Darmstädter Tagblatt 1923


07. Oktober 1923

[  ][ ]

Inzeigenſchlüſſel 100000

Einzelnummer 6 Millionen Mark

Bezugspreis:

ſei wöchentich 2maligem Erſcheinen bis 14. Okiober
2 Miſonen M. und 4 Millonen M. Abtrage=
ebühr
, Abgeholt 4041. Millionen M., durch die
genturen 4 Mllionen M. frei Haus. Poſbezugs=
eis
40000 M. Grundpreis, Schlüiſſelzahl. 3000
teibleibend). Verantwortiſchkeit für Aufnahme von
meigen an beſimmten Tagen wird nicht übemom=
en
. Nchterſcheſnen einzeler. Nummern, imfolge
ſherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur Kür=
ng
de Bezugspreſe. Beſtellngen und Wbbeſeie.
ngen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
Poſiſcheckonto: Franfurt a. M. 4304.

Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſfattet.
Nummer 277
Sonntag, den 2. Oktober 1923
186. Jahrgang

Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 150 Mark,
Finanz=Anzelgen 200 Mark, Rekamezeſle (092 mm
breſtl 800 Mark. Anzelgen von auewärts 200 M.
Finanz=Anzeigen 300 Mark, 92 mm breſte Reklame=
eſe
400 Mal. Dieſe Preſe ſnd mit der ſeweſs
gültigen Schlüſſelzahl zu mitiblizieren. Im
Falle höherer Gewali, wie Krſeg, Aufruhr, Sireit
uſw., erliſcht ſede Verpſſchtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Teiſtung von Schadenerſatz
Bel Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt
ſeder Nabat weg. Bonktonto: Deutſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.

und

Das zweite Kabinett Streſemann.

*

Wiederkehr der großen Koalition. Die Regierungserklärung. Reichskanzler Dr. Streſemann über die Aufhebung
ſes poſſien Widerſandes. Es giebteine Grenze der Geduſd des deuſchen Volkes.Ein imnerpolitiſches Programm.
handlungen zu gehen. Man kann wohl die Frage aufwerfen, ob
Die Zuſammenſetzung des Kabinetts.
wir den paſſiven Widerſtand aufgeben mußten. Naturgemäß
Streſemanns zweiter Anlauf.
mußte ſich daraus ergeben, daß die Wirkung des paſſiven Wider=

Dr.

Von
Falter Croll, Berlin.

Wer des Programm Streſemanns zu der Einführung ſeines
neuen Kabinetts hören wollte, wurde fünf Tage lang auf die
Folter geſpannt. Bereits am 2. Oktober hat die Vollſitzung des
ſteichstags ſtattfinden ſollen, der endlich am Samstag nachmit=
ag
zur Entgegennahme der Regierungserklärung zuſammen=
rat
. Nach der eineinhalbſtündigen Rede des Kabinettschefs be=
chloß
das Plenum, die Ausſprache über das Regierungspro=
ramm
auf den Montag zu vertagen. Es wurde von Vielen im
Sitzungsſaale und auf den Tribünen nicht als eine bloße Rede=
lütte
aufgefaßt, als der rechtsradikale Abgeordnete Graefe=Gol=
Gbee nach der Programmerklärung im Hinblick auf das Fehlen
veſentlich neuer Mowente in der Kanzlerrede für einen baldigen
kintritt in die Ausſprache plädierte. Auch die Zuſammenſetzung
es neuen Kabinetts iſt nicht derart umwälzend, daß man daran
angatmige und grundſtürzende Betrachtungen knüpfen könnte.
Statt der beiden Flügelmänner im Kabinett des volks=
arteilichen
Wirtſchaftsminiſters von Naumer und des ſozial=
emokratiſchen
Finanzminiſters Dr. Hilferding wird Dr. Koeth,
er dem Zentrum nahe ſteht, Wirtſchaftsminiſter, und der bis=
erige
Ernährungsminiſter Finanzminiſter. Das Ernährungs=
tiniſterium
bleibt vorläufig unbeſetzt und wird augenſcheinlich
ir einen Vertrauensmann in der Landwirtſchaft aufgehoben.
kein äußerlich bot die Reichstagsſitzung dasſelbe Bild, wie bei
en früheren großen Tagen der letzten Zeit. Die radikale
inke randalierte und bemühte ſich mit Erfolg, das Anſehen des
eutſchen Parlaments vor den Augen des eigenen Volkes herab=
zſetzen
. In der Mitte brach wiederholt lebhafter Beifall los und
flanzte ſich auf den Tribünen fort.
Obwohl in der Tat ein neuer Kurs, des neuen Kabinetts
icht zu erkennen iſt, war die Rede durchaus ernſt und gedanken=
eich
. Alle national empfindenden Kreiſe unſeres Volkes wer=
en
es dem Kanzler Dank wiſſen, daß er rückhaltlos einen
lerdings offen zu Tage liegenden Mißerfolg ſeiner Politik
ugegeben hat: die Einſtellung des paſſiven Widerſtandes hat
ine Verbeſſerung der außenpolitiſchen Lage des Deutſchen Rei=
es
zur Folge gehabt. Dr. Streſemann ging darauf ein, ob ein
üherer Abbruch des immer ausſichtsloſer werdenden Kampfes
ielleicht vorzuziehen geweſen wäre. Er berief ſich auf die Rede,
elche der britiſche Außenminiſter Lord Curzon am Freitag
uf der britiſchen Reichskonferenz in London gehalten hat, in
zelcher der britiſche Staatsmann hervorgehoben hatte, er habe
dr. Cuno ſtets zur Aufgabe des paſſiven Widerſtandes geraten.
dagegen ſagte Dr. Streſemann nichts darüber, daß bei beſſerer
nauzieller Rüſtung und wohl auch bei feſterem außenpoli=
ſchem
Kurs die Chancen des deutſchen Abwehrkampfs gün=
iger
geweſen wären. Der Reichskanzler hatte ſich alsbald nach
er Uebernahme der Regierung mit den Vertretern der beſetz=
en
Gebiete in Verbindung geſetzt und die Gewißheit erlangt,
die weitgehende Unterſtützung durch das Reich eine bedenk=
ſche
Demoraliſierung der Bevölkerung zur Folge gehabt hat.
éon einer Kapitulation kann man doch nicht reden, wenn man
ie Methoden des Kampfes ändert und auf ein unwirkſam ge=
vordenes
Mittel verzichtet, ſondern nur dann, wenn man das
Ziel preisgibt. Die Ziele ſeien nach wie vor: Nückkehr der ver=
riebenen
Bewohner und Befreiung der deutſchen Landesteile
m Rhein. In bezug auf die Haltung der Beſatzungsmächte hat
er Regierungschef ſich keinerlei Illuſionen hingegeben, ſondern
ſets eine Verſchärfung der Lage und eine Verlängerung der Lei=
enszeit
für die Bewohner des deutſchen Weſtens für wahrſchein=
ich
erklärt. Nach rechts und nach links gab es ſcharfe Zurück=
veiſungen
und Gegenangriffe. Seine Erklärung, er wolle dem
eutſchen Volke die Wiederverfügung über die Weſtgebiete ver=
chaffen
, ſei keine materialiſtiſche Auffaſſung der Dinge. Er ſei
m Gegenteil der Ueberzeugung, daß der Wiederaufſtieg aus dem
Sittlichen hervorgehen müſſe. Durch den paſſiven Widerſtand
ei bewieſen worden, daß im Deutſchen Reiche keine irgendwie
edeutſame Gruppe oder Schicht ſei, wie von franzöſiſcher Seite
ehauptet worden ſei, die nur darauf warte, dem Landesfeind
In die Arme zu ſinken. Sieht man von einer ſtändigen Requiſi=
ion
einer deutſchen Kanzlerrede: Bekenntnis zur föderativen
Zerfaſſung des Reiches und Darſtellung unſerer traurigen Wirt=
chafts
=, Finanz= und Währungslage ab, ſo iſt an der Streſe=
nannſchen
Rede bemerkenswert, daß der Kanzler direkte neue
Bege einer erfolgreichen Außenpolitik nicht aufzuzeigen ver=
nochte
. Er wies in der Fortführung des inneren Reformwerkes
ind nicht in irgendwelchen Intrigen oder in einer beſonderen
Orientierung die Vorbedingung für eine Aenderung der außen=
ſolitiſchen
Lage. Dieſes Werk ſchnell und wirkungsvoll durch=
uführen
, iſt der Zweck der vom zweiten Kabinett Streſemann
eforderten vorübergehenden Aufhebung des parlamentariſchen
Aprarates.
Um die Geſetze zur Steuer=, Währung= und Produktions=
eform
energiſch durchführen zu können, will der Reichskanzler
om Reichstag eine Ermächtigung zu Verordnungen auf ſolchen
Bebieten haben, welche verfaſſungsmäßig dem Reichstag über=
aſſen
ſind. Es ſcheint, als ob auch die Sozialdemokratie dem
Ermächtigungsgeſetz zuſtimmen werde, wenn auch unter ge=
viſſen
Vorbehalten auf dem Gebiete der Sozialpolitik und der
Produktion. Sollte ſie ſich hierzu nicht bereit ſehen können, ſo
ſt es Pflicht der bürgerlichen Koalitionsparteien, gegen ein der=
utiges
Kompromiß Front zu machen. Wenn die innere Reform
virklich die einzige poſitive Maßnahme der deutſchen Außen=
zolitik
iſt, ſo muß wenigſtens verhindert werden, daß ſie durch
zarlamentariſche Quertreibereien verzögert und verfälſcht wird.
Denn ein zweiter Anlauf Streſemanns wird vielleicht ein Stück
Wegs zur Rettung und Befreiung führen.

Berlin, 6. Okt. (Wolff.) Das neue Kabinett ſetzt
ſich wie folgt zuſammen:
Dr. Streſemann, Reichskanzler, zugleich mit der
Führung der Geſchäfte des Auswärtigen Amtes
beauftragt:
Schmidt, Wiederaufbauminiſter;
Sollmann, Reichsminiſter des Innern;
Dr. Luther, Reichsfinanzminiſter:
Dr. H. C. Kveth, Reichswirtſchaftsminiſter;
Dr. Brauns, Reichsarbeitsminiſter:
Dr. Radbruch, Reichsjuſtizminiſter;
Dr. Geßler, Reichswehrminiſter:
Hoefle, Reichspoſtminiſter:
Oeſer, Reichsverkehrsminiſter:
Fuchs, Miniſter für die beſetzten Gebiete.
Der Reichsernährungsminiſter iſt noch unbe=
kannt
.

Sitzungsbericht.

* Berlin, 6. Okt. (Eigener Bericht.)
Die heutige Reichstagsſitzung begann um 2,30 Uhr nach=
mittags
.
Am Regierungstiſche hatten Platz genommen: Reichskanzler
Dr. Streſemann, Arbeitsminiſter Dr. Brauns Innen=
miniſter
Sollmann, Juſtizminiſter Dr. Radbruch, Wehr=
miniſter
Geßler, Verkehrsminiſter Oeſer Poſtminiſter
Hoefle, Finanzminiſter Dr. Luther, Wirtſchaftsminiſter
Dr. Koeth.
Die Tribünen ſind überfüllt, das Haus iſt gut beſucht.
Von der Tagesordnung wird das Ermächtigungs=
geſetz
und das Geſetz über die Errichtung einer
Währungsbank abgeſetzt.
Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abgeordneter
Koenen (Komm.) mit heftigen Ausfällen gegen die bayeriſche
Regierung, einen Antrag ſofort zur Beratung zu ſtellen, der
die Aufhebung der bayeriſchen Streikverord=
nung
fordert.
Abg. Höllein (Komm) beantragt weiter, einen Antrag
ſofort zu behandeln, der die Aufhebung der vom Wehrmini=
ſter
verordneten Vorzenſur über Nachrichten von
Unruhen verlangt. Auf Vorſchlag des Präſidenten werden
beide Anträge mit der Ausſprache verbunden.
Auf der Tagesordnung ſteht an erſter Stelle die Ent=
gegennahme
einer Erklärung der Regierung.
Reichskanzler Dr. Streſemann erhält ſofort das Wort. Er
wird von den Kommuniſten mit lärmenden Zurufen empfangen.
Sie rufen: Der Vertreter von Stinnes!. Die Kuliſſe für
Stinnes!
Reichskanzler Dr. Streſemann
erklärt: Ich will hier über die Neubildung der Regie=
rung
ſprechen. Ich kann die Herren Zurufer nur verſichern,
daß Herr Stinnes mit dieſer Neubildung nichts zu tun hat.
Der Vergleich mit der Kuliſſe iſt daher ſehr wenig angebracht.
(Heitere Zuſtimmung) Der Reichskanzler weiſt dann darauf
hin, daß die Regierungsneubildung ſich auf partei=
politiſcher
Grundlage vollzogen habe. Neu iſt Wirt=
ſchaftsminiſter
Dr. Koeth, Finanzminiſter wurde
Dr. Luther. Das Ernährungsminiſterium ſoll noch
mit einem Vertrauensmann der Landwirtſchaft
beſetzt werden. Der Reichskanzler hebt dann hervor, daß die
Vorgänge der letzten Tage ſehr ſcharfe Kritik er=
fahren
habe, daß man geſagt habe, der Parlamentaris=
mus
habe verſagt. Demgegenüber müſſe gefragt werden,
ob denn nicht auch
die Wirtſchaft verſagt
habe, indem ſie ſich dem Staat nicht zur Verfügung ſtellte. ( Zu=
ſtimmung
bei der Mehrheit.) Der Kanzler verweiſt auf die
dauernden Bemühungen, zu den Miniſterien der Landwirtſchaft,
der Finanzen, des Verkehrs und der Poſt Männer des prakti=
ſchen
Lebens heranzuziehen, die in dem Fehlen ſolcher Perſön=
lichkeiten
einen weſentlichen Grund zum Verſagen der Staats=
verwaltung
ſahen. Die ſich zur Verfügung ſtellten, wären faſt
immer aus dem Beamtentum zur Wirtſchaft gekommen. Parla=
mentarismus
mache man nicht durch Reſolutionen, wohl aber
durch praktiſches Mitarbeiten, indem man zeigt, daß man die
Dinge beſſer meiſtern kann. Die Vorgänge der letzten Tage geben
gewiß zu beträchtlicher Kritik Anlaß, aber es iſt ein Irrtum, zu
glauben, daß es ſich um einen Kampf um eine ardere politiſche
Einſtellung handelt. Wir treten an den Reichstag heran, um ein
Ermächtigungsgeſetz zu erhalten.
Das Kabinett wollte Vollmachten, die weit hinaus=
gingen
über das, was jemals ein Kabinett an Voll=
machten
beſaß.
Es war ganz klar, daß bei der Bedeutung der Sachlage dem
Kabinett nicht eine Blankovollmacht gegeben werden
konnte, ſondern daß man ſich wenigſtens über die Grundlagen
der Wirtſchafts=, Finanz= und Sozialpolitik klar werden mußte.
Bei der Bedeutung dieſer Fragen entſtanden die Differen=
zen
, die ſich bei der Neubildung des Kabinetts gezeigt haben.
Der Kanzler geht dann auf die außenpolitiſchen Verhältniſſe
über und bedauert die deutſchnationale Kritik an
der Einſtellung des paſſiven Widerſtandes. Der
Ruhrkampf, der ſeit Januar unter Bedrückungen und Gewalt=
tätigkeiten
geführt wurde, habe eine ſeeliſche Depreſſion ausgelöſt.
Die Idee des Widerſtandes
kann nur die ſein, durch den Schaden, den wir den Einbruchs=
mächten
zufügen, dieſe zu zwingen, mit uns den Weg der Ver=

ſtandes ſich abſchwächen würde. Niemand hätte im Januar ge=
glaubt
, daß das deutſche Volk 9 Monate lang derartige Be=
drückungen
ertragen würde. Die Bevölkerung hat er=
tragen
, was über das Maß und die Grenzen
deſſen hinausgeht, was Menſchen, irgendwie
ertragen können. (Lebhafter Beifall.) Die Situation, die
wir vorfanden, war die eines nicht mehr auf der Höhe ſtehenden
Widerſtandes. Je ſchwächer der Widerſtand wurde deſto ſchwe=
ner
wurde es, ihn irgendwie diplomatiſch für Deutſchland auszu=
nutzen
. Das Verſagen auf finanziellem und mate=
riellem
Gebiet zeigte den Einbruchsmächten wie ein Baro=
meter
, wie es mit Deutſchland ſtand. Den Verfall der Währung
konnte keine techniſche Maßnahme aufhalten. Man ſah daran,
daß Deutſchland finanziell am Unterliegen war. Es ſchwand
damit die Möglichkeit, mit dem paſſiven Widerſtand etwas zu er=
reichen
. Dazu kamen die Wünſche aus den beſetzten Gebieten
über Abbruch des Widerſtandes. Der Reichskanzler erinnert
daran, daß Oberbürgermeiſter Jarres auf ſeine Frage erklärt
habe, daß der Widerſtand nur eine kurze Periode noch geführt
werden könne und ſich dann ſelbſt auflöſen werde.
Der Kanzler gibt dann Auskunft über die Verhand=
lungen
, die mit der Aufgabe des paſſiven Wider=
ſtandes
im Zuſammenhang ſtänden. Man war bemüht, die
Freiheit der Gefangenen und die Rückkehr der
Vertriebenen zu ereichen. Es wurde aber bedingungsloſe
Aufgabe des paſſiven Widerſtandes gefordert. Der Kanzler be=
ſpricht
dann die Kritik an der Regierung und den
Vorwurf, die Reichsregierung hätte einſeitig einen Kurs=
wechſel
vorgenommen. Er erklärt, der Verſuch, einen Allier=
ten
gegen den anderen auszuſpielen man hatte dabei beſon=
ders
an England gedacht wäre eine politiſche Dummheit ge=
weſen
. (Wiederholte Zurufe des deutſchnationalen Abgeordne=
ten
1. Grgefe.)
Die einzige Möglichkeit der Löſung des Reparations=
problems
könne nur beſtehen in einer Vereinbarung zwi=
ſchen
den Allierten einerſeits und Deutſchland anderer=
ſeits
.
(Zuruf des Abg. v. Weſtarp: Da können Sie lange warten). Es
müſſe zugegeben werden, daß kein außenpolitiſcher
Erfolg, erreicht worden iſt. Der Reichskanzler führt wei=
ter
aus, daß er die Vertreter der beſetzten Gebiete vor der Illu=
ſion
gewarnt habe, als ob die Aufgabe des Widerſtandes eine
Erleichterung der Verſtändigung bringen würde. Er habe da=
rauf
hingewieſen, daß wir neuen ſehr ſchweren Bedin=
gungen
entgegen ſehen. Dr. Streſemann verwahrt
ſich dann gegen den Vorwurf, daß die Regierung mit ihrem
Vorgehen den Feinden genützt hätte. Der paſſive Widerſtand
mußte aufgegeben werden, weil wir hinſichtlich der deutſchen
Verhältniſſe nicht ſehenden Auges ſtürzen wollten.
Der paſſive Widerſtand wurde aufgegeben dem deut=
ſchen
Volke zu Liebe und nicht dem franzöſiſchen Bolk
zu Liebe.
Hätte denn ſeine Fortführung zur Freiheit geführt? Der Wider=
ſtand
war nach 9 Monaten kein Kampf mehr. Er brachte uns
die finanzielle Zerrüttung, den Markverfall.
Wenn infolge der finanziellen Zerrüttung der Kampf aufge=
geben
werden mußte, ſo geſchah es in dem Gedanken, daß eine
Feſtung kapituliert, weil ſie keinerlei Proviant mehr hat oder die
Gefahr beſteht, daß das ganze Volk ſich nicht mehr ernähren
kann. Das iſt eine Sache, der man ſich als natio=
naler
Mann, zu beugen hat. Der Reichskanzler er=
klärt
, wenn geſagt wurde, daß ein ſolcher Reichskanzler
vor den Staatsgerichtshof gehöre, ſo ſei er gern
bereit, ſich vor jedem Staatsgerichtshof zu ver=
antworten
, für das, was er getan habe. ( Lebhaf=
ter
Beifall.) Der Mut, die Aufgabe des paſſiven Widerſtandes
zu verantworten, ſei viel mehr national als die Phraſen, mit
denen darüber geſpottet werde. GBeifall). Er hätte als Führer
ſeiner Partei nicht nur die eigene politiſche Stellung, ſondern
auch die Partei auf das Spiel geſetzt. Im deutſchen Volk
fehle uns noch der Mut zur Verantwortlich=
keit
. (Zuſtimmung.) Die Idee unterliege der macht=
politiſchen
Einſtellung der Verhältniſſe. Die=
jenigen
haben gelogen, die geſagt haben, daß es im Rheinland
einen deutſchen Stand gäbe, der ſich freuen würde, zu Frankreich
zu kommen. Die Bevölkerung ſteht in Not und Elend zum
deutſchen Vaterland (Beifall und Händeklatſchen.) Der Reichs=
kanzler
dankt den Männern der Schutzpolizei, die in Düſſeldorf
ihre Pſlicht getan haben. Den Trägern des paſſiven Widerſtan=
des
gebührt der Dank des ganzen Volkes. (Erneuter Beifall.)
Der Kanzler wendet ſich dann der Außenpolitik zu.
Auf das deutſche Memorandum vom 7. Juni ſei noch
keine Antwort eingegangen. Nicht einmal von England
(Hört, Hört). Die Behandlung, die Deutſchland ſeit dem Frie=
densvertrag
von Verſailles erfahren habe, dauere in den einge=
ſchlagenen
Formen fort.
Das deutſche Reparationsangebot ſei das weitgehendſte,
das jemals ein Volk angeboten habe.
(Hört, hört.) Es wurde ſogar der große Gedanke aufgeworfen,
auch das Vermögen der Privatwirtſchaft haftbar
zu machen, um aus der wirtſchaftlichen Knechtſchaft heraus=
zukommen
. Die Denkſchrift der Reichsregierung
über die Behandlung der deutſchen Angebote
ſei ein Stück Veltgeſchichte. (Hört, hört). Niemals
ſoll aber die Forderung der Wiederherſtellung der deutſchen
Hoheitsrechte über das Ruhrgebiet und der Kampf um die
Menſchheitsrechte der Bevölkerung aufgegeben werden. ( Leb=
haſter
Beifall.) Die deutſche Anfrage über die Wieder=
herſtellung
geordneter Zuſtände im beſetzten Gebiete iſt nicht

[ ][  ][ ]

Seite 2.

Rummer 273

Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 2. Oktober 1923.

beantwortet worden. Sie ſoll wiederholt werden. Erfreu=
lich
wäre es, wenn kein Eid von den Beamten gefordert würde.
Uns iſt der Boden dort, uns iſt das Land, uns iſt die Hoheit in
dieſem Land. (Stürmiſcher Beifall.) Das bleibt beſtehen und
ſoll in aller Zukunft ſo bleiben. Frankreich hat die Gelegenheit,
ſeinen Verſtändigungswillen zu zeigen.
Unſer Wille iſt der der Verſtändigung, aber es gibt eine
Grenze der Geduld des deutſchen Volkes.
Der Kanzler verweiſt auf die Erregung im Volk, die
ſich hin und wieder in ſcharfen Formen bemerkbar gemacht habe.
zragen der Staatsform und der Dynaſtie müſ=
ſen
in der heutigen Zeit dem Geſamtempfinden völ=
lig
fernſtehen. Notwendig war die Verhängung des
Velagerungszuſtandes. Es ſollten Vorgänge verhin=
dert
werden, die uns in den Krieg der Bürger gegen
die Bürger hineingedrängt hätten. (Zuruf der Kommuni=
ſten
: Bayern). Die Drohungen in Bayern, die den Aufmarſch
von Bayern nach Berlin ankundigten, konnten an ſich durchaus
die Notwendigkeit ergeben, den Ausnahmezuſtand zu verhängen,
um dieſer Zuſtände Herr zu werden. (Abg. Remmele ruft: Ver=
logenheit
! und bekommt einen Ordnungsruf.) Die Rechts=
lage
über das Nebeneinander ſei nicht zwei=
felhaft
, da Reichsrecht dem Landrecht voran=
gehe
. In Bayern handele es ſich um einſtweilige Maßnah=
men
. Aus dieſem Grunde ſei davon abgeſehen worden,
die Aufhebung der bayeriſchen Verfügung
zu fordern. Es ſei zu hoffen, daß das Nebeneinander der beiden
Verfügungen möglich iſt. (Lärm bei den Kommuniſten und Zu=
ruf
derſelben: Große Kapitulation vor Bayern!) Es wäre eine
falſche Staatskunſt, hier das Reich auszuſpielen gegen Bayern,
mit dem wir zuſammen arbeiten müſſen (Lebhafter Beifall).
Nicht geduldet werden ſoll die Zweckigloſigkeit, mit der man in
Bayern Inſtitute angreift, die herausbleiben müſſen aus dem
politiſchen Kampf (lebhafter Beifall). Dasſelbe gelte von der
Perſon des Reichspräſidenten. Der Kanzler wendet ſich auch
gegen das Verhalten des Völkiſchen Beobachters
gegenüber dem General v. Seekt. Das ſei eine un=
verantwörtliche
Hetze, die jeder anſtändige Menſch ver=
urteilen
müſſe.
Gegenüber den Zerſetzungserſcheinungen in Bayern ſolle
man ſich ein Beiſpiel nehmen an der Art, wie ſich der
Gedanke der nationalen Einheit gezeigt
*habe, einmal in der Kundgebung in Köln und dann in
der ſtillen Abwehr in Düſſeldorf.
Oder führe man den Kampf gegen den Staat, weil man die
Partei nicht möge? Welche Partei regiere und
welche Regierung, das ſei Epiſode, ob aber das
Deutſche Reich bleibe, das werde Epoche ſein.
Wenn verbrecheriſche Naturen glauben, durch Aufreizung und Ge=
walt
gegen den Staat anrennen zu dürfen, ſo ſei in dieſem Tun
kein nationaler Gedanke zu ſehen. Wir haben genug ge=
litten
von unſeren Feinden. Wir wollen nicht
ſelbſt das Grab noch weiter ſchaufeln.
Der Kanzler erinnert im Zuſammenhang damit an

die Vorgänge in Küſtrin.

Die Reichswehr habe ihre Pflicht getan und damit diejenigen
zum Schweigen gebracht, die das Vertrauen zur Reichswehr er=
ſchüttern
wollten. Die Reichswehr müſſe herausge=
laſſen
werden aus dem politiſchen Kampf. Sie
müſſe ſich ſelbſt von innen her halten. Wir brauchen ein
vertrauliches Verhältnis der Reichswehr zu
allen Parteien. (Lärm bei den Kommuniſten). Die Füh=
rer
der Bewegung in Küſtrin werden die Schärfe des Geſetzes
fühlen. Ihren Worten wird die Regierung Taten folgen laſſen.
Der Kanzler beſpricht dann
die finanziellen Verhältniſſe.
Die Reichseinnnahmen blieben in einem rieſigen Maße gegen die
Ausgaben zurück, namentlich die Unterſtützungen für die beſetz=
ten
Gebiete. Tiefeingreifende Steuern wären notwendig. Leiſt=
ungsſchwache
Steuerzahler ſollen unterſtützt
werden. Die Schaffung eines wertbeſtändigen
Geldes ſei im Gange. Die Länder ſollen finanziell
wieder ſelbſtändiger geſtellt werden. Das Ver=
hältnis
zwiſchen Reich, Ländern und Kommunen muß grundſätz=
lich
geändert werden. Die Länder ſollen wieder die volle Ver=
antwortung
für die eigenen Ausgaben übernehmen und über ihre
eigenen Einnahmen verfügen. Inzwiſchen werden die Mittel
für die Länder kontingentiert werden, damit äußerſte Spar=
ſamkeit
erzielt wird. Kein Geſetz wird mehr ver=
abſchiedet
, das neue Laſten bringt. Keine neuen
Behörden und Beamten werden mehr eingeſetzt, keine neue Ver=
waltungsarbeit
mehr übernommen. Dazu gehört auch der Ab=
bau
der alten Geſetze und der jetzigen Verwaltung. Das ſei die
einmütige Auffaſſung des Kabinetts. (Beifall.) Mit techniſchen
Maßnahmen könne dem Währungsverfall nicht begegnet werden.
Wir müſſen ein neues Geld ſchaffen, und verfuchen, die
Wirtſchaft zu geſunden. Wenn es ſich darum handelt,

die Wehrpflicht des Beſitzes

Hurchzuführen, ſo wird man, ſo ruft der Kanzler den Kommuni=
Een zu, keine Veranlaſſung haben, ihn als einen Deſerteur von
eſer Idee hinzuſtellen. Sein Vorſchlag für die unmittelbare
Dingabe des Beſitzes an das Reich ſei wohl das weitgehendſte,
was jemals dem Beſitze als ſolchem zugemutet worden ſei.
(Lärm der Kommuniſten.) Erforderlich iſt auch ein Eingreifen
in die Preisbildung, die unerträgliche Formen angenommen
habe. (Zuſtimmung.) Wir brauchen Mittel gegen eine mono=
pole
Preisbildung über den Weltmarkt hin. Es geht nicht, durch
Kondentionen und Syndikate den Wettbewerb aus dem Wirt=
ſchaſtsleben
ſo auszuſchalten, wie er jetzt ausgeſchaltet iſt. ( Er=
ueute
Zuſtimmung.) Mit einer ſolchen Preisbildung mit Kon=
ventionen
und Syndikaten hätten wir nie den Weltmarkt erobert.
Sie iſt noch weniger in einer Zeit zu ertragen, wo wir mitten
in einer ungeheuren Arbeitsloſigkeit ſtehen, wo wir auch an die
Arbeiter= und Beamtenſchaft mit der Forderung nach Mehrleiſt=
ungen
herantreten müſſen, die hoffentlich in freier Vereinbarung
erledigt wird, oder auf dem Wege der Verordnung, wenn wir
nicht ſehenden Auges die Verelendung des deutſchen Volkes zum
Prinzip erheben wollen. (Lärm bei den Kommuniſten.) Kaum
jemals hat ein Kabinett in ſchwererer Not die Führung der deut=
ſchen
Politik übernommen.
Es werden von uns Entſchließungen in Tagen gefordert,
wofür man früher monatelang Zeit hatte. Es ſind
eine ganze Reihe von Maßnahmen

Ausſicht genommen, die aber nicht durchgeführt werden können
nit dem parlamentariſchen Apparat, wie er jetzt aufgezogen iſt.
Ab. Graefe: Hört, hört). Herr v. Graeſe, Sie haben ſo oft nach
em Diktator gerufen, daß Sie nicht berechtigt ſind, hier hört,
ört zu rufen. (Heiterkeit und Unruhe). Der Reichstag muß
er Negierung ein Ermächtigungsgeſetz geben (Lärm der Kom=
uniſten
). Der Belagerungszuſtand wurde verhängt wegen der
agtszerſtörenden Tendenzen (erneuter Lärm der Kommuniſten).
bg. Remmele erhält zwei Ordnungsrufe). Es iſt ganz klar,
der Belagerungszuſtand ſich gegen diejenigen richtet, die für
en Beſtand des Staates eine Gefahr ſind. (Andauernder toben=
r
Lärm bei den Kommuniſten und Zurufe: Lüge!). Der
teichskanzler ſchließt: Wir haben Pflichten zu erfüllen, nicht
jur in der Gegenwart, ſondern auch gegenüber der Generation,
die nach uns kommt. Stürmiſcher Beifall bei der Mehrheit,
ärm und Pfuirufe bei den Kommuniſten).

