Darmstädter Tagblatt 1923


17. Oktober 1923

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wzeigenſchläüſſel 600 000.

Einzelnummer 25 Millionen Mark

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100000 Mk. Grundpreis, Schlüſſelzahl. 3000
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lungen
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 287
186. Jahrgang
Mittwoch, den 12. Oktober 1923

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Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streit
uſw., erliſcht jede Verpſlichtung auf Erfüllung der
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Bei Konkurs oder gerſchtlicher Beſtreibung fälſt
ſeder Rabatt weg. Bankonto: Deutſche Bank und
Darmſſädter 8 Nationalbank.

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Verordnung zur Sicherſtellung
der Brotverſorgung.
Berlin, 16. Okt. Die Reichsregierung hat auf Grund des
mächtigungsgeſetzes heute eine Verordnung zur Ergänzung
s Geſetzes über die Sicherung der Brotverſorgung im Wirt=
aftsjahre
1923=24 erlaſſen. Dieſe Verordnung iſt, wie wir er=
hren
, vor allem durch die verſpätete Ernte notwendig ge=
orden
. Die Verordnung ſieht eine Verſtärkung der von der
eichsgetreideſtelle zu erwerbenden Brotgetreidemenge von 1 auf
9 Millionen Tonnen vor. Alle Bedarfskommunalverbände
nnen beantragen, daß an Mühlen, die ſie beſtimmen, von der
eichsgetreideſtelle zum Tagespreis bis zu Dreiviertel der bis=
rigen
Ration geliefert wird. Im Sinne dieſer Beſtimmung
gleichzeitig Vorſorge darin getroffen worden, daß an alle
ommunalverbände, bei denen Schwierigkeiten beim Uebergang
die freie Wirtſchaft zu befürchten waren, ausreichende Mengen
rotgetreide durch die Reichsgetreideſtelle geliefert werden. Von
n Mühlen ſoll das Getreide auf normalem Wege über den
äcker in den Konſum gelangen.
An den zuſtändigen Stellen nimmt man an, daß auf dieſe
ſeiſe die Brotverſorgung ſich ohne Uebergangsſchwierigkeiten
wickeln wird.
Für die beſetzten Gebiete iſt darüber hinaus die Fortfüh=
ng
der Markenbrotverſorgung ermöglicht worden.

Berlin, 16. Okt. Die bereits inhaltlich bekannt gegebene
erordnung über die Errichtung der Deutſchen Rentenbank wird
imehr im Wortlaut veröffentlicht.
Nach § 2 der Verordnung betragen Kapital und
rundrücklage der Rentenbank 3200. Millionen
entenmark. Der Betrag wird zu gleichen Teilen von der Land=
rtſchaft
nach § 6 einerſeits und von der Induſtrie, Handel
d Gewerbe einſchließlich der Banken andererſeits aufgebracht.
oweit der Grundbeſitz weder nach § 6 noch 9 herangezogen
ird, iſt er nach Maßgabe der Aufhebung der Zwangswirtſchaft
m Zwecke der Verſtärkung der Mittel der Rentenbank heran=
ziehen
.
Nach § 3 werden die Satzungen der Rentenbank,
e der Genehmigung der Reichsregierung bedarf, von den Grün=
rn
feſtgeſtellt. Iſt ſie bis zum 1. November 1923 nicht zuſtande
komnen, ſo werden ſie von der Reichsregierung erlaſſen.
Nach § 4 haben die Gründer der Bank der Reichs=
gierung
drei Perſonen für das Amt des Präſidenten
orzuſchlagen. Werden ſämtliche Vorſchläge abgelehnt,
ernennt die Reichsregierung den Präſidenten mit Zuſtimmung
s Reichsrats.
Nach §5 iſt die Rentenbank von den Steuern des
eiches, der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände), vom
ermögen und Einkommen ſowie vom Grundvermögen und
ewerbebetrieb befreit.
Nach § 6 Abſatz 1 erwirbt die Rentenbank an den Grund=
icken
, die dauernden landwirtſchaftlichen oder gärtneriſchen
wecken dienen, eine auf Goldmark lautende Grundſchuld
Höhe von 4 Prozent des Wehrbeitragswertes.
ach Abſatz 4 desſelben Paragraphen iſt Kapital und Grund=
fuld
mit 6 Prozent jährlich zu verzinſen. Der Abſatz 5
ſtimmt die Unkündbarkeit des Kapitals. Nach Ab=
66 ſind Zinſen und Kapital nach dem Goldwert
ir Zeit der Zahlung nach näheren Beſtimmungen der Durch=
hrungsbeſtimmungen
in Rentenmark zu zahlen.
Nach § 7 findet wegen der Anſprüche auf eine
rundſchuld auf einen Antrag der Rentenbank ſofortige
wangsvollſtreckung ſtatt.
Nach § 8 haften, ſoweit das mit einer Grundſchuld be=
ſtete
Grundſtück verpachtet iſt, für die an die Rentenbank zu
iſtenden Zinſen Eigentümer und Pächter. Der
gentümer iſt zur Zahlung von eiwem Viertel, der Pächter zur
ahlung von drei Vierteln der Zinſen verpflichtet.
Nach 8 9 werden bei Inkrafttreten dieſer Verordnung die
ſtehenden induſtriellen und Gewerbe= und Han=
elsbetriebe
einſchließlich der Banken in ihrer Geſamt=
IIt zugunſten der Rentenbank mit demſelben Betrag belaſtet
le die Geſamtheit der bezeichneten Grundſtücke. Wenn zu dem
etriebsvermögen Grundſtücke gehören, erwirbt die Rentenbank
I dieſen in Höhe von 4 Prozent des Wehrbeitragswertes, aber
ſcht über den Umlagebetrag hinaus eine auf Goldmark lautende
rundſchuld. Soweit die auf den einzelnen Unternehmer fallende
aſt nicht durch Grundſchuld gedeckt iſt, iſt der Rentenbank eine
Goldmark lautende Schuldverſchreibung des Unternehmers
uSzugeben. Die Grundſchuld wie der Anſpruch auf die Schuld=
erſchreibung
gehen, ſoweit nicht mit dem Staat getroffene Ver=
übgrungen
entgegenſtehen, allen anderen Verpflichtungen bezw.
aſten im Range vor. Wird das Unternehmen ganz oder zum
eil beräußert, ſo haften für die Schuldverſchreibung neben dem
veraußerer der Erwerbsunternehmer. Neue Betriebe ſind in
ihprechender Weiſe zum Zwecke der Verſtärkung der Mittel der
ſentenbank heranzuziehen.
Nach § 11 ſind an dem Kapital der Rentenbank die
*igentümer der belaſteten Grundſtücke und
internehmer der belaſteten Betriebe im Verhält=
Is zu dem von ihnen eingebrachten Grundſchulden, Schuldver=
Reibungen, Goldbeträgen und Zahlungsmitteln, in auslän=
ſcher
Währung beteiligt. Anteilſcheine werden nicht aus=
efertigt
. Die Anteile ſind nur mit Genehmigung der Renten=
Ank übertragbar. Die Vertretung der Anteilrechte wird in der
Satzung der Bank geregelt.
Nach § 12 ſtellt die Rentenbank auf Grund der Grund=
Haden und der ihr zu übergebenden Schuldverſchreibungen
Intenbriefe aus. Die Rentenbriefe lauten auf 500 Gold=

Vom Tage.
Dr. Streſemann wird wegen politiſcher Verhinderung erſt
nach den am kommenden Sonntag ſtattfindenden öſterreichiſchen Natio=
nalratswahlen
mit dem Bundeskanzler Dr. Seipel zuſammentreffen.
Wie Hadas berichtet, wird Poincaré heute mittag den deutſchen
Geſchäftsträger von Hoeſch empfangen.
Der Verein deutſcher Zeitungsverleger ſetzte die Schlüſſelzahl
für den November=Poſtbezugspreis auf 3300 feſt.
Der Erzbiſchof von Bamberg und die Biſchöfe von Speher und
Paſſau haben eine Romreiſe angetreten, der in bayeriſchen Kreiſen poli=
tiſche
Bedeutung beigemeſſen wird.
Poincaré wird am 26. Oktober in Sampigny und am 1. Nov.
in Nevers Kriegerdenkmalsenthüllungen beiwohnen. Man glaubt, daß
er bei dieſer Gelegenheit politiſche Anſprachen halten wird.
Seit einigen Tagen machen ſich in der Umgebung von Dublin
wieder Anzeichen von Unruhen bemerkbar. 20 Perſonen wurden
bisher getötet. Das Haus eines alten Diplomaten wurde geſtern in der
Dämmerung von vier bewaffneten Männern angegriffen und beſchoſſen.
Später zogen ſieh die Angreifer zurück.
Die italieniſche Regierung wird ſich mit dem Ausſchluß von den
Verhandlungen über die Tanger=Konferenz nicht ohne weiteres zufrie=
den
geben.
Die Journée induſtrielle veröffentlicht ein Telegramm aus Neu=
York, daß man dort demnächſt die Ankunft von Hugo Stinnes
erwarte, der über Petroleums=Konzeſſionen in Texas ver=
handeln
wolle.

Dollarkurs

Berlin . . 4 080750 000
Frankfurt 4 389000000

mark oder ein Vielfaches davon. Sie ſind mit 5 Prozent ver=
zinslich
und können nach Ablauf von 5 Jahren von der Renten=
bank
zur Rückzahlung im Ganzen oder in Serien aufgekündigt
werden.
Nach § 13 dienen die Rentenbriefe als Deckung
für die von der Rentenbank auszugebenden Rentenſcheine.
Die Werteinheit dieſer iſt eine in Hundert Rentenpfennia ein=
geteilte
Rentenmark.
Nach § 14 ſind die Rentenbankſcheine an allen
öffentlichen Kaſſen als Zahlungsmittel anzu=
nehmen
. Die näheren Beſtimmungen erläßt der Reichsfinanz=
miniſter
.
Nach § 15 iſt die Rentenbank verpflichtet, die von
ihr ausgegebenen Rentenbankſcheine jederzeit auf
Verlangen derart gegen ihre Rentenbriefe einzulöſen, daß auf
500 Rentenmark ein Rentenbrief über 500 Goldmark mit Zinſen=
lauf
vom nächſten Fälligkeitstermin ab gewährt wird.
Nach Par. 16 darf die Bank bankmäßige Geſchäfte
nur mit der Reichsbank und den Privatnoten=
banken
machen. Sie iſt verpflichtet, der Reichsbank ein mit
6 Prozent verzinsliches Darlehen in Höhe von 1,2 Milliarden
zur Verfügung zu ſtellen. Ein Darlehen in derſelben Höhe kann
ſie auch an die Privatwirtſchaft geben. In Anrechnung auf die
1,2 Milliarden hat die Bank ſofort ein zinsloſes Darlehen von
300 Millionen Mark der Reichsbank zur Ablöſung der ſchweben=
den
Schuld zu geben.
Nach Par. 18 geht der Reingewinn zu 40 Prozent
an ein Tilgungskonto. Sobald das Darlehen von 300
Millionen gedeckt iſt, wird dieſer Prozentſatz auf 30 zurückgeſetzt.
Der Reſt wird benutzt, um den Anteilzeichnern eine Verzinſung
von 6 Prozent zu gewähren. Falls noch ein Ueberſchuß bleibt,
geht er wieder an das Tilgungskonto.
Par. 19. Die Reichsbank darf nach Erlaß dieſes Geſetzes
Schatzanweiſungen des Reiches nicht mehr dis=
kontieren
. Nur diejenigen Schatzanweiſungen dürfen dis=
kontiert
werden, die durch den Betrag von 300 Millionen Reichs=
mark
nicht gedeckt ſind. Eine Vermehrung des Papiergeldes iſt
alſo künftig ausgeſchloſſen. Der Plan einer Devalvaſierung
der Papiermark iſt auf Vorſtellung aus Bankkreiſen aufgegeben.
Die Wertbemeſſung der Papiermark ſoll dem Freiverkehr über=
laſſen
bleiben, dagegen hat ſich das Reich das Recht vorbehalten,
bei gegebener Zeit zu denominieren, um aus der Nullenwirtſchaft
heraus zu kommen.
Um auszudrücken, daß es ſich um eine Zwiſchenlöſung han=
delt
, ſieht der Schlußparagraph vor, daß das Recht zur Noten=
ausgabe
der Bank ohne Geſetzesentſcheidung genommen werden
kann. Die Auseinanderſetzung darüber bleibt einem beſonderen
Geſetz vorbehalten.
Die Leitung der Rentenbank
TU. Berlin, 16. Okt. Der Verwaltungsrat der neuen
Bank, der aus 14 Mitgliedern beſteht, ſetzt ſich folgendermaßen
zuſammen: Landwirtſchaft: Röſicke, Dietrich, Heim,
Crone, Hilger, Gennes, Brandes. Induſtrie: Sorge, Stin=
nes
, Bücher. Großbanken: Urbig, Waſſermann. Groß=
und Kleinhandel: Keinath, Grünfeld. Außer dieſem Ver=
waltungsrat
ſoll ein Aufſichtsrat aus 36 Mitgliedern
eingeſetzt werden.
Induſtrie und Landwirtſchaft über das neue Geld.
TU. Berlin, 16. Okt. Wie man aus landwirtſchaftlichen
Kreiſen hört, iſt man dort der Ueberzeugung, daß die neue Ren=
tenbank
die größte Sicherheit bietet, die überhaupt möglich iſt.
Auch in Induſtrie= und Handelskreiſen iſt man der Meinung,
daß, ſoweit die Deckungsfrage in Betracht kommt, die Ausgabe
der Rentenmark die beſte Zwiſchenlöſung des Währungs=
problems
darſtellt.

Die Neumark.
Mit einem Stoßſeufzer der Erleichterung wird die ganze
deutſche Oeffentlichkeit es begrüßen, daß die Reichsregierung nun
endlich den Mut zu dem Entſchluß gefunden hat und nun aus
dem Stadium der Erwägungen herausgekommen iſt, indem ſie
mit Hilfe des Ermächtigungsgeſetzes die neue Rentenmark ein=
geführt
hat. Doch ſind wir noch nicht ſo weit, daß mit dieſem
Beſchluß ſchon alles im Reinen wäre. Aber die Zeit der
Spannung iſt doch abzuſehen. Noch wenige Wochen, dann wer=
den
die techniſchen Vorarbeiten vollendet ſein. Die Organiſation
der Bank wird beſtehen und die neuen Scheine werden gedruckt
ſein. Wir haben jedenfalls die Hoffnung, daß wir aus dem
Milliardehrauſch der Papiermark, der wie ein Opiat auf das
Nervenſyſtem wirkt, endlich herauskommen, und wir werden
wieder mit vernünftigen Zahlen rechnen können.
Gewiß, die Rentenmark bleibt ein Experiment. Es läßt
ſich finanztheoretiſch dagegen einwenden, daß die meiſten Ver=
ſuche
, die bisher gemacht wurden, eine Währung anders als auf
Gold aufzubauen, geſcheitert ſind, daß ähnliche Experimente der
Franzoſen nach der Revolution erſt mit den Aſſignaten, dann
mit den Mandates Territaux mißlangen, daß alſo auch diesmal
berechtigte Skepſis am Platze erſcheint. Aber ſchließlich, die Lage
iſt ſo geſpannt, daß irgend etvas geſchehen mußte, und es gibt
Augenblicke, wo ſelbſt ein falſches Tun beſſer iſt als ein Unter=
laſſen
. Die Reichsvegierung hat dieſen pſychologiſchen Zwang
anerkannt, und das Ergebnis, das ſie jetzt im Entwurf der
Rentenbank vorlegt, iſt, das wird man ihr beſtätigen müſſen,
in ſeinem Aufbau ſo, daß alle Fehler, die nun einmal einer
ſolchen raſchen Währung anhaften, auf das denkbar geringſte
Maß zurückgedrängt ſind. Wenn man von dem ganzen Drum
und Dran abſieht und nur den letzten Gedanken herausſchält,
dann ergibt ſich folgendes Bild: Es wird eine Rentenbank
gegründet, deren Kapital aus einer Vorbelaſtung der geſamten
Wirtſchaft heraus entſteht. Die Landwirtſchaft muß 1,6 Mil=
liarden
hergeben. Das ſind 4 Prozent des Wehrbeitrages aus
dem Jahre 1913, ebenſoviel die Betriebe von Induſtrie, Handel
und Banken, die mit Goldobligationen belaſtet werden. Die
Unterverteilung auf die nicht landwirtſchaftlichen Betriebe er=
folgt
durch die Finanzämter. Auf Grund dieſes Kapitals gibt
die Bank Rentenbriefe aus, die ſie mit 5 Prozent verzinſt, wäh=
rend
ſie ſelbſt von ihrem Kapitalſchuldner in den verſchiedenen
Zweigen der Wirtſchaft 6 Prozent erhält. Die Rentenbriefe
ſollen die eigentliche Deckung des auszugebenden Rentenmark=
ſcheines
ſein. Die Höhe der umlaufenden Rentenmark darf alſo
in keinem Fall über die tägliche Sicherung durch die Rentenbriefe
hinausgehen. Abſtrakt geſehen, iſt alſo mehr als volle Deckung
für das neue Geld vorhanden, auch wenn man die Verarmung
Deutſchlands noch ſo peſſimiſtiſch beurteilt. Allein in den land=
wirtſchaftlichen
Betrieben ſteckt an realen Werten mehr als das
Fünfzigfache deſſen, was die Rentenbank als Grundſchuld be=
kommt
. Aber das Schlimmſte iſt nur, daß dieſe Deckung abſtrakt
iſt und daß deshalb ein Gegengewicht geſchaffen werden muß,
das die Abneigung gegen eine ſolche abſtrakte Deckung niederhält.
Das kann nur, auch das iſt richtig geſehen, durch das allgemeine
Vertrauen, mit dem die Bevölkerung die neue Währung auf=
nimmt
, geſchaffen werden. Man darf nicht ſagen, daß das etwas
viel verlangt ſei nach den Erfahrungen, die wir mit der Papier=
mark
gemacht haben. Im Gegenteil, um aus dem Elend der
Papiermark herauszukommen, müſſen wir dieſen Sprung mit=
machen
. Man ſollte doch eigentlich ſagen, daß die geſamte
deutſche Wirtſchaft im eigenen Volk noch Kredit genug bean=
ſpruchen
kann, um ein ſo kleines Kapital von 3,2 Goldmilliarden
nicht nur als ideell vollgedeckt anzuſehen. Hier werden ſich
allerdings in der Uebergangszeit die erſten Schwierig=
keiten
zeigen. Deshalb war es ein kluger Gedanke, daß in den
Aufſichtsrat der Bank die Führer der Wirtſchaft entſandt wur=
den
, deren Namen nun gewiſſermaßen als moraliſche Bürgſchaft
auf jedem Markſchein fdeht. Wir verſprechen uns davon den
Erfolg, daß die Landwirtſchaft mit ihren Führern geht und das
neue Geld nehmen wird. Dann iſt die Schlacht ſchon halb ge=
wonnen
und je mehr ſich neues Geld einbürgert, deſto eher wird
auch der Augenblick kommen, wo wir die Papiermark einſtampfen
können, zum mindeſten in der Form der Denomination, die
jedem dieſer Fetzen 5 oder 6 Nullen nimmt und ihn damit in
das Gebiet der Scheidemünze zurückführt, in das er hinein=
gehört
.
Für dieſe Uebergangszeit wird uns die Goldanleihe, die in
kleinen Stücken herausgegeben wird und als Deviſenerſatz gelten
ſoll, hoffentlich ſchon eine Entlaſtung bringen, ſo daß dadurch
einem weiteren Entwerten der Pap ermark entgegengearbeitet
wird. Trotz aller Unkenrufe der Finanztheoretiker könnte das
Experiment mit der Rentenmark gelingen, um ſo mehr, als von
vornherein kein Zweifel beſteht, daß es ſich nur um eine
Zwiſchenlöſung handelt, die durch eine reine Goldwährung ab=
gelöſt
werden ſoll, ſobald die erforderlichen Vorbedingungen
und andere Vorausſetzungen geſchaffen ſind und es gelingt, daß
die Bevölkerung zu dieſem Gelde Vertrauen gewinnt. Aber
ebenſo wichtig iſt es auch, daß von Seiten der Regierung alles
geſchieht, um die Währung zu ſtützen, und dazu iſt vor allem er=
forderlich
, daß man einen Ueberblick bekommt, wie die Balan=
zierung
des Haushaltsplanes gedacht iſt. Wir wiſſen bisher
nur, daß die Einnahmen gegenüber den Ausgaben eine recht
geringe Rolle ſpielen. Das wird ſich auch nicht ſo raſch ändern,
wenn die Einnahmen auf Gold geſtellt ſind. Die Hauptſache
aber bleibt, daß die Ausgaben verringert werden. Hier muß
der Finanzminiſter mit rückſichtsloſer Energie einſetzen, wenn
er die Währung halten will. Gleichzeitig muß aber alles ver=
mieden
werden, was irgendwie inflationiſtiſch wirken könnte.
Daß dem Reiche einmal eine größere Summe vorgeſtreckt wird,
bis das Loch im Haushalt gedeckt wird, iſt ſelbſtverſtändlich.
Zweifelhaft aber bleibt es, daß die Banken der Wirtſchaft einen
größeren Kredit zur Verfügung ſtellen, was an ſich nach der
Seite der Inflation hinwirken könnte. Aber hier wird man ſich
alles weitere vorbehalten müſſen, bis der organiſatoriſche und
geldliche Aufbauplan der Bank vorliegt.

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Seite 2.

Darmſtädter Dagblatt, Mittwoch, den 12. Oktober 1923.

Rummer 28

Der Finanzmittiſter über die
Währungsreform.
* Berlin, 17. Okt. (Priv.=Tel.) Vor einem Kreis von
Preſſevertretern machte geſtern nachmittag der Reichsfinanz
miniſter Dr. Luther eingehende Mitteilungen über das gefamte
Gebiet der nunmehr in die Wege geleiteten Währungsreform,
vor allem über die Rentenbank. Aus den Ausführungen des
Reichsfinanzminiſters, iſt einiges von allgemeinem Intereſſe.
Wichtig iſt die Feſtſtellung, daß alle prinzipiellen und wirtſchafts=
politiſchen
Gegenfätze, die bisher bei der Behandlung des Wäh=
rungsproblems
zutage traten, nunmehr als ausgeglichen gelten
können. Der verſchiedenen wirtſchaftlichen Intereſſentengruppen
haben alle Sonderwünſche zurückgeſtellt, um eine Einigung auf
der ganzen Linie zu erzielen und eine Löſung herbeizuführen,
die in ſich die größtmögliche Vorausſetzung hat, um eine halt=
bare
Währung zu ſchaffen. Die Rentenmark wird getragen von
den geſamten Wirtſchaftskräften Deutſchlands. Obwohl die
deutſche Volkswirtſchaft beſonders durch die Kämpfe an der
Ruhr ſtark geſchwächt iſt, bilden doch die noch geſunden Kräfte
der Privatwirtſchaft eine hinreichende Garantie, um der Renten=
mark
das erforderliche Vertrauen des In= und Auslandes zu
ſichern. Die Vertreter der Wirtſchaft haben ſich damit einver=
ſtanden
erklärt, die ſachlichen Sicherungen und Unterlagen für
die Ausgabe der Zwiſchenwährung aufzubringen.
Die ſächſiſche Polizei dem Reichswehr=
Kommando unterſtellt.
* Dresden, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Der Militärbefehls=
haber
in Sachſen hat heute die geſamte ſächſiſche Polizei, die
Landespolizei und die Landgendarmerie, ſeinem unmittelbaren
Befehl unterſtellt. In der Begründung dieſer Verfügung wird
darauf hingewieſen, daß der erſte Kongreß der rote Hundert=
ſchaften
trotz des Verbotes ſtattgefunden hat und daß von ihnen
aufreizende Flugblätter verteilt worden ſind. Aus dieſen ſowie
aus der Rede des Kommuniſten Böttcher in Leipzig gehe her=
vor
, daß die Verordnung über das Verbot der roten Hundert=
ſchaften
und des Aktionsausſchuſſes auf ſtärkſten Widerſtand
ſtoße, der unter Umſtänden nur durch Einſetzen von Truppen
gebrochen werden könne. Zunächſt beabſichtigt der Militär=
befehlshaber
, die Landespolizei hierzu zu verwenden. Um aber
eine Zuſammenarbeit der Polizei mit den Militärbehörden zu
gewährleiſten, hat der Befehlshaber alle polizeilichen Behörden
kraft der ihm zum Schutze der Republik vom Reichspräſidenten
übertragenen vollziehenden Gewalt ſeinem unmittelbaren Befehl
unterſtellt. Gegen jeden Polizeibeamten, der dieſer Verordnung
zuwiderhandelt, wird die Amtsentlaſſung verhängt werden. Er
hält es für ſelbſtverſtändlich, daß alle Polizeibeamten ihre Pflicht
erfüllen werden.
* Dresden, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Wie der kommu=
niſtiſche
Abg. Siewert heute im Landtage mitteilte, hat der
Militärbefehlshaber für Sachſen verfügt, daß mit dem heutigen
Tage die ſächſiſche Landespolizei dem Oberkommando des
Militärbefehlshabers unterſtellt ſei. Er bezeichnete das als die
förmliche Abſetzung der ſächſiſchen Regierung. Als Abwehr da=
gegen
forderte er die Bewaffnung der Hundertſchaften und die
ſofortige Proklamierung des Generalſtreiks. Unter großem
Lärm des Hauſes ſtrafte er die Regierungserklärung des
Miniſterpräſidenten Dr. Zeigner vom 12. Oktober Lügen, indem
er feſtſtellte, daß die kommuniſtiſchen Miniſter den Eid auf die
Verfaſſung geleiſtet hätten.
Eine Entſchließung der Spitzenorganiſationen.
* Köln, 6. Okt. (Priv.=Tel.) In Köln fand dieſer Tage
eine Beſprechung der Vertreier des Allgemeinen Deutſchen Ge=
werkſchäftsbundes
, der Afa und des Allgemeinen Deutſchen Be=
amtenbundes
und der ſozialiſtiſchen Parteien ſtatt, in der
teien und
man ſich mit dem gemeinſchaftlicfen Vor=
der
geiverkſchaſtlichen Arbeiterorganiſationen befaßte. Es wurde
auf dieſer Konferenz ein Beſchluß gefaßt, der dieſes gemeinſchaft=
liche
Vorgehen ſicherſtellen ſoll und in dem erklärt wird, daß die
politiſchen Parteien anerkennen, daß die freien Gewerkſchaften
die alleinige Vertretung der wirtſchaftlichen Intereſſen der
Arbeitnehmerſchaft darſtellen. Sie verpflichten ſich, jeder Ein=
miſchung
in die Lohn= und Gehaltspolitik der Gewerkſchaften zu
entſagen, ſoweit nicht geſetzliche Maßnahmen erforderlich ſind.
Weiter wurde zugeſtimmt, daß die Verſammlungen der Gewerk=
ſchaften
richt zu parteipolitiſcher Propaganda benutzt werden
dürfen und ebenſo kein parteipolitiſcher Mißbrauch des Betriebs=
räteweſens
eintreten darf. Zum Schutze der Republik, zur Er=
haltung
der Reichseinheit und gegen die Verſchlechterung der
Verfaſſung verpflichtet ſich jede der Vertragsparteien, das
äußerſte einzuſetzen. Vorausſetzung für eine ſolche gedeihliche
Vorausſetzung ſei, daß die parteipolitiſhen Auseinanderſetzun=
gen
in der Preſſe und in Verſammlungen von jeder perſönlichen
und ſachlichen Gehäſſigkeit freigehalten werde.

