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9
Morgenzeltang ver Lanveshaupfntadt
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Nummer 274
Donnerstag, den 4. Oktober 1923
186. Jahrgang
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Die große Koalition geſcheitert. — Ablehnung aller Vermittlungsvorſchläge durch die
Sozial=
demokratie. — Austritt der Sozialdemokraten aus der Reichsregierung. — Demiſſion des
Reichs=
kabinetts. — Dr. Streſemann vom Reichspräfidenten mit der Neubildung des Kabineits betraut.
Berlin, 3. Okt. Die ſozialdemokratiſche Fraktion hat mit
61 gegen 54 Stimmen beſchloſſen, alle Vermittlungsvorſchläge
abzulehnen. Die ſozialdemokratiſchen Miniſter haben ſich zu Dr.
Streſemann begeben, um ihm über das Ergebnis ihrer
Fraktions=
ſitzung Mitteilung zu machen. Damit iſt nach Auffaſſung der
par=
lamentariſchen Kreiſe die Kabinettskriſe akut geworden. Um 10
Uhr iſt das Kabinett zu einer Sitzung zuſammengetreten.
Berlin, 3. Okt. Die Kabinettsſitzung iſt um ½12 Uhr
nachts zu Ende gegangen. Reichskanzler Streſemann begab ſich
dann ſofort zum Reichspräſidenten.
Berlin, 4. Okt. Der Herr Reichspräſident hat ſoeben,
12 Uhr, die Demiſſion des Reichskanzlers Streſemann
ange=
nommen.
Berlin, 4. Okt. Das geſamte Kabinett hat in ſeiner
geſtrigen Nachtſitzung beſchloſſen, zu demiſſionieren, und der
Herr Reichspräſident hat die Demiſſion des geſamten
Kabinetts Streſemann angenommen und Herrn
Dr. Streſemann mit der Neubildung des Kabinetts beauftragt.
Es iſt beabſichtigt, das Kabinett ſo raſch als möglich zu bilden
und dabei die Zahl der Kabinettsmitglieder, wenn irgend
mög=
lich, zu verringern, um auf dieſe Weiſe die kabinettsloſe Zeit auf
ein Mindeſtmaf abzukürzen und eine möglichſt reibungsloſe
Ar=
beit zu ermöglichen.
*
* Die große Koalition iſt geſcheitert. Gegen eine ſehr ſtarke
Minderheit hat die Sozialdemokratiſche Partei beſchloſſen, alle
Verſuche einer Verſtändigung abzulehnen. Doktrinarismus in
ſeiner kraſſeſten Form hat einen traurigen Sieg erfochten.
Nicht um die Sache ging es, ſondern um den Scheim. Die Furcht
vor Anhängerverluſt hat die berufenen Führer der deutſchen
Sozialdemokratie auch in dieſem Augenblick ſchwerſter innerer
Not nicht den Mut finden laſſen, aus der Erkenntnis der durch
die harten Tatſachen gegebenen Notwendigkeiten die allein
mög=
lichen Folgerungen zu ziehen. Die Geſchichte wird ihr Urteil
ſprechen über das völlige Verſagen jeden Verontwortungsgefühls.
Die Gegenwart wird mit um ſo größerer Energie an die
gigan=
tiſchen Aufgaben herantreten müſſen, die ihr geſtellt ſind. Herr
Dr. Streſemann hat die durch das Verſagen der
Sozialdemo=
kratie notwendig gewordene Neubildung des Kabinetts
über=
nommen. Es wird ſich jetzt zeigen müſſen, ob Herr Dr.
Streſe=
wann das Maß von Willen und Tatkraft beſitzt, welches das
deutſche Volk von ſeiner Führung in der Stunde tiefer
natio=
naler Not verlangen muß.
Der Perlauf der Kriſe.
Kabinettsrat.
Verlin, 3. Okt. (Wolff.) Das Reichskabinett trat
geſtern abend 9½ Uhr zu einer Sitzung zuſammen, um zu der
durch die Erklärungen der Fraktionen geſchaffenen Lage
Stel=
lung zu nehmen. Die Beratungen betrafen insbeſondere die
Frage der Mehrbelaſtung der Wirtſchaft, die das
Kabinett auf Grund des Ermächtigungsgeſetzes durchzuführen
gedenkt. Die ſozialdemokratiſchen Kabinettsmitglieder werden
über die getroffenen Vereinbarungen ihrer Fraktion Bericht
er=
ſtatten, die ihrerſeits ihre Stellungnahme bis heute mittag dem
Reichskanzler zur Kenntnis bringen wird.
Die Lage am Mittag.”
TU. Berlin, 3. Okt. Heute mittag um 1 Uhr ſtellt ſich
die Lage wie folgt: Es herrſcht Neigung für ein
Kom=
promiß, das mit der Beibehaltung der großen
Koalition, allerdings unter Wechſel einiger
Kabinettsmitglieder, und wit der Zuſtimmung zu
einer Erklärung enden dürfte, die dem Kabinett Streſemann die
gewünſchten weitgehenden Vollmachten bewilligt.
Nach wie vor ſind jedoch darüber Ueberraſchungen nicht
ausgeſchloſſen.
Um das Ermächtigungsgeſetz.
Berlin, 3. Okt. (Wolff.) Bis 2 Uhr blieb es
zweifel=
haft, ob der Reichstag heute noch im Plenum tagen wird.
Die Fraktionsſitzungen ziehen ſich bis in den Nachmittag hin.
Streſemann und der Staatsſekretär v. Rheinbaben
nahmen an der Sitzung der Deutſchen Volkspartei
teil. Dieſe Partei wird, wie verlautet, dem
Ermächtigungs=
geſetz zuſtimmen, wenngleich auch für ſie von
ausſchlag=
gebender Bedeutung iſt, welchen Perſonen die Durchführung
die=
ſes Geſetzes anvertraut wird. Die Sozialdemokraten
wollen ſich bekanntlich auf eine beſtimmte Formulierung einer
Abänderung des Achtſtundentages nicht
ein=
laſſen. Sie glauben, daß dieſe Frage allmählich von ſelbſt ſich
ausreifen werde. Auch wollen ſie ſich keinen Zwang in
der Perſonenfrage auferlegen laſſen. Im allgemeinen
wird angenommen, daß das Kabinett ſich halten werde.
Eberts Vermittlung.
U. Berlin, 3. Okt. Reichspräſident Ebert hat geſtern,
als die Kriſe ihren Höhepunkt erreicht hatte, mit verſchiedenen
Parlamentariern Rückſprache gehalten. Man
er=
zählt ſich, daß der Reichspräſident in dieſen Beſprechungen auf
ſeine Parteifreunde mäßigend einwirkte und auf die den
Sozial=
demokraten unliebſamen Folgen hinwies, die aus einem
Rücktritt des Kabinetts Streſemann entſtehen
müßten. Dieſem Eingreifen des Reichspräſidenten wird es
weſentlich zugeſchrieben, wenn die Kriſe für den Augenblick
be=
ſeitigt ſein ſollte. Under der Oberfläche wird ſie
ſelbſwerſtänd=
lich weiter beſtehen, da die Schwierigkeiten, die infolge der
Gegen=
ſätze zwiſchen den zur Koalition gehörenden Parteien vorhanden
ſind, doch über kurz oder lang zum Austrag kommen müſſen.
Die Frage der Arbeitszeit.
Berlin, 3. Okt. (Wolff.) Die „Germania” will
wiſſen, das Reichskabinett habe ſich in der Frage der Arbeitszeit
auf folgende Formel geeinigt, um deren Zuſtandekommen
ſich beſonders der Miniſter Brauns bemüht habe: Die
äußerſte Not unſeres Volkes in ſeinem ſchſeren Ringen um die
wirtſchaftliche und politiſche Exiſtenz zwingt uns vorläufig, in
der Urproduktion die Arbeitszeit auf
das=
jenige Maß zu ergänzen, das geſundheitlich
tragbar iſt. Insbeſondere iſt ſie im Bergbau unter
Tag auf acht Stunden einſchließlich Ein= und Ausfahrt
feſt=
zuſetzen. In den anderen lebenswichtigen
Be=
trieben muß die Möglichkeit zur
Ueberſchrei=
tung der achtſtündigen Arbeitszeit gegeben
werden. Für die öffentlichen Verwaltungen ſollen dieſe
Grundſätze ſinngemäß angewandt werden. Für gefährliche und
geſundheitsſchädliche Betriebe iſt der Achtſtundentag
beizu=
behalten.
Nach dem „Vorwärts” lehnte die
ſozialdemo=
kratiſche Reichstagsfraktion heute nach eingehenden
Verhandlungen die Ausdehnung des vom Reichskanzler
vorgeſchlagenen Ermächtigungsgeſetzes auf das
ſozialpolitiſche Gebiet ab. Sie konnte ſich mit der im
Reichstabinett gefundenen Formulierung für die vom Kanzler
in ſeiner programmatiſchen Erklärung vorgetragenen Abſichten
bezüglich des Arbeitszeitgeſetzes nicht einverſtanden erklärem. Sie
iſt jedoch bereit, in neue Verhandlungen über dieſe Frage mit
den Koalitionsparteien einzutreten.
Nach der „Kreuzzeitung” hat weder inverhalb der
Fraktionen und Organiſationen der Deutſchnationalen
Volks=
partei noch außerhalb derſelben ein Zweifel darüber beſtanden
noch beſtehen können, daß die Deutſchnationalen in eine
Regie=
rung mit den Sozialdemokraden nicht hineingehen.
Ein demokratiſcher Vermittlungsvorſchlag.
Berlin, 3. Okt. (Wolff.) Wie aus parlamentariſchen
Kreiſen verlautet, iſt die Plenarſitzung des Reichstages für heute
abgeſagt worden. Zurzeit, um 7 Uhr abends, findet eine
Kabi=
nettsſitzung ſtatt. Die Demokraten haben einen
Vermittlungs=
vorſchlag gemacht, dahingehend, das Arbeitszeitgeſetz gleichzeitig
mit dem Ermächtigungsgeſetz in Angriff zu nehmen, ſo daß die
Frage des Achtſtundentages im Ermächtigungsgeſetz nicht berührt
zu werden braucht. Die Sozialdemokraten wollen hierüber heute
Abend 8 Uhr beraten.
Die Entſchlüſſe der Sozialdemokratie.
Berlin, 3. Okt. (Wolff.) Heute nachmittag verbreitete ſich
in den Wandelgängen des Reichstages die Meinung, daß der
Verlauf der ſozialedmokratiſchen Fraktionsſitzung die Ausſichten
auf eine Löſung der Regierungskriſe verſtärkt habe. Es heißt,
die Sozialdemokraten lehnten es zunächſt ab, dem
Druck bezüglich der Perſonalfrage nachzugeben. Sie
hätten es aber den Kabinettsmitgliedern aus ihren
Reihen freigeſtellt, ſelbſt ihre Entſcheidung zu
treffen. In der Frage des Achtſtundentages ſcheinen
lediglich Differenzen formaler Art zu beſtehen, um deren
Beſei=
tigung man bemüht iſt.
Eine andere Lesart will von folgenden Entſchlüſſen der
So=
zialdemokraten wiſſen:
Die Sozialdemokratie iſt nach wie vor bereit, dem
Kabinett beſondere Vollmachten zuerteilen, die
ſich auf finanzielle Fragen beziehen.
In der Frage des Achtſtundentages iſt ſie „zu einem
gewiſſen Entgegenkommen bereit”.
In der bayeriſchen Frage „muß die Reichsautorität
vertreten werden”
Die Perſonenfragen ſcheinen vorläufig zurückgeſtellt
zu ſein. Wenigſtens iſt mit einem RücktrittHilferdings
im Augenblick nicht zu rechnen.
U. Berlin, 3. Okt. Wenige Minuten vor ½2 Uhr ging
die mit Spannung beobachtete Sitzung der ſozialdemokratiſchen
Reichstagsfraktion zu Ende. Entſcheidende Beſchlüſſe wurden,
wie man zuverläſſig erfährt, nicht gefaßt. Die Fraktion wird um
4 Uhr erneut zu einer Fraktionsſitzung zuſammentreten.
Inzwi=
ſchen werden die ſozialdemokratiſchen Parteiführer um 2 Uhr mit
Herrn Dr. Streſemann erneut Fühlung nehmen, um ihm ihre
Eindrücke über den Verlauf der Fraktionsſitzung von heute
mit=
tag zu übermitteln. Zuſammenfaſſend kann geſagt werden, daß
eine einheitliche Auffaſſung in der Fraktion nicht zum
Durch=
bruch kam. Vielmehr ſcheinen ſich die Aufaſſungen über den
Kom=
promißvorſchlag, dem ſich die Sozialdemokraten in der
Reichs=
regierung angeſchloſſen hatten, und ob er angenommen werden
könne oder nicht, ziemlich ſchroff gegenüberzuſtehen.
* Der Streitpunkt.
Einen ganzen Tag hat der Reichstag wieder an der Löſung
der innerpolitiſchen Kriſe herumgedoktert, ohne einen weſentlichen
Schritt vorwärts gekommen zu ſein. Fraktionsſitzungen,
Partei=
führerbeſprechungen, Unterhaltungen beim Reichskanzler,
Kom=
miſſionen und Unterkommiſſionen wechſelten in bunter Folge ab.
Immer wieder wurde ein neuer Ausweg vorgeſchlagen, ohne daß
man aber damit zum Ziele kam. Inzwiſchen hat der
parteipoli=
tiſche Kampf in der Preſſe auf der ganzen Linie eingeſetzt, und
auf ein höheres Kommando wurde von Links her die Deutſche
Volkspartei beſchuldigt, daß ſie durch ihre Taktik die Kriſe
veran=
laßt hätte. Da iſt es doch vielleicht an der Zeit, einmal den
Kern=
punkt, um den es ſich handelt, herauszuſchälen, damit klar
erſicht=
lich wird, daß es ſich nicht um Formalitäten oder Parteifragen,
ſondern um die befriedigende Löſung eines Konflikts handelt,
von dem das Schickſal des Reiches abhängig iſt. So iſt es auch
für eine große Partei keine Kleinigkeit, wenn ſie einen der
Mini=
ſter, die ſie ſelbſt geſtellt hat, öffentlich desavouiert und ſeine
Be=
ſeitigung verlangt. Das hat die Deutſche Volkspartei getan,
in=
dem ſie Herrn von Raumer preisgab. Sie wollte dabei zeigen,
daß es ihr bei ihrer Forderung nicht um Parteipolitik, nicht um
Perſonen, ſondern allein um die Sache ging.
Es kann von keiner Seite beſtritten werden, daß die
inner=
politiſchen Leiſtungen, die das Kabinett Streſemann bisher
auf=
zuweiſen hat, nur ſehr gering ſind, und daß ſie jedenfalls der
Zwangslage, in der wir uns befinden, in keiner Weiſe gerecht
werden. Es darf nicht mehr verhandelt, es muß
gehandelt werden. Sonſt rücken wir in das Chaos hinein,
das die Fraktion der Deutſchen Volkspartei richtig erkannt hat
und weshalb ſie verlangt, daß mit der Unentſchloſſenheit der
letzten Monate Schluß gemacht wird. Die Berechtigung der
ſach=
lichen Forderungen iſt doch kaum zu beſtreiten. Dr. Streſemann
hat in ſeiner Stuttgarter Rede von der Wehrpflicht des Beſitzes
und der Wehrpflicht der Arbeit geſprochen. Er hat pſychologiſch
auf die Maſſen Rückſicht genommen, indem er die Mehrleiſtung
des Beſitzes vorweg nahm. Heute hat aber der Beſitz ſo viel
ge=
leiſtet und gezahlt, daß er am Ende iſt. Selbſt der ſozialiſtiſche
Miniſter Hilferding mußte anerkennen, daß mehr, auch nur in
Form einer neuen Goldanleihe, aus dem Beſitz nicht
heraus=
zuholen iſt. Wenn heute große Werke ſchon vor der Tatſache
ſtehen, daß ſie nicht mehr in der Lage ſind, ihre Löhne zu
be=
zahlen, daß ſie aber auch keine Bankkredite mehr bekommen
kön=
nen, ſo iſt das zweite Los ein Beweis dafür, in wie hohem Maß
der Beſitz bei uns ausgepowert iſt. Nach der Richtung iſt alſo
alles geſchehen. Es iſt mehr geſchehen, als berechtigter Weiſe
ver=
langt werden konnte. Aber alle Opfer des Beſitzes ſind wertlos
und zwecklos, ſo lange ſie in das große Loch des Reichsdefizits
hineingeſchleudert und für unproduktive Arbeiten oder
Erwerbs=
loſenfürſorge verbraucht werden. Sie haben erſt dann einen
Sinn, wenn dadurch die Wirtſchaftsmaſchine wieder vernünftig
in Gang gebracht werden kann, ſo daß durch Steigerung der
Pro=
duktion und Erhöhung unſerer Ausfuhrmöglichkeiten nicht nur
das Gleichgewicht des Haushalts, ſondern das Gleichgewicht
un=
ſerer geſamten Wirtſchaft in Ein= und Ausfuhr hergeſtellt wird.
Nach der Richtung hin iſt aber bisher garnichts geſchehen. Herr
Dr. Hilferding hat geglaubt, das ganze Problem zwingen zu
kön=
nen mit finanztechniſchen Vorſchlägen, wie ſie in ſeiner
Wäh=
rungsreformvorlage enthalten ſind, ohne zu erkennen, daß er
damit beſten Falls ein neues Zahlungsmittel ſchaffen konnte, das
hinter der Papiermark herrutſchen müßte, ſo lange nicht der
Staatskredit gefeſtigt wird. Dieſe Feſtigung des Staatskredits
iſt aber nur zu erreichen durch Wiederherſtellung der
Arbeitsord=
nung, vornehmlich der alten Arbeitsordnung, damit die
finan=
zielle Leiſtungsfähigkeit der Betriebe nicht erſchöpft, ſondern zur
Schaffung von Mehrwert benutzt werden kann. Denkt man dieſe
Gedankengänge zu Ende, ſo kommt man immer mehr zu dem
Er=
gebnis, daß Deutſchland weniger verbrauchen und mehr
erzeu=
gen muß. Man wird alſo vernunftgemäß den Hebel bei der
Mehrerzeugung anſetzen müſſen. Das iſt aber unmöglich, ſolange
mit Hilfe der Demobilmachungskommiſſariate auf der einen Seite
die Betriebe gezwungen werden, ihre Arbeiter zu behalten, alſo
keine Entlaſſungen vorzunehmen, ſo daß ſie auch keine Erhöhung
der einzelnen Arbeitsleiſtungen erzielen können und ſolange auf
der anderen Seite der Achtſtundentag die Arbeitsluſt des
Arbeits=
willigen hemmt. Man braucht ſich ja nur das eine Beiſpiel zu
vergegenwärtigen, daß im unbeſetzten Deutſchland die
Kohlen=
prodnktion ſeit Januar auf faſt die Hälfte zurückgegangen iſt,
uin das ganze Elend zu begreifen; denn was könnte es für uns
wichtigeres geben, als uns von der engliſchen Kohle unabhängig
zu machen und unſeren Bedarf möglichſt aus der eigenen Kohle
zu decken, wenn es ſein müßte mit Ueberſchichten unbegrenzter
Dauer. Dadurch, daß wir nicht einmal ſoviel Kohle fördern wie
früher, hat ſich unſere Lage verſchlechtert. Indem wir nicht
hin=
reichend Kohle förderten, haben wir auch andere Induſtrien zum
Stillſtand gezwungen. Wird hier nicht Wandel geſchaffen, ſo iſt
jeder Verſuch zur Rettung nutzlos. Deshalb muß einmal
Klar=
heit gewonnen werden, ob die Sozialdemokratie gewillt iſt, über
ihr Programm hinweg die Forderungen anzuerkennen, oder ob
ſie, weil ſie den Grundſatz des Achtſtundentages nicht opfern will,
lieber die ganze deutſche Wirtſchaft und mit ihr die Arbeit
zu=
grunde gehen laſſen will. Darin liegt das Entſcheidende. Die
Sozialdemokraten ſind vernünftig genug, wenigſtens was ihre
Führer anlangt, einzuſehen, daß hier etwas geſchehen muß. Sie
wagen es aber nicht, nachdem ſie dreißig Jahre lang den
Acht=
ſtundentag propagiert haben, öffentlich einzugeſtehen, daß ſie
da=
mit mehr geſchadet als genutzt haben. Niemand denkt daran,
ſie aus der Regierung heraus zu drängen. Was gegen die
Deut=
ſche Volkspartei in dieſer Richtung geſagt wird, iſt falſch. Iſt die
Sozialdemokratie bereit, ihre Zuſtimmung zu Maßnahmen zu
geben, die bei der jetzigen Lage notwendig ſind, dann iſt es das
Gegebene, das allein mögliche Programm der Arbeit mit ihr
fortzuſetzen. Wenn ſie ſich dabei mit Rückſicht auf ihre Wähler
um die Entſcheidung herumdrückt, dann bleibt nichts anderes
übrig, daß ſie aus der Regierung ausſcheidet und es den
an=
deren Parteien überläßt, in vollem Bewußtſein der
Verantwor=
tung, die auf ihnen liegt, die Dinge zu regeln.
Seite 2
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 4. Oktober 1923.
Nummer 274.
Die Kabinettsbildung.
Ein Kabinett Streſemann.
* Berlin, 4. Okt. (Priv.=Tel.) Dr. Streſemann wird
im Laufe der Nacht die Bildung des Kabinetts bereits
vor=
nehmen. Das neue Kabinett wird nicht ein Kabinett der
Par=
teien, ſondern lediglich ein Kabinett Streſemann ſein. Es
er=
gibt ſich daraus, daß er in der Wahl ſeiner Mitarbeiter freie
Hand hat. Da die Sozialdemokraten die bisherige Regierung
geſtürzt haben, iſt von ihnen eine Unterſtützung des Kabinetts
Streſemann kaum zu erwarten. Da aber Dr. Streſemann
un=
bedingt an den Grundgedanken feſtgehalten hat, die er im
Er=
mächtigungsgeſetz niedergelegt hat, ſo ergibt ſich von ſelbſt, daß
er auch mit den Sozialdemokraten Verbindung ſucht, um ſich
eine Mehrheit im Reichstag zu ſichern.
Die Gründe für den Rücktritt des Kabinetts.
* Berlin, 4. Okt. (Priv.=Tel.) Die Gründe für den
Rücktritt des Kabinetts laſſen ſich folgendermaßen
zuſammen=
faſſen: Das Kabinett beabſichtigte, vom Parlament
außerordent=
liche Vollmachten auf wirtſchaftlichem, finanziellem und
ſozial=
politiſchem Gebiet zu verlangen, da die Schaffung einer neuen
Währung ohne ſolche Sicherungen die Gefahr in ſich birgt,
wir=
kungslos zu verpuffen. Es war beabſichtigt, 1. durch ſtarke
Be=
ſitzſteuern, 2. durch Eingriffe in die Preisbildung und
Bekämp=
fung der Monopolwirtſchaft, der Truſte und Kartelle, und 3. durch
Steigerung der Urproduktion, insbeſondere im Bergbau durch
Erhöhung der Arbeitszeit die nötigen Unterlagen zu ſchaffen.
Im abinett war in dieſer Richtung weitgehende
Ueberein=
ſtimmung erzielt worden. Es gelang aber nicht, dieſe auch
innerhalb der Koalitionsparteien herzuſtellen. Nachdem in der
bayeriſchen Frage eine Einigung erzielt worden war, blieb
ſchließlich nur noch die Frage übrig, ob in dem
Ermächtigungs=
geſetz auch die ſozialpolitſche Frage, insbeſondere das
Arbeits=
geſetz, Platz finden ſollte, oder ob der Vorſchlag der
Sozialdemo=
kraten angenommen werden ſollte, das Arbeitsgeſetz auf
ge=
wöhnlichem, parlamentariſchem Wege ſo raſch als möglich zu
erledigen. Da das Ergebnis der rein parlamentariſchen
Be=
handlung unſicher war, glaubte das Kabinett, auf dieſen
Vor=
ſchlag nicht eingehen zu können. Mit einer Zufallsmehrheit von
61 zu 64 Stimmen faßte dann die ſozialdemokratiſche Fraktion
einen ablehnenden Beſchluß. Nach dieſem Beſchluß glaubte das
Kabinett, den Zuſtand der gleitenden Kabinettskriſe nicht länger
hinziehen zu dürfen und beſchloß ſeine Geſamtdemiſſion. Die
Verhandlungen innerhalb und zwiſchen den einzelnen
Frak=
tioneen haben in den letzten Tagen bewieſen, daß eine ſo raſche
Entwicklung der Meinungen vor ſich geht, daß die Gegenſätze
mitten durch die einzelnen Parteien durchgehen, ſo daß bei
an=
derer außenpolitiſcher Lage die Ausſchreibung von Neuwahlen
nahe läge, um eine Neubildung der Fraktionen zu erleichtern.
Da die augenblickliche Situation die Gefahr einer vollkommenen
Lahmlegung des parlamentariſchen Lebens in ſich ſchließt, wird
Reichskanzler Dr. Streſemann die Verhandlungen über die
Neu=
bildung des Kabinetts ſofort am Donnerstag früh aufnehmen,
und hofft, damit raſch vorwärts zu kommen.
Berliner Preſſeſtimmen zum Kabinettswechſel.
* Berlin, 4. Okt. (Priv.=Tel.) Der Berliner Lokal=
Anzeiger gibt ſeinen Ausführungen die Ueberſchrift: „Das Ende
der großen Koalition!” und erklärt u. a.: Wenn die
Sozialdemo=
kraten nicht imſtande ſind, das Wort von der Wehrpflicht der
Arbeit wahr zu machen, ſo bleibt gar keine andere Deutung
übrig, als daß ſie mit dieſer Weigerung politiſche Folgen
er=
zwingen wollten, die ſich in anderer Weiſe nicht gut herbeiführen
ließen. Jedenfalls werden ſie, wenn nun das Ende der großen
Koalition gekommen iſt, von einer namhaften Mitſchuld an
dieſer Zerſtörung der letzten politiſchen Illuſion des deutſchen
Parlamentarismus nicht freizuſprechen ſein. Von
deutſchnatio=
naler Seite wird übrigens ausdrücklich feſtgeſtellt, daß die
Deutſchnationalen, worüber wohl kein Zweifel beſtanden hat, in
eine Regierung mit den Sozialdemokraten nicht hineingehen
konnten.