Die Kommuniſten und Deutſchvölkiſchen fordern eine ſo=
fortige
Ausſprache über dieſe Regierungserklärung. Das Haus
beſchließt darauf die Vertagung bis Montag.
Nächſte Sitzung: Montag, 12 Uhr. Tagesordnung: Aus=
ſprache
über die Regierungserklärung, Ermächtigungsgeſetz,
Währungsbank. Schluß 41 Uhr,

Die Formel über den Achtſtundentag.
Berlin, 6. Okt. (Wolff.) In der interfraktionellen Kom=
miſſion
, welche in der vergangenen Nacht die Frage des Acht=
ſtundentages
mit dem Arbeitsminiſter Brauns behandelte, iſt es
heute früh um 3 Uhr zu einer Einigung über eine Formel ge=
kommen
, mit der der Reichskanzler in ſeiner Erklärung dieſe An=
gelegenheit
behandeln wird. Die Formel lautet: Die ſchwere
Not unſeres Landes läßt eine Steigerung der Gütererzeugung
dringend geboten erſcheinen. Das wird nur unter reſtloſer Aus=
nutzung
der techniſchen Errungenſchaften und bei organiſatori=
ſcher
Verbeſſerung unſerer Wirtſchaft und ebenſo der Arbeit jedes
Einzelnen zu erreichen ſein. Neben einer Steigerung der Pro=
duktion
durch dieſe Mittel wird auch eine Neuregelung der Ar=
beitszeit
unter grundſätzlicher Feſthaltung am Achtſtundentag
als dem normalen Arbeitstag nicht zu umgehen ſein. Dabei
iſt die Möglichkeit einer tariflich unzuläſſigen Ueberſchreitung
der jetzigen Arbeitszeit im Intereſſe der volkswirtſchaftlich not=
wendigen
Steigerung und einer Verbilligung der Produktion zu
erzielen. Für die öffentliche Verwaltung finden ähnliche Grund=
ſätze
Anwendung.
Die Blutſchuld der Sonderbündler.
* Düſſeldorf, 6. Okt. (Priv.=Tel.) Zur Feſtſtellung
der Wahrheit über die Ereigniſſe in Düſſeldorf vom letzten
Sonntag verſammelten ſich die Düſſeldorfer Stadtverordneten
geſtern unter großer Anteilnahme der Oeffentlichkeit zu einer
Sonderſitzung, in der zunächſt der Beigeordnete Geuſen, der Ver=
treter
des ausgetieſenen Oberbürgermeiſters, einen Tatſachen=
bericht
gab, in dem er die bekannten Vorfälle genau ſchilderte
und auf die Vorſichtsmaßnahmen der Stadtverwaltung hinwies.
Er betonde, daß die Sonderbündler das Blut, das vergoſſen
wurde, verſchuldet hätten, da ſie ſich unerhört prodozierend be=
nomen
und blindlings auf die Polizeibeamten und in die Zu=
ſchauer
, unter denen ſich auch franzöſiſche Soldaten befanden,
geſchoſſen hätten. Dieſer Sachverhalt ſei beſonders durch das
Zeugnis eines belgiſchen Staatsangehörigen erwieſen.
Eine Verordnung der rheiniſchen Oberkommiſſion.
Paris 6. Okt. (Wolff.) Dem Journal wird aus Mainz
berichtet: Die Rheiniſche Oberkommiſſion habe eine
Verordnung erlaſſen, nach der die Poſt=, Telegraphen= und
Telephonverbindungen im beſetzten Gebiet nur durch die Reichs=
poſtverwaltung
oder durch die Alliierten wiederhergeſtellt werden
könnte. Nur durch eine formelle Entſcheidung des Oberkomman=
danten
könne eine ander Entſcheidung getroffen werden. Die
Oberkommiſſion hat auch die Zollmaßnahmen im beſetzten
Gebiet dahin abgeändert, daß privilegierte Perſonen gebrauchte
oder neue Artikel kleineren Wertes, die ihren perſönlichen Be=
dürfniſſen
entſprechen, ohne Entrichtung der Einfuhr= oder Aus=
fuhrtaxe
über die Grenze befördern können.
Franzöſiſch=belgiſche Vorbeſprechungen.
Paris, 6. Okt. Nach einer Meldung aus Brüſſel hat
geſtern in Bonn eine Sitzung ſtattgefunden, an der ſich von fran=
zöſiſcher
Seite General Degoutte und Herr Tirard, von belgiſcher
Seite Herr Hennecart ſowie eine andere belgiſche Perſönlichkeit
beteiligten. Dieſe Konferenz habe ſich in der Hauptſache mit der
Frage der Naturalleiſtungen und des Problems der ausge=
wieſenen
Beamten befaßt und verſchiedene Vorſchläge ausgear=
beitet
, die man, ſobald eine rechtmäßige deutſche Regierung ans
Ruder komme, den in Frage kommenden Regierungen zugehen
laſſen werde.
Bageriſche Perordnung für das rechts=
rheiniſche
Gebiet.
U. München, 6. Okt. Auf Grund der Verordnung des
bayeriſchen Geſamtminiſteriums vom 26. September 1923 wird
mit ſofortiger Wirkſamkeit für das rechtsrheiniſche
Bayern vom Generalſtaatskommiſſariat folgendes angeordnet:
Wer kommuniſtiſche Zeitungen oder Zeitſchriften druckt,
herausgibt oder verlegt, feilbietet, verkauft, verteilt, ausſtellt, an=
ſchlägt
oder ſonſt verbreitet, wird, ſofern nicht nach anderen
Strafvorſchriften eine ſchwerere Strafe verwirkt iſt, mit Gefäng=
nis
beſtraft, neben dem auch auf Geldſtrafe erkannt werden kann,
deren Höhe unbegrenzt iſt. Der Verſuch iſt ſtrafbar.
v. Kahr über die bayeriſche Politik.
U. München, 6. Okt. In einer Anſprache an deutſche
und ausländiſche Preſſevertreter ſagte Generalſtaatskommiſſar
v. Kahr, daß vor allem die Ehre und Achtung des
deutſchen Volkes wieder hergeſtellt werden müßte,
namentlich im Kampf gegen die Lüge von der Schuld und Allein=
ſchuld
Deutſchllands am Weltkrieg und von den deutſchen Kriegs=
greueln
. Eine Vorausſetzung dafür, daß unſer Volk wieder ge=
achtet
werde, ſei die Schaffung einer ſtarken Staatsmacht, die
allein Herr im Staate ſei. Dieſe Staatsgewalt, durch die Revo=
lution
ins Wanken geraten, wieder herzuſtellen und aus Parvei=
wenſchen
wieder Staatsbürger zu machen, ſei eine weitere wich=
tige
Aufgabe, die er ſich geſtellt habe. Bayern ſolle wieder ein
ſtarker Staat werden, denn ſtarke Staaten ſeien die Voraus=
ſetzung
eines geſunden, ſtarken Reiches. Das bayeriſche Volk
habe keine Freude an der Weimarer Verfaſſung, die zu einem
Unglück für Deutſchland geworden ſei, und wünſche wieder eine
Verfaſſung im Bismarckſchen Sinne, dwas aber mit Separatis=
mus
nichts zu tun habe. Bayern und das Reich gehörten zu=
ſammen
wie die ſiameſiſchen Zwillinge und könnten nicht ge=
trennt
werden, ohne das Leben der beiden zu gefährden. Die
Frage der Monarchie trete gegenüber der Schickſals=
frage
des deutſchen Volkes ziurück und er ſei ein viel zu guter
Monarchiſt, um auf dieſem Gebiete Torheiten zu begehen. Er
beabſichtige übrigens keine Abenteuerpolitik, zumal der Marxis=
mus
ſchon Schaden genug angerichtet habe. Der Marxismus
ſei der Tod des Staates und müſſe daher vom Staate mit allen
Mitteln bekämpft werden, wobei es kein Paktieren geben könne.
Der Ausgang dieſes Kampfes ſei zugleich entſcheidend über
Deutſchlands Schickſal. Er ſei aber auch von großem Belang
für die anderen Völker Europas, die nicht ohne wirtſchaftliche
und politiſche Geſundung Deutſchlands leben könnten.
Säuberung innerhalb der Nationalſozialiſten.
TU. München. 6. Okt. Die München=Augsburger Abend=
zeitung
hört, daß in den nationalſozialiſtiſchen Kreiſen eine
Säuberung im Gange ſei. Man nennt in dieſer Richtung be=
reits
verſchiedene Namen. Das Blatt bemerkt dazu, es liege nur
im eigenſten Intereſſe der Nationalſozialiſten, ſich dem großen
nationalen Ganzen unterzuordnen, denn zu Extratouren ſei jetzt
weder Zeit noch Stimmng.
Zur Regierungsumbildung in Sachſen.
Eintritt der Kommuniſten in die Regierung?
Dresden, 6. Okt. (Wolff.) Ueber die Verhandlungen zur
Regierungsumbildung in Sachſen teilt die Nachrichtenſtelle der
Staatskanzlei mit: Die Verhandlungen zwiſchen den Beauftrag=
ten
der ſozialdemokratiſchen und der kommuniſtiſchen Landtags=
fraktion
und den Parteiinſtanzen, die geſtern nachmittag aufge=
nommen
wurden, nahmen einen erfolgverſprechenden Verlauf.
Es wurde Uebereinſtimmung in weſentlichen Punkten erzielt.
Die Verhandlungen werden heute fortgeſetzt. Es iſt Ausſicht vor=
handen
, daß der Eintritt der Kommuniſten in die
ſächſiſche Regierungin den nächſten Tagen erfolgt.
Wie bekannt, tritt der Landtag am 19. Oktober, nachmittags
1 Uhr, zu ſeiner erſten Sitzung nach den Ferien zuſammen.

Kritik an der Curzon=Rede.
Widerhall in England.
* London, 6. Okt. (Priv.=Tel.) Die hieſigen Zeitungen
betrachten den Ueberblick Curzons über die Reparationslage,
den er geſtern vor der britiſchen Reichskonferenz dargelegt hat,
als eine genaue und gerechte Darſtellung der Ereigniſſe inner=
halb
der letzten zwei Jahre. Sie drücken ihre Genugtuung dar=
über
aus, daß der Außenminiſter geſtern die Bemühungen der
engliſchen Regierung aufgezählt habe, um das von Europa ab=
zuwenden
, was er als Erbitterung und ſchachmatten Zuſtand
zwiſchen Deutſchland und Frankreich bezeichnet. Vor allem
ſtimmt die Preſſe der Erklärung Curzons zu, daß man der eng=
liſchen
Regierung nicht vorwerfen könne, ſie ſei mit ihrer Ini=
tiative
im Hintertreffen geblieben, und daß alle bisherigen Vor=
ſchläge
Englands durch Unparteilichkeit ausgezeichnet geweſen
ſeien. Zeitweiſe iſt die Preſſe nicht mit der weiteren Erklärung
Curzons einverſtanden, daß die engliſche Interventionsmöglich=
keit
in dem Augenblick erſchöpft geweſen ſei, als die ungünſtige
Antwort der franzöſiſchen und belgiſchen Regierung auf die eng=
liſche
Note vom 11. Auguſt eingetroffen war, und mit der wei=
teren
Feſtſtellung des Außenminiſters, daß England nunmehr
die Vorſchläge der franzöſiſchen Regierung abwarten müſſe.
Die Times glaubt, daß die öffentliche Meinung in England
und die Miniſterpräſidenten der Dominions ſich dieſer abwar=
tenden
Haltung widerſetzen werden. Das Blatt erklärt, wir ſo=
wohl
wie ſie dürften der Anſicht ſein, daß gerade jetzt im Inter=
eſſe
Europas wie auch im engliſchen Intereſſe eine ſofortige eng=
liſche
Intervention dringend notwendig iſt. Sie ermögliche eine
ſofortige aktivere Teilnahme an der Löſung des Problems, das
nach Curzons eigenen Worten eine überaus ernſthafte Bedeu=
tung
für die Wiedergeſundung des Handels und den Frieden
der Welt habe.
Daily News glaubt nicht, daß die Aufgabe des paſſiven
Widerſtandes an der Ruhr den Zuſtand des Schachtmattſeins,
wie Lord Curzon ſich ausdrückte, beenden werde. Der gegenwär=
tige
Zuſtand habe immer noch nicht alle Hoffnungen Frankreichs
erfüllt, ſelbſt wenn er in einem völligen Zuſammenbruch Deutſch=
lands
enden werde, und die Ausſicht auf ein Wiederaufleben
des engliſchen Handels und auf einen wirklichen Frieden in
Europa ſei immer noch ſehr ſchlecht. Es ſei durchaus nicht ſelbſt=
verſtändlich
, daß angeſichts dieſer Tatſache England fortfahren
könne, untätiger Zuſchauer zu ſein.
Die Weſtminſter Gazette ſieht die Hauptbedeutung der
Curzonſchen Rede in zwei beſtimmten Sätzen, erſt einmal in der
Erklärung, daß die engliſche Stellung in Köln durchaus das
Recht habe, bei der Einführung jeder neuen lokalen Maßnahme
gehört zu werden, und ebenſo bedeutſam ſei eine andere Erklä=
rung
, daß der engliſche Reparationsſpruch es möglich mache,
daß irgend eine Löſung ohne engliſche Mitarbeit nicht erzielt
werden könne. Das Blatt fährt fort: Lerd Curzon ſcheint doch
wicht ſo, wie er ſich den Anſchein gibt, deſſen gewiß zu ſein, daß
Frankreich bereit iſt, neue Vorſchläge vorzulegen. Es iſt kein
Anzeichen dafür vorhanden, daß Frankreich ſeinen Weg ſchon
über die jetzige Situation und das Chaos in Deutſchland hinaus
vorgezeichnet hat.
London, 6. Okt. (Wolff.) Daily Expreß ſchreibt:
Die Quinteſſenz der geſtrigen Rede Curzons ſei, daß die bri=
tiſche
Regierung keine beſtimmte Politik für die Behandlung des
europäiſchen Problems habe. Alles, was Curzon vorſchlage, ſei,
Frankreich das nächſte Wort zu laſſen.
Die Dimes erklärt, einige Stellen in Curzons Rede wür=
den
trahrſcheinlich Verſtimmung in Frankreich erregen, andere,
insbeſondere die Schlußſätze, ſchienen ganz die Hoffnung auf
jede britiſche Initiative aufzugeben. Der britiſchen Oeffentlich=
keit
, wwahrſcheinlich auch den Premierminiſtern der Dominions
werde es widerſtreiten, dieſer Haltung impotenter Erwartung
zuzuſtimmen.
Daily Chronicle ſchreibt, entweder habe die britiſche
Regierung keine Ideen und daher nichts zu ſagen, oder, wenn ſie
welche habe, ſo habe ſie nicht den Mut, ſie auszuſprechen.
Daily Mail befürchtet, Curzons Rede werde keinerlei
Begeiſterung in Frankreich erwecken und auch nicht ganz die Er=
wartungen
befriedigen, die in England durch das berühmte
Comnmunique vom 19. September nach der Pariſer Zuſammen=
kunft
der beiden Premierminiſter erweckt worden ſei. Das Blatt
ſragt, ob Curzon verſuche, Baldwins Entente aufzulöſen.
Die Weſtminſter Gazette ſchreibt, wenn man zwi=
ſchen
den Zeilen der Rede Curzons leſe, ſo müſſe man anneh=
men
, daß Baldwin in Paris in Bezug auf ſeine Politik nichts
zugeſtanden habe. Die durch das Communique, das nach der
Unterredung Baldwins mit Poincaré veröffentlicht worden ſei,
in Frankreich geweckten Hoffnungen würden durch das, was
Curzon jetzt ſage, weggeblaſen werden.
Die Daily News ſagt, wenn nicht Curzons Worte weit
mehr bedeuten, als ſie es zu bedeuten ſcheinen, oder wenn nicht
tveit entſcheidendere Enthüllungen, als was in den veröffentlich=
ten
Berichten erſcheint, den Premiers der Dominions gemacht
wurden, ſo beabſichtige die britiſche Regierung nichts zu tun, ſon=
dern
ſie warte darauf, daß die franzöſiſche Regierung eine Aktion
unternimmt. Wenn Curzon nicht weit beſtimmtere Garantien
habe, als dieſe moraliſche Verpflichtung, ſo ſei zu befürchten,
daß dieſes Warten lange dauern werde. Wenn Großbritannien
weiterhin ſo ſtill und untätig verharre wie bisher, dann werde
es in den Augen Europas für praktiſche Zwecke ebenſo wenig
zählen, wie Ecuador oder Guatemala und zwar mit Recht.
Erbitterung in Frankreich.
* Paris, 6. Okt. (Priv.=Tel.) Nach der Rede Lord Cur=
zons
macht man ſich in Paris keine Illuſionen über die Schwie=
rigkeiten
, die durch die Liquidierung des Ruhrabenteuers zu er=
warten
ſind. Die Rede wird hier als eine nicht mißzuverſtehende
Abſage und von verſchiedenen Seiten ſogar als eine Herausfor=
derung
an Frankreich aufgefaßt. Die Preſſe, einſchließlich der
Blätter der Linksoppoſition, des Oeuvre, kritiſiert die Sprache
des engliſchen Miniſters in dieſem Sinne. Der Oeuvre wirft
tie Frage auf, ob denn in der Unterredung zwiſchen Baldwin
und Poincaré nicht ausdrücklich vereinbart worden ſei, über die
Vergangenheit, namentlich über die Frage der Geſetzlichkeit der
Ruhrokkupation, nicht mehr zu ſprechen. Im übrigen nennt das
Blatt den Inhalt der Rede Curzons eine Mahnung an Poin=
caré
, ſein Verſprechen betreffs Wiederaufnahme von Verhand=
lungen
nach der Einſtellung des paſſiven Widerſtandes zu halten,
und dieſe Mahnung ſei nicht ungerechtfertigt. Darin liegt jedoch,
wie aus den Stimmen anderer Blätter und Mitteilungen von
amtlicher Seite hervorgeht, der wunde Punkt für Frankreich.
Man nähere ſich jetzt einem Augenblick, wo der Gegenſatz zwi=
ſchen
den Auffaſſungen Englands und Frankreichs nicht gemil=
bert
, ſondern verſtärkt wird. Man könne in gewiſſem Sinne
ſagen, daß die Einſtellung des paſſiven Widerſtandes die Lage
Frankreichs kritiſcher erſcheinen laſſe, als zuvor. England ſteht
auf dem Standpunkt, daß Frankreich den paſſiven Widerſtand
zum Anlaß militäriſcher Beſetzung nahm, und Haß es nach Ein=
ſtellung
dieſes Widerſtandes zu Verhandlungen kommen müſſe.
Es erwarte alſo jetzt, wie aus der letzten Note Lord Curzons
zu erſehen war, und wie Lord Curzon in ſeiner geſtrigen Rede
mit Bezug auf Englands Stellung am Rhein ausdrücklich be=
tonte
, eine weſentliche Aenderung in der Form der Beſatzung=
ſowie
eine franzöſiſche Initiative zur Anbahnung von Verhand=
lungen
mit den Alliierten und Deutſchland. Poincaré werde,
wie heute ſchon geſagt werde, dieſe Auffaſſung nicht anerkennen.
Er iſt der Anſicht, daß nach einer neun Monate langen Ver=
hetzung
der Ruhrbevölkerung die Beſatzungsform nicht ohne
weiteres geändert werden könne, wobei er möglicherweiſe auf
die Ereigniſſe in Düſſeldorf hinweiſen wolle. Was die An=
knüpfung
von Verhandlungen betrifft, ſo ſteht Frankreich auf
dem Standpunkt, daß die politiſche Lage dieſe vorerſt nicht recht=
fertigt
.

Nur

[ ][  ][ ]

9.
Erft

GHhan
t, wir ſo

Reck
ernit
heint d9
ſein, du

ſchreit
die In

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 7. Oktober 1923.

Rummer 222.

Die Woche.
Eine volle Woche hat das politiſche Berlin auf dem Kopf
geſtanden, eine Regierungskriſe erſchürterte das Deutſche Reich
bis in ſeine, Grundfeſten um am Ende wieder an dem Punkte
anzulangen, von dem man ausgegangen war. Ein erſchüttern=
des
Schautſpiel wahrlich kein Ruhmesblatt in der Geſchichte
des deutſchen Parlamentarismus!
Reichskanzler Dr. Streſemann ging von der durchaus zu=
treffenden
Erwägung aus, daß die Reichsregierung ihrer gigan=
tiſchen
Aufgabe nur dann gerecht werden könne, wenn ihr vom
Parlament ſehr weitgehende Vollmachten ausgeſtellt würden,
und dieſe Vollmachten ſollten in ein ſogen. Ermächtigungs=
geſetz
zuſammengefaßt werden, das vom Reichstag anzunehmen
geweſen wäre.
Nur wenn ſich die Regierung für geraume Zeit das Ee=
wächtigungsgeſetz
ſieht ein halbes Jahr vor völlige Hand=
lungsfreiheit
ſichern, alle ſtörenden Einflüſſe ausſchalten konnte,
beſtand allenfalls eine Möglichbeit, der gewaltigen Schwierig=
keiten
Herr zu werden, die insbeſondere auf wirtſchaftlichem und
finanziellem Gebiet einer Geſundung entgegenſtehen.
Daß unſere Währungsverhältniſſe mittlerweille völlig un=
haltbar
geworden ſind, ſteht klar vor aller Augen, ebenſo ein=
leuchtend
aber iſt doch wohl auch, daß keine währungstechniſche
Maßnahme unſerem Elend abhelfen kann, wenn nicht zum min=
deſten
gleichzeitig mit aller Energie darauf hingearbeitet wird,
daß das Gleichgewicht zwiſchen Gütererzeugung und =Verbrauch
wieder hergeſtellt werde. Neben ſeiner Einſchränkung des Ver=
brauchs
, insbeſondere einer ſtarken Einſchränkung der öffent=
lichen
Ausgaben, ſtand alſo das Problem der Hebung der deut=
ſchen
Produktion, deſſen Bedeutung zwar allſeitig erkannt war,
ohne daß man jedoch bisher den Mut gehabt hätte, es ernſthaft
anzufaſſen.
Ein halbes Jahrhundert lang war der Achtſtundentag eine
der hauptſächlichſten Programmpunkte der Sozialdemokratie ge=
weſen
, ſeine Durchſetzung war eine der ſogen. Errungenſchaften
der Revolution, und ſo war es inmerhin begreiflich, daß die
ſozialdemokratiſchen Parteihäuptlinge nur ungern die Verant=
wortung
mit übernehmen wollten für die notwendig gewordene
Durchlöcherung des Prinzips. Daß derartige parteitaktiſchen
Henunungen ſoweit führen könnten, daß die Führer der Sozial=
demokratie
in dieſen entſcheidungsſchweren Tagen eine Regie=
rungskriſe
heraufbeſchwören würden, muß auch denjenigen an
den Wiederaufſtiegsmöglichkeiten unſeres Volkes ſchier ver=
zweifeln
laſſen, der hinſichtlich parlamentariſcher Möglichkeiten
ſchwärzeſter Peſſimiſt iſt; denn und das iſt das Erſchütternde
in der Sache war man ſich ja ſo gut wie einig, denn auch
bei den ſozialdemokratiſchen Führern beſtand natürlich längſt
keine Unklarheit mehr darüber, daß die notwendige allgemeine
Produktionsſteigerung nur möglich iſt, wenn die Produktion
gelviſſer Wirtſchaſtszweige durch Mehrarbeit geſteigert wird. Das
Schlagwort vom bürgerlichen Vorſtoß gegen den Achtſtundentag
war unter dieſen Umſtänden reichlich unangebracht, aber es ver=
fehlte
natürlich ſeine traurige Wirkung nicht, wobei noch hinzu=
kam
, daß einige ſehr bedauerliche Taktfehler bei anderen Par=
teien
die ohnehin recht unglückliche Lage noch weiter verſchärften.
So fiel das erſte Kabinett der großen Koalition, geleitet von
ihrem eifrigſten Vorkämpfer, nach kaum zweimonatlichem Be=
ſtehen
! Und nun verhandelte man über drei Tage in Berlin,
ſuchte nach Formeln, und als die Ernüchterung weit genug vor=
geſchritten
war, kehrte man reumütig zur geſtürzten Koglition
zurück. Nur mit Bitterkeit kann man dieſes völlige Verſagen
jedes Verantwortungsgefühls verfolgen.
Eine ungeheuer ſchwierige Lage hatte ſich durch die verſchie=
denen
parteipolitiſchen Quertreibereien naturgemäß für den
Reichskanzler herausgebildet. Daß er die Hoffnungen ſeiner
Gegner enttäuſchte, daß er entmattigt die Flinte ins Korn werfen
würde, war ja zu erwarten. Mehr wie bedauerlich aber war es,
daß die Verſuche Dr. Streſemanns, ein neues Kabinett zu bilden,
auf ſtarke Schwierigkeiten ſtießen. Der nächſtliegende Verſuch,
nach dem Austritt der Sozialdemokraten ein bürgerliches Kabi=
nett
unter Einbeziehung der Deutſchnationalen zu bilden, ſchei=
terte
an der intranſiganten Haltung dieſer Partei, einer Haltung,
die nur noch zu verſtehen iſt, wenn man annehmen will, daß
auch hier parteipolitiſche Indereſſen denen der Nation voran=
geſtellt
wurden. Jetzt blieb nur noch der Ausweg, ein außer=
parlamentariſches
Kabinett zu bilden, mit dem man dann aller=
dings
auch entſchloſſen ſein mußte, gegebenenfalls einen wider=
ſpenſtigen
Reichstag nach Hauſe zu ſchicken.
Die Stärke Dr. Streſewanns wäre in dieſem Falle geweſen, daß
die überwältigende Mehrheit des deutſchen Volkes einer energiſch
zupackenden Führung die Gefolgſchaft ſicherlich nicht verſagt haben
würde. Aber auch auf dieſem Wege türmten ſich dem Kanzler
erhebliche Schwierigkeiten entgegen, indem die Männer der Wirt=
ſchaft
, ſoweit ſie zunächſt angegangen wurden, ihre Mitarbeit
verſagten.
Als nun die Verhandlungen zwiſchen den verſchiedenen
Koalitionsparteien die Möglichkeit einer Wiederkehr der bis=
herigen
Koalition ergeben hatten, ſah ſich Dr. Streſemann vor
eine ernſte Entſcheidung geſtellt. Es mag vorerſt unerörtert

Konzert der Trio=Pereinigung.
Kleines Haus Samstag, den 6. Oktober.
Die Trio=Vereinigung, in voriger Spielzeit begründet, be=
gann
heute ihre Konzerttätigkeit mit einer erfreulichen Dar=
bietung
. Wenn drei tüchtige Muſiker ſich zum Trio zuſammen=
ſetzen
, wird anſtändige Arbeit daraus. Nun hat aber unſere
Vereinigung in Kapellmeiſter Roſenſtock einen beſonders feinen
Kopf und fertigen Techniker am Klavier, deſſen Partie im Trio
die führende iſt. Am Pult ſitzen Konzertmeiſter Drumm den zu
rühnnen ſich erübrigt, und Kammermuſiker Andreae, deſſen her=
vorragendes
Können viel zu wenig bekannt iſt. Damit wächſt, die
Arbeit zur Kunſt und über den Durchſchnitt hinaus. Was heute
geboten wurde, war deshalb ein ſeltener Genuß.
Das Programm brachte keine Ueberraſchungen; auch ver=
mißte
ich den einheitlichen Gedanken und bewußten Aufbau.
Brahmſens pathetiſche Breite und großgeſchwungenen Gedanken
eröffneten den Abend. Es folgte Schumanns nach innen ge=
richtete
, feine Seelenſprache. Für beide ſind die Vergleichs=
punkte
deutlich. Unvergleichbar einzigſtehend, machte Mozarts
klarer und doch warm durchfluteter Geiſt den Beſchluß.
Das Frühwerk von Brahms zeigt ſchon alle Seiten ſeiner
Eigenart. Ein feſtlich=freudiger erſter Satz mit breit ausladen=
den
Uebergangsteilen und Finales; ein myſtiſch klopfendes
seherzo, ein feierlich ſtrenges Adagio von herber Kühle und ein
lebhaftes Schlußallegro, das mit einem Walzer beginnt, zu
einem ſynkopierden Teil übergeht, imer leidenſchaftlicher ſich
auswirkt und in Reſignation ſchließt. Die Herren packten das
Werk herzhaft an und hoben es ſtellenweiſe zu ſinfoniſcher
Klangwirkung.
In eine wärmere Sphäre voll blühender Erfindung und
reicher Then azik führte das Hauptſtück des Abends: Schumanns
herrliches D=moll=Trio. Von den 4 Sätzen iſt der erſte der
rhythmiſch ſtraffſte und hat jene zauberhaften Flageolettſtellen,
der zweite leichtſlüſſig, voll Humor und Sprühgeiſt; der dritte
ſingt von Trauer und Entſagung, von Gedanken beruhigenden
Troſtes abgelöſt, die im ſprechenden Ausdruck von den einzeln
redenden Inſtrumenten vorgetragen werden. Der vierte führt
ins Leben zurück, freudig und zuverſichtlich. Für dieſes Werk
hätte ich mir die Tongehung noch zarder, ſüßer gewünſcht.