Eine Verordnung über Betriebsſtiliegungen,
Arbeitsverkürzungen und Entlaſſungen.
Berlin, 16. Okt. (Wolff.) Der Reichsanzeiger veröffent=
licht
eine Verordnung über Betriebsſtillegungen und Arbeitsſtrek=
kung
, wodurch auf Grund des Ermächtigungsgeſetzes die Ver=
ordnung
vom 8. November 1920, betreffend Maßnahmen gezen=
über
Betriebsabbrüchen und =ſtillegungen, abgeändert wird. La tt
Artikel 1 der neuen Verordnung treten zu dem § 2 der Verord=
nung
vom 8. November 1920 folgende. Abſätze 2 bis 5:
Abſatz 2: Entlaſſungen, die über die Grenze des § 1 Abſ. 1
Ziff. 2 hinausgehen, ſind innerhalb der Friſten des § 1 Abſ. 2
nur mit Genehmigung der Demobilmachungsbehörde wirkſam.
Iſt der Arbeitgeber nicht in der Lage, die Arbeitnehmer wäh=
rend
der bezeichneten Friſt voll zu beſchäftigen, ſo kann die Demo=
bilmachungsbehörde
für die Dauer der Friſten Verkürzung der
Arbeitszeit (Streckung der Arbeit) anordnen. Dabei darf jedoch
die Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers nicht unter 24 Stun=
den
herabgeſetzt werden.
Abfatz 3: Der Arbeitgeber iſt im Falle der Arbeitsſtreckung
berechtigt, den Lohn und Gehalt der mit verkürzter Arbeitszeit
beſchäftigten Arbeitnehmer entſprechend zu kürzen, jedoch erſt
von dem Zeitpunkt an, wo ein Arbeitsverhältnis nach den all=
gemeinen
oder vertraglichen Beſtimmungen enden würde.
Abſatz 4: Das Recht zur friſtloſen Kündigung aus dem
Grunde, der nach dem Geſetz zur Kündigung des Arbeitsverhält=
niſſes
ohne Einhaltung einer Kündigung berechtigt, bleibt un=
berührt
.
Abſatz 5: Entlaſſungen, die bei Einhaltung der Anzeigepflicht
unwirkſam werden, ſind auch unwirkſam, wenn der Anzeigepflicht
nicht genügt iſt. Nach Artikel 2 werden die §§ 1215 der Ver=
ordnung
über die Stillegung, Entlaſſung der Arbeiter und An=
geſtellten
während der Zeit der wirtſchaftlichen Temobilmachung
vom 12. Februar 1920 aufgehoben. Mit den Aenderungen, die
ſich aus den Artikeln 12 ergeben, gelten die Verordnungen vom
12. Februar und vom 8. November 1920 über den 31. Oktober
1923 hinaus. Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage der Ver=
kündigung
in Kraft. Gleichzeitig ti en die landesrechtlichen
Vorſchriften über Betriebsſtillegungen, Arbeitsſtreckung und über
die Erhaltung der Arbeitnehmer in den Betrieben außer Kraft.
Außerdem veröffentlicht der Reichsanzeiger eine Verordnung
über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbsloſenfürſorge
und eine zweite Verordnung über die Börſenumſatzſteuermarken,
ſowie eine Bekanntmachung über den Londoner Geldpreis gemäß
dem § 2 der Verordnung zur Ausführung des Geſetzes über
wertbeſtändige Hypotheken vom 29. Juni 1923.
Das neue thüringiſche Kabinett.
* Weimar, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Die Verhandlungen
zwiſchen der VSPD. und der KPD. zum Zwecke der Bildung
einer Regierung ſind nunmehr ſoweit gediehen, daß das Kabi=
nett
zuſammengeſtellt werden konnte. Es ſcheidet aus der Juſtiz=
miniſter
Dr. Rittweger. Das Wirtſchaftsminiſterium erhält der
der Konmuniſt Tenner. Miniſter des Innern bleibt Hermann
(VSPD.). Finanzminiſter bleibt Hartmann (VSPD.). Das
Volksbildungsminiſterium behält Greil (VSPD.). Juſtizminiſter
wird Dr. Forſch (KPD.). Miniſter Frölich übernimmt das
Miniſterium des Aeußern, das neu geſchaffen wird. Von den
drei Staatsräten wird einen Poſten die KPD. übernehmen,
Um 5 Uhr wird ſich das Miniſterium dem Landtag vorſtellen.
Der neue Juſtizminiſter, der Profeſſor der juriſtiſchen Fakultät
der Univerſivät Jena iſt, hatte bisher kein Landtagsmandat inne.
Der Wirtſchaftsminiſter Tenner, Volksſchullehrer von Beruf, ge=
hörte
bereits dem Landtage an.
v. Kahrs Kampf gegen die Kommuniſten.
München, 16. Okt. (Wolff.) Nach einer Meldung der
amtlichen Korreſpondenz Hofmann wird durch eine Verordnung
des Generalſtaatskomiſſars allen Schülern der öffentlichen und
privaten Schulen die Teilnahme an kommuniſtiſchen Vereinigun=
gen
und Veranſtaltungen verboten. Die beſtehenden kommuni=
ſtiſchen
Jugendvereinigungen werden aufgelöſt. Zuwiderhand=
lungen
werden mit Gefängnis geahndet. Es kann auch auf
Geldſtrafen in unbeſchränkter Höhe erkannt werden. Die gleichen
Strafen gelten für die Eltern, Pflegeeltern, Vormünder und
Dienſt= oder Lehrherren.
Verbot der proletariſchen Hundertſchaften in Thüringen.
U. Weimar, 16. Okt. Durch eine Verfügung des Mili=
tärbefehlshabers
im Wehrkreis V wurde für Thüringgen die
Bildung von Verbänden in Form von Hundert=
ſchaften
und dergleichen, die wirtſchaftliche und innerpolitiſche
Ziele erzwingen wollen, verboten, desgleichen die Aufforde=
tung
zur Bildung ſolcher Verbände. Bereits beſtehende Ver=
hände
werden aufgelöſt.
Perbot des kommuniſtiſchen Betriebsrätekongreſſes.
* Leipzig, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Die Kommuniſten hat=
ten
für den 18. Oktober einen Betriebsrätekongreß nach Leipzig
einberufen. Daran ſollten die Betriebsräte aus Sachſen und
Thüringen teilnehmen. Der Befehlshaber des Wehrkreiſes 4
hat den Kongreß verboten.

Wer wird die Reparations
fohlen zahlen?
Die DüſſeldorferBeſprechungen follen fortgeſetztwer
EU. Paris, 16. Okt. An unterrichteter Stelle wirt
ſtätigt, daß der deutſche Geſchäftsträger in 9
einen neuen Schritt bei der franzöſiſchen Re
rung unternehmen wird. Es iſt bis zur Stunde j
noch nicht beſtimmt, wann der Schritt unternommen we
kann, da Poincaré, der morgen früh erſt von ſeinem lothr
ſchen Landgut nach Paris zurückkehrt, am Dienstag und
ſoch durch den Beſuch des tſchechiſchen Staatspräſidenten M
ryk ſtark in Anſpruch genommen ſein dürfte.
Der Schritt wird in der Unterbreitung gewiſſer Anreg
gen zur Reparationsfrage beſtehen. Mehr iſt dar
bis jetzt nicht zu erfahren. In amtlichen Kreiſen ſcheint
überhaupt zu bedauern, daß der bevorſtehende Schritt, auf
in einer heute früh erſchienenen Berliner Meldung des
Journal hingewieſen wurde, von der Preſſe im voraus ange
digt werden konnte und auch in London ſchon beſprochen we
iſt. Man fragt ſich hier, warum der Schrit
Berlin ſo wenig geheimgehalten wurde.
Am Quaid’Orfay iſt heute abend jede Aeußer
über den bevorſtehenden deutſchen Schritt abgelehnt wor
Zu den Berliner Meldungen, nach denen die von Stinnes
führten Ruhrinduſtriellen ihre Beſprechungen mit General
goutte nicht wieder aufnehmen wollen, wird im hieſigen 2
ſterium des Aeußeren bemerkt, auf franzöſiſcher Seite ſei
einem Abbruch dieſer Unterhandlungen nichts bekannt.
betrachte die Düſſeldorfer Beſprechungen als ſu
diert und nehme an, daß ſie fortgeſetzt werden. Fran=
ſtrebe
Vereinbarungen mit den Ruhrinduſtriellen an, wie ſie
dem Konzern Otto Wolff bereits abgeſchloſſen wurden.
dieſen Vereinbarungen werde es Sache der deutſe
Induſtriellen ſein, ſich mit der Reichsre=
rung
darüber zu verſtändigen, wann und
welcher Form dieſe die Reparationskohlen
Frankreich und Belgien koſtenlos zu liefern ſind, vergü
tverde.
Vor der neuen deutſchen Demarche.
* Paris, 17. Okt. (Prid.=Tel.) Nur noch wenige
den trennen uns von der neuen deutſchen Demarche in 7
die heute erfolgen ſoll. Die nachgeſucht Unterredung des
ſchen Geſchäftsträgers mit Herrn Poincars wird heute n
12 Uhr ſtattfinden. Der deutſche Geſchäftsträger wird dem
zöſiſchen Miniſterpräſidenten in Erledigung des ihm ert
Auftrages von dem der deutſchen Botſchaft durch die R
regierung zugegangenen Schreiben Kenntnis geben. Es ha
ſich um ein ziemlich umfangreiches Dokument von etwa
Schreibmaſchinenſeiten, das die diplomatiſche Baſis für w
Verhandlungen ohne vorherige präziſe Einzelvorſchläge ſch
möchte. Die deutſche Regierung verſucht, ihren guten T
darzutun, um zu zeigen, daß ſie bereit iſt, zu tun, was in
Kräften ſteht, um baldmöglichſt zu neuen Verhandlunge
kommen. In dem Schreiben der Reichsregierung ſpielt, wi
zu wiſſen glauben, die deutſche Finanzreform eine große
Es ſteht aber ſchon jetzt als ziemlich ſicher feſt, daß Poi
auch dieſer neuen Demarche gegenüber ſich ablehnend verk
wird.
In Erwartung der deutſch=franzöſiſchei
Unterhandlungen.
* London, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Die Times begi
heute in ihrem Leitartikel die belgiſchen Verſuche, die Re
tionsverhandlungen wieder auf ein poſitives Programm zu
zuführen. Das Blatt erklärt jedoch, daß für die Durchfül
dieſes Reparationsprogramms die Neuordnung der deu=
Finanzen Vorbedingung ſei. Wenn dies erreicht ſei, werde
Zuſtimmung Deutſchlands ein Ueberwachungsausſchuß von
ierten Finanzleuten gebildet werden müſſen, der in Berli=
nen
Sitz habe und die Zahlungen Deutſchlands zu kontroll
haben werde. Zur Frage der franzöſiſchen Prioritätsanſp
die im Gelbbuch des Herrn Poincaré niedergelegt ſeien, e
das Blatt, daß Frankreich wohl ein Recht auf Bevorzugun
den Repacationen habe, daß aber England mit ſeinem Ang
eine Milliarde Pfund von den alliierten Schulden zu ſtre
ein großes Opfer gebracht habe, für das Frankreich gleid
ein Opfer bringen müſſe, um den Reparationsplan zu er
lichen. Die konſervative Morningpoſt betont die bevorſtel
Ausſprache des Herrn Poincaré mit dem deutſchen Geſdh
träger in Paris.

en

msgebrochen
gBründnn
Tafriefen.
Wiederauf
Mrlin, 15.
an
der

Darmſtädter Erinnerungen.
Von Dr. jur. et phil. Karl Eſſelborn.
Nachträge.
8. Georg Büchners Darmſtädter Gymnaſialzeit.
Eine bemerkenswerte Erinnerung an ſeine Darmſtädter
Gymnaſialzeit (Oſtern 1828 bis Herbſt 1831) hat der am 2. April
1813 zu Michelſtadt geborene und am 30. April 1881 als Pfarrer
zu Wolfskehlen verſtorbene Ludwig Wilhelm Luck in den
Aufzeichnungen hinterlaſſen, die er für den Herausgeber der
Werke des Dichters Georg Büchner (geb. zu Goddelau am
17. Oktober 1813, geſt. am 19. Februar 1837 zu Zürich), Emil
Franzos, niedergeſchrieben hatte. Sie ſind in der von Fritz
Bergemann beſorgten kritiſchen Ausgabe von Büchners
ſämtlichen Werken (Leipzig 1922, S. 629633) zum erſten mal
veröffentlicht und lauten:
In der unterſten Abteilung der Prima des Gymnaſiums
in Darmſtadt kam im Frühjahr 1828/) eine zu ſchönen Hoff=
nungen
berechtigende Zahl von Schülern aus Stadt und Land
von ſehr verſchiedenartiger Vorbildung und unleugbaren
Kontraſten zuſammen, die gerade dadurch zu deſto intereſſan=
terem
und anregenderem Geiſtesverkehr führten . . ."
In meiner Ordnung fand ich zwei nur wenig jüngere
Zwillingsbrüder (Friedrich) und Georg Zimmer=
mann
)) von tüchtigen Schulkenntniſſen und relativ umfaſſen=
der
und eingehender äſthetiſcher Vorbildung und großer
Empfänglichkeit für alles höhere geiſtige Leben. Sie wurden
meine intimen Freunde. Sie machten mich mit Shakeſpeare
bekannt, in welchem ſie in jugendlicher Ueberſchwenglichkeit eine
neue, mehr als bloß poetiſche Offenbarung begrüßten. Natürlich
waren ſie nicht frei von Einſeitigkeit, aber ihr Streben war ein
ernſtliches, ganzes und warmes. Ich fing an zu glauben, daß
nur in unſerm Meiſter Shakeſpeare eine neue, wahre und tiefere
1) Luck trat am 9. März 1828 in das Gymnaſium ein.
2) Friedrich Zimmermann Sohn des Geh. Sekretärs
Friedrich Georg Zimmermann, geb. zu Darmſtadt am 24. Februar 1814,
trat am 24. September 1824 in das Gymnaſium ein. Er ſtarb als
Gymnaſiallehrer im Ruheſtand am 2. Auguſt 1884. zu Darmſtadt.
Georg Zimmermann, trat ebenfals am 24. Septemebr.
1824 in das Gymnaſium ein. Er ſtarb als außerordentlicher Profeſſor
der Litergtur in Gießen am 4. März 1881.

Weltoffenbarung vor uns trete und den Schlüſſel zu den
wichtigſten Rätſeln des Menſchenlebens biete.
Aber der nach ſeiner ganzen Veranlagung, namentlich hin=
ſichtlich
des Charakters vielleicht bedeutendſte, ſelbſtändigſte und
tatkräftigſte in unſerm Kreiſe war der gleichaltrige Georg
Büchner.) Es war jedoch nicht ſeine Art, ſich andern un=
geprüft
und voreilig hinzugeben, er war vielmehr ein ruhigen,
gründlicher, mehr zurückhaltender Beobachter. Wo er aber fand,
daß jemand wirklich wahres Leben ſuchte, da konnte er auch
warm, ja enthuſiaſtiſch werden. Ich glaube, daß die erwähnten
beiden Brüder ihm ſympathiſcher waren als ich. Sie waren in
den ihnen früher als mir entgegengetretenen modernen Geiſtes=
ſtrömungen
mehr au kait und hatten überdies den reſidenz=
lichen
Kulturboden mit ihm gemieinſam, der ihnen ergötzlichen
Stoff zu allerlei kritiſchem und humoriſtiſchem Wetteifer in
Beurteilung der Zuſtände bot, für den ich zu ernſt und zu
ſchwer war.
Auch ein junger, geſchichtlich wohl begründeter und politiſch
beanlagter Altersgenoſſe, der hernach eine juriſtiſch= ſchriftſtelle=
riſche
Zelebrität geworden /Karl Neunerk)), ebenſo ein ſehr
radikaler, enthuſiaſtiſcher Freund Büchners, welcher ſich ſehr an
politiſchen Angelegenheiten beteiligt und noch radikaler erſchien
als Georg Büchner er iſt frühe, geſtorben (Karl Minni=
gerode’
)) gehörten auch dieſem Kreiſe an. Auch Exoteriker
wurden von dem darin herrſchenden Geiſte angeweht und bis
zu einem gewiſſen Grade angezogen. Unter uns beſtand jedoch
und das war gut ein ſolches Verhältnis, wodurch zwar
der Kontakt erhalten, jedem aber nach ſeinem Bedürfnis die
Freiheit ſeiner Richtung gelaſſen wurde.
Ich glaube, es iſt von den erwähnten beiden Brüdern, die
uns andern mit ihrer Begeiſterung für Shakeſpeare anſteckten,
ausgegangen, daß wir uns verabredeten, in dem ſchönen Buch=
wald
bei Darmſtadt an Sonntagnachmittagen im Sommer die
Georg Büchner geb. am .. . . . . 1813 zu Goddelau,
trat aus dem Meitershauſenſchen Inſtitut am 26. März 1825 in Klaſſe II
Ordnung 2 des Gymnaſiums ein.
5) Karl Neuner, geb. am 24. Juni 1815, trat am 23. Sept.
1826 in das Gymnaſium ein. Er ſtarb am 29. Auguſt 1882 als Pro=
feſſor
der Rechte zu Kiel.
O Karl Minnigerode, geb. am 6. Auguſt 1814 zu Arns=
berg
, trat am 10. April 1828 in das Darmſtädter Gymnaſium ein, ging
im Sommer 1839 nach Amerika, wo er Sprachlehrer und Geiſtlicher
wurde und am 13. Oftober 1894 zu Alexandria bei Waſhington ſtarb.

Dramen des großen Briten zu leſen, die uns die anregen
und teuerſten waren, als den Kaufmann ven Ven
Othello, Romeo und Julia, Hamlet, König Richard
uſw. Wir hatten Momente innigſter und wahrſter Hinger
heit und Erhebung, z. B. beim Leſen der Stelle: Wie ſüſ
Mondlicht auf dem Hügel ſchläft . . . ." und Der Mann
nicht Muſik hat in ſich ſelbſt, trau keinem ſolchen.
gemeinſamen wahren Geiſtesgenüſſe bei jugendlicher Emp
lichkeit bewahrten uns allerdings vor Trivialität und 9
und brachten uns tiefere Offenbarungen und Aufſchlüſſe
unſere Jahre. Es erſtarkte das Bedürfnis, in das Weſe=
Dinge einzudringen, uns demgemäß auszubilden und zu
deln. Allerdings, für die Gewiſſenhaftigkeit der Gymnaſ
war dergleichen nicht förderlich und den Lehrern nichts we
als angenehm . . .
Georg Büchner ging ſchon frühe und allezeit gradau=
das
los, was er als das Weſen und den Kern der Dine
kannte, auch in der Wiſſenſchaft, der Philoſophie ſowie hi
lich der politiſchen Volksbedürfniſſe, wie er ſie anſah, un
allem war ſein Prinzip die Freiheit, die er meinte. Er
nicht gewillt, daß die Unwiſſenheit des Volkes benützt 1
es zu betrügen oder zum Werkzeug zu machen. Es wurd
mals ſchon erzählt, daß er und jener in Exzentrizität mit
wetteiferte (Minnigerode), deſſen ich oben gedacht, ſich i
letzten Gymnaſialzeit nur mit den Worten zu begrüßen pfle
Bon Jour, eitoyen!
In ſeinem Denken und Tun durch das Streben nach A.
haftigkeit frühe durchaus ſelbſtändig, vermochte ihm keine à
liche Autorität noch nichtiger Schein zu imponieren. Da=
wußtſein
des erworbenen geiſtigen Fonds drängte ihn
während zu einer unerbittlichen Kritik deſſen, was in der m
lichen Geſellſchaft oder Philoſophie und Kunſt Alleinberecht
beanſpruchte oder erliſtete. Daher ſein vernichtender, man
übermütiger Hohn über Taſchenſpielerkünſte Hegeliſcher 2
tik und Begriffsformulationen, z. B. Alles, was wirklie
auch vernünftig, und was vernünftig, auch wirklich.
tiefſte verachtete er, die ſich und andere mit weſenloſen Fo!
abſpeiſten, anſtatt für ſich ſelbſt das Lebensbrot der Wal
zu erwerben und es andern zu geben Man ſah ihr
an Stirne, Augen und Lippen, daß er auch, wenn er ſch
dieſe Kritik in ſeinem in ſich verſchloſſenen Denken übte.
weiß nicht, ob ein gutes Bild von ihm exiſtiert. Aber ich

[ ][  ][ ]

franzöſiſcht

Tummer 287.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 17. Oktober 1923.

