. Klar ausgeſprochen aber muß werden, daß 
die Verſtändigung zwiſchen Berlin und dem Reich 
            un=
bedingte Notwendigkeit iſt, Lebensnotwendigkeit für
 D 
Seite 2. 
das Reich, Lebensnotwendigkeit aber auch für Bahern. Nichts 
wäre gefährlicher, nichts verhängnisvoller, als wenn die 
            natür=
licherweiſe auf beiden Seiten vorhandenen Verſtinmnungen dieſe 
Erkenntnis bei den führenden Perſönlichkeiten in Berlin und 
München nicht zur vollen Auswirkung kommen laſſen würden. 
Nicht um einen Konflikt zweier fremder Staaten handelt es ſich, 
ſondern Deutſche leben ſowohl nördlich wie füdlich des 
Mains. Der Feind aber ſteht jenſeits des Rheins! Tröſtlich 
iſt es unter dieſen Umſtänden gewiß, daß der bayeriſche 
            Miniſter=
präſident Dr. v. Knilling bei einer Rede, die er am Sonntag 
abend bei einer Feier im Deutſchen Muſeum zu München hielt, 
die Reichstreue Bayerns ſtark betonte und mit den Worten ſchloß, 
daß ſein Denken und Handeln getragen ſei von dem Grundſatz: 
„Das Reich muß uns doch bleiben.” Wir wollen 
            hof=
fen, daß man in München aus dieſer grundſätzlichen Einſtellung 
nunmehr auch die Konſequenzen zieht, und daß man auch dort 
ſich bemüht, die Dinge ſo zu ſehen, wie ſie wirklich ſind. Dann 
wird auch eine ſchnelle Verſtändigung durchaus im Bereich der 
Möglichkeit liegen, insbeſondere wenn man berückſichtigt, daß der 
Reichskanzler ja bereits in ſeiner letzten programmatiſchen 
Reichstagsrede den Weg gewieſen hat, der ein für allemal die 
Schwierigkeiten beſeitigt, welche die Weimarer Verfaſſung im 
Verhältnis zwiſchen Reich und Ländern geſchaffen hat. Nicht 
darum kann es ſich jetzt handeln, daß man um einzelne Rechte 
kämpft, ſondern darum, daß ſofort die fürchterlichen Gefahren 
beſeitigt werden, die dem Beſtand des Deutſchen Reiches 
            nun=
mehr auch von innen erwachſen.
rimſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.
Vom Tage.
 England und der Separatiſtenputſch. 
* London, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Die Zeitungen des 
Lord Rothermere hüllen ſich heute über den Putſch der 
            rheini=
ſchen Separatiſten in Schweigen. Evening Standard, der jetzt 
unter der Kontrolle des Lord Beaoverbrock ſteht, ſchreibt in einer 
Leitartikelnotiz, es ſei zweifellos, daß der Staatsftreich im 
            Ein=
vernehmen mit dem General Degoutte vorgenommen wurde und 
in gewiſſer Beziehung zu den Verhandlungen zwiſchen Degoutte 
und Stinnes ſtehe. In hieſigen politiſchen Kreiſen wird in 
            zu=
nehmendem Maße die Forderung laut, daß Baldwin die 
            Stel=
lungnahme Großbritanniens durch eine unzweideutige Erklärung 
bekannt gbe. In Kreiſen, die dem Premierminiſter naheſtehen, 
erwartet man jedoch, daß Baldwin auch bei ſeiner nächſten 
            gro=
ßen öffentlichen Rede bei der Konferenz der Unitariſchem Partei 
in Plymouth, die in dieſer Woche ſtattfindet, keine neue Politik 
Großbritanniens ankündigen werde. Die eingeweihten politiſchen 
Beobachter ſind hier der Anſicht, daß Baldwin mit ſeinen 
            Er=
klärungen warten werde, bis das Barlament wieder 
            zuſammen=
getreten iſt, es ſei denn, daß er durch die Ereigniſſe gezwungen 
ſverde, ſich früher zu erklären. 
* 
* Paris 23. Okt. (Priv.=Tel.) Ueber die neueſten 
            Fort=
ſchritte der Abfallbewegung im beſetzten Gebiet liegen zurzeit 
nur knappe Meldungen vor. Einen Zweifel über den Erfolg des
 daß ſich Matthes an die Spitze der Bewegung in der belgiſchen 
Zone geſtellt hat, da man den Kaufmann Deckers, deſſen Name 
man geſtern zum erſten Male vernahm, nicht für einen geſchickten 
und großzügigen Ausgang des Unternehmens geeignet hält 
Was die näheren Umſtände des Handſtreiches in Aachen 
            anbe=
langt, ſo hat die ſofortige Entwaffnung der Aachener 
            Polizei=
truppen hier gewiſſes Aufſehen erregt und man möchte darin 
Anzeichen für eine beſtimmte Taktik der Berliner Regierung 
            er=
blicken. Es wird befürchtet, daß dieſer, infolge der plötzlichen 
Erkenntnis der überaus kritiſchen Lage im Rheinland, durch das 
Zugeſtändnis einer autonomen Verfaſſung die ſeparatiſtiſche 
Bewegung im letzten Augenblick einzudämmen verſucht. In 
            die=
ſem Zuſammenhang wird die von der deutſchen Regierung heute 
in Koln veranſtaltete Zuſammenkunft der hauptſächlichſten 
            Ver=
treter der Bewegung viel erörtert, und an der Perſönlichkeit des 
Zentrumsführers Dr. Adenauers, den man als das Werkzeug 
Berlins bezeichnet, werden zahlreiche Ausſetzungen gemacht. 
Deckers Verhandlungen mit den Belgiern. 
Paris, 22. Okt. Ueber die Vorgeſchichte des Putſches 
            er=
klärte der Führer der Separatiſten Deckers franzöſiſchen 
            Preſſe=
vertretern, daß er am Sonnabend den Adjutanten des belgiſchen 
Generals benachrichtigt habe, daß die Separatiſten zur direkten 
Aktion ſchreiten werden. Er hat dem General die Neutralität der 
Separatiſten verſichert. Er habe auch am Sonnabend eine 
            Zu=
ſammenkunft mit einem Delegierten der Interalliierten 
            Rhein=
landkommiſſion gehabt. Deckers erklärte, die Bewegung wolle 
ein freies, neutrales Rheinland ſchaffen. Die ganze Aktion ginge 
darauf hinaus, die Freundſchaft der Völker des Weſtens zu 
            er=
neuern. Die Rheiniſche Republik werde den Verſailler Vertrag 
anerkennen und ſei bereit, ihren Anteil an den Reparationen zu 
zahlen. Als Hauptſtadt des neuen Rheinlandes gibt Deckers 
Koblenz an. 
* Vom Hamburger Theater. 
Deutſches Schauſpielhaus: „Ein Wintermärchen”. 
Es iſt in dieſen ſchweren Tagen nicht leicht, uns von der 
Erde zu heben und ſchweben zu laſſen über irdiſche Not und 
            Be=
drängnis hinaus. Es geſchieht darum nicht oft, daß heute ein 
Gang zum Theater uns ein Oſterſpäziergang wird, daß uns die 
Aufführung eines Kunſtwerkes hinwegtvägt über die Bitterniſſe 
des Alltags. Die meiſten der aufgeführten und aufzuführenden 
Werke ſind an ſich ſchon zu erdenſchwer, um unſere ſeeliſche 
            Be=
laſtung aufheben zu können, und die künſtleriſchen Möglichbeiten, 
die heute das Theater gibt, ſind allzu begrenzt, eingeengt von 
den Forderungen des Tages und von irdiſchen Notwendigkeiten, 
die der Kunſt entgegenſtehen. 
Um ſo dankbarer ſoll es begrüßt ſein, wenn die Leitung des 
Deutſchen Schauſpielhauſes in Hambung den Verſuch 
            unternom=
men hat, unſere Seele fliegen zu lehren und uns dem Alltag zu 
entrücken. 
Der Verſuch iſt geglückt mit der Aufführung des nicht allzu 
oft geſpielten „Wintermärchens” von Shakeſpeare. Es iſt 
            bezeich=
nend, daß eigentlich erſt die letzte Generation eine richtige 
            Ein=
ſtellung zu dieſem Werke des großen engliſchen Genius 
            gewon=
nen hat. Erſt die letzten Jahrzehnte haben es begriffen, daß 
dieſes „Wintermärchen für den Winterabend” die geniale 
            Aus=
atmung ſchweifender künſtleriſcher Phantaſie iſt, der die blaſſe 
Wirklichkeit ebenſo gleichgültig bleibt wie die Wahrſcheinlichkeit 
ſeines Geſchehens. Man muß lächeln, wenn man bedenkt, daß 
der gründliche Deutſche von einſt Anſtoß genommen hat an den 
geographiſchen „Irrtümern” des Meiſters, und daß die Forſchung 
bemüht wurde, um zu erklären, daß bei Shakeſpeare Böhmen 
ein Küſtenland des Mittelländiſchen Meeres iſt. Da ſoll 
            Otto=
kar II. von Böhmen einſt durch Erbſchaft ſein Reich bis an das 
Adriatiſche Meer ausgedehnt und gerade dieſe Zeit der größten 
Ausdehnung böhmiſcher Macht ſoll der Dichter für ſein Märchen 
gewählt haben!! 
Unnützer Aufwand forſchenden Fleißes! Ein Märchen kennt 
nicht Raum noch Zeit, ein Märchen ſchwebt in Raum und Zeit, 
wir wollen es nicht zerpflücken, wir wollen es nicht auf ſeine 
Wahrſcheinlichkeit unterſuchen. Wir wollen es tief in uns 
            ein=
atmend genießen. Denn wahrlich, wenn ihr nicht ſeid wie die 
Kinder, werdet ihr nie in das Himmelreich des Märchens 
            ge=
langen! 
Der Spielleiter des Deutſchen Schauſpielhauſes Otto 
            Wer=
ther hat ſich mit dem Maler Hanns Gröninger und dem 
Geſtalter des Bühnenbildes Thomaſſow glückhaft 
            verbun=
den, um dieſem Märchencharakter des wunderſchönen Werkes 
gereiht zu werden. Der ſchwere Einſt ſeines erſten Teiles, „des
 Die Demokratiſche Fraktion des Bayeriſchen Landtags hat beim 
Stagtsminiſterium Proteſt dagegen erhoben, daß durch das 
            verfaſſungs=
widrige Vorgehen in Bahern die deutſche Einheit gefährdet wird, und 
hat Heim Landtagspräſidenten die ſofortige Einberufung des Landtags 
heantragt. 
Reichstagsabgeordneter Graf Kanitz wurde zum Reichsminiſter fü 
Ernährung und Landwirtſchaft ernannt. Er iſt aus der 
            Deutſchnatio=
nalen Volksparkei ausgetreten. 
Da täglich von Sachſen auffallend viele Leute ohne Ausweiſe die 
Grenze überſchreiten, wurde von tſchechiſcher Seite die Bewachung der 
Grenze verſchärft, um Grenzzwiſchenfälle zu vermeiden. 
Die franzöſiſchen Meldungen über einen Separatiſtenputſch in Groß= 
Gerau haben ſich als unrichtig herausgeſtellt. 
Der Deutſche Buckdruckerverein teilt mit: Durch die Verbindlich 
keitserklärung des Schiedsſpruchs für das deutſche Buchdruckergewerbe 
vom 18. Oktober und die eingetretene weitere Verteuerung aller 
            Mate=
rialien iſt die Schlüſſelzahlfürdasdeutſche 
            Buchdrucker=
gewerbe rückwirkend ab 20. Oktober auf 300 Millionen feſtgeſetzt. 
Die Schlüſſelzahl für den deurſchen Buchhandel beträgt ab B. 
            Ok=
tober 10 Milliarden. 
Der Verein deutſcher Zeitungsverleger hat die Schlüſſelzahl für 
            An=
zeigen mit Wirkung vom 23. Oktober auf 12 Millionen feſtgeſetzt. 
Nach einer Havasmeldung lag geſtern vormittag der 
            Reparations=
kommiſſion, entgegen ihrer Erwartung, die deutſche Denkſchrift über die 
techniſchen belgiſchen Studien, mit denen ſich der Finanzdienſt der 
            Repa=
rationskommiſſion beſchäftigte, noch nicht vor. 
Aus Mailand wird gemeldet, daß die italieniſche Regierung nach 
der Demarche des deutſchen Botſchafters in Rom eine abwartende 
            Hal=
tung einzunehmen gedenkt. 
Präſident Maſarhk iſt vorgeſtern in London eingetroffen und wurde 
geſtern mit Beneſch vom König im Buckingham=Palaſt empfangen.
Dollarkurs
 Berlin . . 40 100 000 000 
Frankfurt 56 140 750 000
 Die Lage in Bohern. 
* München, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Die Lage wird auch in 
baheriſchen Regierungskreiſen unter dem Eindruck der aus 
            Ber=
lin kommenden Nachrichten als leicht entſpannt bezeichnet. Das 
Eingreifen des Reichskanzlers zur Beilegung des Konflikts iſt 
auch in München ſympathiſch aufgenomen worden. Bayern 
wird ſelbſtverſtändlich an einer Ausſprache im Reichsrat durch 
ſeinen Berliner Geſandten teilnehmen. Man muß ſich aber 
            dar=
über klar ſein, daß der Reichsrat nicht als Schiedsgericht wirken 
kann, da dieſes doch gewiſſe Bedenken aufkommen laſſen müßte 
Die Verpflichtsformel für die bayeriſchen Truppen, die in Berlin 
offenbar Anlaß zu einer günſtigen Beurteilung der Lage gegeben 
hat, iſt, wie man betont, abſichtlich gewählt worden, um eine 
unnötige Schärfe zu vermeiden, ohne ſachlich dem bayeriſchen 
Standpunkt Abbruch zu tun. So hat man es in Bayern von 
allem Anfang an gehalten, und ſo wird es auch weiter gehalten 
werden. Man darf ſich aber keiner Täuſchung darüber hingeben, 
daß ein ſolcher Kurs mit Schwäche nicht das geringſte zu tun 
hat. Ein Nachgeben in einer Weiſe, die die Ehre Bayerns und 
ſeiner ſtaatlichen Lebensnotwendigkeiten irgendwie berührt, 
kommt keineswegs in Frage. Auch die bisher vorliegenden 
            baye=
riſchen Preſſeſtimmen ſind auf dieſen Grundton geſtimmt. Das 
Regierungsprogramm hebt beſonders hervor, daß die 
            verantwort=
lichen Kreiſe Bayerns nicht daran denken, Bayern vom Reich 
zu trennen und zu löſen. Der Reichsgedanke wurzelt nirgends 
ſo feſt als in Bayern. 
Erklärungen des baheriſchen Miniſterpräſidenten. 
München, 22. Okt. (Wolff.) Miniſterpräſident v. 
            Knil=
ling empfing heute vormittag die Vertreter der Münchener und 
auswärtigen Preſſe, um ihnen über den Beginn und die 
            Ent=
wickelung des Konflikts zwiſchen Bayern und dem Reich und 
die Stellungnahme der bayeriſchen Regierung Auskunft zu 
geben. Der Miniſterpräſident betonte dabei wiederholt das 
korrekte und loyale Verhalten Loſſows bei der 
ganzen Angelegenheit. Von der Dienſtentlaſſung Loſſows habe 
er erſt am Samstag, 4½ Uhr nachmittags, amtliche Mitteilung 
erhalten. Die übereinſtimmende Auffaſſung ſei, daß man dieſe 
Maßnahme in Bayern unmöglich hinnehmen könne. Ein 
Fallenlaſſen Loſſows wäre eine glatte Kapitulation für 
die bayeriſche Regierung geweſen. Der Miniſterpräſident 
wandte ſich ſcharf gegen die Auffaſſung, als ob das 
Handeln der baheriſchen Regierung den Auftakt zur 
            Los=
löſung vom Reiche bedeute. Der Reichsgedanke werde in 
der Regierung jederzeit hochgehalten. Deshalb ſei ſie aber auch 
gezwungen, ſich gegen die Angriffe zu wehren, die für das 
            Ver=
bleiben Bayerns in der Reichsgemeinſchaft nicht gedeihlich 
wären. Die weitere Entwickelung der Angelegenheit hänge nun 
von dem Verhalten der Reichsregierung ab. 
traurig’ Märchens, das für den Winter paßt”, wurde ſcharf und 
klar als eine düſtere Ouvertüre dem heiteren Frühlingsgeiſt 
            vor=
angeſetzt, den der zweite Teil umduftet. Beide Teile verbinden 
ein das Auge entzückendes Bild, das die „Zeit als Chorus” auf 
weitausgebreiteten bunten Schwingen, die ſich über die ganze 
Bühne hindehnten, zeigte. 
Olla Bauer als Zeit war der freiſchaltende, heitere Geiſt, 
der die 16 Jahre zwiſchen dem Wintermärchen und dem 
            Früh=
lingstraum leicht überſprang. Wer möchte mit ihr nicht ſagen 
und tun: 
„Ich, die ich alles prüfe, Gut’ und Böſe, 
Erfreu” und ſchrecke, Irrtum ſchaff” und löſe, 
Ich übernehm’ es unter Namen Zeit, 
Die Schwingen zu entfalten. Drum verzeiht 
Mir und dem ſchnellen Flug! — — 
Führer und tragender Geſtalter des raſenden 
            Eiferſuchts=
dramas der erſten drei Akte war der Leontes Ernſt 
            Satt=
lers, der othelliſch bis zum Wahnſinn mit ſich ringt und alle 
Skalen leidenſchaftlicher Erregtheit und eiferſüchtiger 
            Ueberſpan=
nung ſpielen läßt. Ihm gegenüber die ganz aus ſich heraus 
atende Erika Beilke als die zu unrecht beſchuldigte 
            Her=
mione, keuſch, faſt kindlich und doch voll unendlicher Hoheit, die 
„die Sprache”, die ihr Gatte ſpricht, „nicht verſteht” und der „das 
Leben kein Geſchenk mehr iſt”, da „Kron' und Luſt des Lebens” 
des Gatten Liebe tot! Sie iſt eine Meiſterin der Sprache und 
der Töne und gab dem Werk in ſeinen Momenden der 
            Todes=
drohung jenen einfachen Sinn und Klang, den nur Shakeſpeare 
kennt. Das geſättigte reife Können Käte Wittenbergs ſchuf 
aus der erſt zum Schluſſe ſich führend durchringenden Paulina 
ein kraftvolles, ihres Wollens ſicheres Weib, das alles bis zum 
guten Ende bringt, während ſie ſelbſt voll unendlicher 
            Melan=
cholie den Schlußſatz der Dichtung ſpricht: 
— — Geht miteinander, 
Ihr ſeligen Gewinner; nur Entzücken 
Sprecht alle jetzt. — Ich alte Turteltaube 
Schwing’ mich auf einen dürren Aſt und weine 
Um meinen Gatten, der nie wiederkommt, 
Bis ich geſtorben bin.” 
Dieſer ſtille, ſchwermütige Ausklang des winterlichen 
            Mär=
chens bleibt gegenüber dem allzu publikumsgefälligen Schluſſe 
Shakeſpeares, der der einſamen Paulina noch einen Gatten 
            ver=
heißt, um ſie nicht ganz von der Freude der anderen 
            auszuſchlie=
ßen, durchaus gerechtfertigt. 
Die Rolle des Königs von Böhmen laa in den Händen Karl 
Wagners ,der leider alles andere als ein König iſt, und bas 
andere in unſerem Sinne auch nicht bewältigt. Die ſtrahlende 
Jugend von Friedrich Siems und Hildegard Warſitz be=
Die Auffaſſung der Lage in Berlin.
 * Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) In Kreiſen, die 
Regierung naheſtehen, ſieht man die Lage hinſichtlich Be 
auch heute noch als etwas entſpannter an und hofft, daß e 
Reichsrat möglich ſein wird, das Verhältnis zwiſchen dem 
und Bayern zu bereinigen. In Berlin iſt man anſcheinen 
Anſicht, daß zwiſchen dem Staatskommiſſar von Kahr und 
bayeriſchen Kabinett von Knilling doch gewiſſe Gegenſät 
ſtehen, und daß es dem bayeriſchen Kabinett von Knillit 
lingen wird, ſeine gemäßigtere Auffaſſung durchzudrücken. 
heute in Bayern ſtattgefundene Inpflichtnahme der baye= 
Truppen wird in Berlin nicht als Verſchärfung angeſehe 
ja dieſe Form den Dienſteid der bayeriſchen Regimenter 
über dem Reich nicht berührt. Privaten Informationen 
München zufolge iſt dort die Stimmung und Auffaſſung 
len beteiligten Kreiſen der Regierung durchaus einheitlich. 
warnt von München aus, daß Berlin die Stimmung in 2 
nicht mißverſtehen möge. Es iſt zu hoffen, daß insbeſond 
gelingen wird, die bayeriſche Frage aus der Welt zu ſcha
Verfaſſungsänderung?
 * Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Wie die Zeit m 
liegt die Möglichkeit einer Löſung des bayeriſchen Konfli 
der Richtung, daß im Reichsrat eine Verſtändigung über d 
weiterung der Rechte der Länder und namentlich Bayer 
zielt wird. Es iſt unſtreitig bemerkt das Blatt, daß die Wei 
Verfaſſung den Gedanken der Reichseinheit auf Koſten 
Gliedſtaaten überſpannt und damit den eigentlichen Gru 
dem Konflikt gelegt hat, der nunmehr zum Ausbruch 
            gek=
iſt. Wenn hier die helfende und mildernde Hand angelegt 
ſollte es möglich ſein, nicht nur dieſen Streitfall, ſonderr 
die Veranlaſſung zu ähnlichen Fällen von Grund aus zu 
tigen und ein Verhältnis zwiſchen den Ländern und dem 
herzuſtellen, wie es im Intereſſe des Ganzen unumgänglick 
wendig iſt. 
Der neue Etat. 
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Das neue Kabinett 
den letzten Tagen durch die inneren Konflikte zeitlich ſo 
ſprucht worden, daß es leider nicht dazu gekommen iſt, die 
fach drängenden Reformen, die ihm obliegen, weiter ausz 
ren. Immerhin hat das Finanzminiſterium ſeine Vorarl 
weiter gefördert und macht jetzt den ernſthaften Verſuch 
neuen Etat auf Goldmark aufzuſtellen. Der F 
miniſter glaubt ſogar, daß es ihm möglich ſein wird, in d 
Voranſchlag Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht zu 
gen. Dazu iſt aber ſelbſtverſtändlich Ausſicht, nur vorha 
wenn er mit Schärfe und Rückſichtsloſigkeit die Ausgaben z 
menſtreicht auf allen Gebieten. Die perſönlichen wie die 
lichen Ausgaben müſſen auf das Mindeſtmaß eingeſchränkt 
den. Die nächſte Aufgabe dazu iſt der Abbau des Beamten 
rats. Der Referentenentwurf dazu iſt fertig. Die Regi 
rechnet damit, daß ſie die entſprechende Verordnumg in we 
Tagen herausgeben kann. Hand in Hand damit muß auch 
völlige Umandkung des finanziellen Verhältniſſes zm 
Reich, Ländern und Gemeinden erfolgen. Gegenwärtig b 
der troſtloſe Zuſtand, daß ſie keine eigenen Steuerquellen 
und faſt ganz auf Koſten des Reiches leben, infolgedeſſen 
auch gar keinen Anreiz zur Sparſamkeit ſehen und aus dem 
len wirtſchaften. Sie müſſen deshalb finanziell wieder auf e 
Füße geſtellt werden, damit die Sparſamkeit, die nun einmal 
wendig iſt, ſich zu ihrem eigenen Vorteil auswirkt. Das iſt 
nur möglich, wenn mit dem ganzen Wuſt von faſt über 40 
ern, die gegenwärtig vollkommen ziellos neben= und durche 
der erhoben werden, die zudem bei der Geldentwertung 
größten Teil nicht einmal die Erhebungskoſten einbringen, 
geräumt wird und an ihre Stelle wenige überſichtliche, abe 
tragsreiche Steuern treten. Auch in dieſer Richtung machet 
Arbeiten des Finanzminiſteriums Fortſchritte, 
Das Sparprogramm der Reichsbahn 
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Um den Betriek 
Reichsbahm wirtſchaftlich zu geſtalten, beabſichtigt der Reich 
kehrsminiſter Oeſer folgende einſchneidende Maßnah 
Schlecht beſetzte Schnell=, Eil= und Perſonenzüge müſſem 
fallen. Die beſchleunigten Perſonenzüge, denen bei der 
ſchaftlichen Notlage weiter Volkskreiſe in Zukunft erhöhte 
deutung zukommt, werden möglichſt beizubehalten ſein. Der 
plan ſoll mehr als bisher den verſchieden geſtalteten Bedürfn 
angepaßt werden. Ferner ſoll eine Herabſetzung der 
geſchwindigkeit, wenn hierdurch lebenswichtige Intereſſen 
geſchädigt, aber Erſparniſſe an Zugsbeförderungskoſten er 
werden können, erfolgen. Die Einſchränkung der Zahl der 
enthalte ſoll erhebliche Koſten im Kohlenverbrauch erſpe 
Die Vorarbeiten für dieſe Betriebsumſtellungen ſind im Ga 
herrſchte als Frorizel und Perdita die fröhliche Frühlingst 
des alten Schäfers. Wer hätte nicht Luſt verſpürt, ſich im ſel 
Sonnenlicht ſorgenlos auf dieſer weichen Wieſe zu kugeln? 
rechten Auftakt für dieſe friſche Frühlingsluſt gab der ſingend 
die Wieſe ſpringende Autolyeus von Julius Kobler. Er 
namentlich zu Anfang, den Spitzbuben in ſcharfer Chara 
ſierung und mit jener unbekümmerten Fröhlichkeit, die mitt 
Ludwig Brahm als Schäfer und Fritz Wagner als ſein 
Berliner Waßmann kopierender Sohn bewegten ſich ſpäter 
ihm auf jener Grenze breit walender Grodeske, die wohl 
Haufen zum Lachen reizt, aber etwas zu grell wirkt, um 
gerechtfertigt zu erſcheinen. Gerade die heiteren Szenen in 
Süße und in ihrem Duft müſſen „fliegen”, allzu ſtark bet 
und gedehnte Rüpelſzenen hemen dieſen Flug. 
Nehmt alles nur in allem: das Deutſche Schauſpiell 
unter ſeinem ſchaffenden Intendanten Dr. Paul Eger tat 
gute Tat, die Aufführung des „Winterwärchens” war Wol 
und — Kunſt! 