Vom Tage.
Nach einer im bayeriſchen Staatsanzeiger veröffentlichten Verord=
nung
des geſamten Staatsminiſteriums iſt zur Aburteilung der vom
Generalſtaatskommiſſar mit Strafen bedrohten Handlungen oder Un=
terlaſſungen
das Volksgericht zuſtändig. Der Miniſterpräſident kann, fürchten, daß ſie es für unbeugſam halten, daß ſie über die Be=
einen
Stellvertreter für den Generalſtaatskommiſſar beſtellen und ſeine ſtimmungen der Verfaſſung hinweg in erſterbender Ehrfurcht vor
Befugniſſe auf beſtimmte Bezirke und Aufgaben erſtrecken.
tag, den 2. Oktober in Ausſicht genommen. Vorausſichtlich wird eine
Tagung des Landesvorſtandes vorangehen.
Die Landtagsfraktion der bayeriſchen Sozialdemokratie hat einen
Aufruf an ihre Parteigenoſſen zur Lage in Bayern erlaſſen, worin
dieſe aufgefordert werden, über den parteipolitiſchen Kampf das Wohl herbeiführt, auch auf die Gefahr hin, daß er die erforderliche
des ganzen Vaterlandes und die Einheit des Reiches zu ſtellen und ſich Mehrheit nicht erhält. Ferner verlangt der Reichskanzler dies=
nicht
provozieren zu laſſen.
Reichsſteuergeſetze eine Verordnung zu erlaſſen.
Da bis jetzt für Sachſen kein Zivilkommiſſar ernannt iſt, ſoll der
Plan beſtehen, nach bcheriſchem Muſter für Sachſen aus eigenem Recht
einen Generalſtaatskommiſſar zu ernennen.
Stellen verbotenen Zeitſchriften und ähnliche Druckſachen dürfen auch
zur Beförderung auf den Eiſenbahnen unter keinen Umſtänden zugelaſ=
ſen
werden. Die Dienſtſtellen ſind angewieſen, die Annahme derartiger der gebrochen iſt und nicht mehr zu Recht beſteht, für bindend
Druckſchiften zu verweigern und den zuſtändigen Polizeibehörden davon erklären und fortfahren, zu leiſten, was er von uns ver=
Mitteilung zu machen.
ab auf 80 Millionen feſtgeſetzt worden.
Der Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die Reichs=
bank
erfolgt vom 8. Oktober ab bis auf weiteres zum 55millionenfachen
Betrage des Nennwertes.
Die Schlüſſelzahl im Buchhandel beträgt ab 8. Oktober
100 000 000.
Für die Zeit vom 10. bis 12. Oktober 1923 beträgt das Gold=
zollaufgeld
13 699 999 900 Prozent. (1 Goldzollaufgeld 137
Millionen Papiermark.)
Wie wir hören, verſchied der Reichskommiſſar für Ein= und Aus=
fuhrbewilligungen
, Miniſterialrat Wienecke, nach längerem ſchweren
Leiden.
Zufolge Nachrichten aus dem Weißen Hauſe beharrt Präſident
Coolidge bei der Verweigerung jeder Annullierung
der amerikaniſchen Kriegsſchulden.

bleiben, ob es beſſer geweſen wäre, nachdem die Dinge einmal
ſo weit gediehen waren, nunmehr eine endgüiltige Löſung herbei=
zuführen
, guch wenn eine ſolche natürlich erhebliche Gefahren
mit ſich gebracht hätte. Dr. Streſewann hat ſich für die Rück=
kehr
zur großen Koalition entſchieden, wobei für ſeinen Ent=
ſchluß
die verſchiedenſten ſchwerwiegenden Gründe maßgebend
geweſen ſein mögen.
Wenn auch der Wert des parlamentariſchen Rückhalts nach
den Ereigniſſen der vergangenen Woche recht problematiſch er=
ſcheinen
mag, ſo iſt es innerpolitiſch naturgemäß von recht erheb=
licher
Bedeutung, wenn die zur Produktionsſteigerung notwen=
digen
Moßnahmen mit Unverſüützung der Sozialdemokratie
durchgeführt werden können. Ebenſo iſt es für die außenpoli=
tiſchen
Entſcheidungen nicht bedeutungslos, daß die Mehrheit
des Parlaments hinter der Reichsregierung ſteht, wenn auch
deſſen Anſehen in der Welt nach dieſen Tagen nicht mehr allzu
groß ſein mag.
Eine volle Woche ſchien man in Deutſchland über den inner=
politiſchen
Sorgen vergeſſen zu haben, daß das Reich mitten in
einem Exiſtenzkampf mit einem erbarmungsloſen Gegner ſteht,
und es war daher gut, daß der Reichskanzler in ſeiner geſtrigen
Reichstagsrede die Fragen der Außenpolitik in erſter Linie
behandelte.
Parlamentsreden leitender Staatsmänner richten ſich nicht
nur an das eigene Volk. Begreiflich, daß Dr. Streſemann die
Probleme mit einer gewiſſen Vorſicht angriff in einem Augen=
blick
, in dem die franzöſiſche Preſſe ſich in den heftigſten Aus=
fällen
gegen Lord Curzon ergeht; weil Großbritanniens Außen=
miniſter
es gewagt hat, auf der in London tagenden britiſchen
Reichskonferenz auch einige deutliche Worte an die Adreſſe
Frankreichs zu richten.
Die Klarheit, welche das deutſche Volk ſich wünſcht über die
Richtung, in welcher ſich die Außenpolitik der Reichsregierung
bewegt, hat die geſtrige Regierungserklärung auf dieſe Weiſe
nicht gebracht, und das iſt in mancher Hinſicht bedauerlich.
Wir glauben annehmen zu dürfen, daß man ſich auch in
Berlin über die Gefahren der verzweifelten Stimmung im klaren
iſt, die ſich breiter Schichten nachgerade bemächtigt hat. Nicht
nur in Bäyern verlangt man bomn Kanzler des Deutſchen
Reiches unbeugſame Feſtigkeit. Totengräber des Reiches würde
ſein, wer es unternehmen wollte, die Kapitulation vor Frank=
reich
zu unterſchreiben.
Die Ereigniſſe der vergangenen Woche haben das Vertrauen
des deutſchen Volkes in mancher Beziehung erſchüttert. Mögen
die Taten der neuen Regierung es von neuem befeſtigen. II.
Das weniger bekannte E=dur=Trio von Mozart ſchloß die
Spielfolge. Es iſt auf einer einheitlichen Stimmung aufgebaut,
der der ruhigen, frohen Lebensbejahung, und wenn ſich Molltöne
bitter klagend vorwagen, ſo iſt’s immer nur für kurz, bald ſind
die Tränen getrocknet, und neu lächelt das ſchöne Leben. Die
Erfindung in allen drei Sätzen iſt ſchlicht und doch ſehr originell,
die Verarbeitung äußerſt kunſtvoll und geiſtreich, hauptſächlich
im köſtlichen Schlußſatz. Jedes Inſtrument behält ſeine Gel=
tung
für ſich: ſinſoniſche Wirkung gibt es nichk. Die Herren
trafen den Stil dieſes Werkes meiſterlich. Ein zahlreiches, ver=
ſtändnisvolles
Publikum dankte warm den ausgezeichneten Dar=
bietungen
. Ein anerkennendes Wort will ich ſchließlich nicht
vergeſſen dem geſchmackvollen Bühnenrahmen zu zollen, in dem
das Trio ſaß.

* Zwei Heimatdichterinnen.
Schwarzwald und Thüringen werden in der Literatur durch
zwei Frauen würdig vertreten: Hermine Villinger und
Marthe Renate Fiſcher, deren Werke von dem um die
Heimatliteratur hochverdienten Verlag Adolf Bong u. Co. in
Stuttgart veröffentlicht worden ſind. Gemeinſam iſt beiden Dich=
terinnen
die warine Liebe für ihre Heimat, deren landſchaftlichen
Charakter ſie beide mit echten Farben zu ſchildern wiſſen, ſowie
die tiefe Kenntnis der Volksſeele, deren Regungen ſie nachzu=
gehen
verſtehen, und endlich die ſo echt weiblich anmutende Sym=
pathie
für die Geſchicke kleiner einfacher Leute, die zwar keine
Helden, aber eben doch Menſchen ſind. Während die Villinger
uns ſteis als Frau gegenübertritt, hat Marthe Renate Fiſchers
kräftigerer und herberer Stil oft etwas von männlicher Stärke an
ſich das mag vielleicht in der Verſchiedenheit des Volkscharak=
ters
begründet ſein. Hermine Villinger iſt vor einigen Jahren
geſtorben. Aus ihrem ſchriftſtelleriſchen Nachlaß ſtammt ein
letztes Buch Lebenswege, das ſieben Erzählungen enthält, die
in ihren letzten Lebensjahren entſtanden ſind. Im Alter hat ſich
die Dichterin noch einmal mit großer Liebe in die Jahre der Ju=
gend
zurückverſetzt und Erinnerungen wach werden laſſen, die
uns einen Einblick in ihr junges Leben geſtatten. So führt uns
Der Lebensweg der Frau Gertrudis in ihre eigene Kloſterzeit
zurück und zeigt, wie ihre Befreiung daraus wurde. Von ihren
früher erſchienenen Romanen und Geſchichten ſeien namentlich
Der Herr Stadtrat, Simplizitas, Der Weg der Schmerzen,

Beite 3.

Berliner Preſſeſtimmen zur Regierungserklärung.
* Berlin, 7. Okt. (Priv.=Tel.) Der Berliner Lokalanzei=
ger
ſchreibt: Das Parlament muß ja größenwahnſinnig werden,
wenn alle Regierungen, die einander folgen, ſich ſo ſehr vor ihm
ihm kapitulieren, wenn es nur mit einem Mißtrauensvotum
Die Landesverſammlung der bayeriſchen Volkspartei iſt für Sonn= droht. Wenn ſolche Fahnenflucht zur Gewohnheit wird, dann
erzieht man die Parteien geradezu zu den Gepflogenheiten eines
Pokerſpielers. Wir wollen deshalb hoffen, daß Dr. Streſemann
wenigſtens jetzt in den Verhandlungen, die er noch zu führen
hat, endlich eine Verſtändigung über das Ermächtigungsgeſetz
mal ein ganz beſonders großes Vertrauen, denn er hat in ſei=
Der Generalſtaatskommiſſar v. Kahr beabſichtigt, zum Vollzug der ner geſtrigen Rede keine Klarheit über die beiden wichtigſten
Fragen geſchaffen, die noch der Löſung harren, nämlich über die
Art, wie er die Geſundung der Währung herbeiführen will, und
über die Geſtaltung des Arbeitszeitgeſetzes. Es war um ſo
nötiger, dieſe Klarheit zu ſchaffen, weil er mit einem neuen
Fiuanzminiſter vor dem Reichstag erſchien, und die Währungs=
Die laus Gründen der öffentlichen Ordnung von den zuſtändigen geſetze, die bisher bekannt geworden ſind, als erledigt betrach=
tet
werden. Wird Herr Streſemann den Vertrag von Verſailles,
langt? Darüber vor allem müßte er Erklärungen abgeben. Kein
Parlamentarier, ſelbſt wenn er ſonſt dazu bereit iſt, kann ihm
Der Aerzteinder für die Privatpraxis iſt mit Wirkung vom 7. Okt. durch das Ermächtigungsgeſetz die im übrigen wünſchenswerte
Befreiung von den parlamentariſchen Feſſeln zugeſtehen, ehe dieſe
Frage geklärt iſt.
Der Tag ſchreibt: Bringt das neue Miniſterium die letzte
Entſchlußkraft auf, in den innerwirtſchaftlichen und innerpoliti=
ſchen
Fragen die Zügel kurz zu faſſen, ſo gelingt es vielleicht
noch einmal, daß das Staatsſchiff an den Klippen nicht zerſchellt.
Aber es bleibt keine Zeit zum Experimentieren. Wird nicht end=
lich
gehandelt, ſo treibt das Staatsſchiff weiterhin, wie in den
letzten Wochen ſteuerlos auf den Wellen. Es muß eine neue
Situation herbeigeführt werden.
Die Deutſche Allgemeine Zeitung ſchreibt: In der prakti=
ſchen
Politik wird die weite Regierung Streſemanns zu bewei=
ſen
haben, daß ſie im ande iſt, die ernſten prinzipiellen Beden=
ken
zu zerſtreuen, die bei ihrer Bildung beſtanden. Der Reichs=
kanzler
hat neuerdings eine ſehr kurze Bewährungsfriſt.
Der Vorwärts zur Entſcheidung der
Sozialdemokraten.
Berlin, 6. Okt. (Wolff.) Zur Entſcheibung der Sozial=
demokratie
wird im Vorwärts ausgeführt: Auch wer mit ihr
nicht einverſtanden iſt, wird als Parteigenoſſe ihr zugeſtehen
müſſen, daß ſie nach beſtem Willen und Gewiſſen die ihr anver=
trauten
Intereſſen verteidigt und wahrgenommen hat. In den
großen Parteien gehe es gewiß nicht ohne Kritik ab. Aber es
gehe erſt recht nicht, zumal in ſo ſchwerer Zeit, wie der gegen=
wärtigen
, ohne Einigkeit und Diſziplin. Die Sozialdemokra=
tiſche
Partei müſſe, wie es an anderer Stelle des Artikels heißt,
die Kraft haben, innerhalb der Koalition geſchloſſen ihre Forde=
rungen
zu vertreten, und aus der Koalition geſchloſſen heraus=
zugehen
, falls die Umſtände dies in abſehbarer Zeit erforderlich
machen follten.
Der engliſche Arbeiterführer Morell über die Schaldfrage
TU. München, 6. Okt. Das bekannte Mitglied der eng=
liſchen
Arbeiterpartei Morel weilt zurzeit in Bayern und ge=
währte
einem Mitarbeiter der Münchener Neueſten Nachrichten
eine Unterredung, über die das Blatt u. a. folgendes berichtet:
Der Vertreter des Blattes richtete an den Arbeiterführer zu=
nächſt
folgende Fragen: Welche Politik wird Ihrer Anſicht nach
England gegen Deutſchland einſchlagen, nachdem durch die Auf=
gabe
des paſſiven Widerſtandes eine neue Lage geſchaffen iſt?
Morel erklärte, daß die Aufgabe des paſſiven Widerſtandes der
britiſchen Regierung mehr denn je zur Pflicht mache, einen wei=
teren
Schritt vorwärts in der Richtung einer Note an Frank=
reich
zu tun. Niemand in unſerem Lande, ſo erklärte der Ar=
beiterführer
, wünſcht einen Bruch mit Frankreich, abſchon es
ebenſo wahr iſt, daß ein überwiegender Teil der engliſchen
öffentlichen Meinung die gegewwärtige franzöſiſche Politik nach=
drücklich
verwirft.
Die letzte Frage lautete: Finden Sie, daß die öffentliche
Meinung jetzt Deutſchland gegenüber umſchlägt? Morel ant=
wortete
: Das tut ſie tatſächlich ſehr raſch. Tief in der Natur
des Engländers liegt der Sinn für Fair plair, der trotz der gegen=
teiligen
Strömungen nicht gänzlich ausgelöſcht iſt. Durch den
taſſiven Widerſtand im Ruhrgebiet hat Deutſchland einen gro=
ßen
Teil der Achtung wiedergewonnen, die es in den Jahren
nach dem Abſchluß des Verſailler Vertrages durch ſeine wenig
glücklich diplomatiſchen Methoden eingebüßt hat. Das wirkliche
Leid des deutſchen Volkes wird in England jetzt ebenfalls beſſer
verſtanden. Man möchte daher wünſchen, daß in der Richtung
der Aufklärung über die wahren Kriegsurſachen durch die Ver=
öfſentlichung
der Vorkriegsakten weiterhin mehr geſchehen könne.
Dn
Sterngucker, Der neue Tag genannt, die ſo recht die ganze
gemütvolle und gemütliche Stimmung des Badener Ländle‟
wiederſpiegeln, deſſen alemanniſche Bevölkerung ſo echt deutſche
Züge hat, kindlich=froh, aber kraftvoll=derb, treu und brav ſo
wie die Villinger ihre Landsleute ſchildert.
Aehnlich iſt ja auch der thüringiſche Volkscharakter, als deſſen
Interpretin Marthe Renate Fiſcher erſcheint. Hier finden wir
häufig noch eine ſeltſame Miſchung von ſchwerem, düſterem
Ernſt mit Schalkhaftigkeit und Humor. Charakteriſtiſch für das
thüringiſche Landvolk iſt der noch heute mächtige Aberglaube, der
Elaube an den Drachen an Hexen und Teufel (der ſich übri=
gens
auch in der benachbarten Rhön noch häufig findet). So
ſpielt der Aberglaube auch öfter eine wichtige Rolle in den Ro=
v
. H. manen der Dichterin. Früher erſchienene Werke der Fiſcher ſind
insbeſondere Die aus dem Drachenhaus, Die Blöttnertochter
Die letzte Station, Aus ſtillen Winkeln, Wir ziehen unſere
Lebensſtraße‟. Das zuletzt herausgekommene Buch Auf dem
Wege zum Paradies läßt in fünf ſchon vor längerer Zeit ge=
ſchriebenen
Erzählungen die Eigenart der thüringiſchen Schrift=
ſtellerin
beſonders klar und ſchön hervortreten. Wer Heimat=
kunſt
liebt, und es wird wenige geben, die ſich nicht von ihrem
Erdgeruch einfangen laſſen, wird gerade bei der badiſchen und
thüringiſchen Dichterin, die ſo recht und echt ihre Heimat ver=
körpern
, auf ſeine Rechnung kommen. Gerade heute, da einen
ſo viel am deutſchen Weſen abſtößt, Egoismus und Materialis=
mus
, Wucher und Schiebertum, Gewalttätigkeit und Verrohung
und ſo manches andere, wird man gerne zum Kerne wahren
Volkstums zurückkehren.
H. O. Becker.

Unterernährte Wettſieger. Die Weltmeiſterſchaften in der
Radfahrkunſt wurden jüngſt von einem Holländer und einem
Schweizer erſtritten. Man wird bemerken, daß ſeit den erſten
Proben des Wettbewerbes Deutſche, Oeſterreicher und Ungarn,
die vor dem Kriege dort glanzvoll ſich auszeichneten, ausgeſchal=
tet
wurden. Als der internationale Kongreß der Radfahrunion
ſich mit der Frage der Weltmeiſterſchaften befaßte, fragte man die
Abgeordneten der beſiegten Völker aus. Der deutſche Vertreter
erklärte: Vor dem Kriege koſteten die teuerſten Plätze unſerer
Radfahrbahnen 5 Mark 6 Franken. Heute koſten ſie 100 000
Mark, ſo etwas wie 50 Centimes. Unſere Wettfahrer gewinnen
auf dieſe Weiſe eben gerade ſoviel, daß ſie nicht Hungers ſterben.
Wie können ſie mit gut ernährten Wettfahrern hochvalutariſcher
Länder in Wettbewerb treten?

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 7. Oktober 1923.

Nummer 277.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 7. Oktober.
Ernannt wurde am 29. September 1923: der Lehrer Johann
Kneib zu Ober=Roden, Kreis Dieburg, zum Rektor an der Volksſchule
daſelbſt.
In den Ruheſtand verſetzt wurde Regierungsrat Köhler beim
Finanzamt Offenbach=Stadt unter Anerkennung und Dank für ſeine
Dienſte.
Epangeliſcher Pfarrdienſt. Den folgenden durch die Dekanatstage
des Jahres 1923 auf die Dauer von ſechs Jahren vollzogenen Wahlen
wurde die Beſtätigung erteilt: des evangeliſchen Pfarrers Adam Keil
in Spachbrücken zum Dekan und des evangeliſchen Pfarrers Otto Koch
in Höchſt i. O. zum Stellvertreter des Dekans des Dekanats Reinheim,
des evangeliſchen Pfarrers Dr. Karl Unverzagt in Alsfeld zum
Dekan und des evangeliſchen Pfarrers Julius Diefenbach in Eudor
zum Stellvertreter des Dekans, des Dekanats Alsfeld.
Ernennung: Kaufmann Wilhelm Kalbfuß, ſtellv. Vorſitzender
der Handelskammer Darmſtadt, wurde durch Erlaß des Reichswirtſchafts=
miniſters
vom 2. Oktober ds. Js. zum Mitglied des vorläu=
figen
Reichswirtſchaftsrats ernannt.
Landabgabe. Goldumrechnungsſatz für die Zeit vom 10. Oktober
bis einſchließlich 12. Oktober 1923 137000 000.
Darmſtädter Schiedsgericht. Wie bereits im Sitzungsbericht der
Handelskammer veröffentlicht worden iſt, haben die Handelskammer
Darmſtadt, wie die Heſſiſche Handwerkskammer, gemeinſam mit dem
Darmſtädter Anwaltverein ein Darmſtädter Schiedsgericht, welches im
Sitzungszimmer der Handelskammer tagtt, errichtet. Durch dieſes
Schiedsgericht ſoll Induſtrie, Handel und Handwerk Gelegenheit gegeben
werden, Streitigkeiten auf dem ſchnellſten Wege im ſchiedsrichterlichen
Verfahren zu erledigen. Die Handelskammer, ſowie die Handwerks=
kammer
in Darmſtadt ſind in der Lage, nähere Auskunft zu erteilen.
Gewerbemuſeum. Am Sonntag, den 7. d. Mts., vormittags
um 11 Uhr, findet im Gewerbemuſeum in den Ausſtellungen von Rudolf
Koch und Wilhelm Gerſtung eine Führung ſtatt. Der Eintritt iſt
frei.
Darmſtädter Fahrplanbuch. Die Winterausgabe vom 1. Oktober
wird beſtimmt morgen erſcheinen und von Dienstag ab überall erhältlich
ſein. Der Inhalt iſt mit manchen Verbeſſerungen in der gleichen An=
ordnung
gehalten wie ſeither. Auf Wunſch ſind einige Strecken über
Berlin und Hamburg hinaus neu aufgenommen worden, z. B. nach
Danzig, Oſtpreußen, Schleſien, Kiel u. a. m. Die Züge
Frankfuxt-Berlin findet man jetzt in beſonderer Nummer über=
ſichtlich
für ſich zuſammengeſtellt. Die beliebte Abfahrts= und An=
kunftstafel
für Darmſtadt iſt dem Fahrplanteil vorgeheftet. Der
zweite Teil des Büchleins enthält die feſten Grundpreiſe für Fahr=
karten
in allen Klaſſen bis 1000 Km., für Wochen= und Monats=
karten
und für die Sonntagsrückfahrkarten, die auf den
Bahnhöfen Darmſtadt=Haupt, Nord, Oſt und Süd erhältlich ſind. Die
von den letzten Ausgaben her bekannte Entfernungstafel gibt
die Tarifkilometerentfernung von über 600 Stationen von Darmſtadt=
Haupt= und Oſtbahnhof an. Der Preis des Darmſtädter Fahrplan=
buchs
iſt diesmal nur 25 Pfg., zu vervielfachen mit der Buchhändler=
ſchlüſſelzahl
.
Kindergärtnerinnen. Trotzdem die wirtſchaftlichen Verhältniſſe
auch den jungen Menſchen häufig zum Materialismus treiben, ſehnt er
ſich im Innern doch nach der Möglichkeit der Selbſtentwickelung und
Selbſtentfaltung in ſeinem Beruf. Der Beruf der Kindergärtnerin ent=
ſpricht
den natürlichen Anlagen der Frau und gibt deshalb dem jungen
Mädchen in ſeiner Ausübung Bereicherung und Befriedigung. Er läßt
ſie die Aufgaben der Frau als Erzieherin des neuen Geſchlechtes und als
Mutter erkennen und die ernſte Bedeutung derſelben für eine Verbeſſe=
rung
der Familie und damit auch einer Geſundung unſeres Volkes.
Durch die Ausbildung zur Kindergärtnerin ſind dem jungen Mädchen
weitere Ausbildungsmöglichkeiten zu ſozialen Berufen gegeben. Doch
auch als Kindergärtnerin findet ſie neben der inneren Befriedigung und
Vertiefung ihr Auskommen, denn die Nachfrage überſteigt das Angebot
ſtaatlich geprüfter Kindergärtnerinnen. Die Arbeit an unſeren Kindern
und unſerer Jugend darf und wird nicht aufhören, trotz allem! (Näheres
ſiehe Anzeige.
Die nächſte öffentliche Sitzung der Stadtverordneten= Verſamm=
lung
am Donnerstag, den 11. Oktober 1923, nachmittags 5 Uhr, weiſt
folgende Tagesordnung auf: 1. Geſuch der ehemaligen Beſſunger Orts=
bürger
um Erhaltung der Reihengräber auf dem Friedhof an der
Klaxpacherſtraße. 2. Bebauungsplan für das Gelände nördlich des
Rhönrings zwiſchen der projektierten Straße B und der Kranichſteiner
Straße. 3. Aenderung der Fluchtlinie Ecke Landwehrſtraße und
Kirſchenallee. 4. Feſtſetzung und Erhebung der Gas= und Waſſergelder.
5. Gewährung von Entſchädigungen bei Waſſerverluſten. 6. Aenderung
des Syſtems bei Genehmigung von Tariferhöhungen der Straßenbahn.
7. Erhöhung von Grund= und Gewerbeſteuer. 8. Erhebung von Ver=
zugszuſchlägen
. 9. Zuſchußleiſtung an das Amt für Leibesübungen. 10.
Erhöhung des Betrages für freihändige Vergebung von Arbeiten und
Lieferungen. 11. Bildung des Ausſchuſſes gemäß § 2 der Satzung für
die Beſteuerung des Beſuchs von Bars, Dielen und ähnlichen Lokalen.
12. Ergänzung verſchiedener Ausſchüſſe und Deputationen. 13. Ge=
währung
von Zuſchüſſen an Privatſchulen. 14. Mitteilungen.
Hallenſchwimmbad. Durch die eingetretene naßkalte Witterung
iſt es notwendig geworden, die Schwimmhallen zu beheizen. Infolge der
entſtehenden außerordentlich hohen Koſten für Kohlen uſw. kann von
Montag, den 8. Oktober ds. Js. ab, nur noch eine Schwimmhalle in Be=
trieb
gehalten werden. Gleichzeitig iſt auch eine Aenderung in den
Badezeiten eingetreten, weshalb wir unſere Leſer auf die heutige Be=
kanntmachung
im Anzeigenteil beſonders aufmerkſam machen.
Deutſcher u. Oeſterreichiſcher Alpenverein, Sektion Darmſtadt.
In der Monatsverſammlung (je 1. Freitag des Monats) bei Sitte
ſprach Herr Pfannmüller über ſeine heurigen führerloſen, ſehr kühnen,
aber glücklich durchgeführten Klettertouren im Wetterſtein= und Watz=
manngebiet
.
Gevatter Tod. Es wird noch einmal auf das Myſterien=
ſpiel
Gevatter Tod hingewieſen, das Sonntag, den 7. Oktober, abends
8 Uhr, in der Johanneskirche anläßlich eines Jugendfeſtes von einer
Fran=furter Spielſchar aufgeführt wird.
Herrngarten=Promenadenkonzert heute vormittag von 11 Uhr ab
nach folgendem Programm: Kreutzer: Chor Das iſt der Tag des Herrn.
Boildieu: Ouvertüre Der Calif von Bagdad. Bizet: Themen aus
Carmen, Kling: Die Perlen, Solo für zwei Trompeten. Wald=
teufel
: Goldregen, Walzer. Jeſſel: Aufzug der Stadtwache (aus
der Biedermeierzeit). Leitung: Obermuſikmeiſter M. Weber.
Abladen von Schutt auf öffentlichen Wegen und Plätzen ſowie
auf Privatgrundſtücken. 1. Das Abladen von Schutt, Baugrund uſw.
auf öffentlichen Wegen oder Plätzen iſt nur mit ſchriftlicher Erlaubnis
des Tiefbauamtes und nur an den in der Erlaubniskarte bezeichneten
Stellen zuläſſig. Bei Zuwiderhandlungen wird die Beſtrafung des
Schuldigen, ſowie die Entfernung des unrechtmäßig verbrachten Schut=
tes
, Baugrundes uſw. auf Koſten des Verbringers veranlaßt werden.
2. Zum Abladen von Schutt auf Privatgrundſtücken iſt die Erlaubnis
des Grundeigentümers oder ſeines Vertreters erforderlich. Eigentümer
von Bauplätzen, die eine Erlaubnis zum Abladen von Schutt behufs
Ausfüllen dieſer Plätze erteilen, haben dafür Sorge zu tragen, daß
keine in Fäulnis übergehenden Abfallſtoffe, die den Boden verun=
reinigen
können, auf die Bauplätze verbracht werden. Falls eine die
Geſundheit gefährdende Verunreinigung des Bodens durch Verbrin=
gung
derartiger Abfallſtoffe auf einem Baugelände feſtgeſtellt wird,
wird deren Beſeitigung auf Koſten des Eigentümers angeordnet werden.
Lokale Veranſkaltungen.
Die hſerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinein Falſie irgendwie als Beſprechung oder Kritil.

