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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 273
Mittwoch, den 3. Oktober 1923
186. Jahrgang
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jeder Nabat weg. Banktonto: Deutſche Bank und
Darmſtädter 8 Naſionalbank.
Vor ernſten Entſcheidungen in Berlin.
Koalitionskriſis. — Austritt der Sozialdemokratie aus der Reichsregierung? — Reichswirtſchaftsminiſter v. Raumer
zuückgeteten. — Die Reichstageſichung verſchoben. — Außenpolſiſche Enſchloſſenheit. — Kabinetergt in Berſin.
* Von Kriſe zu Kriſe.
Nicht einmal zwei Monate Anlaufszeit hat das Kabinett
Streſemann gehabt, bis die erſte Kriſe kam, die es über den
Haufen zu werfen drohte. Zwei Monate ſind eine kurze Zeit,
zeidend, wo jede Minute ſchon
Ge=
aber ſelbſwverſtändlich iſt
des Befähigungsnachweiſes mehr
ſchichte macht, daß das Tc
eingeſchaltet wird, als in de. Periode ruhiger Entwickelung. Wir
können eben nicht warten, ſondern müſſen Hals über Kopf zu
Entſchlüſſen kommen, weil ſonſt die Gefahr beſteht, daß das
Reichsſchiff an einer der vielen Klippen zerſchellt, die es
um=
geben, und an dieſer Raſchheit des Entſchluſſes hat es die
Re=
gierung Streſemann leider fehlen laſſen. Nicht als ob der
Kanz=
ler ſelbſt dafür die Verantwortung trägt. Man wird ihm
nach=
ſagen dürfen, daß er ſeine Linie gehalten hat. Aber er iſt mit
dem Kanzleramt und dem Außenminiſterium ſo überlaſtet, daß
er ſich nicht um jede Einzelheit kümmern kann, und in der Wahl
ſeiner Mitarbeiter hat er Unglück gehabt.
Der Chef der Reichskanzlei von Rheinhaben iſt rein
außen=
politiſch orientiert, iſt alſo im beſten Falle ein zweiter
Staats=
ſekretär des Aeußern, der überflüſſig wäre, weil Herr
von Maltzahn eine Unterſtützung nicht braucht. Dafür iſt Herr
von Rheinbaben aber in ſeinem eigentlichen Reſſort, der
Innen=
politik, ziemlich unerfahren. Er konnte den Reichskanzler ſo gut
wie gar nicht entlaſten. Dr. Streſemann mußte alſo ſein
eige=
ner Chef der Reichskanzlei ſein, und da auch die Leitung der
Preſſeabteilung in noch unerfahrenen Händen ruht, mußte er
auch ſeine eigene Preſſepolitik machen. Wenn dann nicht immer
alles geklappt hat, ſo iſt das zur Not begreiflich, aber doch auch
ein Beweis, daß für Abhilfe geſorgt werden muß.
Indeſſen ſind das Faktoren untergeordneter Bedeutung
gegenüber den Schwierigkeiten, die Dr. Streſewann auf
ande=
ren Gebieten zu überwinden hat. Aus der Zwangslage, die er
bei ſeinem Amtsantritt vorfand, ergab ſich, daß zwei Reſſorts
von überragender Wichtigkeit waren, das der Finanzen und der
Wirtſchaft. Denn nur wenn hier eine kundige, tatkräftige Hand
die Zügel ergriff, war den verheerenden Folgen vorzubeugen,
die aus der Liquidation des Ruhrkampfes ſonſt entſtehen
muß=
ten. Für das Finanzminiſterium hatte Dr. Streſemann Dr.
Hilferding präſentiert, dem ein ſehr guter Ruf voranging. Es
hat ſich aber ſehr raſch herausgeſtellt, daß er nur Theoretiker iſt.
Auch er hat die Erfahrung machen müſſen, die keinem ſeiner
Parteifreunde erſpart geblieben iſt, daß es ein ganz anderes Ding
iſt, ob man im Stillen ſtdiert und Rezepte verſchreibt, oder
einen lebenden Patienten zu behandeln hat. Für die Wirtſchaft
ſtellte die Deutſche Volkspartei Herrn von Raumer, dem man
wohl deshalb beſonderes Vertrauen entgegenbrachte, weil er aus
der Praxis kam. Aber auch er war ſeiner Aufgabe nicht
gewach=
ſen. Er iſt ein Mann von umfaſſendem Wiſſen und großen
Kenntniſſen. Aber es fehlte ihm die Fähigkeit rücktſichsloſen,
geraden Vorgehens, vielleicht, weil er von den Dingen ſo viel
verſteht, um nicht rechtzeitig die Gefahren zu erkennen, die aust
jedem Entſchluß entſtehen können.
So war es unvermeidlich, daß die Politik der Regierung
den Eindruck der Zerfahrenheit und Unentſchloſſenheit machte,
gerade auf beiden Gebieten, wo der Hebel angeſetzt werden
mußte. Denn es galt, währungstechniſch der weiteren
Entwer=
tung der Mark entgegenzuarbeiten, ein neues Geld zu ſchaffen,
das den ewigen Wettlauf mit den Preiſen endlich einmal
ab=
ſtoppte, und dem Vertrauen genug entgegengebracht wurde, um
die Mobiliſierung der Ernte zu ermöglichen, um nicht ſchon zu
verhungern. Es galt aber auch, um nur das Wichtigſte
heraus=
zugreifen, dafür zu ſorgen, daß die Wirtſchaftsmaſchine in Kraft
blieb und die Produktion geſteigert wurde, damit wir ſo nicht
nur mehr Arbeitsmöglichkeiten, ſondern auch mehr. Deviſen
be=
kommen, um dafür Rohſtoffe und Lebensmittel einkaufen zu
können. Daß bei der Währungsfrage wie bei dem Problem
der Produktionsſteigerung eine Löſung nicht leicht zu finden
war, darüber hat ſich wohl niemand Illuſionen hingegeben. Die
witiſchaftlichen Gegenſätze zwiſchen den bürgerlichen Parteien
und den Sozialdemokraten ſind gerade hier außerordentlich groß.
Eine Koalition verlangt alſo ein Kompromiß, mit dem am Ende
vielleicht beide Teile nicht zufrieden ſind, was aber doch
immer=
hin einen Fortſchritt bedeutet. Die gegenwärtige Regierung
wird auf beiden Gebieten gar nichts erreichen. Sie hat einen
Währungsentwurf vorgelegt, der bei der Demokratiſchen Partei
auf ſcharfen Widerſtand geſtoßen iſt. An der Mehrarbeit doktert
ſie immer noch herum. Kein Wunder, daß dann gerade in den
Regierungsparteien ſelbſt eine ſtarke Mißſtimmung entſtand, die
mit großer Sorge den nächſten Wochen entgegenſahen und ſich
die Frage vorlegten, ob mit den Perſonen und mit den Parteien
die Aufgabe überhaupt zu bewältigen wäre. Ganz logiſch kam
ſo aus der Deutſchen Volkspartei heraus die Forderung, jetzt
allen inneren Hader fallen zu laſſen und ein Kabinett der
Ein=
heitsfront von den Deutſchnationalen bis zu den
Sozialdemokra=
ten auf die Beine zu ſtellen, gleichzeitig aber auch einen
Ber=
ſonenwechſel in dem Umfang vorzunehmen, wie er hisher verſagt
wurde. Dieſe Entwickelung iſt zweifellos beſchleunigt worden
dunch die Politik Frankreichs. Die Hoffnungen, die von
einzel=
nen Kreiſen auf den Abbau des paſſiven Widerſtandes geſetzt
wurden, werden ſich allem Anſchein nach nicht erfüllen.
Poin=
caré denkt nicht daran, auch nur einen halben Schritt entge
en=
zukommen. Er wartet ruhig ab. Denn er weiß, daß das, wa3
ihm das Kabinett Streſemann bot, keine Kapitulation war und
beine Kapitulation ſein ſollte. Er glaube aber, wenn er mur
ge=
nügend Zeit verſtreichen laſſe, uns ſo würbe zu machen, daß wir
ihm alles bewilligen. Wir ſind aber an der Grenze des
Ent=
gegenkommens angekommen. Wir müſſen uns, wenn nicht alle
Zeichen trügen, darauf einſtellen, daß der Kampf gegen die
fran=
zöſiſche Unerbittlichkeit wieder aufgenommen wird. Dazu
brau=
chen wir alle Mann an Deck, brauchen wir aber auch die denkbar
größte Kraftentfaltung und Ausſchaltung aller Reibungen. Das
iſt nur zu erzielen, wenn Perſönlichkeiten von Tatkraft und
Ent=
ſchloſſenheit die Veranwortung übernehmen. Nur wenn es
ge=
lingt, ſie zu finden, wird eine Regierung Beſtand haben können,
die den Kampf gegen die franzöſiſche Unerbittlichkeit aufnimmt.
Der Perlauf.
Von unſerer Berliner Redaktion.
* Man muß ſchon chronologiſch verfahren, um in das
Wirr=
warr, der das politiſche Berlin am Dienstag auf den Kopf ſtellte,
einigermaßen Ordnung hereinzubringen. Sonſt iſt es unmöglich,
ſich aus dem Durcheinander von Wahrem und Falſchem, von
Gerüchten und Tatſachen zurechtzufinden, das vom Reichstag
ſeinen Ausgang nahm und ſich auf dem Umweg über die Berliner
Preſſe mit Windeseile über das ganze Reich verbreitete. Wir
teilten bereits mit, daß von ſeiten der einzelnen Fraktionen
be=
ſtimmte Wünſche vorlagen, die in der politiſchen Ausſprache am
Dienstag ihre Niederlage finden ſollten. Der Reichskanzler war
Larüber unterrichtet und hatte im Kabinett die erforderlichen
Schritte veranlaßt, um die politiſche Lage der Koalition zu
er=
leichtern. Zu dem Zweck war von der Regierung ein
Ermäch=
tigungsgeſetz ausgearbeitet, das dem Kabinett die Vollmacht
geben ſollte, Maßnahmen auf wirtſchaftlichem, finanziellem und
ſozialem Gebiet ſelbſtändig zu treffen. Dieſes Geſetz ſollte für
ein halbes Jahr, bis zum 1. April 1924. Gültigkeit haben und
die Regierung in den Stand ſetzen, alle erforderlichen
Maß=
nahmen bei der Aufſtellung der Währungsausgeſtaltung, bei
einer Erhöhung der Arbeitsleiſtung und bei der Ueberwachung
der Reichspolitik, der Syndikate und Monopole zu treffen. Seine
Vorſchläge underbreitete der Reichskanzler am Dienstag mittag
in einer
Sitzung der Parteiführer.
Hier wurde von deutſchvolksparteilicher Seite
die Anregung gegeben, ob es nicht wünſchenswert ſei,
das Kabinett zu ergänzen durch einen
Ernährungs=
miniſter, der das Vertrauen der Landwirtſchaft beſitze, um
dadurch die Hemmungen zu beſeitigen, die ſich der Mobilmachung
der Ernte in den Weg ſtellen könnten. Gleichzeitig brachte die
Deutſche Volkspartei ihre Bedenken gegen einzelne
Perſönlich=
keiten im Kabinett vor, deren Leiſtungen gegenüber den
Erfor=
derniſſen des Augenblicks nicht ausgereicht hätten. Die
Sozial=
demokraten erhoben ſtarke Einwendungen gegen eine ſolche
Blankovollmacht, wie ſie die Regierung verlangte, und waren auch
nicht zu beruhigen, als der Kanzler ihnen nähere Erklärungen
gab über das, was er mit ſeinen Vorſchlägen beabſichtigte. Sie
zielen in der Hauptſache darauf hin, den achtſtündigen
Arbeits=
tag nicht etwa außer Kraft zu ſetzen, aber ihn für einzelne
Wirt=
ſchaftszweige zu erweitern und hier die Arbeitszeit der
Vor=
kriegszeit wieder einzuführen. Da von ſozialdemokratiſcher
Seite gleichzeitig noch die reſtloſe Klärung des ſtaatsrechtlichen
Verhältniſſes zwiſchen dem Reich und Bahern verlangt und hier
ein entſchiedenes Vorgehen gefordert wurde, ergab ſich die
Not=
wendigkeit, die Parteiführerbeſprechung abzubrechen, damit die
Fraktionen in die Lage verſetzt werden, entſprechende Beſchlüſſe
zu faſſen, um die Steigerung der Nervoſität, die durch bewußt
falſche Nachrichten verurſacht wurde, zu beſeitigen. So wurde
behauptet, daß die Deutſche Volkspartei den Eintritt eines
Deutſchnationalen in die Regierung verlange und davon ihre
Zuſtimmung zu dem Ermächtigungsgeſetz abhängig machen
würde. Das mußte den Eindruck erwecken, als ob die Partei
des Reichskanzlers eine Handgranate gegen ihre Parteiführer
geworfen hätte. Von alledem war keine Rede. Der Vorſitzende
der Fraktion hatte lediglich eine Anregung gegeben, von der er
glaubte, daß ſie nützlich ſein könnte. Die Frage einer
Verbreiterung der Koalition nach rechts
mußte ſchon deshalb ausgeſchaltet werden, weil das
Zentrum zwar grundſätzlich dazu bereit iſt,
aber nur dann, wenn dadurch die gegenwärtige Koalition
nicht verringert wird, wenn alſo die Sozialdemokraten
zuſtim=
men. Die Vorausſetzung für eine ſolche Verbreiterung der
Re=
gierung wäre alſo die Zuſtimmung der Deutſchnationalen und
der Sozialdemokraten. Von beiden Seiten iſt leider eine ſolche
Haltung nicht zu erwarten. Der Gedanke einer nationalen
Ein=
heitsfront, ſo ſchön er auch an ſich iſt, hatte keinerlei Ausſicht auf
Verwirklichung und hat deshalb auch für die weitere
Entwicke=
lung der Kriſe keine Rolle geſpielt. Um ſo mehr verſchärften ſich
im Laufe des Nachmittags die Gegenſätze, und zwar nach der
ſachlichen und der perſönlichen Seite. Daß die Deutſche
Volks=
partei an einzelnen Miniſtern, beſonders an Herrn von Raumer,
ihrem eigenen Mann, und Herrn Dr. Hilferding Kritik übte,
hatten wir bereits angedeutet. Herr von Naumer hat der für
ihn ſchwierigen Lage ein Ende gemacht, indem er von ſich aus
dem Reichskanzler ſein Abſchiedsgeſuch übereichte. Auch Herr
Dr. Hilferding war bereit, ſeinen Platz zu räumen. Ebenſo
hatte ſich der Ernährungsminiſter, Dr. Luther, bereit erklärt,
zurückzutreten, falls man glaubte, daß ein landwirtſchaftlicher
Fachmann für ſeinen Poſten beſſer geeignet ſei.
Dieſe politiſchen Fragen traten, mehr und mehr in den
Hintergrund. Die Situation ſpitzte ſich zu auf einen Kampf um
die ſozialpolitiſchen Forderungen, wie ſie die Regierung
ent=
wickeln wollte. Die Sozialdemokraten erklärten ſich bereit, der
Regierung weitgehende Befugniſſe in allen Währungs= und
Finanzfragen zu erteilen. Sie wollten dagegen ein
Ermächtigungs=
geſetz nicht unterſchreiben in ſozialpolitiſchen und wirtſchaftlichen
Fragen, ohne genau zu wiſſen, wie weit hier die Vollmacht der
Vegierung gehen ſolle. Auf der anderen Seite erklärte, die
Deutſche Volkspartei, daß ein ſolches Ermächtigungsgeſetz für
ſie wertlos ſei, wenn nicht damit endgültig alle Vorausſetzungen
zur Steigerung der Produktion geſchaffen würden. Um dieſe
Frage hat ſich die Kriſis am Dienstag nachmittag in den
ver=
ſchiedenen Entwickelungsformen gedreht. Vorübergehend ſah
es ſo aus, als ob man ſich näher käme. Der Kanzler erklärte,
daß er unter allen Umſtänden am Dienstag im Reichstag noch
ſprechen wolle, und wenn es 10 Uhr abends werden ſollte. Er
glaubte auch, mit Hilfe der ſozialdemokratiſchen Miniſter im
Ka=
binett die Zuſtimmung der Sozialdemokraten zu einem
Nach=
geben gegenüber den wirtſchaftlich berechtigten Forderungen der
Regierung erreichen zu können. Bis gegen 8 Uhr abends durſte
man auch annehmen, daß dem Reichskanzler das gelingen würde.
Die Sozialdemokraten wurden nachgiebig. Sie wollten über
einen Wechſel im Finanzminiſterium diskutieren, wollten auch
über eine Aenderung in der Erwerbsloſenfürſorge ſich
unterhal=
ten und waren bereit, auch die anderweitige Ausgeſtaltung des
Achtſtundentags wenigſtens zur Oiskuſſon zu ſtellen.
Zu allem Unglück war indeſſen im Laufe des Nachmittags
bekannt geworden, daß in Bahern Herr von Kahr zum
Miniſter=
präſidenten gewählt ſei. Das veranlaßte die Sozialdemokraten
zu einem erneuten ſcharfen Vorſtoß in Sachen Bahern. Sie
hielten ſich für verpflichtet, in der Parteiführerkonferenz dem
Reichskanzler mitzuteilen, daß ſie entſchloſſen ſeien, bei der
Schlußabſtimmung, die der politiſchen Ausſprache im Reichstag
folgen ſollte, für den kommuniſtiſchen Antrag zu ſtimmen, der
die ſofortige Aufhebung des Belagerungszuſtandes in Bayern
fordert.
Auf eine ſolche Wendung war Dr. Streſemann offenbar
nicht vorbereitet. Er erklärte, daß er dann keinen Ausweg mehr
aus der Lage ſehe, da es unmöglich ſei, daß eine
Regierungs=
partei einem ſolchen kommuniſtiſchen Antrag zuſtimme. Er brach
deshalb die Parteiführerbeſprechung ab, um ſich ſofort zum
Reichspräſidenten zu begeben. Auf der Reichskanzlei wurde
ge=
ſagt, lediglich zur Berichterſtattung, aber die Situation iſt doch
die, daß der Rücktritt des geſamten Kabinetts unmittelbar
be=
vorzuſtehen ſcheint, falls es nicht im letzten Augenblick gelingen
ſollte, einen Kompromißvosſchlag zu finden. Der Reichspräſident
hat ſich ſelbſt eingeſchaltet, um den Verſuch eines neuen
Kompro=
miſſes zu machen. Das Kabinett ſelbſt wird um 9 Uhr abends
zuſammentreten. Bis dahin bleibt das Schickſal der Regierung
unentſchieden.
Nähere Einzelheiten ergeben ſich noch aus machſtehenden
Meldungen:
Vermittlungsverſuche.
* Berlin, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Nach kurz 1½ Monaten
gibt der Reichstag erneut das Bild quälenden Suchens nach einer
Löſung aus faſt unmöglich gewordener Situation. Diejenigen,
die geſtern abend der amlichen Meldung von der allgemeinen
Uebereinſtimmung der Mitglieder der Regierung in der Frage
der heutigen Erklärung der Reichsregierung vor dem Parlamend
glaubten, haben ſich wiederum als unverbeſſerliche Optimiſten
emtpuppt. Die Einiguug war nur eine äußerliche und das
Auf=
einanderſtoßen der Meinungen kam bei der Beſprechung der
Parteiführer am heutigen Vormittag auf das deutlichſte zum
Vorſchein. Natzürlich haben die beteiligten Koalitionsparteien,
ſoweit ſie hieran Intereſſe haben, nichts unverſucht gelaſſen, den
eingetretenen Niß zu überkleiſtern oder in ingend einer Form
auszufüllen. Aber die Wahrſcheinlichkeit, daß dieſes glückt, iſt
nur ſehr gering. Das geht ſchon daraus hervor, daß der Beginn
einer Reihe von Fraktionsſitzungen, die unmittelbar nach Tiſch
um 3 Uhr ſtattſinden ſollten, ſih ſtark verzögerten, weil zwiſchen
den einzelnen Parteien noch interparlamentariſche Beſprechungen
ſtattfanden, um die Situation zu klärem. Von beſonderer
Be=
deutung iſt natürlich die Haltung der ſtärkſten bürgerlichen
Frak=
tion im Kabinett, des Zentrums, weil dort vielleicht der einzige
Anhaltspunkt für eine einigermaßen plauſible Löſung liegen
könnde. Das Zentrum hat in kluger Zurückhaltung bisher in
ſeiner eigenen Fraktion keine Diskuſſion über die jetzige Lage
herbeigeführt, ſondern ſich darauf beſchränkt, nacheingnder den
Fraktionsvorſitzenden und eimen dem Zentrum angehörenden
Reichsminiſter über die Lage referieren zu laſſen. Der
Wieder=
zuſammentritt der Zentrumsfraktion um 3 Uhr nachmittags hat
ſich erheblich verzögert, da der Abg Marx Veranlaſſung
ge=
wommen hatte, in der Zwiſchenzeit bei den anderen
Partei=
führern Fühler dahim auszuſtrecken, ob nicht die Möglichkeit einer
Einigung vorhanden iſt. In parlamentariſchen Kreiſen nimmt
man au, daß dieſer Vermittlungsvorſchlag dahin gehe, der
Sozial=
demokratie den Rücktritt Hilferdings nahezulegen und
anſtelle von Hilferding einen parteipolitiſch nicht belaſteten, aber
nach ſeinen bisherigen Erfahrungen rechts ſtehenden Fachmann
zum Reichsfinanzminiſter zu machen. Nach Lage der Dinge muß
aber bezweifelt werden, ob ſich die Deutſche Volkspartei mit
einem derartigen Vermitlungsvorſchlag einverſtanden erklären
wird. Die Sozialdemokraten würden, ſo hört man in
Zentrums=
kreiſen, wohl bereit ſein, einem derartigen Vorſchlag nahe zu
treten, zumal man ſich in ernſthaften Kreiſen dieſer Partei
voll=
kommen darüber klar iſt, daß die augenblickliche Fraktionsſtärke
der Sozialdemokratie weit über den Einfluß dieſer Partei im
Reiche hinausgeht und daß etzwaige Neuwahlen nur eine ſtark
geſchwächte Fraktion wieder in den Reichstag bringen werden.
Insbeſondere aber hofft man, daß die Sozialdemokratie einſichtig
genug ſein wird, ihre Forderungen nicht zu überſpannen, da bei
einem Scheitern der imterfraktionellen Verhandlungen allgemein
ein Direktorium als einzige Löſung in Betracht kommen würde,
und daß dieſes Direktorium nicht gerade im Sinne der
ver=
einigten Sozialdemokraten ſein würde, iſt auch den meiſten
Sozialdemokraten klar. Die weitere Entwicklung läßt ſich ſchwer
vorausſehen.
Seite 2.
Darmſtädter Dagblatt, Mittwoch, den 3. Oktober 1923.
Rummer 273.
Die Lage am Abend
* Berlin, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Um 7 Uhr abends haben
ſich die Parteiführer der Koalitionsparteien erneut zu Herrn Dr.
Streſemann begeben, um die politiſche Lage mit ihm zu
beſpre=
chen. Die parlamentariſche Lage ſtellt ſich zu dieſer Stunde etwa
folgendermaßen dar:
Die in den Wandelgängen des Reichstags verbreitete
Mel=
dung, wonach der Fraktionsvorſitzende der Deutſchen Volkspartei,
Dr. Scholtz, heute mittag in der Fraktionsführerbeſprechung den
Eintritt der Deutſchnationalen in das Kabinett verlangt habe,
trifft nicht zu. Vielmehr hat er ſchon heute mittag auf Grund
eines Fraktionsbeſchluſſes zum Ausdruck gebracht, daß die
Deutſche Volkspartei den dringendſten Wunſch habe, den Poſten
des Ernährungsminiſteriums mit einem Herrn zu beſetzen, der
der Landwirtſchaft nahe ſteht. Gleichzeitig hat die Fraktion der
Deutſchen Volkspartei beſchloſſen, dem Kanzler dringend
nahezu=
legen, den Poſten des Finanzminiſters anderweitig zu beſetzen.
Ferner iſt in der Fraktionsſitzung der Deutſchen Volkspartei
be=
ſchloſſen worden, dem Wirtſchaftsprogramm des Reichskanzlers,
insbeſonders dem ſogen. Ermächtigungsgeſetz zuzuſtimmen.
Danach kann man die Lage heute abend um 7 Uhr etwas
optimi=
ſtiſcher als heute mittag beurteilen, und es beſteht eine gewiſſe
Ausſicht zur Applanierung der ausgebrochenen Kriſe. In den
Wandelgängen des Reichstages verlautet, daß
Reichswirtſchafts=
miniſter von Raumer dem Reichskanzler Dr. Streſemann ſein
Rücktrittsgeſuch eingereicht hat. Die Frage der Nachfolgeſchaft
iſt noch nicht geklärt.
Der Verlauf der Fraktionsſitzungen.
Berlin, 2. Okt. (Wolff.) Ueber den Verbauf der
Frak=
tionsſitzungen im Reichstag wwird aus parlamentariſchen Kreiſen
berichtet:
In der Fraktionsſitzung der Deutſchen Volkspartei war der
Reichskanzber ſelbſt anweſend und legte der Fraktion ſein
Pro=
gramum dar. Sie ſtellte ſich durchaus hinter ſeine Politik. Auch
das Zentrum hat beſchloſſen, dem Programm des Reichskanzlers
zuzuſtimmen. Es lehnt auch eine Erweiterung des Kabinetts
nach rechts nicht ab, wenngleich es ausgemacht ſein dürfte, daß
das Zentrum auch an einer Mitarbeit der Sozialdemokraten
feſt=
halten möchte. Die Demokraten erklärten, daß ſie an der
Per=
ſonenfrage nicht intereſſiert ſeien und daß ſie für das vom
Kabi=
nett beabſichtigte Emächtigungsgeſetz ſtimmnen würden, daß ſie
aber nicht in einem Kabinett mit den Deutſchnationalen
zu=
ſammen bleiben würden. In dieſem letzteren Sinne entſchied
ſich auch die Sozialdemokradie, die zu demr Ermächtigungsgeſetz
inſofern eine zuſtimmende Haltung einnahm, als es ſich auf die
Währungs= und Finanzpolitik bezieht. Dagegen lehnt ſie das
Ge=
ſetz ab, ſowveit es ſich auf wirtſchaftliche und ſoziale Fragen
be=
zieht. Außerdem hält ſie daran feſt, daß ihre drei Miniſter im
Kabinett verbleiben. In den ſpäten Nachmittagsſtunden wurde
auch das Mücktrittsgeſuch des Wirtſchaftsminiſters v. Raummer,
der der Deutſchen Volkspartei angehört, bekannt. Der Rücktritt
dürfte aber nicht auf Meinungsverſchiedenheiten mit der Politik
des Kabinetts, ſondern auf perſönliche Gründe zurückzuführen
ſein.
