Darmstädter Tagblatt 1923


23. Oktober 1923

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freibleibend
) ohne Beſiellgeld 30 Millionen Mk.,
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 293
Dienstag, den 23. Oktober 1923
186. Jahrgang

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Darmſtädter 8 Naiionalbank.

der Sepgratiſtenputſch am Rhein.
Mißerfolg in Mainz und Köln. Ruhe in Aachen. Lebhafte Tätigkeit der Separatiſten
in der beigiſchen Zone. Der Pariſer Kommentar.

Den Franzoſen und Belgiern liegt begreiflicherweiſe ſehr
daran, den Anſchein zu erwecken, als ob ſie mit der Aktion
Sonderbündler nichts zu tun hätten. So ſchickte der bel=
Kriegsminiſter ſeinen Kabinettschef, General Girou, eigens
Informationszwecken nach Aachen, und der belgiſche Kom=
ir
in der Rheinlandkommiſſion hatte ſogar die Kühnheit, bei
vEmpfang der Führer der vorläufigen Aachener Regie=
zu
erklären, daß für das belgiſche Verhalten einzig und
die Aufrechterhaltung der Ordnung auf der Straße maß=
d
ſei. Die belgiſche Regierung wolle ſich nicht in Fragen
nneren deutſchen Politik miſchen! Wie man dieſe Aufgabe
ßt, geht unter anderem aus einer Havasmeldung hervor,
der eine Perſon, die angeblich ſeparatiſtiſche Anſchläge ab=
durch
Schüſſe einer belgiſchen Patrouille verletzt worden iſt.
übrigen laſſen die nachſtehenden Meldungen die Drahtzieher
erkennen.
Bonn, 22. Okt. (Wolff.) Der franzöſiſche Oberdelegierte
ſeſtern der Stadtverwaltung Bonn mitgeteilt, daß die Poli=
dis
4 Uhr nachmittags ſämtliche Schußwaffen abzugeben
Auf den Proteſt der Stadtverwaltung hin erging ſchließ=
die
Mitteilung, daß der Befehl zurückgezogen werde und daß
Polizei ihre Waffen behalten dürfe. Heute nachmittag 4 Uhr
It die Stadtverwaltung neuerdings vom franzöſiſchen Ober=
ierten
die Mitteilung, daß ſoeben ein Armeebefehl einge=
en
ſei, daß auf Sonderbündler nicht geſchoſ=
werden
dürfe. (!) Die franzöſiſche Gendarmerie ſei zur
achtung der Vorgänge in Bonn bereitgeſtellt, um feſtzuſtel=
ver
bei etwaigen Zuſammenſtößen zuerſt ſchießen werde. Von
öſiſcher Seite wurde betont, daß die Sonderbündler unbe=
iet
auftreten. Franzöſiſches Militär liege zum ſofortigen
eeifen bereit. Nach ſicheren Informationen beabſichtigen die
erbündler, die ihre Truppen ſammeln und mit Karabinern
ffnen, heute nacht 2 Uhr gewaltſam aller öffentlichen Ge=
Bonns ſich zu bewächtigen. Infolge des franzöſiſchen
ßverbots iſt die deutſche Polizei faſt machtlos.
ergefecht zwiſchen Separatiſten und Polizei
in Mainz.
Nainz, 22. Okt. Heute früh zwiſchen 5 und 6 Uhr ſam=
ſich
eine Anzahl Separatiſten vor dem 5. Polizei=
auf
dem Gartenfeldplatz an und verſuchte in das
izeirevier einzudringen. Dabei kam es zu Schieße=
worauf
ſich die Sonderbündler in einem Garten verſteck=
ind
von hier aus ein Feuer eröffneten, das von
nderen Seite erwidert wurde. Zwei Polizeibeamte
en dabei verletzt. Nachher räumten die Separa=
n
das Feld und zogen in Laſtautos auf das Land.
ſawvas berichtet darüber aus Mainz: Heute nacht 4,30 Uhr
die ſeparatiſtiſchen Truppen in Mainz eingezogen. Eine
lung beſetzte das Rathaus. Nach der Havasmeldung ſei auf
paratiſtiſchen Truppen geſchoſſen und zwei von ihnen ver=
vorden
. Darauf ſollen ſich die Sonderbündler zurückgezogen
eine Verſammlung abgehalten haben. Sie wollen ver=
, mit der Polizei zu verhandeln. Die Truppen aber hätten
(sdann nach der Umgebung gewandt und warteten dort die
le ihrer Chefs ab, um den Verſuch morgen oder übermorgen
neuern.
*795
z
Es wäre intereſſant, wenn die franzöſiſche Agentur ſich
einmal darüber verbreiten würde, woher die ſeparatiſti=
Truppen ihre Waffen haben.
Nainz 22. Okt. (Wolff.) Wie wir von amtlicher Stelle
ten, kann von einer Ausrufung der Rheiniſchen
ublik in Mainz keine Rede ſein. Lediglich wurden
vergangenen Nacht, offenbar von ſeiten der Separatiſten,
ſchverſuche unternommen, die aber reſtlos ab=
lagen
wurden. Im Laufe des heutigen Tages iſt es
1d8 zu Ruheſtörungen gekommen.
Geſcheiterte Putſchverſuche.
ölc, 22. Okt. (Wolff.) In Jülich iſt der Verſuch der
atiſten, die Rheiniſche Republik auszurufen, an dem Wider=
der
Behörden geſcheitert. Die Sonderbündler ſind
richteter Sache wieder abgezogen. In Stolberg iſt die
ung nicht geſtört worden.
Oemonſtrationen in Koblenz.
oblenz, 22. Okt. Heute vormittag verſammelten ſich
ähr hundert Sonderbündler vor dem Polizeipräſi=
von
wo ſie vor das Rathaus zogen, wo ſich eine neu=
e
Menge anſammelte. Die Polizei ſäuberte den
Auch franzöſiſche Kavallerie wurde eingeſetzt,
ie Menge zu verdrängen. Soweit wir erfahren, ſind drei
nen verwundet worden, die nicht zu den Sonderbündlern
n. Ein Sonderbündler wurde von der Menge
rügelt, weil er einen Schuß auf einen Deutſchen ab=
hatte
. Vorläufig iſt die Lage ſo, daß das Rathaus ſich
nHänden der deutſchen Behörden befindet
die Polizei den Zugang zum Rathaus ge=
rthat
.
tolberg, 22. Okt. In Büsbach bei Aachen ſind die
zei und das Bürgermeiſteramt durch Son=
ündler
in Verwaltung genommen worden.
Separatiſien in Oüſſeldorf außer Gefecht geſetzt.
erlin, 22. Okt. (Wolff.) Nach der Anſicht des jetzt in
en amtierenden Düſſeldorfer Regierungspräſidenten Dr.
nter iſt mit dem Gelingen eines ſeparatiſtiſchen Putſches
ißerem Umfange nicht zu rechnen. In Düſſeldorf ſelbſt
en 2300 Separatiſten außer Gefecht geſetzt.

Die Lage in Nachen.

Aachen, 22. Okt. (Wolff.) Zu dem Putſch der Sonder=
bündler
in Aachen wird noch gemeldet: Geſtern früh ſahen die
Bewohner auf dem Rathaus, den Regierungsgebäuden, der
Poſt und der Reichsbank die grün=weiß=rote Flagge der ſoge=
nannten
Rheiniſchen Republik wehen. Die Polizei, die vormit=
tags
noch auf den Straßen zu ſehen war, zog ſich ſpäter zurück.
An ihrer Stelle ſtanden zahlreiche Leute mit Armbinden an den
Hauptpunkten der inneren Stadt, die den Zugang zur Regierung
und Poſt verwehrten. Belgiſche Panzerautos ſah man durch die
Straßen fahren. Das Fernſprechamt arheitete nicht mehr; weder
Orts= noch Ferngeſpräche wurden hergeſtellt. Sämtliche Re=
ſtaurants
waren den Tag über geſchloſſen. Auf dem Polizei=
präſidium
ſah man keine Flagge der Sonderbündler. Ueberall
ſah man Plakate folgenden Inhalts angeſchlagen: Rheinländer!
Die Rheiniſche Republik iſt da. Jeder Widerſtand wird unnach=
ſichtlich
unterdrückt. Plünderer und Ruheſtörer werden ſtreng=
ſtens
beſtraft. Wir werden für Lebensmittel und Arbeit ſor=
gen
. Darum bewahret Ruhe und Ordnung! Die Bevölkerung
ſammelt ſich vor den Plakaten und geht dann ruhig ihres Weges.
Von irgend einer Wirkung auf die Oeffentlichkeit iſt bisher nichts
zu bemerken. Gerüchtweiſe verlautet, daß von ſeiten der Arbei=
ter
für morgen der Generalſtreik geplant iſt.
Separatiſten=Vorſtoß in München=Gladbach
Köln, 22. Okt. (Wolff.) Nach hier eingegangenen Nach=
richten
haben in der vergangenen Nacht in Rheydt und Kre=
feld
ſtarke Menſchenanſammlungen ſtattgefunden mit dem Ver=
ſuch
, die Rheiniſche Republik auszurufen, ebenſo
in München=Gladbach. Die Lage iſt überall unverändert.
Die Menſchenanſammlungen dauern an. In München=Gladbach
hat die Polizei die Gewalt und die Gebäude noch feſt in der
Hand. In Koblenz findem Verhandlungen zwiſchen der
Maſſe und dem Oberbürgermeiſter wegen Ausrufung der Rhei=
niſchen
Republik ſtatt. Der Oberbürgermeiſter hat hier erklärt,
daß er nur eine deutſche Regierung anerkennen könne und nur
der Gewalt weichen werde. In Krefeld haben die Sonderbünd=
ler
von der Feuerwache unter Vorhaltung von Revolvern ein
Auto requirieren laſſen.
Weitere Filialen.
* Köln, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Wie wir in letzter Stunde
erfahren, wurde in München=Gladbach, Düren und
Mayen die Rheiniſche Republik ausgerufen und
auf den öffentlichen Gebäuden die weiß=rot=grüne Fahne gehißt.
Die Pariſer Preſſe.
* Paris, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Während die franzöſiſche
Preſſe geſtern, wie bereits berichtet, den Ereigniſſen im Rhein=
land
noch ziemlich ſkeptiſch gegenüberſtand, weil man die Aus=
rufung
der Rheiniſchen Republik ſich eben ganz anders vorgeſtellt
hatte, iſt im heutigen Leitartikel des Temps eine neue Nuanze
zu konſtatieren. Das Blatt drückt die Hoffnung aus, daß der
Aachener Putſch gelingen möchte. Im übrigen iſt die Rhein=
landbewegung
natürlich für Paris das Geſpräch des Tages. Ge=
rüchte
und Tendenzmeldungen ſchwirren durch die Luft. Die
offiziöſen Nachrichtenagenturen verbreiten lange Berichte über
die Bewegung. Matthes hat ſein Hauptquartier in Düren auf=
geſchlagen
und leitet von dort aus die Bewegung, wie Radio
meldet. Von einer Ausdehnung der Bewegung hört man, ab=
geſehen
von einigen kleinen Ortſchaften in der Umgebung von
Mainz, indeſſen nichts. Aachen iſt nach einer Temps=Meldung
ruhig. Die lokalen Behörden haben angeblich keinerlei Wider=
ſtand
geleiſtet und ſich zur Verfügung der Separatiſten geſtellt.
Die Bewegung richtet ſich nach dem gleichen Blatt ausſchließlich
gegen Berlin. Die Meinung darüber, ob das pſychologiſche Mo=
ment
zum Losſchlagen richtig geweſen war, gehen ſtark ausein=
ander
. Not, Elend und allgemeine Depreſſion ſcheinen die Be=
völkerung
völlig ſtumpf gemacht zu haben. Dieſe verhält ſich im
übrigen, wie allgemein in den Pariſer Zeitungen zu leſen iſt,
völlig indifferent, wenn auch dem neuen Regime gegenüber nicht
gerade feindlich. Deckers erklärte franzöſiſchen Journaliſten, ſein
Ziel ſei die Schaffung eines unabhängigen und freien Staates,
völlig getrennt von Berlin und wirtſchaftlich nach Weſten orien=
tiert
, das heißt, nach Holland, Belgien, Frankreich und Luxem=
burg
, in ſeiner Struktur ähnlich wie Belgien in der Vorkriegs=
zeit
, um ſeine Neutralität im Kriege zu ſichern. Mit den Eng=
ländern
ſieht Deckers Schwierigkeiten voraus. Mit Matthes,
Smeets und Dorten hätte die von ihm geleitete Bewegung nichts
gemein, aber man verſuche jetzt, eine Verſtändigung, um mit
ihnen zuſammenzuarbeiten. Er wolle Reparationen leiſten und
den Verpflichtungen des Verſailler Vertrags nachkommen. In=
deſſen
erwarte er von den Alliierten beſonderes Entgegenkom=
men
angeſichts der Sicherheiten, die ihnen ſeine Bewegung böte.
Dieſes angebliche Interview iſt allzu durchſichtig und ſo ſtark
tendenziös gefärbt, daß ihm irgend eine Bedeutung ſicherlich nicht
zukommt.
Engliſche Kommentare.
* London, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Der diplomatiſche Mitar=
beiter
der Weſtminſter Gazette meldet, daß die Ausrufung der
Rheiniſchen Republik in London nicht ſehr tragiſch genommen
werde. Man betrachte dort die Verhältniſſe als viel ernſter.
Doch ſei man der Anſicht, daß ein Zerfall Deutſchlands nicht zu
befürchten ſei. Eher werde mit einer verſchärften Diktatur anſtelle
des jetzt immer noch parlamentariſchen Syſtems zu rechnen ſein.
Der Daily Chronicle ſchreibt: Die Wahrheit iſt, daß Poincaré
nicht imſtande war, den Zahlungswillen Deutſchlands zu ſtär=
ken
, ſondern daß er die Zahlungsfähigkeit des Landes vernichtet
hat. Was Lord Curzon vor drei Monaten vorausfah, tritt jetzt
ein. Der Schuldner iſt im Begriffe, ſeinen letzten Atemzug aus=
zuhauchen
.

* Bayern und das Reich.
Der Notenkrieg zwiſchen Bayern und dem Reich iſt bis auf
weiteres eingeſtellt. Der Fall iſt offenbar doch nicht ganz ſo hoff=
nungslos
, wie es nach den erſten Kundgebungen aus München zu
ſein ſchien. Jetzt, wo die Entwicklung faſt bis zum Zuſammenbruch
getrieben iſt, überlegt man ſich auch in München, ob der nicht wie=
der
gut zu machende letzte Schritt geſchehen ſoll, und wir wol=
len
hoffen, daß die beſſere Einſicht und der Verſtand über alle
anderen Erwägungen ſiegt. Wer in den Dingen nicht ſehr tief
drinnen ſteckt, dem iſt es ja überhaupt unfaßbar, daß ein ſolch
lächerlicher Anlaß, wie der Streit um das Verbot eines rechts=
radikalen
Blattes, der Ausgangspunkt zum Auseinanderfallen
des Reiches ſollte ſein können. Wenn mam die Verſtändigung
will, dann muß man ſchon ſehr viel weiter in die Vergangenheit
zurückgehen; denn die Urſachen liegen natürlich ſehr viel tiefer,
und da unterſcheidet man in Bayern zwei Strömungen, die zum
wenigſten in der Zielrichtung nebeneinander herlaufen, aber doch
verſchieden ſtark ſind.
Die eine iſt ausgeſprochen antiſozialiſtiſch. Man hat den
Bayern bittere Vorwürfe darüber gemacht, daß ſie ſich im No=
vember
1918 am kläglichſten haben von der Revolution über=
rennen
laſſen. Sie erkennen innerlich dieſen Vorwurf als be=
rechtigt
an, und haben deshalb das Bedürfnis, ſich herauszu=
pauken
, haben aber auch ſeit der Zeit einen Haß gegen alles, was
mit Sozialismus etwas zu tun hat; daher die Parole gegen den
Marxismus, die in Proteſtübertreibung dazu geführt hat, daß
in Bayern allgemein behauptet wird, daß das Kabinett Streſe=
mann
der Gefangene des Marxismus ſei. Von da bis zu dem
Schlagwort, daß die Sozialdemokraten im Reich wie in Preußen
aus der Regierung heraus müſſen, wenn überhaupt noch aus uns
etwas werden ſoll, iſt es nur noch ein Schritt. Gegen dieſe
Zwangsvorſtellung iſt ſchwer etwas zu machen, obwohl ihr tatſäch=
jede
Grndlage fehlt. Der Einmarſch in Sachſen, der gegen eine rein
ſozialiſtiſche ſächſiſche Regierung erfolgt iſt, iſt doch ſicherlich keim
Erfolg des Marxismus. Die Beſeitigung des Achtſtundentages
und die Rückkehr zum Zehnſtundendag iſt es ſicherlich ebenſo=
wenig
, und wenn die Regierung Streſemann ſchärfer als ihre
Vorgängerin mit der Erfüllungspolitik brach, wenn ſie die Er=
klärung
abgab, daß ſie keine Reparationen mehr bezahlt, wenn
ſie jetzt alle Vorbereitungen trifft, um ſämtliche Lieferungen ein=
zuſtellen
, die auch under der Regierung Cuno zu Laſten des
Reparationskontos weitergingen, ſo iſt das bei der ausgeſprochen
internationalen pazifiſtiſchen Einſtellung der Sozialdemokratie
doch alles andere eher als eine Verbeugung vor dem Marxismts.
Wenn wir alſo nicht in einer Zeit lebten, wo Vorurteile und
Schlagworte die Stunde beherrſchen, ſo dürfte man mit dieſem
Argument nicht allzuviel anfangen können.
Sehr viel ernſter iſt die andere Strömung, die partikula=
riſtiſcheföderaliſtiſche
Ziele verfolgt. Unter dem Nachwirkungem
der Rätezeit in München hat ſich Bayern einen großen Teil ſei=
ner
Reſervatvechte in der Weimarer Verfaſſung entwenden laſ=
ſen
und hat erſt nachher gemerkt, wie ſtark ihm ſeine Selbſtändig=
keit
dabei beſchnitten wurde. Das eigene Heer, die eigene Poſt,
die eigene Eiſenbahn und die Steuerhoheit wurden ihm genom=
men
. Es hat in der Tat den gewaltigen Schritt zum Einheits=
ſtaat
mitgemacht.. Vielleicht hätten die Bayern ſich damit abge=
funden
, wenn man ihnen jetzt eine Zeit der Ruhe gelaſſen und
ſie pfleglich behandelt hätte, damit ſie ſich in die neuen Verhält=
niſſe
hätten einleben können. Aber ſtatt deſſen wurde jede Ge=
legenheit
benutzt, um abſichtlich oder unabſichtlich bayeriſche
Empfindlichkeiten zu verletzen. Das ganze Syſtem der ſozial=
demokratiſchen
Preſſe ſcheint geradezu darauf angelegt zu ſein,
in Bayern als eine dauernde Herausforderung empfunden zu
werden, und Herr Dr. Wirth hat das ſeine dazu getan, um den
Haß gegen Berlin zu ſteigern, der dann auch von der geſamten
rechtsſtehenden bayeriſchen Preſſe intenſiv gefördert wurde, ſo
daß für einen richtigen Bayern Berlin heute nicht viel mehr als
ein verſeuchtes Judenneſt iſt, in dem antideutſche Politik getrie=
ben
wird. Der Kanzler hat ſich Mühe gegeben, dagegen anzu=
gehen
, aber die Zeit, die ihm dazu zur Verfügung ſtand, war zu
kurz. Immerhin ſollte es möglich ſein, durch eine Ausſprache im
Reichsrat jetzt alle Mißverſtändniſſe, die ſich ſeit Jahr und Tag
aufgeſpeichert haben, wegzuräumen und damit den aktuellen
Konflikt ſo zu verringern, daß der Reſt durch Erklärungen bei=
gelegt
werden kann.
Große Freude an der Weimarer Verfaſſung beſteht wohl
nirgends. Auch die Sozialdemokraten ſehen ein, daß der Bogen
überſpannt iſt. Sie wagen es nicht mehr recht, die großen ge=
ſchichtlichen
Verdienſte, die ſie unmittelbar nach Weimar für
Herrn Erzberger in Anſpruch nahmen, zu erwähnen, weil ihnen
die Entwicklung zu ſchlagend Unrecht gegeben hat. Wenn dann
die Bayern den Bogen nicht überſpannen, wenn der Einfluß der
Mittelſtaaten ſich ſtark genug geltend macht, dann beſteht die Hoff=
nung
, daß auch bei dieſem Konflikt ſchließlich noch etwas Gutes
herauskommt, nämlich eine Rückwärtsredigierung des übertrie=
benen
Unitarismus zum föderaliſtiſchen Bundesſtaat, der dem
Reiche gibt, was des Reiches iſt, aber doch auch den einzelnen
Staaten Licht und Luft gewg läßt, damit ſie ſich der Pflege
ihrer kulturellen Eigenheiten hingeben können.
*
* Wie ſchon ſo oft in der Geſchichte har ſich wieder einmal
aus unbedeutendem Anlaß ſchwerſter Konflikt herausgebildet,
ein Konflikt, der heute das Gefüge des Deutſchen Reiches in allen
Fugen erzittern läßt. Am geſtrigen Vormittag hat die baye=
riſche
Regierung die bayeriſchen Teile der
Reichswehrverpflichtet, und faſt könnte es ſo ſcheinen,
als ob damit der Konflikt ſo weit getrieben ſei, daß die Löſung
kaum noch denkbar erſcheint. Auf Grund des vorgeleſenen Auf=
rufs
der bayeriſchen Staatsregierung, ſo lautet die Formel,
auf welche die bayeriſchen Truppen verpflichtet wurden, bekenne
ich, daß ich von der bayeriſchen Staatsregierung
als der Treuhänderin des deutſchen Volkes bis
zur Wiederherſtellung des Einverſtändniſſes zwiſchen Berlin und

offen läßt, ſo muß doch geſagt werden, daß die eingeleitete Ver=
ſtändigungsaktion
der ſüdweſtdeutſchen Staaten dadurch einiger=
maßen
erſchwert iſt. Klar ausgeſprochen aber muß werden, daß
die Verſtändigung zwiſchen Berlin und dem Reich un=
bedingte
Notwendigkeit iſt, Lebensnotwendigkeit für

[ ][  ][ ]

D
Seite 2.
das Reich, Lebensnotwendigkeit aber auch für Bahern. Nichts
wäre gefährlicher, nichts verhängnisvoller, als wenn die natür=
licherweiſe
auf beiden Seiten vorhandenen Verſtinmnungen dieſe
Erkenntnis bei den führenden Perſönlichkeiten in Berlin und
München nicht zur vollen Auswirkung kommen laſſen würden.
Nicht um einen Konflikt zweier fremder Staaten handelt es ſich,
ſondern Deutſche leben ſowohl nördlich wie füdlich des
Mains. Der Feind aber ſteht jenſeits des Rheins! Tröſtlich
iſt es unter dieſen Umſtänden gewiß, daß der bayeriſche Miniſter=
präſident
Dr. v. Knilling bei einer Rede, die er am Sonntag
abend bei einer Feier im Deutſchen Muſeum zu München hielt,
die Reichstreue Bayerns ſtark betonte und mit den Worten ſchloß,
daß ſein Denken und Handeln getragen ſei von dem Grundſatz:
Das Reich muß uns doch bleiben. Wir wollen hof=
fen
, daß man in München aus dieſer grundſätzlichen Einſtellung
nunmehr auch die Konſequenzen zieht, und daß man auch dort
ſich bemüht, die Dinge ſo zu ſehen, wie ſie wirklich ſind. Dann
wird auch eine ſchnelle Verſtändigung durchaus im Bereich der
Möglichkeit liegen, insbeſondere wenn man berückſichtigt, daß der
Reichskanzler ja bereits in ſeiner letzten programmatiſchen
Reichstagsrede den Weg gewieſen hat, der ein für allemal die
Schwierigkeiten beſeitigt, welche die Weimarer Verfaſſung im
Verhältnis zwiſchen Reich und Ländern geſchaffen hat. Nicht
darum kann es ſich jetzt handeln, daß man um einzelne Rechte
kämpft, ſondern darum, daß ſofort die fürchterlichen Gefahren
beſeitigt werden, die dem Beſtand des Deutſchen Reiches nun=
mehr
auch von innen erwachſen.

rimſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.

Vom Tage.