Seite 3.

jungen a
der de
wann

Demarche.
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Demarche
nterredung
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äger wird de
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ſche Baſis für
nzelvorſchli
ihren gut
un, was
rung ſpielt,
ablehnend

Son Nuhr und Ryein.
Die Kriſe im beſetzten Gebiet.
Trier, 16. Okt. Die Teuerung iſt geradezu uner=
zglich
. Die Märkte werden ſchlecht beſchickt. Dazu
nt die geradezu unverantwortliche Haltung der Bauernſchaft,
ihre Ware größtenteils gegen Franken oder Dollar verkauft.
iſt nahezu unmöglich, für deutſches Geld Kartoffeln zu er=
en
. Die Bauern fordern für einen Zentner
rtoffeln 20 bis 25 Franken. Dafür müſſen die Kar=
In noch ſelbſt ausgemacht und heimgefahren werden. Die
otverwaltung hat verſchiedentlich verſucht, Lebensmittel aus
unbeſetzten Gebiet zu erhalten. Das ſcheiterte ſeither an
Veſatzungsbehörde, die aber jetzt die Transporte über die
ize laſſen will.
Eine neue Separatiſtenbewegung iſt nach einer
Rburger Meldung der Times im Brückenkopf von
hI ausgebrochen. In der Stadt wurden Plakate verteilt,
zur Gründung einer ſelbſtändigen Republik
hlaufriefen.
r Wiederaufnahme des Eiſenbahnbetriebs.
Berlin, 15. Okt. (Wolff.) Zu dem Aufruf des Reichs=
ehrsminiſters
an das Eiſenbahnperſonal zur Aufnahme
Dienſtes bei der Regie hören wir von ſachkundiger Seite:
Erwartung, daß nach Aufgabe des paſſiven Widerſtandes
jald eine Verſtändigung über die dringendſten praktiſchen
gen zwiſchen Paris und Berlin ſich anbahnen werde, erfährt
Ae Beſtätigung. Das trifft leider auch für die Rhein= und
rbahnen zu, deren volle Inbetriebſetzung erſt den ungeſtör=
eNe
Veigunt M Gana des Wirtſchaftslebens der betroffenen Gebiete ermög=
m
wird. Unter deutſcher Verwaltung mit dem bewährten
werden. Fm /tſchen Perſowal würde, wie ſicher behauptet werden kann,
jellen an, mie 4Arbeit bereits im beſten Zuge ſein, da auch die Wiederauf=
me
von Reparationen nicht in letzter Linie eine Transport=
ei
wurden, Weiſt. Denn zu allererſt muß der Eiſenbahnverkehr in Gang
auf die möglichſte Höhe gebracht werden, da ohwe die Mög=
Reichsrih eit geregelter Zufuhr von Rohſtoffen, unbehinderter Abfuhr
geförderten Kohlen und des freien Austauſches der erzeugten
dukte jeder Verſuch, die Wirtſchaft wieder in Gang zu brin=
ſich
bereits in ſeinen Anfängen totlaufen müßte: Daran
ſte nach der neunmonatigen Abſchnürung von Rhein und
r kein Zweiſel mehr möglich ſein. Der einzige Weg, dieſes
glatt und ſchnell zu erreichen, wäre die ſofortige Rückkehr
orts= und ſachkundigen Verkehrsperſonals. Ein ſolches Ver=
en
lehnt jedoch Frankreich ab, obwohl es auf deutſcher Seite
er bei dem Arbeitgeber noch bei dem Arbeitnehmer an gutem
len fehlt, und ſucht nach Einſtellung des paſſiven Wider=
ds
auf deutſcher Seite die franzöſiſch=belgiſche Eiſenbahn=
e
erſt richtig in den Sattel zu heben. Vor der Aufgabe des
iven Widerſtandes konnte die Regie den Zweck haben, als
politiſch=militäriſches Kampfmittel; heute iſt für ſie in dieſer
m kein Grund mehr vorhanden. Sie dient nur noch dem
ick der politiſchen Abſchnürung und der Bildung eines ſelb=
digen
Rhein= und Ruhreiſenbahnnetzes unter ausſchlag=
endem
franzöſiſchen Einfluß. Darüber hat der franzöſiſche
ſitzende der Rheinlandkommiſſion, Tirard, ſeinen Ausfragern
müber kein Hehl gemacht. Die jetzigen Hemmungen der Ar=
Saufnahme und der Wiederherſtellung des Wirtſchaftslebens
in erſter Linie auf ſolche franzöſiſche Abſichten, Bedingun=
und Maßnahmen zurückzuführen. Veranlaßt durch die Be=
ngnis
des beſetzten Gebietes hat der Reichsverkehrsminiſter
Perſonal zur Aufnahme des Dienſtes bei den Dienſtſtellen
Regie aufgefordert. Die Regie hat erklärt, lediglich einen
iſſen Prozentſatz des deutſchen Perſonals wieder einſtellen zu
len. Sie befindet ſich entweder noch im Irrtum über die An=
iche
des rheiniſch=weftfäliſchen Wirtſchaftslebens an den Ver=
oder
es iſt von vornherein nicht ihre Abſicht, den Verkehr
alten Umfange wieder zuzulaſſen. Jedenfalls ſcheint ihr In=
ſſe
an einer ſchnellen Wiederbelebung nicht das gleiche wie
Deutſchlands zu ſein. Auch harren noch Tauſende der Aus=
lieſenen
auf Rückkehr; noch ſchmachten wackere Eiſenbahner
Gefängniſſen, ohne daß die Regie deren Rückkehr erlaubt.
deutſche Regierung wird kein Mittel unverſucht laſſen, um
e ihrer Arbeit und der Freiheit wiederzugeben. Auf Frank=
h
aber fällt die Verantwortung dafür, daß die Herſtellung
maler Verkehrsverhältniſſe ſeither geſcheitert iſt.
Franzöſiſche Verdrehung der Tatſachen.
Berlin, 16. Okt. (Wolff.) Eine von Havas verbreitete
hricht, daß der Reichsverkehrsminiſter die Fortſetzung des
iben Widerſtandes durch die Eiſenbahner in dem beſetzten
diete angeordnet habe, iſt falſch. Er hat vielmehr eine allge=
ne
Aufforderung an die Eiſenbahnbedienſteten des beſetzten
vietes gerichtet, ſich vom 17. Oktober ab der franzöſiſchen Regie
Verfügung zu ſtellen.

Die belgiſche Politik der Ausgleichung.
Eine Erklärung Jaſpars.
London, 16. Okt. (Wolff.) Der belgiſche Außenminiſter
Jaſpar erklärte in einer Unterredung mit dem Brüſſeler Be=
richterſtatter
der Times über die Prüfung des den alliierten Re=
gierungen
im letzten Mai unterbreiteten belgiſchen techni=
ſchen
Planes durch die Reparationskommiſſion, die Beſetz=
ung
des Ruhrreviers ſei einfach eine Methode geweſen, um
einen Druck auf das Deutſche Reich auszuüben, ſeine Repara=
tionsverpflichtungen
auszuführen. Sie habe keinen anderen
Zweck verfolgt. Die Operation ſei erfolgreich geweſen, da der
Widerſtand aufgehört habe. Die britiſche Regierung
habe vorgeſchlagen, daß eine internationale Kommiſſion gebildet
werde, um die Zahlungsfähigkeit Deutſchlands abzuſchätzen.
Frankreich und Belgien hätten dieſen Vorſchlag für unannehm=
bar
gehalten. Belgiſche Sachverſtändige hätten die Frage der
Zahlungsfähigkeit Deutſchlands unterſucht, und den Alliierten
einen techniſchen Plan unterbreitet. Die britiſche Regierung
habe dann vorgeſchlagen, dieſen Plan an eine interalliierte Kom=
miſſion
zu verweiſen, indem ſie dabei blieb, daß die Reparations=
kommiſſion
nicht eine unparteiiſche Körperſchaft ſei. Poin=
caré
habe ſich dieſem Vorſchlage widerſetzt, und darauf beſtan=
den
, daß die Reparationskommiſſion allein befugt ſei, ſich mit
der Frage zu befaſſen. Die britiſche, die franzöſiſche und die ita=
lieniſche
Regierung hätten jetzt erklärt, daß die Repara=
tionskommiſſion
dazu übergehen könne, die
belgiſchen techniſchen Vorſchläge zu unterſuchen.
Die belgiſche Politik der Ausgleichung habe daher zu einem Er=
gebnis
geführt.
Bevorſiehende Wiederaufnahme des Poſtbetriebs.
Eſſen 16. Okt. (Wolff.) Wie verlautet, haben Verhand=
lungen
zwiſchen den Beſatzungsbehörden und den deutſchen
Poſtbehörden dazu geführt, daß mit der Wiederaufnahme des
Poſtbetriebes für den 17. Oktober gerechnet werden kann. Vor
einiger Zeit haben die Poſtverwaltungen ſchon Vorkehrungen
getroffen, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können. Auch
die Dortmunder Verhandlungen ſollen vor dem Abſchluß ſtehen,
ſo daß in den nächſten Tagen auch dort der Poſtbetrieb ebenfalls
wieder aufgenommen werden dürfte.
Die Franzoſen erſchweren die Wiederaufnahme
der Arbeit.
Düſſeldorf, 16. Okt. (Wolff.) In öffentlichen Ver= ſuchen die Franzoſen den Anſchein zu erwecken, als
ob ſie die Wiederaufnahme der Arbeit nach Möglichkeit beſchleu=
nigten
. In Wirklichkeit verzögern ſie jede poſitive Maßregel.
Auf eine Eingabe der Behörden und Wirtſchaftskreiſe, worin
gebeten wurde, die Truppen aus den Werkſtätten zurückzuziehen,
ließ der kommandierende General des Brückenkopfes Düſſeldorſ
miteilen, daß dieſe Frage vorläufig zurückgeſtellt werden müſſe.
Neue Ausweiſungen durch die Franzoſen.
Am Samstag wurden durch die Franzoſen aus Mainz
wiederum 12 Perſonen ausgewieſen und zwar: der ſtädtiſche
Beigeordnete Hiemenz, Baurat Gelius. Direktor des
ſtädtiſchen Elektrizitätswerkes Furkel, Dolmetſcher Schober,
drei Zollbeamte Elz, Karl und Heſſel, drei Lehrer Sei=
bert
, Nehr und Schmahl, Studienrat Schorn und Stu=
dienrat
Bauſch, ferner Arbeiterſekretär Grötzner.
Maſſarnk in Paris.
TU. Paris, 16. Okt. Der Präſident der tſche=
chiſchen
Republik, Maſſaryk, iſt heute vormittag um
11 Uhr zu einem offiziellen Beſuch hier eingetroffen und am
Bahnhof mit großem Gepränge empfangen worden. Der Präſi=
dent
der franzöſiſchen Republik, die Präſidenten der beiden Kam=
mern
und die Mitglieder der Regierung, mit Herrn Poincars
an der Spitze, begrüßten Herrn Maſſaryk bei ſeiner Ankunft.
Es waren große militäriſche Abteilungen aufgeboten, um die
Ehrenbezeugungen zu beweiſen.
Rücktritt des griechiſchen Kabinetts.
London 16. Okt. (Wolff.) Der Athener Korreſpondent
des Daily Expreß meldet: Wie verlautet hat das griechiſche
Kabinett beſchloſſen, zurückzutreten. Es wird durch
ein neutrales Miniſterium unter Politis erſetzt werden. Das
revolutionäre Komitee wird während der Neuwahlen zum Par=
lament
beſtehen bleiben.
Wie die Berliner griechiſche Geſandtſchaft mitteilt, iſt die
Demiſſion einiger Mitglieder des griechiſchen Kabinetts nicht
auf eine miniſterielle Kriſe, ſondern auf die bereits von der grie=
chiſchen
Preſſe veröffentlichte Beſtimmung zurückzuführen, wo=
nach
alle diejenigen Miniſter, die ſich an den bevorſtehenden
Wahlen beteiligen wollen, demiſſionieren müſſen.

Teuerungsunruhen.

Erregung über die hohen Lebensmittelpreiſe.
Berlin, 16. Okt. (Wolff.) In Oberſchöneweide
kam es geſtern nachmittag an zahlreichen Stellen zu Anſamm=
lungen
von Menſchen, die die hohen Lebensmittelpreiſe erregt
beſprachen. Durch ſofortiges Eingreifen ſtarker Streifen der
Schutzpolizei wurden Plünderungen verhindert. Bei
der Zerſtreuung der Anſammlungen wurden wegen Widerſtands
gegen die Staatsgewalt und wegen Nichtbefolgung polizeilicher
Anordnungen zwölf Perſonen feſtgenommen. Spät abends ver=
ſuchte
die Menge die Abführung eines jungen Burſchen, der
allem Anſchein nach in ein Lebensmittelgeſchäft einbrechen wollte,
zu verhindern; ein Arbeiter, der dem Polizeibeamten den Kara=
biner
entriß, wurde verhaftet, während der erſt Siſtierte entkam.
Zuſammenſtöße zwiſchen Erwerbsloſen
und der Polizei.
Berlin, 16. Okt. (Wolff.) Zu dem Zuſammenſtoß
zwiſchen Erwerbsloſen und Beamten der Polizei in
der Roßſtraße erfahren wir noch, daß die Beamten mit
Steinen beworfen wurden und mehrere Demonſtranten
mit Meſſern auf die Beamten losgingen. Erſt
nach dieſem tätlichen Angriff wurde der Befehl zum Feuern ge=
geben
. Am Nathaus, wo die Demonſtranten ebenfalls gegen die
Polizei tätlich vorging, wurden drei Perſonen durch Schüſſe ver=
letzt
. Die Polizei regelt am Rathaus noch den Verkehr. Die
Straßenbahn verkehrt wieder regelmäßig. Die Geſchäfte der
Königſtraße ſind geſchloſſen.
Berlin 16. Okt. (Wolff.) Heute nachmittag drangen 60
junge Burſchen in einen Bäckerladen in der Kölner Straße ein
und fielen über den Brotvorrat her. In der Schwedenſtraße ver=
ſuchten
größere Trupps in verſchiedene Bäckereien einzudringen.
Die Unruhen in Düſſeldorf.
Düſſeldorf, 16. Okt. (Wolff.) Von der Stadtverwal=
tung
wird zu den geſtrigen Unruhen folgender Bericht aus=
gegeben
: Im Laufe des Nachmittags iſt es wiederholt zu Men=
ſchenanſammlungen
, aber nirgends zu Plünderungen gekommen.
Die Polizei konnte die Menge überall raſch auseinandertreiben.
Etwa gegen. 7 Uhr liefen bei der Polizei Nachrichten ein, daß
in der Gegend des Worringer Platzes neue Plünde=
rungen
verſucht würden. Die Polizei begab ſich ſofort dort=
hin
und ſäuberte das ganze Viereck. Viele Neugierige, darunter
zahlreiche Frauen und Kinder, wurden zum Teil nicht unerheblich
verletzt. Zu Plünderungen kam es jedoch hier ebenfalls nicht.
Die Hausſuchungen wurden mit dem größten Erfolg fortgeſetzt.
Eine Unmenge Waren wurden zutage gefördert. Heute wurden
von der Polizei weitere 37 Perſonen wegen der Teilnahme an
Plünderungen verhaftet. Der Selbſtſchutz der lediglich zur
Unterſtützung der Polizei Gewalttaten gegen Leben und Eigen=
tum
abzuwehren hat, iſt jetzt aufgeſtellt.
Neue Unruhen in Mannheim.
Mannheim, 16. Okt. (Wolff.) Wie die Polizeidirektion
mitteilt, fanden heute nachmittag gegen 4 Uhr auf dem hieſigen
Marktplatze neue Zuſammenſtöße zwiſchen Erwerbsloſen und der
Polizei ſtatt. Bis jetzt wurde, wie feſtgeſtellt werden konnte,
ein Ziviliſt getötet und ein Polizeioberwachtmeiſter ſchmer ver=
letzt
. Die Unruhen dauern zurzeit, 7 Uhr abends, noch an.
Die Folgen der Mannheimer Unruhen.
Mannheim, 16. Okt. (Wolff.) Wie uns von der Direk=
tion
des Allgemeinen Krankenhauſes mitgeteilt wird, ſind an=
läßlich
der geſtrigen Unruhen im ganzen 17 Perſonen in die An=
ſtalt
eingeliefert worden, darunter vier Polizeibeamte, von denen
der Oberwachtmeiſter Böttger den erlittenen Verletzungen be=
reits
erlegen iſt. Die übrigen drei Beamten ſind gleichfalls
zum Teil erheblich verletzt. Von den anderen 13 Männern und
Frauen iſt ein Verwundeter, de: Arbeiter Schuler, gleichfalls
geſtorben. Heute morgen liegen noch 11 Verwundete im
Krankenhaus.
Unruhen in Leipzig.
* Leipzig, 16. Okt. (Priv.=Tel.) Auch am Dienstag rot=
teten
ſich in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt zumeiſt
junge Burſchen zuſammen. Vor der Markthalle wurde die Lage
gegen 9 Uhr vormittags bedrohlich. Um dieſe Zeit rückte ein
Polizeiaufgebot an, das ſofort mit der Räumung der Straßen
begann. Die Tore zu der Markthalle wurden geſchloſſen. Auch
heute kam es wieder zu Plünderungen in den Bäcker= und
Fleiſcherläden. In der zwölften Stunde ſchien die Nachſicht der
Polizei erſchöpft zu ſein. Hundert blaue und grüne Poliziſten
ſchwärmten gegen die Maſſen vor. Das in der Nähe des Roß=
platzes
gelegene Reſtaurant Mägdebrunnen ſollte von jungen
Burſchen geſtürmt werden. Die raſch benachrichtigte Polizei ver=
hinderte
dies jedoch.

Geiſt ſein Angeſicht, ähnlich einem alten Bilde Shakeſpeares
bürgerlich gediegenem, tatkräftigem, aber auch liebens=
rdig
=übermütigem Ausdruck. Es lag darin Zurückhaltung,
tſchloſſenheit, ſkeptiſche Verachtung alles Niedrigen und
derträchtigen. Die zuckenden Lippen verrieten, wie oft er
der Welt im Widerſpruch und Streit lag .. .."
Nachdem Büchner ſeine zwei erſten akademiſchen Jahre in
raßburg zugebracht, kehrte er im Herbſt 1833 auf die Landes=
berſität
Gießen zurück, um den beſtehenden Geſetzen zu ge=
gen
. Auch meine beiden Freunde waren, ſo viel ich weiß,
i früher und ich im Herbſt von Heidelberg dahin zurück=
ehrt
.
Mein Verkehr mit Georg Büchner war da nur ein gelegent=
ſer
. Er lebte zurückgezogen. Ich glaubte wahrzunehmen, daß
ſeiner eine leidenſchaftliche Unruhe bemächtigt habe und daß
bieles verſchloſſen in ſich herumwälze. Er klagte über ſeinen
izen körperlichen und geiſtigen Zuſtand, daß er die Nächte zu
gen und die Tage zu Nächten mache, und ſchien mit der
iloſophie, mit ſich und der Welt zerfallen. Einmal im
mmer des Freundes (Friedrich Zimmermann) apoſtrophierte
mich lakoniſch: Luck, wieviel Götter glaubſt du? Antvort:
ur einen. Wieviel Staaten müßten wir da in Deutſch=
id
haben und wieviel Fürſten? Pauſe des Schweigens
n beiden Seiten ...."
Ein Gläubiger im kirchlichen Sinn iſt Georg Büchner nicht
Heſen. Aber ſelbſtändig und objektiv in ſeinem Denken, iſt
ſpäter als Reiferer auch gerechter gegen die geſchichtlichen
achte der Kirche geworden ſowie gegen den Glauben des Ein=
nen
, der auf einem andern Standpunkt ſtand als er. Nament=
9 war er von aller Aufdringlichkeit und Propaganda ſeiner
ſchauung, von Angeſichts= und Parteifabrikationskünſten für
zu dirigierende Menge weit entfernt. Das beſtätigte er auch
on in früheren Jahren. Trotz des jugendlichen Uebermuts,
mit er mit andern während des Gymnaſialgottesdienſtes
I des jedesmal zu ſingenden Liederverſes halblaut die Worte
2 Totengräbers im Hamlet ſang: Und ſo eine Grube gar
und hohl für ſolchen Gaſt muß ſein; indem er damit gegen
a ihm ungenügenden Vortrag des Predigers als Hohlheit
Monſtrierte, ſagte er über mich zu andern, die mich Mucker
IO Mhſtiker nannten: Laßt mir den Luck gehn, der meint es
ant und ehrlich! Er hat lebenslang aus wirklichem Durſt
ſcy Wahrheit geſucht und gerungen und deshalb, wie ich
aube, nie mit ſich abgeſchloſſen ...s

* Wolfgang v. Goethe und die Kindheit
der erſten deutſchen Kaiſerin.
In einer ſchweren Zeit des deutſchen Vaterlandes
man ſchrieb den 30. September des Jahres 1811 hatte die
erſte deutſche Kaiſerin als zweite Tochter des Erbprinzen Karl
Friedrich von Sachſen=Weimar und ſeiner Gemahlin, der Groß=
fürſtin
Maria Pawlowna, in Weimar das Licht der Welt er=
blickt
. Wie auf dem ganzen deutſchen Vaterlande, ſo laſtete auch
auf dem kleinen Thüringer Ländchen ſchwer die Hand des fran=
zöſiſchen
Eroberers. Er ſtand dem Gipfel ſeiner Weltherrſchaft
näher als je. Aber im Jahre 1812 ſollte ihn auf den Schnee= und
Eisfeldern Rußlands Gottes Strafgericht ereilen.
Mit Roß und Mann und Wagen
Hat ihn der Herr geſchlagen!
So ging es nach der Zertrümmerung der großen Armee in
Rußland von Mund zu Mund, und am 15. Dezember 1812 war
der ſtolze Korſe als ein halbgeſtürzter Mann durch Weimar ge=
flohen
. Im nächſten Frühjahr erhob ſich das preußiſche und ein
großer Teil des deutſchen Volkes in herrlicher Begeiſterung, das
Joch der Fremdherrſchaft abzuſchütteln, und der ſtille Muſenhof
von Weimar, an welchem der kunſtſinnige Herzog Karl Auguſt
und ſein großer Kanzler Wolfgang von Goethe wirkten, wurde
nun durch die ununterbrochenen Durchzüge der auf die Schlacht=
felder
eilenden Truppen, als mehrtägiges Hauptquartier, der
Verbündeten, häufig in ein förmliches Kriegslager verwandelt.
So war die Zeit, in welche die erſte Kindheit der Prinzeſſin
Auguſta fiel, eine unruhevolle und ſorgenſchwere, ähnlich der
unſerigen, geweſen. Aber über dem Kinde wachte eine edle
Mutter, eine Frau von reich gebildetem Geiſte, tiefem Gemüt
und praktiſchem Verſtande. Sie ſtand auch zu dem Altmeiſter
Goethe in engen geiſtigen Beziehungen. Der alte und doch ewig
junge Dichter hat es oft hervorgehoben, wie durch ihre verſtänd=
nisvolle
Freigebigkeit ſein Daſein verſchönt, ſeine Aufgaben als
Oberaufſeher der unmittelbaren Anſtalten für Kunſt und Wiſſen=
ſchaft
erleichtert, ja ermöglicht worden ſind. Ganz beſonders
ernſt nahm es die Großfürſtin mit der Erziehung der jungen
Prinzeſſin. Goethe, der Freund des herzöglichen Hauſes, ſtand
ihr hierbei hilfreich zur Seite, und ſo war es der erſten deutſchen
Kaiſerin vergönnt, noch zu Füßen des größten deutſchen Dichters
zu ſitzen und aus ſeinen ernſten und heiteren Worten unmittel=
bare
Belehrung und Anregung zu ſchöpfen. Der Altmeiſter

Goethe hat dem ſchönen, aufblühenden Kinde mehrfach auch kleine
Gedichtchen gewidmet. Eines derſelben bezieht ſich auf einen
beliebten Sommeraufenthalt der Prinzeſſin, das Schloß Bel=
vedere
, über welches Frau von Schiller ſchreibt: Geſtern war
ich in Belvedere; es hat mir dort ſehr gefallen, und die Prin=
zeſſinnen
ſind glücklich wie die Engel und leben mit der Natur,
den Vögeln, den Blumen, und Prinzeſſin Marie hat ein Schäf=
chen
, das ihr wie ein Hund nachläuft.
Das vorerwvähnte Goetheſche Gedicht lautet:
Erleuchtet draußen hehr vom Sonnengold,
Bewohnt im Innern traulich, froh und hold;
Erzeige ſich dein Leben ſo:
Nach außen herrlich, innen hold und froh.
Der Küchenchef Wilhelms II. Man hat oft die Präſi=
denten
Loubet und Falliéres darüber aufgezogen, daß ſie im
Elyſee die bürgerliche Küche beibehielten, die ihnen die Speiſen
auf den Tiſch brachte, als ſie noch weniger bedeutende Perſön=
lichkiten
waren. Raywond Poincaré als Präſident der Republik
nahm dieſes Herkoymen nicht auf. Unter ſeiner Regierung ſah
man im Elyſee Küchenchefs, zweite Köche und Küchenjungen, die
der ariſtokratiſchſten ausländiſchen Höfe würdig waren. Küchen=
chef
war der des Kaiſers Wilhelm II., den Jules Cambon bei
der Kriegserklärung von Deutſchland zurückgebracht hatte. Ein
tüchtiger Vertreter der Kochkunſt, der mit gleichem Geſchick
bouchée à la reine und garniertes Sauerkraut herrichtete. Er
zeichnete ſich ganz beſonders in Herſtellung dieſes letzteren Ge=
richtes
aus, das im Hauſe Poincarés gar nicht mißfiel. Aber
der Präſident blieb ſtark. Wilhelm davon, ſagte er zu
ſeinem Küchenchef, alſo verbiete ich Ihnen das Gericht. So
kam Sauerkraut während des Krieges im Elyſee nicht auf den
Tiſch. Was iſt nun aus dem Exküchenchef Wilhelms II. und
Poincarés geworden? Leitet er die Küche eines engliſchen oder
amerikaniſchen Palaſtes? Hat er fich in den Ruheſtand verſetzen
laſſen? Lebt er noch? In jedem Fall ſerviert er nicht mehr im
Elyſee, denn Millerand hat, wenn wir dem Escalier de Ser=
vice
der Bedientenzeitung, Glauben ſchenken dürfen, wie Loubet
und Fallieres ſeine tüchtige Melanie beibehalten.
Berichtigung. In dem geſtrigen Bericht über das erſte
Konzert des Landestheater=Orcheſters iſt im letzten Abſatz ein
ſinnentſtellender Druckfehler unterlaufen. Es muß dort heißen:
Der ſo ſchön mit der Oboenmelodie beginnende zweite
Satz ermdet .. . . ."