Haller Halberg, Hambul
 Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben. 
— Gehalt und Bedeutung der deutſchen geiſt 
wiſſenſchaftlichen Forſchung und die Stärke der gegen 
tigen philoſophiſchen Bewegung in Deutſchland werden in einer 
erſchienenen Veröffentlichung hell beleuchtet. Die „Literariſchen Bei 
der Deutſchen Philoſophiſchen Geſellſchaft”, eine nun auch in ſelbſtän 
Form erſcheinende fachliche Literatur=Zeitung (Verlag Kurt Ste= 
Erfurt) ſtellen philoſophiſche Neuerſcheinungen der letzten Jahre 
Stoffgebieten überſichtlich geordnet — zuſammen. Die Liſte umfaßl 
weniger als 565 Nummern. Ohne jeden beſonderen Begleittext 
dieſer Bericht in nüchternſter Sachlichkeit und darum äußerſt eindr 
voll davon, wie unſer Volk trotz der ſchwerſten äußeren Belaſtung 
Berufe treu geblieben iſt, alles und jedes (ſei es ſein religiöſes Er 
oder ſeine wiſſenſchaftlichen Bemühungen, ſeine Ethik oder ſeine Tei 
ſeine Sozialgeſtaltungen oder ſein Kunſtſchaffen) vor dem Geiſte zu 
fertigen oder um ſolche Rechtfertigung wenigſtens mit Einſatz ſeiner b 
Kräfte zu ringen. Dieſes Zeugnis, von den unzerſtörbaren geiſt 
Energien der deutſchen Forſchung wird nicht überſehen werden kön 
Und der Umſtand, daß die geiſtige Anteilnahme und Aufnahmefähil 
ſowie die Opferwilligkeit breiter Schichten des deutſchen Volkes ein 
erſtaunlich hohe Anzahl derartiger Neuerſcheinungen zu tragen vermo 
iſt für die Einſchätzung unſerer gegenwärkigen Lage hochbedeut 
Ueberall wo über die deutſche Kultur ein Geſamturteil gefällt 
            we=
ſoll, wird dieſe durch die genannte Veröffentlichung nun ſo de Uich 
legte Tatſache voll ins Gewicht fallen. 
Als Tage der nächſten Hauptverſammlung gibt die Deutſche P 
ſophiſche Geſellſchaft in den gleichzeitig erſchienenen „Mitteilungen” 
22./23. April (Weimar) bekannt. In einer AZ= die 200. 
derkehr des Geburtstages Kants gefeiert t nfte durch 
geſchäftsführenden Vorſitzenden Dr. Arthur KEnnd Fi Fuchstn 
weg 18.)
 Un 
Mie 
en
Uihn
[ ← ][ ][ → ]Nummer 293.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.
Seite 3.
Einmarſch der Reichswehr in Sachſen.
 Blutiger Zuſammenſtoß in Meißen. 
Mehrere Verletzte. 
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Ueber den 
            Trup=
neinmarſch im Freiſtaat Sachſen erfahren wir 
ſtänden beſtimmten Truppen haben ſich planmäßig und ohne 
ls Felſch im Raume Königsbrück-Biſchofswerda—
            Dres=
ume Leipzig—Eilenburg und unter Führung des Oberſten und Sozialdemokraten gebildete Kommiſſion ſich mit der Frage 
öhrenbach um Hof verſammelt. Bei den Truppen um 
der haben die Truppen den Vormarſch angetreten. Sie 
            wer=
n in dieſen Tagen die Gegend Lohmen-Dresden—Meißen— 
urzen und Oelsnitz-Plauen erreichen. 
Auf Kavallerie, die in Meißen einrückte, wurde 
ſchofſen. Die Truppen erwiderten das Feuer. 
gab mehrere Verletzte. Der Kommuniſtenführer 
ucke wurde verhaftet. 
* 
Am 23. Oktober, 10.30 Uhr vormittags, wird der 
            Oberbe=
lshaber, Generalleutnant Müller, die in dieſen 
gen durch Dresden marſchierenden Truppen am Neuſtädter 
thaus an ſich vorbeiziehen laſſen. 
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Zu den bereits kurz 
meldeten Zuſammenſtößen zwiſchen der Reichswehr und den 
monſtranten in Meißen wird noch berichtet: Bei dem 
            Cin=
rſch von Teilen des Reiterregiments Nr. 12 in Groſſenheim 
Meißen kam es am 22. Oktober vormittags zu 
            Zuſammen=
ßen zwiſchen demonſtrierenden Erwerbsloſen und 
            Kommu=
ſten aus Meißen und Umgebung. Beim Zerſtreuen der 
            Demon=
anten fielen aus einem Haus auf die Reichswehr Schüſſe. 
eſe erwiderte das Feuer auf das Haus und ſäuberte, die 
raßen der Stadt. Acht Perſonen wurden verhaftet, darunter 
Kommuniſtenführer Ruppe. Waffen wurden nicht gefunden. 
ne Schwadron mußte gegen die die Stadt füllenden 
            Lemon=
mten anreiten, um die Verbindung zwiſchen der am 
            Bahn=
haltenden Schwadron, die von den Demonſtranten bedrängt 
irde, zu erzwingen. Dadurch wurden mehrere Ziviliſten durch 
ebe mit der Waffe leicht verletzt. 
Tendenziöſe Berichterſtattung. 
* Dresden, 22. Okt (Priv.=Tel.) Ehe die Meldung über 
Zuſammenſtöße der Reichswehr mit demonſtrierenden 
            Er=
rbsloſen und Kommuniſten in Meißen bekannt wurde, 
            ver=
hte die offizielle Nachrichtenſtelle der ſächſiſchen Negierung 
            di=
entliche Meinung gegen die Reichswehr einzunehmen. Mit 
inenswerter Schnelligkeit wurde der Vorfall ſo dargeſtellt, als 
die Reichswehr ohne jede Veranlaffung auf friedliche 
            Demon=
inten geſchoſſen hätte. Ohne offen gegen die Reichswehr zu 
en, war gerade dieſe Darſtellung um ſo gefährlicher, als ſich 
öffentliche Meinung auch anderer Kreiſe unter dieſen 
            Um=
aden hätte gegen die Reichswehr wenden müſſen. Es dürfte 
jebracht ſein, eine ſo tendenziöſe Berichterſtattung zu 
            ver=
dern. Im übrigen atmeten allgemein auch die weiteren 
            Ar=
terklaſſen erleichtert auf, denn man hat jetzt das unbedingte 
fühl der Sicherheit, vor allen in ernſten Arbeiterkreiſen, die 
her unter dem Terror der Jugendlichen zu leiden hatten, und 
Wiederkehr von Ruhe und Ordnung aufs freudigſte begrüß= 
Es iſt mit Sicherheit anzunehmen, daß in Kürze auch das 
etſchaftsleben wieder ſeinen geregelten Gang nehmen wird, 
daß Sachſen endlich wieder zu dem Rufe kommt, den es vor 
Krieg in der Wirtſchaftswelt hatte. 
Dachſens Miniſterpräſident gegen den 
            Ein=
marſch der Reichswehr. 
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Wie die ſozialiſtiſche 
ſſe mitteilt, wird die ſächſiſche Regierung morgen früh wegen 
Einmarſches der Reichswehrtruppen einen Aufruf an die 
hölkerung erlaſſen. Sie wird dabei betonen, daß ſie die 
            Maß=
men des Reiches politiſch für höchſt bedauerlich hält, und 
            er=
en, daß ſie ſich an Recht und Verfaſſung halten wird. Auch 
Bekenntnis zur Einheit des Reiches ſoll in dem Aufruf 
en. Ferner ſoll die Bevölkerung zur Ruhe und Ordnung 
jahnt werden. In der ſozialiſtiſchen Preſſe wird beſonders 
or gewarnt, ohne beſonderen Aufruf in einen Generalſtreik 
treten.
 Generalſtreifdrohung in Sachſen. 
* Chemnitz, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Die von den beiden 
kommuniſtiſchen Miniſtern Heckert und Böttcher und von 
dem ſozialdemokratiſchen Arbeitsminiſter Graupe einberufene 
Verſammlung der Betriebsräte, der Kontrollausſchüſſe und 
gendes: Die zur Wiederherſtellung von verfaſſungsmäßigen Konſumpereine Sachſens fanden am Sonntag vormittag ſtatt. 
Die genannten Miniſter referierten über die Wirtſchaftspolitik. 
en Zwiſchenfall am 21. Oktober unter Führung des Gene= Miniſter Heckert wandte ſich ſcharf gegen den General Müller, 
den Reichspräſidenten und den Reichskanzler. Arbeitsminiſter 
Graupe forderte den Austritt der S.P.D. aus der großen 
            Kog=
n, unter Führung des Generals von Ledebour im lition. Entſprechend einem Antrag ſoll eine aus Kommuniſten 
des Generalſtreiks beſchäftigen. Von verſchiedenen 
            Sei=
ten wurde betont, daß eine Aktion gegen Sachſen mit dem 
            ſofor=
f handelt es ſich um württembergiſche Berbände. Am 22. Ok= tigen Generalſtreik beantwortet werden ſolle, ſelbſt wenn, die zur Frage des Beamtenabbaus vorläufig noch jeder endgültigen 
Organiſationen dagegen ſein ſollten. 
PlötzlichesAbrücken der LandespolizeiausGera 
TU. Gera, 22. Okt. Am geſtrigen Sonntag rückte faſt die 
geſamte Landespolizei, die hier ſtationiert iſt, mit Laſtkraftwagen 
und Bagage aus. Das Reiſeziel iſt unbekannt und wird auf 
Veranlaſſung des Miniſteriums in Weimar geheim gehalten. 
Die blaue Polizei hat den Dienſt allein zu verſehen. Sie iſt 
deskalb verſtärkt worden. 
Auch in Weimar ſelbſt iſt der geſamte Dienſt der blauen 
Polizei übertragen worden. 
Thüringen ergreift Sicherheitsmaßnahmen 
gegen Bayern. 
* Jena, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Das thüringiſche 
            Mini=
ſterium des Innern teilt folgendes mit: Das Land Thüringen 
hat angeſichts der geſpannten politiſchen Lage in Bayern, als 
angrenzender Staat und Brücke zwiſchen Süd= und 
            Norddeutſch=
land beſondere Aufgaben für die Sicherheit des Reiches zu 
löſen. In Erfüllung dieſer Aufgabe wird, ſolange der Konflikt 
zwiſchen Bahern und dem Reich nicht erledigt iſt, eine beſondere 
polizeiliche Sicherung der thüringiſchen Grenze durchgeführt 
            wer=
den. Dieſe Maßnahme iſt unverzüglich den zuſtändigen 
            Reichs=
ſtellen mitgeteilt worden. Sie dienen nur einer vorbeugenden 
Abmehr. 
Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß in dieſer aufregenden Zeit 
            Ge=
rüchte mancherlei Art ſich häufen und überſtürzen. Die 
            Bevöl=
kerung Thüringens wird erſucht, ſolchen aufregenden, meiſt 
            unbe=
gründeten Gerüchten, keinerlei Glauben zu ſchenken, ſondern nur 
den Nachrichten der amtlichen thüringiſchen und Reichsſtellen 
Vertrauen entgegenzubringen. Ganz beſonders muß davor 
            ge=
warnt werden, auf Grund irgendwelcher Nachrichten 
            Maß=
nahmen lokaler Art zu ergreifen. Mitteilungen über 
            irgend=
wie beunruhigende Handlungen ſind ſofort den ſtaatlichen 
            Stel=
len zuzuleiten, die ſofort für entſprechenden Schutz ſorgen 
            wer=
den. Der Verbreitung unwahrer Gerüchte muß auf Grund der 
Verordnung des Reichspräſidenten vom 28. September 1923 
            ent=
gegengetreten werden. Die Exekutive kann in dieſer ſchweren 
Zeit nur bei den geſetzlich berufenen Vertretern liegen. Gegen 
jeden Verſuch einzelner Bevölkerungskreiſe, durch 
            Hundertſchaf=
ten und Sturmtruppen polizeiliche Funktionen auszuüben, muß 
eingeſchritten werden. Insbeſondere wird die Bevölkerung 
            Süd=
thüringens vor ſolchen Verſuchen ernſtlich gewarnt. Sie wird 
aufgefordert, kaltes Blut und kühle Ueberlegung zu bewahren. 
Das Miniſterium des Innern wird es ſich im Einvernehmen 
mit den zuſtändigen Reichsſtellen angelegen ſein laſſen, die 
            Auf=
rechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit unter allen 
Umſtänden zu gewährleiſten. 
Kommuniſten in Schutzhaft. 
Erfurt, 22. Okt. (Wolff.) Auf Anordnung des 
            Mili=
tärbefehlshabers iſt in der Nacht zum 22. Oktober eine Anzahl 
führender Kommuniſten in Schutzhaft genommen 
worden. 
* 
Eiſenach, 22. Okt. (Wolff.) Der Militärbefehlshaber hat 
an den Oberbürgermeiſter Janſon in Eiſenach den dienſtlichen 
            Be=
fehl gerichtet, die ihm von der thüringiſchen Regierung 
            wider=
rechtlich entzogene Polizeigewalt zu übernehmen.
 Beamtenabbau und Arbeitszeitgeſetz. 
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Geſtern haben zwiſchen 
der Regierung und den Gewerkſchaften aller Nichtungen 
            Beſpre=
chungen über den geplanten Beamtenabbau und das 
            Arbeitszeit=
geſetz ſtattgefunden. Wie zu erwarten war, konnte der bei der 
Erörterung dieſer Probleme ſich ergebende Konflikt nicht in 
einer Sitzung erledigt werden, und ſo kam man überein, daß 
für die weitere Behandlung dieſer Theſen ein 
            Sachverſtändigen=
ausſchuß gebildet werden ſoll, in dem die Regierung und die 
Gewerkſchaften paritätiſch vertreten ſind. Bei den geſtrigen 
            Be=
ſprechungen konute feſtgeſtellt werden, daß ſeitens der 
            Beamten=
gewerkſchaften durchaus Verſtändnis für die troſtloſe finanzielle 
Lage des Reiches beſteht, und daß man auch in dieſen Kreiſen 
der Notwendigkeit einer Einſchränkung des Beamtenkörpers 
Verſtändnis entgegenbringt. Seitens der 
            Angeſtelltenvertretun=
gen wurde die Forderung erhoben, daß das Reich bei der 
            vor=
geſehenen Entlaſſung der angeſtellten Hilfskräfte möglichſt 
            ſcho=
nend vorgehen möge. Die Beamtenvertretungen enthielten ſich 
Stellungnahme. Es wurde ſchließlich der 
            Sachverſtändigenaus=
ſchuß gebildet, in dem die Beamtenſchaſt durch Geheimrat Krell 
und den Abgeordneten Steinkopf vertreten wird. Am Montag 
abend traten die Gewerkſchaften wiederum zuſamen, und nahmen 
den Bericht des Sachverſtändigenausſchuſſes über die erſten 
            ſach=
lichen Erörterungen entgegen. Am Dienstag wird eine weitere 
Gewerſchaftsberatung folgen, nachdem die einzelnen Verbände 
in ihren Haupwvorſtänden ſich über die bisherigen Beratungen 
ſchlüſſig geworden ſind. 
Badiſche Goldſchatzanweiſungen. 
Mannheim, 22. Okt. (Wolff.) Der Miniſter des Innern, 
Staatspräſident Nemmele, hat in der geſtrigen 
            Wahlkreis=
konferenz der Sozialdemokratiſchen Partei Mitteilung gemacht 
von dem Entſchluß der badiſchen Regierung, 
            Gold=
ſchatzanweiſungen herauszugeben. Zu dieſem Schritt 
ſehe ſich die badiſche Regierung genötigt, weil es durch den 
            Ver=
fall der Papiermark nicht möglich ſei, die Ernährung des Volkes 
ſicherzuſtellen. Der Landwirt könne, wenn er nicht offenen Auges 
dem totalen wirtſchaftlichen Ruin entgegengehen wolle, ſeine 
Produkte nicht in dem Umfange abſtoßen, wie das 
            volkswirt=
ſchaftlich notwendig ſei. Dadurch ſtehe aber die Ernährung des 
Volkes auf einer ganz unſicheren Baſis. Um die Ernte 
            herein=
zubringen, müſſe dem Landwirt ein wertbeſtändiges 
Geld gegeben werden, das ihn in die Lage verſetze, auch in 
ſpäterer Zeit ſeine Bedürfniſſe zu decken. Dieſem Zwecke ſolle 
ja auch die Reichsrentenbank dienen. Bis dieſe Mark jedoch im 
Verkehr ſei, drohe die Währungskataſtrophe die deutſche 
            Wirt=
ſchaft zu vernichten. Die Erfahrungen der letzten Tage 
            zwän=
gen zum ſchnellen Handeln. Die badiſche Regierung 
halte ſich für verpflichtet, zu handeln, ehe es zu ſpät ſei. Die 
Goldſchatzanweiſungen des Landes Baden würden in Stücken zu 
1, 2, 5 und 10 Dollar, gleich 4,20 Mark pro Dollar, ausgegeben. 
Die badiſche Staatsſchuldenverwaltung löſe die Scheine in 
            Gold=
währung zuzüglich 5 Prozent Zinſen, alſo den Schein zu 4,90 
Mark, vom 2. Mai 1927 ab ein. Für die durch die Ausgabe der 
Schatzſcheine dem Lande Baden entſtandene Schuld haftet das 
Land Baden mit ſeinem geſamten Vermögen. Die Schuld ſamt 
Zinſen werden aus dem Holzerlös des Landes in der am 
            Fällig=
keitstage geltenden Währung zurückgezahlt, wobei der 
            Dollar=
kurs zum Durchſchnitt der Mittelkurſe der amtlichen Berliner 
Notierung für Auszahlung Neu=York in der Zeit vom 15. März 
bis 15. April 1927 umgerechnet werde. Der Anſpruch auf 
            Nück=
zahlung erlöſche, wenn die Schatzſcheine nicht binnen 5 Jahren 
nach dem Fälligkeitstage zur Einlöſung vorgelegt würden. 
            So=
bald die Ernte geborgen ſein werde — die landwirtſchaftlichen 
Verbände würden um die feſte Uebernahme der Schatzſcheine 
            er=
ſucht werden — würden die Scheine auch in die Wirtſchaft 
            ge=
bracht werden, um ſie für den Kleinverkehr nutzbar zu machen. 
Auch Goldpfennigſcheine würden angefertigt werden. Die 
            Er=
wägungen hierüber ſeien noch nicht abgeſchloſſen. 
Der Küſiriner Putſchprozeß. 
Kottbus, 22. Okt. Heute vormittag hat hier unter 
ganz beſonderen Sicherheitsmaßnahmen die Verhandlung des 
außerordentlichen Gerichts gegen die vierzehn. Perſonen, die 
beſchuldigt ſind, den Küſtriner Putſch verſucht zu haben, 
            begon=
nen. Nach der Feſtſtellung der Perſonalien der Angeklagten 
wurde die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen. 
Unmittelbar an den gegenwärtigen Prozeß werden 
ſich weitere Verhandlungen gegen die in Haft 
            befind=
lichen Feldwebel, Rudolf Herrenkind und Erich 
            Halben=
reich, den Unteroffizier Julius Baſtke und die Schützen 
Paul. Haſenclever, Hans Sprenk. Edmund Scheibler, 
Erich Buchaleck und Fritz Nies anſchließen. Man 
            rech=
net damit, daß die geſamten Verhandlungen über Küſtrin die 
volle Woche in Anſpruch nehmen werden.
 Die Löſung des Atlantis=Rätſels. 
C.K. Die Ausgrabungen in Spanien, die jetzt der Erlanger 
feſſor A. Schulten an der Mündung des Guadalquivir 
            unter=
mt, werden uns die Löſung eines geſchichtlichen Rätſels 
igen, das ſeit mehr als zwei Jahrtauſenden die Gemüter 
            be=
ftigt hat. Der Gelehrte glaubt nämlich, die Stätte des 
            ge=
misvollen Erdteils des Altertums, der Atlantis, gefunden zu 
en. Es gibt nur eine einzige Quelle von dieſer 
            untergegan=
en Inſel, nämlich in den Werken des Plato, und man neigte 
erdings zu der Anſicht, dieſen ganzen Bericht für eine 
            Er=
ung des großen Philoſophen zu halten. Es iſt aber 
            durch=
wahrſcheinlich, daß uns Plato eine echt hiſtoriſche 
            Ueber=
rung aufbewahrt hat. Atlantis ſoll im Ozean nahe bei den 
ulen des Herkules”, der heutigen Straße von Gibraltar, 
            ge=
n haben; die Inſel ſei ſo groß geweſen, wie Kleinaſien und 
ypten zuſammengenommen und habe eine überaus hohe 
            Kul=
eine 6000 Jahre alte Geſchichte, große Reichtümer und glück= 
Verhältniſſe gehabt, bis ſie ſchließlich an einem einzigen 
e im Meere verſank, das infolgedeſſen unbefahrbar wurde. 
ulten hat nun die Stelle ermittelt, wo ſich, vom Dünenſand 
chüttet, die Ueberreſte der uralten Stadt Tarteſſos 
            be=
en, des bibliſchen Tarſchiſch, die vor 3000 Jahren die 
            wich=
e Handelsſtadt der Erde war. Vor dem Aufblühen von Tar= 
8 lag an derſelben Stelle der Guadalguivir=Mündung ein 
rer, hochwichtiger Handelsplatz, den kretiſche Seefahrer 
            beſie=
hatten und deſſen Geſchichte mindeſtens bis zum Jahr 2000 
hr. zurückgeht. Wie Prof. Rich. Hennig in der Leipziger 
            Illu=
rten Zeitung ausführt, dürfen wir von dieſen Schultenſchen 
bungen, die vorwiegend mit ſpaniſchen Geldern 
            vorgenom=
werden, die Löſung des Atlantis=Rätſels erwarten. Die 
aben Platos laſſen ſich auf überraſchend einfache Weiſe 
            er=
en. Was er über die gewaltige Größe der Inſel ſagt, bezieht 
auf das Handelsgebiet von Tarteſſos, das nachweisbar 
            einer=
bis zur Bernſteinküſte vor der Elbemündung und bis zu 
Zinnbergwerken von Cornwallis, andererſeits bis zu den 
ſten Gegenden des Mittelmeers reichte. Im übrigen paßt die 
ählung Platos Wort für Wort auf das ſponiſche Tarteſſos, 
bſt der märchenhafteſte Zug, das Verſchwinden in einer Nacht 
das Unſchiffbarwerden des Meeres, trifft wortgetreu zu, 
n man es nicht buchſtäblich, ſondern politiſch ausdeutet. Nach 
Schlacht von Alalia 1537 v. Chr, in der die Karthager die 
teſſier beſiegten, verboten nämlich die Sieger allen 
            nicht=
agiſchen Schiffen die Fahrt auf den Meeren weſtlich von 
raltar, um den ganzen Hand=l an ſich zu reißen. Auf dieſe
 D M 
ſpricht, das Meer jenſeits der Säulen des Herkules wirklich an 
einem Tage „unſchiffbar”, Atlantis „verſchwand” aus dem 
            grie=
chiſchen Geſichtskreis und war in den Tagen Platos ſchon 150 
Jahre den Hellenen unerreichbar. Bis zum Jahre 214 b. Chr., 
da die Römer den Karthagern Südſpanien entriſſen, alſo über 
300 Jahre, war die Straße von Gibraltar durch die Karthager 
völlig geſperrt, Atlantis verſchwunden.
 Nur Katzen. 
Im letzten Winter ſind Katzenfelle die große Mode geworden; 
demzufolge hat ſich die Nachfrage nach den Trägern dieſer Pelze 
ſehr geſteigert. 
Dieſe Katzenfelljagd wird auf folgende Weiſe gehandhabt: 
Man, fängt” (auf gut Deutſch „ſtiehlt”) ſich jede Katze, derer man 
habhaft werden kann. Die gefangene Katze wird in einen Sack 
geworfen, und der Sack wird zugebunden. Bis zu einem halben 
Dutzend Katzen werden ſo in dem Sack zuſammengepfercht. (Zur 
Not auch mehr.) 
Den Sack trägt der Katzenfelljäger zur Katzenfellfabrik (auf 
gut Deutſch „Hehlerneſt.). Dort werden die zugebundenen Säcke 
erſt mal ein paar Tage verbunden gelagert. In abgeſchloſſenem 
Raum verſteht ſich. Um durch das Geſchrei der Tiere nicht die 
Polizei zu ſtören. 
Katzen ſind bekanntlich ſehr lebenszähe. Durch Lagern wird 
aber nicht nur ſchäumender Moſt gefügſam, ſondern auch dieſe 
Tiere. 
Hernach nimmt der Katzenfellfabrikant einen Knüppel und 
ſchlägt ſolange auf die Säcke, bis die Säcke ſich nicht mehr rühren. 
Das koſtet natürlich wieder viel Anſtrengung. Aber die 
            ele=
ganten Damen bezahlen ja die Felle gut. 
Wieviel Jahrhunderte leben wir doch nun ſchon als Chriſten? 
Die Aegypter hielten bekanntlich Katzen für heilige Tiere 
und pflegten ſie, weil ſie wußten, daß jedes Lebeweſen fühlt, 
ſich freut, leidet und empſindet wie ein Menſch. 
Aber das waren eben törichte Heiden. 
Aus dem dritten Jahrhundert vor Chriſtus ſind uns von 
dem buddhiſtiſchen Könia Ashoka Steininſchriften erhalten, worin 
dieſer die Errichtung von Hoſpitälern und Afylen für kranke und 
obdachloſe Haustiere anordnet. 
Aber, lieber Himmel, das iſt ſchon lange her, und wir im 
allerchriſtlichſten Europa . . . .
 R 
haben kein Geld. 
In Indien nehmen fromme Buddhiſten, wenn ſie ausgehen, 
leichte Beſen mit, damit ſie vor ſich den Weg kehren und nicht 
etwa einen Käfer oder eine Eidechſe tottreten. 
Aber — das fehlte noch! — wir haben bekanntlich viel 
            Wich=
tigeres zu tun. Zum Beiſpiel Butter ſchieben, Meſſingklinken 
ſtehlen und uns gegenſeitig zu verleumden. 
Denn nichts geht über den Fortſchritt. 
Und denn, gottlob — denhabenwir! Und zwar 
            gründ=
lich. 
Peteha. 