* Berlin, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Wie die „Zeit” mitteilt
hat der Reichskanzler den Fraktionsführern erklärt, daß er
unbe=
dingt noch im Laufe des heutigen Tages die Klarheit gewinnen
müſſe, da ſich in der gegenwärtigen Lage weder innen= noch
außenpolitiſch eine Verzögerung der Entſcheidung vertragen
laſſe. Die Fraktionsführer haben das anerkannt. Ihre Beſchlüſſe
ſollen dem Reichskanzler bis 7 Uhr abends mitgeteilt werden.
Machen dieſe Beſchlüſſe es möglich, die Regierungserklärung
ab=
zugeben, ſo wird ſich die Reichstagsſitzung in den Abendſtunden
anſchließen. Andernfalls wird das Reichskabinett neue
Ent=
ſchlüſſe zu faſſen haben.
Die Reichstagsſitzung findet nicht ſiatt.
Berlin, 2. Okt. Die heutige Reichstagsſitzung findet nicht
ſtatt. Die erneuten Parteiführerbeſprechungen bei Herrn, Dr.
Streſemann hatten kein poſitives Ergebnis. Reichskanzler Dr.
Streſemann hat ſich darauf zum Reichspräſidenten begeben. Es
iſt nicht bekannt, wann die nächſte Reichstagsſitzung ſtattfinden
wird. Für heute Abend neun Uhr iſt eine Kabinettsſitzung
an=
beraumt.
Der Kabinettsrat.
* Berlin, 3. Okt., 2 Uhr nachts. (Priv.=Tel.) Das
Reichs=
kabinett trat geſtern abend 10 Uhr zu einer Sitzung zuſammen.
Entgegen anderslautenden Nachrichten iſt feſtgeſtellt, daß die
Deutſche Volkspartei lediglich den Wunſch ausgeſprochen hat,
bei einer eventuellen Aenderung im
Reichsernährungsminiſte=
rium die Wiederbeſetzung durch eine Perſönlichkeit erfolgen zu
laſſen, die das Vertrauen weiteſter landwirtſchaftlicher Kreiſe
genießt. Nach dem Stand der in der zwölften Stunde noch
an=
dauernden Verhandlung des Reichskabinetts erſcheint es nicht
ausgeſchloſſen, daß die Stellung der Sozialdemokratie zur
baye=
riſchen Frage noch eine Aenderung erfährt und daß ſich eine
Einigung über die anderen in Frage kommenden Punkte
er=
möglichen läßt.
Vom Tage.
Der Reichstagspräſident Löbe hat geſtern abend um 8 Uhr den
Ab=
geordneten mitgeteilt, daß ein weiterer Termin für die nächſte
Reichs=
tagsſitzung noch nicht beſtimmt werden konnte.
Wie der Deutſche Buchdruckerverein mitteilt, iſt die
Schlüſſel=
zahl für das deutſche Buchdruckgewerbe auf 3100000
Mark feſtgeſetzt worden.
Der engliſche Geſandte in Berlin, Lord d. Abernon,
ſtattete dem Foreign Office einen Beſuch ab und hatte mit Lord
Cur=
zon eine längere Unterredung.
Wie aus Elberfeld gemeldet wird, droht eine neue
Ordonanz den deutſchen Beamten, die die Einſicht in die
Akten und die Auskunftserteilung verweigern,
Ge=
fängnisſtrafen bis zu fünf Monaten an.
Die Tiroler Landesregierung hat im Einvernehmen mit der Wiener
Regierung Maßnahmen getroffen, um ein etwaiges Uebergreifen von
Unruhen aus Bayern auf Tirol zu verhüten. Die Grenzkontrolle iſt
weſentlich verſchärft worden.
Aus Bukareſt wird gemeldet, daß die ruſſiſch=rumäniſchen
Verhand=
lungen die ſchon vor einiger Zeit zur Regelung wirtſchaftlicher Fragen
begannen, aber bald wieder abgebrochen wurden, demnächſt wieder
auf=
genommen werden ſollen.
Der Intranſigeant meldet aus Konſtantinopel, die neue türkiſche
Verfaſſung enthalte den Satz, daß die Verfaſſung in der Türkei die
Volksrepublik iſt. Die Dauer der Nationalverſammlung beträgt vier
Jahre. Die Hauptſtadt der Republik wird noch beſonders erwählt
werden.
Die Poſt= und Telegraphengebühren werden in
Sow=
etrußland von jetzt an in feſter Währung und zwar in
Tſcherwonetz berechnet.
Dollarkurs
abends 6½/, Uhr:
Berlin . . 319200 000
Frankfurt 369075 000
Außenpolitiſche Einheitsfront.
* Berlin, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Die „Zeit” gibt im
weſentlichen den Inhalt der geplanten Regierungserklärung
wieder, die in ihrem außenpolitiſchen Teil, dem Blatte zufolge,
auf Entſchlüſſen von außerordentlich weittragender Bedeutung
beruht. Sie zieht zunächſt außenpolitiſch die Konſequenzen einer
zweifelsfrei gegebenen Lage. Es iſt klar, daß die franzöſiſche
Regierung nicht verhandeln will, ſondern auch nach der
Einſtel=
lung des paſſiven Widerſtandes ihre bisherige Politik
weiter=
verfolgt. Dabei iſt namentlich die Art, wie ſie die
Wiederein=
ſtellung der deutſchen Beamten behandelt, für Deutſchland
uner=
träglich. Der Dienſteid, den man den Beamten aufzwingen will,
bedeutet einen unverhüllten Eingriff in die deutſchen
Hoheits=
rechte. Es ergibt ſich für die deutſche Regierungspolitik von
ſelbſt, daß das Kabinett dieſem Vorgehen nicht ruhig zuſehen
wird. Die Regierungserklärung läßt keinen Zweifel daran,
daß das Kabinett entſchloſſen iſt, auf das franzöſiſche Vorgehen
die einzig mögliche Antwort zu erteilen. Mit dieſer Haltung
ſind ſämtliche Parteien einverſtanden, ſo daß erfreulicherweiſe
außenpolitiſch eine Einheitsfront von den Deutſchnationalen bis
zu den Sozialdemokraten einſchließlich beſteht.
Ein Hirtenbrief der deutſchen Biſchöfe.
Berlin, 2. Okt. (Wolff.) Von allen Kanzeln der
katho=
liſchen Kirchen des Reiches wird ein Hirtenbrief des
deut=
ſchen Episkopats verleſen, in dem es u. a. heißt: Der
ſchauerlichſte aller Weltkriege liegt hinter uns. Er ließ in der
Seele aller Völker einen wahren Abſcheu gegen den Krieg und
einen Heißhunger nach einem Frieden zurück, der den Namen
Frieden berdient. Aber den wahren Frieden kann und will die
Welt nicht geben, wie der Heiland ſelbſt ſagt. Statt einmütig
auf eine Verſtändigung und Verſöhnung der Völker
hinzuar=
beiten, Sinn und Herz dem wahren Wohl der Menſchheit zu
erſchließen, verkrampft man ſich in engherzigſter Selbſtſucht und
in ſtarrſtem Nationalismus, läßt man ſich von dem ebenſo
herz=
loſen, als grundfalſchen Motiv leiten: Was andern Schaden
bringt, gereicht mir zum Nutzen. Die Folgen ſind immer neue
Sturmfluten von Gewalttaten und Graufamkeiten, von
Drang=
ſalen, Leiden, Vergiftung und Verwilderung des geiſtigen und
ſittlichen Lebens, Verwirrung aller äußeren Lebensverhältniſſe,
Schädigung des Handels und Verkehrs der ganzen
Weltwirt=
ſchaft, Entwertung des Geldes, Teuerung, Hunger und Elend.
Der Hirtenbrief geißelt die Genußſucht und den Leichtſinn
einerſeits ſowie den Wucher andererſeits und fährt fort:
„Wieder andere entbrennen in heißer Rachſucht und möchten
Feuer vom Himmel herabrufen über die Bedränger. Sie
ſchä=
digen durch unbeſonnene Taten Volk und Vaterland und machen
ſich mit ihrem ohnmächtigen Grimme nur lächerlich und
verächt=
lich. O, ſie ſind ebenſo Gemeinſchädlinge wie die, welche von
neuen Kriegen und Revolutionen träumen und durch Aufruhr,
Meuterei und neues Blutvergießen beſſere Zeiten herbeiführen
wollen. Der Hirtenbrief ruft Gottes Segen auf diejenigen
her=
ab, die aus anderen Ländern, beſonders Amerika und Holland,
uns Beweiſe herzlichen Mitleids zukommen ließen. Weiter
be=
tont der Hirtenbrief das Gebot der Nächſtenliebe und führt
aus: „Wir entſagen allen Gedanken und Plänen des Haſſes
und der Rache. Wir ſinnen nicht auf Wiedervergeltung. Wir
wollen nicht die Feinde vernichten, fondern die Feinde
verſöh=
nen, nicht die Völker entzweien, ſondern die Völker verbrüdern,
nicht den Frieden ſtören, ſondern Frieden ſtiften.
Die britiſche Reichskonferenz.
Engliſche Kritik an der Baldwin=Rede.
London, 2. Okt. (Wolff.) Bei Beſprechung der Rede
Baldwins betont die Times, daß das Vereinigte Königreich und
Irland einen Teil Europas bilden, deſſen Probleme auch die
dringenden Probleme ſeiner Außenpolitik ſeien. Seit dem Krieg
ſei eine Iſolierung einfach ummöglich geworden. Mit ſeinen
Alliierten ſuche England Reparationszahlungen von Deutſchland
zu erhalten. Großbritannien ſei bisher für das
Gleichgewicht der Mächte eingetreten. Seine
Hal=
tung gegenüber Europa habe ſich nicht geändert. Die deutſche.
Stabilität verfalle jetzt. Die ſeparatiſtiſche Bewegung
in Deutſchland hätte, was über allem Zweifel erhaben ſei,
wenigſtens inoffiziell Hilfe von Frankreich
erhal=
ten, ob abſichtlich oder nicht. Die franzöſiſche Politik
vollende den Zuſammenbruch Deutſchlands.
In=
ziviſchen habe ſich Frankreich mit Deutſchlands öſtlichen
Grenz=
machbarn verbündet. Die geſamte Tendenz
Frank=
reichs ſei feine Vormachtſtellung
auszugeſtal=
ten. Eine Tendenz, die in England verſtanden, jedoch nicht für
durchführbar angeſehen werde, Frankreich verſuche, die
Strafmaßwahmen des Verſailler Vertrages dauernd fortbeſtehen
zu laſſen. Es mache es Deutſchland faſt unmöglich,
Reparationen zu leiſten und weigere ſich, das deutſche
Gebiet zu räumen, bis Frankreich bezahlt ſei. Um der
zahlen=
mäßigen Ueberlegenheit Deutſchlands entgegenzutreten, rufe
Frankreich die farbigen Völber ſeiner Kolowien zu Hilfe. Die
Worte Poincarés am 16. September: „Deutſchland will nicht,
daß wir eine Nation von 100 Millionen ſind”, iſt bezeichmend
genug. Die Times fährt fort: Die europäiſche Rivalität in allen
ihren Auswirkungen und Folgen müſſe ruhig, furchtlos und
logiſch von den Berater des britiſchen Reiches erwogen werden.
Das Blatt fragt: Werden wir an dem Grundſatz des
Gleichgewichts der Mächte feſthalten? und erklärt
weiter, dies ſei eine Frage für die Zukunft, jedoch für eine nicht
ſehr entfernte. Kein verantwortlicher Teil der öffentlichen
Mei=
nung wünſche, Ewgland und Frankreich entgegengeſetzt zu ſehen,
aber das Ziel Englands ſei nichtsdeſtoweniger, in England ein
Gefühl für die gemreinſamen Intereſſen Europas zu ſchaffen.
Das Reparationsproblem müſſe beiſpielsweiſe durch Zuſtimmung,
nicht aber durch Gewalt geregelt werden. Dieſer Grundſatz
der Regelung durch Verſöhnung ſei im Völkerbund
verkörpert, auf den Bald in zum Schluß ſeiner Ausführungen
zu ſprechen kam.
London, 2. Okt. (Wolff. Daily Chronicle ſagt in
einem Leitartikel: Die Haltung des Premierminiſters, wie ſie in
der geſtrigen Rede vor der Reichskonferenz zum Ausdruck kam,
ſei ein Rückzug auf die Stellung, wie ſie vor der tapferen
Cur=
zon=Note mit all ihren dunklen Drohungen mit einer
Separat=
aktion beſtanden habe. Welches ſeien die Wirklichkeiten der
Lage? Unter den Hammerſchlägen des
franzöſi=
ſchen Militarismus gehe Deutſchland ſichtbar
in Stücke. Poincaré, der die Schwächen der britiſchen
Diplo=
matie erfaßt habe, verberge nicht länger ſein wahres Ziel. Er
ſei nicht im mindeſten beunruhigt über die Ereigniſſe, die ſich
nach ſeinem eigenen vorſätzlichen Tun entwickeln. Welche Rolle
werde England in dieſer wichtigen Angelegenhei ſpielen? Wenn
irgend etwas aus der Inkonſequenz Baldwins ſpreche,
ſo ſei es dies, daß England ſtill ſitzen und nichts
tun werde, wenn irgend etwas geſchehen werde, was noch
demütigender für das britiſche Preſtige ſein werde, als dieſe
Dar=
legung der Hilfloſigkeit der Regierung.
Die Weſtminſter Gazette ſchreibt, das engliſche
Volk würde über Baldwins geſtrige Bezugnahme
auf Deutſchland tief enttäuſcht ſein. Weder ein
Zu=
ſammenwirken noch Vertrauen unter den Alliierten habe
beſtan=
den, und die Anſichten Goßbritanniens ſeien behandeltz worden,
als ob ſie der Erwägung nicht würdig ſeien. Baldwins Rede
unterſtützte die Zweifel, ob die Regierung eine Politik habe, die
der politiſchen Tradition Englands entſpräche, und ob, wenn ſie
eine ſolche habe, ſie bereit iſt, einen entſprechenden Schritt zu tun.
Eine ſolche Entwicklung müſſe von jedermann als eine
Demütigung empfunden werden, der Curzons Note
ſeiner=
zeit zugeſtimmt habe.
Der eingewickelte Baldwin.
* Paris 3. Okt. (Priv.=Tel.) Der Daily Telegraph gibt
der Meinung Ausdruck, daß Baldvin während ſeines Pariſer
Aufenthalts von Millerand und Poincaré beſtimmte Zuſagen
über ausſchließlich wirtſchaftliche Ziele der Ruhrbeſetzung
er=
halten habe, und der Optimismus des Premierminiſters, der
ſeither erklärt, er ſtünde einer völligen Einigung der beiden
Länder nicht mehr entgegen, käßt ſich nur auf dieſe Weiſe
er=
klären. Das will beſagen, knüpſt der Intranſigeant an, daß,
wenn die Verbüündeten ſich nicht verſtändigen, Europa in einen
Zuſtand der Unſicherheit geraten werde. Es iſt folglich von
einer Gefahr bedroht, und Baldwin hat darüber in Paris
Mit=
teilungen erhalten, die auf ihn überzeugend einwirktem. Was
bedeutet das, da ſich nun Millerand und Poincaré ohne eine
Wiederherſtellung der Entente außerſtande erklären, die
beſte=
hende Ordnung im beſetzten Gebiet zu gewährleiſten?
Gewerbemuſeum.
Die Beſucher des Muſeums bennen das große Blatt von
Rudolf Koch mit handſchriftlichen Proben alter Werkzeichen
und Symbobe. In dieſen Tagen erſchien nun im Verlag von
Wilhelm Gerſtung in Offenbach eine Sammlung von über
250 ſolcher Zeichen in Nachzeichnungen der vom Koch geleiteten
Offenbacher Werkſtätte. Dieſes Zeichenbuch iſt typographiſch eine
Meiſterleiſtung. Im Zuſammenklang von Bild und Text zeigt
es eine Freiheit und einen Reichtum künſtleriſcher Bewegung,
die bei all der vornehmen Korvektheit umſerer Buchkultur wie
ein erfriſchendes Bad wirkt. Zwiſchen den Verlagswerken von
Gerſtung bewegt mam ſich immer wie in einem Obſtgarten, der
auserleſenſte Früchte bietet, aber keine vorgeſchriebenen Wege mit
am Spalier gezögenen Zweigen. Under Büicherfveunden wird
das Zeichenbuch vielleicht einmal eines der geſchätzteſten Werke
ſein. Aber ſeine Herausgabe verfolgt andene Zwecbe. In den
alten Hautsmarken, Meiſterzeichen, chemiſchen und aſtronomiſchen
Symbolen, in den chriſtlichen Sinnbildern uſw. haben wwir wie
im Alphabet einen Schatz einfachſter linegrer Gebilde, die unſere
Vorfahren mit unmittelbarem Empfinden für den
Ausdrucks=
wvert ſolcher Schriftzüge zuſanmenſtellten. Die kraftvolle und
unbekümmerte Abſichtlichkeit, mit der ſich ſolche Zeichen, der
Kreis, das Dreieck, das Hakenkreuz, unſerer Vorſtellung
ein=
prägen, verlieh ihnen im Mittelalter myſtiſche Bedeutung und
erhält ſie noch heute im prabtiſchen Gebrauch. Aber wir kennen
dieſe Zeichen faſt nur noch als Schatten; in abgeſchwächter,
körperloſer Verdünnung und in ſteif ſchematiſierter Form. Zweck
von Gerſtngs Zeichenbuch iſt es, uns den künſtleriſchen
Gehalt dieſer einfachen Gebilde lebendig zu machen, nicht in
hiſtoriſchem Sinn, ſondern zur unmittelbaren Anregung
künſt=
leriſcher Inſtinkte und künſtleriſchen Willens. Die alten Zeichen,
von denen der vorliegende Band nur eine Auswahl enthält, ſind
auf Anregung vdn Rudolf Koch von den Mitgliedern der
Offent=
bächer Werkſtätte geſammelt und in einer Art wiedengegeben,
die der kraftvollen Schreibweiſe der Originale entſpricht. Wie
ſtark all dies in die Zukunft weiſt, wie es zu praktiſchem
Ge=
brauch herausfordert, zeigt am ummittelbarſten der Vergleich mit
unanchen Arbeiten der Ausſtellung von Rudlolf Koch im
Gewerbe=
muſeum. Die eindrucksvollen Zeichen auf dem geſtickten
Wand=
behang, der Buchſchmuck des einen Konzertprogramms, nicht zu=
letzt das Zeichen der Offenbacher Werkſtadt ſelbſt und anderes
iſt im unmittelbaren Zuſanmmenhang mit ſolchen Anregungen
entſtanden.
Gleichzeitig mit dem Zeichenbuch bringt Wilhelm Gerſtung
als 19. Rudolfiniſchen Druck eine Ausgabe des
Markus=
evangeliums in ſchmalem Hochformat, dem ſich der
fort=
laufende Satz ohne Verseinteilung, aber mit roter Bezeichnung
der Abſätze trefflich anſchrniegt. Der Druck erfollgte in der
Maximilianſchrift, die nach einer Mitteilung der Herausgeber vor
langen Jahren im Gedanhen an eine ſolche Verwendung entſtand
und damit endlich ihrem eigentlichen Zweck zugeführt wird. Der
ſchlichte Ernſt und die reife Schönheit dieſer Textſeizien verträgt
tohl die Ausſtellung zwiſchen den Proben alter Druckerkunſt
im Gewerbemuſeum. Die Anfangsbuchſtaben ſind in drei Farben
eingemalt, Kapitelüberſchriften und Alineazeichen ſind evenfalls
in einer vierten Farbe handſchriftlich eingetragen, ſo daß jedes
Buch in Hinſicht auf Ueberſchriften und Initialen Handſchrift
und Einzelſtück iſt. Der Einband iſt ein Ganzpengamentumſchlag.
Als dritte Druckprobe iſt neben dieſen beiden Büchern der
„Offenbacher Sendbrief” im Muſeum ausgeſtellt, den
Wilhelnn Gerſtungs Verlag kürzlich als Proſpekt für ſeine
Neu=
erſcheinungen verſandt hat. Das Titzelblatt, zugbeich eine Probe
der von Klingſpor neu herausgegebenen Schrift „Neuland” iſt
neben dem Titel des Zeichenbuchs eine markante Probe jener
Buch= und Schriftkunſt, die wir als die eigenartigſte und
bedeu=
tendſte Leiſtung heſſiſcher Kunſt dankbar und freudig anerkennen.
Der Inhalt des Sendbriefes bietet neben originalen Holzſchnitten
vextliche Beiträge von Mitgliedern der Offenbacher Werkſtatt zu
den Werken des Verlags, zu Wilhelm Morris und zu der
Kling=
ſporſchen Schrift „Neuland‟ Es iſt ein Verſuch, dem
Verlags=
proſpekt Charakter ud Leben zu geben, ohne perſönliche Reklame
aber ein eigenes und eindringliches Zeugnis für das, was in
dieſem Kreis vorgeht. Ein Exemplar des Sendbriefes kann auch
im Leſezimmer des Muſeums eingeſehen werden. Endlich ſind
drei Wandſprüche beigefügt, die nach Aufzeichnung von
Rudolf Koch vom Verlag als Handdrucke hergeſtellt wurden. Die
kleine Ausſtellung, die in der buchgewerblichen Abteilung des
Muſeunns untergebracht iſt, knüpſt dadurch noch unmittelbarer
an die Ausſtellung der Handſchriften im Lichthof an und
gib=
eine Vorſtellung von der Art, wie ſich die Arbeit der Offenbacher
Haupt.
Werkſtätte auswirkt.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
— Uraufführung. Am deutſchen Theater in
Katto=
witz (Direktion Wilhelm Lichtenberg) gelangt am 8. Oktober
dieſes Jahres das ſoziale Drama „Das Recht zu ſtreiken” von
Erneſt Hutchinſon in den Inſzenierung Karl Hans Böhms zur
deutſchen Uraufführung.
L. Reichszentrale für Erdbebenforſchung.
Mit dem Sitze in Jena wurde eine ſolche errichtet für die
Sammlung und Bearbeitung der von den deutſchen
Konſular=
behörden und ſonſtigen Stellen im Ausland eingehenden
Mit=
teilungen über ſeismiſche Vorgänge ſowie für die Bearbeitung
der inſtrumentellen Beobachtungen in= und ausländiſcher
Erd=
bebenwarten.
C.K. Ausgrabungen im Paderborner Dom.
Eine Grabung in einem Nebenraum des Paderborner Doms
durch Profeſſor Fuchs hat, wie in der Monatsſchrift „Die
Hei=
mat” mitgeteilt wird, zu wichtigen Aufſchlüſſen geführt. Wie der
Gelehrte in einer ſoeben erſchienenen Unterſuchung ausſührt,
haben ſich in dieſem Rqum, der ſich in=Geſtalt einer dreiſchiffigen
Halle zwwiſchen den Dom und den zugehörigen Kreuzgang ſchiebt,
Ueberreſte des karolingiſchen Doms erhalten. Das
Mittel=
ſchiff der dreiſchiffigen Halle iſt der Nordtrakt des Atriums, d. h.
des offenen, von Hallen umgebenen Vorhofs des Domes, den
Kaul der Große 799 begann und der im Jahrtauſend durch Feuer
zerſtört wurde. Da ſich karolingiſche Bauwerke nur in ſehr
ge=
ringer Zahl erhalten haben, iſt dieſes Ergebnis von hoher
Be=
deutung.
C.K. Die Herſtellung eines neuen Elements=
Der große däniſche Naturforſcher Niels Bohr, dem vor einigen
Monaten die Iſolierung des neuen Elements Hafnium
ge=
lang, här jetzt, wie Kopenhagener Blätter berichten, die Reinheit
des Elements bereits bis zu 99 Prozent geſteigert. Er hofft,
bin=
ner” kurzem ganz reines Hafnium hergeſtellt, zu haben. Die
Praktiſche Ausbeutung des Elements wird bereits erwogen, und
es dürfte beſonders für die elektriſche Lampeninduſtrie von
Wich=
tigkeit ſein. Das Rohmaterial, aus dem das Element hergeſtellt
wird, kommt von den Feldſpatminen in Norwegen, und da der
Feldſpat in großen Mengen vorhanden iſt, wird ſich
eine Hafnium=Induſtri
wickel
ländiſche Firmen b=
Nummer 223.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 3. Oktober 1923.
Seite 3.
Keine Arbeit unter franzöſiſcher Regie.
TU. Eſſen, 3. Okt. Die in Eſſen zwiſchen der franzöſiſch=
Gelgiſche: Eiſenbahnregi= und den Eiſenbahnengewerkſchaften
ge=
führten Verhandlungen ſind vorläuſig auf einem toten Punkt
angelangt. Die Gewerkſchaſts= und Beamtenverbände haben
be=
ſchloſſen, den Dienſt nicht eher wieder aufzunehmen, als bis die
Franzoſen die Forderung des Dienſteides zurückgenommen haben
uid auf die Pflichterklärumg gegenüber den Militär= und
Zivil=
behörden der Beſatzung verzichten. Weiter wird. die Rückkehr
ſämilicher Ausgewieſenen verlangt. Dieſer Beſchluß der
Eiſen=
bahner iſt der Regie telegrapbiſch mitgeteilt worden.
Die Arbeitsbedingungen der Regie.