Die Deutſche Allg. Ztg. ſchreibt ironiſch: Die Verhältniſſe
haben ſich umgedreht. Die einſt üblichen Vertreter des
Rück=
ſchritts und der Reaktion, die Rechte, ſind heute ein weſentlicher
Träger vorwärtsſchreitender Energie, wenn auch keineswegs
innerpolitiſcher Einſicht geworden, und die einſtige
weltumwäl=
zende Partei der befreienden Revolution, die Sozialdemokratie,
iſt der Repräſentant ſtillen Duckmäuſertums und reaktionärer
Reſignation geworden. Um die Austräge dieſer Gegenſätze
han=
delt es ſich, für welche die innerpolitiſche Kabinettskriſe mit ihrem
Kampf um die große Koalition nur ein äußerliches
Kenn=
zeichen iſt.
Die Kreuzzeitung ſtellt feſt: Darüber kann kein Zweifel ſein,
gelingt es wirklich, noch einmal das zerſchlagene Porzellan
zu=
ſammenzukitten, bei der nächſten Gelegenheit muß es wieder in
Trümmer gehen. Wir geben aber die Hoffnung noch nicht auf,
daß es dem deutſchen Volk nun endlich einmal klar wird, daß
neue Wege geſucht werden müſſen. Das deutſche Volk wird
nur dann ſich ſelbſt und ſeine Freiheit wiedergewinnen, wenn es
Vom Tage.
Der Reichswirtſchaftsminiſter hat ſeinen Einſpruch gegen
eine Erhöhung der Goldkohlenpreiſe um etwa 75
Pro=
zent, wie ſie der Reichskohlenrat beſchloſſen hat, aufrechterhalten.
Dem=
nach tritt für alle Kohlenſorten, die bereits den Weltmarktpreis erreicht
haben, eine weitere Erhöhung nicht ein.
Ab 4. Oktober ſoll in dem ganzen niederſchleſiſchen
Koh=
lenrevier an jedem Donnerstag eine Feierſchicht eingelegt
werden.
Die Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskoſten beläuft ſich nach
den Feſtellungen des Statiſtiſchen Reichsamtes für den 1. Oktober auf
das 40,4 Millionenfache der Vorkriegszeit. Die Steigerung gegenüber
der Vorwoche (28,0 Millionen) beträgt 44,3 Prozent.
Der kommandierende General des Brückenkopfes Düſſeldorf hat
die
Düſſeldorfer Preſſe gezwungen, die franzöſiſche Darſtellung der
Düſſeldorfer Vorfälle vom letzten Sonntag zu veröffentlichen.
Die Franzoſen entwendeten bei der Firma Krup)stm
800 Milliarden Mark.
Lorb Curzon gibt am Freitag vor der Reichskonferenz eine ins
Einzelne gehende vertrauliche Erklärung über die Außenpolitik
der Regierung ab, beſonders inbezug auf die Frage der deutſch
Reparationen und die franzöſiſche Ruhrbeſetzung.
Die Times berichtet aus Ottawa, daß Lord Birkenhead dort
die Rückkehr Lloyd Georges zur Macht vorausgeſagt habe.
Havas berichtet aus Konſtantinopel: Die Preſſe kündigt an,
daß der Einzug der türkiſchen Truppen in Konſtantinopel
am Samstag ſtattfinden wird.
Dollarkurs Berlin.. 439900000
abends 6/, Uhr: Frankfurt 493 726300
ſich einer ſtarken Hand anvertraut, die alle nationalen Kräfte
zuſammenfaßt und, geſtützt auf ſie, verſucht, Deutſchland aus
dem Schlamm, der in den letzten fünf Jahren aufgehäuft
wor=
den iſt, in ſchwerer Arbeit herauszuziehen.
Der Vorwärts ſpricht von dem Sieg des rechten Flügels
der Deutſchen Volkspartei und urteilt über die Lage: Der neuen
Regierung, deren Bildung den bürgerlichen Parteien zufällt,
kommt zu allernächſt die Aufgabe zu, die von der äußerſten
Rech=
ten her drohende Gefahr eines Bürgerkriegs mit dem Ziel eines
verfaſſungswidrigen Gewaltregiments abzuwehren. Die
Sozial=
demokratie iſt bis an die Grenze der Selbſtverleugnung
gegan=
gen, um dem deutſchen Volk das Schwerſte, das jetzt droht,
fern=
zuhalten. Die Deutſche Volkspartei hat ſie aus der
Verantwor=
tung hinausgedrängt, indem ſie Zumutungen an ſie ſtellte, von
denen ſie wußte, daß ein Eingehen auf ſie nicht zu erwarten war.
Jetzt kann jeder Tag die Partei vor Entſcheidungen von
außer=
ordentlicher Tragweite ſtellen. Durch das Scheitern des
Experi=
ments mit der großen Koolition iſt eine vollſtändig neue
Situation geſchaffen. Neue Fragen werden auftauchen, hinter
denen die der Vergangenheit verſchwinden. Einigkeit iſt das
Gebot der Stunde.
Die Beſchlüſſe der Deutſchen Volkspartei.
Berlin, 3. Okt. Die Reichstagsfraktion der Deutſchen
Volkspartei faßte zur politiſchen Lage folgende Beſchlüſſe:
In der Frage der Arbeitszeit billigt die Fraktion die
Entſchließung des Kabinetts in der geſtrigen Sitzung;
2. die Fraktion iſt bereit, dem Ermächtigungsgeſetz
zuzuſtimmen, hält aber aus ſachlichen Erwägungen eine
andre Beſetzung des Reichsfinanzminiſteriums
für unerläßlich.
Die Deutſchnationalen zur Kriſe.
U. Berlin, 4. Okt. Die Deutſchnationale Volkspartei
erläßt folgenden Aufruf: Wie lange noch? Die Löſung des
Tages drängt. Das Steuer muß nach rechts geworfen werden!
Die Koalitionsparteien des Reichstages aber antworten, es ſoll
weitergenurſtelt werden. Der Marxismus hat Deutſchland
ruiniert. Er hat abgewirtſchaftet. Die bürgerlichen
Regierungs=
parteien erhalten ihn künſtlich am Leben. Sie beginnen nicht,
einen Trennungsſtrich zu ziehen. So ſinkt Deutſchland in Not und
Verderben. Wir fordern Klarheit! Schluß mit der
Kompromiß=
politik! Fort mit den Sozialiſten aus der Regierung! Wir
verlangen eine andere Regierung, die ſich bewußt auf die
natio=
nalen Kräſte in allen Volksſchichten ſtützt.
Die Stellungnahme der Baheriſchen Mittelpartei.
* Berlin, 3. Okt. (Priv.=Tel.) Wie uns mitgeteilt wird,
wurde in einer vereinigten Sitzung des Parteivorſtandes von
der Fraktion der Bayeriſchen Mittelpartei die Haltung der
Parteileitung bei dem Koalitionswechſel im Reich und
insbeſon=
dere ihre Stellungnahme gegenüber dem bayeriſchen
Staats=
kommiſſar v. Kahr in vollem Umfange gebilligt. Der Abg. Dr.
Roth erhob dagegen Einwendungen und erklärte im weiteren
Verlauf der Ausſprache aus perſönlichen Gründen ſeinen
Aus=
tritt aus der Partei.
Die Lage im Reich.
Zwiſchen Hitler und Kahr.
* München, 3. Okt. (Priv.=Tel.) Gegenüber der
Mel=
dung des Völkiſchen Beobachter, daß die verſchiedenen Gruppen
des Bundes „Bayern und Reich” zu den Hitlergarden
überge=
treten ſeien, wird uns ſeitens der vaterländiſchen Verbände
mit=
geteilt, daß im Gegenteil zahlreiche Mitglieder des Deutſchen
Kampfbundes (Hitler) zu den vaterländiſchen Verbänden, die auf
Seiten Kahrs ſtehen, übergetreten ſind.
Kommuniſten und Sozialdemokraten in Sachſen.
Berlin, 3. Okt. (Wolff.) In Richtigſtellung falſcher
Mel=
dungen über die Beſchlüſſe der ſächſiſchen Sozialdemokraten
wird aus Dresden gemeldet, in der Montagſitzung der ſächſiſchen
Sozialdemokratiſchen Partei wurde beſchloſſen, vorläufig nicht
in Verhandlungen mit den Kommuniſten einzutreten. Es wurde
vielmehr eine Kommiſſion gewählt, die einen Gegenentwurf zu
den kommuniſtiſihen Forderungen ausarbeiten ſoll, der dann der
Fraktion und der Landespartei vorzulegen iſt. Erſt dann ſoll
mit den Kommuniſten über einen eventuellen Eintritt in die
Re=
gierung verhandelt werden. Für die Beſprechung mit dem
Landesvorſtand iſt der Freitag in Ausſicht genommen.
Die franzöſiſche Preſſe zum deutſchen Kriſenzuſtand.
* Paris 4. Okt. (Priv.=Tel.) Man gibt es hier
allmäh=
lich auf, ſich in den unklaren Meldungen aus Berlin und dem
Zögern der Innenpolitik Deutſchlands auskennen zu wollen.
Man möchte, ſo heißt es, von der Nervoſität der Berliner Kreiſe
auf keinen Fall angeſteckt werden. Die meiſten erblicken in der
Kriſe des Reichskabinetts nicht eine vereinzelte Erſcheinung,
ſon=
dern ein Symptom einer bevorſtehenden Auflöſung. Noch
häu=
figer wird in den franzöſiſchen Blättern im Hinblick auf die
deut=
ſchen Ereigniſſe das Wort Chaos gebraucht. So fragt Jaques
Bainvilles in der „Liberté” am Ende eines Leitartikels, ob ein
Intereſſe an dem durch innere Streitigkeiten zerriſſenen
Deutſch=
band vorhanden ſei. Die Schuld an der immer mehr um ſich
greifenden Verwirrung ſchiebt das „Journal des Debats”
aus=
ſchließlich dem Reichskanzler Dr. Streſemann zu. Anſtatt die
Zügel der Regierung ſeſt in die Hand zu nehmen, laſſe er ſie
ſchlapp herunterhängen. Er gebe keine Richtung an. — Der
„Temps” macht heute den Verſuch, ſich zur Lage Deutſchlands
geſchichtlich einzuſtellen. Das Blatt kommt dabei zu dem Schluß,
daß die deutſche Induſtrie ſeit ihrem Aufſtieg, den das Blatt in
das Jahr 1879 verlegt, an dem Unglück der letzten Jahre in
Deutſchland die Schuld habe. In der ſchweren Kriſe, die zurzeit
Deutſchland heimſucht, ſtelle man nur einiges feſt, nämlich, daß
diejenigen, die die Niederlage herbeiführten, die den paſſiven
Widerſtand veranlaßten und daraus Vorteile zogen, verſuchten,
die Regierungsgeſchäfte dauernd zu beeinfluſſen. Sie wollen,
daß die Arbeitermaſſen ihrer Willkür ausgeliefert ſeien In
einem anderen Zuſammenhang bemerkt der „Temps” noch, daß
die Aufgabe des Reiches darin beſtehe, den Verbündeten eine
Geldreform ſowie Reparationszahlungen vorzuſchlagen. Das
Blatt weiſt das Anſinnen der deutſchen Regierung, in das
be=
ſetzte Gebiet einen beſonderen Kommiſſar zu entſenden, als
un=
annehmbar zurück.
Paris, 3. Okt. (Wolff.) Zum Kriſenzuſtand in
Deutſch=
land ſchreibt das Echo de Paris: Die Beſetzungsmächte
dür=
fen ſich nicht durch die Verwirrung irre führen laſſen. Mehr
denn je haben ſie die Pflicht, die Provinzen, die ſie beſetzt
halten, gemäß den Klauſeln des Friedensvertrages für die
Reparationen z u organiſieren. Sie dürfen ſich nicht
von dieſer Aufgabe durch irgendwelche Betrachtungen abbringen
laffen. Selbſt der rheiniſche Separatismusdarf ſie
nicht ablenken. Wenn die ſeparatiſtiſche Bewegung einer
anderen Kraft als einer vorübergehenden entſpringt, dann würde
ſie ſich als umſo ſolider erkennbar machen, wenn das Werk der
Alliierten einmal zu einem guten Ende geführt würde.
Das Petit Journal ſchreibt: Man muß die Dinge ſehen
wie ſie liegen und anerkennen, daß die Ereigniſſe in Deutſchland
eine Wendung nehmen, die nicht, für Frankreich
be=
friedigend iſt. Die extremen Parteien, die eine volle
Widerſtandspolitik gegen die Alliierten verlangen
und die Annullierung des Friedensvertrages
von Verſailles fordern, haben ſchon den Block der
mittleren Parteien geſprengt, die die
Reparations=
politik als einen Notbehelf betrachten und ſie ohne Kraft und
Mut verteidigen. In dem Kampf zwiſchen der handelnden
Un=
ordnung und den vernünftigeren aber untätigen Elementen iſt
es wirklich nicht ſchwierig vorauszuſehen, wer die meiſten
Ausſich=
ten hat, den Sieg davon zu tragen.
Die Ere Nouvelle ſchreibt, der Sturz des
Kabi=
netts Streſemann könne franzöſiſchenfeits nicht leichten
Herzens aufgenommen werden. Er bedeuté das Ende der
Ordnung, und die Ordnung in Deutſchland ſei die einzige
Garantie für das kontinentale Gleichgewicht und die einzige
Sicherheit für die Zahlungen, die Frankrcich brauche. Das
Kabinett Streſemann ſei der letzte Wall der
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus — Mittwoch, den 3. Oktober.
Lobetanz.
Bühnenſpiel von L. Thuille.
Die Oper, am Schluß der vorjährigen Spielzeit mit Liebe,
Ueberlegung und eigenartigen Reizen neu herausgebracht, iſt der
Wiederholung wert, nicht nur weil ſie ein treffendes Zeitbild der
Nach=Wagnerſchen Epoche gibt. Sie hat ein ehrliches Geſicht.
Ihre Ausdrucksmittel ſind von ungekünſtelter Wahrhaftigkeit,
Da iſt nichts Erklügeltes, vielmehr alles von der Muſik her warm
empfunden. Urſprünglichkeit und Perſönliches der Dhuilleſchen
Begabung iſt nicht ſtark, aber echt, und von jener noblen
Rein=
lichkeit der Geſimnnung, die wohltut in einer Zeit der mancherlei
Mätzchen und techniſchen Verblüffungen. Man awet deutſches
Weſen.
Freilich bedarf das Werk, um heute wirken zu können, einiger
Druchnüttel. Sie fanden ſich unſchwer. Der als Untergrund
allein nicht genügende Märchenſtoff wurde zur Parodie
geſtei=
gert. Uebertreibung in Koſtümen, Masken und Gebaren der
Nebenperſonen ſchärfte die ſtumpfe Oberfläche. Die Handlung
erhielt Witz und ſymboliſchen Sinn. Einzig hebt ſich nun das
Liebespaar in lyriſcher Wärme ab. Das iſt die geſchickte
Regie=
arbeit Herrn Schlembachs. Dem Kerker=Akt freilich iſt nicht zu
helfen; der bleibt leeres Theater. Die Inſzenierung hatte
Pilartz=
ſchen Geiſt; ſie ſchien mir vortrefflich. Die der letzten Szene iſt
nun auch vollkonnmnen glücklich gelöſt.
Für die Rollenbeſetzung ſind beſonders geeignete Kräfte
vor=
handen. Vor allem Herr Hoeffhin als Lobetanz. Seine helle
Stimmlage, ſein jugendlich=ſchſwärmeriſches Weſen, ſein
natur=
wüichſiges Spiel halfen zu einer vollendeten Leiſtung, die
begei=
ſterte Anerkennung fand. Margarete Albrecht iſt ihm als
Prin=
zeſſin eine reizende Partnerin. Die junge Künſtlerin, die noch
gar nicht ſo lange auf der Bühne ſteht, hat es ſchmell verſtanden,
ich mit der trefflichen Darſtellung einer Anzahl von Rollen feſt
in den Sattel zu ſetzen. Schöne, in der Höhe glänzende Stimme,
vornehmes Spiel, ſicheres Auftreten bewirkten angenehmſte
Ein=
drücke und verdienten Erfolg. Jetzt, auf dieſer Stufe der
Ent=
wicklung, beſteht für ſie die Gefahr der Verflachung und Schablone.
Nichts kann ihr mehr geraten werden, als ihr künſtleriſches
Tem=
perament zu entdecken und entwickeln, aufs ſtärkſte aus ſich
herauszugehen, um Freies, Eigenes zu ſchaffen. Denn nur
Perſönliches macht den wahren Künſtler.
Alle anderen Rollen verſchwinden gegen dieſe beiden,
ver=
langen gleichwohl gewandte Kräfte und wurden gut geſpielt. Die
Tänze hatten das erforderte eigene Gepräge. Bei Meiſter Balling
lag die muſikaliſche Leitung im feſter Hand.
v. H.
* Fürſt Johann II. von Liechtenſtein.
Fürſt Johann II. von Liechtenſtein, der am 5. Oktober d. J.
das 83. Lebensjahr vollendet, dürfte wohl, einer der älteſten
Souveräne Europas ſein. Bei ſeinem hohen Alter iſt er noch
von großer Rüſtigkeit, die ſich u. a. darin kundgibt, daß er noch
in dieſem Jahre auf ſeinen in Mähren gelegenen Beſitzungen
dem Weidwerk gehuldigt hat und auch die körperlichen
Beſchwer=
den, die eine Jagdausübung in höheren Berglagen mit ſich
bringt, weiß er noch ſpielend zu überwinden, hat er doch noch
in dieſem Jahre eine ſtattliche Anzahl von Wild (Rehböcken)
erlegt. Johann II., der ſich mit Vorliebe abwechſelnd auf ſeinen
beiden Schlöſſern Eisgrub und Feldsberg aufhält, hat auch
dieſes Jahr die Beſchwerden des Alters nicht geſcheut und im
Hochſomer Bad Gaſtein aufgeſucht, nachdem er im Frühjahr
ſchöne Tage in einem kleinen mähriſchen Bad in den Sudeten
zugebracht hatte. Obſohl er nur mit kleinem Gefolge reiſt, kang
doch auch an ſolchen Badeorten mit Rückſicht auf die damit
ver=
bundenen Beſtellungen die Anweſenheit auuh eines kleiven
Sou=
veräns der Bevölkerung nicht verborgen bleiben. So iſt es denn
auch in dem kleinen Sudetenbad, nicht möglich geweſen, das
Inkognito des auf Diplomadenpaß mir Namen Oberſtleutnant
Martin mit Familie reiſenden Fürſten zu bewahren. Als der
Fürſt ſich dort einem Holzhauer gegenüber befand, vedete ihn
dieſer mit Namen an, ſo daß er ſich unwillig mit der
Bemer=
kung wegwandte: „Auch hier iſt mein Inkognito ſchon gelüftet.”
In Bad Gaſtein traf ihn ſchlechtes Wetter. Im Gefolge befindet
ſich gewöhnlich ſein zum Haushofmeiſter avancierter früherer
Kammerdiener, der Kammerdirektor und der Leibarzt. Am
5. September txaf der greiſe Fürſt im Hauptort Vaduz, diesmal
ohne jeden offiziellen Empfang, den er ſich verbeten hatte, ein.
Die weite Fahrt von Gaſtein bis Feldkirch von morgens 7 bis
nachmittags 4 Uhr ſchien ihn beineswegs ermüdet zu haben, als
er im Schloß Hohenliechtenſtein zu Wagen eintraf. Dem Wunſch
des Fürſten entſprechend, hatte ein äußerer Willkommen unter
Beflaggumg der Häuſer nicht ſtattgefunden, was indeſſen
Be=
völkerung wie Preſſe nicht abhielt, ihrer Freude über den Beſuch
Ausdruck zu geben. Offizieller Empfang fand nicht ſtatt, nur
verſchiedene Honorationen waren geladen. Wie ſehr der Fürſt
mit den Intereſſen ſeines Landes verwachſen iſt, zeigt der
Um=
ſtand, daß er ſich eingehend über die Verhältniſſe des
Bock=
wingert unterrichten ließ, ja ſellbſt ſich perſönlich vom Zuſtand
der Reben überzeugte, da in der Frage der Erhaltung dieſes
alten Wahrzeichens des Hauptortes Differenzen ausgebrochen
und der Rebberg, der den ſtärhſten Vaduzer erzeugt, in Gefahr
war, einer Bauſpekulation zum Opfer gebracht zu werden. Das
ſcheint nun der Fürſt in letzter Stunde verhindert zu haben. Wer
den Fürſten ſah, hatte Gelegenheit, ſich von ſeinem leutſeligen
Weſen zu überzeugen. Die Munifizenz des Herrſchers kennt
keine Grenzen. Hat es doch der Fürſt von jeher verſchmäht, eine
Zivilliſte vom Lande entgegenzunehmen. Nach kurzem
Aufent=
halt reiſte er zunächſt nach Wien zurück, und es wird nicht
aus=
bleiben, daß baldigſt auch in dieſem Jahre ſichtbare Zeichen
einer Herrſchertugend erſcheinen.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
C.K. Ein John Brinckmann=Preis. Als ein
Ehren=
preis für plattdeutſche Dichter und Schriftſteller ſowie für ſolche
Forſcher, die ſich durch ihre Arbeit für plattdeutſche Sprache und
niederdeutſches Volkstum um die plattdeutſche Sache verdient
ge=
macht haben, und für Künſtler, die das plattdeutſche Theater
för=
derten, iſt ein John Brinckmann=Preis geſchaffen worden. Wie im
„Eekbom” mitgeteilt wird, wird das Geld dafür durch die
platt=
deutſche Arbeitsgemeinſchaft zuſammengebracht. Dieſe wählt
auch die Preisrichter aus.
C.K. Eine „Jungfrau von Orleans” von Shaw.
Bernard Shaw hat, wie der Mancheſter Guardian mitzuteilen
weiß, ein neues Drama vollendet, das im kommenden Winter in
London aufgeführt werden ſoll. Er hüllt ſich zwar über das Werk
noch in Schweigen, doch iſt ſoviel ſicher, daß das Drama die
Jungfrau von Orleans zur Heldin hat, und auf die Art der
Be=
handlung läßt ſich aus Shaws Aeußerung ſchließen, nach der
„Jeanne d’Arc tatſächlich die erſte Proteſtantin war”.
— Vom Marſchall Joffre erzählt man ſich in Paris die
nach=
ſtehende Geſchichte: Jüngſt war er in Meaux Gaſt eines Herrn,
deſſen Beſitztum am Ufer des Fluſſes gelegen iſt. „Ich möchte
gern angeln,” ſagte er nach
Mittags=
ruhe. Man reichte ihm 2
ich
ſagen wollte,” fiel er ein, „
* Flu
die Marne, Herr Marſchall."
ne?! Wie i
Ich hätte ſie mir do
Rummer 2724.
Seite 3.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 4. Oktober 1923.
Reparationspolitik, und der Politik des
Einverſtändniſ=
ſes mit den Alliierten. Wenn Baldwin und Poincaré
nicht im letzten Augenblick dieſen Wall ſtützten, übernehmen ſie
die Verantwortlichkeit für das, was am Tage des
Zuſammen=
bruches ſich ergeben werde, ſei es unter der Form einer
Konſoli=
dierung der deutſchen Einheit unter der Militärdiktatur, ſei es
unter der Form einer großen kommuniſtiſchen Bewegung
Das Oeuvre ſchreibt: Uneinigkeit unter den Parteien wie
unter den Ländern! Deutſchland kehrt zum Chaos
zurück! Möge Frankreich in dieſem
Durcheinan=
der ſeinen Nutzen finden.
Das Echo National ſchreibt: Deutſchland befindet ſich
in voller Reaktion. Es bildet ſich ein, daß die
Wiederauf=
richtung der Monarchie es retten wird. Preußen will gegenüber
Bayern nicht auf ſeine Jahrhunderte alte Rolle als führende
Nation verzichten. Da ein Staatsſtreich für notwendig erachtet
wird, wird Preußen ihn machen. Angeſichts derartiger
Eventua=
litäten müſſen wir mehr denn je am Rhein und an der Ruhr
wachen. Die Frage des paſſiven Widerſtandes iſt durch die
Er=
eigniſſe, die ſich vorbreiten, überholt. Niemand ſpricht
jetzt von Verhandlungen, der Reichskanzler
land, erwartet das Heil von einem Gewaltſtreich.
Die Haltung der franzöſiſchen Regierung.
* Paris, 3. Okt. (Priv.=Tel.) Die Haltung der
franzö=
ſiſchen Regierung bewegt ſich unverändert in der von uns
wie=
derholt gekennzeichneten Linie. Es wird jeder Vorwand benutzt,
der die Produktivität des Ruhrgebietes als lokales Pfand im
Sinne des bekannten Dokuments 23 des franzöſiſchen erſten
Gelbbuches etwa verzögern oder gefährden könnte, um
Deutſch=
land hinzuhalten. Nur under dieſem Geſichtswinkel betrachtet
wan auch die neuen Schwierigkeiten des Kabinetts Streſemann,
während die Boulevard=Preſſe fortfährt, ihren Leſern
aufzu=
tiſchen, als ob dieſe Alarmnachrichten aus Beulin entweder ſehr
ſtark übertrieben oder nur eine Mache der Regierung ſeien.
Wäh=
neue Scheingründe, um Verhandlungen aus dem Wege zu gehen.
Von Tag zu Tag kann man ſolche leſen. Seit heute nachmittag
wird in Paris die Nachricht verbreitet, daß der paſſive
Wider=
ſtand Deutſchlands ja nur ſcheinbar eingeſtellt ſei. Die
Geld=
mittel oder Unterſtützungen würden oder weiteres gezahlt.
Gleich=
zeitig wird nochmals im Blatt des Quai d’Orſay daran
er=
innert, daß die verlangte Finanzreform ebenſowenig durchgeführt
wie der neue Reparationsplon ausgearbeitet ſei. Aber die
wahre Urſache für die Schwierigkeiten in Deutſchland, nämlich
die imperialiſtiſche Politik Poincarés, wird natürlich
wohlweis=
lich dem franzöſiſchen Volke verſchwiegen. Morgen findet unter
dem Vorſitz von Millerand ein Miniſterrat ſtatt.
Die Londoner Auffaſſung.