Wanderklub Stolzenfels Am 7. Oktober, nachm.
4 Uhr, feiert der Wanderklub Stolzenfels ſein zweifähriges Stiftungs=
feſt
mit anſchließendem Ball im Feierabend, Stiftsſtraße 51. (Siehe
geſtrige Anzeige.)
Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Frauengruppe. Mitt=
woch
, den 10. ds., von 434 Uhr ab, zwangloſes Zuſammenſein und Aus=
ſprache
im Parteilokal. Die Mitglieder des Vorſtandes und des Er=
weiterten
Vorſtandes werden dringend gebeten, vollzählig zu erſcheinen.
Deutſche Demokratiſche Jugendgruppe. Am
Mittwoch, den 10. Oktober, abends 8 Uhr, ſpricht Landtagsabgeordneter
Rektor Reiber über Die politiſche Lage‟. Verſammlungsort wie bis=
her
in unſerem Heim: Waldſtraße 45.
Kommunalpolitiſcher Abend der Deutſchen
Demokratiſchen Partei. Am Montag, den 8. ds., abends 8½
Uhr, findet im Parteilokal, Waldſtraße 45, ein Kommunalpolitiſcher
Abend ſtatt. Ausſprache über ſehr wichtige Gegenſtände der letzten und
der kommenden Stadtverordnetentagung. Alle Parteifreunde herzlich
willkommer

Mietverechnungen.
Die Berechnung der Miete iſt heute eine recht komplizierte Sache.
Es wird deshalb vielen Hausbeſitzern und Mietern von Intereſſe ſein,
noch einmal über die Berechnung der Oktobermieten aufgeklärt zu wer=
den
. In Nr. 270 des Darmſtädter Tagblatts hat das Miniſterium für
Arbeit und Wirtſchaft die Grundſätze der neuen Mietberechnung zwar
klar und deutlich veröffentlicht und auch an einem Beiſpiel die Berech=
nung
vorgeführt. Viele Leſer haben aber offenbar dieſen Artikel nicht
geleſen oder beiſeite gelegt. Daraus erklären ſich die vielen Anfragen
bei der Stadtverwaltung. Es ſoll deshalb hier noch ein Beiſpiel vor=
geführt
werden.
Zur Berechnung müſſen wir wiſſen: Friedensmiete und Grund=
miete
des ganzen Hauſes und der einzelnen Wohnungen, den Steuer=
wert
den Brandverſicherungswert, die Zahl der Kamine, den Schorn=
ſteinfegerindex
, den Waſſerverbrauch, den Einheitspreis des Waſſers
und den Lebenshaltungsindex (einſchl. Bekleidung). Alle dieſe Zahlen
müſſen wir von jetzt ab dauernd verfolgen und in einer Tabelle ein=
tragen
, die zur Kontrolle der Berechnung der Mieten notwendig iſt.
Um nicht wie ſeither allmonatlich die Hundertſätze neu feſtſetzen
zu müſſen, iſt man auf Weiſung der Reichsregierung nun dazu über=
gegangen
, für die Betriebskoſten und die Inſtandſetzungsarbeiten eine
wertbeſtändige Formel anzuwenden. So hat man die Friedensunter=
haltungskoſten
(15 Prozent der Friedensmiete) vervielfacht mit dem
Lebenshaltungsindex, der früher jeden Monat, jetzt aber allwöchentlich
vom Statiſtiſchen Reichsamt nach ganz beſtimmten Richtlinien berech=
net
und Donnerstags in der Tagespreſſe bekannt gegehen wird. Er be=
trug
am 24. September 28 Millionen, ſeit 1. Oktober 40,4 Millionen.
Er wird zweifellos in der nächſten Woche ganz beträchtlich ſteigen. Des=
halb
empfiehlt es ſich für die Mieter, ihre Oktobermiete mög=
lichſt
bald zu bezahlen und mit dem Hausbeſitzer für
die Folge überhaupt Vorauszahlung zu verein=
baren
.
Mit dieſer Berechnung ſind die Betriebs= und Unterhaltungskoſten
dauernd der Geldentwertung angeglichen. Die Hausbeſitzer erhalten
damit jetzt Beträge, mit denen ſie die Unterhaltung in vollem Umfang
leiſten können und für die Folge auch müſſen. Die Trennung zwiſchen
großen Inſtandſetzungskoſten und laufender Unterhaltung iſt fortge=
fallen
. Es ſei aber hier bemerkt, daß ſich dieſe Koſten verhalten wie
2/s (laufende Unterhaltung) zu 2/s (große Inſtandſetzung). Wer alſo
die laufende Unterhaltung ſelbſt übernommen hat, zahlt von den 15
Prozent nur 6 Prozent für die großen Inſtandſetzungskoſten. Mit der
Vorauszahlung muß der Hausbeſitzer einverſtanden ſein. Als Fällig=
keitstag
gilt ſeither in der Regel der erſte Tag des Monats für den
zurückliegenden Monat. Es liegt aber im beiderſeitigen Intereſſe, für
die Folge Vorauszahlung einzuführen. Je ſchneller der Hausbeſitzer
das Geld erhält, um ſo weniger wird er durch Zinſen für die Vor=
lage
belaſtet. Je ſchneller er den Auftrag für Unterhaltungsarbeiten
gibt oder Material einkauft, um ſo billiger wird er arbeiten können.
Berechnen wir nun ein Beiſpiel. Als ſolches diene wieder wie in
den früheren Veröffentlichungen eine Vierzimmerwohnung in einem
vierſtöckigen Haus. Der Steuerwert beträgt 50 000 Mk., der Brand=
verſicherungswert
40000 Mk., die Friedensmiete des ganzen Hauſes
2500 Mk., die Grundmiete 2000 Mk., die Friedensmiete der Wohnung
730 Mk., die Grundmiete 584 Mk. Wer nur ſeine Grundmiete kennt,
muß ein Viertel dieſes Betrages zurechnen, um die Friedensmiete zu
erhalten.
4) Reichsgeſetzliche Miete.
1. Die Grundmiete beträgt monatlich 584 : 12
48,50 Mk
2. Der Zuſchlag für Steigerung der Zinſen beträgt
1500 Prozent der Grundmiete 584 X 1500
730,
100 X 12
3. Der Zuſchlag für die Betriebskoſten ( Verwal=
tung
) beträgt 1 Prozent der Friedensmiete mal
dem Lebenshaltungsindex 730 X 40400000 24 576 666.

100 X 12

Der Zuſchlag für die Unterhaltungskoſten
beträgt 15 Prozent der Friedensmiete mal
dem Lebenshaltungsindex, alſo monatlich
730 X 15 X 40400000
100 X 12
Die monatliche Miete für eine ſolche Wohnung
beträgt demnach
oder rund

368 650 000,

60 000

100 000

784 000

200 000 000

393 227 444,50 Mk.
393 227 000,
Wir erſehen daraus, welch lächerlich geringen Betrag der Haus=
beſitzer
als Verzinſung ſeines Wertes erhält. Als eigentliche Miete
erhält er für dieſe ganze Wohnung monatlich 48 Mk. 50 Pf., und wenn
er gar keine Hypothek darauf ſtehen hat, ſogar 778 Mk. und 50 Pf.
Für die Verwaltungsarbeit, die er zu leiſten hat, erhält er jetzt im
Jahr für das ganze Haus 1 Milliarde Mark. Das iſt zwar eine große
Summe, aber es iſt heute der 20ſtündige Lohn eines gelernten Ar=
beiters
. Damit können die Hausbeſitzer zufrieden ſein.
B) Dazu kommen folgende Betriebskoſten, die ausgeſchlagen wer=
den
müſſen:
1. Die Wohnungsbauabgabe. Sie beträgt vierteljähr=
jährlich
pro 100 Mk. Grundmiete 40 000 Mk., mit=
hin
monatlich 584 X 40 000
80 000
100 X 3
2. Die Grundſteuer. Sie beträgt z. Zk. pro 100 Mk.
Steuerwert des Hauſes jährlich 5760 Mk., mithin
für eine Wohnung monatlich 50 000 X 5760
100 K4X12
3. Der Brandverſicherungsbeitrag. Er beträgt z. Zt.
jährlich das 121fache des Brandverſicherungswertes
und für eine Wohnung 40000 X 121
4 X 12
4. Die Schornſteinfegergebühr. Sie beträgt z. Zt. das
1 120 000fache der Friedensbeträge, demnach monat=
lich
14 X 24 X 1 120000
4 X 12
5. Der Waſſerverbrauch mit monatlich etwa 4 Kbm.
Der Preis für Oktober ſteht noch nicht feſt.
Nehmen wir ihn einmal an mit 50 000 000 Mk. pro
Kubikmeter. Es iſt alſo zu rechnen mit
Die Betriebskoſten betragen zuſammen:
201 024 000 Mk.
Dazu kommen noch unter Umſtänden Treppenbeleuchtung, Verſiche=
rung
gegen Waſſerſchaden, Haftpflicht uſw.
Da es auch für die Untermieter erwünſcht iſt, im voraus zu wiſſen,
was ſie zu bezahlen haben, und auch im voraus ihre Miete
zu bezahlen, ſei auch der Preis eines möblierten Zimmers hier
berechnet.
C. Der Preis für ein möbliertes Zimmer ſetzt ſick
wie folgt zuſammen:
1. Für den leeren Raum ein Viertel der reichsgeſetz=
lichen
Miete unter A
100 000 000 Mk.
2. ein Viertel der Betriebskoſten unter B
50 000 000
3. Umſatzſteuer, 2 Prozent von 1. und 4.
3 500 000
4, für Benutzung des Mobiliars monatlich 0,6 Prozent
vom Mittelwert, der jetzt mit 12 Milliarden ange=
nommen
werden muß
72000 000
5. für Bedienung der 15ſtündige Lohn einer Lauffrau
ohne Koſt 15 X 5000 000
75 000 000
zuſammen: 300 500 000 Mk.
Dazu kommt noch die Vergütung für Beleuchtung, Heizung, Wäſche,
Verpflegung uſw. Schlafſtellen fallen nicht unter dieſe Be=
rechnung
.
Die vorſtehend errechneten Mietpreiſe ſind indeſſen nur für ein nor=
males
Beiſpiel errechnet. Alle Untermieter, die in gut bezahlter Stel=
lung
ſind, können derartige Beträge bezahlen, ohne dabei ihre Ein=
nahmen
über Gebühr in Anſpruch zu nehmen, erhält doch ſchon ein
junger Arbeiter heute einen Monatslohn von etwa 7 Milliarden Mark.
Nur für die, die nicht im Erwerbsleben ſtehen, wird die Miete uner=
träglich
hoch. Sie haben aber überwiegend die Möglichkeit, ein oder
mehrere Zimmer möbliert zu vermieten und ſich ſo eine ſichere Einnahme
zu verſchaffen. Das Winterſemeſter an der Techniſchen Hochſchule, das
am 15. Oktober beginnt, wird wiederum viele neue Untermieter bringen.
Es bietet ſich hier die Gelegenheit, nicht nur zu vermieten, ſondern auch
für viele, ein gutes Werk zu tun. Wer möblierte Zimmer zu vermieten
hat, der wende ſich unter Angabe ſeiner Wünſche an die Studen=
tiſche
Wirtſchaftshilfe Alexanderſtraße 22.
Ueberblickt man unſere ganze Wohnungswirtſchaft, ſo erkennt man,
daß wir heute in der Neubeſchaffung von Wohnungen auf einem toten
Punkt angelangt ſind. Die Mittel für den Neubau ſind nicht mehr zu
beſchaffen. Kein Menſch wird ſich dazu entſchließen, ein Haus zu bauen,
ſolange er Hoffnung haben kann, eine Altwohnung noch billig zu er=
halten
. Solange die Zwangswirtſchaft beſteht, iſt ſo gut wie keine Aus=

ſicht, die Privatinitiative im Wohnungsbau zu wecken. Die Aufhebung
der Zwangswirtſchaft iſt aber heute ganz undenkbar. Reicht doch das
Einkommen der großen Maſſe heute ſchon nicht aus. Reich, Staat und
Gemeinden ſind nicht mehr imſtande, die Mittel aufzubringen, die der
Wohnungsneubau erfordert. Die Wohnungsbauabgabe bringt trotz
aller Erhöhungen nicht ſo viel auf, um auch nur drei Wohnungen zu
erbauen. Koſtet doch eine Wohnung heute annähernd eine Billion Mark.
Wir müſſen deshalb neue Wege ſuchen, und da ſcheint der richtige Weg
der zu ſein, daß wir allen denjenigen, die ſich ein neues Haus erbauen,
ganz beſondere Vorteile dadurch bieten, daß wir ſie auf eine gewiſſe
Zeitſpanne von der Einkommenſteuer, der Grundſteuer, der Wohnungs=
bauabgabe
, den Anliegerbeiträgen uſw., wenigſtens aber ſo lange be=
freien
, bis ſich die Altwohnungs= und Neubaumieten derart nähern, daß
der Unterſchied geringer wird, als die Steuerbefreiung ausmacht. In
dem gleichen Maße konnte dann die Steuerbefreiung herabgeſetzt wer=
den
. Auch könnte man den Weg beſchreiten, daß man wertbeſtändige
Baukaſſenſcheine herausgibt und demjenigen eine Wohnung verſpricht,
der eine genügende Summe Baukaſſenſcheine gezeichnet und bezahlt hat.
Dieſe Baukaſſenſcheine würden im mäßigen Maße verzinſt und auf eine
gewiſſe Reihe von Jahren unkündbar anzulegen ſein. So würden die
Mittel auch für den behördlichen Bau aufgebracht, die heute nicht mehr
von der Allgemeinheit zu beſchaffen ſind. Für dieſe Baukaſſenſcheine
müßte die vorerwähnte Steuerbefreiung in gleicher Weiſe eintreten. B.

Sitzung der Handelskammer Darmſtadt
Sitzung vom 2. Oktober 1923.
Zu Beginn der Sitzung wies der Vorſitzende, Herr E. Schenck, auf
die durch den Abbruch des paſſiven Widerſtandes ge=
gegebene
Sachlage hin und betonte, man müſſe in dieſer kritiſchen Zeit
mit allen Kräften den Beſtand des Deutſchen Reiches ſchützen.
Die Handelskammer nahm davon Kenntnis, daß Herr Kaufmann
Wilhelm Kalbfuß, ſtellvertretender Vorſitzender der Handelskammer
durch den Deutſchen Induſtrie= und Handelstag zum Mitglied des
vorläufigen Reichswirtſchaftsrats gewählt worden iſt.
Auf einer Vertreterbeſprechung der Heſſiſchen Handelskammern in
Frankfurt a. M. am 22. Auguſt wurden hauptſächlich die neuen
Reichsſteuern beſprochen. Diesbezügliche Veröffentlichungen haben
bereits in den meiſtgeleſenen Zeitungen des Bezirks ſtattgefunden. Ins=
beſondere
wurde die neue Betriebsſteuer als eine ungerechte und
unſoziale Steuer bezeichnet, und es wurde vor allem getadelt, daß
dieſe Steuer weder bei der Einkommen= noch bei der Körperſchafts=
ſteuer
vom ſteuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden darf. Die
Handelskammer hat ſowohl beim Deutſchen Induſtrie= und Handelstag
wie beim Heſſiſchen Miniſterium für Arbeit und Wirtſchaft Anträge
wegen Milderung der Härten des Betriebsſteuergeſetzes geſtellt. Auch
gegen das Geſetz über Aenderung der Verbrauchsſteuer wurde
Einſpruch erhoben. Leider beſteht die Tendenz, die Steuererhebung
und ſonſtige ſeither von den Finanzämtern ſelbſt vorgenommenen Ar=
beiten
in immer höherem Maße auf die Steuerpflichtigen abzuwälzen.
Mit der Bürgermeiſterei Darmſtadt haben verſchiadene Beſprechun=
gen
über die Grund= und Gewenbeſteuer ſtattgefunden, wobei
ſich die Handelskamer angeſichts der mißlichen Finanzlage der Stadt
Darmſtadt mit weſentlichen Erhöhungen dieſer beiden Steuern unter
gewiſſen Vorausſetzungen einverſtanden erklärt hat.
Sowohl in der zuſtändigen Kommiſſion der Handelskammer wie in
einer Sonderkommiſſion der Heſſiſchen Handelskammern ſind das
Geſetz über die berufliche Ausbildung Jugendlicher
wie der Entwurf eines allgemeinen Arbeitsver=
tragsgeſetzes
durchberaten worden. Auch der Entwurf eines Ar=
beitsgerichtsgeſetzes
wurde im Hinblick auf bevorſtehende Be=
ratungen
des Sozialpolitiſchen Ausſchuſſes des Deutſchen Induſtrie=
und Handelstages eingehend beſprochen.
Zwecks Schaffung eines Darmſtädter Schiedsgerichts
zur Schlichtung von Streitigkeiten von Induſtrie, Handel und Hand=
werk
mit Angehörigen dieſer Erwerbsſtände oder Privaten haben ver=
ſchiedene
Sitzungen ſtattgefunden, welche zur Bi’dung des Vorſtandes,
ſowie der einzelnen Spruchkammern und zur Schaffung von Schieds=
richterliſten
uſw. geführt haben. Die Konſtituierung des Schiedsgerichts
iſt erfolgt und wird demnächſt veröffentlicht werden.
Aus einem Bericht über die Sitzung des Hauptausſchuſſes des
Deutſchen Induſtrie= und Handelstages ging hervor, daß dort u. a. das
geſamte Wirtſchaftsprogramm der Reichsregierung einer eingehenden
Erörterung unterzogen worden iſt. Im Anſchluß an dieſe Darlegungen
wurde in der Vollverſammlung der in Ausſicht ſtehende Entwurf
über die Währungsbank beſprochen.
Beſchloſſen wurde, durch Vermittlung des Induſtrie= und Handels=
tags
einen Proteſt gegen die allzuſpäte Berechnung von
Steuerzuſchlägen, welche hauptſächlich wieder bei der Erhöhung
der Vorauszahlungen auf die Einkommen= und Körperſchaftsſteuern her=
vorgetreten
iſt. Da die Geſchäftswelt unter allen Umſtänden zeitig über
derartige außerordentliche Ausgaben unterrichtet ſein muß, muß erreicht
werden, daß die Reichsregierung Bekanntmachungen ſolcher Art zeitig
genug erfolgen läßt.
Die oftmals ſtarke Verſchiedenheit der Berliner und Frank=
furter
Kursnotierung bedeutet eine ſchwere Schädigung für
Induſtrie und Handel, da einem Teil der Geſchäftsabſchlüſſe der Ber=
liner
, einem anderen Teil der Frankfurter und einem weiteren Teil
der Neu=Yorker Kurs zugrunde gelegt wird. Außerdem muß die Ge=
ſchäftswelt
, welche verpflichtet iſt, Deviſen zu dem künſtlich niedrig ge=
haltenen
Berliner Dollarbriefkurs abzuliefern, hierdurch eine ſehr ſtarke
Exportabgabe an das Reich zahlen. Mittel und Wege müſſen gefunden
werden, um das Wohl des Reiches und ſeiner Bevölkerung in beſſerer
Art und Weiſe, als dies gegenwärtig geſchieht, mit den Intereſſen der
Geſchäftswelt in Einklang zu bringen.
Die Handelskammer ſteht auf dem Standpunkt, daß es Sache der
Behörden iſt, Gutſcheine bwz. Notgeld koſtenlos zur Ver=
fügung
zu ſtellen. Sie iſt daher der Anſicht, daß die Stadr Darmſtadt
keine Berechtigung hat, die Herſtellungskoſten der von ihr ſeinerzeit
herausgegebenen Gutſcheine Einzelnen aufzuerlegen. In einer Sitzung
des Landesausſchuſſes für das Deutſche Volksopfer
wurde über die Verwendung der zur Verfügung ſtehenden Mittel be=
richtet
. Namhafte Beträge konnten den einzelnen Organiſationen aus
der Samlung der Induſtrie, des Handels und des Handwerks zur Ver=
fügung
geſtellt werden.
In den Tageszeitungen hat die Handelskammer bereits auf die
Neuregelung der Ausfuhrkontrolle und die Deviſen=
ablieferung
aus Ausfuhrerlöſen hingewieſen. Die Liſten
der noch ausfuhrgenehmigungspflichtigen Waren und die ſonſtigen Be=
ſtimmungen
können in den Geſchäftsräumen der Handelskammer ein=
geſehen
werden.
In zahlreichen Fällen hatte die Handelskammer Gutachten über den
Verkehr mit edlen und unedlen Metallen abgegeben und
ſich grundſätzlich dahin ausgeſprochen, daß ein Bedürfnis des Aufkaufens
der Waren im Umherziehen in keiner Beziehung mehr beſteht. Mit
Rückſicht auf die Unmöglichkeit einer genauen Kontrolle und Durchfüh=
rung
der vorgeſchriebenen Buchführung und der Erſchwerung der Auf=
klärung
von Metalldiebſtählen iſt ein Verbot des Straßen=
handels
unbedingt erforderlich.
Verkehrsbehörden gegenüber wurde wiederholt darauf hingewieſen,
es möchte ſchleunigſt Abhilfe gegen die leider immer noch weitverbrei=
tete
Anſicht geſchaffen werden, Darmſtadt liege im beſetzten Gebiet und
ſeien infolgedeſſen Sendungen nach Darmſtadt unzuläſſig. Auch wurden
ernſtliche Vorſtellungen erhoben, es möchte die Ausgabe von
Preſſe=, ſtatiſtiſchen, Steuer= und Freimarken
ſchneller, als dies gegenwärtig der Fall ſei, künftighin ermöglicht werden.

Heppenheim, 5. Okt. Konferenzen. Das Kreisſchulamt Hep=
penheim
hält nächſtens für die Rektoren und Schulleiter zwecks Be=
ſprechung
verſchiedener Schulangelegenheiten Konferenzen ab. Die
erſte findet in Birkenau am Montag, den 8. I. Mts., nachm. 2
Uhr, im Schulhauſe daſelbſt ſtatt und zwar für die Orte Heppenheim,
Viernheim, Hambach, Ober=Laudenbach, Kirſchhauſen, Sonderbach und
die Orte des Weſchnitztales; am Montag, den 15. d. Mts., nachm. 1
Uhr, in Waldmichelbach im dortigen Schulhaus für den Bezirk
Waldmichelbach und am Donnerstag, den 18. d. Mts., nachm. 2 Uhr,
in Neckarſteinach im Schulhauſe daſelbſt für die Orte des Neckartales.
Aus dem Kreiſe Heppenheim, 5. Okt. Preiserhöhung. Der
Preis von einem Liter Milch wurde von 4 auf 8 Millionen erhöht.
Ein Laib Brot von 1800 Gr. koſtet jetzt 15 400 000 Mk. Das Mehl
einer Brotkarte (1300 Gr.) 11 700 000 Mk. Auch die Herren Mühlen=
beſitzer
wollen beim Aufſchlagen nicht fehlen. Dieſe wollen jetzt in
Natura bezahlt werden und fordern für Mahlen 8 Prozent Molter
und für Schroten die Hälfte.
Birkenau, 5. Okt. Die Felddiebſtähle, nehmen eben be=
deutend
zu. So ertappte der Feldſchütze Schuch dieſer Tage einen
Kartoffeldieb. Dieſer konnte leider noch entwiſchen, ließ aber ſeine
Beute, über einen Zentner Kartoffeln, zurück. Einem anderen Bürger
wurde ein Apfelbaum geleert, verſchiedenen anderen Blumenkohl,
Weißkraut und anderes Gemüſe in großer Menge geſtohlen.

[ ][  ][ ]

Rummer 272.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 2. Oktober 1923.

Seite 5.

liche
tsve
f eines A
ende

r. Babenhauſen, 5. Okt. In der geſtrigen öffentlichen Gemeinde=
ratsſitzung
gab der Bürgermeiſter die Mitteilung des Heſſiſchen
Miniſteriums der Finanzen an die Stadt bekannt, wonach ab 1. Okt.
d. J. der heſſiſche Staat in alle Rechte und Verbindlichkeiten des Reiches
eintritt, die ihm aus dem zwiſchen dem Reich und der Gemeinde ſeit=
her
beſtandenen Kaſernenvertrag zuſtanden. Eine ſchon früher
beſtimmte Kommiſſion, beſtehend aus den Gemeinderäten Krapp und
Krauß und dem Bürgermeiſter, ſoll bei den demnächſt ſtattfindenden
Verhandlungen mit den Vertretern des heſſiſchen Miniſteriums die
Intereſſen der Gemeinde wahren und vertreten. Der Gemeinderat iſt
mit Rückſicht auf die ſchlechten finanziellen Verhältniſſe der Gemeinde=
kaſſe
einſtimmig der Anſicht, daß in dieſem Jahre das Streugeld an die
Ortsbürger nicht zur Verteilung kommen ſoll, ſondern der Gemeinde=
kaſſe
zufallen ſoll. Dieſer Beſchluß ſoll vom 8. d. M. ab eine Woche
lang auf dem Geſchäftszimmer der Bürgermeiſterei zur Einſichtnahme
offen liegen. Beſchwerden können während dieſer Zeit ſchriftlich und
mündlich erhoben werden. Von verſchiedenen Gemeinderatsmitgliedern
wird lebhaft darüber Beſchwerde geführt, daß hieſige Landwirte Kar=
toffeln
zum Teil in großen Mengen nach außerhalb verkaufen,
wahrend es vielen Mitbürgern nicht möglich iſt, ihren Winterbedarf
auch nur teilweiſe zu decken. Die Bürgermeiſterei wird gebeten, die
Landwirte doch darauf hinzuweiſen, daß ſie zunächſt ihre Kartoffeln
nur an hieſige Leute abgeben ſollen. In einer öffentlichen Bekannt=
machung
an die Bauern ſoll dieſer Bitte entſprochen werden. Der
Bürgermeiſter gibt bekannt, daß die Ausgewieſenen ſich an die Ge=
meinde
mit dem Anliegen gewandt haben, doch dafür Sorge zu tragen,
daß von der Gemeinde aus ihnen 60 bis 70 Zentner Kartoffeln zur
Verfügung geſtellt werden. Nach Ausſprache wird eine Kommiſſion
gebildet aus den Gemeinderäten Bender, Gräff und Brenger, die bei
den Bauern Kartoffeln aufkaufen ſoll. Dieſe ſollen dann zum Tages=
preis
direkt an die Veſteller abgegeben werden. Eine Beſtelliſte ſoll
auf dem Rathaus aufgelegt werden, und Familien, die nicht in der
Lage ſind, ſich ſelbſt von den Bauern Kartoffeln zu verſchaffen, ſollen
ihren Bedarf bis Ende der Woche dort anmelden. Die Gemeinde will
alſo lediglich nur den Ankauf vermitteln. Da das Miniſterium die
im Auguſt d. J. vom Gemeinderat beſchloſſenen Schlacht= und Beſchau=
gebühren
nicht genehmigt hat, wird der Vorſchlag des Miniſteriums
gutgeheißen. Danach ſollen dieſe Gebühren nach den Friedensſätzen,
vervielfacht mit dem jeweiligen Lebenshaltungsindex, erhoben werden.
Von der Frau Frieda Biskup dahier iſt Klage gegen die Gemeinde
erhoben worden. Sie verlangt Schadenerſatz wegen Entfernung eines
Weidenbuſches und Beſchädigung ihres Bachufers gelegentlich der Ufer=
regulierung
des Ohlebaches im Juli d. J. Der Gemeinderat billigt
das ſeitherige Vorgehen des Bürgermeiſters und beauftragt ihn, weiter
jede Entſchädigung abzulehnen, da die Gemeinde ja nach dem Bach=
geſetz
zur Herſtellung der Ufer und Befreiung von Hinderniſſen jeder
Art verpflichtet iſt und auch ohne vorherige Benachrichtigung die an=
grenzenden
Grundſtücke betreten darf. In der anſchließenden nicht=
öffentlichen
Sitzung, die ſich infolge der überreichen Tagesordnung bis
nachts 1 Uhr erſtreckte, wurden noch eine ganze Reihe kleinerer Fragen
und Vorlagen erledigt; verſchiedene Gebühren wurden geregelt. Der
Verkauf von 100 Raummeter Kiefern=Knüppelholz an die Firma Abele=
Mannheim zum Preiſe von 220 Mill. Mark für den Raummeter wird
genehmigt. Der Preis für einen Einheitsfarg wird mit Wirkung vom
1. Oktober auf 200 Mill. Mark feſtgeſetzt.
r. Harreshauſen, 5. Okt. Geſtern abend kam es in der Baben=
häuſer
Allee, die nach Harreshauſen führt, zu einem bedauer=
lichen
Unglücksfall. Ein ausgewieſener Eiſenbahnſekretär,
Witwer und Vater von drei Kindern, fuhr in der Dunkelheit mit ſeinem
Rad ohne Licht und ſtieß dabei mit einem anderen Radfahrer, der eben
falls ohne brennende Laterne fuhr, zuſammen. Er ſtürzte ſo unglück
lich vom Rad, daß er einen böſen Knöchelbruch davontrug und ins
Krankenhaus überführt werden mußte. Der andere unverletzte Rad=
fahrer
ſuchte unerkannt, ohne dem Geſtürzten Hilfe zu leiſten, das
Weite.
ro. Seligenſtadt, 5. Okt. Umbau im Bahnhof. Der Warte=
ſaal
des hieſigen Bahnhofsgebäudes wird jetzt durch Hinzunahme des
ſeitherigen Warteſaäles 2. Klaſſe erheblich vergrößert. Die Wand
zwiſchen den beiden Warteſälen iſt niedergeriſſen worden. Auch der
Raum vor dem Fahrkartenſchalter wird vergrößert werden. Eine
Preisprüfungskommiſſion iſt hier nach dem Vorbilde
anderer Städte ins Leben gerufen worden.
Offenbach, 5. Okt. Die hieſige Handelskammer betreibt die Er=
richtung
einer Hauptſtelle der Reichsbank in unſerer Stadt. Bis=
her
beſteht nur eine Nebenſtelle, die von Frankfurt abhängig iſt. Sie
weiſt darauf hin, daß Offenbach die bedeutendſte Induſtrieſtadt Heſſens
ſei, in der bereits zehn Banken den Bedürfniſſen von Induſtrie, Handel
und Gewerbe dienten. Die Stadtverwaltung unterſtützt die Beſtrebun=
gen
der Handelskammer.
R. Laubach (Oberheſſen), 5. Okt. Für die Kartoffelver=
ſorgung
hat die Gemeinde einen Kredit von mehreren Milliarden
zur Verfügung geſtellt. Die Verſorgung der hieſigen Bevölkerung mit
Kartoffeln kann danach als geſichert gelten. Die Hundeſteuer
iſt auf 25 Millionen für den erſten Hund, auf 50 für den zweiten und
auf 75 für den dritten feſtgeſetzt worden.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentiſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion feinerlei Ver=
antwortung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgeſandt, die Ablehnung nicht begründet werden.
Quäkerſpeiſung.
Unter dieſer Spitzmarke erſchien in der Samstag=Nummer eine
Einſendung, die dringend der Richtigſtellung bedarf. Für die Kinder=
ſpeifung
ſind acht Kochſtellen in verſchiedenen Schulen eingerichtet, jeder
Bezirk hat ſeine Stelle, in der die Kinder der betreffenden Schule ihr
Frühſtück erhalten. Nach ſechs weiteren Schulen wird das Eſſen aus
den Küchen verbracht, ſo daß auch die Kinder dieſer Schulen im Hauſe