* Elberfeld, 3. Okt. ((Priv.=Tel.) Am Montag fanden
zwiſchen der Eiſenbahndirekton und der Regie Beſprechungen
ſtatt, in denen erblärt wurde, daß die Bedingumgen für die
Wie deraufnahme der Arbeit auf der Eiſenbahn für das alt und
neu beſetzte Gebiet einheitlich getroffen werden ſollen. Das iſt
n der Beſprechumg feſtgeſetzt worden wit dem Zuſatz, daß
die=
jenigen, die in den Dienſt übernommen zu werden wünſchen,
einer Partei angehören dürfen, die den Alliierten nicht gewehm
ſei. Ein Ueberläufer, der bei der Regie die Stellung eines
Dienſtſtellenleiters hat, äußerte ſich in einem Geſpräch dahin, die
Regie würde die Bahnen vorläufig behalten und ſie ſpäter der
Rheiniſchen Republik zur Verwaltung übergeben. Im Bezirk
Ludwigshafen und Mainz erklärte der Regiechef, Verhandlungen
nit den Organiſationen würden wicht geführt. Jeder, der
ange=
ſtellt zu werden wünſche, habe ſich perſönlich zu melden. Die
Ausgewieſenen würden nicht eingeſtellt. Ferner wurde geſagt,
daß die endgültige Entſcheidung erſt nach Regelung der
allge=
geimen politiſchen Verhältniſſe durch Verhandlungen erfolgen
würde. Es würde dann ein neues Rheimland=Abkommen
ge=
haffen daß insbeſondere auch die Frage der umliebſamen
Ge=
verkſchaften geregelt würden.
Ein Aufruf der Bergarbeiterverbände.
TU. Gelſenkirchen, 3. Okt. Der Aufruf, welchen die
dier Vergarbeiterberbände ziftern an die Bergarbeiter des
be=
etzten Gebietes zur Wiederaufnahme der Arbeit richteten, hat
oigenden Wortlaut: Die Reichsregierung hat durch ihren
Auf=
uf an das deutſche Volk am 26. September bekamt gegeben, daß
der paſſive Widerſtand aufgegeben werden ſoll. Die Aufgabe
nußte erfolgen, wenn die deutſche Wirtſchaft nicht vollſtändig
zu=
grunde gehen ſollte. Dem raſenden Währungsverfall muß
Ein=
halt geboten und die Notenppeſſe zum Stillſtand gebracht werden.
Unerläßliche Vorausſetzung hierfür iſt die Aufgabe des paſſiven
Widerſtandes und die Wiederaufnahme der Arbeit. Die Exiſtenz
ind die Zukunft des deutſchen Volkes und vor allem der
Arbeiter=
chaft machen dieſe Maßnahmen zur zwingenden Notwendigkeit.
die unterzeichneten Verbände fordern deshalb auf, die Arbeit
ind die Förderung ſofort in vollem Umfange wieder
aufzu=
tehmen. Kameraden! Ruhe und Ordnung im Innern
Deutſch=
ands iſt vor allem erforderlich, wenn die gefahrdrohende Lage
berwunden werden ſoll. Kommuniſten, Unioniſten und
Rechts=
bolſchewiſten fordern den Generalſtreik und arbeiten auf einen
Zürgerkrieg hin. Das iſt ein Verbrechen am Volke und zerſtört
die deutſche Republik. Kameraden! Verſagt dieſen
Volksverder=
bern die Gefolgſchaft. Die vier Bergarbeiterverbände haben
bis=
er Eure Intereſſen vertreten und wahrgenommen. Sie werden
ſies auch in den kommenden ſchweren Zeiten tun. Die
Wahr=
vehmung der Arbeiterintereſſen kann um ſo wirkſamer geſchehen,
e geſchloſſener die Kameraden den Verbänden und ihren
An=
veiſungen folgen.
Die deutſchen Hoheitsrechte im Ruhrgebiet.
TU. Berlin, 2. Okt. Wie bereits mitgeteilt, hat die
ſchwie=
rige Lage, in die das deutſche Eiſenbahnperſonal der beſetzten
Bebiete nach Aufhebung des paſſiven Widerſtandes durch die
Haltung der Franzoſen und Belgier geraten war, geſtern eine
gewiſſe Klärung und Entſpannung erfahren durch den Beſchluß
des Kabinetts, daß vorläufig keine lobalen Sonderverhandlungen
über die Wiederaufwahme der Arbeit im Eiſenbahnbetrieb
ge=
führt werden ſollen. Ein Eintritt der deutſchen Eiſenbahner in
den Dienſt der Regie kann ſchon deshalb nicht in Frage kommen,
weil, wie uns zuverläſſig mitgeteilt wird, der Erlaß des
Reichs=
verkehrsmimiſters, wonach deurſche Beamte, die in den Dienſt der
Regie treten, ihrer Rechte gegenüber dem Reich verluſtig gehen,
nach wie vor in Kraft iſt. Die maßgebenden Stellen ſtehen auf
dem Standpunkt, daß die deutſche Regierung ſich ihrer
Hoheits=
rechte im Ruhrgebiet begibt, ſobald ſie zuläßt, daß Beamte in
den Dienſt einer fremden Verwaltung — in dieſem Falle der
Riegie — treten. Die Wiederaufnahme der Arbeit kann nach der
Auffaſſung deutſcher Stellen nur bei der deutſchen Verwaltung,
nicht bei der Regie erfolgen.
Die Entenie=Botſchafter beim Reichskanzler.
TU. Berlin, 2. Okt. Der Reichskanzler hat die
Enkente=
botſchafter empfangen und ihnen offiziell von der Aufhebung des
paſſiven Widerſtandes und der Verordnungen, die zu deſſen
Auf=
rechterhaltung ergangen waren, Mitteilung gemacht. Dabei
dürfte der Kanzler auch die Frage erörtert haben, unter welchem
Geſichtspunkte eine Wiederaufnahme der Arbeit im Ruhrgebiet
erfolgen könne. Auch dürfte über die Möglichkeit und
Voraus=
ſetzungen von Verhandlungen zwiſchen Deutſchland und
Frank=
reich dabei geſprochen worden ſein. Ein poſitives Ergebnis wird
dieſe Unterhaltung wohl nicht gehabt haben, da die Vertreter
der Alliierden erſt ihrerſeits an ihre Regierungen Bericht erſtatten
müſſen.
Frankreich und die Wiederaufnahme
der Reparationsleiſtungen.
TU. Paris, 3. Okt. Der Wiederaufbauminiſter Reibel hat
auf eine Anfrage, ob die Naturalleiſtungen ſofort wieder
auf=
genommen werden könnten, geandvortet: Wir werden jetzt den
guten Willen Deurſchlands auf die Prode ſtellen und
beabſich=
tigen, bei den deutſchen Lieferanten Beſtellungen zu machen. Wir
werden das Gillet=Abkommen wieder in Anwendung bringen.
Dann werden wir ja ſehen, ob das Reich den Lieferanten die
gemigchten Beſteilungen bezhlen wird.
Die Pläne der Separatiſten.
TU. Paris, 2. Okt. Der Vertreter der Daily Mail in
Düſſeldorf will erfahren haben, die Führer der ſeparatiſtiſchen
Bewegung würden ſich heute nach Koblenz begeben, um von der
rheiniſchen Oberkonnmiſſion zu verlangen, ſie möge ihnen die
Polizeigewalt und die Verwaltung im ganzen Rheinland
aus=
liefern. Eiwe ähnliche Maßnahme werde beim Geveral Degoutte
undernommen. Der Berichterſtatter fügt hinzu, daß die Führer
der ſeparatiſtiſchen Bewegung hoffen, ſehr bald die Rheiniſche
Republik ausrufen zu können.
Engliſches Unbehagen.
* London, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Die Vorgänge in
Düſſel=
dorf erregen in Londoner politiſchen Kreiſen ganz beſonders
ſtarkes Intereſſe, und zwar aus wichtigen Gründen. Wir haben
wiederholt betont, daß der Kern der gegenwärtigen
franzöſiſch=
engliſchen Beziehungen nicht ſo ſehr in der Ruhrfrage zu ſuchen
iſt, ſondern in der Frage der Erhaltung der Reichseinheit, und
daß die Pariſer Verſtändigung darauf beruht, daß Poincaré
Baldwin gegenüber jeglichen Zerſtückelungsplan oder
Annektions=
abſichten ablehnte. Die Haltung der franzöſiſchen
Militärbehör=
den während der letzten Unruhen in Düſſeldorf haben den
ver=
antwortlichen engliſchen Kreiſen ein Beiſpiel dafür gegeben, was
von dieſen franzöſiſchen Verſicherungen zu halten iſt. Ueber
den Hergang der Unruhen beſteht nicht der geringſte Zweifel.
Der Düſſeldorfer Korreſpondent des Daily Telegraph ſtellt
aus=
drücklich feſt, daß die Unruhen damit begannen, daß die
Sepa=
ratiſten einen Schutzmann entwaffnen wollten, und daß die
Schupo erſt dann von der Waffe Gebrauch machte, als ſie ſich
einem ſchweren Feuer ſeitens der Separatiſten ausgeſetzt fand.
Angeſichts dieſer Tatſache, die auch von anderen engliſchen
Augenzeugen beſtätigt wird, fragt man ſich hier, warum die
fran=
zöſiſchen Militärbehörden in ſo einſeitiger Weiſe mit den
ſchärf=
ſten Maßnahmen gegen die Gegner der Separatiſten
vorgegan=
gen ſind, und wie ſich dieſes Vorgehen mit den von Poinearé
und Millerand gegenüber Baldwin gegebenen Verſicherungen
ver=
trägt. Selbſwerſtändlich iſt wan ſich in London darüber klar,
daß die Ereigniſſe in Düſſeldorf nur als ein Symptom zu
be=
trachten ſind. Der eigentliche Kurs der engliſchen Politik richtet
ſich gegen die Abſichten der Rheinlandkommiſſion. Man
ver=
mutet, daß die Separatiſten ſich mit gewiſſen Forderungen an
die Kommiſſion wenden werden, und daß ſie ſich auch hierbei
abermals als das gefügige Werkzeug für die Durchführung der
franzöſiſchen diplomatiſchen Manöver erweiſen wird, indem ſie
unter irgendeinem Vorwand, womöglich ſogar under Berufung
auf das Selbfibeſtimmngsrecht, die Abtrennung des
Rheinlan=
des ausſpricht. Baldwin glaubte, durch ſeine Unterredung mit
Poincaré und Millerand England gerade gegen die Einflüſſe
der Rheinlandkommiſſion geſichert zu ſehen, in der bekanntlich
England ſo gut wie gar nichts zu ſagen hatte. Auf dieſen
Zu=
ſammenhang iſt es auch zurückzuführen, daß Baldwin bei ſeiner
geſtrigen Nede jedes klare Wort über ſeine Pariſer
Zuſammen=
kunft vermieden hat: denn wenn die ſeparatiſtiſchen Pläne im
Rheinland oder an der Ruhr ſich durchſetzen, ſo kann natürlich
von einem einheitlichen Reparationsplan nicht mehr die Rede
ſein, und dann wäre auch der Plan einer gemeinſamen
Ausbeu=
tung des Ruhrgebiets hinfällig geworden. Auch in dieſer
ande=
ren Beziehung ſind die engliſchen Intereſſen einer Zerſtückelung
Deutſchlands durchaus entgegengeſetzt.
Das Küſiriner Abenteuer beendigt.
Berlin, 2. Okt. Amtlich wird mitgeteilt: Das Küſtriner
Abenteuer hat ein ſchnelles Ende gefunden. Ein Einſatz der
nach Küſtrin herangezogenen militäriſchen Verſtärkungen war
nur in geringem Umfang nötig. Die Aufſtändigen, in einer
Geſamtſtärke von zirka 400 Mann, unter einem Dutzend
Rädels=
führer, ſind reſtlos gefangen und entwaffnet worden. Bei der
Säuberung der Umgebung von Küſtrin iſt noch eine Bande von
etwa 30 Köpfen ausgehoben worden. Das Feuergefecht am
geſtrigen Abend brachte auf Seiten der Aufſtändigen einen Toten
und einige Schwer= und Leichtverwundete. Die Truppen hatten
keine Verluſte zu beklagen. Die nach Küſtrin herangezogenen
auswärtigen Truppenteile werden heute in ihre Standorte
zu=
rückkehren.
Sachſen.
Nach einer Blättermeldung ſind der Landesarbeitsausſchuß
und die Landtagsfraktion der ſächſiſchen Sozialdemokraten völlig
einig, die Kommuniſten in die ſächſiſche Regierung hinein zu
neh=
men, unter der Vorausſetzung, daß dieſe die Verfaſſung
anerken=
nen. Es wurde ein Ausſchuß eingeſetzt, der die Bedingungen
der Sozialdemokraten gegenüber dem kommuniſtiſchen Verlangen
feſtſetzen ſoll.
Angriffe auf die Reichswehr.
Dresden, 2: Okt. (Wolff.) Das Wehrkreiskommando
teilt mit: In Freiburg wurden nach dem Verlaſſen eines
Tanz=
lokals am 30. September mehrere Reichswehrangehörige
von einer beträchtlichen Ueberzahl junger Leute
um=
ringt und bedroht. Die Reichswehrangehörigen ſchlugen
ſich mit den Seitengewehren durch. Hierbei wurden einige
Ziviliſten verletzt. Einer iſt ſeinen Verletzungen
erlegen.
Bayzern.
München, 2. Okt. (Wolff.) Die Münchener Neueſten
Nachrichten meldon: Der Befehl des Generalveichskommiſſars
be=
treffend das Verbot des „Völkiſchen Beobachters”, der bisher
weiter erſchienen iſt, wurde dem militäriſchen Befehlshaber für
das Wehrkreiskommando München, dem General v. Loſſow,
zu=
geſtellt. General v. Loſſow hat den Befehl an den
Geveralſtaats=
kommiſſar weitergegeben.
Der Bezirks= und Ortsvorſtand München der
Sozialdemo=
kratiſchen Partei hat die Ortsgruppen von Südbayern und
Schwaben aufgefordert, die Sicherheitsabteilungen der
Sozial=
demokratiſchen Partei auf Grund der Verordnung des
General=
ſtaatskommiſſars als aufgelöſt zu betrachten. Den bisherigen
Führern und Mannſchaften der Sicherheitsabteilungen wird der
Dank der Partei ausgeſprochen und bemerkt, daß man nur der
Gewalt gewichen ſei, daß die Partei aber die ſtrengſte
Durch=
führung der Auflöſungsanweiſung verlange.
Aus München wird weiter gemeldet: Die Nachricht eines
Mün=
chener Blattes, daß zwiſchen der württembergiſchen und
baye=
riſchen Regierung Verhandlungen über die Lage ſchweben,
ent=
ſpreche nicht den Tatſachen.
Das Ergebnis der Goldanleihe.
Berlin, 2. Okt. (Wolff.) Das Ergebnis der Goldanleihe
iſt folgendes: Es wurden 164 224 186 Millionen Gold gezeichnet,
und zwar: in Mark 129 788 194 Gold, in Deviſen 30852 809 Mark
Gold, in Dollarſchatzanweiſungen 2 596 553 Mark Gold und in
Goldmarkquitungen 986 630 Mark Gold.
Die Kartoffelverſorgung.
TU. Berlin, 2. Okt. Da nach den bisher vonſiegenden
Nachrichten im laufenden Jahre nicht mit einer ſo günſtigen
Kar=
toffellernte wie im vorigen Jahre gerechnet werden kann und
die Notlage weiter Bevölkerungsſchichten in den Stadt= und
Induſtriebezirben es zur zwingenden Notwendigkeit macht.
zu=
nächſt den Speiſekartoffelbedarf der Bevölkerung für den Winter
zu ſichern, hat der Reichsminiſter für Ernährung und
Landwirt=
ſchaft zur glatten Durchführung der Wintereindeckung der
Be=
völberung mit Kartoffeln beſchloſſen, bei dem
Reichsverkehrs=
miniſter ein vorütbergehendes Verſandverbot für Kartoffeln zu
beantragen. In der Zeit vom 1. bis 31. Oktober einſchließllich
ſoll der Verſand von Kartoffeln nach Stärkefabrilen,
Flocken=
fabriken, Brennereien mittels Eiſenbahn underbleiben.
Konferenz der internationlen Eiſenbahnunion.
* Paris, 2. Okt. (Priv.=Tel.) Die internationale
Eiſen=
bahnunion trat geſtern zu einer Vollſitzung zuſammen. An der
Beratung nahm im Namen der deutſchen Regierung Geheimrrat
Wolf vom Außenminiſterium in Berlin teil. Die Beratungen
galten in erſter Linie techniſchen Fragen. Rußland wurde in
die Eiſenbahnunion aufgenommen. Einſtimmig wurde der
Be=
ſchluß gefaßt, bei den in Betracht kommenden
Eiſenbahnderwal=
tungen auf die Wiederherſtellung der internationalen Züge,
be=
ſonders auch durch das Ruhrgebiet, zu dringen. Geheimrat
Wolff reiſt heute wieder nach Berlin zurück.
Schätze im Herbſiwald.
* Das langſame Herabgleiten der Blätter von den Bäumen,
ieſe müde und doch majeſtätiſche Gebärde des Herbſtes, hat
wie=
der in der Natur begonnen, und wir bewundern dies
ſchwer=
mütige Schauſpiel im Ularen Sonnenglanz, ohne uns
Rechen=
ſchaft davon zu geben, daß dieſer herbſtliche Blätterfall das
Zeichen für eine großartige Umſtellung im Haushalt der Natur
ſt. Dieſe intereſſante Vorbereitung der Bäume auf den Winter,
durch die bisher noch ungenutzte Schätze im Walde aufgeſpeichert
werden, behandellt der bekannte Biologe R. H. Francé in einein
Aufſatz von „Ueber Land und Meer‟. Das Fallen der Blätter
vollzieht ſich nach Geſetzen, die die Botanik erſt in neuerer Zeit
erdannt hat. Der Naturforſcher Wieſener machte ſich die
un=
glqubliche Mühe, die fallenden Blätter zu zählen, und fand, daß
ein Baum bedeutend mehr Blätter hat, als wan denkt, ein junger
Kirſchbaum mehr als 10 000. Die erſten Blätter veulieren nun
die Bäume, für den Laien ganz unmerklich, ſchom an dem erſten
Dag im Jahr, an dem die Lichtfülle nachläßt. Das iſt amr 26. Juni.
Ein auffälliges Abfallen beginnt aber erſt dann, wenn ein
merk=
liches Sinken der Lichtintenſität eintritt, alſo beim Herbſtbeginn.
Dann ſieht man die erſten gelben Blätter, und der Laubfall
dauert dann bis in die erſten Novembertage fort, meiſt bis zum
Totenfeſt. Nicht etwa der Froſt, wie man früher annahm,
ver=
urſccht den Bläuterfall, ſondern die Abnahme der Beleuchtung.
Ein ſolches abgefallenes Blatt iſt nun, tvenn man es gegen das
Licht hält, ganz leer; nur an den größeren Blattadern und am
Stiel ſind noch einige dunklere Flechen und Körnchen vorhanden.
Die Pflonze hat in wochenlanger Arbeit das Blatt ausgebeutet
und alle brauchbaren Stoffe in ihr Inneres zurüchgeſchafft; ſie
hat den Zucker, das Eiweiß, das Blattgrün und die anderen im
Blatt vorhandenen Reſerven ſo weit zerlegt, daß ſie noch
ander=
weitig verwendet werden können. Dadurch wird das Blatt gelb.
Der Pflanzenſaft ſärbt ſich rot oder violett und aus dem bißchen
Blattgrün, das noch übrig geblieben iſt, aus den Gelb und Rot
bis Lila miſcht nun der Herbſt die wundervollen Farbenſinfonien.
Das verfärbte Blatt ſtirbt an Hunger und Entkräftung, denn
die haushälteriſche Pflanze hat es, um ſich ſelbſt zu erhalten,
aus der Gemeinſchaft ausgeſchloſſen und ihm ſogar die
Waſſer=
leitung geſperrt, aus der es bisher ſich nährte. So muß das
Blatt langſam vertrocknen ud abfallen. Der Bcu aber rettet
ſich dadurch ſein Leben; er weiß, daß auch er Mangel an Waſſer
leiden wird, wenn die erſten Schneefälle und Fröſte das Waſſer
im Boden gefrieren laſſen. Deshalb muß er ſeinen Haushalt
einſchränken und umnſtellen, zieht ſich zu einer Art
Winter=
ſchlaf zurück, für den er, wie der Hamſter, alle nur
erreich=
baren Vorräte ſchmmnelt. Die Bäume zehren im Winter
ent=
weder von einem in guten Tagen angelegten Fettvorrat oder
von einem Stärkemehlmagazin. Blickt man im Spätherbſt in
das Innere eines Baumes, ſo erblickt man das aus den Blättern
zurückgezogene Material in den Zellen aufgeſpeichert. Da liegen
die Zellen mit Stärkekörnchen gefüllt, wie winzige Mehlſäcke,
oder reich mit Fett ausgeſtattet. Dieſe ungeheuren Schätze, die
der Herbſtwald in ſich birgt, hat man bisher nur bei einer
ein=
zigen Baumart ausgebeutet, nämlich bei den Sagogewächſen.
Die bebannteſte davon iſt die oſtindiſche Sagopalme, deren Mark
ſo voll Stärke iſt, daß ein etwa 30 jähriger Baum 3 Meterzenter
Mehl liefert. Der Sago wurde urſprünglich auf einfache Weiſe
gewonnen, indem man den Bqum fällte, das Mark herausſchnitt
und in Sieben auswuſch. Heude kann die Technik ganz anders
zu Werke gehen, und es eröffnet ſich die Möglichkeit, guch unſeren
Bäumen im Herbſt die Nährſtoffe, die wir ſo dringend
brauchen, zu entziehen. Fett aus den Fichten und den
weich=
holzigen Laubbäumen, mehlige Stärke, aus den Buchen und
Eichen. Es wäre dies vielleicht ſogar in einer Form möglich,
unter der die techniſche Verwertung des Holzes nicht leidet. So
könnte der Herbſüvald, deſſen Reichtümer bis jetzt unbekannt und
unbenutzt blieben, für uns zum Ernährer und Erretter werden.
—Im Flugzeug über Spitzbergen. Den erſten großen Flug.
über die Arktis haben kürzlich zwei deutſche Flieger, Neumann
und Mittelholzer, mit einem Junkers=Metallflugzeug
unternom=
men. Sie flogen in über 6 Stunden 100 Kilometer weit über die
Eiswelt des unerforſchten Spitzbergen, um es photographiſch
und kartographiſch feſtzuhalten. Mittelholzer berichtet über
ſeinen Flug in einem äußerſt intereſſanten Aufſatz in der „
Um=
ſchau”, Illuſtrierte Wochenſchrift über die Fortſchritte in
Wiſ=
ſenſchaft und Technik (Frankfurt a. M.). Bei klarem Wetter
ſtie=
gen ſie an der Advent=Bai auf, um nach dem unbekannten
In=
nern von Nordoſtland vorzudringen. Neumann brachte die
Maſchine mit großem Geſchick zwiſchen den engen
Gebirgswän=
den durch, wo ſie mit ſtarken Böen zu kämpfen hatten. In vielen
Bildern und mehreren hundert Metern Film haben ſie die groß=
artige Gebirgswelt feſtgehalten, während das Flugzeug mit
Windeseile eine halbe Stunde über dem höchſten Berg kreiſte.
Mit wertvollen Erfahrungen über die Verwendungsmöglichkeit
des Flugzeugs in der Polarzone iſt die Expedition glücklich
zu=
rüdgekehrt.
C.K. Vom weißen Elefanten. Der „weiße Elefant” iſt, wie
der weiße Hirſch der deutſchen Sage, eines der geheimnisvollſten
Tiere, über das uns Hermann Norden in ſeinem Buch „Vom
goldenen Tor zur goldenen Sonne” intereſſante Aufſchlüfſe
bie=
tet. Die weißen Elefanten werden von dem König von Siam in
ſeinen Hofſtällungen zu Bankok gehalten und ſind nicht wirklich
weiß, ſondern nur bedeutend heller in der Farbe als die
nor=
malen Tiere. Man glaubt in Siam, daß in dieſen weißen
Ele=
fanden die Geiſter großer Könige oder Helden wohnen. So ſoll
die Seele Buddhas in dem Körper eines weißen Elefanten
ge=
wohnt haben, bevor ſie als Prinz Gautama in Menſchengeſtalt
erſchien. In der alten Sonnenverehrung galt der weiße Elefant
als das Sinnbild der Sonne. Die heiligen Tiere werden in
köſtlich ausgeſtatteten Ställen gehalten und mit dem größten
Luxus umgeben. Aber der Beſitz eines ſolchen weißen Dickhäuters
war früher kein Glück, da der König von Siam von jedem ſofort
die Hergabe des Tieres verlangte und blutige Kriege deswegen
geführt wurden.
C.K. Der beſchlagnahmte „Rigoletto”. In der Pariſer Oper
iſt ein Polizeikomiſſar erſchienen, der einen amtlichen
Be=
ſchlagnahmebefehl für das Textbuch der bebannten Oper „
Rigo=
letto” vorlegte und das Buch mitnahm. Die Beſchlagwahme
er=
folgte im Namen der Erben Victor Hugos und iſt das Ergebnis
eines 50jährigen Kampfes gegen den Text, den zuerſt Victor
Hugo ſelbſt und dann ſeine Erben führten. Der Text der
Verdi=
ſchen Oper iſt bekanntlich von Piave nach Hugos Drama „L8
Roi samuse” gearbeitet worden. Die franzöſiſche Ueberſetzung
mißfiel Hugo höchlichſt, aus welchen Gründen, iſt niewals blar
geworden, und er proteſtierte gegen die Benutzung. Es iſt eine
zweite Ueberſetzung hergeſtellt worden, die auf die Angaben des
Teſtamentsvollſtreckers von Hugo, Guſtave Simon, zurückgeht.
Die Erben verlangen, daß dieſe Ueberſetzung verwendet wird.
Da man aber ſeit ſoviel Jahren auf die alte Ueberſetzung
einge=
richtet iſt, ſo weigern ſich die Sänger, den neuen Text zu lernen.