* London, 3. Okt. (Priv.=Tel.) Den Abendblättern
zu=
folge ſollen an amtlicher Londoner Stelle Nachrichten
eingegan=
gen ſein, denen zufolge bedeutſame Ereigniſſe in Bayern
bevor=
ſtehen, die mit angeblichen Abſichten des Kronprinzen Rupprecht
in Verbindung gebracht werden. Man glaubt daher, daß die
Loslöſung Bayerns vom Reiche tatſächlich, wenn auch noch nicht
formell, bereits vollzogen ſei und daß das Kabinett Streſemann
ſelbſt, wenn vorläufig ein Kompromiß zwiſchen den Parteien
zu=
ſtande käme, durch die Rüchwirkung der bayeriſchen Ereigniſſe
zweifellos ſehr bedroht ſein würde. Die Folgen, die ſich aus
dieſer Abſchließung Bayerns für die Entwicklung der
inter=
nationalen Politik ergeben würden, werden hier als ſehr ernſt
bezeichnet und es wird immer betont, daß England die
Aufrecht=
erhaltung der Reichseinheit für unbedingt notwendig erachte.
Gelegentlich wird auch auf die allgemeine Verwirrung der
politiſchen Verhältniſſe in Deutſchland hingewieſen, die es mit
ſich bringen, daß die deutſchen Separatiſten den franzöſiſchen
Plänen in die Hände arbeiten, während England den Einfluß
der Berliner Zentralregierug geſtärkt ſehen möchte. Die
amt=
lichen Kreiſe vermeiden weiterhin ſorgfältig jede bindende
Stellungr ahme.
Die Rede, die Lord Curzon, am Freitag auf der
Reichs=
konferenz halten wird, wird wahrſcheinlich ganz vertraulich
be=
handelt oder doch nur in Auszügen veröffentlicht werden. Es
iſt ſehr bezeichnend, daß die Konferenz eine Meinungsäußerung
über die Lage in Mitteleuropa und die Reparationsfrage
vor=
läufig aufgeſchoben hat. Die Konferenz will zunächſt die
wei=
teren Ereigniſſe abwarten und erſt in ein oder zwei Wochen ihre
Beſchlüſſe faſſen. Die Haltung, die Baldwin nach ſeiner
Rück=
kehr aus Paris beobachtet, iſt alſo in die Konferenz durchgedrungen.
Es iſt zweifellos, daß ein Erfolg der deutſchen Separatiſten
die engliſche Politik nur noch enger an die Seite Frankreichs
treiben würde, als es bisher ſchon der Fall iſt. Der engliſche
Reparationsplan würde gegenüber einem zerſtückelten
Deutſch=
land vollkommen umöglich werden, und die einzige Möglichkeit,
die der engliſchen Politik dann noch offen bliebe, würde darin
veſtehen, ſich den franzöſiſchen Reparationsmethoden anzuſchließen.
Die deutſchen Separatiſten ſollten nicht vergeſſen, daß dieſe
wirt=
chaftlichen Erwvägungen notwendigerweiſe auch auf politiſchem
Gebiet in der Haltung Englands zum Ausdruck kommen würden.
Die britiſche Reichskonferenz.
Die Rede Smuts.
London, 3. Okt. (Wolff.) Auf der Reichskonferenz
erllärte geſtern der Premierminiſter von Südafrika, Smuts,
Baldwin habe von den Zuſtänden in Europa ein düſteres
Bild gegeben. Aber Südafrika ſei noch vorhanden; es
habe viele Stürme überdauert und der Welt manches gute
Bei=
ſpiel gegeben. Europa müiſſe angeſichts ſeiner gegenwärtigen
Lage eine große, einmütige Anſtrengung unternehmen. Das
ſüd=
afrikaniſche Gemeinweſen ſei groß und mächtig. Das
britiſche Reich könne zur Herftellung einer harmoniſchen Lage in
der Welt mehr tun, als ingend eine andere Macht auf Erden.
Der ganze Einfluß des britiſchen Reiches ſollte benutzt werden,
um bei der Regelung der europäiſchen Angelegenheiten
mit=
zuhelfen. Seit Jahrhunderten übe England einen
maß=
gebenden Einfluß aus. Die anderen Nationen hätten ſchließlich
immer auf ſeine Stimme lauſchen müſſen. Er wünſche, daß bei
Streſemann weniger als ein anderer. Deutſch= einer einzigartigen Gelegenheit wie der jetzigen dasſelbe
ge=
ſchehen möchte, was früher geſchah: daß England deutlich ſeine
Stimme erheben ſollte. Ueber die Frage der Fundierung der
britiſchen Schuld an Amerika ſagte Smuts, manche Leute ſchienen
ihre Schulden heunzutage ſehr leicht zu nehmen. Das britiſche
Reich dagegen habe immer ſeine Verpflichtungen erfüllt. Es ſei
von größter Bedeutung, daß der europäiſche Frieden und der
Welthandel wieder hergeſtellt würden, zur Förderung des
Han=
dels innerhalb des britiſchen Reiches könne ſicher viel getan
werden.
Rückgang des britiſchen Ausfuhrhandels.
London, 3. Okt. (Wolff.) Auf der
Reichswirtſchafts=
konferenz ſagte der Präſident des Handelsamts Lloyd
Greame u. a., der britiſche Ausfuhrhandel ſei noch weit hinter
dem Stande der Zeit vor dem Kriege zurück. Dieſer Zuſtand
renddeſſen iſt aber die franzöſiſche Regierung nicht verlegen um ſpiegele ſich in unerhörter Arbeitsloſigkeit wider.
Daher ſei die Ausdehnung des Handels für England von
lebens=
wichtiger Bedeutung. Die alten Märkte müßten wieder
herge=
ſtellt werden und noch notwendiger ſei, daß neue Märkte
ent=
wickelt werden. Die Tagesordnung der Reichswirtſchafts=
Konferenz umfaſſe drei Punkte:
1. Reichskoloniſation,
2. finanzielle Zuſammenarbeit zwiſchen dem Mutterlande und
den Dominions,
3. bevorzugte Behandlung innerhalb des Reiches.
Lloyd Greame ſagte, die britiſche Regierung habe endgültig
den Grundſatz der Vorzugsbehandlung aufgeſtellt und wünſche
ihn auszudehnen, um die Entwichlung der Produktionsquellen
des Reiches und des Handels inverhalb des Reiches zu fördern.
Engliſche Preſſeſtiimmen.
TU. London, 3. Okt. Die engliſchen Blätter ſind mit
langen Telegrammen über die Schwierigkeiten der Lage des
Ka=
binetts Streſemann angefüllt. Eine klare Vorſtellung von den
Ereigniſſen iſt aber nirgends zu finden. Die Verlegenheit der
engliſchen Meinung iſt deutlich gekennzeichnet durch die Fülle
von phantaſtiſchen Meldungen über die deutſchen Vorgänge.
Man hört die ſeltſamſten Urteile. Neben zahlreichen Stimmen,
die ein Verbleiben des Kabinetts Streſemann für wünſchenswert
halten, finden ſich auch ſolche, die ſämtliche politiſchen Ereigniſſe
in Deutſchland nur als einen Verſuch betrachten, die deutſchen
Armeen wieder nach den Grundſätzen und Maſſen der Zeit von
1914 umzuorganiſieren.
Franzöſiſche Forderungen beiWiederaufnahme
der Arbeit.
Münſter, 3. Okt. (Wolff.) In Düſſeldorf wurden
Abord=
nungen aller Gewerkſchaften durch den Adjutanten des Generals
Degoutte empfangen. Wegen der Wiederaufnahme der Arbeit
wurden franzöſiſcherſeits folgende Bedingungen geſtellt:
1. Abſchaffung des Betriebsrätegeſetzes;
2. Einführung der zehnſtündigen Arbeitszeit und
Akkord=
arbeit;
3. Aufnahme jeder zugewieſenen Akkordarbeit,
widrigen=
falls Ausweiſung erfolgt;
4. Für die Eiſenbahner gelten die bereits bekanntgegebenen
Bedingungen;
5. Unterdrückung jeder Auflehnung gegen Waffengewalt;
6. Verſchärfung des Stadtſchutzes.
Billionen beſchlagnahmt.
Münſter, 3. Okt. (Wolff.) Die Franzoſen haben einem
Boten der Zeche Bruchſtraße 1,2 Billionen Lohngelder
fortge=
nommen. Auf der Zeche Bismarck wurden 2 Billionen
Lohn=
gelder weggenommen. Bei einem Eiſenbahnſchaffner in
Langen=
dreer wurden 1,344 Billionen Lohngelder beſchlagnahmt und
beim Bochumer Verein 680 Milliarden Lohngelder
weggenom=
men. In Dortmund beſchlagnahmte ein franzöſiſcher
Kriminal=
beamter 9,4 Billionen Notgeld.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 4. Oktober.
Herzliche Bitte!
Die als unvermeidbare Folge der fortdauernden Entwertung
un=
ſeres Geldes eingetretene ganz außerordentliche Erhöhung der Koſten
der Aufnahme und Pflege in den Heilanſtalten macht es ſolchen
Pflege=
bedürftigen, deren Einnahmen nicht in annähernd gleichem Verhältnis
ſteigen wie die Koſten der Lebenshaltung, wenn ſie nicht Mitglieder
einer Krankenkaſſe ſind, ſchwer, wenn nicht unmöglich, im Falle der
Er=
krankung ein Krankenhaus aufzuſuchen. Hiervon wird namentlich der
durch den wirtſchaftlichen Umſchwung verarmte frühere Mittelſtand
be=
troffen und ganz beſonders diejenigen in vorgerücktem Lebensalter
ſtehen=
den Angehörigen dieſes Standes, denen keine näheren Angehörigen
hilf=
reich zur Seite ſtehen. Die Folge davon iſt, daß gar manche dieſer
be=
dauernswerten Menſchen aus Mangel an ſachgemäßer Hilfe und Pflege
zu Grunde gehen; für Viele iſt die Aufnahme in ein Krankenhaus nur
bei Inanſpruchnahme der öffentlichen Fürſorge möglich.
Früher waren die auf gemeinnütziger und charitativer Grundlage
betriebenen Krankenanſtalten meiſt in der Lage, in ſolchen Fällen zu
Laſten von Stiftungsmitteln, die ihnen für dieſen Zweck zur Verfügung
ſtehen, freie Aufnahme oder Ermäßigung der Pflegekoſten zu gewähren.
Auch das Alice=Hoſpital verfügt über einen ſolchen ſogenannten
Freibettenfond, den es der Güte und Freigebigkeit von
Freun=
den des Hauſes verdankt. Dieſer Fond reicht aber heute nicht mehr
aus, um auch nur für wenige Tage die Selbſtkoſten für einen Kranken
zu decken. Die Verwaltung des Alice=Hoſpitals erachtet es deshalb für
ihre ernſte Pflicht, kein Mittel unverſucht zu laſſen, um dieſen Fond zu
vermehren, damit ſie wieder in die Lage verſetzt wird, ſo wie früher ihr
Haus auch ſolchen Kranken zu öffnen, die die Koſten des Aufenthalts in
einem Krankenhaus aus eigenen Mitteln ohne Inanſpruchnahme der
öffentlichen Fürſorge nicht beſtreiten können. Sie richtet deshalb
hier=
durch an alle, die in der Lage und guten Willens ſind, die dringende
herzliche Bitte, durch Zuwendung von Beiträgen zu dem
Frei=
bettenfond des Alice=Hoſpitals zur Erreichung jenes
Zie=
les beizutragen. Mögen die Gaben raſch und reichlich fließen! Sie
wer=
den von den unterzeichneten Vorſtandsmitgliedern und den
Oberſchwe=
ſtern im Alice=Hoſpital dankbar entgegengenommen werden. Sie können
auch dem Bankkonto des Alice=Hoſpitals bei der hieſigen Städtiſchen
Sparkaſſe Nr. 8061 unter dem Kennwort „Freibettenfond”, zugeführt
werden.
Großherzogin Eleonore von Heſſen, Vorſitzende des Alice=Frauenvereins.
M. von Ewald, ſtellv. Vorſitzende. Dr. Kratz, Hauptgeſchäftsführer.
Karl Mayer, Schatzmeiſter.
Miniſterialrat Dr. Balſer, Fräulein Lina Goldmann, Geh. San.=Rat
Dr. Habicht, Geh. Juſtizrat Hallwachs, Rentner Wilhelm Höslein, Frau
Profeſſor Kellner, Regierungsrat Kröll, Oberregierungsrat Lindenſtruth,
San.=Rat Dr. Maurer, Frau Geh. Nat Pfannenſtiel, Frau Lisbeth
Pfarr, Oberin von Pflugk, Freifrau Riedeſel zu Eiſenbach, Frau
Staats=
miniſter Rothe, Miniſterialrat Dr. Schrod, Hofrat Stockhauſen, Frau
Geh. Baurat Walbe, Frau Marie Wittich, Frau Major Zernin.
—. Ernannt wurden: am 17. September 1923: der
Oberjuſtiz=
inſpektor bei dem Amtsgericht Seligenſtadt Heinrich Dilling zum
Oberjuſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Gießen, der Oberjuſtizinſpektor
bei dem Amtsgericht Schotten Konrad Fleiſchhauer zum
Ober=
juſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Friedberg, beide mit Wirkung vom
I. Oktober 1923; — der Juſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Offenbach
Heinrich Fiſch zum geſchäftsleitenden Juſtizinſpektor bei dem
Amts=
gericht Offenbach, der Juſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Dieburg
Karl Koch zum Juſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Offenbach, beide
mit Wirkung vom 2. Oktober 1923, und der Juſtizinſpektor bei dem
Amtsgericht Bad=Nauheim Peter Krell, zum geſchäftsleitenden
Juſtiz=
inſpektor bei dem Amtsgericht Butzbach mit Wirkung vom 1. Oktober
1923: am 28. September 1923: der Landgerichtsrat bei dem Landgericht
der Provinz Starkenburg Hermann Reuß in Darmſtadt zum
Ober=
landesgerichtsrat bei dem Oberlandesgericht in Darmſtadt mit Wirkung
vom 1. Oktober 1923; — der Landgerichtsrat Friedrich Dähn in
Mainz zum Oberlandesgerichtsrat bei dem Oberlandesgericht in
Darm=
ſtadt und der Legationsrat Paul Stimmel in Darmſtadt zum
Landgerichtsrat bei dem Landgericht der Provinz Starkenburg, beide
mit Wirkung vom 1. Oktober 1923; — der Juſtizinſpektor bei dem
Amtsgericht Darmſtadt 1 Adam Hofferberth zum
Rechnungs=
direktor bei dem Generalſtaatsanwalt in Darmſtadt; — der
Hauptwacht=
meiſter am Landeszuchthaus Marienſchloß Auguſt Gottſchalk zum
Arbeitsinſpektor an dieſer Anſtalt.
— In den Ruheſtand verfetzt wurde: am 20. September 1923: die
Lehrerin an der Volksſchule zu Neu=Iſenburg im Kreiſe Offenbach
Johanna Heymann auf ihr Nachſuchen unter Anerkennung ihrer
dem Staate geleiſteten Dienſte vom 1. Oktober 1923 an. — Auf Grund
des § 1 des Geſetzes über die Altersgrenze der Staatsbeamten vom 2.
Juli 1923 ſind am 1. Otkober 1923 in den Ruheſtand getreten: Direktor
der Landwirtſchaftl. Verſuchsſtation Geheimer Hofrat Prof. Dr. Paul
Wagner zu Darmſtadt; Regierungsrat bei der Zentralſtelle für die
Gewerbe Ferdinand Reuter, zu Darmſtadt; Amtsobergehilfe bei der
Lehranſtalt für Obſtbau und Landwirtſchaft Georg Luh zu
Fried=
berg. Aus dieſem Anlaß iſt den genannten Beamten die Anerkennung
der dem Staate geleiſteten langjährigen treuen Dienſte ausgeſprochen
worden. — Auf Grund des 8 1 des Geſetzes über die Altersgrenze der
Staatsbeamten vom 2. Juli 1923 iſt am 1. Oktober 1923 der Direktor
des Seminars für Volksſchullehrerinnen zu Darmſtadt
Oberſtudien=
direktor Dr. Philipp Jacobi in den Ruheſtand getreten. Aus dieſem
Anlaß iſt dem genannten Beamten die Anerkennung der dem Staate
geleiſteten langjährigen treuen Dienſte ausgeſprochen worden. — Auf
Grund des 8 1 des Geſetzes über die Altersgrenze der Staatsbeamten
vom 2. Juli 1923 ſind am 1. Oktober 1923 in den Ruheſtand getreten:
die Notare Geh. Juſtizrat Ferdinand Gallus in Darmſtadt;
Juſtiz=
rat Daniel Freund in Offenbach; Geh. Juſtizrat Hermann Metz
in Darmſtadt; der Rechnungsdirektor Ludwig Jung in Darmſtadt;
Bureaudirektor Karl Bühner in Gießen; Oberjuſtizinſpektor Johann
Grohrock in Hirſchhorn und Oberjuſtizinſpektor Wilhelm Stein
in Friedberg. Aus dieſem Anlaß iſt den genannten Beamten die
Aner=
kennung der dem Staate geleiſteten langjährigen treuen Dienſte
ausge=
ſprochen worden.
Goethes Kampf für das Urheberrecht.
(Neues aus ſeinen Privatakten.)
* Das deutſche Urheberrecht hat ſich erſt allmählich im engen
Zuſammenhang mit den geiſtigen Strömungen des 19.
Jahrhun=
derts entwickelt. Noch vor 100 Jahren waren die geiſtigen Werke
ſo gut wie ungeſchützt. Wie in ſo vielen Dingen hat Goethe auch
im Kampf für die Rechte der Geiſtesarbeiter bahnbrechend
ge=
wirkt, und wenn er auch zunächſt für ſich ſelbſt umfaſſende
Pri=
vilegien zu erreichen ſuchte, ſo war doch ſein Vorgehen
maß=
gebend für den Sieg des Schutzgedankens, deſſen hohe Bedeutung
er betonte. Deshalb ſtellt Hermann Knott in einem Aufſatz der
„Deutſchen Rundſchau”, der das Werden des deutſchen
Urheber=
rechts ſchildert, Goethe in den Mittelpunkt ſeiner Darſtellung,
und zwar hat er die „Privatakten: Goethes benutzen können,
die im Goethe= und Schillerarchiv erhalten ſind. Bei der Arbeit
an der Ausgabe letzter Hand, in der der Dichter ſein Lebenswerk
abſchließen wollte, war er auch als guter Hausvater darum
be=
ſorgt, dieſe Neuausgabe gegen die Nachdrucker zu ſchützen und
ihre Erträgniſſe möglichſt lange für ſeine Erben zu ſichern. Er
wandte ſich daher mit ſeinem Geſuch an die Bundesverſammlung,
in dem er zunächſt die bisherige Art des Schutzes durch
einzel=
ſtaatliche Privilegien behandelte und dann fortfuhr: „Sollte
nun gegenwärtig der erhabene Bundestag, der Verein aller
deut=
ſchen Souveränitäten, nicht dasjenige als Geſamtheit
auszu=
üben geneigt ſein, was die einzelnen vorher anzuordnen und
eſtzuſetzen bereit waren, und wäre nicht durch einen ſolchen Akt
das entſchiedenſte Gewicht auf deutſche Literatur und
Geiſtes=
bildung kräftigſt zu betätgen?‟ Die Bundesverſammlung lehnte
aber eine einheitliche Reglung, die der Dichter erſtrebt hatte, ab
und begnügte ſich, „in der Ueberzeugung, daß alle deutſche „
Re=
gierungen wohl gerne durch Willfahrung des geſtellten Geſuches
und Erteilung gleichwäßiger Privilegien einem ſo allgemein
geehrten deutſchen Schriftſteller wie Herrn von Goethe ein
Zei=
chen ihrer Achtung und Anerkennung ſeiner Verdienſte um die
deutſche Literatur zu geben bereit ſein werden, den Wunſch
äußern zu dürfen: daß ſämtliche hohen Bundestagsgeſandten
es übernehmen möchten, das Geſuch des Groſtherzöglich
Sach=
ſen=Weimariſchen Staatsminiſters von Goethe ihren
Regierun=
gen bevorworten vorzulegen und dadurch die gewünſchte
Erledi=
gung in geeignetem Wege zu bewirken.‟ Es bleibt alſo dem
Dichter nichts anderes übrig, als ſich an alle Regierungen ein=
zeln um Verleihung der Privilegien zu wenden. Verſchiedene
Fürſten richteten huldvolle Briefe an ihn und ſchickten ihm die
Privilegien gleich zu. Beſonders beglückt war er über das
däniſche Privilegium, das für die Herzogtümer Holſtein,
Lauen=
burg und Schleswig erteilt wurde. Sehr bedingt war zunächſt
die Erklärung Preußens, und Oeſterreich gab ſeine Zuſtimmung
erſt auf mehrfaches Schreiben. Es dauerte lange, bis alle 39
Pri=
vilegien beiſammen waren, und Goethe mußte ſeine ganze
diplomatiſche Kunſt entfalten, um in ſeinen Dankſchreiben die
paſſenden Wendungen zu finden.
Die Privilegien, die er erhielt, wurzelten ihrem rechtlichen
Gehalt nach noch vielfach in der Anſchauung, daß der Dichter
nicht als der geiſtige Urheber ſeiner Werke, ſondern als der
finanziell die Neuausgabe Wagende geſchützt wurde. Einige
Höfe veralngten die Angabe des Verlegers, und Goethe mußte
betonen: „Ich habe für mich und die Meinigen darum
nachge=
ſucht, und nun iſt mein Verhältnis zum Verleger nur ein
Privatkontrakt.” In einem Schreiben an den Kanzler von
Müller umriß er das Problem des modernen Urheberrechts mit
den treffenden Worten: „In einer aufgeklärten Zeit wird immer
mehr zur Sprache komen, was eigentlich der Autor zu fordern
habe, als Urheber ſo mancher willkommenen Gabe, deſſen
Befug=
nis bisher in Deutſchland verkannt worden. Hier iſt jedoch die
Stelle zu bemerken, daß, wenn in der älteren Zeit der Verleger
durch ein Privilegium ſeine Koſten zu decken, ſeinen Gewinn zu
ſteigern ſuchte, nunmehr wohl die höchſten Staatsverweſer dem
Autor und den Seinigen einen rechtmäßigen Beſitz, der den
gei=
ſtigen Erwerb ſo gut als jedem andern zukommen dürfte, zu
verſichern wohlwollend geneigt ſein werden.” Mit der Erfüllung
dieſer Wünſche hatte es aber noch gute Wege. Erſt nach Goethes
Tode wurde auf Preußens Betreiben eine Vereinheitlichung der
Schutzfriſt, die zurzeit Preußen eingeführt hatte, auch von
ande=
ren deutſchen Staaten anerkannt. Die Privilegien, die von dem
Deutſchen Bund zuerſt dem Größten der Klaſſiker zugeſtanden
worden waren, wurden dann auch auf die anderen ausgedehnt,
auf Schiller, Jean Paul, Wieland und Herder, und als die
Schuttzfriſt für dieſe Privilegien zu Beginn der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts abgelaufen war, bot dies den Anlaß zu
einer einheitlichen Reglung der Schutzfriſt. Das neue Deutſche
Reich ſah dann die Entſtehung des Urheberrechts, wie wir es
heute beſitzen und zu dem Goethe mit ſeinem Vorgehen den erſten
Anſtoß gegeben hatte.
Japaniſche Wohnräume.
Durch die Kataſtrophe im Oſten iſt das Intereſſe noch
wei=
terer Kreiſe als bisher für die Welt des Oſtens geweckt worden.
Und eben zu dieſer Zeit erſcheint eine höchſt bemerkenswerte,
reichilluſtrierte Veröffentlichung, die das Wohnweſen, die Kunſt
und die geiſtige Welt des Oſtens in anſchaulicher Form zur
Dar=
ſtellung bringt, das überaus intereſſante „Oſtaſien=Heft”
der von Hofrat Alexander Koch herausgegebenen Darmſtädter
Kunſtzeitſchrift „Innen=Dekoration‟. Da ſind in
unübertreff=
lichen, ſehr großen Abbildungen vorbildliche japaniſche
Wohnräume aus Tokio, luftige Empfangszimmer,
Wohn=
zimmer, Schllaf= und Badezimmer, Niſchen mit Hängebildern,
Blumen und Hausaltären, zu ſehen, die das Weſen der öſtlichen
Wohnungskunſt anſchaulich vor Augen führen. „Das japaniſche
Wohnhaus hat etwas Laubenartiges, Baumhaftes und ganz
Luf=
tiges”, leſen wir da, „die Handwerker, die es angeferdigt haben,
muß wan als Großeneiſter der gradlinigen Grazie anſprechen,
als Zauberküinſtler der einfachen Anmut. Das japaniſche
Wohn=
zimmer iſt das praktiſchſte Zimmer, das ſich denken läßt; es iſt
nur auf das „Räumlich” geſtellt, es ermöglicht das leichteſte und
würdigſte Wohnen.” Oder: „Begibt man ſich an einem quälend
heißen Sonnmertage aus der Glut der ſengenden Sonne in einen
Teeraum, ſo wird man in der verdunkelten Kühle des
Toko=
nomas vielleicht eine hängende Baſe wit einer einzigen Lilie
entdecken. Dauträufelnd ſcheint ſie über die Torheit des Lebens
zu lächeln.” Ueber die Kunſt des Oſtens berichtet ein
Bei=
trag mit charakteriſtiſchen Bildern aus dem „Muſeum für
oſt=
aſiatiſche Kunſt” im Köln. Plaſtiken des Amida, eines betenden
Prieſters, vervollſtändigen das Bild. Beiträge über die
Weis=
heit des Oſtens (aus dem „Tao=te=King” des Laotſe und
dem Upaniſhaden) über die „Melodie des Oſtens” u. a. m.
bringen die geiſtge Welt des Oſtens dem Leſer nahe. In ſchönen
Abbildungen werden einige Räume und kunſthandwerklich
vor=
trefflich durrchgearbeitete Einzelmöbel der im Rhythmts der
öſt=
lichen Weſensart ſich ampaſſenden „Mikado=Werkſtätte‟=Bonn
ge=
zeigt, ſowie eine Reihe von Räumen und Möbeln aus Baſel,
ferner Schränſchen, Kommode, Wandſchirm ud Tiſch in
koſt=
barer, ſchwarz und goldener Lackarbeit u. a. m.
Dieſes ſehr bemerkenswerte und aktuelle „Oſtaſien=Heft” mit
ſeinen oa. 36 großen Abbildungen und Sepiaton=Beillagen dürfte
ganz beſonderes Indereſſe ſinden, zumal da es zu einem
außer=
gewöhnlich niedrigen Grundpreiſe von 1.60 von jeder
Buchhand=
lung oder von der Verlagsanſyalt Alexander Koch, Darmſtadt,
zu beziehen iſt.