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 17. Oktober 1923.

Rummer 287.

Stadt und Land.

Darmſtadt, 17. Oktober.

Kupferſtichkabinett des Landesmuſeums. Wegen der abnehmen=
den
Temperatur muß der Studienraum und Leſeſaal des
Kupferſtichkabinetts geſchloſſen werden. Für diejenigen, welche dringend
aus den Beſtänden des Kabinetts etwas beſichtigen wollen, ſteht an
Mittwochen und Freitagen ein geheizter Bureauraum hinter der Ga=
lerie
zur Verfügung. Sie mögen ſich bei dem betreffenden wiſſenſchaft=
lichen
Beamten melden laſſen; noch beſſer iſt vorherige ſchriftliche An=
meldung
, damit die gewünſchten Mappen rechtzeitig bereitgeſtellt wer=
den
können. Was die Ausſtellungen angeht, ſo bleiben dieſe
nach wie vor geöffnet. In Vorbereitung befindet ſich eine Darmſtädter
Theaterausſtellung, gemeinſames Unternehmen von Muſeum und Lan=
destheater
, zu welchem außer dieſen Inſtituten auch Darmſtädter Pri=
vatbeſitz
Material zur Verfügung ſtellt.
Gewerbemuſeum. Für Schüler der oberen Klaſſen
der höheren Schulen findet am Donnerstag, 17. Oktober, vormittags
um 11 Uhr, eine Führung in der Ausſtellung der Schreibarbeiten von
Rudolf Koch ſtatt. Der Eintritt iſt frei.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Das Winterſemeſter beginnt
Montag, den 22. Oktober. Beginn neuer Kurſe in den Ausbildungs=
und Dilettantenklaſſen für Geſang, alle Inſtrumente und die theoreti=
ſchen
Fächer. Aufnahme neuer Mitglieder für den Inſtrumentalverein
und das Orcheſter der Städtiſchen Akademie (Proben Dienstags 8 Uhr
abends). Hoſpitanten ſind zugelaſſen für folgende Fächer: Allgemeine
Muſiklehre, Harmonielehre, Kontrapunkt, Kompoſitionslehre, Kammer=
muſik
, Chorgeſang, Deklamation. In den Lehrplan neu aufgenom=
men
wurde Italieniſch für die Studierenden des Seminars, die Gefang=
ſchüler
und Hoſpitanten. Im Muſikpädagogiſchen Seminar (Leiter:
Dr. Bodo Wolf) ſind neue Kurſe zur Vorbereitung für das heſſiſche
Staatsexamen für Muſiklehrer und =lehrerinnen eingerichtet. An Vor=
trägen
finden im Laufe des Winterſemeſters ſtatt: 1. Dr. Bodo Wolf
über die muſikaliſche Formenlehre mit Analyſen an Meiſterwerken unter
beſonderer Berückſichtigung der Konzertprogramme und des Opern=
repertoires
dieſes Winters (Mittwochs 34738 Uhr). 2. Literatur=
Vorträge des Intendanzrats Dr. Max Wauer über Shakeſpeare ( Don=
nerstags
abends 8½ Uhr., Beginn Anfang November). Im Laufe
des Winterſemeſters werden einige Schülervortragsabende im Saal der
Städtiſchen Akademie veranſtaltet.
* Aufwertungsverordnung. Eine Aufwertung kommt nicht in
Frage: 1. für Steuern, bei denen die Schuld vor dem 1. Januar 1923
entſtanden iſt, mit Ausnahme der Nachforderungen auf Grund von
Steuerzuwiderhandlungen oder auf Grund neuer Tatſachen oder Be=
weismittel
; 2. für Steuern, die auf der Goldbaſis errechnet werden,
für Tabakſteuer, ſowie auf dem Gebiete der Verbrauchsſreuern, für
Steuerbeträge bei eingeführten Waren, die gleichzeitig mit dem Zoll
fällig werden. Der Goldumrechnungsſatz wird amtlich fortlaufend ver=
öffentlicht
. Eine Aufwertung findet bei Kleinbeträgen nicht
ſtatt. Solche ſind 1. bei Schulden, die in den Monaten Januar bis
Mai 1923 entſtanden ſind, Beträge von weniger als 5000 Papiermark;
2. bei Schulden, die im Monat Juni 1923 entſtanden ſind, Beträge von
weniger als 15 000 Papiermark; 3. bei Schulden, die im Monat Juli
1923 entſtanden ſind, Beträge von weniger als 50 000 Papiermark; 4.
bei Schulden, die im Monat Auguſt 1923 entſtanden ſind, Beträge von
weniger als 300 000 Papiermark; 5. bei Schulden, die nach dem 31. 8.
1923 entſtanden ſind, Beträge im Werte von weniger als 30 Goldpfen=
nigen
. Stichtag für Berechnung des Goldmarkbetrags iſt der Zeit=
punkt
, zu dem die Schuld entſtanden iſt. Bis zum 25. Oktober
1923 und für die Erbſchaftsſteuer bei Erwerben und
Zweckzuwendungen von Todeswegen bis 1. Dezem=
ber
1923 können Schulden, die nach den Vorſchriften der Auf=
wertungsverordnung
aufzuwerten ſind, noch durch Leiſtung des
urſprünglichen Papiermarkbetrags getilgt werden.
Soweit von dieſer Vergünſtigung Gebrauch gemacht wird, gelten die
bisherigen Gefetzesvorſchriften und Verordnungsbeſtimmungen über die
L.
Nachteile bei verſpäteter Zahlung weiter.
L. Verordnung über Gewährung der Rentenerhöhung an öſter=
reichiſche
Staatsangehörige. § 58 Ab). 2 des Verſicherungsgeſetzes für
Angeſtellte vom 10. November 1922 beſtimmt: Bezieht der Renten=
empfänger
gleichzeitig eine Rente aus der Invalidenverſicherung, ſo
wird die Rentenerhöhung nach dieſem Geſetze nicht gewährt, Auslän=
dern
im Auslande wird die Rentenerhöhung nicht gewährt; der Reichs=
arbeitsminiſter
kann mit Zuſtimmung des Reichsrats Ausnahmen
von dieſer Vorſchrift zulaſſen. Im gleichen Geſetz iſt hinſichtlich Aen=
derungen
der Reichsverſicherungsordnung in Art. IV beſtimmt: Aus=
ländern
im Ausland werden die Rentenerhöhungen nach dieſem Geſetz
nicht gewährt. Der Reichsarbeitsminiſter kann mit Zuſtimmung des
Reichsrats Ausnahmen von dieſer Vorſchrift zulaſſen. Der Reichs=
arbeitsminiſter
hat von der Befugnis, Ausnahmen zuzulaſſen, Gebrauch
gemacht und beſtimmt, daß die genannten Vorſchriften auf Staatsan=
gehörige
der öſterreichiſchen Republik vom 1. Juni 1923 an keine An=
wendung
finden.
Feſtſtellung der Kriegsdienſtjahre der Beamten. Der Nundſchau
für Kommunalbeamte entnehmen wir, der Reichsminiſter des Innern
habe unterm 26. Juli d. Js. V 5417 A darauf hingewieſen, daß es zur
aktenmäßigen Feſtlegung der Unterlagen für die Anrechnung von
Kriegsdienſtjihren nicht erforderlich ſei, in den betreffenden Kriegs=
ſtammrollenauszügen
uſw. für jedes der in Frage kommenden Kriegs=
jahre
wenigſtens je eine beſtimmte Schlacht uſw., die der Kriegsteil=
nehmer
mitgemacht hat, zu benennen. Aus den Ausweiſen müßte jedoch
zweifelsfrei hervorgehen, daß in jedem der betreffenden Jahre tatſäch=
lich
bei der Formation irgend eine Gefechtshandlung ſtattfand, die der
Kriegsteilnehmer mitgemacht hat, oder daß er ſich, ohne vor den Feind
gekommen zu ſein, in dem betreffenden Jahre mindeſtens zwei Monate
im Kriegsgebiete aufgehalten hat. Dazu genügen einfache amtliche Be=
ſcheinigungen
der Reichsarchivverwaltung. Damit ſeien die Perſonal=
akten
, in de ien ſich nicht bereits Kriegsſtammrollenauszüge befinden, zu
ergänzen. Mit dieſer Ergänzung ſollte der Kriegsteilnehmer nicht bis
eir Verſetzung in den Ruheſtand zögern, ſondern ſie ſchon jetzt beſchaffen.
* Geſetz über Verkündung von Rechtsverordnungen. Die Verkün=
bungen
finden im Reichsgeſetzblatt oder im Reichsminiſterialblatt (Zen=
4ralblatt für das Deutſche Reich) ſtatt. Für Rechtsverordnungen und
Beſoldungsangelegenheiten genügt ſolche im Reichsbeſoldungsblatt, für
olche der Poſt= und Telegraphenverwaltung im Amtsblatt des Reichs=
I.
Ooſtminiſteriums. Dieſes Geſetz tritt am 1. k. M. in Kraft.
Am Gründungstage der Eleonorenſchule, dem 12. Oktober, ward
von einem Kreis der Klaſſenvertreterinnen ein Verein ehemali=
ger
Eleonoren= und Frauenſchüleriiren ins Leben
gerufen. Sein Zweck iſt, das Band um die Schülerinnen ſelbſt enger zu
ſchlingen, die Beziehungen zur Schule zu erhalten und die Wohlfahrts=
einrichtungen
der Anſtalt zu fördern. Die erſte Hauptverſammlung am
Freitag, 26. Oktober, wird gewiß viele ehemalige Schülerinnen zur
Abendſtunde in ihrer Schule zuſammenführen. Geſchäftliche Beratungen
ſollen dabei von muſikaliſchen Darbietungen verſchiedener Art umrahmt
werden, ſo daß einige genußreiche Stunden zu erwarten ſind.
Vogelsberger Höhenklub Darmſtadt. Der Herbſt hat ſich ein=
geſtellt
, und iſt auf die Beſtändigkeit des Wetters kein Verlaß mehr.
Die vergangene Woche war ſo recht bezeichnend hierfür; Tag und Nacht
mit wenig Unterbrechung fiel der Regen in Strömen. Obgleich auch am
verfloſſenen Sonntag früh morgens der Himmel mit düſteren Regen=
wolken
bedeckt war, hatte ſich trotzdem eine recht ſtattliche Zahl wackerer
V.H. Cer zuſammengefunden, um die planmäßige 7. Wanderung auszu=
führen
. Die Wanderung, die planmäßig nach Langen feſtgelegt war,
wurde infolge der Beſetzung und Stillegung der Bahn nach Groß=
Zimmern ausgeführt. Die Teilnehmer brauchten ihr Erſcheinen nicht
zu bereuen. Gegen Mittag klärte ſich der Himmel auf und die lachende
Sonne ſandte ihre warmen Strahlen auf die frohe Wanderſchar und
ſorgte auf dieſe Weiſe dafür, daß eine lebhafte Wanderſtimmung ein=
trat
. Die Wanderung begann am Seitersweg und verlief durch den
prachtvollen Oberwald über die Lange Schneiſe nach Groß=Zimmern,
wo im Gaſthaus Zum Löwen Mittagsraſt gehalten wurde. Die Ge=
ſangsabteilung
ſowie die Jugendgruppe hatten für Unterhaltung aufs
beſte geſorgt, und mahnten die Führer nur allzu früh zum Rückmarſch.
Derſelbe erfolgte über Gundernhauſen, die Gertrudenſchneiſe und die
Katzenſchneiſe nach dem Oſtbahnhof, wo man ſich gegen 7 Uhr abends
mit dem Bewußtſein trennte, einen echten V.H.C.=Tag wieder verlebt
zu haben. Die nächſte Wanderung findet am 11. November ſtatt.
Orpheum Operettengaftſpiele. Der nächſte Samstag, 20., und
Sonntag, 21. Oktober, bringt zwei Erſtaufführungen: Der Fürſt von
Pappenheim, Operette in drei Akten von Hugo Hirſch.
Auswanderung von weiblichem deutſchen Hausperſonal nach Hol=
land
. Wie uns mitgeteilt wird, geht neuerdings weibliches deutſches
Hausperſonal angelockt durch den günſtigen Stand der ausländiſchen
Valuta in zunehmendem Maße dazu über, nach dem Ausande, ins=
beſondere
nach Holland, auszuwandern, um dort Stellung zu ſuchen.
So einwandfrei in der Regel die Beweggründe dieſer Auswanderung
ſind, die nicht ſelten in dem Wunſche nach Erlangung der Mittel für
eine Ausſteuer ihren Urſprung haben, ſo iſt dennoch feſtzuſtellen, daß
zur Zeit gerade in Holland ein Neberangebot von Kräften an weiblichem
Hausperſonal beſteht, die jungen Mädchen an Ort und Stelle deshalb
oft enttäuſcht werden, nach größeren Städten und Hafenplätzen weiter=
reiſen
und dort, meiſt völlig mittellos, oft gewiſſenloſen Mädchenhänd=
lern
in die Hände fallen, die ſie zur Fahrt nach Südamerika zu ver=
leiten
ſuchen.

Von der Volkshochſchule wird uns geſchrieben: Arbeiter=
pſychologie
und Arbeiterbewegung. Dr. H. Mann war
bis vor kurzem in Amerika tätig auf dem Gebiete der Betriebsorgani=
ſation
, worüber er auch an zahlreichen Univerſitäten vortrug. An ſei=
nen
Gegenſtand die pſychologiſche Betrachtung des Arbeiterlebens

und der Arbeiterbewegung tritt er von einem doppelten Geſichtspunkt

heran, auf Grund der Erfahrungen, die er ſowohl in langjähriger

Tätigkeit in der Arbeiterbewegung verſchiedener Länder geſammelt hat,
wie als Sozialpſychologe, der ſich auf dem Gebiete der Betriebsorganiſa=
tion
auch praktiſch betätigt hat. In ſeinen Vorträgen will er die Er=
gebniſſe
der modernen Sozialpſychologie anwenden auf das Seelenleben
der Arbeiterſchaft, wie es in= und außerhalb der Arbeiterbewegung zum
Ausdruck kommt. Der Kurſus ſetzt keinerlei Kenntniſſe, auch nicht auf
pſychologiſ hem Gebiet, beim Hörer voraus. Die wiſſenſchaftliche Er=
kenntnis
, die er vermitteln will, ſoll aus der Erfahrung eines jeden
gewonnen werden, der entweder vom Standpunkt des Fabrikbetriebs oder
von dem der Arbeiterbewegung mit dem Seelenleben des Arbeiters
vertraut iſt. An zwei Arten von Hörern wird dabei in erſter Linie ge=
dacht
: Praktiker des Betriebslebens (Leiter, Angeſtellte, Gewerkſchafts=
funktionäre
, Betriebsräte uſw.), denen es auf pſychologiſche Beleuchtung
der menſchlichen Probleme ankommt, mit denen ſie täglich zu ringen
haben. Und dann: Sozial tätige und denkende Menſchen, die Vertie=
fung
ihres Verſtändniſſes für die ſeeliſchen Probleme der Arbeiter=
bewegung
und des Sozialismus erſtreben. Insbeſondere wird die
Frage, die neuerdings immer heißer umſtritten wird, ob der Marxis=
mus
noch als ein befriedigender Ausdruck des heutigen ſozialen Stuebens
zu betrachten iſt, auf Grund neuer pſychologiſcher Vorausſetzungen be=
handelt
werden.

An unſere Leſer!

Unſer Trägerperſonal iſt mit dem Einkaſſieren
der Bezugsgelder beſchäftigt. Vielfach wird der
Standpunkk vertreten, daß die Bezahlung bis 20. d.
Mts. Zeit habe. An dieſem Tage müſſen die Träge=
rinnen
bereits die Gelder bei uns abrechnen, und da
an einem Tage die Abonnenten nicht alle aufgeſucht
werden können, ſo bitten wir, den Frauen die Arbeit
nicht zu erſchweren. Sofern es nicht möglich iſt,
beim erſten Vorſprechen der Trägerin den Betrag zu
begleichen, müſſen wir um Erledigung bis zum
20. Oktober in unſerer Geſchäftsſtelle bitten.
Nach dieſem Tage entrichtete Bezugsgelder
müſſen mit einem bedeutend höheren Betrage
bezahlt werden, da wir nur in der Lage ſind,
einen feſten Betrag zu erheben, wenn wir
gleich in den Beſitz des Geldes gelangen.

Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.

* Kreisausſchuß. Beitritt der Gemeinde Arheilgen
zur Spar= und Darlehenskaſſe daſelbſt. Ueber dieſe
Sache wurde bereits früher berichtet. Die letzte Verhandlung endete
bekanntlich damit, daß beſchloſſen wurde, vom Juſtizminiſterium ein
Gutachten darüber zu erbitten, ob die Spar= und Darlehenskaſſe Arheil=
gen
als eine Sparkaſſe im Sinne des heſſiſchen Geſetzes von 1902 zu
erachten ſei. Die miniſterielle Antwort liegt nun vor. Die Sache
fällt aus. Zur Sache ſelbſt iſt folgendes zu ſagen: Das Sparkaſſen=
geſetz
von 1902 ſchließt nach ſeinem Wortlaut aus, daß Gemeinden Gel=
der
bei einer Genoſſenſchaft aufnehmen, ſie können dies nur bei Spar=
kaſſen
, inſofern konnte das Kreisamt nicht gut anders handeln, als daß
es den bezüglichen Gemeinderatsbeſchluß beanſtandete. Aber es iſt nicht
einzuſehen, warum man im Zeichen der Selbſtverwaltung den Gemein=
den
heute verbieten wollte, ſich als Mitglieder einer gut fundierten Ge=
noſſenſchaft
aufnehmen zu laſſen, wenn ſolche unter einem Reviſions=
verband
ſteht. Hier hätte ſchon längſt das Sparkaſſengeſetz von 1902
zeitgemäß abgeändert werden ſollen; daß dies auch außerhalb der Parla=
menstagung
möglich iſt, kann angeſichts des Art. 9 der Verfaſſungs=
urkunde
nicht wohl bezweifelt werden. (Anm. des Berichterſtatters.) I.,
I., Aenderung der Haftpflichthöchſtſummen im Kraftfahrzeugverkehr.
Die im § 12 Abſ. 1 Nr. 13 des Geſetzes über den Verkehr mit Kraft=
fahrzeugen
vom 3. Mai 1909 genannten Beträge ſind mit Wirkung vom
26. Oktober, wie folgt erhöht: in Nr. 1 der Kapitalbetrag von 5 Mil=
lionen
Mk. auf 100 Milliarden Mk., der Rentenbetrag von 250 000 Mk.
auf 5 Milliarden Mk.; in Nr. 2 der Kapitalbetrag von 12,5 Millionen
auf 260 Milliarden Mk., den Rentenbetrag von 1 Million auf 20 Mil=
liarden
Mk.; in Nr. 3 der Betrag von 1 Million auf 20 Milliarden
Mark. Die Erhöhung der Beträge findet auf die Schadensfälle Anwen=
dung
, in denen das ſchädigende Ereignis nach Inkrafttreten dieſer Ver=
ordnung
eingetreten iſt.
L. Geſetz über Notmaßnahmen in der Unfallverſicherung, in Kraft
ſeit 12. ds. Der Reichsarbeitsminiſter kann bis auf weiteres die Aus=
zahlung
der Entſchädigung und die Aufbringung der Mittel der Ver=
ſicherungsträger
in der Unfallverſicherung einſchließlich der Zahlung der
Poſtvorſihüſſe und der Abrechnung mit der Poſtvewaltung, abweichend
von den Vorſchriften der Reichsverſicherungsordnung vegeln. (Dies gilt
rückwirkend für das ganze Geſchäftsjahr 1923). Der Reichsarbeitsmini=
ſter
kann Näheres über die Zahlung der Zulagen und der Renten, zu
denen Zulagen zu gewähren ſind, beſtimmen.
L. Ein Marktbericht aus Dornbirn (Voralberg). Da Oeſterreich
ſich wirtſchaftlich in aufſteigender Linie bewegt, werden die Preiſe von
Gemüſe und Obſt vom letzten Wochenmarkt intereſſieren: 1 Kilo Birnen
15002000 Kr., Aepfel 18002600 Kr., Tafclobſt 30003500 Kr., Trau=
ben
16 000 Kr., Tomaten 6000 Kr., Kartoffeln 111500 Kr., Gurken 5
bis 6000 Kr., Kraut 10001200 Kr., Gelberüben 3000 Kr., Rettig 2000
Kr., ein Büſchel Grünzeug koſtete 400500 Kr.

Die wahren Urſachen der Kartoffelnot
in den Städten.

Man ſchreibt uns: Unter obiger Ueberſchrift bringen Sie
in Ihrer Samstag=Nummer einen Artikel, dem wohl in vielen
Punkten zugeſtimmt werden kann. Indeſſen iſt es nicht ganz
richtig, wenn die Zurückhaltung der Kartoffeln zu Fütterungs=
zwecken
durch die Landwirte, in Abrede geſtellt wird.
Wer auf dem Lande wohnt und Gelegenheit hät, ſtändia mit
dem ländlichen Publikum zu verkehren, der weiß auch folgendes:
1. Die Landwirte, namentlich auch die mittleren und kleinen,
haben heute einen weſentlich größeren Viehſtand als in frü=
herer
Zeit. Das erfordert natürlich erhöhte Futtermengen, und
zwar zu viel Futter im Verhältnis zur Größe des Bauern=
gutes
.
2. Kraftfutter iſt zu teuer für kleinere und mittlere Betriebe.
Es wird alſo, wie mir öfters geſagt wurde, nicht gekauft.
Vielmehr ſetzen faſt alle kleinen und viele mittlere landwirt=
ſchaftlichen
Betriebe, die früher jedes Jahr ein größeres oder
kleines Quantum Kartoffeln verkauften, in dieſem Jahre keine
Kartoffeln ab, ſondern verfüttern ſie. Das ſo gezogene Vieh
iſt ja auch wertbeſtändig, das Papiergeld, von dem man genug
beſitzt, aber nicht.
3. Nicht nur Zwangsbewirtſchaftung der Kartoffeln kann
und muß hier helfen, fondern gleichzeitig Abſchlachtung
evtl. zwangsweiſe des übermäßigen Viehſtandes auch bei
den Landwirten!
C. K.

Parlamentariſches.

Der Finanzausſchuß des Landtags erledigte in
ſeiner geſtrigen Sitzung zunächſt einige Vorſtellungen. Die Ausſprache
über den Antrag des Abg. Glaſer wegen der Fortbildungsſchule auf
dem Lande konnte nicht ſtattfinden, da der Ausſchuß ſich für unzuſtändig
erklärte und die Angelegenheit dem Geſetzgebungsausſchuß überwies.
Sodann wurde in die Beratung der Beſoldungsnodelle eingetreten. Der
Ausſchuß beriet zunächſt einige Punkte, über die ſeither eine Einigung
mit der Regierung nicht erzielt werden konnte, fah aber bis jetzt von
weſentlichen Aenderungen der Vorlage ab. Zur Klärung einiger
Schwierigkeiten wird der Fünfer=Ausſchuß morgen vor Beginn der
Sitzung noch Stellung nehmen. Alsdann hofft man in der morgigen
Sitzung die Beratung abſchließen zu können.