L. Vom Bodenſee. Der Verkehr auf den Dampfern iſt in 
letzter Zeit bedeutend zurückgegangen, was bei den hohen 
            Prei=
ſen — rund 40 bis 50 Millionen Mark für eine halbſtündige 
Fahrt — leicht begreiflich. Aber die verkehrte Tarifpolitik wird 
ruhig fortgeſetzt. 
— Weibliche Geſchicklichkeitsprobe in China. Zu einem 
            eigen=
artigen Feſt rüſtet man in China, wenn der ſiebente Monat des 
Jahres gekommen iſt. Nach altem Brauch wird dann in einer 
beſtimmten Nacht die Geſchicklichkeitsprobe fürs Leben gemacht. 
Mädchen breiten ſieben Kürbiſſe, ſieben Früchte, ſieben Obertaſſen 
und ſieben Weihrauchſchalen aus. Daneben hocken ſie nieder, 
nehmen ſieben ſeidene Fäden zur Hand und ſuchen eiligſt beim 
ſchwachen Schimmer eines brennenden Papierſtreifens ſieben 
Nadeln einzufädeln. Die Tüchtigkeit einer jeden in Ausübung 
der weiblichen Obliegenheiten im Hauſe wird man nach der Zahl 
der eingefädelten Nadeln bemeſſen. Eine beſſere 
            Heiratsempfeh=
lung als die des „Gymihana” kennt man in China nicht. — Zur 
ſelben Zeit fangen Frauen Spinnen und ſperren ſie bis zum 
nächſten Morgen in Schachteln ein. Hat in den Stunden der 
Gefangenſchaft die Spinne ein Gewebe zuſtandegebracht, ſo 
gilt dies als ein Zeichen von Tüchtigkeit und Geſchicklichkeit Rr 
Beſitzerin der Schachtel. 
T. Aus der „modernen” Türkei. Die politiſche und ſoziale 
Neuordnung, die die Feſſeln des Haremszwanges löſt und die 
weiblichen Schutzbefohlenen der Eunuchen mündig erklärt, hat 
auch die Haremswächter in die Notwendigkeit verſetzt, ſich auf 
die Neuordnung der Dinge einzuſtellen. Die Eunuche des
 Ser Aioech berfolct, de e einterſin zu ſiteue deie aich 
Konſtantinopel gemeldet wird, hat der neue Verband ſeine 
            Sta=
tuten auch bereits vorſchriftsmäßig bei der Polizeidirektion 
            ein=
gereicht.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.
Rummer 293,
 Stadt und Land. 
Darmſtadt, 23. Oktober.
 — Ernannt wurden am 17. Oktober: die Verwaltungspraktikanten 
Willy Steiger aus Worms und Karl Stiebig aus Hopfgarten zu 
Verwaltungsoberſekretären mit Wirkung vom 1. April 1923; am 18. 
            Ok=
tober der Verwaltungspraktikant Johann Roth, aus Budenheim zum 
Verwaltungsoberſekretär mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an. 
Kupferſtichkabinett des Landesmuſeums. Die Ausſtellungen der 
Reinhold Ewald=Kollektion und der Graphik des 16. Jahrhunderts 
dauern noch bis zum kommenden Sonntag. Dann bleibt das 
            Kupfer=
ſtichkabinett bis zur Fertigſtellung der von Landestheater und 
            Landes=
muſeum gemeinſam unternommenen Darmſtädter Theater= 
Ausſtellung geſchloſſen. Material für die neue Ausſtellung, und 
zwar für ihre hiſtoriſche Abteilung 1800—1920, wird als Leihgabe aus 
Privatbeſitz gerne entgegengenommen. Es würde ſich etwa um Bühnen= 
und Dekorationsſkizzen, Koſtümentwürfe und Aehnliches handeln. Wer 
geſonnen iſt, dergleichen für die Dauer der Ausſtellung zur Verfügung 
zu ſtellen, wird gebeten, dies dem ideellen Urheber und techniſchen 
            Or=
ganiſator der Theaterausſtellung, Kuſtos Dr. Karl Freund am 
            Landes=
muſeum, zu melden. 
— Die Auszahlung der Unterſtützungsſätze für die Sozialrentner 
findet am Dienstag, den B3. Ifd. Mts., ab 9 Uhr vormittags, in 
            Zim=
mer Nr. 8 des Städtiſchen Wohlfahrtsamts, Eingang Mornewegſtr. 1, 
und die der Kleinrentner am Mittwoch, den 24. Ifd. Mts., vormittags 
9 Uhr, in der Stadtkaſſe, Grafenſtr. 28, ſtatt. 
Rentenzahlungsverkehr beim hieſigen Poſtamt I. Mittwoch, den 
294., von 8—12 Uhr vormittags und 2—5 Uhr nachmittags, wird in der 
Paketausgabe des Poſtamts I für Zulageempfänger aus der 
            Unfallver=
ſicherung das Zehnfache des am 16. gezahlten Betrages, aufgerundet 
auf volle Millionen, als Nachzahlung gezahlt. An den nachfolgenden 
Tagen werden die Rentenbeträge von 8½ vormittags bis 121. Uhr 
nachmittags an dem Schalter der Rentenſtelle zur Zahlung 
            bereit=
gehalten. Die Beträge ſind in die Quittungen zunächſt nicht einzurücken. 
—Steuerabzug vom Arbeitslohn. Die Verhältniszahl zur 
Berechnung der Ermäßigungen beim Steuerabzug beträgt für die 
Zeit vom 21. bis 27. Oktober 1923 „zweihundertzehn” 
L. Kleinrentner= und Sozialrentnerfürſorge. Zu der nach der 
            Reichs=
richtzahl vom 11. Oktober 1923 berechneten Unterſtützung für die zweite 
Hälfte des Oktober 1923 tritt am Beginn der 4. Oktoberwoche 
eine Nachzahlung bis zum vierfachen dieſer 
            Unter=
ſtützung. Bei Sozialrentnern, die ganz oder teilweiſe Selbſtverſorger 
ſind oder Eigenwirtſchaft betreiben, iſt das Bedürfnis für den Umfang 
der Nachzahlung beſonders ſorgfältig zu prüfen. 
L.S. Reiſekoſten der Reichsbeamten. Die Verordnung vom 14. 
            Ok=
tober 1921 iſt mit Wirkung vom 15. d. M. abgeändert: Für Dienſtreiſen, 
die am ſelben Tage angetreten und beendet werden und nicht mehr als 
3 Stunden dauern, wird ein Tagegeld nicht gewährt. Dauert ſolche 
Dienſtreiſe mehr als 3, jedoch nicht über 6 Stunden, ſo werden drei 
Zehntel, dauert ſie mehr als 6, jedoch nicht über 8 Stunden, ſo werden 
fünf Zehntel des vollen Taggelds gezahlt. Für Reiſen, die am gleichen 
Tag angetreten und beendet werden und über 8 Stunden dauern, aber 
eine anſchließende auswärtige Uebernachtung nicht erfordern, beträgt das 
Taggeld acht Zehntel des vollen Taggelds. Erſtreckt ſich die Dienſtreiſe 
auf 2 oder mehrere Tage, ſo iſt das Taggerd für den Hin= und 
            Rückreiſe=
tag je beſonders zu berechnen. Dabei iſt auch bei längerer als 
            achtſtün=
diger Reiſedauer an dem betreffenden Tage nicht mehr als fünf Zehntel 
des vollen Taggeldes zu gewähren; wird jedoch die Hinreiſe vor 2 Uhr 
nachmittags angetreten oder die Rückreiſe nach 2 Uhr nachmittags beendet, 
ſo iſt für Hin= oder Rückreiſetag das volle Taggeld zu zahlen. 
— Städtiſche Akademie der Tonkunſt. Dienstag abend ½8 Uhr 
            be=
ginnt Hofrat Max Behrend ſeinen Winterkurſus in der Rede= und 
            Vor=
tragskunſt. Der Kurſus beſteht, wie der letzte, aus 15 Lektionen von je 
1½—2 Stunden Dauer. Die Schlußprüfung in Gegenwart des Herrn 
Direktor Schmitt hat bewieſen, daß in ſo kurzer Zeit die Schüler es 
            ſo=
weit gebracht, daß ſie ſich nunmehr ſelber in ſprachlicher Beziehung 
            künſt=
leriſch weiterbilden können. Der neue Kurſus iſt bereits ſo beſetzt, daß 
nur noch 2—3 Schüler oder Schülerinnen aufgenommen werden können. 
Meldungen beim Sekretariat der Akademie. Ein Schüler von Hofrat 
Behrend, Adam Helfmann, iſt ſeit 1. September am Frankfurter 
            Opern=
haus angeſtellt. Gerade bei dieſem Künſtler zeigt es ſich, wie wertvoll 
die ſprachliche Grundlage für die geſangliche Ausbildung war. 
— Volkstheater. Am Freitag eröffnet im ehemaligen Perkeoſaale 
die Direktion des Volkstheaters Eliſabeth Werner einen 
Zyklus von Vorſtellungen, die auf volksbildender Grundlage den 
            Kunſt=
freunden aller Kreiſe Gelegenheit geben, ſich für ein verhältnismäßig 
geringes Eintrittsgeld an guten Werken der Bühnenliteratur zu 
            er=
götzen. Die Direktion iſt noch von früher her beſtens bekannt durch 
ihre Auff 
führungen im Saalbau, Mathildenhöh=, Konkardiaſaal und 
Chauſſeehaus, und dürfte ſich namentlich unſere Jugend an die 
            anmuti=
gen Märchendarbietungen erinnern. Zur Aufführung kommen Schau= 
und Luſtſpiele, und namentlich wird das deutſche Volksſtück, das immer 
ein Stiefkind unſerer Bühnen war, zu Worte kommen. Die Direktion 
wird alles aufbieten, ihren Beſuchern angenehme Stunden zu bereiten. 
Als erſte Aufführung iſt das Volksſtück „Königin Luiſe” gewählt, 
der Lebens= und Leidensgang einer echten deutſchen Frau, ein Vorbild 
für alle in unſerer heutigen Zeit. Der Kartenverkauf iſt ab Mittwoch 
von 11—1 Uhr vormittags an der Theaterkaſſe, und bei Herrn Karg, 
Bigarrenhandlung, Grafenſtraße.
 — Vom Muſikverein wird uns geſchrieben: Das erſte diesjährige 
Konzert findet am Montag, den 29. Oktober, abends 7 Uhr, im Großen 
Hauſe des Landestheaters unter Leitung des Herrn 
            Generalmuſikdirek=
tors Balling ſtatt. Zur Aufführung kommt Robert Schumanns „Das 
Paradies und die Peri”. Als Soliſten wirken mit Frl. Werle (Peri, 
Sopran), Frl. Weißweiler (Sopran), Frau Doepner (Alt), Herr Hoefflin 
(Tenor), ſämtlich vom hieſigen Landestheater, und Herr Rehfuß (Baß) 
aus Frankfurt a. M. Die öffentliche Hauptprobe am Sonntag, den 
28. Okt., beginnt vormittags um 11 Uhr. Näheres wird noch 
            bekannt=
gegeben. 
Innere Mifſion und Volkswirtſchaft. Welche volkswirtſchaftliche 
Bedeutung die Arbeit der Inneren Miſſion hat, zeigen u. a. folgende 
Tatſachen. Dem zehnten Teil von den 4 Millionen jährlicher Beſucher 
der 450 in Deutſchland beſtehenden Herbergen zur Heimat, unter denen 
385 von der Inneren Miſſion erhalten werden, verſchafft ſie Arbeit. 
Rechnet man nun, daß von dieſen 400 000 in Arbeit Getretenen auch 
nur der zehnte Teil vorher vom Bettel gelebt und jeden Tag eine 
            Gold=
mark erbettelt hat, ſo hat die Innere Miſſion allein durch 
            Arbeitsvermitt=
lung für dieſe Leute der Allgemeinheit 73 Millionen Goldmark erſpart.
 Von den 44 Krüppelanſtalten Deutſchlands gehören nur 8 dem Staat, 
6 der katholiſchen, 30 der evangeliſchen Liebestätigkeit; letztere unterhält
 in dieſen Anſtalten 315 Werkſtätten, worin die Krüppel, die ſonſt der 
Allgemeinheit zur Laſt fallen würden, zu wertvoller Tätigkeit 
            herange=
ſchult werden. Die evangeliſchen Diakoniſſenanſtalten verbrauchten vor 
dem Krieg etwa 10 bis 12 Millionen Goldmark im Jahr, die ſie aus dem 
Volk erhielten; ſie ſpendeten und vermittelten aber für das allgemeine 
Wohl Werte im Betrag von 120 bis 150 Goldmark. Bei alledem iſt der 
geiſtige Wert dieſer Liebestätigkeit, der ſich ja nicht in Zahlen ausdrücken 
läßt, noch nicht berückſichtigt. Das deutſche Volk würde völlig falſch 
rechnen, wenn es die Anſtalten der Inneren Miſſion zuſammenbrechen 
ließe. 
Martinsgemeinde. Ueber die Künſtler, die die 
            kirchenmuſi=
kaliſche Feierſtunde heute Dienstag, abends 8 Uhr, in der 
Martinskirche veranſtalten, ſchreibt der Weinheimer Anz.: „Hanna 
Lintz iſt eine Sängerin von großem Talent, techniſch wohlausgerüſtet 
und muſikaliſch von hoher Reife. . . Die wirkliche Vollkommenheit des 
Vortrags war ſelbſtverſtändlich bedingt durch die gleichzeitige 
            Mit=
arbeit des Sopraniſten Karl Kapeſſer, der als Begleiter Spezialiſt zu 
ſein ſcheint. Mit welcher Raffineſſe verſteht er immer wieder andere 
Färbungen einzumiſchen, die ſich dem Geſamtbild des Tonwerks 
            künſt=
leriſch einfügen.‟ Da beide Mitwirkende ihre Kunſt lediglich in den 
Dienſt der Allgemeinheit ſtellen, iſt der Eintritt frei. 
— Zentrumspartei Darmſtadt. In der am letzten Freitag 
            ſtatt=
gefundenen Sitzung des Vorſtandes der hieſigen Zentrumspartei, der 
auch die Stadtverordneten und die in Darmſtadt anweſenden 
            Landtags=
abgeordneten beiwohnten, wurde die allgemeine politiſche Lage 
            ein=
gehend erörtert. Zugleich wurde beſchloſſen, am Sonntag, den 28. 
            Okto=
ber, nachmittags 4½ Uhr, eine große Verſammlung abzuhalten, in der 
die Frau Reichstagsabgeordnete Miniſterialrat Weber aus Berlin 
            ſpre=
chen wird. Im Hinblick auf den Ernſt der gegenwärtigen politiſchen 
Lage in Deutſchland wird auf ſehr ſtarken Beſuch der Verſammlung 
            ge=
rechnet. Im Anſchluß an dieſe Beſprechung wurde einmütig in ſehr 
ſcharfen Worten, gegen die Erhebung der Licht= und 
Waſſerpreiſe in Goldmark Stellung genommen. 
Es wurde dabei keineswegs die Finanznot der Stadt unberückſichtigt 
gelaſſen. Man war ſich aber darin einig, daß eine ſolche Maßnahme, 
die es dem größten Teil der Bevölkerung unmöglich macht, die 
            ange=
forderten Beträge bezahlen zu können, ſolange nicht zur Durchführung 
kommen kann, bis auch das Einkommen der Gehalts= und 
            Lohnempfän=
ger ſowie der geſamten Bevölkerung auf Goldmark geſetzt iſt. Der Herr 
Miniſter des Innern v. Brentano wurde gebeten, die von der Stadt 
beſchloſſene Erhebung der Gas=, Strom= und Waſſerpreiſe in dieſer 
Form nicht zu genehmigen, was auch zugeſagt wurde. 
— Volksverein für das kath. Deutſchland. Der Volksverein für das 
kath. Deutſchland hält am Dienstag, den 23. Oktober; abends 8 Uhr, 
im Konkerdiaſaal eine Verſammlung ab, in der Herr Dr. Gronerad 
ſprechen wird über die Mitarbeit der Katholiken in der notvollen Zeit. 
Alle Katholiken ſind freundlichſt eingeladen.
Die Goldmarkpreiſe für Sas, Waſſer und Strom.
 Wir erhalten folgende Zuſchrift des Herrn 
            Ober=
bürgermeiſters: 
„Die Ausführungen in der Sonntagsnummer des 
            Tag=
blattes veranlaſſen mich zu folgender Mitteilung: 
Ich habe die Initiative zur Einberufung der 
            Stadtverord=
netenverſammlung am nächſten Donnerstag ergriffen. 
            Selbſtver=
ſtändlich hat die Stadtverwaltung das größte Intereſſe, im Wege 
einer öffenulichen Ausſprache jede notwendige Aufklärung zu 
geben. Es iſt der ehrliche Wille vorhanden, der Notlage der 
            Ge=
genwart gerecht zu werden. Auf die gegen Stadtverwaltung und 
Stadtverordnetenverſammlung gerichteten Angriffe und die 
            hier=
mit verbundenen unwahren Behauptungen wird in der 
Sitzung die Andwort erteilt werden. 
Die veröffentlichte „Preisvergleichstabelle” wird einer 
            ſofor=
tigen Prüfung underzogen. Sollten die Zahlen an ſich annähernd 
richtig ſein, ſo wird man erſt dann ein Urteil fällen können, wenn 
zugleich die Zeiträume bekannt ſind, in welchen dieſe Zahlungen 
Geltung hatten. Eine Vergleichbarkeit der Verkaufspreiſe für 
Gas, Waſſer und elektriſches Licht iſt zurzeit außerordentlich 
            er=
ſchwert, die Preiſe wechſeln nach kurzen Zeiträumen oder täglich. 
Für die Zahlungsperiode von Mitte September bis Mitte 
            Okto=
ber hatten viele Verwaltungen ſchon beträchtliche Zeit vor der 
Darmſtädter Feſtſetzung eine ſehr ſtarke Preisſteigerung 
            beſchloſ=
ſen. Die neue Feſtſetzung der Kohlenpreiſe und das wöchentliche 
Wachstum der Gehälter und Löhne haben für alle Betriebe die 
entſprechenden Folgeerſcheinungen im ganzen Reiche. 
Es iſt kein Zweifel, daß das Zuſammentreffen der 
            unge=
heuerlichen Preisſteigerung auf verſchiedenen Gebieten der 
            Le=
benshaltung eine große Not hervorgerufen haben. Man denke 
wr an das Gebiet der Brot= und Kartoffelverſorgung. Hier hat 
nachträglich die Lage eine außerordentliche Verſchärfung 
            hervor=
gerufen. Wie ſchon früher, hat die Stadtverwaltung in 
            eingehen=
den Beratungen mit dem Handel und der Staatsvegierung 
            um=
faſſende Maßnahmen vorbereitet, die hoffentlich zu einer 
            genü=
genden Belieferung von Kartoffeln in die heſſiſchen Städte 
            füh=
ven. Angeſichts der verheerenden Wirkung der Geldentwertung, 
die auch die beſten Vorbereitungen von Tag zu Tag zerſtört, iſt 
der außerordentliche Ernſt der Lage erkennbar. Bezüglich der 
Brotverſorgung hatte ich in eingehenden Verhandlungen mit 
den zuſtändigen Reichsminiſtern darauf hingewieſen, daß 
            Darm=
ſtadt in ſeiner Lage am Randgebiet des beſetzten Gebietes in die 
ſchwerſte Not kommen könne, wem die Zwangswirtſchaft nicht 
weitergeleitet werde. Wenn auch urſprünglich die Abſicht beſtand, 
wenigſtens in den beſonders bedrohten Gebieten die 
            Zwangs=
wirtſchaft fortzuſetzen, ſo wurde doch ſchließlich zu meinem 
            gro=
ßen Bedauern den zur Fortführung geſtellten Anträgen nicht 
ſtautgegeben. Bis zur Stunde hat die Reichsregierung noch nicht 
eingegriffen in die für die neuerliche Preisfeſtſetzung der Kohlen 
entſcheidenden Bedingungen. 
Angeſichts der außerordentlichen Verſchärfung der Notlage 
der Gegenwart iſt die Stadwerwaltng erneut in die Prüfung 
der Frage eingetreten, wie wir der Notlage der leidenden 
            Be=
völkerungsgenoſſen gerecht werden können, ohne daß die Gefahr 
der Stillegung der Werbe alsbald an uns herantritt.”
 mehr höher zu belaſtenden Abnehmer zu ſtützen, die Intereſ 
der Bürgerſchaft zu vertreten. Das geſchieht aber ebenſowe 
dadurch, daß man droht, die Betriebe ſtillzulegen, als durch 
Tatſache, daß Gas, Waſſer und Strom ſo im Preiſe heraufge 
werden, daß niemand dieſen Preis mehr zahlen kann, die 9 
rechterhaltung der Betriebe alſo illuſoriſch wird, ausgenomn 
für wenige Auserwählte. 
Aus der Erklärung des Oberbürgermeiſters geht nicht I 
vor, welche Behauptungen in unſeven Artikeln nach ſeiner 9 
faſſung unwahr ſind. Wir müſſen alſo die Stadtverordnet 
ſitzung abwarten. So ſehr und gern wir anerkennen, daß 
Herr Oberbürgermeiſter ſelbſt die Initiative zu dieſer Stadt 
ordnetenverſammlung ergriffen, ſo bedauern wir doch, daß d 
für Donnerstag reichlich ſpät kommt. Die Verſammli 
hätte bei der Dringlichkeit der Angelegenheit ſchon in der vori 
Woche komen müſſen. Vor allem aber hätte man erwar 
können, daß die Aufnahme und Erhebung 
            ſof=
eingeſtellt wird, bis eine gangbare Löſung gefunden, 
daß dieſer Beſchluß der Oeffentlichkeit mitgeteilt worden w. 
Er hätte ſicher mehr zur Beruhigung beigetragen als die fan 
erſte Erklärung aus dem Stadthauſe. Die Erheber üben täg 
ihre Tätigkeit mit ſteigender Erfolgloſigkeit aus. Kein 
            Me=
denkt daran, zu bezahlen, weil eben niemand zahlen kann. 
Wir vermiſſen aber auf der Dagesordnu 
der Stadtverordnetenſitzung am nächſten Do 
nerstag die Strompreiſe der Heag! Es iſt nur 
Gas und Waſſer die Rede. Die Strompreisberechnung bei 
Debatte auszuſchalten, iſt nicht angängig, und es darf wohl 
wartet werden, daß die Tagesordnung dahingehend ergänztw
9
(9.
 Inzwiſchen wird, wie wir bereits mitteilten, eine Prote 
verſammlung der Darmſtädter Bürgerſchaft 
mit der Angelegenheit befaſſen. Der Verkehrsvere 
(Heinz Heberer) und der Mieterverein (Stadtv. Klein 
laden für Mittwoch abend 8 Uhr die Einwohnerſd 
Darmſtadts zu einer Proteſtverſammlung in den Städtiſch 
Saalbau. Es bleibt zu hoffen, daß zahlreiche Stadtverordr 
der Verſammlung anwohnen, um ſich über die Stimmung 
die Wünſche der Wähler zu unterrichten und für ihre Poſit 
Stärkung zu finden.
 Wir haben mehrfach betont, daß wir ſelbſtverſtändlich die 
Schwierigkeiten nicht verkennen, die den Stadtverwaltungen in 
der Löſung ihrer finanziellen Aufgaben erwächſt. Wir wenden 
uns aber nach wie vor dagegen, daß man den einfachſten und 
            be=
quemſten Weg zur Löſung dieſer Schwierigkeiten geht, indem 
man die Laſten eben abſchiebt auf die Schultern der Verbraucher, 
die in ihrer übergroßen Mehrheit einfach nicht mehr tragfähig 
ſind. Wir ſind der Anſicht, daß die Stadtverwaltung nicht nur 
die Pflicht hat, ihre Betriebe aufrechtzuerhalten ſoweit ſie 
            lebens=
notwendig ſind, ſondern daß ſie auch die Pflicht hat, die nicht
 Wie aus einer Mitteilung der Zentrumspartei 
vorgeht, hat übrigens der Herr Miniſter des Innern v. Br 
tano zugeſagt, die Preisfeſtſetzungen nach Goldmark nicht 
genehmigen. 
* 
Von juriſtiſcher Seite ſchreibt man uns: 
Der Ableſer der ſtädtiſchen Betriebé hinterläßt ſog. „R 
nungen” über Gas und Waſſer, in Wirklichkeit nur: Ableſezei 
mit denen nichts anzufangen iſt. Ich ſende ſolche an He 
Oberbürgermeiſter zurück mit folgender Zuſchrift: 
„Betr. Verfahren der ſtädtiſchen Betriebe. 
Anbei gebe ich die bei mir hinterlaſſene „Rechnung” 
Wirklichkeit: Ableſezettel — zurück unter Verwahrung gegen 
liche Verzugsfolgen. Eine ſolche „Rechnung” bedarf der Ein) 
lung der Forderungsbeträge mit Spezifikation zwecks Erm 
lichung der Nachprüfung, der Bar= oder Ueberweiſungs= o 
Scheckzahlung ſowie der Verrechnung des Waſſergeldes mit 
Mietern. Fälligkeit ſetzt dieſe Angaben, Verzug vergebliche M 
nung nach Eintritt der Fälligkeit voraus.” 
Es möchte ſich empfehlen, das Publikum zu gleicher Be 
ſtandung aufzufordern.
 * Unruhen in der Altſtadt. Zu den Unruhen am Samstag iſt 
nachzutragen, daß dieſe bedauerlicherweiſe unſchuldige Opfer 
erforderten. Ein 11jähriges Mädchen wurde getötet, 
mehrere Perſonen verwundet. Es kann den Eltern nicht 
            drin=
gend genug geraten werden, in dieſen unruhigen Zeiten die 
            Kin=
der mit Anbruch der Dunkelheit von der Straße fernzuhalten und 
überhaupt erzieheriſch dahin zu wirken, daß die Kinder 
            Men=
ſchenanſammlungen peinlichſt meiden. Es trifft nach alter 
            Er=
fahrung meiſtens Unſchuldige. Bei den Unruhen am Samstag 
wurden folgende Perſonen verletzt: Fuhrmann Bock, 
            Lackie=
rer Schuchmann, Schuhmacher Schweitzer, Taglöhner Hofmann, 
Schülerin Kirchner. Getötet wurde die 11jährige Schülerin 
Wiegand. Die Unruhen haben ſich geſtern abend in 
            ver=
ſtärktem Maße wiederholt. Wiederum war das Geſchäft von 
Louis Hein der Ausgangspunkt. Die blaue Polizei und die 
Schupo mußten wiederholt eingreifen und die Straßen räumen. 