ſelbſt ihr Frühſtück einnehmen. Der Speiſeſtelle in der Baracke am
Jägertor ſind nur die Jägertor= und die Ballonſchule zugeteilt, die
doch unmittelbar bei der Speiſeſtelle liegen, ſo daß für die Kinder nur
ein ganz kurzer Weg in Frage kommt. Die Kinder haben dabei den
Vorteil, daß ſie in einem ſehr geräumigen, hellen Saal, der Sitz=
gelegenheit
und Tiſche für alle bietet, ihr Frühſtück in Ruhe verzehren
können. Beide Schulhäuſer laſſen ihre Kinder im Hofe antreten und
führen ſie geſchloſſen zur Speiſehalle; wenn einzelne Schüler im
Galopp zur Speiſung rennen, ſo geſchieht das gegen die Anordnung
der betreffenden Schulen, die ſtets dafür beſorgt ſind, daß die Kinder
ordnungsmäßig unter Führung einer Lehrperſon zur Speiſung gehen.
Schäfer.
Sport, Spiel und Turnen.
Neue Erfolge auf der Rhön.
Samstag, der 29. September, hat auf der Rhön einen neuen her=
vorragenden
/ Erfolg der Akademiſchen Fliegergruppe Darmſtadt mit
dem nach den Entwürfen von Botſch und Hoppe vom Bahnbedarf
erbauten Konſul gebracht. Ueber dieſen Erfolg können wir folgendes
melden:
Das Wetter war an dieſem Tage dieſig, der Wind blies aus Weſt=
Nordweſt mit 68 Meter pro Sekunde. Am Vormittag waren bereits
von Spieß auf der Edith und von Botſch auf dem Konſul Probeflüge
von längerer Dauer ausgeführt worden, ſo daß man für den Nachmit=
tag
mit Martens und Stamer zuſammen einen Geſchwaderflug anſetzte.
Botſch ſtartete auf Konful, der inzwiſchen noch einige Abänderungen er=
fahren
hatte und Spieß auf der Edith. Es war ein unbeſchreiblich
ſchöner Anblick, wie die beiden Vögel, die kleine etwas langſame Edith
und der ſchnelle ſchlanke Konſul in großer Höhe ihre Kreiſe zogen, ſich
überholten, ſtiegen und dann in ſchönen, Kurven ſich etwas ſenkten, um
das Spiel von neuem zu beginnen. 20 Minuten ſpäter ſtartete auch
Martens auf ſeinem Strolch und vervollkommnete das herrliche Bild.
Am ſchönſten aber war doch der Konſul mit ſeinem feinen ſchlanken
Leib und den weitausholenden elaſtiſchen Flügeln. Man konnte beob=
achten
, wie das Leben in dieſen Schwingen vibrierte, die ſich in den
ſcharfen Kurven leicht durchbogen. Der Konſul ſtieg immer höher und
höher und als er über dem Pferdskopf eine große Höhe erreicht hatte,
ſchwebte er in der Richtung nach Fulda fort. Bald verſchwand das
ſchwarze Pünktchen hoch über der Ebersburg und nur beim Aufblitzen
der Flügel in der Sonne konnte man ihn hin und wieder erkennen
Eine Viertelſtunde ſpäter folgte Martens in derſelben Richtung. Als
auch dieſer ſich den Blicken entzogen hatte, war alle Aufmerkſamkeit der
Edith zugewandt, die unermüdlich ihre Kreiſe um die Waſſerkuppe
herum weiter zog. Nach eineinviertelſtündiger Flugzeit landete Spieß
mit der Edith im Lager, nachdem er die größte Höhe von 277 Meter
und den zeitlich längſten Flug des Wettbewerbes geflogen hatte. Kurz
darauf liefen auch die Telephongeſpräche von Martens und Botſch ein.
Martens war bei Rhönhauſen in der Entfernung von 14 Km. gelandet.
Botſch dagegen war es gelungen, weſentlich weiter zu fliegen. Widrige
Hinderniſſe im Gelände zwangen ihn leider bei Kerzell an der Bahn=
linie
Fulda=Frankfurt zu landen, ſo daß er nur eine Entfernung von
19 Km. zurückgelegt hatte, womit aber ein neuer Weltrekord aufgeſtellt
wurde.
Wir können deshalb die Akademiſche Fliegergruppe zu dem groß=
artigen
Erfolge eines ihrer beſten Mitglieder auf das wärmſte beglück=
wünſchen
und die Hoffnung ausſprechen, daß auch weiterhin ihre Arbeit
von gleichem Erfolge gekrönt ſein möge. Es darf daran ſicherlich die
Erwartung geknüpft werden, daß bei der in der zweiten Oktoberhälfte
in Oeſterreich ſtattfindenden Flugveranſtaltung gleiche Erfolge ſeitens
der Akademiſchen Fliegergruppe Darmſtadt errungen werden.
Fußball.
V. f. R. Liga Sandhofen Liga.
Dieſes heute mittag ſtattfindende Verbandsſpiel wird gewiß hier
das meiſte Intereſſe haben, da man allgemein auf die Spielſtärke Sand=
hofens
geſpannr iſt. V. f. R. wird wohl ſeine ſchwachen Stellen gegen
Sportverein am vergangenen Sonntag herausgefunden haben und
dürfte mit folgender Beſetzung etwas herausholen können: Friedmann,
A. Waldhaus, Jung, Dillmann, Zentrehalf: Johs. Weicker, Schneider,
Nungeſſer, Meh=ing, Meher, Sandrock, Berger. Der techniſch gute
Johs. Weicker iſt für dieſen Gegner zu ſchwach und Dillmann an deſſen
Stelle geeigneter, da er den Außen beſſer halten kann. Für Jung
dürfte als Erſatz Schmidt in Frage kommen. Als Erſatz für Halb=
rechts
iſt H. Waldhaus zu empfehlen, der trotz einiger Fehler dor dem
Tore gefährlich iſt. Auf den Ausgang dieſes Spieles iſt man deshalb
geſpannt.
Leichiathletik.
Turngemeinde Dieburg.
K. K. Nächſten Sonntag, vormittags 94/. Uhr, tritt die Leicht=
athletikmannſchaft
der Turngemeinde erſtmalig einer ausgeſprochenen
Sportmannſchaft in 12 Uebungen gegenüber. Die Leiſtungen der Sport=
vereinigung
Arheilgen ſind im Frankfurter Turnſportverband nur gut
bekannt und ihre Mittel= und Langſtreckenläufer haben einen guten
Klang. Wir erwarten deshalb Arheilgen im 3000 Meter=Lauf ſowie
3000 Meter=Gehen und im 400 Meter=Lauf und der Schwedenſtaffel in
Front. Trotzdem wird auch Dieburg in beiden letzteren Uebungen ein
Wörtchen mitſprechen. Ueber 100 Meter, 4X100 Meter=Staffel, Hoch=
und Weitſprung, Diskus= und Speer=, Kugel= und Steinſtoßen wird ein
harter Kampf entbrennen und wir vertrauen auf das Können der Die=
vurger
Leichtathleten.

DBe LON
FrantfSMS.
Feroktos-
A
SrxFlich
Fowamalle heuonsust
Migräng. Zahnschmer z Rheume

Rasch wirkend
erhältlich
in Apotheken.
M,526

Schwimmen.
Das nationale Schwimmfeſt des Darmſtädter Schwimmklubs
Jung=Deutſchland,
deſſen Ergebniſſe wir bereits meldeten, bedeutete einen vollen Erfolg
für den Veranſtalter. Trotz der ſchwierigen Bahnverbindungen und der
enormen Fahrpreiſe waren alle gemeldeten Mannſchaften am Start bis
auf Hannover und Göppingen, deren Fehlen jedoch bei der Erſtklaſſig=
keit
des gebotenen Sports faſt nicht ins Gewicht fiel. So war denn auch
die Halle des Städtiſchen Schwimmbades an beiden Tagen bis auf den
letzten Platz von einer begeiſterten Zuſchauermenge gefüllt ein Be=
leis
, daß auch in Darmſtadt der Schwimmſport immer weitere Kreiſe
zieht. Die Zuſchauer kamen aber auch voll und ganz auf ihre Koſten,
denn noch nie war das Hallenbad der Schauplatz ſpannenderer Kämpfe
wie an dieſen Tagen. Die zweiten Seniorſtaffeln zeigten Jung=
Deutſchland beſonders in der beliebigen Lage in großer Form, ſo daß
dieſe ſämtlich eine Beute des Veranſtalters wurden. Die Einzelrennen
über 100 und 200 Meter bel, dokumentierten von neuem das hervor=
ragnde
Können von Berges=J.=D.; wenn derſelbe auch ſchon beſſere Zei=
ten
geſchwommen hat, ſo konnte er doch ſicher über ſchärfſte Konkurrenz
ſiegen. Ebenſo wurden die 1. Senior 400 Mtr. bel. zu einem Sieg
des Darmſtädters, der in dieſem Rennen die Zeit erreichte, in der im
vorigen Jahre der Deutſche Meiſter, Heinrich=Leipzig, an derſelben
Stelle ſeinen deutſchen Rekord ſchwamm (5,35). Das 1. Rückenſchwim=
men
, 100 Mtr., wurde ein intereſſanter Zweikampf zwiſchen Skamper
und dem Deutſchen Meiſter Frölich, das letzterer mit 114,5 gewann;
den deutſchen Rekord mit 1,14, den Frölich zu unterbieten beabſichtigte,
konnte er alſo nicht verbeſſern. Die 1. Bruſtſtaffel, 3X100 Mtr., konnte
Rhenus=Köln mit dem Deutſchen Meiſter Sommer als Schlußmann
überlegen gewinnen. Einen intereſſanten Kampf bot die Damenlagen=
ſtaffel
die Rheingold=Köln, 1. F. S. C. und Jung=Deutſchland nach
ſchärfſtem Kampf in totem Rennen ans Ziel brachte. Bei der zweiten
Austragung konnte Rheingold einen wohlverdienten Sieg erringen.
Das 2. Springen gewann Schumm=Köln mit 41 Punkten, der ebenfalls
das 1. Springen einen der ſpannendſten Kämpfe gegen ſeinen
ſcharfen Konkurrenten, Pfordte=Möve=Darmſtadt, für ſich entſchied. Ein
Waſſerball=Geſellſchaftsſpiel, das die Samstagkämpfe abſchloß, gewann
Darmſtadt mit 3:1 gegen Mannheim. Der Sonntag ſtand im Zei=
chen
der Staffeln; die 1. Seniorſtaffeln lieferten ſchärfſte Kämpfe zwi=
ſchen
Rhenus=Köln, Magdeburg 96 und Jung=Deutſchland. In der
Damenſtaffel 3X50 Mtr. revanchierte ſich Darmſtadt für ſeine Nieder=
lage
gegen Rheingold. Das 1. Bruſt, 100 Mtr., war, wie erwartet,
eine ſichere Sache des vorjährigen Deutſchen Meiſters Sommer=Köln.
In den 1. Senior 100 Mtr. ſiegte Gropper=Augsburg mit 1,08,8
gegen Holfelder und Hilmar. Das 2. Bruſtſchwimmen, 200 Mtr., ent=
ſchied
Kraemer=Köln in guter Form für ſich. Das Damenbruſtſchwim=
men
, 100 Mtr., holte ſich die 14jährige S. Schoop=Köln. Das ſchärfſte
Rennen des Tages war, wie vorauszuſehen, die 1. kurze Strecke, 50
Mtr., die den Revanchekampf Frölich=Ohlropge brachte. Der kleine Hel=
lene
Frölich gewann den Kampf in 28 Sek. in wunderbarer Form. Eine
bel. Staffel 10X50 Mtr. gewann Darmſtadt überlegen gegen Moenus=
Offenbach. Den Abſchluß der Sonntagkämpfe bildete ein Waſſerball=
ſpiel
Darmſtadt=Köln, das Jung=Deutſchland mit 5:3 gewann.
Ein Rekordverſuch von Skamper=Köln, der die deutſche Höchſt=
leiſtung
für 200 Mtr. Rücken angriff, war von vollem Erfolg gekrönt;
H. H.
der deutſche Rekord wurde von 2,52,2 auf 2,47,1 verbeſſert.
Schwimmſportverein Möve‟=Darmſtadt e. V.
Der Schwimmabend iſt jetzt endgültig auf Montags von 6¾ bis 73
Uhr feſtgeſetzt. Die Säumigen werden hiermit zugleich aufgefordert,
die Nachzahlung auf das Abonnement nicht zu vergeſſen. Knaben= und
Jugendmitglieder 21 Millionen, Herrenmitglieder 26 Millionen. Pr.

Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr
(A 3, a 2), Karl XII. Kleines Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 94
Uhr: Figaros Hochzeit, Orpheum, 734 Uhr: Die Poſt=
meiſterin
Wanderklub Stolzenfels, nachm. 4 Uhr, im Feier=
abend
: Stiftungsfeſt. Kaufm. Stenographen=Geſellſchaft Gabels=
berger
vorm. 11 Uhr im Saalbau: Stiftungsfeſt. Union=, Reſi=
denz
=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen. Herrn=
garten
, 11 Uhr: Standmuſik.
Verſteigerungskalender.
Monkag, den 8. Oktober, nachm. 3 Uhr: Verſteigerung, Lud=
wigsplatz
6.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land,
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
V. A. Fleiſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Geiten
nnd Unterhaltungsblott.

Eberstadt

Dipl.-Ing.
VERLOBTE
Magdeburg

Darmstadt
7. Oktober 1923
(*26166

Franz Giebl-Hanstein
Sophie Heiligenthal
VERLOBTE
Darmstadt, 6. Okt. 1923
Pankratiusstr. 29½,
Schwanenstr. 4
(*25973

Heute mittag 1 Uhr entſchlief
nach ſchwerem Leiden meine liebe,
unvergeßliche, herzensgute Frau,
unſere Mutter und Großmutter
Frau Louiſe Stautz
geb. Spindler.
Im Namen
der tieftrauernden Hinterbliebenen:
Carl Stautz.
Darmſtadt, 5. Oktober 1923.
Die Beerdigung findet Montag,
den 8. Okt., nachm. ½3 Uhr, auf
dem alten Friedhef ſtatt. (*26177

Statt Karten.

Unsere Trauung findet am
12. Okt., 22/, nachm., in der
Kirche zu Nd.-Ramstadt statt
Ingeborg Linddvist
Carl Malcomes
Darmstadt-N. Ramstadt
(*26138

Unterfertigte erfüllt
hiermit die traurige
Pflicht, das Ableben
ihres lieben A. H.

Heſige mittlere Maſchinenfabrik ſucht zur
Unterſtützung des kaufmänniſchen Leiters

Direktor
des Elektrizitätswerkes Barmen
geziemend mitzuteilen. (*26228
Die Da. B. Rheno=Gueſtfalia
J. A.: Didzies (XXX) X.

durchaus erfahren im Arbeitsrecht, Steuer=
angelegenheiten
, kaufm. Buchführung uſw.
Es wird nach Möglichkeit auf eine jüngere
ſtrebſame Kraft reflektiert. Der Poſten wird
entſprechend gut honoriert. Im Angebot iſt
der Eintrittstermin anzugeben. Lückenloſe
Lebenslauf, Angabeder Studienſemeſter und
ſämtliche Einzelheiten unter S 109 an die
42620
Geſchäftsſtelle d. Bl. erbeten.

Zuverläſſige Frauen
werden als

angenommen.
7753sgoi
Der Verlag Darmſtädter Tagblatt

Weiblich
Bürg. Fr., anf. 40er J.
m. e. K. ſucht St. als
in g.
Haushält. frauenl.
Haushalt. Angeb u
S 106 Geſchſt.

Männlich

Suche für meinen
Sohn, 18 Jahre alt
Eltern ausgewieſen,
Stelle
am liebſten auf Bank,
event. 12 Monate
al8 Volontär. (*26221
Derſelbe beſucht.
die Handels chule u.
hat 2 Jahre praktiſch
ge ernt. Antwort er=
bitte
an Flüchtlings
ſtelle, Zimmer 7.

Offene Stellen

Weiblich

Zum ſofort. Eintrit

aus achtbarer
milie geſucht (*26172
2. Faix & Söhne.

Zeugnis=Abſchriften
Bäumer’s 5723e
Maſchinenſchreibſtube,
Rheinſtr. 8. Tel. 1223
Nur Quakitätsarbeit!

Gewondte
Köchin
in gutes Haus nach
Heidelberg geſucht.
Kleider= und Schuh=
beihilfe
, zeitgemäßer
Lohn. Eversbuſch,
Heidelberg, Graim=
vergweg
5. (7747sg

Aenne Hofmann
Werner Klepp

geſucht.
Palaſt=Lichtſpiele
(*26190
Tüchtig, Alleinmdch.
das ſchon in beſſeren
Häuſern gedient hat,
zum 1. November für
Privathaush. geſucht.
Vorzuſtell. bei (*26184
Ehrhardt & Söhne
Feldbergſtraße 36.

Geſucht zuverl., in
Küche u. Hausarb. erf.
Mädchen
für ſof. Hilfe vorh.
Vorzuſt. 9.10, 4.5 Uhr
Schießhausttr. 125. (*selie

Tüchtiges, ſolides
Hausmädchen
bei zeitgemäßen Be=
dingungen
geſucht
Mayer, Eliſabethen=
ſtraße
56, II. (*26201

Saub. Putzfrau
für Büroputzen ſtun=
denweiſe
geſ. (*26176
Hemmerich
Rundeturmſtraße 16.

Männt:-

Hochbautechniker
ür Entwurfsarbeiten
geſucht. Vorzuſtellen
mittags zwiſchen ½1
ind 1 Uhr (*26212
Aliceſtr. 11, part.

Bäckerlehrling
geſucht. Viktoria=
ſtraße
25, p. (*2620
Aenſionenge
Penſion
für älteren Gymng
ſiaſten geſucht. Ang
unter S 110 an de
Geſchäftsſt. (*26197

HAMBURG-AMERIKA
LiNIE
VON HAMBURG HACH

AARIKA
R1O DE JANEIRO und BUENOS AIRES
Deutsche Passagierdampfer Rugia, Teu-
tonia
, Galicia, Baden und Württemberg
Nächste Abfahrten:
D. Württemberg 17. Okt.
D. Teutonla . . . . B. Nov.
D. Beden .. . . . 28. Nov.
Rugla, Teutonla und Galleia führen eine erste Keldte.
Baden und Württemberg haben nur eind einfache
Kollteneinrichtung. Auf allon Dampiern lst eine
moderno dritte Klasse mit eigenem Spelsosaal,
Rauchslmmer, Damensslon und Schlafkammern zu
zwel und mehr Botten vorhanden
AUSKUNFT ERTEIL T DIE
HAMBURG-ANERIKA LINIE
MAMBURH und deren Vertreter In:
Pfungstadt, Jakod Zimdrich, Bbers ädterstr. 15
Darmstadt, Adolph Rady. Zimmerstr. 1.

Tauſchem neu herger
ſchöne 3 Z.=Wohnung
Gas (elektr. Licht,
Manſ Zim.uſw.i. nei
renov Hauſe geg eine
45 Zim=Wohnung. Stadt. Angebote an
Raſche, Nieder=Ram= Diehl, Gardiſten
ſtädterſt. 13, I. (*26189 ſtraße 21. (*2620

Jung., anſtändiger
Kaufmann der Firma
E. Merck ſuicht möbl
Zimmer, wenn mög=
lich
im Zentrum der

Biete in Mannheim 2 Zimmerwohnung mit
Küche in ſehr ſchöner Lage (Lindenhof).
Suche in Darmſtadt ebenbürtige 23 Zimmer=
wohnung
in nur guter Lage. (7742
Angebote u. S 88 a. d. Geſchäftsſt. d. Bl.

K
paar (kinderlos) ſucht
per ſofort 1-2 möbl.
Zimmer gegen hohe
Niete. Ang erb. u.
S 104 Gſchſt. (*26154

Ruhiges, ſonniges
möbl. Zimmer
geg. gute Bezahl. ge
De ſchewsky Arheilger
ſtraße 94, II. (*26167

Dipl.=Ing. ſucht 12
möblierte Zimmer
in beſſerem Hauſe.
Ang. an Oskender,
Kahlertſtr. 8. (*26193

Junges Ehepaar
ucht 12möbl.
Zimmer
mit Küchenben. zum
Novbr. od. früher
Erwünſcht bei ältere
Dame od. Herrn, aber
nicht Bedingung. Ge=
nehm
. v. A8.=A. vorh.
Angeb. unter S 115
Geſchäftsſt. (*2621

Suche f ruh Ehep.
1 od. 2 möbl. Zim.
mit Küchenbenutzung.
Beſt. Bez. Wiſche w.
geſt. u. Zimmer ſelbſ
gereinigt. Körbel
Rheinſtr. 47, III. (*2eus
ASiermark

Jg. Rehpinſcher zu vk.
Mühlſtr. 39, I. (*26171
Ammsbilien
Einfamilien= od. kl.
Haus m. Garten bald
v. Selbſtverkäufer zu
kaufen geſucht. Preis=
ang
, unter S 116 an
d. Geſchäftsſt. (*26213

Zwei diesj, reinraſſ.
zu ver=
Ziegenbocke gaufer
hlandſtr. 6. (*26170

½ bis 34 Morgen
Acker od. Garten zu
kaufen geſucht Angeb.
unter S 118 an die
Geſchäftsſt. (*26219

Freitag abend
1
Spa gen Halbſch uh
auf d. Wege Ruths=,
Pankratius=, Wenck=,
Heinheimer=, Lieb=
frauenſtr
. verl. Gegen
hohe Bel abzug. Lieb=
frauenſtr
. 74, Hths.,
3. Stock rechts. (*26210

Entlaufen
jg. ſchwarzweiße Fox=
hündin
Puſſiabzug
Martinſtr. 35. (*26222

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

7. Oftober 1923 Nr. 277

Handelsbtatt

Wirtſchaftliche Rundſchau.

h. Zellſtoff=Fabrik Waldhof. Auf Antrag der Dis=
kontegeſellſchaft
und der Berliner Handelsgeſellſchaft ſind 100 Mill. Mk.
neue Stammaktien, 100 000 Stück a 1000 Mk. Nr. 101 001200 000 zum
Handel und zur Notierung an der Berliner Börſe zugelaſſen worden.
In dem Zulaſſungsproſpekt wird geſagt, daß der Geſchäftsgang im
laufenden Geſchäftsjahre bisher zufriedenſtellend war. Mit den durch
die jetzigen Zeitverhältniſſe bedingten Vorbehalten hofft die Geſellſchaft
auch auf das erhöhte Aktienkapital ein angemeſſenes Ergebnis zu er=
zielen
.
* Chemiſche Werke Brockhues A.=G. Die Aktien der
Geſellſchaft gelangten vor kurzem in den offiziellen Verkehr der Ber=
liner
Börſe. Eine a. o. G.=V. am 22. Oktober ſoll über Kapitals=
erhöhung
um einen ungenannten Betrag Beſhluß faſſen.
Brandenburgiſche Holzinduſtrie. Die Geſellſchaft
bietet einen Teilbetrag von 10 Mill. Mk. der neu zur Ausgabe gelangen=
den
Stammaktien bis einſchließlich 15. Oktober zum Bezuge an. Auf
5000 Mk. alte Aktien entfällt eine neue zu nominal 1000 Mk. zum
Kurſe von 2 Goldmark zuzüglich Börſenumſatz= und Bezugsrechtsſteuer.
h. Bilanzſitzung der Ufa. Wie wir erfahren, findet bei
der Univerſum=Film=A.=G. (Ufa) eine Bilanzſitzung ſtatt. Da das Ge=
ſchäft
ſich im vergangenen Jahre auf allen Gebietn recht lebhaft ge=
ſtaltet
hat, werden die Gewinnergebniſſe, die dem Aufſichtsrat vorge=
legt
werden, eine recht befriedigende Entwickelung aufweiſen. Die
Bilanzziffern dürften abermals von der weiteren Konſolidierung des
Unternehmens beredtes Zeugnis ablegen. Die Dividende, die in Vor=
ſchlag
gebracht wird, dürfte keinesfalls unter 500, wahrſcheinlich aber
mehr als 500 Prozent betragen. Der Aufſichtsrat wird ferner in ſeiner
heutigen Sitzung die Bezugsrechtsbedingungen im Zuſammenhang mit
der bereits Ende Juli beſchloſſenen Kapitalserhöhung feſtſetzen. Da=
mals
war ſchon in Ausſicht genommen worden, mit der Durchführung
der Kapitalserhöhung (um 200 Millionen Mark) bis zur Tdrlage der
Jahresbilanz zu warten. Eine Abänderung des früheren Beſchluſſes
in bezug auf das Ausmaß der Kapitalserhöhung iſt, wie wir hören,
heute nicht zu erwarten.
Banken.
* Rheinlandbank A.=G., Biebrich=Worms. In vor=
liegender
Nummer iſt im Inſeratenteil eine Zeichnungsaufforderung
auf nom. Mark 20 000 000 Aktien der Rheinlandbank A.=G., Biebrich=
Worms, veröffentlicht, worauf wir etwaige Intereſſenten noch beſon=
ders
hinweiſen.
h. Badiſche Landesgewerbebank A.=G., Karlsruhe.
Unter dieſer Firma wurde ein neues Bankunternehmen gegründet, das
unter Fortführung der Hinterlegungskaſſe der Karlsruher Lebensver=
ſicherungsbank
A.=G. die Pflege des Bankgeſchäfts, beſonders zur Wahr=
nehmung
der Intereſſen von Handwerk und Gewerbe zum Zweck hat.
An der Gründung ſind hauptſächlich beteiligt: die Frankfurter Allge=
meine
Verſicherungs=A.=G. die Karlsruher Lebensverſicherungsbank
A.=G. und die Landeswirtſchaftsſtelle für das badiſche Handwerk A.=G.,
Karlsruhe. Das Kapital beträgt 1050 Mill. Mk., eingeteilt in 1 Mil=
liarde
Stammaktien 4 10 000, 5000 und 1000 Mk., und 50 Mill. Mk.
Vorzugsaktien mit 12fachem beſchränktem Stimmrecht.
Dividendenvorſchläge.
* Vereinigte Thüringer Metallwarenfabrik
Cella=Mehlis. In Beſtätigung unſerer früheren Mitteilungen
beantragt die Verwaltung aus einem Reingewinn von 544,5 Mill. Mk.
die Verteilung einer Dividende von einer Goldmark oder 2250 Prozent
(i. V. 60 Prozent).
Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen, der Frankfurter Ge=
treidebörſe
vom 5. Oktober. (Getreide, Hülſenfrüchte und
Biertreber ohne Sack. Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie mit Sack.
Preis je 100 Kg. Die Preife verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung.)
Weizen, Wetterauer, Mk. 19002000 Mill., Roggen Mk. 16001700
Mill., Sommergerſte für Brauzwecke Mk. 15501600 Mill., Hafer, in=
ländiſcher
, Mk. 12001400 Mill., Weizenmehl, ſüdd. Spezial Null, 3800
bis 4200 Mill., bei Waggonbezug ab Mühlenſtation, Roggenmehl Mk.
29003200 Mill., Weizen= und Roggenkleie Mk. 700730 Mill. Ten=
denz
: Im Einklang mit der Deviſenſteigerung, feſt.
h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide. Der
neuerliche Verfall der Mark hat das Geſchäft noch mehr beengt und der
Markt droht überhaupt zu erliegen, da ihm aus Produzentenkreiſen keine
neue Ware zugeführt wird. Die Bauern ſind ſehr vorſichtig geworden
durch reiche Erfahrungen, und ſie geben deshalb nur dann und nur ſo=
viel
Ware ab, als ſie Geld zur ſofortigen Verwendung benötigen. Die
früher bei ihnen zur Erſparung von Steuern geübte Geldaufſtapelung
gibt es nicht mehr; ſie haben dies ſchwer büßen müſſen, heute ſtapeln ſie
ihre wertbeſtändigen Vorräte auf. Alle noch ſo hohen Gebote ſcheitern
an dem feſten Willen des Bauern, nur das Notwendigſte zu verkaufen