* Abänderungen der mietrechtlichen Beſtimmunge
des B. 6.B. durch Reichsmieten= und Mieterſchutzgeſ
Der Begriff der Mietzeit in § 535 BGB. iſt ausgedehnt:
8 1, Abſatz 2 und 8 6, Abſ. 3, MSchG. 8 1, Abſatz 2: Iſt
Mietverhältnis für eine beſtimmte Zeit eingegangen, ſo wird es
dem Ablauf der Mietzeit fortgeſetzt, wenn nicht der Mieter ſpäteſ
zu dem Zeitpunkt, zu dem nach § 565 BGB. eine für den Ablauf

Mietszeit zuläſſige Kündigung zu erfolgen haben würde, ſich auf
Beendigung des Mietverhältniſſes beruft. § 6, Abſatz 3: Solange 1
bei Aufhebung des Mietverhältniſſes der Erſatzraum geſichert iſt,
doch nicht über den Zeitpunkt der Herausgabe des Mietraums hin
haben die Beteiligten in Anſehung dieſes Raumes die aus dem 9
verhältniſſe ſich ergebenden Rechte und Pflichten. Der vereinb
Mietzins iſt abgeändert durch RMG. und § 6, Abſatz 3 MSe
8 536 BGB.: Der Vermieter hat die vermietete Sache dem Miete
einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zuſtande zu u
laſſen und ſie während der Mietzeit in dieſem Zuſtande zu erhalten
durch RMG. beeinflußt. 8 537542 BGB., betr. die Mängel der 9
ſache, §8 543 und 544 außerordentliches Kündigungsrecht des Miel
§ 545 BGB. bleiben unberührt. § 546 BGB. Tragung der auf
Mietſache ruhenden Laſten) § 547 (Erſatzpflicht des Vermieters
Verwendungen), § 548 BGB. (Veränderungen oder Verſchlechterur
der gemieteten Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch her
geführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten) ſind durch R9
beeinflußt. § 549 (Untermiete) iſt durch § 29 MSchG. abgeändert:
Erlaubnis des Vermieters, den Gebrauch des Wohnraumes einem
ten zu überlaſſen, insbeſondere ihn unterzuvermieten (§ 549, Ab
BGB.) wird durch die Erlaubnis des MEA. erſetzt. Das MEA.
die Erlaubnis verſagen, wenn der Vermieter ſie aus einem wicht
Grunde verweigert hat. Dieſe Erlaubnis kann und muß das M
rſetzen, wenn 1, es ſich um Untervermietung eines Wohnraumes
Wohnzwecken handelt und 2. nicht ein wichtiger Grund für den Ver
ter zur Verſagung vorliegt.
Der wichtige Grund wird ſich nur gegen die Perſon des Ur
mieters, bei dem herrſchenden Raummangel nicht gegen die Tat
der Untervermietung überhaupt richten dürfen, zumal Vermieter ge
über einem Verſchulden des Untermieters (Schadenerſatzpflicht des
tervermieters) wie nach § 2 MSchG. gedeckt iſt. (Der Vermieter
auf Aufhebung des Mietverhältniſſes klagen, wenn eine Perſon,
der Mieter den Gebrauch des Mietraums überlaſſen hat, ſich einer
heblichen Beläſtigung des Vermieters oder eines Hausbewohners ſ
dig macht oder durch unangemeſſenen Gebrauch des Mietraums
Vernachläſſigung der gebotenen Sorgfalt den Mietraum oder das
bäude erheblich gefährdet, oder wenn der Mieter einem Dritten
Gebrauch des Mietraums überläßt, obwohl er zur Ueberlaſſung
befugt iſt.) § 550 BGB. (Ueberlaſſungsklage des Vermieters bei
tragswidrigem Gebrauch) bleibt unberührt. § 551 BGB. (Zahlung
Mietzinſes) iſt durch § 30 MSchG. abgeändert: Iſt in Fällen
denen die geſetzliche Miete zu zahlen iſt, der Mietzins nach ei
längeren Zeitabſchnitt als einem Vierteljahr bemeſſen, ſo kann
Vermieter verlangen, daß der Mieter den Mietzins in vierteljährl
Zeitabſchnitten entrichtet. Die oberſte Landesbehörde kann anord
daß in Fällen, in denen die geſetzliche Miete gilt, der Vermieter
der Mieter berechtigt iſt, zu verlangen, daß der Mietzins in Monat
ſchnitten gezahlt wird.) 8 552 BGB. bleibt unberührt. 8 553 B
(Kündigungsrecht des Vermieters wegen vertragswidrigen Gebra=
iſt
abgeändert durch § 2 MSchG. (ſ. oben); nach § 2 iſt die
hebung des Mietverhältniſſes nur zuläſſig, wenn der Mieter, u
achtet einer Abmachung des Vermieters, das Verhalten fortſetzt ode
unterläßt, eine ihm mögliche Abhilfe zu ſchaffen, oder wenn das
halten des Mieters oder einer Perſon, die zu ſeinem Hausſtand
Geſchäftsbetriebe gehört, ein ſolches iſt, daß dem Vermieter die 7
ſetzung des Mietverhältniſſes nicht zugemutet werden kann. Der
mieter muß die Klage binnen 6 Monaten von dem Zeitpunkt an
heben, in dem er von dem Aufhebungsgrunde Kenntnis erlangt hat.
Klage iſt ausgeſchloſſen, wenn ſeit dem Entſtehen des Aufhebungsg
des ein Jahr verſtrichen iſt § 554 BGB. (Kündigungsrecht des
mieters wegen Nichtzahlung des Mietzinſes) iſt durch § 3 MSchG.
geändert: Der Vermieter kann auf Aufhebung des Mietverhältr
klagen, wenn der Mieter, welcher den Mietzins in kürzeren als vie
jährlichen Zeitabſchnitten zu entrichten hat, mit einem Betrag in
zug iſt, der den für die Dauer von zwei Monaten zu entrichte
Mietzins erreicht. Iſt der Mietzins in vierteljährigen oder läng
Zeitabſchnitten zu entrichten, ſo kann die Aufhebungsklage erhoben
den, wenn der Mieter mit einem Betrag im Verzug iſt, der den
die Dauer eines Vierteljahres zu entrichtenden Mietzins erreicht;
nur einmaligem Rückſtand iſt die Erhebung der Klage wenn Vor
zahlung vereinbart war, erſt 4 Monate, im übrigen erſt 1 Monat
der Fälligkeit zuläſſig. Der Anſpruch beſteht nicht, wenn der Ve
auf eine nicht auf Fahrläſſigkeit beruhende Unkenntnis des Mi
über den Betrag oder den Zeitpunkt der Fälligkeit des Mietzinſes
rückzuführen iſt. Die Aufhebung iſt nicht mehr zuläſſig, wenn
Mieter den Vermieter vor dem Erlaſſe des Urteils befriedigt oder
ſich der Mieter von ſeiner Schuld durch Aufrechnung befreien kann
bis zum Erlaſſe des Urteils die Aufrechnung erklärt. § 555 B
(Rückerſtattung im voraus entrichteten Mietzinſes) bleibt unberi
8 556 B.G.B. (Rückgabepflicht der Mietſache) abgeändert durch
M. Sch. G., der den Zeitpunkt beſtimmt, für den die Aufhebung des A
verhältniſſes erfolgt.
Der Zeitpunkt iſt in der Urteilsformel feſtzuſtellen und darit
beſtimmen, daß der Mieter zu dieſem den Mietraum an den Verm
herauszugeben hat. § 557 BGB. (Folgen der Unterlaſſung der 7
gabe der Mietfache) iſt abgeändert durch 8 6, Abſ. 3 MSchG. (ſ. obe
§ 558 (Verjährung der Erſatzanſprüche des Vermieters) BGB. 8
(Pfandrecht des Vermieters an den angebrachten Sachen, Erlöſchen
ſelben (8 560), Ausübung desſelben (8 561), Abwendung deſſen Gelt
machung (8 562), Zuſammentreffen mit Pfändungspfandrecht (8.
bleiben unberührt. § 564 BGB. Endigung des Mietverhältniſſes *
Zeitablauf und bei unbeſtimmter Zeit iſt durch 8 1, § 5, 8 6., Al
MSchG. abgeändert, Kündigung in 8 565 BGB. durch 88 1, 5 MS.
8 566 BGB.: Ein Mietvertrag über ein Grundſtück, der für län
Zeit als ein Jahr geſchloſſen wird, bedarf der ſchriftlichen F.
bleibt unberührt, Satz 2 des 8 iſt durch § 1 MSchG. abgeändert.
BGB. (Mietvertrag für eine längere Zeit als 30 Jahre) iſt hinſick
der Dauer unberührt, Kündigung nach 30 Jahren durch Kündig
nach § 1 MSchG. abgeändert. § 568 (Stillſchweigende Verlänger
des Mietverhältniſſes) BGB. iſt durch § 1 MSchG. abgeändert. S
BGB. (Kündigung beim Tode des Mieters) iſt durch 8 19 MSchG.
ändert. Unberührt bleibt das beim Tod des Miet us dem Vermieter
dem Erben nach 8 569 BGB. zuſtehende Kündigungsrecht; entgegenſteh
Beſtimmungen des Mietvertrags kommen nicht in Betracht. Der
mieter kann jedoch nicht kündigen, wenn der Erbe der Ehegatte
Mieters oder ein volljähriger Verwandter bis zum zweiten Grad
und beim Tode des Mieters zu deſſen Hausſtand gehört hat.
Auf die übrigen komplizierten Beſtimmungen des 8 19 ſoll hier
weiter eingegangen werden. § 570 BGB. Kündigungsrecht der Be
ten uſw. bei Verſetzung bleibt unberührt. § 571 BGB. (Kauf b
nicht Miete) bleibt unberührt; 8 1, Abf. 3 MSchG. beſagt:
Vermieter ſteht gleich, wer nach dem Abſchluß des Mietvertrags
Eigentum an dem Grundſtück erwirbt. §§ 572580 BGB. bleiben
berührt.

sw. Bickenbach, 14. Okt. Vermißt wird ſeit einigen Te
das 12jährige Mädchen Eliſabeth Kaffenberger von hier. Es iſt
kräftiger Geſtalt, trägt dunkelblaues Kleid mit Mantelſchürze, ſchw
Strümpfe und ſchwarze Schnürſchuhe.
zh. Zwingenberg a. d. B., 15. Okt. Selbſtmord. Ein hieſ
Einwohner, der wegen Ueberſchreitung der Steuerzahlungsfriſt e
erheblichen Mehrbetrag bezahlen ſollte, ſoll ſich darüber und über an
Sorgen ſo erregt haben, daß er ſich das Leben nahm.
r. Auerbach, 14. Okt. Herr Pfarrer Eßlinger iſt ſeit ein
Zeit erkrankt und werden die pfarramtlichen Geſchäfte von Geiſtli
des Dekanats verſehen.
O Aus dem Kreiſe Heppenheim, 15. Okt. Milchpreiserh
ung und kein Ende. Kaum ſind einige Tage verfloſſen, ſeit
der Milchpreis auf 24 Millionen erhöht wurde, und ſchon wieder *
den wir mit einem ſolchen beglückt. Das Liter koſtet jetzt ab E
36 Mill., ſo daß der Konſument noch etwas mehr als 40 Mill. bei
Händlern bezahlen muß. Das ſind Einnahmen! Mit dem heut
Tage hört das Markenbrot auf und an deſſen Stelle tritt die
Brotwirtſchaft. Der Laib Brot von 1800 Gr. ſoll nun, wie verlau
400 Mill. koſten. Daß dieſe Ausgabe ſich viele Bürger aus der unte
Volksmaſſe nicht mehr leiſten können, müßte auch unſerer Regier
klar ſein.
O Heppenheim, 15. Okt. Zuckerpreis. Soeben leſe ich
Kreisblatt drei Anzeigen von der heſſiſchen Landesverſorgungsſt
und zwar vom 2. Oktober, daß der Preis des Zuckers auf 22, von
Oktober, daß er auf 35 und vom 9. Oktober, daß er auf 62 Milliol
bis auf weiteres erhöht ſei, hier zahlen wir aber bereits //
eine Vorauszahlung von 110 Millionen pro Pfund.
O Aus dem Odenwald, 15. Okt. Für Arbeit Naturali,
Knechte, Mägde, Taglöhner und faſt alle Handwerker und zum
auch Kaufleute verlangen jetzt für ihre Arbeitsdienſtleiſtungen und
gegebenen Waren von den betr. Landwirten als Lohn Naturali
Frucht, Kartoffeln, Obſt, Butter, Eier uſw. Aus dieſem Grunde
es den Beamten und Fabrikarbeitern, inſoweit letztere nicht ſelbſt etl
Landwirtſchaft treiben, äußerſt ſchwer, dieſe Lebensmittel von
anſäſſigen Bauern zu erhalten und ſind ſie vielfach genötigt, O.
Lebensmittel aus zweiter Hand und teuerer von Händlern zu beziel

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[ ][  ][ ]

Nummer 287.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 12. Oktober 1923.

Seite 5.

Nochmals die Sas=,Waſſer=und Strompreisberechnung

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Auf

Die Darmſtädter Bevölkerung iſt geduldig. Sehr geduldig!
Sie iſt geduldiger und wohlerzogener als die kaum eines anderen
Gemeinweſens. Monate, ja Jahre lang hat ſie es hingenommen,
daß ſie die lebensnotwendigſten Dinge, zu denen Gas, Waſſer
und Strom gehören, teurer bezahlen mußte, als die Bewohner
der umliegenden Städte. Erheblich teurer ſogar. Immer wie=
der
hat ſie gläubig die Begründungen der Stadwerwaltung und
der Heag, was im Grunde das gleiche iſt, hingenommen, hat ſich
immer wieder auf anderen Gebieten eingeſchränkt und die
höheren Gebühren bezahlt. Sie hat den immer mehr einge=
ſchränkten
und ſo unpraktiſch wie möglich geſtalteten Fahrplan
der Straßenbahn hingenommen und dafür, wenn ſie wirklich
einmal fahren konnte oder mußte, die zweifache und dreifache
Taxe bezahlt, wie ſie in anderen Städten erhoben wurde. Sie hat
geduldig die in keiner Weiſe rechtlich begründete Voraus=
bezahlung
des Stromes hingenommen und hat Jahre lang für
ſchlechter und ſchlechter gewordenes Gas die höheren Preiſe be=
zahlt
, obwohl dieſe, an der Qualität gemeſſen, immer noch
höher wurden. Von der mehr als mangelhaften Milch=, Kar=
toffel
= und Gemüſeverſorgung vorerſt nicht mehr zu reden. Noch
eine ganze Reihe anderer Dinge ließen ſich anführen. Neben=
bei
erwähnt ſei mr der Verſuch der Ablöſung der läſtigen Gold=
markverpflichtung
durch Papiermarkabgeltung hinſichtlich der
4½= und 4prozentigen Obligationen durch die Stadt und die
Heag, die ihren Gläubigern einen Jahreszins in Papiermark
in Höhe von kaum einer Straßenbahnfahrt bot.
Dieſe beiſpielloſe Geduld der Darmſtädter Bevölkerung wird
nun gelohnt durch den unglaublichen Beſchluß, Gas, Waſſer
und Strom nach Goldmarkberechnung zu erheben. Und das zu
einer Zeit, da das Heer der Arbeitsloſen immer größer wird,
da die Vorauszahlung der Beamtengehälter abgebaut wird und
die übergroße Mehrzahl der Feſtbeſoldeten und Arbeiter kaum
ſoviel Papiermark verdient, als dieſe Goldwarkforderungen für
Gas, Waſſer und Strom im Monat ausmachen. Die Stadt=
verordneten
=Verſaanmlung hat wohl nicht den Mut gefunden, die
Vorſchläge geſchäftstüchtiger Heag=Beamten und eines
techniſchen Beigeordneten anzunehmen oder abzulehnen,
ſie hat die Angelegenheit einer Kommiſſion übergeben
und dieſe Kommiſſion hat kurzer Hand
zugeſtimmt. Es ſcheint, daß ihr nur weltfremde Mitglieder
angehörten, die von den Einnahmen und der Zahlungsfähig=
keit
der Mehrheit der Bevölkerung keine Ahnung haben. Ein Be=
ſchluß
der Stadtverordneten=Verſammlung, von
dem in der Bekanntmachung vom 13. Oktober die Rede iſt, hat
alſo überhaupt nicht vorgelegen. Darüber ſetzt man
ſich hinweg. Man ſetzt ſich auch darüber hinweg, daß es zum
mindeſten gegen die guten Sitten verſtößt, wenn die Stadt und
die ihr eng liierte Heag ihren Beamten, die in täglich ſchlechter
werdender Papiermark bezahlt werden, für Erzeugniſſe, deren
Abgabe ihr Monopol iſt, Goldmark abzunehmen, in einer Höhe,
die zu dem Papiermarkeinkommen in gar keinem Verhältnis
ſteht. Wir meinen, wenn die Stadtverwaltung keinen anderen
Ausweg aus ihrer Finanzmiſere finden konnte, hat ſie verſagt.
Jetzt endlich iſt die Geduld der Bürgerſchaft
zu Ende. Die Entrüſtung und die flammenden Proteſte ſind
begreiflich, und mit Recht wird ſchlennigſte Einberufung
einer Stadwverordneten=Verſammlung gefordert. Die Wähler
haben ein Reckt darauf, zu erfahren, ob diejenigen, denen ſie ihre
Geſchicke durch den Wahlzettel anvertraut haben, gewillt ſind,
endlich einmal in wichtigſten Dingen des Lebens Energie und
Enſchlußkraft zu beweiſen, anſtatt ſtundenlang über kleinliche
Parteidinge zum Fenſter hinaus zu debattieren.
Ein Weiteres: Die Heag berechnet jetzt auch ihre
Inſtallationsarbeiten (ebenfalls Monopol!), Anſchlußarbeiten
vom Kabelnetz, nach Goldwark. Arbeiten dieſer Art, am 6. Okt.
ausgeführt, werden in Rechnung geſtellt nach einem Dollarſtand
vom 10. Oktober, obwohl der 8. Oktober Börſentag, allerdings
mit niedrigerem Kurs, war. Zahlungsforderung innerhalb zwei
Tagen!
In Nr. 286 wird gefordert, daß die Stadtverordneten=
Verſammlung ſich noch einmal mit den letzthin beſchloſſenen
Maßnahmen beſchäftigt. Einverſtanden! Nur muß auch hier
der Bürgerſchaft der Weg gewieſen werden: Da nicht jeder
unſerer Leſer, oder ſagen wir ehrlich die wenigſten unter ihnen
die Städteordnung kennen dürften, ſo ſei zu Nutz und Frommen
Art. 100, der von den Sitzungen der Stadtverordnetenverſamm=
lung
handelt, hier wörtlich abgedruckt: I. Die Stadtverordneten=
verſammlung
hält Sitzungen ab, ſo oft es die Geſchäftslage nach
dem Ermeſſen des Bürgermeiſters erfordert. Nach Lage der
Dinge wird die Stadtverwaltung, die die Annahwe der von ihr
vorgeſchlagenen Anträge bezüglich der Gas= und Waſſerpreiſe
in der Stadtverordnetenverſammlung durchgeſetzt hat, eine neue
Sitzung des Gremiums wicht einberufen. Art. 100 hat aber noch
einen Abſatz II: Sie muß auf Verlangen eines Viertels der
geſetzlichen Zahl der Stadtverordneten (Art. 35) zu einer Sitzung
berufen werden. Art. 35 iſt durch die Städteordnungsnovelle
von 1919 abgeändert, der Abſatz 2 läßt eine anderweite Feſt=
ſetzung
der Zahl der Stadtverordneten durch Ortsſatzung zu.
Eine Anregung zur Feſtſetzung der Zahl durch Ortsſatzung gab

ſeinerzeit der volksparteiliche Stadtv. Dr. Noellner, und mit
Genehmigung des Miniſteriums des Innern vom 9. Mai 1919
wurde dunch Ortsſatzung vom 19. Mai 1919 (abgedruckt in Nr. 86
des Tagblatt vom 21. Mai 1919) die Zahl der Stadwerord=
neten
auf 60 (ſeither 42) normiert. Es brauchen alſo
nur 15 Stadtverordnete bei dem Herrn Oberbürger=
meiſter
das Verlangen zu ſtellen, und eine Sitzung mit der be=
züglichen
Tagesordnung, erweitert auf die Heag= Stromberech=
nung
, muß ſtattfinden. Art. 101 St.O. Abſ. 2 beſagt: Zwiſchen
der Einladung und dem Sitzungstag müſſen, dringende Fälle
ausgenommen, mindeſtens zwei freie Kalendertage liegen. Die
Dringlichkeit des Falles ergibt ſich ohne weiteres aus der Lage
der Verhältniſſe. Es iſt alſo Sache der Wähler, von den von
ihnen gewählten Vertretern zu fordern, daß die nötige Anzahl
von 15 derſelben Antrag auf Einberufung einer außer=
ordentlichen
Stadtverordnetenſitzung, und
zwar aufeinen Tagwomöglich noch dieſer Woche
ſtellt. Angeſichts der entrüſteten Proteſte der Bürgerſchaft ſollte
doch dieſe Zahl zuſammenzubringen ſein, wenn nicht Parteien
auf dem Rathaus von ſich aus die Angelegenheit in die Hand
nehmen. Schon einmal während des Krieges hat ſolche
Sitzung auf Grund des Art. 100 Abſ. 2 St.O. ſtattgefunden,
und die damals zur Beratung ſtehenden Gegenſtände wurden in
ausgiebiger Ausſprache zufriedenſtellend behandelt. Möge auch
heute die Hanhabe, die das Geſetz gibt, nicht vergeſſen ſein!
Wir geben noch folgende Zuſchriften (von vielen!) bekannt:
Beſitzer von Schuldverſchreibungen
der Stadt Darmſtadt und der Heag heraus!
Stadt und Heag wollen die Gas=, Waſſer= und Strompreiſe
nach Goldmark erheben. Bezahlt mit den Koupons der Schuld=
verſchreibungen
beider, die ja auch Goldmark darſtellen!

Zum Gaspreis!

Ich habe als Beamter der Gruppe X letzten Donnerstag
eine Nachzahlung von 2,6 und am Samstag eine ſolche von
8 Milliarden erhalten. Ich frage nun die Stadtverwaltung:
1. Wie ſoll ich 70 Kubikmeter Gas, die ich im vergangenen
Monat im guten Glauben verbrauchte, mit 16,10 Goldmark
( ca. 15 Milliarden) bezahlen?
2. Woher nimmt die Stadtverwaltung überhaupt das Recht,
nach erfolgtem Verbrauch mit einer derartigen Forde=
rung
hervorzutreten?
3. Wie ſoll ich den auf der gleichen Baſis errechneten Strom=
preis
der Heag, an der die Stadt auch ſehr ſtark beteiligt iſt,
bezahlen?
4. Wie ſoll ich den auch von der gleichen Stadtverwaltung
mit den Milchlieferanten vereinbarten Preis von ca. 240 Mil=
lionen
(inzwiſchen überholt) pro Liter ab 17. Oktober für meine
2 Kinder zahlen?
5. Wie ſoll man zudem noch je 3 Goldmark für den Zentner
Kartoffeln aufbringen 2
6. Wo bleibt das heſſiſche Wirtſchaftsminiſterium??
7. Wieviel Leute gibt es wohl überhaupt in Darmſtadt, die
gewillt und in der Lage ſind, derartige Summen glatt auf den
Tiſch zu legen?
Als Reichsbeamter nach Gruppe VII penſioniert, erhielt ich
am 1. Oktober 6 357 000 000 Mk. für Oktober, 1 587 500 000 Mk.
Zulage am 10. Oktober, 3 000 000 000 Mk. Lohn meiner Tochter
bis 18. Oktober, zuſammen 10 944 500 000 Mk. Davon habe ich
heute noch, nachdem ich 1500 000 000 Mk. auf Kartoffeln ange=
zahlt
habe, 1 698 000 000 Mk. Damit ſoll ich, Hausſtand mit
4 Perſonen, bis 20. Oktober leben. Ich habe keine Kartoffeln
und nichts an Vorräten im Haushalt. Wie ſoll ich den Monat
durchkommen und dazu den geplanten hohen Gaspreis bezahlen?
Als Nachtrag zu Ihren geſtrigen Ausführungen über Gas=
preiſe
, die man nur voll und ganz unterſchreiben kann, möchte
ich noch folgendes bemerken: Wie ſteht es mit denjenigen, die
ſchon am 15. September den Preis bezahlt haben, den andere
Abnehmer erſt geſtern, am 15. Oktober, bezahlten? Trotz größter
Einſchränkung hatte ich bis 15. September 23 Kubikmeter ver=
braucht
zu 520 000 Mk., macht mit Vorauszahlung rund 24 Mil=
lionen
. Dieſer Preis war ſchon unerträglich für einen mittleren
Angeſtellten, da ich am Ende der Woche noch nicht einmal mehr
Brot kaufen konnte. Beſchwerte man ſich, dann hieß es immer:
Ja, jetzt ſind Sie wohl im Nachteil, aber wenn der Preis fällt,
dann ſind Sie im Vorteil gegenüber den anderen Abnehmern.
Und nun dieſe Feſtſetzung, die trotz Vorauszahlung des da=
maligen
, ſehr hohen Preiſes mehr beträgt, als mein Mann
überhaupt verdient hat. Hier muß unbedingt ein Ausgleich ge=
ſchaffen
werden, denn man kann nicht einem Teil der Abnehmer
alles aufbürden, während der andere Teil einen Bruchteil für
die gleiche Ware bezahlt.