England und der Separatiſtenputſch.
* London, 23. Okt. (Priv.=Tel.) Die Zeitungen des
Lord Rothermere hüllen ſich heute über den Putſch der rheini=
ſchen
Separatiſten in Schweigen. Evening Standard, der jetzt
unter der Kontrolle des Lord Beaoverbrock ſteht, ſchreibt in einer
Leitartikelnotiz, es ſei zweifellos, daß der Staatsftreich im Ein=
vernehmen
mit dem General Degoutte vorgenommen wurde und
in gewiſſer Beziehung zu den Verhandlungen zwiſchen Degoutte
und Stinnes ſtehe. In hieſigen politiſchen Kreiſen wird in zu=
nehmendem
Maße die Forderung laut, daß Baldwin die Stel=
lungnahme
Großbritanniens durch eine unzweideutige Erklärung
bekannt gbe. In Kreiſen, die dem Premierminiſter naheſtehen,
erwartet man jedoch, daß Baldwin auch bei ſeiner nächſten gro=
ßen
öffentlichen Rede bei der Konferenz der Unitariſchem Partei
in Plymouth, die in dieſer Woche ſtattfindet, keine neue Politik
Großbritanniens ankündigen werde. Die eingeweihten politiſchen
Beobachter ſind hier der Anſicht, daß Baldwin mit ſeinen Er=
klärungen
warten werde, bis das Barlament wieder zuſammen=
getreten
iſt, es ſei denn, daß er durch die Ereigniſſe gezwungen
ſverde, ſich früher zu erklären.
*
* Paris 23. Okt. (Priv.=Tel.) Ueber die neueſten Fort=
ſchritte
der Abfallbewegung im beſetzten Gebiet liegen zurzeit
nur knappe Meldungen vor. Einen Zweifel über den Erfolg des

daß ſich Matthes an die Spitze der Bewegung in der belgiſchen
Zone geſtellt hat, da man den Kaufmann Deckers, deſſen Name
man geſtern zum erſten Male vernahm, nicht für einen geſchickten
und großzügigen Ausgang des Unternehmens geeignet hält
Was die näheren Umſtände des Handſtreiches in Aachen anbe=
langt
, ſo hat die ſofortige Entwaffnung der Aachener Polizei=
truppen
hier gewiſſes Aufſehen erregt und man möchte darin
Anzeichen für eine beſtimmte Taktik der Berliner Regierung er=
blicken
. Es wird befürchtet, daß dieſer, infolge der plötzlichen
Erkenntnis der überaus kritiſchen Lage im Rheinland, durch das
Zugeſtändnis einer autonomen Verfaſſung die ſeparatiſtiſche
Bewegung im letzten Augenblick einzudämmen verſucht. In die=
ſem
Zuſammenhang wird die von der deutſchen Regierung heute
in Koln veranſtaltete Zuſammenkunft der hauptſächlichſten Ver=
treter
der Bewegung viel erörtert, und an der Perſönlichkeit des
Zentrumsführers Dr. Adenauers, den man als das Werkzeug
Berlins bezeichnet, werden zahlreiche Ausſetzungen gemacht.
Deckers Verhandlungen mit den Belgiern.
Paris, 22. Okt. Ueber die Vorgeſchichte des Putſches er=
klärte
der Führer der Separatiſten Deckers franzöſiſchen Preſſe=
vertretern
, daß er am Sonnabend den Adjutanten des belgiſchen
Generals benachrichtigt habe, daß die Separatiſten zur direkten
Aktion ſchreiten werden. Er hat dem General die Neutralität der
Separatiſten verſichert. Er habe auch am Sonnabend eine Zu=
ſammenkunft
mit einem Delegierten der Interalliierten Rhein=
landkommiſſion
gehabt. Deckers erklärte, die Bewegung wolle
ein freies, neutrales Rheinland ſchaffen. Die ganze Aktion ginge
darauf hinaus, die Freundſchaft der Völker des Weſtens zu er=
neuern
. Die Rheiniſche Republik werde den Verſailler Vertrag
anerkennen und ſei bereit, ihren Anteil an den Reparationen zu
zahlen. Als Hauptſtadt des neuen Rheinlandes gibt Deckers
Koblenz an.
* Vom Hamburger Theater.
Deutſches Schauſpielhaus: Ein Wintermärchen.
Es iſt in dieſen ſchweren Tagen nicht leicht, uns von der
Erde zu heben und ſchweben zu laſſen über irdiſche Not und Be=
drängnis
hinaus. Es geſchieht darum nicht oft, daß heute ein
Gang zum Theater uns ein Oſterſpäziergang wird, daß uns die
Aufführung eines Kunſtwerkes hinwegtvägt über die Bitterniſſe
des Alltags. Die meiſten der aufgeführten und aufzuführenden
Werke ſind an ſich ſchon zu erdenſchwer, um unſere ſeeliſche Be=
laſtung
aufheben zu können, und die künſtleriſchen Möglichbeiten,
die heute das Theater gibt, ſind allzu begrenzt, eingeengt von
den Forderungen des Tages und von irdiſchen Notwendigkeiten,
die der Kunſt entgegenſtehen.
Um ſo dankbarer ſoll es begrüßt ſein, wenn die Leitung des
Deutſchen Schauſpielhauſes in Hambung den Verſuch unternom=
men
hat, unſere Seele fliegen zu lehren und uns dem Alltag zu
entrücken.
Der Verſuch iſt geglückt mit der Aufführung des nicht allzu
oft geſpielten Wintermärchens von Shakeſpeare. Es iſt bezeich=
nend
, daß eigentlich erſt die letzte Generation eine richtige Ein=
ſtellung
zu dieſem Werke des großen engliſchen Genius gewon=
nen
hat. Erſt die letzten Jahrzehnte haben es begriffen, daß
dieſes Wintermärchen für den Winterabend die geniale Aus=
atmung
ſchweifender künſtleriſcher Phantaſie iſt, der die blaſſe
Wirklichkeit ebenſo gleichgültig bleibt wie die Wahrſcheinlichkeit
ſeines Geſchehens. Man muß lächeln, wenn man bedenkt, daß
der gründliche Deutſche von einſt Anſtoß genommen hat an den
geographiſchen Irrtümern des Meiſters, und daß die Forſchung
bemüht wurde, um zu erklären, daß bei Shakeſpeare Böhmen
ein Küſtenland des Mittelländiſchen Meeres iſt. Da ſoll Otto=
kar
II. von Böhmen einſt durch Erbſchaft ſein Reich bis an das
Adriatiſche Meer ausgedehnt und gerade dieſe Zeit der größten
Ausdehnung böhmiſcher Macht ſoll der Dichter für ſein Märchen
gewählt haben!!
Unnützer Aufwand forſchenden Fleißes! Ein Märchen kennt
nicht Raum noch Zeit, ein Märchen ſchwebt in Raum und Zeit,
wir wollen es nicht zerpflücken, wir wollen es nicht auf ſeine
Wahrſcheinlichkeit unterſuchen. Wir wollen es tief in uns ein=
atmend
genießen. Denn wahrlich, wenn ihr nicht ſeid wie die
Kinder, werdet ihr nie in das Himmelreich des Märchens ge=
langen
!
Der Spielleiter des Deutſchen Schauſpielhauſes Otto Wer=
ther
hat ſich mit dem Maler Hanns Gröninger und dem
Geſtalter des Bühnenbildes Thomaſſow glückhaft verbun=
den
, um dieſem Märchencharakter des wunderſchönen Werkes
gereiht zu werden. Der ſchwere Einſt ſeines erſten Teiles, des

Die Demokratiſche Fraktion des Bayeriſchen Landtags hat beim
Stagtsminiſterium Proteſt dagegen erhoben, daß durch das verfaſſungs=
widrige
Vorgehen in Bahern die deutſche Einheit gefährdet wird, und
hat Heim Landtagspräſidenten die ſofortige Einberufung des Landtags
heantragt.
Reichstagsabgeordneter Graf Kanitz wurde zum Reichsminiſter
Ernährung und Landwirtſchaft ernannt. Er iſt aus der Deutſchnatio=
nalen
Volksparkei ausgetreten.
Da täglich von Sachſen auffallend viele Leute ohne Ausweiſe die
Grenze überſchreiten, wurde von tſchechiſcher Seite die Bewachung der
Grenze verſchärft, um Grenzzwiſchenfälle zu vermeiden.
Die franzöſiſchen Meldungen über einen Separatiſtenputſch in Groß=
Gerau haben ſich als unrichtig herausgeſtellt.
Der Deutſche Buckdruckerverein teilt mit: Durch die Verbindlich
keitserklärung des Schiedsſpruchs für das deutſche Buchdruckergewerbe
vom 18. Oktober und die eingetretene weitere Verteuerung aller Mate=
rialien
iſt die Schlüſſelzahlfürdasdeutſche Buchdrucker=
gewerbe
rückwirkend ab 20. Oktober auf 300 Millionen feſtgeſetzt.
Die Schlüſſelzahl für den deurſchen Buchhandel beträgt ab B. Ok=
tober
10 Milliarden.
Der Verein deutſcher Zeitungsverleger hat die Schlüſſelzahl für An=
zeigen
mit Wirkung vom 23. Oktober auf 12 Millionen feſtgeſetzt.
Nach einer Havasmeldung lag geſtern vormittag der Reparations=
kommiſſion
, entgegen ihrer Erwartung, die deutſche Denkſchrift über die
techniſchen belgiſchen Studien, mit denen ſich der Finanzdienſt der Repa=
rationskommiſſion
beſchäftigte, noch nicht vor.
Aus Mailand wird gemeldet, daß die italieniſche Regierung nach
der Demarche des deutſchen Botſchafters in Rom eine abwartende Hal=
tung
einzunehmen gedenkt.
Präſident Maſarhk iſt vorgeſtern in London eingetroffen und wurde
geſtern mit Beneſch vom König im Buckingham=Palaſt empfangen.

Dollarkurs

Berlin . . 40 100 000 000
Frankfurt 56 140 750 000

Die Lage in Bohern.
* München, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Die Lage wird auch in
baheriſchen Regierungskreiſen unter dem Eindruck der aus Ber=
lin
kommenden Nachrichten als leicht entſpannt bezeichnet. Das
Eingreifen des Reichskanzlers zur Beilegung des Konflikts iſt
auch in München ſympathiſch aufgenomen worden. Bayern
wird ſelbſtverſtändlich an einer Ausſprache im Reichsrat durch
ſeinen Berliner Geſandten teilnehmen. Man muß ſich aber dar=
über
klar ſein, daß der Reichsrat nicht als Schiedsgericht wirken
kann, da dieſes doch gewiſſe Bedenken aufkommen laſſen müßte
Die Verpflichtsformel für die bayeriſchen Truppen, die in Berlin
offenbar Anlaß zu einer günſtigen Beurteilung der Lage gegeben
hat, iſt, wie man betont, abſichtlich gewählt worden, um eine
unnötige Schärfe zu vermeiden, ohne ſachlich dem bayeriſchen
Standpunkt Abbruch zu tun. So hat man es in Bayern von
allem Anfang an gehalten, und ſo wird es auch weiter gehalten
werden. Man darf ſich aber keiner Täuſchung darüber hingeben,
daß ein ſolcher Kurs mit Schwäche nicht das geringſte zu tun
hat. Ein Nachgeben in einer Weiſe, die die Ehre Bayerns und
ſeiner ſtaatlichen Lebensnotwendigkeiten irgendwie berührt,
kommt keineswegs in Frage. Auch die bisher vorliegenden baye=
riſchen
Preſſeſtimmen ſind auf dieſen Grundton geſtimmt. Das
Regierungsprogramm hebt beſonders hervor, daß die verantwort=
lichen
Kreiſe Bayerns nicht daran denken, Bayern vom Reich
zu trennen und zu löſen. Der Reichsgedanke wurzelt nirgends
ſo feſt als in Bayern.
Erklärungen des baheriſchen Miniſterpräſidenten.
München, 22. Okt. (Wolff.) Miniſterpräſident v. Knil=
ling
empfing heute vormittag die Vertreter der Münchener und
auswärtigen Preſſe, um ihnen über den Beginn und die Ent=
wickelung
des Konflikts zwiſchen Bayern und dem Reich und
die Stellungnahme der bayeriſchen Regierung Auskunft zu
geben. Der Miniſterpräſident betonte dabei wiederholt das
korrekte und loyale Verhalten Loſſows bei der
ganzen Angelegenheit. Von der Dienſtentlaſſung Loſſows habe
er erſt am Samstag, 4½ Uhr nachmittags, amtliche Mitteilung
erhalten. Die übereinſtimmende Auffaſſung ſei, daß man dieſe
Maßnahme in Bayern unmöglich hinnehmen könne. Ein
Fallenlaſſen Loſſows wäre eine glatte Kapitulation für
die bayeriſche Regierung geweſen. Der Miniſterpräſident
wandte ſich ſcharf gegen die Auffaſſung, als ob das
Handeln der baheriſchen Regierung den Auftakt zur Los=
löſung
vom Reiche bedeute. Der Reichsgedanke werde in
der Regierung jederzeit hochgehalten. Deshalb ſei ſie aber auch
gezwungen, ſich gegen die Angriffe zu wehren, die für das Ver=
bleiben
Bayerns in der Reichsgemeinſchaft nicht gedeihlich
wären. Die weitere Entwickelung der Angelegenheit hänge nun
von dem Verhalten der Reichsregierung ab.
traurig’ Märchens, das für den Winter paßt, wurde ſcharf und
klar als eine düſtere Ouvertüre dem heiteren Frühlingsgeiſt vor=
angeſetzt
, den der zweite Teil umduftet. Beide Teile verbinden
ein das Auge entzückendes Bild, das die Zeit als Chorus auf
weitausgebreiteten bunten Schwingen, die ſich über die ganze
Bühne hindehnten, zeigte.
Olla Bauer als Zeit war der freiſchaltende, heitere Geiſt,
der die 16 Jahre zwiſchen dem Wintermärchen und dem Früh=
lingstraum
leicht überſprang. Wer möchte mit ihr nicht ſagen
und tun:
Ich, die ich alles prüfe, Gut’ und Böſe,
Erfreu und ſchrecke, Irrtum ſchaff und löſe,
Ich übernehm’ es unter Namen Zeit,
Die Schwingen zu entfalten. Drum verzeiht
Mir und dem ſchnellen Flug!
Führer und tragender Geſtalter des raſenden Eiferſuchts=
dramas
der erſten drei Akte war der Leontes Ernſt Satt=
lers
, der othelliſch bis zum Wahnſinn mit ſich ringt und alle
Skalen leidenſchaftlicher Erregtheit und eiferſüchtiger Ueberſpan=
nung
ſpielen läßt. Ihm gegenüber die ganz aus ſich heraus
atende Erika Beilke als die zu unrecht beſchuldigte Her=
mione
, keuſch, faſt kindlich und doch voll unendlicher Hoheit, die
die Sprache, die ihr Gatte ſpricht, nicht verſteht und der das
Leben kein Geſchenk mehr iſt, da Kron' und Luſt des Lebens
des Gatten Liebe tot! Sie iſt eine Meiſterin der Sprache und
der Töne und gab dem Werk in ſeinen Momenden der Todes=
drohung
jenen einfachen Sinn und Klang, den nur Shakeſpeare
kennt. Das geſättigte reife Können Käte Wittenbergs ſchuf
aus der erſt zum Schluſſe ſich führend durchringenden Paulina
ein kraftvolles, ihres Wollens ſicheres Weib, das alles bis zum
guten Ende bringt, während ſie ſelbſt voll unendlicher Melan=
cholie
den Schlußſatz der Dichtung ſpricht:
Geht miteinander,
Ihr ſeligen Gewinner; nur Entzücken
Sprecht alle jetzt. Ich alte Turteltaube
Schwing’ mich auf einen dürren Aſt und weine
Um meinen Gatten, der nie wiederkommt,
Bis ich geſtorben bin.
Dieſer ſtille, ſchwermütige Ausklang des winterlichen Mär=
chens
bleibt gegenüber dem allzu publikumsgefälligen Schluſſe
Shakeſpeares, der der einſamen Paulina noch einen Gatten ver=
heißt
, um ſie nicht ganz von der Freude der anderen auszuſchlie=
ßen
, durchaus gerechtfertigt.
Die Rolle des Königs von Böhmen laa in den Händen Karl
Wagners ,der leider alles andere als ein König iſt, und bas
andere in unſerem Sinne auch nicht bewältigt. Die ſtrahlende
Jugend von Friedrich Siems und Hildegard Warſitz be=

Die Auffaſſung der Lage in Berlin.

* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) In Kreiſen, die
Regierung naheſtehen, ſieht man die Lage hinſichtlich Be
auch heute noch als etwas entſpannter an und hofft, daß e
Reichsrat möglich ſein wird, das Verhältnis zwiſchen dem
und Bayern zu bereinigen. In Berlin iſt man anſcheinen
Anſicht, daß zwiſchen dem Staatskommiſſar von Kahr und
bayeriſchen Kabinett von Knilling doch gewiſſe Gegenſät
ſtehen, und daß es dem bayeriſchen Kabinett von Knillit
lingen wird, ſeine gemäßigtere Auffaſſung durchzudrücken.
heute in Bayern ſtattgefundene Inpflichtnahme der baye=
Truppen wird in Berlin nicht als Verſchärfung angeſehe
ja dieſe Form den Dienſteid der bayeriſchen Regimenter
über dem Reich nicht berührt. Privaten Informationen
München zufolge iſt dort die Stimmung und Auffaſſung
len beteiligten Kreiſen der Regierung durchaus einheitlich.
warnt von München aus, daß Berlin die Stimmung in 2
nicht mißverſtehen möge. Es iſt zu hoffen, daß insbeſond
gelingen wird, die bayeriſche Frage aus der Welt zu ſcha

Verfaſſungsänderung?

* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Wie die Zeit m
liegt die Möglichkeit einer Löſung des bayeriſchen Konfli
der Richtung, daß im Reichsrat eine Verſtändigung über d
weiterung der Rechte der Länder und namentlich Bayer
zielt wird. Es iſt unſtreitig bemerkt das Blatt, daß die Wei
Verfaſſung den Gedanken der Reichseinheit auf Koſten
Gliedſtaaten überſpannt und damit den eigentlichen Gru
dem Konflikt gelegt hat, der nunmehr zum Ausbruch gek=
iſt
. Wenn hier die helfende und mildernde Hand angelegt
ſollte es möglich ſein, nicht nur dieſen Streitfall, ſonderr
die Veranlaſſung zu ähnlichen Fällen von Grund aus zu
tigen und ein Verhältnis zwiſchen den Ländern und dem
herzuſtellen, wie es im Intereſſe des Ganzen unumgänglick
wendig iſt.
Der neue Etat.
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Das neue Kabinett
den letzten Tagen durch die inneren Konflikte zeitlich ſo
ſprucht worden, daß es leider nicht dazu gekommen iſt, die
fach drängenden Reformen, die ihm obliegen, weiter ausz
ren. Immerhin hat das Finanzminiſterium ſeine Vorarl
weiter gefördert und macht jetzt den ernſthaften Verſuch
neuen Etat auf Goldmark aufzuſtellen. Der F
miniſter glaubt ſogar, daß es ihm möglich ſein wird, in d
Voranſchlag Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht zu
gen. Dazu iſt aber ſelbſtverſtändlich Ausſicht, nur vorha
wenn er mit Schärfe und Rückſichtsloſigkeit die Ausgaben z
menſtreicht auf allen Gebieten. Die perſönlichen wie die
lichen Ausgaben müſſen auf das Mindeſtmaß eingeſchränkt
den. Die nächſte Aufgabe dazu iſt der Abbau des Beamten
rats. Der Referentenentwurf dazu iſt fertig. Die Regi
rechnet damit, daß ſie die entſprechende Verordnumg in we
Tagen herausgeben kann. Hand in Hand damit muß auch
völlige Umandkung des finanziellen Verhältniſſes zm
Reich, Ländern und Gemeinden erfolgen. Gegenwärtig b
der troſtloſe Zuſtand, daß ſie keine eigenen Steuerquellen
und faſt ganz auf Koſten des Reiches leben, infolgedeſſen
auch gar keinen Anreiz zur Sparſamkeit ſehen und aus dem
len wirtſchaften. Sie müſſen deshalb finanziell wieder auf e
Füße geſtellt werden, damit die Sparſamkeit, die nun einmal
wendig iſt, ſich zu ihrem eigenen Vorteil auswirkt. Das iſt
nur möglich, wenn mit dem ganzen Wuſt von faſt über 40
ern, die gegenwärtig vollkommen ziellos neben= und durche
der erhoben werden, die zudem bei der Geldentwertung
größten Teil nicht einmal die Erhebungskoſten einbringen,
geräumt wird und an ihre Stelle wenige überſichtliche, abe
tragsreiche Steuern treten. Auch in dieſer Richtung machet
Arbeiten des Finanzminiſteriums Fortſchritte,
Das Sparprogramm der Reichsbahn
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Um den Betriek
Reichsbahm wirtſchaftlich zu geſtalten, beabſichtigt der Reich
kehrsminiſter Oeſer folgende einſchneidende Maßnah
Schlecht beſetzte Schnell=, Eil= und Perſonenzüge müſſem
fallen. Die beſchleunigten Perſonenzüge, denen bei der
ſchaftlichen Notlage weiter Volkskreiſe in Zukunft erhöhte
deutung zukommt, werden möglichſt beizubehalten ſein. Der
plan ſoll mehr als bisher den verſchieden geſtalteten Bedürfn
angepaßt werden. Ferner ſoll eine Herabſetzung der
geſchwindigkeit, wenn hierdurch lebenswichtige Intereſſen
geſchädigt, aber Erſparniſſe an Zugsbeförderungskoſten er
werden können, erfolgen. Die Einſchränkung der Zahl der
enthalte ſoll erhebliche Koſten im Kohlenverbrauch erſpe
Die Vorarbeiten für dieſe Betriebsumſtellungen ſind im Ga
herrſchte als Frorizel und Perdita die fröhliche Frühlingst
des alten Schäfers. Wer hätte nicht Luſt verſpürt, ſich im ſel
Sonnenlicht ſorgenlos auf dieſer weichen Wieſe zu kugeln?
rechten Auftakt für dieſe friſche Frühlingsluſt gab der ſingend
die Wieſe ſpringende Autolyeus von Julius Kobler. Er
namentlich zu Anfang, den Spitzbuben in ſcharfer Chara
ſierung und mit jener unbekümmerten Fröhlichkeit, die mitt
Ludwig Brahm als Schäfer und Fritz Wagner als ſein
Berliner Waßmann kopierender Sohn bewegten ſich ſpäter
ihm auf jener Grenze breit walender Grodeske, die wohl
Haufen zum Lachen reizt, aber etwas zu grell wirkt, um
gerechtfertigt zu erſcheinen. Gerade die heiteren Szenen in
Süße und in ihrem Duft müſſen fliegen, allzu ſtark bet
und gedehnte Rüpelſzenen hemen dieſen Flug.
Nehmt alles nur in allem: das Deutſche Schauſpiell
unter ſeinem ſchaffenden Intendanten Dr. Paul Eger tat
gute Tat, die Aufführung des Winterwärchens war Wol
und Kunſt!
Haller Halberg, Hambul

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
Gehalt und Bedeutung der deutſchen geiſt
wiſſenſchaftlichen Forſchung und die Stärke der gegen
tigen philoſophiſchen Bewegung in Deutſchland werden in einer
erſchienenen Veröffentlichung hell beleuchtet. Die Literariſchen Bei
der Deutſchen Philoſophiſchen Geſellſchaft, eine nun auch in ſelbſtän
Form erſcheinende fachliche Literatur=Zeitung (Verlag Kurt Ste=
Erfurt) ſtellen philoſophiſche Neuerſcheinungen der letzten Jahre
Stoffgebieten überſichtlich geordnet zuſammen. Die Liſte umfaßl
weniger als 565 Nummern. Ohne jeden beſonderen Begleittext
dieſer Bericht in nüchternſter Sachlichkeit und darum äußerſt eindr
voll davon, wie unſer Volk trotz der ſchwerſten äußeren Belaſtung
Berufe treu geblieben iſt, alles und jedes (ſei es ſein religiöſes Er
oder ſeine wiſſenſchaftlichen Bemühungen, ſeine Ethik oder ſeine Tei
ſeine Sozialgeſtaltungen oder ſein Kunſtſchaffen) vor dem Geiſte zu
fertigen oder um ſolche Rechtfertigung wenigſtens mit Einſatz ſeiner b
Kräfte zu ringen. Dieſes Zeugnis, von den unzerſtörbaren geiſt
Energien der deutſchen Forſchung wird nicht überſehen werden kön
Und der Umſtand, daß die geiſtige Anteilnahme und Aufnahmefähil
ſowie die Opferwilligkeit breiter Schichten des deutſchen Volkes ein
erſtaunlich hohe Anzahl derartiger Neuerſcheinungen zu tragen vermo
iſt für die Einſchätzung unſerer gegenwärkigen Lage hochbedeut
Ueberall wo über die deutſche Kultur ein Geſamturteil gefällt we=
ſoll
, wird dieſe durch die genannte Veröffentlichung nun ſo de Uich
legte Tatſache voll ins Gewicht fallen.
Als Tage der nächſten Hauptverſammlung gibt die Deutſche P
ſophiſche Geſellſchaft in den gleichzeitig erſchienenen Mitteilungen
22./23. April (Weimar) bekannt. In einer AZ= die 200.
derkehr des Geburtstages Kants gefeiert t nfte durch
geſchäftsführenden Vorſitzenden Dr. Arthur KEnnd Fi Fuchstn
weg 18.)

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Mie
en

Uihn

[ ][  ][ ]

Nummer 293.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.

Seite 3.

Einmarſch der Reichswehr in Sachſen.