Seite X.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 4. Oktober 1923.
Nummer 274.
— Erledigt ſind; eine Lehrerſtelle für einen katholiſchen Lehrer an
der Volksſchule in Dietesheim, Kreis Offenbach. Dienſtwohnung Betrieb einer Kaffeewirtſchaft, verhunden mit Likörausſchank im Hauſe
ſchafft werden; eine Lehrerſtelle für eine evangeliſche Lehrerin an der
Volksſchule in Staufenberg Kreis Gießen. Die Beſchaffung
einer Familienwohnung iſt in abſehbarer Zeit nicht möglich.
Berichtigung. In der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1923,
betreffend: „Zu beſetzen ſind die Stellen”, heißt es unter 2.: je eines
juſtiz ſekretärs”.
* Geſperrt. Der Uebergang an der Eſchollbrücker Chauſſee
iſt ſeit geſtem ebenfalls von den Franzoſen geſperrt worden.
Die Brücke iſt von Poſten beſetzt.
— Die Mietabteilung des Heff. Landestheaters. Heute Donnerstag,
4. Oktober, finden an der Kaſſe des Kleinen Hauſes von 10—1 Uhr
und von 3—6 Uhr die Erhebung der Nachzahlungen für die Vollmiete
4 und D, die Schauſpielmiete a und d, ſowie der Vollmieten mit
Zu=
ſatzmieten 4 mit l oder IIl und D mit IV oder X ihren Abſchluß. Als
letzter Tag für die Ueberweiſung der Schecks oder auf die Bank gilt der
Freitag.
Das erſte Konzert der Trio=Vereinigung: Roſenſtock, Drumm,
Andreae findet am Samstag, den 6. 10., abends 7 Uhr, im Kleinen
Haus des Landestheaters ſtatt. Das Programm umfaßt Brahms, H=Dur=
Trio, op. 8, Schumann, Trio in D=Dur, op. 6 und Mozart, E=Dur=
Trio.
— Die Darmſtädter Sezeſſion hat, ſo ſchreibt man uns, nach ihrer
Neukonſtituierung im Juni d. J8. ihren Mitgliederkreis weſentlich
er=
weitert. Die Maler H. Biſſier, Gwald Dülberg, Alb. Fuß und Hrch.
Kampendonck, der Bildhauer Franz Gelb ſowie der Architekt Prof. Dr.
H. Soeder, haben ihren Beitritt erklärt; ihrer urſprünglichen
Beſtimm=
ung folgend, ein Zuſammenſchluß der produktiven und fortſchrittlichen
Kräfte Süd=Weſt=Deutſchlands zu ſein, gehören nunmehr neben dem
Generalintendanten G. Hartung und dem Schriftſteller Dr. K. 7.
Obenauer, die Komponiſten Paul Hindemith und Wilhelm Peterſen,
der Darmſtädter Sezeſſion als Mitglieder an. Die künſtleriſche und
ge=
ſchäftliche Leitung liegt in den Händen des Aktionsausſchuſſes, der ſich
zurzeit aus den Herren Antes, Gunſchmann, Habicht, Pilartz und Würth
zuſammenſetzt. Nach Fühlungnahme mit dem Deutſchen Kartell der
internationalen Union der fortſchrittlichen Künſtlergruppen” plant die
Darmſtädter Sezeſſion neben anderen Veranſtaltungen eine im
Früh=
jahr nächſten Jahres ſtattfindende Kollektivausſtellung, die von
Darm=
idt aus nach Frankfurt a. M. und von da nach verſchiedenen anderen
Städten wandern wird. Infolge des kürzlich vollzogenen Austrittes
der Darmſtädter Sezeſſion aus der „Heſſiſchen Arbeitsgemeinſchaft für
bildende Kunſt” wird dieſe Ausſtellung, die nach mehrjähriger Pauſe
erſtmalig die Werke der fortſchrittlichen Künſtler Heſſens und Süd=
Weſt=Deutſchlands zeigen wird, in den weiteſten Kreiſen mit beſonderem
Intereſſe erwartet.
— Bühnenvolksbund. Die erſte Vorſtellung findet Samstag den
6. Oktober, ſtatt. Die Karten können von Freitag vormittag ab bei
Chriſtian Arnold, Ernſt=Ludwigsſtraße 9, abgeholt werden. (S. Anz.)
— Paulusgemeinde. Nächſten Sonntag, 7. Otkober, abends 8 Uhr,
findet im Gemeindeſaal wieder eine Gemeindeverſammlung
ſtatt, zu der alle erwachſenen Gemeindeglieder herzlich eingeladen
wer=
den. Dieſe Verſammlungen haben in der Gemeinde großen Anklang
gefunden und dienen der Ausſprache über alle möglichen
Gemeinde=
fragen. Das Thema „Der Gottesdienſt” wurde ſeither behandelt, nun
ſollen einzelne gottesdienſtliche Handlungen, ſo das nächſte Mal „Die
Taufe”, zur Verhandlung kommen. Es wird gebeten, Geſangbücher
mitzubringen. In dieſen trüben Zeitläuften werden ſolche
Veranſtal=
tungen, die ernſter Arbeit dienen, gewiß auch als ein Ruhepunkt
emp=
funden werden.
Vund deutſcher Jugendverbände. Am kommenden Samstag und
Sonntag feiert der Landesverband HeſſenNaſſau und Heſſen des
Bundes Deutſcher Jugendvereine ſein Jahresfeſt in
das Myſterienſpiel „Gevatter Tod” in der Johanneskirche auf. Um es
Abend um 8 Uhr in der Johanneskirche wiederholt. Eintrittskarten
ſind bei Fa Guſtav Paul und den Buchhändlern, Herren Schlapp und
Saeng zu 1 Million zu haben.
im kath. Geſellenhaus ſtatt und konnte ſich eines ſehr guten Beſuches
er=
freuen. Eingeleitet mit Muſikvorträgen, begrüßte Herr Studienrat Dr. zwiſchen ausgezogenen Mieters wurde dies von anderen als Zeugen ge=
Gottron die Erſchienenen, gab einen kurzen Rückblick auf die ſeitherige
Tätigkeit, den Zweck und die Ziele der Jugendvereinigung. Insbeſon= ſodaß Freiſpruch erfolgte.
dere ſprach er dem Fürſten Löwenſtein Dank für die Ueberlaſſung von
Näumen auf der Burg Breuberg, die zu einer gemütlichen kath.
Jugend=
herberge ausgebaut worden ſind. Den Reſt des Abends bildete nach
Lichtbildervortrag, der die Burg Breuberg, ihre Umgebung, die Arbeiten
der Jugendgemeinſchaft und das Leben und Treiben derſelben
zeigte. Die humorvollen Worte des Herrn Dr. Gotkron und die
ſchönen Lichtbilder fanden dankbare Herzen und reichen Beifall. — Herr
Dekan Caſtell mahnte die Jugend bei ihren Wanderungen auf Ordnung
und Sitte zu halten, damit auch die Eltern Freude an der neuen
Ju=
gendvereinigung haben.
Die Auszahlung der Militärverſorgungsgebührniſſe für den
Mo=
nat Oktober ds. Js. findet beim hieſigen Poſtamt I am 5. ds Mts. von
8—12 und von 3—6 Uhr an 8 verſchiedenen Zahlſtellen ſtatt. Quittungen
ſind nicht vorzulegen, die Aushändigung der Beträge erfolgt vielmehr
nach vorheriger Quittungserteilung an den betreffenden Zahlſtellen. Nachmittag 31z Uhr ſtatt.
Vorzuzeigen iſt lediglich die Nummerkarte. Rentenbezieher, die nicht
perſönlich zur Empfangnahme ihrer Bezüge erſcheinen können, wollen
eine andere Perſon beauftragen, dieſe hat ebenfalls die Nummerkarte
vorzuzeigen. Bemerkt wird gleichzeitig noch, daß die Beträge nur bis
zum 8. ds. Mts. beim Poſtamt abgehoben werden können.
E Kartoffelverſorgung für Kriegsbeſchädigte und
Kriegs=
hinterbliebene. Anträge auf Bevorſchuſſung der Zuſatzrente für
werbsleben ſtehenden Schwerbeſchädigten, Hinterbliebenen,
Alt=
rentnern und Altrentverinnen in der Zeit vom 5. bis 15. d. M., 10 Tagen eintrifft. Infolge der fortſchreitenden Geldentwertung und
mittags von 3 bis 6 Uhr, bei der amtlichen Kriegsbeſchädigten=
und Kriegshinterbliebenenfürſorge der Stadt Darmſtadt (alter pro Zentner.
Ludwigsbahnhof) geſtellt werden. Kriegsbeſchädigte und Alt=
Zimmer 41.
I. Hundeſteuer. Von allen Hundebeſitzern, die bis zum 10. Okt.
ſtädtiſchen Steuerſtelle gemeldet haben, wird eine Nachtragsſteuer
für 1993 erhoben und zwar; für den 1. Hund von 1,5 Grundmark, für Darlegung der ſo bedrohlich gewordenen augenblicklichen Verhältniſſe
Grundmark. Der jeweils zu entrichtende Steuerbetrag wird durch
fällg.
Unſere geſtrige Notiz iſt in dieſem Sinne richtig zu ſtellen.
gerichtshofes am Samstag, den 6. Oktober 1923, vormittags 91. Uhr.
einer Schankwirtſchaft im Hauſe Große Marktſtraße Nr. 17: 2. Klage
des Willy Stern in Friedberg gegen 1. Nechtsanwalt und Notar Jöckel,
2. Wilhelm Füller und 3. Guſtav Trapp ſämtliche in Friedberg, auf
Schadenserſatz; hier: Vorentſcheidung.
— Städtiſche Leſe= und Bücherhalle. Im Monat September wurde
die Leſehalle von 4999 Perſonen beſucht (1922: 4966). Aus der
Bücher=
halle nach Hauſe entliehen, wurden im ganzen 16 233 Bände (1999=
16092), darunter 7476 wiſſenſchaftliche und belehrende Werke. An
Büchergeſchenken gingen im Monat September ein; von Frau Profeſſor die Franzoſen geſperrt. Den hieſigen Bewohnern iſt dadurch die Mög=
Staudinger 10 Bde, von Ungenannt 2 Bde, desgleichen 1 Bd. Allen lichkeit genommen, die letzte Ruheſtätte ihrer Angehörigen zu beſuchen
zeit willkommen.
I. Provinziglausſchuß. 1. Ueberlaſſung der Wieſe am Glocken= allgemeine, tiefe Erregung und Erbitterung unter den
Friedhofs=
buckel an den Glöckner der katholiſchen Kirchengemeinde Bürſtadt; beſuchern hervorgerufen. Der Waldfriedhof iſt ſtädtiſches Eigentum,
hier; Berufung der Gemeinde Bürſtadt gegen das Urteil des Kreis= und man hat deshalb allgemein erwartet, daß ſeitens der
Stadtverwal=
ausſchuſſes des Kreiſes Bensheim vom 19. 4. 1923. Erſchienen R=A. tung Schritte getan und bekannt gegeben würden, damit dieſe für die
Geißner=Darmſtadt und Bürgermeiſter Fiedler von Bürſtadt. Der Dauer geradezu unerträgliche Sperrung entweder gänzlich beſeitigt oder
Gemeinderat hatte den bezüglichen Beſchluß gefaßt, das Kreisamt ihn derſelben doch wenigſtens eine Form gegeben wird, unter der es den
beanſtandet, der Kreisausſchuß trat der Beanſtandung bei, da der Bewohnern wieder möglich iſt, die Nuheſtätte ihrer Toten zu beſuchen.
Glöckner für die politiſche Gemeinde keine beſtimmten Verrichtungen Eine derartige Erklärung iſt leider bis heute nicht erfolgt. Im Beſitz
mehr beſorgt. Eigentum am Turm und Hofraum der Kirche iſt auf eines Perſonalausweiſes, der aber von den Franzoſen zurückgewieſen
Läuten der Glocken geſchieht im Intereſſe der Kirchengemeinde N.= welche Schritte in dieſer Angelegenheit zu tun ſeien. Dieſe Behörde
beſtanden habe, daß der Glöckner bei Feuer= Sturm= und Waſſergefahr, ſagt, daß der Herr Oberbürgermeiſter wegen der Sperrung des
Fried=
geläutet habe und es ſei nur recht und billig, daß nach Beſchluß des hofs gar nichts tun könne: er ſei in dieſer Sache vollſtändig ohnmächtig,
Zivilgemeinde bewilligt wurde. Politiſche Momente ſpielten mit, als darauf das Viſum des franzöſiſchen Delegierten in Groß=Gerau zu
er=
der Gemeinderat demnächſt entgegengeſetzte Entſchließung faßte. Der halten. Ob ein ſolches Viſum zu erlangen wäre, ſei jedoch fraglich. Da=
Glöckner ſtellte ſeinen Dienſt ein. Im März 1923 hat der Gemeinderat mit iſt geſagt, daß der Beſuch des Waldfriedhofs auch fernerhin
un=
den nun beanſtandeten Beſchluß gefaßt, worauf der Glöckner wieder möglich iſt.
läutete. Bürgermeiſter Fiedler betont, daß das Uhraufziehen von der
Gemeinde bis 1906 bezahlt wurde, für das Läuten ſei dem Glöckner meiſter gegen dieſe unerhörte Maßregel bei der zuſtändigen
franzöſi=
die Wieſe — jetzt ſchlechtes Ackerland — überlaſſen worden, Bürſtadt ſchen Stelle auch tatſächlich Verwahrung eingelegt und diejenigen
habe keine öffentliche Uhr, auch keine Mittel eine ſolche eben zu erwer= Schritte getan hat, um den Beſuch des Friedhofs wieder zu ermöglichen.
ben, die Uhr habe kein Zifferblatt, aber ſie ſchlage, die Gemeinde ſolle Was der Einzelne in dieſer Beziehung tut, hat keinen Erfolg. Nur
nach ſeiner Anſicht doch etwas tun, um dem alten Herkommen gerecht durch ein entſchiedenes Vorgehen der Stadtverwaltung und, wenn es
ſtattgegeben und die kreisamtliche Beanſtandung des Gemeinderatsbe= ſo überaus ſchmerzlich empfundene Friedhofsſperre wieder zur
Auf=
ſchluſſes aufgehoben.
2. Geſuch des Th. Volkmann zu Eberſtadt um Erlaubnis zum
iſt nicht vorhanden. Für einen ledigen Lehrer könnte ein Zimmer be= Neue Darmſtädterſtraße 25; hier: Berufung des Geſuchſtellers gegen das
Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Darmſtadt vom 29. Mai 1923.
Die Kaffeewirtſchaft hat der Kreisausſchuß geſtattet, dagegen den
Likör=
ausſchank verſagt. Erſchienen: Der Geſuchſteller, der die
Kaffeewirt=
ſchaft ſeit 1908 betreibt. betont der Gemeinderat habe den
Liköraus=
ſchank beförwortet, die Wirtſchaft ſei gerade an der Halteſtelle der elek=
„Oberjuſtiz inſpektors”, während es heißen muß: je eines „Ober= triſchen Bahn und gerade im Winter begehrten die Gäſte auch einen
Likör. Urteil: Die Berufung des Th. Volkmann wird
abge=
wieſen.
3. Beſchwerde des Fahrradhändlers Georg Kolb zu Großgerau
gegen den Beſchluß des Gemeinderates Großgerau vom 21. Dezember
1922 wegen Abbruch eines Gebäudes; hier; Berufung der Gemeinde
Großgerau gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes
Groß=
gerau vom 24. 4. 1923. Erſchienen: Gg. Kolb. Kolb hat ein Haus
er=
worben das er abbrechen will. Das Mieteinigungsamt hat die
Zu=
ſtimmung erklärt, der Gemeinderat ſie aus Gründen der Wohnungsnot
verſagt. Das Kreisamt hat den Gemeinderatsbeſchluß beanſtandet, der
Kreisausſchuß hat den Gemeinderatsbeſchluß aufgehoben, weil das
Mieteinigungsamt zum Abbruch ſeine Zuſtimmung gegeben hat. Das
Kreisgeſundheitsamt hat den Zuſtand des Hauſes als
geſundheitsge=
fährlich bezeichnet, ebenſo das Kreisbauamt. Die Gemeinde iſt im
heuti=
gen Termin nicht vertreten. Entſcheidung: Das Verfahren wird
ausgeſetzt und das Mieteinigungsamt um nochmalige
Beſchlußfaſ=
ſung erſucht.
4. Geſuch der Firma Lederwerke Maingau in Offenbach um
Ge=
nehmigung zur Errichtung einer Chromgerberei; hier; Berufung der
Lederwerke Maingau gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes Offenbach
vom 19. 3. 1923. Das Verfahren wird ausgeſetzt, bis deſſen
Fort=
ſetzung von den Parteien ſelbſt beantragt wird.
n. Strafkammer. Der ſchöffengerichtlich wegen Hehlerei zu 6
Mo=
naten Gefängnis verurteilte frühere Althändler Oskar Keſſelring hatte
mit ſeiner Verufung Erfolg und wurde nunmehr freigeſprochen. Es
handelt ſich um den Ankauf alter Geſchäftsbücher nebſt gleicher
Korre=
ſpondenz als Makulatur, die durch einen ſtraflos ausgegangenen
Jugend=
lichen aus dem Keller einer hieſigen Buchhandlung mittels Einſteigens
entwendet worden waren. K. behauptete, wie in erſter Inſtanz,
gutgläu=
bigen Erwerb, und vermochte dafür neue Beweiſe beizubringen. Jenes
diebiſche Bürſchchen hatte danach als Ausweis eine (allerdings gefälſchte)
ſchriftliche Ermächtigung unter ſonſtigen Lügen vorgelegt, und war einem
damals anweſenden Zeugen perſönlich bekannt, worauf ſich K. verlaſſen
konnte. Außerdem bekundeten zwei Polizeibeamte einwandfreien
Be=
trieb des Angeklagten, der übrigens inzwiſchen das Trödelgewerbe
auf=
gegeben hat. — Ebenfalls mit Freiſpruch endigte die Berufung des vom
Schöffengericht wegen unbefugten Arzeneimittelhandels mit 4 Monaten
Gefängnis belegten Georg Crößmann von hier, nachdem zwei andere
Beteiligte ſich bei den gleichzeitig gegen ſie erkannten Geldſtrafen beruhigt
hatten. Für Cr. erwuchs der günſtige Ausgang auf Grund jüngerer
Nechtſprechung des Reichsgerichts, daß die Verordnung, betreffend den
Arzeneimittelhandel, nur wirkliche Waren ſolcher Art umfaßt. Im
Fragefall hatte aber ein Frankfurter Schwindler, der deshalb dort eine
Betrugsſtrafe erhielt, ſtatt des angeblichen Kokains nur Naphralin
hier=
her an die darüber getäuſchten Andern verſchoben. Auch die
Strafbe=
ſtimmungen über Schleichhandel boten keine Handhabe, ſodaß die
An=
klage nicht zu halten war.
n. Schöffengericht I. Von mehreren verhandelten Diebſtahlsfällen iſt
derjenige des 24jährigen Gärtners Heinrich Kreſſel, hier, erwähnenswert,
weil, der Angeklagte in gemeingefährlicher Weiſe Jugendliche zu der
ſeinerſeits angeregten Langfingerei mißbraucht hat. Dieſe ſind bereits
früher deshalb beſtraft worden, und er ſelbſt wurde nunmehr wegen
einfachen ſowie ſchweren Diebſtahls zu insgeſamt 10 Monaten Gefängnis
verurteilt. — Eigenartige Ruheſtörung war einem hieſigen Hausbeſitzer
W. zur Laſt gelegt bezw, von ihm durch Einſpruch gegen den deshalb
Darmſtadt. Im Verlaufe des Feſtes führt eine Frankfurter Spielſchar erlaſſenen Strafbefehl zur gerichtlichen Entſcheidung gebracht. Der
An=
geklagte hält ſich ſeit Jahren zur Selbſtverſorgung eine größere Anzahl
auch der Oeffentlichkeit zugänglich zu machen, wird es am Sonntag Hühner nebſt Hahn, und das nächtliche Krähen des Letzteren wurde von
einem Mieter unliebſam empfunden, ſodaß er nach erfolgloſem
Vorhal=
ten und Beſchwerden die polizeiliche Anzeige veranlaßte. Die
Beweis=
aufnahme erſtreckte ſich darauf. ob W. ſchuldhaft Maßnahmen zum
Ein Elternabend der kath. Jugendvereinigung fand geſtern abend Hintanhalten allzu frühen Krähens (Verdunkeln des Hühnerſtalls uſw.)
verſäumt habe. Gegenüber der beſtimmten Ausſage des erwähnten,
in=
hörten Hausbewohnern verneint und ebenſo die Schlafbeeinträchtigung,
wb. Die Schlüfſelzahl für die Arzneitaxe ab 5. Oktober beträgt für
das unbeſetzte Gebiet für Waren= und Gefäßpreiſe 1 050 000, für das
einigen muſikaliſchen Darbietungen und Vorträgen von Mitgliedern ein unbeſetzte Gebiet 1 420 000. Für die Arbeitsvergitung bleibt die alte
Schlüſſelzahl beſtehen.
— Berichtigung. In unſerer geſtrigen Nummer iſt uns ein
Druck=
fehler unterlaufen. Die Schlüſſelzahl für das deutſche Buchdruckgewerbe
beträgt nicht 3 100 000 ſondern 3600000.
Lokale Veranſtaltungen.
Die Hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachien,
in leinem Faſſe irgendwie als Beſdrechung oder Krik.
e. Stadtmiſſion. Der Teeabend für Ausgewieſene mit ihren
Familien iſt auf Freitag kommender Woche (12. Oktober) verlegt worden.
Der Gottesdienſt im Verſorgungslazarett findet kommenden Sonntag 9
— Café Bismarck. Auf den am Donnerstag, den 4. Oktober,
im Café „Fürſt Bismarck” ſtattfindenden Opern=Abend unter
Lei=
tung des Kapellmeiſters Willi Bahl wird hierdurch nochmals verwieſen.
Siehe Anzeige.)
Aus den Parteien.
— Aus der Deutſchnationalen Volkspartei,
Orts=
die Kartoffelverſorgung können von den dauernd nicht im Er= gruppe Darmſtadt. Wir machen unſere Mitglieder, die Winterkartoffeln 4. Kalendervierteljahr 1923 beträgt:
beſtellten, darauf aufmerkſam, daß die erſte Sendung in vorausſichtlich
vormittags von 8½ bis 12 Uhr, in Ausnahmefällen auch nach= Teuerung ſind die Kartoffelpreiſe bedeutend geſtiegen. Wir bitten die
Beſteller um alsbaldige Nachzahlung von zunächſt 70 bezw. 50 Millionen
— Deutſche Volkspartei. Am 28. September trat der
renmer Zimmer 45, Kriegshinterbliebene, und Altrentnerinnen Frauenausſchuß der DV.P. nach einer längeren Pauſe wieder
zuſam=
men. Die 1. Vorſitzende, Frau Deinhard, begrüßte die zahlreich
Erſchie=
nenen und ging in tiefempfundenen, warmen Worten auf den Ernſt der leiſten.
Lage ein. Sie ſtellte die Forderung: zurück zur Arbeit und zum Gebet.
I. J. ihren Hund nicht abgeſchafft und dies nicht bis 15. Oktober der Generalſekretär Kollbach ergänzte ihre Ausführungen durch eine klare
den 2. Hund von 3 und für den 3. und jeden weiteren Hund von 4,5 und kommt zum Schluß; daß die beſte Politiß jetzt die iſt, das Reich in
ſeiner Schickſalsſtunde zuſammenzuhalten. — In der anſchließenden an= 30. September 1923 fällige Steuerſchulden bei verſpäteter Zahlung der
Vervielfachung der obigen Sätze mit der am Zahlungstage gültigen den Ausführungen der beiden Vortragenden. Herr Kollbach erklärte ſich Fälligkeitstage gültigen Goldumrechnungsſatz der Landabgabe in Gold=
Reichsindexziffer errechnet. Dieſe Nachtragsſteuer iſt bis 15. November bereit, bei monatlichen Zuſammenkünften der Frauen der DV.P. fort= mark umgerechnet; dieſer Goldmarkbetrag wird dann nach dem am
Tagesordnung für die Sitzung des Heſſiſchen Verwaltungs= laufend über die außen= und innenpolitiſche Lage zu ſprechen. Alle
Frauen der DV.P., die ſich hierfür intereſſieren, werden gebeten, ſich in Der Unterſchied zwiſchen dieſem Papiermarkbetrag und der urſprüng=
1. Geſuch des Oto Reinheimer in Offenbach um Erlaubnis zum Betrieb eine Liſte auf der Landesgeſchaftsſtelle, Wühelminenſr, 5, unzuzeichmen. Sinne des Steuerzinsgeſetzes. Iſt der Unterſchied geringer als 10 Pro=
Die Höhe der Oktober=Vorauszahlungen auf
Einkommenſteuer und Körperſchaftsſſeger.
Der Reichsminiſter der Finanzen hat durch Verordnung vom
2. September die Höhe der Vorauszahlungen auf die
Einkommen=
ſteuer und die Körperſchaftsſteuer neu feſtgſteſetzt. Danach haben die
einkommenſteuerpflichtigen Einzelperſonen am 5. Oktober 1923 das
30 000fache und die Körperſchaften bei den nach dem 30. September 1923
fälligen Vorauszahlungen das 45 000fache des Grundbetrags der
Voraus=
zahlungen zu zahlen. Hierzu tritt die Rhein=Ruhr=Abgabe; ſie beträgt
bei den Einzelperſonen das Doppelte der erhöhten Vorauszahlungen und
bei den Erwerbsgeſellſchaften grundſätzlich die Hälfte der
Körperſchafts=
ſteuer, vervielfacht mit 45 000. Bei der Feſtſetzung der neuen
Multi=
tlikatoren iſt dem Sinken der Kaufkraft der Papiermark ſeit der letzten
Feſtſetzung im Auguſt Rechnung getragen worden, indem zur
Berech=
nung der Durchſchnitt des Dollarkurſes, des Lebenshaltungsindex und
des Großhandelsindes herangezogen wurde. Ließ die Finanzlage des
Reiches es nicht zu, von der vollen Ausnutzung der Vorauszahlungen
abzuſehen, ſo iſt doch der ſchwierigen Lage der Wirtſchaft dadurch
ent=
gegengekommen worden, daß an der Vervierfachung rückſtändiger
Zah=
lungen nicht feſtgehalten worden iſt. Vielmehr hat der Reichsminiſter
der Finanzen zugelaſſen, daß der Steuerſchuldner den ſeiner
Zahlungs=
pflicht am 5. Oktober entſprechenden Goldmarkbetrag im Laufe des
Monats Oktober zahlt. Für die Berechnung des Goldmartbetrages am
Fälligkeitstage (5. Oktober bei der Einkommenſteuer) einerſeits und des
Papiermarkbetrages am Zahlungstage andererſeits iſt der für die
Land=
abgabe jeden Mittwoch und Samstag feſtgeſetzte und am
darauffolgen=
den Tage veröffentlichte Umrechnungsſatz maßgebend. Es wird
er=
wartet, daß die Steuerpflichtigen trotz der Erſtreckung ihrer
Zahlungs=
pflicht auf einen ganzen Monat dem dringenden Geldbedarf des Reiches
dunh möglichſt baldige Zahlung Rechnung tragen. Dies liegt auch in
ihrem eigenen Intereſſe, weil ſie mit jeder Verzögerung das Riſiko einer
weiteren Markverſchlechterung auf ſich nehmen.