Zu Schießereien war es bis abends nicht gekommen. 
Fulda=Stiftung. Der veröffentlichte Hinweis auf die Vergebung 
von Unterſtützungen aus der Simon= und Charlotte Fulda=Stiftung 
ändert ſich inſofern, als ſtatt zehn Unterſtützungen zu je 6000 000 Mark 
zehn Unterſtützungen zu je 60 000 000 Mark vergeben werden, 
— Paulusgemeinde. Der Frauenverein der Gemeinde veranſtaltet 
nächſten Donnerstag, 25. Oktober, abends 8 Uhr, im Gemeindeſaal einen 
Teeabend. Herr Profeſſor Dr. Prätorius wird einen 
            Lichtbilder=
vortrag über „Kampf und gegenſeitige Hilfe in der Natur”, halten, 
Jedermann iſt willkommen. 
wb. Reichsbahn und Volksernährung. In der Oeffentlichkeit wird die 
Teuerung von Obſt und Gemüſe ſowie Lebensmitteln überhaupt häufig 
der Höhe der Eiſenbahntarife zugeſchrieben. Dies iſt durchaus irrig, 
denn in ihrer Tarifpolitik hat die Reichsbahn gerade auf dieſe 
            lebens=
wichtigen Güter beſondere Rückſicht genommen. So wurde Obſt und 
Gemüfe im Jahre 1923 in immer niedrigere Tarifklaſſen verſetzt. Obſt, 
früher in der höchſten Wagenladungsklaſſe A, wird jetzt zu den Sätzen 
der Klaſſe D. alle übrigen Feld= und Gartenfrüchte nach der niedrigſten 
Klaſſe P befördert. Kartoffeln werden ſogar nur zu einem Fünftel 
der Sätze dieſer Klaſſe gefahren, wodurch natürlich nur ein ganz 
            ge=
ringer Teil der Selbſtkoſten der Eiſenbahn gedeckt wird. Für 
            Obſtſtück=
gutſendungen iſt ſeit dem 16. Oktober eine neuerliche Ermäßigung von 
33), Prozent gewährt worden. Gegenüber der Vorkriegszeit iſt das 
Goldniveau der Frachten für Gemüſe ſtark gefallen, für Obſt um die 
Hälfte und mehr. für Kartoffeln ſogar bis auf etwa 15 Prozent. 
            Eben=
falls im Intereſſe der Volksernährung wird der Reichsverkehrsminiſter 
vorübergehend einen Ausnahmetarif für Düngemittel einführen. Durch 
den Frachtnachlaß, der bei Stickſtoff 30 Prozent, bei Kali und 
            Thomas=
ſchlacke 20 Prozent für Kalk und Mergel 10 Prozent beträgt, ſoll 
            einer=
ſeits künftig eine Steigerung des Ernteertrages ermöglicht, andererſeits 
heute ein Anreiz für die Landwirtſchaft geſchaffen werden, 
            Düngemit=
tel gegen ihre Erzeugniſſe auszutauſchen und damit die Verſorgung 
der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu erleichtern. 
— Zur Frage der Einheitskurzſchrift. Auf dem in Potsdam 
            abgehal=
tenen Bundestag der drittgrößten Kurzſchriftgemeinſchaft Deutſchlands, 
des Reichsbundes für Nationalſtenographie, wurde zur 
Frage der deutſchen Einheitskurzſchrift nachſtehende Entſchließung 
            ange=
nommen, die den Miniſterien des Reichs und der Einzelländer 
            übermit=
telt worden iſt: „Die zum 25. Gründungsfeſt des Reichsbunds für 
            Natio=
nalſtenographie in Potsdam verſammelten Vertreter aller 
            national=
ſtenographiſchen Verbände und Bezirke Deutſchlands bekunden nach wie 
vor ihren feſten Willen zur Mithilfe bei der Schaffung einer deutſchen 
Einheitskurzſchrift, weil ſie erſt dann die Möglichkeit einer allgemeinen 
Einführung in die Schule ſehen. Sie fordern, daß dieſe 
            Einheitskurz=
ſchrift auf dem Wege der Vergleichskurſe unter Berückſichtigung der 
ſtenographiſchen Wiſſenſchaft, nicht durch bloße Verhandlungen am 
grünen Tiſch geſchaffen wird.”
Aus den Parteien.
 — Deutſche Volkspartei. Die in der ſüdweſtdeutſchen 
beitsgemeinſchaft der Deutſchen Volkspartei zuſammengefaßten W 
kreisverbände Baden, Heſſen, Heſſen=Naſſau, Pfalz, Württemberg, tre 
am Sonntag, den 21. Oktober, in Darmſtadt zu einer außerorden 
gut beſuchten Sitzung zuſammen, an der neben mehreren Reichst 
abgeordneten zahlreiche Abgeordnete der verſchiedenen Landtage 
nahmen. Die ausgedehnten politiſchen Beratungen trugen vert 
lichen Charakter. Der Vorſitzende der ſüdweſtdeutſchen Arbeitsgem 
ſchaft, Lanbtagsabgeordneter Rechtsanwalt Dingeldey, wird in 
Sitzung des Parteivorſtandes in Beriin am 23. die auf der Darmſtä 
Tagung geäußerten Anſchauungen den zuſtändigen Stellen zur Kenn 
bringen.
Lokale Veranſtaltungen.
 Die blerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchtießlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten, 
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritil.
 Der Kriegerverein Darmſtadt E. V. lädt ſämtlich= 
            Ver=
eine, Verbände und Parteien zu der am Mittwoch, den 24. d. M., abends 
punkt 8 Uhr, im Weißen Saale bei Chriſt, Grafenſtraße, ſtattfindenden 
Beſprechung für die, wie alljährlich, am Totenſonntag abzuhaltende 
Totengedenkfeier für unſere fürs Vaterland geſtorbenen 
            Sol=
daten ein. Es wird gebeten, je einen Vertreter zu entſenden.
 * Arheilgen, 20. Okt. Die geſtrige Gemeinderatsſitzt 
genehmigte die Verzugzuſchläge für Gemeindegefälle. Mit der 
            Ab=
dung der Einnahme= und Ausgabebeträge auf volle tauſend Mark erl 
ſich die Verſammlung einverſtanden. Wie der Schulvorſtand, ſo erl 
ſich auch der Gemeinderat mit der Verſetzung des Lehrers Lorz 
Schneppenhauſen, der der einzige Bewerber um die hier ausgeſchrie 
Lehrerſtelle iſt, einverſtanden. Das Geſuch des Arbeiter=Turn= 
Sportvereins, betreffend Geländetauſch, wird befürwortet, ebenſo 
ſolches der hieſigen Orcheſtervereinigung bezüglich Billettſteuererla 
Bezüglich Gewährung eines Vorſchuſſes für den Kartoffelbedarf der 
meinde ſoll beim Miniſterium nachgeſucht werden. Unſere Gemeind 
Bedarfsgemeinde und benötigt noch etwa 2000 Zentner Kartoffeln. 
ſelben ſollen in der Gemeinde Gräfenhauſen erworben werden. Um 
Wegbringen von Kartoffeln aus unſerer Gemeinde zu unterbin 
wurde eine Ueberwachungskommiſſion gebildet. Auch wurde durd 
Vertretung der Landwirtſchaft nach Beſchluß der Organiſation 1 
teilt, daß die Kartoffeln in Raten bezahlt werden können. Der 
iſt gleich dem vierſtündigen Lohn eines Metallarbeiters des letztwöck 
Frankfurter (!) Tarifs. Als Beitrag wurde der Handwerkskammer 
Betrag von 500 000 Mk. zugebilligt. Von Seiten der Verſamn 
wurde gegen die von der Darmſtädter Stadtverwaltung feſtgeſetzten 
und Waſſerpreiſe Einſpruch erhoben, auch wurde der Proteſt der 
werbsloſen in dieſer Angelegenheit bekannt gegeben. Bezüglich der 
4. kommenden Monats ſtattfindenden Kirchweihe ſoll nur für den S 
tag die Erlaubnis zur Abhaltung von Tanzmuſik erteilt werden, 
Aufſtellen von Schaubuden und Karuſſells wurde gänzlich verbe 
Hierauf folgte geheime Sitzung. — Die hieſigen Viehhalter we 
laut Gemeinderatsbeſchluß aufgefordert, für ein Stück Rindvieh 20 
Hafer, für ein Schwein 8 Pfd. und für eine Ziege 2 Pfd. zur F 
haltung abzuliefern. Werden dieſe Umlagen nicht in Naturalien a 
liefert, ſo wird der am Ablieferungstag gültige Marktpreis erhoben 
+ Arheilgen, 22. Okt. Wie ſchon früher mitgeteilt, ſind für das 
ſetzte Deutſchland die Brotkarten beibehalten worden und wu. 
darum in letzter Woche hier wieder neue Brotſcheine und zwar 
für 32 Wochen ausgegeben. Dieſe neuen Scheine haben Gültigkei. 
einen Laib im Gewichte von 1800 Gramm und müſſen die einzelnen 
ſchnitte vom Verteiler des rationierten Brotes ſelbſt abgetrennt wer 
Für dieſe Woche koſtet der Laib dieſes Brotes 240 000 000 Mk. 
vom Geſangverein „Liederzweig” veranſtaltete Wohltätigkeitsabend 
freute ſich eines recht guten Beſuchs, und fand das Gebotene den u 
teilten Beifall aller Erſchienenen. Das finanzielle Ergebnis war 
günſtiges und konnte eine hübſche Summe dem vorgeſehenen Zwecke 1 
wieſen werden. — Kaum ſind einige Wochen verfloſſen, ſeit der hi 
Arbeiter=Turn= und Sportverein, mit einem Volkst 
abend in die Oeffentlichkeit trat und ſchon wieder konnte er ſeinen Fr 
den und Anhängern einen Unterhaltungsabend bieten. Diesmal we 
ein „Schauturnen”, das der Verein im Gaſthaufe „Zum Löwen” 
Jugendturner, Turnerinnen und Turner zeigten ihr Können, und 
das Gebotene als recht befriedigend bezeichnet werden, denn 
n ſowohl 
gezeigten Freiübungen als auch die Handgerät= und Geräteübungen 
wieſen, daß in den Turnſtunden tüchtig gearbeitet wurde. Beſond 
Lob verdienen die erſtaunlichen Leiſtungen der 1. Turnerriege und 
hier früher noch nicht vorgeführten Trainingübungen für Sportler. 
Veranſtaltung war gut beſucht und verließ man in dem Bewußt 
einen genußreichen Abend verlebt zu haben, den Saal. 
v. Eberſtadt, 21. Okt. Viehzählung. Das Ergebnis der 
fang dieſes Monats ſtattgefundenen Viehzählung, die hier größten, 
durch Erwerbsloſe vorgenommen wurde, ergab: 1026 Schweine, 
Ziegen, 196 Stück Rindvieh und 16 Schafe. — Kirchliches. Am 
tigen Erntedankfeſt fand die Aufnahme der Konfirmanden und Kor 
mandinnen ſtatt.
[ ← ][ ][ → ]
 Ergehi 
R
 v. Eberſtadt, 21. Okt. Ein größerer Felddiebſtahl wurde 
in der vergangenen Nacht begangen. In einem Pflanzgarten in der 
Nähe der Eſchollmühle wurde ſämtliches Gemüſe entwendet. Es muß ſich 
aach der ganzen Lage des Sachverhalts um mehrere Diebe handeln. 
Hleichzeitig ſtatteten wohl die gleichen Täter dem Blumengarten eines 
Härtners einen Beſuch ab. Ein weiterer größerer Felddiebſtahl wurde 
n der Nähe der Alten Darmſtädter Straße begangen, wo faſt ein ganzer 
lcker Zuckerrüben unbefugter Weiſe abgeerntet wurde. — 
            Fußball=
ieg. Am heutigen Sonntag ſiegte die 1. Mannſchaft des Fußball 
ereins Germania gegen die gleiche Mannſchaft der Spielvereinigung 
Ffungſtadt in Pfungſtadt mit 12 zu 0 Toren. 
Aus dem Reichenbachtal, 21. Okt. Die Aufhebung der 
            Zwangs=
dirtſchaft des Brotgetreides hat in unſerem Tale große Unruhe 
            hervor=
erufen, ſo daß Schupoſoldaten zur Hilfe in Anſpruch genommen 
            wer=
en mußten. Das noch in den Mühlen befindliche Mehl, der Kreiskorn 
elle in Bensheim gehörig, wurde in den letzten Tagen von Arbeitsloſen 
Beſchlag genommen und auf die betreffenden Bürgermeiſtereien 
            ge=
racht und von dort den Bäckern zum Brotbacken überwieſen. Auch 
ind Verteilung in Familien ſtatt. Schupo und Kriminalpolizei wurden 
rohend empfangen, und taten ſich hier ganz beſonders die Frauen 
            her=
or. Ein großer Teil des Mehles wurde den Aufrührern wieder 
            ab=
enommen und in ſicheren Verwahr gebracht. Tätig war die Schupo in 
ſchönberg, Elmshauſen, Reichenbach, Lautern und Lindenfels. Hunger 
nd Arbeitsloſigkeit waren der Anlaß zu dieſen Vorgehen. Das teure 
frot können die Leute abſolut nicht kaufen, ſelbſt wenn ſie Milliarden 
den Händen haben, koſtet doch der Laib jetzt 600 und mehr 
            Millio=
en, und es wird wohl nicht lange dauern, ſo wird man das Laibchen mit 
ner Milliarde bezahlen müſſen. Die Aufgabe des Markenbrotes iſt 
utſchieden zu mißbilligen, ſelbſt wenn es nicht anders ging. Da auch 
jele Leute keine Kartoffeln haben, ſo geht man einem bitterböſen 
            Win=
r entgegen. 
r. Auerbach, 21. Okt. Die Deputation an das Landeskirchenamt in 
ſarmſtadt inbetreff eines Pfarraſſiſtenten für unſere Gemeinde 
urde letzter Tage von dem Präſidenten der heſſiſchen Landeskirche, 
derrn Prälat D. Dr. Diehl, in der zuvorkommendſten Weiſe empfangen. 
ei der gegenſeitigen Ausſprache erklärte ſich der Herr Prälat bereit, 
Angelegenheit zur möglichſten Befriedigung der Gemeinde Auerbach 
erledigen. Herr Pfarrer Eßlinger bedarf zur vollſtändigen 
            Wieder=
rſtellung ſeiner Geſundheit einen längeren Urlaub, und iſt vorerſt 
ohl mit einem halben Jahr zu rechnen. Da die erledigte Pfarrſtelle 
dem nahen Schönberg vorübergehend mit einem jungem Geiſtlichen 
hon in Kürze beſetzt wird, ſo werden die hieſigen pfarramtlichen 
            Ge=
äfte in der Hauptſache zunächſt durch dieſen verſehen. Hierher ſoll 
* Rückſicht auf die große Gemeinde ein älterer Aſſiſtent kommen. 
            Na=
rlich iſt dieſer Aſſiſtent nur ſo lange in Ausſicht genommen, als Herr 
farrer Eßlinger verhindert iſt, ſeine Amtsgeſchäfte wieder zu 
            über=
hmen, doch erwartet man, daß die frühere zweite Pfarrſtelle in 
            un=
ev Gemeinde wieder errichtet wird. Möge Herr Pfarrer Eßlinger 
cht bald wieder hergeſtellt und die Ernennung eines zweiten Geiſtlichen 
v Auerbach-Hochſtädten in nicht allzu langer Zeit zu erwarten ſein. — 
m heutigen Hauptgottesdienſt predigte Herr Aſſeſſor Dr. Avemarte 
s Darmſtadt. — Wie wir hören, wird Herr Pfarrer Eßlinger ſeinen 
rlaub bei ſeinem Schwiegerſohn, Herrn Pfarrer Gengnagel in 
            Stock=
auſen in Oberheſſen, verbringen. 
Bensheim, 21. Okt. Infolge Reißens der elektriſchen 
eitung durch herabgeriſſene Leitungsdrähte kam das Fuhrwerk des 
ndwirts Bender, das mit einer Kuh beſpannt war unter die 
rähte, das Tier erlitt einen Schlag, ſo daß es ſofort abgeſchlachtet 
            wer=
mußte. Der Landwirt erleidet dadurch einen ganz bedeutenden 
haden, für den die Beſitzer der Starkſtromleitung verantwortlich ſind. 
h. Von der Bergſtraße, 22. Okt. Wie groß die Not in bürgerlichen 
reiſen beſonders im Mittelſtand iſt, geht daraus hervor, daß viele 
ge Frauen und Mädchen in induſtriellen und gewerblichen Betrieben 
ſchäftigung ſuchen. Die ungeheuere Teuerung auf allen Gebieten er 
dert die regſte Tätigkeit, um die Mittel zu erlangen, daß Hunger 
d Elend nicht allzuſehr in den Familien Einkehr halten. Dadurch 
            er=
ächſt dem weiblichen Arbeitsſtande überall eine ſtarke Konkurrenz und 
iv viele Fabrikarbeiterinnen müſſen ſich als Erwerbsloſe auf den 
            Bür=
rmeiſtereien melden. Auch die Auswanderung greift immer mehr 
ſich, beſonders in Familien, die Angehörige, in den Vereinigten 
aaten von Nordamerika haben. 
0-. Dieburg, 21. Okt. Tötlicher Sturz. Im benachbarten 
theim fiel die Frau eines Landwirtes ſo unglücklich von einer 
            zuſam=
nbrechenden Leiter, daß ſie an den Folgen der erlittenen Verletzungen 
rb. 
z. Erzhauſen, 22. Okt. Die Beſchaffung von Hausbrand 
d von Tag zu Tag ſchwieriger, erſtens kommen für Hausbrand gar 
e Kohlen zum Verſand und der Bezug von Braunkohlenbriketts wird 
rch die hohe Fracht und den hohen Preis ſo beeinträchtigt, daß faſt 
keine Waggons bezogen werden. Mit dieſem Thema beſchäftigte ſid 
h die Verſammlung der Kohlenkaſſe, die am letzten Sonntag ſtattfand. 
iter anderem wurde die Rechnung vom Jahre 1922 vorgelegt und 
            be=
nnt gegeben, drei ausſcheidende Vorſtandsmitglieder wurden wieder 
            ge=
ihlt und Mitteilungen über den verfloſſenen und gegenwärtigen 
            Ge=
ftsgang durch den Vorſitzenden gegeben. Weiter wurde die Frage 
            auf=
collt, ob, da durch die unerſchwinglichen Preiſe von einem Bezug von 
usbrand vorläufig abgeſehen wurde, weiter Gelder von den 
            Mitglie=
en angelegt werden ſollen. Die Geldentwertung wurde hier in den 
rdergrund geſtellt, doch wurde von der Verſammlung einſtimmig 
            be=
oſſen weiter Gelder einzulegen und die Rückſtände zu begleichen, um 
günſtiger Gelegenheit Hausbrand beziehen zu können. 
Offenbach, 23. Okt. Man ſchreibt uns: Die Disziplinarſtrafſache 
ſen Juſtizinſpektor Degen vor dem Verwaltungsgerichtshofe 
rmſtadt endete mit der Strafe des Verweiſes. Angeſichts dieſer 
raus milden Beſtrafung fragt man ſich wohl mit Recht, welche Gründe 
3 Juſtizminiſterium veranlaßt haben mögen, dieſe ſchon längere Zeit 
webende Sache gerade beim Disziplinarſtrafgericht anhängig 
chen. Wäre es denn nicht richtiger geweſen, dieſe Verfehlung 
            inner=
b der Juſtizverwaltung ſelbſt zum Austrag zu bringen, wenn man 
Betracht zieht, daß die Verhandlung in Darmſtadt allein an 
            Aus=
gen für Zeugen Aufwendungen in Höhe von 30 Milliarden 
            ver=
acht hat. 
Gießen, 21 „Okt. Der Studienrat und Pfarrer an der preußiſchen 
ndesſchule zu Pforta, Dr. Rudolf Strothmann, wurde zum 
            or=
itlichen Profeſſor für ſemitiſche Philologie an der philolog. Fakultät 
Landesuniverſität in Gießen ernannt. 
rh. Laubach (Oberhefſen), 21. Okt. Zuſammenſtoß. Ein von 
üicke kommender Perſonenzug überfuhr am Donnerstag beim 
            Bahn=
ergang an der Villa Friedrichsruhe ein mit zwei Pferden beſpanntes 
hrwerk. Das Fuhrwerk wurde ganz zertrümmert. Der Lenker 
            des=
ben, der Landwirt Wagner, wurde ſchwer verletzt. Die Pferde hatten 
losgeriſſen und kamen ohne Schaden davon.
 Reich und Ausland. 
Noch 15 000 Ruhrgefangene in Haft! 
Obgleich der paſſive Widerſtand ſeit Monatsfriſt eingeſtellt iſt, 
            be=
finden ſich in 18 Gefängniſſen des Ruhrgebiets und des Brückenkopfs 
Düſſeldorf 15 000 deutſche politiſche Gefangene noch immer in Haft. Dazu 
kommen noch mehrere 1000 Gefangene in den Gefängniſſen des 
            altbeſetz=
ten Gebiets, weiter die nach Frankreich und Belgien Deportierten. Auch 
ſeit Einſtellung des paſſiven Widerſtandes werden dieſen unſchuldig für 
ihr Vaterland Leidenden keinerlei Erleichterungen gewährt. Ihre 
            Stim=
mung iſt angeſichts der völligen Unſicherheit ihres Schickſals überaus 
            ge=
drückt. 
Ein neuer Flughafen für Berlin. 
RDV. Die Flugzeuge der von Berlin ausgehenden Flugſtrecken 
ſtarteten bisher in Staaken, das etwa 20 Kilometer von der inneren 
Stadt entfernt liegt und zeitraubende Zubringerwege notwendig machte. 
Schon lange war man beſtrebt, das nur etwa eine Viertelſtunde vom 
Potsdamer Platz entfernte und mit Straßen= und Stadtbahn leicht und 
ſchnell erreichbare Tempelhofer Feld dem Flugverkehr nutzbar zu machen. 
Beſonders Berlins Verkehrsdezernent, Stadtbaurat Dr. Adler, war um 
die Verwirklichung dieſes Planes bemüht, und dieſer Tage konnten die 
erſten Anlagen des neuen Flughafens Berlin dem Betrieb übergeben 
werden. Vorläufig ſtarten und landen hier nur die Flugzeuge nach 
München und Königsberg; die Flugſtrecken nach Hamburg-Kopenhagen 
und Holland—London beginnen und enden zunächſt noch auf dem 
            Flug=
platz Staaken, bis der Flughafen auf dem Tempelhofer Feld vollkommen 
ausgebaut iſt. 
Deutſche Schiffe im Ausland. 
Es iſt immer erfreulich, darauf hinzuweiſen, daß im Ausland, 
            ins=
beſondere in Süd= und Mittelamerika den deutſchen Schiffen die alte 
Freundſchaft gewahrt geblieben iſt. So ſind dem Hapag=Dampfer 
„Bayern” auf ſeiner letzten Fahrt nach Südamerika allerlei 
            Freundlich=
keiten zuteil geworden. Schon auf der Hinreiſe kam in Gifon der 
            frü=
here ſpaniſche Finanzminiſter Don Joſé Manuel Pedegral an Vork 
und ſprach ſich ſehr lobend über die Einrichtungen der 3. Klaſſe aus. 
Als der Dampfer dann in Buenos Aires eintraf, war er Gegenſtand 
lebhaften Intereſſes und warmer Freundſchaftsbeweiſe. Die Union 
Hiſpano Americana veranſtaltete auf ihm ein Feſt zugunſten der 
            Schu=
len, die ſie im ſpaniſchen Galizien unterhält, das einen glänzenden 
            Veu=
lauf nahm. Als Anerkennung für die vorzüglichen Einrichtungen des 
Schiffes wurde einige Tage ſpäter dem Kapitän durch eine Kommiſſion 
der Union Hiſpano Americana eine goldene Medaille überreicht. Ein 
anderes Schiff der Hapag, der im Mexikodienſt tätige Dampfer „
            To=
ledo”, empfing auf ſeiner letzten Fahrt in Vera Cruz den Beſuch des 
mexikaniſchen Präſidenten General Obregon, der längere Zeit an Bord 
verweilte, mit großem Intereſſe die techniſchen Neuerungen des Schiffs 
in Augenſchein nahm und ſeine Anerkennung in warmen Worten 
            aus=
drückte.
 Sport, Spiel und Turnen. 
*Zum Krähbergrennen des Heſſiſchen Automobilklubs. 
Geſtern abend fand im Klubheim des H.A.C. die 
            Preisver=
teilung an die Sieger des Krähbergrennens im Fahmen einer 
den Zeitverhältniſſen angepaßten einfachen Feier ſtatt. Die 
            Klub=
mitglieder und zahlreiche Rennteilnehmer hatten ſich zu der Feier 
eingefunden. Der Präſident des H.A.C., Herr Direktor Emil 
Zimmer, hieß die Erſchienenen herzlich willkonmen. Seine 
Anſprache gab Gelegenheit, einen Rückblick, zu werfen auf die 
Sportveranſtaltungen des letzten Jahres, beren bedeutendſte 
ſämtlich Mitglieder des H.A.C. in den erſten Stellen der 
            Preis=
träger ſahen. Mit dem Erfolg der Veranſtaltungen, die trotz der 
Schwere der Zeit ſteigende Beteiligung fanden, könne man wohl 
zufrieden ſein. Beſonders, ſoweit die bedeutendſten Sportkämpfe 
in Frage kamen, die der H.A. C. organiſiert, oder an deren 
            Orga=
niſation er doch hervorragend beteiligt war. Einen Glanzpunkt 
bildete die große deutſche Dauerprüfungsfahrt, die zum großen 
Teil durch heſſiſches Gebiet ging und in der der H. A.C. die 
            be=
deutſamſte Strecke organiſierte. Dann das Flach= und 
            Bergren=
nen an der Bergſtraße und endlich das ſchon klaſſiſch gewordene 
Krähbergrennen, das eine ſo ſtarke Beteiligung gefunden, daß es 
zum Ereignis der Saiſon geworden wäre, wenn ein bedauerlicher 
Unfall nicht ſeinen vorzeitigen Abbruch erforderlich gemacht hätte. 