Blutiger Zuſammenſtoß in Meißen.
Mehrere Verletzte.
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Ueber den Trup=
neinmarſch
im Freiſtaat Sachſen erfahren wir
ſtänden beſtimmten Truppen haben ſich planmäßig und ohne
ls Felſch im Raume Königsbrück-Biſchofswerda Dres=
ume
LeipzigEilenburg und unter Führung des Oberſten und Sozialdemokraten gebildete Kommiſſion ſich mit der Frage
öhrenbach um Hof verſammelt. Bei den Truppen um
der haben die Truppen den Vormarſch angetreten. Sie wer=
n
in dieſen Tagen die Gegend Lohmen-DresdenMeißen
urzen und Oelsnitz-Plauen erreichen.
Auf Kavallerie, die in Meißen einrückte, wurde
ſchofſen. Die Truppen erwiderten das Feuer.
gab mehrere Verletzte. Der Kommuniſtenführer
ucke wurde verhaftet.
*
Am 23. Oktober, 10.30 Uhr vormittags, wird der Oberbe=
lshaber
, Generalleutnant Müller, die in dieſen
gen durch Dresden marſchierenden Truppen am Neuſtädter
thaus an ſich vorbeiziehen laſſen.
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Zu den bereits kurz
meldeten Zuſammenſtößen zwiſchen der Reichswehr und den
monſtranten in Meißen wird noch berichtet: Bei dem Cin=
rſch
von Teilen des Reiterregiments Nr. 12 in Groſſenheim
Meißen kam es am 22. Oktober vormittags zu Zuſammen=
ßen
zwiſchen demonſtrierenden Erwerbsloſen und Kommu=
ſten
aus Meißen und Umgebung. Beim Zerſtreuen der Demon=
anten
fielen aus einem Haus auf die Reichswehr Schüſſe.
eſe erwiderte das Feuer auf das Haus und ſäuberte, die
raßen der Stadt. Acht Perſonen wurden verhaftet, darunter
Kommuniſtenführer Ruppe. Waffen wurden nicht gefunden.
ne Schwadron mußte gegen die die Stadt füllenden Lemon=
mten
anreiten, um die Verbindung zwiſchen der am Bahn=
haltenden
Schwadron, die von den Demonſtranten bedrängt
irde, zu erzwingen. Dadurch wurden mehrere Ziviliſten durch
ebe mit der Waffe leicht verletzt.
Tendenziöſe Berichterſtattung.
* Dresden, 22. Okt (Priv.=Tel.) Ehe die Meldung über
Zuſammenſtöße der Reichswehr mit demonſtrierenden Er=
rbsloſen
und Kommuniſten in Meißen bekannt wurde, ver=
hte
die offizielle Nachrichtenſtelle der ſächſiſchen Negierung di=
entliche
Meinung gegen die Reichswehr einzunehmen. Mit
inenswerter Schnelligkeit wurde der Vorfall ſo dargeſtellt, als
die Reichswehr ohne jede Veranlaffung auf friedliche Demon=
inten
geſchoſſen hätte. Ohne offen gegen die Reichswehr zu
en, war gerade dieſe Darſtellung um ſo gefährlicher, als ſich
öffentliche Meinung auch anderer Kreiſe unter dieſen Um=
aden
hätte gegen die Reichswehr wenden müſſen. Es dürfte
jebracht ſein, eine ſo tendenziöſe Berichterſtattung zu ver=
dern
. Im übrigen atmeten allgemein auch die weiteren Ar=
terklaſſen
erleichtert auf, denn man hat jetzt das unbedingte
fühl der Sicherheit, vor allen in ernſten Arbeiterkreiſen, die
her unter dem Terror der Jugendlichen zu leiden hatten, und
Wiederkehr von Ruhe und Ordnung aufs freudigſte begrüß=
Es iſt mit Sicherheit anzunehmen, daß in Kürze auch das
etſchaftsleben wieder ſeinen geregelten Gang nehmen wird,
daß Sachſen endlich wieder zu dem Rufe kommt, den es vor
Krieg in der Wirtſchaftswelt hatte.
Dachſens Miniſterpräſident gegen den Ein=
marſch
der Reichswehr.
* Dresden, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Wie die ſozialiſtiſche
ſſe mitteilt, wird die ſächſiſche Regierung morgen früh wegen
Einmarſches der Reichswehrtruppen einen Aufruf an die
hölkerung erlaſſen. Sie wird dabei betonen, daß ſie die Maß=
men
des Reiches politiſch für höchſt bedauerlich hält, und er=
en
, daß ſie ſich an Recht und Verfaſſung halten wird. Auch
Bekenntnis zur Einheit des Reiches ſoll in dem Aufruf
en. Ferner ſoll die Bevölkerung zur Ruhe und Ordnung
jahnt werden. In der ſozialiſtiſchen Preſſe wird beſonders
or gewarnt, ohne beſonderen Aufruf in einen Generalſtreik
treten.

Generalſtreifdrohung in Sachſen.
* Chemnitz, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Die von den beiden
kommuniſtiſchen Miniſtern Heckert und Böttcher und von
dem ſozialdemokratiſchen Arbeitsminiſter Graupe einberufene
Verſammlung der Betriebsräte, der Kontrollausſchüſſe und
gendes: Die zur Wiederherſtellung von verfaſſungsmäßigen Konſumpereine Sachſens fanden am Sonntag vormittag ſtatt.
Die genannten Miniſter referierten über die Wirtſchaftspolitik.
en Zwiſchenfall am 21. Oktober unter Führung des Gene= Miniſter Heckert wandte ſich ſcharf gegen den General Müller,
den Reichspräſidenten und den Reichskanzler. Arbeitsminiſter
Graupe forderte den Austritt der S.P.D. aus der großen Kog=
n
, unter Führung des Generals von Ledebour im lition. Entſprechend einem Antrag ſoll eine aus Kommuniſten
des Generalſtreiks beſchäftigen. Von verſchiedenen Sei=
ten
wurde betont, daß eine Aktion gegen Sachſen mit dem ſofor=
f
handelt es ſich um württembergiſche Berbände. Am 22. Ok= tigen Generalſtreik beantwortet werden ſolle, ſelbſt wenn, die zur Frage des Beamtenabbaus vorläufig noch jeder endgültigen
Organiſationen dagegen ſein ſollten.
PlötzlichesAbrücken der LandespolizeiausGera
TU. Gera, 22. Okt. Am geſtrigen Sonntag rückte faſt die
geſamte Landespolizei, die hier ſtationiert iſt, mit Laſtkraftwagen
und Bagage aus. Das Reiſeziel iſt unbekannt und wird auf
Veranlaſſung des Miniſteriums in Weimar geheim gehalten.
Die blaue Polizei hat den Dienſt allein zu verſehen. Sie iſt
deskalb verſtärkt worden.
Auch in Weimar ſelbſt iſt der geſamte Dienſt der blauen
Polizei übertragen worden.
Thüringen ergreift Sicherheitsmaßnahmen
gegen Bayern.
* Jena, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Das thüringiſche Mini=
ſterium
des Innern teilt folgendes mit: Das Land Thüringen
hat angeſichts der geſpannten politiſchen Lage in Bayern, als
angrenzender Staat und Brücke zwiſchen Süd= und Norddeutſch=
land
beſondere Aufgaben für die Sicherheit des Reiches zu
löſen. In Erfüllung dieſer Aufgabe wird, ſolange der Konflikt
zwiſchen Bahern und dem Reich nicht erledigt iſt, eine beſondere
polizeiliche Sicherung der thüringiſchen Grenze durchgeführt wer=
den
. Dieſe Maßnahme iſt unverzüglich den zuſtändigen Reichs=
ſtellen
mitgeteilt worden. Sie dienen nur einer vorbeugenden
Abmehr.
Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß in dieſer aufregenden Zeit Ge=
rüchte
mancherlei Art ſich häufen und überſtürzen. Die Bevöl=
kerung
Thüringens wird erſucht, ſolchen aufregenden, meiſt unbe=
gründeten
Gerüchten, keinerlei Glauben zu ſchenken, ſondern nur
den Nachrichten der amtlichen thüringiſchen und Reichsſtellen
Vertrauen entgegenzubringen. Ganz beſonders muß davor ge=
warnt
werden, auf Grund irgendwelcher Nachrichten Maß=
nahmen
lokaler Art zu ergreifen. Mitteilungen über irgend=
wie
beunruhigende Handlungen ſind ſofort den ſtaatlichen Stel=
len
zuzuleiten, die ſofort für entſprechenden Schutz ſorgen wer=
den
. Der Verbreitung unwahrer Gerüchte muß auf Grund der
Verordnung des Reichspräſidenten vom 28. September 1923 ent=
gegengetreten
werden. Die Exekutive kann in dieſer ſchweren
Zeit nur bei den geſetzlich berufenen Vertretern liegen. Gegen
jeden Verſuch einzelner Bevölkerungskreiſe, durch Hundertſchaf=
ten
und Sturmtruppen polizeiliche Funktionen auszuüben, muß
eingeſchritten werden. Insbeſondere wird die Bevölkerung Süd=
thüringens
vor ſolchen Verſuchen ernſtlich gewarnt. Sie wird
aufgefordert, kaltes Blut und kühle Ueberlegung zu bewahren.
Das Miniſterium des Innern wird es ſich im Einvernehmen
mit den zuſtändigen Reichsſtellen angelegen ſein laſſen, die Auf=
rechterhaltung
der öffentlichen Ruhe und Sicherheit unter allen
Umſtänden zu gewährleiſten.
Kommuniſten in Schutzhaft.
Erfurt, 22. Okt. (Wolff.) Auf Anordnung des Mili=
tärbefehlshabers
iſt in der Nacht zum 22. Oktober eine Anzahl
führender Kommuniſten in Schutzhaft genommen
worden.
*
Eiſenach, 22. Okt. (Wolff.) Der Militärbefehlshaber hat
an den Oberbürgermeiſter Janſon in Eiſenach den dienſtlichen Be=
fehl
gerichtet, die ihm von der thüringiſchen Regierung wider=
rechtlich
entzogene Polizeigewalt zu übernehmen.

Beamtenabbau und Arbeitszeitgeſetz.
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Geſtern haben zwiſchen
der Regierung und den Gewerkſchaften aller Nichtungen Beſpre=
chungen
über den geplanten Beamtenabbau und das Arbeitszeit=
geſetz
ſtattgefunden. Wie zu erwarten war, konnte der bei der
Erörterung dieſer Probleme ſich ergebende Konflikt nicht in
einer Sitzung erledigt werden, und ſo kam man überein, daß
für die weitere Behandlung dieſer Theſen ein Sachverſtändigen=
ausſchuß
gebildet werden ſoll, in dem die Regierung und die
Gewerkſchaften paritätiſch vertreten ſind. Bei den geſtrigen Be=
ſprechungen
konute feſtgeſtellt werden, daß ſeitens der Beamten=
gewerkſchaften
durchaus Verſtändnis für die troſtloſe finanzielle
Lage des Reiches beſteht, und daß man auch in dieſen Kreiſen
der Notwendigkeit einer Einſchränkung des Beamtenkörpers
Verſtändnis entgegenbringt. Seitens der Angeſtelltenvertretun=
gen
wurde die Forderung erhoben, daß das Reich bei der vor=
geſehenen
Entlaſſung der angeſtellten Hilfskräfte möglichſt ſcho=
nend
vorgehen möge. Die Beamtenvertretungen enthielten ſich
Stellungnahme. Es wurde ſchließlich der Sachverſtändigenaus=
ſchuß
gebildet, in dem die Beamtenſchaſt durch Geheimrat Krell
und den Abgeordneten Steinkopf vertreten wird. Am Montag
abend traten die Gewerkſchaften wiederum zuſamen, und nahmen
den Bericht des Sachverſtändigenausſchuſſes über die erſten ſach=
lichen
Erörterungen entgegen. Am Dienstag wird eine weitere
Gewerſchaftsberatung folgen, nachdem die einzelnen Verbände
in ihren Haupwvorſtänden ſich über die bisherigen Beratungen
ſchlüſſig geworden ſind.
Badiſche Goldſchatzanweiſungen.
Mannheim, 22. Okt. (Wolff.) Der Miniſter des Innern,
Staatspräſident Nemmele, hat in der geſtrigen Wahlkreis=
konferenz
der Sozialdemokratiſchen Partei Mitteilung gemacht
von dem Entſchluß der badiſchen Regierung, Gold=
ſchatzanweiſungen
herauszugeben. Zu dieſem Schritt
ſehe ſich die badiſche Regierung genötigt, weil es durch den Ver=
fall
der Papiermark nicht möglich ſei, die Ernährung des Volkes
ſicherzuſtellen. Der Landwirt könne, wenn er nicht offenen Auges
dem totalen wirtſchaftlichen Ruin entgegengehen wolle, ſeine
Produkte nicht in dem Umfange abſtoßen, wie das volkswirt=
ſchaftlich
notwendig ſei. Dadurch ſtehe aber die Ernährung des
Volkes auf einer ganz unſicheren Baſis. Um die Ernte herein=
zubringen
, müſſe dem Landwirt ein wertbeſtändiges
Geld gegeben werden, das ihn in die Lage verſetze, auch in
ſpäterer Zeit ſeine Bedürfniſſe zu decken. Dieſem Zwecke ſolle
ja auch die Reichsrentenbank dienen. Bis dieſe Mark jedoch im
Verkehr ſei, drohe die Währungskataſtrophe die deutſche Wirt=
ſchaft
zu vernichten. Die Erfahrungen der letzten Tage zwän=
gen
zum ſchnellen Handeln. Die badiſche Regierung
halte ſich für verpflichtet, zu handeln, ehe es zu ſpät ſei. Die
Goldſchatzanweiſungen des Landes Baden würden in Stücken zu
1, 2, 5 und 10 Dollar, gleich 4,20 Mark pro Dollar, ausgegeben.
Die badiſche Staatsſchuldenverwaltung löſe die Scheine in Gold=
währung
zuzüglich 5 Prozent Zinſen, alſo den Schein zu 4,90
Mark, vom 2. Mai 1927 ab ein. Für die durch die Ausgabe der
Schatzſcheine dem Lande Baden entſtandene Schuld haftet das
Land Baden mit ſeinem geſamten Vermögen. Die Schuld ſamt
Zinſen werden aus dem Holzerlös des Landes in der am Fällig=
keitstage
geltenden Währung zurückgezahlt, wobei der Dollar=
kurs
zum Durchſchnitt der Mittelkurſe der amtlichen Berliner
Notierung für Auszahlung Neu=York in der Zeit vom 15. März
bis 15. April 1927 umgerechnet werde. Der Anſpruch auf Nück=
zahlung
erlöſche, wenn die Schatzſcheine nicht binnen 5 Jahren
nach dem Fälligkeitstage zur Einlöſung vorgelegt würden. So=
bald
die Ernte geborgen ſein werde die landwirtſchaftlichen
Verbände würden um die feſte Uebernahme der Schatzſcheine er=
ſucht
werden würden die Scheine auch in die Wirtſchaft ge=
bracht
werden, um ſie für den Kleinverkehr nutzbar zu machen.
Auch Goldpfennigſcheine würden angefertigt werden. Die Er=
wägungen
hierüber ſeien noch nicht abgeſchloſſen.
Der Küſiriner Putſchprozeß.
Kottbus, 22. Okt. Heute vormittag hat hier unter
ganz beſonderen Sicherheitsmaßnahmen die Verhandlung des
außerordentlichen Gerichts gegen die vierzehn. Perſonen, die
beſchuldigt ſind, den Küſtriner Putſch verſucht zu haben, begon=
nen
. Nach der Feſtſtellung der Perſonalien der Angeklagten
wurde die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen.
Unmittelbar an den gegenwärtigen Prozeß werden
ſich weitere Verhandlungen gegen die in Haft befind=
lichen
Feldwebel, Rudolf Herrenkind und Erich Halben=
reich
, den Unteroffizier Julius Baſtke und die Schützen
Paul. Haſenclever, Hans Sprenk. Edmund Scheibler,
Erich Buchaleck und Fritz Nies anſchließen. Man rech=
net
damit, daß die geſamten Verhandlungen über Küſtrin die
volle Woche in Anſpruch nehmen werden.

Die Löſung des Atlantis=Rätſels.
C.K. Die Ausgrabungen in Spanien, die jetzt der Erlanger
feſſor A. Schulten an der Mündung des Guadalquivir unter=
mt
, werden uns die Löſung eines geſchichtlichen Rätſels
igen, das ſeit mehr als zwei Jahrtauſenden die Gemüter be=
ftigt
hat. Der Gelehrte glaubt nämlich, die Stätte des ge=
misvollen
Erdteils des Altertums, der Atlantis, gefunden zu
en. Es gibt nur eine einzige Quelle von dieſer untergegan=
en
Inſel, nämlich in den Werken des Plato, und man neigte
erdings zu der Anſicht, dieſen ganzen Bericht für eine Er=
ung
des großen Philoſophen zu halten. Es iſt aber durch=
wahrſcheinlich
, daß uns Plato eine echt hiſtoriſche Ueber=
rung
aufbewahrt hat. Atlantis ſoll im Ozean nahe bei den
ulen des Herkules, der heutigen Straße von Gibraltar, ge=
n
haben; die Inſel ſei ſo groß geweſen, wie Kleinaſien und
ypten zuſammengenommen und habe eine überaus hohe Kul=
eine
6000 Jahre alte Geſchichte, große Reichtümer und glück=
Verhältniſſe gehabt, bis ſie ſchließlich an einem einzigen
e im Meere verſank, das infolgedeſſen unbefahrbar wurde.
ulten hat nun die Stelle ermittelt, wo ſich, vom Dünenſand
chüttet, die Ueberreſte der uralten Stadt Tarteſſos be=
en
, des bibliſchen Tarſchiſch, die vor 3000 Jahren die wich=
e
Handelsſtadt der Erde war. Vor dem Aufblühen von Tar=
8 lag an derſelben Stelle der Guadalguivir=Mündung ein
rer, hochwichtiger Handelsplatz, den kretiſche Seefahrer beſie=
hatten
und deſſen Geſchichte mindeſtens bis zum Jahr 2000
hr. zurückgeht. Wie Prof. Rich. Hennig in der Leipziger Illu=
rten
Zeitung ausführt, dürfen wir von dieſen Schultenſchen
bungen, die vorwiegend mit ſpaniſchen Geldern vorgenom=
werden
, die Löſung des Atlantis=Rätſels erwarten. Die
aben Platos laſſen ſich auf überraſchend einfache Weiſe er=
en
. Was er über die gewaltige Größe der Inſel ſagt, bezieht
auf das Handelsgebiet von Tarteſſos, das nachweisbar einer=
bis
zur Bernſteinküſte vor der Elbemündung und bis zu
Zinnbergwerken von Cornwallis, andererſeits bis zu den
ſten Gegenden des Mittelmeers reichte. Im übrigen paßt die
ählung Platos Wort für Wort auf das ſponiſche Tarteſſos,
bſt der märchenhafteſte Zug, das Verſchwinden in einer Nacht
das Unſchiffbarwerden des Meeres, trifft wortgetreu zu,
n man es nicht buchſtäblich, ſondern politiſch ausdeutet. Nach
Schlacht von Alalia 1537 v. Chr, in der die Karthager die
teſſier beſiegten, verboten nämlich die Sieger allen nicht=
agiſchen
Schiffen die Fahrt auf den Meeren weſtlich von
raltar, um den ganzen Hand=l an ſich zu reißen. Auf dieſe

D M
ſpricht, das Meer jenſeits der Säulen des Herkules wirklich an
einem Tage unſchiffbar, Atlantis verſchwand aus dem grie=
chiſchen
Geſichtskreis und war in den Tagen Platos ſchon 150
Jahre den Hellenen unerreichbar. Bis zum Jahre 214 b. Chr.,
da die Römer den Karthagern Südſpanien entriſſen, alſo über
300 Jahre, war die Straße von Gibraltar durch die Karthager
völlig geſperrt, Atlantis verſchwunden.

Nur Katzen.
Im letzten Winter ſind Katzenfelle die große Mode geworden;
demzufolge hat ſich die Nachfrage nach den Trägern dieſer Pelze
ſehr geſteigert.
Dieſe Katzenfelljagd wird auf folgende Weiſe gehandhabt:
Man, fängt (auf gut Deutſch ſtiehlt) ſich jede Katze, derer man
habhaft werden kann. Die gefangene Katze wird in einen Sack
geworfen, und der Sack wird zugebunden. Bis zu einem halben
Dutzend Katzen werden ſo in dem Sack zuſammengepfercht. (Zur
Not auch mehr.)
Den Sack trägt der Katzenfelljäger zur Katzenfellfabrik (auf
gut Deutſch Hehlerneſt.). Dort werden die zugebundenen Säcke
erſt mal ein paar Tage verbunden gelagert. In abgeſchloſſenem
Raum verſteht ſich. Um durch das Geſchrei der Tiere nicht die
Polizei zu ſtören.
Katzen ſind bekanntlich ſehr lebenszähe. Durch Lagern wird
aber nicht nur ſchäumender Moſt gefügſam, ſondern auch dieſe
Tiere.
Hernach nimmt der Katzenfellfabrikant einen Knüppel und
ſchlägt ſolange auf die Säcke, bis die Säcke ſich nicht mehr rühren.
Das koſtet natürlich wieder viel Anſtrengung. Aber die ele=
ganten
Damen bezahlen ja die Felle gut.
Wieviel Jahrhunderte leben wir doch nun ſchon als Chriſten?
Die Aegypter hielten bekanntlich Katzen für heilige Tiere
und pflegten ſie, weil ſie wußten, daß jedes Lebeweſen fühlt,
ſich freut, leidet und empſindet wie ein Menſch.
Aber das waren eben törichte Heiden.
Aus dem dritten Jahrhundert vor Chriſtus ſind uns von
dem buddhiſtiſchen Könia Ashoka Steininſchriften erhalten, worin
dieſer die Errichtung von Hoſpitälern und Afylen für kranke und
obdachloſe Haustiere anordnet.
Aber, lieber Himmel, das iſt ſchon lange her, und wir im
allerchriſtlichſten Europa . . . .

R
haben kein Geld.
In Indien nehmen fromme Buddhiſten, wenn ſie ausgehen,
leichte Beſen mit, damit ſie vor ſich den Weg kehren und nicht
etwa einen Käfer oder eine Eidechſe tottreten.
Aber das fehlte noch! wir haben bekanntlich viel Wich=
tigeres
zu tun. Zum Beiſpiel Butter ſchieben, Meſſingklinken
ſtehlen und uns gegenſeitig zu verleumden.
Denn nichts geht über den Fortſchritt.
Und denn, gottlob denhabenwir! Und zwar gründ=
lich
.
Peteha.
L. Vom Bodenſee. Der Verkehr auf den Dampfern iſt in
letzter Zeit bedeutend zurückgegangen, was bei den hohen Prei=
ſen
rund 40 bis 50 Millionen Mark für eine halbſtündige
Fahrt leicht begreiflich. Aber die verkehrte Tarifpolitik wird
ruhig fortgeſetzt.
Weibliche Geſchicklichkeitsprobe in China. Zu einem eigen=
artigen
Feſt rüſtet man in China, wenn der ſiebente Monat des
Jahres gekommen iſt. Nach altem Brauch wird dann in einer
beſtimmten Nacht die Geſchicklichkeitsprobe fürs Leben gemacht.
Mädchen breiten ſieben Kürbiſſe, ſieben Früchte, ſieben Obertaſſen
und ſieben Weihrauchſchalen aus. Daneben hocken ſie nieder,
nehmen ſieben ſeidene Fäden zur Hand und ſuchen eiligſt beim
ſchwachen Schimmer eines brennenden Papierſtreifens ſieben
Nadeln einzufädeln. Die Tüchtigkeit einer jeden in Ausübung
der weiblichen Obliegenheiten im Hauſe wird man nach der Zahl
der eingefädelten Nadeln bemeſſen. Eine beſſere Heiratsempfeh=
lung
als die des Gymihana kennt man in China nicht. Zur
ſelben Zeit fangen Frauen Spinnen und ſperren ſie bis zum
nächſten Morgen in Schachteln ein. Hat in den Stunden der
Gefangenſchaft die Spinne ein Gewebe zuſtandegebracht, ſo
gilt dies als ein Zeichen von Tüchtigkeit und Geſchicklichkeit Rr
Beſitzerin der Schachtel.
T. Aus der modernen Türkei. Die politiſche und ſoziale
Neuordnung, die die Feſſeln des Haremszwanges löſt und die
weiblichen Schutzbefohlenen der Eunuchen mündig erklärt, hat
auch die Haremswächter in die Notwendigkeit verſetzt, ſich auf
die Neuordnung der Dinge einzuſtellen. Die Eunuche des

Ser Aioech berfolct, de e einterſin zu ſiteue deie aich
Konſtantinopel gemeldet wird, hat der neue Verband ſeine Sta=
tuten
auch bereits vorſchriftsmäßig bei der Polizeidirektion ein=
gereicht
.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.

Rummer 293,

Stadt und Land.
Darmſtadt, 23. Oktober.