Steuerzahlungen im Oktober.
I. Einzelperſonen.
1. Alle diejenigen Perſonen, die im Jahre 1922 hauptſächlich
Ein=
kommen aus Landwirtſchaft, Induſtrie, Handel und Gewerbe, aus
Ka=
pitalvermögen (mit Ausnahme der Erträge auf deutſcher Währung
lau=
tender feſtverzinslicher Werte), aus Aufſichtsratstantiemen und aus
Grundbeſitz bezogen haben, haben ein Viertel der Einkommenſteuer für
1929 mal dreißigtauſend, d. h. das ſiebentauſendfünfhundertfache der
Jahresſteuer für 1922 am 5. Oktober 1923 als Vorauszahlung auf
die Einkommenſteuer für das letzte Kalendervierteljahr 1923 zu zahlen.
Ferner iſt in Höhe des doppelten Betrages der Vorauszahlung
(alſo Jahresſteuer für 1922 mal fünfzehntauſend) die zweite Rate der
Rhein=Ruhr=Abgabe gleichfalls am 5. Oktober 1923 zu zahlen.
Wer einen Abſchluß vor dem 1. Juli 1922 zugrunde gelegt hat,
hat die Vorauszahlung auf die Einkommenſteuer und die Rhein=Ruhr=
Rate nochmals zu vervierfachen.
2. Alle diejenigen Perſonen, deren Einkommen 1922 hauptſächlich
aus Erträgen auf deutſche Währung lautender feſtverzinslicher Werte,
aus Gehalt und Arbeitslohn, aus Einnahmen aus freien Berufen, aus
Spekulationsgewinn und dergleichen beſtanden und mehr als eine
Mil=
lion Mark betragen hat, haben als zweite Rate der Rhein=Ruhr=Abgabe
ein Viertel der Einkommenſteuer für 1923 mal zweihundert, d. h. alſo
das Fünfzigfache ihrer Einkommenſteuer für 1922 am 5. Oktober 1923
zu zahlen.
II. Erwerbsgeſellſchaften.
1. Vorauszahlungen auf die Körperſchaftsſteuer.
Die nach dem 30. September 1923 fälligen Vorauszahlungen auf die
Körperſchaftsſteuer ſind auf das Fünfundvierzigtauſendfache der nach
dem Körperſchaftsſteurgeſetz zu zahlenden Beträge erhöht worden.
Mit=
hin beträgt die erſte, binnen einem Monat nach der
Generalverſamm=
lung zu entrichtende Rate das Viertauſendfunfhundertfache, die zweite,
binnen vier Monaten nach der Generalverſammlung zu entrichtende
Rate das Zweitauſendzweihundertfünfzigfache des Reingewinns und
der verteilien Gewinnanteile des vorangegangenen Geſchäftsjahres.
2. Rhein=Ruhr=Abgabe. Am 5. Oktober 1923 iſt der
zweite Teilbetrag der Rhein=RuhrAbgabe fällig. Er beträgt bei
Geſell=
ſchaften, die ihr Geſchäftsjahr 1921/22 oder 1992 in der Zeit vom
1. Oktober 1922 bis zum 31. Dezember 1922 abgeſchloſſen haben, das
Zweiundzwanziatauſendfünfhundertfache bei Geſellſchaften, die ihr
Ge=
ſchäftsjahr 1921 22 in der Zeit vom 1. April 1922 bis zum 30.
Septem=
ber 1822 abgeſchloſſen haben, das Fünfundvierzigtauſendfache, bei
Geſell=
ſchaften, die ihr Geſchäftsjahr 1921/22 in der Zeit vom 1. Januar 1922
bis zum 31. März 1922 abgeſchloſſen haben, das Neunzigtauſendfache
des Betrages, der ſich als Körperſchaftsſteuer für das Geſchäftsjahr
1921/22 oder 1922 ergibt.
III. Gemeinſame Vorſchriften.
Werden die vorſtehenden Steuern nicht pünktlich bezahlt, ſo
wer=
den ſie aufgewertet, und zwar unter Anwendung des
Goldumrechnungs=
ſatzes, der für die Landabgabe maßgebend iſt; mindeſtens ſind jedoch
10 vom Hundert des urſprünglichen Papiermarkbetrages als Zuſchlag
zu zahlen.
Im eigenen Intereſſe des Steuerpflichtigen liegt es, bei den
Zah=
lungen die Art der Steuer, das Kaſſenzeichen ſowie Name (Firma) und
Adreſſe genau anzugeben. Es empfiehlt ſich auch, eine kurze Mitteilung
über die geleiſteten Zahlungen dem Finanzamt zugehen zu laſſen.
Im Intereſſe der Sieuerzahler!
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für dſe Beröffentlſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktlon kelnerlei
Ver=
antwortung; für ſie bleſbt auf Grund des 5 24 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſendes verantwortlich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden. Uönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
— Seit etwa drei Wochen iſt der Beſuch des Waldfriedhofs durch
Gebern herzlichen Dank!. Weitere Schenkungen von Büchern ſind jeder= und dieſelbe in gewohnter Weiſe zu pflegen und zu unterhalten. Dieſe
brutale, jeder Pietät hohnſprechende Maßregel unſerer Feinde hat eine
die Kirchengemeinde übergegangen, das Aufziehen der Kirchenuhr und wird, begab ich mich zur Polizeibehörde, um von dieſer zu erfragen,
A. Geißner vertritt die Anſchauung, daß ſeit 80 Jahren der Zuſtand vernies mich an die Stadtverwaltung. Im Stadthauſe wurde mir ge=
Gemeinderats dem Glöckner ſeinerzeit eine Vergütung hierfür von der und man riet mir, einen Paß zu erlangen, und den Verſuch zu machen,
„Nun kommt es aber darauf an, zu wiſſen, ob der Herr
Oberbürger=
zu werden. Urteil: Der Berufung der Gemeinde Bürſtadt wird, ſich als notwendig erweiſt, gemeinſam mit der Regierung, kann dieſe
hebung gelangen.
Die Landwirtſchaftskammer Darmſtadt teilt uns
folgendes mit:
Die am 5. Oktober fällige Einkommenſteuervorauszahlung für das
a) Wenn das Einkommen des Jahres 1922 nach dem Kalenderjahr
berechnet wurde, das 30 000fache der Vierteljahrsſteuer von 1923.
b)wenn das Einkommen des Jahres 1922 bei buchführenden
Be=
trieben nach einem vor dem 1. Juli 1922 (alſo ſpäteſtens mit dem
30. Juni 1922) endenden Wirtſchaftsjahre berechnet wurde, das
120 000fache der Vierteljahrsſteuer von 1922.
Gleichzeitig mit der Einkommenſteuervorauszahlung iſt die Rhein=
Nuhr=Abgabe in doxpelter Höhe der Einkommenſteuervorauszahlung zu
Während bei vor dem 1. Oktober 1923 entſtandenen Steuerſchulden
die Beſtimmungen des Steuerzinsgeſetzes gelten, wonach bei verſpäteter
Zahlung für je 14 Tage Friſtverſäumnnis der vierfache Betrag der
ur=
ſprünglichen Steuerſchuld als Zuſchlag zu zahlen iſt, wird für nach dem
geregten Ausſprache zeigte ſich eine erfreuliche Uebereinſtimmung mit auf volle Millionen nach unten abgerundete Steuerbetrag nach dem am
Zahltage gültigen Umrechnungsſatz wieder in Papiermark umgerechnet.
lichen, in Papiermark ausgedrückten Steuerſchuld gilt als Zuſchlag im
zent der urſprünglichen Steuerſchuld, ſo wird trotzdem zu dieſer ein
Zuſchlag von 10 Prozent wegen verſpäteter Zahlung erhoben,
ausge=
nommen bei Zahlungen innerhalb einer Woche nach Fälligkeit chier
alſo bis 12. Oktober einſchließlich) bei denen nur der
Umrechnungs=
ſatz der Landabgabe zugrunde gelegt wird, auch wenn er ſich um
weni=
ger als 10 Prozent erhöht ha.
Es empfiehlt ſich für die Landwirte, die beiden Steuerzahlungen
pünktlich am 5. Oktober zu leiſten, weil die Steuerſchuld wertbeſtändig
bleibt.
+ Arheilgen, 1. Okt. Geſtern beging der hieſige
Jünglings=
verein ſein 19. Jahresfeſt, das dem Ernſt der Zeſt entſprechend
ge=
feiert wurde. Im Feſtgottesdienſte, der durch Vorträge des
Poſaunen=
chores verherrlicht und zu dem unter der Loſung „Heiliger Krieg” eine
beſondere Ordnung aufgeſtellt war und zu dem die evangeliſche Jugend
aus einigen Nachbarorten und auch unſerer Gemeinde recht zahlreich
erſchienen war, predigte der in ebangeliſchen Jugendkreiſen bekannte
Pfarrer Eckhardt aus Walldorf über Math. 5, 13—16 „Ihr ſeid das
Salz der Erde, ihr ſeid das Licht der Welt.” In der Anſprache wies
der Nedner darauf hin, daß die Jugend die Lehren des Alters
be=
achten und ſich nicht als darüber erhaben dünken möge und vor allen
Dingen den Herrn im Himmel als ihren Führer erkennen ſolle. Durch
Worte hervorrageder Geiſteshelden, wie Schleiermacher u. a., die von
Mitgliedern des hieſigen Jünglingsvereines in Verbindung mit den von
dem Ortsgeiſtlichen geſprochenen Altarſprüchen vorgetragen wurden,
mit denen Geſänge der Gemeinde abwechſelten, wurde der
Feſtgottes=
dienſt zu einer Weiheſtunde, die dem Dienſte des Herrn gewidmet war.
Nachmittags fand ein Zuſammenſein im engeren Kreiſe ſtatt, und abends
um 8 Uhr vereinigte man ſich nochmals im Gemeindehauſe zu einem
herrlich derlaufenen Familienabend. Gotte gebe, daß unſere
heran=
wachſende Jugend auch wirkliche und wahre Träger einer neuen Zeit
werden möchte.
ch. Griesheim, 2. Okt. Denkmalsweihe. Das den im
Welt=
krieg gefallenen Ortseinwohnern gewidmete Denkmal wird vorausſichtlich
am Sonntag in acht Tagen eingeweiht werden.
r. Eberſtadt, 3. Okt. Der Gaspreis beträgt für September 12
Millionen, der Waſſerpreis 1 Million pro Kubikmeter und die
Waſſer=
meſſermiete 100 000 Mk. — Der hieſige Stenographenverein
Gabelsberger konnte am Sonntag auf dem Gauwettſchreiben des Gaues
Bergſtraße 43 Preiſe, darunter 3 Ehrenpreiſe, erringen.
Re
zahlt für
Snliaen
Aweingroßhandl.
PIEPLOW
Karlſtraße 459
KTel. 1188
Rummer 274.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 4. Oktober 1923.
Seite 5.
v. Gberſtadt 1. Okt. Die Turngeſellſchaft E. V. hielt geſtern
abend im Saale „Zum Bergſträßer Hof” ihre diesjährige
Herbſtveran=
ſtaltung ab, die ſich eines guten Beſuches erfreute. Der turneriſche Teil,
des Abends war, wie der Vorſitzende, Herr Hch. Roth, in ſeiner
Be=
grüßungsanſprache hervorhob, vornehmlich der Turnerin gewidmet.
Un=
ter Leitung des Turnwartes Ph. Kölſch boten ſowohl die Turnerinnen
als auch die Schülerinnen exakte Leiſtungen auf den verſchiedenſten
Ge=
bieten: Freiübungen, Reigen, Keulenſchwingen, Stellen von
Pyra=
miden und dal. Die Turner ſtellten eine gut gelungene, mit dem
drei=
fachen Handſtand gekrönte. Riege am Barren. Den muſikaliſchen Teil
des Abends hatte der Muſikverein „Edelweiß” übernommen.
zh. Bensheim, 2. Okt. Aus der Jungbauernbewegung.
Die Jungbauern=Vereinigungen haben einen Unterbezirk „Vorderer
Odenwald” gegründet. Zu dieſem Unterbezirk zählen die Orte
Ober=
beerbach, Beedenkirchen, Schmalbeerbach, Allertshofen, Staffel und
Wurzelbach. Zum Vorſitzenden wurde Georg Hartmann aus
Schmal=
beerbach gewählt.
r. Babenhauſen, 1. Okt. Vom herrlichſten Herbſtwetter begünſtigt,
verlief die am 29. und 30. September hier abgehaltene öffentliche
Polizei= und Schutzhundevorführung, die vom Heſſ.
Landes=
verband der Polizei= und Schutzhundevereine veranſtaltet worden war,
in muſtergültiger Weiſe. Das Exerzierplatzgelände iſt für ein ſolches
Unternehmen, eine ideal geſchaffene Stätte. Der Verein für
Hunde=
freunde hatte, was Kenner, Laien und Preisrichter mehrfach mit Worten
des höchſten Lobes anerkannten, eine rieſige Vorarbeit geleiſtet, die ihre
reichſten Früchte bei der Veranſtaltung zeitigte Eine Menge Hunde
— 23 waren gemeldet —, durchſchnittlich ausgezeichnetes Material, nahm
an der Vorführung und Prüfung teil. Preisrichter waren Herr
Rechts=
anwalt Rohde=Darmſtadt, Oberſchutzmann Kiſſinger=Griesheim und
Gen=
darmeriewachtmeiſter Steinmann=Darmſtadt. Sie hatten ſchwere, überaus
anſtvengende Arbeit an den zwei Arbeitstagen geleiſtet. Die
Prüfungs=
reihenfolge enthielt: Naſenarbeiten, Gehorſams= und
Gewandtheits=
übungen und Mannarbeiten, die das größte Intereſſe der zahlreichen
Hundefreunde erweckten. Beſonders am ſonnigen Sonntag war der
Exerzierplatz das Ziel vieler Leute von nah und fern. Der
Prüfungs=
leiter, Herr Gendarmeriewachtmeiſter Schäfer von hier, ſorgte mit
gro=
ßem Geſchick für flotte Abwickelung der einzelnen Vorführungen. 20
Hunde erhielten Preiſe (zum Teil ſehr wertvolle), es ſeien nur die fünf
beſten Hunde, die die Bewertungsnote „Vorzüglich” und „Sehr gut”
er=
hielten, hier genannt: 1. Preis v. „Harras v. Jägershaus” (Beſ. und
Führer E. Achen=Darmſtadt), 2. Preis ſ. g. „Blitz v. Lichtenberg” (Beſ.
Frau Hetzler=Darmſtadt), 3. Preis ſ. g. „Rolf” (Beſ. u. Führer Dr. Kennel=
Darmſtadt. 4. Preis ſ. g. „Uli” (Beſ. und Führer Frl. L. Doflein=
Darm=
ſtadt), 5. Preis ſ. g. „Senta v. d Martinshöhe‟ (Führer A. Heilmann=
Arheilgen).
r. Babenhaufen, 2. Okt. Die Herbſtferien an der Volksſchule haben
geſtern ihren Anfang genommen, ſie dauern vier Wochen. An der
höhe=
ren Bürgerſchule beginnen die Herbſtferien erſt am 13. ds. Mts. und
dauern 14 Tage.
r. Babenhauſen, 1. Okt. Die erſt vor kurzer Zeit ins Leben gerufene
Handballabteilung des hieſigen Turnvereins hat ſich
wagemutig und vertrauend auf ihre junge Kraft, zu den diesjährigen
Meiſterſchaftsſpielen in der B=Klaſſe der Deutſchen Turnerſchaft
gemel=
det. Bei dem erſten Spiel der Vorrunde am dergangenen Sonntag
gelang es der wacker ſpielenden Abteilung, ihren Gegner. Turnverein
Pfungſtadt, mit dem Reſultat 3:2 zu beſiegen. Kampf= und zielbewußte
Arbeit führen zum Sieg.
=o= Seligenſtadt, 2. Okt. Ausder Gemeindeverwaltung.
Der hieſige Gemeinderat hat beſchloſſen, einen Stadtſekretär einzuſtellen,
der beſonders in bautechniſchen Fragen bewandert iſt. Die Stelle ſoll
ſofort ausgeſchrieben werden. — Gemeindeſteuern. Die
Gemeinde=
ſteuern für 1923 ſollen nach dem Voranſchlag von 1922 erhoben werden.
Es wurde hierzu beſchloſſen, den 500fachen Betrag der Steuern vom
Vorjahre zur Erhebung gelangen zu laſſen.
o- Groß=Gerau, 3. Okt. Aus der ſtenographiſchen
Be=
wegung. Durch die durch die Verhältniſſe im beſetzten Gebiete
be=
dingte Lage hat ſich mit dem Sitze in Groß=Gerau ein Ried=Gau
Gabelsbergerſcher Stenographen gebildet, der dem Bezirk
Darmſtadt angeſchloſſen iſt. Dem am Sonntag in Goddelau ins Leben
gerufenen Gau gehören die Gabelsbergerſchen Vereine in Groß=Gerau,
Griesheim Erfelden, Stockſtadt und Walldorf an. Zum erſten
Vorſitzen=
den des Gaues wurde Herr Oberſekretär Wilhelm Mahr in Groß=
Gerau gewählt. Der Gau hat ſofort die Abhaltung eines
Wett=
ſchreibens beſchloſſen.
ur. Offenbach, 2. Okt. Jubiläum. Der Geſangverein „
Poly=
hymnia” beging am Sonntag in Geſtalt eines auf künſtleriſcher Höhe
ſtehenden Konzertes die Feier ſeines 90jährigen Beſtehens. Die Feſtrede
hielt Herr Prediger Bloch.
Niedergemünden, 2. Okt. Der Gemeindetag der
Landes=
gruppe Heſſen zu Niedergemünden am 9. September verlief im
Rah=
men eines kirchlichen Volksfeſtes. Frühmorgens tönten Choralmelodien
vom Poſaunenchor Unterſeibertenrod vom Kirchplatz aus übers Dorf.
Eine andächtige Feſtgemeinde lauſchte um 10 Uhr im Feſtgottesdienſt
den zu Herzen gehenden Worten des Herrn Pfarrers Kleberger aus
Darmſtadt, der Glaube und Liebe als die Kräfte zeigte, die unſer Volk
aus der furchtbaren Not der Zeit herausführen könnten. Der
Gottes=
dienſt war feierlich ausgeſtattet mit Darbietungen des vorerwähnten
Poſaunenchors, der Niedergemündener Schuliugend und des
Kirchen=
chors der Filialgemeinde Elvenrod. Um 2 Uhr ging die Gemeinde im
Feſtzug nach dem ſchön auf einer Anhöhe unter ſchattenſpendenden
Lin=
den gelegenen Feſtplatz des Dorfes, der in einfacher Weiſe würdig
ge=
ſchmückt war. Profeſſor Schian aus Gießen begrüßte in kerniger
An=
ſprache die Feſtgäſte. Die Redner des Tages behandelten in lichtvoller
und volkstümlicher Weiſe zeitgemäße Fragen kirchlicher und ſeeliſcher
Not. Es ſprachen: Pfr. Mahr=Gießen über die Gemeinde und die
Männer, Dekan Gußmann=Lollar über die Gemeinde und die Frauen
und Pfr. Strack=Wallernhauſen über die Gemeinde und die Jugend,
Am Schluß erfreute die Jugend von Niedergemünden die Anweſenden
mit der Aufführung eines bibliſchen Myſterienſpiels: „Kain und Abel”.
Umrahmt waren alle Teile des Programms mit trefflichen
Darbietun=
gen des genannten Poſaunen= und Kirchenchors. Die Feſtkollekte
er=
brachte 30 Millionen Mark. Das Feſt war in allen Teilen
wohlgelun=
gen. Möge es bleibenden Segen wirken!
Parlamentariſches.
Wie wir erfahren, traten in den letzten Tagen die Mitglieder der
Koalitionsparteien mehrfach zur Beſprechung der politiſchen Lage
zu=
ſammen.
Geſtern vormittag tagten die Führer der
Koalitionspar=
teien. Anſchließend trat der Aelteſtenrat zuſammen. Es wurde
beſchloſſen, von einer Einberufung des Plenums vorerſt abzuſehen. In
beſonders wichtigen Fällen ſoll der Finanzausſchuß unter Zuziehung
mehrerer Abgeordneten Stellung nehmen. — Weiter wurde beſchloſſen,
die Druckſachen nach Möglichkeit einzuſchränken.
der Finanzausſchuß iſt für Dienstag, den 9. Oktober, und
folgende Tage einberufen. Die Tagesordnung umfaßt neben dem
An=
trag Werner und Genoſſen, betr. Vereinfachung der Staatsverwaltung
und der Regierungsvorlage zur Beamtenbeſoldungsnovelle, etwa 40
Be=
ratungsgegenſtände.
Anfrage Abg. Birnbaum u. Gen. (D. V.): Iſt die
Ne=
gierung bereit, bei der Reichsregierung dahin zu wirken. 1. daß die
Herſtellung von Trinkbranntwein aus Getreide und Kartoffeln möglichſt
eingeſchränkt wird, und daß insbeſondere Alkohol nicht zur Herſtellung
feiner Liköre uſw. verwendet wird; weiter 2. daß die für die
Haus=
haltungen, ſo notwendige Zuckermenge nicht dadurch vermindert wird,
daß ſie für wirtſchaftlich nicht notwendige Erzeugniſſe, z. B.
Zucker=
waren, Konfitüren uſw. verwendet wird.
O
Sport, Opet und Lurnen.
* Darmſtädter Automobilinduſtrie auf der
Avusbahn.
Bei dem Nennen der kleinen Wagen auf der Avusbahn in
Ber=
lin war auch die Darmſtädter Automobilinduſtrie erfolgreich vertreten.
Wenn ihr auch kein direkter Sieg beſchieden war, den die Tücke des
Ob=
jekts vereitelte, ſo war doch das Fahren der kleinen Fafag=Wagen derart
ſchneidig, daß in ſeltener Einmütigkeit faſt ſämtliche großen Berliner
Blätter dieſes Fahren anerkennend hervorheben. Es war im Grunde
ein Ereignis und darf mit Stolz auf die einheimiſche Induſtrie quittiert
werden. Wir geben nachſtehend eine Anzahl Berliner Preſſeſtimmen
wieder. Es ſchreiben:
B. 3. Mittag: Sehr hübſch war die Gewichtsverteilung bei den
Fafag=Wagen. Die ganze Maſchinenanlage ſowie der Führerſitz ſind
außerordentlich tief gelegt, wodurch der Wagen gut auf der Straße liegt
und auch gut durch die Kurven zu bringen iſt. Dies iſt es vielleicht, was
dem Apollo fehlte. Sonſt hätte ein ſo routinierter Fahrer und
Kon=
ſtrukteur wie Slevogt dieſes Rennen gewinnen müſſen. Die Fafag
waren hervorragend ſchnell, aber der Beanſpruchung nicht gewachſen.
Der Fehlſchlag findet ſeinen Grund darin, daß die Fabrik während der
Vorbereitungszeit beſtreikt wurde und es überhaupt viel Mühe koſtete,
die Wagen rechtzeitig nach Berlin zu bringen.
... Während Graf Hagenburgs Fafag alſo glänzend läuft, haben
ſeine Stallgenoſſen ſchon Schwierigkeiten. In der zweiten Runde
ſchie=
ben ſich Slevogt und Pingel vorwärts. Dertlich liegen ſie noch hinter
Graf, der zeitlich aber auf den fünften Platz geſunken iſt. Graf
Hagen=
burg, Erblich, Slevogt, Pingel, Graf, Warmbier bleibt der Zeit nach
während der nächſten Runden die Reihenfolge der ſchnellſten Fahrer.
Die jungen Marken halten ſich wider alles Erwarten vorzüglich; die
Run=
den werden durchweg mit mehr als 100 Km St. gefahren. Raab, Laatſch
und Bolle ſind ausgeſchieden, ſodaß nach der vierten Runde, die Graf
Hagenburg nach 46:07 vor Erblich 46:-X/s, Slevogt 48:43”, Pingel
48:481), Graf 49:37, Warmbier 49:572½s beendet hat, noch 14
Konkur=
renten im Rennen ſind. In der fünften Runde erhöht Hagenburg ſeine
Geſchwindigkeit und überholt auch örtlich mehrere
Vordermän=
ner, ſodaß er beim Paſſieren der Preſſetribüne (von Nikolasſee kommend)
dicht hinter dem führenden Erblich (Alfi) in die Nordſchleife hineingeht.
Hinter ihm kommen Slevogt, Pingel und dann Graf. Man erwartet,
daß Graf Hagenburg nach der Schleife Erblich überholen und ſomit nicht
nur zeitlich, ſondern auch örtlich an der Spitze des Nennens liegen
werde. Aber Erblich paſſiert die Preſſetribüne auf dem Rückwege nach
Nikolasſee noch als Erſter, und nach ihm kommt — Slevogt und nicht
der Fafag=Fahrer! Und auf Slevogt folgen Pingel, Graf, van Horn,
und dann erſt naht Hagenburg. Sein Wagen ſchleicht knallend vorbei
und hält am Erſatzteillager. Ein Ventil iſt abgeriſſen, und damit iſt
Fafags Schickſal beſiegelt.
