Darmstädter Tagblatt 1923


30. September 1923

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Anzeigenſchlüſſel 30000.

Einzelnummer 4 Millionen Mark

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lich
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ſiellungen
nehmen entgegen: die Geſchäftsſtelle Rhein=
ſir
. 23 (Fernſprecher 4, 2390 u. 2394), die Agenturen und
alle Poſtämter. Verantwortlichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſtimmten Tagen wird nicht übernom=
men
. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur Kür=
zung
des Bezugspreiſes. Beſſellungen und Abbeſſele
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten

Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſtattet.
Nummer 270
Sonntag, den 30. September 1923 186. Jahrgang

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Bei Konkurs oder gerſchtſcher Beſtreibung fällt
ſeder Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.

An das beſſiſche Volk!
Der paſſive Widerſtand an Rhein und Ruhr iſt abgebrochen
worden. Die Anordnungen, um das Wirtſchaftsleben wieder in
Gang zu bringen, die hierfür erforderlichen Weiſungen an die
Beamten und die übrige Bevölkerung ſtehen bevor. Die Wieder=
kehr
geordneter Verhältniſſe im beſetzten Gebiet wird neue Auf=
gaben
, neue Schwierigkeiten bringen. Die rheinheſſiſche Bevöl=
kerung
ſoll Gewißheit haben, daß Reich und Land tun werden,
was in ihren Kräften ſteht, um dieſe Schwierigkeiten zu über=
winden
.
Unſer Dank gilt heute den Bewohnern unſeres Landes im
beſetzten Gebiet für die Opfer, die ſie in den vergangenen Mo=
naten
gebracht haben. Der leitende Gedanke jahrhundertelanger
deutſcher Geſchichte war die Einheit des Reiches. In ihr er=
kannte
man zu allen Zeiten die Grundlage für Sicherheit und
friedliche Arbeit, den Weg zu Glück und Wohlſtand. An dieſem
Gedanken feſtzuhalten, iſt das Gebot der Stunde. Nur im Rah=
men
des Reiches kann rheiniſches Land einer beſſeren Zukunft
entgegenſehen.
Jetzt, wo ein neuer Abſchnitt für die beſetzten Gebiete ſeinen
Anfang nimmt, darauf hinzuweiſen, iſt uns heilige Pflicht. Haltet
feſt am einigen deutſchen Vaterland, allen Stürmen zum Trotz!
Darmſtadt, den 28. September 1923.
Heſſiſches Geſamtminiſterium.
Ulrich. von Brentanv. Henrich. Raab.

Vom Tage.
Der Stand der ſchwebenden Schuld an diskontierten
Schatzanweiſungen am 10. September 1923 betrug 2 380 727 774 277 Mk.,
der vom 30. September 7 342 176 825 477. Die ſchwebende Schuld hat
demnach in der Zwiſchenzeit um 4961,5 Millionen Mark zugenommen.
Die berufsſtändiſchen und gewerkſchaftlichen Verbände in Düſſel=
dorf
haben die Bevölkerung aufgefordert, den 30. September als
Totenſonntag, zu begehen, indem ſie ihre Häuſer nicht verlaſſen.
Man hofft, dadurch die Anhänger der Rheiniſchen Republik zu iſolieren
und jede Aktion der Sonderbündler zu vereiteln.
Die ſozialdemokratiſche Volksſtimme in Wiesbaden iſt
von den Beſatzungsbehörden erneut auf die Dauer von drei Monaten
verboten worden.
Havas meldet aus Koblenz: Die Rheinlandkommiſſion hat Weſter=
manns
Monatshefte wegen angeblich beleidigender Artikel auf
drei Monate für das beſetzte Gebiet verboten.
Der Kölner Berichterſtatter der Daily News ſchreibt, Berichte aus
allen Rheinlandsteilen beſagten, daß trotz aller gegenteiligen Einflüſſe
die Bevölkerung der Rheinprovinz der Zentral=
regierung
weiterhin vollſte Unterſtützung gewähre.
Miniſterpräſident Poincaré hat mit dem franzöſiſchen Delegier=
ten
in der Reparationskommiſſion verhandelt.
Poincaré wird am Sonntag im Generalrat des Magsdeparte=
ments
in Bar le Duc ſich über die innenpolitiſche Lage
ausſprechen.
Der Arbeiterführer Clynes erklärte in einer Rede in Huddersfield,
eine Rebolution in Deutſchland würde ernſter ſein als in Rußland.
Millionen Menſchen würden davon berührt. Es müſſe alles getan wer=
den
, um eine franzöſiſch=deutſche Uebereinkunft über
die Reparationen zu beſchleunigen.
Am kommenden Montag beginnt in Madrid der Prozeß gegen
die Mörder Datos.

Die Boche.
Reichspräſident und Reichsregierung verſichern hierdurch
feierlichſt vor dem deutſchen Volk und vor der ganzen Welt, daß
ſie ſich zu keiner Löſung verſtehen werden, die auch nur das
kleinſte Stück deutſcher Erde vom Deutſchen Reich loslöſt. In
der Hand der Einbruchsmächte und ihrer Verbündeten liegt es,
ob ſie durch Anerkennung dieſer Auffaſſung Deutſchland den Frie=
den
wiedergeben oder mit der Verweigerung dieſes Friedens die
Folgen herbeiführen wollen, die daraus für die Beziehungen der
Völker entſtehen müſſen. Mit dieſen beiden Sätzen weiſt die
Pcoklamation, mit der die deutſche Reichsregierung den Abbruch
Ses paſſiven Widerſtandes an Rhein und Ruhr verkündete, auf
den Angelpunkt der Lage mit aller nur wünſchenswerten Klar=
heit
hin. Es hat vielleicht an einem bedauerlichen Regiefehler
gelegen, wenn hier und da in der deutſchen Oeffentlichkeit wäh=
rend
einiger Tage eine gewiſſe Unſicherheit über die Auffaſſung
der Reichsregierung beſtand. Die Waffe des paſſiven Wider=
ſtandes
, darüber ſollte man ſich keinerlei Illuſionen hingeben,
war ſturmpf geworden, und da die ungeheuren finanziellen An=
forderungen
, tvelcher der paſſive Widerſtand an das Reich mittler=
weile
ſtellte, die Gefahr in greifbare Nähe rückten, daß eine finan=
zielle
Kataſtrophe die Kräfte des deutſchen Volkes gänzlich lahm
legte, entſchloß ſich die Reichsregierung aus dieſer Lage die Kon=
ſequenz
zu ziehen, und es verdient feſtgeſtellt zu werden, daß auch
der deutſchnationale Dr. Helfferich im Auswärtigen Ausſchuß
rund heraus erklärt hat, daß nach ſeiner Meinung der paſſive
Widerſtand nicht mehr fortgeſetzt werden könne. In ein neues
Stadium des Kampfes um ſeine Exiſtenz iſt das deutſche Volk mit
dieſem ſchweren Entſchluß der Reichsregierung getreten. Mit an=
deren
Mirteln wird das deutſche Volk ſein Lebensrecht verteidigen
müſſen, und keinen Augenblick haben, wenn wir recht unter=
richtet
ſind, die maßgebenden Stellen in Berlin etwa die verhäng=
nisvolle
Abſicht gehabt, mit dem Abbau des paſſiven Widerſtandes
an Rhein und Ruhr die Kapitulation Deutſchlands einzuleiten.
Es iſt überaus bedauerlich, daß man in Berlin nicht fofort Ver=
anlaſſung
genommen hat, offenbar vorhandene Unklarheiten hin=
ſichtlich
dieſes entſcheidenden Punktes ſofort zu zerſtreuen. Die
maßloſe Agitation der äußerſten Rechten, die ſtellenweiſe wohl
kaum noch zu verantwortende Formen angenommen, wäre im
anderen Falle unmöglich geweſen.
Zu den ſchwerſten materiellen Opfer für die Freiheit der
deutſchen Volksgenoſſen und der deutſchen Ehre iſt das deutſche
Volk bereit, und von neuem hat die Reichsregierung in ihrer
Proklamation vom vergangenen Mittwoch dieſe Bereitſchaft er=
klärt
. Dafür jedoch, daß Herr Poincaré nunmehr daran denken
würde, den Verſuch zu machen, Europa den Frieden wiederzu=
geben
, dafür waren die Ausſichten von vornherein gering. Das
Echo, das die Kundgebung der Reichsregierung in Paris ge=
funden
, wuß auch den letzten Optimismus erſchlagen. Die Auf=
gabe
des daſſiven Widerſtandes genügt nach den Ausführungen,
die der Preſſechef der franzöſiſchen Regierung Journaliſten ge=
genüber
machte, durchaus nicht, ſondern die Hauptbedingung, die
vor dem Eintritt in irgendwelche Verhandlungen mit Deutſch=
land
zu erfüllen iſt, iſt nunmehr die Wiederherſtellung
des Tuſtandes vor dem 11. Januar, d. h. Naturallie=
ferungen
an Kohle uſw., wie ſie vor dem 11. Januar erfolgt ſind,
ſollen erſt wieder in vollem Gange ſein, und auch die Barzah=
lungen
ſollen erſt wieder erfolgen. Was dieſe franzöſiſche For=
derung
bei dem Zuſtand bedeutet, in dem ſich die Wirtſchaft
des Ruhrgebiets infolge des franzöſiſchen Friedensbruches be=
findet
, braucht wohl kaum noch näher ausgeführt zu werden.
Nicht um eine wirtſchaftliche Regelung, die in beiderſeits mit gu=
tem
Willen geführten Verhandlungen ſicherlich herbeigeführt
werden könnte, iſt es den Franzoſen zu tun. Die Lande an Rhein
und Ruhr und die Zertrümmerung des Deutſchen Reichs ſind
das unberückbare Ziel Poincarés. Eine Zuſammenkunft, ſo
berichtete dieſer Tage eine oppoſitionelle franzöſiſche Zeitung,
fand am Quay d’Orſay ſtatt, in der, außer dem Miniſterpräſi=
denten
, der Oberkommiſſar des Rheinlandes, Herr Tirard und
Marſchall Foch teilnahmen. Sie prüften die ſich jetzt oder mög=
lichenfalls
aus der Ruhrbeſetzung ergebenden wirtſchaftlichen und
finanziellen Probleme‟. Tatſächlich prüfte man, wie die im
Rheinland heirſchende wirtſchaftliche Verwirrung durch Frank=
reichs
imperialiſtiſchen Willen nutzbar gemacht werden könnte.
Die Ohnmacht der deutſchen Regierung gibt einer neuen Auto=
rität
den Platz frei: Herr Poincaré, auf das Elend der unglück=
lichen
Rheinländer ſpekulierend, wird nicht zögern, ihn einzuneh=
men
. Hat Herr Tirard ihm nicht erklärt, vom Standpunkt der
Rheiniſchen Republik aus, ſei die Gelegenheit ſehr günſtig? Mit
franzöſiſchem Geld werden im Rheinland ſeparatiſtiſche Kundge=
bungen
fabriziert, und man denkt in Paris und Koblenz daran,
unter dem Schutz der franzöſiſchen Bajonette durch ſeine Kreatu=
ren
die Rheiniſche Republik ausrufen zu laſſen. Niemals aben
wird auch die brutale Gewalt der Waffen das deutſche Rhein=
land
vom Reich trennen.
Vor ernſteſten Entſcheidungen ſteht das deutſche Volk, und
um ſo dringender wird die Pflicht der Führung, innerpolitiſch
alles aus dem Wege zu räumen, was die Geſchloſſenheit des Vol=
kes
in den kommenden ſchweren Wochen und Monaten ſtören
könnte. Eine ernſte Gefahr ſchien dem Reich in dieſer Woche aus
der Entwicklung der Dinge erwachſen zu wollen. Die Stimmung
in Bayern war bis zur Siedehitze geſtiegen. Die Ernennung des
früheren bayeriſchen Miniſterpräſidenten von Kahr zum General=
ſtaatskommiſſar
mit diktatoriſchen Befugniſſen hat jedoch offen=
bar
nicht ungünſtig gewirkt, und die Erklärung der bayeriſchen
Regierung, daß ſie ihre Maßnahmen keineswegs als einen Schritt
gegen das Reich ausgelegt wiſſen wolle, im Zuſammenhange
mit dem energiſchen Vorgehen von Kahrs, war wohl geeignet,
manche Bedenken zu zerſtreuen. Formale Fragen dürfen
in einem ſolchen Augenblick unter keinen Umſtänden das Ver=
hältnis
zwiſchen Reich und Ländern trüben. Die Verhängung
des Ausnahmezuſtandes im ganzen Reich war unter den gegen=
wärtigen
Verhältniſſen nur zu begrüßen. Der feſte Wille der
Reichsregierung, unter allen Umſtänden die öffentliche Ordnung
aufrecht zu erhalten, dürfte manche kommuniſtiſche Hoffnung
begraben haben. Eine energiſche Regierung iſt, unſerer Auf=
faſſung
nach, durchaus in der Lage, mit den vorhandenen Macht=
mitteln
den Staat gegen alle Umſturzverſuche zu ſchützen. Sie
wird aber um ſo weniger gezwungen ſein, dieſe Machtmittel tat=
ſächlich
einzuſetzen, je mehr in den Maſſen das Bewußtſein ſich
purchringt, daß eine zielbewußte Führung vorhanden iſt. Eine
zielbewußte Regierung verlangt das Volk, eine Regierung, die
mit eiſernem Willen, allen Schwierigkeiten zum Trotz, den füy
recht gehaltenen Weg verfolgt.

Neae Maßnahmen v. Kahrs.

EU. München, 29. Sept. Im Laufe des heutigen Tages
ſind vom Generalſtaatskommiſſar wichtige Entſcheidungen getrof=
fen
worden. Zunächſt ſind die ſogenannten Schutzabteilungen
der ſozialdemokratiſchen Partei mit ſofortiger Wirkung verboten
worden. Außerdem meldet die Bayeriſche Staatszeitung, daß
das Generalſtaatsſekretariat die Vollzugsverordnung für das
Republikgeſetz außer Kraft geſetzt hat. Ferner iſt zu melden, daß
der Generalſtaatskommiſſar den verantwortlichen Redakteur des
Völkiſchen Beobachter zu ſich kommen ließ, um ihm zu eröffnen,
daß der geringſte Verſuch der hinterhältigen Politik, die Aufgabe
und die Abſichten des Generalſtaatskommiſſars herabzuſetzen,
rückſichtslos beſtraft werden würde. Das Erſcheinungsverbot des
Reichswehrminiſters Geßler für dieſes Blatt hat zunächſt keine
Wirkung.
Paterländiſche Vertrauenskundgebung für v. Kahr.
München, 29. Sept. (Wolff.) Laut München= Augsbur=
ger
Abendztg. hat Generalſtaatskommiſſar v. Kahr dem Ober=
bürgermeiſter
von Nürnberg, Luppe, die Polizeigewalt entzogen.
Aus verſchiedenen Teilen Bayerns kommen vaterländiſche Ver=
trauenskundgebungen
für Herrn v. Kahr. So richtete der vater=
ländiſche
Verband des Allgäus an Herrn v. Kahr ein Telegramm,
in dem er Herrn v. Kahr die unbedingte Gefolgſchaft verſichert
und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß Bayern die Führung des
Reiches übernimmt, und darauf vertraut, daß der Verſailler Ver=
trag
, als gebrochen gilt und die Einführung der allgemeinen
Wehrpflicht fordert. Weiter wird der ſofortige Rücktritt Streſe=
manns
gefordert. Die Proteſt=Reſolutionen gegen die Unter=
werfung
kommen auch aus anderen Teilen des Landes. In eini=
gen
wird auch die Einberufung des Landtages verlangt.
Waffenfunde bei der Münchener Poſt.
Ueberfälle auf Straßenpaſſanten.
München, 29. Sept. (Wolff.) Wie die Münchener Polizei=
direktion
mitteilt, ereigneten ſich in den letzten Tagen häufig
Ueberfälle auf Straßenpaſſanten, die, wie feſtge=
ſtellt
wurde, von Angehörigen der ſozialdemokratiſchen Sicher=
heitsabteilungen
ausgeführt wurden, weil die Ueberfallenen Ab=
zeichen
einer anderen Parteirichtung trugen. Dadurch ſah ſich die
Polizeidirektion veranlaßt, geſtern abend in den Redaktions=
räumen
der Münchener Poſt im Gewerkſchaftshaus und in
verſchiedenen Wirtſchaften eingehende Hausſuchungen nach Waf=
fen
vorzunehmen. Dabei wurden in den Räumen der Münchener
Poſt eine Menge leichter und auch einige ſchwere Schußwaffen
nebſt der dazu gehörigen Munition und eine große Anzahl ver=
ſchiedenartiger
Schlagwaffen aufgefunden. Die Angelegenheit iſt
der Staatsanwaltſchaft übergeben worden.
München, 29. Sept. (Wolff.) Nach der Münchener Poſt
haben die Arbeitnehmer der Münchener Betriebe heute Nachmit=
tag
zu den Vorgängen der letzten Tage und zu den Durchſuch=
ungen
bei der Münchener Poſt Stellung genommen. Das Blatt
mahnt die Arbeiter, kaltes Blut zu bewahren. Wenn es aber
ſein müſſe, ſo müſſe die ganze organiſierte Arbeiterſchaft ge=
ſchloſſen
handeln.
Ein neuer Aufruf Hitlers.
FU. München, 29. Sept. Im Völkiſchen Beobachter ver=
öffentlicht
heute Hitler einen neuen Aufruf an alle Ortsgruppen
der nationalſozialiſtiſchen Partei, worin die Vorſttzenden dafür
veranzwortlich gemacht werden, daß alle Mitglieder rückſichtslos
aus der Bewvegung auszuſchließen ſind, die nicht innerhalb zehn
Tagen aus den nicht zum Kampfbund gehörenoen Verbänden
ausſcheiden. Sollte ſich eine Ortsgruppe weigern, dieſer Auffor=
derung
nachzukommen, ſo ſoll ſie als nicht mehr zur Partei ge=
hörig
aufgelöf: werben.
TU. München, 29. Sept. Fürſt Karl Wrede veröffentlicht
wiederum einen Aufrufzur Bildung eines national=
ſozigliſtiſchen
Reiterkorps.

Kein Einfluß des Generalſtaatskommiſſars auf
das Verkehrsweſen.
München, 29. Sept. (Wolff.) In einem Rundtelegramm
der Zweigſtelle Bayern des Reichsverkehrsminiſteriums an ſämt=
lich
Dienſtſtellen heißt es, daß ſich die Notverordnung der baye=
riſchen
Regierung nur auf die Sicherung von Ruhe und Ord=
nung
beziehe. Die Verordnungen des bayeriſchen Generalſtaats=
kommiſſars
ſeien ebenſo wie die des vom Reich als Kommiſſar
aufgeſtellten Wehrminiſters Maßnahmen der vollziehenden Ge=
walt
auf Grund der Reichsverfaſſung. Die Zuſtändigkeit der
Zweigſtelle Bayern des Reichsverkehrsminiſteriums in eiſenbahn=
dienſtlichen
Angelegenheiten werde durch die bayeriſche Notver=
ordnung
nicht berührt. In dienſtlichen Angelegenheiten habe des=
halb
das geſamte Perſonal ausſchließlich den Anordnungen der
Zweigſtelle und den von ihrer Nebenſtelle gegebenen Anweiſun=
gen
Folge zu leiſten.
Ein bayeriſches Oementi.
München, 29. Sept. (Wolff.) Die Korreſpondenz Hoff=
mann
meldet amtlich: Alle Nachrichten, daß die Reichsvegierung
die baheriſche Regierung zu veranlaſſen verſucht habe, den von
ihr über Bayern verhängten Ausnahmezuſtand zurück=
zunehmen
, ſind falſch.
Phantaſien.
* Berlin, 29. Sept. (Priv.=Tel.) Von gewiſſer Seite
wird die Nachricht verbreitet, die behauptet, der Reichsverbehrs=
miniſter
Dr. Oeſer habe in Verhandlungen mit gewerkſchaft=
licher
Seite ſein Einverſtämdnis damit erklärt, daß für den Fall
einer bayeriſchen Aktion gegen die Regierung Streſemann ein
Geveralſtreik der Eiſenbahnbeamten einſetzen ſoll. Wie wir vom
Hauptbeamtenrat im Reichsverkehrsminiſterium hören, trifft
dieſe Nachricht in gar keiner Form zu. Wie uns weiter von ge=
werkſchaftlicher
Seite mitgeteilt wird, haben derartige Be=
ſprechungen
weder mit dem Reichsverkehrsminiſter noch mit an=
deren
Mitglieder der Reichsregierung ſtattgefunden. Falls von
München aus eine Bewegung gegen das Reich verſucht werden
ſollte, würden allerdings die Gewerkſchaften ſelbſtändig von dem
Mittel Gebrauch machen, das ſie bereits während des Kapp=
Putſches zur Anwendung gebracht haben.
Unbegründete Sorge.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Der Befehlshaber des Wehr=
kreiskommandos
3 gibt bekannt: In der Preſſe und in der Oef=
fentlichkeit
der Reichshauptſtadt haben Gerüchte über Zuſam=
wenvottungen
in der Umgegend von Berlin erhebliche Unruhe
ausgelöſt. Dieſe Sorge iſt unbegründet. Gegen jeden auf eine
Erſchütterung der Staatsgewalt oder auf eine Störung der
Ordnung gerichteten Verſuch, komne er, woher er wolle, werde
unter rückſichtsloſeſter Anwendung der dem Befehlshaber auf
Grund des Ausnahmezuſtandes zur Verfügung ſtehenden Mittel
eingeſchritten werden.
Engliſche Beſorgnis über Deutſchlands Lage.
London, 29. Sept. (Wolff.) Der Mancheſter Guar=
dian
befaßt ſich in einem Leitartikel mit der geſtrigen Rede
Baldwins und der Lage in Deutſchland und ſchreibt, nie=
mals
ſei eine Zeit geweſen, wo das Vertrauen ſoweit der
gewöhnliche Mann ſehen könne, weniger am Platze war. Die
Einſtellung des paſſiven Widerſtandes ſei nicht das Ende der
Schwierigkeiten, ſondern der Beginn neuer Schwierig=
keiten
für Deutſchland, Frankreich und England. Spiele Bald=
win
mit Worten, oder habe er irgendein Geheimnis zu enthüllen?
Die letzten Berichte aus Deutſchland ſeien be=
unruhigend
. Wenn die preußiſche und die bayeriſche Regie=
rung
die nötigen Maßnahmen gemeinſam träfen, werde es ihnen
zweifellos gelingen, Unruhen zu unterdrücken. Wenn ſie jedoch
aus Mißtrauen gegeneinander träfen, könne der Bürger=
krieg
jeden Augenhlick ausbrechen.

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Nummer 230.

Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 30. September 1923.