Ernannt wurden am 17. Oktober: die Verwaltungspraktikanten
Willy Steiger aus Worms und Karl Stiebig aus Hopfgarten zu
Verwaltungsoberſekretären mit Wirkung vom 1. April 1923; am 18. Ok=
tober
der Verwaltungspraktikant Johann Roth, aus Budenheim zum
Verwaltungsoberſekretär mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an.
Kupferſtichkabinett des Landesmuſeums. Die Ausſtellungen der
Reinhold Ewald=Kollektion und der Graphik des 16. Jahrhunderts
dauern noch bis zum kommenden Sonntag. Dann bleibt das Kupfer=
ſtichkabinett
bis zur Fertigſtellung der von Landestheater und Landes=
muſeum
gemeinſam unternommenen Darmſtädter Theater=
Ausſtellung geſchloſſen. Material für die neue Ausſtellung, und
zwar für ihre hiſtoriſche Abteilung 18001920, wird als Leihgabe aus
Privatbeſitz gerne entgegengenommen. Es würde ſich etwa um Bühnen=
und Dekorationsſkizzen, Koſtümentwürfe und Aehnliches handeln. Wer
geſonnen iſt, dergleichen für die Dauer der Ausſtellung zur Verfügung
zu ſtellen, wird gebeten, dies dem ideellen Urheber und techniſchen Or=
ganiſator
der Theaterausſtellung, Kuſtos Dr. Karl Freund am Landes=
muſeum
, zu melden.
Die Auszahlung der Unterſtützungsſätze für die Sozialrentner
findet am Dienstag, den B3. Ifd. Mts., ab 9 Uhr vormittags, in Zim=
mer
Nr. 8 des Städtiſchen Wohlfahrtsamts, Eingang Mornewegſtr. 1,
und die der Kleinrentner am Mittwoch, den 24. Ifd. Mts., vormittags
9 Uhr, in der Stadtkaſſe, Grafenſtr. 28, ſtatt.
Rentenzahlungsverkehr beim hieſigen Poſtamt I. Mittwoch, den
294., von 812 Uhr vormittags und 25 Uhr nachmittags, wird in der
Paketausgabe des Poſtamts I für Zulageempfänger aus der Unfallver=
ſicherung
das Zehnfache des am 16. gezahlten Betrages, aufgerundet
auf volle Millionen, als Nachzahlung gezahlt. An den nachfolgenden
Tagen werden die Rentenbeträge von 8½ vormittags bis 121. Uhr
nachmittags an dem Schalter der Rentenſtelle zur Zahlung bereit=
gehalten
. Die Beträge ſind in die Quittungen zunächſt nicht einzurücken.
Steuerabzug vom Arbeitslohn. Die Verhältniszahl zur
Berechnung der Ermäßigungen beim Steuerabzug beträgt für die
Zeit vom 21. bis 27. Oktober 1923 zweihundertzehn
L. Kleinrentner= und Sozialrentnerfürſorge. Zu der nach der Reichs=
richtzahl
vom 11. Oktober 1923 berechneten Unterſtützung für die zweite
Hälfte des Oktober 1923 tritt am Beginn der 4. Oktoberwoche
eine Nachzahlung bis zum vierfachen dieſer Unter=
ſtützung
. Bei Sozialrentnern, die ganz oder teilweiſe Selbſtverſorger
ſind oder Eigenwirtſchaft betreiben, iſt das Bedürfnis für den Umfang
der Nachzahlung beſonders ſorgfältig zu prüfen.
L.S. Reiſekoſten der Reichsbeamten. Die Verordnung vom 14. Ok=
tober
1921 iſt mit Wirkung vom 15. d. M. abgeändert: Für Dienſtreiſen,
die am ſelben Tage angetreten und beendet werden und nicht mehr als
3 Stunden dauern, wird ein Tagegeld nicht gewährt. Dauert ſolche
Dienſtreiſe mehr als 3, jedoch nicht über 6 Stunden, ſo werden drei
Zehntel, dauert ſie mehr als 6, jedoch nicht über 8 Stunden, ſo werden
fünf Zehntel des vollen Taggelds gezahlt. Für Reiſen, die am gleichen
Tag angetreten und beendet werden und über 8 Stunden dauern, aber
eine anſchließende auswärtige Uebernachtung nicht erfordern, beträgt das
Taggeld acht Zehntel des vollen Taggelds. Erſtreckt ſich die Dienſtreiſe
auf 2 oder mehrere Tage, ſo iſt das Taggerd für den Hin= und Rückreiſe=
tag
je beſonders zu berechnen. Dabei iſt auch bei längerer als achtſtün=
diger
Reiſedauer an dem betreffenden Tage nicht mehr als fünf Zehntel
des vollen Taggeldes zu gewähren; wird jedoch die Hinreiſe vor 2 Uhr
nachmittags angetreten oder die Rückreiſe nach 2 Uhr nachmittags beendet,
ſo iſt für Hin= oder Rückreiſetag das volle Taggeld zu zahlen.
Städtiſche Akademie der Tonkunſt. Dienstag abend ½8 Uhr be=
ginnt
Hofrat Max Behrend ſeinen Winterkurſus in der Rede= und Vor=
tragskunſt
. Der Kurſus beſteht, wie der letzte, aus 15 Lektionen von je
1½2 Stunden Dauer. Die Schlußprüfung in Gegenwart des Herrn
Direktor Schmitt hat bewieſen, daß in ſo kurzer Zeit die Schüler es ſo=
weit
gebracht, daß ſie ſich nunmehr ſelber in ſprachlicher Beziehung künſt=
leriſch
weiterbilden können. Der neue Kurſus iſt bereits ſo beſetzt, daß
nur noch 23 Schüler oder Schülerinnen aufgenommen werden können.
Meldungen beim Sekretariat der Akademie. Ein Schüler von Hofrat
Behrend, Adam Helfmann, iſt ſeit 1. September am Frankfurter Opern=
haus
angeſtellt. Gerade bei dieſem Künſtler zeigt es ſich, wie wertvoll
die ſprachliche Grundlage für die geſangliche Ausbildung war.
Volkstheater. Am Freitag eröffnet im ehemaligen Perkeoſaale
die Direktion des Volkstheaters Eliſabeth Werner einen
Zyklus von Vorſtellungen, die auf volksbildender Grundlage den Kunſt=
freunden
aller Kreiſe Gelegenheit geben, ſich für ein verhältnismäßig
geringes Eintrittsgeld an guten Werken der Bühnenliteratur zu er=
götzen
. Die Direktion iſt noch von früher her beſtens bekannt durch
ihre Auff
führungen im Saalbau, Mathildenhöh=, Konkardiaſaal und
Chauſſeehaus, und dürfte ſich namentlich unſere Jugend an die anmuti=
gen
Märchendarbietungen erinnern. Zur Aufführung kommen Schau=
und Luſtſpiele, und namentlich wird das deutſche Volksſtück, das immer
ein Stiefkind unſerer Bühnen war, zu Worte kommen. Die Direktion
wird alles aufbieten, ihren Beſuchern angenehme Stunden zu bereiten.
Als erſte Aufführung iſt das Volksſtück Königin Luiſe gewählt,
der Lebens= und Leidensgang einer echten deutſchen Frau, ein Vorbild
für alle in unſerer heutigen Zeit. Der Kartenverkauf iſt ab Mittwoch
von 111 Uhr vormittags an der Theaterkaſſe, und bei Herrn Karg,
Bigarrenhandlung, Grafenſtraße.

Vom Muſikverein wird uns geſchrieben: Das erſte diesjährige
Konzert findet am Montag, den 29. Oktober, abends 7 Uhr, im Großen
Hauſe des Landestheaters unter Leitung des Herrn Generalmuſikdirek=
tors
Balling ſtatt. Zur Aufführung kommt Robert Schumanns Das
Paradies und die Peri. Als Soliſten wirken mit Frl. Werle (Peri,
Sopran), Frl. Weißweiler (Sopran), Frau Doepner (Alt), Herr Hoefflin
(Tenor), ſämtlich vom hieſigen Landestheater, und Herr Rehfuß (Baß)
aus Frankfurt a. M. Die öffentliche Hauptprobe am Sonntag, den
28. Okt., beginnt vormittags um 11 Uhr. Näheres wird noch bekannt=
gegeben
.
Innere Mifſion und Volkswirtſchaft. Welche volkswirtſchaftliche
Bedeutung die Arbeit der Inneren Miſſion hat, zeigen u. a. folgende
Tatſachen. Dem zehnten Teil von den 4 Millionen jährlicher Beſucher
der 450 in Deutſchland beſtehenden Herbergen zur Heimat, unter denen
385 von der Inneren Miſſion erhalten werden, verſchafft ſie Arbeit.
Rechnet man nun, daß von dieſen 400 000 in Arbeit Getretenen auch
nur der zehnte Teil vorher vom Bettel gelebt und jeden Tag eine Gold=
mark
erbettelt hat, ſo hat die Innere Miſſion allein durch Arbeitsvermitt=
lung
für dieſe Leute der Allgemeinheit 73 Millionen Goldmark erſpart.

Von den 44 Krüppelanſtalten Deutſchlands gehören nur 8 dem Staat,
6 der katholiſchen, 30 der evangeliſchen Liebestätigkeit; letztere unterhält

in dieſen Anſtalten 315 Werkſtätten, worin die Krüppel, die ſonſt der
Allgemeinheit zur Laſt fallen würden, zu wertvoller Tätigkeit herange=
ſchult
werden. Die evangeliſchen Diakoniſſenanſtalten verbrauchten vor
dem Krieg etwa 10 bis 12 Millionen Goldmark im Jahr, die ſie aus dem
Volk erhielten; ſie ſpendeten und vermittelten aber für das allgemeine
Wohl Werte im Betrag von 120 bis 150 Goldmark. Bei alledem iſt der
geiſtige Wert dieſer Liebestätigkeit, der ſich ja nicht in Zahlen ausdrücken
läßt, noch nicht berückſichtigt. Das deutſche Volk würde völlig falſch
rechnen, wenn es die Anſtalten der Inneren Miſſion zuſammenbrechen
ließe.
Martinsgemeinde. Ueber die Künſtler, die die kirchenmuſi=
kaliſche
Feierſtunde heute Dienstag, abends 8 Uhr, in der
Martinskirche veranſtalten, ſchreibt der Weinheimer Anz.: Hanna
Lintz iſt eine Sängerin von großem Talent, techniſch wohlausgerüſtet
und muſikaliſch von hoher Reife. . . Die wirkliche Vollkommenheit des
Vortrags war ſelbſtverſtändlich bedingt durch die gleichzeitige Mit=
arbeit
des Sopraniſten Karl Kapeſſer, der als Begleiter Spezialiſt zu
ſein ſcheint. Mit welcher Raffineſſe verſteht er immer wieder andere
Färbungen einzumiſchen, die ſich dem Geſamtbild des Tonwerks künſt=
leriſch
einfügen. Da beide Mitwirkende ihre Kunſt lediglich in den
Dienſt der Allgemeinheit ſtellen, iſt der Eintritt frei.
Zentrumspartei Darmſtadt. In der am letzten Freitag ſtatt=
gefundenen
Sitzung des Vorſtandes der hieſigen Zentrumspartei, der
auch die Stadtverordneten und die in Darmſtadt anweſenden Landtags=
abgeordneten
beiwohnten, wurde die allgemeine politiſche Lage ein=
gehend
erörtert. Zugleich wurde beſchloſſen, am Sonntag, den 28. Okto=
ber
, nachmittags 4½ Uhr, eine große Verſammlung abzuhalten, in der
die Frau Reichstagsabgeordnete Miniſterialrat Weber aus Berlin ſpre=
chen
wird. Im Hinblick auf den Ernſt der gegenwärtigen politiſchen
Lage in Deutſchland wird auf ſehr ſtarken Beſuch der Verſammlung ge=
rechnet
. Im Anſchluß an dieſe Beſprechung wurde einmütig in ſehr
ſcharfen Worten, gegen die Erhebung der Licht= und
Waſſerpreiſe in Goldmark Stellung genommen.
Es wurde dabei keineswegs die Finanznot der Stadt unberückſichtigt
gelaſſen. Man war ſich aber darin einig, daß eine ſolche Maßnahme,
die es dem größten Teil der Bevölkerung unmöglich macht, die ange=
forderten
Beträge bezahlen zu können, ſolange nicht zur Durchführung
kommen kann, bis auch das Einkommen der Gehalts= und Lohnempfän=
ger
ſowie der geſamten Bevölkerung auf Goldmark geſetzt iſt. Der Herr
Miniſter des Innern v. Brentano wurde gebeten, die von der Stadt
beſchloſſene Erhebung der Gas=, Strom= und Waſſerpreiſe in dieſer
Form nicht zu genehmigen, was auch zugeſagt wurde.
Volksverein für das kath. Deutſchland. Der Volksverein für das
kath. Deutſchland hält am Dienstag, den 23. Oktober; abends 8 Uhr,
im Konkerdiaſaal eine Verſammlung ab, in der Herr Dr. Gronerad
ſprechen wird über die Mitarbeit der Katholiken in der notvollen Zeit.
Alle Katholiken ſind freundlichſt eingeladen.

Die Goldmarkpreiſe für Sas, Waſſer und Strom.

Wir erhalten folgende Zuſchrift des Herrn Ober=
bürgermeiſters
:
Die Ausführungen in der Sonntagsnummer des Tag=
blattes
veranlaſſen mich zu folgender Mitteilung:
Ich habe die Initiative zur Einberufung der Stadtverord=
netenverſammlung
am nächſten Donnerstag ergriffen. Selbſtver=
ſtändlich
hat die Stadtverwaltung das größte Intereſſe, im Wege
einer öffenulichen Ausſprache jede notwendige Aufklärung zu
geben. Es iſt der ehrliche Wille vorhanden, der Notlage der Ge=
genwart
gerecht zu werden. Auf die gegen Stadtverwaltung und
Stadtverordnetenverſammlung gerichteten Angriffe und die hier=
mit
verbundenen unwahren Behauptungen wird in der
Sitzung die Andwort erteilt werden.
Die veröffentlichte Preisvergleichstabelle wird einer ſofor=
tigen
Prüfung underzogen. Sollten die Zahlen an ſich annähernd
richtig ſein, ſo wird man erſt dann ein Urteil fällen können, wenn
zugleich die Zeiträume bekannt ſind, in welchen dieſe Zahlungen
Geltung hatten. Eine Vergleichbarkeit der Verkaufspreiſe für
Gas, Waſſer und elektriſches Licht iſt zurzeit außerordentlich er=
ſchwert
, die Preiſe wechſeln nach kurzen Zeiträumen oder täglich.
Für die Zahlungsperiode von Mitte September bis Mitte Okto=
ber
hatten viele Verwaltungen ſchon beträchtliche Zeit vor der
Darmſtädter Feſtſetzung eine ſehr ſtarke Preisſteigerung beſchloſ=
ſen
. Die neue Feſtſetzung der Kohlenpreiſe und das wöchentliche
Wachstum der Gehälter und Löhne haben für alle Betriebe die
entſprechenden Folgeerſcheinungen im ganzen Reiche.
Es iſt kein Zweifel, daß das Zuſammentreffen der unge=
heuerlichen
Preisſteigerung auf verſchiedenen Gebieten der Le=
benshaltung
eine große Not hervorgerufen haben. Man denke
wr an das Gebiet der Brot= und Kartoffelverſorgung. Hier hat
nachträglich die Lage eine außerordentliche Verſchärfung hervor=
gerufen
. Wie ſchon früher, hat die Stadtverwaltung in eingehen=
den
Beratungen mit dem Handel und der Staatsvegierung um=
faſſende
Maßnahmen vorbereitet, die hoffentlich zu einer genü=
genden
Belieferung von Kartoffeln in die heſſiſchen Städte füh=
ven
. Angeſichts der verheerenden Wirkung der Geldentwertung,
die auch die beſten Vorbereitungen von Tag zu Tag zerſtört, iſt
der außerordentliche Ernſt der Lage erkennbar. Bezüglich der
Brotverſorgung hatte ich in eingehenden Verhandlungen mit
den zuſtändigen Reichsminiſtern darauf hingewieſen, daß Darm=
ſtadt
in ſeiner Lage am Randgebiet des beſetzten Gebietes in die
ſchwerſte Not kommen könne, wem die Zwangswirtſchaft nicht
weitergeleitet werde. Wenn auch urſprünglich die Abſicht beſtand,
wenigſtens in den beſonders bedrohten Gebieten die Zwangs=
wirtſchaft
fortzuſetzen, ſo wurde doch ſchließlich zu meinem gro=
ßen
Bedauern den zur Fortführung geſtellten Anträgen nicht
ſtautgegeben. Bis zur Stunde hat die Reichsregierung noch nicht
eingegriffen in die für die neuerliche Preisfeſtſetzung der Kohlen
entſcheidenden Bedingungen.
Angeſichts der außerordentlichen Verſchärfung der Notlage
der Gegenwart iſt die Stadwerwaltng erneut in die Prüfung
der Frage eingetreten, wie wir der Notlage der leidenden Be=
völkerungsgenoſſen
gerecht werden können, ohne daß die Gefahr
der Stillegung der Werbe alsbald an uns herantritt.

mehr höher zu belaſtenden Abnehmer zu ſtützen, die Intereſ
der Bürgerſchaft zu vertreten. Das geſchieht aber ebenſowe
dadurch, daß man droht, die Betriebe ſtillzulegen, als durch
Tatſache, daß Gas, Waſſer und Strom ſo im Preiſe heraufge
werden, daß niemand dieſen Preis mehr zahlen kann, die 9
rechterhaltung der Betriebe alſo illuſoriſch wird, ausgenomn
für wenige Auserwählte.
Aus der Erklärung des Oberbürgermeiſters geht nicht I
vor, welche Behauptungen in unſeven Artikeln nach ſeiner 9
faſſung unwahr ſind. Wir müſſen alſo die Stadtverordnet
ſitzung abwarten. So ſehr und gern wir anerkennen, daß
Herr Oberbürgermeiſter ſelbſt die Initiative zu dieſer Stadt
ordnetenverſammlung ergriffen, ſo bedauern wir doch, daß d
für Donnerstag reichlich ſpät kommt. Die Verſammli
hätte bei der Dringlichkeit der Angelegenheit ſchon in der vori
Woche komen müſſen. Vor allem aber hätte man erwar
können, daß die Aufnahme und Erhebung ſof=
eingeſtellt
wird, bis eine gangbare Löſung gefunden,
daß dieſer Beſchluß der Oeffentlichkeit mitgeteilt worden w.
Er hätte ſicher mehr zur Beruhigung beigetragen als die fan
erſte Erklärung aus dem Stadthauſe. Die Erheber üben täg
ihre Tätigkeit mit ſteigender Erfolgloſigkeit aus. Kein Me=
denkt
daran, zu bezahlen, weil eben niemand zahlen kann.
Wir vermiſſen aber auf der Dagesordnu
der Stadtverordnetenſitzung am nächſten Do
nerstag die Strompreiſe der Heag! Es iſt nur
Gas und Waſſer die Rede. Die Strompreisberechnung bei
Debatte auszuſchalten, iſt nicht angängig, und es darf wohl
wartet werden, daß die Tagesordnung dahingehend ergänztw

9

(9.

Inzwiſchen wird, wie wir bereits mitteilten, eine Prote
verſammlung der Darmſtädter Bürgerſchaft
mit der Angelegenheit befaſſen. Der Verkehrsvere
(Heinz Heberer) und der Mieterverein (Stadtv. Klein
laden für Mittwoch abend 8 Uhr die Einwohnerſd
Darmſtadts zu einer Proteſtverſammlung in den Städtiſch
Saalbau. Es bleibt zu hoffen, daß zahlreiche Stadtverordr
der Verſammlung anwohnen, um ſich über die Stimmung
die Wünſche der Wähler zu unterrichten und für ihre Poſit
Stärkung zu finden.

Wir haben mehrfach betont, daß wir ſelbſtverſtändlich die
Schwierigkeiten nicht verkennen, die den Stadtverwaltungen in
der Löſung ihrer finanziellen Aufgaben erwächſt. Wir wenden
uns aber nach wie vor dagegen, daß man den einfachſten und be=
quemſten
Weg zur Löſung dieſer Schwierigkeiten geht, indem
man die Laſten eben abſchiebt auf die Schultern der Verbraucher,
die in ihrer übergroßen Mehrheit einfach nicht mehr tragfähig
ſind. Wir ſind der Anſicht, daß die Stadtverwaltung nicht nur
die Pflicht hat, ihre Betriebe aufrechtzuerhalten ſoweit ſie lebens=
notwendig
ſind, ſondern daß ſie auch die Pflicht hat, die nicht

Wie aus einer Mitteilung der Zentrumspartei
vorgeht, hat übrigens der Herr Miniſter des Innern v. Br
tano zugeſagt, die Preisfeſtſetzungen nach Goldmark nicht
genehmigen.
*
Von juriſtiſcher Seite ſchreibt man uns:
Der Ableſer der ſtädtiſchen Betriebé hinterläßt ſog. R
nungen über Gas und Waſſer, in Wirklichkeit nur: Ableſezei
mit denen nichts anzufangen iſt. Ich ſende ſolche an He
Oberbürgermeiſter zurück mit folgender Zuſchrift:
Betr. Verfahren der ſtädtiſchen Betriebe.
Anbei gebe ich die bei mir hinterlaſſene Rechnung
Wirklichkeit: Ableſezettel zurück unter Verwahrung gegen
liche Verzugsfolgen. Eine ſolche Rechnung bedarf der Ein)
lung der Forderungsbeträge mit Spezifikation zwecks Erm
lichung der Nachprüfung, der Bar= oder Ueberweiſungs= o
Scheckzahlung ſowie der Verrechnung des Waſſergeldes mit
Mietern. Fälligkeit ſetzt dieſe Angaben, Verzug vergebliche M
nung nach Eintritt der Fälligkeit voraus.
Es möchte ſich empfehlen, das Publikum zu gleicher Be
ſtandung aufzufordern.

* Unruhen in der Altſtadt. Zu den Unruhen am Samstag iſt
nachzutragen, daß dieſe bedauerlicherweiſe unſchuldige Opfer
erforderten. Ein 11jähriges Mädchen wurde getötet,
mehrere Perſonen verwundet. Es kann den Eltern nicht drin=
gend
genug geraten werden, in dieſen unruhigen Zeiten die Kin=
der
mit Anbruch der Dunkelheit von der Straße fernzuhalten und
überhaupt erzieheriſch dahin zu wirken, daß die Kinder Men=
ſchenanſammlungen
peinlichſt meiden. Es trifft nach alter Er=
fahrung
meiſtens Unſchuldige. Bei den Unruhen am Samstag
wurden folgende Perſonen verletzt: Fuhrmann Bock, Lackie=
rer
Schuchmann, Schuhmacher Schweitzer, Taglöhner Hofmann,
Schülerin Kirchner. Getötet wurde die 11jährige Schülerin
Wiegand. Die Unruhen haben ſich geſtern abend in ver=
ſtärktem
Maße wiederholt. Wiederum war das Geſchäft von
Louis Hein der Ausgangspunkt. Die blaue Polizei und die
Schupo mußten wiederholt eingreifen und die Straßen räumen.
Zu Schießereien war es bis abends nicht gekommen.
Fulda=Stiftung. Der veröffentlichte Hinweis auf die Vergebung
von Unterſtützungen aus der Simon= und Charlotte Fulda=Stiftung
ändert ſich inſofern, als ſtatt zehn Unterſtützungen zu je 6000 000 Mark
zehn Unterſtützungen zu je 60 000 000 Mark vergeben werden,
Paulusgemeinde. Der Frauenverein der Gemeinde veranſtaltet
nächſten Donnerstag, 25. Oktober, abends 8 Uhr, im Gemeindeſaal einen
Teeabend. Herr Profeſſor Dr. Prätorius wird einen Lichtbilder=
vortrag
über Kampf und gegenſeitige Hilfe in der Natur, halten,
Jedermann iſt willkommen.
wb. Reichsbahn und Volksernährung. In der Oeffentlichkeit wird die
Teuerung von Obſt und Gemüſe ſowie Lebensmitteln überhaupt häufig
der Höhe der Eiſenbahntarife zugeſchrieben. Dies iſt durchaus irrig,
denn in ihrer Tarifpolitik hat die Reichsbahn gerade auf dieſe lebens=
wichtigen
Güter beſondere Rückſicht genommen. So wurde Obſt und
Gemüfe im Jahre 1923 in immer niedrigere Tarifklaſſen verſetzt. Obſt,
früher in der höchſten Wagenladungsklaſſe A, wird jetzt zu den Sätzen
der Klaſſe D. alle übrigen Feld= und Gartenfrüchte nach der niedrigſten
Klaſſe P befördert. Kartoffeln werden ſogar nur zu einem Fünftel
der Sätze dieſer Klaſſe gefahren, wodurch natürlich nur ein ganz ge=
ringer
Teil der Selbſtkoſten der Eiſenbahn gedeckt wird. Für Obſtſtück=
gutſendungen
iſt ſeit dem 16. Oktober eine neuerliche Ermäßigung von
33), Prozent gewährt worden. Gegenüber der Vorkriegszeit iſt das
Goldniveau der Frachten für Gemüſe ſtark gefallen, für Obſt um die
Hälfte und mehr. für Kartoffeln ſogar bis auf etwa 15 Prozent. Eben=
falls
im Intereſſe der Volksernährung wird der Reichsverkehrsminiſter
vorübergehend einen Ausnahmetarif für Düngemittel einführen. Durch
den Frachtnachlaß, der bei Stickſtoff 30 Prozent, bei Kali und Thomas=
ſchlacke
20 Prozent für Kalk und Mergel 10 Prozent beträgt, ſoll einer=
ſeits
künftig eine Steigerung des Ernteertrages ermöglicht, andererſeits
heute ein Anreiz für die Landwirtſchaft geſchaffen werden, Düngemit=
tel
gegen ihre Erzeugniſſe auszutauſchen und damit die Verſorgung
der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu erleichtern.
Zur Frage der Einheitskurzſchrift. Auf dem in Potsdam abgehal=
tenen
Bundestag der drittgrößten Kurzſchriftgemeinſchaft Deutſchlands,
des Reichsbundes für Nationalſtenographie, wurde zur
Frage der deutſchen Einheitskurzſchrift nachſtehende Entſchließung ange=
nommen
, die den Miniſterien des Reichs und der Einzelländer übermit=
telt
worden iſt: Die zum 25. Gründungsfeſt des Reichsbunds für Natio=
nalſtenographie
in Potsdam verſammelten Vertreter aller national=
ſtenographiſchen
Verbände und Bezirke Deutſchlands bekunden nach wie
vor ihren feſten Willen zur Mithilfe bei der Schaffung einer deutſchen
Einheitskurzſchrift, weil ſie erſt dann die Möglichkeit einer allgemeinen
Einführung in die Schule ſehen. Sie fordern, daß dieſe Einheitskurz=
ſchrift
auf dem Wege der Vergleichskurſe unter Berückſichtigung der
ſtenographiſchen Wiſſenſchaft, nicht durch bloße Verhandlungen am
grünen Tiſch geſchaffen wird.

Aus den Parteien.

Deutſche Volkspartei. Die in der ſüdweſtdeutſchen
beitsgemeinſchaft der Deutſchen Volkspartei zuſammengefaßten W
kreisverbände Baden, Heſſen, Heſſen=Naſſau, Pfalz, Württemberg, tre
am Sonntag, den 21. Oktober, in Darmſtadt zu einer außerorden
gut beſuchten Sitzung zuſammen, an der neben mehreren Reichst
abgeordneten zahlreiche Abgeordnete der verſchiedenen Landtage
nahmen. Die ausgedehnten politiſchen Beratungen trugen vert
lichen Charakter. Der Vorſitzende der ſüdweſtdeutſchen Arbeitsgem
ſchaft, Lanbtagsabgeordneter Rechtsanwalt Dingeldey, wird in
Sitzung des Parteivorſtandes in Beriin am 23. die auf der Darmſtä
Tagung geäußerten Anſchauungen den zuſtändigen Stellen zur Kenn
bringen.