Deutſche Automobil=Woche: Durch den unregelmäßigen Start kam
etwas Unordnung in die Berechnung der erſten Nunden, da einigen
Wa=
gen viele Sekunden, die ſie ſpäter geſtartet waren, verſehentlich
ange=
rechnet wurden. Alfi mit Heinz Erblich au Steuer nahm ſofort die
Spitze und fuhr ſeine 7 Runden in beſtechender Form. Bis zur dritten
Runde galt er als unbeſtrittener Sieger, obwohl ihm Slevogt auf Apollo
mächtig auf den Ferſen war. Dann aber erſt wurden die Zeiten des
Fafag=Wagens bekannt, und da zeigte es ſich, daß Graf v. Hagenburg
mit faſt einer halben Minute Vorſprung an der Spitze lag. Es
ent=
ſpann ſich nun ein hartnäckiger Kampf zwiſchen dieſen drei Wagen, zu
denen ſich noch der mit fabelhafter Gleichmäßigkeit Runde um Nunde
zurücklegende Omieron mit Pingel am Steuer geſellte. Dieſe vier
mach=
ten auch das Ende unter ſich aus.
Graf Hagenburg lag mit ſeinem Fafag bis zur fünften Nunde
un=
beſtritten in Front und fuhr mit 10 Minuten (zweite Runde) die beſte
Rundenzeit in ſeiner Klaſſe. Dann erlitt er einen Motordefekt,
der ihn ſoweit zurückwarf, daß er für den Sieg nicht mehr in Frage
kam. Trotz größter Anſtrengung konnte er den erlittenen Verluſt nicht
mehr aufholen. Da dieſer gefährlichſte Gegner ausgeſchaltet war, wurde
der Sieg für den Alfiwagen frei.
Berliner Montagspoſt: Dieſes Ergebnis der erſten Runde zeigte,
daß dieſe kleinen Wagen das Nennen mit einer Geſchwindigkeß von über
100 Km.St. fuhren. Nach den Trainingszeiten hatte man
erwarten können, daß die junge Darmſtädter Fafag=
Marke ſich an die Spitze ſetzte. Bei dem hölliſchen Tempo,
in dem die Fahrt in den nächſten Runden weiterging, mußte man
an=
nehmen, daß die meiſten der an der Spitze liegenden Wagen, zumal die
neueren Marken, den Tanz nicht lange mitmachen würden. Aber die
Wagen hielten ſich beſſer, als man erwartete. Graf Hagenburg
behielt mit knappem Vorſprung die Spitze, Erblich
hielt ſich hinter ihm und nur Graf wurde von Slevogt und Pingel
über=
flügelt.
Der Tag: Die Leiſtung des Siegers iſt mit einem Durchſchnitt von
102,7 Stunden=Kilometern aller Ehren wert, aber es war doch auch ein
wenig Glück im Spiele. Denn der von Graf Hagenburg geſteuerte
Fa=
fag hätte dem Alfi den Sieg ſehr ernſtlich ſtreitig gemacht, wäre er nicht
nach der vierten Runde, die ihn bereits als beſten ſah, das Opfer eines
Materialſchadens geworden, wie ſie ſich ja nie ganz werden vermeiden
laſſen.
„Fafag” fuhr alſo mehrfach die beſten Rundenzeit und hatte nach
allgemeiner Anſicht ſichere Anwartſchaft auf einen glänzenden Sieg.
Leichtathletik.
* Der am letzten Sonntag zu Roßdorf zwiſchen Sportabteilung
Turngemeinde Dieburg und Kraftſportverein. Deutſche Eiche‟=Roßdorf
ausgetragene leichtathletiſche Wettkampf konnte trotz größter
Anſtren=
gungen beider Vereine nur ein unentſchiedenes Reſultat erbringen (55
zu 55 Punkten). Der Verſuch Dieburgs, den Sieg wiederum, wie im
Vorkampfe, an ſich zu reißen, ſcheiterte an der hartnäckigen
Verteidi=
gung Roßdorfs. Die Wahl der Kämpfe war die gleiche wie beim
Vor=
kampfe: Speerwerfen. Diskuswerfen, Kugelſtoßen, Steinſtoßen,
Weit=
ſprung, Hochſprung, 100=Meterlauf, 400=Meterlauf, 1500=Meterlauf,
3000=Meterlauf, 4X100Meter=Stafette. Die Punktwertung erfolgte,
in=
dem jeder 1. Sieger 4, jeder 2. Sieger 3, jeder 3. Sieger 2, jeder 4.
Sie=
ger 1 Punkt erhielt. Die Höchſtleiſtungen waren im:
Speer=
werfen: Gunkel=Dieburg 38,30 Meter (Dieburg 5 Roßdorf 5 Punkte).
Diskuswerfen: Ploch=Dieburg 28,70 Meter (Dieburg 7, Roßdorf
3 Punkte) Kugelſtoßen: Guttandin=Dieburg 9,15 Meter (
Die=
burg 6, Roßdorf 4 Punkte). Steinſtoßen: Gunkel=Dieburg 6,86
Meter (Diebura 7 Roßdorf 3 Punkte), Weitſprung: Guttandin=
Dieburg 5.89 Meter (Dieburg 6. Roßdorf 4 Punkte), Hochſprung:
Münkler=Roßdorf 1,5 Meter (Dieburg 4, Roßdorf 6 Punkte), 100=
Meterlauf: Münkler=Roßdorf 122 Sek. (Dieburg 3, Roßdorf 7
Punkte). 1500=Meterlauf: Treupel=Roßdorf 4 56 Min. (
Die=
burg 3, Roßdorf 7 Punkte), 400=Meterlauf: Dieburg 7
Roß=
dorf 3 Punkte, 3000=Meterlauf: Dieburg 4. Roßdorf 6
Punkte.
4X100=Meter=Stafette: Dieburg 3. Roßdorf
7 Punkte.
An unſere verehrlichen Leſer!
Unſere Trägerinnen ſind mit dem
Ein=
holen des Bezugsgeldes beſchäftigt. Wir bitten
den Betrag bereit zu halten, damit die Frauen
nicht mehrmals vorſprechen müſſen und
da=
durch die Abrechnungen verzögern. (7709mdr
Der Verlag des „Darmſtädter Tagblatt”
e
Landestheater, Großes Haus „Anfang 7 Uhr, Ende nach 10 Uhr,
C 3, e 1: „Der lebende Leichnam”. — Kleines Haus: Geſchloſſen. —
Union=, Reſidenz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele;
Kinovor=
ſtellungen.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
zettervorherſage für Donnerstag, den 5. Okt.:
Vielfach bewölkt, einzelne Regenſchauer, kühl, ſpäter warm.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”,
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
Kein-Autorennen dber 140 Kilometer
„Fafag‟ (Wagen 23, Fahrer Graf Hagenburg) ſährt und beendet
das Rennen und erzielt die beste Rundenzeit des Tages in
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Darmſtädter Tagblatt
Handel und Wandel in Heſſen.
Das Geſchäft hielt ſich im Berichtsjahr in normalen Grenzen die Kutzer=Mannheim wurde wiedergewählt.
Schwierigkeiten in der Rohſtoffverſorgung hielten das ganze Jahr über
erforderten 266,86 Mill. Mk. abgeſchrieben werden 22,62 Mill. Mk.,
und an Reingewinn ergeben ſich 431,40 Mill. Mk., aus dem 40 000 Mk.
nung vorgetragen werden ſollen. Die Geſellſchaft kann auf ein 25jäh= weitergeführt.
riges Beſtehen zurückblicken und hat aus dieſem Anlaß eine Hartmann=
Jubiläums=Stiftung für Beamte und Arbeiter im Betrage von 200 Mill.
Mark geſchaffen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
pitalserhöhung um 120 Mill. Mk. wird jetzt zur Ausübung des Bezugs= inländiſcher 900—1100 Millionen Mk., Weizenmehl, ſüddeutſches Spezial=
Mark alte Stammaktien kann eine neue Stammaktie über 1200 Mk. zum Roggenmehl 1900—2200 Millionen Mk., Weizen= und Roggenkleie 500
Kurſe von 3 000 000 Prozent bezogen werden.
h. Schultz=Grunlack A.=G., Frankfurt a. M. Die außer= tung angepaßt bei kleinem Geſchäft.
ordentliche Generalverſammlung beſchloß zur Stärkung der Betriebs=
Verwaltung im Intereſſe der Geſellſchaft beſtmöglichſt zu verwerten.
h. Mannheimer Tageblatt, Gengenbach u. Hahn,
Mark Grundkapital eingeteilt in 6000 Stammaktien 4 1000 Mk. und
Wwe. Charlotte, geb. Steinert, Eduard Hahn und Maximilian Hahn,
Tageblates eine neutrale, nationale bleibt. Mitglieder des Aufſichts= Steigerung ſtark begehrt. Valutapapiere wurden entſprechend der De=
Mannheim.
h. Kraftwerk Rheinau A.=G., Mannheim. Nach dem
Geſchäftsbericht für 1922/B3 war das wichtigſte Ereignis im abgelaufenen.
Geſchäftsjahr der Abſchluß eines Lieferungs= und Abnahmevertrages mit
dem Großtraftwerk Mannheim A.=G. Dadurch wird die Geſellſchaft der
ſehr ſchwierigen und koſtſpieligen Erweiterung des eigenen
Elektrizitäts=
werks enthoben, ohne dabei ein finanzielles Riſiko einzugehen unter
Aus=
ſchluß der Verteuerung der Stromgeſtehungskoſten, ja es iſt vielmehr
eine Senkuneg der Strompreiſe zu erwarten, wenn das Großkraftwerk
die Stromlieferung in vollem Umfange aufgenommen hat. Die für den
Uebergang von Eigenerzeugung zum Strombezug erforderlichen
Um=
bauten und Neuanlagen wurden nach Kräften gefördert. Die im
Ja=
nuar 1923 erfolgte Beſetzung des Ruhrgebiets hatte die allmähliche
Still=
legung und Entleerung der Rheinauhafenanlagen, des bedeutendſten
ſüd=
deutſchen Kohlenumſchlags= und Stapelplatzes zur Folge und war für die
Kohlenverſorgung des Rheinauwerkes, das ganz auf Verfeuerung von
Ruhrkohle eingeſtellt iſt, mit großen Schwierigkeiten verbunden. Mit
der Produktion der induſtriellen Betriebe von Rheinau war auch der
Stromabſatz verbunden, beides ging zuſammen ſtark zurück. In der
Bilanz ſtehen Anlagekonto mit 207 173 275 Mk., diverſe Debitoren mit
1 424 880 939 Mk., Barbeſtand und Bankguthaben mit 1 081 217 549 Mk.,
Erneuerungsfonds mit W 173 R5 Mk., diverſe Kreditoven mit
1056 517 712 Mk. Rückſtellungen für Werkserhaltung mit 1560 580 401
Mk. zu Buch. Der Betriebsüberſchuß beträgt 265 092 670 Mk. Nach
Zuweiſung von 196 743 866 Mk. an den Erneuerungsfonds und Abzug
der Unkoſten, Zinſen und Abſchreibungen verbleibt noch ein Reingewinn
von 49 998 105 Mk. Die am Samstag zu Mannheim abgehaltene
Gene=
ralverſammlung beſchloß folgende Gewinnverteilung: 200 Proz.
Divi=
dende, 6 Proz. Tantieme an den Aufſichtsrat, 909 443 Mk. Zuweiſung
zum geſetzlichen Reſervefonds, 2 886 677 Mk. Zuweiſung zum Fonds
für Wohlfahrtszwecke, 272 392 Mk. Vortrag auf neue Rechnung.
An=
ſtelle des durch Tod ausgeſchiedenen Auffichtsratsmitgliedes Stadtrat
und Landtagsabg. Strobel wurde Stadtrat Zimmermann in den
Auf=
ſichtsrat gewählt.
h. Oberrheiniſche Elektrizitätswerke A.=G.,
Mann=
heim. Das Unternehmen bezieht ſeinen Strom vom Kraftwerk
Rhei=
nau. Der Bezug von Kraftſtrom durch die Großabnehmer hat ſich
ver=
größert, dagegen hat der Verbrauch der Lichtabnehmer und der
Klein=
kraftverbraucher einen Rückgang um rund 9 Proz, erfahren. Der
Be=
triebsüberſchuß ſtellte ſich auf 1 667 070 Mk., der Reingewinn auf 1 606 408
Handelsblat
Mk. Die Generalverſammlung beſchloß die Verteilung von 200 Proz.
Dividende, 10 Proz. Tantieme an den Aufſichtsrat, 80 320 Mk.
Zuwei=
ſung an die geſetzliche Rücklage und 67 010 Mk. Vortrag auf neue
Rech=
h. Maſchinenfabrik Hartmann A.=G., Offenbach a. M. nung. Das ausſcheidende Aufſichtsratsmitglied Oberbürgermeiſter Dr.
F=d= Die Viktoriawerke A.=G. Nürnberg haben, wie
an. An Bruttogewinn wurden 720,86 Mill. Mk. erzielt. Die Unkoſten wir erfahren, den geſamten Motorenbau der Firma Wilhelm
Sedel=
bauer in München (zirka 300 Arbeiter) rückwirkend ab 1. September
pro Aktie zur Ausſchüttung kommen und 31,4 Mill. Mk. auf neue Rech= übernommen. Der Betrieb wird als Zweigſtelle des Nürnberger Werks
Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter
Ge=
treidebörſe vom 3. Oktober. Getreide, Hülſenfrüchte und
Bier=
treber ohne Sack. Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie mit Sack. Preis
je 100 Kg. Die Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung. Weizen
h. Philipp Holzmann A.=G. Frankfurt a. M. Für die (Wetterauer) 1400—1600 Millionen Mk./ Roggen 1100—1300 Millionen
in der Generalverſammlung vom 15. September 1923 beſchloſſene Ka= Mk., Sommergerſte für Brauzwecke 1200—1300 Millionen Mk., Hafer,
rechts bis zum 25. Oktober 1923 einſchließlich aufgefordert. Auf 6000 Null 2800—3300 Millionen Mk. bei Waggonbezug ab Mühlenſtation,
bis 600 Millionen Mk. Tendenz: feſt, der fortſchreitenden
Geldentwer=
wb. Berliner Produktenmarkt. Die gewaltige
Steige=
mittel Kapitalsverdoppelung um 22 auf 44 Mill. Mk., wodurch die rung der Deviſenkurſe zog automatiſch die Produktenpreiſe mit in die
Geſellſchaft mit den 4 Mill. Mk. Vorzugsakiten über 48 Mill. Mk. Grund= Höhe. Das Angebot war zurückhaltend infolge ſchlechter
Wagengeſtel=
kapital verfügt. Die neuen Aktien werden von einem Konſortium unter lung und infolge des Umſtandes, daß die Verkäufer nur gegen vorherige
Führung der Deutſchen Bank übernommen mit der Verpflichtung, den Bezahlung Ware abgeben. Für Noggen und Weizen war die
Reichs=
alten Aktionären ein Bezugsrecht von 4:1 zum Preiſe von 0,.10 Dollar= getreideſtelle Käuferin, während das ſonſtige Geſchäft beſchränkt blieb.
cents für die Aktie einzuräumen und den Reſt im Einklang mit der Gerſte war in der Provinz begehrt, namentlich für weſtliche Mäſtereien.
Für Hafer ſtellten ſich die Forderungen höher. Der Abſatz war jedoch
ſchleppend. Mehl hatte ſehr feſte Tendenz, der Geldmangel ließ jedoch
ein lebhafteres Geſchäft nicht aufkommen. Kleie war luſtlos bei feſter
Druckerei und Verlag A.=G., Mannheim. Die Hofbuch= Tendenz, andere Artikel wurden weniger umgeſetzt. Einzelne ſchwere
druckerei Max Hahn u. Co. Mannheimer Tageblatt, wurde mit 7,5 Mill. Werte am Montanmarkte erlangten Aufbeſſerungen um mehr als eine
1500 Stück 6proz, Vorzugsaktien, in eine Aktiengeſellſchaft umgewan= Millarde Prozent, ſo DeutſchLuxemburger, Harpener, Mannesmann,
delt. Gründer ſind: Adolf Gengenbach, Viktor Gengenbach, Max Hahn Phönig und Rheinſtahl. Von Maſchinenaktien verdoppelten Krauß
u. Co. ihren Kursſtand, Ludwig Löwe gewannen ziemlich eine Milliarde.
alle in Mannheim. Beſtimmung iſt, daß die Tendenz des Mannheimer Auf dem Bankenmarkte war Mitteldeutſche Kreditbank bei lebhaſter
rats ſind: Druckereibeſitzer und Zeitungsverleger Dr. Albert gnittel, viſenſteigerung teurer bezahlt. Deutſche Anleihen waren im allgemeinen
wenig verändert, nur 3proz. Preußiſche Konſols waren ſehr erheblich
Karlsruhe, Maximilian Hahn, Mannheim, Mathilde Gengenbach, höher. In der zweiten Börſenſtunde ließ die Geſchäftstätigkeit nach.
Gewinnrealiſierungen führten teilweiſe zu einer leichten Abſchwächung.
4. Oktober 1923 Nr. 274
Im freien Verkehr handelte man ebenfalls zu weſentlich
höheren Kurſen. Man hörte hier: Becker Stahl 1100 Mill., Becker
Kohle 1100—1200 Mill., Benz 425 Mill., Brown Boveri 150 Mill.,
Georgi 25 Mill., Growag 68 Mill., Karſtadt 180 Mill., Kayſer Waggon
30 Mill., Kreichgauer 35 Mill., Krügershall 1000 Mill, Ufa 300 Mill.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Die Deviſen
ſtiegen heute vormittag im Zuſammenhang mit den innerpolitiſchen
Wirren ſehr beträchtlich. Die Nückwirkung auf die Effektenbörſe
ent=
ſprach nicht den Erwartungen. Vielfach wirkte der Druck, der wegen
der innerpolitiſchen Schwierigkeiten auf der Stimmung laſtete, lähmend.
Die Kurſe ſtellten ſich nur wenig höher, ſchwankten auch teilweiſe. Nach
Feſtſtellung der erſten amtlichen Kurſe griff aber die Spekulation mit
lebhafteren Käufen ein, wohl in der Erwägung, daß die neuerliche
Mark=
verſchlechterung notwendigerweiſe die Effektenkurſe in die Höhe treiben
müßte.
w. Deviſenmarkt. Frankfurt a. M., 3. Okt. Telegr, Auszahlungen:
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209 21 052500. Liſſabon=Oporto. . .. . .. Dänemark .... ........ 65 835000 66 165000 750.
842 84711850. Norwegen ........ .... 59 85000 601
00. 75 810000. 76 190000. Schweden ............ 96 757700. 97242500. 127 181250. 318750. Gelſingfors .......... 750000 10 250000. 11471250. 3750 New=York .......... 075000- 5000
370 493 762 8
7500. Deutſch=Oſterreich (abg. 5238. 75 5313.25 83.25 6616.50 Budapeſt . .. . . 20448 75 20551. 25 27 431.25 27 Prag ..... 10972500. 11027500. 1406447
750. 14135850. Sofia ..... .. 423375 — 4230
W.—
Borſen.
* Frankfurter Börſenbericht vom 3. Oktober 1923.
(Eigener Bericht.) An der heutigen Börſe ſetzte ſich die
Aufwätrsbewe=
gung der Deviſenkurſe in lebhaftem Tempo weiter fort — Kabel Neu=
York kam mit 495 Millionen Mark zur Notiz —. Dementſprechend war
die Haltung der Effektenbörſe ebenfalls eine ſehr feſte. Das Geſchäft
hielt ſich jedoch infolge der Unſicherheit über die weitere Entwickelung
der politiſchen Lage in den nächſten Tagen in verhältnismäßig engen
Grenzen. Die Börſe ſchloß bei ruhigem Geſchäft zu teilweiſe etwas
leichneren Kurſen.
Am Markte derausländiſchen Renten und der
wert=
beſtändigen Anleihen folgten die Kurſe der Deviſenbewegung,
die 6proz. Reichsgoldanleihe wurde mit 370 Mill., Bad. Kohlenanleihe
bis zu 2000 Mill. gehandelt. Ausländiſche Nenten weiter ſehr feſt bei
lebhaften Umſätzen. Das Intereſſe für türkiſche Werte erhielt ſich,
Zolltürken 1000/1200 Mill., II. Bagdadbahn 14/1600 Mill.
Am Chemieaktienmarkte zogen Anilinwerte um 5—600
Mill. an. Bad. Anilin 1850 plus 450 Mill., Griesheimer 1600 plus
600 Mill. Von den übrigen waren höher Rhenania 1600 plus 750 Mill.,
Scheideanſtalt 1500 rat. plus 350 Mill.
lektriſche Werte ebenfalls anziehend: Bergmann 900 plus
300 Mill., Schuckert 4200 plus 1200 Mill., Voigt u. Haeffner 100 plus
20 Mill.
Von Maſchinen= und Metallwerten ſeien genannt:
Hed=
dernheimer Kupfer 350 rat. plus 50 Mill., Metallgeſellſchaft 1600 rat.
plus 400 Mill., Sichel 650 plus 200 Mill.
Bei den Zuckerwerten betrugen die Kursſteigerungen 100 bis
200 Mill.
Montanwerte lagen ſehr feſt: Harpener 7500 plus 1750 Mill.,
Phoenix 5300 plus 1800 Mill.
Von Bankaktien waren Deutſche Bank 700 plus 160 Mill.,
Diskonto 1300 plus 200 Mill., Metallbank 1600 plus 350 Mill. weſentlich
höher.
Der Einheitsmarkt verkehrte in feſter Haltung. Höher waren
Badenia 150 plus 50 Mill., Bahnbedarf 80 mt. plus 20 Mill.,
Näh=
katzſer 400 rat. plus 200 Mill., Lutz 1000 plus 500 Mill., Berg.=Märk.
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25000
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16000
850000
112000
500
3. 10.
400000
1020000
2800000
52004 0
30000
400
80000
2350000
3100000
18000
H300000
1400
6000
120000
580000
2310006
1080000
1075600
190040
860060
400000
200000
480000
Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien.
Frankfurter Kursbericht vom 3. Oktober 1923.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000%=
Enropäiſche Staatspapiere.
a) Deutſche
6% Reichsanleihe. . . . . . .. ...."
*
"
3
Dollarſchätze . . . . . . . . . . ."
2.3.
25 IV. und V. Schatzanweiſ.
4½% II.—IX.
Sparprämienanleihe .........
Zwangsanleihe. . ...........
anleihe. . .... ... .. .. . .. .
G.
*3
420
Preuß. Konſols .......
„
8½½ „
.........
Bad. An. unk. 1935.... ..
v. 1907... . . .
8½½
4% Bahern Anleihe .........
3½%
4½ Heſſen unk. 1924 ........
8½%„ .............
„
*3
4% Württemberger .........
b) Ausländiſche.
5% Bosnien L.=E.=B. v. 1914
„ L.=Inveſt.=Anl.v. 1914
58
4½% „ v. 1902......... .
„
6% Buigar. Tabak 1902 ...
19½ Griech. Monopol ....."
18
4½% Oeſt. Staatsrente v.1
ab 1918 ............
4½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſt
...........
v. 1914 ..
nte ........."
47 Oeſt. Gr
4% „ einheitl. Rente .....
5% Rum. am. Rente v. 03 ...
4½% Goldrente v. 13 ..
am. „ konv. ....
„ „ b. 05 „...
4%
470 Türk (Admin.) v. 1903 ...
(Bagbad) Ser. I..
II..
42
„ v. 1911, Zöllanl. ..
420
4½% Ung. Staatsr. v. 14....
Goldrente ......
Staatsr. v. 10....
43
Kronenrente ....
4%
Außereuropäiſche.
5%0 Mexik. amort. innere. . ...
konſ. äuß. v. 99 ..
5‟
Gold v. 04, ſtfr. ..
konſ. innere .....
Frrigationsanleihg.
4½%
52 Tamaulipas. Serie!
Oblig. v. Transportanſt.
4½ Eliſabethbahn ſtfr. . . . . . . .
4 Gal. Car: Ludw. =Bahn .."
% Oeſt. Südb. (Lomb.) ſtfr.
27,
2,6% Aite Oeſtr. Südb. (Lomb.).
..."
2,63 Neue „
32 Oeſt. Staatsb. v. 1883....
4% Oeſt. Staatsb. 1. b. 8. Em.
1. 10.
350
19
4000
19000
5000
600
8000
50000
50000
6200
7810
750000
660000
00
6000
85000
3. 10
490
1
4
3
1000
10000
50
110000
25000
50000
1600000
00
132.
150000
Oblig. v. Transportanſt. (Ftſ.)
Oeſt. Staatsb. 9. Em. ...
Oeſt. Staatsb. v. 1885.
etz
Oeſt. Staatzb. b. Erg. N
v. 1895 ..."
48 Rudolfb. (Salzkammerg.).
Angtolier I.........
z Salon Conſt. Jonction.
alonique Monaſtir ....
% Tehuantepe . . ........."
4½%
Pfandbriefe.
4% Frankf. Hyp.=Bank 1920...
8½%
...
rankf. H. Krd.=V
199
Nein. Hyp.=Bank 19
*
1922.
Ffälz. „
4½ Rhein. „
3½%
vert.
Südd. Boden=Cred.=Be
München 1906 ........."
15000
600000
7300
700000
9600
22000
1350000
49 Heſſ. Ldhhp.=Bank P
8½% Heſſ. Ldhyp.=Bk. Pfdbr.
42 Heſſ. Ldhyp. Kom. Obl..
Deutſche Städte.
Darmſt. v. 1919 bis 1925..
420
8½% Darmſt, v. 1905 .....
4% Fronkfurt v. 1913 ......
v. 1903 .......
220
8
2o Mainz. v 1919 bis 1926.
58 Badenkohlen ............"
% Sachſenkohlen ..... ....."
6% Heſſ. Braunkohlen ........"
Bank=Aktien.
Bank für Brauinduſtrie .....
Barmer Bankberein .........
Berliner Handelsgeſellſchaft ..
Commerz= und Privatbank ...
Darmſtädter u. Nationalbank.
Deutſche Bank ..........
DeutſcheEffekten= u. Wechſelbank
Deutſche Vereinsbank ........"
Disconto=Geſellſchaft . ........
Dresdener Bank ...........
Frankfurter Bank ...........
letallbank. . ..............
Nitteldeutſche Creditbonk .....
Oeſterreichiſche Creditanſtalt ..
Reichsbank=Ant. ............"
hein. Ereditbank . ...!
Süddeutſche Disconto=Geſellſch.
Wiener Banrverein .........
Bergwerks=Aktien.
Berzelius .................."
Bochumer Bergb. ...... .. . ..
Buderus.
...........
Dt. Luxem
burger ..... .. .....