Die deutſche finanzielle und wirtſchaftliche Kataſtrophe macht
ein energiſches Eingreifen der verantwortlichen Inſtanzen zur ge=
bieteriſchen
Notwendigkeit. Die Zertrümmerung der deutſchen
Währung hat Zuſtände geſchaffen, welche auf die Dauer unhalt=
bar
ſind. Darüber allerdings darf man ſich keinen Illuſionen
hingeben, daß die Pläne, eine wertbeſtändige Währung zu ſchaf=
fen
, nur dann verwirklicht werden können, wenn Hand in Hand
damit auch eine durchgreifende Finanz= und Wirtſchaftsreform
geht. Die Beſchränkung aller unproduktiven Ausgaben und die
Steigerung der Produktion ſind unerläßliche Voraus=
ſetzungen
für eine ſtabile Währung. Auch die beſtdurchdachten
Währungspläne ſind von vornherein zum Scheitern verurteilt,
ſolange der Verbrauch des deutſchen Volkes in ſeiner Geſamtheit
die Produktion ſtändig überſteigt. Man darf der Ueberzeugung
ſein, daß dieſe Erkenntnis ſich in breiten Schichten bereits durch=
geſetzt
hat, und Popularitätsgründe dürfen in ſo ernſter Stunde
ſpielen.
Eine harte Lehre hat die Weltgeſchichte dem deutſchen Volk
erteilt, welches im wirtſchaftlichen Aufftieg vergaß, daß es höhere
Güter gibt, die ein Volk ſich nur dann bewahren kann, wenn es
für ſie mit Gut und Blut einzutreten bereit iſt. Schwerſte Opfer
haben in dieſen trüben Monaten unſere Brüder und Schweſtern
an Rhein und Ruhr für ihr Deutſchtum gebracht. Ein leuchtendes
Beiſpiel mögen ſie ſein für uns und eine Hoffnung für die
M.
Zukunft!
Ein Aufruf der Deutſchnationalen.
Koalition.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) In einem Aufruf der parla=
mentariſchen
Vertretung der Deutſchnationalen Volks=
partei
heißt es unter anderem: In unerbittlicher Offenheit
werfen wir in dieſer todernſten Sunde die Schuuldfrage auf.
Wieder einmal unterhöhlte der Marxismus die deutſche Wider=
ſtandskraft
und zerrüttete die deutſche Wirtſchaft, wieder einmal
führt die ſozialdemokratiſch=bürgerliche Koalition, mehr vertrau=
end
auf den Feind als auf die eigene Kraft, das deutſche Volk
dem Elend neuer Kapitulationen entgegen. Für all das Unheil,
das nun erſt recht über uns hereinbrechen wird, trifft ſie die
Schuld. Dem deutſchen Volke rufen wir, getragen von der Zu=
ſtimmung
weiteſter Kreiſe der deutſchen Wirtſchaft, in letzter
Stude zu: Sei bereit! Der Tag iſt nicht mehr fern, an dem
alle pazifiſtiſchen und internationalen Verſtändigungilluſionen
unter der Gewalt der Tatſachen verfliegen werden. Dann iſt
die Stunde der nationalen Regierung da, die mit Die Reparationsleiſtungen wieder aufgenommen.
ſtarkem Willen, komme, was da wolle, den Weg der Rettung
gehen wird.
Anfragen an die Deutſchnationalen.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Zu dem Aufruf des Deutſch=
nationalen
Volkspartei teilt die Nationalliberale Korreſpondenz
mit, daß der Preſſedienſt der Deutſchnationalen Volkspartei un=
ter
anderem fordere, baß der Zweck des Aufrufs der ſein ſoll,
das deutſche Volk vor Selbſttäuſchung zu befreien. Es kann nur
feſtgeſtellt werden, daß die Deutſchnationale Volkspartei daran
iſt, das deutſche Volk in gefährliche Illuſionen htneinzuführen,
die es überhaupt gibt, nämlich in die, daß der Bürgerkrieg das
einzige Mittel zur Rettung Deutſchlands ſei. Das wäre die
letzte Selbſttäuſchung und das Ende. Wir fragen: Wer hat an
die Verſtändigungsbereitſchaft der Wirtſchaftskreiſe Frankreichs
geglaubt? Der Deutſchnationale Volkspartei=Tag in Görlitz,
auf dem Held bereits im Oktober 1922 erklärte, daß der Tag
gekommen ſei, wo wir uns unbeſchadet der Einſtellung von Eng=
land
und Amerika mit Frankreich gemeinſam über den groß=
zügigen
Plan einigen können. Wer hat denn alle ſeine
Hoffnungen auf England geſetzt? Die Deutſchnationale Volks=
Partei und das Kabinett Cuno. Wer hat es infolge davon unter=
laſſen
, den Ruhrkampf weitſchauend zu organiſieren und ſo vor=
ſichtig
zu finaizieren, daß er jetzt nicht abgebrochen zu werden
brauchte? Das Kabinett Cuno und nicht das Kabinett Streſe=
mann
. Wer fügr jetzt die Möglichkeit eines neuen Bürgerkrieges
hinzu? Wer jetzt denn die Einheit des Reiches aufs Spiel? Die
Deutſchnationale Volkspartei. Sie arbeitet gegen das Kabinett
Streſemann und die Koalition. Sie hat dem Feinde mehr ge=
traut
, als dem deutſchen Volke.
Ein Aufruf der Deutſchen Volkspartei.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Der Parteivorſtand der
Deutſchen Volkspart ei erläßt folgenden Aufruf:
Parteifreunde! Der Kampf um Rhein und Ruhr iſt zu Ende
gegangen. Der paſſive Widerſtand mußte abgebrochen werden.
Denn das verarmte Deutſchland war nicht mehr, in der Lage,
die Mittel für dieſe Kampfesart aufzubringen. Der Kampf ſelbſt
geht weiter. Er darf nicht mit einer Kapitulation enden. Deutſch=
land
darf keine Bedingungen unterſchreiben, die ſeine Ehre ver=
letzen
, ſeine Souveränität beeinträchtigen, deutſches Gebiet und
Gm

deutſches Volk von deutſchem Land trennen. Die Negierung, an
ihrer Spitze der Reichskanzler Dr. Streſemann, gab wiederholt
die feierliche Erklärung ab, nur unter dieſen Vorausſetzungen
einem neuen Vertrag mit Frankreich und den Alliierten zuzuſtim=
men
. Die Deutſche Volkspartei iſt darin mit allen ihren Orga=
nen
völlig einig, daß der Vertrag, in dem wir eine Kapitulation
annehmen würden, jede Möglichbeit politiſcher und wirtſchaft=
licher
Zukunft in Deutſchland für immer verſchütten würde. Mag
unſerer Generation auch das Schwerſte zu tragen beſchieden ſein, mit dem Hinweis ab, daß ſie die Parole ihrer Gewerkſchaften ab=
einbar
iſt, darf die Unterſchrift der deutſchen Regierung finden. bahnern in Fintrop geſtellt, mit dem gleichen Erfolg.
Darin findet ſich die Partei in voller Uebereinſtimumng mit
ihrem Führer. Sie weiß, daß er zu ſeinem feierlich gegebenen
Wort ſteht. Parteifreunde! In dieſen Tagen ſchwerſter Entſchlie=
ßungen
und des Ringens um Deutſchlands Beſtand und Zu=
für
einen ſeiner Verantwortung ſich bewußten Führer keine Rolle kunft darf keine Eigenbrötelei, kein Partikularismus, kein ſelbſt=
ſüchtiges
Stveben in unſerer Partei Naum gewinnen. Heute ſicht aus, daß die deutſche Regierung die Lage gut in der Hand
gilt nur eines: Mit heißem Herzen für die Rettung Deutſch=
Ausſtreuungen Euer Ohr! Haltet Diſziplin, glaubt an Euere
Führer, glaubt an Euere Zukunft!
Amtliche Richtigſtellung franzöſiſcher
Verdächtigungen.
Berlin, 26. Sept. (Wolff.) Zu der Havasmeldung, die
es für ungenügend erklärt, daß die Reichsregierung lediglich fünf
Gegen die ſozialdemokratiſchebürgerliche Verordnungen zur Organiſierung des paſſiven Widerſtandes
außer Kraft geſetzt habe, während ihrer 100 erlaſſen worden ſeien, nicle hebt hervor, daß die deutſche Eigenſchaft, die Diſziplin, die
iſt feſtzuſtellen, daß tatſächlich nur fünf Verordnungen mit Ge= Deutſchen noch nicht ganz verließe, denn es ſcheine jetzt klar, daß
nun ebenfalls im Reichsgeſetzblatt als aufgehoben erklärt wor=
den
. Die übrigen beſtanden ausſchließlich in Verwaltungsan=
weiſungen
ohne Geſetzeskraft, die niemals im Reichsgeſetzblatt
verkündet worden waren, deren Aufhebung demgemäß auch jetzt
nicht im Reichsgeſetzblatt erfolgen kann. Sie werden auf dem
gleichen Wege, auf dem ſie erlaſſen wurden, nämlich durch direkte
Erlaſſe der dafür zuſtändigen Stellen zurückgenommen werden.
Dieſe Tatſache wurde geſtern in einem Aufruf des Miniſters für
die beſetzten Gebiete zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Der Reichsminiſter für den
Wiederaufbau hat am 28. September die Bekanntmachung vom
freien Verkehr an Frankreich und Belgien aufgehoben.
Miniſtererlaſſe für Eiſenbahn= und Poſibeamte. Der engliſche Schatzkanzler über die Pariſer
TU. Berlin, 29. Sept. Zu dem Aufruf der Reichsregie=
rung
vom 26. September veröffentlicht der Reichspoſtminiſter
einen Erlaß, wonach auch im Bereich der Reichspoſt= und Tele=
graphenverwaltung
den bisher bekämpften Anforderungen der
Einbruchsmächte kein weiterer Widerſtand mehr entgegengeſetzt
werden ſoll und die Beamten, Angeſtellten und Arbeiter von dem
paſſiven Widerſtand abzulaſſen haben. Der Reichspoſtminiſter
ſpricht allen Beamten uſw., die treu zu ihrer Pflicht geſtanden
haben, den Dank und Anerkennung der Verwaltung aus und er= und vor Poincarékapituliert habe. Leute, die dieſen
bannten und von ſchwerer Kerkerhaft oder ſonſtigen Unbilden
Betroffenen ſeine größte Fürſorge zuzuwenden. Alle Erlaſſe
und Verfügungen, die zur Abwehr des Ruhreinbruches und der
ſonſtigen Zwangsmaßnahmen der Einbruchsmächte ergangen keinen Unterſchied zwiſchen dem Ziele Frank=
ſind
, werden aufgehoben. Die Poſtanſtalten ſind ermächtigt, den
Poſt=, Telegraphen= und Fernſprechverkehr den Beſatzungsmäch=
ten
im altbeſetzten und Einbruchsgebiet uneingeſchränkt zu ver=
mitteln
, etwaigen Requiſitionen, Zollkontrollen, Zenſurvorſchriften zug auf die beſten und praktiſchſten Methoden, um dieſe Repara=
oder
Beförderungsverboten keinen Widerſtand mehr entgegen=
zuſetzen
und dafür zu ſorgen, daß der Poſt=, Telegraphen= und
Fernſprechverkehr im Intereſſe der ſchwer leidenden Bevölkerung
ſobald als möglich wieder in Gang gebracht werde.
lichten Erlaß die ſeinerzeit ergangenen Anordnungen aufgehoben, nicht war, Deutſchland zu vernichten oder es in Bruchſtücke zu
heute die deutſchen Eiſenbahner durch Plakate aufgefordert, den
Dienſt wieder aufzunehmen. Jeder, der ſich meldet, muß einen
Schein unterſchreiben, in dem er den franzöſiſchen Zivil= und
Militärſtellen, insbeſondere der Regie, mit Eifer und Ergeben=
keine
Aenderung eingetreten.

Ablebnung franzöſiſcher Arbeitsaufforderung.
Kray, 29. Sept. (Wolff.) Hier wurden die Eiſen=
bahner
von der franzöſiſchen Beſatzung aufgefordert, die Ar=
beit
aufzunehmen, andernfalls ſie in ſechs Tagen ausgewieſen
werden würden. Die Eiſenbahner lehnten das Anſinnen
nichts, was mit der Ehre und der Zukunft Deutſchlands unver= zuwarten hätten. Dasſelbe Anſinnen wurde auch den Eiſen=
Engliſches Intereſſe an Oeutſchlands Stabilität
London, 29. Sept. (Wolff.) Die Blätter drücken die An=
zu
haben ſcheine. Der Sonderberichterſtatter des Daily Expreß
lands arbeiten und wirken. Leiht nicht böswilligen und törichten in Berlin glaubt, daß es dem Reichskanzler Streſemann gelin=
gen
werde, das Land aus der ſchlimmſten Kriſis, in der es ſeit
dem Waffenſtillſtand ſtehe, durch alle Schwierigkeiten hindurch=
zubringen
. Daily Chronicle, das Intereſſe der Alliierten an der
Stabilität Deutſchlands hervorhebend, ſchreibt, die Bedingung
für den Abſchluß des neuen Uebereinkommens, das Deutſchland
Intereſſe haben werde zu erfüllen, ſei, daß die Berliner Regie=
rung
ihre Macht über die Nation behält und die Einheit bildet,
mit der zu verhandeln möglich ſei. Es ſeien Anzeichen vorhan=
den
, daß gewiſſe Elemente der franzöſiſchen öffentlichen Mei=
nung
, die wirkliche Reparationen wollen und nicht nur darauf
aus ſind, Deutſchlland zu zerſtückeln, dies einſehen. Daily Chro=
die
Imhaber der Macht in Berlin und München nicht Gegner
ſetzeskraft im Reichsgeſetzblatt veröffentlicht waren. Dieſe ſind oder Rivalen ſind, ſondern harmoniſch an demſelben Strick zie=
hen
werden.
Verſieckie Annektion.
* Prag, 29. Sept. (Priv.=Tel.) Philippe Millet ſchreibt
in der Prager Preſſe: Die Stellung Frankreichs und Belgiens
ſei auch nach der Einſtellung des deutſchen paſſiven Widerſtandes
ganz einfach vorauszuſehen. Die engliſche Auffaſſung, daß
Frankreich einen Zahlungsplan ausarbeiten würde, ſei irrtüm=
lich
. Frankreich und Belgien würden den Standpunkt vertreten,
daß jetzt erſt das Pfand im Ruhrgebiet anfange aktiv zu wer=
den
, und daß ſie ruhig abwarten könnten, was Deutſchland für
Vorſchläge machen, es welcher Weiſe es ſeine Zahlungen erledi=
gen
und die beſetzten Gebiete zurückerhalten wolle. Frankreich
und Belgien ſeien entſchloſſen, 31 Milliarden Goldmark
13. Januar über die Einſtellung der Reparationsleiſtungen im zu fordern. Eine Räumung des Ruhrgebiets vor vollſtändiger
Zahlung dieſer Summe ſei gänzlich unwahrſcheinlich.
Beſprechung.
London, 29. Sept. (Wolff.) Schatzkanzler Meville
Chamberlain erklärte geſtern in einer Rede in Birmingham
über den Beſuch Baldwins in Paris, Ramſay Macdonald
habe ebenſo wie andere zum Ausdruck gebracht, daß, wenn
Baldwin den Franzoſen ſo ſehr gefallen habe, der Grund da=
für
geweſen ſein müſſe, daß er ſeine Meinung geändert
achtet es für ſeine vornehmſte Pflicht, den aus der Heimat Ver= Erklärungen glaubten, kennten den britiſchen Premierminiſter
nicht, der ebenſowenig ſeine Anſicht grundlos in einigen Mona=
ten
ändern würde, wie er behaupten würde, es beſtehe ein Ein=
vernehmen
, wenn kein Einvernehmen vorhanden ſei. Es gebe
reichs, und dem Englands; beide Länder wünſchten die
Bezahlung der Reparationen zu erhalten, die
Deutſchland durch den Friedensvertrag auferlegt wurden; aber
England ſei anderer Anſicht als die Franzoſen geweſen mit Be=
tionen
zu erhalten. Baldwin habe jenes perſön=
liche
Vertrauen zwiſchen den Leitern Englands
und Frankreichs wieder hergeſtellt, das ſo lange
fehlte und das die Urſache ſo vieler Mißverſtändniſſe und Un=
Nachdem die Reichsregierung den Abwehrkampf an Rhein, einigkeiten geweſen ſei. Chamberlain ſagte weiter: Wir nehmen
und Ruhr abgebrochen hat, hat der Reichsverkehrsminiſter durch aufrichtig die wiederholt von Frankreich abgegebenen Erklärun=
einen
im Reichsverkehrsblatt vom 28. September 1923 veröffent= gen an, daß das Ziel, womit es in das Ruhrgebiet einmarſchierte,
TU. Eſſen, 29. Sept. Die franzöſiſche Eiſenbahnregie hat ſpalten, ſondern die Bezahlung ſeiner gerechten Schuldforderun=
gen
ſicher zu ſtellen. Durch die Tatſache, daß Baldwin die Hal=
tung
Frankreichs vollſtändig zu einer freundſchaftlichen und ver=
trauensvollen
umwandelte, iſt England jedenfalls jetzt, wo der
paſſive Widerſtand der Deutſchen zu Ende geht, und dadurch
heit zu dienen verſpricht. Das Dienſtverhältnis ſoll durch ein eine neue Lage entſteht, in der günſtigen Stellung, die geſam=
Statut neu geregelt werden. Im Beſatzungsregime ſelbſt iſt ten Fragen mit Frankreich wieder aufzuneh=
men
, möglicherweife eine gemeinſame Politik zu entwickeln.

* Darmſtädter Ausſtellungen.
Kunſt und Keramik.
Die neuen Räume der Ausſtellung Kunſt und Keramik
Drgen ſeit der Wiedereröffnung eine Fülle von koſtbaren und
Khönen Dingen, die eine zielſichere und geſchmackvoll arrangierte
Aufſtellung gefunden haben.
Sehr repräſentativ wirken die neuen Räume im Parterre,
bie der Beſucher der Ausſtellung zuerſt betritt. In einem har=
moniſchen
Zuſammenklang von Grau, Braun und Gelb im
Grundton geſtimt, der durch die indirekte Beleuchtung ein be=
ſonders
feſtliches Gepräge erhält, ſind hier in einer von Well
Habicht mit ſchönen Plaſtiken künſtleriſch ausgeſtatteten Niſche
koſtbare Qualitätskriſtalle; ferner ſtildolle Lampen nach Künſt=
lerentwürfen
, unter denen beſonders die von Meiſel auf=
fallen
, dann künſtleriſche Keramiken und Porzellane, Meſſing=
garnituren
aus den Münchener neuen Kunſtwerkſtätten uſw.
ausgeſtellt. In tiefblauen Halbbogenniſchen über den Ausſtel=
lungsſchränken
, die rings die Wände umziehen, ſtehen große
keramiſche Figuren= und Gruppenplaſtiken als dauernder künſt=
leriſcher
Schmuck des Raumes. Ganz neuartige Beleuchtungs=
körper
der Max Rösler A.G., Rodach i. Th., geben Lichtquelle
und ſind geſchmackvolle Ausſtattungsſtücke.
Die oberen Räume enthalten wiederum eine Reihe von Son=
derausſtellungen
, in denen, was ein Vorzug der Kunſt und Kera=
mik
iſt, die Wirkungen der Kunſt= und kunſtgewerblichen Erzeug=
niſſe
im Wohnraum überzeugend vermittelt werden, und
zwar mit Einſchluß der Gemälde. Das grüne Zimmer birgt
die Ausſtellung eines Speiſezimmers mit ſchweren wuchtigen
Möbeln in holländiſchem Barock (Firma Glückert). Die ge=
deckte
Tafel ſchmücken koſtbare Stücke des Nymphenburger Jagd=
aufſatzes
ganz in weiß, in der zarten und doch ſo ausdrucksvollen
Modellierung und Kompoſition, die in der lebendigen Bewegung
der Gruppen und Einzelfiguren Triumphe feiert. Ferner das
ſog. Königsgeſchirr, von dem jeder der feinen Porzellandeller
und Schalen eine beſondere Anſicht aus der Umgebung Nym=
phenburgs
zeigt. So iſt jedes Stück einem Original gleichwert.
Bilder von Schels, Theſing und anderen, Konſolen mit Plaſtiken
ſchmüchen die Wände.
Das lila Zimmer enthält vornehmlich Porzellan. In
Vitrinen ſteht eine Sammlung der neueſten Erzeugniſſe auf die=
ſem
Gebiet, die ſogenannte Feuerkunſt von Roſenthal. Schalen,
Teller und Vaſen in eigewartiger Kriſtallglaſur, von zartem, reiz=
vollem
Zufallsmſter in den Kriſtalliſierungen der Glaſur, die
auch dieſen Stücken den Stempel der Originalität aufdrücken.
Dann ſind hier entzückende neue Arbeiten, von Meiſel, Rauch=
verzehrer
und Vaſen, in einer kleinen Vitrine ganz reizend kom=

ponierte Einzelfiguren einer chineſiſchen oder japaniſchen Muſik=
kapelle
von feinem Humor und ſchöner Farbenwirkung, Amoret=
ten
, Lampen und Nippes, Erzeugniſſe der Schwarzburger Werk=
ſtätten
, und vieles andere. Immer wieder kann man die Arbei=
ten
Meiſels, ſeine feine Modellierung und vor allem ſeine Kennt=
nis
des Materials und die Fähigkeit, dieſe zum wirkungsvollen
Ausdruck zu bringen, bewundern.
Das gelbe Zimmer iſt ganz auf chineſiſch=japaniſch ge=
ſtimmt
, d. h. es ſind hier keine ausgeſprochenen Nachahmungen
öſtlicher Kunſt, wohl aber Anklänge, in denen Löſungen gefun=
den
wurden, die ſich unſerem Geſchmack gut anpaſſen. Die eigen=
artigen
Möbel der Firma Alter ſind nach japaniſchem Vor=
bild
in ſchwarzem Lack mit reizvollen Bildverzierungen in mat=
tem
Gold gehalten. Ausgezeichnet die techniſche Arbeit und künſt=
leriſch
der Endwurſ. Beſonders wirkſam iſt die hohe feine Steh=
lampe
in gleichem Stil. Die Tafel ziert Porzellan weiß mit
grünem Henkel der Firma Hutſchenreuther, das zwar
nicht von gleichem Stil iſt, ſich aber in der luſtigen Farben=
zuſamenenſtellung
recht gut einfügt.
Im blauen Zimmer ſtehen Vitrinen und Regale mit
Erzeugniſſen von Sebald=Karlsruhe, eine Art Steingut ( Ton=
ſcherben
), Teller, Vaſen und Gebrauchsgegenſtände, meiſt mit
reizvollem Ornamentſchmuck oder figürlichem Zierart in grün auf
weißem Grunde nach altengliſchen Vorbildern. Drei große Pla=
ſtiken
(weibliche Figupen) in kolorierter Glaſurkeramik von
Meiſel bezeugen wiederum das von dieſem Künſtler bereits
oben Geſagde. Eine große Etagere birgt eine große Kollektion
Münchener Keramik, die koſtbare Stücke enthält.
Im lila Zimmer ſteht die Tiſchvitrine mit den veizenden
Stücken der Meißener Porzellan=Geldſammlungen und ſonſtigen
kleinen Gedenkplaketten. Eine weitere Vitrine enthält ein ganz
eigenartiges Schachſpiel in Porzellanfiguren nach Entwürfen
von Meiſel. Jede Einzelfigur dieſes Spiels iſt ein kleines
Kunſtwerk in Modellierung und Kompoſition und in der Be=
tonung
des Materialechten. Auch hier wieder Anlehnung an
Japan=China, aber doch recht eigenartig im Entwurf. Weiß
ſind dieſe Figuren und rot mit zartem Goldſchmck. Die
ſtaatliche Werkſtätte Meißen ſtellt drei Tierfiguren
nach Entwurf von Auguſt Gaul aus, die natürlich gut ſtudiert
und modelliert ſind, denen aber das Charakteriſtikum des Mate=
rials
fehlt. Viel beſſer kommt dieſes in der in gleicher Gruppe
ſtehenden Eule von Max Eſſer zum Ausdruck mit ihren
weichen, vollen, fließenden Formen, der watte Glanz nur in dem
ſchärfer betonten Geſicht und den Fängen durch Härte des Glan=
zes
gehoben. Ein ſtiliſierter Bronzekopf von Anthes, eine
ſtark ausdrucksvolle und feine Arbeit, nimmt ſich in dieſer Ge=
ſellſchaft
recht eigenartig aus.
Der Vortragsſaal endlich enthält außer einer Vitrine mit

kunſtgewerblichen Handarbeiten eine Reihe moderner Gemälde.
Thefing hat ein Stilleben von Kakteen mit einem weißen
Glashirſch ins Gigantiſche projiziert und mit viel Farbigkeit eine
phantaſtiſche Märchenlandſchaft geſchaffen von ſtarker Bildwir=
kung
und eigenartiger Stimmung. Alexander Poſch iſt mit fein
und geſchmackvoll kolorierten Interieurs und Stilleben, Pfeil
mit Porträts und mehreren ſeiner köſtlichen Karikaturen, Rich=
ter
ebenfalls mit Stilleben und ſtimmungsvollen reichinhalt=
lichen
Landſchaften vertreten, ſo daß die Gruppe Poſch=Pfeil=
Richter gut repräſentiert iſt. Von ſtarkem Talent zeugen die
Werke des jungen Darmſtädter Vielmatter, deſſen farbig
reiches Selbſtporträt von zwingendem Ausdruck iſt und ausge=
zeichnet
charakteriſiert. Von dem gleichen Künſtler liegt auch ein
Mappenwerk (Radierungen) aus, von dem einige Blätter meiſter=
haft
ſind, die aber in der Geſamtheit die ſtarke Individualität
des jungen Künſtlers in der Kompoſition und der Linienführung,
beſonders in der Licht= und Schattenwirkung der Schwarzweiß=
kunſt
bezeugen.
Weiter ſind Hofferberth, Hallerſtede und Auguſt
Soeder ſehr gut vertreten; Hofferberth mit Stilleben von
indereſſantem Farbenzuſammenklang, Hallerſtede mit flächia ge=
maltem
, bewegten Seeſtück und Genres, Soeder mit großen Ge=
mälden
von ſtärkſter Farbenwirkung und guter Charakteriſierung
(Sturm an der Oſtſee!)
U. St.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Bühnenjubiläum. Am 1. Oktober d. J. feiert
Generaldirektor, W. Römheld=Darmſtadt ein Dopteljubi=
läum
: das 30jährige Bühnenjubiläum als Schauſpieler, indem
er mit dem 1. Oktober 1893 als erſter jugendlicher Held an das
Stadttheater in Lübeck verpflichtet wurde, und das 25jährige
Jubiläum als Theaterleiter, da er im Oktober 1898 die Leitung
ſeiner erſten Gaſtſpielturnee in Berlin übernahm. Von dem
Schauſpieler entwickelte ſich W. Römheld zum Regiſſeur und
dann bald zu dem Leiter eigener Unternehmungen. In ſeiner
Vaterſtadt Darmſtadt entfaltete Römheld in dem Saalbau= und
Woogsplatztheater eine rege Tätigkeit. Strindberg, Tolſtoi, Gorki
und Wedekind wurden von ihm in Darmſtadt eingeführt. Be=
deutende
Gäſte, wie Agnes Sorma, Matkowski, Adele Sandrock,
Sarah Bernhardt brachte er hierher. In den Nachbarſtädten
Mainz, Worms u. a. wirkte Römheld gleichfalls als Vorkämpfer
für moderne Kunſt. Während des Krieges wurde ihm die Gene=
roldirektion
verſchiedener Feldtheater übertragen. In den letzten
Jahren hat Direktor Römheld in Verbindung mit Bühnenvolks=
bildungsvereinen
u. a. muſtergültige Vorſtellungen in verſchie=
denen
Landſtädten veranſtaltet. In weiten Kreiſen wird man
ſeines Jubiläums mit Dank und Anerkennung gedenken.