Lokale Veranſtaltungen.

Die blerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchtießlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritil.

Der Kriegerverein Darmſtadt E. V. lädt ſämtlich= Ver=
eine
, Verbände und Parteien zu der am Mittwoch, den 24. d. M., abends
punkt 8 Uhr, im Weißen Saale bei Chriſt, Grafenſtraße, ſtattfindenden
Beſprechung für die, wie alljährlich, am Totenſonntag abzuhaltende
Totengedenkfeier für unſere fürs Vaterland geſtorbenen Sol=
daten
ein. Es wird gebeten, je einen Vertreter zu entſenden.

* Arheilgen, 20. Okt. Die geſtrige Gemeinderatsſitzt
genehmigte die Verzugzuſchläge für Gemeindegefälle. Mit der Ab=
dung
der Einnahme= und Ausgabebeträge auf volle tauſend Mark erl
ſich die Verſammlung einverſtanden. Wie der Schulvorſtand, ſo erl
ſich auch der Gemeinderat mit der Verſetzung des Lehrers Lorz
Schneppenhauſen, der der einzige Bewerber um die hier ausgeſchrie
Lehrerſtelle iſt, einverſtanden. Das Geſuch des Arbeiter=Turn=
Sportvereins, betreffend Geländetauſch, wird befürwortet, ebenſo
ſolches der hieſigen Orcheſtervereinigung bezüglich Billettſteuererla
Bezüglich Gewährung eines Vorſchuſſes für den Kartoffelbedarf der
meinde ſoll beim Miniſterium nachgeſucht werden. Unſere Gemeind
Bedarfsgemeinde und benötigt noch etwa 2000 Zentner Kartoffeln.
ſelben ſollen in der Gemeinde Gräfenhauſen erworben werden. Um
Wegbringen von Kartoffeln aus unſerer Gemeinde zu unterbin
wurde eine Ueberwachungskommiſſion gebildet. Auch wurde durd
Vertretung der Landwirtſchaft nach Beſchluß der Organiſation 1
teilt, daß die Kartoffeln in Raten bezahlt werden können. Der
iſt gleich dem vierſtündigen Lohn eines Metallarbeiters des letztwöck
Frankfurter (!) Tarifs. Als Beitrag wurde der Handwerkskammer
Betrag von 500 000 Mk. zugebilligt. Von Seiten der Verſamn
wurde gegen die von der Darmſtädter Stadtverwaltung feſtgeſetzten
und Waſſerpreiſe Einſpruch erhoben, auch wurde der Proteſt der
werbsloſen in dieſer Angelegenheit bekannt gegeben. Bezüglich der
4. kommenden Monats ſtattfindenden Kirchweihe ſoll nur für den S
tag die Erlaubnis zur Abhaltung von Tanzmuſik erteilt werden,
Aufſtellen von Schaubuden und Karuſſells wurde gänzlich verbe
Hierauf folgte geheime Sitzung. Die hieſigen Viehhalter we
laut Gemeinderatsbeſchluß aufgefordert, für ein Stück Rindvieh 20
Hafer, für ein Schwein 8 Pfd. und für eine Ziege 2 Pfd. zur F
haltung abzuliefern. Werden dieſe Umlagen nicht in Naturalien a
liefert, ſo wird der am Ablieferungstag gültige Marktpreis erhoben
+ Arheilgen, 22. Okt. Wie ſchon früher mitgeteilt, ſind für das
ſetzte Deutſchland die Brotkarten beibehalten worden und wu.
darum in letzter Woche hier wieder neue Brotſcheine und zwar
für 32 Wochen ausgegeben. Dieſe neuen Scheine haben Gültigkei.
einen Laib im Gewichte von 1800 Gramm und müſſen die einzelnen
ſchnitte vom Verteiler des rationierten Brotes ſelbſt abgetrennt wer
Für dieſe Woche koſtet der Laib dieſes Brotes 240 000 000 Mk.
vom Geſangverein Liederzweig veranſtaltete Wohltätigkeitsabend
freute ſich eines recht guten Beſuchs, und fand das Gebotene den u
teilten Beifall aller Erſchienenen. Das finanzielle Ergebnis war
günſtiges und konnte eine hübſche Summe dem vorgeſehenen Zwecke 1
wieſen werden. Kaum ſind einige Wochen verfloſſen, ſeit der hi
Arbeiter=Turn= und Sportverein, mit einem Volkst
abend in die Oeffentlichkeit trat und ſchon wieder konnte er ſeinen Fr
den und Anhängern einen Unterhaltungsabend bieten. Diesmal we
ein Schauturnen, das der Verein im Gaſthaufe Zum Löwen
Jugendturner, Turnerinnen und Turner zeigten ihr Können, und
das Gebotene als recht befriedigend bezeichnet werden, denn
n ſowohl
gezeigten Freiübungen als auch die Handgerät= und Geräteübungen
wieſen, daß in den Turnſtunden tüchtig gearbeitet wurde. Beſond
Lob verdienen die erſtaunlichen Leiſtungen der 1. Turnerriege und
hier früher noch nicht vorgeführten Trainingübungen für Sportler.
Veranſtaltung war gut beſucht und verließ man in dem Bewußt
einen genußreichen Abend verlebt zu haben, den Saal.
v. Eberſtadt, 21. Okt. Viehzählung. Das Ergebnis der
fang dieſes Monats ſtattgefundenen Viehzählung, die hier größten,
durch Erwerbsloſe vorgenommen wurde, ergab: 1026 Schweine,
Ziegen, 196 Stück Rindvieh und 16 Schafe. Kirchliches. Am
tigen Erntedankfeſt fand die Aufnahme der Konfirmanden und Kor
mandinnen ſtatt.

[ ][  ][ ]

Ergehi
R

v. Eberſtadt, 21. Okt. Ein größerer Felddiebſtahl wurde
in der vergangenen Nacht begangen. In einem Pflanzgarten in der
Nähe der Eſchollmühle wurde ſämtliches Gemüſe entwendet. Es muß ſich
aach der ganzen Lage des Sachverhalts um mehrere Diebe handeln.
Hleichzeitig ſtatteten wohl die gleichen Täter dem Blumengarten eines
Härtners einen Beſuch ab. Ein weiterer größerer Felddiebſtahl wurde
n der Nähe der Alten Darmſtädter Straße begangen, wo faſt ein ganzer
lcker Zuckerrüben unbefugter Weiſe abgeerntet wurde. Fußball=
ieg
. Am heutigen Sonntag ſiegte die 1. Mannſchaft des Fußball
ereins Germania gegen die gleiche Mannſchaft der Spielvereinigung
Ffungſtadt in Pfungſtadt mit 12 zu 0 Toren.
Aus dem Reichenbachtal, 21. Okt. Die Aufhebung der Zwangs=
dirtſchaft
des Brotgetreides hat in unſerem Tale große Unruhe hervor=
erufen
, ſo daß Schupoſoldaten zur Hilfe in Anſpruch genommen wer=
en
mußten. Das noch in den Mühlen befindliche Mehl, der Kreiskorn
elle in Bensheim gehörig, wurde in den letzten Tagen von Arbeitsloſen
Beſchlag genommen und auf die betreffenden Bürgermeiſtereien ge=
racht
und von dort den Bäckern zum Brotbacken überwieſen. Auch
ind Verteilung in Familien ſtatt. Schupo und Kriminalpolizei wurden
rohend empfangen, und taten ſich hier ganz beſonders die Frauen her=
or
. Ein großer Teil des Mehles wurde den Aufrührern wieder ab=
enommen
und in ſicheren Verwahr gebracht. Tätig war die Schupo in
ſchönberg, Elmshauſen, Reichenbach, Lautern und Lindenfels. Hunger
nd Arbeitsloſigkeit waren der Anlaß zu dieſen Vorgehen. Das teure
frot können die Leute abſolut nicht kaufen, ſelbſt wenn ſie Milliarden
den Händen haben, koſtet doch der Laib jetzt 600 und mehr Millio=
en
, und es wird wohl nicht lange dauern, ſo wird man das Laibchen mit
ner Milliarde bezahlen müſſen. Die Aufgabe des Markenbrotes iſt
utſchieden zu mißbilligen, ſelbſt wenn es nicht anders ging. Da auch
jele Leute keine Kartoffeln haben, ſo geht man einem bitterböſen Win=
r
entgegen.
r. Auerbach, 21. Okt. Die Deputation an das Landeskirchenamt in
ſarmſtadt inbetreff eines Pfarraſſiſtenten für unſere Gemeinde
urde letzter Tage von dem Präſidenten der heſſiſchen Landeskirche,
derrn Prälat D. Dr. Diehl, in der zuvorkommendſten Weiſe empfangen.
ei der gegenſeitigen Ausſprache erklärte ſich der Herr Prälat bereit,
Angelegenheit zur möglichſten Befriedigung der Gemeinde Auerbach
erledigen. Herr Pfarrer Eßlinger bedarf zur vollſtändigen Wieder=
rſtellung
ſeiner Geſundheit einen längeren Urlaub, und iſt vorerſt
ohl mit einem halben Jahr zu rechnen. Da die erledigte Pfarrſtelle
dem nahen Schönberg vorübergehend mit einem jungem Geiſtlichen
hon in Kürze beſetzt wird, ſo werden die hieſigen pfarramtlichen Ge=
äfte
in der Hauptſache zunächſt durch dieſen verſehen. Hierher ſoll
* Rückſicht auf die große Gemeinde ein älterer Aſſiſtent kommen. Na=
rlich
iſt dieſer Aſſiſtent nur ſo lange in Ausſicht genommen, als Herr
farrer Eßlinger verhindert iſt, ſeine Amtsgeſchäfte wieder zu über=
hmen
, doch erwartet man, daß die frühere zweite Pfarrſtelle in un=
ev
Gemeinde wieder errichtet wird. Möge Herr Pfarrer Eßlinger
cht bald wieder hergeſtellt und die Ernennung eines zweiten Geiſtlichen
v Auerbach-Hochſtädten in nicht allzu langer Zeit zu erwarten ſein.
m heutigen Hauptgottesdienſt predigte Herr Aſſeſſor Dr. Avemarte
s Darmſtadt. Wie wir hören, wird Herr Pfarrer Eßlinger ſeinen
rlaub bei ſeinem Schwiegerſohn, Herrn Pfarrer Gengnagel in Stock=
auſen
in Oberheſſen, verbringen.
Bensheim, 21. Okt. Infolge Reißens der elektriſchen
eitung durch herabgeriſſene Leitungsdrähte kam das Fuhrwerk des
ndwirts Bender, das mit einer Kuh beſpannt war unter die
rähte, das Tier erlitt einen Schlag, ſo daß es ſofort abgeſchlachtet wer=
mußte
. Der Landwirt erleidet dadurch einen ganz bedeutenden
haden, für den die Beſitzer der Starkſtromleitung verantwortlich ſind.
h. Von der Bergſtraße, 22. Okt. Wie groß die Not in bürgerlichen
reiſen beſonders im Mittelſtand iſt, geht daraus hervor, daß viele
ge Frauen und Mädchen in induſtriellen und gewerblichen Betrieben
ſchäftigung ſuchen. Die ungeheuere Teuerung auf allen Gebieten er
dert die regſte Tätigkeit, um die Mittel zu erlangen, daß Hunger
d Elend nicht allzuſehr in den Familien Einkehr halten. Dadurch er=
ächſt
dem weiblichen Arbeitsſtande überall eine ſtarke Konkurrenz und
iv viele Fabrikarbeiterinnen müſſen ſich als Erwerbsloſe auf den Bür=
rmeiſtereien
melden. Auch die Auswanderung greift immer mehr
ſich, beſonders in Familien, die Angehörige, in den Vereinigten
aaten von Nordamerika haben.
0-. Dieburg, 21. Okt. Tötlicher Sturz. Im benachbarten
theim fiel die Frau eines Landwirtes ſo unglücklich von einer zuſam=
nbrechenden
Leiter, daß ſie an den Folgen der erlittenen Verletzungen
rb.
z. Erzhauſen, 22. Okt. Die Beſchaffung von Hausbrand
d von Tag zu Tag ſchwieriger, erſtens kommen für Hausbrand gar
e Kohlen zum Verſand und der Bezug von Braunkohlenbriketts wird
rch die hohe Fracht und den hohen Preis ſo beeinträchtigt, daß faſt
keine Waggons bezogen werden. Mit dieſem Thema beſchäftigte ſid
h die Verſammlung der Kohlenkaſſe, die am letzten Sonntag ſtattfand.
iter anderem wurde die Rechnung vom Jahre 1922 vorgelegt und be=
nnt
gegeben, drei ausſcheidende Vorſtandsmitglieder wurden wieder ge=
ihlt
und Mitteilungen über den verfloſſenen und gegenwärtigen Ge=
ftsgang
durch den Vorſitzenden gegeben. Weiter wurde die Frage auf=
collt
, ob, da durch die unerſchwinglichen Preiſe von einem Bezug von
usbrand vorläufig abgeſehen wurde, weiter Gelder von den Mitglie=
en
angelegt werden ſollen. Die Geldentwertung wurde hier in den
rdergrund geſtellt, doch wurde von der Verſammlung einſtimmig be=
oſſen
weiter Gelder einzulegen und die Rückſtände zu begleichen, um
günſtiger Gelegenheit Hausbrand beziehen zu können.
Offenbach, 23. Okt. Man ſchreibt uns: Die Disziplinarſtrafſache
ſen Juſtizinſpektor Degen vor dem Verwaltungsgerichtshofe
rmſtadt endete mit der Strafe des Verweiſes. Angeſichts dieſer
raus milden Beſtrafung fragt man ſich wohl mit Recht, welche Gründe
3 Juſtizminiſterium veranlaßt haben mögen, dieſe ſchon längere Zeit
webende Sache gerade beim Disziplinarſtrafgericht anhängig
chen. Wäre es denn nicht richtiger geweſen, dieſe Verfehlung inner=
b
der Juſtizverwaltung ſelbſt zum Austrag zu bringen, wenn man
Betracht zieht, daß die Verhandlung in Darmſtadt allein an Aus=
gen
für Zeugen Aufwendungen in Höhe von 30 Milliarden ver=
acht
hat.
Gießen, 21 Okt. Der Studienrat und Pfarrer an der preußiſchen
ndesſchule zu Pforta, Dr. Rudolf Strothmann, wurde zum or=
itlichen
Profeſſor für ſemitiſche Philologie an der philolog. Fakultät
Landesuniverſität in Gießen ernannt.
rh. Laubach (Oberhefſen), 21. Okt. Zuſammenſtoß. Ein von
üicke kommender Perſonenzug überfuhr am Donnerstag beim Bahn=
ergang
an der Villa Friedrichsruhe ein mit zwei Pferden beſpanntes
hrwerk. Das Fuhrwerk wurde ganz zertrümmert. Der Lenker des=
ben
, der Landwirt Wagner, wurde ſchwer verletzt. Die Pferde hatten
losgeriſſen und kamen ohne Schaden davon.

Reich und Ausland.
Noch 15 000 Ruhrgefangene in Haft!
Obgleich der paſſive Widerſtand ſeit Monatsfriſt eingeſtellt iſt, be=
finden
ſich in 18 Gefängniſſen des Ruhrgebiets und des Brückenkopfs
Düſſeldorf 15 000 deutſche politiſche Gefangene noch immer in Haft. Dazu
kommen noch mehrere 1000 Gefangene in den Gefängniſſen des altbeſetz=
ten
Gebiets, weiter die nach Frankreich und Belgien Deportierten. Auch
ſeit Einſtellung des paſſiven Widerſtandes werden dieſen unſchuldig für
ihr Vaterland Leidenden keinerlei Erleichterungen gewährt. Ihre Stim=
mung
iſt angeſichts der völligen Unſicherheit ihres Schickſals überaus ge=
drückt
.
Ein neuer Flughafen für Berlin.
RDV. Die Flugzeuge der von Berlin ausgehenden Flugſtrecken
ſtarteten bisher in Staaken, das etwa 20 Kilometer von der inneren
Stadt entfernt liegt und zeitraubende Zubringerwege notwendig machte.
Schon lange war man beſtrebt, das nur etwa eine Viertelſtunde vom
Potsdamer Platz entfernte und mit Straßen= und Stadtbahn leicht und
ſchnell erreichbare Tempelhofer Feld dem Flugverkehr nutzbar zu machen.
Beſonders Berlins Verkehrsdezernent, Stadtbaurat Dr. Adler, war um
die Verwirklichung dieſes Planes bemüht, und dieſer Tage konnten die
erſten Anlagen des neuen Flughafens Berlin dem Betrieb übergeben
werden. Vorläufig ſtarten und landen hier nur die Flugzeuge nach
München und Königsberg; die Flugſtrecken nach Hamburg-Kopenhagen
und HollandLondon beginnen und enden zunächſt noch auf dem Flug=
platz
Staaken, bis der Flughafen auf dem Tempelhofer Feld vollkommen
ausgebaut iſt.
Deutſche Schiffe im Ausland.
Es iſt immer erfreulich, darauf hinzuweiſen, daß im Ausland, ins=
beſondere
in Süd= und Mittelamerika den deutſchen Schiffen die alte
Freundſchaft gewahrt geblieben iſt. So ſind dem Hapag=Dampfer
Bayern auf ſeiner letzten Fahrt nach Südamerika allerlei Freundlich=
keiten
zuteil geworden. Schon auf der Hinreiſe kam in Gifon der frü=
here
ſpaniſche Finanzminiſter Don Joſé Manuel Pedegral an Vork
und ſprach ſich ſehr lobend über die Einrichtungen der 3. Klaſſe aus.
Als der Dampfer dann in Buenos Aires eintraf, war er Gegenſtand
lebhaften Intereſſes und warmer Freundſchaftsbeweiſe. Die Union
Hiſpano Americana veranſtaltete auf ihm ein Feſt zugunſten der Schu=
len
, die ſie im ſpaniſchen Galizien unterhält, das einen glänzenden Veu=
lauf
nahm. Als Anerkennung für die vorzüglichen Einrichtungen des
Schiffes wurde einige Tage ſpäter dem Kapitän durch eine Kommiſſion
der Union Hiſpano Americana eine goldene Medaille überreicht. Ein
anderes Schiff der Hapag, der im Mexikodienſt tätige Dampfer To=
ledo
, empfing auf ſeiner letzten Fahrt in Vera Cruz den Beſuch des
mexikaniſchen Präſidenten General Obregon, der längere Zeit an Bord
verweilte, mit großem Intereſſe die techniſchen Neuerungen des Schiffs
in Augenſchein nahm und ſeine Anerkennung in warmen Worten aus=
drückte
.

Sport, Spiel und Turnen.
*Zum Krähbergrennen des Heſſiſchen Automobilklubs.
Geſtern abend fand im Klubheim des H.A.C. die Preisver=
teilung
an die Sieger des Krähbergrennens im Fahmen einer
den Zeitverhältniſſen angepaßten einfachen Feier ſtatt. Die Klub=
mitglieder
und zahlreiche Rennteilnehmer hatten ſich zu der Feier
eingefunden. Der Präſident des H.A.C., Herr Direktor Emil
Zimmer, hieß die Erſchienenen herzlich willkonmen. Seine
Anſprache gab Gelegenheit, einen Rückblick, zu werfen auf die
Sportveranſtaltungen des letzten Jahres, beren bedeutendſte
ſämtlich Mitglieder des H.A.C. in den erſten Stellen der Preis=
träger
ſahen. Mit dem Erfolg der Veranſtaltungen, die trotz der
Schwere der Zeit ſteigende Beteiligung fanden, könne man wohl
zufrieden ſein. Beſonders, ſoweit die bedeutendſten Sportkämpfe
in Frage kamen, die der H.A. C. organiſiert, oder an deren Orga=
niſation
er doch hervorragend beteiligt war. Einen Glanzpunkt
bildete die große deutſche Dauerprüfungsfahrt, die zum großen
Teil durch heſſiſches Gebiet ging und in der der H. A.C. die be=
deutſamſte
Strecke organiſierte. Dann das Flach= und Bergren=
nen
an der Bergſtraße und endlich das ſchon klaſſiſch gewordene
Krähbergrennen, das eine ſo ſtarke Beteiligung gefunden, daß es
zum Ereignis der Saiſon geworden wäre, wenn ein bedauerlicher
Unfall nicht ſeinen vorzeitigen Abbruch erforderlich gemacht hätte.
Nach der jetzt abgeſchloſſenen behördlichen Unterſuchung iſt ein=
wandfrei
feſtgeſtellt, daß weder den Fahrer noch den Klub ein
Verſchulden trifſt. Nichtsdeſtowveniger bleibt der Unfall, der ein
Menſchenleben forderte, ſehr beklagenswert. (Eine Sammlung
für die Mutter des Verunglückten ergab über 122 Milliarden.
Beſonderen Dank ſchulde der Klub den Behörden, die in richtiger
Erkenntnis der wirtſchaftlichen Notwendigkeit ſportlicher Wett=
kämpfe
die Organiſation weiteſtgehend unterſtützten. In erſter
Linie gebühre dieſer Dank dem Kreisdirekvor des Kreiſes Erbach,
der größte Schwierigkeiten mit Takt und Umſicht bewältigte. Dem
Erbgrafen zu Erbach=Erbach wurde die Ehrenmitgliedſchaft
des H.A. C. verliehen. Mit ganz beſonderer Freude begrüßt der
Klub den anweſenden Fahrer Herrn Heußer, den verſchiedene
Zeitungen ſchon tot geſagt haben. (Lebhafter Beifall.) Die
Herren Direktor Zimmer und Oberingenieur Hoffmann
nahmen ſodann die Preisverteilung vor nach den Ergebniſſen,
die wir bereits witgeteilt haben. Außer ſchönen Ehvenpreiſen
wurden Ehrenplaketden in Bronze ausgegeben. Herr Wilhelm
Merk erhielt wegen beſonderer Verdienſte um den Sport im
allgemeinen und den H.A.C. im beſonderen eine Ehrenplakette
des Großherzogs. Im übrigen wurde der Abend durch muſika=
liſche
und geſangliche Darbietungen verſchönt, um die ſich Herr
Guſti Beck und Frau Liesbeth Asmus beſonders verdient
machten.
M. St.

Athletik.
Ordentlicher Gautag des Odenwaldgaues am 14. Oktober 1923.
Unſer 1. Vorſitzender Herr Karl Heckmann, hatte die Delegierten
des Odenwaldgaues zu einem ordentlichen Gautag nach Darmſtadt in
das Sportlokal Zum Landsberg der Kraftſportvereinigung zu Darm=
ſtadt
berufen.
Außer den Vorſtandsmitgliedern Beck=Werſau, Neidig=
Groß=Umſtadt, Dittmann und Kleber=Ober=Ramſtadt waren auch die
Delegierten von Altheim, Groß=Umſtadt, Michelſtadt und Eppertshauſen
zur Sitzung nicht erſchienen, was in Anbetracht der Zuſammengehörig=
keit
der Gauvereine von allen Seiten ſehr bedauert wurde.
Gauvorſitzender Heckmann gab einen kurzen Ueberblick über die
Entwickelung des Odenwaldgaues. In den Vorſtand wurden gewählt
als 1. Vorſitzender Herr Karl Hecknann, Dieburg, Theobaldſtraße,
2. Vorſitzender Herr Eckerl, Darmſtadt, Emilſtraße 4, Schriftführer Herr
H. Löffler, Roßdorf, Schwanenſtraße 3, Rechner Herr Lücker, Arheilgen,
Woogsſtraße 3. Sportwart für Gewichtsheben Herr W. Vetter=Werſau,
Sportwart im Ringen Herr A. Schanz=Nieder=Ramſtadt, Leichtathletik
Herr Kaltwaſſer, Darmſtadt, Darmſtraße 21, 1. Beiſitzer Herr Geibel=
Seeheim, 2. Beiſitzer Herr Koſchny=Arheilgen. Der Sportwart für
Boxen wird bis zur nächſten Sitzung verſchoben. Wie üblich, ſollen auch
dieſes Jahr die Gaumeiſterſchaftskämpfe wieder ausgetragen werden;
gemäß Verbandsbeſchluß ſoll hieran jeder Verein teilnehmen. Löffler=
Roßdorf ſchlägt vor, für die Vereine, die nicht in der Lage ſind, eine
vollzählige Mannſchaft zu ſtellen, eine weitere Klaſſe, ſowie eine Jugend=
klaſſe
einzufügen, desgleichen für die Ligaklaſſe drei Termine anzu=
beraumen
, und zwar Roßdorf, Darmſtadt, Seeheim. Eckerl=Darmſtadt
iſt ebenfalls der Anſicht, daß die ſeitherigen Abmachungen beibehalten
werden. Heckmann=Dieburg gibt die Uebungen im Gewichtsheben be=
kannt
: Einarmig Reißen, beidarmig Drücken und beidarmig Stoßen,
und ſchlägt vor, die Ausarbeitung unſerem Schriftführer und Sport=
wart
für Ringen zu überlaſſen. Die Verſammlung iſt hiermit einver=
ſtanden
und ſollen beide in der am Samstag, den 27. Oktober, ſtattfin=
denden
Sitzung Bericht erſtatten. Das Schwerathletik=Gaufeſt wurde
auf Antrag dem Kraftſportverein Roßdorf einſtimmig übertragen. Für
die weiteren Sportfeſte liegen keine Anträge vor und ſollen dieſelbet
in einer ſpäteren Sitzung vergeben werden. Dem Antrag Eckerl= Darm=
ſtadt
, daß die nicht erſchienenen Vereine mit einer Geldſtrafe belegt wer=
den
, wird zugeſtimmt, und wird hierfür der Betrag von 100 Millionen
angenommen. Der Verein iſt nicht eher ſtartberechtigt, bis er dieſe
Summe beglichen hat. Dem Antrag Heckmann=Dieburg, möglichſt in
den Uebungsſtunden freiwillige Beiträge für die Sportzeitungen zu
ſammeln, wird zugeſtimmt, damit die Vereine meherere Zeitungen hal=
en
können. Sämtliche Berichte ſollen dieſes Jahr noch mehr wie bisher
in den Sportzeitungen veröffentlicht werden.
Heckmann=Dieburg erklärt, daß er ſein Amt als 1. Vorſitzender nur
dann annimmt, wenn die beſchloſſene Disqualifikation gegen Krämer=
Ober=Ramſtadt beibehalten wird. Buchmüller=Darmſtadt erklärt, daß
ſelbſtverſtändlich Gaubeſchlüſſe hochgehalten werden müſſen, und da kein
Antrag von Ober=Ramſtadt zur Umänderung des Verfahrens vorlag,
kann zurzeit über Milderung nicht beraten werden. Wenn in einer
ſpäteren Sitzung ein Antrag Ober=Ramſtadt vorliegt, kann über die
Angelegenheit beraten werden. Eckerl=Darmſtadt iſt der Meinung, daß
die Disqualifikation auch auf eine andere Art abgeändert werden könnte,
da ſich doch Krämer als ein intimer Sportsmann gezeigt hat. Da jedoch
einmal der Beſchluß gefaßt iſt, ein Abänderungsantrag nicht vorliegt,
muß es bei der Angelegenheit verbleiben.
Der 1. Vorſitzende ſchloß mit einem Kraft Heil auf ein Blühen
und Gedeihen des Odenwaldgaues den Gautag.