Nachdem aber nun das Libvetto beſchlagnahmt iſt, wird der alte
„Rigoletto” ſich in einem neuen Text präſentieren wüſſen.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 3. Oktober 1923.
Nummer 273.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 3. Oktober.
— Ernannt wurden: Am 25. September 1923: die ſtaatlichen
Forſt=
ſpartaſpiranten Daniel Keller zu Freienſeen und Johann Peter
Haag zu Schlierbach zu Förſtern, beide vom 1. Auguſt 1923 ab; der
Lehrer Heinrich Diehl zu Ober=Scharbach zum Lehrer an der
Volks=
ſchule zu Ober=Schönmattenwag, Kreis Heppenheim; am 28. Sedtember
1923: der Verwaltungsinſpektor Nikolaus Fabian zu Schotten zum
Bureaudirektor bei der Provinzialdirektion Oberheſſen und dem
Kreis=
amt Gießen mit Wirkung vom 1. Oktober 1923; der
Verwaltungsinſpek=
tor Ludwig Kraus zu Alzey zum Verwaltungsinſpektor bei dem
Kreisamt Schotten mit Wirkung vom 1. Oktober 1923; am 29.
Septem=
ber 1923: der Regierungsrat bei der Landwirtſchaftlichen
Verſuchs=
ſtation zu Darmſtadt Profeſſor Dr. Hubert Rößler mit Wirkung vom
1. Oktober 1923 an zum Direktor dieſer Anſtalt; Steuerpraktikant
Ru=
dolf Schmitt zu Langen zum Oberſteuerſekretär;
Steuerbetriebsaſſi=
ſtent Georg Engler zu Mainz zum Steueraſſiſtenten. — Durch
Ent=
chließung des Landesamts für das Bildungsweſen wurde der
Studien=
referndar Otto Almendinger zu Mainz mit Wirkung vom 1.
Sep=
tember 1923 ab zum Studienaſſeſſor ernannt.
— Auf Grund des § 1 des Geſetzes über die Altersgrenze der
Staatsbeamten vom 2. Juli 1923 ſind am 1. Oktober 1923 in den
Ruhe=
ſtand getreten: Miniſterialrat Auguſt Theophil Diefenbach zu
Darmſtadt, Geh. Forſtrat Ernſt Emil Hoffmann zu Butzbach, Geh.
Forſtrat Eduard 2rautmann zu Gießen, Förſter Georg Chriſtian
Hartmann zu Schwickartshauſen, Förſter Adam Lehr zu
Darm=
tadt, Förſter Karl Merkel zu Grebenau, Förſter Johann Heinrich
Saltenberger zu Maibach, Förſter Konrad Simon zu Wahlen
und Brückenaufſeher Johannes Badersbach zu Gernsheim. Aus
dieſem Anlaß iſt den genannten Beamten die Anerkennung der dem
Staate geleiſteten langjährigen treuen Dienſte ausgeſprochen worden.
— In den Ruheſtand verſetzt wurden: Am 22. September 1923:
der Landesturninſpektor Schulrat Emanuel Schmuck zu Darmſtadt auf
ſein Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten
Dienſte mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 ab: am 25. September 1923:
der Rektor an der Volksſchule zu Friedberg Philipp Philipps, der
Lehrer an der Volksſchule zu Nieder=Eſchbach im Kreiſe Friedberg Georg
Dirlam auf ihr Nachſuchen unter Anerkennung ihrer dem Staate
geleiſteten Dienſte vom 1. Oktober 1923 an; am 28. September 1923:
der Verwaltungsinſpektor Georg Mahr zu Friedberg auf ſein
Nach=
ſuchen unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten langjährigen
treuen Dienſte; der Bureaudirektor bei der Provinzialdivektion und
dem Kreisamt Gießen Eduard Schiffnie zu Gießen auf ſein
Nach=
ſuchen mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 unter Anerkennung ſeiner
dem Staate geleiſteten langjährigen treuen Dienſte.
— Zu beſetzen ſind die Stellen: 1. je eines geſchäftsleitenden
Juſtiz=
inſpektors bei den Amtsgerichten Seligenſtadt und Schotten;
2. je eines Oberjuſtizinſpektors bei dem Landgericht in Darmſtadt
ſowie den Amtsgerichten Bad=Nauheim und Dieburg.
Be=
werbungen ſind bis zum 10. Oktober 1923 bei dem Juſtizminiſterium
einzureichen.
Perſiſches Generalkonſulat. Herr Karl Maher, Mitinhaber der
Eiſengroßhandlung Gebr. Trier (Darmſtadt, Mainz, Frankfurt,
Düſſel=
dorf und München) wurde zum Kaiſerlich Perſiſchen Generalkonſul
in München ernannt mit dem Amtsbezirk Bayern, Baden, Heſſen
(Starkenburg und Rheinheſſen), Hohenzollern und Württemberg.
Nach=
dem ihm namens des Reiches das Exequatur erteilt wurde, iſt ihm die
Anerkennung und Zulaſſung zur Ausübung konſulariſcher Verrichtungen
im Volksſtaat Heſſen, ausſchließlich der Provinz Oberheſſen, erteilt
worden.
In Geheimerat Dr. Jacobi, der am 1. Oktober in den Ruheſtand
getreten iſt, ſcheidet einer der angeſehenſten und verdienteſten
Schul=
männer unſeres Landes aus dem Staatsdienſte aus. In der Friedberger
Realſchule und dem dortigen Lehrerſeminar ausgebildet, hat er es durch
hervorragende Begabung und Willenskraft, die ihn ſtets auszeichneten,
ermöglicht, während er an der Vorſchule des Gießener Gymnaſiums
wirkte, nicht nur die Gymnaſialreifeprüfung, ſondern auch das Studium
der neueren Philologie und der Geſchichte zu abſolvieren. Nach einigen
Jahren Tätigkeit als Oberlehrer an der Realſchule in Alzey und dem
Realgymnaſium zu Mainz wurde ihm die Direktion der Realſchule in
Alsfeld übertragen, und als es im Jahre 1892 galt, einen Direktor für
das zu gründende Seminar für Volksſchullehrerinnen zu finden, war es
klar, daß man keinen beſſeren als Dr. Jacobi mit der Leitung und
Ein=
richtung dieſer Anſtalt betrauen konnte. Auf Grund eingehendſter
wiſ=
ſenſchaftlicher Studien — er iſt einer unſerer kenntnisreichſten Pädagogen
konnte er Cinrichtungen treffen, die der Bewährung gewiß waren, ſo
daß die Lehrpläne ſeiner Anſtalt auch für andere Lehrerbildungsanſtalte
vorbildlich wurden. Auch war er noch der Gründer der im Jahre 192
ins Leben getretenen Aufbauſchule, von der zurzeit zwei Klaſſen einge=
richtet ſind. Seinen Schülerinnen war Jacobi ein ſelten hervorragender
Führer in das berufliche Leben, ſeinen Mitarbeitern nicht nur ein
Vor=
geſetzter, ſondern auch ein verſtändnisvoller und liebevoller Berater. Auch
für die geſamte heſſiſche Schule iſt ſein Wirken von hoher Bedeutung.
Hunderte ſeiner früheren Schülerinnen wirken in ſeinem Geiſt als
Leh=
rerinnen. Am 27. September fand in der Anſtalt eine Feier ſtatt, in der
der Dank der Schülerinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck kam und auch
der Leiter des heſſiſchen Schulweſens, Miniſterialdirektor Urſtadt, in
ein=
gehenden und warmen Worten der Wertſchätzung Ausdruck gab, mit der
das Miniſterium ſtets die Bedeutung Jacobis ſchätzte. Den tiefſten
In=
halt gab Geh. Rat Jacobi ſelbſt, indem er in inhaltreichem Vortrag aus
ſeinen reichen Lebenserfahrungen Regeln für das dienſtliche und
perſön=
liche Leben ableitete.
— Städt. Akademie für Tonkunſt. Dr. Bodo Wolf ſpricht am
Mittwoch, den 3. d. M., abends 347 Uhr, in der Städt. Akademie über
eine Fantaſie für Orcheſter. (Uraufführung am 16. Oktober im
Landes=
theater unter Generalmuſikdirektor Balling).
L.Aenderung des Poſtſcheckgeſetzes. § 4 iſt abgeändert: Der
Konto=
inhaber kann über ſein Guthaben, ſoweit es die Stammeinlage
über=
ſteigt, in Beträgen, die auf volle tauſend Mark lauten, durch
Ueber=
weiſung auf ein anderes Poſtſcheckkonto oder mittels Schecks jederzeit
ver=
fügen. Verfügt der Kontoinhaber bis 15. Oktober 1923 nicht ſelbſt die
Abrundung ſeines Geſamtguthabens auf volle tauſend Mark, ſo ſind
überſchießende Beträge zugunſten der Poſtkaſſe zu vereinnahmen. Ab
1. Oktober 1923 beträgt die Stammeinlage, die auf jedem Konto,
ſo=
lange es beſteht, gehalten werden muß, 100 000 Mark (ſtatt ſeither 1000
Mark). Geſetz wie letztere Verordnung traten am 1. d. M. in Kraft.
Verlegung einer ſtädtiſchen Kaffeſtelle. Vom 1. ds. Mts. ab iſt
die Kaſſe der ſtädtiſchen Betriebe von der Stadtkaſſe abgetrennt und in
dem Dienſtgebäude, Frankfurter Straße 69 (Schlachthof), untergebracht.
Zahlungen für Gas= und Waſſerwerk, Schlachthof,
Hal=
lenſchwimmbad und Kreisabdeckerei ſind, für die Folge
nicht mehr an die Stadtkaſſe, ſondern an die vorgenannte Kaſſeſtelle zu
leiſten oder zu überweiſen. — In Anbetracht der örtlichen Lage der
Kaſſeſtelle iſt der Bevölkerung Gelegenheit gegeben, alle Zahlungen für
die obenerwähnten ſtädtiſchen Betriebe auch in dem Stadtbureau,
Wald=
ſtraße 6, Erdgeſchoß, zu entrichten.
Verzinſung von Spareinlagen. Die ſtädtiſche Sparkaſſe
Darm=
ſtadt hat mit Wirkung vom 1. Oktober I. Js. ab ihre Zinsſätze für
Spareinlagen uſw. den Zeitverhältniſſen entſprechend erhöht und
vergütet zurzeit für Einlagen auf Sparkaſſenbücher jährlich 30 Prozent.
Nähere Auskunft wird an den ſämtlichen Kaſſenſtellen bereitwilligſt
erteilt.
— 25jähriges Vereinsjubiläum. Die Kaufmänniſche
Steno=
graphengeſellſchaft „Gabelsberger” E. V. blickt in dieſen
Tagen auf eine 25jährige Arbeit für die Verbreitung der Stenographie
innt allgemeinen und für die Gabelsbergerſche Sache im beſonderen zurück.
Die Heranbildung von Stenographen und Maſchinenſchreibern iſt ihr
Ziel, berufliche Bildungsarbeit zu leiſten, bis heute ihre vornehmſte
Auf=
gabe geweſen. Aus kleinen Anfängen heraus und unter ſchwierigen
Ver=
hältniſſen hat fich die genannte Geſellſchaft, beſonders in den letzten
Jah=
ren, zu einer der größten kaufmänniſchen ſtenographiſchen
Organiſatio=
nen Deutſchlands entwickelt. Die Mitgliederzahl 1350 konnte in den
letz=
ten Tagen erreicht werden. Sie iſt mit ihren Vereinseinrichtungen
vor=
bildlich für viele Stenographenvereine Deutſchlands und der erſte
Steno=
graphenverein überhaupt geweſen, der Maſchinenſchreibunterricht als
2. Lehrfach eingeführt hat. Seit Beſtehen hat die Geſellſchaft mehr als
6000 Perſonen mit dem Gabelsbergerſchen Syſtem vertraut gemacht und
ſeit Aufnahme des Maſchinenſchreibunterrichts mehr als 2000 Perſonen
in dieſes Rüſtzeug des Kaufmanns und Bureauangeſtellten eingeführt.
Die Zahl der Unterrichtsbeſucher darf ſeit Beſtehen mit mehr als 500 000
Perſonen angenommen werden. Ein Silberjubiläum iſt ſonſt der
An=
laß zu rauſchenden Feſtlichkeiten geweſen. Beruflicher Bildungsarbeit
darf die Freude an ihrem Gelingen auch in ſchwerſter Zeit nicht
vollſtän=
dig verſagt werden. Das 25jährige Beſtehen feiert die Geſellſchaft den
Zeitverhältniſſen entſprechend, in Form eines Feſtaktes am Sonntag, den
7. Oktober, vormittags 11 Uhr, im großen Saal des Städtiſchen
Saal=
baues, wozu die zahlreichen Anhänger und Freunde der
Gabelsberger=
ſchen Sache freundlichſt eingeladen ſind. Der Eintritt iſt frei.
— Der Vorſtand des Kriegervereins Darmſtadt hatte ſeine
Mitglie=
der und Freunde auf Samstag, den 29. September, in den grünen Saal
bei Chriſt zu einem gemütlichen Beiſammenſein mit Damen geladen. Die
Beteiligung war recht ſchön, trotzdem der Saal doch immer noch zu wenig
gefüllt war. Die Anweſenden haben ihr Kommen ſicherlich nicht bereut,
denn in abwechſelungsreicher Fülle folgten ſich die Darbietungen. Die
Sängerin Frau Orth trug unter Klavierbegleitung von Frl. Schäfer
mit gutem Talent eine Anzahl Lieder vor. Mitglieder des Theſtaklubs
boten in ernſten und heiteren Vorxträgen und zuletzt in einem kleinen
Singſpiel ihr treffliches Können dar. Gemeinſame Geſänge und
Muſik=
vorträge rahmten die einzelnen Nummern ein. Und auch die
Unterhal=
tung kam nicht zu kurz. Die Veranſtaltung zeigte trefflich den Geiſt, der
den Kriegerverein beſeelt, Kameradſchaft. Drum ſei jeder, der dieſe
harterworbene Kameradſchaft mit Gleichgeſinnten pflegen will, herzlich
zu den Veranſtaltungen eingeladen. Dieſe gemütliche Zuſammenkunft
mit Damen ſoll jeden Monat einmal ſtattfinden. Eine Abſtimmung
unter den Anweſenden ergab als feſtſtehenden Tag jeden 1. Samstag im
Monat. So findet die nächſte Veranſtaltung am Samstag, den 6.
Ok=
tober, abends punkt 7½ Uhr, im weißen Saal bei Chriſt, Grafenſtraße,
tatt.
M.
— Aus dem Wartburgverein Darmſtadt. Das 23. Jahresfeſt, das
der Darmſtädter Wartburgverein am Sonntag feiern durfte, geſtaltete
ſich zu einer feierlichen Kundgebung. In der Morgenfrühe erklangen
die ſchönen Weifen der alten evangeliſchen Choräle als Gruß vom
Stadt=
kirchturm über unſere Stadt. Der Feſtgottesdienſt in der Stadtkapelle
gab der ganzen Feier ihr Gepräge. Der Feſtredner, Herr Pfarrer
Wagner II, ſprach unter Zugrundelegung des Schriftwortes 1. Theſſ.
4,11, „Ringet danach, daß ihr ſtille ſeid und das eure ſchaffet” über
den Dienſt der Jugend und über ihre Verantwortlichkeit; es war eine
Aufforderung zur innerlichen Rüſtung und zu beiliger Entſchloſſenheit
im Kampf, der uns als Chriſten verordnet iſt. Die Nachmittagsfeier, die
im engeren und geſchloſſenen Kreiſe ſtattfand, war der Arbeit gewidmet.
Mufikaliſche Umrahmungen des Poſaunenchores und des Orcheſters
ver=
chönten die Feier. Nach der Begrüßung durch den Vorſitzenden, Herrn
Röder, wurden Grüße von geſinnungsverwandten Vereinen übermittelt
und die entbotenen Grüße von Behörden verleſen. Als alter Freund und
ehemaliger Leiter der Wartburg hatte Herr Prälat Dr. D. Diehl Grüße
entboten, ebenſo grüßten Herr Prälat Euler und im Namen des
Wohl=
fahrtsamtes Herr Direktor Schrauth, ferner die Vereine Arheilgen,
Eberſtadt, Niederramſtadt, Johannesgemeinde Darmſtadt, C. V. J. M.=
Darmſtadt und E. C.=Darmſtadt. Hieran anſchließend hielt Altfreund
Weber ein gründliches Referat über Zweck und Ziel unſerer Vereine,
das zu einer guten Ausſprache Anlaß bot. Die Nachfeier am Abend, die
im feſtlich geſchmückten Saale des Gemeindehauſes der Martinsgemeinde
ſtattfand und ſich eines ſehr guten Beſuches erfreute, gab einen Ausſchnitt
von der ganzen Wartburgarbeit. Herr Röver, der Vorſitzende wies auf
die großen Ziele des Vereins mit ſeiner Arbeit unter der männlichen
Jugend hin. Hieran anſchließend wechſelten Poſaunenchor und Orcheſter
reichlich mit guten Darbietungen, die immer wieder mit lebhaftem
Bei=
fall aufgenommen wurden, ab. Die verdienten Dirigenten, der
tüch=
tige Chormeiſter Herr Ph. Sturmfels, ebenſo Herr Knörzer als Leiter
des Orcheſters, gaben feine Proben der muſikaliſchen Leiſtungen ihrer
Leute, und ihnen gebührt beſonderer Dank für ihre unermüdliche
Hin=
gabe in den Chörproben. An einzelnen muſikaliſchen Darbietungen ſeien
noch beſonders erwähnt, die Zithervorträge des Herrn Knörzer, die
ſtür=
miſchen Beifall entfeſſelten und ein dankbar aufgenommener
Violinvor=
trag von Herrn Schneider mit Klavierhegleitung der als Künſtlerin
be=
kannten Frau Horn=Stoll. Ein von einem Vereinsmitglied verfaßtes,
dem Zweck des Abends und der Arbeit entſprechendes Deklamatorium
wurde von den Mitgliedern Geppert, Henkler, Keller, Sturm und
Wei=
gand flott geſpielt, und die Darſteller durften den wohlverdienten Beifall
ernten. Im Mittelpunkte des Abends ſtand die Feſtanſprache des
Bundespräſes vom Heſſenbunde, Herrn Pfarrer Müller=Birkenau, der es
beſonders verſtand, die Herzen, ſowohl der jungen wie der Alten, warm
zu machen. Es war ein Dreiklang, in dem ſeine Anſprache ihren
Aus=
klang fand, 1. Hinderniſſe überwinden, d. h. „Mit meinem Gott kann
ich über Mauern ſpringen”, 2. alles Handeln mit Bewußtſein tun, oder
mit anderen Worten, „Seid allezeit bereit zur Verantwortung gegen
jedermann!” 3. nicht im Zeitgetriebe untergehen und mit dem Strom
ſchrzimmen, ſondern die Mahnung beherzigen, „Eile, rette Deine Seele!
Die ernſten und doch ermunternden Worte waren zugleich Wegzeichen
ürs neue Arbeitsjahr. Mit einem Schlußwort von Altfreund Weber,
das darin ausklang, den Führer und das Ziel feſtzuhalten, und mit einem
Orcheſtervortrag, „Deutſchlands Ruhm” ſchloß das Wartburgfeſt,
das dem Verein zu ſeinem 23. Geburtstag wieder neue Freunde und
Mitglieder geworben hat. Nächſtes Treffen aller Wartburger Dienstag
abend 8½/= Uhr im Gemeindehauſe, Mollerſtraße 6.
— Orpheum. Operettengaſtſpiele. Das Frankfurter
Ope=
rettentheater gaſtiert wiederum dieſe Woche am Samstag, den 6. und
Sonntag, den 7. Oktober, mit der bekannten erfolgreichen Operette:
Die Poſtmeiſterin” von Léon Jeſſel. — Die Titelpartie
ſingt Alma Saccur a. G. Näheres folgt.
Preiſe für Zucker. Der Zuckerpreis wird bis auf weiteres auf
22 Millionen Mark für das Pfund feſtgeſetzt.
L. Hundeſteuer. Von allen Hundebeſitzern, die bis zum 10. Oktober
I. J. ihren Hund nicht abgeſchafft und dies nicht bis 15. Oktober der
ſtädtiſchen Steuerſtelle gemeldet haben, wird eine Nachtragsſteuer
für 1923 erhoben und zwar: für den 1. Hund von 1,5 Goldmark, für den
2. Hund von 3 und für den 3. und jeden weiteren Hund von 4,5
Gold=
mark. Der jeweils zu entrichtende Steuerbetrag wird durch Vervielfachung
der obigen Sätze mit der am Zahlungstage gültigen Reichsindexziffer
errechnet. Dieſe Nachtragsſteuer iſt bis 15. November fällig. Iſt die
Steuer nicht bis dahin bei der Stadtkaſſe eingegangen, ſo wird für jeden
halben Monat der Zahlungsverzögerung ein Aufſchlag von 10 Prozent
erhoben. (Hiernach iſt der Bericht über die
Stadtverordnetenverſamm=
lung vom 27. v. Mts., betr. dieſe Steuer, entſprechend zu berichtigen.)
n. Schwurgericht. Als letzter Fall dieſer Tagung wurde geſtern unter
Ausſchluß der Oeffentlichkeit gegen den 30jährigen Fabrikarbeiter Guſt.
Adolf Diehm von Neu=Iſenburg wegen Notzucht verhandelt. Die
An=
klage war durch Staatsanwalt Mickel vertreten, und die Verteidigung
führte Rechtsanwalt Meloth=Offenbach. Das dem Angeklagten zur Laſt
Gelegte geſchah Ende Mai b. J. in deſſen Wohnung, und er wurde
einige Zeit nachher in Unterſuchungshaft genommen, beſtreitet aber die
belaſtende Zeugenausſage des betreffenden Mädchens hinſichtlich
ange=
wandter Gewalt oder Bedrohung. Außer wenigen Zeugen wurde in der
Verhandlung ein ärztlicher Sachverſtändiger gehört, u. ſie endigte damit
daß die Schuldfrage mit Zubilligung mildernder Umſtände bejaht und
der bisher unbeſtrafte Angeklagte in die zuläſſige Mindeſtſtrafe von
Jahr Gefängnis abzüglich 2 Monaten Unterſuchungshaft verurteilt
wurde. — Hierauf ſchloß die Tagung.
n. Strafkammer. Der 24jährige, aus Nidda ſtammende
Tierbän=
diger Paul Emil Neitzke, war während des letzten Frühjahrs hier als
Proviſionsreiſender eines Wiesbadener, teilweiſe gemeinnützigen
Ge=
ſchäftsunternehmens (Vertvieb von Bildern für das dortige
Johannis=
ſtift) tätig. Dieſe Stelle hatte er bereits unter fremdem Namen mit
darauf lautenden Ausweispapieren angetreten, womit er auch den
da=
rüber abgeſchloſſenen Vertrag ſowie ſpäter bei einer anderen
Schwin=
delei, unterſchrieb. Es liegt inſofern ſchwere Urkundenfälſchung vor.
Jene Firma ſchädigte er durch Unterſchlagung von 250 000 Mark
verein=
nahmter Gelder, und es fallen ihm außerdem noch zwei hier verübte
Be=
trügereien zur Laſt. Einmal entlockte er der Frau eines Arbeiters in
deſſen Abweſenheit das angeblich gekaufte Fahrrad im Werte von
da=
mals 600 000 Mark, das er ſofort für 40 000 Mark weiterveräußerte,
und ferner brachte er eine Frau um Herrenkleider ſowie eine
Man=
doline, um ſie zum eigenen Nutzen abzuſetzen. Er iſt geſtändig und wurde
zu insgſamt 9 Monaten, abzüglich 4 Monate 3 Wochen
Unterſuchungs=
haft, verurteilt. — Mittels ſchweren Diebſtahls (Anwendung von
Nach=
ſchlüſſeln) hatten im April ds. Js. zur Nachtzeit der damals bei der
Firma Bahnbedarf beſchäftigte Schloſſer Auguſt Naier und der
er=
werbsloſe Schloſſer Otto Vonderau, beide von hier, aus dem
Fa=
brikgebäude einen ſehr wertvollen Elektromotor entwendet. Nachträglich
war noch ein Arbeiter D. S. gegen zugeſagte Vergütung unterwegs beim
Fortſchaffen behilflich. Die Beute wurde durch Vermittelung des
Mon=
teurs Heinrich Liebig von hier nach Mainz verſchoben und ſollte
da=
ſelbſt zu Geld gemacht werden, doch erfolgte dort die Feſtnahme der
Be=
teiligten nebſt Beſchlagnahme des Motors. Letztere hatten den hieſigen
Taglöhner Joſeph Crezonka zu der Mitwirkung in Mainz veranlaßt,
und er leiſtete bei der Verhaftung Widerſtand. Dafür wurde er mit
Einbeziehung einer anderen fünfmonatigen Strafe nunmehr zu
ins=
geſamt 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Eine wegen Hehlerei
Mitan=
geklagte ſprach man frei, und das Urteil lautete im übrigen gegen B.
auf 1 Jahr, gegen V. auf 10 Monate, gegen L. auf 8 Monate und gegen
S. auf 4 Monate Gefängnis, indem bedrängte Verhältniſſe der
Ange=
klagten ſtrafmildernd berückſichtigt wurden. — Aktive und paſſive
Be=
amtenbeſtechung nebſt gemeinſamem Betrug ſind die Vergehen des 53 Händlers Ferdinand Eckrath und des 70 Jahre alten
Nacht=
wächters Peter Wilhelm 4., beide von Bieber. W. verſieht ſeit langer
Zeit die Obliegenheiten eines beeidigten Wiegemeiſters der Gemeinde,
und iſt geſtändig, dieſes Amt im letzten Winter mehrmals fortgeſetzt
miß=
braucht zu haben. Nach ſeiner Angabe hatte ihn der dies leugnende
An=
geklagte E. durch Verſprechen von fünf Zentnern Holz dazu beſtimmt,
und der Schwindel wurde bei Lieferung von Holz durch E. an dortige
Kunden ausgeführt. E. betreibt u. a. ein Brennmaterialiengeſchäft und
ſetzte damals zwei Waggons in der Gemeinde ab, wobei die amtlichen
Wiegeſcheine den Rechnungen zugrunde lagen. W. wußte durch falſche
Stellung des Schiebers am Wagebalken höhere Gewichte zu markieren,
und es ergab ſich nach der Entdeckung der unſauberen Durchſtecherei beim
richtigen Nachwiegen ein Geſamtmanko von nahe zu 100 Zentnern, ſodaß
die betrügeriſche Schädigung auf etwa 400 000 Mark zu beziffern iſt.