Eſchweiler Bergwerks=Akt.....
Gelſenkirchen Bergw. .. . . . . . .
Harpener Bergbau ..........
Kaliwerke Aſchersleben ....."
Weſteregeln .......
Lothringer Hütte . ...........
Mannesmann Röhren,.:...
Mansfelder ..............
1. 10.
2000000
12000
0
200
45000
270000
20000
26000
4000
1u
45000
1u000
32000
45000
125000
17500
8000
3300
10500
300000
42000
1200000
350000
5300000
5000000
7000000
5750000
1500000
1750000
2350000
3400000
1350000
3. 10.
3750000
240000
1900000
350000
40000
400000
3250000
100
42000
B000
350000
55‟
1300000
5000
5000
1600000
250000
110000
400000
1600
35000
65000
6000000
2000.00
8000000
500 0000
800000o
7500000
1700000
2500000
4100000
1390000
Bergwerks=Aktien (Fortſ.)
Oberbedarf .. . . . . . . ... ......
Oberſchleſ. Eiſen Caro) ......
Bhönix Bergbau ............
Rhein. Stahlwerke .........
Niebeck Montan.. . . ....
Tellus Bergb.= u. Hütten=Akt.
Ver. Laurahütte . . . . . . .... . . .
Aktien induſtr. Unternehmung.
Brauereien.
Henninger Kempf=Stern . . . . . .
Löwenbrän München ......."
Schöfferhof GBinding) ........
Werger ...................."
AM
Adler & Oppenheimer .... (v. Kleher).......
A. E. G. Stamm. . . . . . . . . . . . .
Anglo=Continental=Guano ....
Aſchaffenburger Zellſtoff .....
Badenia (Weinheim) ... . . . ..
Badiſche Amilin= u. Sodafabrikl
Bad. Maſchf. Durlach ........
Bad. Uhrenfabr. Furtwangen,
Baſt Nürnberg .............
Bahriſch. Spiegel ...........
Beck & Henkel Caſſel) ......."
Bergmann El. Berke ........
Bing. Metallwerke. . . .. . . . . ..
Blei= u. Silberh. Braubach ...
Brockhues, Nieder=Walluf... ..
gementwerk Heidelberg ......
Karlſtadt .......
Lothringen (Metz).
Chem. Werke Albert ........."
Griesheim Elektron ....
Weiler=ter=mer ........
Daimler Motoren ...........
Deutſch. Eiſenhandel) Berlin..
Dt. Gold= u. Silberſcheideanſt.
Dingler, Zweibrücken ........
Dresdener Schnellpreſſen .....
Dürkoppwerk (Stamm).. . . .
Düfſeld.=Ratinger (Dürr.) ....
Dhckerhof & Widm. Stamm..
Eiſenwert Kaiſerslautern .....
Eiſenwerk L. Meyer fr. ... ...
Elberfelder Farb. v. Baher ...
Elektr. Lieferungs=Geſ........
Licht und Kraft ......
Elſäſſ. Bad. Wolle.. ... .. . . . ..
Emag, Frankfurt a. M. ......
Emaill= & Stanzw. Ullrich ....
Enzinger Werke ............
Eßlinger Maſchinen „...n.
Etlingen Spinnerei .........
Faber, Joh., Bleiſtift . . .. ... ..
Faber & Schleicher.... . . .. ..
Fahr, Gebr., Pirmaſenz. . . . .
Felten & Guilleaume, Carlsw.
Feinmechanik (Jetter) .......
Feiſt Sektkellerei Frankf. a. M.
Frankfurter Gas...........
Frankfurter Hof „nnn...
1. 10.
1950000
210000
30000/
350000
380000
180000
1900000
60000
160000
120000
500000
2000000
850000
100000
1400000
1400000
160000
7500
200000
600000
350000
600000
700000
550000
600000
25000
10000
10000
1200
u50000
320000
110.00
300000
190000
180000
1400000
300000
3760
250600
60000
350000
225000
5000
30
5000
110000
400000
2400000
1000000
40000
70000
150000
3. 10.
2260000
2600000
5000000
4000
4000000
230000
2400000
1200000
130000
580000
2400000
1100000
150000
1850000
1600000
10000
240000
800000
300000
900000
470000
900000
800000
600900
90000
4000000
16099
13
1500000
400000
220000
1600000
400000
0000
200000
1850000
340000
460000
60000
700000
276000
1000000
250000
150000
800000
1100000
70060
100000.
SI
Fkf. Maſch. Pokorny & Wittek.
Fuchs Waggon Stamm.. ..
Ganz, Ludwig. Matnz —us.=
Geiling & Cie. ..............
Gelſenkirchen Gußſtahl .......
Goldſchmidt Th. . .....
Greffenius, Maſd
nen Stamm
Gritzner Maſchin. Durlach ....
Hammerſen (Osnabrüch) ......
Hanfwerke Füſſen .........."
Heddernheimer Kupfer .......
Heyligenſtaedt, Gießen .......
Hilpert Armaturenf. . . ........
Hindrichs=Auffermann .......
Hirſch Kupfer u. Meſſ.... .....
Hoch= und Tiefbau .........."
Höchſter Farben ............."
Holzmann, Phil. ..........."
Holzverk =Induſtr. ...... .. ..
Hotel A.=G., München .......
Hydrometer Breslau.. . . .. . ..
Inag. . . . . . . . . .. . . .. . . ......"
Junghans Stamm. . . . . . . . . . .
Karlsruher Maſchinen .. . . . . . .
Klein, Schanzl. & Becker .....
Konſervenfabrik Braun ....."
Krauß & Co., Lokom. . .......
Lahmeher & Co. ...........
Lech Augsburg ............
Lederw. Rothe ............."
Lederwerke Spicharz .......
Löhnberger Mühle ..........
Lüdenſcheid Metallw ......."
Lux ſche Induſtrie ..........
Mainkraftwerke Höchſt......."
Meguin, Butzbach ...........
Metall (vorm. Dannhorn) Nrbg
Meher, Dr. Paul... . . . . . . . .
Miag, Mühlenb., Frankf. a. M.
Moenus Stamm. . . . . . . . . . . . .
Motorenfabr. Deut . .........
Motorenfabrik Oberurſel .....
Neckarſulmer Fahrzeugwerke ..
Neckarwerke Eßl. Stamm.. ..
Niederrhein Lederfabr. (Spier)
Dleawerke Frankfurt a. M. ...
Beter=Union=Frankfurt .. . . . . .
fälz. Nähm., Kayzſer ...... . .
Philipps A.=G. .. . . .. .. .... ..
Porzellan Weſſel ............"
Reimnger Gebbert & Schall
Rhein. Elektr. Stamm. . . . . .
Rhein. Maſch. Cahen=Beubesdff.
Metall Vorzüge .......
Rhenania, Aachen ...........
Riedinger Maſchinen „..
Rückforth, Stettin ...... .....
Rütgerswerke ..............
Schleußner (Frankfurt a. M.) ..
Schneider & Hanau .........
Schnellpreſſen Frankenthal.. ..
Schramm Lackfabrik. .......
Schuckert Elektr. (Nürnberg)...
1. 10.
200000
120000
800
56000
11000
80000
2700
1000009
3000
190000
28000
2700000
0000
1060000
20004
675000
250000
230000
300000
300000
70000
80000
63000
500000
450000
350000
64000
400000
2—0000
400000
180000
1000000
90000
100000
110000
400000
220000
135000
400000
80000
2000
180000
210000
150000
500000
20000
75000
140000
180000
1200000
200000
3000009
3. 10.
250000
000
1.
3o
000
90009
1800000
150000
2100000
00
1500000
350000
210000
Re
200000
370
3000000
186000
1450000
190000
1000000
250000
340000
750000
380000
500000
1200/
850000
65000
535000
400000
530000
400000
220000
1500000
Kadc
100000
170000
2100000
50u00
3800
400000
1000000
Schuhfabrik Berneis=Weſſe.
Schuhfabrit Herz ............
Schuhf Leander Offenbach ...
Seilinduſtrie Wolff .........."
Sichel & Co., Mainz ........"
Siemens Elektr. Be
ebe ....
Siemens Glasinduſtrie .......
Siemens & Halske.
D
ummi ..
Stöckicht=Offenbach=”
Südd. Handelsvereinigung....
Süddeutſche Immobilien ....
Thüringer elekt. Lief.=Geſ., Gotha
uhrenfabrik Furtwängler .....
Veithwerke in Sandbach ...
Verein f. Chem. Induſtr. Mainz
Verein. deutſch. Olfabr. Mannh.
Gummifabr. Bln.=Frkf.
Binſelfabr. Nürnberg ..
Ultramarin ..........
Zellſtoff, Berlin. . .. . . .
Vogtländ. Maſch. Vorzüge. .. .
Stämme..
Voigt & Haeffner Vorzüge ....
Stämme. . . .
Voltohm Seil ..............."
Wayß & Frehtag ............
Wegelin Rußfabrik .........."
Zellſtoff Waldhof Stamm.. . . .
Buckerfabr. Waghäuſel .......
Frankenthal ......"
Heilbronn ........
„
Offſtein .........
Rheingau ........
Stuttgart ........
Schantung E. B. ...........
Süddeutſche Eiſenbahn=Geſ...
Hapag (Paketfahrt) ........
Nordd. Llohd ...............
Oeſterr.=Ungariſche Staatsbahn
Umotierte Aktien,
Beckerkohle ......... ... ....
Beckerſtahl ............."
Benz..... „
ooaaooaoaaas-,
Brown B.
en „vossvvc..
Cont. Handelsbank .........."
Hanſa Llotzd .............
Kabel Rhehdt ......
Karſtadt R. ................
Petroleum Otſche. . .... . ....
Raſtatter Waggon ...........
Text.=Ind. (Barmen (Tiag) ...
Ufa Film ........... .......
Growag. . . ..... . . .. . . . . . . . .
1. 10.
75000
5000
7000(
42500
*
1000
6000
3000
2590
720000
160000
200000
160000
70000
80000
160000
30000
480000
550000
50000
500000
530000
500000
250000
2550000
485000
2500
725000
140000
33000
95
90000
900000
70000
000
15.
46000
Bahnbedarf....... ....."
Dampfkeſſel Robberg.
Helvetia Konſervenfabrik.
Gebr. Lutz ............."
Motorenfabrik Darmſtadt
Gebr. Roeder .........."
Venuleth & Ellenberger .
60000
100000
500000
500000
100063
3. 10.
17000
700
280
65‟
700
450000
80000
3
900
3600
220
1120000
Manſa
750000
1200000
155000
110000
100000
200000
400000
730000
540000
875000
700000
670000
675000
676000
600000
320000
3000000
600000
1200000
1200000
160000
6000(
160000
200000
200000
300000
300000
60000
80000
120000
1000000
4500
150000
Bankgeschäft
Fernsprecher 1308, 1309
FREDRCH ZAUN
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten
FIStädt
enplatz 1
Nummer 16
Beilage zum Darmſtädter Tagblatt
4. Oktober 1923
ir: M e0 Buau 1923, z. 1. a e
Gu
55
A
Erich Bockemühl
Die Verwandlungen des Leids
Von Chriſtian Jenßen.
Die neue Seele, aus Kampf und Zorn geboren, gipfelt in
Liebe, Güte und Sympathie. Schon der Naturalismus hat
An=
ſätze zu der Sympathie gemacht, aber wer den Unterſchied
zwi=
ſchen Mitleid und Mitleiden erfahren hat, der weiß, daß der
Naturalismus im Mitleid ſtecken geblieben iſt; denn ſeine Seele
war noch nicht geläutert in einer kosmiſchen Kompoſition,
ſon=
dern beharrte äußerlich in einer verärgerten Oppoſition, wie er ja
in der Natur nicht den Kosmos begriff, ſondern ſich auf die
menſchliche Landſchaft beſchränkte. Die neue Seele, die ſich aus
der naturaliſtiſchen Seele entwickelte und deren äußerliche
Szene=
rien überwand, ohne ſich von der in einigen Kunſtſphären nun
auch dogmatiſch erſtarrten Szenerie der ſog. Ausdruckskunſt
be=
engen zu laſſen, erhebt die unendliche Sympathie zum Symbol
aller menſchlichen und künſtleriſchen Schöpfung. Die neue Seele
iſt aber nicht pathetiſch verkündigend, ſondern in tiefſtem Sinn
verbergend, deutſch beſtimmt. Und da ſie infolge ungeheuerlichen
und unheimlich wuchernden Irrtums, als der heute von vielen
Einſichtigen der abſolute Maßſtab der Antike erkannt wird, allein
auf das Mittelalter und die Romantik zurückgreifen kann, iſt ihre
Stellung dem Tage gegenüber eine ſchwankende und von allen
Seiten bedrängte. Sie muß ſich aber behaupten, um der fauſtiſchen
Kultur einen friſchen Triebfrühling zu gewähren, und ſie wird
ſich halten, weil ſie, ſchon aus Prinzip, weit davon entfernt, an
ihre Grundpfeiler die Bezeichnung „abſolut” zu heften, in allem
Geſchehen das Relative und menſchlich Begrenzte erkennt und
dies beſonders an der Wiſſenſchaft unnachſichtlich feſtſtellt. Nicht
nur den Dichtern, deren Berufung es iſt, Herz gegen Hirn zu
ſetzen, auch wiſſenſchaftlich Gebildeten beginnt einzudämmern, daß
auf der Logik als der Gleichmacherei der gegenwärtige Triumph
der Lüge beruht. Aber der berufenſte Träger des neuen Lichts
iſt eben der Dichter. Wenn er daneben — denn dem Dichter iſt
Dichtertum nie „Nebenberuf” — pädagogiſch wirkſam iſt, — wie
Erich Bockemühl, dann iſt er wie geſchaffen, um der Märe
von der Alleinſeligmachung der rationalen Wiſſensbildung auch
praktiſch den Garaus zu machen.
Erich Bockemühls „Verwandlungen des Leids” die
eine neue Stufe in ſeiner lyriſchen Entwickelung bedeuten, ſind
ganz aus dem Erlebnis der neuen deutſchen Seele geboren. Sie
verwerten die kriſtallene Schale ſeines früheren Schaffens, über
der als wellender Rauch aus erlebtem Myſterium des Dichter=
und Menſchtums die Sinfonie des Wortes ſchwebt, und gießen
Opferwein hinein, als ſchimmernde Spende, dargebracht dem
Menſchen, dem Volke, der Kultur. Sie geben in eigener Form
uns das, was andere in anderer Form uns ebenſo eindringlich
verkünden wollen: „Menſch, werde weſentlich”, „Der Menſch iſt
gut”. Sie gehen vom perſönlichen Erlebnis aus, vom Erlebnis
der Liebe, die einen vorſichtigen Erkundigungsgang durch die
Welt unternahm, vom Erlebnis des Kindes, des Wachstums,
der Mannheit, der Volkheit, der Kraft, der Schönheit einer
un=
begrenzten Sehnſucht und vom Erlebnis Gottes. Es iſt ſchon ein
kühner Vergleich, wenn man Bockemühl Hölderlin, dem zarten
Sänger der Schönheit und der tragiſchen Sehnſucht, zu nähern
unternimmt. Aber man darf den Vergleich getroſt waßen; denn
die Form ſchon weiſt erfreuliche Aehnlichkeiten auf, nur daß ſie
des antiken Gewandes entkleidet iſt. Und eines tragiſchen
Grund=
tones kann man ſich auch bei Bockemühl unbedingt vergewiſſern.
Schon die Eingangsverſe klingen ihn in ihrer energiſchen, ſicheren
Durchführung deutlich an:
Aus Kampf und Zorn bleibt allzuletzt die Klage,
Die iſt ein Lied aus jener Harmonie,
Aus eines Menſchen Allerweltshingabe;
Aus Leid iſt Lebens ſchönſte Melodie.
Ich lebte mit den Menſchen in der Liebe,
Die in den Dingen immer ſich verirrt.
Mir iſt nur Traurigkeit aus dieſem Glück geblieben,
Und aller Menſchverſtrickung hab’ ich mich entwirrt.
Aber dieſe Stimmung führt nicht zu einem pathetiſchen
Ver=
zicht auf alle Menſchlichkeiten, ſondern zu dem ſtarken Willen
aller Güte, ſich dieſe niedern Wirklichkeiten zum Dienſt an der
Menſchheit untertan zu machen, zu dem unendlich ſiegenden
Wunſche, das Gute und Schöne zu ſehen und dadurch alles
an=
dere zu überwinden. Harmoniſch iſt dieſe Gedichtſammlung
ge=
fügt, wie die früheren gewaltigen Sinfonien ſind, aber hier iſt
der Eindruck bei jedem Gefüge ſo ſtark, daß das einzelne Gedicht
ſich immer zur Sinfonie ausweiten könnte. Der „Menſch”, als
Fackelträger des Lichtes erkannt, aber gewogen erſt und noch zu
leicht befunden, wird aufgerüttelt zu der umfaſſenden Liebe, zu
einem Bergſteig, der nicht eben zum Uebermenſchen (als ſtarrem
Begriff) führt, ſondern zum Kinde, das ſo hoch über allem ſich
reif Dünkenden ſteht.
Da ihr ein Kind wart, daß ihr alſo werdet:
Im Tiefſten treu euch ſelbſt und nie entzweit.
Dies iſt mein Lied aus Leid, das Glück von dieſer Erde:
In Nichts und Armut ſeid ihr ganz befreit.
Dieſe ſchöne Erkenntnis von der inneren Einheit der
Kin=
desſeele iſt allerdings noch wenig klar. Aber Chriſtus redet hier:
„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder.” Und wie in den
Le=
genden „Jeſus” ſo kündet auch hier Bockemühl Chriſtus, er fühlt
ſich ſtark zu ſolcher Verkündigung, weil er ein Chriſt iſt, wie es
in dieſem tiefen Sinn nur wenige ſind. Sein Weg zu dieſem
Ziel ſtreifte zwar zuweilen eine Reſignation — die Bosheit des
Menſchen brannte in ihm wie eigenes Leid —, mündet aber in
onniaſter Klarheit. Wie wird die beſonnte Landſchaft Symbol!
Nach ei Seiten hin: für Menſchliches und Göttliches.
Venn ihr ſo wandert in den Wälderdomen,
Atmet ihr nicht den zeitenloſen Hauch
In Waldesharmonien? Fühlt ihr da nicht das Tönen
Ach, anders als ein Menſch ſingt, anders auch
Als Vogels Stimme — jenes Jubilieren
Und leiſe Klagen — jenes eine Lied:
Des Weltenherzens klingendes Vibrieren:
Fühlt ihr nicht, wie es durch die ganze Schöpfung glüht?
Das iſt das gewaltig Menſchliche, dies Erlebnis des
Wälder=
domes, wie in allem von Willen und fühlender Leidenſchaft
Ge=
türmten das Klopfen und Zittern, das Singen und Klingen des
goldenen Herzens der Welt in uns beben muß, und das unendlich
Göttliche iſt jenes Lichtparadies der glücklichen Seelen: die „
grö=
ßere Landſchaft” deren Harmonie mit der irdiſch=menſchlichen die
größere Klarheit des ſehnenden Menſchen ergibt. Aus dieſer
lich=
teren Göttlichkeit quillt ein ſtrahlendes Glück, das da von Gott
weiß und der göttlichen Wahrheit: „Es iſt nicht das Böſe‟. Aber
mit dieſer Wahrheit, als ihr Halt und ihre Verkündigung, taucht
als kategoriſche Forderung die „Tat” auf und das Erwachen zur
Güte.
Dieſe Tat weckt ſich und reckt ſich und muß in dem
Urrhyth=
mus der Welt alle Völker Europas ergreifen und mit ſich reißen
und zur Religion der Liebe führen. Dieſes ganz Hölderliniſch
anmutende ungewöhnlich ſtarke Gedicht:
„Daß euer Wahn, Völker Europas, reife‟
mit der inbrünſtigen Huldigung der Mutter Erde:
„Du, Mutter, einzig im Wanken der Zeiten
Getreue: O, daß ich ſinge
Unter den Speeren der Feinde freudig dein Lied‟
reißt in ſeinem gehaltvollen Pathos in den brennenden Wirbel
der Gegenwart ein und hat im Gefolge eine der beſten lyriſchen
Verklärungen des deutſchen Volkes, notwendig erwachſen aus der
Liebe zur deutſchen Erde:
Eines Volkes Kraft iſt tief.
Und wenn ſie ſchlief
In Winterſtarre — einmal
Bricht drüberher der Sturm,
Der die Forſte bricht,
Daß die Adler
Schreiend auffliegen, daß
Des Meeres Wogen brüllen.
Dann reißt die Erde: dann
Aech en die Felſen, dann
Stößt die Sonne gellend ins goldene Horn.
Hier iſt der Höhepunkt des Buches, ein tiefer Einſchnitt. Nun
kehrt Ruhe wieder, jene Sonnigkeit, die innige muſikaliſche
Wei=
ſen ſprudeln läßt, ſymboliſche und reſignierte Gedichte, die gipfeln
in einem Hymnus an Gott: „Du aber ſchläfſt noch” und in
Kin=
dern gewidmeten Blumenränzen „Kind, mit Roſen in deinen
Händen”.
Bockemühl wird zum Sänger der Schönheit und der Muſik.
Sobald er ſich dieſer Wandlung bewußt wird, hört das leichte
zwitſchernde Singen (hinter dem wohl zuweilen Wälder
rauſch=
ten) auf, fällt der Dichter wieder ganz in den ſchweren,
dröhnen=
den Klang, der ſich der Sinfonie des Ganzen harmoniſcher
unter=
ordnet. Denn alles, was in ihn verſunken iſt: die ſtille, nicht antik
ſtarre Vorſtellung von der Schönheit, die im Raum ſchwebende
unbewußte Muſik — wird ihm zutiefſt Leid. Wenn nun aber
doch alles erlöſt, ſo iſt das ſchon die letzte Verwandlung des
Leids; das Letzte iſt immer Licht im Dunkeln, Fluß in Starrheit,
Rhythmus in Syſtem. Auch das Weinen iſt dann ſchön, iſt
trö=
ſtendes Geheimnis im ächzenden Leid der Weltſeele, Freude bahnt
ſich immer leidenſchaftlicher den ſtrahlenden Aufſtieg aus der
Wirr=
nis, Leid wird immer Glückſeligkeit. Leid brennt in tauſend
Ver=
wandlungen, aber die Liebe iſt die Ueberwindung. Wie am
Schluß der neunten Sinfonie Beethovens Rauſchen immer
rhyth=
miſcher, immer klangvoller, immer hinreißender die Choräle der
Freude, die ausklingen in einem tönenden Heidelied, das beginnt:
In der blühenden Heide
Wir noch dumpf von Leide
Waren leiſe Freude
und das endet:
Daß uns dieſes bliebe:
Allzuletzt iſt Liebe,
Iſt des Leides Blüte,
Iſt des Herzens ſtille Sehnſuchtsgüte.
Die Sonne der geläuterten Menſchheit leuchtet über der „
grö=
ßeren Landſchaft”, in der alle Erinnerung ſich unendlich verſchönt,
in der der Dichter verbunden mit dem Ideal ſich zur neuen
Wirk=
lichkeit hin bewegt. Dem Dichter iſt jene Sphäre urewige
Le=
bensbedingung, ſie iſt, wenn er noch verwoben mit der Welt ſich
quält, Sehnſucht, von der er ſein ganzes Herz, all ſein höheres
Schauen, ſeine ganze Güte über die erdverhafteten,
unbeſchwing=
ten Menſchweſen ausgießen möchte . „und du möchteſt gießen
all deine Güte (weltverwoben) in die Trauerſeelen‟. Das
Ge=
dicht mit dieſen Verſen zeigt den ganzen Bockemühl, ſein Wiſſen
und Wollen, ſeine ſtille Freude und ſeine grenzenloſe Sehnſucht,
ſein ungeheuer großes Menſchentum.
Die dann noch folgenden Gedichte ſind ganz erfüllt von dem
Erlebnis der „größeren Landſchaft” und der lichteren Menſchen,
ſie weiſen alle Wege, die der Dichter ſelbſt ſchritt, beſeligten
Fu=
ßes. Sie führen alle zu dem Ideal in ſeinen verſchiedenſten
Aus=
deutungen: „Unwiſſender als ein Kind”, aber „tiefſter Weisheit
groß”, „Erlöſen will euch der Dichter zu eurem kindhaften Nichts,
will euch weiten zum Raum, zu den unendlich wachſenden
Peri=
pherien Gottes”. „Wer da bittet, dem tuen ſich auf die goldenen
Tore aller Gewährung.” Und die Verſe, mit denen der vorläufige
Band ſchließt:
Jegliche Stunde in Welt
Atmet die Seele
Ewigen Geiſt
In Wirklichkeit
Dieſer unvergänglichen Wunder der Liebe.
Es iſt eigenartig und erſtaunlich, wie Bockemühl bereits in
die „größere Landſchaft” die „höhere Ebene” hineingewachſen iſt.
An anderen Stellen erweiſt er immer wieder, daß er ſich dort in
der „Urheimat mütterlicher Gegenwart” findet. In dem
Gedicht=
kreis, der ſich der Erkenntnis anſchließt, daß dort nicht Traum,
ſondern ewige Wahrheit iſt, fand er wohl das Tiefſte und
Schönſte, was an der „größeren Landſchaft” erlebt werden kann.
Wunderbar iſt vor allem, wie er immer neue (nun von der
grö=
ßeren ewigen Klarheit beſtimmte) Töne für die Jahreszeiten
findet. Aus einem Frühlingsgedichte:
Singſt du wieder? Ein bunter Zug
Singender Kinder . . . vorüber . ."
Dieſe Lieder aber ſingen unendlich wieder
Ueber den grünen Akkorden.
„
Wie bin ich ſo tief allſelig ſtill geworden . . .
Silberne Harfen in blühenden Weidenbäumen.
O der trunkene Wind entſingt
Silbernen Saiten ſelig Träume.
Ich würde zum Schluß dies in jeder Hinſicht ſehr bedeutende
Werk allen Leſern warm empfehlen; es hälfe jedem
Ernſtgeſinn=
ten ein gut Stück Weges, aus dem ſcheinbar unentwirrbaren
Chaos des gegenwärtigen Weltſtrudels heraus. Aber: es iſt noch
nicht gedruckt. Es wollte ſich bisher kein opferfreudiger Verleger
finden. Vielleicht und hoffentlich bringen dieſe Zeilen einen um
die ſeeliſche Zukunft unſeres Volkes beſorgten Verleger auf den
Gedanken, der Oeffentlichkeit ein neues wertvolles
Kulturdoku=
ment zu ſchenken.