und keine Papiermark mehr aufzubeſvahren, von der man nicht weiß,
was ſie am andern Tag noch wert iſt. Das Mißtrauen iſt in keinen
Kreiſen ſo ſtark wie gerade in der Landwirtſchaft. Der Handel iſt hier
immer noch etwas freundlicher geſtimmt. Man hat ſchon alles Mögliche
verſucht; mit Goldanleihe oder Dollarſchatzanweiſungen bezahlt, aber
deren Realiſierung iſt für den Landwirt zu umſtändlich. Er will bares
Geld, mit dem er überall auch bezahlen und kaufen kann, aber wert=
beſtändig
iſt. Deshalb iſt es höchſte Zeit, daß ein wertbeſtändiges Geld=
mittel
geſchaffen wird, das den Markt vor dem vollſtändigen Erlahmen
ſchützt und neue Ware an den Markt bringt. Deshalb wäre zu wün=
ſchen
, daß das Reich möglichſt bald eine lebensfähige Regierung erhält,
die als erſte Aufgabe die Schaffung einer neuen Währung hätte. Der
Bedarf iſt ſehr dringend geworden und der Handel iſt deshalb auch auf=
nahmeluſtig
, ſelbſt bei den hohen Preiſen, da doch keine Ausſicht auf Ver=
billigung
beſteht. Was zum Angebor gelangte, fand auch Aufnahme.
Die Preisſteigerung beträgt wieder mehr als 100 Prozent in der ab=
gelaufenen
Woche, was bei den hohen Sätzen ſchon als ſehr beträchtlich
zu nennen iſt. Weizen galt zuletzt 17001900 gegen 650700, Roggen
14001450 gegen 550580, Gerſte 13001600 gegen 580620, Hafer
13001500 gegen 575 Millionen Mark in der Vorwoche pro 100 Kilo
bahnfrei Mannheim
Mehl. Wie ſich die Mühlen beim Einkauf von Weizen zurückhal=
ten
, ſo ſtehen ſie auch beim Mehlverkauf abſeits. Sie geben zwar Richt=
preiſe
aus, verkaufen aber nur ſehr ſelten zu dieſem Satz. Der auf=
gegebene
Richtpreis dient hauptſächlich dem Handel für die Feſtſtellung
ſeiner Forderungen. Wenn auch die Kartoffelverſorgung etwas beſſer
gewvorden iſt, ſo beſteht doch weniger Ausſicht auf völlige Eindeckung für
den Winter, und die vorſorgende Hausfrau legt ſich nun auch einen
Mehlvorrat an. Der ſtädtiſche Konſum tritt deshalb ſtark als Aufkäufer
von Mehl auf, aber weniger in den Städten bei den Verkaufsgeſchäften,
mehr in den Mühlen auf dem Lande, wo der Preis pro Pfund immer
noch einige Millionen Mark billiger iſt. Die Städter klopfen gegenwär=
tig
eine Landmühle nach der anderen ab und bringen manchmal bis zu
einem Zentner Mehl nach Hauſe. Dadurch wird der früher preisregu=
lierende
Handel immer mehr ausgeſchaltet. Die Großabnehmer, wie
Bäcker und Kolonialwarengeſchäfte, ſind natürlich nach wie vor noch auf
den Großhandel angewieſen, der Weizenmehl Spezial=Null um das Drei=
fache
zu 3,03,8 gegen 1,01,3 und Roggenmehl zu 2,83,2 gegen
0,870,90 Milliarden Mark pro Doppelzentner ab ſüddeutſche Mühle
verkaufte. Das Pfund Mehl ſtellt ſich demnach im Kleinverkauf auf
20 Millionen Mark.
Futtermittel. Das Geſchäft bewegte ſich bei feſter Tendenz
auch in der abgelaufenen Woche in engem Rahmen. Der Umſatz be=
ſchränkte
ſich auf die von den Viehhaltern und Viehzüchtern am meiſten
begehrten Artikel wie Kleie, Biertreber und Malzkeime. Weizenkleie
wurde mit 700800 gegen 250, Biertreber und Malzkeime mit 700 gegen
300320, Rohmelaſſe mit 400430 gegen 260300 und Rapskuchen mit
800 Millionen Mark pro 100 Kilo waggonfrei Mannheim abgegeben.
Der Rauhfuttermittelmarkt liegt ziemlich verödet. Heu kam gar nicht
an den Markt, Preßſtroh wurde mit 120130 und Bundſtroh mit 110
bis 120 Millionen Mark pro Doppelzentner ab Mannheim zu Anfang
der Woche verkauft, ſpäter fehlte es, aber auch hierin an Angebot.
Kolonialwaren. Während an den großen Warenmärkten ſich
bei etwas geſteigerten Preiſen ein regeres Geſchäft ſich zeigt und man
dort Abſchlüſſe in neuer Ernte mit den Produktionsgebieten tätigt, be=
ſchränkt
ſich hier der Umſatz auch weiter nur auf den reinen Bedarf. Die
nach Goldmark auf Dollarbaſis berechneten Preiſe haben entſprechend den
etwas höheren Weltmarktpreiſen auch eine dementſprechend kleine Er=
höhung
erfahren, die aber, in Papiermark umgerechnet, bei der ſtarken
Markentwertung natürlich einen großen Preisſprung ausmacht. Die
Stimmung iſt andauernd feſt. Notiert wurde Kaffee Santos, roh, mit
unverändert 2,803,10, gewaſchen mit 3,503,66 (3,183,40), Tee, mittel,
unverändert mit 7,758,75, gut mit 8,809,50, fein 9,5010,50, inlän=
diſcher
Kakao mit 2,903,20, holländiſcher Kakao mit 3,03,5, Burma=
Reis mit 0/44 (0,42), Weizengrieß mit 0,45, Hartweizengrieß mit 0,53,
alles pro Kilo ab Mannheim.
Tabak. Die Ernte iſt nun reſtlos beendet, auch die zurückgeblie=
benen
Felder ſind abgeblattet. Die unter Dach hängenden Tabake haben
ſich in der Berichtswoche bei dem günſtigen Wetter raſch gebräunt. Der
Einkauf in neuen Tabaken, wie Sandgrumpen und Sandblätter, die
zuerſt zum Verkauf gelangen, ſtockt immer noch, da die Pflanzer wie
allgemein auch hier mit dem Verkauf bei der Markentwertung ſelbſt bei
dementſprechendem Aufgebot ablehnen, da dieſes Aufgebok am anderen
Tage ſchon überholt ſein kann und der Landwirt zu Neuanſchaffungen
gegenwärtig bei den drängenden Erntearbeiten keine Zeit hat. Deshalb
wurden auch nur einige kleine Beſtände an Grumpen verwogen, die mit
2 Milliarden Mark pro Zentner bezahlt wurden. In alten Tabaken gaben
Pflanzer aus der 1922er Ernte wieder eine Kleinigkeit zu 2½ Milliarden
pro Zentner ab. In Rauchtabaken iſt der Verſand gegenwärtig flott,
dagegen ſtockt der Abſatz an Zigarren bei den Fabrikanten, da die Kal=
kulationspreiſe
zu hoch ſind und der Handel nach den großen Beſtellun=
gen
der letzten. Zeit wieder für einige Zeit mit Vorräten verſehen iſt.
Der Detailhandel geht auch nicht mehr ſo flott bei den hohen Preiſen,
die ſich aber noch lange nicht den Wiederbeſchaffungspreiſen angepaßt

Badezeiten im
Hallenſchwimmbad.
Von Montag, den 8. Oktober Ifd. Js.,
ab iſt das Hallenſchwimmbad durchgehend
von 11 Uhr vormittags bis 7 Uhr
abends geöffnet. Die Schwimmhalle
iſt Montags, Dienstags, Freitags und
Samstags nur für männliche, Mittwochs
nur für weibliche Beſucher zugängig.
Donnerstags iſt Familienbad. Die Kaſſe
wird für Heißluft= und Dampfbäder um
5 Uhr, für Wannenbäder und Schwimm=
halle
um 6! Uhr geſchloſſen. (st7757
Darmſtadt, den 5. Okt. 1923.
Direktion der ſtädt. Betriebe.

Heutiger Eintrag im Handelsregiſter
A. bei der Firma Gebrüder Lorch in
Dieburg: Die offene Handelsgeſellſchaft
iſt aufgelöſt und die Firma erloſchen.
Dieburg, den 4. Oktober 1923.
(7758
Amtsgericht.

Faſelverkauf.
Auf Submiſſionsweg verkauft die Ge=
meinde
Reinheim einen Faſel. Die
Bedingungen liegen auf der Bürger=
meiſterei
daſelbſt zur Einſicht offen. Die
Eröffnung beginnt am Dienstag um
(7755
11 Uhr.
Die Gemeinde Reinheim.
gez. Buxmann.

Beamtin
Kochgelegenheit
. gemütl. Aufenth.
avierbenutzung) b.
amtin. (*26223
u. S 119 Geſchſt.

Zu kaufen
geſucht
von Abbruch vor=
handene
gebrauchte
Türen und Fenſter,
ſowie ein größeres
Fenſter mit Rollader
Jacob Hemmerich,
Nundeturmſir. 16. (=
Ref
9 material
Schienen, Geleiſe,
Weich., Drehſcheib.
ſowie, Rollwagen,
w. auch reparatur=
bedürftig
, zu kaufen
geſucht. Ang. erb.
u. M. M. 631 a. Ala=
Haaſenſtein & Vogler,
Mannheim. (II. St. 418

Höchſtpreiſe
zahlt für

Elaſchenf
weingroßhandl.
PIEPLOM
Karlſtraße 459
Tel. 1188.

MORDDEUTSCHER LLOTD BREMEN

haben. Nippen ſind ſtets gefragt und die Pflanzer fordern für über=
ſeeiſche
17, für pfälziſche 1213 holländiſche Cent ab Fabrik loſe.
Wein. Der Herbſt in Portugieſern iſt im Gange, die allgemeine
Leſe wird kommende Woche beginnen. Menge und Güte des geernteten
Roten iſt ſehr verſchieden, wie es auch bei dem Weißen der Fall ſein
wird. Das Moſtgewicht bewegt ſich zwiſchen 5060 Grad nach Oechsle.
Der Handel bot für den Neuen 300 Millionen pro 40 Liter Moſt, doch
kam es zu dieſem Angebot nicht zu Abſchlüſſen. In der Pfalz wurden
kleinere Poſten 1922er Weißweine zu 1516 Milliarden Mark pro 1000
Liter, das Viertele in den Wirtſchaften zu 4 Mill. Mk. verkauft. Der
Winzerverein Ungſtein erzielte in ſeiner vorwöchigen Weinverſteigerung
für 1000 Liter 1922er Weißwein 41,9100 Milliarden, für Rotwein 25
bis 32 Milliarden Mark.
Hopfen. Das Ausfuhrverbot, die Zurückhaltung der Brauereien
im Einkauf und die Schwierigkeit der Beſchaffung ſo hoher Summen hat
eine etwas ruhige Stimmung am Markt hervorgerufen, ſodaß Forde=
rungen
von bis zu 14 Milliarden für beſte Ware pro Zentner Verkäufe
zu 810 Milliarden Mark pro Zentner in Baden und der Bodenſee=
gegend
gegenüberſtehen. In der Pfalz wurden bis jetzt nur einige kleine
Partien von Pflanzern, die Geld nötig hatten, abgeſetzt, das Gros liegt
noch unverkauft. In Württemberg dagegen iſt bereits die Hälfte des
Ertrags an den Handel übergegangen; die jetzt noch im Beſitz von Pro=
duzenten
befindlichen Mengen werden zurückgehalten.
Obſt. Mögen die Zufuhren noch ſo ſtark ſein, ſie werden ſtets von
der Nachfrage übertroffen. Bezahlt wurden pro Pfund im Großhandel
auf dem pfälziſchen Obſtgroßmarkt Freinsheim für Aepfel 29, Birnen
39,5, Zwetſchgen 11,5, Trauben 1217, Tomaten 11,5, Bohnen
24 Millionen Mark.
wb. Berliner Produktenbericht. Als mittags die De=
viſenenkurſe
nach der vorangegangenen ſcharfen Steigerung eine Ab=
ſchwächung
erfuhren, konnken auch am Produktenmarkte die vorher enorm
in die Höhe geſetzten Preiſe nicht aufrecht erhalten werden. Immerhin
überſtiegen die heutigen Notierungen noch erheblich den geſtrigen Stand.
Das Inland hält angeſichts der Unſicherheit der politiſchen Lage und
wegen der ſchwankenden. Deviſenkurſe weiter mit dem Angebot zurück.
Für Roggen beſtand wieder infolge vermehrter Käufe der Reichsgetreide=
ſtelle
ſehr beträchtlicher Begehr, auch Weizen wurde zu den bedeutend
erhöhten Preiſen viel gekauft. Dagegen zeigte ſich für Gerſte und Hafer
wenig Intereſſe, wenngleich natürlich die Preiſe ebenfalls beträchtlich
höher genannt wurden. Mehl ſtieg bei allſeitiger Nachfrage ſehr er=
heblich
.
Börſen.
* Börſenbericht für die Zeit vom 1. bis 6. Okt.
(Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Zu all den
Schwierigkeiten und Gefahren, die die innerpolitiſche Lage Deutſchlands
täglich verworrener und hoffnungsloſer erſcheinen laſſen, kam in der ab=
gelaufenen
Woche noch eine plötzlich entſtandene Regierungskriſe hinzu,
die zum Rücktritt des Kabinetts Streſemann führte und bis jetzt noch
keine Löſung gefunden hat. Da auch auf außerpolitiſchem Gebiet
keinerlei Erleichterung zu verzeichnen iſt, kam es zu einer neuerlichen
ſcharfen Markentwertung. Der Dollar, der am Montag mit zirka 220
Millionen Mark einſetzte, wurde an der Freitagsbörſe mit 620 Mill.
Mark notiert. Eine ähnliche Entwicklung erfuhren die Kurſe beinahe
ſämtlicher Auslandswerte, von denen beſonders türktiſche Renten ſehr
lebhaft gefragt waren und die wertbeſtändigen Anleihen, die ſich den
Bewvegungen der Deviſenkurſe ziemlich genau anpaſſen. An den Indu=
ſtrie
=Aktien=Märkten ſind zwar durchweg ebenfalls namhafte Kurserhöh=
ungen
zu verzeichnen, doch entſprechen dieſe nur in wenigen Ausnahme=
fällen
der inzwiſchen eingetretenen weiteren Markentwertung. Im All=
gemeinen
zeigte ſich die Spekulation hier ſehr zurückhaltend, da ja nicht
abzuſehen iſt, welche Wirkungen die nächſte politiſche Entwicklung auf
die Lage der deutſchen Induſtrie haben wird. Auch dürfte die Notwen=
digkeit
, für den Steuertermin vom 5. Oktober größere Beträge freizu=
machen
zu Realiſiationen Veranlaſſung gegeben haben. Am ſchnellſten
vollzog ſich die Anwertung an die Deviſenkurſe wiederum bei den Aktien
der Montan=Induſtrie, von denen beſonders die weſtlichen Papiere
weiter ſehr begehrt waren, ſo daß mehrere, wie Gelſenkirchen und Har=
pener
am Freitag einen Preis von 100 Milliarden erreichten oder
überſchritten. Starkes Intereſſe zeigte ſich auch wiederum für die Werte
des Anilin=Konzerns, ſowie für Schiffahrts= und Bankaktien, während
der Markt der Maſchinen= und Metallwerte ruhiger lag. Am Kaſſa=
markte
war die Kursgeſtaltung uneinheitlich, doch blieben im allgemei=
nen
die Preisſteigerungen hinter der Entwicklung der Deviſenkurſe
nicht unbeträchtlich zurück und das Geſchäft nahm einen ruhigeren
Charakter an.
wb. Berliner Deviſenmarkt. Unter dem Druck der uner=
freulichen
innerpolitiſchen Lage erfuhren die Debiſenkurſe vormittags in
Fortſetzung der geſtrigen Aufwärtsbewegung bei ſtarkem Begehr und
mangelndem Angebot wieder eine ſehr ſcharfe Steigerung, wobei der
Dollar auf über 800 hinaus ging. Späterhin machte ſich allgemeine
Zurückhaltung geltend, zumal Hoffnung auf eine Klärung der innerpoli=
tiſchen
Lage beſtand. Bei ſehr geringen Umſätzen bröckelten die Kurſe
langſam ab. Der Dollar wurde um 12 Uhr mit ungefähr 750 genannt.
Weißer Liſch
Herrenmantel
Sekt= u. Weinſlaſch.
zu verk.; zu beſichtig.
vorm. 9-12 Uhr (*zeize
Mathildenſtr. 54, part.

A
K

das größte und schneliste Schiff der deutschen Handelsflotte

National=Kaffen
mit Nummerangabe
kauft d. Geldwertung
entſprechend (E7759
Franz Franken,
Hamdurg, Beſen=
binderhof
29.

Guterhaltenes
Kindertheater
zu kauf. geſ. Ang. u.
S 105 Geſchſt. (k2eid

Gien Sun
zu kauf. geſ. Ang. u.
S114 Gſchſt, (*26217

REMM-NEOTORK

Kostenlose Auskunft

NORDDEUTSCHER LLOND BREHEN

u. sämtl. Vertretungen

in Darmstadt: Anton Fischer,
Frankfurterstrasse 12/14
Lloyd-Reisebüro.

in Dieburg: Ernst Reh
Gross-Umstadt: J. Rapp
Buch-
Michelstadt: Karl Bauer, handlung.

Zu verkaufen:
Ladeneinricht. f. Kolonial=
waren
, 2 Glasſchränke,
1 zweitüriger Eisſchrank
1X1,2m; 3 ölbehälterm.
Meßapparaten, 1 10kg
Meſſing=Schalwage und
Reſtbeſtände an Waren b.
Wilh. Hofmann
Karlsſtr. 26, pat. /*2220

Zu vk. 2ztür. Kleiderſchr.
20 M., Bügelbreit 3 M.,
Tepp.10M., Gasof. 12M.,
Petrolof 10M. 1M ¼
Dollar. Adr. Geſchſt. (*
Eleg. Damenmantel,
D.=Gummimantel u.
Verſchied. zu verkauf.
Ohlyſtraße 31. (*26195

Guterhaltener
Wintermantel
mit Pelzkragen z. vk.
Näh. Geſchſt. (*26070

Klappwagen
m. Verd. u. Prome=
nadewag
, bei kurzfr.
Teilz. n. bill. (*26216
Riedeſelſtr. 39, Manſ.
2 Buchdruck=
Schnellpreſſen
zu verkaufen durch
Ningles; Waldſtr. 19,
Fernſpr. 3230 (*26192
Friſcher Füllofen
faſt neu, 300 cbm
Heizraum, zu verkauf.
Speſſartring 13, I. (*201a1

(fabrik=
Herrenrad ner) f.
Ladenpr. z. bk. (*202
Arheilgerſtr. 92, I. lks.
Mehrere
Ofen

Guterhaltener Gas=
badeofen
geſucht.
Angebote unter S!
113 an die Geſchäfts=
(*26186
ſtelle.

Fäſſer
in verſch. Horten empt
Max Fabian
Aliceſtraße 3, (*26155

Ziegel=Preſſe Gebrau kteSäce
zu kaufen geſ. Ang. geſ. Mühlſtr & (k2018gi

unter S 112 an die
Geſchäftsſt. (*26191

Guterh. Bett zu kauf.
geſucht. Ang u: S117
Geſchäftsſt, (*26209 I

Herfien
m. Manſch u Spazier=
ſtöcke
bill abzug Witt=
mannſtr
. 2, III. (*2018

Voll. änd. Bett, ſehr
guterh., zu verk. (*2214
Schuchardſtr. 11, II.

Guter Kinderſport=
wagen
zu vk. Soder=
ſtraße
6½, III. (26200

Faſt neuer (*26165
4Nan. Gacherd
m. Bratoſen bill. z. vk.
Ballonplatz 9, Stb., p.

preiswert
Angeb. u
Beſch. iftsſt
Bücher, Ge
runder Tiſch
Bücherbrett,
Eiche. B

Mne 2.
ſtraße 6,

[ ][  ][ ]

Rummer 277.

Darmſtädter Tagblatt, S.unf g. den 2. Oft.

923.

Seite 7.

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.

(Nachdruck verboten.)
56)
Plötzlich bewegte ſich ſeine Zunge langſam, und er flüſterte
heiſer, wie zu ſich ſelbſt:
Der Lahme! Der Lahme!
Der Großherzog lachte bitter.
Ja, Herr Becker, ganz richtig, der Lahme, ſagte er. Der
Lahme, der zu ſeinem treuen Volk zurückgekehrt iſt, um die Re=
gierung
wieder zu übernehmen. Sie können Ihre zweimalhun=
derttauſend
Peſetas als verloren anſehen, Herr Becker. Die
Schwefelgruben in Punta Hermoſa werden nicht mit Ihnen als
Direktor betrieben werden.
Herr Becker betrachtete ihn plötzlich mit einem Blick von ſo
intenſivem Haſſe, daß der Großherzog ſelbſt nicht unberührt
davon bleiben konnte.
Wiſſen Sie, Herr Becker, ſagte er; was meine erſte Re=
gierungshandlung
ſein wird? Ein Geſetz, das Ihnen zu Ehren
lex Becker heißen ſoll, und es wird, beſtimmen, daß es jedem
Ausländer bei Strafe von 50 000 Peſetas verboten iſt, in Mi=
norca
zu landen. Sollte er aus Holland ſein, ſo wird die Strafe
in ein Todesurteil umgewandelt.
Er hatte dieſe Worte auf ſpaniſch geſagt. Philipp, der dieſe
Sprache leidlich verſtand, ergänzte:
Darf ich Ew. Hoheit einen guten Rat geben?
Was denn?
Verleihen Sie dem Geſetz retroaktive Kraft.
Herr Becker zitterte. Der Großherzog lachte dumpf.
Ein vortrefflicher Rat, Profeſſor. Wollen Sie mir ein
Taſchentuch leihen, ich will dem unmittelbaren Anlaß des Ge=
ſetzes
einen Knebel anlegen, bevor wir weitergehen.
Philipp beeilte ſich, ſeinem Wunſche nachzukommen. Der
Großherzog legte Herrn Becker raſch einen Knebel an, dieſer
war noch ſo betäubt von dem Vorgefallenen, daß er keinerlei
Widerſtand leiſtete.
Nachdem er noch aus Herrn Beckers Taſche den Revolver
hervorgeheolt hatte, den dieſer eben zur Anwendung hatte
bringen wollen, wendete ſich der Großherzog an Philipp und
ſagte:

Gehen wir alſo weiter!
Wohin, Hoheit?
In das Schloß, erwiderte der Großherzog mit einem
grimmigen Lächeln. Auf Beſuch zum Präſidenten.
Philipp, der ſein Lächeln ſah, bedauerte insgeheim den
Präſidenten.
Hätten er und der Großherzog gewußt, was für ein Haus
es war, in dem ſie Herrn Becker zurückließen, ſie hätten vielleicht
nicht gelächelt!
Es ging in eiligem Marſche durch die langen Straßen zu
Mahons Oſtterraſſen hinauf, auf deren höchſter Erhebung das
Schloß ſein ſchweres Profil vom Nachthimmel abzeichnete. Der
Großherzog, der Philipp immer wieder fixierte, ſchien einige=
mal
nahe daran, eine Frage, an ihn zu ſtellen, aber er unter=
drückte
ſie wieder; und unter vollſtändigem Schweigen näherten
ſie ſich der Schloßterraſſe. Philipp, der ſelbſt ein guter Fuß=
geher
war, mußte die Geſchwindigkeit bewundern, mit der ſein
Begleiter trotz ſeines Gebrechens den Weg zurückgelegt hatte.
Ihn ſelbſt quälte die Neugierde arg, und ein Dutzend Fragen
über Herrn Becker, den Kontrakt, die Schwefelgruben auf Punta
Hermoſa brannten ihm auf der Zunge. Aber in der Erkennt=
nis
, daß es ſeine beſte Politik war, dem Beiſpiel des Groß=
herzogs
zu folgen, ſchwieg er.
Sie hatten den Rand des Schloßplatzes erreicht, deſſen
Bäume ſich undeutlich vor ihnen abzeichneten, als ſie bei einem
Geräuſch Halt machten. Es war derſelbe Laut, der ſie unten
in der Stadt hatte ſtehen bleiben laſſen; das Trappeln von Ab=
ſätzen
. Es war jedoch offenkundig, daß dieſe Abſätze nicht über
ken bekieſten Teil des Schloßplatzes, der vor ihnen lag, gingen,
ſondern über den gepflaſterten unmittelbar vor dem Schloſſe,
den ſie von hierfaus nicht unterſcheiden konnten. Vorſichtig den
Bäumen entlang ſchleichend, gelang es ihnen ſchließlich, in Seh=
weite
zu kommen und ſich zu vergewiſſern, wer die Laute her=
vorgerufen
hatte.
Es war ein Soldat, der vor dem Schloßtor auf Poſten ging,
Präſident Hernandez ſchlief nicht unbewacht unter ſeinem ge=
treuen
Volk.
Philipp betrachtete Don Ramon fragend und formte mit
den Lippen die Worte:
Sollen wir ihn überfallen, Hoheit?
Der Großherzog ſah einen Augenblick den kleinen Soldaten
an, der müde ſeine Runde vor ihnen machte.

Dann ſchüttelte er den Kopf.
Nein, nein. Er hat nichts Böſes getan. Wir haben beſſere
Verwendung für unſere Kräfte, und ich glaube, ich weiß einen
anderen Eingang. Wenn er nur nicht unbenutzbar geworden iſt!
Er nahm Philipp an die Hand und führte ihn vorſichtig den
Weg zurück, bog dann links in den kleinen Schloßgarten ein und
blieb bald darauf vor einem Pförtchen ſtehen, das halb von
Efeu berborgen wurde.
Als Junge pflegte ich dieſen Weg zu laufen, murmelte er,
damals, als noch die Küchenregion den intereſſanteſten Teil des
Schloſſes für mich darſtellte, obgleich ſie nicht gerade übermäßig
gut verſehen war. Wir wollen ſehen, ob er noch zu benutzen iſt.
Er ſtemmte ſeine gewaltige Schulter gegen die kleine Türe
und drückte ein paarmal zu. Sie leiſtete Widerſtand, aber plötz=
lich
hörte man ein Knirſchen, das alte, verroſtete Schloß war
geſprengt, und der Weg war frei.
Der Großherzog war im Begriff, von Philipp gefolgt, ein=
zutreten
, als er plötzlich Halt machte.
Einen Augenblick, ſagte er. Ich nehme hier von Ihnen
Abſchied.
Abſchied! Nie, Höheit!
Doch, das kann gefährlich werden. Wenn ich mein Leben
riskiere, ſo macht das nichts, da es eben meines iſt, aber ich habe
kein Recht, Ihres zu gefährden. Kehren Sie zum Hafen zurück
und gehen Sie an Bord. Laſſen Sie den Storch in See ſtechen.
Gelingt mein Vorhaben, ſo bekommen Sie morgen von mir
Nachricht. Mißlingt es, ſo . . . grüßen Sie den alten Paqueno
und Madame Pelotard.
Philipp fühlte ſein Herz heftiger ſchlagen. Beim Zeus, das
war ein Mann! Allein, nur mit einem Revolver bewaffnet, war
er entſchloſſen, den Feind in ſeiner Burg aufzuſuchen und ohne
jeden Beiſtand eine Schar Aufſtändiſcher niederzuverfen, für die
ſein Leben alles bedeutete! Was er auch vorher verbrochen haben
mochte, er ſühnte einen erklecklichen Teil davon durch das, was
er in dieſer Nacht tat. Philipp ſchüttelte heftig den Kopf und
ſtreckte ſeine Hand aus.
Hoheit, ſagte er, auch die Preſſe hat ihre Pflichten.
Unter anderem darf ſie ſich nicht ferne halten, wenn etwas ge=
ſchieht
. Als ihr Repräſentant werde ich Hoheit unbedingt fol=
gen
, um die Ereigniſſe dieſer Nacht zu beſingen.
Und wenn ich die Türe vor Ihnen zuſchließe?
So gehe ich durch den Haupteingang, und wir treffen uns
in der Halle, Hoheit.

Palast-Lichtspiele

Der letzte Kampf-

Orpheum (ühr

Sensations-Abenteuer in 6 Akten mit
Harry Piel
Jonny als betektiu, 2 Akte

Herrngarten:
geute ab 1 ur Standmuſik

Leitung M. Weber

227

Rummel bräu
Rheinſtraße 101 : Telephon 2519
Jeden
Sonntag: Konzert zt
Im Feſtſaal Tanz
Anfang 4 Uhr! (*26169)
Ende 1 Uhr!

Kaufm. Stenographen=Geſellſchaft
Gabelsberger E. V. Darmſtadt
1898
1923
Sonntag, den 7. Oftober,
von abends 7 Uhr ab
StädtiſcherSaalbau

g Sonntag,
Heute 7. Oktbr.
Operetten= Eaſtſpie:
sauzos
Die
Poſtmeiſterin.
Sonntagskarten:
Verk.=Büro v.11-1U.
Orph.=Kaſſe ab 3 Uhr.

LSI-BHEE

Reſtauration nach Belieben

(*26198

Landestheater.
Großes Haus.
Sonntag, 7. Okt.
A3, a2
Karl XII.
von A. Strindberg.
Preiſe: 20200 Mill.
Anfang 7, Ende 10 Uhr.
Kleines Hans. (V7
Zuſatzmiete X1.
Figaros Hochzeit
von W. A. Mozart.
Preiſet: 30150 Mill.
Anf. 6, Ende n. 9½ Uhr.

Janzinſtitut Johanna Georg
Ballettmeiſterin, Rheinſtr. 41, III
Zu einem am 18. Oktober beginnen=
den
Kurſus werden weitere gefl. Anmel=
dungen
höflichſt erbeten.
(*26211

Andergärthierinen- Fenduar
des Alicevereins f. Frauenbildung u. Erwerb
Martinſtraße 28

1½jähr. Ausbildung Staatl. Prüfung.
Beginn ds. Kurſes Oktober
Der Vorſtand.
Auskunft u, Anmeldung durch d. Leiterin
*26173)
Elſe Meywald.

AAron garbelogefertce

Aktiengeſellſchaft

Georgenſtraße 1½ Fernruf 1108, 3000
Gewährung von Krediten
Kurzfriſtige Finanzierungen
Vermittlung günſtiger Kapitalanlage.
Geſchaftsveriegung
von Wilhelminenſtraße 21 (*2619
nach Rheinſtraße 26 i. Laden
KARL BAUER
Bürobedarf G. m. b. H. Telephon 376

la Doppelfalz=
ziegel
(k2u4t
ſofort vom Lager
lieferbar
Ia Heppenheimer
Biberſchwänze
Ia Ringofenſteine
Joſ. Freitag
Darmſtadt
Heidelbergerſtraße 63
Telephonruf 2427.

Mein Fuhrwerk
geht in nächſter Zeit
wiederh.
nach Frankfurt,
Beiladung bis25Ztr.,
luch für Rücktransp.,
erwünſcht, (6636a
Peter Walter
Alter Arheilgerweg.
Fernſpr. 2222

Wäsche
aller Art w. gewaſch.
u. gebügelt b. mäßig.
Preiſen. F. Rüdel,
Große Ochſengaſſe 22
(Laden) (*26216

Metallbetten
Stahlmatr., Kinderbett.
dir. an Priv. Katal. 10N.
frei. Eiſenmöbelfabrik
Suhl (Thür.). (1I.7075

Stühle
barock=magahoni, geſ.
Angebote unter S
111 an die Geſchäfts=
(226196
telle.

Brillanten
Gold- u. Silberwaren
kaurt Kurtz-Wuff
Pädagogstr. 2 (

Verſteigerung
einer Schneidmaſchine. Beamter ſausgew.)

Sehr gut erh. Damen=
ſtiefel
, Gr. 38, gegen
Knabenſt., Gr. 34-35,
zu tauſchen geſucht
oder zu verk Soder=
r
. 40, pt. , r. (226179

Tauſch!
Ich gebe guterh Bett
u. Schreibſekretär u.
ſuche gut Kiuderbett,
bezw. Schreibtiſch (
Roßdörferſtr 46, III. r.