0- Dieburg, 15. Okt. Stenographiſches. Der hieſige Steno=
graphenverein
Gabelsberger hielt geſtern ſein diesjähriges Stiftungs=
feſt
ab. Vormittags fand ein Wettſchreiben ſtatt und abends eine Feſt=
lichkeit
, in deren Verlauf ein Vereinsbanner enthüllt wurde. Die Be=
grüßungsanſprache
hielt Herr Auguſt Rödler; die Vertretung des
Gaues Darmſtadt Gabelsbergerſcher Stenographen hätte Herr Hrch.
WBüttel=Eberſtadt übernommen.
r. Babenhauſen, 14. Okt. Heute wurde hier das Nachkirch=
weihfeſt
abgehalten. Der Betrieb in Wirtſchaften und der Fremden=
verkehr
waren mit dem an der Kirchweihe vor 4 Wochen nicht zu ver=
gleichen
. Ebbe im Geldbeutel wird ſchuld daran geweſen ſein. Ver=
gangene
Woche wurden einem hieſigen Bäckermeiſter des nachts von
bis jetzt noch nicht entdeckten Miſſetätern 12 Legehühner und 1 Hahn
im Hühnerſtall, der außerhalb der Stadt am Bruchweg ſich beim Garten=
haus
befindet, abgeſchlachtet. Die noch kleinen Hühner waren am Leben
gelaſſen worden. Infolge des ſtarken nächtlichen Regens konnte der Po=
lizeihund
, der am folgenden Morgen auf die Spur geſetzt war, dieſe
nur kurze Zeit verfolgen. Die diebiſchen Rohlinge müſſen mit den
Ortsverhältniſſen genau vertraut geweſen ſein.
-0- König i. O., 16. Okt. Stenographentag. Der Gau
Odenwald im Bezirk Darmſtadt Gabelsberger Stenographen hielt heute
hier ſeinen diesjährigen Gautag ab. Die Vertreterverſammlung fand
bereits am Samstag Abend ſtatt Sonntags vormittags wurde ein
Wettſchreiben abgehalten, an dem ſich nahezu 200 Perſonen beteiligten.
Die Höchſtleiſtung wurde bei 240 Silben erzielt. 38 Ehrenpreiſe gelang=
ten
zur Verteilung. Am Sonntag mittag erreichte die Tagung in einer
Feſtberſammlung ihren Höhepunkt. Unter den erſchienenen Ehrengäſten
befand ſich auch der Bürgermeiſter, Herr Hofferberth von König,
der die Verſammlung namens der Gemeinde willkommen hieß. Dieſe
Feſtverſammlung hatte ein beſonders feierliches Gepräge, weil mit ihm
zugleich das 20. Stiftungsfeſt des feſtgebenden Vereins verbunden war.
Der Verein ließ ſeinen vier Mitbegründern, den Herren Schneller, Koch,
Rodenhauſen und Schäfer, wertvolle Ehrenurkunden überreichen und
ernannte ſie zu Ehrenmitgliedern. Gleichzeitig wurde der verdienſtvolle
Vorſitzende des Vereins, Herr Kaufmann Hch. Fleckenſtein, der
gerade 10 Jahre dem Verein vorſteht, zum Ehrenvorſitzenden ernannt.
Als Vertreter des Bezirkes Darmſtadt ſprach Herr Gemeinderat Heißt=
Cberſtadt und als Vertreter der Darmſtädter Vereine, Herr O. Kreutz.
Die Feſtrede hielt in temperamentvollen Ausführungen Herr Bürger=
ueiſter
Ritzel=Michelſtadt, der beſonders die Bedeutung der Steno=
graphie
auf kulturellem Gebiete ſchilderte, und beherzigende Worte für
die Jugend fand.
ur Offenbach, 15. Okt. Der neue Milchpreis. Ein Liter Voll=
milch
koſtet hier von heute ab 62 Millionen. Lebensmüde. Eine
Bjährige Arbeiterin, die gegenwärtig erwerbslos iſt, ſuchte ſich, aus
Nahrungsſorgen in Verzweiflung getrieben, zu vergiften,

ot. Offenbach, 15. Okt. Gemeiner Diebſtahl. Einem Schwer=
kriegsbeſchädigten
, der auf dem hieſigen Hauptbahnhof einen Nerven=
anfall
erlitt, wurden dabei 6 Milliarden Mk. Rentengeld entwendet.
nr. Groß=Steinheim b. Offenbach, 15. Okt. Schlechter Ge=
ſchäftsgang
. Die Perleninduſtrie, die in den letzten Monaten hier
in großer Blüte ſtand, hat ſeit kurzem eine erhebliche Stockung des
Geſchäftsverkehrs erlitten. Die Urſache hierzu iſt in dem Ausbleiben von
Auslandsbeſtellungen zu ſuchen.
th. Worms, 15. Okt. Tödlicher Unfall. Ein Schuſterlehrling
namens Lautenbach, iſt in der Rheinſtraße von einem Laſtauto über=
fahren
worden. Er erlitt einen Bruch der Wirbelſäule und ſtarb im
Krankenhaus.
Pfeddersheim, 15. Okt. In der Nacht von Freitag auf Samstag
brachen Diebe in die Amtsräume der hieſigen Bürgermeiſterei ein und
ſtahlen dort vereinnahmte Holz= und Kartoffelgelder. Es fielen ihnen
mehrere Milliarden in die Hände. Der am Samstag von Göllheim
kommende Polizeihund, der ſchon öſter in der Umgegend erfolgreich
tätig war, ſetzte dann auch auf eine Spur ein. Es wurden im Laufe
des geſtrigen Tages vier Verhaftungen vorgenommen. Es handelt ſich
um vier junge Leute, die durch die Zeitverhältniſſe arbeitslos geworden
ſind. Der Vorfall ruſt hier allgemeine Beſtürzung hervor.
R. Ober=Wöllſtadt (Wetterau), 15. Okt. Geſtern fand die feierliche
Weihe der zwei neuen Glocken durch Dekan Waldmann von Rocken=
berg
ſtatt. Die Glocken ſind am Mittwoch der vergangenen Woche in
feierlichem Zuge eingeholt worden.
rh. Friedberg, 15. Okt. Diebſtähle. In den letzten Nächten
muß eine ganze Diebesbande ihr lichtſcheues Weſen getrieben haben. Es
wurden in verſchiedenen Teilen der Stadt Diebſtähle verübt, wobei es
die Täter beſonders auf Lebensmittel und Möbelſtücke abgeſehen hatten.
R. Bad=Nauheim, 15. Okt. Die Kurverwaltung hat zur Be=
lebung
des Badeverkehrs während des Winters die Kurabgabe auf die
Hälfte herabgeſetzt.
th. Stadecken (Rheinheſſen), 15. Okt. Feuer. In der hieſigen
Dreſchmaſchinenhalle iſt auf ungeklärte Weiſe Feuer ausgebrochen. Die
Dreſchmaſchine iſt zerſtört worden und viel Frucht mit verbrannt.
V. Gießen, 15. Okt. Feſtgenommen wurden auf dem hieſigen
Bahnhof fünf junge Burſchen aus Offenbach, die als blinde Paſſagiere
in einem Güterzuge von Marburg nach Gießen gefahren waren. Sie
hatten unterwegs mehrere Kiſten erbrochen und Lebensmittel entwendet.
Briefkaſten.
Nach Darmſtadt. Die Dienſtherrſchaft iſt nicht haftbar, wenn
das in ihren Dienſten ſtehende Dienſtmädchen eine endere Herrſchaft
beſtiehlt und die Früchte ihrer ſtrafbaren Handlung für ſeine Zwecke
verwendet.

Muſikaliſche Volksbildung auf dem Lande.
Man ſchreibt uns aus Jugenheim: Der Konzert= Ver=
band
der unteren Bergſtraße hat ſeit längerer Zeit unter=
laſſen
, über ſein Wirken zu berichten, und wenn heute eine Ausnahme
gemacht wird, geſchieht es nur, um nachdrücklich auf ein gemeinnütziges
Unternehmen aufmerkſam zu machen, das ſicherlich noch viel mehr von
Muſikfreunden in Anſpruch genommen werden würde, wenn es außer=
halb
Darmſtadts in weiteren Kreiſen bekannt wäre.
Am vergangenen Sonntag bereitete uns das Darmſtädter
Kammerorcheſter im Hotel Zur Krone, zum dritten Male muſi=
kaliſche
Genüſſe, die ſelbſt in großen Städten nur geboten werden, wo
Theater= oder andere ſtändige Orcheſter beſtehen, und dann nur gegen
Eintrittspreiſe, die Minderbemittelte von vornherein ausſchließen. An=
nähernd
400 Zuhörer füllten den Saal, als der Dirigent den Taktſtock
hob. Wenn in Jugenheim ein Konzert des Darmſtädter Kammer=
orcheſters
in Ausſicht genommen wird, können die Veranſtalter von
vornherein mit Sicherheit darauf rechnen, daß kein Platz leer bleibt,
infolgedeſſen den Eintrittspreis aufs äußerſte bemeſſen, da ja kein
Ueberſchuß erzielt werden ſoll. So war unſer Verband diesmal in der
Lage, ſeinen Mitgliedern dieſes Konzert für weniger als einen Pfennig
nach Vorkriegswert zu vermitteln. Dieſe Einnahme genügte, die Un=
koſten
zu decken, und mehr war nicht erforderlich, zumal die Verwaltung
des Hotels zur Krone den idealen Zweck in entgegenkommendſter Weiſe
unterſtützte. Die 35 Damen und Herren des Kammerorcheſters be=
trachten
nämlich das Bewußtſein, einer guten Sache zu dienen, als ge=
nügenden
Lohn und erwerben ſich dadurch den wärmſten Dank aller,
denen es unter den heutigen Verhältniſſen nicht mehr möglich iſt, in der
Stadt Konzerte zu beſuchen. Wir Jugenheimer ſchätzen uns glücklich,
daß freundſchaftliche Beziehungen das Orcheſter mit unſerem Ort ver=
binden
; indeſſen iſt auch ſchon manchen anderen Orten das gemeinnützige
Wirken des Orcheſters zugute gekommen. Die nächſten Konzertreiſen
führen nach Pforzheim und mehreren oberheſſiſchen Orten. Wenn aus
nähergelegenen Plätzen nicht häufiger Einladungen vorliegen, ſo iſt es
zweifellos nur dadurch zu erklären, daß das Darmſtädter Kammer=
orcheſter
, das keine Reklame für ſich macht, noch viel zu wenig bekannt
iſt. Wir handeln daher im allgemeinen Intereſſe, wenn wir allen, die
es angeht, insbeſondere Vereinsvorſtänden, aufs wärmſte empfehlen,
ſich mit dem Geſchäftsführer der Vereinigung, Herrn Gerhard Hickler,
Darmſtadt, Heidelberger Straße 28, in Verbindung zu ſetzen. Erfolg
iſt im voraus geſichert, auch in Gegenden, wo die zu erwartenden Zu=
hörer
noch nie zuvor in ihrem Leben ein Symphoniekonzert gehört
haben. Die Programme werden in ſolchen Fällen ſo zuſammengeſtellt,
daß die Darbietungen die Aufnahmefähigkeit nicht überſteigen. Auf be=
ſonderen
Wunſch iſt die Mitwirkung von Soliſten möglich.
Uns erfreute am Sonntag die Darmſtädter Konzertſängerin Frl.
Thilde Walther mit Vorträgen zu Klavier= und Orcheſterbegleitung,
wobei Soloklarinett (Herr Falkenſtein) und Solovioline (Frl. Lili
Hickler) einen beſonderen Genuß bereiteten. Wie über Frl. Walthers
Sangeskunſt ſchon wiederholt auch in dieſem Blatt hohes Lob zu leſen
ſtand, ſo ſind auch die Leiſtungen des Kammerorcheſters von erſten Darm=
ſtädter
Muſikkritikern hoch bewertet worden. Hervorzuheben iſt, daß
es über vorzüigliche Holz= und Blechbläſer verfügt der ſchwache Punkt
der meiſten Liebhaberorcheſter! , ſo daß bei öffentlichem Auftreten
nur zwei Berufsmuſiker den Klangkörper ergänzen. Dazu die Seele
des Ganzen, der erſtaunlich junge Dirigent, Herr Auguſt Vogt! Mit
feinſtem künſtleriſchem Verſtändnis und voller Hingabe leitet er das
Orcheſter und zeigt ſich dabei als ein Muſiker von angeborenen Führer=
natur
, die den jungen Künſtler auf die Dirigentenlaufbahn verweiſt.
Eine Aufzählung aller Darbietungen, die in der zum Schluß geſpielten
Mozartſymphonie ihren Höhepunkt fanden, erübrigt ſich an dieſer Stelle.
Zuſammenf iſſend ſei dafür noch leinmal betont, daß im Darmſtädter
Kammerorcheſter Werte vorhanden ſind, die bei dem guten Willen aller
Beteiligten noch ganz anders als bisher für die Volksbildung nutzbar
gemacht werden könnten, und man fragt ſich, warum das Darmſtädter
Bildungsamt, das über das Beſtehen der Vereinigung unterrichtet ſein
dürfte, ſich ſolche Gelegenheit entgehen läßt, auch in ländlichen Bezirken
und kleineren Städten die Werke unſerer Klaſſiker dem Verſtändnis
weiteſter Kreiſe nahezubringen.
R. R.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Reiche Beute machte wieder einmal ein Wohnungsſchwindler,
der der Kriminalpolizei ſchon viel zu ſchaffen gemacht hat: ein 25 Jahre
alter, aus Jaſtrow gebürtiger Guſtav Levy, der früher als Leutnant
aufzutreten pflegte. Neuerdings ſprach der Gauner, ein großer ſchlan=
ker
, ſtets fein gekleideter Mann, bei einer Dame in der Motzſtraße 25
als Kontoriſt Alfred Simſon vor, mietete wieder eine möblierte Woh=
nung
und zahlte 100 Millionen an. Um 10 Uhr vormittags zog er mit
kleinem Handgepäck zu und um 3 Uhr nachmittags ging er unter dem
Vorwande weg, ſein großes Gepäck holen zu wollen. Als jetzt die Wir=
tin
ſich daran machte, alles für den neuen Mieter vorzubereiten, ent=
deckte
ſie zu ihrem Schrecken, daß er die wenigen Stunden, während
deren ſie kurze Zeit abweſend geweſen war, um einzukaufen, dazu be=
nutzt
hatte, ihr aus dem Büfett das ganze Silberzeug im Werte von
5100 Goldmark zu ſtehlen. Die Kriminalpolizei erſah aus der Per=
ſonenbeſchreibung
des angeblichen Simſons ſofort, daß ſie es wieder mit
ihrem alten Bekannten Guſtav Levy zu tun hatte. Mitteilungen zu
ſeiner Ermittelung nimmt die Dienſtſtelle B 1 20 im Zimmer 133 des
Polizeipräſidiums entgegen.
Krankenhausbrand.
Breslau. Ein mächtiger Brand wütete in den Gebäuden des
Elifabetherinnen=Krankenhauſes. Das Feuer, das durch Kurzſchluß ent=
ſtanden
zu ſein ſcheint, verbreitete ſich mit ungeheurer Geſchwindigkeit
auf den ganzen Dachſtuhl des Vordergebäudes und griff alsbald auch
auf den Seitenflügel des öſtlichen Seitenbaues über. Die Kranken
wurden in Autos nach anderen Krankenhäuſern geſchafft. Das im
Dachgeſchoß untergebrachte Mobiliar von 30 Flüchtlingsfamilien wurde
vernichtet, und auch ſonſt iſt der Materialſchaden ungeheuer.
Die Warſchauer Exploſionskataſtrophe.
Warſchau. Nach ergänzenden Berichten über die Exploſions=
kataſtrophe
ſoll die Zahl der Toten nach dem Ableben einer Anzahl
Schwerverwundeter auf 150 geſtiegen ſein. Die Geſamtzahl der Schwer=
und Leichtverletzten wird nunmehr mit 1000 angegeben. Unter dieſen
ſind nicht nur Bewohner der Zitadelle, ſondern der auch in der Nähe
befindlichen Beamtenkolonie. In einem Magazin, das in die Luft ge=
flogen
iſt, lagerten ungefähr ſieben Waggons Pulver für ſchwere Ge=
ſchütze
. Der durch die Exploſion verurſachte Luſtdruck war ſo ſtark,
daß eine zurzeit der Exploſion in der Nähe der Zitadelle marſchierende
Militärabteilung in die Weichſel geworfen wurde, wobei viele Soldaten
in den Wellen den Tod fanden. Kurz nach der Exploſion traf aus der
Stadt Minſk=Maſowiecki, welche eine Bahnſtunde von Warſchau ent=
fernt
liegt, eine Anfrage ein, ob Warſchau von einem Erdbeben heim=
geſucht
worden ſei. Die Kataſtrophe wurde zunächſt auf einen vorbreche=
riſchen
Anſchlag zurückgeführt. Nach Erklärungen des Staatsanwaltes
kann jedoch angenommen werden, daß es ſich um Unvorſichtigkeit der mit
der Einlagerung des Pulvers beſchäftigten Arbeiter handelt.

Geſchäftliches.
Willſt Du ſparen,
ſo bedenke, daß nicht immer der niedrige Preis die Billigkeit kenn=
zeichnet
. Güte, Wirkung und Ausgiebigkeit ſind entſcheidend.
Für Dein Kind iſt deshalb Kufeke, die wirklich billige Nahrung.
Es iſt nahrhaft und leicht verdaulich, kräftigt und beugt Krankheiten
vor. Die Kinder nehmen es gern und gedeihen vortrefflich dabei.
Jede erfahrene Mutter und Pflegerin kennt die glänzenden Er=
folge
des altbewährten Kufeke‟!
(.7862

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Donnerstag, 18. Oktober:
Wolkig bis heiter, nachts Froſtgefahr, trocken, tagsüber geringe Er=
wärmung
.

Tageskalender.
Landestheater. Anfang 7 Uhr, Ende 10½ Uhr (E 4): Der
Roſenkavalier. Kleines Haus, abends 8 Uhr Film: Im Kampf mit
dem Berge‟ Union=, Reſidenz=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=
Vorſtellungen.
Verſteigerungskalender Donnerstag, 18. Oktober.
Verſteigerung von Hausmobiliar, Kleidern uſw., vorm.
½10 Uhr und nachm. ½3 Uhr Ernſt Ludwig=Straße 9.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land‟
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
F7 V. A. Fleiſchmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

Die Lage der Eiſen= und Stahlwaren
induſtrie im Monat September.

Handelsblatt

Nach Bericht des Eiſen= und Stahlwaren= Induſtrie=
bundes
in Elberfeld ſtellte ſich die Lage dieſes Induſtriezweiges
im Monat September in den einzelnen Bezirken wie folgt:

Hagener Bezirk.
Im Monat September war die Lage der Eiſenfertigwareninduſtrie
im märkiſchen Gebiet troſtlos. Hunderte von Betrieben ſind zum Still=
ſtand
gekommen, da die Ausfuhr ſo gut wie ganz aufgehört und das
Inland bei der außerordentlichen Kapitalknappheit wenig gekauft hat.
Die Erzeugungskoſten ſind dermaßen in die Höhe gegangen und die
Geldentwertung iſt in einer Weiſe vorangeſchritten, daß faſt alle Be=
triebe
kaum in der Lage ſind, auch nur die Lohngelder zuſammenzu=

bringen. Geklagt wird ſehr über die ſcharfen Bedingungen der Ban=

ken, die in der Erteilung der gerade heute ſo erforderlichen Kredite
außerordentlich zurückhaltend ſind und wo ſie ſolche geben, Tageszin=
ſen
von 6 Prozent berechnen.
So ſehr man mit der Einſtellung der Zahlung von Lohnſicherungs=
beträgen
an Angeſtellte und Arbeiter im allgemeinen einverſtanden iſt,
ſo wenig gibt man ſich Täuſchungen über deren Folgen hin. Wenn
nicht gleichzeitig das Ruhrgebiet und die angrenzenden Bezirke in pro=
duktive
Arbeit übergeführt werden können, ſo befürchtet man, daß Hun=
derttauſende
ohne Brot und Lohn bleiben werden. Man ſieht deshalb
mit der größten Sorge der Entwicklung in den nächſten Wochen entge=
gen
. Von der Regierung erhofft man Maßnahmen im Sinne einer
Produktionsſteigerung, wie Aufhebung der Kohlenſteuer, Erzielung von
Mehrleiſtungen durch Beſeitigung der an die Tarife gebundenen hohen
Bezahlung geringfügiger Arbeitsleiſtung, Abſchaffung des ungeheuren
Beamtenapparates mit der dadurch bedingten, weitgehenden unproduk=
tiven
Arbeit uſw. Nur wenn es durch derartige Maßnahmen gelingt,
die deutſche Produktion auf einen Stand zu bringen, der die Ausfuhr
wieder ermöglicht, beſteht noch ein leiſer Schimmer von Hoffnung, daß
die Eiſenfertigwareninduſtrie im Rahmen des geſamten Erwerbslebens
vor dem Zuſammenbruch in ein Trümmerfeld bewahrt wird.
Solinger Bezirk.
Infolge der weiteren Verſchlechterung in wirtſchaftlicher und poli=
tiſcher
Beziehung, verſchlechtert ſich dementſprechend die ganze Lage im
Solinger Induſtriebezirk. Die Zunahme der Erwerbsloſenzahl war be=
trächtlich
, und es gibt ſicherlich keinen Betrieb im ganzen Bezirk, der
die volle Arbeitszeit wirtſchaftlich vertragen kann. Wenn noch einige
Betriebe voll gearbeitet haben, ſo lag der Grund hierzu nicht in ratio=
neller
ökonomiſcher Wirtſchaftslage, ſondern auf ganz anderem Ge=
biete
. Die Zahl derjenigen Firmen, die noch voll gearbeitet haben,
dürfte kaum 1 Prosent ſämtlicher Firmen des oberen Kreiſes Solingen
ausmachen. Die Wirtſchaft wartet ſehnſüchtig auf die Klärung der
Währungsfrage. Es dürfte nun höchſte Zeit ſein, daß regierungsſeitig
die Unſicherheiten, hervorgerufen durch den Zerfall der Währung, von
Grund auf beſeitigt werden. Es iſt wohl kaum mit einer Beſſerung der
Wirtſchaftlage vor Regelung dieſer Frage zu rechnen.
Velberter Bezirk.
Die Lage der Hangſchloßinduſtrie geſtaltet ſich immer troſtloſer.
Sämtliche Betriebe liegen ſozuſagen ſtill. Aber auch die Hangſchloß=
Firmen, die im unbeſetzten Gebiet liegen, haben bedeutend einſchränken
oder ſogar ſchließen müſſen, weil es einesteils an Aufträgen, andern=
teils
an Rohmaterialien fehlte.
Schmalkaldener Bezirk.
Die Verhältniſſe im Induſtriebezirk Herrſchaft Schmalkalden haben
ſich ſeit dem letzten Bericht nicht gebeſſert. Mangelnde Beſchäftigung,
Betriebseinſchränkungen, Materialknappheit das ſind die immer wie=
derkehrenden
Gründe für die ſchlechte Lage, neben dem Hauptgrund:
die Induſtrie iſt durch ihre, die Weltmarktpreiſe überſchreitenden
Preiſe nicht mehr konkurrenzfähig! Wohl hat in manchen Betrieben
die ungeheure Kursſteigerung des Dollars wieder etwas ſtärkere Be=
ſchäftigung
gebracht, aber man darf dieſe vorübergehende Beſſerung
nicht überſchätzen. Sie kann ſehr raſch wieder ins Gegenteil umſchla=
gen
. Die Löhne haben auch im hieſigen Bezirk eine phantaſtiſche Höhe
erreicht und können bei den immer noch ſteigenden Preiſen aller Le=
bensmittel
vorerſt auch nicht zurückgehen. Das Inland kauft bei dem
jetzigen Preisſtand naturgemäß nur noch minimal. Die Ausſichten für
die nächſte Zukunft ſind andauernd ungünſtig.

Der deutſche Außenhandel im Auguſt 1923.