Neue Bücher
— Ferruccio Buſoni, Von der Einheit der
Muſik, von Dritteltönen und junger Klaſſizität, von Bühnen,
Bauten und anſchließenden Bezirken. 384 Seiten mit 4
Originalzeich=
nungen und einem Verzeichnis ſeiner Werke. Max Heſſes Verlag,
Berlin W 15. 7.— Grundpreis. In dieſem aufſchlußreichen und
inter=
efſanten Bande eint Ferruccio Buſoni muſikaliſche, äſthetiſche und
literariſche Aufſätze und Dichtungen, Gedrucktes und Ungedrucktes zu
einer ſtattlichen Sammlung. Sie umfaßt die Jahre 1887—1922, beginnt
mit einer Studie des 21=jährigen (1) über Mozart’s Don Juan und
ſchließt mit einer Abhandlung über „Proportionsgeſetze” „Melodie‟,
und „Polyphonie‟. Wir erfahren, daß einige der populärſten
Schlag=
wvorte unſerer Tage, wie z. B. die „Junge Klaſſizität”, „Theorie der
Dritteltöne” die „Verwandlung der Oper” als notwendige Konſequenz
der „Weſenseinheit der Muſik” zum erſten Mal von Buſonf ausge=
ſprochen, geprägt und als Forderung aufgeſtellt worden ſind. Unmöglich
auf kurzem Raume die farbenreiche Fülle des Buches erſchöpfend zu
erörtern. Da iſt z. B.: Die köſtliche Faſchingsperſiflage mit dem ernſten
Unterton: „Aus der klaſſiſchen Walpurgisnacht”, der prophetiſche
April=
ſcherz: „Eine märchenhafte Erfindung” (die im Lichte der neueſten
phyſikaliſchen Forſchungen heute minder phantaſtiſch anmutet als vor
12 Jahren), „Gedanken über Architektur” (mit Handzeichnungen), der
bedeutſame Beethoven=Artikel uſw. Als formvollendeter Ueberſetzer
zeigt ſich Buſoni in der Uebertragung von Petrarcas 73. Sonett und
von Baudelaires Vorwort zu Edgar Allan Poe, das in einer
monu=
mentalen Anklage gegen die menſchliche Geſellſchaft gipfelt. Die
ſo=
genannte Champagnerarie erſcheint hier zum erſten Mal in einer wort=
und ſinngetreuen Ueberſetzung, die der Melodie ſtreng angepaßt iſt. Die
Sprache des Buches iſt durchaus klar und ſchön, immer lebendig,
oft=
mals von dichteriſcher Inſpiration beſeelt; nirgends iſt fachmänniſche
Langweile zu verſpüren.
St. „Der ruſſiſche Chriſt”, eine Auswahl aus ruſſiſchen
Erzählern. (Drei=Maskenverlag, München). Dieſe intereſſanten
Erzäh=
lungen ſind herausgegeben und überſetzt von Alexander Eliasberg. Graf
Hermann Keyſerling hat ein Vorwort dazu geſchrieben. Geiſtvoll
und von beſter Kenntnis des ruſſiſchen Volkscharakters und der ruſſiſchen
Literatur zeugend. Er zeichnet darin den ruſſiſchen Chriſten und den
ruſſiſchen Heiligen und — Verbrecher. Wir zitieren aus dem Vorwort:
„Alle religiöſen Ruſſen betrachten das Leben mit den Augen der Heiligen.
Deshalb verſteht kein anderer Typus die Seele ſo oft, ſo tief wie ſie.
Dies erklärt dann das Wunder der ruſſiſchen Literatur. Vom Verbrecher
bis zum Heiligen werden alle Menſchen gleich liebevoll geſehen. Nur der
Gerechte bleibt unverſtanden, aber der iſt in Rußland ſo ſelten, daß er
das Bild nicht ſtört. . . . Der ſchlimmſte Uebeltäter wird in ruſſiſcher
Abbildung nicht allein menſchlich begreiflich, ſondern unwillkürlich auch
liebenswert. Eine grenzenloſe Toleranz iſt die Stimmung des ruſſiſchen
In einer Auswahl von Dichtungen von Doſto=
Verſtehens.
jewskif, Turgeniew, Tolſtoi, Ljeßkow, Tſchechow, Bunin, Priſchwin
und Sfologub findet der Leſer dann den Beweis für das
Charakteri=
ſtikum. Wer ſeine Kenntniſſe des ruſſiſchen Volkscharakters erweitern
will, dem ſei dieſes Buch empfohlen, das auch eine leſenswerte Lektüre
darſtellt.
— Aſtronomie für Alle. Von Robert Henſeling. Sechs
in ſich abgeſchloſſene Abteilungen von je etwa fünf Druckbogen (80
Seiten) Text, mir zahlreichen Bildern und Kunſtdrucktafeln.
Abtei=
lung I: Sternhimmel und Menſchheit. (Franckh’ſche
Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.) Das Wiſſen vom Weltall
gründlich, anſchaulich und anregend darzuſtellen, iſt die Aufgabe dieſes
Buches. Die uns vorliegende Abteilung I des Buches behandelt den
Abſchnitt Sternhimmel und Menſchheit. Dieſe I. Abteilung iſt ein in
ſich vollſtändiges und ſelbſtändiges Werk, das eine breite Grundlage
für die gründliche und doch überaus anſchauliche, flüſſig=lockere
Dar=
ſtellung unſeres Wiſſens vom Weltall abgibt. Die
Entwicklungs=
geſchichte unſeres aſtronomiſchen Weltbildes, der geiſtige
Entwicklungs=
prozeß der Menſchheit vom „Wilden” zum wiſſenſchaftlich geſchulren
Europäer zieht in farbenprächtigen Bildern am Leſer vorüber; denn
keine andere Wiſſenſchaft kennzeichtnet ſo tief und vielſeitig die jeweilige
menſchliche Reihenſtufe wie die Entwicklung der Aſtronomie in den
ver=
ſchiedenen Zeiten. Die Darſtellung der Vorgeſchichte des aſtronomiſchen
Weltbildes iſt, dem Rahme des Ganzen gemäß, ſehr kurz, aber auf
exak=
ten völkerpſychologiſchen Studien beruhend, wie wohl noch keine der
bisherigen Arbeiten, die den Gegenſtand berühren. Auch der
geiſtes=
geſchichtlich ſo hochbedeutſamen Aſtrologie iſt ein auf tiefgegründetem
Verſtändnis fußender Abſchnitt gewidmet.
Jugend=Literatur.
* In der Sammlung Bong’s Jugendbücherei hat der Verlag Rudolf
Bong, Berlin, wiederum drei ausgezeichnete deutſche Jugendwerke
herausgebracht, die in Anbetracht der gerade für unſere Buchliteratar
ſehr ſchwierigen Zeit geradezu vorbildlich genannt werden dürfen.
„Deutſche Dichter, die unſere Jugend kennen ſollten, von Felis
Lorenz, iſt das erſte. In einem kurzen Vorwort, weiſt der Verfaſſer
der dieſes Buch G. Hauptmann zum 60. Geburtstag gewidmet hat, au
das Ziel hin, das ihn bei der Schaffung dieſes Werkes geleitet, und gibt
eine programmatiſche Erklärung für das, was er gewollt. Man muß
zu=
geben, daß das Gewollte in reichem Maße zur Tat ward, daß die große
und wichtige Aufgabe, die der Verfaſſer ſich ſtellte, gelöſt iſt. Das Buch
ſoll keine langatmige Literaturgeſchichte ſein, keine Anſammlung von
Worten und Lehren, kein Kompendium. Es ſoll viel mehr ſein, und
es iſt geworden „ein friſch lebendiger Blütengarten der Dichtung, ein
rauſchender Waldesdom, worin es ſich gut wandern läßt, ſodaß der Fuß
nicht müde wird und das Ohr nicht müßig wird, dem hundertfältigen
Klange zu lauſchen” Faſt zweitauſendjähriges deutſches poetiſches
Geiſtesleben iſt es, das der Verfaſſer in ſeinem Buch in einer
ausgezeich=
neten Auswahl zuſammenträgt. Beginnend mit der ewig jungen „Edda‟
und dem Nibelungenlied geht die Auswahl zu Walther von der
Vogel=
weide Martin Luther, Hans Sachs und über zu Leſſing, Herder, Goethe,
Schiller, Hölderlin, erſchöpft in umfangreicher Abteilung die
Roman=
tiker, geht dann zu Heine, Grillparzer, Mörike, Hebbel, Freitag, Keller,
Storm, Körner und Anzengruber über, um in ſeinem letzten Teil
Ri=
chard Wagner, Ernſt v. Wildenbruch, Arno Holz, Gerhart Hauptmann,
Lilieneron und Richard Dehmel geiſtig führend zu behandeln und in
einer trefflichen Auswahl ihrer bedeutendſten Werke zu Wort kommen
zu laſſen. So iſt dieſes Buch ein literariſch und geiſtig kultureller
Führer der deutſchen Jugend, wie er bei gleichem Umfang beſſer und
wirkſamer nicht gedacht werden kann.
Dr. Th. Zell iſt Verfaſſer des nächſten Werkes: „Seelenleben
unſerer Haustiere, das unſere Jugend kennen ſollte. Dr. Zells
iſt ſchon vielfach an dieſer Stelle rühmend gedacht. Wir haben z. Z.
kaum einen beſſeren Tierſchilderer oder Tierforſcher wie Zell, der es in
elten vollendeter Weiſe verſteht, das Reſultat ſeiner Forſchungen
ſeeliſch zu vertiefen und es in literariſch ausgezeichneter Form der
Mit=
welt zu übermitteln. Nirgends ſtößt man bei Zell auf rein ſachliche,
kalte datenmäßige Darſtellungen. Alle ſeine Schilderungen ſind getragen
von einem reichen Innenleben und einem merkwürdigen Hang zur
poetiſchen Darſtellung. Das bringt uns, bringt vor allem der Jugend
die Tierwelt unendlich näher als Schulweisheit, wie ſie gemeinhin
ge=
pflegt wird. In dem vorliegenden Bande verbreitet ſich der Verfaſſer
nicht nur über Haustiere ſelbſt, deren Seelenleben er diefgehend erforſiht
hat, in dem Reich ſeiner Forſchungen ſind auch Affen und alle möglichen
Tiere des Waldes vertreten. Durch ausgezeichnete Illuſtrationen
ver=
lebendigt, lehrt der Verfaſſer uns alle guten und ſchlechten Eigenſchaften
der Hunde in allen ihren Raſſen kennen, führt uns durch zoologiſche
Gärten, durch Pferdeſtälle über Aecker und Wieſen in den Hühner= und
Gänſeſtall, behandelt mit gleicher Liebe das Hauskätzchen, Rind und Eſel
die Vogelwelt und vieles andere. Auch Schwein und Ziege, Schaf und
Kaninchen, Meerſchweinchen und alle möglichen Nagetiere werden
behan=
delt, ſchließlich auch Schwalbe und Biene, all das in enger Verbindung
mit dem Menſchen, ſeinen Neigungen und Bedürfniſſen.
Im dritten Bande endlich führt H. Dominik die Jugend in das
Wunderland der Technik ein. Er behandelt in dieſem Buche
Meiſterſtüicke und neue Errungenſchaften der Technik, die unſere Jugend
kennen ſollte. Im Stil populär und doch mit jenem Ernſt, der
wiſſen=
ſchaftlichen Arbeiten gebührt, und in leichter Verſtändlichkeit gibt der
Autor zunächſt eine warmherzige Einleitung, erörtert dann das
Mär=
chen von der Energie, das den Uneingeweihten in ganz außerordentlich
intereſſante Gebiete einführt (von zahlreichen Illuſtrationen unterſtützt),
um dann zunächſt den „Rieſen Dampf” zu behandeln mit all den
gewal=
tigen techniſchen Errungenſchaften, die mit Dampf. Dampfmaſchinen,
Dampfturbinen, Dampfpumpen uſw. zuſammenhängen. Dann iſt ein
umfangreiches Kapitel des Feuers Macht gewidmet, hierunter entfallen
auch die Exploſionsmaſchinen, Sprengſtoffe und dergl. mehr. Dann iſt
in gleichem Maße des Waſſers Kraft behandelt, beginnend mit der
Darſtellung und Beſchreibung einer Waldſchmiede in ganz primitivſten
Anfängen, übergehend zu den Anlagen großer Stauprojekte im In= und
Auslande und großer Flutkraftwerke. Es folgen Darſtellung,
Beſchrei=
bung und Verwendung der neueſten Motoren und einer großen Anzahl
kleinerer und großer Werkzeuge und Werkzeugmaſchinen. Dann kommt
ein Kapitel, das den Lokomotiv= und Kraftwagenbau behandelt, von der
erſten Lokomotive an bis zum modernſten Rennautomobil. Die
Flug=
technik in allen ihren Zweigen wird behandelt, und das letzte Kapitel
endlich iſt der drahtloſen Telegraphie und Telephonie gewidmet. Dieſe
Aufzählung allein beweiſt uns den außerordentlichen Inhalt des
Buches, deſſen Darſtellungen in Text und Bild unbedingt überzeugend
wirken.
St.
Verantwortlich: Max Sireeſe
[ ← ][ ]Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 4. Oktober 1923.
Nummer 274.
53)
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
Nachdruck verboten.)
Infolgedeſſen ſtanden Philipp und ſeine Gattin jetzt als
alleinige Paſſagiere des Storchs auf dem Verdeck, als das Boot
mit den gallonierten Herren an der Seite der kleinen Jacht
an=
legte. In zehn Minuten hatte ſie dieſe beiden Herren an Bord.
Der eine von ihnen, ein junger Mann von kaum dreißig
Jah=
ven, der die glänzendſte Uniform und die breiteſten Treſſen hatte,
kam auf ſie zu und ſalutierte militäriſch.
„Guten Abend,” ſagte er in gebrochenem Engliſch. Mit
wem habe ich das Vergnügen, zu ſprechen?”
Philipp betrachtete ihn beluſtigt.
„Mein Name iſt Profeſſor Pelotard,” ſagte er. „Das iſt
meine Frau, und das iſt Kapitän Dupont, der dieſe Jacht für
mich führt. Mit wem habe ich das Vergnügen, zu ſprechen?”
Der junge Mann richtete ſich auf.
„Mein Name iſt Luis Hernandez,” ſagte er. „Er iſt Ihnen
bielleicht nicht unbekannt
Philipp unterdrückte ein Lachen: das war alſo der künftige
oder ſchon ernannte Präſident von Minorca! Der ſofori n Bord
kam, um ſich den diſtinguierten ausländiſchen Gäſten zu zeigen
. . Offenbar war das ſeine Gewohnheit: er hatte ja auch bei
Kapitän Simmons von der Lone Star Beſuch gemacht. Und
vielleicht zehn Schritte von ihm, in einer Kajüte des „Storchs”,
ſaß der Mann, deſſen Nachfolger er werden wollte.
„Es iſt mir ein Vergnügen, Ihre Bekanntſchaft zu machen
Herr Präſident,” ſagte er mit einer Verbeugung. „Die
Welt=
preſſe widerhallte ſeit vier Tagen von Ihrem Namen, ſeit das
Telegramm von Kapitän Simmons Barcelona verließ.”
„Ah, hat er telegraphiert! Ich hoffte es, aber fing ſchon an,
unruhig zu werden . man merkte gar nichts .. und unſer
Telegraphenkabel funktioniert nicht. Niemand weiß, warum.
Es freut mich, daß er telegraphiert hat. Alſo ſpricht man von
m. . . von uns in Europa?"
„Seien Sie überzeugt davon, Herr Präſident! Man ſpricht
von nichts anderem. Und die Zeitungen ſind des Lobes voll
für Sie und Ihre mutigen Landsleute. Ich ſelbſt als
Repräſen=
tant der Preſſe . . . komme, um Ihnen ihre Huldigung zu
brin=
gen und Ihnen ihren Einfluß zur Verfügung zu ſtellen, Herr
Präſident!“
Philipp ſprach langſam, um jedes Wort in jenes dankbare
Erdreich ſickern zu laſſen, das Senjor Luis Hernandez. Herz
offenbar war. Der präſumtive Präſident von Minorca lauſchte
mit leicht geöffneten Lippen und vorgeneigtem Kopfe, während
er ſich hie und da mit der Hand über, den goldgeſtickten
Rock=
ärmel fuhr. Es war Philipps Wunſch, ſich für den Augenblick
ſo gut als möglich mit ihm zu ſtellen, und offenſichtlich hatte er
einen geglückten Start gemacht. Senjor Hernandez räuſperte ſich
und ſagte mit Oratorſtimme:
„Das freut mich, Monſieur Pelotard! . . . Es freut mich.
Es beweiſt, daß die Preſſe ihre Aufgabe erkennt, für die
Wahr=
heit und den Sieg des Rechtes zu kämpfen. Es freut mich
aber nennen Sie mich nicht Präſident, wenn ich bitten darf. Ich
bin es noch nicht .. Die Wahlen finden erſt in einigen Tagen
ſtatt.”
„Ah,” ſagte Philipp mit ſeinem liebenswürdigſten Lächeln,
„ich habe gehort, daß man zuweilen den erſten Konſul Bonaparte
Sire nannte, ohne daß er es übel nahm!"
Senjor Hernandez errötete vor Befriedigung über das ganze
Geſicht, aber warf einen raſchen Blick auf ſeinen Begleiter, wie
um zu ſehen, ob dieſer verſtanden hatte. Dann ſagte er:
„Dies, Mr. Pelotard, iſt der Hafeninſpektor, mein Freund
Emilones. Er wird Ihnen in jeder Weiſe behilflich ſein .."
Er verſtummte und warf einen langen Blick auf die Fenſter
des Speiſeſaales, wie um anzudeuten, daß der Präſident von
Minorca ſich nicht ſträuben würde, wenn man auf die Idee
käme, ihn zum Souper einzuladen, aber Philipp, der ſeine
eigenen Pläne hatte, tat nichts dergleichen.
„Morgen, Senjor,” ſagte er, „werde ich wir die Freiheit
nehmen, Sie aufzuſuchen, wenn Sie es geſtatten, um mich mit
Ihnen zu beraten, was wir am beſten in der Preſſe
veröffent=
lichen ſollen.”
„Sie ſind ſehr willkommen, herzlich willkommen, Senjor,”
beeilte ſich Luis zu verſichern. „Sie können mich, wann Sie
wollen, nach zwölf Uhr treffen. Von zehn bis zwölf inſpiziere
ich die Truppen.
„Und wo,” fragte Philipp, „kann ich Sie treffen?”
„Im Schloß, Senjor. Im Palaſt.
„Ah.” ſagte Philipp, „im großherzöglichen Schloß . . . Darſ
ich Sie eines fragen
„Natürlich, Senjor, mit Vergnügen.”
„Was iſt aus dem früheren Mieter geworden?”
Senjor Hernandez ſtarrte verblüfft und forſchend den
Re=
präſentanten der europäiſchen Preſſe an . . . Dann faßte er
ſich und murmelte:
„Darüber werden wir morgen ſprechen, Senjor. Ich
wünſche Ihnen einen guten Abend.
Er ſprang in ſein Boot, mit Senjor Emiliones, der die
Opern=Abend
der verſtärkten Hauskapelle.
Leitung: Kapellmeiſter Willi Bahl.
(*25989
Anfang punkt 8½ Uhr.
Flaf” Tzirſtity
Erfttlaff. Lanzienfcnat Kofe
2 Beckſtraße 2.
Am 16. Oktober beginnt ein Kurſus für
ſämt=
liche und moderne Tänze.
Anmeldungen rechtzeitig erbeten.
Ungenierter Einzelunterricht jederzeit.
Frau A. Roſe.
*25974)
Die
Poſtmeiſterin
Operette in 3 Akten
v. Leon Jeſſel (7728
In d. Tittelrolle:
Alma Saccura. G.
Kart.: Verk.=Büro, de
Waal. Rheinſtr. 14.
ANZUg-
Mantel-
Kostüm-
lege nach Anzahlung zurück. (*25964
Hein Laden! a
Ernst-Ludwigstr. 5, H.
7
Höhere Peivatſchule
Grüner Weg 19 H. Rupp Fernſpr. 1512
Neue Kurſe (auch für Anfänger) beginner
*25980
am 9. Oktober 1923.
Landestheater.
Großes Haus.
Donnerstag, 4, Okt.
C3, c1
Der
lebende Leichnam
von Leo Tolſtoi.
Preiſe: 10—100 Mill.
Anf. 7, Ende n. 10 Uhr.
Kleines Haus. (V722
Keine Vorſtellung.
Mietnachzahlungen
an der Tageskaſſe
vormittags 10—1 Uhr
nachmittags 3—6 Uhr.
Rtttonste
Bühnen=
ganze Zeit kein Wort geſprochen hatte, vielleicht weil er kein
Engliſch verſtand; und nach ein paar Minuten war ihr Fahrzeug
in der immer tiefer werdenden Dämmerung verſchwunden.
Kaum waren ſie außer Sehweite, ſtürzte Philipp von ſeiner
an=
geblichen Gemahlin weg, die noch mit mörderiſchen Blicken dem
Präſidenten der Republik Minorca nachſtarrte, in die
Kajüten=
abteilung hinunter und klopfte beim Grafen von Punta
Her=
moſa an.
„Wir haben Beſuch gehabt, Graf, feinen Beſuch.”
„Wen denn?”
„Präſident Hernandez!" Ich und er ſind die beſten Freunde
der Welt, und morgen werde ich ihn in ſeiner Wohnung im
großherzöglichen Schloß beſuchen.”
„Im großherzöglichen . . . der verdammte Schurke . . . ſoſo.
Sie wollen ihn da beſuchen? Ich gratuliere. Kommt Madame
mit?‟
„Madame? Ich hatte alle Mühe der Welt, ſie abzuhalten,
den Präſidenten bei ſeinem Beſuch zu ermorden. Sie wiſſen,
daß ſie rohaliſtiſch iſt.”
„Ich weiß es und es freut mich.”
„So ſo, Graf! Ich habe auf jeden Fall dem Präſidenten
eines zu danken.”
„Eine Einladung ins großherzögliche Schloß?”
„Nein, daß er Minorca vom Großherzog befreit hat! Wäre
Don Ramon noch am Ruder, ſagten Sie doch, ich hätte Minorca
ohne meine Frau verlaſſen müſſen. Aber unter uns geſagt: ich
gedenke mit meinem Beſuch nicht bis morgen zu warten.”
„Sie haben es ſehr eilig, Ihren Freund, den Präſidenten,
wiederzuſehen.
„Hm, ja. Auf jeden Fall will ich mir ſeine Hauptſtadt
an=
ſehen, und darum denke ich, heute abend ans Land zu gehen.”
„Viel werden Sie da nicht ſehen. Das Gaswerk zeichnet ſich
durch ſeine Unzuverläſſigkeit aus.”
„Ich werde mich ohne Gasbeleuchtung behelfen. Auf
Wiederſehen, Graf!”
„Nicht ſo eilig. Profeſſor! Ich möchte mitkommen, wenn
Sie nichts dagegen haben.”
Philipp lachte innerlich.
„Ah, Sie wollen mitkommen" das iſt aber ſehr
unvorſich=
tig. Und wenn ich etwas dagegen hätte?
„Dann ſchwimme ich ans Land.”
„Um alles in der Welt, Graf, das brauchen Sie nicht.
Kommen Sie mit, wenn Sie nur verſprechen, daß Sie Ihre
Eindrücke nicht einer Konkurrenzzeitung telegraphieren! Kennen
Sie Mahon
„Ein wenig.”
(Fortſetzung folgt.)
D.-I. 1 0.Sehauspiel in 5 Akt.
Prauen=
opfer, Frou-Frou, Sittenbild in 5 Akt.
Das Lebensroulette, Sittenbild
.-1, 6 Akte. Er als Ravoncbef.
Er unter d. Cowboy.
(*26011
„V Der Wirbelwind, 5 Teile, 30 Akte
I. Teil: Die Bankräuber v.
Massachusett-, 6 Akte. II. Teil: In den
Schluchten des Connecticut 6 Akte.
KA
(D. R. G. M.)
—J
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vormit=
tags 10 Uhr,
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Feinkohle . . . . . . . . . 7000000
Der Preis für die Abgabe am
Schwimmbad beträgt 50000 000.
Die Verwaltung der Grube
„„Prinz von Heſſen”.
Bekanntmachung.
Der Herr Reichsminiſter der Finanzen
hat durch Verordnung vom 27. Sept.
1923 die Höhe der Vorauszahlungen auf
die Einkommenſteuer und die
Körper=
ſchaftsſteuer neu feſtgeſetzt. Danach haben
die einkommenſteuerpflichtigen
Einzel=
perſonen bis zum 5. Oktober 1923
das 30000 fache und die
Körperſchaf=
ten bei den nach dem 30. Sept. 1923
fälligen Vorauszahlungen das
45 000 fache des Grundbetrags der
Vor=
auszahlungen zu zahlen. Die am 5. Okt.
1923 fällige Rate der erhöhten
Voraus=
zahlung beträgt ſomit bei Einzelperſonen
durchweg das 75fache der im Auguſt
fällig geweſenen Rate. Hierzu tritt die
Rhein=Ruhr=Abgabe; ſie beträgt bei den
Einzelperſonen das Doppelte der erhöhten
Vorauszahlungen und bei den
Erwerbs=
geſellſchaften grundſätzlich die Hälfte der
Körperſchaftsſteuer vervielfacht mit 45000
Werden dieſe Abgaben nicht pünktlich
gezahlt, ſo werden ſie unter Anwendung
des Goldumrechnungsſatzes, der für die
Landabgabe maßgebend iſt, aufgewertet:
mindeſtens ſind jedoch 10 vom Hundert
des urſprünglichen Papiermarkbetrages
als Zuſchlag zu zahlen.
Eine beſondere Anforderung der
Ab=
gaben wird dem Steuerpflichtigen von den
Finanzämtern nicht zugeſandt. (*26013
Näh. Ausk. erteilen die Finanzämter.
Darmſtadt, den 1. Okt. 1923.
Landesfinanzamt
Abteilung für Beſitz= und Verkehrsſteuern.
gez. Dr. Hellwig.
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Berſteigerung.
Freitag, den 5. Okt. ds. Js.,
vormittags /,10 Uhr und nachm.
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auf Antrag in dem Hauſe
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wegen Auswanderung gegen Barzahlung:
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(*25991
rat durch alle Rubriken.
Darmſtadt, den 3. Okt. 1923.
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