Alles geſchah zu E.s Vorteil, doch will er nicht das geringſte mit der
Sache zu tun gehabt haben, obwohl er ſchleunigſt für das Fehlende
auf=
kam und auch gegenüber einem Gemeinderat mittelbar ſeine Schuld
ein=
geräumt hat. Ihn ſah auch das Gericht mit Fug und Recht ſchärfer als
den in geringen Verhältniſſen befindlichen und verleiteten W. an, der zu
3 Monaten Gefängnis verurteilt wurde während E. 8 Monate
Gefäng=
nis erhielt. Zugunſten W.s war angenommen worden, daß er ſich des
Charakters der Wiegſcheine als „öffentlicher Urkunden” nicht bewußt
ge=
weſen ſei, andernfalls das zur ſchwurgerichtlichen Zuſtändigkeit gehörende
Verbrechen falſcher Beurkundung im Amt vorgelegen hätte.
Die
litiſche Woche der Zeintralſtelle
für Volksbildung.
Man ſchreibt uns: Dieſe Woche war ſchon lange geplant, weil die
Zentralſtelle die Notwendigkeit erkannte, allen Volkserziehern für ihre
Arbeit durch eine Geſamtdarſtellung der gegenwärtigen Kriſe in
Deutſchland und ihrer Entſtehung wichtige Anregungen zu geben. Der
Beſuch war überaus zahlreich. Aus allen Teilen des Landes waren die
Teilnehmer zuſammengeſtrömt und hatten ſelbſt große perſönliche
finan=
zielle Opfer nicht geſcheut. Ein Beweis dafür, wie ſtark das Bedürfnis
nach dieſer Tagung bei allen in Frage kommenden Kreiſen der
Volks=
erzieher war. Alle Stände und Berufe, die unmittelbar und mittelbar
im Dienſte der Volksbildung und Jugendpflege ſtehen „waren vertreten.
Daß unſer Volk heute einer ſeiner ſchwerſten Kriſen erleidet, die
ſein ganzes Leben in alle Zukunft gefährden kann, das gibt dem
Be=
ufe der Pädagogen, vor allem dem Lehrerberufe, die allergrößte
Be=
deutung. Unſere junge Generation muß durch eine weiſe Erziehung
fähig gemacht werden, die Kriſen auf allen Gebieten unſeres Lebens
dadurch zu überwinden, daß wieder der Menſch in den Mittelpunkt der
Geſchehniſſe gerückt wird, daß nicht einſeitige, parteiliche, berufliche oder
gänzlich unſoziale Intereſſen das Leben in die Enge treiben und den
Geiſt und die Kultur verſenken. Direktor Haſſinger eröffnete die
Tagung mit einer kurzen Anſprache und richtete an jeden der
Teil=
nehmer die Aufforderung, im Intereſſe des Erfolges der gemeinſamen
Arbeit mit ſeiner ehrlichen Ueberzeugung nicht zurückzuhalten und rück=
ſichtslos und offen ſeine perſönliche Auffaſſung zu den Vorträgen zu
außern. Die Ausſprache zeigte dann auch manche wertvolle Ergän=
zung zu den vorgetragenen Gedanken.
Zuerſt ſprach Dr. Strecker über die ſtädtiſche Kultur und den
Geiſt der Arbeiterſchaft. Mit klaren Worten zeigte er ſeinen Hörern,
wie in der ſtädtiſchen Arbeiterſchaft aus den Tiefen des Lebens, die
Sehnſucht nach Bildung und Teilnahme an allen Kulturreichtümern
er=
wacht, um ſo ſtärker, je mehr der Arbeiter durch die geſteigerte
Mecha=
niſierung ſeines Berufes beſonders der Induſtriearbeiter, die
Ent=
faltung feines Menſchentums und ſeines Lebensgefühls, was man alſo
Seele nennt, bedroht ſieht. Aber den amtlichen Vertretern der Bildung
und den Kreiſen, die ſeither die Bezeichnung „gebildct” für ſich in
An=
ſpruch nahmen, begegnet er meiſt mit viel Mißtrauen. Der Geiſt der
Arbeiterſchaft iſt durch ſeine ſtete Berührung mit den Dingen
anſchau=
licher und lebendiger und empfindet alle hergebrachte Form der Bildung
als Zwang und Schablone. Von ihm her wird die Erneuerung unſerer
Kultur kommen, wenn wir Pſychologen und Pädagogen genug haben,
die verhindern, de die Arbeiterſeele bei der wirtſchaftlichen Unfreiheit
des Arbeiters der unheilvollen Macht der Maſchine unterliegt, daß Or=
ganiſation und Klaſſenbewußtſein den Kulturgeiſt, der ein Geiſt der
Volksbildung, nicht der Volkstrennung, iſt, 1
ſagte: „Wie ſehr ſind doch heute die meiſten Menſchen Thpen und keine
Perſönlichkeiten!” Perſönlichkeit iſt die Fähigkeit des Menſchen (wie
irektor Bäuerle ſpäter Dr. Streckers Verrräge ergänzte), in ſeiner
Eigenart ſeine ganze Kraft und Begabu" der Gemeinſchaft dienſtbar
zu machen.
Im Anſchluß an das Referat über die ſtädtiſche Kultur ſprach
Dr. Koch=Gießen über die ländliche Kultur und das Bauerntum.
Hier treffen wir das Moment, das allem Fortſchritt im kulturellemn
Sinne am meiſten abhold iſt. Während der Arbeiter heimatlos iſt,
weil ihm die Werte ſeiner Arbeit nicht gehören, während er alles daran
ſetzt, ſeine Lage zu verändern, iſt im Baierntum der Menſch an die
Scholle gebunden, an einen ganz beſtimmten Rhythmus der Arbeit, der
keine willkürlichen Eingriffe des Menſchen duldet (beſtimmte Folge der
Arbeiten, beſtimmte Arbeitszeit, verſchieden nach Tages= und
Jahres=
zeit). Der Bauer iſt gegen den Arbeite= der Induſtrie beſtrebt, ſeine
Lage zu erhalten, iſt konſervativ. Das Bauerntum iſt im Grunde
ſei=
nes Weſens allem Fortſchritt feind, ſozialen Erkenntniſſen ſchwer
zu=
gänglich, weil ihm der dauernde Beſitz und der Genuß ſeiner
Arbeits=
werte innere Feſtigkeit verleiht. Da iſt noch alte Sitte und Tradition,
da iſt ein ſtarker Trotz gegen neue geſellſchaftliche Formen. Selbſt die
Religion, Gott, erfahren bei ihm keine weſentliche Neubelebung. D
chriſtliche Religion erſt recht iſt ſeiner innerſten Beſchaffenheit zuwider.
Die Religion iſt den Bauern mehr eine geſchäftliche Abmachung mit
Gott als eine ehrfürchtige Dankesbezeugung. Im Bauerntum hat noch
der moderne Erzieher die ſchwerſte Aufgabe vor ſich, denn die ſoziale
Entfremdung zwiſchen Stadt und Land verſchärft noch die Kriſe unſeres
Volkes. Dr. Koch überraſchte in ſeinem Vortrag mit vielen
tiefgrün=
digen Einzelheiten und feinen Beobachtungen aus dem Landleben ſeine
Zuhörer. Damit endete der erſte Tag nach einer regen Ausſprache.
Neue Gedanken und Anregungen brachte dann ein zweiter Vortrag
Dr. Streckers über die Kriſe der Erziehung. Er wandte ſich vor
allem gegen die beliebte Methode der ſtofflichen, materiellen Bildung,
und betonte die Notwendigkeit, den Betrieb der Schule auf dynamiſche=
Bildung, das iſt die Bildung der Perſönlichkeit, umzuſtellen. Ohne
Staat, ohne Geſetze, die ſich ein Volk gibt, iſt ſeine Kultur gefährdet,
ſind ſeine wertvollſten Arbeiten der völligen Anarchie preisgegeben.
So=
lange der Selbſterhaltungstrieb den Menſchen in den Kampf um die
allermindeſte Nordurft hineintreibt, braucht das Volk den Staat, um
ſich gegen die Willkür ſelbſtherrlicher Elemente zu ſchützen. Der Staat
iſt ein Zwang, den ſich das Volk ſelbſr auferlegt. Darum bedeutet er
die höchſte Freiheit des Geiſtes, der ſich ſelbſt bändigt, und alle Erziehung
kann nur Erziehung zum Staate ſein, alle Schule muß letzten Endes
den Staat bei ihrer Lehre im Auge haben, muß Achtung und Ehrfurcht
vor den Geſetzen und Inſtitutionen des Staates erwecken. Die Kriſe
der Erziehung iſt heute die Willkür vieler Kreiſe und Schulen des
Vol=
kes gegen den deutſchen Staat, gegen die deutſche Republik. Auf
Gym=
naſien und Univerſitäten werden vielfach Menſchen gezüchtet, die
glau=
ben, den höchſten Willen eines Volkes mißachten zu dürfen. Die
Anarchie ſchon in der Schule zu derhindern, iſt Pflicht und
Verantwor=
tung jedes aufgeklärten Lehrers und Pädagogen.
Ein tieftragiſches Bild unſeres Volkes zeichnete Schriftſteller
Wil=
helm Michel, dialektiſch gewandt, mit ſeinem Vortrag: „Die Kriſis
des deutſchen Geiſteslebens”. Drei Kriſen ſind ihm für das deutſche Volk
bewußt, die erſte, eine ewig angeborene Kriſenhaftigkeit des deutſchen
Weſens, die zweite, engere Kriſe, ſeit hundert Jahren, die im Weltkrieg
ihren Triumph feierte, die letzte Kriſe ſeit dem Zuſammenbruch des
Deutſchen Reiches 1918. Die erſte, innerſte, unvergängliche Kriſe hängt
für Wilhelm Michel zuſammen mit dem Begriff des deutſchen Werdens,
der deutſchen Sendung. Es iſt die ewige Sehnſucht des Deutſchen nach
einer ferneren Heimat, nach einem großen Reich, wie ſie ſich in der
deutſchen Dichtung ausdrückt und beſonders die Sinne der Romantiker
beſchäftigte. In dieſer Kriſe, die den Deutſchen immer nur mit einem
Fuß auf die Erde ſtellt, mit dem anderen ins Ungewiſſe, erleidet er die
zweite Kriſe, die ſeit der Reichsgründung 1871 ein Tempo erreicht, dem
erſt der Zuſammenbruch nach dem Weltkrieg Einhalt gebot. Es iſt die
Aufrichtung eines engherzig nationalen Staates, die der weltpolitiſchen
Sendung des deutſchen Volkes direkt entgegenläuft. Damit kommt
die Ernüchterung und der Zuſammenbruch und ſchließlich trotz Weimar
und vieler vortrefflicher Menſchen keine Beſinnung: die dritte Kriſe.
Wilhelm Michel ſprach ſo eindringlich, daß jeder deutlich die Gefahr
empfand, die heute überall lauert, wo unſer Leben nach Erfüllung ſtrebt,
im Beruf, in der Politik.
Um die Darſtellung ähnlicher Momente bemühte ſich noch einmal
Dr. Strecker, als er die innenpolitiſche und außenpolitiſche Kriſe
behandelte, weniger vom Standpunkt des Künſtlers, als wieder vom
Standpunkt der nüchternen Politik.
Neben dieſen erziehungs= und ſtaatspolitiſchen Vorträgen verſuchte
Direktor Bäuerle=Stuttgart an zwei Tagen von einer anderen
Seite her, weniger kritiſch, mit mehr Innigkeit und Menſchenliebe, den
Weg zur Geſundung unſeres Volkes aus der nächſten Anſchauung des
Lebens zu gewinnen. Er ſprach über Arbeit, Beruf und Kultur. Da
offenbarte ſich eine ſo feine Beobachtungsgabe, ein ſo liebevolles
Ver=
ſtändnis für Menſch und Leben, da ſprudelte ein ſo unermeßlicher
Reich=
tum an Seele, die überall heimiſch iſt, wo das Leben eine Qual und
das Leben Frohſinn iſt, daß manche befreite Luſtigkeit in ſchallendes
Lachen ausbrach, wie nur Kinder lachen können. Er unterſcheidet
Ar=
beit aus Selbſterhaltungstrieb, Arbeit als künſtleriſches Spiel, Arbeit
als Herrſcherbewußtſein, aus der Frage nach dem Sinn des Lebens,
geiſtige Arbeit, Arbeit aus dem Gemeinſchaftsleben heraus und aus
ozialen Verpflichtungen. Weſentlich für die Stellung des Menſchen
zur Arbeit hält er nicht den objektiven Ertrag der Arbeit (etwa Geld),
ſondern die ſubjektive Freude. Das gibt dem Problem der ſozialen
Reform eine ganz andere Richtung, aber Vorausſetzung zur wahren
Ar=
beit iſt die Erfüllung der einfachſten Forderung der Sittlichkeit: Jeder
Arbeitende hat auf Grund ſeines Beitrags zur Kultur das
Mitbeſitz=
recht an dieſer Kultur. Bei der Behandlung der Frage nach dem
Bil=
dungswert der Arbeit unterſcheidet Bäuerle zwiſchen Beſchäftigung und
Beruf, wobei Beſchäftigung Arbeit iſt als Mittel zum Gelderwerb,
Beruf jedoch Arbeit mit Geſtaltungstendenzen, Arbeit als Anteil an
der Geſamtarbeit, und Bäuerle ſchließt dieſe Gedankenreihe mit dem
wichtigen Satz ab: Im Beruf bekundet ſich der Menſch als ſoziales
Weſen. Die Ergebniſſe einer Fülle von Einzelbeobachtungen, die er
ge=
macht hat, bekräftigen, was Dr. Strecker und Dr. Koch vor ihm
aus=
führten.
So iſt der Kreis der Gedanken wieder geſchloſſen und Direktor=
Haſſinger ſprach die Schlußworte: Noch einmal betonte er den Zweck
dieſer kulturpolitiſchen W=che, faßte alles wirkungsvoll zuſammen und
verſprach, weil ihm der langanhaltende Beifall die Zuſtimmung und den
herzlichen Dank aller Teilnehmer bekundete, im nächſten Jahre wiederum
eine kulturpolitiſche Woche zu veranſtal
Nummer 273.
Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 3. Oktober 1923.
Seite 5.
Neuregelung des Steuerabzugs vom Arbeitslohn.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 ab treten für den
Steuer=
abzug vom Arbeitslohn grundlegende Aenderungen ein. Bisher
wur=
den die Beträge, um die ſich der 10 v. H. des Arbeitslohns betragende
Steuerabzug nach dem Familienſtand des Arbeitnehmers und für
Wer=
bungskoſten ermäßtigt, zahlenmäßig durch Verordnung feſtgeſetzt und
veröffentlicht, ſobald die Lohnentwickelung eine Neuregelung
erforder=
lich machte. Die fortſchreitende Geldentwertung und die damit
ver=
bundene Erhöhung der Löhne und Gehälter ſowie der Werbungskoſten
haben es erforderlich gemacht, die Ermäßigungen in kürzeren
Abſtän=
den als bisher der Entwickelung anzupaſſen. Die Verordnung vom
27. September 1923 ſieht daher eine automatiſche Anpaſſung der
Er=
mäßigungen durch Anſchluß an den jeweiligen Lebenshaltungsindex vor.
Hiernach hat der Arbeitgeber künftig die Ermäßigungen ſelbſt zu
be=
rechnen. Dabei iſt von den in der zweiten
September=
hälfte in Geltung geweſenen Ermäßigungsſätzen
auszu=
gehen. Dieſe Sätze ſind mit einer vom Reichsminiſter der Finguzen
auf Grund der Entwickelung des Lebenshaltungsindex ermittelten und
öffentlich bekannt gemachten Verhältniszahl zu vervielfachen. Die
Re=
gelung findet erſtmalig auf den Arbeitslohn Anwendung, der nach dem
30. September 1923 fällig geworden und gezahlt worden iſt. Die
Ver=
hältniszahl iſt jeweils bei der Berechnung des Steuerabzugs von dem
Arbeitslohn zugrunde zu legen, der bis zum Ablauf der Kalenderwoche
fällig geworden und gezahlt worden iſt, für die die Verhältniszahl
feſt=
geſetzt wird.
Die Verhältniszahl beträgt für die erſte Kalenderwoche des
Okto=
ber „ſechs”. Bei der Berechnung des Steuerabzugs von dem in der
Zeit vom 1. bis zum 6. Oktober einſchließlich fällig gewordenen und
ge=
zahlten Arbeitslohn ſind alſo die Ermäßigungen der zweiten
Septemberhälfte mit „ſechs” zu vervielfachen. Daher beträgt
z. B. bei wöchentlicher Lohnzahlung die Ermäßigung für den
Steuer=
pflichtigen und die Ehefrau je 172800 X 6 — 1036 800 Mk., für jedes
Kind 1 152 000 K 6 — 6912000 Mk., der ſogenannte
Werbungskoſten=
pauſchſatz 1 440 000 X 6 — 8640 000 Mk. Die Verhältniszahl für die
ſpätere Zeit wird jeweils als „Verhältniszahl für die
Er=
mäßigungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn”
unter Angabe der Geltungsdauer im Reichsanzeiger und durch die
Tagespreſſe bekannt gemacht werden. Außerdem erteilt jedes Finazamt
über die Höhe der jeweils geltenden Verhältniszahl Auskunft.
Die Einzelheiten der neuen Regelung ergeben ſich aus einem
Merk=
blatt nebſt Tabelle, das bei den Finanzämtern unentgeltlich abgeholt
werden kann.
Aus den Parteien.
— Deutſchnationale Volkspartei,
Frauenaus=
ſchuß Darmſtadt. Die für Freitag, den 5., angeſagte
Verſamm=
lung findet nicht, wie geſtern mitgeteilt, um 5 Uhr, ſondern um 8 Uhr
abends, ſtatt. Ein Verſammlungsverbot beſteht nicht für den Abend.
Karten ſind noch zu erhalten an den bekannt gegebenen Stellen und an
der Abendkaſſe. Wir empfehlen jedoch, bei dem bereits ſtattfindenden
großen Andrang, die Karten bald zu löſen. Alle nationalgeſinnten
Kreiſe ſind noch einmal herzlich eingeladen; unſeren Mitgliedern iſt es
Pflicht, durch vollzähliges Erſcheinen Frau Studienrat Annagrete
Leh=
mann für ihr Kommen zu danken. Die Rednerin wird alle auf den
Vortrag gerichteten Erwartungen voll befriedigen.
Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei. Wie
ſchon mitgeteilt, ſpricht heute abend 8 Uhr im Feierabend Herr
General=
ſekretär Kollbach über die politiſchen Ereigniſſe der letzten Wochen.
Mit=
glieder der Partei ſind gern willkommen. Im zweiten Teil des Abends
holl das demnächſt ſtattfindende Stiftungsfeſt beſprochen werden.
* Arheilgen, 30. Sept. In der Gemeinderatsfitzung
wurde die Mandastniederlegung des Gemeinderats Adam Wannemacher
bekannt gegeben und tritt für ihn Mühlenbeſitzer Bernhard Appel ein.
Zum Stellvertreter des Vorſitzenden der Preisprüfungskommiſſion
Nun=
geſſer wurde Gemeinderat Kunz ernannt. In dem Waldwirtſchaftsplan
für 1924 wird von der Forſtbehörde die Fällung von 350 Feſtmeter
Holz vorgeſchlagen. Der Gemeinderat beharrt jedoch auf ſeinem
früheren Beſchluſſe, nämlich 540 Feſtmeter zu fällen. Die Verpachtung
der leihfälligen Gemeindegrundſtücke ſoll nach Roggenwährung geſchehen.
Als Ergänzung der zuſtändigen Kommiſſion wurden die Gemeinderäte
Benz und Kunz ſowie der Flurſchütz Merlau beſtimmt. Das Geſuch des
Georg Wild um Pachtermäßigung ſoll nach der Neuregelung des
Pacht=
verfahrens erledigt werden. Bezüglich der Faſelhaltung ſollen außer
den bereits geleiſteten Geldumlagen noch für ein Stück Großvieh 20 Pfd.
Hafer, für Schweine 8 Pfd. und für Ziegen 2 Pfd. geliefert werden.
Die Hundeſteuer für 1923 wurde auf 5 Millionen Mark für den Hund
feſtgeſetzt. Anſchließend fand geheime Sitzung ſtatt.
w Eberſtadt, 2. Okt. Die Vereinsbank Eberſtadt, G. m. b. H.,
hielt geſtern abend erſt die für das Jahr 1922 fällige
Generalverſamm=
lung unker Leitung des Vorſitzenden, Herrn Gemeinderat Franz Simon,
im „Bergſträßer Hof” ab. Aus den einzelnen Punkten der
Tagesord=
nung ergab ſich, daß die Bank in der letzten Zeit eine erfreuliche
Ent=
wickelung genommen hat. Am 31. Dezember 1922 betrug ihr
Mitglieder=
ſtand 460, augenblicklich zirka 550. Anſtelle des aus dem Vorſtand
aus=
geſchiedenen Herrn Lehrers Roth wurde Herr Bickel, ſeither im
Direk=
torium der Volksbank Darmſtadt, in den Vorſtand gewählt. Der
Vor=
ſtand ſetzt ſich nunmehr aus den Herren Bickel, Schäfev und Geißler
zu=
ſammen. In den Aufſichtsrat wurden als Vertreter der Induſtrie die
Herren Fabrikanten Pfeiffer und Rieſterer gewählt.
r. Pfungſtadt 1. Okt. Stenographentag. Unter
zahl=
reicher Beteiligung fand geſtern hier der 2. Gautag des Gaus (im Bezirk)
Bergſtraße Gabelsbergerſcher Stenographen ſtatt. Ein
Wett=
ſchreiben, an dem ſich nahezu 200 Kunſtgenoſſen beteiligten und das von
den Herren Dr. Ackermann=Zwingenberg und Hammann=
Pfung=
ſtadt geleitet wurde, leitete am Vormittag die Tagung ein. Wie ſich bei
der Preisverteilung herausſtellte, wurden als Höchſtleiſtung 280 Silben
erzielt. Eine größere Anzahl wertvoller Ehrenpreiſe konnte verteilt
wer=
den. Mittags fand eine Vertreterverſammlung ſtatt, der im Saale „Zur
Krone” eine Feſtverſammlung folgte, die ſich eines zahlreichen Beſuches
erfreute. Herr Kaufmann Gg. Grund=Pfungſtadt begrüßte die
An=
weſenden und erteilte ſodann dem ſtürmiſch begrüßten Feſtredner, Herrn
Regierungsrat Schaible=Darmſtadt, das Wort zu einer mit großem
Beifall aufgenommenen Rede über den Stand der ſtenographiſchen Lage,
indem er beſonders den Vorteil der Leiſtungsfähigkeit des
Gabelsberger=
ſchen Schriftſyſtems hervorhob. Herr Bezirksvorſitzender Hz. Heinrich
Rorh=Eberſtadt, übermittelte die Grüße des Heſſiſchen Verbandes.
Gut gelungene Geſangsvorträge des Herbertſchen Mädchenchores,
Rezi=
tationen und Muſikſtücke verſchönten die Feier.
r. Pfungſtadt, 2. Okt. Die hieſige Filiale der Bank für
Han=
del und Induſtrie wird von morgen ab ihren hieſigen Geſchäftsbetrieb
ſchließen,
r. Hahn bei Pfungſtadt, 1. Okt. Diebſtahl. Auf raffinierte
Weiſe haben unbekannte Diebe kurz vor dem Kirchweihfeſt, das geſtern
ſtattfand, einem hieſigen Metzger faſt die geſamten Wurſt= und
Fleiſch=
vorräte nächtlicher Weiſe geſtohlen.
0- Reichelsheim i. O., 1. Okt. Kartoffeldiebſtahl. Auf
einem Grundſtück des hieſigen Bürgermeiſters iſt ein bedeutender
Kar=
toffeldiebſtahl ausgeführt worden. Beſonders nachts iſt der Feldſchutz
durch Ehrenfeldſchützen beträchtlich verſtärkt worden.
r. Babenhauſen, 1. Okt. Zu Ehren ſeiner Gäſte hatte der Verein
für Hundefreunde von hier und Umgegend am vergangenen
Samstag im Gaſthaus „Zum Löwen” einen Kommers veranſtaltet,
der ſehr gut beſucht war und dem erſt in dieſem Jahre gegründeten
jungen Verein zur höchſten Ehre gereichte. Die Vortragsfolge war
äußerſt reichhaltig. Nach einem Muſikvortrag der vorzüglich geſchulten
und ſchneidig ſpielenden Kapelle Köhler hielt der 1. Vorſitzende des
Vereins, Herr Gendarmerie=Oberwachtmeiſter Köppel, eine in
herz=
lichen Worten gehaltene Begrüßungsanſprache, in der er den zahlreichen
Gaſten und mitwirkenden Vereinen ein frohes Willkommen zurief, den
letzteren dankte für ihre bereitwilligſt zugeſagte Unterſtützung, und
be=
ſonders Herrn Gendarmerie=Wachtmeiſter Schäfer den Dank des
Ver=
eins übermittelte für ſeine mühevolle, geſegnete Vorarbeit und Umſicht.