Waſſerſport.

Prüfungsrudern ber Frankfurter Regattavereine.
Das geſtern vormittag auf der Strecke Gerbermühle Staatseiſen=
bahnbrücke
ſtattgefundene Prüfungsrudern nahm einen zufriedenſtellen=
den
Verlauf. Waſſer=, Wind= und Wetterverhältniſſe waren der Ver=
anſtaltung
zwar nicht hold, aber die Ruderer hielten gut durch und alle
Mannſchaften erfüllten in der vorgeſehenen Zeit die geſtellten Be=
dingungen
. Das Rudern ging über 6 Kilometer mit und 6 Kilometer
gegen den Strom. Die kürzeſte Zeit (50:20,8) erzielte die Stichler=
Mannſchaft der Frankfurter R. G. Germania. Ergebniſſet
R. G. Germania 50:20,8; R.G. Germania II 51128; R.V. 6:
53:46,6; R. G. Sachſenhauſen 54140/4; R.G. 84 55:32/4: R. G. 84 II.
55:39,6.
Geſchäftliches.
Der burch ſeine Reiſen zwiſchen Hamburg und Neu=York bekannt
gewordene Dampfer Orbita der Rohal Mail Line wird während der
Wintermonate mehrere Mittelmeerfahrten unternehmen und die be=
kannteſten
und ſehenswerteſten Häfen Spaniens, Portugals und auch
die Nordküſte Afrikas, ſowie die Zauberinſel Madeira anlaufen. Es
iſt in jedem Hafen den Paſſagieren ausreichend Zeit gegeben, die Sehens=
würdigkeiten
, auch in weiterer Umgebung, zu beſuchen. Nähere Aus=
kunft
erteilen die Reiſebureaus, ſowie die Royal Mail Line, G. m. b. H.,
Hamburg, und deren Agenten.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Mittwoch, 24. Oktoberz
Wolkig, vereinzelte Regenſchauer, kühl.

Tageskalender.
Landestheater Großes Haus, Anfang 6½ Uhr, Ende 10 Uhr
A 4, a 3): Louis Ferdinand. Kleines Haus, Anfang 7 Uhr,
Ende 10½ Uhr (Sondermiete 21D);
Figaros Hochzeit.
Union=
Reſidenz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtel=
lungen
.
Verſteigerungskalender. Mittwoch, 24. Oktober.
Laubverſteigerung, vormittags 9 Uhr, Heiliges Kreuz.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik unb
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſchmann, ſämtlich in Darmſtadt.

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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

Handeisbia

23. Oktober 1923 Nr. 293

Handel und Wandel in Heſſen.

* Darmſtädter Volksbank. Wie wir hören, iſt die Darm=
ſtädter
Volksbank e. G. m. b. H. als Deviſenöank zugelaſſen wor=
den
. Wir verweiſen auf deren Annonce im Anzeigenteil.

Wirtſchaftliche Rundſchau.

h. Uhrenfabrik, vorm. L. Furtwängler & Söhne
A.=G., Furtwangen (Baden). Die Geſellſchaft erklärt ſich bereit
ihre 5proz. Anleihe von 1920 zu 30 Mill. Mark für je nominal 1000
Mark einzulöſen.
h. Stahlwerke Richard Lindenberg A.=G., Baden=
Baden. Das am 30. Juni abgelaufene Geſchäftsjahr ſchließt be
4 Mill. Mk. Aktienkapital mit einem Rohgewinn von 144,7 und nach
Abzug von Steuern und Unkoſten mit einem Reingewinn von 75,55 Mill.
Mark ab. Hieraus ſollen 1500 Proz. Dividende ausgeſchüttet werden.
Für die Auszahlung ſind Dollarſchatzanweiſungen eingeſetzt worden.
Für 20 Gewinnanteilſcheine wird eine Dollarſchatzanweiſung zu 5 Dol=
lar
oder Gegenwert ausgezahlt. Die Tochtergeſellſchaft Elektro=Stahl
G. m. b. H. hat für das Jahr 1922 400 Proz. Dividende verteilt. Die
Aktiengeſellſchaft hat von der Glockenſtahlwerke=A.=G. Richard Linden=
berg
, die auf ihren Beſitz fallenden jungen Stammaktien und 6 Mill.
Mark 6proz. zu 115 Proz. rückzahlbare Vorzugsaktien erworben.
h. Stahlwerk Becker Stinnes. Die ſchon ſeit geraumer
Zeit zwiſchen der Stinnes= und Becker=Gruppe ſchwebenden Verhandlun=
gen
wegen des Uebergangs der in unmittelbarer Nähe des zum Stinnes=
Konzern gehörenden Bochumer Vereins gelegenen Becker=Zeche Präſi=
dent
an den Stinnes=Konzern ſollen, wie die Kölniſche Zeitung erfährt,
vor dem Abſchluß ſtehen. Ob es Stinnes wirklich verſtanden hat, ſich die
Mehrheit der Aktien der Präſident=Zeche, welche bisher im Beſitze der
der Becker=Gruppe naheſtehenden Induſtriellen Bankgeſellſchaft in Düſ=
ſeldorf
war, zu verſchaffen, ſteht noch nicht feſt, doch laſſen die in der letz=
ten
Zeit beobachteten Aufkäufe in dieſem Papier ſich nur damit in Ver=
bindung
bringen. In welchem Umfange die Gerüchte über eine bevor=
ſtehende
Intereſſengemeinſchaft der Stinnes=Gruppe mit dem Stahlwerk
Becker und ſeinen Hochofenanlagen am Rheinufer zutreffen, war noch
nicht feſtzuſtellen, doch liegt es nahe, daß ſich das Stahlwerk Becker ohne
einen ſolchen Vertrag ſeiner Kohlengrundlage nicht begeben wird.
* Reederei A. G. v. 1896, Hamburg-Kontinentale
Reederei A. G., Hamburg. Unſeren ausführlichen Berichten
über dieſe Geſellſchaft bzw. über die geplante Intereſſengemeinſchaft
bzw. über Verſchmelzung der letzteren mit der erſteren tragen wir die
a.v. G.=V.=Beſchlüſſe heute nach. Die a.o. G.=V. der Kont. Reederei=A. G.
genehmigte den zwiſchen der Geſellſchaft und der Reederei=A. G. v. 1890
abgeſchloſſenen Verſchmelzungsvertrag, wonach die Geſellſchaft ihr Ge=
ſamtvermög
n nach dem Stand vom 31. Dezember 1922 unter Ausſchluß
der Liquidation überträgt. Den Aktionaren der Kont. Reederei=A. G.
ſollen im Tauſch Aktien der Reederei=A. G. von 1896 gewährt werden.
In der G.=V. der Reederei=A.G. von 1896 wurde die Erhöhung des
Aktienkapitals um 10 Millionen beſchloſſen und der Antrag auf Fuſion
mit der Kont. Reederei=A. G. gegen 70 Stimmen der Oppoſition geneh=
migt
. Ueber die Höhe des Kaufbetrages können laut Mitteilung im
Intereſſe der Geſellſchaft keine Aufklärungen gegeben werden. Gegen
3 Aktien der Kont. Reederei können 2 junge Aktien der Reederei=A. G.
von 1896 eingetauſcht werden.
h. Bergbau A. G. Fichtelgold zu Brandholz bei Bah=
reuth
. Die Verwaltung teilt uns mit: In der Aufſichtsratsſitzung vom
16. Oktober d. J3. wurde feſtgeſtellt, daß in der Zeit von der Aufnahme
des Pochwerkbetriebes an (22. Juli d. Js.) bis zum 30. September ins=
geſamt
6158,9 Gramm Gold gewonnen wurden, wovon rund 300 Gr.
noch auf den Amalganplatten liegen. Der Verkauf des übrigen Goldes
hat nach Deckung ſämtlicher Betriebsunkoſten einen Ueberſchuß von rd.
2 Billionen Mk. ergeben. Die Ausbeute in den erwähnten 2 Monaten
war noch eine verhältnismäßig geringe, weil anfangs nur ziemlich gold=
arme
Haldenerze verarbeitet wurden und weil das in den Rückſtänden
vorhandene Gold erſt ſeit Mitte September, nach Aufſtellung der Schüt=
telherde
, gewonnen werden konnte. Außerdem arbeitet der dritte Fünf=
ſtempelpochſatz
erſt ſeit dem 20. September. Auf Grund dieſes Reſul=
tates
beſchloß der Aufſichtsrat die Aufſtellung einer Aufbereitungsanlage
auch für die ſchleſiſchen Goldgruben der Geſellſchaft bei Hußdorf.

Neugründungen.

h. Süddeutſche Pappenfabrik. G. m. b. H., Atzen=
bach
(Wiſſental). Dieſe Geſellſchaft wurde mit 60 Mill. Mark Ka=
pital
gegründet. Der Verkauf der geſamten Produktion der Geſellſchaft
liegt in den Händen der Kurt Wittig G. m. b. H., Stuttgart. Der
Aufſichtsrat ſetzt ſich zuſammen aus den Herren Kurt Wittig ( Stutt=
gart
=Degerloch), Ernſt Backmeiſter (Stuttgart), Xaver Herr, Fabrikant
in Atzenbach.

Warenmärkte.

Banken.

h. Aüfnahme bes Frachtſtundungsverfahrens bei
der Württ.=Badiſchen Verkehrs=Kreditbank, Stutt=
gart
. Das Inſtitut nimmt am Montag, den 22. Oktober, das Fracht=
ſtundungsverfahren
im Bezirk der Reichsbahndirektionen Karlsruhe und
Stuttgart auf. Die Kunden der Bank genießen vierzehntägige Fracht=
ſtundung
bei allen Eiſenbahngüterkaſſen; die von den Kunden auf die
Bank gezogenen Anweiſungen werden an allen Eiſenbahngüterkaſſen an
Zahlungsſtatt für die geſchuldeten Frachtgelder angenommen. Die bei der
Reichsbahn verlangten wöchentlichen Abſchlagszahlungen fallen weg.
Auch ſonſt hat der Kunde der Bank Erſparniſſe an Zeit und Geld zu
erwarten. Die Bank rechnet mit ihren Kunden halbmonatlich durch ihre
Abrechnungsſtellen die Württembergiſche Vereinsbank, Stuttgart, die
Rheiniſche Kreditbank, Mannheim und deren Filiale in Karlsruhe,
Abgabeſtellen für die Anweiſungshefte ſind die Württembergiſche Ver=
einsbank
ſowie die Rheiniſche Kreditbank mit ihren ſämtlichen Nieder=
laſſungen
in Baden, Württemberg und Hohenzollern, die Allgemeine
Garantiebank Verſicherungs=A.=G., Berlin, Hermes, Kreditverſiche=
Kredit=Verſicherungsbank
rungsbank A.=G., Berlin, und Merkur
A.=G., Stuttgart. Die Errichtung weiterer Abgabeſtellen ſteht bevor.

wb. Frankfurter Getreidemarkt vom 22. Oktober.
Von größeren Abſchlüſſen war auch heute am Getreidemarkt nichts zu
bemerken, da die Forderungen zu hoch ſind. Beeinflußt war das Ge=
ſchäft
ferner durch die Bewegung der ausländiſchen Zahlungsmittel und
Geldverſteifung. Das Kaufintereſſe erſtreckte ſich auf Weizen und Rog=
gen
, deren Preiſe feſt liegen; ebenſo war Weizenmehl ſtark begehrt.
Roggenmehl ſtellte ſich ebenfalls höher. Hafer und Gerſte bei erhöhten
Preiſen ruhiger. Futtermittel liegen gleichfalls feſt, doch iſt hier die
Nachfrage weniger lebhaft.
Amtliche Notierungen: (Getreide Hülſenfrüchte und Biertreber
ohne Sack, Weizenmehl und Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilo. Die
Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung in Milliarden Mark.)
Weizen, Wetterauer 150165, Roggen 145150, Sommergerſte 130
bis 140, Hafer, inländiſcher, 110140, Weizenmehl, ſüdd. Spezial 0,
bei Waggonbezug ab Mühlenſtation 250260, Roggenmehl 220230,
Weizen= und Roggenkleie 5060. Tendenz: ſehr feſt, aber unſicher.
r. Vom=Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter ſchreibt
uns: Nachdem lange genug durch die Inflationspolitik der Reichsbank
auch für die Holzwirtſchaft, beſonders vielfach für illegale Vertreter der=
ſelben
, ein nicht vertretharer Gewinn entſtand, iſt endlich die preußiſche
Staatsforſtverwaltung dazu übergegangen, die bereits angeſetzten Ver=
kaufstermine
aufzuheben und die Anberaumung neuer zu unterſagen. Es
ſoll, was ſchon längſt hätte geſchehen müſſen, die Einführung der neuen
Währung abgewartet werden, damit nicht durch verſpätete Bezahlung des
gekauften Rohholzes eine ungerechtfertigte Bereicherung der Holzkaufer
in den ſtaatlichen Forſten eintritt. In dieſem Zuſammenhang muß darauf
hingewieſen werden, daß gegen die Holzkäufer auf der anderen Seite
nicht ungerecht verfahren werden darf. Sobald die Berechnung der ſta=
bilen
Währung auch bei den Forſtverkäufen eingeführt iſt, muß unge=
ſäumt
an die Ausarbeitung eines zeitgemäßen und auch den Intereſſen
der Käuferſchaft dienenden Stundungsplans herangegangen werden. Es
iſt der Sägewerksinduſtrie, darüber muß man ſich klar ſein, unmöglich,
den Nohholzeinkauf aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Es beſteht auch
kein Grund, der gegen die Einführung eines geordneten Stundungs=
kredits
, wie er vor dem Krieg beſtand, ſprechen könnte. Freilich darf ein
Kredit nur dort gewährt werden, wo er am Platz iſt, und es ſollen
berufsfremde Elemente ſelbſtverſtändlich vom Holzeinkauf ferngehalten
werden. Die Lage des Holzmarktes an ſich iſt zurzeit äußerſt undurchſich=
tig
. Die Abſchlüſſe, die zuletzt erfolgten, ſind weniger auf einen tatſäch=
lichen
Bedarf, ſondern vielfach darauf zurückzuführen, daß Holzhändler,
die durch Verkäufe über flüſſige Mittel verfügten geneigt waren, dieſe
wieder in Ware anzulegen, und zwar außerhalb ihrer eigentlichen Nie=
derlaſſungen
. Bei den unrußigen innerpolitiſchen Verhältniſſen ſucht man
die Riſiken der Holzeinlagerung zu vermindern,


Borſen.

* Frankfurter Börſenbericht vom 22. Oktober
1923. (Eigener Bericht.) Die Schwierigkeiten des Reiches auf außen=
und innerpolitiſchem Gebiete, mehren ſich von Tag zu Tag. Infolge
der Vorgänge der letzten Zeit in Sachſen, Bayern und dem Rheinland
kennt der Peſſimismus für die Mark kaum noch Grenzen. Die Devifen=
kurſe
konnten ſich im Laufe des heutigen Vormittags in überſrürzendem
Tempo vervielfachen.
Die Effektenbörſe verſuchte ſich dieſen Verhältniſſen anzupaſſen. Bei
verhältnismäßig kleinen Umſätzen konnten ſich die Aktienkurſe faſt überall
verbielfachen. Kursſteigerungen im Verhältnis zu der ſeit der letzten
Börſe fünffachen Deviſenſteigerungen kamen jedoch nur in wenigen Fäl=
len
vor. Die Kurſe waren im allgemeinen um das zwei= bis dreifache
geſteigert. Der Geldmarkt war knapper. Tägliches Geld wurde mit 20
Prozent gezahlt. Von den wertbeſtändigen Anleihen waren Goldanleihe
und Dollarſchätze heute gleich und mit 60 Milliarden wieder über Pari=
tät
. Von alten Deutſchen Reichsanleihen erzielten 3½proz. Bahern mit
10 Milliarden rat, eine 20fache Kursſteigerung. Von chemiſchen Werten
Scheideanſtalt. 150 rat., Holzverkohlung 120 rat. verdreifacht. Bei den
Anilinwerten ergaben ſich ebenfalls drei= bis vierfache Kurſe. Von elektr.
Werten Licht und Kraft plus 58 Milliarden, Reiniger, Gebberr u. Schall
plus 31, ſehr feſt. Annähernd verdreifacht Gummipeter mit 10 Mil=
liarden
rat. Am Markte der Maſchinen= und Metallwerte kam es infolge
von Materialmangel zu zahlreichen Rationierungen und Kursſtreichun=
gen
. U. a. waren Lokomotiven Kraus 90, Moenus 10 rat., beide verdrei=
facht
. Metallgeſellſchaft 200 rat., vervierfacht. Zuckeraktien erzielten
drei= bis vierfache Kursverbeſſerungen. Außerordentlich große Kurs=
ſteigerungen
gab es wieder am Montanaktienmarkt, wo Harpener mit
950 die 10=Billionengrenze ſtreiften, ſonſt waren Deutſch=Lux. 600 rat.
plus 300, Rheinſtahl 500 plus 380. Von Oberſchl. Werten Caro 190 rat.,
Laura 200. Am Einheitsmarkt kam kaum noch Material heraus. Neben
äußerſt zahlreichen Kursſteigerungen mußten faſt alle Zuteilungen ratio=
niert
werden. Von beſonderen Kursbeſſerungen ſeien genannt: Bad.
Maſch. 200 rat., verfünffacht, Leder Reeringk 18, verdreifacht, Jetter
u. Scherer 150 rat., verdoppelt, Roeder 30 plus 24, verfünffacht. Im
freien Verkehr hörte man: Allg. Bankverein 2, Beckerſtahl 80/90, Becker=
kohle
85/95, Benz 45/55, Brown Boveri 20, Georgi 4, Growag 8,5 bis 7,

Karſtadt 10/12, Kayſer Waggon 2½, Kreichgauer 7/9, Meher Textil 8/9,
Tiag 10/25, Ufa 35/30. Die Börſe ſchloß in weiterer feſter Haltung.
* Berliner Börſe. (Priv.=Tel.) Der Zuſammenbruch der
Papiermark, ſchreitet in raſendem Tempo fort. Den äußeren Anſtoß
hierzu für die bei Beginn dieſer Woche einſetzende Deviſenhauſſe gab die
Verſchärfung des Konflikts zwiſchen der bayeriſchen und der Reichs=
regierung
und der Putſch in Sachſen. Durch die Generalſtreikpropa=
ganda
der Kommuniſten iſt außerdem eine ſchwüle Kataſtrophenſtimmung
in der Reichshauptſtadt entſtanden, die naturgemäß auch den Börſenver=
kehr
nachhaltig beeinflußte. Die Reichsbank ſtand den ſprunghaften
Steigerungen der Deviſen machtlos gegenüber. Im Verlauf der Börſe
trat allerdings eine leichte Senkung der Kurſe ein, da die Nachrichten
aus dem Weſten erkennen laſſen, daß die Ausrufung der Rheiniſcher
Republik nichts als ein Akt von begrenzter Bedeutung iſt. Dollarſchatz=
anweiſungen
, die bereits über 45 Milliarden geſtiegen waren, wurden
gegen 1 Uhr mit 38 Milliarden gehandelt. Amtlich notierte Kabel Neu=
York 40 Milliarden, London 180 Milliarden. Es wurden zugeteilt Ner
York 50 Prozent. Die Effektenbörſe ſtand im Zeichen ernſter Sorge
über innere Unruhen bei Beginn des Geſchäfts. Gerüchte, wonach mit
einer ſofortigen Schließung der Börſe zu rechnen ſei, erwieſen ſich je
doch als unbegründet. Immerhin rechnet man mit der Möglichkeit, daß
Banken= und Börſenverkehr in den nächſten Tagen Unterbrechungen er
fahren könnte. Infolgedeſſen zeigt ſich ſo gut wie keine Unternehmung
luſt. Die Umſätze in Effekten ſind ganz unbedeutend. Dementſprechend
ſind auch die Kursſchwankungen zu bewerten. Am Geldmarkt hat ſie
die Lage noch verſteift. Es werden 10 bis 12 Prozent für tägliches Geld.
in einzelnen Fällen ſogar darüber gezahlt.

w. Deviſenmarkt. Frankfurt a. M., 22, Okt. Telegr. Auszahlungen

Antwerpen=Brüſſel.
Holland ..........."
London ............
Paris ..............
ſchweiz... .. . . ... .."
Spanien ..........."
Italien ............
Liſſabon=Oporto. . . . .
Dänemark .... . . . .. .
Norwegen ..........
Schweden .... .. ..."
Helſingfors .........
New=York .... . . . ...
Deutſch=Oſterr, (abg.
udapeſt . . . . . . . . . . .
*rag ..............

Sofia ....."

Berliner Kurſe. (Eigene telegr. Meldung.)
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000000.

Aktiengeſ. ſür Anilinfr.
Aſchaffenburger Zellſtof
Ausgb.=Nürnb. Maſd
Berl.=Anhalt=Maſchinen
Bk. f. Elektr. W. vorzug.
Zismarckhütte
.....
raunkohlen=Br
ett ..
Bremer Vulkan .. . . ..
Wolle. ... . . . .."
Chem. Heyden ........
Weiler ........
Deutſch=Atlant. Tel..
Deutſche Maſchinen ...
Deutſch=Niedld. Tel. ..
Deutſche Erdöl ......."
Deutſche Petroleum".
Dt. Kaliwerke
..
Berlin- Karlsr
Donnersmarckhütte . ...
Dynamit Nobel ......"
Elberfelder Farben ...
Elektr. Lieferung ......
R. Friſter ..

Gaggenau
H. ....
Gelſenk. Gußſtahl ....."
Geſ. f. elektr. Untern.
Halle Maſchinen .. . . . ."

19. 10. 22. 10 19. 1 35000 Han. Maſch.=Egeſt.. . . . . 5000
4. Hanſa Dampfſch.. . . . . . 2i 46000 5000 Hemoor Zement ....." 150 0000 Hirſch Kupfer....... 850( 65000 .....
Höſch Eiſen ... Hohenlohe
ke..... 55000 100000 hla Porzellan ..... Lindes Eismaſch.. ... gel Schuh ........ 1750 37000 nke & Hofmann .... L. Loewe & Co. ...... 6300 Lorenz ......! 15000 40000 eguin . . . . . . . . . . . . . Lauſitze
le... 195C00 10000 ſordd. Gummi ....... 180000 Orenſtein

R 105000 25000 tathgebe
gon. . .. ind.) 105000 du00 Rombacher Hüt
m... Roſitzer Zucker ......." 188 65000 Rütgerswerke. . .. .. . . M 160000 Sachſenwerk......... 30000 ächſiſche Gußſtahl ... jemens Glas.... Folkſtedter Porzellan 39 zM Beſtf. Eiſen Langendreer 56000 Wittener Gußſtahl ..." 18000 30000 Wanderer=Werke .. . . . . 25000

A

1000

1-
Darmſtadter und Ntationarbank, Kommandit=Geſenſchaft auf Aktien.

Europäiſche Staatspapiere.
a) Deutſche
5% Reichsanleihe. . . . . . .. . . ..
49
coaaa-.,
3½½
aDoo
8%
...........
Dollar=Goldanleihe ..........
tzanweiſungen ...."
TF und l. Schatzanweiſ.
lK.
tienanleihe .........
pangsanleihe, zaaaaaasass
48 Preuß. Konſols .n..,

8½%

42 Bad, Anl, unk. 1935......
v. 1907.... . .
jayern Anleihe ........
aoooaa-
41
Heſſen unk. 1924 ........
31
%o ..
oa
Württemberger ........."
4.
b) Ausländiſche.

5% Bosnien L.=E.=B. v. 1914
L.=Inveſt.=Anl.v. 1914
520
.
4½% v. 1902.... ......"
"

..
1902 .....
62 Bulgar. 7
% Griech. Monopol ......"
17
%0 Oeſt. Staatsrente v. 1913
R. Af
½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr.
v. 1914 ...... ........
4% Oeſt. Goldrente ........"
4% einheitl. Rente .....

5% Rum. am. Rente v. 03
4½% Goldrente v. 18
am. konv. ..
v. 05
42

42 Türk. (Admin.) v. 1903 ...
(Bagbad) Ser. I.
H..
v. 1911, Bollanl. ..
4½% Ung. Staatsr. v. 14....
Goldrente .......
taatsr. v. 10....
ronenrente .....
42
Außereuropäiſche.
5% Mexik. amort, innere. . ...
konſ. äuß. v. 99 ..
Gold v. 04, ſtfr. ..
konſ. innere
gationsan
½%
Tamaulivas, Sertel ..
Oblig. v. Transportanſt.
kliſabethbahn ſtfr. . .
2o Gal. Carl Ludw.,Bahn.
5% Oeſt, Südb. (Lomb.) ſtfr.