[ ][  ][ ]

Nummer 220.

Seite 3.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 30. September 1923.

Bedrohliche Lage in Sachſen.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Der Verband ſächſiſcher In=
duſtrieller
in Dresden hat an den Reichskanzler ein Telegramm
gerichtet, daß er die politiſche Lagein in Sachſen für
ſehr ernſt halte. Nachrichten, die in den letzten Tagen ein=
gegangen
ſind, beweiſen, daß die Sicherheit der Produktion und
der leitenden Perſönlichkeiten noch immer bedroht ſind. Der Ver=
band
erſucht den Reichskanzler, allen Verſuchen entgegenzutreten,
die darauf ausgehen, den Ausnahmezuſtand wieder zu beſeitigen.
Sozialiſtiſch=kommuniſtiſcher Zuſammenſchluß.
U Leipzig, 29. Sept. Der Leipziger Volkszeitung zu=
folge
haben zwiſchen den Sozialdemokraten und Kommuniſten
in Leipzig Verhandlungen ſtattgefunden, als deren Niederſchlag
folgende Vereinbarungen bekanntgegeben wurden: Die Leitun=
gen
der V. S.P.D., K.P.D. und U. S.P.D. ſind zuſammengetre=
ten
und waren ſich darüber einig, daß die Gefahr für die Arbei=
terklaſſe
eine ſo drohende iſt, daß die Lage die höchſte Alarm=
bereitſchaft
der Arbeiter erfordert und daß die Selbſtſchutzorgani=
ſationen
beider Parteien eine Leitung zu bilden haben, die dieſe
Kampfverbände einheitlich führen ſoll. Die Parteien einigten ſich
darauf, fortlaufend in Verbindung zu bleiben, um gegebenenfalls
gemeinſam gegen die Gegner vorzugehen. Den Parteien bleibt
es unbenommen, ihrerſeits die notwendigen Vorbereitungen
für die Abwehraktion der Arbeiterklaſſe zu treffen.

Abgelehnte kommuniſtiſche Forderung.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Nach einer Meldung aus
Dresden hatte ſich die Kommuniſtiſche Partei an die Spitzenorga=
niſationen
der freien Gewerkſchaften mit der Aufforderung ge=
wandt
, mit ihr zuſammen eine politiſche Rettungsorganiſation zu
orga iſieren, um den Angriffen des Faſzismus gegen das deut=
ſche
Proletaitat entgegenzutreten. Die zuſtändigen Freien Ge=
werkſchaften
haben eine ablehnende Antwort erteilt, und erwarten
von allen Arbeitern, Angeſtellten und Beamten, daß ſie ſich von
dieſer trügeriſchen Parole der Kommuniſtiſchen Partei nicht; zu
unbeſonnenen Aktionen hinreißen laſſen.

Sächſiſches Oementi.
Dresden, 29. Sept. (Wolff.) Die ſächſiſche Nachrichten=
ſtelle
teilt mit: An der Meldung einiger Blätter, daß proleta=
riſche
Hundertſchaften in Sachſen aus ſtaatlichen Mitteln beſoldet
und unterſtützt werden ſollen, iſt kein wahres Wort.
Plünderungen von Lebensmittelgeſchäften.
Dresben, 29. Sept. (Wolff.) Aus Freiberg wird gemel=
det
: Geſtern durchzogen jugendliche Erwerbsloſe die Stadt. Am
Abend kam es wiederholt zu Plünderungen von Lebensmittelge=
ſchäften
. Reichswehrabteilungen ſäuberten die Straßen. Es
wurden derſchiedene Verhaftungen vorgenommen.
Verhandlungen um den Kohlenpreis.
Berlin, 29 Sept. (Wolff.) Die neuerliche Erhöhung der
Lebenshaltungskoſten haben für den Bergbau einen Schiedsſpruch
gezeiligt, der für die beſetzten Gebiete eine Lohnſteigerung um
75 Prozent und für das unbeſetzte Deutſchland um 50 Prozent
für die laufende Woche vorſieht. Infolgedeſſen ſchritten die Or=
gane
der Kohlenwirtſchaft geſtern zu neuen Preiserhöhungen.
Es wurde einſtimmig beſchloſſen, den Netto=Goldmarkpreis im
Ruhrkohlengebiet für Fettförderkohle von 20,98 auf 36,48 Gold=
mark
zu erhöhen. Da zu dieſem Preis noch die übrigen bekann=
ten
Auflagen, insbeſondere die Kohlenſteuer, treten, erhielt dieſer
Beſchluß einſtimmig folgenden Zuſatz: Der Reichskohlenverband
und der große Ausſchuß des Reichskohlenrates gehen bei dieſer
Beſchlußfaſſung über die Feſtſetzung der neuen Nettopreiſe, an=
geſichts
der Kohlenpreiſe davon aus, daß durch den Abbau der
Kohlenſteue: eine Erhöhung der Brutto=Kohlenpreiſe ( Brutto=
preis
für Nuhrfettförderkohle 38,45 Goldmark) um mehr als
5 Prozent vermieden wird.
Der für das Ruhrrevier gefaßte Beſchluß ſoll grundſätzlich
auch auf die übrigen Reviere ausgedehnt werden. Der Vertreter
des Reichswirtſchaftsminiſteriums beanſtandete für die im unbe=
ſetzten
Deutſchland liegenden Randzechen des Ruhrgebiets und
die übrigen deutſchen Reviere den Beſchluß inſoweit, als durch
ihn die deutſchen Kohlenpreiſe über die Weltmarktparität erhöht
werden. Der Beſchluß macht ſomit ſofortige Entſcheidung der
maßgebenden Stellen hinſichtlich der Kohlenſteuer notwendig, da
der Bergbau erklärte, daß er die erhöhten Löhne aus dem vom
Reichswirtſchaftsminiſterium zugebilligten Preis nur unter In=
anſpruchnahme
der Kohlenſteuer decken könne. Die entſcheidenden
Verhandlungen ſchweben zurzeit.

Wertbeſtändige Sieuern und Vereinfachung
des Steuerverfahrens.
* Berlin 29. Sept. (Priv.=Tel.) Der Finanzpolitiſche
Ausſchuß des vorläufigen Reichswirtſchaftsrates begann heute
die Beratung des ihm vom Reichsminiſter der Finanzen zur
Stellungnahine über den Entwurf eines Geſetzes über wert=
beſtändige
Steuern und Vereinfachung des Beſteuerungsverfah=
rens
. Der Vertreter des Finanzminiſteriums führte hierzu aus:
Mit dieſer Frage ſei die Vorbereitung einer endgültigen Löſung
des von allen als allmählig unhaltbar empfundenen Steuer=
ſyſtems
bearbeitet worden. Bei der Frage der Erleichterung des
Anlageverfahrens komme es darauf an, zu entſcheiden: Wo
lohne es ſich, eine Steuer einzuziehen, wo eine ſolche aufzu wer=
ten
, und wie ſeien die Rechtsmittel zu behandeln? Weiter be=
zeichnete
der Regierungsvertreter die Feſtſtellung der Vermögen
als notwendig im Hinblick auf die in Schwebe befindliche Wäh=
rungsbank
und auf die neue Brotverſorgungsabgabe. Beſon=
ders
ſchwierig liege die Entſcheidung der Frage, die in der Vor=
lage
angeſchnitten ſei und die eine Vereinfachung der Rechts=
mittel
vorſehe. Der Entwurf eines großen allgemeinen Steuer=
programms
fehle in der Vorlage noch, deshalb ſeien auch die
Einkommen= und Körperſchaftsſteuer noch nicht behandelt. Tech=
niſche
Gründe verhinderten die Löſung der Aufgaben auf ein=
mal
. Es müſſe ſchrittweiſe vorangegangen werden. In der Aus=
ſprache
wurden namentlich Bedenken erhoben gegen die Ein=
bringung
von Teilplänen in der Vorlage. Die weitere Verhand=
lung
wurde drei Arbeitsausſchüſſen übergeben, und zwar einem
für die Vermögens= und Erbſchaftsſteuer, einem für die Umſatz=
ſteuer
und einem dritten für die Kapital=, Verkehrs= und Börſen=
ſteuer
.
Ruhrkinder in Wien.
Wien, 29. Sept. (Wolff.) Geſtern traf wieder ein Zug
mit Kindern aus dem Rhein= und Ruhrgebiet hier ein, die in
Wien und der Umgebung, ſowie im Burgenlande Aufnahme fin=
den
. Zur herzlichen Begrüßung war der deutſche Geſandte und
Vertreter deutſcher Vereine anweſend. Etwa hundert Kinder
hatten in Eſſen und Remſcheid zurückbleiben müſſen, weil die
Franzoſen ihnen die Ausreiſe aus dem beſetzten Gebiet verwei=
gerten
.
Vor einer neuen Poincarörede.
Paris 29. Sept. (Wolff.) Die Havasagentur veröffent=
licht
eine Mitteilung über die Rede, die Poincaré am morgigen
Sonntag im Magsdepärtement zu halten gedenke. Sie werde
eine ganz beſondere Bedeutung haben im Hinblick auf die poli=
tiſchen
Ereigniſſe, wie ſie in der letzten Woche in Deutſchland, an=
räßlich
der Einſtellung edes paſſiven Widerſtandes, ſich zugetragen
haben. Der diplomatiſche Redakteur der Agentur glaubt zu wiſ=
ſen
, daß Miniſterpräſident Poincaré auseinanderſetzen
werde, an was man die effektive Einſtellung
des paſſiven Widerſtands erkennen könne,
die nach ſeiner Anſicht allen Verhandlungen mit Deutſchland vor=
ausgehen
mußten. Seit der Unterzeichnung des Vertrags von
Verſailles hätte die deutſche Regierung zuviel Beiſpiele ihres
ſchlechten Willens gegeben, als daß man ſich heute mit faden Ver=
ſprechungen
zufriedengeben könnte. Vor jeden Verhandlungen
müſſe das normale Regime, das vor der Beſetzung im Ruhrgebiet
und in den Rheinlanden beſtanden habe, wiederhergeſtellt und die
Sachlieferungen aufgenommen werden. Nur wenn Deutſchland
endlich ſeinen Willen kundgegeben habe, die Schäden zu reparie=
ren
, die es füſtematiſch angerichtet habe, könne man nutzbringen=
der
Weiſe Lie Verhandlungen beginnen, die zur Wiederaufnahme
von normialen Beziehungen zwiſchen beiden Ländern führen
könnten.

(rledigung der Korfu=Affaire.
Paris, 29. Sept. (Wolff.) Die Botſchafterkonferenz hat
heute die griechiſche Nationalbank angewieſen, dem italieniſchen
Regierungschef die 50 Millionen Lire auszuzahlen, die am 12.
September von der griechiſchen Nationalbank in der Schweiz de=
poniert
wurden. Die Havasagentur fügt hinzu, unter dieſen
Umſtänden könne man die Angelegenheit Korfus nunmehr als
endgültig erledigt betrachten.
TU. London, 29. Sept. Der Sonderberichterſtatter der
Daily Mail in Rom iſt vom italieniſchen Außenminiſter ermäch=
tigt
worden, in entſchiedener Weiſe in Abrede zu ſtellen, daß ita=
lieniſche
Schiffe ſich noch in den Gewäſſern der Inſel Korfu auf=
halten
. Die Inſel ſei mit den Regierungsgeſchäften den griechi=
ſchen
Behörden beveits übergeben worden und gleichzeitig habe
das italieniſche Geſchwader den Hafen verlaſſen und ſich nach
Tarent begeben. Allerdings habe die italieniſche Regierung, als
ſie erfuhr, daß Griechenland wit der Zahlung der 50 Millionen
Lire zögere, kleinen Schiffseinheiten den Auftrag erteilt, in der
Nähe von Korfu zu kreuzen, ſich aber außerhalb der Hoheits=
gewäſſer
der Inſel Korfu aufzuhalten.

Die Frage der deutſchen Minderheiten
in Polen.
Genf, 27. Sept. (Wolff.) Der Völkerbundsrat nahm
zu den beiden Gutachten des Invernationalen ſtändigen Gerichts=
hofes
über die Frage der deutſchen Minderheiten in
Polen Stellung.
Zunächſt erſtattete der braſilianiſche Delegierte Mello
Franco Bericht über das Gutachten vom 10. September, wo=
nach
der Internationale Gerichtshof in der Anſiedlerfrage den
Völkerbund für zuſtändig erklärt. Der Völkerbund müſſe daher
jetzt einen Entſchluß faſſen. Der Berichterſtatter erinnerte daran,
daß die polniſche Regierung die für die Ausweiſung gültigen
Friſten nicht verlängert hat und viele ihres Beſitzes beraubte
Deutſche infolgedeſſen nach Deutſchland geflüchtet ſind. Ueber die
dadurch geſchaffene Lage könne der Rat nicht entſcheiden, ſolange
die polniſche Regierung ſich nicht über ihre Abſichten äußere. Eine
neue Schwierigkeit entſtehe dadurch, daß mehreren Anſiedlern
ihre Nationalität beſtritten werde. Begreiflicherweiſe habe die
polniſche Regierung bis jetzt noch nicht zu dem Gutachten des
Ständigen Gerichtshofes Stellung nehmen können. Man müſſe
ſie daher erſuchen, möglichſt ſchnell ihre Auffaſſung mitzuteilen.
Mello Franco ſchlug die Annahme folgender Entſchließung vor:
Der Völkerbundsrat nimmt von dem Gutachten des Inter=
nationalen
Gerichtshofes vom 10. September über die internatio=
nalen
Verpflichtungen Polens hinſichtlich gewiſſer Anſiedler deut=
ſcher
Raſſe und polniſcher Staatsangehörigkeit Kenntnis und
lädt die polniſche Regierung ein, ihm vor der nächſten Tagung
mitzuteilen, wie ſie ſich die Regelung der Lage der be=
treffenden
Anſiedler denkt.
Der Vertreter der polniſchen Regierung, Skirmunt, er=
klärte
, daß die polniſche Regierung ſich ihr Urteil über die Ent=
ſchließung
und die Freiheit ihres weiteren Handelns vorbe=
halten
müſſe. Der Rat werde nicht beſtreiten, daß der pol=
niſche
Vertreter in dieſer Verſammlung keinen anderen Stand=
punkt
als im Haag einnehmen könne.
Der Rat nahm hierauf die Entſchließung an.
Nunmehr verlas Mello den Bericht über das Gutachten
des internationalen ſtändigen Gerichtshofes vom 15. September
über die Anwendung des Artikels 4 des polniſchen Minderheiten=
vertrages
, wobei der Gerichtshof ebenfalls die Frage der
Staatsangehörigkeit gegen Polen entſcheidet.
Der Berichterſtatter war der Anſicht, daß der Rat die Auslegung
des ſtändigen internationalen Gerichtshofes annehmen
müſſe. Aber hier erwüchſen ebenfalls praktiſche Schwierig=
keiten
, da auch in dieſem Falle Deutſchen, denen die polniſche
Staatsangehörigkeit abgeſprochen und die ſich nach Deutſchlaud
geflüchtet hätten, ihre Güter liquidiert wurden. Es ſei da=
her
angebracht, die gleichzeitig aus dem Minderheitenvertrage
erwachſenden anderen Fragen der Staatsangehörigkeit in Be=
tracht
zu ziehen, über die das engliſche Ratsmitglied eine Note
eingereicht hat.
Lord Robert Cecil ergriff darauf das Wort, um auf
die Notwendigkeit der raſchen Löſung der Fragen, die ſich aus
den Artikeln 3 und 4 ergeben, hinzuweiſen, und als beſte Löſung
direkte deutſch=polniſche Verhandlungen zu
empfehlen. Er beantragte die Annahme folgender Ent=
ſchließungen
:
1. Der Rat nimmt von dem Gutachten des internationalen
ſtändigen Gerichtshofes vom 15. September über Art. 4 Kennt=
nis
. 2. Er nimmt Kenntnis von der Note des engliſchen
Vertreters vom 13. September über die Anwendung des Art. 3
des Minderheitenvertrages. 3. Er fordert ſeinen Berichterſtat=
ter
auf, der polniſchen Regierung ſeine guten Dienſte für
die Prüfung dieſer Fragen, ſowie für die Anbahnung von Ver=
handlungen
zwiſchen der polniſchen und der deutſchen Regierung
anzubieten. 4. Er erſucht den Berichterſtatter, bis zur
nächſten Tagung einen neuen Bericht vorzulegen.
Skirmunt behielt ſich auch in dieſem Falle die Stellung=
nahme
der polniſchen Regierung vor. Er erinnerte daran, daß
bereits in Dresden direkte Verhandlungen mit Deutſchland ſtatt=
gefunden
haben, die unterbrochen wurden. Direkte Ver=
handlungen
ſeien um ſo wichtiger, als nicht nur das Schickſal
der Deutſchen in Polen, ſondern auch das Schickſal der Polen
in Deutſchland geregelt werden müßte. Er forderte die
Vertagung der von Ceeil eingebrachten Entſchließungen,
bis er Inſtruktionen von der polniſchen Regierung erhalten habe.
Cecil beſtand auf der ſofortigen Annahme der Ent=
ſchließungen
, Hanotaux unterſtützte jedoch nachdrücklichſt
den polniſchen Vertreter. Cecil betonte darauf, daß erſtens die
Entſchließungen ganz ſelbſtverſtändlich ſeien, da der Rat
dem Gutachten des Gerichtshofes auf jeden Fall zuſtimmen
müſſe, und daß die anderen Entſchließungen nur als An=
regungen
zu Händen der polniſchen Regierung aufzufaſſen ſeien.
Nachdem der Präſident ausdrücklich feſtgeſtellt hatte, daß es
ſich nur um Anregungen handele, wurden die Entſchließun=
gen
Cecils angenommen.

* Japan.
Von Dr. Fritz Mahlerwein.
(Schluß.)
Eine Urbevölkerung, die ſtarkbehaarten Aino, hatten
die Japaner, als ſie vom Feſtland, von Korea und der Mandſchu=
rei
, herüberſiedelten, erſt zu verdrängen. Der Aino, der ſich er=
halten
hat, iſt plump, der Japaner ſchlank und fein, aber nicht
ſchwächlich, wie man früher geglaubt hat. Zur Landestracht ge=
hören
weite, oft ſeidene Röcke, die durch Gürtel mit aufgedruckten
Symbolen zuſammengehalten werden. Sehr weite Hoſen gelten
als Zeichen hoher Würde; und weiß gelaſſene Kokarden an Aer=
meln
, Schultern und Bruſt kennzeichnen den Samurai, den Sol=
daten
und Offizier. Es iſt bekannt, daß die zierlichen japaniſchen
Frauen ihr ſchwarzes, glänzendes Haar mit dem Oel der Kamelie
geſchmeidig machen, ſich Hals und Geſicht mit weißer Paſte und
die Lippen korallenrot bemalen. So wenig wie narkotiſche kann
ſich der Japaner alkoholiſche Genußmittel, den Reisbranntwein,
Sake, verſagen. Das Familienleben ſoll ſeinerzeit manches zu
wünſchen übrig gelaſſen haben. Hoch aber wird ſchon lange die
japaniſche Kindererziehung geprieſen und man hat Japan früher
als Paradies der Kinder bezeichnet. Der Japaner iſt höflich und
anpaſſungsfähig und nimmt es an Würde und Zurückhaltung
mit dem Spanier auf. Daneben drängen ſich eingehender Beob=
gchtung
unvorteilhafte Charakterzüge, grobe Sinnlichkeit, Grau=
ſamkeit
und Argwohn auf. Buddhismus, Konfuzionismus und
Schintoismus, der Ahnendienſt, im Grunde eine dichteriſche An=
betung
der Heimat, herrſchen in Japan. Nur auf die merkwür=
digen
Dächer und Veranden ſeiner Holzhäuſer verwendet der Ja=
paner
ſo viel Sorgfalt wie für den Tempelbau. Von den 150 000
architektoniſch hervorragenden Tempeln des Landes ſind 30000
der lebensbejahenden heiteren Lehre des Schinto geweiht. Ein
Spiegel, in den nur der Würdige, ohne zu erröten, hineinſehen
kann, nimmt im buddhiſtiſchen Tempel der Japaner die bevor=
zugteſte
Stelle ein.
Die japaniſche Kultur trägt noch deutlich die Merkmale
hineſiſchen Urſprungs an ſich. Was von Europa entlehnt iſt,
liegt auf materiellem Gebiet. Im Beſitz aller Bedürfniſſe eines
verfeinerten Lebens hat der Japaner alle Verſuche der Europäer,
auf dem Inſelreich feſten Fuß zu faſſen. mit Beſorgnis um ſeine
nationale Eigenart zurückgewieſen. Mit 40 Jahren glaubte der
Japaner ſeine bürgerliche Pflicht erfüllt zu haben und zog ſich
in das Privatleben zurück, zum Träumen, zum Philoſophieren.
geiteres Vettändeln der Stunde, anmutige Gärten voll Blumen=

pracht, groteske Holzbauten, Blumenſpiele, Verſeſchmieden,
lachender Leichtſinn und mäßige Arbeit; dazwiſchen der Waffen=
klang
des ritterlichen Adels. So ſah das Leben in Japan vor
1854 aus. Danach iſt es anders geworden. Krieg und Eroberung
haben die alten Güter zum Opfer gebracht werden müſſen. Har=
ter
Dienſt in Fabriken, Mangel an ſozialer Fürſorge und neuer=
dings
grauſame Ausnützung der Kinderarbeit, treiben den Froh=
ſinn
bei den unteren Ständen aus. Das gehört mit zu den
Kehrſeiten der großen äußeren Erfolge.
Ungewöhnlich groß iſt der Beamtenapparat in Japan;
man hat im Scherz geſagt, daß in Japan die eine Hälfte der Be=
völkerung
die andere beaufſichtigt. Das Heer iſt nach preußi=
ſchem
Vorbild eingerichtet. Zur Flotte gehören Schiffe japa=
niſcher
und europäiſcher Bauart. Ein weißes Feld mit kreis=
runder
roter Scheibe iſt die Flagge Japans.
Der Ackerbau bildet die Grundlage der japaniſchen Kultur=
faſt
die Hälfte der Bevölkerung beſchäftigt ſich damit. Die Vieh=
zucht
ſpielt nur eine untergeordnete Rolle. Fiſcherei hingegen
wird von der ſeegewohnten Bevölkerung ſehr ausgiebig betrieben.
Forſtwirtſchaft wiederum Japan iſt ſehr waldreich
und Bergbau, dem ſich 1608 ſchon die Spanier widmeten, ſind
nicht ſo ausgebildet, wie ſie es ſein könnten. Die Edelmetalle
ſind anſcheinend erſchöpft. Nur im Norden hat man den Berg=
bau
auf Gold wieder eröffnet.
Unter den Produkten der Hausinduſtrien ſtehen die
Lackfabrikate, die ſich durch Härte und hohen Glanz auszeichnen,
an erſter Stelle. Das japaniſche Porzellan iſt wegen ſeiner voll=
endeten
Schönheit in Farbe und Form, wie ſie nur noch die
Emaille=Induſtrie verwendet, berühmt geworden. Auch die
Flechterei hat ſich hoch entwickelt. Die Metallinduſtrie erzeugt
vorzügliche Waffen und Gefäße und die Bronze= und Ziſelier=
Induſtrie leiſtet Hervorragendes. Japaniſches Papier iſt un=
übertrefflich
. Die Holzinduſtrie umfaßt die Schnitzerei und Her=
ſtellung
von Elfenbein= Schildpatt=, Horn= und Perlmutter=
arbeiten
. Der Hauptort für die Textilinduſtrie iſt Tokio. Gold=
brokat
, Damaſt, Krepp, Rips, Samt und Seide werden verfertigt
Einen Aufſchwung hat neuerdings die Zündholzfabrikation und
die Herſtellung japaniſcher Zigaretten gewonnen. Japaniſch ſind
noch die Bleiſtifte aus Satſumagraphit und Magnolienholz.
Alle dieſe Herrlichkeiten werden aus drei Häfen ausgeführt
aus Naggſaki, Kobe und Yokohama.
Die Hauptſtadt des Landes, Tokio (das heißt Oſthaupt=
ſtadt
, im Gegenſatz zu Kioto, der Weſthauptſtadt), das alte
Yeddo. wird vom O=aawa durchfloſſen, der es in einen flachen,
von zahlreichen Kanälen durchſtrömten und in einen hügeligen
Stadtteil gliedert. In dieſem erhob ſich früher inmitten ausge=