Das Bild, das der deutſche Außenhandel im Auguſt 1923 bietet, hat
ſich gegenüber demjenigen des Vormonats nicht viel verändert. Insbe=
ſondere
haben die Ereigniſſe die eine zuverläſſige Ermittlung ſo ſehr
erſchweren, nämlich die Abſchnürung der Rheinlande und des Ruhrge=
biets
vom unbeſetzten Deutſchland, fortgedauert. Unter dem Vorbehalt,
dem infolgedeſſen alle Vergleiche unterliegen, die mit früheren Monaten
und mit dem Vorjahre angeſtellt werden, ſeien die folgenden Ziffern
gegenübergeſtellt: Es betrug die
Einfuhr
Ausfuhr

Mengen in 1000 Doppelzentnern Auguſt Juli Auguſt Juli 10745 10 533 948 903 36 840 36 972 5 963 6 462 1827 1590 3 834 3 167

Geſamt 41203 41 596
darunter
Lebensmittel und Getränke 2 531 3 020
Rohſtoffe und halbfertige
Waren . ...
Fertige Waren . . .
Die Einfuhr von Getreide iſt wiederum geſunken, zugleich diejenige
bon Müllereierzeugniſſen wiederum geſtiegen, diejenige an Bauholz und
Holz zu Holzmaſſe geſtiegen, die Ausfuhr an Bauholz und Möbeln ge=
ſunken
. Die Einfuhr an Steinkohle iſt mit annähernd 23 Millionen auf
der Höhe des Vormonats geblieben. Sie beträgt noch immer mehr als
das Doppelte des Monatsdurchſchnitts des Vorjahres. Wie im Vormonat
hat ſich die Einfuhr an Koks erneut vermehrt, ſo daß ſie jetzt mit
2½ Millionen Doppelzentner auf mehr als das Neunfache des Monats=
durchſchnitts
des Vorjahres geſtiegen iſt. Dem fteht wiederum gegen=
über
, daß die Einfuhr von Eiſenerz auf 1 202 410 Doppelzentner ge=
ſunken
iſt, gegenüber 1 215 950 Doppelzentner im Vormonat, ſo daß ſie
jetzt nur faſt /s des 9178 110 Doppelzentner betragenden Monats=
durchſchnitts
des Vorjahres ausmacht. Die Einfuhr von Manganerzen
iſt ſogar mit 2950 Doppelzentnern gegenüber 60 290 Doppelzentnern des
Vormonats faſt völlig ins Stocken gekommen. Sie beträgt wenig mehr
als 1 Prozent des Monatsdurchſchnitts des Vorjahres.
Eine leichte Verbeſſerung iſt in der Ausfuhr von Walzwerkerzeug=
niſſen
und Eiſenwaren feſtzuſtellen. Sie erreichte eine Höhe von
915 470 Doppelzentnern gegenüber 697 930 Doppelzentnern, bleibt aber
hinter dem Monatsdurchſchnitt des Vorjahres mit 1 930 020 Doppel=
zentnern
doch weit zurück. Die Ausfuhr von Maſchinen iſt dagegen mit
246 890 Doppelzentnern, gegenüber derjenigen des Vormonats, die
276 120 Doppelzentner betrug, ein wenig zurückgegangen und ſteht vor
allem weit unter dem Monatsdurchſchnitt des Vorjahres von 399 140
Doppelzentnern. Bemerkenswert bleibt noch, daß die Einfuhr von Noh=
und Brucheiſen in dieſem Monat mit 382 970 Doppelzentnern eine,
wenn auch geringe, Zunahme und ihre Ausfuhr gleichzeitig mit

299 470 Doppelzentnern eine erhebliche Abnahme erfahren hat.
Ins Gewicht fällt ſchließlich auch der Rückgang der Einfuhr an
wb.
Faſerſtoffen und Oelfrüchten.
Handel und Wandel in Heſſen.

h. Unionwerke A. G., MannheimEnzingerwerke,
Worms. Wie verlautet, ſind die Verhandlungen, durch welche beide
Unternehmungen in nahe Beziehungen zueinander treten, nunmehr ab=
geſchloſſen
.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Englands Außenhandel im Septembeg. Der
Wert der Ausfuhr ſtellte ſich auf 63836 144 Pfd. Sterl. (Zunahme
1325 045 Pfd. Sterl. Der Wert der engliſchen Einfuhr betrug im
September 83 265 581 Pfd. Sterl. und weiſt ſomit eine Zunahme von
6 499 004 Pfd. Sterl. gegenüber September 1922 auf.
h. Deutſche HolzverwertungsA.=G., Frankfurt am
Main. Die Geſellſchaft hat ſich an die in der Forſchungsgeſellſchaft
Vereinigter Porzellanfabriken G. m. b. H. in Meiningen zuſammenge=
ſchloſſenen
Porzellan= und Steingutfabriken angeſchloſſen.
h. Falcon=Werke A.=G., Frankfurt a. M. Die Bezugs=
friſt
für die neuen Aktien läuft bis 21. Oktober 1923. Auf 10 000 Mark
alte kommen 10 000 Mk. junge Aktien 4 5000 Prozent.
h. Avag, Allgemeine Induſtrie=Verkaufs=A.=G.,
Frankfurt a. M. Die außerordentliche Generalverſammlung erhöhte
das Aktienkapital um 35,5 auf 50 Mill. Mk. 17 Mill. Mk. neue Aktien
gehen an das Bankkonſortium zu 0,5 Goldmark, entſprechend dem Frank=
furter
Dollarbriefkurſe des Zahlungstages, 7 Mill. Mk. werden im Ver=
hältnis
von 2:1 den alten Aktionären angeboten, 10 Mill. Mk. werden
unter 75 Prozent Gewinnbeteiligung des Unternehmens beſtens verwer=
tet
. Der Reſt von 18,5 Mill. Mk. bleibt in den Händen der Geſellſchaft.
Neu in den Aufſichtsrat gewählt wurde Fabrikant Viktor Stockhardt=
Kronach.
* Ilſe Bergbau A.=G. Die Bezugsrechtsſteuer auf Genuß=
ſcheine
beläuft ſich auf 97 Mill. Prozent.

h. Edmund Grünewald A.=G., Frankfurt a. M. Die
außerordentliche Generalverſammlung erhöhte das Aktienkapital um 60
auf 120 Mill. Mark Stammaktien und wählte Direktor Hermann Levi
von der Deutſchen Vereinsbank in den Aufſichtsrat.
h. Portland=Zementfabrik Karlſtadt am Main
Ludwig Noth A.=G. Mit Rückſicht auf die eingetretene Geldent=
wertung
erklärte ſich die Generalverſammlung bereit, die zum 1. Januar
1924 gekündigten 4½prozentigen Schuldverſchreibungen mit 1 Million=
Prozent gleich 10 Mill. Mk. für je 1000 Mk. zurückzubezahlen, wenn die
Stücke bis zum 1. November ds. Js. zur Einlöſung vorgelegt werden.
h. Saline Salzbronn vormals de Thon u. Cie
A.=G., Heidelberg. Die Geſellſchaft beruft zum 17. November
eine außerordentliche Generalverſammlung zwecks Auflöſung der Ge=
ſellſchaft
ein.
h. Schiffs= und Maſchinenbau=A. G., Mannheim.
Das Unternehmen erzielte einen Fabrikationsgewinn von 99,44 Mill. M.
Betriebsunkoſten erforderten 42,94 Mill. M., Handlungsunkoſten und
Steuern 36,89 Mill. M., Betriebsmaterialien 15,14 Mill. Mark. Nach
290 000 M. Abſchreibungen und Abzug von 730 000 M. Zinſen verbleibt
einſchließlich Vortrag ein Reingewinn von 3,55 Mill. M., aus dem
700 000 Mark an Vorſtand und Aufſichtsrat Tantiemen zu zahlen ſind.
Eine Dividende ſoll nicht zur Ausſchüttung kommen, ſondern der Reſt
mit Rückſicht auf die unſicheren wirtſchaftlichen Verhältniſſe in Höhe
von 2,75 Mill. M. auf neue Rechnung vorgetragen werden. Die ſchon
1921 beſtandenen ungünſtigen wirtſchaftlichen Verhältniſſe hatten ſich
im Geſchäftsjahre 1922 noch verſchärft. Dazu kam der Eiſenbahner=
ſtreik
, dann der 10 Monate lange Metallarbeiterſtreik und die Schwie=
rigkeiten
in der Rohmaterialbeſchaffung, die alle zu dem ungünſtigen
Jahresreſultat beitrugen. Die Geldknappheit hinderte den programm=
mäßigen
Ausbau der Werft und Fabrikanlage, doch kann jetzt mit Be=
ſtimmtheit
geſagt werden, daß die Vervollſtändigung der Werkſtättenan=
lagen
und Werfteinrichtungen die geſamten Arbeiten in der Zukunft
hinſichtlich Schnelligkeit günſtig beeinflußt werden. Die am Sonntag
in Mannheim unter Vorſitz von Geheimrat von Wagner abgehaltene
ordentliche Generalverſammlung genehmigte den Abſchluß. Die Punkte
der Tagesordnung, betr. Statutenänderung und Umwandlung der Vor=
zugsaktien
in Stammaktien mußten aber abgeſetzt werden, da die ſat=
zungsmäßige
Mehrheit für dieſe Aenderungen nicht anweſend war,
h. Pfälziſche Lederwerke A.=G., Rodalben (Pfalz.)
Der Betrieb konnte trotz aller Schwierigkeiten ohne Einſchränkungen
aufrecht erhalten werden. Die Produktion war gleich hoch wie in den
letzten Jahren. Auch im laufenden Jahre iſt die Geſellſchaft bei ent=
ſprechendem
Nutzen voll beſchäftigt. Die Generalverſammlung beſchloß,
aus 75,3 (0,59) Mill. Mk. Reingewinn eine Dividende von 504 (22)
Prozent und einen Bonus von 500 (0) Prozent zu verteilen. Die jun=
gen
Aktien nehmen zur Hälfte an der Dividende teil.
h. Bayeriſche Bierbrauerei Zum Karlsberg‟
A.=G., Homburg (Saarpfalz). Der auf den 3. November
angeſetzten außerordentlichen Generalverſammlung ſoll die Umwandlung
des Markgrundkapitals in Franken vorgeſchlagen werden.
wb. M. Pech A. G., Berlin. Die G.=V. der M. Pech A. G.
beſchloß, das Aktienkapital von 50 auf 120 Millionen Mk. mit der Maß=
gabe
zu erhöhen, daß auf zwei alte Aktien eine neue Aktie zu 100 000
Prozent den Aktionären angeboten wird. Der Reſt von 45 Millionen
Mark ſoll an die Inag, Induſtrie=Unternehmungen A. G., zur beſten
Verwertung für die Geſellſchaft abgegeben werden. Die Aktien befin=
den
ſich zur Hälfte im Beſitz der Oskar Skaller A. G. und der Inag,
Induſtrie=Unternehmungen A. G. Die Erhöhung des Kapitals wurde
beſchloſſen, um im Auslande Filialen errichten zu können. Eine erſte
Filiale werde in Kürze in Amſterdam aufgemacht werden. Der neu
konſtituierte Aufſichtsrat beſteht aus Oskar Skaller, Generaldirektor der
Oskar Skaller A. G., K.=R. Dr. Zitzmann, Generaldirektor der Inag,
Induſtrieunternehmungen A. G., Freiherr v. Michel Raulino, A. R.= Vor=
ſitzender
der Inag, Rechtsanwalt Berlizheimer=Frankfurt a. M., Leo
Eliaſcheff, Dr. Wallich (Bankhaus J. Dreyfus u. Co.), Dr. Hahn ( Deut=
ſche
Effekten= und Wechſelbank), Frankfurt a. M. Generaldirektor der
neuen Geſellſchaft iſt Herr Viktor Eliaſcheff.
* A.=G. fürchem. Produkte vorm. H. Scheidemantel
Berlin. Von zuſtändiger Seite werden die Transakrionsgerüchte mit
den Byk Gulden Werken, Chem. Fabrik, Berlin, als unzutreffend be=
zeichnet
. Im übrigen ſoll über die gegenwärtig ſchwebenden Trans=
aktionen
im Konzern in der am 30. Oktober ſtattfindenden G.=V., die
über Kapitalsverdoppelung beſchließen ſoll, Bericht erſtättet werden.
* Kurſächſ. Braunkohlenwerke A.=G., Berlin. Die
Geſellſchaft bietet einen Teilbetrag der neu zur Ausgabe gelangenden,
ab 1. Januar 1923 dividendenberechtigten Stammaktien den alten
Aktionären derart zum Bezuge an, daß auf nom. 2000 Mk. alte nom.
1000 Mk. junge zu 60 Mill. Prozent, zuzüglich Börſenumſatz, jedoch
ausſchließlich Bezugsrechtsſteuer, bezogen werden können. Das Bezugs=
recht
iſt bis zum 29. Oktober einſchließlich auszuüben.
* Ver. Chem. Werke Charlottenburg. Der Bilanz
der Geſellſchaft per 30. 6. 1923 entnehmen wir folgende Ziffern: Grund=
ſtücke
Gebäude, Maſchinen und Utenſilien, Fuhrwerk, Patente und Be=
teiligungen
, ſowie Effektenbeſtände erſcheinen mit je 1 Mark, Kaſſe
1191000, Wechſelbeſtand 76 856 000, Brennmaterial 5,737 Mill., Waren=
beſtände
4,645 Mill., Debitoren 1,173 Milliarden, Bankguthaben 135,7
Millionen. Das Aktienkapital betrug 9 Mill. Der Reſervefonds 2,6
Mill., Steuerrücklagen 575 Mill., Kreditoren 406,7 Mill. Die Gewinn=
und Verluſtrechnung zeigt folgendes Bild: Einſchließlich eines Vortrags
aus 1221/22 wird ein Rohgewinn von 984 123 676 Mk. ausgewieſen. Zin=
ſen
erforderten 62 070 Mk., Abſchreibungen auf Grundſtücke, Effekten u.

Preisänderungen.

Anleihen.

Beteiligungen 6 943 945, Steuerrücklagen 575 Mill., ſo daß ein Netto=
Gewinn von 401 773 674 Mk. verbleibt.
* Sächſ. Werkzeug=Maſchinen=Fabrik Bernhard
Eſcher A.=G., Chemnitz. Die Geſellſchaft bringt für das abge=
laufene
Geſchäftsjahr eine Dividende von 2000 Proz. (i. V. 25 Proz.
und 25 Proz. Bonus) in Vorſchlag. Außerdem ſoll das Aktienkapital
zur Stärkung der Betriebsmittel um einen Betrag bis zu 10/. Mill.
erhöht werden. G.=V. 3. November.
* Thüringer Bleiweiß=Fabrik A.=G. vorm. Anton
Greiner Wwe, und Max Buchholz u. Co. in Oberilm
in Thüuingen. Die G.=V. ſetzte die Dividende auf 1000 Prozent
feſt. Ueber die Geſchäfte im laufenden Jahre berichtet der Vorſtand,
daß ſich hierüber ein Urteil nicht abfaſſen ließe, zumal man heute nicht
einmal auf acht Tage disponieren könne. Aufträge laufen täglich ein,
jedoch ſind die Abnehmer in letzter Zeit zurühaltender geworden.
* W. Hirſch A.=G. Tafelglasfabrik, Radeberg. Eine
zum 18, November einberufene a.v. G.=V. ſoll über Erhöhung des
Grundkapitals von 25,6 Mill. Mk. auf 60 Mill. Mk. Beſchluß faſſen
durch Ausgabe von 2,4 Mill. Inhaber=Vorzugs=Aktien und 32 Mill.
Stamm=Aktien.

mit 1316, Hafer mit 1415 Milliarden pro 100 Kilo bahnfrei Mann=
heim
. Noggen war nicht am Markte. Weizenmehl war mit 2628
Milliarden Mark pro Doppelzentner ab ſüddeutſchen Mühlen angeboten.
Futtermittel lagen ziemlich unverändert am Markt, ſo Weizenkleie zu
67 Biertreber und Malzkeime zu 66,5 und Rapskuchen zu 141,
Milliarden Mark pro 100 Kilo. An der Kolonialwarenbörſe war trotz
Deviſenrückg angs die Tendenz feſt und die Preiſe waren ſtabil. Notiert
wurde in Goldmark auf Dollarbaſis pro Kilo ab Mannheim: Kaff=
Santos roh 3,23,55, gewaſchen 44,2, Tee mittel 7,98,9, gut 9,09,9
fein 1011; inländiſcher Kakao 3,03,5, holländiſcher Kakav 3,43,3.
Burmareis 0,44, Weizengrieß 0,45 und Hartweizengrieß 0,53. Offiziell
wurden pro 100 Kilo bahnfrei Mannheim netto Kaſſe notiert: Weizen
1617, Gerſte 1415, Hafer 1315, Weizenmehl 2632, Noggenmehl
1922, Weizenkleie 55,5 alles in Milliarden. Tendenz ruhig.
h. Mannheimer Schlachtviehmarkt. Zu dem letzten
Schlachtviehmarkt waren zugetrieben: 146 Ochſen, 122 Bullen, 290 Kühe
und Rinder, 152 Kälber, 16 Schafe, 165 Schweine. Bezahlt wurden pro
Pfund Lebendgewicht für Ochſen 1. Kl. 160170, 2. Kl. 140160, 3. Kl.
130150, 4. Kl. 120140 Millionen Mk.; Farren 1. Kl. 150160, 2. Kl.
140150, 3. Kl. 135140 Millionen Mk.; Kühe und Rinder 1. Klaſſe
170180, 2. Kl. 150160, 3. Kl. 130150, 4. Kl. 120130, 5. Kl. 10
bis 120 Millionen Mk.; Kälber b) 260270, c) 250260, d) 230250
e) 210230 Millionen Mk.; Schafe a) 240260, b) 220240, c) 18
bis 200 Millionen Mk. Schweine wurden nicht notiert. Marktverlauf=
mit
Großvieh und Kälbern lebhaft, geräumt, mit Schweinen mittel=
mäßig
, ausverkauft.
h. Mannheimer Pferdemarkt. Es waren aufgetrieben
109 Arbeitspferde und 35 Schlachtpferde. Bezahlt wurden für Arbeits=
pferde
80200 Milliarden, für Schlachtpferde 2040 Milliarden. Ten=
denz
lebhaft.
wb. Verliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
kam es nicht zu lebhafteren Umſätzen. Nach dem Weſten wird der Ab=
zug
von Ware durch die Erhöhung der Eiſenbahnfrachten erſchwert
Das Inlandsgebot war klein und die Preisforderungen lauteten meiſt
höher, als man hier zu bewilligen geneigt iſt. Die Reichsgetreideſtelle
ſucht weiter Ware zu kaufen. Roggenmehl war dringend gefragt, da
die Bäcker jetzt ſelbſt für die Deckung ihres Mehlbedarfs zu ſorger
haben. Weizenmehl und infolgedeſſen auch Weizen hatten ruhigen Ver
kehr. Gerſte und Hafer, ſowie Futterartikel waren ſtill,
r. Vom Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter
ſchreibt uns: die erſten ſtantlichen Rohholzverkäufe, in denen Gebote nach
Goldmark, umgerechnet zum Tageskurſe, bei der Zahlung ſeitens der
Sägewerksinduſtrie abgegeben wurden, haben ſtattgefunden. Es iſt zu
bemerken, daß der Andrang kaufluſtiger, ſchon ſeit Jahren im Einkau
von Rohholz tätigen Sägewerksbeſitzer geringer war als früher. Die
Umſtellung der bisherigen Einkäufe von Rohholz nach der Papiermar
auf die Goldmark erfordert eine ſehr ſcharfe Kalkulation und vor allen
Dingen ſtarke Betriebsmittel. Man bemerkt daher bei den wenigen ſtaat
lichen Holzverkäufen, über die zu berichten iſt, daß meiſt neuere Firmen
vielfach auch berufsfremde Spekulanten, ſich zur Abgabe von Geboter
entſchloſſen. Die Preiſe, die gezahlt wurden es handelt ſich hierbe
vornehmlich um ſüddeutſche Holzverkäufe zeigen eine ſcharfe Annähe
rung an die höchſten Friedenspreiſe, hier und da ſogar eine Ueberſchrei
tung. Es iſt merkwürdig, mit welcher Sorgloſigkeit und Läſſigkeit viel
fach in der Sägewerksinduſtrie das verhältnismäßig geringe Goldkapital
das nach dem ſtarken Subſtanzverluſt der letzten Jahre übrig bleibt, ver
waltet wird. Genau ſo leichtfertig werden häufig die Forderungen be
Anfragen nach Lieferungen von Schnittholz aufgeſtellt. Man verwechſel.
ſcheinbar die Papiermark mit der Goldmark und glaubt, auch in Goll
die gleichen Aufſchläge bei der Kalkulation nehmen zu können, die be
Papiermarkverkäufen üblich und in gewiſſem Umfange wegen des In
flationsriſikos berechtigt waren. Die Umſätze am Schnittholzmark
waren verhältnismäßig gering. Einige Exportfirmen hatten kleine Auf
träge aus Holland zu erledigen, und ſo hörte man von verſchiedener
Verkäufen ſtärkerer guter Stammware, meiſt von 43 Millimeter auf
wärts. Einige Abſchlüſſe mit vommerelliſchen Sägewerken wurden be
kannt. Am baheriſchen und württembergiſchen Holzmarkt herrſcht groß
Ruhe. Die Sägewerke bemühen ſich um Verkäufe, können aber nu
ſchwer und für kleine Mengen Abſchlüſſe erzielen. Zu erwähnen iſt
daß die Nachfrage nach Bahnſchwellen, insbeſondere preußiſchen und
ſächſiſchen Profils 1. Kl., etwas geſtiegen iſt. Es ſcheint das auf bevor
ſtehende Aufträge der Staatsbahnverwaltungen zurückzuführen zu ſein
h. Die Handelsgebräuche des Verbands ſüddeut
ſcher Getreidebörſen und=Märkte ſind ab 15. Okt. 192:
wie folgt gültig: § 11, Abſatz 2: Falls Barzahlung gegen Duplikat
frachtbrief, Lagerſchein, Ueberweiſungsſchein uſw. vereinbart wurde, iſ
der Käufer verpflichtet, bei Vorzeigung derſelben den Kaufpreis in ba
zu bezahlen. Die Ueberſendung zu getreuen Händen iſt der Vorzeigun=
gleich
zu achten. Erfolgt die Zahlung nicht innerhalb der nach Vorzei
gung oder Eintreffen der betreffenden Dokumente folgenden 24 Stun
den, ſo iſt der Käufer in Zahlungsverzug. Der Verkäufer iſt alsdanu
berechtigt, Schadenerſatz zu verlangen und nach fruchtloſem Ablau
einer Nachfriſt von 24 Stunden vom Vertrag zurückzutreten. Die geſetz
lichen Rechte des Käufers werden dadurch nicht beeinträchtigt. Bezüg
lich der Friſt gelten in dieſem Falle die Beſtimmungen des 8 43, Ziffer
nicht. Die Friſt läuft vielmehr vom Eintreffen der Nachfriſterklärun=
an
. § 13, Abſatz 2: Der Vermittler hat mangels beſonderer Verein
barung Anſpruch auf die bedungene oder die übliche Proviſion, ſobalt
das Geſchäft zum Abſchluß gelangt iſt. Drei Tage nach Eingang de

Börſen.

* Neue Gold=Höchſt=Preiſe für Zement. Der Höchſt=
preis
für 10 000 Kilo Zement ohne Fracht und Verpackung beträgt mit
Wirkung ab 11. Oktober 23 525 Gold=Mark (4,2 Gold=Mark 1 8).
Beim Kleinverkauf unter 10 000 Kilo dürfen zugeſchlagen werden: beim
Verkauf ab Werk, Schiff oder Waggon bis zu 15 Proz., beim Verkauf
b Lager bis zu 30 Prozent.

* Die Ungariſche Auslands=Anleihe. Die Ungariſche
Regierung beabſichtigt eine ausländiſche Anleihe im Betrage von 600
bis 650 Mill. Gold=Kronen aufzunehmen. Als Sicherſtellung für dieſe
Anleihe ſollen die Brutto=Einnahmen aus der Tabak=Regie und dem
Zollgefälle im Betrage von 70 Mill. Gold=Kronen jährlich dienen. Im
Frühjahre 1923 wurde das Jahres=Defizit des Staatshaushaltes mit
100 Millionen Gold=Kronen errechnet. Wenn ſich aber das wöchentliche
Defizit von 25 Milliarden Papier=Kronen nicht verringert, ſo wird
Ende Dezember ein Jahres=Defizit von 1200 Milliarden Papier=Kronen
oder 300 Millionen Gold=Kronen kommen. In dieſem Falle würde die
Auslandsanleihe nur zur Deckung eines zweifährigen Defizits aus=
reichen
. In Ungarn macht ſich deshalb die Anſicht geltend, die Regie=
rung
müſſe auf eine Sanierung des Ungar, Staatshaushaltes hinarbei=
ten
, was nur durch eine ſtarke Herabminderung der Ausgaben und
eine ſtarke Steigerung der Einnahmen erreichbar bleibt.

fffe
Geld 1Briel Vfe
Geid Briel Autwerpen=Brüfſel. 239 400000. 240500000 Ve44307500. 246612500. Holland ....... .. ..... 1895 250000 1904 750000 1820 437500. 1829 562500. London .. 20448 750000. 20 51250000 20448 750200 20551 250000 Paris .... 299 250000. 300854000. 291 270000 222 30000 1 Schweiz. 778250000. 7819 0000. 841887500. 84 112500. Spanien" 618 450000 621550000 633437500 626 56 000 Italien". 21, 450000. 220550000. 209 475000.
210525000. Liſſabon=Sporto Dänemark 847875000 852 125000 798000000. 802 000000. Norwegen. 730 618750. 754 381250. 1703 237500. 1706 762500 Schweden 124 6875000. 125 3125000. 1216 950600. 1223 050000. Helſingfors
New=York. 12468750 12531250. 1 19 700000 120 300000. 2788000000. 4812000000. 4389 000000. 14411 000000. Deutſch=Oſterreich ( 69825. 7017:. 69825. 70175.50 Budapeſt. 239 400. 240600. 229 425. 230575 Prag".
Sofia 147 630000. 148370000.
1386 2500. 139347500.
44887500. 45 112500.

w. Deviſenmarkt. Berlin, 16. Oktober Telegr. Auszahlungen für:

Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter Ge=
treidebörſe
vom 16. Oktober. (Getreide, Hülſenfrüchte und Bier=

treber ohne Sack. Weizenmehl und Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilo.
Die Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung.) Weizen Wetterauer
1415 Milliarden, Roggen 1213 Milliarden, Sommergerſte 1314
Milliarden, Hafer inländiſcher 1012,5 Milliarden, Weizenmehl ſüddeut=
ſches
Spezial Null 2425 Milliarden (bei Waggonladung ab Mühlen=
ſtation
, Roggenmehl 2223 Milliarden, Weizen= und Roggenkleie 4,5
bis 5 Milliarden. Tendenz: behauptet.
h. Mannheimer Produktenbörſe. Selbſt der Rück=
gang
der Deviſen brachte keine beſondere Belebung in die Börſe. Man
iſt auf ſeiten der Verkäufer in Erwartung der neuen Währung weiter
zurückhaltend. Zu Geſchäftsabſchlüſſen kam es nur, wenn die Abgeber
auf die niedrigeren Gebote der Käufer eingingen, weshalb auch der Um=
ſatz
ſehr klein blieb. Die zuerſt genannten Preiſe entſprachen etwa den=
jenigen
vom Donnerstag. Man nannte Weizen mit 17,518, Gerſte

J5.5
Geio Ve
Brie Ka
B Vf
Briei Amſterdam=Rotterdam . 1476300000. Jche Tr596000000. 1604000000. Brüſſel=Antwerpen ....." 195510000. 196494 000. 213498506. 214503500. Chriſtiania . . . . . . . . .. ..." 588523000 591475000. 628425030. 43 1573000. Kopenhagen .. 364335000. 68766500 0. 714200000. 720800000. Stockholm .. 1291515000. 996485000. 1073310000. 1078690000. Helſingfors 1007 47500. 101252500. 10 427500. 10s272500. Italien. 171570000. 172430000. 1184537500 18546200. London. 16957508000 17042500ooo 18453750000. 1854620000. New=York 3730600000. 3769400000. 4049730000. 4110260060. Paris. 30422500. 231577500 1259350000. 2605 0000. Schweiz. 167 4310000. 67 2690000. 730170000. 733830000. Spanien 50872:000. 1511273000. 553612500 556387000. Wien (in D.= 52608. 52932. 57057. 57343. Prag. 111726000. 112280000. 124687500. 125312500 Budapeſt 199500. 200500. 219450. 220 50. Buenos=Aires. Hr1970000ov. 1203600004 1296750000. 1303250000. Bulgarien. 36907500 37002500. 3990000 40100000. Japan 18703 1 2500. 18796 7540. 1945000000. 2005060000. Rio de Janeir! 354112500 355887500 779430000. 381950000. Belgrad. . . 44388450. 44611250. 48378750. 48621250. Liſſabonn. . 144637.00. 145362500. 189525000. 190475000. Sofia ..