19. 10. 22. 10 300 300 o
12.50 60000ra 13.500 60000 700 21
240 50 100
40 0 z 1 7500 45000
4000 3800

10000 30000 8500 8500 510 8500 39000 195000 30 290000 4350 220000 00 6000 3000

Die Notierungen ſind in Million o ausgedrückt.

O4
Oa
Frankfurter Kursbericht vom 22. Oktober 1920

Oblig. v. Transportanſt. (Ftſ.)
3% Oeſt. Staatsb. 9. Em. ..
Oeſt. Staatsb. v. 1885
Oeſt. Staatsb. b. Erg. N
2 Rudolfb. (Salzkammerg.).
Anatolier I......
42%
-
Salon Conſt.
n..
Salonique Monaſtir .....
ehuantepee ............
½%

Pfandbriefe.
Frankf. Hyp.=Bank 1920...
1921
frankf. H. Krd.=Ver. 1
Nein, Hhp.=Bank:

fälz.
...
3 Rhein.
1923 ...

verl.
*
3
üdd. Boden=Cred.=Ba
München 1906 ......asasy

2,6% Alte Oeſtr. Südb. (Lomb.).
2,6%Neue

48 Oeſt. Staatsb. v. 1883....
3% Ocſt. Staatsb 1. b 8. Em.

80
28000

32500

10000
200000

26 Heſſ. Ldhhp.=Bank Pfdbr.
½2% Heſfi. Ldhhp.=Bk. Pfdbr.
4% Heſſ. Ldhyp. Kom. Obl....
deutſche Städte.
490 D
mſt. v. 1919 bis 1925..
3½½ Darmſt. v. 1905 .......
4
Frankfurt v. 1913.... . . .
v. 1903..
3148
..."
425 Mainz. v. 1919 bis 1
NachSachwert vz. Schuldverſchr
50o Badenwerk=Kohlwert=Anl
52Ig Sächſ.Braunk.=Anl. Ser.1 u.
ſank=Aktien.
Bank für Brauinduſtrie ......
Barmer Bankverein .........
Berliner Handelsgeſellſchaft ..
Commerz= und Privatbank ..
Darmſtädter u. Nationalbank.
Deutſche Bank .............
DeutſcheEffekten= u.
chſelbank
Deutſche Vereinsbank ........
Disconto=Geſellſchaft . . .. . . . ..
dresdener Bank ............
kfurter Bank ........ .. ."
allbank. . .
......
elder
ditbank ...
Oeſterreichiſche Creditanſtalt ..
Reichsbank=Ant. .. . .. . . .....
Rhein. Creditbank .... . . . . . ."
Süddeutſche Disconto=Geſellſch.
Weſtbank ... . . . . . . . . . . . . . . . .
Wiener Bankverein .........
Bergwverks=Aktien.
Berzelius ..................
Bochumer Bergb. ...... . . . ..
Buderus.. .
....
Dt. Luxemb
er ............
Eſchweller, Bergwerks-Akt....
Gelſenkirchen Bergw. ..... ..
Harpener Bergbau ..........
Kaliwerke Aſchersleben ......
Weſteregeln .......
Lothringer Hütte .. . ........"
Mannesmann Röhren ......"

19. 10. 22.
* 560


55000
140000 4000 10000 200 4000 13
1000/ 40000 5000 400 240( 100( M 20 10000 fiud 40000 20 6000 520 220 3300 800 18000 12000 30000 1300 500 1575 9000 40000 6C000 500 20000 ) 300000 600000 100000 230000 950000 60000 20000) 70000 85000

Bergwerks=Aktien (Fortſ.)
Oberbedarf
Oberſchleſ. Eif.
en CCaro) ......"
hönix Bergbau ............
Rhein. Stahlwerke ..........
jebeck Montan.. . . . .
Tellus Bergb.= u. Hütt
Ver. Laurahütte . . . . . . . . . . . . .
Aktien induſtr. Unternehmung.
Brauereien
Henninger Kempf=Stern . . . . .
Löwenbräu
ünchen .......
Schöfferhof (Binding) .......
Werger ...................

Mi He e
ldler & Oppenheimer .. .. ...
Adlerwerke (b. Kleher)......
A. E. G. Stamm. . . .

Anglo= Continental=
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...
Aſchaffenburger Zelſtoff ...
Badenia (Weinheim) .. . . . . .
diſche Anilin= u. Sodafabrik
Bad. Maſchf. Durlach
..
Bad. Uhrenfabr, Furtt
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ſt Nürnberg ............."
iſch. Spiegel ...........
Beck & Henkel Caſſel) nn..
mann El. Werke ........
Bing. Metallwerke, aaunaaas
Brockhues, Nieder=Walluf.. . ..
gementwerk Heidelberg ......"
Karlſtadt .. . . . . . .
Lothringer
8).
Chem. Werke Albert........
riesheim Elektron ....
Mayer Alapin.. . . . . . .
*
Weilerter=mer ........
Daimler Motoren Berl
.
Deutſch. Eiſenhandel
in
dt. Gold= u. Silberſcheideanſt.
Dingler, Zweibrücken .......
dresdener Schnellpreſſen .....
ürkoppwerk (Stamm)... . .
Düſſeld.=Ratinger (Dür.) ....
Dhyckerhof & Widm. Stamm.
ſiſenwerk Kaiſerslautern .....
ſenwerk L. Meher fr. ....
Elberfelder Farb. v. Baher ..
Elektr. Lieferungs=Geſ....
Licht und Kraft ......
Elſäſſ. Bad. Wolle.. .........
Emag, Frankfurt a. M. ... . .
Emaille &. Stanzw. Ullrich ....
Enzinger Werke ...... .. ... .
Eßlinger Maſchinen .........
Cttlingen Spinnerei .........
Faber, Joh., Bleiſtift... . . . . . .
Faber & Schleicher.........."
Fahr, Gebr., Pirmaſens. . . . . .
Felten & Guilleaume, Carlsw.
Feinmechanik (Jetter) ......
Feiſt Sektlellerei Frankf. a. M.
Frankfurter Gas.. . . . . . . . . . . .
Frankfurter Hof ..........."

19. 10.
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150000
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Fuchs Waggon Stamm.. . ..
Ganz, Ludwig, Mainz .......
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Gelſenkirchen Gußſtahl zuuass.
Goldſchmidt Th..
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Hehligenſtaedt, Gießen ......
Hilpert Armaturenf. . . . . . . . . .
Hindrichs=Auffermann ......

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Höchſter Farben u4.ssna4
Holzmann, Phil. ........
Holzverk =Induſtr. .. . . .."
Hotel A.=G., München ...
Hydrometer Breslau. .. .
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.
Junghans Stamm.. . . . ..
Karlsruher Maſchinen..
Klein, Schanzl. & Becker
Konſervenfabrik Braun,
Krauß & Co., Lokom.. . .
Lahmeher & Co. ......."
Lech Augsburg .........
Lederw. Rothe ......."
Lederwerke Spicharz ...
Löhnberger M

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ur ’ſche Induſtrie ......
Mainkraftwerke Höchſt..
Neguin, Butzbach ......

Meher, Dr. Paule zueauus.
ſiag, Mühlenb., Frankf. a. M.
venus Stamm. . . . . . . . . . . .
Motorenfabr. Deutz .. an.44
Motorenfabrik Oberurſel .....
Neckarſulmer Fahrzeugwerke .. 13000
Neckarwerke Eßl. Stamm.. ..

16000
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Oleawerke Frankfurt a. M.

Pfültz. Nahm., Kayſer zuuta=
Philipps A.=G..... .. . ... .
Porzellan Weſſel .........
Reiniger, Gebbert & Schall
Rhein. Elektr. Stamm.. . .

Meich Lonlie u
Nhenania, Aachen .......!
Riedinger Maſchinen ....
Nückforth, Stettin ........."
Rütgerswerke ............"
Schleußner (Fre
furt a. M.)
Schneider & Hanau ......

Schramm Lackfabrik. .4.
Schuckert Elektr. (N
Schuhfabrtik Berneis=BBeſtel

19. 10. 22. 10. 8000 8000 0 2000 10000 200 6000 53000 35000 nl 4000 130000 16000 36000 400 000
100 15000 500 12000 20 15000 100000 25000 36000 125000 zu 120000 20000 23000 10000 45000 1000 150 140 140000 20000 20000 5000 2 . 45000 20000 55000 1000 15000 30000 350 12000 8000 3254 100c00 16000 50000 30000 6300 8300 60000 50000 R. 3500 10000 10000 40000 10000 60000 9000 40000 50000 3900 8500( 31000 150000 30000 2000 6000 52000 13500.1 Jo 10000 35 35000 500 35000 400 10000

Schuhfabrik Herz...... .. . . ..
Schuhf Leander Offenbach ...
Seilinduſtrie Wolff ........."
Sichel & Co., Mainz.........
jemens Elektr. Betri
be ..."
Siemens Glasinduſtrie .......
Siemens & Halske ........."
Stöckicht=Offenbach=Gummi. . .
Handelsvereinigung. . ..
utſche Immobilien ....
Thüringer eleft. Lief.-Geſ., Gotha
Uhrenfabrik Furtwängler .....
Beithwerke in Sandbach
Verein f. Chem. Induſtr. M
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Verein, deutſch. Olfal
Gummifabr. Bln.=Frkf.

Pinſelfabr. Nürnberg ..
Ultramarin ..... ....."
Zellſtoff Berlin.. .....
Vogtländ. Maſch. Vorzüge.. ..
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Voigt & Haeffner Stämme.. .
Voltohm Seil .............."
Wahß & Fret
19 ..
rik .........."
Wegelin Ruß
Zellſtoff Waldhof Stamm....
Zuckerfabr. Waghäuſel ......."
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Schantung E. B. .........."
Süddeutſche Eiſenbahn=Gei.
Hapag (Paketfahrt) .........."
Nordd. Lloyd .. ...... ......"
Oeſterr.=Ungariſche Staatsbahn

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Bahnbedarf
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Helvetia Konſervenfabrik. . .
Gebr. Lutz ........... ......"
Motorenfabrik Darmſtadt ....
Gebr. Roeder ............... 4000
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10000 Venuleth & Ellenberger ....." Annotierte Aktien.
Beckerkohle ... .............." 35000 Beckerſtahl . . . . . . . ... ... .. .." 37000 Benz.... .. . . . . . . . . . .. . .. .. . 1100 Brown Boveri ............."
Cont. Handelsbank ..........
Growag. .. . . . . ...... . . ...." Hanſa Llohd ............... M.
Kabel Rheydt ............."
Karſtadt R. ............... 6500 Mannsfelder ............... Petroleum, Dtſche. .........
Raſtatter Waggon .........." 75000 Text.=Ind. (Barmen (Tiag) ...
Ufa Film .. . . . . . . . ........" 11000

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4462s 53 750000 1000C
Bi870000000. 500000 35587 500000 262500. 3737500. B192000000 08 000000. 2089 812500. 2081 187500. 9675 650000 9724 250000. 1596 000000. 160 4 000000 15733 125000. 6766 875000 313712500. 516 287300. 12294 250000. 2303 750000. 1945 125000 1954 875000. 8977 500000. 9022 500000. 5500000 1804500000 7780500000. 7819500000. 2 92500000. 3007 550000. 12718125000. 12781875000. 260 65 0000. 114
50000. 11528750000 25860 000000. 56140 000000. 9600. 160400. 025. 1925. 3750. 301250. 2992500. 3007 500. 5000.
B2y 330825000. 1546 125000. 1553 075000. 1104737500. 105 262500 t. Berlin, 22. Oktober Telegr. Auszahlungen für:
ver

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Geld.
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Geld 4 Amſterdam=Rotterdam 4498300000. 4691700000. 5561000000. He Brüffel=Antwerpen ... 1614460000 617540000. 2045900000. 401 riſtiania . . .. . .. .. ." 5000.
Ve 1854625000. 61446(0000. 31754000 Kopenhagen ........" 70000. 97230000. 42600000. Stockholm .. . . . . . .. .. 8136140000. 3151860000. 10473750000. Helſingfors .........." 7205000. 318795000. U55350000. Italien . .. . . .. ... .... 1000 541350000. 1789= ondon .. ...... 100 54135000000 79550000 New=York ..........." iis70000 030000000 Paris ......... ...... 215000. 15785000 9.
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000. 889700000. 127680000 00. 30000 Bulgarien .........." .
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0000. 750000. 3650850000. 5000 Belgrad. . . . . . . . . . . .. 141
000. 1000. 484785000. 7215000. Liſſabonn. . . . . . . . . . .. 470
0.- Fol0.
147 1596000000
1604000000. Sofia .......... ....."

[ ][  ][ ]

Nummer 18

Beilage zum Darmſtädter Tagblatt

23. Oktober 1923

Von E. Zeh, Heppenheim a. d. B.
weltberühmt:
Hätt ich Venediger Macht,
Augsburger Pracht,
Nürnberger Witz,
Straßburger Geſchütz
und Ulmer Geld.
So wär ich der Reichſte in der Welt.
Eine muſtergültige Verfaſſung, an der 151 Jahre lang nicht
gerüttelt zu werden brauchte, förderte Handel und Wandel dieſer
Stadtrepublik. In dem berühmten Fondaco dei Tedesci, dem
ſtattlichen Warenhaus der deutſchen Kaufleute in Venedig, ſpiel=
ten
die Ulmer Handelsherren eine maßgebende Rolle. Ein be=
deutender
Ausfuhrartikel Ulms waren die Erzeugniſſe ſeiner
Weber. Beſonders ſchätzte man die Ulmer Zeugdrucke. Die
Ueberlieferung weiſt aber nachdrücklich noch auf ein zweites
blühendes Gewerbe Ulms hin, auf die Spielkartenfabrikation.
Das Kartenſpiel wurde von den Arabern in die romaniſchen
Länder gebracht. Durch die Vermittlung Italiens und Frank=
reichs
kam es in der Mitte des 14. Jahrhunderts, auch nach
Deutſchland. Und wir wollen auch verraten, daß ſich ſogar
Frauen in ihren ſogen. Karthöfen dem Spielkartenteufel hin=
gaben
. Ulms Spielkarten gingen in alle Welt. In den Werk=
tätten
der Spielkartenmacher wurden aber auch jene beſonders auf
Wallfahrten verteilten, ſchlichten Heiligenbilder hergeſtellt, von
einfachen Handwerkern gezeichnete und kolorierte Blätter, die
man auch zum Schmuck der Wohnungen und kleiner Hausaltäre
benützte, ferner Ablaßbriefe, Kalenderblätter, Einzelblätter zur
Paſſionsgeſchichte, zu den zehn Geboten, den ſieben Sakramenten,
die man meiſt mit kurzen Beiſchriften verſah. Deshalb nannte
man die Kartenmaler auch Brieſmaler (Brief, breve kurzer
Bericht). Das Gewerbe der Kartenmacher und der Zeugdrucker
bereitetze num im Verein mit der kulturellen Blüte der Stadt den
denkbar günſtigſten Boden vor für das Emporblühen des Ulmer
Holzſchnittes und der damit aufs engſte verknüpften Bücher=
illuſtration
. Man brauchte ja nur das bereits im 14. Jahr=
hundert
geübte und vom Orient übernommene Druckverfahren
der Zeugdaucker auf Papier zu übertragen, um ſo einen Holz=
chnitt
zu erhalten. Wann und wo man zuerſt auf dieſen Ge=
danken
kam, bleibt wohl im Dunkel der Geſchichte verborgen.
Fedenfalls iſt aber die Technik des Holzſchnittes und ſeine maſſen=
jafte
Verbreitung untrennbar verbunden mit dem Auflommen
der im Vergleich zum koſtbaren Pergament weit billigeren Papier=
ſerſtellung
im 14. Jahrhundert, die die Araber als ein von Oſt=
ſien
übernommenes Geheimnis ſo lange zu hüten wußten. Um
1400 iſt jedenfalls in Deutſchland der Bilddruck mit Holzſtöcken
ſicher nachweisbar. Deutſchland wurde zum klaſſiſchen Land
dieſer ſtets dem Handwerklichen ſo nahe verbundenen künſtle=
iſchen
Technik, die ſich durchaus in den Dienſt einer unverbil=
deten
Volkskunſt ſtellte. Hören wir num von Ulmer Zeugdruckern,
o gab es in Ulm Formſchneider, d. h. Herſteller von Druck=
töcken
genug, deren zunächſt den Schreinern verzünftete Kunſt
nan auch für die Aufgaben des neuen Bilddruckes in Anſpruch
ehmen konnte. Ueber die zünſtige Arbeitsteilung der Form=
chneider
, Bilddrucker und Briefmaler die Einblattdrucke
varen anfänglich ausnahmslos für nachträgliche Bemalung be=
timmt
beſteht noch keine reſtloſe Klarheit. Einem Prozeß
wiſchen dem Augsbunger Drucker Günther Zainer und den
Augsburger Briefmalern können wir jedenfalls entnehmen, daß
der Bilddruck Sache der Briefmaler war. Auch das kann wohl ten Fabeldichters Aeſopi nach 1476 erſchienen. Ferner kam bei
ungenommen werden, daß die Formſchneider mehr aus den
Reihen der einſtigen Buchzeichner hervorgingen und einfach die
Technik der Modellherſtellung für den Zeugdruck übernahmen,
vährend ſich die ſpäteren Buchdrucker aus dem Gewerbe der
Buchſchreiber rekrutierten.
Die monumentale Wirkung der älteſten noch erhaltenen Holz=
ediglich
bedingt durch den großzügigen Umrißſtil und die nach= in der Darſtellung der Gewänder, wie er uns dann in der Wohl=
rägliche
, an die Glasmalerei erinnernde Füllung der Flächen gemutſchen Bücherilluſtration entgegentritt.
nit Farbe zwiſchen den beſtimmt gezogenen Konturen, die man
nit den Bleirippen der Glasfenſter vergleichen könnte. Ueber
Die primitiven Holzſchnitte (Holbein=Verlag, München 1922),
ind Bäume und Gewäſſer grün, Gewand blau oder rot, das
Dingen die traumhafte Unwirklichkeit der Legende. Einige
ſeſchrieben. Es bereitete nun keine Schwierigkeit, einen zu dem
Silde paſſenden kurzen Text mit auf den Holzſtock zu ſchneiden, ſchnitt vervielfältigt wurden. Die Hollſche Kosmographie iſt auch
Stellte man mehrere ſolche Blätter mit Textſtellen zu einem ein=
ſeitlichen
inhaltlichen Ganzen zuſammen, ſo erhielt man die
nöglich war. Man nannte ſie Blockbücher, weil Bild und Text Rheinheſſens) nennt.
iner jeden Seite von einer einheitlichen Holztafel, einem Block,
ibgedruckt waren. Um 1476 wurde in Ulm ein derartiges Block=
ganze
deutſche Sprachgebiet verbreitetes Vorbereitungsbuch auf
holzſchnitte der Name des Herausgebers ludwig ze olm s) Artickel des chriſtenlichen gelaubens (1485), Th. Lirer, Schwä=
Ulm ſteht, deſſen Einblattholzſchnitt Chriſtus am Kxeuz in der
Kreuzigungsfragment des Meiſters von Flemalle im Frank=
furter
Städel verrät.
der Verbreitung der genialen Erfindung Gutenbergs, des Druckes
dem mühſamen Einſchneiden der einzelnen Worte auf den Holzblock
ſich auch das Blockbuch, in dem die Illuſtration an erſter Stelle
neuen Typographie, die man Inkunabeln, d. h. Wiegendrucke,
nannte.
D Anmerkung: Dieſe deutſche Ulmer Ausgabe der 4rs mo= vollen Neudruck auf raſſigem Büttenpapier.
riendi wurde vom Roland=Verlag=München in einem prachtvoll gedruck=
ten
Fakſimile=Druck den Freunden deutſchen Holzſchnittes zugänglich billigen, aber recht guten Nachdruck im Verlag der Wiſſenſchaften von
gemacht.