dehnter Park= und Gartenanlagen das 1870 abgebrannte Schloß
Oſchiro, um das ſich der größere Teil der 15 Stadtviertel Tokios
gruppierte. Die Schönheiten der Stadt mit den vielen Holz=
häuſern
werden verſchieden beurteilt, die Tempel, eine mehr=
ſtöckige
Pagode, und der ſteinerne Kaiſerpalaſt am meiſten ge=
rühmt
. Zur Verteidigung Tokios hat die Regierung fünf mäch=
tige
Forts mit Strandbatterien in das flache Waſſer des Hafens
einbauen laſſen, der Seeſchiffen unzugänglich iſt. Reges Leben
und Treiben in den inneren Stadtteilen machen einen großſtäd=
tiſchen
Eindruck. Zu den umfangreichſten Häuſern des Tokaido,
der Hauptſtraße, gehören die Seidenhandlungen. Auf dem vor=
ſtehenden
Balten des Dachfirſtes, oft durch einen phantaſtiſch ge=
ſchnittenen
Drachen mit geringeltem Schweif geziert, ſind ſie an
der Front des unteren Stockwerks kenntlich, das durch dichte
blaue Gardinen verhängt iſt. Waffenhandlungen fallen durch
die prunkvoll ausgeſtellten japaniſchen Schwerter auf, die denkbar
ſchönſten Hiebwaffen mit den wuchtigen leicht gekrümmten Klin=
gen
, in die charaktervolle Zeichnungen eingraviert werden.
Freude am Ornament macht ſich auch in den Hutläden bemerkbar.
Die Hüte haben Tellerformat, ſind aus Holz, außen ſchwarz und
innen rot lackiert und mit Zeichnungen von Vögeln, Fiſchen,
Drachen, Wolken und Meereswogen geſchmückt. Unerſchöpflich iſt
der Japaner in der Kunſt, ſolche Bilder von Inſekten, Vögeln,
Fiſchen zu varriieren. In ungezwungener Pinſeltechnik, aber
durchaus maleriſch werden ſolche Vorwürfe ſkizziert und oft auf
Seide gedruckt. Der Krepp gibt den Farben erhöhte Leuchtkraft
und Tiefe, und die Präziſion des Druckes iſt bewundernswert,
Faſt noch größere Freude findet man in Tokio an allen Erzeug=
niſſen
kalligraphiſcher Virtuoſität, an ſchönen Schriftſtücken und
am Schwung und Fluß der Schriftzüge. Jedes Wort iſt Symbol.
Kioto, die Weſthauptſtadt, iſt früher der Sitz des Mikado
geſpeſen. An ihn erinnert das alte Mikadoſchloß, ein zyklopiſches,
ausſchließlich aus Holz erbautes Labyrinth von Höfen, Gängen,
Treppen, Gemächern und Terraſſen. An die gleiche Zeit des
alten Japan erinnert das Schloß der Schongune mit ſtarken
Ringmauern, eine ſchweigſame alternde Größe, ein echt japani=
ſches
Bauwerk und klaſſiſches Denkmal japaniſcher Geſchichte.
Ein ähnliches Schloß, nur mit noch rieſigeren Umfaſſungs=
mauern
, beſitzt auch noch Oſaka, die größte japaniſche Indu=
ſtrieſtadt
. Vom Fiſcherdorf bis zum Haupthafen Japans hat
ſich Yokohama emporgeſchwungen,, mit Hotels nach europäi=
ſchem
Muſter, Teehäuſern, Spielhöllen, Theatern, die alle in
Mengen vorhanden ſind. Nicht weit davon iſt Jzumoſaki
gelegen, der feierliche Hauptort des alten heiligen Landes des
Schintoismus, mit uralten Tempelſchreinen und märchenhaften
Totenfeſten.

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Seite 4

Rummer 270

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 30. September 1923.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 30. September.
* Die Erhebungsweiſe von Stromgeld durch die Heag
iſt bereits in Nr. 269 Gegenſtand einer Aeußerung aus unſerem
Leſerkreis geworden. Dieſe und andere Zuſchriften, die dasſelbe
Thema behandeln, beweiſen zur Evidenz, daß die Heag mit die=
ſem
Geſchäftsgebaren die Einwohnerſchaft in helle Entrüſtung
verſetzt. Es geht nicht an, daß die Heag Vorauszahlungen in
ihr beliebig ſcheinender Höhe verlangt und die ihr zufließenden
Gelder in ihrem Nutzen verwendet, die ſo gezahlte Summe aber
bei der nachträglichen endgültigen Berechnung nur in entwerte=
tem
Geld in Rechnung ſtellt, mit anderen Worten: ſich alſo auf
Koſten des Stuomverbrauchers bereichert. Wir haben ſeither in
der Annabme gelebt, die Stadtverordnetenverſammlung würde
ſich mit dieſer Sache befaſſen, aber der vorzeitige Ausgang der
letzten Soadtverordnetenſitzung hat zur Genüge gezeigt, daß bei
der zurzeit beliebden Art der Geſchäftserledigung die Gemeinde=
intereſſen
notleiden.
Sofern mit uns die Einwohnerſchaft der Anſicht iſt, daß wir
noch in einem Rechtsſtaat leben, möchten wir uns der An=
nahme
nicht verſchließen, daß eine vorgeſetzte Aufſichtsbehörde
hier ſchleunigſt nach dem Rechten ſieht.
Ernannt wurden am 22. September 1923 der Oberlandesgerichts=
rat
Ludwig Lang in Darmſtadt zum Senatspräſidenten bei dem Ober=
landesgericht
Darmſtadt, der Oberſtagtsanwalt Jakob Hofmann in
Gießen zum Generalſtaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht in Darm=
ſtadt
, der Landgerichtsdirektor Dr. Ferdinand Stein in Darmſtadt zum
Präſidenten des Landgerichts der Provinz Oberheſſen, der Landgerichts=
rat
Heinrich Altendorf in Mainz zum Oberlandesgerichtsrat beim
Oberlandesgericht Darmſtadt, der Landgerichtsrat Adolf Müller, in
Darmſtadt zum Landgerichtsdirektor bei dem Landgericht der Provinz
Starkenburg, der Landgerichtsrat Friedrich Hoos in Darmſtadt zum
Oberſtaatsanwalt bei dem Landgericht der Provinz Oberheſſen, der
Landgerichtsrat Fritz Schade in Gießen zum Landgerichtsrat bei dem
Landgericht der Provinz Starkenburg, der Amtsgerichtsrat Ludw. Neu=
roth
in Daumſtadt zum Landgerichtsdirektor bei dem Landgericht der
Provinz Starkenburg, der Rechtsanwalt Joh. Schreiber in Ober=
Ingelheim zum Oberamtsrichter bei dem Amtsgericht Vilbel und der
Rechtsanwalt Hans Raab in Darmſtadt zum Landgerichtsrat bei dem
Landgericht der Provinz Starkenburg alle mit Wirkung vom 1. Okt.
dieſes Jahres.
In den Ruheſtand verſetzt wurde am 26. September der Ober=
rechnungsrat
bei dem Miniſterium für Arbeit und Wirtſchaft Wilhelm
Sieger zu Darmſtadt auf ſein Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner
langjährigen treuen Dienſte mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an.
Heſſiſches Landestheater. Am Sonntag, den 30. September, wird
im Kleinen Haus Eichendorffs Die Freier, welche unter Joſef Gielens
Spielleitung am Schluſſe der vorigen Spielzeit ſo erfolgreich in Szene
ging, wieder in den Spielplan aufgenommen. Zu der alten Beſetzung
(Gothe, Kuliſch, Schneider, Weſtermann, Jürgas, Ausfelder) treten
Marthe Hein als Gräfin, Joſef Gielen als Gärtner und Ferdinand
Faber als Jäger Viktor. Die Vorſtellung beginnt um 7½ Uhr und
fällt der Zuſatzmiete IX zu.
Geſchäftsiubiläum. Man ſchreibt uns: In eine Zeit ſchwerſter
Bedrüngnis des Buchdruckgewerbes fällt für die hieſige bekannte Firma
Ed. Roether, Buchdruckerei, G. m. b. H., Bleichſtraße 24, am
1. Oktober d. J. der Tag des 25jährigen Beſtehens (18981923
unter den jetzigen Inhabern. Nach Uebernahme der angeſehenen, ehemals
L. Brillſchen Offizin hatte Herr Eduard Roether, der nach 15jährigem
Wirken hier, noch vor dem Kriege, in frühen Jahren ſtarb, durch zeit=
gemäße
Weiterführung und fachmänniſchen Fleiß ſeine Firma zu neuer
Blüte gebracht, die nun ſeit mehreren Jahren von ſeinem herangewach=
ſenen
Sohn und Nachfolger geführt wird; auch in der Kriegszeit und
den folgenden ſchweren Jahren iſt, trotz aller widrigen Zeitläufte, zu=
nächſt
von der Witwe Ed. Roether, danach von ihrem Sohne, Herrn
Gerhart Roethe:, drucktechniſch weitergearbeitet worden. Von einer Ju=
biläumsfeier
iſt dem Vernehmen nach in der ſchwierigen Zeit Abſtand
genommen, doch bringt das Perſonal, von dem u. a. die Herren Hoch=
ſtätter
, Dingeldein, Mager, Aldick teils bis 50 Jahre in dieſem Betriebe
arbeiten, den Inhabern in freudiger Anteilnahme ſeine Glückwünſche
zum Jubiläumstage dar. Möge die Firma Roetherdruck, als ange=
ſehenes
Mitglied des Deutſchen Buchdruckervereins, im Darmſtädter
Buchdruck ehrenvoll und erfolgreich weiterbeſtehen.
L.. Erbebung von Verzugszuſchlägen zu Landes= und Gemeinde=
abgaben
. Eine auf Grund des Notparagraphen der Verfaſſung erlaſſene
Verordnung überträgt die in Art. III, § 1 des Geldentwertungsgeſetzes
in der Faſſung des Steuerzinsgeſetzes vom 11. Auguſt 1923 enthaltenen
Grundſätze hinſichtlich der Verzugsfolgen auf die ſtaatliche Grund=
und Gewerbeſteuer, erklärt auch das Finanzminiſterium für ermächtigt
dieſe Reichsvorſchriften auf andere Landesabgaben und ſonſtige Staats=
einnahmen
für anwendbar zu erklären. Auch Gemeinden und Gemeinde=
verbände
können mit Genehmigung des Miniſteriums des Innern ent=
ſprechende
Anordnung bezüglich ihrer Abgaben und ſonſtigen Einnahmen
treffen.
Arbeitgeberabgabe. Wir verweiſen auf die Bekanntmachung.
wonach der Reichsminiſter der Finanzen auf Grund des Artikel 4 8 5
des Geſetzes vom 11. 8. 1923 über die Beſteuerung der Betriebe ( Reichs=
geſetzblatt
1 S. 769) beſtimmt hat, daß für die Frage der Nichterhebung
von Kleinbeträgen jeweils die Höhe der Briefgebühr in der Mitte des
Zeitraums, für den die Abführung der Arbeitgeberabgabe erfolgt, maß=
gebend
iſt. Dieſe Beſtimmung findet erſtmalig auf die am 25. Septem=
ber
1923 fällige Abgabe Anwendung. Am 25. September 1923 werden
alſo z. B. Abgabebeträge nicht erhoben, wenn ſie nicht mehr als das
zweihundertfache der am 15. September 1923 in Geltung geweſenen ein=
fachen
Inlandsfernbriefgebühr, alſo den Betrag von 200X75 000
15 000 000 Mk. nicht überſteigen. Die Einzahlung der danach noch aus=
ſtehenden
Beträge kann bis ſpäteſtens 5. 10. 23 ohne Zuſchlag bei der
Finanzkaſſe erfolgen.
Rentenzahlung beim Poſtamt I Darmſtadt. Infolge nochmals
eingetretener Erhöhung der Oktoberbezüge erhalten nunmehr am erſten
Oktober die Invaliden= und Altersrentner 100 Mill. 1000 Mk., die Wit=
wen
= und Witwerrentner 60 Mill. 1000 Mk. und die Waiſenrentner 50
Mill. Mk., für jede Waiſe dazu 1000 Mk. Grundrente. Die Unfall=
rentenempfänger
mit Zulagen erhalten am 1. 10. für die Zeit vom 1.
10.15. 10. ebenfalls erhöhte Zulagen, die ſehr verſchieden ſind. Zweck=
mäßig
iſt es daher, die Beträge erſt beim Abheben einzuſetzen. Die
Unfallrentenempfänger, die ihre Beträge vierteljährlich beziehen, erhal=
ten
am 1. 10. durchweg 1000 Mk. für die Monate Oktober, November
und Dezember. Wann die Zahlung der Militärverſorgungsgebührniſſe
für den Monat Oktober erfolgt, wird noch bekanntgegeben werden.
Kartoffelverſorgung. Die Stadtverwaltung wird am näch=
ſten
Montag weitere Mengen Kartoffeln aufkaufen. Es iſt be=
abſichtigt
, dieſelben am Dienstag, den 2. Oktober d. J., von vor=
mittags
9 Uhr ab in den nachfolgenden Geſchäften unter den be=
kannten
Bedingungen verkaufen zu laſſen: Zahn, Holzſtraße 19;
Stoll, Heinheimerſtraße 4: Engel, Barkhausſtraße 1; Reiſen=
weber
, Viktoriaſtraße 52; Klös, Bleichſtraße 45; Lepper, Eliſa=
bethenſtraße
35; Klippel, Forſtmeiſterſtraße 10; Michel, Lud=
wigshöhſtraße
55; Feger, Orangerieallee 15: Debus, Nieder=
Ramſtädter Straße 57. Der Verkaufspreis wird in den Geſchäf=
ten
bekannt gegeben. Es wird ſchon jetzt darauf hingewieſen,
daß die Belieferung ſämtlicher Geſchäfte nur möglich iſt, wenn
genügende Mengen zur Verfügung ſtehen. Diejenigen Bevölke=
rungskreiſe
, die in der Lage ſind, ſich ſelbſt mit Speiſekartoffeln
zu verſorgen, werden gebeten, im Intereſſe der übrigen nichtver=
ſorgten
Bevölkerung von dieſer Ankaufsmöglichkeit keinen Ge=
brauch
zu machen.
Monats= und Wochenkarten. Die durch verſchiedene Blätter
gehende Notiz über angebliche Abſchaffung von Monats= und Wochen=
karten
iſt nicht richtig. Wochenkartenabſchaffung kommt überhaupt nicht
in Frage. Ob ſich die Monatskarten bei der fortgeſetzten kurzfriſtigen
Preisſteigerung auf die Dauer werden aufrecht erhalten laſſen, läßt ſich
mit Beſtimmtheit nicht ſagen. Jedenfalls aber werden für den Oktober
nach wie vor Monatskarten ausgegeben. Die Ausgabe kann jetzt erfol=
gen
, nachdem die Schlüſſelzahl, die vom 2. Oktober Gültigkeit hat, bekannt
geworden iſt.

Darmſtädter Fahrplanbuch. Montag, den 1. Oktober, tritt
auf den Reichsbahnſtrecken der Winterfahrplan in Kraft.
Eine Neuausgabe des Darmſtädter Fahrplanbuchs befindet ſich
in Vorbereitung und wird im Laufe dieſer Woche erſcheinen.
Orpheum. Neues Operettentheater Frankfurt
a. M. Heute Sonntag, 30. Sept., findet die letzte Aufführung Die kleine
Sünderin, Operette in drei Akten, Muſik von Jean Gilbert, ſtatt. (Näh.
ſiehe Anzeige.)
Tagesordnung zur Sitzung des Provinzialausſchuſſes der Provinz
Starkenburg am Mittwoch, den 3. Oktober 1923, vormittags 10 Uhr.
1. Geſuch des Theodor Volkmann zu Eberſtadt um Erlaubnis zum Be=
trieb
einer, Kaffeewirtſchaft verbunden mit Likörausſchank im Hauſe
Neue Darmſtädterſtraße 25; hier: Berufung des Geſuchſtellers gegen
das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Darmſtadt vom 29. Mai
1923; 2. Beſchwerde des Fahrradhändlers Georg Kolb zu Groß=Gerau
gegen den Beſchluß des Gemeinderates Groß=Gerau vom 21. Dezember
1922 wegen Abbruch eines Gebäudes; hier: Berufung der Gemeinde
Groß=Gerau gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Groß=
Gerau vom 24 4. 1923; 3. Ueberlaſſung der Wieſe am Glockenbuckel an
den Glöckner der kath. Kirchengemeinde Bürſtadt; hier: Berufung der
Gemeinde Bürſtadt gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes
Bensheim vom 19. 4. 1923; 4. Geſuch der Fa. Lederwerke Maingau,
Offenbach, Frankfurterſtraße 109 um Genehmigung zur Errichtung einer
Chromgerberei; hier: Berufung der Lederwerke Maingau gegen das
Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Offenbach a. M. vom 19. 3. 1923.

HHHAHABHHHHI
In der Stadt und durch unſere Agenturen
iſt der Bezugspreis des
Darmſtädter Tagblattes
für die Zeit vom 1. bis 14. Oktober auf
40 Millionen Mark, ferner
4 Millionen Mark Trägerlohn,
zuſammen 44 Millionen Mark, feſtgeſetzt.
Der Verlag.

u

L. Verwaltungsgerichtshof. 1. In der am 15. ds. Mts. verhandelten
Reviſionsbeſchwerde der Katharina Schönhals in Gießen gegen ihre
Heranziehung zur Wertzuwachsſteuer wird Urteil verkündet: Die Re=
viſionsbeſchwerde
der Kath. Schönhals wird zurückgewieſen. 2. Reviſions=
beſchwerde
der Heag, hier, gegen die Heranziehung zur Wohnungsbau=
abgabe
. Die Heag wurde am 31. 8. 1922 vom Oberbürgermeiſter zur
Wohnungsbauabgabe unter Berückſichtigung der Tatſache herangezogen,
daß 50 Prozent der Aktien im Beſitze der Stadt und 1 Prozent im Be=
ſitze
der Provinz ſich befinden, ſie erſtrebt weiter Ermäßigung um 37
Prozent, weil weitere Aktienteile im Beſitze der Kreiſe Dieburg und
Erbach, der Südd. Eiſenbahngeſellſchaft und letztere wieder im Beſitze
der Stadt Eſſen und weiterer wirtſchaftlicher Verbände ſich befinden.
Die ſich auf § 3 des Geſetzes gründende Reklamation hat der Landes=
ſteuerausſchuß
als unbegründet verworfen. Die Heag will eine Ermäßi=
gung
um volle 78 Prozent (37 und 51 Prozent) erreichen, da gemiſcht=
wirtſchaftliche
Unternehmungen eine beſondere Vergünſtigung hinſichtlich
der Wohnungsbauabgabe genießen, während der Landesausſchuß der
S. E. G. dieſe Qualität nicht zuerkennt. Der Vertreter des Staatsinter=
eſſes
, Oberfinanzrat Uhrig, erachtet nach der dem Wohnungsbauabgabe=
geſetz
in § 3 beigegebenen Begründung und der Entſtehungsgeſchichte der
Wohnungsbauabgabenovelle von 1923 die Rechtsbeſchwerde für unbe=
gründet
. Urteil: Die Reviſionsbeſchwerde der Heag wird zurück=
gewieſen
.
Lokale Veranſkaltungen.
Die Hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
Im Kaffee Fürſt Bismarck findet am Montag, den 1. Okk.
das Aintrittskonzert des Kapellmeiſters Willi Bahl ſtatt. (Siehe An=
zeige
.)
Aus den Parteien.
Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei. Näch=
ſten
Mittwoch, den 3. Oktober, wird Herr Generalſekretär Kollbach Ein=
drücke
ſchildern, die er in der jüngſten Sitzung des Reichsausſchuſſes der
Partei in Berlin empfing. Die Entwicklung der politiſchen Verhältniſſe,
die Maßnahmen der Regierung, die Stellung der Volkspartei und ihres
Führers Streſemann zur Lage dürften durch ſeine Darlegungen volle
Klärung finden. Es wird gebeten, ſich zu dieſem politiſchen Abend, der
gewiß weitem Intereſſe begegnen wird, zahlreich einzufinden, da auch
anſchließend die für die nächſte Zeit feſtgeſetzte Gründungsfeier der
Gruppe beſprochen werden ſoll.
Deutſche Demokratiſche Jugend. Am kommenden
Mittwoch, abends 8 Uhr, ſpricht Herr Studienrat Dr. Jakob über das
Thema: Das Jahrhundert der Verfaſſungskämpfe. Auch die Partei=
freunde
ſind herzlichſt eingeladen.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am kommenden
Dienstag findet eine Vorſtandsſitzung ſtatt, zu der alle Vorſtandsmit=
glieder
dringend eingeladen werden.

Preuß.=Süddeutſche Klaſſenlotterie.
Erhöhung der Gewinnbeträge und des Lospreiſes zur 4. Klaffe.
(Haupt= und Schluß=Ziehung.)
Entſprechend der gegenwärtigen Geldentwertung mußte ſich die
Lotterieverwaltung entſchließen, den Gewinnplan zu der am 22. Oktober
beginnenden und bis zum 14. November andauernden 4. Haupt= und
Schlußklaſſe nochmals umzugeſtalten und durch eine entſprechende zeit=
gemäße
Erhöhung der Gewinnſummen das Spiel in der Staatslotterie
wieder reizvoll zu geſtalten.
Das geſamte Spielkapital der Schlußklaſſe erhöht ſich nunmehr von
bisher rund 675 Milliarden auf nunmehr rund 37 298 Milliarden Mk.!
Die 2 Prämien von bisher je 4 Milliarden wurden auf je 500 Milliar=
den
und die 2 Prämien von bisher je 2 Milliarden auf nunmehr 250
Milliarden heraufgeſetzt! In derſelben Weiſe erhöhen ſich die Haupt=
gewinne
von bisher 4 zu je 4 auf 500 Milliarden, 4 zu je 3 auf 250
Milliarden, 4 zu je 2 auf je 100 Milliarden uſw., ſo daß nunmehr die
Möglichkeit beſtehr, im günſtigſten Falle auf ein Doppellos 2500 Milliar=
den
und auf ein Ganzes Los 1250 Milliarden zu gewinnen!
Der Lospreis mußte dementſprechend zur 4. Klaſſe auf 10 Millionen
für ein Achtel, 20 Millionen auf ein Viertel, 40 Millionen auf ein Hal=
bes
und 80 Millionen auf ein Ganzes Los feſtgeſetzt werden. Die Er=
neuerung
der Loſe muß ſeitens der bisherigen Spieler planmäßig 7
Tage vor Beginn der Ziehung erfolgen, alſo bis ſpäteſtens zum 15.
Oktober, worauf wir beſonders hinweiſen möchten, um den bisherigen
Spielern die durch das erhöhte Porto jetzt verteuerten Mahngebühren
zu erſparen, die planmäßig der Spieler zu tragen hat. Diefenigen Spie=
ler
, welche Vorauszahlungen geleiſtet haben, müſſen ebenfalls die ent=
ſprechenden
Mehrbeträge bis zu dem oben angegebenen Zeitpunkt an die
zuſtändigen Einnehmer abführen, wenn ſie ſich das unverkürzte Anrecht
an ihren Loſen erhalten wollen. Es gehen allen Vorauszahlern ſeitens
der Einnehmer Mitteilungen zu, nach welchen dieſelben, einſchließlich der
erwachſenen Selbſtkoſten nachzuzahlen haben für jedes:
Achtel Los
Viertel Los
Ganzes Los
Halbes Los
10,4 Mill.,
20,2 Mill.,
39,8 Mill.,
79 Mill.
Da die vier Wochen andauernde Haupt= und Schlußklaſſe ſtets die
Hauptgewinnchancen bietet, ſo empfiehlt es ſich für alle Spieler, für die
Erneuerung ihrer Loſe rechtzeitig Sorge zu tragen. In Anbetracht der
Geldentwertung muß der jetzige Lospreis immer noch als ein ſehr
mäßiger bezeichnet werden, der andererſeits dafür aber außerordentlich
günſtige Gewinnausſichten liefert, wie ſie wohl keine andere Staats=
lotterie
bieten kann.