Rechnung gerat der Schuldner in Zahlungsverzug. Die Beſtimmunger
der 8§ 88 und 396 des HGB. finden ſinngemäß Anwendung. 8 15, Ab

ſatz 1: Tritt Zahlungsverzug ein, ſo iſt der Gläubiger berechtigt, Ver
zugszinſen und Speſen nach den jeweiligen Bankſätzen, unbeſchadet ſei
ner ſonſtigen Anſprüche, zu fordern. § 42, letzter Abſatz: Die handels
übliche Sackleihmiete beträgt //, Goldpfennig pro Stück und Tag, umge
rechnet zum amtlichen Berliner Briefkurs des Dollars am Tage, de
der Zahlung vorausgeht, wobei eine Goldmark als ½ Dollar zu rech
nen iſt.

wb. Berliner Börſenbericht. Angeſichts der Erwägun
gen hinſichtlich der in Angriff genommenen Währungsſanierung macht
ſich heute vormittag im Deviſenfreiverkehr eine allgemeine Zurückhal
tung geltend. Umſätze fanden gar nicht ſtatt. Die Kurſe hielten ſid
ungefähr auf dem Stand von geſtern abend. Erſt am Mittag macht
ſich eine kleine Neigung zur Abſchwächung bemerkbar. Die amtlichet
Notierungen ſtellten ſich aber noch höher als die geſtrigen und ſpäte
bewegten ſich die Preiſe wieder aufwärts, da im Gegenſatz zu geſter
für London, Neu=York und Amſterdam wieder Repartierungen vorge
nommen wurden. Deviſe Lendon wurde mit 22 Milliarden und Neu
York mit 4,5 Milliarden genannt. Das Geſchäft in Goldanleihe und i
Dollar=Schatzanweiſungen geſtaltete ſich ziemlich lebhaft unter Anpaſſun
an die Deviſenſchwankungen.

w. Deviſenmarkt. Frankfurt a M., 16, Okt. Telegr. Auszahlungen

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 12. Oktober 1923.

Seite 2.

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wenige
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orzeigt

66)

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)

Dann ſtrammte ſich der Strick unheimlich; er ſah gar nichts
mehr, und mit einem letzten Gedanken machte er ſich bereit, zu
ſterben: Herr Becker ſollte dieſes herrliche junge Weſen mit
ſeinen Hünden beſudeln dürfen . . Herr Becker hatte ſeine
Arme ausgeſtreckt, um ſie zu umſchlingen . . . ſie ..
Herr Becker hatte es getan. Aber es war die letzte Be=
wegung
, die Herr Becker in ſeinem Leben machte!
Bevor noch ſeine Hand die Großfürſtin berührt hatte, knallte
am anderen Ende der Halle ein Schuß. Ihm folgte ein Auf=
heulen
, ein Aufheulen des Todesſchmerzes; die Arme, die die
junge Fürſtin umfangen wollten, taſteten durch die Luft, und
ſchwer aufſchlagend fiel der hervorragende Geſchäftsmann auf
den Marmorboden.
Aber ehe noch das Echo des erſten Schuſſes und Herrn
Beckers Todesſchrei verklungen war, knallten ſechs neue Schüſſe,
ſo dicht hintereinander, daß ſie ſich wie ein einziger anhörten.
Der Strick, der den Hals des Großherzogs erſtickend eingeſchnürt
hatte, löſte ſich plötzlich, er ſchwankte und fiel zu Boden, aber er
konnte atmen! Dann hörte er eine Stimm= aus unendlicher
Ferne Worte rufen, die ſür ihn ganz ohne Sinn naren:
Mut, Hoheit! Auguſte, Joaguin, noch eine Salve! Tod
den Schurken keiner bekommt Pardon. "
Man röchelte und ſchrie neben ihm; es kamen drei oder vier
Schüſſe, und in der nächſten Sekunde ſpürte er, wie eine Hand
einen kalten Gegenſtand zwiſchen ſeine Handgelenke und, den
Strick preßte. Ein Schnitt, und ſie waren frei. Noch einer, und
der Strick um ſeine Füße war fort. Ein paar Sekunden mit zu=
ſammengebiſſenen
Zähnen, dann konnte er wieder die Augen
öffnen, vor denen Feuer und Raketen regneten. Er glaubte, ein
Geſicht zu erkennen, das ſich über ihn neigte, und mit einer
Zunge, die er kaum regen konnte, gelang es ihm, zu murmeln:
Kann ich . . . kann ich vielleicht etwas Kognak haben?
Das Geſicht über ihm verſchwand, und er bemerkte etwas

weiter fort zwei Beine, die niederknieten, und einen Rücken, der
ſich über etwas beugte. Plötzlich richtete er ſich auf, und eine Ge=
ſtalt
, deren er ſich vergeblich zu erinnern ſuchte, derſchwand mit
irgend etwas in den Armen.
Aus weiter Ferne, möglicherweiſe von dieſer Geſtalt, kamen
Worte, die wie leere Trommelwirbel an ſein Ohr ſchlugen:
Einen Augenblick, Hoheit, der Kognak kommt ſchon ich
muß nach meiner armen Frau ſehen.
Frau Frau, wiederholte das Gehirn des Großherzogs
matt vielleicht zwanzigmal, ohne daß dieſes Wort irgend eine
Bedeutung bekam. Dann fühlte er eine Hand unter ſeinem Kopf,
etwas Kaltes, Glattes an ſeinem Munde, und ein brennendes
Fluidum, das ſich den Weg über ſeine Lippen bahnte. Es
brannte, es brannte; dann rollte plötzlich ein Vorhana in ſeinem
Kopf in die Höhe, er ſah, hörte, fühlte, verſtand und erhob ſich,
auf einen Arm geſtützt, der, wie er jetzt ſah. Joaguin gehörte,
während ſeine Beine noch ſchwankten und ſeine Knie wie Kaſta=
gnetten
klapperten. Joaguins Hand ſtreckte ihm wieder die
Flaſche mit dem brennenden Fluidum entgegen; er machte noch
einen Schluck, der diesmal gar nicht ſo unangenehm brannte
und war endlich Herr ſeiner ſelbſt.
Sie! murmelte er. Wo iſt ſie und der Profeſſor?
Joaguin umfaßte ſeinen Herrn feſt und begann ihn behut=
ſam
nach dem Zimmer zu führen, wo Luis Hernandez eben noch
reſidiert hatte. Plötzlich erinnerte ſich Don Ramon, welche Schick=
ſale
der treue Diener hatte durchmachen müſſen; er blieb ſtehen
und lächelte ihm mitleidig zu:
Joaguin, mein armer Joaquin, ſagte er, Du haſt es
ſchlimm gehabt, nicht wahr?
Ach, wenn ich nur weiß, daß Hoheit gerettet ſind!
Im weißen Pavillon, dieſe Schurken! murmelte der Groß=
herzog
, Du mußt es ſchrecklich gehabt haben, Du und Auguſte.
Da iſt es doch noch beſſer, bei mir Koch zu ſein, nicht wahr?
Ach, Hoheit . . . ja, es war furchtbar; wären Hoheit und
der Profeſſor nicht bald gekommen, dann . . ."
Konnte der Profeſſor Euch ſo ohne weiteres befreien?
Wart Ihr bewacht?
Ja, aber er hat die Wache übermannt es waren übrigens
zwei, und uns im Handumdrehen befreit.

Dann verſchaffte er uns etwas zu eſſen und Kognak. Sonſt
hätten wir auch nicht viel ausrichten können . . . .
Der Großherzog nickte ſtumm.
Er hat ſich beſſer bewährt als ich, ſagte er. Ich ließ mich
gleich überrumpeln. Habt Ihr verſucht, bei dem großen Eingang
hereinzukommen, oder habe ich falſch geſehen?
Ja, wir waren es, Hoheit. Aber es war verſperrt. Und
ſo mußten wir hinten herumlauſen. Als wir hereinkamen,
waren ſie eben dabei, Hoheit hochzuziehen. Alle die Schurken
miteinander, und Herr Bekker verſuchte, die Dame zu umarmen.
Der Profeſſor ſtreckte nur den Arm aus, ſo, da lag der Kerl ſchon
tot da, ſchießt nur in den Haufen, auf die anderen, rief er uns
zu. Keinen Pardon, hütet Euch nur, Euren Herrn zu treffen!
Selbſt gab er drei Schüſſe ab, als er das ſagte, er hat auch die
meiſten getötet. Wir hatten zuviel Angſt, Auguſte und ich, Ew.
Hoheit zu treffen. Unſere Hände waren auch nicht ſo ſicher nach
dem Aufenthait im Pavillon".
Der Großherzog warf unwillkürlich einen Blick hinter ſich.
Da lagen die führenden Männer der Republik auf einem Haufen.
Der ſchwarzbärtige Sergeant zu oberſt mit gefletſchten Zähnen.
Ihre Körper hatten ſchon begonnen, die Starrheit des Todes
anzunehmen. Im ſelben Augenblick kam Philipp Collin ruhig
lächelnd aus dem inneren Zimmer.
Wie geht es, Hoheit? Ich fürchte, es war in letzter Minute.
Nein, Profeſſor, ſagte Don Ramon ernſt und ſtreckte die
Hand aus, in letzter Sekunde. Noch eine Sekunde, und der
Thrann wäre tot geweſen und das ſouveräne Volk Herr auf
Minorca.
Gott ſei Dank, daß ich noch zurecht kam, ſagte Herr Collin.
Für Sie und für meine arme Frau.
Don Ramons Augen brannten plötzlich von zurückgehaltenen
Tränen. Er erinnerte ſich, wie er ſie geſehen, bevor die Hilfe
kam . . . im Begriff, von Herrn Becker umarmt zu werden, im
Begriffe, das Bewußtſein zu verlieren, bei dem Anblick ſeiner
Hinrick nig .. Arme kleine Prinzeſſin! Armes Kind! Wie
hatte ſie das tun können, was ſie getan? Ihr Leben, alles hatte
ſie um ſeinetwillen gewagt, an ihn weggeworfen ihn, der
Mit Anſtrengung unterdrückte er die Tränen und nickte Phi=
lipp
zu.
(Fortſetzung folgt.)

Familiennachrichten

Statt Karten.

Hanna Rosenberg
Sigmund Sternfels
VERLOBTE
Griesheim
Frankfurt a. M.

b. D.

Lecheim
(*26652

Todes=Anzeige.
Heute mittag 12 Uhr verſchied
nach kurzem ſchweren Leiden mein
unvergeßlicher Gatte, unſer treu=
ſorgender
Vater, Sohn, Schwieger=
vater
, Bruder, Schwager u. Onkel
Herr Jahob Grieſer!
im noch nicht vollendeten 53, Le=
bensjahre
.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen:
Fran Luiſe Grieſer, geb. Eberhardt.
Darmſtadt, 16. Oktober 1923.
(*26658
Sandbergſtr. 42,
Die Beerdigung findet Donners=
tag
, den 18. Okt., nachm. 3 Uhr,
auf dem Beſſunger Friedhof ſtatt.

Todes=Anzeige.
Heute nacht entſchlief nach ſchwe=
rem
Leiden mein lieber, unver=
geßlicher
Gatte, unſer lieberSchwa=
ger
und Onkel
Herr Friedrich Ziſſel
Kanzlei=Inſpektor i. R.
(Darmſtadt, 16. Okt. 1923.
Viktoriaſtr. 61.
Frau Marie Ziſſel, geb. Seim
nebſt Verwandten.
Die Beerdigung findet Donners=
tag
nachm. 3 Uhr auf dem Nieder=
Ramſtädter Friedhof ſtatt. (*26668

Bebauungsplan.
Der von der Stadtverordneten= Ver=
ſammlung
am 11. d. Mts. gutgeheißene
Bebauungsplan für das Gelände
nördlich des Rhönrings zwiſchen
der projektierten Straße B und der
Kranichſteiner Straße liegt vom 17.
). Mts. bis 1. k. Mts. bei dem ſtädt.
Hochbauamt zur Einſicht offen.
Einwendungen gegen den Plan ſind
bei Meidung des Ausſchluſſes daſelbſt
vorzubringen.
(St.7856
Darmſtadt, den 15. Oktober 1923.
Der Oberbürgermeiſter.

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Müllerſtr. 23 (Laden), (*

Heutiger Eintray in das Handels=
regiſter
B: Firma: Heſſiſche Woll=
warenfabrik
, Aktiengeſellſchaft,
vormals Albert Loeb. Sitz: Darm=
ſtadt
. Gegenſtand des Unternehmens: 1
Herſtellung und Vertrieb von Wollwaren
jeglicher Art ſowie Herſtellung und Ver=
trieb
verwandter Warengattungen; 2.
Tätigung von allen Geſchäften, welche
damit in Verbindung ſtehen und deren
Zwecke der Geſellſchaft dienlich ſein kön=
nen
; ebenſo Erwerb eines oder mehrerer
Grundſtücke für die Zwecke der Geſell=
ſchaft
; 3. Uebernahme und Fortbetrieb
des unter der Firma Albert Loeb zu
Darmſtadt betriebenen Unternehmens
Grundkapital: 10 500000 Mark. Vor=
ſtand
: Fabrikant Albert Loeb in Darm
ſtadt, Kaufmann Carl Jſay in Wands
bei=Hamburg. Der Geſellſchaftsvertrag
iſt am 6. Juli 1923 feſtgeſtellt. Die Ge=
ſellſchaft
wird vertreten: a) wenn der
Vorſtand aus einer Perſon beſteht, durch
dieſe; b) wenn er aus mehreren Per=
ſonen
beſteht, durch zwei Vorſtandsmit=
glieder
oder durch ein Vorſtandsmitgliet
und einen Prokuriſten. Es können auch
ſtellvertretende Vorſtandsmitglieder er=
nannt
werden, die in Beziehung auf die
Vertretungsbefugnis den ordentlichen
Mitgliedern gleichſtehen. Dem Aufſichts=
rat
ſteht das Recht zu, einzelnen Mit=
gliedern
des Vorſtandes die Befugnis zu
erteilen, die Geſellſchaft allein zu ver=
treten
. Dieſes Recht ſteht den Gründern
hinſichtlich des von ihnen beſtellten Vor=
ſtandes
zu. Jeder der Vorſtandsmit=
mitglieder
, Albert Loeb und Carl Jſay,
iſt befugt, die Geſellſchaft allein zu ver=
treten
. Das Grundkapital iſt eingeteilt
in 10000 auf den Inhaber lautende
Stammaktien von je 1000 Mark und in
500 auf Namen lautende Vorzugs=
aktien
von je 1000 Mark. Die Vorzugs=
aktien
genießen eine auf 6‟% begrenzte
Vorzugsdividende gemäß § 24 des Ge=
ſellſchaftsvertrags
und erhalten im Falle
einer Liquidation aus dem nach Berichti=
gung
der Schulden bleibenden Vermögen
der Geſellſchaft ihren Nominalwert,
bezw. in dem Falle, daß ſie nicht voll
eingezahlt ſind, den eingezahlten Betrag.
Jede Stammaktie hat eine Stimme, jede
Vorzugsaktie hat 20 Stimmen. Die Aktien
werden zum Nennbetrag ausgegeben.
Der Vorſtand beſteht nach Beſtimmung
des Aufſichtsrates aus einer Perſon oder
mehreren Mitgliedern. Der Aufſichtsrat
beſtellt die Vorſtandsmitglieder und ihre
Stellvertreter zu notariellem Protokoll
Der erſte Vorſtand iſt von den Gründern
beſtellt. Die Beruſung der Generalver=
ſammlung
erfolgt durch einmalige Be=
kanntmachung
im Deutſchen Reichsan=
zeiger
. Die Bekanntmachungen der Ge=
ſellſchaft
erfolgen im Deutſchen Reichs=
anzeiger
, und zwar einmal. Der Mit=
gründer
Albert Loeb bringt auf das
Grundkapital in die Geſellſchaft ein ſein
unter der Firma Albert Loeb zu Darm=
ſtadt
betriebenes Geſchäft auf der Grund=
lage
der Bilanz per 31. 12. 1922, wofür er
Stammaklien im Nennwert von 4 998000
Mark erhält. Der Mitgründer Carl Jſay für ſoliden Maſſen=
bringt
auf das Grundkapital in die Ge=
ſellſchaft
ein Maſchinen und Anlage=
Gegenſtände laut Anlage B des Geſell= ſtraße !.
ſchaftsvertrags, wofür er Stammaktien
im Nennwert von 4999000 Mark er=
hält
. Die Gründer der Geſellſchaft, die
ſämtliche Aktien übernommen haben, Erfurt, Neuwerkſtr.
ſind: 1. Albert Loeb, Fabrikant in Darm=
ſtadt
, 2. Carl Jſay, Kaufmann in Wands= Nebenberdienſl
bek=Hamburg, 3. Martin Eichelgrün,
Fabrikbeſitzer in Frankfurt a. M., 4. Leo=
pold
Fiſchl, Kaufmann in Darmſtadt,
5. Sally Levi, Rechtsanwalt in Darm=
ſtadt
. Den erſten Aufſichtsrat bilden:
der vorher unter 3. Genannte, Bank=
direktor
Bernhard Pfotenhauer in Darm=
ſtadt
und Fabrikbeſitzer Ludwig Arzt in
Michelſtadt. Von den mit der Anmel=
dung
der Geſellſchaft eingereichten Schrift=
ſtücken
, insbeſondere von dem Prüfungs=
berichte
des Vorſtandes und Aufſichtsrats
ſowie der Reviſoren, kann bei dem Ge=
richte
, von dem Prüfungsberichte der
Reviſoren auch bei der Handelskammer
Darmſtadt Einſicht genommen werden.
Darmſtadt, den 8. Okt. 1923. (7832
Heſſiſches Amtsgericht Darmſtadt I.

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Vertr. geſ f. V. D. E.=
Artikel. Künzel,

Heutiger Eintrag in das Handels=
regiſter
B: Firma: Darmſtädter Cellu=
loid
= und Galalithwarenfabrik,
Aktiengeſellſchaft. Sitz: Darmſtadt.
Gegenſtand des Unternehmens: Herſtel=
lung
und Vertrieb von Celluloid= und
Galalithwaren ſowie verwandter Artikel.
Grundkapital: 10 000 000 Mark. Der
Geſellſchaftsvertrag, iſt am 1. Juli 192:
feſtgeſtellt. Die Geſellſchaft wird ver=
treten
: a) wenn der Vorſtand aus einer
Perſon beſteht, durch dieſe, b) wenn er
aus mehreren Perſonen beſteht, durch
zwei Vorſtandsmitglieder oder durch ein
Vorſtandsmitglied und einen Prokuriſten.
Stellvertretende Vorſtandsmitglieder kön=
nen
ernannt werd n. Der gemäß dem
Geſellſchaftsvertrag gewählte Aufſichts=
rat
hat das Recht, einzelnen Vorſtands=
mitgliedern
die Befugnis zu erteilen, die
Geſellſchaft allein zu vertreten. Dasſelbe
Recht ſteht den Gründern hinſichtlich der
von ihnen beſtellten Vorſtandsmitglieder
zu. Vorſtand: Joſef Räſch, Kaufmann,
Robert Dörr, Kaufmann, und Geor
Merkel, Betriebsführer, alle in Darm=
ſtadt
. Das Grundkapital iſt eingeteilt
in 100 Aktien von je 100 000 Mk. Nenn=
betrag
. Die Aktien lauten auf den In=
haber
nnd werden zum Nennwert aus=
gegeben
. Die Beſtellung des Vorſtands
und die Feſtſetzung der Zahl der Vor=
ſtandsmitglieder
erfolgen durch den Auf=
ſichtsrat
zu notariellem Protokoll. Der
erſte Vorſtand iſt von den Gründern be=

ſtellt. Die öffentlichen Bekauntmachungen
der Geſellſchaft erfolgen im Deutſchen
Reichsanzeiger, und zwar einmal. Die
Berufung der Generalverſammlung er=
folgt
durch Veröffentlichung im Deutſchen
Reichsanzeiger mindeſtens 17 Tage vor
dem Tage der Verſammlung. Die Grün=
der
der Geſellſchaft, die ſämtliche Aktien
übernommen haben, ſind: 1. Joſef Räſch,
Kaufmann, 2. Robert Dörr, Kaufmann,
3. Ernſt Kälber, Kaufmann, 4. Albert
Horn, Kaufmann, 5. Siegfried Samuel,
Kaufmann, 6. Georg Merkel, Betriebs=
führer
, zu 1, 2, 3 und 6 in Darmſtadt,
zu 4 und 5 in Cöln. Den erſten Auf=
ſichtsrat
bilden: die vorher unter 3, 4
und 5 Genannten ſowie Dr. Paul Cappel,
Rechtsanwalt in Cöln. Von den mit
der Anmeldung der Geſellſchaft einge=
reichten
Schriftſtücken, insbeſondere von
dem Prüfungsbericht des Vorſtandes
und Aufſichtsrates ſowie der Reviſoren,
kann bei dem Gerichte, von dem Prü=
fungsbericht
der Reviſoren, auch bei der
Handelskammer Darmſtadt Einſicht ge=
nommen
werden.
(7810
Darmſtadt, den 3. Okt. 1923.
Amtsgericht Darmſtadt I.

Bekanntmachung.
Gutſcheine für Stromlieferung ſind
bis zum 21. d8. Mts. einſchließlich von
8 bis 4 Uhr an unſerer Kaſſe, Luiſen=
ſtraße
14, zu erhalten.
(7866
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findet rüſtiger Pen=
ſionär
durch Einkaſ=
ſieren
v. Quittungen.
Meld. an Kullmann,
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Aktien=Geſellſchaft
Darmſtadt.

Erlodter MIAe dieu

Krähberg-Rennen
des Hessischen Automobil-Clubs
. 99 Teilnehmer
Rennen bis 4 PS
Sieger Graf Hagenburg auf Fafag 4 Min. 46½ Sek.
Nachfolgend die anderen Resultate:
Rennen bis 5 P5
I. Heußer auf Wanderer, 16 ventil. Taga-Florio-Type 4 Min. 34 Sek.
94/s
II. Wruck NSU
5
III. Guntrum, HAG
5 13'Ig
Rennen bis 6 P5
I. Caracciola auf 6 PS Kompressor-Mercedes . .
II. Schaede auf Ley
56½s
III. Gömmeri auf Fiat
5
Rennen bis 8 P5
I. Wendel auf NSU.
II. Uhling auf Dürkopp
5
19,e
Rennen bis 10 P5
I. Rosenberger auf Kompressor Mercedes
18:
II. Köllner auf Steiger
44
III. Gischel auf Presto
48ſ.

Rennen über 10 PS
I. Jörns auf 14 PS Opel
4
27
II. Kaufmann auf 3 Liter Steiger
4
27
III. Goebel auf 18,100 Adler".
45
Rennwagen bis 5 PS
I. Haagner auf Wanderer, 16 ventil. Taga-Florio-Typ 4
40
II. Glöckler auf 5 PS NSU Auus-Siegerwagen . . 5 21
Aus obigen Angaben dürfte sich die große Ueberlegen-
heit
unseres Fahrikates erneut schlagend ergeben.
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