Nach der jetzt abgeſchloſſenen behördlichen Unterſuchung iſt 
            ein=
wandfrei feſtgeſtellt, daß weder den Fahrer noch den Klub ein 
Verſchulden trifſt. Nichtsdeſtowveniger bleibt der Unfall, der ein 
Menſchenleben forderte, ſehr beklagenswert. (Eine Sammlung 
für die Mutter des Verunglückten ergab über 122 Milliarden. 
Beſonderen Dank ſchulde der Klub den Behörden, die in richtiger 
Erkenntnis der wirtſchaftlichen Notwendigkeit ſportlicher 
            Wett=
kämpfe die Organiſation weiteſtgehend unterſtützten. In erſter 
Linie gebühre dieſer Dank dem Kreisdirekvor des Kreiſes Erbach, 
der größte Schwierigkeiten mit Takt und Umſicht bewältigte. Dem 
Erbgrafen zu Erbach=Erbach wurde die Ehrenmitgliedſchaft 
des H.A. C. verliehen. Mit ganz beſonderer Freude begrüßt der 
Klub den anweſenden Fahrer Herrn Heußer, den verſchiedene 
Zeitungen ſchon tot geſagt haben. (Lebhafter Beifall.) — Die 
Herren Direktor Zimmer und Oberingenieur Hoffmann 
nahmen ſodann die Preisverteilung vor nach den Ergebniſſen, 
die wir bereits witgeteilt haben. Außer ſchönen Ehvenpreiſen 
wurden Ehrenplaketden in Bronze ausgegeben. Herr Wilhelm 
Merk erhielt wegen beſonderer Verdienſte um den Sport im 
allgemeinen und den H.A.C. im beſonderen eine Ehrenplakette 
des Großherzogs. Im übrigen wurde der Abend durch 
            muſika=
liſche und geſangliche Darbietungen verſchönt, um die ſich Herr 
Guſti Beck und Frau Liesbeth Asmus beſonders verdient 
machten. 
M. St.
 Athletik. 
Ordentlicher Gautag des Odenwaldgaues am 14. Oktober 1923. 
Unſer 1. Vorſitzender Herr Karl Heckmann, hatte die Delegierten 
des Odenwaldgaues zu einem ordentlichen Gautag nach Darmſtadt in 
das Sportlokal „Zum Landsberg” der Kraftſportvereinigung zu 
            Darm=
ſtadt berufen. 
Außer den Vorſtandsmitgliedern Beck=Werſau, Neidig= 
Groß=Umſtadt, Dittmann und Kleber=Ober=Ramſtadt waren auch die 
Delegierten von Altheim, Groß=Umſtadt, Michelſtadt und Eppertshauſen 
zur Sitzung nicht erſchienen, was in Anbetracht der 
            Zuſammengehörig=
keit der Gauvereine von allen Seiten ſehr bedauert wurde. 
Gauvorſitzender Heckmann gab einen kurzen Ueberblick über die 
Entwickelung des Odenwaldgaues. In den Vorſtand wurden gewählt 
als 1. Vorſitzender Herr Karl Hecknann, Dieburg, Theobaldſtraße, 
2. Vorſitzender Herr Eckerl, Darmſtadt, Emilſtraße 4, Schriftführer Herr 
H. Löffler, Roßdorf, Schwanenſtraße 3, Rechner Herr Lücker, Arheilgen, 
Woogsſtraße 3. Sportwart für Gewichtsheben Herr W. Vetter=Werſau, 
Sportwart im Ringen Herr A. Schanz=Nieder=Ramſtadt, Leichtathletik 
Herr Kaltwaſſer, Darmſtadt, Darmſtraße 21, 1. Beiſitzer Herr Geibel= 
Seeheim, 2. Beiſitzer Herr Koſchny=Arheilgen. Der Sportwart für 
Boxen wird bis zur nächſten Sitzung verſchoben. Wie üblich, ſollen auch 
dieſes Jahr die Gaumeiſterſchaftskämpfe wieder ausgetragen werden; 
gemäß Verbandsbeſchluß ſoll hieran jeder Verein teilnehmen. Löffler= 
Roßdorf ſchlägt vor, für die Vereine, die nicht in der Lage ſind, eine 
vollzählige Mannſchaft zu ſtellen, eine weitere Klaſſe, ſowie eine 
            Jugend=
klaſſe einzufügen, desgleichen für die Ligaklaſſe drei Termine 
            anzu=
beraumen, und zwar Roßdorf, Darmſtadt, Seeheim. Eckerl=Darmſtadt 
iſt ebenfalls der Anſicht, daß die ſeitherigen Abmachungen beibehalten 
werden. Heckmann=Dieburg gibt die Uebungen im Gewichtsheben 
            be=
kannt: Einarmig Reißen, beidarmig Drücken und beidarmig Stoßen, 
und ſchlägt vor, die Ausarbeitung unſerem Schriftführer und 
            Sport=
wart für Ringen zu überlaſſen. Die Verſammlung iſt hiermit 
            einver=
ſtanden und ſollen beide in der am Samstag, den 27. Oktober, 
            ſtattfin=
denden Sitzung Bericht erſtatten. Das Schwerathletik=Gaufeſt wurde 
auf Antrag dem Kraftſportverein Roßdorf einſtimmig übertragen. Für 
die weiteren Sportfeſte liegen keine Anträge vor und ſollen dieſelbet 
in einer ſpäteren Sitzung vergeben werden. Dem Antrag Eckerl=
            Darm=
ſtadt, daß die nicht erſchienenen Vereine mit einer Geldſtrafe belegt 
            wer=
den, wird zugeſtimmt, und wird hierfür der Betrag von 100 Millionen 
angenommen. Der Verein iſt nicht eher ſtartberechtigt, bis er dieſe 
Summe beglichen hat. Dem Antrag Heckmann=Dieburg, möglichſt in 
den Uebungsſtunden freiwillige Beiträge für die Sportzeitungen zu 
ſammeln, wird zugeſtimmt, damit die Vereine meherere Zeitungen 
            hal=
en können. Sämtliche Berichte ſollen dieſes Jahr noch mehr wie bisher 
in den Sportzeitungen veröffentlicht werden. 
Heckmann=Dieburg erklärt, daß er ſein Amt als 1. Vorſitzender nur 
dann annimmt, wenn die beſchloſſene Disqualifikation gegen Krämer= 
Ober=Ramſtadt beibehalten wird. Buchmüller=Darmſtadt erklärt, daß 
ſelbſtverſtändlich Gaubeſchlüſſe hochgehalten werden müſſen, und da kein 
Antrag von Ober=Ramſtadt zur Umänderung des Verfahrens vorlag, 
kann zurzeit über Milderung nicht beraten werden. Wenn in einer 
ſpäteren Sitzung ein Antrag Ober=Ramſtadt vorliegt, kann über die 
Angelegenheit beraten werden. Eckerl=Darmſtadt iſt der Meinung, daß 
die Disqualifikation auch auf eine andere Art abgeändert werden könnte, 
da ſich doch Krämer als ein intimer Sportsmann gezeigt hat. Da jedoch 
einmal der Beſchluß gefaßt iſt, ein Abänderungsantrag nicht vorliegt, 
muß es bei der Angelegenheit verbleiben. 
Der 1. Vorſitzende ſchloß mit einem „Kraft Heil” auf ein Blühen 
und Gedeihen des Odenwaldgaues den Gautag.
Waſſerſport.
 Prüfungsrudern ber Frankfurter Regattavereine. 
Das geſtern vormittag auf der Strecke Gerbermühle—
            Staatseiſen=
bahnbrücke ſtattgefundene Prüfungsrudern nahm einen 
            zufriedenſtellen=
den Verlauf. Waſſer=, Wind= und Wetterverhältniſſe waren der 
            Ver=
anſtaltung zwar nicht hold, aber die Ruderer hielten gut durch und alle 
Mannſchaften erfüllten in der vorgeſehenen Zeit die geſtellten 
            Be=
dingungen. Das Rudern ging über 6 Kilometer mit und 6 Kilometer 
gegen den Strom. Die kürzeſte Zeit (50:20,8) erzielte die Stichler= 
Mannſchaft der Frankfurter R. G. Germania. — Ergebniſſet 
R. G. Germania 50:20,8; R.G. Germania II 51128; R.V. 6: 
53:46,6; R. G. Sachſenhauſen 54140/4; R.G. 84 55:32/4: R. G. 84 II. 
55:39,6. 
Geſchäftliches. 
Der burch ſeine Reiſen zwiſchen Hamburg und Neu=York bekannt 
gewordene Dampfer „Orbita” der Rohal Mail Line wird während der 
Wintermonate mehrere Mittelmeerfahrten unternehmen und die 
            be=
kannteſten und ſehenswerteſten Häfen Spaniens, Portugals und auch 
die Nordküſte Afrikas, ſowie die Zauberinſel Madeira anlaufen. Es 
iſt in jedem Hafen den Paſſagieren ausreichend Zeit gegeben, die 
            Sehens=
würdigkeiten, auch in weiterer Umgebung, zu beſuchen. Nähere 
            Aus=
kunft erteilen die Reiſebureaus, ſowie die Royal Mail Line, G. m. b. H., 
Hamburg, und deren Agenten. 
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte. 
Wettervorherſage für Mittwoch, 24. Oktoberz 
Wolkig, vereinzelte Regenſchauer, kühl.
 Tageskalender. 
Landestheater Großes Haus, Anfang 6½ Uhr, Ende 10 Uhr 
A 4, a 3): „Louis Ferdinand”. — Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, 
Ende 10½ Uhr (Sondermiete 21D); 
„Figaros Hochzeit”. 
Union= 
Reſidenz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: 
            Kinovorſtel=
lungen. 
Verſteigerungskalender. — Mittwoch, 24. Oktober. 
Laubverſteigerung, vormittags 9 Uhr, Heiliges Kreuz.
 Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik unb 
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land 
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: 
J. V. A. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
c mit und
 44 
Ahe 
Mlttäg=U. Loendkiſtyoh. Fleiſch 
im Abonnem. billig im Hoſpiz und 
Vereinsh. Obergaſſe 12. Daſelbſt ſchöne 
Fremdenzimmer mit und ohne Penſion 
zu mäßigen Preiſen. Tel. 1767. (7072a
 haus=Verkauf. 
Infolge Wegzugs verſteigere ich am 
nnerstag, den 25. Okt. 1923, nachm. 
Uhr, in meiner Wohnung mein Haus in 
*26901 
rmſtadt, Liebigſtraße 36, 
fünſtige Zahlungsbedingungen. 
ir ein Termin. Zwiſchenverkauf 
            vorbe=
lten. Liebhaber ſind eingeladen, 
Frau E. Maier=Wirthwein 
Darmſtadt, Liebigſtraße 36.
 Ich ſüche 
e ſchöne, große 5—6 Zimmerwohnung, 
ſglichſt im 1. Stock und mit elektr, Licht 
gegen 
ine ſchöne große 4 Zimmerwohnung mit 
chlichem Zubehör im 3. Stock. Umzug 
rd vergütet. Angebote unter T 88 an 
(7848a 
Geſchäftsſtelle ds. Bl.
 hreibmaſchin.: 
Arbeiten 
rden gur u. billig 
edigt. Studentiſche 
Wirtſchaftshilfe, 
„ Arbeitsvermittlung 
xanderſtr. 22. (*
 ſt neue Nähmaſch. 
en Kartoffeln zu 
iſchen od. zu verk. 
lendorf, 
            Blumen=
ilſtr. 37, III. (*26897
 Wer tauſcht ein 
            ge=
brauchtes Klavier 
gegen Lebensmittel! 
Mohr, Landwehrſtr. 
Nr. 43, I. (*26893
 Pelzgarnitur 
geg. Kartoffeln abzugeb. 
Näh Geſchſt. (7921im
 Tauſche D.=Mantel 
gegen Federbett. 
Näh. Geſchſt. (*26894
 Suche Bett aus gut 
Hauſe geg. 
            Winter=
kartoffeln, Blitz, 
(*29900 
Lengfeld. 
Ve 
Weiblich 
orin ſucht noch 
Bügle aill Kunden 
auß d. Hauſe. (*26874 
Grafenſtr. 10, III.
Männlich
 Anwalts= u. Not.= 
Bürovorſteher 
jüng.,, I. Kraft, ſucht 
Stellung b. Behörde 
Induſtrie od. Bank. 
Ang. u. U 6 an d. 
Geſchäftsſt. (*26886
K
 Hee 
Alleinmädchen 
mit beſten Empfehl 
zum 15. Novemb. in 
Villenhaushalt geſ. 
Zeitgem. Lohn, 
            Haus=
kleider und Schuhe 
werden geſtellt. (712id 
Näh. Geſchäftsſtelle.
Männlich
 Ofenſetzer 
ſelbſt., ſofort geſucht. 
Ofenbau-A.-G. 
Frankfurt a. M. 
Kaiſerhofſtr. 14. (TV,7uu=
 Die 
Dar Motädtel Poflebäffn 
e. G. m. b. H. 
ist als Devisenbank zugelassen und 
empfiehlt sich zur Ausführung aller 
Devisengeschäfte unter Zusicherung 
7: z kulantester Bedienung 7: 
Darmstädter Helksbank 
eingetrag. Genossenschaft mit beschränkter Haftpficht
 U) 
S
 Bedeutende Kohlengroßhandlung 
ſucht per 1. November oder ſpäter für den 
Bezirk Darmſtadt, Odenwald, Rheinheſſen 
tüchtigen, eingeführten, branchekundigen 
Reiſenden. 
Es kommen nur Bewerber mit la 
            Zeug=
niſſen in Frage. Angebote unter U 4 an 
(*26868 
die Geſchäftsſtelle ds. Bl.
 Tauſche meine in 
Eberſtadt gelegene 
6 Zimmer=Wohn. 
m. groß. Obſtgarten f 
eine 5-6 Zim.=Wohn. 
in Darmſtadt. (*2688: 
Küch, Wieſenſtr. 5
ißl. Zimgerß
 Hochſtr. 15, I., gut 
möbl. Zim. m. Pen 
u. Klav. z. vm. (*2687
 Vornehmmöbl. Wohn 
n. Schlafzim. zu verm 
Hügelſtr. 15, Laden. (7708a
Zumieten ge
 Oeſterreich. Student 
ſucht Zimmer 
vomögl. mit Penſion 
u. Klavier. Zuſchrift. 
an Orſzag, Techniſche 
Hochſchule. (*26866
 Möbl. Zimmer 
von einem Studenten 
zu mieten geſucht. 
Guter Mietpreis. 
Philipp, Karlſtr. 115, 
2. St., Hth. (226898
  
Möbl. Zimmer 
od. Schlafſtelle ſofort 
geſucht. Angebote an 
Buchdruckerei Leske 
Bismarckſt, 5, (*2eePeim
 Mefnſtehende Foides 
Herr ſucht gut (*26892 
möbl. Zimmer 
geg. wertbeſt, Zahlg. 
Ang. an R. Koger, 
Eliſabethenſtr. 2, I.
 Möbl. Zimmer von 
Herrn Nähe 
            Marien=
platz geſ. Angebote: 
Hochſtr. 54, pt. (*20871 
Mercks Beamtin ſuch 
ein ſchönes Zimmer. 
Frl. M. Schmidt, 
Grüner Weg 9. (*2080
 Suche baldigſt 1-2 
gut= C. 
mobl. Zimmer 
geg. zeitgemäße Be= 
(*26905 
zahlung. 
R. Pook 
Gervinusſtraße 60, I.
 Noriveg. Dipl.=Ing. 
ſucht 1—2 gut möbl., 
heizbare Zimmer zu 
mieten,evtl. m. Penſ., 
vorbeh. Genehm. des 
W.=A. Angeb. unter 
T145an d. 
            Geſchäfts=
ſtelle d. Bl. (*26841gi
 Wegzugsh. zu ber 
kaufen kompl. (*26891 
Schlaf= u. 
            Wohn=
zimmer u. Küche. 
Eberſtadt, Goetheſtr. 7.
 Gebr. Bett m. 
            Ma=
tratzen zu verk. Näh. 
Geſchäftsſt. (*26885
 9 große Staubfenſter u. 
Glaswand bill, z. verk 
Näh. Geſchſt. (*26873
 Mehrere kl., moderne 
Kinderwagen 
noch äuß. preisw. 
            ab=
zugeb. Riedeſelſtraße 
Nr. 39, Manſ. (*26870
 Rage 
u. Damenrag 
Kinderwagen, ſowie 
Erſatzteile, fabrikneu, 
auf Wunſch Teilzahl. 
Goldmarkber.) (*2687 
Moosbergſtr. 84, part,
 Ca. 50 qm 
Drahtgeflecht 
großmaſchig(5—7 em 
Maſchen), neu oder 
gebraucht, zu kf. geſ. 
Süddeutſche 
            Glas=
werke, G. m. b. H. 
Weiterſtädterſtr. /(*2627
 
            Kar=
toffeln 
für unſ. Arbeiter 
u. Angeßzellten zu 
kauf. geſ. (*26865 
Heſſ. 
            Wollwaren=
fabrik A.=G., 
Alexanderſtr. 2.
 V 
(7815a 
Geſchäftsbücher 
Geſchäftsbriefe 
Bücher 
Zeitungen 
Zeitſchriften 
Altpapier 
kauft zu höchſt. Preiſer 
A. G. f. d. Papierfach, 
Rheinſtraße 20. 
Telephon 113u. 423
 1 
Jagdfliute 
Kal. 12 od. 16, zu kauf 
geſucht. Angebote m. 
Preis unt. U 5 
die Geſchäftsſt. *2
 „cho gebr. Pian= 
Sule u. 1 
            Fliegen=
ſchrank zu kaufen. 
Minkler, 
            Heinrich=
ſtraße 89, III. (r2689
 Schön., 9 Mon, alt 
Fohlen (Oldenb.e 
gegen Schlachtkuh zu 
tauſchen. Brücher 
Wiebelsbach. (*26890id
 Milchziege, weiß, 
            ge=
kört, 2mal gelammt; 
ſehr ſchönes Tier, zu 
vk., Schlachtziege od. 
Kartoffeln werd. in 
Tauſch genommen. 
Anzuſeh. 10-11 Uhr 
Eichbergſtr. 18. (*26888
 11. 
Junger Hund 
wachſam, abzugeben. 
Näh. Geſchſt. (7922
 en rechteck. 
opl 
Hetldlen Broſche 
mit Inſchrift M. S. C., 
Tennis. Abzug. geg. 
gt. Belohn. Minkler, 
Heinrichſt. 89, III. (*28896
 Verloren 
            Donners=
tag auf Freitag doublé= 
Hornbrille von 
            Bis=
marckſtraße, 
            Pankra=
tiusſtraße-Rhönring. 
Der ehrl. Finder wird 
gebet., dieſ. geg. 
            Be=
lohn, abzugeb 
            Rhön=
ring 41, pt. (*26869
 Wohnungstauſch 
Darmſtadt 
Mannheim. 
Suche 2—3 Zimmer mit Küche in 
Darmſtadt. Biete 2 Zimmer mit Küche in 
ſchönſter Lage Mannheims. 
Angebote unter T 120 an die 
            Geſchäfts=
ſtelle dieſes Blattes, 
(7907
Darmſtädter Tagblatt
Handeisbia
23. Oktober 1923 Nr. 293
Handel und Wandel in Heſſen.
 * Darmſtädter Volksbank. Wie wir hören, iſt die 
            Darm=
ſtädter Volksbank e. G. m. b. H. als Deviſenöank zugelaſſen 
            wor=
den. Wir verweiſen auf deren Annonce im Anzeigenteil.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
 h. Uhrenfabrik, vorm. L. Furtwängler & Söhne 
A.=G., Furtwangen (Baden). Die Geſellſchaft erklärt ſich bereit 
ihre 5proz. Anleihe von 1920 zu 30 Mill. Mark für je nominal 1000 
Mark einzulöſen. 
h. Stahlwerke Richard Lindenberg A.=G., Baden= 
Baden. Das am 30. Juni abgelaufene Geſchäftsjahr ſchließt be 
4 Mill. Mk. Aktienkapital mit einem Rohgewinn von 144,7 und nach 
Abzug von Steuern und Unkoſten mit einem Reingewinn von 75,55 Mill. 
Mark ab. Hieraus ſollen 1500 Proz. Dividende ausgeſchüttet werden. 
Für die Auszahlung ſind Dollarſchatzanweiſungen eingeſetzt worden. 
Für 20 Gewinnanteilſcheine wird eine Dollarſchatzanweiſung zu 5 
            Dol=
lar oder Gegenwert ausgezahlt. Die Tochtergeſellſchaft Elektro=Stahl 
G. m. b. H. hat für das Jahr 1922 400 Proz. Dividende verteilt. Die 
Aktiengeſellſchaft hat von der Glockenſtahlwerke=A.=G. Richard 
            Linden=
berg, die auf ihren Beſitz fallenden jungen Stammaktien und 6 Mill. 
Mark 6proz. zu 115 Proz. rückzahlbare Vorzugsaktien erworben. 
h. Stahlwerk Becker —Stinnes. Die ſchon ſeit geraumer 
Zeit zwiſchen der Stinnes= und Becker=Gruppe ſchwebenden 
            Verhandlun=
gen wegen des Uebergangs der in unmittelbarer Nähe des zum Stinnes= 
Konzern gehörenden Bochumer Vereins gelegenen Becker=Zeche „
            Präſi=
dent” an den Stinnes=Konzern ſollen, wie die Kölniſche Zeitung erfährt, 
vor dem Abſchluß ſtehen. Ob es Stinnes wirklich verſtanden hat, ſich die 
Mehrheit der Aktien der Präſident=Zeche, welche bisher im Beſitze der 
der Becker=Gruppe naheſtehenden Induſtriellen Bankgeſellſchaft in 
            Düſ=
ſeldorf war, zu verſchaffen, ſteht noch nicht feſt, doch laſſen die in der 
            letz=
ten Zeit beobachteten Aufkäufe in dieſem Papier ſich nur damit in 
            Ver=
bindung bringen. In welchem Umfange die Gerüchte über eine 
            bevor=
ſtehende Intereſſengemeinſchaft der Stinnes=Gruppe mit dem Stahlwerk 
Becker und ſeinen Hochofenanlagen am Rheinufer zutreffen, war noch 
nicht feſtzuſtellen, doch liegt es nahe, daß ſich das Stahlwerk Becker ohne 
einen ſolchen Vertrag ſeiner Kohlengrundlage nicht begeben wird. 
* Reederei A. G. v. 1896, Hamburg-Kontinentale 
Reederei A. G., Hamburg. Unſeren ausführlichen Berichten 
über dieſe Geſellſchaft bzw. über die geplante Intereſſengemeinſchaft 
bzw. über Verſchmelzung der letzteren mit der erſteren tragen wir die 
a.v. G.=V.=Beſchlüſſe heute nach. Die a.o. G.=V. der Kont. Reederei=A. G. 
genehmigte den zwiſchen der Geſellſchaft und der Reederei=A. G. v. 1890 
abgeſchloſſenen Verſchmelzungsvertrag, wonach die Geſellſchaft ihr 
            Ge=
ſamtvermög n nach dem Stand vom 31. Dezember 1922 unter Ausſchluß 
der Liquidation überträgt. Den Aktionaren der Kont. Reederei=A. G. 
ſollen im Tauſch Aktien der Reederei=A. G. von 1896 gewährt werden. 
In der G.=V. der Reederei=A.G. von 1896 wurde die Erhöhung des 
Aktienkapitals um 10 Millionen beſchloſſen und der Antrag auf Fuſion 
mit der Kont. Reederei=A. G. gegen 70 Stimmen der Oppoſition 
            geneh=
migt. Ueber die Höhe des Kaufbetrages können laut Mitteilung im 
Intereſſe der Geſellſchaft keine Aufklärungen gegeben werden. Gegen 
3 Aktien der Kont. Reederei können 2 junge Aktien der Reederei=A. G. 
von 1896 eingetauſcht werden. 
h. Bergbau A. G. Fichtelgold zu Brandholz bei 
            Bah=
reuth. Die Verwaltung teilt uns mit: In der Aufſichtsratsſitzung vom 
16. Oktober d. J3. wurde feſtgeſtellt, daß in der Zeit von der Aufnahme 
des Pochwerkbetriebes an (22. Juli d. Js.) bis zum 30. September 
            ins=
geſamt 6158,9 Gramm Gold gewonnen wurden, wovon rund 300 Gr. 
noch auf den Amalganplatten liegen. Der Verkauf des übrigen Goldes 
hat nach Deckung ſämtlicher Betriebsunkoſten einen Ueberſchuß von rd. 
2 Billionen Mk. ergeben. Die Ausbeute in den erwähnten 2 Monaten 
war noch eine verhältnismäßig geringe, weil anfangs nur ziemlich 
            gold=
arme Haldenerze verarbeitet wurden und weil das in den Rückſtänden 
vorhandene Gold erſt ſeit Mitte September, nach Aufſtellung der 
            Schüt=
telherde, gewonnen werden konnte. Außerdem arbeitet der dritte 
            Fünf=
ſtempelpochſatz erſt ſeit dem 20. September. Auf Grund dieſes 
            Reſul=
tates beſchloß der Aufſichtsrat die Aufſtellung einer Aufbereitungsanlage 
auch für die ſchleſiſchen Goldgruben der Geſellſchaft bei Hußdorf.
Neugründungen.
 h. Süddeutſche Pappenfabrik. G. m. b. H., 
            Atzen=
bach (Wiſſental). Dieſe Geſellſchaft wurde mit 60 Mill. Mark 
            Ka=
pital gegründet. Der Verkauf der geſamten Produktion der Geſellſchaft 
liegt in den Händen der Kurt Wittig G. m. b. H., Stuttgart. Der 
Aufſichtsrat ſetzt ſich zuſammen aus den Herren Kurt Wittig (
            Stutt=
gart=Degerloch), Ernſt Backmeiſter (Stuttgart), Xaver Herr, Fabrikant 
in Atzenbach.
Warenmärkte.
Banken.
 h. Aüfnahme bes Frachtſtundungsverfahrens bei 
der Württ.=Badiſchen Verkehrs=Kreditbank, 
            Stutt=
gart. Das Inſtitut nimmt am Montag, den 22. Oktober, das 
            Fracht=
ſtundungsverfahren im Bezirk der Reichsbahndirektionen Karlsruhe und 
Stuttgart auf. Die Kunden der Bank genießen vierzehntägige 
            Fracht=
ſtundung bei allen Eiſenbahngüterkaſſen; die von den Kunden auf die 
Bank gezogenen Anweiſungen werden an allen Eiſenbahngüterkaſſen an 
Zahlungsſtatt für die geſchuldeten Frachtgelder angenommen. Die bei der 
Reichsbahn verlangten wöchentlichen Abſchlagszahlungen fallen weg. 