Alkoholgegnertag in Darmſtadt.
Man ſchreibt uns: Einem Aufrufe folgend, unterzeichnet von der
Zentralſtelle zur Förderung der Volksbildung und Jugendpflege in Heſ=
ſen
, der Arbeitsgemeinſchaft der Darmſtädter Jugendverbände ſowie
dem Heſſiſchen Gauverband gegen den Alkoholismus, hatten ſich in der
Turnhalle am Woogsplatz Jugend, Eltern und Erzieher und Vertreter
des Gaſtwirtegewerbes ſehr zahlreich eingefunden, ſo daß der große Saal
bis auf den letzten Platz gefüllt war. Ein erfreuliches Bild, bot die in
Bünden organiſierte und in der Arbeitsgemeinſchaft zuſammengefaßte
Jugend, die mit Fahnen und Wimpeln und einem friſchen, frohen Lied
auf den Lippen, faſt vollzählig erſchienen war. Nadauſzenen, die nach
Einleitung, des Abends durch Herrn Avemarie bei den erſten Wor=
ten
des Redners, Herrn Univerſitätsprofeſſor Dr. Hans Schmidt aus
Gießen von der Gegenſeite einſetzten, mußten von der Polizei unter=
drückt
werden.
Herr Prof. Schmidt trat der Verſammlung entgegen als ein Mann,
dem es Ernſt um ſeine Beſtrebungen iſt. Weit entfernt, Fanatiker zu
ſein, konnte man ſeinen Worten entnehmen, daß es ihm innerſter Wunſch
und Wille iſt, nur für des Volkes Wohl ſeine Kraft einzuſetzen. Im
weiteren Verlauf ſeiner Ausführungen verſtand er es bald, die Auf=
merkſamkeit
aller zu feſſeln. Nicht einer Utopie nachjagend, nicht Kampf
anſagend, ſich ſtützend auf reiches Material und vielſeitige Erfahrungen,
deckte er alle die furchtbaren Schäden auf, die der innere Feind Alkohol
in Familie und am Volkskörper ſo tauſendfältig anrichtet, nicht zum
wenigſten in der Nachkriegszeit, wo die Menſchen durch jahrelange Stra=
pazen
und Entbehrungen nicht mehr ſo widerſtandsfähig ſind. Alle die
erſchreckenden Zahlen anzuführen, die Herr Profeſſor Schmidt ſeinen
Ausführungen zu Grunde legte, würde zu weit führen, ſie ſollten in
der Oeffentlichkeit aber weit mehr bekannt ſein. Es ſei nur hervor=
gehoben
, daß z. B. ſich die Ausgaben für Wiedergutmachung der Schäden
des Alkohols auf das Vierfache der Alkoholſteuern belaufen. Ein Ver=
brechen
ſei es, fuhr Redner fort, in der Jetztzeit, wo wir wahrhaftig
nicht im Ueberfluß leben, wertvolle Nahrungsmittel zu vergeuden und
ihren Nährwert durch Umſetzung in Spirituoſen weſentlich herabzuſetzen,
und dazu eine Schädigung an Körper und Geiſt, wo es doch gilt, mög=
lichſt
raſch wieder eine Geſundung des Volksganzen herbei zu führen.
Dem Vortrag folgte eine lebhafte Ausſprache von Freunden und
Gegnern. Faſt alle Diskuſſionsredner, für und wider, waren Arbeiter
und es war nicht unintereſſant, nun die verſchiedenſten Meinungen hier
zu hören. So die eine, daß nur der arbeitsfähig ſei, der ſich durch
eine Flaſche Bier dazu geſtärkt habe und daß ein Alkoholverbot nichts
anderes bezwecke, als den kleinen Mann, den Arbeiter, nun auch noch
um einen allerbeſcheidenſten Lebensgenuß, ſeinen Schoppen zu bringen.
Eine Entgegnung lautet dahin, daß es ein Hohn ſei, daß der Arbeiter
täglich Geld für entbehrlichen Biergenuß ausgibt und für ſeine Partei=
zeitung
, ein gutes Buch, ein gutes Bild oder Konzert nichts mehr übrig
hat. Ein anderer Redner betont, daß der Nahrungsmangel nicht allein
durch Alkoholgenuß bedingt ſei, die Bauern ſeien Schuld, die Getreide
und Kartoffeln zurückhalten. Herr Lehrer Hiffmann, der zweite
Redner des Abends, teilt u. a. mit, daß in der Zeitung der Spiritus=
induſtriellen
ſelbſt die Mitglieder gebeten wurden, angeſichts der unge=
heuren
Kartoffelnot in der erſten Hälfte dieſes Jahres die Kartoffelver=
arbeitung
einzuſtellch. 320 000 Zentner Zucker werden jährlich im Wein=
gewerbe
verbraucht. Wir verlangen das Gemeindebeſtimmungsrecht,
d. h. das Recht für alle Wähler und Wählerinnen, feſtzuſetzen, ob und
wieviele Alkoholſchankſtätten in ihrem Bezirk vorhanden ſein ſollen. Die
Brau= und Brennbetriebe ſollen ſich auf lebenswichtige Produktion um=
ſtellen
. Die Stadt will die Jugendherberge als Flüchtlingswohnung ein=
ziehen
, während ſie 330 Darmſtädter Wirtſchaften unangetaſtet läßt. Der
größte Teil der Gegenredner erkennt die Notwendigkeit, gegen den
Mißbrauch des Alkoholgenuſſes, gegen die Trinkunſitte, Maßnahmen zu
ergreifen. Ein weiterer warnt vor Fanatismus. Wenn das Volk ſo
aufgeklärt ſei, daß es aus Ueberzeugung ſich zu einem Alkoholverbot be=
kenne
, dann werde dieſes nichts mehr zu verhindern ſein.
Eine im Laufe des Sonntags von den Veranſtaltern des Abends
vorgenommene Probeabſtimmung in drei völlig getrennten Straßen,
Heinrich=, Lauteſchläger= und Feldbergſtraße, ergab bei zirka 1000 Wahl=
berechtigten
ein überraſchendes Ergebnis, nämlich 74,8 Prozent für ein
Alkoholverbot und 16,9 Prozent dagegen, bei einer Stimmenthaltung
von 8,3 Proz. Der zum Sonntag Nachmittag angeſetzte Demonſtra=
tionszug
mußte ausfallen. Statt deſſen verſammelten ſich die Jugend=
bünde
wieder zahlreich in der Turnhalle in geſchloſſener Verſammlung,
wo die Vertreter verſchiedenſter Organiſationen ihre Stellung zur Alko=
holfrage
im Einzelnen darlegten.
L. Sch.

0. Roßdorf, 28. Sept. Die Kulturarbeiten im Walde
mußten eingeſtellt werden, da kein Geld zur Auszahlung der Löhne der
Arbeiter vorhanden iſt. Die Einführung einer Getränkeſteuer
iſt vom Gemeinderat abgelehnt worden.
v. Eßerſtadt, 28. Sept. Arbeitsmarkt. In dieſer Woche ſind
hier 300 Arbeitsloſe, 250 Kurzarbeiter und 30 Ruhrhilfe=Empfänger, zu=
ſammen
alſo 580 unterſtützungsberechtigte Perſonen, gemeldet.
fl. Ueberau b. Reinheim, 27. Sept. Der Gemeinderat hat die
Einführung einer Getränkeſteuer für unſere kleine Gemeinde abgelehnt,
Das Cinkaufsgeld als Ortsbürger wurde auf 5 Millionen erhöht.
fl. König i. O., 28. Sept. Kochſchule. Da für die Kochſchule be=
trächtliche
Spenden zugeſagt wurden, hat der Gemeinderat, entgegen
ſeiner früheren Anſicht, beſchloſſen, weiterhin die Mittel zur Fortführung
der Kochſchule zur Verfügung zu ſtellen.
ds. Heppenheim a. d. Bergſtraße, 28. Sept. Man ſchreibt uns:
Was geht hier vor? Nach einem Aufruf, den das freie Gewerk=
ſchaftskartell
im Einvernehmen mit den beiden ſozialiſtiſchen Parteien
an alle freigewerkſchaftlich organiſierten Arbeiter der hieſigen Stadt und
Umgebung richtet und im hieſigen Verordnungs= und Anzeigeblatt ver=
öffentlicht
, werden ſämtliche freiorganiſierten Arbeiter zur Bildung eines
Arbeiterordnungsdienſtes, (ſoll wohl heißen: ſozialiſtiſche Arbeiter=
wehr
??) aufgerufen. Stadtratsſitzung. In der geſtrigen
Stadtratsſitzung entwarf der Bürgermeiſter ein Bild über die derzeitige
finanzielle Lage der Stadt, die er durch die fortgeſetzte von Tag zu
Tag wachſenden Ausgaben der Koſten für ſoziale Fürſorge, für Sozial=
und Kleinrentner, Erwerbsloſe, Kurzarbeiter u. dgl., die ungeheure
Summen verſchlingen, als beſonders traurig bezeichnet. Infolgedeſſen
habe die Finanzkommiſſion, um die Stadtkaſſe in den Stand zu ſetzen,
für die nächſten Wochen ihren Verpflichtungen nachzukommen, die ganze
Sachlage eingehend geprüft und ſei zu dem Beſchluß gekommen, von
der Grund= und Gewerbeſteuer 1923 einen dritten Vorſchuß in Höhe
des 10 000fachen Betrages des Heberegiſters für 1923 zu erheben, mit
dem Zuſatz, daß, wer die Hälfte der Beträge bis zum 5. Oktober d. J.
noch nicht bezahlt hat, das doppelte dieſes Betrages, und wer mit der
zweiten Hälfte, die am 25. Oktober d. J. fällig iſt, im Rückſtand bleibt,
das 4fache zu bezahlen hat. Gleichzeitig wird vorgeſchlagen, die Pacht=
preiſe
um das dreifache der in der Liſte vom 8. 9. 23 aufgeführten
Sätze zu erhöhen, mit der Maßgabe, daß die Beträge ſpäteſtens bis
1. Oktober d. J. zahlbar ſind, andernfalls der vierfache Betrag dieſer
neuen Beträge zu entrichten iſt. Beide Vorſchläge wurden nach ein=
gehendſter
Ausſprache angenommen. Kartoffelverſorgung.
Der Bürgermeiſter gibt bekannt, daß er verſchiedene Händler beauftragt
habe, genügend Kartoffeln für die Einwohnerſchaft herbei zu ſchaffen
und verſpricht, daß die Gemeinde alles tun wird, was in ihren Kräften
ſteht, um durch Kartoffelbeſchaffung die Bevölkerung über dieſe ſchwere
Zeit hinweg zu helfen; da jedoch die Aufkäufer große Anzahlungen lei=
ſten
müßten, ſo müſſe auch die Gemeinde von ihren Beſtellern größere
Vorauszahlungen verlangen, was auch erfreulicher Weiſe ſchon auf ſei=
nen
Aufruf hin geſchehen ſei. Betr. Ausführung des Reichs=
mietengeſetzes
, hier Beſtimmung der Betriebskoſten durch die Ge=
meinde
, wird beſchloſſen, daß anteilsmäßig von Mietern und Vermietern
als Betriebskoſten zu tragen ſind: Schornſteinfegergebüihren, Waſſergeld,
Müllabfuhr, Wohnungsbauabgabe, Kanalgebühren, Brandſteuer und
Grundſteuer. Für das laufende Jahr wird für das Waſſerwerk eine
Abzahlung, für den Waſſerzins ſtatt bisher 7 Mark pro Kubikmeter,
nunmehr 70 000 Mk. erhoben. Endgültige Feſtſetzung und Einziehung
wird am Schluſſe des Rechnungsjahres erhoben.
k. Langen, 28. Sept. Preisprüfungsſtelle. Hier wurde
eine Preisprüfungsſtelle errichtet, der ein zehngliedriger Ausſchuß von
Vertretern des Handels und Gewerbes angegliedert iſt.
ro. Seligenſtadt, 28. Sept. Die hieſigen Erwerbsloſen
haben bei der Gemeinde um Bereitſtellung von Notſtandsarbeiten nach=
geſucht
. Außerdem fordern ſie Beſchaffung von Lebensmitteln, Klei=
dungsſtücken
und Schuhwerk zu erträglichen Preiſen. Kartoffel=
verſorgung
. Die Gemeinde will die Kartoffelverſorgung für min=
derbemittelte
Perſonen in die Hand nehmen. Der Stadtrat hat zu die=
ſem
Zweck einen Kredit von 50 Milliarden Mark bewilligt. Die Flie=
gende
Brücke über den Main ſoll gründlich ausgebeſſert werden.

[ ][  ][ ]

Nummer 270.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 30. September 1923

Seite 5.

Die neuen Mieten.
Vom Heſſiſchen Miniſterium für Arbeit und Wirtſchaft
wird uns geſchrieben:
Das Miniſterium hatte die Zuſchläge zu der Grundmiete für
den Monat September auf 15 300 000 Prozent feſtgeſetzt.
Dieſe Feſtſetzung entſprach zum erſten Male einigermaßen den
tatſächlichen Bedürfniſſen. Sie ſollte, den Hausbeſitzer in Stand
ſetzen, nun auch wirklich die erforderlichen Reparaturen vor=
zunehmen
und die Häuſer und Wohnungen vor Verfall zu
ſchützen. Die außerordentliche Geldentwertung des letzten Mo=
nats
hat zur Folge gehabt, daß, ſoweit nicht die Miete verein=
barungsgemäß
im voraus bezahlt wurde, die am Schluß des
Monats September fällig werdende Miete todal entwertet wor=
den
iſt. Um endlich zu geregelten Zuſtänden zu gelangen, haben
wir ein anderes Berechnungsverfahren eingeſchlagen, das eine
gerechte Feſtſetzung der geſetzlichen Miete gewährleiſtet und das uns
von dem Herrn Reichsarbeitsminiſter zur Anwendung dringend
empfohlen wurde. Das Nähere hierüber iſt aus unſerer Be=
kanntmachung
vom 26. September 1923 (ſiehe Darmſtädter Zei=
tung
) erſichtlich.
Nach den Grundſätzen dieſer Bekanntmachung wird ſich in
Zukunft vom Monat Oktober ab die geſetzliche Miete (alſo
erſtmalig die Oktobermiete) wie folgt berechnen. Angenommen,
es iſt eine beſſere Arbeiterwohnung mit einer Friedensmiete von
360 Mark:
1. Zuſchlag für die Steigerung der Zinſen
1500 Prozent mal 288 Mk. (Grundmiete)
360 Mk.
2. 15 Prozent der Friedensmiete 54 Mk.
jährlich oder 4,5 Mk. monatlich, vervielfäl=
tigt
mit dem vor dem Tage der Fälligkeit
der Miete zuletzt bekannt gegebenen Lebens=
haltungsindex
. Derſelbe betrug am 24. 9. 1923
28000 000. Die Mieter, die für Oktober die
Miete im voraus bezahlen, haben für dieſen
Monat daher an Inſtandſetzungskoſten
28 000 000mal 4,5 .
126 000 000
zu zahlen.
(Für die Mieter, deren Miete erſt am 31. 10.
fällig iſt, iſt die im Oktober zuletzt bekannt
gegebene Lebenshaltungsindexzahl einzu=
ſetzen
.)
B. Verwaltungskoſtenzuſchlag 1 Prozent der
Friedensmiete 3,6 Mk. jährlich oder 0,3 Mk.
monatlich 28 000 000mal 0,3 . . . 8 400 000
4. Grundmiete . .. . ..

Die hiernach im geſamten zu zahlende Miete 134 000 648 Mk.
wozu noch
5. die Betriebskoſten treten, die außer den Ver=
waltungskoſten
nach Höhe der tatſächlichen
Ausgaben des Vermieters auf die Bewohner
des Hauſes umgelegt werden.
Dieſe Mieten erſcheinen auf den erſten Blick wohl hoch. Sie
ſtehen aber in keinem Verhältnis zu dem im Frieden gezahlten
Prozentſatz an Miete. Der hier berechnete Geſamtbetrag der
Miete, einſchließlich Betriebskoſten, iſt nicht höher als der vier=
ſtündige
Arbeitslohn eines Bauhandwerkers.
Zugegeben wird ohne weiteres, daß für gewiſſe Schichten
der Bevölkerung Erwerbsloſe, Sozialrentner, gewiſſe Teile
der Kleinrentner uſw. die Aufbringung dieſer Mieten bei
ihrem gegenwärtigen Einkomen ſchwierig iſt. Der Herr Reichs=
arbeitsminiſter
hat aber ausdrücklich darauf hingewieſen, daß
die erhöhten Aufwendungen bei den Lohn= und Gehaltsregulie=
rungen
zu berückſichtigen wären. Das Miniſterium hat ſich im
übrigen ſofort an den Herrn Reichsarbeitsminiſter gewandt, um
zu erreichen, daß in Anbetracht der erhöhten Mieten Zuſchläge
zu den Erwerbsloſenſätzen und Renten gewährt werden.
Auf der anderen Seite wird durch eine erhöhte Tätigkeit in
der Verbeſſerung der Häuſer und Wohnungen eine ſtärkere Be=
ſchäftigung
der Bauarbeiter und Handwerker und hiermit eine
größere Einſchränkung der Erwerbsloſigkeit in dieſen Berufs=
gruppen
erreicht werden.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
An der Ecke der Wilmersdorfer= und Peſtalozziſtraße bildete ſich
ein Auflauf von etwa 200 Perſonen, weil eine Straßenhändlerin für ein
Pfund Pflaumen 3 Millionen Mark verlangte, nachdem ſie vorher zu
einem niedrigeren Preiſe verkauft hatte. Die Menge nahm eine drohende
Haltung an und verſuchte, den Obſtſtand umzuwerfen. Die Polizei
zerſtreute ſchließlich die Anſammlung und veranlaßte die Obſthändlerin,
die Pflaumen zu dem alten Preiſe abzugeben.
In einer der letzten Nächte trat ein Schlepper an zwei Herren her=
an
und empfahl ihnen den Beſuch eines Nachtlokals. Die beiden Herren
gingen auch bereitwilligſt mit und fanden Zutritt in die Wohnung der
Gaſtwirtin Frau Emma Buſchke, Auguſtſtraße 50b, wo reger Nachtbe=
trieb
herrſchte. Hier entpuppten ſich die beiden Herren als eine Zivil=

An unſere Poſtbezieher!
Es bedarf keiner beſonderen Begründung, daß die unaufhaltſam
weiter fortſchreitende Entwertung der Mark den Zeitungen in der
gleichen Weiſe, wie allen übrigen wirtſchaftlichen Unternehmungen
es zur abſoluten Unmöglichkeit macht, ihren Bezugspreis wie bisher
für einen Zeitraum von mehreren Wochen zu halten. Die Entwick=
lung
der Verhältniſſe macht es vielmehr zur unbedingten wirtſchaft=
lichen
Notwendigkeit, daß die Zeitungen in kurzen Zwiſchenräumen
ihre Bezugspreiſe der weiteren Entwertung der Mark anpaſſen können.
Aus dieſem Grund iſt vom Reichspoſtminiſterium eine Nacheinziehung
der Bezugsgelder innerhalb des Bezugsmonats auf dem Wege des
Nachnahmeverfahrens zugelaſſen worden.
Der Verleger iſt nach den mit dem Reichspoſtminiſterium ge=
troffenen
Vereinbarungen berechtigt, neben dem gewöhnlichen Ein=
ziehen
der Bezugsgelder vor dem Bezugsmonat zweimal inner=
halb
des Bezugsmonats erhöhte Bezugsgelder auf dem Wege der
durch die Poſt erfolgenden Nachnahme einzuziehen. Der Bezieher
iſt verpflichtet, dieſe Bezugsgelder zu bezahlen, widrigenfalls ihm
die Weiterlieferung der Zeitung geſperrt werden kann. Der Ende
September zum Einzug gelangende Poſtbezugspreis für den Oktober
iſt dementſprechend derartig bemeſſen, daß dieſer Betrag die erſte
Teilzahlung darſtellt und der Reſtbetrag in weiteren Raten inner=
halb
des Oktobers eingezogen werden wird.
Wir ſind überzeugt, daß unſere Leſer der durch die Entwicklung
der wirtſchaftlichen Vergältniſſe bedingten Berechtigung dieſes Ver=
fahrens
ſich nicht verſchließen und die von uns erbetenen Mehr=
beträge
gern bezahlen werden, und zwar umſomehr, als ſie deſſen
verſichert ſein können, daß dieſe nur in dem tatſächlich unbedingt
ſebotenen Maße von uns erhöht werden.
Der Verlag.

ſtreife der Schutzpolizei, die nun die anweſenden 12 Perſonen feſtſtellte.
Für die billigſte Flaſche Wein wurde hier die Kleinigket von einer
Milliarde verlangt.
Am 8. d. M. wurde, wie wir berrichteten, das 9 Jahre alte Schul=
mädchen
Ingeborg Bartkowſki aus der Uhlandſtraße 185 in einer Keller=
niſche
des Hauſes ermordet aufgefunden. Den mit der Aufklärung be=
trauten
Kriminalkommiſſaren Dr. Anuſchat und Queß iſt es jetzt gelun=
gen
, das Verbrechen reſtlos aufzuklären. Schon kurz nach der Tat
lenkte ſich der Verdacht der Täterſchaft auf den 17 Jahre alten Unter=
ſekundaner
Günter Seidel, der im ſelben Hauſe im vierten
Stock des Gartenhauſes wohnt. Es war feſtgeſtellt worden, daß der
Schüler wiederholt mit dem kleinen Mädchen zuſammen geweſen war und
ſich auch ſchon mit ihm im Keller getroffen hatte. Der Burſche, ein
ſchlanker aufgeweckter junger Mann, leugnete zunächſt die Tat ſtändig,
brach aber, als er Freitag vormittag von den Kommiſſaren verhört
wurde, zuſammen und legte ein Geſtändnis ab.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
Für die Veröffentiſchungen unter dieſer keberſchrift übernimmt die Redaltion feinerlei Ver=
Di für ſie blelbt auf Grund des 9 24 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes im vollem Umfange
der Einſender veramtwortlich.) Einfendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgefandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Zur Strompreiserhöhung der Heag.
Sollte in der Tarifkommiſſion der Stadtverordneten ſo wenig ſo=
ziales
Verſtändnis, ſo wenig Kenntnis der kaufmänniſchen Gepflogen=
heiten
herrſchen, daß ſie dieſe Eigenmächtigkeiten der Heag ruhig hin=
nimmt
? Ich bin geſpannt darauf, was das Aufſichtsratsmitglied der
Heag, der Herr Oberbürgermeiſter, zu tun gedenkt, um dieſen Mißſtand
abzuſtellen. Wo bleiben die politiſchen Parteien der Stadtverordneten=
verſammlung
, die die Intereſſen der Bürger und nicht einer Intereſſen=
tengruppe
wahrzunehmen haben?