DETUImer H0zichnit i fanden auch die humaniſtiſchen Ideen Eingang in die Stadt Ulm, die Namen einer Anzahl berühmter Holzſchneider genannt, ſo
humaniſt Steinhöwel zuſammen mit dem erſten und fruchtbarſten maier tätig war. Als ein neues Stilelement tritt uns in Lirers
Die freie Reichsſtadt Ulm ſtand im 15. Jahrhundert im Uhmer Buchdrucker Joh. Zainer das Buch von Boccaccio Chronik die Einheit von Landſchaft, Architektur und Figürlichem
Mittelpunkt des wirtſchaftlichen, geiſtigen und künſtleriſchen Compendium de praeelaris mulieribus im Originaltext wie entgegen. Tie Hand des Holzſchneiders der Lirer=Chronik kann
Lebens Schwabens. Man braucht ja nur die Namen der Maler in einer deutſchen Ueberſetzung heraus. Die letztere führt den man ſpäter in verſchiedenen Oruckwerken A. Kobergers wieder
und Bildhauer Multſcher, Schüchlin, Stocker, Zeitblom, Schaffner, Titel Van etlichen frawen. Zainer ſtattete die Ausgaben mit erkennen. Der Eunuchus des Terentius wurde in der Ueber=
Holbein d. Ae, Erhart, Syrlin, der Baumeiſter Enſinger, Böb= 80 Holzſchnitten aus. Dieſe Ulmer Boccaccio=Ausgabe Zainers ſetzung des G. Neithard zu einem echten Volksbuch, auf das
linger, Engelberg zu nennen. Der Ruf der Ulmer Prägung war zeigt einen bedeutſamen Wendepunkt in der Geſchichte der deut= Hans Sachs wieder zurückgriff. Den Terenzmeiſter treffen wir
werkes gehen in ihrer friſchen Schilderung der Wirklichkeit und iſt auf ſeinen Holzſchnitten das Renommieren mit perſpektiviſchen
illuſtration, wie wir ſie etwa von den erſten Druckwerken Pfiſters delnden Figuren, ein Dualismus, der ja auch die moderne
kennen. Ulm tritt mit dieſem dem Namen nach unbekannten eingewirkt. In den 90er Jahren wandten ſich die Drucker
Illuſtrator von Rang, dem ſogen. Boccacciomeiſter, fraglos in
Ernſt Weil Der Ulmer Holzſchnitt im 15. Jahrhundert
(Mauritius=Verlag Berlin), das eine in der deutſchen Kultur= Waſſer), ldünne Andachtsbücher, Almanache, Kalender, Lehr=
geſchichte
ſchon längſt empfundene Lücke ausfüllt. Denn die bücher für die Schulen, hauptſächlich die im Mittelalter allge=
Ulmer Buchkunſt darf mit an erſter Stelle ſtehen, wenn es gilt,
auf Taten deutſcher Kulturarbeit hinzuweiſen. Aber wie tragiſch
zugleich enthüllt ſich uns doch das Schickſal jener Ulmer Männer,
Drucker haben echte Volksbücher herausgegeben, zu denen wir
ſetzungen romaniſcher Klaſſiker durch Steinhöwel zählen können. Arbor nitge, einem 1492 bei Joh. Reger verlegten Druckwerk.
Aber Märtyrer ihres Vorkampfes für die deutſche Buchkultur Man möchte dieſen herben und doch ſo klanen Einblattdruck
ſind jene erſten Ulmer Drucker geworden. Wie kaum ein anderes gerne dem jungen Dürer zuſchreiben. Aber gerade dieſes in ſich
Gewerbe jener Zeit hatten ſie mit den ſchwerſten Sorgen um ſo geſchloſſene Blatt läßt ſich ſchwer in das von einem ſtürmiſchen
ihr Auskommen zu kämpfen. Weil gibt nun in ſeinem Buche Bewegungsrhythmus durchpulſte graphiſche Jugendwerk Dürers
reien. Weils Darſtellung iſt ſtreng wiſſenſchaftlich ohne nüchtern Beziehuugen feſtſtellen laſſen zwiſchen den ulmer und Nürn=
zu
werden. Die Ausſtattung des Buches genügt allen Anſprüchen
und reicht aus für den erſten Ueberblick. Beſonders werwvoll iſt
licher Ulmer Druckwerke des 15. Jahrhunderts. Gerade dieſe ſo
ſyſtematiſche und im Text begründete chronologiſche Zuſammen= und Pleydenwurf ſeiner Offizin dienſtbar zu machen. Gar raſch
faſſung wird dieſes Buch über den Ulmer Holzſchnitt für immer
Verfaſſer nicht einſeitig auf eine iſolierte Darſtellung ſeiner Auf=
gabe
beſchränkt ſondern das Thema an entſprechenden Stellen
zu jenem maßgebenden Komplex des ſchwäbiſchen Kunſtkreiſes werke ſo gut wie unmöglich machte, von Bayern ſagt, es ſei aus
Münſters ſtand. Als am Ende des 15. Jahrhunderts der Ulmer
keit in den Werkſtätten der Ulmer Drucker auf, von deren hervor= die Reichsſtadt Ulm zu, in der man es ſich ſogar zu beſonderem
In der ſchon genannten Offizin Zainers erſchienen im ganzen
95 Druchwerke, eine Zahl, auf die auch ein moderner Verleger
ſtolz ſein könnte. Wir müſſen uns überhaupt den Betrieb in erſt die Gegenwart fand wieder ein neues innerliches Verhältnis
dieſen älteſten Druckereien Europas gewiß durchaus handwerk=
doch
der Nürnberger Drucker Anthoni Koberger in ſeiner Nürn=
berger
Werkſtatt über 100 Geſellen an 24 Preſſen! Ausgedehnte
Handelsbeziehungen mit Italien, Frankreich, Oeſterreich, Ungarn,
Polen und den Niederlanden ſorgten für die Verbreitung ſeiner
Druckwerke. Zainer verlegte noch folgende beſonders bemerkens=
werte
Bücher: Petrarcas Griſeldis und einige Kalender (bis
zum Jahre 1479) mit Holzſchnitten von der Hand des Boccgeeio=
meiſters
, als deſſen Hauptwerk wir aber die faſt von ſämtlichen
außerdeutſchen Druckereien kopierten Illuſtrationen zu den Fabeln
des Aeſop anzuſehen haben, die neben einer lateiniſchen Ausgabe
auch in der im Volke überaus beliebten Verdeutſchung Stein=
höwels
unter dem Titel Das Buch und Leben des hochberühm=
Zainer im Jahre 1485 noch heraus das mit 94 Holzſchnitten aus=
geſtattete
Buch Geiſtliche pßlegung des lebens Iheſu Chriſti,
ein Druckwerk, das wegen der Mitarbeit von vier verſchiedenen
Illuſtratoren, unter denen ſich auch ein Peter, mäler ze Ulm.
nachweiſen läßt, beſondere Beachtung verdient, zumal ein Meiſter
dieſes Zainerſchen Werkes bereits die Brücke ſchlägt zu dem
chnitte aus den erſten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts iſt in jener Zeit aufkommenden unruhigen und knitterigen Faltenſtil
Die Werkſtatt Bernhard Holls iſt quantitativ zwar nicht ſo
producktiv, aber ſie kann ſich rühmen der Herausgabe der zwei
die Farbe dieſer Einblattdrucke ſagt 9. Pfiſter in ſeinem Buche großartigſten deutſchen Holzſchnittbücher. In den Jahren 1483,
1484 verließen die Hollſche Offizin drei Ausgaben der indiſchen
das mit einer Auswahl der ſchönſten Blätter zur beſinnlichen Fabeln des Bidpai unter dem Titel Buch der Beiſpiele der alten
Schau einlädt: Farbe iſt mehr denn bunte Füllung der weißen Weiſen/*). Die Illuſtrationen dieſer Bücher fallen ganz heraus
bläche, mehr als gefällige Dekoration. Wie für Ewigkeiten aus dem Rahmen des Ueblichen durch einen wuchtig wirkenden
Schnitt, der das ſo krauſe Linienſpiel ſeiner Zeit wieder auf jene
Fleiſch rötlichegelb . . Das bunte Spiel der Farben ſchenkt den klare Umrißzeichnung der erſten Einblattdrucke um 1410 redu=
zierte
. Im Jahre 1422 erſchien als zweites Standardwerk der
olche Einblattdrucke werden auch frühen Ulmer Bilddruckern zu= Hollſchen Druckerei die Cosmographia des Ptolemäus, das
erſte geographiſche Werk, in dem Landkarten durch den Holz=
für
die Künſtlergeſchichte Heſſens nicht ohne Intereſſe, da ſich
auf einer der Karten dieſer außergewöhnliche Holzſchnittmeiſter
rſten gedruckten Bücher, deren Druck alſo ohne bewegliche Lettern der Hollſchen Druckerei Johann van Arnszheim, (ein Dorf ten geweſen. Und heute wird aus deutſchem Geiſte und Weſen, in tief=
Eine rege Tätigkeit entfaltete wiederum die Druckerei
uch herausgegeben, die ſogen, nArs moriendi, ein über das von Conrad Dinckmut mit 8 Verlagswerken, die
allerdings nicht die künſtleriſche Höhe der Druckwerke Zainers
die Sterbeſtunde. In drei Ausgaben erſcheint in Ulm dieſes und Holls erreichten. Wir heben beſonders folgende Bücher her= G. Grote, Berlin.) Guſtab Frenſſen hatte im vorigen Jahre auf Ein=
Volksbuch. In der deutſchen Ausgabe nennt ſich auf einem der vor: den Seelenwurzgarten (1483), die Erklerung der zwölff ladung des Central=Relief=Comitee in Neu=York eine fünfmonatige Vor=
Die Holzſchnitte der 4rs moriendi gehen auf niederländiſche biſche Chronik 4*) (1486), Deutſche Ueberſetzung des Eunuchus macht und veröffentlicht nun ſeine von dort in die Heimat geſandten
des Terentius (1486). Die Holzſchnitte in Lirers Chronik
Vorbilder zurück, in deren Bann gerade der Meiſter=Ludwic zu können wir einmal vergleichen mit den zeichneriſchen Vorlagen weilen, ob ich dieſe Briefe veröffentliche?. Nicht für die jetzige Gene=
Dillinger Bibliothek auch Beziehungen zu dem großartigen der glücklicherweiſe noch erhaltenen Handſchrift. Der Vergleich, auf irgend einen Menſchen zu hören und nun gar auf einen Deutſchen,
fällt zu Ungunſten des Holzſchnittmeiſters aus. Es mag hier
überhaupt ganz kurz die Frage geſtreift werden, ob der Zeichner und kein Bedürfnis. Aber für manchen Nachdenklichen in Europa hätte
Die Blütezeit des Ulmer Holzſchnittes iſt aber abhängig von der Illuſtrationen und der Holzſchneider ein und dieſelbe Perſon es den Wert eines menſchlichen Dokuments aus dieſer Zeit der Blamage
war. Es iſt eine rein hypothetiſche Frage, die ſchon dadurch des Menſchengeſchlechts. Aus der Zeit, da ein zertretener, hungernder
mit beweglichen gegoſſenen Lettern (ſeit 1454). Gutenberg machte, ſchnitt ſo oft wie in dem vorliegenden Falle an ſchon be= Rom ... nein, ein Deutſcher in Angelſachſen reiſte, und bei den zahl=
ein
Ende. Aber erſt um 1470 drang der Holzſchnitt, das illuſtra= ſtehende Vorlagen hielten; ein geſetzlich geſchütztes Autorenrecht modern, an die leeren und kalten Hände der deutſchen Kinder dachte,
üive Element, in den Typenſatz des mit beweglichen Lettern ge= gab es zu jener Zeit noch nicht. Jedenfalls dürfen wir aber die darum leer und kalt ſind, weil Amerika die Verſprechungen nicht ge=
druckten
Buches ein, das zunächſt ja nur für den Gelehrten und annehmen, daß bis zum Einbruch der großen Maler in die Buch= halten hat, die es dem deutſchen Volk gemacht hat.
des Lateiniſchen Kundigen, der zum Verſtändnis des Textes illuſtration am Ende des 15. Jahrhunderts ein und dieſelbe
keiner Illuſtrationen bedurfte, gedruckt wurde. So behauptete Hand die Vorzeichnung auf den Holzſtock zeichnete und danach 11. umgearbeitete Auflage, 244 Seiten (geb. M. (50. Otto Hendel
ſtand, noch Jahrzehnte neben den bildloſen erſten Drucken der ung von Zeichenſtift und Meſſer mag ſich in den 80er Jahren 10 hohen Auflagen erſchienenen Buche jetzt wieder eine neue nozwindig

*) Die Tierfabeln aus dem Buch der Beiſpiele der alten Weiſen
wurden ebenfalls im Mauritius=Verlag herausgegeben in einem charakter=
**) Auch die 22 Holzſchnitte dieſer Chronik liegen nun in einem
C. C. Recht und Dr. Noether=München vor.

Gleichzeitig mit der Einführung der Erfindung Gutenbergs langſam angebahnt haben. Im 16. Jahrhundert werden bereits
Im Jahre 1473 gab der in Padua ausgebildete Arzt und Früh= Lützelburger, der für Holbein, Joſt de Negler, der für Burgk=
ſchen
Bücherilluſtration an; denn die Holzſchnitte dieſes Druck= ſpäter ebenfalls in Nürnberg wieder an. Beſonders auffallend
auch rein künſtleriſch weit hinaus über die bisherige Holzſchnitt= Kenntniſſen, ſo daß die Kuliſſen wichtiger werden wie die han=
in
Bamberg und von den zahlreichen Augsburger Druckern her Bühne bedroht. Italieniſche Druckwerke haben hier zweifellos
ganz allgemein an einen breiteren Leſerkreis. Beſonderen Abſatz
jener Zeit des Ueberganges an die Spitze der geſamten Buch= fanden nun kleine Bücher mit einem meiſt für das Land=
illuſtration
. Wir begrüßen daher freudig das neue Buch von volk beſtimmten lehrhaften Inhalt (Albrechts Roßarznei, er=
ſchienen
1498 bei Zainer, ebenda Schricks Ausgebrannte
mein benutzte lateiniſche Grammatik des Aelius Donatus. Dem
Lehrbuchverlag widmete, ſich beſonders die Offizin Johann
Schäfflers. Ein ſehr beliebtes Buch dieſer ſpäten Ulmer Zeit
die ſich in den Dienſt des noch ſo jungen Buchdruckes und damit war das 1493 bei Dinckmut erſchienene Zeitglöcklein, deſſen
guch in den Dienſt der Volkskultur ſtellten! Gerade die Ulmer kleinformatige zarte Holzſchnitte mit zu dem Beſten des Ulmer
Buckdruckes der 90er Jahre gehören. Einen beſonderen Hin=
auch
die von allem philologiſchen Kleinkram noch freien Ueber= weis verdient noch der großartige Crucifixus in Bonaventuras
einen klaren Ueberblick über den Werdegang der Ulmer Drucke= einreihen. Aber darauf wurde ſchon hingewieſen, daß ſich enge
berger Druckereien.
Die ſpäten Ulmer Druckereien können ſich in keiner Weiſe
der nach wiſſenſchaftlichen Grundſätzen aufgeſtellte Katalog ſämt= mehr meſſen mit dem Großbetrieb Ant. Kobergers in Nürnberg,
der es verſtand, Nürnberger Meiſter von Ruf, wie Wohlgemuth
hatte man in Ulm die großen Verdienſte ſeiner erſten Buchdrucker
unentbehrlich machen. Beſonders anzuerkennen iſt, daß ſich der vergeſſen. Wenn Riehl einmal unter Anſpielung auf die im
18. Jahrhundert in Süddeutſchland diktatoriſch eusgeübte Zen=
ſur
, die das Erſcheinen den Zeitgeiſt widerſpiegelnder Druck=
in
Beziehung bringt, in deſſen Zentrum die Bauhütte des Ulmer dem 17. Jahrhundert ins Neunzehnte geſchritten, ohne etwas
vom achtzehnten zu merken, ſo, trifft dieſe Charakteriſtik
Münſterbaut zum Stilſtand kam, da hörte auch die Betriebſam= kes geiſtigen Lebens jener Zeit in Bahern ganz beſonders auf
ragendſten Verlagswerken wir wenigſtens noch folgende anführen: Verdienſt anrechnete, überhaupt kein Buch mehr in die Hand zu
nehmen. Dem 19. Jahrhundert blieb es vorbehalten, den Staub
von den koſtbaren Ulmer Druckwerken wieder abzuwiſchen. Doch
zu der raſſigen, charakterſtarken Art der früheſten deutſchen Buch=
lich
ſolid, aber keineswegs kleinkrämeriſch vorſtellen. Beſchäftigte illuſtration. Schlagen wir heute in ſtiller Stunde die hinter=
laſſenen
Bücher der Ulmer Drucker auf, deren ſtolzes Vuchſtaben=
geſchiebe
ſich im Verein mit den Holzſchnitten zu weſenhaftem
Ausdruck zuſammenfügte, während über dem Ulmer Stadtbild
der Turm des Münſters ſich den Wolken, entgegenreckte,
ſchauen wir der deutſchen Seele in ihr herbes, ungeſchminktes
und doch viel tauſendmal geliebtes Antlitz.
Neue Bücher
* Das enträtſelte Weltgeheimnis und Feenlicht=
wunder
der Tage Noahs. Von Chriſtina Pfeiffer= Rai=
mund
. (Verlag Englert u. Schloßer, Frankfurt a. M.) Wir ſtehen
heute mitten im Kampfe um einen neuen Gemeinſchaftsgeiſt der Kultur=
völker
aus der Zerriſſenheit einer verlebten Ziviliſationsphaſe. Haß
und Mißgunſt dominieren. Allen ſcheint die Menſchheit auf einem
toten Punkt angekommen zu ſein. Als Anfang einer möglichen Ge=
ſundung
ſehen wir aber ein Erſtarken des religiöſen Empfindens. In
dieſem Augenblicke werden uns Lichtblicke übermittelt, die einen klaren
Weg für die Zukunft zeigen. Der Verfaſſerin dieſes Buches wurden
auf dem Weg des Hellſehens Einblicke zuteil ins Urwiſſen der Menſchheit.
In der Urzeit war Neligion weder Konfeſſion noch eine Nebenform des
Geiſteslebens. Sie war das Leben ſelbſt in allen Beziehungen des
Menſchen zu ſich ſelbſt, dem anderen und dem urſchöpferiſchen Gott=
grund
der Allheit. Ihre Prieſter waren Meiſter aller Künſte und Wiſ=
ſenſchaften
. Sie beherrſchten, die Hochkraftphänomene der radioaktiven,
gleich Stoffdichte und Naumfernen durchdringende Strahlungsformen
der Urlichtgenalten und allderbindenden Fernſpannungen der Aether=
wellen
bis zum Quellgrund ſchöpfungsgewaltiger Allint=lligenz. Nicht
die Leitungsſluten der Aetherwellen an ſich ſind Urgrund dieſer Gott=
weſenheit
. Sie bieten nur die kosmiſche Eigenſchaft, uns dem Gottquell
höchſter geiſtiger Allngtur zu verbinden und zu verbünden zur Mit=
ſchöpfertat
aus Liebe und Idee. Der einzelne Menſch iſt imſtande, ſich
ſelbſt zu fördern, daß er empfänglich wird für die dem Univerſum ent=
ſtrömenden
Wellen, die der Menſchheit in ihrer Geſamtheit ſtets unbe=
kannt
bleiben. Dieſe höchſten geiſtigen Führer werden das kommende
Leben zum neuen Lichtreigen auf höheren Völkerplan geleiten. Nach
königlichen Meiſtern dieſer Lichtregionen verlangt die nahende Völker=
zukunft
, denn ſchon der kultiſche Schulweg der Urzeit, geordnet und
geſtaffelt nach kosmiſchem Geſetz aller Lebensentfaltungen, war das
Vorbild des kulturellen Lehrweges der Völkerentwicklung durch die Zei=
ſter
Notſtunde angebrochen, der neue Offenbarungsmorgen dieſer Urz
tatſachen die Wegſpuren des großen Weltentages der nahenden Völkers
verjüngung erhellen.
is.
Guſtav Frenſſen, Briefe aus Amerika. (Oktav.
Geheftet Grundzahl 2. In Halbleinen gebunden Grundzahl 3,50.
tragsreiſe zum Beſten der Kinderhilfe durch die Vereinigten Staaten ge=
Briefe und Tagebuchblätter. Er ſelbſt ſchreibt darüber: Ich denke zu=
ration
in Amerika, die wird ſie nicht leſen. Sie iſt viel zu ſtolz dazu,
einen von jenem Volk. .. ach, dazu haben ſie keine Zeit, keine Neigung
verwickelt wird, daß ſich Illuſtrationszeichnungen für den Holz= Grieche im goldenen, ungerechten, Völker und Völkerehre, freſſenden
loſen Pfirſichen, die unter den Bäumen in Kalifornien achtlos ver=
Emil Rocco. Der Umgang in und mit der Geſellſchaft
auch die Schnittführung mit dem Meſſer übernahm. Die Trenn= Verlag (Hermann Hillger), Berlin W 9.). Daß von dieſem ſchon in
wurde, iſt nicht nur ein Zeichen ſeiner praktiſchen Brauchbarkeit, ſondern
ein Beweis, daß auch in unſerer Zeit ein ungemindertes Bedürfnis
nach dieſem Lebenskompaß weiterbeſteht. Der Verfaſſer hat mit küugem
Sinn eine Sichtung des Inhalts vorgenommen und dis Buch mod unen
Anforderungen angepaßt.

Veraytwortlich: Max Sireeſ=

[ ][  ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 23. Oktober 1923.

Nummer 293.

72)

Die Kinanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
Seine Stimme ging in einen ſchrillen Schrei über, bis der
lange Offizier, den er Ew. Hoheit tituliert hatte, ihn durch eine
einzige kleine Geſte ſeiner Hand verſtummen ließ eine Be=
wegung
des Zeigefingers um den Hals.
Marcovitz, ſagte er, ſchweigen Sie! Vergiſſen Sie nicht,
daß Sie an Bord eines kaiſerlich ruſſiſchen Panzerkreuzers ſind
und nicht in einer Pfandleiherbutike! Haben Sie recht, ſo wird
Ihnen Recht und haben Sie unrecht, dann tun Sie mir leid.
Der kleine Mann hielt ſofort inne, vor Angſt blinzelnd. Der
lange Offizier zog die Augenbrauen zuſammen und betrachtete
im Laufe einer Minute bald ihn, bald den Großherzog mit
einem Ausdruck tiefer Nachdenklichkeit. Dann wendete er ſich an
Don Ramon:
Hoheit, Sie müſſen entſchuldigen, daß ich noch nicht weiß,
was ich glauben ſoll. Ich kenne Sie nicht; ich kenne Marcovitz
nicht; ich bin folglich unparteiſch. Der einzige Grund, weshalb
ich Sie nicht ſchon um Entſchuldigung gebeten habe, weshalb ich
überhaupt Marcovitz Glauben ſchenkte, iſt die Art von Marco=
vitz
Geſchichte. Wie ich ſchon ſagte, ſie iſt ſo wunderlich, daß ...
Er weiß doch ganz genau, was er riskiert, wenn ſie nicht wahr
iſt ..."
Bevor noch der lange Offizier ſeinen Satz abgeſchloſſen hatte,
hörte er zu ſeinem Staunen jemanden ſagen:
Wenn Ew. Hoheit gleich ins Klare darüber kommen wollen,
was an dieſer Sache wahr, was nicht wahr iſt, kann ich Ew.
Hoheit ſofort behilflich ſein!
Er wandte raſch den Blick vom Großherzog ab und dem
Sprechenden zu, und ſah zu ſeinem Staunen, daß es der Freund
des Großherzogs, der ſogenannte Profeſſor war. Er betrachtete
ihn mit gerunzelter Stirne: der Profeſſor fuhr fort:
Nichts iſt tatſächlich einfacher, als zu entſcheiden, welcher
Brief der echte iſt. Die Briefſchreiberin iſt ja an Bord.
Die Briefſchreiberin an Bord! Was meinen Sie? brüllte
der lange Offizier.
Ich meine, daß die Dame, die mit Seiner Hoheit und wir
an Bord kam und eben der Obhut des Schiffsarztes anvertraut
wurde, dieſelbe iſt, die den vieldebattierten Brief geſchrieben
hat. Mit anderen Worten ..."

Mit anderen Worten?! Heraus mit der Sprache!
Mit anderen Worten, Großfürſtin Olga Nikolgjewna von
Rußland.
Wenn eine Bombe plötzlich in die Kajüte eingeſchlagen hätte,
in der die beiden Offiziere, Marcovitz, der Großherzog und Phi=
lipp
ſtanden, ſo hätte keine größere Beſtürzung entſtehen können
als nach Philipps Worten. Die beiden Offiziere richteten ſich
jäh auf und griffen nach ihren Säbeln, wie um Herrn Collin
für ſeine Kühnheit auf der Stelle niederzuſtoßen, während Mar=
covitz
ſtarr wie ein Toter daſtand, die Augen unverwandt auf
ihn geheftet. Endlich löſte ſich der Bann. Der lange Offizier
warf Philipp einen furchtbaren Blick zu und ſchrie ſeinem Kame=
raden
eine Order auf ruſſiſch zu. Dieſer verſchwand; und bei
einem Schweigen, das beredter war als viele Bände, beobachtete
der Lange jede Bewegung von Herrn Collin, wie um zu über=
wachen
, daß er nach ſeinen unverſchämten Worten nicht etwa
entkam. Es dauerte wohl zehn Minuten, während deren Philipp
es vermied, dem Blick des Großherzogs zu begegnen; dann hörte
man endlich langſame Schritte, und die Türe zur Kajüte wurde
geöffnet.
Achtes Kapitel,
in dem Herr Collin der feinſten Hochzeit ſeines
Lebens beiwohnt.
Die Kajütentüre wurde mit einem Ruck aufgeriſſen, und
jemand ſtürmte über die Schwelle herein, jemand, der ohne
einen Augenblick zu zögern, ohne ſich nach rechts oder links um=
zuſehen
, geradewegs auf den langen Offizier losſtürzte, die
Aume um ihn ſchlang, ihn küßte, und in Sturzwellen von lieb=
koſendem
Ruſſiſch auf ihn einzureden begann. Es war die an=
gebliche
Madame Pelotard, wunderbar nach ihrer Fiebererkran=
kung
wieder hergeſtellt; hinter ihr kam der unterſetzte Offizier,
der ausgeſchickt worden war, um ſie zu holen. Er ſchloß die
Türe und ſtellte ſich als ſtummer Betrachter der Szene daneben
auf.
Es iſt ſchwer zu ſagen, welches Geſicht in der kleinen Kajüte
für den Augenblick das größte Maß von Staunen, Mißtrauen
und Beſtürzung ausdrückte; eines iſt ſicher nicht das Herrn
Collins. Philipp ſtand noch in ſeiner früheren Stellung, mit
einem leichten Lächeln um ſeinen ſchwarzen Schnurrbart und
einem kleinen Funkeln im Augenwinkel. Es iſt nicht ausgeſchloſ=
ſen
, daß er in dieſem Augenblick in ſeinem Herzen frohlockte, daß
er ſich als ein neuer liſtiger Ulyſſes fühlte oder als der wahrhafte
Sendbote der Vorſehung auf den baleariſchen Inſeln. Dieſe und

er hatten alles dahingebracht, wo es ſich jetzt befand, zu der Au=
ſicht
auf eine gute und glückliche Löſung, befriebigend für al
Teile außer für Herrn Semjon Marcovitz!
Er ließ ſeine Blicke von dem einen der Anweſenden zum au
deren ſchweifen, und ſeine Befriedigung ſteigerte ſich. Da ſtan
Marcovitz, das fettgedunſene Geſicht bleich wie Kalk, ſeine Blie
irrten von der Großfürſtin zu den Papieren, die vor dem lange
Offizier auf dem Tiſche lagen, da ſtand der erwähnte lange Off
zier, die Augenbrauen hoch zum Haaranſatz empor gezogen, bal
an ſeinem Rieſenſchnurrbart zerrennd, bald ungelenk die angel
liche Madame Pelotard ſtreichelnd, und da ſtand ſchließlich Do
Ramon der Zwanzigſte, Großherzog von Minorca, eben erſt de
vor errettet, von ſeinem getreuen Volke gehängt zu werden un
nun von dem langen Offizier mit derſelben Prozedur bedroh
Seine Blicke verſchlangen den Mann, der ſich eben bereit erklä.
hatte, ſein Henker zu werden, und die Frau, die er in ſeine
Armen hielt, oder die, genauer geſagt, ihn in ihren Armen hiel
Die Miene des armen Großherzogs ſagte nur ein einziges Wor
unbegreiflich! Und ſchließlich konnte Philipp ſeine Lachluſt nic
länger bezähmen. Don Ramon, der ſein underdrücktes Kicher
hörte, warf ihm raſch einen empörten Blick zu; ohne ihn zu e=
widern
, beugte ſich Philipp zu ihm vor:
Iſt es möglich, daß Ew. Hoheit nicht wiſſen, wer der lang
Offizier iſt, der von meiner verfloſſenen Gattin ſo freundlich be
handelt wird.
Don Ramon ſchüttelte den Kopf, ohne daß der Ausdru
ſeiner Augen milder wurde.
In dieſem Falle will ich es Ew. Hoheit nicht länger ber
hehlen, daß alle eiferſüchtigen Blicke auf ihn ganz überflüffi
ſind. Sein Name iſt Michael Nikolgjewitſch, Großfürſt von Ruf
land, und die Dame, die ihn augenblicklich umarmt, iſt ſein
Schweſter!
Seine Schweſter! Ihr Bruderl Und das wiſſen Sie!
rief der Großherzog in einem und demſelben Atemzuge. Abe
bevor er noch eine einzige Frage ſtellen konnte, kam ihm ein don
nerndes ſtopp des langen Offiziers zuvor.
Keinen Meinungsaustauſch, bis dieſe Sache aufgeklärt iſt
ſchrie er. Es hat ſich gezeigt, daß dieſer Herr, auf Philip.
weiſend, die Wahrheit geſprochen hat. Wir werden ſeinen Fa.
ſpäter behandeln. Zuerſt haben wir den Fall des Großherzog
von Minorca ob er oder Herr Marcovitz gehängt werden ſoll,
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vormittags bis 41. Uhr nachmittags
ununterbrochen geöffnet ſind. Sprech=
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Das dritte, am 15. November 1923
fällige Ziel Kultusſteuer der iſraelitiſchen
Religionsgemeinde wird auf das
50 000 fache des angeforderten Betrags
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erhöht
Darmſtadt, den 22. Oktober 1923.
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fällige Ziel Kultusſteuer der iſraelitiſchen
Religionsgeſellſchaft wird auf das
10000 fache des angeforderten Betrags
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erhöht.
Darmſtadt, den 22. Oktober 1923.
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Die in unſerer letzten Bekanntmachung
angegebenen Strompreiſe werden nach
Verhandlungen mit dem Miniſterium des
Innern und den Kreisämtern, unter Be=
rückſichtigung
der allgemeinen wirtſchaft=
lichen
Lage und in Anbetracht der in=
zwiſchen
aufgehobenen Kohlenſteuer, mit
Wirkung vom 23. Oktober 1923 bis auf
weiteres feſtgeſetzt:
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