32 Jahre, kath., ſucht
Montag, den 8. Oktober, nachmittags mit Fräulein, am
3 Uhr, kommt im Hofe des Hauſes
liebſten vom Lande,
nicht über 27 Jahre,
Ludwigſtraße 6 in Verbindung zu
(*26220 treten zw Heirat.
auf freiwilligen Antrag

Hotel-Restaurant Schmitz
2 Rheinstrasse 50 : Telephon 192
Frn TTT77TTT7777 7777ITT7777777777777777777777 77 77777 T7 II
Erstkl, preisw. Küche
Mittagtisch von 25 Millionen und höher!
Münchener Löwenbräu u. Rummelbräu Darmst.!
Weinrestaurant
Ta offene und Flaschenweine!
Jeden Samstag u. Sonntag Unterhaltungsmusik
26148

Meiner werten Kundſchaft zur Kenntnis, daß
ich meine Fahrradhandlung von
Kahlertſtr. 51 nach Karlfr. 14
verlegt habe. Daſelbſt befindet ſich Laden=
geſchäft
mit Werkſtätte und Privatwohnung.
(* 26224
B. Orio.

für Feſtlichkeiten
und Borträge
qiüre noch frei
Obergaſſe 12. (7065a

Hefliahabdhk 19U
Biebrich a. Rh. Worms a. Rh.

1 Schneidmaſchine m. Spindelpreſſe, ca.
66 cm Schneidlänge, 13 cm Hubhöhe,
mit 5 Meſſern, ſehr gut erhalten
(für Kartonnagefabriken, Tapetengeſchäfte
und Buchbindereien geeignet) zur Ver
ſteigerung.
Kapp, Verſteigerer,
Gerichtsvollzieber i. N., Mauerſtraße 11,

Damen, welche über
eine gute bürgerliche
Ausſtattung u. kompl.
Schlafzimmer, evtl.
ſpät. Vermög verfüg.,
vollen ihre Angebote
u. S 107 an d. Ge=
ſchäftsſtelle
ds. Bl.
ſenden, 1*26175

Zeichnung einer 3. Aktienserig
von nom. 20 Millionen Mark.
Wir stellen hiermit eine 3. Aktienserie von nom. 20 Millionen
Mark mit Dividendenberechtigung ab 1. Juli 1923 zum Verkauf.
Der Zeichnungspreis beträgt 45.000.000 %.
Die Zeichnungsfrist läuft bis 10. Oktober einschließlich.
Vorzeitiger Schluß bleibt vorbehalten.
Die Lieferung der Stücke erfolgt nach Erscheinen, steht jedoch kurz
bevor.
Die Börseneinführung ist beabsichtigt in Frankfurt, Berlin und Köln.
Die beiden im Juli und August zur Zeichnung aufgelegten Serien von je
nom. 25.000.000 Mark wurden stark überzeichnet.
Die Gesellschaft ist hervorgegangen aus der ehemaligen Wormser
Kreditanstalt und der Stadtbank Biebrlch. Das Grundkapital beträgt
430 Millionen Mark. Die offenen Reserven betragen zurzeit rund eine Billion
Mark, Geschäftsgebäude, Liegenschaften, Mobiliar und Inventar sind auf 1 Mark.
abgeschrieben. Berner befindet sich noch ein kleiner Teil eigener Aktien im
Portefeuille der Gesellschaft zur Verwertung.
Den Vorstand bilden zurzeit die Herren: Bankdirektor Artur Sonmer
und Dr. jur. Alfred Wevers.
Der Aufsichtsrat besteht aus folgenden Herren:
Oberbürgermeister Geheimer Regierungsrat Rudolf Vogt in Biebrich, Vor-
sitzender
, Freiherr Dr. Cornel von Heyl zu Herrnsheim zu Worms, stell-
vertretender
Vorsitzender, Weingroßhändler und Weingutsbesitzer Josef
Barth in Rüdesheim (Rheingauer Weinkellereien Barth & Co. G. m. b. H., Rüdes-
heim
), Fabrikant und Stadtrat Wilhelm Beck in Biebrich (Rheinhütte in Biebrich),
Kaufmann und Stadtältester Ludwig Boos, Biebrich, Generaldirektor Dr. phil. h. C.
Hermann Brockhues in München (Chem. Werke Brockhues A.-G. in Nieder-
Walluf), Kaufmann und Stadtverordnetenvorsteher Ernst Cleff in Biebrich, Fabri-
kant
Alfred Dpckerhoff in Biebrich (Dpckerhoff & Söhne, G. m. b. H. in Mainz-
Amöneburg), Direktor Ernst Dpckerhoff in Biebrich (Dyckerhoff & Widmann A.-G
in Biebrich), Stadtverordneter Karl Grosser in Biebrich, Fabrikherr und Bürger-
meister
Leonard Hagenburger in Hettenleidelheim, Rheinpfalz (Pfälzische Thon-
werke
, Hagenburger, Schwab & Co.), Fabrikherr Begierungsrat Richard Heyne in
Offenbach a. Main (Schraubenfabrik Gebr. Heyne), Fabrikant Wilhelm Köbig,
Mainz, Kaufmann und Stadtrat Kilian in Wiesbaden-Biebrich, Dr. Theodor Raiser
in Worms, Beigeordneter Friedrich Richter in Biebrich, Bankier Heinrich Schau-
mann
in Siegen (Bankhaus Schaumann), Kommerzienrat Paul Seifert in Wies-
haden
, früher Generaldirektor, jetzt stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrats der
Chem. Werke vorm. H. u. B. Albert in Biebrich, Direktor Paul Wevers in Berlin-
Charlottenburg (Torfwerke Agilla‟ G. m. b. H., Berlin).
Die Zeichnung kann bei uns oder durch Vermittlung einer
anderen Bankanstalt erfolgen.

Biebrich Worms, den 3. Oktober 1923.

(7756

Der Vorstand.

Mit Stanley im dunk, AFrika
1.-1, I. Sklavenhandel 6 Akte. Gr.
Sens. u. Abent.-Fortsetzungsfilm in 36Akt.
Harry als Schiffbrüchiger. (*26226
Henny Porten, Frauenopfer, 6Ak.
.1, Das Lebensroulette, 6 Akte
Die Bankräuber v. Massachusetts.
In den Schluchten v Connecticut.

Wochenmarkttarif der
Stadt Darmſtadt.
Die Gebührenſätze des Wochenmarkt=
tarifs
der Stadt Darmſtadt vom 24 Juli
1923 ſinderhöht worden. Der neue Wochen=
markttarif
iſt für die nächſten 8 Tage an
den für öffentliche Anzeigen beſtimmten
Stellen zur allgemeinen Kenntnis ausge=
hängt
. Der Tarif tritt mit dem Tage
ſeiner Veröffentlichung das iſt der 8.
Oktober ds. Js. in Kraft. (St7767
Darmſtadt, den 6. Okt. 1923.
Der Oberbürgermeiſter.

Kohlenpreiſe der Grabe
Prinz von Heſſen.
Die Kohlenpreiſe betragen von Mon=
tag
, den 8. ds. Mts. ab, für den Zent=
ner
frei Grube:
(st7765
Großſtück. Hausbrandkohle 75 Millionen
Kleinſtückige
72
Induſtriekohle.
45
Feinkohle . . . . . . . . 15
Der Preis für die Abgabe am
Schwimmbad beträgt 100 Millionen.
Die Verwaltung der Grube
Prinz von Heſſen.

Bekanntmachung.
Infolge der inzwiſchen eingeführteu Be=
vechnung
der Kohlen und übrigen Materi=
alien
für die Stromerzeugung in Goldmark
ſind wir gezwungen, die Strompreisberech=
nung
ebenfall3 in Goldmark vorzunehmen.
. Nach der Kohlenpreisfeſtſetzung vom
24. September werden z. Zt. die Strom=
preiſe
betragen:
für Lichtſtrom 0,60 Goldmark pro Kwh.
Kraftſtrom 0,35
Eine weitere Kohlenpreisſteigerung hat
eine entſprechende Strompreisſteigerung
zur Folge.
Die Umrechnung in Papiermark erfolgt
nach einem Multiplikator, welcher alle drei
Tage nach der letzten Berliner Dollarno=
tierung
feſtgelegt wird (Mittel zwiſchen
Brief und Geld), mindeſtens aber zur No=
tierung
vom 15. des Monats.
Da ſich die Strompreiſe in Papiermark
entſprechend der Dollarnotierung dauernd
ändern und die Einkaſſierung ſich auf län=
gere
Zeit erſtreckt, ſoll den Stromabnehmern
die Möglichkeit gegeben werden, um ſich
vor weiteren Preiserhöhungen durch die
Geldentwertung zu ſchützen, fürihren Strom=
bezug
für die laufende und nächſte Ableſe=
periode
ſich in der Zeit vom 16 21 des
Monats mit Gutſcheinen einzudecken. Dieſe
Gutſcheine ſind, in Stücken zu 1, 5 und 10
Kwh. an unſerer Kaſſe,
Darmſtadt, Luiſenſtr. 14,
in unſerem Baubüro in Fürth i. Odenw.,
Groß=Umſtadt
zu erhalten.
Die Preiſe für die Gutſcheine werden
täglich nach der Dollarnotierung des vor=
hergehenden
Tages feſtgeſetzt. Dieſelben
ſind bei der Einkaſſierung in Zahlung zu
geben und müſſen alsdann auf der Rück=
ſeite
mit der Namensunterſchrift des Strom=
abnehmers
verſehen ſein, um Mißbrauch
zu verhüten. Die Gelderheber ſind ange=
vieſen
, nur unterſchriebene Gutſcheine ent=
gegenzunehmen
.
Für die Verrechnung der geleiſteten Ab=
ſchlagszahlungen
werden beſondere Gut=
ſcheine
ausgegeben und iſt bei Anforderung
derſelben die Rechnung vom Vormonat,
auf der die Abſchlagszahlung quittiert iſt,
vorzulegen.
Sollte infolge Kohlenpreiserhöhung eine
Strompreisſteigerung eintreten müſſen, ſo
ſind zu den Gutſcheinen Zuſatzſcheine zu
öſen.
(7766
Heſſ. Eiſenbahn=A.=G. Darmſtadt.

Mittag=u. Abendtiſchoh. Fleiſch

mit und
un Avonnem. billig im Hoſpiz und
Vereinsh. Obergaſſe 12. Daſelbſt ſchöne
Fremdenzimmer mit und ohne Penſion
zu mäßigen Preiſen. Tel. 1767. (7072a

[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Souutag, den 7. Oktober 1923.

Mummer 227.

großtes Automooit Hennen
Beutschugnas
am 30. September 1923 in Berlin auf der Auusbahn (zirka 140 Kilometer)
Ein riesiger Erfolg des Brennstoffes

Erster Sieger:

4
Kasse 4Pf-Wagen
Herr Ing. H1. Erblich auf Alff
Gen ert . mit Okstin

Zweiter Sieger:
Herr Dir. C. Slevogt auf Apollo u. Cont-Cord ..
Dritter Sieger:
Herr Herb. Pingel auf Omikron u. Conti-Cord
Vierter Sieger:
Herr E. Warmbier auf Omikron u. Conti-Cord .

mit Acodn
mit Hkdden
mit Mksoten

Sechster Sieger:
Herr van Horn

L. Cont-Cord ! !
auf Mug

Aodn

Siebenter Sieger:
Herr F. Seidenbusch auf Apollo u. Conti-Cord .!

Hasse 5-P8-Wagen
der io Käche auf iS in GontLeand i mit Mksten
der ig Schel auf 1iSl in Gant eorch i i i , mit Okdtim

Erster Sieger:
Zweiter Sieger:
Dritter Sieger:
Herr Ing. Seifert auf NSU u. Oonti-Cord ..

mit

Aodn

Ein unwiderlegbarer Beweis

daß die Oualität des Brennstoffes

unerreicht ist!

Chemische Fabrik M. Jakobi A. d., Frankkurt a. H.

Verkaufsstelle:

G7745


Luttermann cEdinger, Darmstadt

Schulstr. 1
Fernspr. 2414

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

Nummer 40

7. Oktober 1923

Deutſche Gegenwartsſchriftſtellerinnen.
Von Dr. Ella Menſch.
XIII.
Katharina Godwin.
Die Humoriſtinnen unter den ſchriftſtellernden Frauen ſind
m allgemeinen nicht zahlreich vertreten. Gute Anläufe nach
dieſer Richtung nahmen Alice Behrend und Emmi Lewald in
Berliner Romanen. Auf dem Gebiet der ſozialen Satire erſcheint
n Katharina Godwin ein Talent, das Ausreife ver=
pricht
. Es bewegt ſich mit Glück in der längeren Erzählung wie
n der keck hingeworfenen Skizze. Aus der Gegenwart und aus
dem Leben ſtammen die meiſten ihrer belletriſtiſchen Gebilde.
Dieſe Stoffquelle iſt zwar vielen gemein. Es kommt immer dar=
uf
an, was unter Leben verſtanden wird. Die Antwort, die
vir in Büchern finden, lautet ſehr verſchieden. Ohne Zweifel
ſält Katharing Godwin ſich bei der Außenſeite der Dinge auf.
Aber während ſie dieſe ſchildert, ſich feſtſaugt an dem flüchtigen
Trugſpiel an der Oberfläche des Daſeins, verrät hie und da eine
ingeſtreute Gloſſe, eine mokante Bemerkung, daß ſie ſelbſt doch
iber dieſem Spiel ſteht und es in ſeiner ganzen Hohlheit durch=
chaut
. Manches mutet geradezu als Kabarettſtoff an. Aus dem
Luch Der Mieter vom vierten Stock (Ullſtein= Ver=
ag
) und Geldjäger (Scherl=Verlag, Berlin) könnte die
ſewandte Ueberbrettldiva Hilde Sachs eine Erſcheinung ganz
tach dem Herzen des weiland Ueberbrettlbarons Ernſt von Wol=
ogen
ſie hat kürzlich an der Münchener Bonbonniere‟
Triumphe gefeiert Sujets zu ihren köſtlichen Schlagern holen.
Im Geldjäger eilen mit ſilmartiger Geſchwindigkeit die neuen
Kroßſtadtexiſtenzen, die kecken, ſkrupelloſen Strategen des Augen=
llicks
dahin. Der Schlaue und Geriſſene findet immer noch einen,
er ihm im Begaunern über iſt und ihn mit Bravour hinein=
egt
, bis die groteske Geſchichte mit einer Frau ſchließt.
Die ſechs Epiſoden, zuſammengefaßt unter dem Titel Kar=
enhäuſer
(Scherl=Verlag, Berlin), ſind eine geſchickte Mi=
hung
von Ernſt und Scherz und befaſſen ſich mit jenen flüch=
igen
Liebesſpielen, die, wie manche Blumen, nur einen Tag, nur
ine Stunde währen. Was ſie meiſt iſt es eine Frau ſo
eſt gegründet glaubte, erweiſt ſich durch die Tücke oder man
jöchte auch von Gnade des Zufalls ſprechen, als Karten=
aus
. Feine Ironie durchflimmert die Skizze Die verborgene
leine Inſel. An Maupaſſant könnte man ſich erinnert fühlen,
alls es not täte, immer die Ausländer zum Vergleich heranzu=
iehen
. Wir haben eigene Saat und eigene Frucht, können auch
as Feld der Satire rnit eigenem deutſchen Geiſt beſtellen. Tes=
alb
geht uns das Verſtändnis für Verleger ab, die ſich gerade
eute bemüßigt fühlen, unentwegt ſtattliche Auflagen franzö=
iſcher
Autoren herauszubringen, während der deutſche Kopſ=
rbeiter
buchſtäblich am Hungertuch nagt. Jedenfalls erwächſt
ns daraus die Pflicht, kräftigſt ſolche Buchfirmen mit Wort und
at zu unterſtützen, die wie Scherl u. a. mit deutſchem Gei=
eskapital
auch in der Unterhaltungsliteratur irtſchaften.
Beda Prilipp.
Als rührige Tagesſchriftſtellerin und echte deutſche Frau, die
jeder von der heilloſen Auslandsſchwärmerei, noch vom ver=
ilſchten
Pazifismus angekränkelt iſt, bekundet Beda Prilipp
inen klaren Blick für die im Völkerleben waltenden Geſetze und
önnt ſich doch die Muße, auf die inneren Stimmen in der
Nenſchenbruſt zu lauſchen und feineren, ſtillen Empfindungen
achzugehen, die ſo hauchzart ſind, daß Worte ſie kaum erfaſſen
innen.
Der hiſtoriſche Sinn dieſer Schrif ſtellerin hat ſich zum
ſusdruck gebracht in einem großen Dürer=Roman, in dem ſich
a. die Schwarmgeiſterbewegung der Reformationszeit ſpiegelt.
in der Geſtalt des Thomas Münzer gewahren wir
inen Typ, der unter anderen Masken immer wieder neu erſteht,
ch und anderen zum Unheil.
Als politiſche Tagesſchriftſtellerin zeigt Beda Prilipp das,
das wir heute ſo biter notwendig brauchen: Charakter und
ine treffliche Logik, ſobald es gilt, die Kartenhäuſer umzublaſen,
denen männliches und weibliches Micheltum ſich noch immer
egen den eiſigen Luftzug der Wirklichkeit verſtecken zu können
laubt.
Beim Leſen der feinen ſtillen Erzählung Fohannis=
acht
(Moſaik=Verlag, Berlin) erwachte in meiner Seele das
lietzſche=Wort von Gedanken, die auf Taubenfüßen kommen.
Die Novelle, die auch in ſprachlicher Hinſicht ein Juwel moderner
tovelliſtik heißen darf, verarbeitet mit weiblicher Dezenz das
hema von der doppelten Buchführung in der Liebe, die ſich auch
er geiſtig hochſtehende Mann oftmals ſkrupellos geſtat=

Es iſt ſchon gut, wenn ſich einer einmal in der Einſamkeit
auf ſich ſelbſt beſinnt, aber er darf hein Stadeltor zwiſchen ſich
tun und die Welt. Denn in die Welt und unter die Menſchen
iſt er hineingeſchaffen und dahinein gehört er auch. Ludwig.

tet. Der Maler Reinmar Arning liebt eine ſtolze und reine
Mädchenblüte, die junge Sängerin Sigrid Randers, die auch
in ihm den Mann ihrer Wahl erblickt. Aber ſich eins fühlen
mit ihm muß ſie als phantaſtiſche Illuſion erkennnen. Wohl be=
trachtet
Reinmar Sigrid als ſein unantaſtbares Eigentum, was
ihn jedoch nicht hindert, in ſchwüler Johannisnacht einen Liebes=
abſtecher
zu wagen. Da verſinkt für ihn der Märchenſchatz, die
Seele des Mädchens verſchließt ſich ihm für immer. Für das
Wunder einer den ganzen Menſchen erfüllenden und ausfüllen=
den
Neigung hat der Künſtler und Aeſthet ſich zu klein gezeigt.
Regine Jünemann.
Sie ſtammt aus Frankfurt a. M. und tut jetzt ihre Arbeit
als Redakteurin an der Germania‟. Die Landſchaft am Main
und Rhein haben ihrer Seele den erſten ſtarken Eindruck ge=
geben
. Ihr lebhaftes ſüddeutſches Temperament fühlt ſich jedoch
auch ſchnell heimiſch im kühleren Norddeutſchland, da für ſie keine
Mainlinie beſteht und ſie mit glühender Liebe am deutſchen
Vaterlande hängt, deſſen Schmach und Erniedrigung ſie wie
ein ganz perſönliches Schickſal erlebt und empfindet. Aus der
Theaterlaufbahn, die ſie reiche ſoziale Erfahrungen ſam=
meln
ließ, iſt Regine Jünemann zum ournalismus ge=
kommen
, für den ſie eine natürliche Begabung mitbringt:
Schnelle Auffaſſungskraft, Blick für das Weſentliche und Takt,
ſehr viel Takt. Ihre Artikelſerie Katholiſches Leben in Berlin
die namentlich die charitativen Einrichtungen ſchildert, hat viel
Anklang gefunden, durch die klare Anſchaulichkeit, mit der ſie
Sachen und Perſonen herausſtellt.
Ihr Roman Kämpferinnen (Bachem, Köln), iſt der
Niederſchlag ihrer Bühnenerlebniſſe, in welchem eigene und
fremde Erfahrungen ſich ſo ergänzen, daß das Ganze durch ſeine
ethiſche Tendenz den Rahmen eines Unterhaltungsromans über=
ſchreitet
. Spürt man in dieſem Buch durchweg den warmen
Herzſchlag der Verfaſſerin, ſo ſind die zwei anderen Zeitromane
durchglüht von der heißen Anteilnahme an deutſchem Schickſal.
Deutſchland hoch in Ehren, das hauptſächlich in
Frankfurt a. M. ſpielt, woſelbſt Regine Jünemann die Mobili=
ſierungstage
erlebte. Es wurde geſchrieben, als noch die Fahnen
der Siegeszuverſicht bei uns gehißt waren, als ein Gefühl der
Opferfreudigkeit alle Volksſchichten beſeelte und, außer einigen
gallſüchtigen Eigenbrödlern, niemand von Klaſſenkampf mehr
wiſſen mochte. Das dunkle Seitenſtück zu dieſem Buch der Hoff=
nung
bringt Regine Jünemann in De Profundis. Un=
mittelbar
unter dem ſchmerzlichen Eindruck der Ruhrbeſetzung
entſtand es und läßt ſich eigentlich nur vergleichen mit Marie
Diers Franzoſen im Land, Beide Verfaſſerinnen geben erſt
den Auftakt zur Kette der Tragödien, die ſich in unſerem weſt=
lichen
Induſtriegebiet abgeſpielt haben und täglich fortſetzen.
Nicht der Senſation zu Liebe ſind dieſe Bücher geſchrieben wor=
den
, ſondern aus einer gewaltigen inneren Nötigung heraus.
Das äſthetiſche Moment muß hinter der ethiſchen und
patriotiſchen Aufgabe zurücktreten. Aber auch erſteres verleug=
net
ſich keineswegs. In dem flüſſigen Stil, in der überſichtlichen
Stoffanordnung bewährt Regine Jünemann ſich als ein Talent,
von dem wir noch viele vollwertige Gaben erwarten dürfen.

Der Weltflugverkehr.
Von Dr. M. Blaſchke=Charlottenburg.

Den Luftverkehr in Deutſchland beſorgen mehrere Geſell=
ſchaften
; ſie unterhalten mit ihren 100 Poſtflugzeugen einen regel=
mäßigen
Paſſagierluftverkehr und eine Luftpoſt, für die ſeit 1921
ein Luftkursbuch mit internationalen Anſchlußſtrecken erſcheint.
Von den deutſchen Luftverkehrsgeſellſchaften, der Deutſchen Luft=
reederei
(Herzog), Lloyd=Luftdienſt, Sablatnig, Rumpler, verkeh=
ren
die Junker=Metallflugzeuge des Lloyd=Oſtflugs mit ihren
Luxuskabinen für fünf Fahrgäſte nach Oſtpreußen, andere Flug=

Jagd und Jägerei im deutſchen
Volksliede.
Still iſt es in den winterlichen Wäldern, einſam im Nebel
egen die Lichtungen, liegt Moor und Knick. Nur dann und
ann hallt der ſcharfe Knall einer Jägerbüchſe durch den Tann
nd weclt wohl auch ein leiſes Echo. Einſt war es anders. Da
ng die Jagd wie ein Götterzug luſtig und übermütig, mit Peit=
hengeknall
und Hundegekläff, mit Trara und Roſſegewieher
urch den Wald, über Heide und Hügel hinweg, durch Schilf und
ickicht. Und ein altes wundervolles Lied klingt auf, ein Lied,
iſſen Melodie das Herz im Buſen hüpfen macht, das Herz im
uſen weitet, als zöge es Waldluft und uralte Lebensluſt, den
äftigen Atem der deutſchen Natur, der alten geſunden Zeit ein.
Ein Jäger aus Kurpfalz
Der reitet durch den grünen Wald,
Er ſchießt das Wildpret her,
Gleichwie es ihm gefallt.
Ju ja, ju ja.
Gar luſtig iſt die Jägerei
Allhier auf grüner Haid!
Allhier auf grüner Haid!
Und wie ein Traum verklingt das friſche Lied, die Zweige
hlagen über den Jäger zuſammen und Hörner verhallen in der
aren kühlen Herbſtluft. Wehmütig lauſchen wir dem unſterb=
chen
Liede nach.
Das deutſche Volkslied iſt ganz beſonders reich an Jagd= und
ägerliedern. Und, wie ich ſchon betonte, immer klingt eitel ur=
üchſige
unmittelbare Freude am edlen Weidwerk, am freien
ägerleben in mancherlei volkstümlichen Weiſen und ſchalkhaften
eimereien, in denen man ſchon das Jägerhorn und das Gekläff
r Hunde zu hören vermeint, aus dieſen munteren Liedern.
Ich liebe nichts mehr als Jagen allein,
Das Jagen ſoll allzeit mein Eigenthum ſein,
Sobald nun Aurora die Felder bemalt,
So blas ich ins Jagdhorn, daß alles erſchallt.
He, he, he, he, ha, ha, ha, ha!
Die Hunde anhetze,
Das Jagdhorn anſetze,
Daß alles erſchallt.

So beginnt ein Jägerlied aus dem Jahre 1473, in welchem
in eigenartiger Weiſe im Geſchmack der Renaiſſance die an=
tike
Mythologie hineinklingt. Gerade ſolche zeitlichen Beziehungen
ſteigern die Stimmung ungemein. Renaiſſance, Barock und
Rokoko in dieſen Kunſtſtilen ſind auch die alten, in Schilf und
Tannicht verſunkenen Jagdſchlöſſer gehalten, die romantiſchen
Schlößchen mit den Jagdhorn blaſenden Jägerputten, mit den
vielen Geweihen im Torweg, die Faſſaden umrankt von Wein=
laub
und Epheu.
Oder aber das Jagdlied ſchildert nicht ſo ſehr die laute Fröh=
lichkeit
der Jagenden, ſondern die heimliche einſame Luſt am
Weidwerk. In ſolchen Liedern kommt dann die ganze innige
Freude des Deutſchen an der Natur, am Walde und allem ſeinem
Weſen, insbeſondere an ſeiner Friſche, an den rauſchenden Bäu=
men
, den ſchwatzenden und ſingenden Vögeln, den ſcheuen Tieren
zum Ausdruck. Köſtlich humorvoll und anſchaulich wird gerade
die Eigenart der verſchiedenen Tiere in Volsliedern geſchildert.
Kommt ein Has und tut mich ſehen,
Iſt es meine größte Freud,
Er vor Schrecken ſtill bleibt ſtehen,
Meint, es ſei ſein letzte Zeit:
Er kehrt um, ſalviert ſich bald
Wiedrum,
Wiederum in den dickſten Wald.
Thut der liſtige Fuchs mich ſpüren,
Wenn ich rauſche in dem Laub,
Thut er meinen Schritt nur hören,
Macht er ſich bald aus dem Staub;
Er macht bei ſich dieſen Schluß,
Weit davon,
Weit davon, iſt gut vorm Schuß.
So heißt es ebenfalls in einem alten Jägerlied, das in Sach=
ſen
und Schleſien ſeit 1465 bekannt iſt. Aber eine eigentliche
Herbſtſtimmung, typiſch in den Farben des Herbſtes und der küh=
len
Luft oder in dem immer öfter und dichter erſcheinenden Nebel,
findet man nicht in dieſen Liedern. Trotzdem umweht uns der
hohe Sommer und der beginnende, ſich langſam durchſetzende
Herbſt in unmittelbarſter Fühlbarkeit in vielen dieſer Lieder, auch
wenn die Schilderung eine ſommerlich allgemein geſtimmte iſt.
Wenn die Jagd den Wald durchklingt, dann geht der Sommer zu
Ende, die Nebel ſteigen und die Baume werden gelb und rot.

zeuge von den Hauptverkehrspunkten Berlin, München, Bremen,
Nürnberg, Konſtanz. Am beliebteſten ſind die Verkehrsflugzeuge
von Dornier und Junkers, die Sablatnig=Eindecker (125 PS)
und Doppeldecker (Limonſine 220 PS). Unentbehrlich iſt bereits
der Luftverkehr im Preſſedienſt, im Ueberſeepaſſagierverkehr im
Anſchluß an die Ankunfts= und Abfahrtszeiten der Schnelldamp=
fer
(Kuxhaven und Borkum). Die Schweiz benutzt vor allem
Waſſerflugzeuge und Flugboote, u. a. das Dornierſche Verkehrs=
boot
für ſieben Perſonen. Hier gehen die meiſten Verkehrslinien
ven Zürich aus, die Linie nach Konſtanz hat Anſchluß nach
Stuttgart, die nach München mit Sablatnig=Flugzeugen nach
Norddeutſchland: die Strecke Zürich-Lugano wird in 1 Stunde
durchflogen, während die Bahnfahrt einen halben Tag dauert.
Holland hat wie Belgien keine leiſtungsfähige eigene Flug=
zeuginduſtrie
, doch werden jetzt Fokker=Flugzeuge dort gebaut.
Für den internationalen Luftverkehr iſt Holland von großer Be=
deutung
, führen doch täglich Linien nach Hamburg, Brüſſel,
Paris und London, und auf der Strecke Amſterdam-Hamburg
fliegen regelmäßig Fokker=Verkehrseindecker. Italien beſitzt ein
Rieſenwaſſerflugzeug von Caproſſi mit acht Motoren zu je 400
Pferdeſtärken, 33 Meter Spannweite und neun Tragflächen von
zuſammen 715 Meter. Sie ſind an einem 24 Meter langen
Schiffskörper angebracht, der 100 Perſonen aufnehmen kann.
Das italieniſche Verkehrsſchiff Roma faßt 34000 Kubikmeter
Gas, iſt 125 Meter lang, hat etwa 18 000 Kilo Nutzlaſt bzlv. Platz
für 80 Fahrgäſte; ſeine ſechs Motoren zu 480 PS entwickeln 2880
Pferdeſtärken und geben dem Schiff eine Stundengeſchwindigkeit
von zirka 125 Kilometer.
Im franzöſiſchen Luftverkehr iſt die Hauptverkehrslinie von
Paris nach London 350 Klm. lang und iſt zeitweiſe täglich mit
vier Flugzeugen bedeckt. Andere Poſtlinien führen von Paris
nach Brüſſel und Straßburg, von Bordeaux nach Nizza. Von
England iſt der Flugverkehr über den Kanal nach dem Feſtland
ſehr bedeutend und befördert im Sommer wöchentlich 300500
Reiſende, während der Flugverkehr in England ſelbſt gering iſt.
Hier ſind die Entfernungen zu klein und die Nebel zu häufig.
England baut Flugzeuge für ſeine überſeeiſchen Intereſſen und
Kolonien, hat in Indien verſchiedene Luftlinien eingerichtet,
führt eine Linie von Kairo durch die Arabiſche Wüſte nach
Bagdad.
Der Luftverkehr in Amerika iſt am ſtärkſten entwickelt, wur=
den
doch innerhalb 3 Jahren 40 Millionen Klm. zurückgelegt,
80 Millionen Brieffachen, 90 000 Kilo Laſten und über 800000
Fluggäſte befördert. Tägliche Luftpoſt verkehrt ſeit 1919 auf der
Strecke Neu=York-Waſhington. Junker=Flugzeuge befördern
auch hier große Poſtmengen, die ſonſt nur die zweimotorigen
de Havilard=Großflugzeuge tragen können. Eine zweite Luft=
linie
iſt Neu=YorkChikago, bis Omaha oder St. Louis ver=
längert
. Die 5680 Klm. lange Transkontinent=Luftlinie geht nach
St. Franzisko über Bergkämme bis zu 4200 Meter Höhe und
überwindet Oſtwinde bis zu 30 Meter/Sekunde.
Bewährt hat ſich die tägliche Luftpoſt zwiſchen Feſtland
Kuba. Kanada beſitzt 16 Flughäfen, ſie beförderten im Sommer
1920 zirka 15 000 Fluggäſte in 6500 Stunden. Auch Kolumbien
beſitzt jetzt Flugzeugverkehr, die Sociedad Colombo=Alemana
de Transportes Aeros befördert Briefe und Telegramme uſw.
von Barranquilla nach Bogotta, wo 1920 das erſte Flugzeug mit
drei Inſaſſen erſchien.