Sport, Spiel und Zurnen.
Fußball.
V. f. R. Darmſtadt Sportv. 98, Darmſtadt (Ligamannſchaften).
Das heute auf dem V. f. R.=Platz als Verbandsſpiel der Odenwald=
Kreisiiga ſtattfindende Lokaltreffen Sportverein 98 kontra Verein" für
Naſenſpiele verſtricht eines der intereſſanteſten Spiele der diesjährigen
Verbandsſpielſaiſor zu werden. Beide Vereine treten mit ihren beſten
Kräften an. Während die Mannſchaft des Sportverein 98 kaum einen
Wunſch effen läßt, fehlte bislang dem Sturm des V. f. R. Durchſchlags=
kraft
und Syſtematik des Angriffs. Dem ſucht V f. R. durch eine Neu=
beſetzung
des Mittelſtürmerpoſtens zu begegnen. In die Verteidigung
hat es uberdies für Jung. A. Waldhaus genommen und hofft, damit die
Abwehr zu ſtärken. Inwieweit beide Neueinſtellungen zu Recht geſchehen,
wird das Spiel lehren.
Vor dieſem Spiele treffen ſich die 2. Jugend=Mannſchaft des Platz=
vereins
und die 1b=Jgd.=Mannſchaft des Sportv. 98, Darmſtadt. A.H.
Hocken.
Zwei intereſſante Wettſpiele finden heute Vormittag am Böllenfall=
tor
ſtatt. Der Darmſtädter Hockeyklub empfängt die erſte und zweite
Mannſchaft der Mannheimer Turngeſellſchaft. Spielbeginn: 2. Mann=
ſchaften
9½ Uhr; 1. 11 Uhr.
Schwimmen.
Das nationale Schwimmfeſt
des Darmſtädter Schwimmklubs Jung=Deutſchland nimmt heute nach=
mittag
. 3½ Uhr ſeinen Forkgang. Einzelheiten der hervorragenden
Kämpfe wurden bereits berichtet, ſo daß hierüber nichts mehr zu ſagen
iſt; die Beſetzung iſt im wahrſten Sinne des Wortes erſtklaſſig. Staffel=
kämpfe
der beſten deutſchen Staffeln dies genügt, um auch in dem
Laien höchſtes Intereſſe zu wecken. Daß die Einzelrennen Höchſtleiſtun=
gen
bringen können, wurde bereits erwähnt. In deren Rahmen wird
das erſte Seniorſpringen berechtigte Spannung hervorrufen. Den
Waſſerfreunden=Hannover iſt es allerdings nicht möglich geweſen, in=
folge
der durch die unerwartete Bahnpreiserhöhung ins Rieſenhafte
geſtiegenen Unkoſten, ihre Mannſchaft hierher zu ſenden. Dafür iſt es
aber dem Veranſtalter gelungen, die Mannſchaft des S.V.=Mannheim,
des mehrmaligen Bezwingers des deutſchen Altmeiſters im Waſſerball=
ſpiel
, Nikar=Heidelberg, zu einem Spiel zu verpflichten, das am
Schluß der Kämpfe gegen eine Mannſchaft des feſtgebenden Vereines
ſtattfinden wird. Der Verkauf der Karten findet an der Tageskaſſe im
Hallenbad ſtatt; es wird empfehlenswert ſein, ſich frühzeirig einzufin=
den
, da die Nachfrage bereits im Vorverkauf eine ſehr ſtarke war und
mit Rückſicht auf den Umfang des Programmes mit einem pünktlichen
Beginn zu rechnen iſt. Stehplatzkarten ſind nur an der Tageskaſſe er=
H. H.
hältlich.
Leichtathletik.
Roßdorf. Heute nachmittag 1 Uhr hat der Kraftſportverein
Deutſche Eiche=Roßdorf die Sportabteilung der Turngemeinde Dieburg
zu Gaſte, um ein leichtathletiſches Rückſpiel auszutragen.

Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12.

Tageskalender.
Landestheater Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 10 Uhr,
(D 2): Der Roſenkavalier, Kleines Haus, Anfang 7½/ Uhr,
Ende 10 Uhr (Zuſatzmiete IX:): Die Freier. Rummelbräu:
Konzert und Tanz. Städt. Saalbau: Tanz. Union=, Reſi=
denz
=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten
nnd Uuterhaltungsblatt.
Gm

Johanna Haupt
Philipp Metzler
VERLOBTE
Groß-Zimmern Lengfeldi.O.
30. September 1923
(*25571

Statt Karten.

Anna Kaufmann
Willy Schönbein
VERLOBTE
Darmstadt, 1. Okt. 1923
(*25710
Karl Simon
Johanna Simon
geb. Zehner
VERMAHLTE
den 29, Sept. 1923 Grafenstr. 15
(*25810

Perſonen=Auto
Opel
9/25 PS., Baujahr 1918, Vierſitzer,
offene Karoſſerie, eingelegtes Verdeck,
Azetylen=Beleuchtung. Maſchine
vollſtändig neu durchrepariert, für
8700 Goldmark zu verkaufen.
Eilangebote unter R 129 an die
(*2578
Geſchäftsſtelle ds. Bl.

Nachruf.

Am 25. September entschlief sanft im 81. Lebensjahre nach
kurzem Leiden in Pfauenmoos
Seine Exzellenz der Wirkliche Geheime Rat
Herr Dr. jur. h. 6. Freiherr
Cornelius Wilhelm Hert au Herrnsheim.
Der Verstorbene hat neben einer langjährigen von Erfolgen
reich gekrönten Tätigkeit im Dienste seiner engeren Heimat und
unseres deutschen Vaterlandes während zweier Menschenalter die
umfangreichen Betriebe der Lederwerke Cornelius Heyl in Worms.
die er in frühester Jugend übernommen hatte, geleitet und sie Dank
den reichen Gaben, mit denen er ausgestattet war, zu höchster
Blüte gebracht.
Nachdem er sich am Abend seines Lebens dazu entschlossen
hatte, seine Werke in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, hat
der Verlebte als Vorsitzender unseres Aufsichtsrates auch seine
letzten Kräfte noch dieser seiner neuen Aufgabe zur Verfügung ge-
stellt
. Alle seine Gedanken galten auch in dieser Zeit seinem
Lebenswerk.
So betrauern wir in dem Dahingeschiedenen den mit Erfolgen
gesegneten Leiter eines der größten Unternehmen seiner engeren
Heimat, der niemals über den Rücksichten auf die Entwicklung
seiner Werke die Sorge für alle seine Mitarbeiter vergaß.
Die Arbeit des Verlebten wird uns immer Vorbild sein.
Worms, den 28. September 1923.
Der Aufsichtsrat
der Cornelius Heyl Aktiengesellschaft.
7680)

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2

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Chemiſche Fabrik
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Bedarfes für den Herbſt.
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Jahren mit beſtem Erfolg. Auch dieſes Jahr habe
wunderbaren Roggen und Weizen dadurch erhalten.
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ſtraße Nr. 5. (25750 Magdalenenſtr. 11, C.

Dr. Unblatig
an seine Freunde und Gönner!
Da ich meine Sprechstunde vorüber-
gehend
unterbrochen habe, fühle ich mich
verpflichtet, den Freunden und Gönnern
der Kukirol-Fabrikate die erfreuliche Mit-
teilung
zu machen, daß die Kukirol-Fabrik
die Preise für ihre weltbekannten, in vielen
Millionen Fällen bewährten Fabrikate
Kukirol-Hühneraugen-Pflaster u. Kukirol-
Fußbad, letzteres gegen Fußschweiß, Wund-
laufen
und Brennen der Füße, in Anbetracht
der gegenwärtigen Wirtschaftslage, ganz
wesentlich herabgesetzt hat, um auch in
der jetzigen Zeit den weitesten Kreisen,
durch Anwendung ihrer Fabrikate, eine
regelmäßige Fußpflege zu ermöglichen.
1 Schachtel Kuktrol kostet vorläufig
0,40 Festmark und 1 Packung Kukirol- Fuß-
bad
0,30 Festmark. 1 Festmark ¼ Dollar.
Nach Klärung der wirtschaftlichen Ver-
hältnisse
werde ich meine öffentliche Sprech-
stunde
wieder in der gewohnten Weise
abhalten.
Die letzte Anzeige meiner öffentlichen
Praxis wird besonders kenntlich gemacht,
sodaß nach ihrem Erscheinen die Einsen-
dungen
zu dem Preisausschreiben derKukirol-
Fabrik vorgenommen werden können,
lch bitte die vielen Millionen meinen
treuen Freunde und Gönner, den Fabrikaten
der Kukirol-Fabrik auch in Zukunft die
Treue zu bewahren.
Die Außerst wichtige Broschüre Die
richtige Fußpflege‟ ein Wegweiser für alle,
die viel gehen und stehen müssen, erhalten
Sie gratis und portofrei von der (V,7671

[ ][  ][ ]

Darmſfädter Tagblatt

30. September 1923 Nr. 270

Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. Elektrizitätsgeſellſchaft Richter, Dr. Weil u.
Co., A. G., Frankfurt a. M. Die außerordentliche Generalver=
ſammlung
beſchloß, das Grundkapital um 40 auf 70 Millionen Mark zu
erhöhen. Die neuen Aktien werden von einem Konſortium übernommen,
das den alten Aktionären die jungen Aktien im Verhältnis von 5: 2 zu
21 Goldpfennigen anbieten wird. Dem Aufſichtsrat wurden zugewählt:
Bankier Ludwig Heldingsfelder, Direktor Hille=Dresden, Präſident Löb=
Weimar, Bankier Dr. Roſenſtein=Frankfurt a. M.
h. Frankfurter Armaturenfabrik A. G., Frank=
furt
a. M. Die Verwaltung beſchloß, die von der Generalverſamm=
lung
am 9. April angenommene Kapitalserhöhung wie folgt durchzu=
führen
: Das Grundkapital ſoll um nom. 18 auf 37 Millionen Mk. durch
Ausgabe von nom. 18 Millionen ab 1. Januar 1923 dividendenberech=
tigter
Inhaberſtammaktien zu 1000 Mk. nominal erhöht werden. Die
neuen Aktien werden von dem Bankhaus Baß u. Herz in Frankfurt zu
101 Prozent übernommen, wovon es 6 Millionen Mk. den alten Aktio=
nären
im Verhältnis von 3:1 anzubieten hat zu einem Kurs, der fünf
Prozent des letztnotierten Kurswertes der alten Aktien beträgt, während
die reſtlichen 12 Millionen Mk. zur Verfügung des Aufſichtsrates und
des Vorſtandes gehalten werden ſollen.
h. Tannus=Schuhfabrik A. G., Oberurſel. Bei der
bevorſtehenden Kapitalserhöhung wird den alten Aktionären ein Bezugs=
recht
von 3:1 zu einem billigen Kurs eingeräumt und der Reſt beſtens
verwertet werden.
h. Großkraftwerk Mannheim A.=G. Das abgelaufene
Geſchäftsjahr 1922/23 war ein reines Baujahr, weshalb auch von der
Aufſtellung einer Gewinn= und Verluſtrechnung abgeſehen wurde. Nach
dem Geſchäftsbericht ſtand das Berichtsjahr unter dem Einfluß der Geld=
entwertung
, die mehrmalige Kapitaltransaktionen notwendig machte. So
wurde das Stammaktienkapital von 30 auf 300 Mill. Mark erhöht,
600 Mill. Mk. 10proz. Vorzugsaktien, 70 Mill. Mk. 5proz. und 335 Mill.
Mk 6proz. Anleihe=Emiſſionen begeben und im Februar d. J. die wert=
beſtändige
Kohlenanleihe im Geſamtbetrage von 150 000 Tonnen aufge=
legt
, wovon bis Ende des Geſchäftsjahres 75 460 Tonnen untergebracht
waren. Das im Bau befindliche Werk, einſchließlich der durch Voraus=
zahlungen
erworbenen Lieferungsanſprüche, wurden am Bilanztage auf
rund 35 Milliarden Mark geſchätzt. Die Schulden in laufender Rechnung
betragen 955,97 Mill. Mk., denen ein Baukonto von 7521,45, ein
Bankguthaben von 1264 und 306,37 Mill. Mk. Forderungen gegenüber
ſtehen. Wie in der geſtern zu Mannheim abgehaltenen ordentlichen
Generalverſammlung mitgeteilt wurde, hänge die Vollendung des Wer=
kes
ſtark von der politiſchen Lage ab, mit einer Teilinbetriebſetzung im
laufenden Jahr ſei noch zu rechnen.
* Preußiſche Zentral=Bodenkredit. A. G. Die Ge=
ſellſchaft
verteilte für das abgelaufene Geſchäftsjahr eine Dividende von
9 Prozent. Der Bilanz per 30. Juni 1923 entnehmen wir folgende
Zahlen; Kaſſe 464 515 000 Mk., Wechſel 12 Millionen, Lombardforderun=
gen
2067 Millionen, Wertpapiere 249 400 000 Mk., Bankguthaben 546,8
Millionen, hypothekariſche Darlehensforderungen 817,1 Millionen, in
das Hypothekenregiſter als Erſatzdeckung eingetragene Reichsſchatzanwei=
fungen
38 Millionen, Kommunaldarlehensforderungen einſchließlich Kon=
ſortiale
der deutſchen Zentralbodenkreditvereinigungen 3735,9 Millionen,
Grundſtücke (Bankgebäude) 3,5 Mill., verſchiedene Aktiva 3067,7 Mill.
Bei einem Aktienkapital von 96 Millionen betrugen die Reſerven ein=
ſchließlich
Reſervevortrag 4579,4 Mill. Ein Penſionsfonds war in Höhe
von 2,1 Millionen vorhanden. Die im Umlauf befindlichen Pfandbriefe
und Kommunalobligationen beziffern ſich folgendermaßen: 4proz. Pfand=
briefe
579,5 Mill., 3½proz. desgl. 214,9 Mill., noch einzulöſende aus=
geloſte
30,4 Mill., Kommunalobligationen: Sproz. auf 800 Mill., 6proz.
auf 444,9 Mill., 4proz. auf 173,7 Mill., 3½proz. auf 62,5 Mill., noch
einzulöſende ausgeloſte auf 2500 000. Einzahlungen auf 1020prozent.
Kommunalſchuldverſchreibungen der deutſchen Bodenkreditvereinigungen
beliefen ſich auf 1745,4 Millionen, Hypotheken und Kommunaldarlehns=
zinſen
auf 188,3 Millionen, Bankſchulden auf 797,4 Millionen, und ver=
ſchiedene
Paſſiva auf 1292,1 Millionen.
* Zuckerfabrik Bahnhof Marienburg A. G., Ma=
rienburg
. Die Geſellſchaft weiſt in der Bilanz per 31. Mai 23 einen
Reingewinn von 280 418863 Mk. aus. Der Betriebsgewinn ſtellte ſich
auf insgeſamt 311 867 383 Mk., Zinſen erforderten 16 269 802 Mk., Ver=
ſicherungen
15 178 717 Mk. Unkoſten ſind nicht beziffert und vor Feſt=
fetzung
des Betriebsergebniſſes bereits in Abzug gebracht worden. Die
Geſamtanlagen ſtehen mit 13 Mk. zu Buche: Bargeld war in Höhe von
137 016 Mk. vorhanden. Debitoren ſchuldeten 52/401 647 Mk., Betriebs=
materialien
und Lagerbeſtände ſind mit 400 628 062 Mk., Wertpapiere
mit 10 Millionen Mk. ausgewieſen. Das Aktienkapital betrug 3,6 Mill.,
die geſetzliche Rücklage 300 000 Mk., Rücklage für Verluſte und Dividen=
den
570 939 Mk. Ein Werkerhaltungskonto erſcheint mit 1,2 Millionen,
Akzepte bezifferten ſich auf 150 Millionen Mk.
* Ahobag, Allgemeine Holzbau A. G., Charlotten=
burg
4. Werk Ludwigshafen am Bodenſee. Die Geſellſchaft baut zur
Zeit eine epochemachende Type von Holzhäuſern, die ſogen. Wohno=
mobile
, das ſind fahrbare Häuſer (zirka 3X12 Meter Grundfläche) mit
kompletter Inneneinrichtung von 4 Zimmern, Küche, Kloſett und Speiſe=
kammer
. Zurzeit geht ein Muſter des Wohnomobils im Ludwigshafener
Werk der Geſellſchaft ſeiner Vollendung entgegen. Die Geſellſchaft hat
derartig ſtarke Nachfrage nach dieſen, die Wohnungsnot ſteuernden
patentierten Dauerholzhäuſern, daß ſich dieſelbe mit dem Gedanken der
Gründung einer eigenen Bank befaßt, die dieſe Häufer durch Ausgabe
von Goldrentenbriefen zu finanzieren in der Lage wäre. Ein ſolches
Haus ſtellt ſich komplett mit eigener elektriſcher Beleuchtungsanlage, mit
Heizung und Warmwaſſerverſorgung auf zirka 8400 Goldmark. Wie
wir hören, ſoll die Bank die Alleinvertriebsrechte der Wohnomobile von
der Ahobag erhalten. Der Ahobag iſt es gelungen, ſich alle Patentrechte
lizenzweiſe zu ſichern, ſo daß die Ahobag keine Konkurrenz mehr zu
befürchten hat. Die Patentrechte für Süddeutſchland beſitzt die Ahobag
bereits ſeit Erteilung des Patentes, und hat nach dieſem Patent am
Bodenſee zahlreiche Häuſer ausgeführt, die ſich ſehr gut bewährt haben.
Was die Aktienkapitalserhöhung anbelangt, ſo ſoll dieſe ſicherem Ver=
nehmen
nach erſt nach der bevorſtehenden Börſeneinführung durchgeführt
werden.
* Eiſen=Marthes Richard Guſtav Matthes A.=G),
Magdeburg. Die a.o. Verſammlung beſchloß Erhöhung des
Grundkapitals um 90 Mill. Mark auf 150 Mill. Mark Stammaktien mit
Dividendenberechtigung ab 1. Januar 1923. Sie werden von einem
Konſortium zu 100 Prozent mit der Verpflichtung übernommen, 50 Mill.
Mark im Verhältnis 1:1 zu 1 Goldmark pro Aktie zum Bezuge anzu=
bieten
. Die Umrechnung in Papiermark erfolgt zum amtlichen Brief=
kurs
am Tage der Bezugsaufforderung. Vezugsrechtsſteuer geht zu
Laſten der Aktionäre. Die reſtlichen 30 Mill. Mark bleiben zur Ver=
fügung
der Verwaltung, ev. zu Angliederungszwccken bzw. zur beſtmög=
lichen
Verwertung im Intereſſe der Geſellſchaft.
h. Heros A.=G. in Herbolzheim a. d. Jagſt. Die in
Mosbach abgehaltene außerordentliche Generalverſammlung beſchloß die
Erhöhung des Kapitals von 345 um 305 auf nominell 650 Mill. Mk.,
wobei den alten Aktionären ein Bezugsrecht im Verhältnis von 2:1 ein=
geräumt
wird. Die geſamten Umbauten kommen in den nächſten Tagen
unter Dach. Die Ausſichten wurden als günſtig bezeichnet. Neu in
den Aufſichtsrat gewählt wurden: Dr. Oskar Arendt (Berlin), Direktor
W. Edelmann von den Oberrheiniſchen Metallwerken Mannheim, Fabri=
kant
E. Fein (Stuttgart), Direktor W. Kiſſel von Benz u. Co., Mann=
heim
, Direktor K. Knorr (Heilbronn), G. Montanus (Frankfurt a. M.),
Bankdirektor G. Rümelin (Heilbronn a. N.), Oekonomierat und Land=
tagsabgeordneter
Sack (Tauberbiſchofsheim).
* A. G. für chemiſche Produktion vorm. H. Scheide=
mann
, Verlin. Die Geſellſchaft berichtet über befriedigende Ge=
ſchäfte
ſowohl bei Mutter= als auch bei Tockſtergeſellſchaften. In der
Aufſichtsratsfitzung wurde über eine Reihe von neuen Erwerbungen ſo=
wie
die in der Durchführung begriffenen Transaktionen Mitteilung ge=
macht
, die der Aufſichtsrat genehmigte. Im Zuſammenhange hiermit
wurde beſchloſſen, einer Ende Oktober einzuberufenden G.=V. die Er=
höhung
des Grundkapitals um 75 Mill. Mk. auf 150 Mill. Mk. vorzu=
fchlagen
. Ein Teilbetrag wird den bisherigen Aktionären im Verhältnis
2:1 zum Bezug angeboten werden, die übrigen Aktien jedoch zu Um=
tauſchzwecken
bzw. im Bedarfsfalle zur Verſtärkung der Betriebsmittel
Verwendung finden. Die Feſtſetzung des Begebungskurſes ſoll erſt ſpä=
ter
erfolgen.
h. Oberpfälziſche Bergbau=A.=G., München. Die
außerordentliche Generalverſammlung genehmigte die Erhöhung des
Aktienkapitals um bis 560 Millionen auf bis 1 Milliarde Mk. Den
Aktionären wird ein Bezugsrecht im Verhältnis von 5:2 eingeräumt.

Drachenberger Zuckerſiederei A.=G., Drachen=
berg
. Die Geſellſchaft beruft a. v. G.=V. zum 27. Oktober, die über
Kapitalserhöhung um bis zu Mk. 50 Mill. ſowie über Erhöhung des
Stimmrechts der Vorzugsaktien Beſchluß faſſen ſoll. Das Kapital wurde
im Juni d8. Js. auf Mk. 23,5 Stammaktien und Mk. 1,5 Vorzugs=
aktien
erhöht. Ein Dividendenvorſchlag für das abgelaufene Geſchäfts=
jahr
liegt noch nicht vor.
* Plauener Spitzenfabrik A.=G., Plauen. Die G.=
V. ſetzte feſt, daß ſtatt 100 Prozent Dividende auch eine Gratisaktie be=
zogen
werden kann.
Ed- Abſchlüſſe im Wintershallkonzern. Der Win=
tershallkonzern
gibt jetzt ſeinen Geſchäftsbericht über die einzelnen ihm
angehörigen Werke ſowie über die Kali=Induſtrie=A.=G., die im Dezem=
ber
1921 gegründete Finanzgeſellſchaft des Konzerns aus. Für dieſes
Unternehmen handelt es ſich mithin um das erſte Geſchäftsjahr. Wie
die vorliegenden Ziffern ausweiſen, war das Ergebnis günſtig und hat
die Erwartungen vollauf befriedigt. Die Einnahmen an den Beteiligun=
gen
an Kali= und anderen Unternehmungen reichten nicht nur aus, die
Gründungskoſten zu decken, ſondern darüber hinaus noch Ueberſchüſſe zu
erzielen. Die geſamten Einnahmen beliefen ſich auf 254,68 Mill. Mk.
Ihnen ſtanden gegenüber an Geſchäftsunkoſten 36,37 Mill. Mk., an
Gründungskoſten 61,21 Mill. Mk., an Zinſenausgaben 36,58 Mill. Mk.,
an Abſchreibungen 1,85 Mill. Mk., ſo daß ein Reingewinn von 118,66
Mill. Mk. verbleibt. Hieraus werden dem Reſervefonds 10 Mill. Mk.
zugewieſen, 6proz. Dividende auf die Vorzugsaktien v. r. t. verteilt,
100 Prozent auf 100 Mill. Mk. Stammaktien und 2,32 Mill. Mk. auf
neue Rechnung vorgetragen. Faſt alle anderen Unternehmungen des
Konzerns ſind ertragreich, kein einziges ergebnislos geblieben.

Gebag Großeinkaufs= und Produktions=
Aktiengeſellſchaft deutſcher Konſumvereine, Düſ=
ſelderf
=Reisholz. Die Gepag wurde am 25. Sept. mit einem
Aktienkapital von 1½/. Milliarden gegründet. Träger des Unternehmens
ſind der Reichsverband deutſcher Konſumvereine e. V., Düſſeldorf= Reis=
holz
, dem 500 Konſumgenoſſenſchaften angeſchloſſen ſind und die Groß=
Einkaufs=Zentrale deutſcher Konſumvereine e. G. m. b. H. in Düſſeldorf=
Reisholz, welche dieſe angeſchloſſenen Konſumvereine mit Lebensmitteln,
Textiltvaren, Schuhwaren und ſonſtigen Bedarfsgütern verſorgt. Das
Direktorium beſteht aus dem Reichstagsabgeordneten und Verbandsdirek=
tor
Peter Schlack als Generaldirektor und den Direktoren Fritz Klein und
Hans Bannemer. Der Aufſichtsrat ſetzt ſich aus leitenden Perſonen füh=
render
Kenſumgenoſſenſchaften Deutſchlands zuſammen. An der Spitze
ſteht der Geſchäftsführer des Konſumvereins Wohlfahrt, Eſſen= Alten=
eſſen
, Arnold Biſſels, Mitglied des Reichswirtſchaftsrates. Die Ge=
pag
übernimmt die Geſchäfte der im Jahre 1912 gegründeten Groß=
Einkaufs=Zentrale deutſcher Konſumvereine, die mit ihren umfangreichen
Bürohaus= und Lagereinrichtungen, Kaffeeröſtanlagen, Buchdruckerei und
Buchbinderei im September einen Umſatz von 11 000 000 000 000 Mark
überſteigen dürfte. Der Abſatz der Gepag iſt geſichert. Die Gepag
kauft und produziert nicht für den freien Markt. Sie hat vielmehr ohne
Reklame und Werbungskoſten in den angeſchloſſenen Konſumgenoſſen=
ſchaften
einen feſten Abnehmerkreis. Da der organiſierte Bedarf der
deutſchen Konſumgenoſſenſchaften noch weit höher iſt als die Verkaufs=
und Produktionsmöglichkeit der Gepag, ſo bietet ſich ihr auch in Zeiten
wirtſchaftlicher Kriſen eine geradezu glänzende Entwicklung.

Meſſen.