Auch ſonſt hat der Kunde der Bank Erſparniſſe an Zeit und Geld zu 
erwarten. Die Bank rechnet mit ihren Kunden halbmonatlich durch ihre 
Abrechnungsſtellen die Württembergiſche Vereinsbank, Stuttgart, die 
Rheiniſche Kreditbank, Mannheim und deren Filiale in Karlsruhe, 
Abgabeſtellen für die Anweiſungshefte ſind die Württembergiſche 
            Ver=
einsbank ſowie die Rheiniſche Kreditbank mit ihren ſämtlichen 
            Nieder=
laſſungen in Baden, Württemberg und Hohenzollern, die Allgemeine 
Garantiebank Verſicherungs=A.=G., Berlin, „Hermes”, Kreditverſiche= 
Kredit=Verſicherungsbank 
rungsbank A.=G., Berlin, und „Merkur” 
A.=G., Stuttgart. Die Errichtung weiterer Abgabeſtellen ſteht bevor.
 wb. Frankfurter Getreidemarkt vom 22. Oktober. 
Von größeren Abſchlüſſen war auch heute am Getreidemarkt nichts zu 
bemerken, da die Forderungen zu hoch ſind. Beeinflußt war das 
            Ge=
ſchäft ferner durch die Bewegung der ausländiſchen Zahlungsmittel und 
Geldverſteifung. Das Kaufintereſſe erſtreckte ſich auf Weizen und 
            Rog=
gen, deren Preiſe feſt liegen; ebenſo war Weizenmehl ſtark begehrt. 
Roggenmehl ſtellte ſich ebenfalls höher. Hafer und Gerſte bei erhöhten 
Preiſen ruhiger. Futtermittel liegen gleichfalls feſt, doch iſt hier die 
Nachfrage weniger lebhaft. 
Amtliche Notierungen: (Getreide Hülſenfrüchte und Biertreber 
ohne Sack, Weizenmehl und Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilo. Die 
Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung in Milliarden Mark.) 
Weizen, Wetterauer 150—165, Roggen 145—150, Sommergerſte 130 
bis 140, Hafer, inländiſcher, 110—140, Weizenmehl, ſüdd. Spezial 0, 
bei Waggonbezug ab Mühlenſtation 250—260, Roggenmehl 220—230, 
Weizen= und Roggenkleie 50—60. Tendenz: ſehr feſt, aber unſicher. 
r. Vom=Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter ſchreibt 
uns: Nachdem lange genug durch die Inflationspolitik der Reichsbank 
auch für die Holzwirtſchaft, beſonders vielfach für illegale Vertreter 
            der=
ſelben, ein nicht vertretharer Gewinn entſtand, iſt endlich die preußiſche 
Staatsforſtverwaltung dazu übergegangen, die bereits angeſetzten 
            Ver=
kaufstermine aufzuheben und die Anberaumung neuer zu unterſagen. Es 
ſoll, was ſchon längſt hätte geſchehen müſſen, die Einführung der neuen 
Währung abgewartet werden, damit nicht durch verſpätete Bezahlung des 
gekauften Rohholzes eine ungerechtfertigte Bereicherung der Holzkaufer 
in den ſtaatlichen Forſten eintritt. In dieſem Zuſammenhang muß darauf 
hingewieſen werden, daß gegen die Holzkäufer auf der anderen Seite 
nicht ungerecht verfahren werden darf. Sobald die Berechnung der 
            ſta=
bilen Währung auch bei den Forſtverkäufen eingeführt iſt, muß 
            unge=
ſäumt an die Ausarbeitung eines zeitgemäßen und auch den Intereſſen 
der Käuferſchaft dienenden Stundungsplans herangegangen werden. Es 
iſt der Sägewerksinduſtrie, darüber muß man ſich klar ſein, unmöglich, 
den Nohholzeinkauf aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Es beſteht auch 
kein Grund, der gegen die Einführung eines geordneten 
            Stundungs=
kredits, wie er vor dem Krieg beſtand, ſprechen könnte. Freilich darf ein 
Kredit nur dort gewährt werden, wo er am Platz iſt, und es ſollen 
berufsfremde Elemente ſelbſtverſtändlich vom Holzeinkauf ferngehalten 
werden. Die Lage des Holzmarktes an ſich iſt zurzeit äußerſt 
            undurchſich=
tig. Die Abſchlüſſe, die zuletzt erfolgten, ſind weniger auf einen 
            tatſäch=
lichen Bedarf, ſondern vielfach darauf zurückzuführen, daß Holzhändler, 
die durch Verkäufe über flüſſige Mittel verfügten geneigt waren, dieſe 
wieder in Ware anzulegen, und zwar außerhalb ihrer eigentlichen 
            Nie=
derlaſſungen. Bei den unrußigen innerpolitiſchen Verhältniſſen ſucht man 
die Riſiken der Holzeinlagerung zu vermindern,
  
Borſen.
 * Frankfurter Börſenbericht vom 22. Oktober 
1923. (Eigener Bericht.) Die Schwierigkeiten des Reiches auf außen= 
und innerpolitiſchem Gebiete, mehren ſich von Tag zu Tag. Infolge 
der Vorgänge der letzten Zeit in Sachſen, Bayern und dem Rheinland 
kennt der Peſſimismus für die Mark kaum noch Grenzen. Die 
            Devifen=
kurſe konnten ſich im Laufe des heutigen Vormittags in überſrürzendem 
Tempo vervielfachen. 
Die Effektenbörſe verſuchte ſich dieſen Verhältniſſen anzupaſſen. Bei 
verhältnismäßig kleinen Umſätzen konnten ſich die Aktienkurſe faſt überall 
verbielfachen. Kursſteigerungen im Verhältnis zu der ſeit der letzten 
Börſe fünffachen Deviſenſteigerungen kamen jedoch nur in wenigen 
            Fäl=
len vor. Die Kurſe waren im allgemeinen um das zwei= bis dreifache 
geſteigert. Der Geldmarkt war knapper. Tägliches Geld wurde mit 20 
Prozent gezahlt. Von den wertbeſtändigen Anleihen waren Goldanleihe 
und Dollarſchätze heute gleich und mit 60 Milliarden wieder über 
            Pari=
tät. Von alten Deutſchen Reichsanleihen erzielten 3½proz. Bahern mit 
10 Milliarden rat, eine 20fache Kursſteigerung. Von chemiſchen Werten 
Scheideanſtalt. 150 rat., Holzverkohlung 120 rat. verdreifacht. Bei den 
Anilinwerten ergaben ſich ebenfalls drei= bis vierfache Kurſe. Von elektr. 
Werten Licht und Kraft plus 58 Milliarden, Reiniger, Gebberr u. Schall 
plus 31, ſehr feſt. Annähernd verdreifacht Gummipeter mit 10 
            Mil=
liarden rat. Am Markte der Maſchinen= und Metallwerte kam es infolge 
von Materialmangel zu zahlreichen Rationierungen und 
            Kursſtreichun=
gen. U. a. waren Lokomotiven Kraus 90, Moenus 10 rat., beide 
            verdrei=
facht. Metallgeſellſchaft 200 rat., vervierfacht. Zuckeraktien erzielten 
drei= bis vierfache Kursverbeſſerungen. Außerordentlich große 
            Kurs=
ſteigerungen gab es wieder am Montanaktienmarkt, wo Harpener mit 
950 die 10=Billionengrenze ſtreiften, ſonſt waren Deutſch=Lux. 600 rat. 
plus 300, Rheinſtahl 500 plus 380. Von Oberſchl. Werten Caro 190 rat., 
Laura 200. Am Einheitsmarkt kam kaum noch Material heraus. Neben 
äußerſt zahlreichen Kursſteigerungen mußten faſt alle Zuteilungen 
            ratio=
niert werden. Von beſonderen Kursbeſſerungen ſeien genannt: Bad. 
Maſch. 200 rat., verfünffacht, Leder Reeringk 18, verdreifacht, Jetter 
u. Scherer 150 rat., verdoppelt, Roeder 30 plus 24, verfünffacht. Im 
freien Verkehr hörte man: Allg. Bankverein 2, Beckerſtahl 80/90, 
            Becker=
kohle 85/95, Benz 45/55, Brown Boveri 20, Georgi 4, Growag 8,5 bis 7,
 Karſtadt 10/12, Kayſer Waggon 2½, Kreichgauer 7/9, Meher Textil 8/9, 
Tiag 10/25, Ufa 35/30. Die Börſe ſchloß in weiterer feſter Haltung. 
* Berliner Börſe. (Priv.=Tel.) Der Zuſammenbruch der 
Papiermark, ſchreitet in raſendem Tempo fort. Den äußeren Anſtoß 
hierzu für die bei Beginn dieſer Woche einſetzende Deviſenhauſſe gab die 
Verſchärfung des Konflikts zwiſchen der bayeriſchen und der 
            Reichs=
regierung und der Putſch in Sachſen. Durch die 
            Generalſtreikpropa=
ganda der Kommuniſten iſt außerdem eine ſchwüle Kataſtrophenſtimmung 
in der Reichshauptſtadt entſtanden, die naturgemäß auch den 
            Börſenver=
kehr nachhaltig beeinflußte. Die Reichsbank ſtand den ſprunghaften 
Steigerungen der Deviſen machtlos gegenüber. Im Verlauf der Börſe 
trat allerdings eine leichte Senkung der Kurſe ein, da die Nachrichten 
aus dem Weſten erkennen laſſen, daß die Ausrufung der Rheiniſcher 
Republik nichts als ein Akt von begrenzter Bedeutung iſt. 
            Dollarſchatz=
anweiſungen, die bereits über 45 Milliarden geſtiegen waren, wurden 
gegen 1 Uhr mit 38 Milliarden gehandelt. Amtlich notierte Kabel Neu= 
York 40 Milliarden, London 180 Milliarden. Es wurden zugeteilt Ner 
York 50 Prozent. Die Effektenbörſe ſtand im Zeichen ernſter Sorge 
über innere Unruhen bei Beginn des Geſchäfts. Gerüchte, wonach mit 
einer ſofortigen Schließung der Börſe zu rechnen ſei, erwieſen ſich je 
doch als unbegründet. Immerhin rechnet man mit der Möglichkeit, daß 
Banken= und Börſenverkehr in den nächſten Tagen Unterbrechungen er 
fahren könnte. Infolgedeſſen zeigt ſich ſo gut wie keine Unternehmung 
luſt. Die Umſätze in Effekten ſind ganz unbedeutend. Dementſprechend 
ſind auch die Kursſchwankungen zu bewerten. Am Geldmarkt hat ſie 
die Lage noch verſteift. Es werden 10 bis 12 Prozent für tägliches Geld. 
in einzelnen Fällen ſogar darüber gezahlt.
w. Deviſenmarkt. Frankfurt a. M., 22, Okt. Telegr. Auszahlungen
 Antwerpen=Brüſſel. 
Holland ..........." 
London ............ 
Paris .............. 
ſchweiz... .. . . ... .." 
Spanien ..........." 
Italien ............ 
Liſſabon=Oporto. . . . . 
Dänemark .... . . . .. . 
Norwegen .......... 
Schweden .... .. ..." 
Helſingfors ......... 
New=York .... . . . ... 
Deutſch=Oſterr, (abg. 
udapeſt . . . . . . . . . . . 
*rag .............. 
 
Sofia ....."
 Berliner Kurſe. (Eigene telegr. Meldung.) 
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000000.
 Aktiengeſ. ſür Anilinfr. 
Aſchaffenburger Zellſtof 
Ausgb.=Nürnb. Maſd 
Berl.=Anhalt=Maſchinen 
Bk. f. Elektr. W. vorzug. 
Zismarckhütte 
..... 
raunkohlen=Br 
ett .. 
Bremer Vulkan .. . . .. 
Wolle. ... . . . .." 
Chem. Heyden ........ 
Weiler ........ 
Deutſch=Atlant. Tel.. 
Deutſche Maſchinen ... 
Deutſch=Niedld. Tel. .. 
Deutſche Erdöl ......." 
Deutſche Petroleum". 
Dt. Kaliwerke 
.. 
Berlin- Karlsr 
Donnersmarckhütte . ... 
Dynamit Nobel ......" 
Elberfelder Farben ... 
Elektr. Lieferung ...... 
R. Friſter .. 
 
Gaggenau 
H. .... 
Gelſenk. Gußſtahl ....." 
Geſ. f. elektr. Untern. 
Halle Maſchinen .. . . . ."
4. Hanſa Dampfſch.. . . . . . 2i 46000 5000 Hemoor Zement ....." 150 0000 Hirſch Kupfer....... 850( 65000 .....
Höſch Eiſen ... Hohenlohe
ke..... 55000 100000 hla Porzellan ..... Lindes Eismaſch.. ... — gel Schuh ........ 1750 37000 nke & Hofmann .... L. Loewe & Co. ...... 6300 Lorenz ......! 15000 40000 eguin . . . . . . . . . . . . . Lauſitze
le... 195C00 10000 ſordd. Gummi ....... 180000 Orenſtein
R 105000 25000 tathgebe
gon. . .. ind.) 105000 du00 Rombacher Hüt
m... Roſitzer Zucker ......." 188 65000 Rütgerswerke. . .. .. . . M 160000 Sachſenwerk......... 30000 ächſiſche Gußſtahl ... jemens Glas.... Folkſtedter Porzellan 39 zM Beſtf. Eiſen Langendreer 56000 Wittener Gußſtahl ..." 18000 30000 Wanderer=Werke .. . . . . 25000
A
1000
 1- 
Darmſtadter und Ntationarbank, Kommandit=Geſenſchaft auf Aktien.
 Europäiſche Staatspapiere. 
a) Deutſche 
5% Reichsanleihe. . . . . . .. . . .. 
49 
coaaa-., 
3½½ 
aDoo 
8% 
„........... 
Dollar=Goldanleihe .......... 
tzanweiſungen ...." 
TF und l. Schatzanweiſ. 
—lK. 
tienanleihe ......... 
pangsanleihe, zaaaaaasass 
48 Preuß. Konſols „.n.., 
„ 
8½% „ 
 
42 Bad, Anl, unk. 1935...... 
v. 1907.... . . 
jayern Anleihe ........ 
aoooaa- 
41 
Heſſen unk. 1924 ........ 
31 
%o „ .. 
„oa 
Württemberger ........." 
4. 
b) Ausländiſche.
 5% Bosnien L.=E.=B. v. 1914 
„ L.=Inveſt.=Anl.v. 1914 
520 
. 
4½% „ v. 1902.... ......" 
„" 
„ 
.. 
1902 ..... 
62 Bulgar. 7 
% Griech. Monopol ......" 
17 
%0 Oeſt. Staatsrente v. 1913 
R. Af 
½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr. 
v. 1914 ...... ........ 
4% Oeſt. Goldrente ........" 
4% „ einheitl. Rente .....
 5% Rum. am. Rente v. 03 
4½% „ Goldrente v. 18 
am. „ konv. .. 
„ „ v. 05 „ 
42
 42 Türk. (Admin.) v. 1903 ... 
(Bagbad) Ser. I. 
H.. 
v. 1911, Bollanl. .. 
4½% Ung. Staatsr. v. 14.... 
Goldrente ....... 
taatsr. v. 10.... 
ronenrente ..... 
42 
Außereuropäiſche. 
5% Mexik. amort, innere. . ... 
„ konſ. äuß. v. 99 .. 
Gold v. 04, ſtfr. .. 
konſ. innere 
gationsan 
½% 
Tamaulivas, Sertel .. 
Oblig. v. Transportanſt. 
kliſabethbahn ſtfr. . . 
2o Gal. Carl Ludw.,Bahn. 
5% Oeſt, Südb. (Lomb.) ſtfr.
12.50 60000ra 13.500 60000 700 21
240 50 100
40 0 z 1 7500 45000
— — 4000 3800
— —
— 10000 30000 8500 8500 510 8500 39000 195000 30 290000 4350 220000 00 6000 3000
Die Notierungen ſind in Million o ausgedrückt.
 O4 
Oa 
Frankfurter Kursbericht vom 22. Oktober 1920
 Oblig. v. Transportanſt. (Ftſ.) 
3% Oeſt. Staatsb. 9. Em. „.. 
Oeſt. Staatsb. v. 1885 
Oeſt. Staatsb. b. Erg. N 
2 Rudolfb. (Salzkammerg.). 
Anatolier I...... 
42% 
- 
Salon Conſt. 
n.. 
Salonique Monaſtir ..... 
ehuantepee ............ 
½% „ 
 
Pfandbriefe. 
Frankf. Hyp.=Bank 1920... 
1921 
frankf. H. Krd.=Ver. 1 
Nein, Hhp.=Bank: 
 
fälz. 
... 
3 Rhein. „ 
1923 ... 
 
verl. 
* 
3 
üdd. Boden=Cred.=Ba 
München 1906 ......asasy
 2,6% Alte Oeſtr. Südb. (Lomb.). 
2,6%Neue 
 
48 Oeſt. Staatsb. v. 1883.... 
3% Ocſt. Staatsb 1. b 8. Em.
 80 
28000
32500
 10000 
200000
 26 Heſſ. Ldhhp.=Bank Pfdbr. 
½2% Heſfi. Ldhhp.=Bk. Pfdbr. 
4% Heſſ. Ldhyp. Kom. Obl.... 
deutſche Städte. 
490 D 
mſt. v. 1919 bis 1925.. 
3½½ Darmſt. v. 1905 ....... 
4 
Frankfurt v. 1913.... . . . 
v. 1903.. 
3148 
..." 
425 Mainz. v. 1919 bis 1 
NachSachwert vz. Schuldverſchr 
50o Badenwerk=Kohlwert=Anl 
52Ig Sächſ.Braunk.=Anl. Ser.1 u. 
ſank=Aktien. 
Bank für Brauinduſtrie ...... 
Barmer Bankverein ......... 
Berliner Handelsgeſellſchaft .. 
Commerz= und Privatbank .. 
Darmſtädter u. Nationalbank. 
Deutſche Bank ............. 
DeutſcheEffekten= u. 
chſelbank 
Deutſche Vereinsbank ........ 
Disconto=Geſellſchaft . . .. . . . .. 
dresdener Bank ............ 
kfurter Bank ........ .. ." 
allbank. . . 
...... 
elder 
ditbank ... 
Oeſterreichiſche Creditanſtalt .. 
Reichsbank=Ant. .. . .. . . ..... 
Rhein. Creditbank .... . . . . . ." 
Süddeutſche Disconto=Geſellſch. 
Weſtbank ... . . . . . . . . . . . . . . . . 
Wiener Bankverein ......... 
Bergwverks=Aktien. 
Berzelius .................. 
Bochumer Bergb. ...... . . . .. 
Buderus.. . 
.... 
Dt. Luxemb 
er ............ 
Eſchweller, Bergwerks-Akt.... 
Gelſenkirchen Bergw. ..... .. 
Harpener Bergbau .......... 
Kaliwerke Aſchersleben ...... 
Weſteregeln ....... 
Lothringer Hütte .. . ........" 
Mannesmann Röhren ......"
* 560 —
—
—
55000 —
140000 4000 10000 200 4000 13
1000/ 40000 5000 400 240( 100( M 20 10000 fiud 40000 20 6000 520 220 3300 800 18000 12000 30000 1300 500 1575 9000 40000 6C000 500 20000 ) 300000 600000 100000 230000 950000 60000 20000) 70000 85000 —
 Bergwerks=Aktien (Fortſ.) 
Oberbedarf 
Oberſchleſ. Eif. 
en CCaro) ......" 
hönix Bergbau ............ 
Rhein. Stahlwerke .......... 
jebeck Montan.. . . . . 
Tellus Bergb.= u. Hütt 
Ver. Laurahütte . . . . . . . . . . . . . 
Aktien induſtr. Unternehmung. 
Brauereien 
Henninger Kempf=Stern . . . . . 
Löwenbräu 
ünchen ....... 
Schöfferhof (Binding) ....... 
Werger ...................
 Mi He e 
ldler & Oppenheimer .. .. ... 
Adlerwerke (b. Kleher)...... 
A. E. G. Stamm. . . . 
„ 
Anglo=
            Continental=
v... 
Aſchaffenburger Zelſtoff ... 
Badenia (Weinheim) .. . . . . . 
diſche Anilin= u. Sodafabrik 
Bad. Maſchf. Durlach 
.. 
Bad. Uhrenfabr, Furtt 
en 
ſt Nürnberg ............." 
iſch. Spiegel ........... 
Beck & Henkel Caſſel) „nn.. 
mann El. Werke ........ 
Bing. Metallwerke, aaunaaas 
Brockhues, Nieder=Walluf.. . .. 
gementwerk Heidelberg ......" 
Karlſtadt .. . . . . . . 
Lothringer 
8). 
Chem. Werke Albert........ 
riesheim Elektron .... 
Mayer Alapin.. . . . . . . 
* 
Weilerter=mer ........ 
Daimler Motoren „Berl 
. 
Deutſch. Eiſenhandel 
in 
dt. Gold= u. Silberſcheideanſt. 
Dingler, Zweibrücken ....... 
dresdener Schnellpreſſen ..... 
ürkoppwerk (Stamm)... . . 
Düſſeld.=Ratinger (Dür.) .... 
Dhyckerhof & Widm. Stamm. 
ſiſenwerk Kaiſerslautern ..... 
ſenwerk L. Meher fr. .... 
Elberfelder Farb. v. Baher .. 
Elektr. Lieferungs=Geſ.... 
Licht und Kraft ...... 
Elſäſſ. Bad. Wolle.. ......... 
Emag, Frankfurt a. M. ... . . 
Emaille &. Stanzw. Ullrich .... 
Enzinger Werke ...... .. ... . 
Eßlinger Maſchinen ......... 
Cttlingen Spinnerei ......... 
Faber, Joh., Bleiſtift... . . . . . . 
Faber & Schleicher.........." 
Fahr, Gebr., Pirmaſens. . . . . . 
Felten & Guilleaume, Carlsw. 
Feinmechanik (Jetter) ...... 
Feiſt Sektlellerei Frankf. a. M. 
Frankfurter Gas.. . . . . . . . . . . . 
Frankfurter Hof ..........."
 19. 10. 
51000 
100 
110000
 10000 
58000
 3000 
70000 
6000 
21500
 40000 
4500 
45000 
40000 
20000
 400 
12000
 22. 10. 
170000 
190000
 Haiidie 
500000 
30000 
140000
 17000 
55000
 100000 
7000 
200 
45000
13000
 36000 
12000 
50000 
6000 
50( 
3200 
400 
7000
 J0 
10000 
6000 
8000 
6000 
13000 
2030 
10000 
2003 
15000
10000
 20000 
000 
8000 
85000 
800 
1609 
5800
 101000 
80 
1000 
10000 
45000
55000
 140000 
14000 
20000 
15000 
150000 
27000
 Fkf. Maſch. Pokornh & Wittek. 
Fuchs Waggon Stamm.. . .. 
Ganz, Ludwig, Mainz ....... 
ig E Cie. ..... .. . .. . ... 
Gelſenkirchen Gußſtahl zuuass. 
Goldſchmidt Th.. 
...
 er Maſchin. Durlach .... 
. 
erſen (Osnabrück) ...... 
.. 
Hanfwerke 
iſſen 
Heddernhein 
upfer ....... 
Hehligenſtaedt, Gießen ...... 
Hilpert Armaturenf. . . . . . . . . . 
Hindrichs=Auffermann ......
 20 0dD Feſkan lezi. 
Höchſter Farben u4.ssna4 
Holzmann, Phil. ........ 
Holzverk =Induſtr. .. . . .." 
Hotel A.=G., München ... 
Hydrometer Breslau. .. . 
Inag. .. . . ." 
. 
Junghans Stamm.. . . . .. 
Karlsruher Maſchinen.. 
Klein, Schanzl. & Becker 
Konſervenfabrik Braun”, 
Krauß & Co., Lokom.. . . 
Lahmeher & Co. ......." 
Lech Augsburg ......... 
Lederw. Rothe ......." 
Lederwerke Spicharz ... 
Löhnberger M 
 
züdenſcheid Meta 
liw ... 
ur ’ſche Induſtrie ...... 
Mainkraftwerke Höchſt.. 
Neguin, Butzbach ......
 Meher, Dr. Paule zueauus. 
ſiag, Mühlenb., Frankf. a. M. 
venus Stamm. . . . . . . . . . . . 
Motorenfabr. Deutz .. an.44 
Motorenfabrik Oberurſel ..... 
Neckarſulmer Fahrzeugwerke .. 13000 
Neckarwerke Eßl. Stamm.. ..
 16000 
150000 
40ndu 
80000
10000
 50000 
3 
1
 150000 
3000 
10000 
2000
Oleawerke Frankfurt a. M.
 Pfültz. Nahm., Kayſer zuuta= 
Philipps A.=G..... .. . ... . 
Porzellan Weſſel ......... 
Reiniger, Gebbert & Schall 
Rhein. Elektr. Stamm.. . .
 Meich Lonlie u 
Nhenania, Aachen .......! 
Riedinger Maſchinen .... 
Nückforth, Stettin ........." 
Rütgerswerke ............" 
Schleußner (Fre 
furt a. M.) 
Schneider & Hanau ......
 Schramm Lackfabrik. .4. 
Schuckert Elektr. (N 
Schuhfabrtik Berneis=BBeſtel
100 15000 500 12000 20 15000 100000 25000 36000 125000 zu 120000 20000 23000 10000 45000 1000 150 140 140000 20000 20000 5000 2 . 45000 20000 55000 1000 15000 30000 — 350 12000 8000 3254 100c00 16000 50000 30000 6300 8300 60000 50000 R. 3500 10000 10000 40000 10000 60000 9000 40000 50000 3900 8500( 31000 150000 30000 2000 6000 52000 13500.1 Jo 10000 35 35000 500 35000 400 10000
 Schuhfabrik Herz...... .. . . .. 
Schuhf Leander Offenbach ... 
Seilinduſtrie Wolff ........." 
Sichel & Co., Mainz......... 
jemens Elektr. Betri 
be ..." 
Siemens Glasinduſtrie ....... 
Siemens & Halske ........." 
Stöckicht=Offenbach=Gummi. . . 
Handelsvereinigung. . .. 
utſche Immobilien .... 