Mannigfaltiges

C.K. Edle Flieger=Retter. Der wegen ſeines Blutdurſtes
bekannte Stamm der Pathan an der indiſchen Nordweſtgrenze,
der den Engländern ſchon viel zu ſchaffen gemacht hat, gab kürz=
lich
einen Beweis edler Geſinnung, indem Mitglieder des
Stammes ein Flugzeug retteten, das nicht weit von Wana zu
einer Notlandung gezwungen wurde. Flieger und Beobachter
wurden wohlbehalten nach der britiſchen Station zurückgeleitet.
Ueber die eigentlichen Gründe aber klärte die Engländer eine
Unterhaltung zweier Mullahs auf, die erörterten, ob ſie die Ge=
fangenen
töten oder lieber die hohe Belohnung, die auf die Ret=
tung
von Fliegern ausgeſetzt iſt, ſich erwerben ſollten. Der Ge=
danke
an die Belohnung ſiegte, aber vorher nahmen die Mullahs
den Flieger beiſeite, zeigten ihm ein Dorf, mit dem ſie in Feind=
ſchaft
leben, und nahmen ihm das Verſprechen ab, daß er beim
nächſten Flug über dieſe Gegend eine tüchtige Bombe auf das
feindliche Dorf herabwerfen ſolle.

Uebrigens iſt in den älteren deutſchen Jagdliedern noch die Rede
von der Jagd auf Bären. Draſtiſch wird der brummende ſchwer=
fällige
Geſell in einem Jägerlied aus dem Jahre 1474 vom Jäger
geſtellt:

Was hör ich. brummen?
So viel ich vernummen,
Es hauet
Und ſchauet
Der Bär aus dem Wald.
Ich ſcheue kein Brummen,
Wirſt mir nicht entkummen.

Dein Leben
Aufgeben
Wirſt müſſen gar bald.
Seht nun wie er hauet,
Wie grimmig aufſchauet:
Puff knallet,
Erſchallet,
Der wilde Bär fallet.
Und in einem anderen Liede heißt es gar:
Löwen, Bären, Pantherthier,
Wilde Schwein und Tigerthier,
Sind nicht frei
Vor dem Blei
Der edlen Jägerei.

Eine beſondere Art des Jägerliedes bildet das Liebes=
lied
des Jägers. Auch dieſes beginnt zumeiſt mit einer fri=
ſchen
munteren Schilderung der Jägerei, eines Jagdaufbruches,
eines einſamen Rittes durch den Wald, dann aber findet, der
Jäger auf grüner Heide eine friſche Geſellſchaft von Knaben und
Mägdlein:

Es ritt ein Jäger wohlgemuth
Wohl in der Morgenſtunde
Wollt jagen in dem grünen Wald
Mit ſeinem Roß und Hunde.
Und als er kam auf grüner Haid,
Fand er ſeines Herzens Luſt und Freud.
Im Maien am Reihen
Sich freuen alle Knaben und Mägdelein.

Der Kuckuck ſcherzt, der Aurhahn pfalzt,
Dazu die Turteltauben,
Da fing des Jägers Rößlein an
Zu ſchnarchen und zu ſchnauben.
Der Jäger dacht in ſeinem Muth:
Das Jagen, das wird werden gut.
Im Maien am Reihen
Sich freuen alle Knaben und Mägdelein.

[ ][  ]

Nummer 40

Rätſelvolle Frauen der Vergangenheit.

Es gibt in der Weltgeſchichte noch heute ſo manch von kei=
nem
Licht der Aufllärung erfülltes, noch durchleuchtetes Winkel=
chen
, in dem das Geheimnis die Herrſchaft hat. Auch manche
Frauengeſtalten werden durch den Zauber des Geheimniſſes bis
heute in ſolches magiſche Halbdunkel getaucht, und ihre Erſchei=
nungen
bilden daher beliebte Gegenſtände der Sage und Dichtung.
Am bekannteſten unter dieſen geheimnisvollen Frauengeſtal=
ken
iſt wohl das ſogenannte Rätſel von Hildburghauſen, das
den Mittelpunkt eines Romans von Brachvogel bildet und auch
von anderen Schriftſtellern verwertet wurde. Die meiſten der=
ſelben
halten jene Frau für eine Tochter des enthaupteten,
Königs Ludwig XVI. von Frankreich. In der erſten Hälfte des
19. Jahrhunderts lebte ſie in verſchiedenen Städden Süddeutſch=
lands
, plötzlich auftauchend und verſchwindend, ſobald die Neu=
gier
ſich ihr zu ſehr zu nahen drohte, in Begleitung eines fran=
zöſiſchen
Edelmannes, der ihr Beſchützer und zugleich ihr Wäch=
ter
war. Sie nannte ſich Sophie Botta, ging ſtets mit verſchleier=
tem
Anulitz und hätte einen einzigen alten Diener. Zuletzt lebte
ſie im thüringiſchen Städtchen Hildburghauſen, wo ſie auch be=
graben
liegt. Ihr Grabſtein, ſowie der Vermerk im Kirchenbuch
nennt ſie Sophie Botta. Die wenigen, die für flüchtige Augen=
blicke
ihr Antlitz zu ſehen bekamen, behaupteten, eine auffallende
Aehnlichkeit mit den Gliedern des Bourbonengeſchlechtes an ihr
bemerkt zu haben.
Ungelöſt geblieben iſt bis heute auch das Rätſel, das La
Freule (das Fräulein) umgab, welches um 1768 auftrat und
behauptete, eine natürliche Tochter des Kaiſers Franz von Oeſter=
reich
zu ſein. Von ihrer Jugend erzählte ſie eine romanhafte Ge=
ſchichte
, nach der ſie in einem Landhaus in Böhmen aufgewachſen
wäre unter der Obhut einer jüngeren und einer älteren Frau,
von einem Jeſuitenpater zuweilen beſucht und zweiwal von
einem Herrn im Jagdkoſtüm, der ſehr freundlich zu ihr geweſen
wäre, ſich einen Offizier genannt und ihr zwei Porträts ſowie
einen Beutel Dukaten geſchenkt habe. 16 Jahre alt, erfuhr ſie
von jenem Geiſtlichen, ihr Beſchützer ſei tot, und man brachte ſie
über Hamburg zu Schiff nach Bordeaux in das Penſionat der
Madame Guillamont, welche alle ihre anderen Penſionärinnen
entlaſſen mußte und welcher man ſie als Felizie Julie von
Schönau vorſtellte. Von hier aus erhielt der Köwig Karl VII.
von Spanien die Nachricht, daß eine Tochter von Franz lebe,
und benachrichtigte Joſef II. Der öſterreichiſche Miniſter Graf
Cobenzl erhielt den Auftrag, die Dame nach Brüſſel zu bringen
und zu vernehmen. Die beiden oben erwähnten Porträts, die
den Kaiſer Franz darſtellten und mit denen La Freule Aehn=
lichkeit
hatte, wollte Letztere als Beweiſe ihrer Abſtammung gel=
ten
laſſen. Verhöve, Verhaftungen, Gefangenſchaft auf verſchie=
denen
Feſtungen waren die einzigen Erfolge. Aufgeklärt ward
die Soche nie, und nachdem der Miniſter Graf Cobenzl geſtor=
ben
war, verſchwand das Fräulein von Schönau. Niemand weiß,
was aus ihm geworden.
Beſonders intereſſant iſt die Geſchichte des Mädchens von
Metz der falſchen Jeanne dAre. Der Dekan Theobald in Metz
berichtet in ſeiner Chronik, wie fünf Jahre nach dem Verbren=
nungstode
der Jungfrau von Orleans ein Mädchen auftrat, das
ſich Claude nannte und vorgab, die durch ein Wunder vom Feuer=
tode
errettete Jungfrau von Orbeans zu ſein. Sie trat in Beglei=
tung
der wirklichen Brüder Johannas auf und war im Reiten
und allen Waffenkünſten erfahren, beſaß auch Aehnlichkeit mit
jener. Weil das Volk auf ihre Taten hoffte, fand ſie einen Kreis
Anhänger, ward mit Geſchenken und Ehren überſchüttet, beſon=
ders
in Köln, und die Bürger von Onleans empfingen ihre
Boten freundlich und ſandten ihr Geſchenke und Geld. Im Ge=
genſatz
zu der keuſchen und beſcheidenen Johanna trat die Dop=
pelgängerin
aber ſehr anſpruchsvoll auf und führte ein aus=
ſchweifendes
Leben, heiratete auch einen Ritter von Armoiſen.
Selbſt auf den Kriegsſchauplatz wagte ſie ſich, da der König, ſehr
erfreut, ihr ein Kommando gab, und ſie gewann auch eine
Schlacht. 1440 fand eine perſönliche Begegnung des Königs mit
ihr ſtatt und dabei ſcheint der Betrug aufgedeckt worden zu ſein.
Denn ſie verſchwand und ſoll ſchließlich im Elend umgekommen
ſein. Wer die falſche Pucell geweſen vielleicht eine jüngere
Schweſter Johannas, die von der eigenen Familie zu dem Betrug
angeſtiftet worden iſt , iſt nie herausgekommen. F. Gebhardt.
Wenn Frauen haſſen . . Daß die Frauen das zarte
und das ſchwache Geſchlecht ſind, iſt eine Anſicht der Männer, die
ja leider nicht immer ſtimmt. In vielen Dingen iſt der Mann
ſehr viel ſchwächer als die Frau, ſo z. B. auch im Haß. Wenig=
ſtens
behauptet dies Lydia Haig in einem engliſchen Blatt:
Frauenhaß iſt eine gewaltige Kraft in der Weltgeſchichte. Reiche
ſind dadurch zerſtört, Schickſale von Völkern beſtimmt worden.
Die Ziviliſation hat den Ausdruck dieſes Haſſes gemildert, aber
ſeine Stärke nicht verringert. In den Kriegen von heute mögen
Feinde im Feld beſiegt werden, aber Feindinnen in unſerem
Heim werden es nie. Zwar tragen ſie offen keine Waffen, aber
im geheimen legen ſie ſie nie nieder. Vollkommene Verſöhnung
iſt einer Frau faſt unmöglich. Sie behält immer ein Gefühl der
Oder aber der Jäger findet in dem grünen Laubrevier die
Geliebte ſelbſt oder ein fremdes Mägdelein, um deſſen Liebe er
wirbt. Das Mägdelein wird ihm dann das zu erjagende Wild.
Dieſe Motive kehren in Abwandlung und mit anderen allge=
meinen
Motiven des Liebes=Volksliedes z. B. dem Ringmotiv
(Was zog er von den Händen ſein, gab ihr ein rot Goldringelein)
häufig in dieſen Liedern wieder. Aber nicht immer glücklich en=
den
dieſe Liebeslieder. Sie beginnen mit Juchheiraſſa und die
letzten Verſe klingen aus mit der ſchwermütigen Weiſe von den
Drei Lilien, drei Lilien, die pflanzt er auf ihr Grab. Und oft
endet die wilde Jägerliebe wie eine ſchaurige Ballade.
Der Reiter, der Reiter
Zog aus ſein blankes Schwert,
Und ſtach den wilden Jägersmann
Wohl nieder zu der Erd’,
Mit Juchheiraſſaſſa!
Aber war nicht auch in dem alten Liede vom Jäger aus
Kurpfalz die Rede von Liebe und Liebesluſt? Und wieder ſummt
uns die ſchöne kräftige Weiſe zärtlich und verträumt ins Ohr und
ins Herz:
Hubertus auf der Jagd
Der ſchoß ein Hirſchlein und ein Has,
Er traf ein Mädchen an
Und das von achtzehn Jahr.
Ju ja, ju ja.
Gar luſtig iſt die Jägerei
Allhier auf grüner Haid,
Allhier auf grüner Haid!
Dr. Hans Benzmann.

Von Erich Bockemühl.
(Das Bild einer jungen Liebe.)
Süß wie Flötenlied in Abend geklungen aus Sehnſucht
und Traum. Und wie ein Duft und feiner Geſchmack wie einer
fremden rankenden Pflanze mit braun=violetten Blüten und roten
Beeren . . . Etwa Vanille ſo ſüß und mild betäubend: Lydia
Träume einer Jugend, Sonne eines leuchtenden Tages".
O, es ſind Burgen am Rhein im Lande Sehnſuchtstraum, Felſen,
aus des Tales Tiefe mit Weinlaub umrankt, verrankt bis über
der Bergfriede Kuppeln und weiße Mädchen im Sonnenblitz

Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung

Jahrgang 1923

Abneigung zurück. Wenn ſie ſich einmal im Geiſt von jemanden
losgeſagt hat, wird ſie nie wieder ganz zu ihm zurückkehren. Sie
weiß dieſe Empfindung vielleicht ihr Leben lang zu verbergen,
aber ſie iſt in ihr vorhanden. Sie reicht Dir ihre Hand, ja ſogar
ihre Lippen, aber mit dem Herzen iſt ſie niemals dabei. Scharfe
Beobachter werden herausſpüren, ob eine Frau haßt. Der Haß
mag in einem raſchen Blick liegen, im Aufglimmen eines Fun=
kens
in den Augen, der ſofort wieder erliſcht, in einer momen=
tanen
Bewegung der Mundwinkel und der Schultern. Wie ſehr
ſie ſich auch in der Gewalt hat, die Vergangenheit wirft einen
Schatten, der nie verſchwindet. Bei Männern kommt es vor, daß
ſie einander um ſo lieber gewinnen, nachdem ſie ſich bekämpft
haben; bei Frauen iſt das nie der Fall. Der Haß der Frau wur=
zelt
oſt tief im Unbewußten, iſt unerklärlich und unergründlich
wie ihre Seele. Will man ihr klarmachen, daß kein Grund zur
Abneigung vörliegt, ſo gibt man ihr damit den beſten Grund für
ihren Widerwillen. Sie iſt unlogiſch in ihrer Liebe; warum ſollte
ſie logiſch ſein in ihrem Haß? Ich haſſe ihn nun einmal ſagt
die Frau. Keine Macht der Welt kann dieſes Gefühl, in mir
auslöſchen.
Der zeitgemäße Haushalt.
Chemiſche Reinigung von Polſtermöbeln im
Hauſe. Bekanntlich verleiht der tadelloſe Bezug der Polſter=
möbel
dem ganzen Wohnraume ein gepflegtes Ausſehen. Meiſt
zeigt er aber die Spuren langen Gebrauchs, iſt durch Schmutz,
Ruß und Staub dunkel und unanſehnlich, oder durch Anlegen
des Kopfes fleckig geworden. In dieſen Fällen iſt alſo gründ=
liche
Reinigung geboten, die ſehr leicht ohne Abtrennen des
Bezugs auch im Hauſe vorgenommen werden kann. Unbedingt
notwendig iſt freilich gründliches Klopfen und Bürſten, um vor=
her
allen Staub reſtlos zu entfernen. Nun bereitet man ſich
aus zwei Liter warmen Waſſers und zwei flach gehäufelten =
löffeln
Quedlin (Drogerie) durch ſcharfes Quirlen ein ſchaumi=
ges
Reinigungswaſſer und bürſtet den Bezug ſtrichweiſe und
gleichmäßig grundlich damit ein. Nach etwa einer halben Stunde
hat ſich der Schmutz gelöſt und wird nun durch Ueberreiben mit
in kaltem klaren Waſſer eingetauchten Leinentüchern unter öfte=
rem
Erneuern des Waſſers entfernt. Zum Schluß wird Samt
oder Plüſch nach einer Richtung gebürſtet, damit keine Druck=
ſtellen
entſtehen, oder mit den Borſten einer Kleiderbürſte ge=
klopft
und ein vollſtändig erneuertes farbenfriſches Ausſehen
des Bezuges lohnt nach dem Trocknen derſelben im ſtaubfreien
Raume die gehabte Mühe reichlich.
I.
Spielkarten ſelbſt zu reinigen. Die nach länge=
rem
Gebrauch ſchmutzig gewordenen Spielkarten ſollten aus
hygieniſchen Gründen von Zeit zu Zeit einmal gereinigt wer=
den
, ſelbſt wenn man ſich nicht um ihr ſchmutziges Ausſehen
kümmern wollte. Man nimmt dazu eine Miſchung von einem
Viertelliter Waſſer und zwei Eßlöffel Salmiakgeiſt, reibt ſie mit
weichem Schwämmchen oder Leinenläppchen ſtrichweiſe ſauber und
ſofort jedes einzelne Stück nach dieſer Behandlung mit weichem
alten Leinen trocken, um ſchließlich das ganze Kartenſpiel mit Fla=
nelläppchen
und Talkum von beiden Seiten wieder zu glätten. H.
Kerzen reſtlos aufzubrauchen. Selbſt die klein=
ſten
Lichtſtümpfchen ſind vollſtändig aufzubrauchen, wenn man
für den Leuchter einen genau hinein paſſenden Kork beſchafft,
dieſen von unten nach oben mit einem feinen Nagel durchſticht,
auf deſſen Spitze man die Kerze von oben her mit der Docht=
ſtelle
aufſpießt.
M.

Schach

nun.

Nummer 21

Humor beim Wohnungsamt.
Aus den Briefen an das Wohnungsamt einer rheiniſchen
Stadt hat ein Beamter folgende Stilblüten geſammelt: 1. An
einer ordentlichen Schlafgelegenheit iſt ganz ausgeſchloſſen, denn
einer muß auf den Fußboden ſich legen, ſowohl von ſittlicher
ſowie von geſundheitlichem Stand tief gefährlich . . . . . Unter
oben genannten Verhältniſſen iſt ein Familienleben tief bedauer=
lich
. 2. Dieſes Zimmer iſt nicht nur geſundheitsſchädlich, ſon=
dern
es untergräbt auch die gute Sitte meines achtjährigen
Jungen. 3. Ich bin ſeit 5 Monaten verheiratet, und meine
Frau iſt in anderen Umſtänden, ich frage hiermit das Wohnungs=
amt
: Muß das ſo ſein? 4. Ich und meine Frau ſind zuſammen
12 Perſonen. 5. Bei dem großen Klamau in der . . . ſtraße
wurde mir mein Zimmer mitgenommen. 6. Daraufhin habe
ich mit meinem Zimmer umgekramt, da es alle Augenblicke durch
die zwei andern durchlief. 7. Ich werde den Schnupfen nebſt
meiner Frau nicht mehr los. 8. Dieſe Wohnung iſt 1. geſund=
heitswiderlich
und 2. wegen dieſer Haushaltung auch ſittlich
nicht maßgebend. 9. Selbiger Herr bewohnt in Köln
zwei Zimmer mit Frau und kann ſelbige freigeben.
10. Der Abort in dieſem Hauſe iſt baufällig, wenn
ich mir auf ihn ſetze, bin ich in Lebensgefahr gebunden.
11. Hier kann ich nicht länger bleiben, in dieſer Wohnung bin ich
andauernd der Sittlichkeit ausgeſetzt. 12. Ich habe eine Toch=
ter
und 2 Söhne und ſind alle ſo beſchränkt, daß wir nur 2
Betten aufſtellen können. In dem einen ſchlafen die Jungens,
in dem andern ich mit meiner fünfjährigen Tochter, was allein
ſchon gegen das Zuchthaus iſt. 13. Ich habe den Rheumatis=
mus
und ein Kind von 4 Jahren. Dies iſt auf die Feuchtigkeit
zurückzuführen.

Aufgabe 41
J. Graham Campbell,
(London Journey 1862).
h
b d

3....."
4. Sg1f3
5. Sb1d2
6. Lf1-e2
7. 00

8. c4c5. Ein

Sg816
Lc815
e7e6
5b8d7
Lf8d6
Zug von frag=

ichem Wert. Zwar wird der ſchwarze
Damenflügel eingeengt, gleichzeitig
aber die Spannung im Zentrum
aufgehoben, und Schwarz erhält
gute Angriffsausſichten auf dem
Königsflügel.

9. b2b4
10. Lc1b2
11. Sd2 Xe4
12. Sf3d2
13. f2f4
14. Lb2c3
15. Sd2Xe4
16. Dd1a4
17. Da4b3

Ld6c7
00
Sf6-e4
Lf5Xe4
Le4g
Sd7f6
Sf6e4
Lg6Xe4
a7a6
g7g5!

Der

chwarze Angriff auf die entblößte

Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schri
ſleitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift Schad

Verantwortlich: Max Streeſe.

der Morgenzinnen winkend ins Tal, da die Muſikanten ſpielend
ziehen, daß die Lieder wehen in den Traum Und aus alter
Dome Wölbung dröhnen Glocken, golden ſchwer hinüber und
hinauf, und der Strom aus dem grünen, grauen Tor der
Ferne wallt er breit durchs Tal. Lydia biſt du die Sonne,
die ſich nun wie lächelnd hebt, ſtrahlend wie mit goldnem Sträh=
nenhaar
hinter grüner Laubverwirrung her ins klare Blaue?
Oder iſt fern der Kahn mit weißem Segel, darin du leiſe fahrend
die goldne Krone deines Haares trägſt durchs Morgenlicht? ...
Wieviel Bilder ich malen könnte, alle nur wie eine Umkränzung
um dein Bild .. denn du biſt das Wandeln im Frühling, wenn
die Veilchen blühen und die Welt in Knoſpenwundern träumt. . .
Sonnenſchein war dein Lächeln, leuchtend in Weidenzweigen,
wenn die Kätzchen gelb und duftend überſummt von Bienen ſind.
Wie ich dich malen könnte: Dein goldnes Haar in langer Flechte
herniederhängend, deiner Augen blaue Tiefe, deiner Naſenflügel
leiſe Regbarkeit und deines Mundes Blüte
Bilder: Es war ein Sommertag und Feſt mit Chorgeſängen
und mit Symphonien Begeiſterung rauſchte in den tauſend
Herzen, und Freude wimpelte in blauen Sommerlüften . . . Lydia,
da trug ich dich wie eine heilige Blume durch den Tag . .. da
ſang ich dich wie eine heilige Liebe in tiefſter Seele . . . O, die
Trompeten ſchmetterten dein Lied, mein Glück, und die Geigen
und die Flöten ſangen deiner Seele Süße . . . Es wimpelte dein
Name in den Lüften ...
O Bilder Bilder und ein ſchönſtes Bild: Du
gingſt im weißen Kleide wie Kind an meiner Hand, ich ging wie
ein Kind an deiner Hand geführt in Abend, da rauſchte von den
Bergen mild die Nacht, und große Stille ſenkte ſich um unſerer
Seele Licht und ſeliges Schreiten.
Bilder wie ich wanderte durch graues Feld. Die Stun=
den
zu warten . . . O die ſüße Wehmut, Sehnſucht . . . o der
Sehnſucht ſüßes Wehmutsglück; Herbſtes weite graue Nebel=
breite
, dumpfer Himmelswölbung: Süßer Melancholie, verträum=
ter
Sehnſucht Leid und ſüßes Glück.
Und ich fuhr die Tage nun hinab am breiten Strom durch
Blütenwälder des Frühlings: und jenſeits war des Waldes Stille
immer noch und noch dein lichtes Bild, im letzten Wiederken=
nen
in braunen Träumen, ich fuhr die Tage nun hinab und
dachte dies: daß wir zuſammen führen und uns lächelnd ſagen
von unſerer Liebe junger Zeit ... Ich würde, dein Bild der
Schönheit ſingen . . . denn du hatteſt gelbes Haar, goldnes Haar

im Sonnenſchein des Sommertages . . Und du warſt die Jun
frau, o, meine Seele kniete vor deiner Heiligkeit . . . Du wa
mein Beten und warſt meine Religion in ſtillen Tagen der U
ſcheinbarkeit und Weltabwendigkeit, im ſtillen Innenglück d
Frühlingslächelns meiner aufgewachten Seele ..

Wir würden die Stunden verplaudern . . . Zu Seiten wär
die Rebenberge und Burgen des Traums rauſchten
Wälder hinab in die Täler: einer Jünglingsſehnſucht Schönh
Melancholie und liebliche Romantik . o wir würden läche
unſerer jungen Zeit, unſerer Frühlingszeit, da unſere Herz
zwitſcherten wie junge Vögel in den Frühlingswäldern, in d
weißen Kirſchenblühten, wenn in breiten Wieſen gelbe Blüt
blühen.
Unſerer Frühlingszeit der Kuckuck ruft, die Lerch
ſingen über Feld . . . o aller Sehnſucht ſüß ſind dieſe Tage, dar
wir lächeln ſtill in reifer Zeit der Seelen: Es war ein Trau
im Blütenlicht verrauſcht . . . aus weißen Nebeln, lichtdurchſch
nen, ging die Sonne auf . . ."

Und iſt nun Abend . . . ſind die Abende, iſt in Abenden ne
flötendunkel, ſchillernd blau und grün dein Lied ſo ſüß: Lydi
dein Lied wie Droſſelflöten . . . Liebliche . . . o, in den grün
Tälern, in den Gärten, Wäldern iſt dann Frühlingsnacht.

Licht in der Nacht.

Es kam über die Dünen ein Licht gegangen;
Seinen Glanz hat irgendeine eingefangen
Und hat in die Kammer ihn mitgenommen.

Und der das Licht über die Dünen getragen,
Er ſah in der Kammer den Morgen tagen
Ihr war ſo ſchwer und der Atem benommen.

Er trank ihren Jubel von Bruſt und Wangen;
Dann iſt er im Frührot davongegangen.
Ihr war ſo ſchwer und der Atem beklommen.

Den Glanz hält ſie irgendwo eingefangen.

Es war über die Dünen ein Licht gegangen..
Walter Georgi=

Weiß zieht und ſetzt in drei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Kd8 Dg3 Tel Ld7 14 Se6 h7 Bc2 (8);
Schwarz: Kd5 Ld4 Saß c3 Bc4 c5 d6 15 16 g4 (10);3+.
Ein altes ſchwieriges wertvolles Stück. Der Grundgedanke iſtoft, al
unſeres Wiſſens nie mehr in ſo ſcharfer Ausprägung dargeſtellt worde
Aufgabe 42
Kurt Laue in Halle a. S.
(1. und 2. Preis geteilt im Aufgabenwettbewerb des Bahriſchen
Schachbunds 1923).
Weiß: Kb6 Dc2 Td1 e8 Lh1 Sd6 17 (7);
Schwarz: Kd5 Dh3 Tf3 g4 La1 d7 Se4 Ba4 b5 d4 e6h4 (12
Matt in zwei Zügen.
Briefkaſten. W. B. In 35 kann Schwarz auf 1. a2a
z. B. g5g4, 2. e3e4 (wie Sie fortſetzen) TXD ziehen, aber ar
einfach 1. a3 2,e4 Kd4 3 wie matt? (3. Da4+Ke3). W. e
In 29 wird 1. Kb7? durch Sb3c5++l widerlegt, in 38 kann W
nach 1. Kg8? oder Kh7? nur matt ſetzen, wenn Schwarz mit ein
ſchlechten S=Zug antwortet.
Partie 2.
Geſpielt in der drttten Runde des Frankfurter Meiſterturniers,
1. Auguſt 1923.
Abgelehntes Damengambit. feindliche Königſtellung kann du
Schwarz das weiße Gegenſpiel auf der ande
Weiß
Becker=Wien Krüger=Hamburg Bretthälfte nicht aufgehalten werk
18. a2a4 Kg8h8
1. d2d4 d7d5
2. 62c4 e7c6 Dieſe Ver= 19. Tf1f2 Weiß muß an V
teidigung, von Aljechin bevorzugt, teidigung denken,
g5X(4
gewinnt neben dem früher faſt allein 19. ...
üblichen 2. .. . . es neuerdings an 20. e3X14 Dd8h4
21. Lc3d2 Tf8g8
Beliebtheit.
3. e2e3 denn Schwarz droht 22. Ta1a37 Le4 Xg2!
jetzt, nachdem ſchon 2. .. . c6 ge= ſchönes Opfer.
geſchehen iſt, gelegentlich das Gambit 23. Tf2Xg2 Tg8 Xg2+
anzunehmen und den B mit Erfolg / 24. Kg1 Xg2 Ta8g8+
25. Db3g3. Auf 25. Kh1
durch b7b5 zu verteidigen,

winnt 25. . . . Df2 ſofort; am beſ
war noch 25. Kf1, darauf ka

folgen 25. .. . . Dh2 T 26. Ke
(26. Le3? Dh1 + uſw., 26. De
Lf4:! uſw.) Lf4 : 27. Lf4: Df
mit den Drohungen 28. . . . . Dc1
und Tg1 +,
25. ..
Lc7Xf4
26. Dg3Xg8 + Kh8Xg8
27. Ta3h3 Dh4Xh3+I
Der ſchnellſte Weg.
28. Kg2 Xh3 Lf4Xd2
Die ungleichen Läufer helfen de
WeBen nichts mehr, denn Schwe
gewinnt mindeſtens noch einen B.
Weiß gab auf
Eine von Meiſter Krüger ſchnei!
geſpielte Partie, eine der ſchwur
vollſten des Frankfurter Turnie
(Partie und Anmerkungen ne
der von Dr. A. Seitz geleitet
Schachzeitung der Augsburg
Neueſten Nachrichten).