X Die 5. Groß Berliner Tabak=Meſſe wird am
Sonnabend, dem 6. Oktober, vorm. 11 Uhr, in den Geſamträumen der
Neuen Welt, Berlin S. 59, Haſenheide 108114, eröffnet. Dieſe
Meſſe iſt über die Fachkreiſe hinaus von um ſo größerer Bedeutung,
da ſie das einzige Unternehmen dieſer Art iſt, das trotz der Not des
Tabakgewerbes ſich erhalten hat, ohne an Umfang und Bedeutung ein=
zubüßen
. Auch dieſes Mal iſt die Beſchickung wieder außerordentlich
reichhaltig, und es bietet ſich für die Intereſſenten beſonders
Zigarrenhändler in der jetzigen Zeit der enormen Preisſchwankungen
gerade auf der Meſſe die beſte Gelegenheit, ſich über die Marktlage in=
gehend
zu unterrichten. Die 5. Groß=Berliner Tabak=Meſſe iſt vom 6.
bis einſchließlich 9. Oktober täglich von vormittags 11 Uhr bis abends
10 Uhr geöffnet, am letzten Tage, dem 9. Oktober, wird die Meſſe be=
reits
abends um 7 Uhr geſchloſſen.
Banken.
Ed- Gründung einer Bauernbank. Die der Vereini=
gung
der deutſchen Bauernvereine angeſchloſſenenen 28 deutſchen Bauern=
vereine
ſowie die von dieſen gegründeten Waren= und Geldinſtitute
gründeten die Deutſche Bauernbank mit dem Sitz in Berlin. Zweck
der Geſellſchaft iſt der Betrieb von Bank= und Börſengeſchäften, die
Finanzierung des An= und Verkaufs landwirtſchaftlicher Bedarfsartikel
und Erzeugniſſe, das Getreide=Rentengeſchäft uſw. Grundkapital iſt
naminell 1 Milliarde Mark.
* Deutſch=Niederländiſche Bank A. G., Düſſeldorf.
Für das Geſchäftsjahr 1922 gelangte eine per 20. Juli 23 zahlbare Divi=
dende
von 100 Prozent zur Ausſchüttung. Nach der Bilanz per 31. Dcz.
betrugen: 1. Aktiva: Kaſſe, fremde Geldſorten und Kupons 17 444 484
Mk., Guthaben bei Noten= und Abrechnungsbanken 29 755 294 Mk.,
Wechſel und unverzinsliche Schatzanweiſungen 50 969 479 Mk., Noſtro=
Guthaben bei Banken und Bankfirmen 565 822 540 Mk., eigene Wert=
papiere
9 799 990 Mk., Konſortialbeteiligungen 783 400 Mk., Debitoren
in laufender Rechnung 624 070 162 Mk.: a) gedeckte 399 581 161 Mark,
b) ungedeckte 224 489 000 M.; Avale und Bürgſchaftsſchuldner erſcheinen
auf beiden Seiten der Bilanz mit 4 345 800 Mk., Bankgebäude, ſonſtige
Liegenſchaften und Aktiva ſtehen mit dem Mindeſtwert zu Vuche, Einrich=
tungen
ſind auf 2 Mk. abgeſchrieben. 2. Paſſiva: Aktienkapital 50 Mill.,
Reſerven 5 Mill., Sonderrücklage 900 000 Mk., Hypotheken 460 000 Mk.,
Debitoren 1 110 389 206, und zwar a) Guthaben deutſcher Banken und
Bankfirmen 284 078 084 Mk., Einlage auf proviſionsfreier Rechnung
136 603 335 Mk., ſonſtige Gläubiger 655 704 826 Mk., Akzepte 50 Mill.,
nicht erhobene Dividende 154 776 Mk., Steuerrücklagen 23 Millionen,
Tantiemen 7 111 111 Mk., Vortrag auf neue Rechnung 1 630 662 Mark.
Die Gewinn= und Verluſtrechnung zeigt folgendes Bild: Vortrag aus
1921: 156 746 Mk., Gewinn aus Zinſen, ſowie aus deutſchen und frem=
den
Wechſeln 32 087 846 Mk., Gewinn aus Proviſionen 94 828 331 Mk.,
und Gewinn aus Wertpapieren 30 944 323 Mk. Verwaltungskoſten er=
forderten
66 119 185 Mk., Abſchreibungen auf Einrichtungen 7 029 153
Mk., Steuern 397 535 Mk., Zuweiſungen zum Reſervefonds 2 650000
Mk., Rücklage für Steuern 23 Millionen, 4 Proz. Jahresdividende und
96 Prozent Superdividende auf 50 Stammaktien 50 Millionen Mark.
I. Phön=Bank. A.=G., Mellrichſtadt. Die Generalver=
ſammlung
beſchloß die Erhöhung des Aktienkapitals um 500 auf 750 Mill.
Mark. Den alten Aktionären wird ein Bezugsrecht von 1:1 zu 25 Gold=
pfennig
zugeſtanden. In den Aufſichtsrat wurden gewählt Konſul Stref=
fer
und Vankier Fabian, beide in Berlin.

Ed- Neue Preiszuſchläge in der Wirkerei. In der
Wirkerei der Vereinigung deutſcher Fabrikanten von Fantaſiewirkwaren
Apolda, hat, wie die Textilwoche erfährt, für alle Lieferungen ab 26.
September folgende Preiszuſchläge feſtgeſetzt: Januar 662 635 Prozent,
Februar 279 075 Proz., März=April 203 390 Proz., Mai 158 295 Proz.,
Juni 77655 Proz., Juli 20 015 Proz.

h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide: Die
Aufhebung der Brückenſperre und die Ankündigung der Einſtellung des
paſſiven Widerſtandes führte wieder viele Intereſſenten aus dem beſetzten
Gebiet und dem Saargebiet auf den hieſigen Markt. Die Ausſichten auf
eine Wiederaufnahme der Handelstätigkeit mit dem Rheinland und dem
Ruhrgebiet waren nicht ohne Einfluß auf die Börſen geblieben und
haben etwas abſchwächend gewirkt. Doch die Verhängung des Belage=
rungszuſtandes
über das ganze Reich, die die ſchwierige innerpolitiſche
Lage am deutlichſten charakteriſiert, befeſtigte die Börſen allſeits wieder,
unterdrückte aber auch ſchon wieder die erſten Anzeichen eines größeren
Geſchäfts. Käufer wie Verkäufer üben die größtmögliche Zurückhaltung,
und es kam nur zu ganz geringen Umſätzen. In die ſeit Wochen an=
dauernde
Aufwärtsbewegung der Preiſe war allerdings eine Breſche
gelegt. Nach zu Beginn der Börſenwoche noch etwas anſteigender Rich=
tung
gingen mit dem Deviſenrückgang die Kurſe eine Kleinigkeit zurück,

um aber dann wieder erneut anzuziehen, was aber in den offiziellen
Preiſen nicht mehr zum Ausdruck kommt. Die Preisforderungen ſind
ſehr ſchwankend, das Angebot klein. Sollte aber die Reichsregierung
Herr der Lage bleiben und Glück in der Ueberführung des Rhein= und
Ruhrgebietes in die neuen Verhältniſſe und zur Wiederaufnahme der
Arbeit haben, ſo iſt ſicher mit einer Beſſerung der Marktlage zu rechnen.
Die Preiserhöhungen gegen die Vorwoche und die Schwankungen inner=
halb
der Berichtswoche waren minimaler Natur. So bewegte ſich) Weizen
zwiſchen 700750 und 650700, Noggen zwiſchen 500550 und 550580,
Gerſte zwiſchen 600640 und 580620, Hafer zwiſchen 500 und 575 Mil=
lionen
Mark, alles pro 100 Kilo bahnfrei Mannheim.
Mehl: Auf dem Mehlmarkt war gleichfalls zuerſt eine Unſicher=
heit
aufgetreten, die Stimmung wurde zuletzt aber wieder feſt. Zurück=
haltung
im Ein= wie Verkauf iſt auch hier die Deviſe. Die Preiſe liegen
etwas niedriger als zu Beginn der Börſenwoche, wo Weizenmehl Spe=
zial
Null zu 1,11,4 und dann zu 101,3 Milliarden Mark, Roggen=
mehl
zu 870900 Millionen Mk. pro Doppelzentner umgeſetzt wurden.
Futtermittel: Auf dem Futtermittelmarkt ſind es die alten
Artikel, die zum Angebot und Abſatz kommen. Weizenkleie mit 250275,
melaſſe mit 260300, Biertreber und Malzkeime mit 250270 Millionen
Mark pro 100 Kilo waggonfrei Mannheim. Auf dem Rauhfuttermittel=
markt
kam wieder Wieſenheu mit 130150, Preßſtroh etwas teurer zu
90110 und Bundſtroh mit 80100 Millionen Mk. der Doppelzentner
waggonfrei Mannheim zum Angebot.
Kolonialwaren: Nachdem hier die Goldmarkrechnung durch=
geführt
iſt, ſind die Preiſe ziemlich ſtabil, was natürlich bei der Um=
rechnung
in Papiermark nicht der Fall iſt. Die Tendenz auf dieſem
Marktgebiet blieb unverändert feſt, der Handel eng begrenzt. Man
notierte: Kaffee Santos roh mit 2,803,10, gewaſchen mit 3,183,40,
Tee mittel mit 7,758,75, gut mit 8,809,50, fein mit 9,5010,50, in=
ländiſcher
Kakao mit 2,903,30, holländiſcher mit 3,03,50, Burmareis
mit 0,42, Weizengrieß mit 0,45 und Weizenhartgrieß mit 0,58 Goldmark
auf Dollarbaſis pro 1 Kilo.
Tabak: Die Tabake ſind mit wenig Ausnahmen der etwas zu=
rückgebliebenen
Anpflanzungen heimgebracht und hängen zur Austrock=
nung
unter Dach. Das Ertragnis wird als etwas größer als im Vorjahr
geſchätzt, was wohl auf vermehrten Anbau, angeregt durch die hohe
Bewertung des Tabaks gegenüber den anderen landwirtſchaftlichen Pro=
dukten
, zurückzuführen ſein dürfte. Die Tabake ſind aber in der Qua=
lität
etwas kräftiger. Der Verkauf in neuen Tabaken hat ſich infolge zu
hoher Forderungen der Pflanzer noch nicht recht entwickeln können. Auf
der Hardt und in den Gundi=Orten wurden Grumpen zu 1,5 Milliarden
pro Zentner verwogen. In alten Tabaken gaben Pflanzer von ihren
1922er Beſtänden wiederum einige Poſten zu 1,5 Milliarden Mark pro
Zentner ab. Rippen wurden zu den ſeitherigen Preiſen in holländiſcher
Währung verkauft. Auch im Zigarren=Kleinhandel wurde nun der Ver=
kauf
nach Grundpreis, vervielfacht mit der Schlüſſelzahl, eingeführt.
Wein: Die Weinberggebiete ſind in der Pfalz nun zum größten
Teile geſchloſſen worden, da die Trauben der Ausreife entgegengehen.
Das Wetter hat ſich wieder twas günſtiger dazu geſtaltet. Wie ſchon mit=
geteilt
, ſind die Herbſtausſichten verſchieden, und man rechnet mit einem
Glücksherbſt. Gerade die beſten Lagen bringen oft am wenigſten. Die
Leſe der roten Trauben wurde nun erlaubt. In Burrweiler haben
Weinhändler Vorverkäufe abgeſchloſſen zu 300 Millionen die 40 Liter
Rotmoſt. Die Winzer ſind damit aber nicht einverſtanden und verlan=
gen
bei dem geringen Ertrag höhere Preiſe. Die Nachfrage hält wegen
der geringen Herbſtausſichten an. Es werden 48 Milliarden Mk. für
die 1000 Liter 1922er bezahlt. Die Preiſe ändern ſich täglich um viele
Millionen. Für 1921er Weine werden geradezu märchenhafte Preiſe
geboten. Ein Teil der Einlegungen iſt nun auch verkauft.
Obſt. Die Anfuhr zum Freinsheimer Obſtgroßmarkt iſt ſtets ziem=
lich
gut, der Verkauf geſtaltet ſich aber manchmal etwas ſchleppend, nach=
dem
die Obſtpreiſe eine ſo enorme Höhe erreicht haben. Es koſteten im
Großhandel pro Pfund: geringere Aepfel 4800 000 Mk., Tafelärfel
14 Millionen, Kochbirnen 6800 000 Mk., Tafelbirnen 1,54,2 Mill.,
Zwetſchen 11,2 Millionen, Pfirſiche 24,5 Millionen, Tomaten 1,51.6
Millionen, Trauben 6,57,9 Millionen, Bohnen 2,83 Millionen Mk.
Für Gurken iſt die Zeit bei der kühlen Witterung nahezu vorüber. Der
Markt wird immer ſchlechter befahren. Bezahlt wurden auf dem Boben=
heimer
Gurkenmarkt 200 000 Mk. das Stück.
Hopfen: Die Hopfenernte iſt in der Pfalz in der Hauptfache be=
endigt
. Das Menge=Erträgnis iſt in den meiſten Fällen ſtark hinter
dem Durchſihnitt zurückgeblieben; es wurde ungefähr ein Viertel der
vorjährigen Ernte erzielt. Der letzte Preis bewegte ſich um 5 Milliar=
den
für den Zentner. Die Pflanzer ſind aber ſchwer zur Abgabe zu
beſvegen, da die direkten Angebote aus Nürnberg fehlen. Man gibt nur
in Goldwährung ab, und ſo wurde auch ein Poſten verkauft, der nach
dem Dollarkurs 19 Milliarden für den Zentner ergibt.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
war die Stimmung im Anſchluß an die Steigerung der Devifenpreiſe
wieder recht feſt. Viel begehrt zeigte ſich zu erhöhten Preiſen Roggen.
Für die anderen Artikel war die Nachfrage etwas ſtiller, doch wurden
auch infolge geſteigerter Forderungen durchweg höhere Preiſe bewilligt.

* Frankonia A.=G., vorm. Albert Frank, Baier=
feld
. Die Geſellſchaft wird einer demnächſt ſtattfindenden G.=V. die
Verteilung einer Dividende von 10 000 Prozent vorſchlagen. Außerdem
wird den Aktionären ein Bezugsrecht auf Aktien der ihr naheſtehenden
Metallwaren und Emaillierwerke Adolf H. Neufeldt A.=G. in Elbingen
in der Weiſe eingeräumt werden, daß auf 10 Franconia=Aktien eine
Neufeldt=Aktie zum Preis von 4 Goldmark bezogen werden kann. Die
letztere Geſellſchaft befindet ſich in befriedigender Entwicklung. In der
G.=V. ſoll Beſchluß gefaßt werden, das Kapital der Frankonia=A.=G.
um Mk. 20 Mill. Stammaktien zu erhöhen, die zu Angliederungs= und
Umtauſchzwecken dienen ſollen.
Börſen.
* Börſenbericht vom 24. bis 29. September. ( Mit=
geteilt
von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt.) Die Aufgabe des
paſſiven Widerſtandes hat zunächſt eine in hohem Grade unſichere und
unklare Situation geſchaffen, da es einerſeits noch durchnus fraglich er=
ſcheinen
muß, ob ſich Frankreich nunmehr zu einem Abbau der Ruhr=
beſetzung
und zu einer endgültigen und erträglichen Regelung der Re=
parationsfrage
verſtehen wird, und andererſeits die Gefahr innerpoli=
tiſcher
Unruhen ſo groß geworden iſt, daß ſich die Reichsregierung zur
Verhängung des allgemeinen Ausnahmezuſtandes veranlaßt ſah. Dieſe
große Unſicherheit beherrſchte in der Berichtswoche auch die Stimmung
der Börſe und führte hier zu einer ſtarken Einſchrankung der Geſchäfts=
tätigkeit
. Die Umſätze ſchrumpften auf allen Gebieten merklich zuſam=
men
und dies, obgleich die Lage des Geldmarktes eine weſentliche Er=
leichterung
zeigte und ſomit die Haupturſache der letztwöchigen Kurs=
rückgänge
in Wegfall kam. Beſonders fühlbar machte ſich die Ungewiß=
heit
über die weitere politiſche und wirtſchaftliche Entwickelung an dem
Deviſenmarkte, der bei mehrfachem Eingreifen der Reichsbenk ſtarke
Kursſchwankungen aufwies. Es ergaben ſich ſogar an mehreren Tagen
recht beträchtliche Unterſchiede in den Notierungen des Berliner und
Frankfurter Platzes. Die Effektenbörſe eröffnete am Montag in luſt=
loſer
Haltung. Die Spekulation zeigte ſich weiter zu Realiſationen
geneigt, und es kam daher auf den meiſten großen Maukten zu weiteren
leichten Rückgängen, während der Kaſſamarkt im großen und ganzen
noch recht feſt lag. Für die Mittwochbörſe hatte jedoch auch das Privat=
publikum
überwiegend Verkaufsaufträge gegeben, ſo daß es an dieſem
Tage zur Kursabſchwächungen kam, die teilweiſe bis zu Halbie ungen
gingen und beſonders am Einheitsmarkte zahlreich waren. Das her=
auskommende
Material, das an ſich nicht ſehr umfangreich war, fand
jedoch in den meiſten Fällen glatte Aufnahme, da die Spekulation im
Verlaufe der Börſe bereits wieder zu Rückkäufen ſchritt. Dus weitere
Anziehen der Deviſenkurſe führte dann am Freitag den Börxſe wieder
recht zahlreiche Kaufaufträge zu, ſo daß ſich die Tendenz an dkeſem Tag
durchweg recht feſt geſtaltete. Die bevorzugten Werte der Montan= und
Chemiſchen Induſtrie konnten zum größten Teil ihre Höchſtkurſe wieder
etwa erreichen, und auch der Einheitsmarkt wies, wenn auch in gerin=
gerem
Maße als die großen Märkte, überwiegend wieder anfehnliche
Kursſteigerungen auf.
wb. Berliner Börſenbericht. Da die Deviſen heute amt=
lich
nicht notiert wurden, blieb der Freiverkehr ſich ſelbſt überlaſſen. Die
Kurſe ſtellten ſich infolge geſteigerter Nachfrage und im Einklang mit
rückgängigen ausländiſchen Marknotierungen durchweg höher. Unge=
fähr
auf der Grundlage von 950 Mill. für Auszahlung London und
220 Mill. für Auszahlung New=York.

Bankgeschäft
Fernsprecher 1308, 1309

D V2 1 v
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

DarlVietder
1 Luisenplatz

[ ][  ][ ]

Rummer 230.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 30. September 1923.

Seite 3.

49)

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)

Es war nun gegen Abend wieder ſtürmiſch geworden. Der
Himmel war von jagenden grauen Wolken verhüllt, die in eini=
ger
Entfernung einen peitſchenden Regen" über das Meer er=
goſſen
; der Wind, der am Morgen eine friſche und angenehme
Frühlingsbriſe geweſen war, war zu einem zornig heulenden
Miſtral angewachſen. Die kleine Jacht ſchaukelte tüchtig, und
Philipp bedauerte innerlich den alten Senjor Paqueno, der bei
dieſer Witterung Höllenqualen leiden mußte. Er ſelbſt war ein
guter Seemann und empfand keinerlei Unbehagen, ihn ſtörte
weder der Miſtral noch die Wellen, wie er da an der Seite des
Kapitäns auf der Kommandobrücke ſtand.
Die Dämmerung fiel raſch ein. In einiger Entfernung
tauchte der ſchleppende Rauch eines großen Fahrzeuges auf.
Plötzlich ſah Philipp zu ſeiner Verwunderung Madame
Pelotard und den angeblichen Grafen von Punta Hermoſa die
Stufen der Kajütenabteilung heraufkommen. Bei ſolchem Wet=
ter
! Seine Gattin und der Graf ſchienen jedoch ebenſo abgehär=
tet
gegen die Witterung zu ſein wie er ſelbſt. Sie gingen meh=
rere
Male über das ſchwankende, ſtoßende Verdeck auf und ab;
ſie ſprachen, und offenbar ſtellte Madame Pelotard dem Grafen
Fragen, die dieſer nicht zu ihrer vollen Zufriedenheit beant=
wortete
, denn ſie geſtikulierte lebhaft und ſprach jedesmal
länger, während er ſich kurz und ausweichend zu äußern
ſchien. Ein paarmal ſah Philipp, wie ſie den Mund ſeinem Ohre
näherte, während er den Kopf ſenkte; ſie konnte ſich offenbar nur
ſchwer verſtändlich machen.
Philipp auf der Kommandobrücke ſchienen ſie gar nicht zu
bemerken. Dieſer lächelte leiſe.
Plötzlich verdoppelte der Wind ſeine Heftigkeit, der Schaum
erhob ſich in einer einzigen weißen Kaskade, und die kleine Jacht
begann ſich ſo heftig umzulegen, daß Philipp ſich an die Barriere
der Kommandobrücke klammern mußte, um nicht zu fallen. Wäh=
rend
er noch ſchwankend das Gleichgewicht wiederzugewinnen
trachtete, ſah er, wie ſeine vorgebliche Frau und der Graf raſch
über das Verdeck der Kajütenabteilung zuſtrebten. Der Graf
ſchien durch ſein Hinken keineswegs behindert, denn er lief mit
ebenſo großer Sicherheit über das Verdeck wie nur irgend ein
Seemann, und Madame Pelotard gab ihm nichts nach.

Mit einem Male ſtieß ſie jedoch einen Schrei aus und warf
die Arme in die Luft; ſie war über ein im Wege liegendes Tau
geſtolpert und hätte ſich mit Schmerzen hart an der Reeling an=
geſchlagen
, ja, wäre vielleicht über Bord gefallen, wenn ſich nicht
im ſelben Augenblick die Arme des reckenhaften Grafen ausge=
ſtreckt
und ſie umfangen hätten. In der nächſten Sekunde lag ſie,
offenbar proteſtierend und nicht ohne zu zappeln, in ſeiner Um=
armung
und wurde im Eilmarſch der Treppe zugetragen. Als
ſie dieſe erreicht hatten, plazierte er ſie wieder ehrfurchtsvoll auf
das Verdeck; ſie hielt ſich an dem Treppengeländer feſt und be=
trachtete
ihn ein paar Sekunden mit ſeltſamen Blicken; dann
ſtreckte ſie die Hand aus und ſagte etwas, was vermutlich ein
Dank war.
Der Graf von Punta Hermoſa ergriff die dargebotene kleine
Hand, drückte ſie und führte ſie dann raſch an ſeine Lippen.
In der nächſten Sekunde verſchwand ſie die Treppe hinun=
ter
, und er folgte langſam nach.
Herr Collin auf der Kommandobrücke lächelte wieder, aber
wurde von Kapitän Dupont aus ſeinen Gedanken geriſſen.
Ein Kriegsſchiff! ſchrie ihm dieſer ins linke Ohr. Ein
Kriegsſchiff, Profeſſor!
Philipp ſah in die Richtung, nach der er wies. Das große,
graue Fahrzeug, deſſen ſchleppeuden Rauch er vor einer Weile
geſehen, war ihnen jetzt näher gekommen und zeichnete ſeine gro=
teske
impoſante Silhouette gegen den Abendhimmel ab. Ohne
ſich um den Sturm oder Seegang zu kümmern, zog es ruhig
ſeine Straße nach Marſeille, woher Philipp und ſeine Jacht eben
kamen. Der Schaum erhob ſich in zwei weißen Wimpeln um
feinen ſcharfen Bug.
Nach zehn Minuten war es ſo nahe, daß Philipp ſeine
Flagge ſehen konnte; ſie war blau=weiß=rot. Ein ruſſiſcher Pan=
zerkreuzer
alſo. Er nahm ſein Fernglas und richtete es auf den
Koloß. Zar Alexander glaubte er darauf zu leſen.
Dann ließ er das Glas ſinken, nickte Kapitän Dupont zu
und ging mit einem abermaligen Lächeln der Kajütentreppe zu,
über die der Graf Punta Hermoſa und ſeine Gattin vorhin ver=
ſchwunden
waren.
Warum lächelte Herr Collin?
Weil ihm zumute war wie einem Boten der Vorſehung, zu
deren Aufgaben es gehört, über Toren und Liebende zu wachen.
Und auch weil er jetzt zu hoffen begann, ſeine verlorenen
fünfzigtauſend Pfund wiedererlangen zu können.