Thüringer eleft. Lief.-Geſ., Gotha 
Uhrenfabrik Furtwängler ..... 
Beithwerke in Sandbach 
Verein f. Chem. Induſtr. M 
Mannh 
Verein, deutſch. Olfal 
Gummifabr. Bln.=Frkf. 
„ 
Pinſelfabr. Nürnberg .. 
„ Ultramarin ..... ....." 
Zellſtoff Berlin.. ..... 
Vogtländ. Maſch. Vorzüge.. .. 
nme.. 
Voigt & Haeffner Stämme.. . 
Voltohm Seil .............." 
Wahß & Fret 
19 „.. 
rik .........." 
Wegelin Ruß 
Zellſtoff Waldhof Stamm.... 
Zuckerfabr. Waghäuſel ......." 
kenthal ......" 
F 
Fl. 
bronn ........" 
Offſtein „snann. 
Rheingau ........" 
 
„ Stuttgart ... .. . ..
 Rſe 
Schantung E. B. .........." 
Süddeutſche Eiſenbahn=Gei. 
Hapag (Paketfahrt) .........." 
Nordd. Lloyd .. ...... ......" 
Oeſterr.=Ungariſche Staatsbahn
 22. 10 
1 
Be
 55000 
13000
 H 
5500r:
 5000 
45000 
15(
3500(
 350000 
67500
Bahnbedarf
... Dampfkeſſel Rodl
9........
Helvetia Konſervenfabrik. . .
Gebr. Lutz ........... ......"
Motorenfabrik Darmſtadt ....
Gebr. Roeder ............... 4000
10040
6000
2200
6000
10000 Venuleth & Ellenberger ....." Annotierte Aktien.
Beckerkohle ... .............." 35000 Beckerſtahl . . . . . . . ... ... .. .." 37000 Benz.... .. . . . . . . . . . .. . .. .. . 1100 Brown Boveri ............."
Cont. Handelsbank ..........
Growag. .. . . . . ...... . . ...." Hanſa Llohd ............... M.
Kabel Rheydt ............."
Karſtadt R. ............... 6500 Mannsfelder ............... Petroleum, Dtſche. .........
Raſtatter Waggon .........." 75000 Text.=Ind. (Barmen (Tiag) ...
Ufa Film .. . . . . . . . ........" 11000
 6000 
0000 
 
000 
30004
 103009 
10 
1i 
*= 
130
 1200 
70 
1600 
160 
50000
4462s 53 750000 1000C
Bi870000000. 500000 35587 500000 262500.— 3737500.— B192000000 — 08 000000.— 2089 812500. 2081 187500. 9675 650000 9724 250000.— 1596 000000. 160 4 000000 15733 125000.— 6766 875000 — 313712500.— 516 287300.— 12294 250000.— 2303 750000.— 1945 125000 1954 875000. 8977 500000.— 9022 500000.— 5500000 1804500000 7780500000.— 7819500000.— 2 92500000. 3007 550000. 12718125000. 12781875000. 260 65 0000.— 114
50000. 11528750000 25860 000000. 56140 000000. 9600.— 160400.— 025.— 1925.— 3750.— 301250.— 2992500.— 3007 500.— 5000.—
B2y 330825000.— 1546 125000.— 1553 075000.— 1104737500.— 105 262500 — t. Berlin, 22. Oktober Telegr. Auszahlungen für:
ver DMiufe
Geld.
Afe Nfe
Brief 1V0rau
Geld 4 Amſterdam=Rotterdam 4498300000. 4691700000. 5561000000. He Brüffel=Antwerpen ... 1614460000 617540000. 2045900000.— 401 riſtiania . . .. . .. .. ." 5000.
Ve 1854625000. 61446(0000.— 31754000 Kopenhagen ........" 70000. 97230000. 42600000.— Stockholm .. . . . . . .. .. 8136140000. 3151860000. 10473750000. Helſingfors .........." 7205000. 318795000.— U55350000. Italien . .. . . .. ... .... 1000 541350000. 1789= ondon .. ...... 100 54135000000 79550000 New=York ..........." iis70000 030000000 Paris ......... ...... 215000. 15785000 9.—
1an 8000 Schweiz... . . . . . . . ... 135600000. 214535000 5000.— 478 Spanien ............" 1302970000. 1616030000. 6346600 10000.— 537340 Wien (in D.=Oſterr. abg.) 167580. 168420.— 564585.— Prag ......... .. .... 90.—
355‟
Fa
91000.—
35 uus5030000. 11909: Budapeſt.. .. . . . .. . . . 671675.— 2194500.— Buenos=Aires . . . . . . . . 38703
000. 889700000. 127680000 00. 30000 Bulgarien .........." .—
10710000 6290000.— 0.—
381045 Miu Japan ......... ..... Ne 5814500040. do
1255 300000 Rio de Janeiro ...... 108
0000. 750000. 3650850000.— 5000 Belgrad. . . . . . . . . . . .. 141
000.— 1000.— 484785000.— 7215000. Liſſabonn. . . . . . . . . . .. 470
0.- Fol0.
147 1596000000—
— 1604000000.— — Sofia .......... ....." — [ ← ][ ][ → ]
Nummer 18
Beilage zum Darmſtädter Tagblatt
23. Oktober 1923
 Von E. Zeh, Heppenheim a. d. B. 
weltberühmt: 
„Hätt ich Venediger Macht, 
Augsburger Pracht, 
Nürnberger Witz, 
Straßburger Geſchütz 
und Ulmer Geld. 
So wär ich der Reichſte in der Welt.” 
Eine muſtergültige Verfaſſung, an der 151 Jahre lang nicht 
gerüttelt zu werden brauchte, förderte Handel und Wandel dieſer 
Stadtrepublik. In dem berühmten Fondaco dei Tedesci, dem 
ſtattlichen Warenhaus der deutſchen Kaufleute in Venedig, 
            ſpiel=
ten die Ulmer Handelsherren eine maßgebende Rolle. Ein 
            be=
deutender Ausfuhrartikel Ulms waren die Erzeugniſſe ſeiner 
Weber. Beſonders ſchätzte man die Ulmer Zeugdrucke. Die 
Ueberlieferung weiſt aber nachdrücklich noch auf ein zweites 
blühendes Gewerbe Ulms hin, auf die Spielkartenfabrikation. 
Das Kartenſpiel wurde von den Arabern in die romaniſchen 
Länder gebracht. Durch die Vermittlung Italiens und 
            Frank=
reichs kam es in der Mitte des 14. Jahrhunderts, auch nach 
Deutſchland. Und wir wollen auch verraten, daß ſich ſogar 
Frauen in ihren ſogen. „Karthöfen” dem Spielkartenteufel 
            hin=
gaben. Ulms Spielkarten gingen in alle Welt. In den 
            Werk=
tätten der Spielkartenmacher wurden aber auch jene beſonders auf 
Wallfahrten verteilten, ſchlichten Heiligenbilder hergeſtellt, von 
einfachen Handwerkern gezeichnete und kolorierte Blätter, die 
man auch zum Schmuck der Wohnungen und kleiner Hausaltäre 
benützte, ferner Ablaßbriefe, Kalenderblätter, Einzelblätter zur 
Paſſionsgeſchichte, zu den zehn Geboten, den ſieben Sakramenten, 
die man meiſt mit kurzen Beiſchriften verſah. Deshalb nannte 
man die Kartenmaler auch Brieſmaler (Brief, breve — kurzer 
Bericht). Das Gewerbe der Kartenmacher und der Zeugdrucker 
bereitetze num im Verein mit der kulturellen Blüte der Stadt den 
denkbar günſtigſten Boden vor für das Emporblühen des Ulmer 
Holzſchnittes und der damit aufs engſte verknüpften 
            Bücher=
illuſtration. Man brauchte ja nur das bereits im 14. 
            Jahr=
hundert geübte und vom Orient übernommene Druckverfahren 
der Zeugdaucker auf Papier zu übertragen, um ſo einen 
            Holz=
chnitt zu erhalten. Wann und wo man zuerſt auf dieſen 
            Ge=
danken kam, bleibt wohl im Dunkel der Geſchichte verborgen. 
Fedenfalls iſt aber die Technik des Holzſchnittes und ſeine 
            maſſen=
jafte Verbreitung untrennbar verbunden mit dem Auflommen 
der im Vergleich zum koſtbaren Pergament weit billigeren 
            Papier=
ſerſtellung im 14. Jahrhundert, die die Araber als ein von 
            Oſt=
ſien übernommenes Geheimnis ſo lange zu hüten wußten. Um 
1400 iſt jedenfalls in Deutſchland der Bilddruck mit Holzſtöcken 
ſicher nachweisbar. Deutſchland wurde zum klaſſiſchen Land 
dieſer ſtets dem Handwerklichen ſo nahe verbundenen 
            künſtle=
iſchen Technik, die ſich durchaus in den Dienſt einer 
            unverbil=
deten Volkskunſt ſtellte. Hören wir num von Ulmer Zeugdruckern, 
o gab es in Ulm Formſchneider, d. h. Herſteller von 
            Druck=
töcken genug, deren zunächſt den Schreinern verzünftete Kunſt 
nan auch für die Aufgaben des neuen Bilddruckes in Anſpruch 
ehmen konnte. Ueber die zünſtige Arbeitsteilung der 
            Form=
chneider, Bilddrucker und Briefmaler — die Einblattdrucke 
varen anfänglich ausnahmslos für nachträgliche Bemalung 
            be=
timmt — beſteht noch keine reſtloſe Klarheit. Einem Prozeß 
wiſchen dem Augsbunger Drucker Günther Zainer und den 
Augsburger Briefmalern können wir jedenfalls entnehmen, daß 
der Bilddruck Sache der „Briefmaler” war. Auch das kann wohl ten Fabeldichters Aeſopi” nach 1476 erſchienen. Ferner kam bei 
ungenommen werden, daß die Formſchneider mehr aus den 
Reihen der einſtigen Buchzeichner hervorgingen und einfach die 
Technik der Modellherſtellung für den Zeugdruck übernahmen, 
vährend ſich die ſpäteren Buchdrucker aus dem Gewerbe der 
Buchſchreiber rekrutierten. 
Die monumentale Wirkung der älteſten noch erhaltenen 
            Holz=
ediglich bedingt durch den großzügigen Umrißſtil und die nach= in der Darſtellung der Gewänder, wie er uns dann in der 
            Wohl=
rägliche, an die Glasmalerei erinnernde Füllung der Flächen gemutſchen Bücherilluſtration entgegentritt. 
nit Farbe zwiſchen den beſtimmt gezogenen Konturen, die man 
nit den Bleirippen der Glasfenſter vergleichen könnte. Ueber 
Die primitiven Holzſchnitte” (Holbein=Verlag, München 1922), 
ind Bäume und Gewäſſer grün, Gewand blau oder rot, das 
Dingen die traumhafte Unwirklichkeit der Legende.‟ Einige 
ſeſchrieben. Es bereitete nun keine Schwierigkeit, einen zu dem 
Silde paſſenden kurzen Text mit auf den Holzſtock zu ſchneiden, ſchnitt vervielfältigt wurden. Die Hollſche Kosmographie iſt auch 
Stellte man mehrere ſolche Blätter mit Textſtellen zu einem 
            ein=
ſeitlichen inhaltlichen Ganzen zuſammen, ſo erhielt man die 
nöglich war. Man nannte ſie Blockbücher, weil Bild und Text Rheinheſſens) nennt. 
iner jeden Seite von einer einheitlichen Holztafel, einem Block, 
ibgedruckt waren. Um 1476 wurde in Ulm ein derartiges 
            Block=
ganze deutſche Sprachgebiet verbreitetes Vorbereitungsbuch auf 
holzſchnitte der Name des Herausgebers „ludwig ze olm s) Artickel des chriſtenlichen gelaubens” (1485), „Th. Lirer, Schwä= 
Ulm ſteht, deſſen Einblattholzſchnitt „Chriſtus am Kxeuz” in der 
Kreuzigungsfragment des Meiſters von Flemalle im 
            Frank=
furter Städel verrät. 
der Verbreitung der genialen Erfindung Gutenbergs, des Druckes 
dem mühſamen Einſchneiden der einzelnen Worte auf den Holzblock 
ſich auch das Blockbuch, in dem die Illuſtration an erſter Stelle 
neuen Typographie, die man Inkunabeln, d. h. Wiegendrucke, 
nannte. 
D Anmerkung: Dieſe deutſche Ulmer Ausgabe der 4rs mo= vollen Neudruck auf raſſigem Büttenpapier. 
riendi wurde vom Roland=Verlag=München in einem prachtvoll 
            gedruck=
ten Fakſimile=Druck den Freunden deutſchen Holzſchnittes zugänglich billigen, aber recht guten Nachdruck im Verlag der Wiſſenſchaften von 
gemacht.
 DETUImer H0zichnit i fanden auch die humaniſtiſchen Ideen Eingang in die Stadt Ulm, die Namen einer Anzahl berühmter Holzſchneider genannt, ſo 
humaniſt Steinhöwel zuſammen mit dem erſten und fruchtbarſten maier tätig war. Als ein neues Stilelement tritt uns in Lirers 
Die freie Reichsſtadt Ulm ſtand im 15. Jahrhundert im Uhmer Buchdrucker Joh. Zainer das Buch von Boccaccio Chronik die Einheit von Landſchaft, Architektur und Figürlichem 
Mittelpunkt des wirtſchaftlichen, geiſtigen und künſtleriſchen „Compendium de praeelaris mulieribus” im Originaltext wie entgegen. Tie Hand des Holzſchneiders der Lirer=Chronik kann 
Lebens Schwabens. Man braucht ja nur die Namen der Maler in einer deutſchen Ueberſetzung heraus. Die letztere führt den man ſpäter in verſchiedenen Oruckwerken A. Kobergers wieder 
und Bildhauer Multſcher, Schüchlin, Stocker, Zeitblom, Schaffner, Titel „Van etlichen frawen”. Zainer ſtattete die Ausgaben mit erkennen. Der Eunuchus des Terentius wurde in der Ueber= 
Holbein d. Ae, Erhart, Syrlin, der Baumeiſter Enſinger, Böb= 80 Holzſchnitten aus. Dieſe Ulmer Boccaccio=Ausgabe Zainers ſetzung des G. Neithard zu einem echten Volksbuch, auf das 
linger, Engelberg zu nennen. Der Ruf der Ulmer Prägung war zeigt einen bedeutſamen Wendepunkt in der Geſchichte der deut= Hans Sachs wieder zurückgriff. Den Terenzmeiſter treffen wir 
werkes gehen in ihrer friſchen Schilderung der Wirklichkeit und iſt auf ſeinen Holzſchnitten das Renommieren mit perſpektiviſchen 
illuſtration, wie wir ſie etwa von den erſten Druckwerken Pfiſters delnden Figuren, ein Dualismus, der ja auch die moderne 
kennen. Ulm tritt mit dieſem dem Namen nach unbekannten eingewirkt. — In den 90er Jahren wandten ſich die Drucker 
Illuſtrator von Rang, dem ſogen. Boccacciomeiſter, fraglos in 
Ernſt Weil „Der Ulmer Holzſchnitt im 15. Jahrhundert” 
(Mauritius=Verlag Berlin), das eine in der deutſchen Kultur= Waſſer”), ldünne Andachtsbücher, Almanache, Kalender, 
            Lehr=
geſchichte ſchon längſt empfundene Lücke ausfüllt. Denn die bücher für die Schulen, hauptſächlich die im Mittelalter allge= 
Ulmer Buchkunſt darf mit an erſter Stelle ſtehen, wenn es gilt, 
auf Taten deutſcher Kulturarbeit hinzuweiſen. Aber wie tragiſch 
zugleich enthüllt ſich uns doch das Schickſal jener Ulmer Männer, 
Drucker haben echte Volksbücher herausgegeben, zu denen wir 
ſetzungen romaniſcher Klaſſiker durch Steinhöwel zählen können. „Arbor nitge”, einem 1492 bei Joh. Reger verlegten Druckwerk. 
Aber Märtyrer ihres Vorkampfes für die deutſche Buchkultur Man möchte dieſen herben und doch ſo klanen Einblattdruck 
ſind jene erſten Ulmer Drucker geworden. Wie kaum ein anderes gerne dem jungen Dürer zuſchreiben. Aber gerade dieſes in ſich 
Gewerbe jener Zeit hatten ſie mit den ſchwerſten Sorgen um ſo geſchloſſene Blatt läßt ſich ſchwer in das von einem ſtürmiſchen 
ihr Auskommen zu kämpfen. Weil gibt nun in ſeinem Buche Bewegungsrhythmus durchpulſte graphiſche Jugendwerk Dürers 
reien. Weils Darſtellung iſt ſtreng wiſſenſchaftlich ohne nüchtern Beziehuugen feſtſtellen laſſen zwiſchen den ulmer und 
            Nürn=
zu werden. Die Ausſtattung des Buches genügt allen Anſprüchen 
und reicht aus für den erſten Ueberblick. Beſonders werwvoll iſt 
licher Ulmer Druckwerke des 15. Jahrhunderts. Gerade dieſe ſo 
ſyſtematiſche und im Text begründete chronologiſche Zuſammen= und Pleydenwurf ſeiner Offizin dienſtbar zu machen. Gar raſch 
faſſung wird dieſes Buch über den Ulmer Holzſchnitt für immer 
Verfaſſer nicht einſeitig auf eine iſolierte Darſtellung ſeiner 
            Auf=
gabe beſchränkt ſondern das Thema an entſprechenden Stellen 
zu jenem maßgebenden Komplex des ſchwäbiſchen Kunſtkreiſes werke ſo gut wie unmöglich machte, von Bayern ſagt, es ſei aus 
Münſters ſtand. Als am Ende des 15. Jahrhunderts der Ulmer 
keit in den Werkſtätten der Ulmer Drucker auf, von deren hervor= die Reichsſtadt Ulm zu, in der man es ſich ſogar zu beſonderem 
In der ſchon genannten Offizin Zainers erſchienen im ganzen 
95 Druchwerke, eine Zahl, auf die auch ein moderner Verleger 
ſtolz ſein könnte. Wir müſſen uns überhaupt den Betrieb in erſt die Gegenwart fand wieder ein neues innerliches Verhältnis 
dieſen älteſten Druckereien Europas gewiß durchaus 
            handwerk=
doch der Nürnberger Drucker Anthoni Koberger in ſeiner 
            Nürn=
berger Werkſtatt über 100 Geſellen an 24 Preſſen! Ausgedehnte 
Handelsbeziehungen mit Italien, Frankreich, Oeſterreich, Ungarn, 
Polen und den Niederlanden ſorgten für die Verbreitung ſeiner 
Druckwerke. Zainer verlegte noch folgende beſonders 
            bemerkens=
werte Bücher: Petrarcas „Griſeldis” und einige Kalender (bis 
zum Jahre 1479) mit Holzſchnitten von der Hand des 
            Boccgeeio=
meiſters, als deſſen Hauptwerk wir aber die faſt von ſämtlichen 
außerdeutſchen Druckereien kopierten Illuſtrationen zu den Fabeln 
des Aeſop anzuſehen haben, die neben einer lateiniſchen Ausgabe 
auch in der im Volke überaus beliebten Verdeutſchung 
            Stein=
höwels unter dem Titel „Das Buch und Leben des hochberühm= 
Zainer im Jahre 1485 noch heraus das mit 94 Holzſchnitten 
            aus=
geſtattete Buch „Geiſtliche pßlegung des lebens Iheſu Chriſti”, 
ein Druckwerk, das wegen der Mitarbeit von vier verſchiedenen 
Illuſtratoren, unter denen ſich auch ein „Peter, mäler ze Ulm”. 
nachweiſen läßt, beſondere Beachtung verdient, zumal ein Meiſter 
dieſes Zainerſchen Werkes bereits die Brücke ſchlägt zu dem 
chnitte aus den erſten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts iſt in jener Zeit aufkommenden unruhigen und knitterigen Faltenſtil 
Die Werkſtatt Bernhard Holls iſt quantitativ zwar nicht ſo 
producktiv, aber ſie kann ſich rühmen der Herausgabe der zwei 
die Farbe dieſer Einblattdrucke ſagt 9. Pfiſter in ſeinem Buche großartigſten deutſchen Holzſchnittbücher. In den Jahren 1483, 
1484 verließen die Hollſche Offizin drei Ausgaben der indiſchen 
das mit einer Auswahl der ſchönſten Blätter zur beſinnlichen Fabeln des Bidpai unter dem Titel „Buch der Beiſpiele der alten 
Schau einlädt: „Farbe iſt mehr denn bunte Füllung der weißen Weiſen/*). Die Illuſtrationen dieſer Bücher fallen ganz heraus 
bläche, mehr als gefällige Dekoration. Wie für Ewigkeiten aus dem Rahmen des Ueblichen durch einen wuchtig wirkenden 
Schnitt, der das ſo krauſe Linienſpiel ſeiner Zeit wieder auf jene 
Fleiſch rötlichegelb . . Das bunte Spiel der Farben ſchenkt den klare Umrißzeichnung der erſten Einblattdrucke um 1410 
            redu=
zierte. Im Jahre 1422 erſchien als zweites Standardwerk der 
olche Einblattdrucke werden auch frühen Ulmer Bilddruckern zu= Hollſchen Druckerei die „Cosmographia des Ptolemäus”, das 
erſte geographiſche Werk, in dem Landkarten durch den 
            Holz=
für die Künſtlergeſchichte Heſſens nicht ohne Intereſſe, da ſich 
auf einer der Karten dieſer außergewöhnliche Holzſchnittmeiſter 
rſten gedruckten Bücher, deren Druck alſo ohne bewegliche Lettern der Hollſchen Druckerei „Johann van Arnszheim”, (ein Dorf ten geweſen. Und heute wird aus deutſchem Geiſte und Weſen, in tief= 
Eine rege Tätigkeit entfaltete wiederum die Druckerei 
uch herausgegeben, die ſogen, nArs moriendi”, ein über das von Conrad Dinckmut mit 8 Verlagswerken, die 
allerdings nicht die künſtleriſche Höhe der Druckwerke Zainers 
die Sterbeſtunde. In drei Ausgaben erſcheint in Ulm dieſes und Holls erreichten. Wir heben beſonders folgende Bücher her= G. Grote, Berlin.) Guſtab Frenſſen hatte im vorigen Jahre auf Ein= 
Volksbuch. In der deutſchen Ausgabe nennt ſich auf einem der vor: den „Seelenwurzgarten” (1483), die „Erklerung der zwölff ladung des Central=Relief=Comitee in Neu=York eine fünfmonatige Vor= 
Die Holzſchnitte der 4rs moriendi gehen auf niederländiſche biſche Chronik 4*) (1486), „Deutſche Ueberſetzung des Eunuchus macht und veröffentlicht nun ſeine von dort in die Heimat geſandten 
des Terentius” (1486). Die Holzſchnitte in Lirers Chronik 
Vorbilder zurück, in deren Bann gerade der Meiſter=Ludwic zu können wir einmal vergleichen mit den zeichneriſchen Vorlagen weilen, ob ich dieſe Briefe veröffentliche?. Nicht für die jetzige Gene= 
Dillinger Bibliothek auch Beziehungen zu dem großartigen der glücklicherweiſe noch erhaltenen Handſchrift. Der Vergleich, auf irgend einen Menſchen zu hören und nun gar auf einen Deutſchen, 
fällt zu Ungunſten des Holzſchnittmeiſters aus. Es mag hier 
überhaupt ganz kurz die Frage geſtreift werden, ob der Zeichner und kein Bedürfnis. Aber für manchen Nachdenklichen in Europa hätte 
Die Blütezeit des Ulmer Holzſchnittes iſt aber abhängig von der Illuſtrationen und der Holzſchneider ein und dieſelbe Perſon es den Wert eines menſchlichen Dokuments aus dieſer Zeit der Blamage 
war. Es iſt eine rein hypothetiſche Frage, die ſchon dadurch des Menſchengeſchlechts. Aus der Zeit, da ein zertretener, hungernder 
mit beweglichen gegoſſenen Lettern (ſeit 1454). Gutenberg machte, ſchnitt ſo oft — wie in dem vorliegenden Falle — an ſchon be= Rom ... nein, ein Deutſcher in Angelſachſen reiſte, und bei den 
            zahl=
ein Ende. Aber erſt um 1470 drang der Holzſchnitt, das illuſtra= ſtehende Vorlagen hielten; ein geſetzlich geſchütztes Autorenrecht modern, an die leeren und kalten Hände der deutſchen Kinder dachte, 
üive Element, in den Typenſatz des mit beweglichen Lettern ge= gab es zu jener Zeit noch nicht. Jedenfalls dürfen wir aber die darum leer und kalt ſind, weil Amerika die Verſprechungen nicht 
            ge=
druckten Buches ein, das zunächſt ja nur für den Gelehrten und annehmen, daß bis zum Einbruch der großen Maler in die Buch= halten hat, die es dem deutſchen Volk gemacht hat.” 
des Lateiniſchen Kundigen, der zum Verſtändnis des Textes illuſtration am Ende des 15. Jahrhunderts ein und dieſelbe 
keiner Illuſtrationen bedurfte, gedruckt wurde. So behauptete Hand die Vorzeichnung auf den Holzſtock zeichnete und danach 11. umgearbeitete Auflage, 244 Seiten (geb. M. (50.— Otto Hendel 
ſtand, noch Jahrzehnte neben den bildloſen erſten Drucken der ung von Zeichenſtift und Meſſer mag ſich in den 80er Jahren 10 hohen Auflagen erſchienenen Buche jetzt wieder eine neue nozwindig
 *) Die Tierfabeln aus dem „Buch der Beiſpiele der alten Weiſen” 
wurden ebenfalls im Mauritius=Verlag herausgegeben in einem charakter= 
**) Auch die 22 Holzſchnitte dieſer Chronik liegen nun in einem 
C. C. Recht und Dr. Noether=München vor.
 Gleichzeitig mit der Einführung der Erfindung Gutenbergs langſam angebahnt haben. Im 16. Jahrhundert werden bereits 
Im Jahre 1473 gab der in Padua ausgebildete Arzt und Früh= Lützelburger, der für Holbein, Joſt de Negler, der für 
            Burgk=
ſchen Bücherilluſtration an; denn die Holzſchnitte dieſes Druck= ſpäter ebenfalls in Nürnberg wieder an. Beſonders auffallend 
auch rein künſtleriſch weit hinaus über die bisherige Holzſchnitt= Kenntniſſen, ſo daß die Kuliſſen wichtiger werden wie die 
            han=
in Bamberg und von den zahlreichen Augsburger Druckern her Bühne bedroht. Italieniſche Druckwerke haben hier zweifellos 
ganz allgemein an einen breiteren Leſerkreis. Beſonderen Abſatz 
jener Zeit des Ueberganges an die Spitze der geſamten Buch= fanden nun kleine Bücher mit einem meiſt für das 
            Land=
illuſtration. Wir begrüßen daher freudig das neue Buch von volk beſtimmten lehrhaften Inhalt (Albrechts „Roßarznei”, 
            er=
ſchienen 1498 bei Zainer, ebenda Schricks „Ausgebrannte 
mein benutzte lateiniſche Grammatik des Aelius Donatus. Dem 
Lehrbuchverlag widmete, ſich beſonders die Offizin Johann 
Schäfflers. Ein ſehr beliebtes Buch dieſer ſpäten Ulmer Zeit 
die ſich in den Dienſt des noch ſo jungen Buchdruckes und damit war das 1493 bei Dinckmut erſchienene „Zeitglöcklein”, deſſen 
guch in den Dienſt der Volkskultur ſtellten! Gerade die Ulmer kleinformatige zarte Holzſchnitte mit zu dem Beſten des Ulmer 
Buckdruckes der 90er Jahre gehören. — Einen beſonderen 
            Hin=
auch die von allem philologiſchen Kleinkram noch freien Ueber= weis verdient noch der großartige Crucifixus in Bonaventuras 
einen klaren Ueberblick über den Werdegang der Ulmer Drucke= einreihen. Aber darauf wurde ſchon hingewieſen, daß ſich enge 
berger Druckereien. 