Er wünſchte dem Kommers und der ganzen Veranſtaltung des Vereins,
der noch in den Kinderſchuhen ſtecke, ein gutes Gelingen. Sehr
abwech=
ſelungsreich geſtaltete ſich nun die Vortragsfolge. Ein Mädchen (Hinkel),
umrahmt von 5 Vereinshunden, ſprach den von Herrn Köppel verfaßten
Prolog „Was der Hund ſpricht”. Gar zu poſſierlich war dies lebende
Bild, beleuchtet von einem Bühnenſcheinwerfer, zu betrachten. Erſt
auf Pfiffe von ihren Beſitzern verſchwanden die wohlerzogenen Tiere
von ihrem Throne auf der Bühne. Turnerriege und Damenriege des
Turnvereins wetteiferten mit ihren wohlgelungenen Uebungen am
Stützreck und Reck. Den Höhepunkt der ſportlichen Veranſtaltungen im
Saale bildeten unſtreitig die Reigenfahren einer Gruppe des
Radfahrer=
vereins „Radſport” aus Weißkirchen. Die Herren zeigten
in den ſchwierigſten Lagen ſich ſtets als Künſtler in der Beherrſchung
ihres Rades. Das Radballſpiel war hochintereſſant und brachte heikle,
für die Zuſchauer ſehr humoriſtiſche Momente. Ergebnis: 8:4. Lieder
der Geſangsriege des Turnvereins zeigten gute Schulung,
Muſikvor=
träge und Gedichte in Darmſtädter Mundart verſetzten die zahlreichen
Gäſte in die vortrefflichſte, heiterſte Stimmung. Herr Rechtsanwalt
Rohde, der im Namen des Vorſtandes des Heſſiſchen
Landesver=
bandes ſeinen Dank für die liebevolle Aufnahme ausſprach, betonte mit
Recht, daß der junge Verein glänzend ſeine Feuertaufe beſtanden und
ſeine Aufgabe in muſtergültiger, großzügiger Weiſe gelöſt habe. Nur
zu ſchnell gingen die Stunden herum, erſt nach Mitternacht trennte man
ſich mit dem Gefühle, einen heiteren, genußreichen Kommersabend bei
dem „Verein der Hundefreunde” verlebt zu haben.
Sport, Spiel und Zurnen.
Turnen.
(Verſpätet eingegangen.) Zu dem Bühnenſchauturnen des
Main=Rheingaues der Deutſchen Turnerſchaft zum Gedächtnis der im
Weltkriege gefallenen Turnbrüder hatte ſich eine treue Schar
Turnſchwe=
ſtern und =brüder in der großen Halle der Turngemeinde 46
zuſammen=
gefunden. Der 1. Gauvertreter, Oberreallehrer Noth, begüßte die
Er=
ſchienenen, insbeſondere die Vertreter der ſtaatlichen und ſtädtiſchen
Be=
hörden, und gedachte in warmen Worten der Opfer des Weltkrieges und
all der Getreuen, die ſeit Vater Jahn im Dienſte der Turnſache lebten.
Ein Ehrenmal will der Gau ſeinen Toten errichten. Die Reineinnahme
der Veranſtaltung war für dieſen Zweck beſtimmt. Alljährlich ſoll dieſe
Gedächtnisfeier mit Darbietungen aus dem großen Gebiete des Deutſchen
Turnens ſtattfinden. Im vorigen Jahre fand ein Staffellauf aus allen
Teilen des Gaues zur Grundſteinlegung des gedachten Ehrenmals ſtatt.
Diesmal hatte der Oberturnwart des Gaues, Oberſekretär Hofferbert, in
altbekannter meiſterhafter und feinſinniger Wsiſe eine Uebungsfolge des
Hallenturnens zuſammengeſtellt, das den Sachkenner wie den Laien
voll=
auf befriedigte. Mädchen, Knaben, Frauen, Männer und die Alten
tra=
ten mit Darbietungen der verſchiedenſten Uebungsgebiete auf den Plan
und entledigten ſich ihrer Aufgabe muſtergültig. In vorbildlicher Treue
wirkten die Turngemeinde 46, Turngemeinde Beſſungen und die beſten
Kräfte aus den Gauvereinen mit. Ihnen, allen Mitwirkenden und
Hel=
fern, insbeſondere auch der Turngemeinde 46 für die koſtenloſe
Ueber=
laſſung der Halle, ſprach der Gauvertreter zum Schluſſe ſeinen herzlichen
Dank aus. Ganz befonderen Dank und Anerkennung zollte er der
Haus=
kapelle der Turngemeinde 46 für ihre Unterſtützung und knüpfte daran
die Hoffnung und den Wunſch, daß die Turnvereine echte Pflegeſtätten
nicht nur zur körperlichen Ertüchtigung, ſondern auch deutſchen Geiſtes=
und Gemütslebens ſein möchten.
Radfahren.
Viertes Klubrennen des Darmſtädter Radſport=Klub 1919.
Vom herrlichſten Wetter begünſtigt, konnte der D.R.C. 1919 am
Sonntag, den 30. Sevtember, ſein diesjähriges vorletztes Klubrennen
über 70,2 Km. abhalten. Von den geſtarteten 17 Fahrern fuhren in der
erſten Gruppe 2 Wulſtdeckenfahrer, ſowie die drei jungen
Schlauchreifen=
fahrer Schieß, Fiſcher Ludwzig und Darmſtädter mit 10 Minuten
Vor=
gabez in der zweiten Gruppe drei Drahtdeckenfahrer mit 5 Minuten
Vorgabe und in der letzten Bruppe 9 Schlauchreifenfahrer. Die
Haupt=
kontrolle in Groß=Umſtadt ließ feſtſtellen, daß die zwei erſt gefahrenen
Gruppen noch nicht von den Kanonen eingeholt waren. Der vorzügliche
Fahrer Ganß, der in Gundernhauſen durch Sturz an Zeit einbüßte, fuhr
als letzter durch die Hauptkontrolle. Es gelang ihm am Ausgang
Rein=
heims ſich an die Kanonen anzuſchließen, die inzwiſchen vor Reinheim
die Vorgabefahrer eingeholt hatten und nun für kurze Zeit ein
geſchloſſe=
nes Feld bildeten. Die ſtarke Steigung bei Hahn zwang den als Senior
(ohne Vorgabe) bis dahin an der Spitze gelegenen Fahrer Pech, am
Ende der Steigung die Spitze ziehen zu laſſen und das Rennen allein zu
beenden. In Niederramſtadt ſchieden Adam Offenthal infolge
Bein=
krampf und der ſehr gut gefahrene Paul Neſter durch Defekt aus. Der
ausſichtsreiche Fahrer Heinrich Fiſcher kam im Mühlthal durch
zwei=
maligen Defekt für den Endſpurt, bei dem er ein ernſtes Wort
mitge=
redet hätte, nicht mehr in Frage. Dem Fahrer Ganß gelang es vor
Pfungſtadt, ſich einen Vorſprung zu ſichern. Der Sieg war ihm damit
geſichert. Der Fahrer Pech hatte ſich bis Eberſtadt bis auf hundert
Meter an die zweite Gruppe vorgearbeitet, fiel aber auf dem Eberſtädter
Pflaſter wieder zurück.
Ergebniſſe: Sieger: Ganß Ludwig 2 Std. 29 Min. 0 Sek.; 2. Dieter
Heirich 2:30:30; 3. Offenthal Heinrich 2:30:35; 4. Schieß Albert 2:41:30
(10 Min. Vorgabe); 5. Pech Auguſt 2:33:5; 6. Offenthal Konr. 2:38:20;
(5 Min. Vorg.); 7. Fiſcher Heinrich 2:35:45 (2mal Defekt); 8. Andre
Karl 2:51:00 (10 Min. Vorg.): 9. Niebel Wilh. 2:44:30 (Defekt); 10.
Dienſt Hugo 2:47:32. — Die fliegende Kontrolle wurde von der Firma
Hahn und Co. ſowie Herrn Stork Sen. und Jun, ausgeführt. Das
Schlußrennen findet vorausſichtlich am 21. Oktober ſtatt.
Lawy=Tennis.
Das Klubturnier des Tennis= u. Eisklub Darmſtabt
fand am Sonntag ſeinen Abſchluß. Das Herren=Einzelſpiel gewann Herr
Schüler. Er erwarb damit den „Klubmeiſter”. In der Schlußrunde konnte
er leicht mit 6:0, 6:1 Herrn Daub ſchlagen. Die dritten Preiſe bekamen
Hofmann und Lohk. Das Damen=Einzelſpiel gewann Frl. Noellner die
in der Schlußrunde Frl. Loy zum Gegner hatte (6:1, 6:2). Die
Aus=
loſung hatte zur Folge, daß die beſten Spieler in der oberen Hälfte
waren und unten die zweite Klaſſe freie Bahn bis zur Schlußrunde
hatte. Große Form zeigte Frl. Wiſſel. Ihr Sieg 6:4, 6:2 über Frau
Schüler war eine Senſation. Leider konnte Frl. Wiſſel die nächſte Runde
gegen Frl. Goldſchmidt nicht gewinnen, obwohl ſie im dritten Satz mit
4:0 führte. Die dritten Preiſe gewanen Frl. M. Schmidt und Frl.
Goldſchmidt.
Das Herren=Doppelſpiel iſt noch nicht zu Ende geſpielt worden. In
der Schlußrunde treffen ſich noch Hofmann—Werner und Blecher—Eſche.
Die Schlußrunde im gemiſchten Doppelſpiel — Frau Schüler—Schüler
gegen Frl. Noellner—Lohk — war eines der ſchönſten Spiele des
Tur=
niers. Nach recht ſpannendem und lebhaftem Kampf konnte das Ehepaar
Schüler in drei Sätzen 9:7, 2:6, 6½4 den Sieg an ſich reißen.
Das Junioren=Einzelſpiel gewann Eſche, der in der Schlußrunde
über Freſenius mit 6:4, 6:0 Sieger blieb. In der Vorſchlußrunde hatte
er einen ernſten Gegner in Werner, der ihm einen Satz abnehmen
konnte. Die dritten Preiſe gewannen ſomit Werner und Mittelſtgedt.
Boxen.
Revanchekampf Giufeppe Spalla — Samſon Körner.
Giuſeppe Spalla, der Bruder des europäiſchen
Schwergewichts=
meiſters Erminio Spalla, der am letzten Kampftag im Berliner
Sports=
palaſt gegen Paul Samſon=Körner aufgab, iſt bereit, mit ſeinem
Ueber=
winder eine Revanche auszutragen, die er mit einer bedeutenden
Seil=
wette bekräftigen will. Samſon=Körner ſeinerſeits iſt bereit, dem
Italie=
ner die veriangte Revanche zu geben, doch will er dieſen Rückkampf lieber
in Jialien auskragen. Auch er will ſeine Chancen mit einer Seilwette in
jeder Höhe ſtützen. Die Abſicht Samſon=Körners, in Italien den
Rück=
kampf auszutragen, läßt die Vermutung aufkommen, daß er mit dem
euroräiſehen Schwergewichtsmeiſter Erminio Spalla im Ring
zzuſammen=
treffen möchte.
Boxkämpfe zu Pferde.
Boxkämpfe zu Pferde gehen allabendlich im Berliner Zirkus Buſch
vonſratten. Das von zwei Leuten beſtrittene Treffen über drei Runden
iſt zwar iit einem richtigen Boxkampf zwiſchen den Seilen nicht zu
ver=
gleichen, dennoch aber eine gute artiſtiſche Nummer, die von Boxer und
Pferd Erfagrung und Uebung verlangt und beſonders Intereſſe bei den
Freunden des Fauſtkampfſportes und der Dreſſur erregt. Die Kämpfer
ſind Altmeiſter Fritz Paetz und Hans Grimm, der Bruder des
Welter=
gewichtsmeiſters von Deutſchland, die ſich in ihrem neuen Metier gut
eingearbeitet haben und mit ihrer Nummer täglich vielen Beifall
er=
ringen.
Waſſerſport.
1. Juterne Regatta der Mannheimer Kanu=Geſellſchaft.
Für die Abhaltung ihrer erſten internen Regatta war der
Mann=
heimer Kanu=Geſeuſchaft (Verbandsverein des Deutſchen Kanu=
Verban=
des) ein prachtvoiler Derbſtſonntag beſchieden. Zum Leidweſen aller
Re=
gattateilnehmer aber wollte am Vormittag, an dem die Segelregatta auf
dem Altrhein ſtattfinden ſollte, kein Wind aufkommen, ſodaß die
Segel=
wettfahrt, für die Herr K. Nau vom Deutſchen Seglerverband das
Schiedsrichteramt übernommen hatte, nicht ausgetragen werden konnte.
Die Fahrt iſt deshaiß auf den nächſten Sonntag vormittag verlegt
wor=
den. Hoffentlich hat Gott Aeolus dann ein Einſehen und erſpart den
Seglern eine Fkautenfahrt. Unbeefuflußt von der Flautenſtimmung des
Vormittags konnte ſich das Hrugizrogramm am Nachmittag auf dem
Neckar abwickeln. Hier begünſtigte das klare Sportwetter die
Veranſtal=
tung ſehr weſentlich. Voy auswärtigen Vereinen waren anweſend der
Heidelberger Kanuverein, Frazkfurter Auderverein, Frankenthaler
Kanu=
klub, die Kanugeſellſchaft Necka== und als Vertreter des Oberrhein=
und Mainkreiſes des D.K.V. Miedizinglrat Dr. Schnell=Frankfurt.
In den Rennen der einzelnen Bootsgattungen (Kajak, Kanadier,
Faltboot) gab es heiße, oft bis zum Ziel anhaltende Bord=an=Bordkämpfe;
der gebotene Sport war deshalb vorzüglich und aufrichtiger
Bewun=
derung würdig. Der Einerkajak für Anfänger brachte einen
Ueber=
raſchungsſieg des jungen Baader. Den Doppelkajak für Dame und
Her=
gewann das Paar Frl, H. Kuhn—Grasmück, das als Favorit galt, leicht,
jedoch wurde wege=: P=Klnderung Proteſt erhoben. Im Einerkanadier,
den er beſtechen) hx ſuhr, holte ſich Becht die Klußmeiſterſchaft.
Ueberaus ſchrr) Lxü½ wurde das Rennen um die Klubmeiſterſchaft im
Einerkajak, das L=Fn ie Endſpurt kurz vor dem Ziel für ſich entſchied.
Im Doppelkajak 5 Kerren konnte die Mannſchaft Mees-Venner der
jungen Neckarg Kanzgsſellſchaft ihrem Frankfurter Sieg einen
zwei=
ten anreihen. Die Gäſte gewannen leicht mit einigen Längen. Im
Viererkanadier gingen 3. Boote der Mannheimer Kanugeſellſchaft auf
die Reiſe, von jeuei das Boot mit der Mannſchaft Becht-Briem-
Loh=
rer—Kipphan al2 erſtes mit drei Längen Vorſprung durchs Ziel ging.
Nachfolgend die Einzelergebniſſe: Einerkanadier für Anfänger: 1.
Blum 5,10, 2. W. H. Kuhn 5,18. — Einerkaiak für Anfänger: 1. Baade
2. Mattern, 3. Reichle. — Doppelkajak für Dame und Herr: 1. Frl. Hel.
Kuhn—Grasmück 3,50, 2. Frl. Grasmück-Lohrer 3,57. —
Doppelkana=
dier für Dame und Herr: 1. Frl. K. Bender—Becht 3,20. —
Doppel=
kajak für Herren über 32 Jahre: 1. Ziegler—Sigmann 3,24,2, 2. Reichle—
Hörz 3,25,2, 3. Buſch—Briem 3,27. — Doppelkajak, offen für alle
Mit=
glieder des D. K.V.: 1. L. Mees—F. Benner (K. G.=Neckarau) 3,47,2, 2.
Breßler—Traßer (K, Kl.=Frankenthal) 3,57. — Faltbootzweier für
Her=
ren: 1. Hiemann-Kipphan 4,20, 2. Bayer—Dünnbier 4,42. —
Einer=
kanadier, Meiſterſchaft der M.K.G.: 1. Becht 4,52, 2. Blum 5,53 (vom
Becht in großer Manier gefahren und gewonnen). — Einerkaiak,
Mei=
ſterſchaft der M. K.G.: 1. Lohrer 4/48, 2. Ziegler 4,49, 3. Tillenburg
4,51,2. (Bord=an=Bordkampf bis zum Ziel, das Lohrer mit einigen ſehr
ſchnellen Schlägen als Erſter paſſiert.) — Viererkanadier: r. Becht—
Briem-Lohrer-Kipphan 3,27, 2. Blum—A. Sigmann=Grasmück—
Rohrbacher 3,38,1.
Die Rennen wurden nach den Beſtimmungen des Deutſchen Kanu=
Verbandes gefahren. Die glückliche Löſung des Organiſationsapparates,
die ſtarke Beſucherzahl und der überall herrſchende frohe Sportgeiſt
haben der erſten internen Regatta der Mannheimer Kanu=Geſellſchaft zu
einem ſtarken Erfolg in der Oeffentlichkeit verholfen.
Tg.
B. Gernsheim, 1. Okt. Am 1. Oktober 1923 ſind es 36 Jahre daß
Herr Joh. Badersbach im heſſiſchen Dienſt ſtand als Brückenwärter.
Herr Badersbach wurde dieſe Woche wegen hohen Alters benſioniert
und wird am 1. Oktober 1923 in den Ruheſtand verſetzt. Seine erſte
Stelle war zirka 11 Jahre in Oppenheim (Rheinheſſen) und 25 Jahre
in Gernsheim an der fliegenden Brücke geweſen. Herr Badersbach wau
ein fleißiger und ſtrebſamer Beamter geweſen. Möge er noch lange
Jahre die wohlverdiente Ruhe genießen.
ur. Offenbach, 1. Okt. Dienſtjubiläum. Herr Geh.
Medizinal=
rat, Direktor Dr. Rebentiſch, kann heute auf eine 30jährige
Dienſt=
zeit im Städtiſchen Krankenhaus zurückblicken.
Mainz, 1. Okt. Domdekan Dr. Ludwig Bendix iſt im Alter
von 65 Jahren geſtorben. Am 28. Oktober 1857 in Mainz geboren,
gedachte er anfangs ſich der juriſtiſchen Laufbahn zu widmen und ſtudierte
in Bonn und Gießen Rechtswiſſenſchaft, legte die vorgeſchriebenen
Prü=
fungen, die er glänzend beſtand, ab und war noch eine Zeit praktiſch
tätig. Dan aber zog es ihn mit Gewalt zum Prieſtertum. Er ſtudierte
in Innsbruck und Eichſtätt Theologie und war unter der Schar der erſten
Alumnen, die am 1. Auguſt 1886 von Biſchof Paulus Leopold Haffner
die Prieſterweihe empfingen. Zuerſt war er in der Seelſorge tätig und
wirkte in Nieder=Olm, Bensheim, Gießen und Mainz. Am 30. Juli
1895 wurde er als Profeſſor des Kirchenrechts an das Mainzer
Prieſter=
ſeminar berufen, und dort bot ſich ihm ein weites Feld der Tätigkeit als
Lehrer und Berater. Die reichen Kenntniſſe als Profeſſor und Juriſt
und ſeine ausgedehnte Weltkenntnis boten Veranlaſſung, dieſe auch
für die Diözeſanverwaltung nutzbar zu machen; am 22. März 1901 wurde
er unter Biſchof Heinrich Brück ins Domkapitel berufen, in dem er
bin=
ſichtlich der Amtsjahre an zweiter Stelle ſtand. Man lernte bald ſein
Wirken, ſein bewundernswert raſches und ſicheres Urteil ſchätzen. Er
beſaß die Gabe, mit ſicherem Blick das Weſentliche und die Bedeutung
der an ihn herantretenden Fragen zu erkennen. Das trug auch dazu bei,
daß Biſchof Dr. Heinrich Kirſtein ihn als Vertreter in die Erſte
Stände=
kammer entſandte. Sein Takt, ſein juriſtiſches Wiſſen, ſeine bedeutende
Rednergabe verſchafften ihm dort bald eine ſehr angeſehene Stellung.
Zu Beginn des Jahres 1920 wurde Domkapitular Dr. Bendix zum.
Generalvikar ernannt, nachdem Generalvikar und Domdekan Dr. Selbſt
am 19. Dezember 1919 die Augen zur ewigen Nuhe geſchloſſen hatte.
Am Feſte Mariä Lichtmeß desſelben Jahres wurde Dr. Bendix vom
Domkapitel zum Domdekan gewählt. Eine bedeutende Perſönlichkeit iſt
mit ihm aus dem Leben geſchieden.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Die Einbrüche in die Weimarer Fürſtengrüfte.
Nach langwierigen Ermittlungen iſt es jetzt dem Kriminalkommiſſar
Dr. Bernsdorf mit ſeinen Beamten gelungen, jene gefährliche
Verbrecher=
bande dingfeſt zu machen, auf deren Konto eine ganze Reihe von
ſchwe=
ren Einbrüchen in Fürſtengrüfte kommen. So hat die Geſellſchaft u. a.
auch den Einbruch in die Gruft des Generalfeldmarſchalls v. Moltke auf
Gut Kreiſau in Schleſien und Mitte Mai dieſes Jahres in die
Fürſten=
aruft von Weimar, in der auch Schiller und Goethe ruhen, ausgeführt.
Mit außerordentlicher Frechheit und Rückſichtsloſigkeit gingen die
Ver=
brecher bei ihrem Einbruch in die Fürſtengruft in Weimar vor; ſie
nah=
men hier ihren Weg durch ein herausgebrochenes Fenſter, nachdem ſie
vorher vergeblich verſucht hatten, die Eingangstüre zur Kapelle der
Gruft zu erbrechen. Von der Kapelle nahmen ſie ihren Weg in die Gruft
durch einen Lichtſchacht, deſſen Verdeckung, eine ſtarke Glasplatte, ſie
herausbrachen. Ein unter der Decke befindliches Eiſenkreuz durchſägten
ſie mit einer Stahlſäge. Sie ließen ſich dann mit einem Seil in die Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”.
Gruft hinab. Dort erbrachen ſie gewaltſam den Sarg der Großfürſtin
Paulowna von Nußland ſowie den der verſtorbenen Großherzogin
Karo=
line von Sachſen, indem ſie die Holzdeckel der Särge abſchraubten und in
die Zinkſärge auf der Oberplatte je ein etwa 19 Zentimeetr langes und
40 Zentimeter breites Loch einſchnitten. Die Oeffnungen befanden ſich
in der Nähe der Halsgegend der Leichen. Sie beraubten ſodann die
Lei=
chen, ſtahlen aber außerdem auch noch aus der Kapelle drei Weihkeſſel in
Ampelform. Die Verbrecher waren auf Rädern nach der Gruft gefahren,
hatten dieſe aber vorher in einem Flußbett verſteckt. Heller Mondſchein
begünſtigte ihre Arbeit, ſo daß ſie von den mitgebrachten Blendlaternen
nur wenig Gebrauch machen mußten. Die Bande, die geſtändig iſt, wollte
jetzt die Leichen der Fürſten und Dichter ihrer Kleidung berauben und
dieſe nach Amerika verkaufen, wo ſie öffentlich ausgeſtellt werden ſollten.
Die Zentrale der Verbrecherbande befand ſich in der Wohnung des einen
Mitgliedes, des Glaſers Otto Hecker, in der Köpenicker Straße 44.
An=
führer der Bande war ein alter Zuchthäusler, Franz Wuttke. Den
Kri=
minalbeamten gelang es, jetzt, die ganze Bande zu ermitteln und
feſtzu=
nehmen. In ihrem Beſitz wurde außer einem ſehr feinen Handwerkszeug
ein Almanach gefunden, in dem auch die Fürſtengrüfte verzeichnet waren.
Außer Einbrüchen dieſer Art hat die Geſellſchaft aber auch noch andere
ſchwere Naubzüge auf dem Kerbholz. So iſt es mit Unterſtützung der
Stuttgarter Kriminalpolizei gelungen der Bande den ſchweren
Raub=
überfall in dem Telephon=Apparate=Baugeſchäft von Meißner in der
Muskauer Straße nachzuweiſen. Die Verbrecher wurden damals von
einem Inhaber überraſcht, von dieſem aber kurz entſchloſſen gepackt und
gefeſſelt.
K
An unſere verehrlichen Leſer!
Unſere Trägerinnen ſind mit dem Ein=
holen des Bezugsgeldes beſchäftigt. Wir bitten
den Betrag bereit zu halten, damit die Frauen
nicht mehrmals vorſprechen müſſen und
da=
durch die Abrechnungen verzögern. (7709mdr
P
Der Verlag des „Darmſtädter Tagblatt”.
iſt bis auf weiteres anf 22 Millionen für das
(7726
Pfund feſtgeſetzt.
Bereinigung des Darmſtädter Einzelhandels.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 9½ Uhy
(B 3): „Lobetanz”; Kleines Haus geſchloſſen. — Union=, Reſidenz=,
Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Mittwoch, den 3. Oktober.
Wolkig, kühl, trocken, nordweſtliche Winde.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteili
J. V. A. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Mittooch, den 3. Oktober 1: 23.
Rummer 273.
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
52)
„Sprechen Sie nur gerade heraus,” ſagte ſie. „Sie wollter
vielleicht ſagen, daß .. daß ich etwas verjüngt ausſehe?”
„Ja, Madame, mehr als etwas,” ſagte er, aber brach ab,
ängſtlich, ſie durch allzu großen Eifer zu verletzen.
Sie lächelte wieder.
„Es iſt nicht ſo wunderlich, wenn Sie das bemerken,” ſagte
ſie. — „Ich habe eben eine Teintkur durchgemacht, ſehen Sie, und
die Behandlung iſt heute zu Ende.”
Sie ſah ſo vollkommen glaubwürdig aus, als ſie dieſe
phäno=
menale Lüge vorbrachte, daß der Großherzo ſich verbeugte.
„Ihre Kur hat einen wunderbaren Effekt gehabt, Madame;
Sie ſind um zwanzig Jahre jünger. Darf ich fragen, wie Mr.
Pelotard ſich befindet?
„Danke, gut, glaube ich.” Ihr Ton war ausweichend, bei
nahe kurz.
„Sie haben ſich erſt in letzter Minute, entſchloſſen, ihn zu
begleiten?
„Ja .. in letzter Minute . . ſeine Abreiſe kam ja ſo
plötzlich.”
„Ein, Korreſpondent wie Ihr Mann muß natürlich jeden
Augenblick bereit ſein, zu ſtarten. Darf ich fragen, für welche
Zeitung Ihr Mann ſchreibt?”
„Zeitung . .. ich weiß nicht .. ich glaube . ach ja, für
den „Financial Leader”!"
„Financial Leader” wiederholte er verſtändnislos mit
großen Augen. „Für ein Börſenblatt?”
„Nun ja ... das heißt, auch für andere . . . für ein
Syn=
dikat.‟ Die angebliche Madame Pelotard verwirrte ſich im
Sprechen immer mehr und mehr. Der Name „Financial Leader
tuar ihr plötzlich vom Frühſtück vor zwei Tagen wieder
einge=
fallen, und ſie hatte danach gegriffen wie ein Ertrinkender nach
dem Strohhalm, ohne daran zu denken, daß es eine
Börſen=
zeitung war und daß ſolche gewöhnlich keine
Kriegskorreſpon=
denten entſenden. Sie errötete und warf einen halb entſchul
digenden, forſchenden Blick auf den Großherzog. Dieſer wußte
nicht, was er glauben ſollte, und ſchwieg. Der „Financial
Lea=
der”! Ein Syndikat! Sie ſchien ja gar nicht zu wiſſen, für
wel=
ches Blatt ihr Mann ſchrieb! Die kleine Szene wurde von dem
alten Senjor Paqueno unterbrochen, der plötzlich aufſtand und
mit einer gemurmelten Entſchuldigung ſo raſch über das Deck
enteilte, als ſeine Beine ihn tragen wollten. Der Großherzog
konnte nicht umhin, zu lächeln, aber Madame Pelotard
betrach=
tete ihn mißbilligend und warf dem alten Finanzminiſter, der
jetzt die Treppe hinunter verſchwand, einen mitleidigen Blick
nach.
„Armer Senjor Eſteban,” ſagte ſie. „Der wünſcht wohl, daß
wir ſchon in Minorca wären!
„Sie haben recht, Madame, Umwälzungen auf feſtem Lande
erſchrecken ihn weniger als zu Waſſer. Augenblicklich ſehnt er
ſich ſogar nach Minorca.”
„Augenblicklich? Sonſt nicht?”
„Sonſt iſt es ſein Traum, in Barcelona ins Kloſter zu
gehen.”
„Ins Kloſter gehen, wie ſeltſam! Iſt er denn Mönch?”
„Nein, er iſt Finan .." er war viele Jahre beim
Groß=
herzog von Minorca angeſtellt.
„Beim Großherzog! Was Sie ſagen! Da kennt er alſo den
Großherzog? Sie auch — kennen Sie ihn auch?”
Er betrachtete ſie erſtaunt; ihr Ton war ja voll Eifer.
„Den Großherzog? Ja, gewiß, Madame, er iſt einer meiner
beſten Freunde.
„Don Ronald, nicht wahr?”
„Ramon, Madame. Der arme Don Ramon! Der hat jetzt
nichts zu lachen!
„Ja, der arme, arme Don Ramon! Ich bedaure ihn, ich
bedaure ihn ſo ſehr! Aber ſagen Sie, Sie glauben . . . Sie
glauben doch nicht, daß ihm etwas, zugeſtoßen iſt? Daß er von
dieſen Schurken ermordet worden iſt?”
„Tja, Madame, das iſt ſchwer zu ſagen. Man weiß ja nicht,
wie weit das unterdrückte Volk gegangen iſt. Vielleicht haben
ſie ihre jahrhundertelangen Verunrechtungen durch einen
Stilett=
ſtoß quittiert . . . Sie haben ja geleſen, was die Zeitungen
darüber ſagten? Es iſt zu hoffen, daß man Milds walten ließ,
aber wäre das Gegenteil der Fall, ſo könnten wir dem Volk
nicht allzu unrecht geben, war eine der Bemerkungen, die ich las.”
„Die Zeitungen! Die Zeitungen!” Sie ſprang, rot vor
Erregung, auf. — „Was frage ich nach den Zeitungen? Daheim
in meinem Lande . . . Ich finde, ſie ſchreiben entfetzlich,
ge=
wiſſenlos! Hat man Don Ronald ermordet, ſo müßr Europa
ganz Minorca in Trümmer ſchießen!“
„Madame, Madame, Sie ſind ja rohaliſtiſcher als der König
ſelbſt! Don Ramon, den Sie beharrlich Ronald nennen, war
ſchließlich ein fauler Müßiggänger, ein Paraſit ſeines armen
Volkes, und . . .
„Kein Wort weiter! Er war ein feiner und edler Mann,
davon bin ich überzeugt, und wenn er ſein Leben lang vom
Unglück verfolgt wurde, ſo müſſen wir ihn bedauern und nicht
ihn noch verleumden, wie die elenden Zeitungen. Sie, der Sie
Familiennachrichten
Rl Staanes Haage.
angekommen
Wilhelm Kiel
u. Frau, geb. Jung
Wr )
T Die Geburt eines
AP prächtigen Mädels
zei-
gen hocherfreut an
Georg Ahl und Frau
geb. Michol
(*25907
Aus den Amtsverkündigungen des Kreisamts
Darmſtadt und den Bekanntmachungen des
Polizeiamts Darmſtadt.
Gefunden: 1 Kinderſchirm ohne Griff,
492000 Mk. 1 kleines Portemonnaie mit
über 300 000 Mk. 1 gelber Ring (Art
Trau=
ring). 1 Damenhandtaſche mit über 4 Mill.
Mark. 1 Zehnmillionenſchein. 1
Meter=
ſtab. 1 Körbchen, weißgelb, mit Handſchuh
uſw. 1 rotes Geldſcheinmäppchen 1
maus=
grauer Stoffmantelgürtel. 1 brauner
Kin=
derſchuh. 1 buntgeblümte Muſſelinebluſe.
1 neues Taſchentuch, gez. 1720 Mk. 1
ver=
nickelter Doppelſchlüſſel. 1 Dolchmeſſer mit
Scheide. 1 ſilberne vergoldete Nadel mit
Brillant, 1 roter Ball. Eine Anzahl
Schlüſſel. — Zugelaufen: 1 junger ſchw
Hund. 1 deutſcher Schäferhund. 1brauner
Dackel. 1 kleiner gelber Hund. 1 Wolfs
hund, ſchwarzegelb.
Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es
gefallen, am 1. Oktober 1923
mei=
nen innigſtgeliebten, herzensguter
Gatten, unſeren lieben Vater,
Schwiegerväter, Großoater,
Schwa=
ger und Onkel
Bhilit
Göni
Kopnn
Deiin Phnpp Schsaig
im Alter von 65 Jahren plötzlich
und unerwartet infolge eines
Herz=
ſchlages in ein beſſeres Jenſeits
abzuberufen.
Im Namen
der tieftrauernden Hinterbliebenen:
Marie Schönig
Familie Georg Romig
Familie Theod. Wichardt.
Darmſtadt, 2. Oktober 1923.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
den 3. ds. Mts., um 2 Uhr, vom
Trauerhauſe, Arheilgerſtr. 140, und
um 3 Uhr vom Gaſthaus z. Löwer
iu Arheilgen aus ſtatt. (*25919
Heute Nacht 12 Uhr entſchlief
plötzlich und unerwartet unſere
liebe, unvergeßliche, herzensgute
Mutter, Großmutter und
Ur=
großmutter
Frau
geb. Wolff
im 88. Lebensjahre.
Die trauernden Kinterbliebenen:
Margarete Dintelmann, geb. Vogel
Carl Dintelmann
Oberförſter Carl Dintelmann
Margarete Nahm, geb. Dintelmann
Tilla Dintelmann, geb. Friedrich
Auguſt Rahm
Chriſta=Marle Ziutelmann.
Heubach, 1. Oktober 1923.
Die Beerdigung findet ſtatt:
Donnerstag, den 4. Oktober,
mittags 1 Uhr. (*25923
Hundeſteuer.
Auf die Bekanntmachung, betr. die
Erhebung einer nachträglichen Hunde= die Geſchſt. (*25894
ſtener, die ich in den bekannten
Aus=
hängekäſten anſchlagen ließ, weiſe id
hiermit hin.
(st7710
Darmſtadt, den 1. Okt. 1923
Der Oberbürgermeiſter.
Vom 1. d8. Mts. ab iſt die Kaſſe
der ſtädt. Betriebe von der
Stadt=
kaſſe abgetrennt und in dem
Dienſtge=
bäude Frankfurterſtr. 69 (Schlachthof
untergebracht. Zahlungen für Gas= u.
Waſſerwerk, Schlachthof,
Hallen=
ſchwimmbad und Kreisabdecherei
ſind für die Folge nicht mehr an die
Stadtkaſſe, ſondern an die vorgenannte
Kaſſenſtelle zu leiſten oder zu
über=
weiſen. In dem Stadtbüro,
Wald=
ſtraße 6, iſt eine Zahlſtelle eingerichtet, nimmt, kann in feiner
die alle Zahlungen für unſere Betriebe
(st7720
entgegennimmt.
Darmſtadt, den 2. Okt. 1923.
Direktion der ſtädt. Betriebe.
Gewerbe= und
Untermieterkohlen.
Für Gewerbebetriebe wird auf die
ſeitherige grüne Kohlenausweiskarte,
ebenſo für Untermieter gegen Vorlage
der Untermieter=Ausweiskarte und des
Lebensmittelausweiſes auf Zimmer 9
der Kohlenausgleichſtelle eine Rate zum
Bezuge von Brennſtoff freigegeben.
Darmſtadt, den 1. Okt. 1923. (st7719
Städt, Kohlenausgleichſtelle.
einer Laden=Einrichtung
Donnerstag, 4. Oktober ds. Js.
vorm. 9:/, Uhr beginnend, verſteigere
ich auf Antrag in dem Hauſe
2 Ludwigsplatz 2
gegen Barzahlung:
1 mehrteil. Glasſchrank mit
Kriſtall=
ſcheiben, 1 Glaseckſchrank, 2 gr. Theken,
teilweiſe mit Schubladen und
Glas=
aufſätzen, Ladenregale und Lagerkaſten
ſowie ſonſt. Kleinkram.
Darmſtadt, den 3. Oktober 1923.
Raab
z25ois) — Amtsgerichtstarator.
Bekanntmachung.
Wir bringen hiermit zur allgemeinen
Kenntnis, daß am 3. ds. Mts. eine
Straßen=
bahntarif=Erhöhung in Kraft tritt. Die
genauen Fahrpreiſe und ſonſtigen
Be=
dingungen ſind in den
Straßenbahn=
wagen, in unſeren Kaſſen ſowie im
Ver=
kehrshäuschen, zur allgemeinen
Einſicht=
nahme ausgehängt. Weitere
Tariferhöh=
ungen werden künftig nur noch an dieſen
Aushangſtellen bekanntgegeben. (*25934
Darmſtadt, den 2. Okt. 1923.
Heſſ. Eiſenbahn=A.=G.
Eine tücht., abſolut
Fräulein
bew. in Stenographie zuverläſſige, ſaubere
u. Maſch.=Schreiben,
Frau
ſucht per ſofort
Stel=
lung auf Büro oder z. Waſchen u. Putzen
Lager. Kenntniſſe in 2mal wöchentlich geſ
Frau HildegardDingelder
der Eiſenbranche.
Angeb. unt. S 19 an / Heinrichſtr. 33, I. (*25951
Heller Damen=
Wintermantel (Gr
46-48) zu verk. Näh.
Geſchäftsſt. (*25889
Himbeer= u.
Stachel=
beer=Sträucher zu
verkauf.
Schießhaus=
ſtraße 65, I. (*25826
Entlaufen
deutſche Boxerhündin,
Farbe gelb m. weißer
Bruſt und weißer
Vorderpfote
Wieder=
bringer hohe
Beloh=
nung. Darmſtädter,
Soderſtr. 6½, (7722
Ke
Weiblich
(Baherin), 17 J.,
Stellung bis 15. Okt.
vd. ſpät. Angeb. unt
S 34 Geſchſt. (*2595= ,
Ke
Weiblich Perfekte
Stenotypiſtin
per ſofort geſ. An=
geb. mit Gehaltsan=
ſprüchen u. S 36 an
die Geſchſt. (*25956 Mädchen, das 2 Std.
Hausarbeit über=
Damenkonfekiton die
Schneiderei erlerne
Kaupſtr. 41, III. (*-aue Maſchinen=
ſtopferin
ſowie eine Flickfrau
geſ. Näh. Grafenſtr.
Nr. 18, pr. (*25930 Wef
Namat
Baulen
die gut ſtricken können,
bei höchſter Bezahlg
geſ. Neue Niederſtr. 21. Laufmädchen
oder Junge für
Blumengeſchäft Müller,
Ernſt=Ludwigsplatz ſof
Krßé
geſucht. Suche ſofort tüchtig
Alleinmädchen
bei höchſtem Lohn. kampf.
2 Erwachſene u. Kind.
Frau Dr. Kleinſchmidt
Oſannſtr. 38. (*25911 Lauffrau geſ. (25906
Schuchardſtr. 9, 1. St. m. gut. Zeugn. geſ
Roquetteweg 8. (*26905 Ordent=
liches Mädchen
oder Frau, welches
kochen kann, zu kin=
derloſem Ehepaar bis
nachm. geſucht. Näh.
Geſchäftsſt. (*25959 Empfangsfräuf
(*25893
fucht ſofort
Zahnarzt Heuß
Rheinſtraße 17. Laufmädchen
bis nach dem Spülen evtl. mit Kammer,
(*25902
geſucht
Putzfrau
für täglich Büro und
Laden geſ. Rinner,
Rheinſtr. 30, pt. (*278
Geſucht möglichſt
bald beſſ. Mädchen
mit Zeugn. zu 3 Erw.,
Hausarbeit., Nähen,
Bügeln. Hoher Lohn.
Näh. Gſchſt. (*25887
Männlich
ihn kennen, und ſagen, daß er Ihr Freund iſt, ſollten mir recht
geben, anſtatt es mit jenen zu halten.”
„Mon Dieu, Madame, ich gebe Ihnen gerne in allem
Mög=
lichen recht. Wie geſagt, er war ja mein Freund, und er hatte
ja auch manche gute Eigenſchaften. Er ſetzte mir oft einen
vor=
trefflichen Kognak vor, und . . ."
„Sie ſind abſcheulich,” rief ſie, „abſcheulich! Setzte Ihnen
Kognak vor! Und hatte gute Eigenſchaften, war Ihr Freund
warum ſprechen Sie ſo? Das iſt ja ganz, als ob Sie glaubten,
daß er . . . daß er tot iſt.”
„Madame, ein abgeſetzter Fürſt iſt ſo gut wie tot.”
„Ein abgeſetzter Fürſt! Er iſt alſo nicht mehr Ihr Freund
weil er nicht regiert und Ihnen keinen Kognak vorſetzen kann!
Das iſt ſchön! Das iſt wirklich ſchön!“
„Ach Madame . . .
„Dann ſind Sie nichts anderes geweſen als ein
Augen=
diener! Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. So ſehen Sie
nicht aus. Ich begann ſchon ſeiner Freude wegen, gut von Don
Raonl zu denken, als Sie vorhin ſagten, daß Sie ſein Freund
ſind
Langſam umſchiffte der „Storch” den Molo und lief mit
halber Maſchine in den Hafen ein; er war ganz leer bis auf die
Möwen, die bei ſeiner Ankunft kreiſchend aufflatterten.
Dann warf der „Storch” die Anker aus, und einige Zeitz
lang hatte es den Anſchein, als ſollte ſich nichts ereignen.
Plötzlich ſchoß jedoch ein Boot aus dem inneren Teile des
Hafens und näherte ſich raſch der kleinen Jacht.
Es wurde von einem Hafenbootsmann gerudert und
ent=
hielt außer dieſem zwei Herren, die uniformiert und reich mit
Treſſen geſchmückt waren. Um den linken Rockärmel trugen ſie
eine weiße Binde.
Auf dem Deck der Jacht war nur Profeſſor Pelotard, ſeine
Gattin und der Kapitän zu ſehen. Als man in Sicht von
Ma=
hon gekommen war, hatte Philipp den Grafen von Punta
Her=
moſa und deſſen Freund beiſeite genommen und geſagt:
„Meine Herren, es iſt meine Anſicht, in der Hauptſtadt ſelbft
zu landen. Ich bin da unbekannt und glaube, daß ich es tun
kann. Aber wenn ich mich nicht irre, waren Sie doch ſchon
früher dort? Und haben da Grundbeſitz?”
„Ganz richtig.”
„Dann fände ich es klug, ja, das einzig Kluge, daß Sie
un=
ſichtbar bleiben, bis ich mich überzeugen kann, wie die Dinge
ſtehen. Ihr Erſcheinen könnte vielleicht Anlaß zu
Gewalttätig=
keiten von Seiten der Aufſtändiſchen geben ... man weiß
ja nie!"
„Sie haben recht,” ſagte der Graf.
„Wir, werden es ſo.
machen, wie Sie ſagen."
(Fortſetzung folgt.)
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3. Oftober 1923 Nr. 273
Handelsblatt
Der Außenhandel der Vereinigten Staaten
mit Europa im Fiskaljahr 1922/23.
Von
O. P. Auſtin, Newyork.
(F. P. S.) Die Vorausſage, daß die europäiſchen Staaten
Amerika nur geringe Warenmengen als Gegenleiſtung für deſſen
Ausfuhr in Nahrungsmitteln und Rohſtoffen zu bieten haben
würden, hat ſich, nachdem die amulichen Statiſtiken über den
Außenhandel um letzten Fiskaljahr (bis 30. Juni) von
Waſhing=
ton veröffentlicht worden ſind, als ungerechtfertigt erwieſen. Wie
dieſe ausweiſen, iſt dem Wert nach die Einfuhr dieſes Jahres
größer geweſen alls die jedes anderen Fiskaljahres, mit
Aus=
nahme von 1919/20, demgegenüber ſie un nur 2 Prozent
zurück=
ſteht. Die Geſamteinfuhr an Waren während des letzten
Fiskal=
jahres hatte einen Wert von 1.162 Mill. Dollar gegen 1.179 Mill.
Dollar im Jahre 1919/20 und war dem Werte nach um 40 Proz.
größer als im Vorjahr und um 30 Proz. größer als im letzten
Vorkriegsjahr 1913/14. Hingegen iſt die Vermutung eingetroffen,
daß der Bedarf Europas an amerikaniſchen Nahrungs= und
Roh=
ſtoffen nicht mehr ſo erheblich ſein würde wie in den Vorjahren;
der Geſgnntexport der Union dorthin weiſt nämlich trotz der leicht
geſtiegenen Preiſe tvertnäßig einen Rückgang auf, und zwar von
2068 000 000 Dollar im Vorjahr auf 2035 000 000 Dollar, gegen
3 408 000 000 Dollar und 7 864 000 000 Dollar in den Fiskaljahren
1920/21 und 1919/20.
Die verhältnismäßig ſtarke Zunahme der amerikaniſchen
Einfuhr aus Europa um 40 Proz. bezieht ſich zum größeren Deil
auf die Einfuhr aus den Ländern des europäiſchen Nordweſtens,
Großbritannien, Belgien, Holland, Deutſchland und den
Fkandi=
naviſchen Ländern, die gegenüber dem Vorjahr um 56 Proz.
ge=
ſtiegen ſind gegen eine nur 15 prozentige Steigerung der Einfuhr
aus dem übrigen Europa. In welchen Erzeugniſſen die Eimfuhr
ain ſtärkſten zugenoſnmen hat, läßt ſich, da die Summen für das
geſamte Fisballjahr noch nicht vorliegen, etwa entnehmen aus
einem Vergleich der elf Monate des letzten Fiskaljahres (bis
Mai 1923 alſo) mit den entſprechenden Monaten des
voran=
gegangenen Jahres; dabei ergibt ſich merkwürdigerweiſe, daß
die verſtärkte Zufuhr, ſich hauptſächlich auf Erzeugmiſſe nicht
eigentlich europäiſcher Provenienz bezieht, für die Europa alſo
nur als Umſchlag= und Stapelplatz dient, nämlich Kautſchuk,
Häurte und Felle und Wolle. An Kautſchuk z. B. erhielten in
den genannten elf Monaten die Vereinigden Staaten aus Europa
für 21 Mill. Dollar gegen 14 Mill. Dollar in den gleichen Monaten
des Vorjahres; an Häuten und Fellen, die auch größtenteils erſt
aus anderen Erdteilen nach Europa gekommen ſind, ſür 25 Mill.
Dollar gegen 9 Mill. Dollar; an Tee für faſt 5 Mill. Dollar gegen
etwas über 2½ Mill. Dollar; an Wolle für 42 Mill. Dollar gegen
15 Mill. Dollar; an Diamanten und ſonſtigen Edelſieinen für
60 Mill. Dollar gegen 35 Mill. Dollar und an Nohſeide (
größten=
teils aus Italien und Frankreich) für 18 amſtatt für 10 Mill.
Dollar in der gleichen Zeit des Vorjahres.
Dieſer verſtärkten Einfuhr der Vereinigten Staaten aus
Eunopa ſteht eine Ausfuhr gegenüber, die ſich hauptſächlich
zu=
ammenſetzt aus Nahrungsmitteln (Getreide und Fleiſch),
Mine=
ralölen und überraſchenderweiſe auch aus Autamobillen, für die
Europa trotz ſeiner durchſchnittlichen ſchlechten Kaufkraft ſtark als
Abnehmer auftritt. Die Getreideausfuhr nach Europa iſt ſtark
zurückgegangen, die Flleiſchausfuhr faſt gleich ſtark geſtiegen;
ebenfalls geſtiegen iſt die Ausfuhr an Mineralölen. An
Auto=
mobilen (Perſowenwagen) gingen in den elf Monaten Eis
ein=
ſchließlich Mai nach dem Vereinigten Königreich 7003 Stück gegen
1891 in der gleichen Zeit des Vorjahres, nach Belgien 5179 geyen
1749, nach Dänemark 1441 gegen 208, nach Norwegen 2457 gegen
742, nach Schweden 3713 gegen 1643 und nach Spamien 4578
gegen 539; dagegen iſt nach Deutſchland und Frankreich die
Aus=
fuhr an Automobilen nicht nennenswert.
Handel und Wandel in Heſſen.
* Union, Handelsgeſellſchaft A.=G., Darmſtadt.
Unter Führung der Immobilienkommiſſion G. m. b. H., Darmſtadt,
wurde die Aktiengeſellſchaft Union, Handelsgeſellſchaft in Darmſtadt,
er=
richtet. Das Stammkapital beträgt 1,5 Milliarden. Die Geſellſchaft
be=
faßt ſich mit Finanzierungen und Vermittelung von Handelsgeſchäften.
Im Aufſichtsrat: Bankier Jakob Guthmann, i. Fa. Nauheim u. Co.,
Darmſtadt, Rechtsanwalt Dr. Rudolf Breuer II., Düſſeldorf, Oberſtlt.
a. D. Hans Rogalla von Bieberſtein, Darmſtadt, Rechtsanwalt und
Notar Th. Kleinſchmidt, Darmſtadt. Im Vorſtand: Kaufmann Erich
Deku, Darmſtadt. Die Geſellſchaft errichtet eine beſondere Abteilung
für Steuerberatung, deren Leitung Oberbürgermeiſter Mangold (früher
Saarbrücken) übernommen hat.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. A.=G. für Eiſen= und Broncegießerei, vorm. Karl
Flink in Mannheim. Die außerordentliche Generalverſammlung
unter Vorſitz von Bankier Goldſchmidt genehmigte die Erhöhung des
Grundkapitals um 20 Mill. Mk. durch Ausgabe von Inhaberaktien
2 5000 und 1000 Mk. nominal. Die neuen Aktien werden von einem
Konſortium, beſtehend aus dem Bankhaus Marx u. Goldſchmidt und
dem Bankier Th. Kronenberger=Mainz, zu 50 000 Prozent übernommen,
wovon den alten Aktionären 7½ Mill. Mk. im Verhältnis von 2:1 zum
Kurſe von 60 000 Prozent angeboten und die reſtlichen 12½ Mill. Mk.
im Intereſſe der Geſellſchaft verwertet werden. Die Kapitalserhöhung
erfolgte zur Stärkung der Betriebsmittel für die teuer werdenden
Roh=
materialien.
h. Aguila, A.=G., für Handels= und
Induſtrieunter=
nehmungen, Frankfurt a. M. In der ordentlichen
General=
verſammlung wurde entgegen dem Vorſchlag des Vorſtandes beſchloſſen,
nur die 6proz. Dividende auf die Vorzugsaktien auszuſchütten und die
400proz. Dividende auf die Stammaktien nicht zu verteilen, ſondern mit
dem verbleibenden Reingewinn auf neue Rechnung vorzutragen, da die
Tochtergeſellſchaften immer weitere Anſprüche ſtellen. Ferner wurde
Kapitalsverdoppelung von 60 auf 120 Mill. Mk. durch Ausgabe von
55½ Mill. Mk. neuen Aktien Serie A, und 4½ Mill. Mk. Serie B mit
5fachem Stimmrecht zum Kurſe von 110 Proz. beſchloſſen. Die Feſtſetzung
der Modalitäten der Kapitalserhöhung wurden dem Vorſtand und
Auf=
ſichtsratsvorſitzenden übertragen. Neu in den Aufſichtsrat wurden
ge=
wählt die Herren A. von Back=Begavar=Berlin, Guſtav Schlieper von
der Diskontogeſellſchaft Berlin, Karl Müller=Amſterdam und Direktor
Jakob Rothſchild=Düſſeldorf.
Fafnir=Werke A.=G., Aachener
Stahlwaren=
fabrik, Aachen. Die Geſellſchaft plante im Auguſt Erhöhung des
Aktienkapitals; doch wurde der Antrag der Verwaltung auf
Kapitals=
erhöhung um Mk. 16 Mill. zurückgenommen mit der Begründung, daß
die Einberufung der G.=V. infolge der derzeitigen Verhältniſſe ſich nicht
ermöglichen laſſe. Die Verwaltung behielt ſich damals vor, zur
ge=
gebenen Zeit einen neuen Kapitalserhöhungsantrag zu ſtellen. Von
an=
ſcheinend gut unterrichteter Seite wird mitgeteilt, daß neue
Verhand=
lungen über eine derartige Transaktion nicht ſchweben, dagegen in
ab=
ſehbarer Zeit mit einer Erhöhung in größerem Umfang gerechnet
wer=
den kann. Das derzeitige Aktienkapital beträgt Mk. 25 Mill. Der Sitz
der Geſellſchaft liegt im beſetzten Gebiet. Ueber den Geſchäftsgang des
Unternehmens werden keinerlei Meldungen gemacht.