Die ſpäten Ulmer Druckereien können ſich in keiner Weiſe 
der nach wiſſenſchaftlichen Grundſätzen aufgeſtellte Katalog ſämt= mehr meſſen mit dem Großbetrieb Ant. Kobergers in Nürnberg, 
der es verſtand, Nürnberger Meiſter von Ruf, wie Wohlgemuth 
hatte man in Ulm die großen Verdienſte ſeiner erſten Buchdrucker 
unentbehrlich machen. Beſonders anzuerkennen iſt, daß ſich der vergeſſen. Wenn Riehl einmal unter Anſpielung auf die im 
18. Jahrhundert in Süddeutſchland diktatoriſch eusgeübte 
            Zen=
ſur, die das Erſcheinen den Zeitgeiſt widerſpiegelnder 
            Druck=
in Beziehung bringt, in deſſen Zentrum die Bauhütte des Ulmer dem 17. Jahrhundert ins Neunzehnte geſchritten, ohne etwas 
vom achtzehnten zu merken, ſo, trifft dieſe Charakteriſtik 
Münſterbaut zum Stilſtand kam, da hörte auch die Betriebſam= kes geiſtigen Lebens jener Zeit in Bahern ganz beſonders auf 
ragendſten Verlagswerken wir wenigſtens noch folgende anführen: Verdienſt anrechnete, überhaupt kein Buch mehr in die Hand zu 
nehmen. Dem 19. Jahrhundert blieb es vorbehalten, den Staub 
von den koſtbaren Ulmer Druckwerken wieder abzuwiſchen. Doch 
zu der raſſigen, charakterſtarken Art der früheſten deutſchen 
            Buch=
lich ſolid, aber keineswegs kleinkrämeriſch vorſtellen. Beſchäftigte illuſtration. Schlagen wir heute in ſtiller Stunde die 
            hinter=
laſſenen Bücher der Ulmer Drucker auf, deren ſtolzes 
            Vuchſtaben=
geſchiebe ſich im Verein mit den Holzſchnitten zu weſenhaftem 
Ausdruck zuſammenfügte, während über dem Ulmer Stadtbild 
der Turm des Münſters ſich den Wolken, entgegenreckte, 
ſchauen wir der deutſchen Seele in ihr herbes, ungeſchminktes 
und doch viel tauſendmal geliebtes Antlitz. 
Neue Bücher 
* Das enträtſelte Weltgeheimnis und 
            Feenlicht=
wunder der Tage Noahs. Von Chriſtina Pfeiffer=
            Rai=
mund. (Verlag Englert u. Schloßer, Frankfurt a. M.) Wir ſtehen 
heute mitten im Kampfe um einen neuen Gemeinſchaftsgeiſt der 
            Kultur=
völker aus der Zerriſſenheit einer verlebten Ziviliſationsphaſe. Haß 
und Mißgunſt dominieren. Allen ſcheint die Menſchheit auf einem 
toten Punkt angekommen zu ſein. Als Anfang einer möglichen 
            Ge=
ſundung ſehen wir aber ein Erſtarken des religiöſen Empfindens. In 
dieſem Augenblicke werden uns Lichtblicke übermittelt, die einen klaren 
Weg für die Zukunft zeigen. Der Verfaſſerin dieſes Buches wurden 
auf dem Weg des Hellſehens Einblicke zuteil ins Urwiſſen der Menſchheit. 
In der Urzeit war Neligion weder Konfeſſion noch eine Nebenform des 
Geiſteslebens. Sie war das Leben ſelbſt in allen Beziehungen des 
Menſchen zu ſich ſelbſt, dem anderen und dem urſchöpferiſchen 
            Gott=
grund der Allheit. Ihre Prieſter waren Meiſter aller Künſte und 
            Wiſ=
ſenſchaften. Sie beherrſchten, die Hochkraftphänomene der radioaktiven, 
gleich Stoffdichte und Naumfernen durchdringende Strahlungsformen 
der Urlichtgenalten und allderbindenden Fernſpannungen der 
            Aether=
wellen bis zum Quellgrund ſchöpfungsgewaltiger Allint=lligenz. Nicht 
die Leitungsſluten der Aetherwellen an ſich ſind Urgrund dieſer 
            Gott=
weſenheit. Sie bieten nur die kosmiſche Eigenſchaft, uns dem Gottquell 
höchſter geiſtiger Allngtur zu verbinden und zu verbünden zur 
            Mit=
ſchöpfertat aus Liebe und Idee. Der einzelne Menſch iſt imſtande, ſich 
ſelbſt zu fördern, daß er empfänglich wird für die dem Univerſum 
            ent=
ſtrömenden Wellen, die der Menſchheit in ihrer Geſamtheit ſtets 
            unbe=
kannt bleiben. Dieſe höchſten geiſtigen Führer werden das kommende 
Leben zum neuen Lichtreigen auf höheren Völkerplan geleiten. Nach 
königlichen Meiſtern dieſer Lichtregionen verlangt die nahende 
            Völker=
zukunft, denn ſchon der kultiſche Schulweg der Urzeit, geordnet und 
geſtaffelt nach kosmiſchem Geſetz aller Lebensentfaltungen, war das 
Vorbild des kulturellen Lehrweges der Völkerentwicklung durch die 
            Zei=
ſter Notſtunde angebrochen, der neue Offenbarungsmorgen dieſer Urz 
tatſachen die Wegſpuren des großen Weltentages der nahenden Völkers 
verjüngung erhellen. 
—is. 
— Guſtav Frenſſen, Briefe aus Amerika. (Oktav. 
Geheftet Grundzahl 2—. In Halbleinen gebunden Grundzahl 3,50. 
tragsreiſe zum Beſten der Kinderhilfe durch die Vereinigten Staaten ge= 
Briefe und Tagebuchblätter. Er ſelbſt ſchreibt darüber: „Ich denke 
            zu=
ration in Amerika, die wird ſie nicht leſen. Sie iſt viel zu ſtolz dazu, 
einen von jenem Volk. .. ach, dazu haben ſie keine Zeit, keine Neigung 
verwickelt wird, daß ſich Illuſtrationszeichnungen für den Holz= Grieche im goldenen, ungerechten, Völker und Völkerehre, freſſenden 
loſen Pfirſichen, die unter den Bäumen in Kalifornien achtlos ver= 
—Emil Rocco. Der Umgang in und mit der Geſellſchaft 
auch die Schnittführung mit dem Meſſer übernahm. Die Trenn= Verlag (Hermann Hillger), Berlin W 9.). Daß von dieſem ſchon in 
wurde, iſt nicht nur ein Zeichen ſeiner praktiſchen Brauchbarkeit, ſondern 
ein Beweis, daß auch in unſerer Zeit ein ungemindertes Bedürfnis 
nach dieſem Lebenskompaß weiterbeſteht. Der Verfaſſer hat mit küugem 
Sinn eine Sichtung des Inhalts vorgenommen und dis Buch mod unen 
Anforderungen angepaßt.
Veraytwortlich: Max Sireeſ=
[ ← ][ ]Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.
Nummer 293.
72)
 Die Kinanzen des Großherzogs. 
Roman von Frank Heller. 
Copyright bei Georg Müller Verlag, München. 
(Nachdruck verboten.) 
Seine Stimme ging in einen ſchrillen Schrei über, bis der 
lange Offizier, den er Ew. Hoheit tituliert hatte, ihn durch eine 
einzige kleine Geſte ſeiner Hand verſtummen ließ — eine 
            Be=
wegung des Zeigefingers um den Hals. 
„Marcovitz,” ſagte er, „ſchweigen Sie! Vergiſſen Sie nicht, 
daß Sie an Bord eines kaiſerlich ruſſiſchen Panzerkreuzers ſind 
und nicht in einer Pfandleiherbutike! Haben Sie recht, ſo wird 
Ihnen Recht — und haben Sie unrecht, dann tun Sie mir leid.” 
Der kleine Mann hielt ſofort inne, vor Angſt blinzelnd. Der 
lange Offizier zog die Augenbrauen zuſammen und betrachtete 
im Laufe einer Minute bald ihn, bald den Großherzog mit 
einem Ausdruck tiefer Nachdenklichkeit. Dann wendete er ſich an 
Don Ramon: 
„Hoheit, Sie müſſen entſchuldigen, daß ich noch nicht weiß, 
was ich glauben ſoll. Ich kenne Sie nicht; ich kenne Marcovitz 
nicht; ich bin folglich unparteiſch. Der einzige Grund, weshalb 
ich Sie nicht ſchon um Entſchuldigung gebeten habe, weshalb ich 
überhaupt Marcovitz Glauben ſchenkte, iſt die Art von 
            Marco=
vitz Geſchichte. Wie ich ſchon ſagte, ſie iſt ſo wunderlich, daß ... 
Er weiß doch ganz genau, was er riskiert, wenn ſie nicht wahr 
iſt ..." 
Bevor noch der lange Offizier ſeinen Satz abgeſchloſſen hatte, 
hörte er zu ſeinem Staunen jemanden ſagen: 
„Wenn Ew. Hoheit gleich ins Klare darüber kommen wollen, 
was an dieſer Sache wahr, was nicht wahr iſt, kann ich Ew. 
Hoheit ſofort behilflich ſein!“ 
Er wandte raſch den Blick vom Großherzog ab und dem 
Sprechenden zu, und ſah zu ſeinem Staunen, daß es der Freund 
des Großherzogs, der ſogenannte Profeſſor war. Er betrachtete 
ihn mit gerunzelter Stirne: der Profeſſor fuhr fort: 
„Nichts iſt tatſächlich einfacher, als zu entſcheiden, welcher 
Brief der echte iſt. Die Briefſchreiberin iſt ja an Bord.” 
„Die Briefſchreiberin an Bord! Was meinen Sie?” brüllte 
der lange Offizier. 
„Ich meine, daß die Dame, die mit Seiner Hoheit und wir 
an Bord kam und eben der Obhut des Schiffsarztes anvertraut 
wurde, dieſelbe iſt, die den vieldebattierten Brief geſchrieben 
hat. Mit anderen Worten ..."
 „Mit anderen Worten?! Heraus mit der Sprache!” 
Mit anderen Worten, Großfürſtin Olga Nikolgjewna von 
Rußland.” 
Wenn eine Bombe plötzlich in die Kajüte eingeſchlagen hätte, 
in der die beiden Offiziere, Marcovitz, der Großherzog und 
            Phi=
lipp ſtanden, ſo hätte keine größere Beſtürzung entſtehen können 
als nach Philipps Worten. Die beiden Offiziere richteten ſich 
jäh auf und griffen nach ihren Säbeln, wie um Herrn Collin 
für ſeine Kühnheit auf der Stelle niederzuſtoßen, während 
            Mar=
covitz ſtarr wie ein Toter daſtand, die Augen unverwandt auf 
ihn geheftet. Endlich löſte ſich der Bann. Der lange Offizier 
warf Philipp einen furchtbaren Blick zu und ſchrie ſeinem 
            Kame=
raden eine Order auf ruſſiſch zu. Dieſer verſchwand; und bei 
einem Schweigen, das beredter war als viele Bände, beobachtete 
der Lange jede Bewegung von Herrn Collin, wie um zu 
            über=
wachen, daß er nach ſeinen unverſchämten Worten nicht etwa 
entkam. Es dauerte wohl zehn Minuten, während deren Philipp 
es vermied, dem Blick des Großherzogs zu begegnen; dann hörte 
man endlich langſame Schritte, und die Türe zur Kajüte wurde 
geöffnet. 
Achtes Kapitel, 
in dem Herr Collin der feinſten Hochzeit ſeines 
Lebens beiwohnt. 
Die Kajütentüre wurde mit einem Ruck aufgeriſſen, und 
jemand ſtürmte über die Schwelle herein, jemand, der ohne 
einen Augenblick zu zögern, ohne ſich nach rechts oder links 
            um=
zuſehen, geradewegs auf den langen Offizier losſtürzte, die 
Aume um ihn ſchlang, ihn küßte, und in Sturzwellen von 
            lieb=
koſendem Ruſſiſch auf ihn einzureden begann. Es war die 
            an=
gebliche Madame Pelotard, wunderbar nach ihrer 
            Fiebererkran=
kung wieder hergeſtellt; hinter ihr kam der unterſetzte Offizier, 
der ausgeſchickt worden war, um ſie zu holen. Er ſchloß die 
Türe und ſtellte ſich als ſtummer Betrachter der Szene daneben 
auf. 
Es iſt ſchwer zu ſagen, welches Geſicht in der kleinen Kajüte 
für den Augenblick das größte Maß von Staunen, Mißtrauen 
und Beſtürzung ausdrückte; eines iſt ſicher — nicht das Herrn 
Collins. Philipp ſtand noch in ſeiner früheren Stellung, mit 
einem leichten Lächeln um ſeinen ſchwarzen Schnurrbart und 
einem kleinen Funkeln im Augenwinkel. Es iſt nicht 
            ausgeſchloſ=
ſen, daß er in dieſem Augenblick in ſeinem Herzen frohlockte, daß 
er ſich als ein neuer liſtiger Ulyſſes fühlte oder als der wahrhafte 
Sendbote der Vorſehung auf den baleariſchen Inſeln. Dieſe und
 er hatten alles dahingebracht, wo es ſich jetzt befand, zu der 
            Au=
ſicht auf eine gute und glückliche Löſung, befriebigend für al 
Teile — außer für Herrn Semjon Marcovitz! 
Er ließ ſeine Blicke von dem einen der Anweſenden zum au 
deren ſchweifen, und ſeine Befriedigung ſteigerte ſich. Da ſtan 
Marcovitz, das fettgedunſene Geſicht bleich wie Kalk, ſeine Blie 
irrten von der Großfürſtin zu den Papieren, die vor dem lange 
Offizier auf dem Tiſche lagen, da ſtand der erwähnte lange Off 
zier, die Augenbrauen hoch zum Haaranſatz empor gezogen, bal 
an ſeinem Rieſenſchnurrbart zerrennd, bald ungelenk die angel 
liche Madame Pelotard ſtreichelnd, und da ſtand ſchließlich Do 
Ramon der Zwanzigſte, Großherzog von Minorca, eben erſt de 
vor errettet, von ſeinem getreuen Volke gehängt zu werden un 
nun von dem langen Offizier mit derſelben Prozedur bedroh 
Seine Blicke verſchlangen den Mann, der ſich eben bereit erklä. 
hatte, ſein Henker zu werden, und die Frau, die er in ſeine 
Armen hielt, oder die, genauer geſagt, ihn in ihren Armen hiel 
Die Miene des armen Großherzogs ſagte nur ein einziges Wor 
unbegreiflich! Und ſchließlich konnte Philipp ſeine Lachluſt nic 
länger bezähmen. Don Ramon, der ſein underdrücktes Kicher 
hörte, warf ihm raſch einen empörten Blick zu; ohne ihn zu 
            e=
widern, beugte ſich Philipp zu ihm vor: 
„Iſt es möglich, daß Ew. Hoheit nicht wiſſen, wer der lang 
Offizier iſt, der von meiner verfloſſenen Gattin ſo freundlich be 
handelt wird.” 
Don Ramon ſchüttelte den Kopf, ohne daß der Ausdru 
ſeiner Augen milder wurde. 
„In dieſem Falle will ich es Ew. Hoheit nicht länger ber 
hehlen, daß alle eiferſüchtigen Blicke auf ihn ganz überflüffi 
ſind. Sein Name iſt Michael Nikolgjewitſch, Großfürſt von Ruf 
land, und die Dame, die ihn augenblicklich umarmt, iſt ſein 
Schweſter!“ 
„Seine Schweſter! Ihr Bruderl Und das wiſſen Sie! 
rief der Großherzog in einem und demſelben Atemzuge. Abe 
bevor er noch eine einzige Frage ſtellen konnte, kam ihm ein don 
nerndes „ſtopp” des langen Offiziers zuvor. 
„Keinen Meinungsaustauſch, bis dieſe Sache aufgeklärt iſt 
ſchrie er. „Es hat ſich gezeigt, daß dieſer Herr”, auf Philip. 
weiſend, „die Wahrheit geſprochen hat. Wir werden ſeinen Fa. 
ſpäter behandeln. Zuerſt haben wir den Fall des Großherzog 
von Minorca — ob er oder Herr Marcovitz gehängt werden ſoll, 
(Fortſetzung folgt.)
 NelAor dIO VIAIMRerlIe 
des Hess. Motorrad-Klubs, Barmstadt
 Klasse / bis 150 cbem. 
1. Preis: Herr Ph. Huck auf Wanderer 
2. „ Herr A. Auth auf Flottweg 
Klasse / bis 250 cbcm. 
1. Preis; Herr Hch. Weichsel auf Dolf 
2. „ Herr K. Kappel auf Dolf 
Klasse I bis 350 cbem. 
1. Preis: Herr L. Gräb auf Astoria 
2. „ Herr H. Ripper auf Wanderer
 Klasse IV bis 500 cbem. 
1. Preis: HerrJ. Ellissen auf Triumph-Ricardo 
2. „ Herr H. Ludwig auf Helios 
3. „ Herr E. Meier auf N. S. U. 
Klasse V über 500 cbem. 
1. Preis: Herr G. Wiest auf Wanderer 
2. „ Herr R. Pecher auf Wanderer 
3. „ Th. Eisinger auf Wanderer
Sämtliche Fahrer fuhren mit „Tea‟-Benzin u. Oel der Firma
u
ByT
Telephon 317.
Büro: Bleichstr. 26.
 Tanklager: 
            Frankfurter-
straße 69 (Schlachthof). 
(*26903
Palast-Lichtspiele
 Fern Andrai 
— Der rote Reiter — 
1 Vorspiel und 6 Akte nach dem 
verahmten Ullstein-Roman. (Beißei 
Bobby als Detektiv.
 Der Darmſtädter 
Anwaltverein 
hat beſchloſſen, daß aus Gründen der 
Erſparnis an Licht und Heizungskoſten 
die Büros aller Darmſtädter Anwälte 
ab 23. Oktober in der Zeit von 8½/, Uhr 
vormittags bis 41. Uhr nachmittags 
ununterbrochen geöffnet ſind. 
            Sprech=
ſtunden innerhalb dieſer Zeit. (
            Sonn=
abends nur bis 11, Uhr.) 
(26881 
Darmſtädter Anwaltverein.
 Bekanntmachung. 
Das dritte, am 15. November 1923 
fällige Ziel Kultusſteuer der iſraelitiſchen 
Religionsgemeinde wird auf das 
50 000 fache des angeforderten Betrags 
(7924 
erhöht 
Darmſtadt, den 22. Oktober 1923. 
Finanzamt Stadt. 
Der Vorſiand 
der iſraelitiſchen Neliglonsgemelnde.
 Landestheater. 
Großes Haus. 
Dienstag, 23, Okt. 
A4, a3 
Louis Ferdinand 
Prinz von Preußen 
von Fritz v. Unruh. 
Anf. 6½, Ende 10 Uhr. 
Preiſe: 400—4000 Min 
Kleiues Haus. (7R2 
Sondermiete 21:. 
Figaros Hochzeit 
von W. A. Mozart. 
Anf. 7. Ende 10½ Uhr. 
Preiſer 800—4000 Min.
 Volkstheater 
(Alexanderſtraße 14) 
Dir, Eliſ. Werner 
Freitag, d. 26. Okt.: 
Eröffnung. 
Dänigin Luiſe 
„KonlginZulſe. 
Vorverk. b. Herrn Karg, 
Zigarrenh., Grafenſtr. 19, 
uptlkkUa. d.Koſſe. (
 Das dritte, am 15. November 1923 
fällige Ziel Kultusſteuer der iſraelitiſchen 
Religionsgeſellſchaft wird auf das 
10000 fache des angeforderten Betrags 
(7925 
erhöht. 
Darmſtadt, den 22. Oktober 1923. 
Finanzamt Stadt. 
Der Vorſtand 
der iſraelitiſchen Religionsgeſellſchaft.
 
            Gummi=
ſohlen 
            Gummi=
abſätze 
kaufen Sie am billigſten 
im Spezialgeſchäftbei 
Carl Abt 
Aleranderſtr. 16. (78189
 Hnfrfrfifsfänfäfnfngeferfrnfics 
SäNfHRnnRennREnräff 
AolAL MALANE 
* Die Königl. Englische Postdampfer-Linie 5 
— Gegründet 1839
 Regelm. beschleun. Post-, Passagier- u. Frachtdampierdienst S 
SAAHBURG-HEM TORK
 P.-D. „Ordung‟ 
P.D. „Ohlo‟ 
P.D. „Orbita‟ 
P.D. „Drea‟
 Bi. Okt. 
7. Nov. 
28. Nov. 
19, Dex.
 B. Jan. 
27. Dex.
 Bequemste Route Hamburg-80UTHAMPTON 
mit oblgen Dampfern. 
SBRASIhIEN-HEIAIA= 
S von Southampton u. Cherbourg 2 
P.-D. „Andos” 
„. . . . 2. Hovember 
P.D. „Arlanza‟ .. . . . 16. November 
Minimal-Fahrpreise Hamburg-Südamerika 
S III. Klasse & 12, Wohndeck & 14 (Geschloss. Kabine) 
— Nähere Auskunft erteilen: - 
G. m. 
ROTAL MALL LINE B. N. 
HAMBURG 
BERLIN 
S Alsterdamm 39 
Unter den Linden 17/18 
sowie für Passage! 
Mannheim: Reisebüro Karl M. Fournier, 
Mannheim C. 3 12 
Frankfurt a. M.: J. Schottenfels & Co., 
Bethmannstraße 54, Tel.-Nr. Hansa 3385 
Frankfurt a. M.: Hendschels Reisebüro, 
Schillerplatz 3, Tel.-Nr. Hansa 5873/74 (TV7825 E 
Eunseeemm Anderungen vorbehalten ugMan 
untanera
 Bekanntmachung. 
Die in unſerer letzten Bekanntmachung 
angegebenen Strompreiſe werden nach 
Verhandlungen mit dem Miniſterium des 
Innern und den Kreisämtern, unter 
            Be=
rückſichtigung der allgemeinen 
            wirtſchaft=
lichen Lage und in Anbetracht der 
            in=
zwiſchen aufgehobenen Kohlenſteuer, mit 
Wirkung vom 23. Oktober 1923 bis auf 
weiteres feſtgeſetzt: 
(7923 
für Lichtſtrom auf 0,50 Gold=ℳ pro Knh 
Kraftſtrom „ 032 
Die Ausgabefriſt für die Gutſcheine 
wird bis zum 31. Ifd. Monats erſtreckt. 
Darmſtadt, den 23. Oktober 1923. 
Heſſ. Eiſenbahn=A.=G. Darmſtadt.
 FürMiederverkäufer 
Zigarren 
ſowie Marken= 
Zigaretten 
und (17149 
Tabake 
hatn. günſtig abzg. 
Carl Fay 
Takak=Erzeugniſſe 
Frankfurt a. M. 
Braubachſtr. 1— 
EcheFahra uBraubachnt
 Braunkohlen 
Brennholz 
liefert günſtig 
Joh. Fuhrbach, 
Pankratiusſtraße 14, 
(26002 
4. Stock.
 El. Anfertig. v. 
            Putz=
u. Damen=Konfektion 
ſow. Handarb.—
            Jum=
pers. Material muß 
geſteltw. Kiesſt.a5p./*
 Wer tauſcht ein Hrn.= 
Fahrrad geg. 10 Ztr. 
Briketts2 Ang. u. U7 
an d. Geſchſt. (*26889
 I.-T. Eine versunkene Welt, Gesellsch.- 
Drama, 5 4., nach d. Roman „Serpolette‟ 
von Ludwig Biso. Drüber und drunter, 
Lustspiel in 2 Akten. (*26904 
R.-T. Mit Stanlev im dunkelst, Afrika, 
TII. Ep. Menschenjagd, 6 Akte. Harry 
als Autohändler, 2 Akte. 
C.-T. Die lebende Brücke, Eddie Polo.
 Beitadung 
von Gütern und Möbeln nach und 
von Mainz, Frankfurt und 
Mannheim übernimmt für dieſe 
Woche 
Darmſtädter Speditions= 
und Lagerhaus 
Darmſtadt — Kirſchenallee 86. 
(26877 
Telephon 3180.
 Von morgen ab sind unsere Schalter 
Mittwochs wieder bis 12 Uhr geöffnet. 
Samstags nach wie vor nur bis 10 Uhr. 
Darmstadt, den 23. Oktober 1923. 
Darmstädter und Nationalbank K. a. A. 
Darmstädter Volksbank e. G. m. b. H. 
Deutsche Bank, Filiaie Darmstadt 
Deutsche Vereinsbank, Filiale Darmstadt 
Direction der Disconto-Gesellschaft 
Filiale Darmstadt 
Landesgenossenschaftsbank e, G. in. b. H. 
Mauheim & Co. 
Hessische Giro-Zentrale. 
(P,7918