Gehe u. Co. A.=G., Dresden. Die Geſellſchaft teilt unter
Berufung auf die letzthin verbreiteten Meldungen über eine
Intereſſen=
gemeinſchaft mit dem Auſſiger Verein für chemiſche Produktion mit,
daß die Firma Gehe u. Co.=Auſſig ein ſelbſtändiges tſchecho=flowakiſches
Unternehmen iſt und daß zwiſchen der Dresdener Gehe u. Co. und dem
Auſſiger Verein keine direkten Beziehungen beſtehen. Offenſichtlich
handele es ſich um eine Intereſſengemeinſchaft zwiſchen der Auſſiger
Geſellſchaft und nicht um die Muttergeſellſchaft in Dresden.
wb. Die Preſſeabgabe aus der Warenausfuhr.
Die Geldentwertung in der letzten Zeit hat zur Folge gehabt, daß die
Rüickvergütungsmarken für die Preſſe, die auf den Ausführerklärungen
zu verwenden ſind, nicht bei allen Poſtanſtalten in ausreichenden
Men=
gen zum Verkauf bereit gehalten werden konnten. Deswegen wird
er=
neut darauf hingewieſen, daß, ſoweit Marken nicht zu erlangen ſind,
das Dopelſtückverfahren anzuwenden iſt (§ 2 der Bekanntmachung über
die Verwendung von Rückvergütungsmarken für die deutſche
Preſſe vom
7. Oktober 1922, Reichsanzeiger Nr. 230 vom 12. Oktober 1922). Danach
iſt die Preſſeabgabe vor Abſendung der Ware an die
Rückvergütungs=
kaſſe für die deutſche Preſſe, Berlin SW. 68, Zimmerſtr. 92/93,
einzu=
ſenden. Auf dem Hauptſtück und einem Doppelſtück der
Ausfuhrerklä=
rung iſt zu vermerken: „Preſſeabgabe in Höhe von . . . . Mk. entrichtet.
Der eingezahlte Betrag iſt dabei anzugeben und unterſchriftlich zu
be=
ſcheinigen. Die Abfertigungsſtellen haben neben dem Vermerk auf der
Ausfuhrerklärung und dem Doppelſtück ihren Dienſtſtempel
anzubrin=
gen und das Doppelſtück an die Rückvergütungskaſſe einzuſenden.
* Elektro=Osmoſe A.=G. Die Geſellſchaft plant auf der
zum 16. Oktober einberufenen G.=V. Kapitalserhöhung auf 100 Mill. Mk.
* Ernemann=Werke A.=G., Dresden. Die Geſellſchaft
verteilt für das abgelaufene Geſchäftsjahr eine Dividende von 60
Pro=
zent. Die Bilanz per 31. Dezember 1922 weiſt folgende Zahlen auf:
Grundſtücke 572000 Mk., Gebäude 2140000 Mk., Neubau 32556000
Mark, Betriebsmaſchinen, Dampfanlagen, elektriſche Anlagen und
Ein=
richtungsgegenſtände ſtehen mit dem Mindeſtwert zu Buche.
Außen=
ſtände einſchließlich Bankguthaben werden mit 381 946 204 Mk.
ausge=
wieſen, Hypotheken mit 565 000 Mr., Wechſel mit 3 392 118 Mk., Kaſſe
nit 1478 389 Mk., Rohmaterialien mit 23 132555 Mk., halbfertige
ren mit 62 796 064 Mk., fertige Waren und Handelsartikel mit
31 592 385 Mk., insgeſamt 117 521 004 Mk. Das Aktienkapital beziffert
ſich auf 22,5 Mill. Mk. nebſt Vorzugsaktien 1 600 000 Mk. Die
geſetz=
liche Rücklage erfuhr durch das Agio der neuen Kapitalserhöhung eine
Zunahme von 11 Mill. Mk. und beziffert ſich ſomit auf 20 Mill. Mk.,
außerordentliche Rücklagen 750 000 Mk., Rückſtellungen auf Neubauten
35 Mill. Mk., Rückſtellungen für Steuern und Löhne 95 107 063 Mk.,
Kreditoyen hatten 335.522 432 Mk. zu fordern, Sicherſtellungen für
aus=
wärtige Lager betrugen 4 577 474 Mk., Teilſchuldverſchreibungen 3 Mill.
Mark, Heinrich=Ernemann=Stiftung 604 562 Mk., nicht erhobene
Divi=
dende 36 855 Mk. und Teilſchuldverſchreibungszinſen 44 302 Mk. Die
Gewinn= und Verluſtrechnung zeigt folgendes Bild: Vortrag aus 19=
313 697 Mk., Fabrikationsüberſchuß 193 464 645 Mk., insgeſamt
198 778 342 Mk. Handlungunkoſten nebſt Steuern und allgemeinen
Ab=
gaben erforderten 156 111 121 Mk., Abſchreibungen 16 738 591 Mk., ſo
daß ein Reingewinn in Höhe von 20 928 630 M7k. verbleibt.
* Sächſiſche Webſtuhlfabrik L. Schönherr
Chem=
nitz. Für das abgelaufene Geſchäftsjahr verteilte die Geſellſchaft eine
Dividende von 600 Proz. In der Bilanz per 31. März 23 erſcheinen
Grundſtücke mit Mk. 274 000, Gebäude enit Mk. 9 Mill., Hilfsmaſchinen
und Werkzeuge mit Mk. 1 Mill., Kraft=, Heizungs= und
Beleuchtungs=
anlagen mit Mk. 1 Mill. Fabrikations= und Betriebsmaterialien und
Erzeugniſſe mit Mk. 1282 589,840, Wertpapiere mit Mk. 4 887 637,
Kaſſe mit Mk. 31 340 557, Wechſel mit Mk. 374 835 000, Außenſtände
einſchließlich Mk. 1 727 263 320, Bankguthaben mit Mk. 2858 161 148.
Das Aktienkapital ſetzt ſich zuſammen aus Mk. 30 Mill. Stamm= und
Mk. 1,4 Mill. Vorzugsaktien. Die geſetzliche Rücklage erhöhte ſich durch
das Aufgeld der Kapitalserhöhung um Mk. 16 287000 auf Mk.
19 207 000, eine Wertminderungsrücklage mit Mk. 3 Mill., ein
Er=
neuerungsfonds mit Mk. 2 Mill. und eine Dividendenrücklage wurde
mit Mk. 1,2 Mill. ausgewieſen. Uebergangsrechnung (Rückſtellung für
Löhne, Steuern uſw.) beziffert ſich auf Mk. 158 885 900, Rücklagen für
Wohlfahrtseinrichtungen auf Mk. 400 000, Rücklage für Wohnungsbau
Mk. 300 000, Arbeiter=Unterſtützungsfonds auf Mk. 406 583 Beamten=
Unterſtützungsfonds Mk. 884 762, unerhobene Dividende Mk. 275 180,
Verbindlichkeiten einfchließlich Mk. 1510 787 584 Anzahlungen betrugen
Mk. 3 617 158 124. Die Gewinn= und Verluſtrechnung ſetzt ſich aus
fol=
genden Poſten zuſammen: Vortrag aus 21/22 Mk. 78 322, Fabrikations
überſchuß und Valutagewinne Mk. 1 732 760 136, Zinſen Mk. 6 034 325
und vorjährige Rückſtellung auf Wechſel Mk. 33 000, insgeſamt Mk.
1 738 905 783. Andererfeits erforderten Abſchreibungen auf Gebäude
Mk. 57 007 340, Hilfsmaſchinen und Werkzeuge Mk. 41 391 594, Kraft=,
eizungs= und Beleuchtungsanlagen Mk. 26 250 840, insgeſamt Mk.
124 649 783, Fabrikations= und Handlungsunkoſten, Verluſtdiskont,
Brennmaterial, Gas und Oele erforderten 885 516 831, Rückſtellung auf
ſechſel Mk. 368 537, ſo daß ein Reingewinn in Höhe von Mart
28 370 633 verbleibt.
* Grade=Automobilwerke A.=G., Berlin. Die
Geſell=
ſchaft verteilte für das abgelaufene Geſchäftsjahr eine Dividende von
200 Prozent. Nach der Bilanz per 31. Dezember 1922 ſtanden
Grund=
ſtücke Werk I und II mit 206 200 Mk. zu Buhe. Gebäude. Werk I
und II, Werkeinrichtungen I und II, Inventar und Mobilien Werk I
und II mit je 2 Mk., Patente und Modelle mit je 1 Mk.. Der
Kaſſen=
beſtend belief ſich auf 9036 966 Mk., Schecks auf 3 798 530 Mk.
Poſt=
ſcheckkonto auf 65 268 Mk., Effekten auf 100 250 Mk., Deviſen auf 922 549
Mark, Paterialien ſind mit 80 978 205 Mk., Halb= und Fertigfabrikate
uit 26 639 785 Mk. ausgewieſen. Debikoren ſchuldeten 157 996 644 Mk.,
Avale erſcheinen auf beiden Seiten der Bilanz mit 6 850 000 Mk. Das
Aktienkapital betrug 26 Mill. Mk., der Reſervefonds 460 000 Mk.,
Akzepte 45 011 412 Mk., Kreditoren 152 738 188 Mk., darunter
Bankver=
pflichtungen mit 89 325 100 Mk. Steuerrückſtellungen ſind mit 28 Mill.
Mark ausgewieſen. Die Gewinn= und Verluſtrechnung zeigt folgendes
35 717 Mk., Betriebsgewinn 199 560 769 Mk.
Bild: Vortrag aus 1921
382 Mk., Betriebsunkoſten 30 173 786. Mk.,
Zinſen erforderten 5 2
Handlungsunkoſten 7 190 583 Mk., Steuern 1112422 Mk. + 22.
Ab=
ſchreibungen 35 137 771 Mk., Steuerrückſtellungen 28 Mill. Mk., ſo daß
ein Reingewinn in Höhe von 92 758 540 Mk. verbleibt.
* F. W. Buſch A.=G., Lüdenſcheid. Die
Generalverſamm=
lung ſetzte die Dividende mit 1000 Prozent feſt und genehmigte die
Um=
wandlung von 900 000 Mark Vorzugsaktien in Stammaktien, wobei die
Beſitzer der Vorzugsaktien eine Zuzahlung in Höhe des Gegenwertes
von 0,2 Dollar pro Aktie zu leiſten haben. Ferner wurde
Kapitals=
erhöhung von 9 Mill. Mark auf 22 Mill. Mark beſchloſſen. Von den
13 Mill. Mark neuen Aktien, die ab 1. Jan. 1923 an der Dividende
teilnehmen, wird ein Teilbetrag von 3 Mill. Mark den alten Aktionären
im Verhältnis 3:1 zu 0,44 Dollar zum Bezug angeboten, umzurechnen
zum Mittelkurs der Berliner Börſe für Neu=York am Vortag der
Ein=
zahlung. 4 Mill. Mark werden im Intereſſe der Geſellſchaft beſtmöglich
verwertet. Die reſtlichen 6 Mill. Mark gehen als Schutzaktien an die
Reviſions= und Treuhandgeſellſchaft Düfſeldorf über, die ſie zur
Ver=
fügung der Geſellſchaft zu halten hat.
Banken.
h. Reis u. Co., Bankkommanditgeſellſchaft,
Mann=
heim. Unter dieſer Firma wurde ein neues Bankinſtitut durch
Direk=
tor Moritz Reis, vorher Gebrüder Röchling und Ludwig Zimmern,
In=
haber der Getreidegroßhandlung Gebr. Zimmern u. Co. in Mannheim.
gegründet.
Neugründungen.
h. Rhein=Montan=A.=G. in Frankfurt a. M. Mit 300
Mill. Mk. Aktienkapital wurde dieſes Unternehmen gegründet, das den
Vertrieb von Erzen, Bergwerks= und Hüttenerzeugniſſen, Maſchinen und
Werkzeugen zum Gegenſtand hat. Der erſte Aufſichtsrat beſteht aus
den Herren Direktor Joſef Freudenberger, Kurt Battſek=Berlin und
Dr.=Ing. Max Grünberg=Dortmund.
wb. Oswald Hübner, Oſtdeutſche Sämereien=
Großhandels=A.=G., Breslau. Am 24. September iſt in
Breslau eine neue Aktien=Geſellſchaft unter dem Namen Oswald
Hüb=
ner, Oſtdeutſche Sämereien=Großhandels=Aktien=Geſellſchaft, gegründet
worden. Die neue Geſellſchaft bedeutet eine Verſhmelzung der bisher
unter dem Namen „Oſtſaat” G. m. b. H. eingetragenen Firma für
Saaten und Sämereien und dem altbekannten Sämereigeſchäft Oswald
Hübner. Gründer der neuen Aktien=Geſellſchaft ſind ſomit die Firma
Büntig, Stannek u. Co., Breslau, die Firma Kurt Eckersdorff,
Glo=
gau, Max Eckersdorff, Brieg, der Kaufmann Runge, der Kaufmann
Langer und die Aktien=Geſellſchaft für Landwirtſchaft und Handel in
Breslau. Das Aktienkapital beträgt 200 Millionen Mark. Zweck der
Geſellſchaft iſt der Handel mit Sämereien und Saaten aller Art, Sitz
in Breslau. Zum erſten Vorſtand wurden gewählt der Kaufmann
Bruno R. Langer und der Kaufmann Walther von Schaper, zum
Vor=
ſitzenden des Aufſichtsrats wurde gewählt der Rittergutsbeſitzer Dr. E.
Bleul=Groß=Nädlitz. Weiter ſind in den Aufſichtsrat gewählt worden:
Kaufmann Alfons Stannek, Breslau, Kaufmann Fritz Büntig, Breslau,
Kurt Eckersdorff, Glogau, Reg.=Rat a. D. Gerike, Breslau, Dr. E. Lion=
Levy, Kaufmann Herder, Kaufmann Mindner und Max Eckersdorff,
Brieg.
Warenmärkte.
wb. Frankfurter Getreidebörſe vom 2. Oktober. (
Amt=
liche Notierung.) Getreide, Hülſenfrüchte und Biertreber ohne Sack.
Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie mit Sack.
Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung. Wei d Rd: Die
izen (Wetterauer) 750
Millionen bis 1 Milliarde, Roggen 750—800 Millionen, Sommergerſte
für Brauzwecke 800—850 Millionen, inländiſcher Hafer 700—800
Mil=
lionen, Weizenmehl (ſüddeutſches Spezial=Null) 2200—2500 Millionen
bei Waggonbezug ab Mühlenſtation, Roggenmehl 1500—1600 Millionen,
Weizen= und Roggenkleie 420—430 Millionen. Tendenz feſt.
h. Mannheimer Produktenbörſe. Die politiſchen
Ver=
hältniſſe laſſen die Börſenbeſucher naturgemäß weiter in äußerſter
Zurückhaltung verharren, wozu auch die Geldknappheit und die
außer=
ordentlich hohen Preiſe beitrugen. Die Tendenz war ſehr feſt.
Gefor=
dert wurden für Weizen 900—950, Roggen 725—750, alte Gerſte 700,
neue Gerſte 750, alten Hafer 550—575, neuen Hafer 650—675 Millionen
Mark pro 100 Kilo bahnfrei Mannheim. Den Mehlmarkt beherrſcht
wieder einmal ausſchließlich die zweite Hand, die 1,4—1,45 Milliarden
Mark pro Doppelzentner für Weizenmehl Spezial Null verlangt. Von
Futtermitteln ſind nur die marktgängigen Artikel, wie Weizenkleie zu
360—490, Biertreber und Malzkeime zu 340—380 Millionen Mark pro
100 Kilo ab Mannheim angeboten. An der Kolonialwarenbörſe beſteht
die feſte Tendenz weiter. Die in Goldmark auf Dollerparität
berech=
neten Preiſe blieben ziemlich unverändert. Man notierte: Kaffee
San=
tos roh 2,80—3,10, gewaſchen 3,50—3,66, Tee mittel 7,75—8,75, gut 8,80
bis 9,50, fein 9,50—10,50, inländiſcher Kakao 2,90—3,20, holländiſcher
Kakao 3,00—3,50, Burma=Reis 0,44, Weizengrieß 0,45, Hartweizengrieß
0,53 pro Kilo ab Mannheim.
Offiziell wurden pro 100 Kilo netto Kaſſe bahnfrei. Mannheim
notiert: Weizen 950—1000, Roggen 750—825, Gerſte 700—800 Hafer
750—820, Weizenmehl 1800—2000, Roggenmehl 1300—1500,
Weizen=
kleie 300—
0, Preßſtroh 120—130, Bundſtroh 110—120, Raps 1800 bis
2000 Millionen Mark. Tendenz: feſt.
Die Sackleihmiete wurde ab 1. Oktober, pro Stück und Tag auf
50 000 Mark feſtgeſetzt.
h. Mannheimer Schlachtviehmarkt. Für den
Schlacht=
viehmarkt am Montag betrug, der Auftrieb: 236 Ochſen, 115 Bullen, 386
Kühe und Rinder, 182 Kälber, 21 Schafe, 354 Schweine. Bezahlt
wur=
den pro Pfund Lebendgewicht in Millionen Mark: Ochſen 1. Kl. 19—21,
2. Kl. 17—19, 3. Kl. 15—17, 4. Kl. 13—15; Bullen 1. Kl. 18—20, 2. Kl.
16—17, 3. Kk. 15—16; Kühe und Rinder 1. Kl. 20—22, 2. Kl. 19—21,
3. Kl. 14—16, 4. Kl. 12—14, 5. Kl. 10—13; Kälber b) 26—27, c 25—26,
d 22—24, e 20—22, F 18—20; Schafe a 18—20, b. 16—18, C 14—16;
Schweine b 42—43, c 41—42, d und e 40—41; Sauen 40—42. Tendenz:
mit Großvieh ruhig, kleiner Ueberſtand; mit Kälbern und Schafen
ruhig, langſam geraumt; mit Schweinen mittelmäßig, geräumt.
h. Mannheimer Pferdemarkt. Zum Pferdemarkt am
Montag waren zugetrieben: 15 Wagenpferde, 159 Arbeitspferde, 36
Schlachtpferde. Bezahlt wurden für Wagenpferde 30—60 Milliarden,
Arbeitspferde 25—50 Milliarden, Schlachtpferde 6—12 Milliarden pro
Stück. — Tendenz: mit Arbeitspferden lebhaft.
wb. Berliner Produktenbericht. Gegenüber dem
ſchar=
fen Anziehen der Deviſenpreiſe ſind die Getreidepreiſe trotz der
andauern=
den Aufwärtsbewegung noch erheblich hinter der Weltmarktparität
zu=
rückgeblieben. Das Geſchäft konnte trotzdem keine ſcharfe Ausdehnung
am Produktenmarkt gewinnen, da der Geldmangel hier wie in der
Pro=
vinz lähmend wirkte und die Kreditbedingungen der Banken nicht mehr
zu erfüllen ſind. Die Angebote des Inlandes lauten meiſt auf ſofortige
Dispoſition. Für Roggen beſtand regelmäßiger Begehr bei weſentlich
erhöhten Preiſen. Weizen war ruhiger, vielleicht weil Weizenmehl
wegen der Geldknappheit vermehrt angeboten und weniger leicht zu
ver=
kaufen war. Gerſte war ſtill, aber in der Provinz dauernd begehrt.
Hafer ſtieg kräftig bei ruhigem Geſchäft. Oelſaaten, Hülſenfrüchte und
Futtermittel waren weſentlich teurer.
r. Vom Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher
Mit=
arbeiter ſchreibt uns: Noch iſt es möglich, Rohholz von
den Forſtverwaltungen, ſoweit eine Umſtellung bisher nicht
erfolgte, in Papiermark zu kaufen. Freilich handelt es ſich hierbei
nur um kleinere Mengen da die größeren Verkäufe, die der Verſorgung
der Sägewerksinduſtrie für den Winter mit Rohſtoff dienen, erſt in
Aus=
ſicht ſtehen. Man zahlte für Rohſtoff geringerer Art teilweiſe 700 000 000
Mark bis 1000 000 000 Mark je Feſtmeter. Für die Sägewerksinduſtrie
bedeutet die Tatſache, daß vom 1. Oktober ds. Js. in den
Staatsforſt=
verwaltungen neue Grundſätze für den Verkauf gelten werden, eine ſtarke
Umwälzung. Die Abkehr von der bisherigen Gepflogenheit, in
Papier=
mark gegen Stundung zu kaufen und dann in entwerteter Mark die
Schulden zu begleichen, wird manchen ſpekulativ geſonnenen
Holzein=
käufer verhindern, ſich ſtark zu betätigen. Der Anreiz, der ſich aus
In=
veſtionsgewinnen beim Rohholzeinkauf ergab, fehlt. Beſonders
vorteil=
haft werden ſich die neuen Bedingungen nach der Richtung hin
auswir=
ken, daß illegitime Rohholzkäufer den Markt kaum noch beunruhigen
werden. Eine Stundung tritt vorläufig beim Rohholzeinkauf nicht ein.
Es wird aber, ſobald die Goldwährung eingeführt iſt, erſte Aufgabe der
Forſtverwaltungen ſein, wieder Stundungskredite an legitime
Holzkäu=
fer, die ihre Geſchäfte ſolide betreiben, einzuführen. — Der Umfatz in
Schnitthölzern hat ſich in den letzten Tagen um einen geringen Grad
be=
lebt. Man kann einſtweilen nicht von einer Beſſerung der Geſchäftslage,
aber wohl davon ſprechen, daß den Sägewerksbeſitzern und
Holzhand=
lungen wieder hier und dort Nachfragen vorliegen, die auch an
verein=
zelten Stellen zu Abſchlüſſen führen. Die Preiſe werden jetzt meiſt in
engliſcher Währung, feltener in Dollar geſtellt. Gewöhnlich wird der
Kurs des Zahlungstages für die Umrechnung und Begleichung der
Rech=
nungsbeträge in Papiermark beſtimmt.
Börſen.
wb. Berliner Debiſenbericht. Am Debiſenmarkt hielt die
feſte Stimmung in vollem Umfange an. Im Vormittagsderkehr wurden
bei verhältnismäßig geringem Geſchäft die geſtern abend genannten
Preiſe voll aufrecht erhalten, wobei ſich der Dollar auf 340 bis 330
Mil=
lionen ſtellte. Die amtliche Notierung des Dollars war 320 Millionen
bei ſtarker Repartierung, aber ohne Interventionstätigkeit der
Reichs=
bank. Später zogen die Preiſe bei allſeitiger Nachfrage, von neuem
ſcharf an. Der Dollar ging auf 385 Millionen in die Höhe.
w. Deviſenmarkt. Frankfurt a M., 2. Okt. Telegr. Auszahlugen:
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46 133700 19799375.
146 866250 London ............. 49625000 750000 1670812500 679187 Paris ....... .. ......"
Schweiz.. . .. . . . . . . . .. 23690650.
60 847500. 809370.
152500 4000.
8750. 2 456000.
35
268
17042500. Spanien .............
Italien .............." 46882500.
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59 8500 5000
66 165 Norwegen ... . ........ 55 86000 Schweden .. . . . . . . . . .." 4787500. 2250 96 757:00. 300. Helſingfors .. . .... ...."
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15541. 25
10927250. 7
750000
369 075000.
528t. 75
20448 75
10972500. 500
a
000.
313.25
*
20551.25
11027500. Sofia ............... —
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ſo (16=
0500 Chriſtiania . . . . . . . . . ... . . . ..." 4000. 38496000. 1504 3500. 26500. kopenhagen .. .. ..... ...... 1309200 308000. 58100 569 42000 Stockholm .. . . . . . . . .. ....." 642390 58800 P Helſingfors .. ..... ... ......" 730 1630 G. Italien ... ....... ........." 1097250 Wee 1364000. 30 London ............... .... 097250000 02750004 46375 rte 19 New=York ............ . .... 241395000 242605000. 20000 10. jaris .. . . ... .. .. .. . .... ..." 4763000. 14837000. 19152000 000.— Schweiz.. . . . . . . . . . . . . . ..... 3092000 3000. 857300 142000— spamien .. . . . . . . . . . . . . . ..." B.
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[ ← ][ ]Seite 8.
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Die Reichsindexziffer, wie ſie am Freitag veröffentlicht wurde, macht eine
abermalige Aenderung der Stufenfolge notwendig, und zwar ſollen der Stufe 47
folgende Stufen angehängt werden:
täglicher Verdienſt:
Stufe: Grundlohn:
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120 Mill.
140
160
180
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200
von 105 Mill.
130
150
170
*
190
bis 130 Mill.
150
170 „
190
und mehr
10200 000 Mk.
11900000
13600000
15300 000
17000000 „
Dieſe Aenderungen treten mit dem 1. Oktober 1923 in Kraft.
Die Arbeitgeber werden erſucht, die entſprechenden Meldungen zur richtigen
Einſtufung alsbald bewirken zu wollen.
Für die Arbeitgeber, bei denen die Beiträge ab 17. 9. nach dem wirklichen
Arbeitsverdienſt eingezogen werden, gelten obige Aenderungen nicht.
Sodann bringen wir wiederholt in Erinnerung, daß Arbeitgeber mit mehr
als 5 Verſicherten die Beiträge nach jeder Lohnzahlung an die Kaſſe abzuführen
und gleichzeitig eine Lohnliſte einzureichen haben bei Vermeidung eines Aufſchlages
von 10%o für jede Woche des Verzugs.
(*25914
Darmſtadt, den 30. September 1923.
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zu schliessen, erstmals am Samstag, 6. Oktober ds. Us.
Wir bitten unsere Kundschaft, auf diese leider
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meidliche Massnahme bei ihren Aufträgen Rücksicht nehmen
zu wollen und hoffen, dass wir die Einschränkung in einiger
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