Zweites Kapitel,
welches der Anfang von ſehr abenteuerlichen
Begebenheiten iſt.
Der Wind nahm in der Nacht und am folgenden Vormittag
n Stärke zu; das Meer ging hoch, und erſt um die Mittagszeit
beruhigte das Wetter ſich wieder. Gegen ein Uhr wagte ſich
ſogar der alte Senjor Paqueno auf das Verdeck, auf das die
Sonne aus einem tiefblauen Himmel ſtrahlte und über dem
die Möwen in den ſchönſten Monoplanflügen kreiſten.
Die Luft war lau und appetitanregend.
Wir können anfangen, Ihnen eine Vorſtellung von dem
Beſten zu geben, Madame, ſagte der Graf von Punta Hermoſa,
was es in Minorca gibt, dem Klima.
Gegen ſechs Uhr paſſierte man die ſüdöſtliche Landzunge
von Minorca, und kurz darauf kam Mahon in Sicht. Die kleine
Stadt erhob ſich ebenſo weiß und ruhig wie ſonſt über den
Hafenterraſſen; in der Kathedrale läutete man das Angelus, und
die Abendſchatten ſenkten ſich tief über die Häuſer und Palmen.
Die Mondſichel war nur eine feine Silberritze in dem opal=
blauen
Abendhimmel, und auf dem durchſichtigen Waſſer des
Hafens ruhten die Möwen wie weiße Seeroſenknoſpen.
Sie ſind ebenſo liebenswürdig gegen mich, Madame, wie
gegen den armen Don Ramon, den Sie nun ſchon alles auf R.
genannt haben außer Ramſes. Ich verſichere Ihnen, daß ich
Ihnen eigentlich in allem, was Sie ſagen, ganz recht gebe. Nie=
mand
kann Don Ramon lieber haben als ich. Ich glaube kaum,
daß jemand mehr Nachſicht mit ſeinen ſchwachen Seiten gehabt
und ſeine guten mehr geſchätzt hat.
Jetzt gefallen Sie mir wieder, das iſt hübſch von einem
Freunde geſagt . . . Aber ſagen Sie doch, wenn Sie ihn ken=
nen
und Minorca kennen . . . was glauben Sie, daß ſie mit ihm
angefangen haben? . . . Weil ſie den Telegraphenkabel abge=
ſchnitten
hahen! Das iſt ja ganz, als ob ſie Angſt hätten, daß
man erfährt, was ſie getan haben . . . als ob ſie ihn wirklich
get
Ach, Madame, das mit dem Telegraphenkabel iſt von keiner=
lei
Bedeutung. Wenn der Telegraphenkabel in Minorca aufge=
hört
hat zu funktionieren, ſo iſt es mit ſo vielen anderen Dingen
ebenſo. Es kann ja Altersſchwäche ſein. Oder vielleicht haben".
ihn die Aufſtändiſchen abgeſchnitten, damit Don Ramon nicht
um Hilfe telegraphieren kann!
(Fortſetzung folgt.)

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leiſten. Dieſen geſetzlichen Verpflichtungen
ſind leider eine größere Anzahl Arbeitgeber
bis jetzt nicht nachgekommen. Der Vorſtand
ſieht ſich daher gezwungen, von ſeinem ſat=
zungsgemäßen
Recht Gebrauch, zu machen
und jeben Arbeitgeber, der nicht ſofort die
rückſtändige Liſte einreicht und die Beiträge
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rückſtändigen Beiträge zu belaſten,
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[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, den 30. September 1923.

Nummer 230.

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ab 11uhr: Promenade=Konzert.

Café Fürſt Bismarck.
Montag, den 1. Oktober 1923:
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Anfang 4 Uhr. (25749/ Ende 1 Uhr.

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Städtiſcher Saalbau
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Der Wetterwart, 6 Akte
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für die Stadt Darmſtadt.
Die neue Gebührenordnung zur Fried=
hofs
= und Begräbnisordnung iſt für die
jächſten 8 Tage an den für öffentliche
meinen Kenntnis ausgehängt.
Die Gebührenordnung tritt mit dem
23. September 1923 in Kraft.
Darmſtadt, den 28. September 1923.
Der Oberbürgermeiſter.
J. V.: Buxbaum.
st7682)

Kartoffelverkauf.
Die Stadtverwaltung wird am nächſten
Montag weitere Mengen Kartoffeln auf=
kaufen
. Es iſt beabſichtigt, dieſelben am
Dienstag, den 2. Oktober ds. Js., von
vormittags 5 Uhr ab in den nachfolgen=
den
Geſchäften unter den bekannten Be=
dingungen
verkaufen zu laſſen.
Zahn, Holzſtraße 19
Stoll, Heinheimerſtraße 4
Engel, Barkhausſtraße 1
Reiſenweber, Viktoriaſtraße 52
Klös, Bleichſtraße 45
Lepper, Eliſabethenſtraße 35
Klippel, Forſtmeiſterſtraße 10
Michel, Ludwigshöhſtraße 55
Feger, Orangerieallee 15
Debus, Nieder=Ramſtädterſtraße 57.
Der Verkaufspreis wird in den Ge=
ſchäften
bekannt gegeben.
Es wird jetzt ſchon darauf hingewieſen,
daß die Belieferung ſämtlicher Geſchäfte
nur möglich iſt, wenn genügende Mengen
zur Verfügung ſtehen. Diejenigen Be=
völkerungskreiſe
, die in der Lage ſind,
ſich ſelbſt mit Speiſekartoffeln zu ver=
ſorgen
, werden gebeten, im Intereſſe der
übrigen nichtverſorgten Bevölkerung von
dieſer Ankaufsmöglichkeit keinen Gebrauch
(st7683
zu machen.
Darmſtadt, den 29. Sept. 1923.
Städtiſches Lebensmittelamt,

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Mittag=u. Abendtiſchoh. Fleiſch
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zum Geſetz vom 11. 8. 1923 über die Beſteue=
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erhalten: Die jeweils fällige Abgabe wird
nicht erhoben, wenn ſie das zweihundert=
fache
des Betrages nicht überſteigt, der für
die Beförderung eines Briefes bis zu 20 gr
im Inlandsfernverkehr am 10. Tage vor dem
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Finanzamt Darmſtadt Stadt. (7en


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Mt un

Nummer 39

Darmſtädter Tagblatt

30. September 1923

O
Deutſche Gegenwartsſchriftſtellerinnen.

Von Dr. Ella Menſch.
XII.
Ina Seidel.
Im Lande deutſcher Lyrik gehört ſie zu den Auserwählten
und Berufenen, denn ihr eignet die Kraft geſammelter Inner=
lichkeit
und perſönlichſter Auffaſſung, die ſich aber doch nie ſo
vom allgemein Menſchlichen entfernt, daß ſie unverſtändlich
bleibt, wie dies der Fall iſt bei einer Klaſſe von Neutönern, die
nur für ihren Klüngel ſchreiben und dichten. Gleich bei Kriegs=
ausbruch
entſtrömten ihrer Seele Klänge, die mehr enthielten als
den durch das Geſetz der Stunde gebotenen und entfeſſelten
datriotiſchen Hochſchwung; ſie deuteten auf den Weg innerer Er=
neuerung
, den eine Jugend zu wandeln hat, der es in den
langen Friedensjahren zu leicht geworden war, in der ſich un=
verbrauchte
Kräfte angeſammelt hatten, die nach Entladung
drängten. Unter dem ſchlichten Titel Gedichte erſchien dann ein
Zyklus Seidelſcher Lieder, in denen viel ſtille, feine Schönheit
blüht, wie, um nur auf einiges hinzuweiſen, das Lied: Kommſt
du die ſtillen Wege nun nimmermehr zurück ziehſt du auf
ferner Straße und wanderſt nach dem Glück? Ferner:
Der Geiſt des Schlafes; Städte auf Erden Trinke das ein=
ſame
Glück trinke die Stille im Land bis du mir trunken
und ſchwer von den heiligen Wunden der Nacht auf deinen
Schwingen des Schlafes heiliges Labſal gebracht!
Neuerdings hat Ina Seidel ſich auch in Roman und Novelle
verſucht. Manche Titel, wie etwa Sterne der Heimkehr.
klingen, ſchon wie ein Lied. Getränkt ſind ſie alle mit jener
Weltinnigkeit, die aus ihren Gedichten ſpricht. Die Fabel iſt
nebenſächlich, Hauptſache bleibt das menſchliche Herz mit ſeinen
unbegreiflichen Wendungen und Wandlungen. In ihm voll=
ziehen
ſich alle Vermittlungen. Nur zuweilen ſchaut man die
Perſonen, denn ſcharfe Konturierung iſt nicht die Gabe der Dich=
terin
. Dafür verſteht ſie ſich auf Farben= und Lichtſpiele, und,
wenn ſie ihre Menſchen in das trunkene, ſtarke Licht ſommer=
licher
Junitage hineinzaubert, wie in dem Buch Sterne der
Heimkehr, erleben wir dionyſiſche Schönheit, die dann wiederum
apolliniſcher Beſonnenheit den Platz räumt. Das Buch hält
übrigens gerade an der Grenze, wo ſich Gefühle und Stim=
mungen
in unbeſtimmte Dämmerungen verlieren, wo für das
Unzulängliche die Sprache nach Ausdrücken fahndet, die doch in
dieſen violetten Zonen nur der Schweſterkunſt, der Muſik, zu
Gebot ſtehen.
Durch ſeine Seelenkunde, durch die feinen Bemerkungen,
welche die Taten und noch mehr die Unterlaſſungen der Seidel=
ſchen
Figuren umranken, erhält der Roman den beſonderen Wert.
Wir ſetzen einige hierher: In jedem Menſchen, zu dem wir in
eine leidenſchaftliche Beziehung geraten, tritt uns verkörpert und
leibhaftig eine Seite unſeres Selbſt entgegen. Und je weniger
einfach wir ſind, deſto öfter werden wir enttäuſcht werden auf der
Suche nach dem Einen, der auf unſer ganzes Weſen antwortet.
Nein, einfach ſind die Seidelſchen Romangeſtalten nicht gebaut,
weder die Männer, noch die Frauen. Letztere am wenigſten. Die
Zergliederung und Analyſierung der Gefühle läßt ſie ſelten zum
unmittelbaren Erleben kommen. So vor allem die ſchöne und
ſtolze Mathilde, die Heldin in Sterne der Heimkehr‟. Er, auf
deſſen Rückkehr ſie lange gewartet, dem ſie innerlich Treue gelobt,
eine Treue, nicht nur gegen ſeine Perſon, ſondern gegen die Ele=
mente
des Geiſtes, die ihn damals trugen, entwickelt, ſich immer
mehr zu der Ueberzeugung von der Bedingtheit jedes menſch=
lichen
Standpunktes, einer Bedingtheit, die urſächlich unentwirr=
bar
mit den feinſten Faſerungen jeder Organiſation zuſammen=
hängt
. Der Genius eines Menſchen nimmt erſtaunliche Verklei=
düngen
an, um ſein Ziel, die Vollendung der Perſönlichkeit, zu
erreichen. Die Jünglingsgeſtalt des Geliebten war zum Sym=
bol
geworden und die Treue hatte dem eigenen, ungeſtüm nach
Größe verlangenden Ich gegolten. Aber auch in der Landſchaft
des Herzens des Mannes hat ſich Umfärbung eingeſtellt, die
wilden, anſtrengenden Kriegsjahre haben ſich in Wendelins
Weſen eingedrückt; er bekennt: Ich habe heut’ keinen anderen
Ehrgeiz mehr als den, ein guter Landwirt zu ſein und mein
Stück Deutſchland geſund zu erhalten. Ich mußte wohl in die
Ferne gehen, um meine Grenzen kennen zu lernen. So entgeht
er dem Verhängnis jener Zweiteilung von Leib und Seele, die
Mathilde in Traum und Wirklichkeit ängſtigt: Wir ſind nur der
Sehnſucht fähig und der Ekſtaſen der Sehnſucht, und ſolange

Es ſei uns immer angelegener, Menſchlichkeit zu zeigen als

Lebensart!

Leſſing.
K6
die Sehnſucht anhält, lieben wir vielleicht. Wer unſere Sehnſucht
ſtillt und überſtillt, verliert uns.
Nachtwandler des Lebens, unter deren Füßen ſich der Boden
wie von ſelbſt aufrollt, ziehen mehrere, von ganz verſchiedener
Prägung, an uns vorüber. Am Schluß heißt es: Nicht nur der
dehnbare Ring der freien Horizonte, ein anderer Reif iſt um
uns geſchlagen, bändigt Wandertrieb und Ausbreitungsluſt,
zwingt uns, in unſeren Grenzen zu ackern, zu zeugen und zu ſter=
ben
. Aber, meine Freunde, was ſie uns nicht nehmen können,
nicht Ströme ſind es, nicht Landesteile! Bleibt uns nicht Höhe
und Tiefe, wenn die Breite ſich verſagt? Wichtiger, als um ver=
lorene
Induſtriegebiete zu trauern, iſt es, Deutſchland in jedem
einzelnen Deutſchen zu erwecken, zu einigen, zu heilen! Wer
weiß um das heimlich wachſende Deutſchland? Welche Provinzen
des Geiſtes, Freunde! Schade, daß die Verfaſſerin mit dieſem
Finale Abſchied vom Leſer nimmt. Es bringt keinen Troſt,
Sperrt Menſchen in luftleere Räume, verkümmert ihnen das
Nahrungsgebiet, ſchädigt ſie an ihrer Volksehre und ſchaut
dann zu, ob noch die Kraft vorhanden iſt, am Dome zu bauen
und in geiſtige Höhen ſich aufzuſchwingen.
Beſinnliche Leute werden Freude an Ina Seidels Sterne
der Heimkehr (Deutſche Verlagsanſtalt, Stuttgart) erleben. Es
iſt alles darin ſehr fein geſponnen. Manchmal ſo fein, daß man
fürchtet, der Faden könne reißen.
*
Druckfehlerberichtigung. In dem Aufſatz über
Gabriele Reuter muß es ſelbſtverſtändlich heißen; das
Großſtadtkind, nicht das große Stadtkind.

dann in der Folgezeit dazu herangezogen worden, um mit dieſem
feſten Adſorptionsmittel die früher verlorenen oder mähſam und
unvollkommen gewonnenen Reſte aus den Gasſtrömen herauszu=
ziehen
. Die Verdünnung der Stoffe, ſo führt der Gelehrte aus,
war von jeher die größte Quelle ihrer Entwertung. Das Gold
im Meere, das alle Papierſchulden der Gegenwartswelt tauſend=
fältig
überzahlen könnte, das Eiſenerz in unſerem Heimatsboden
ſind Beiſpiele entſcheidender Werte, die die Verdünnung uns un=
zugänglich
macht. Ja, es gibt, genauer betrachtet, nichts, was an
wertvollen Rohſtoffen nach Art und Menge unſerer heimiſchen
Erde fehlte: wir haben alles, nur außer der Steinkohle und dem
Kali, leider faſt alles in entwertender Verdünnung. Die Kohle
der Atemfilter iſt das Beiſpiel für die Möglichkeit, die Grenze der
Entwertung durch Verdünnung zurückzuſchieben und das Zeug=
nis
für die Bedeutung eines ſolchen Erfolges. Die Legierung
der Leichtmetalle Aluminium und Magneſium, die dadurch Schwer=
metalle
ausländiſcher Herkunft erfolgreich erſetzen, die Gewinnung
des Stickſtoffs aus der Luft ſind weitere Beiſpiele für dieſe Vor=
züge
der Wiſſenſchaft, denen ſich noch eine ganze Reihe anderer
Erfolge angliedern läßt. Es iſt eine fruchtbare Reihe von Fort=
ſchritten
, ſagt Haber, denn ſie iſt in allen Gliedern dadurch ge=
kennzeichnet
, daß Abfall nutzbar gemacht und aus naturwiſſen=
ſchaftlicher
Erkenntnis durch techniſchen Geiſt vermehrter Wert
mit gleicher Arbeit herausgeholt wird. Sie iſt doppelt fruchtbar
für uns, weil jedes Glied einen Schritt zur Autarkie, einen ge=
wonnenen
Punkt bei dem Verſuch bedeutet, aus den eigenen
Rohſtoffen wirtſchaftlich zu leben.

C.K. Neue Arbeitsweiſen zur Rettung unſerer Wirtſchaft.
Unſere Zeit, die mit ihren ſchweren Kriegen eine Umwandlung
der Wirtſchaft gebieteriſch fordert, wird nur durch neue Arbeits=
weiſen
gerettet werden können, die die Kräfte der Natur mehr
als bisher ausnutzen. Die Wege dazu kann allein die Wiſſenſchaft
angeben; ſie iſt daher für uns das Unentbehrlichſte von allem.
Das betont der große Naturforſcher Fritz Haber, dem wir bereits
die Einführung in einige der wichtigſten neuen Methoden ver=
danken
, in einem Vortrag, den jetzt die Naturwiſſenſchaften ver=
öffentlichen
. Die Vergangenheit, in der wir ſo reich waren, hat
ein großes Unglück bei uns gezeitigt, ſagt er. Weil es ſo viele
wundervolle Einzelheiten gab, aus denen ſich unſere techniſche
Leiſtung zuſammenſetzte, haben wir einen Reichtum an Menſchen
herausgebildet, die die Einzelheiten meiſterlich verſtehen. Aber
alle dieſe Menſchen, die nie fehlgreifen, wenn es ſich um das han=
delt
, was in ihrem beſchränkten Wirkungskreiſe von einem Tag
auf den anderen Nützliches geſchehen kann, zeigen Unluſt oder
Unvermögen, die breitere Entwickelung auf ein Jahrzehnt hinaus
zu überlegen. Sie leugnen nicht, daß unſer Staat wie er iſt, auf
dem techniſchen Können beruht und auf unabſehbare Zeit darauf
beruhen wird, aber ſie ſehen in einer Periode, in der alles irgend
Entbehrliche kleingeſtellt werden muß, den Wiſſenſchaftsbetrieb
nicht als das völlig Unentbehrliche an. In Wahrheit aber iſt er
das Unentbehrlichſte von allem. Haber zeigt an einigen Beiſpie=
len
, wie uns nur dieſe neuen Arbeitsweiſen, die in der Kriegszeit
bereits ungeahnte Möglichkeiten offenbarten, die Rettung bringen
können. Er erinnert daran, wie im Kriege das Bedürfnis, die
Rauchfahnen aus den Schornſteinen unſerer Schiffe dem Gegner
zu verbergen, zu dem Verfahren führte, den Staub, der früher als
verlorenes Gut in die Luft ging, als wertvolle Mehrung des
chemiſchen Erzeugniſſes zurückzuhalten. Die Schaffung von Ab=
wehrmitteln
im Gaskrieg ließ ein Filter entſtehen, durch das ſich
leicht hindurchatmen läßt und das alle feinſten Beſtandteile aus
der hindurchtretenden Atemluft hinwegnimmt. Die Kohlen, die
dazu verwendet wurden, um unſere Atemorgane zu ſchützen, ſind

Allerlei Weisheit.
Der Umfang des Veſuvs beträgt etwa 54 Kilometer.
25 Kilometer Fußmarſch am Tage ſind einer Radfahrleiſtung
von 90 Kilometern gleichzuſetzen.
Die Schweiz führte vor dem Kriege alljährlich für über 100
Millionen Fr. Uhren aus.
Eine Nähnadel geht bis zu ihrer Fertigſtellung durch 80
verſchiedene Hände bzw. Maſchinen.
Der Tanganjika=See in Afrika, iſt 67mal größer als der
Bodenſee, das iſt etwa ein Zehntel ſo groß wie Preußen vor
dem Kriege.
Es gibt einen kleinen Käfer, der vollſtändig blind iſt. Er
wird regelmäßig von Ameiſen gefüttert.
Aus einem Pfund Baumwollfaſern kann ein Faden von
1670 Klm. Länge geſponnen werden.
Weinranken ſind äußerſt zähe. Noch zehn Jahre nach dem
Abſterben können ſie ein Gewicht bis 5 Kilo tragen, ehe ſie
zerreißen.
nk. Das Federzimmer in dem Jagdſchloß Moritzburg. Die
ſchönſte und erinnerungsreichſte Stätte kurſächſiſcher Weidmanns=
herrlichkeit
iſt das in vieler Hinſicht berühmte Jagdſchloß Moritz=
burg
bei Dresden. Es enthält, erzählt Klengel in der Zeit=
ſchrift
Naturſchutz, Trophäen aller Jagdtiere, darunter ſolche
von unſchätzbarem Werte; man denke nur an das weltberühmte
Geweih des 66=Enders, das ſeinesgleichen auf der Erde nicht hat.
Der Ornithologe wird ſeine Aufmerkſamkeit beſonders dem wert=
vollen
Federzimmer zuwenden, das von wunderbarer Schönheit
iſt. Es iſt mexikaniſchen Urſprungs; Auguſt der Starke, der be=
kannte
Kurfürſt von Sachſen und König von Polen, erhielt es
im Jahre 1688 als Siegespreis bei einem Stierkampfe vom
König von Spanien zum Geſchenk. Es beſteht aus Wandbehän=
gen
, dem Thronhimmel und dem Bezug des Thronfußes, in die
Federn exotiſcher Vögel eingewebt ſind. Die Behänge ſind zwar
im Laufe der über 200 Jahre etwas verblichen, der Thronhimmel
prangt jedoch heute noch in den herrlichſten ſatten Farben, der
Papageien und Kakadus. Die Federverkleidung zierte einſt den
Thronſaal des Schloſſes, iſt jedoch ſpäter nach einem kleineren
Saal verſetzt worden, wo ſie ſich heute noch befindet. Erwähnt
mag noch ſein, daß auch das zum Jagdſchloß Moritzburg
gehörende und nur wenige Kilometer davon entfernt liegende
Faſanenſchlößchen ein ähnliches, freilich kleineres und weniger
prunkvolles Federzimmer beſitzt, deſſen Herkunft von Klengel
nicht ermittelt werden konnte.

Douaumont 1916*)
Der Morgen des 23. war regneriſch und mißgelaunt herauf=
gezogen
. Das Feuer ſchwoll mit Hellwerden ſchlagartig zu
äußerſter Heftigkeit am. Alles deutete darauf hin, daß es heute
wohl zur Kriſis kommen würde . . .
Bis zum Mittag verſtärkte ſich das Feuer zu wahrhaft infer=
naliſcher
Wut. Aber treu hielten die Gewölbe. Eine Beobach=
tung
nach außen war zu dieſer Zeit nicht mehr möglich. Durch
den Lärm der Beſchießung hindurch hörte man aber ab und zu
Handgranatenfeuer aus dem rechts anſchließenden Abſchnitt.
Vielleicht daß dort bereits der Angriff im Gange war. Von der
eigenen Front bei Fleury unten erfuhr die Beſatzung nichts.
Drohend erhob ſich die Erinnerung an die Maitage ...
Zur Untätigkeit verdammt, warteten die Douaumont= Ver=
teidiger
in den Kaſematten und Gängen . s=
Da vollzog ſich das Verhängnis .. .
Es ging ſo raſch und rollte ſich in ſo zermalmender Einfach=
heit
ab, daß es kaum dem Einzelnen zum vollen Bewußt=
ſein
kam.
Es war auf einmal da. Und allen ſchien, daß ſie es erwartet
hätten, obwohl niemand damit gerechnet hatte, daß es ſo aus=
gehen
würde. Es zerſchlug in wenigen Viertelſtunden die Ar=
beit
und Mühe von Monaten und ließ nicht einmal Zeit, dar=
über
nachzudenken. Es arbeitete in ſo fürchterlich erakter Pro=
grammgebundenheit
, daß kein Menſch nachher mehr ſagen konnte,
ob es nun um 11 Uhr oder um 12 oder um 2 Uhr begonnen
hatte.
12½ Uhr mittags iſt es geweſen . ..
Für die Dauer einer Sekunde wurde der ungeheure, ver=
worrene
Lärm der Artillerieſcacht überbrüllt von einem rieſen=
haft
fürchterlichen Laut. Wühlend fuhr es in den Douaumont
und verbreitete tief in ſeinem Bauch einen aufbrüllenden Don=
nerſchlag
, der Menſchengeſchrei und Entſetzen brutal verſchlang.
Schwefelgeſtank und Feuerſchein zog umher. Der erſte Schuß
einer bisher ungekannten ſchweren Artillerie. Es dauerte Mi=
nuten
, bis man erkannte, was er angerichtet. Er war mitten
ins Lazarett gegangen. Der eingeſtürzte und lichterloh bren=
nende
Raum konnte nicht mehr betreten werden. Wohl ein hal=
bes
Hundert Verwundeter hat dort zuſammen mit dem Sani=
tätsperſonal
einen raſchen Tod gefunden. Wie gelähmt wartete
*) Auszug aus den in einigen Tagen im Verlag Gerhard Stalling
Oldenburg i. O., in der Schriftenfolge Schlachten des Welttkrieges
erſcheinenden Bd. 8: Douaumont 1916 von Weruer Beumelburg.
Preis broſch, Grundzahl ca. 4,50 Mk., gehd. ca. 5,50 Mk.

alles, was Leben hatte, im Fort, zählte die Minuten. Eins".
zwei . .. drei . . . vier. In furchtbarer Langſamkeit ſchlichen
die Sekunde. Der Lärm von draußen quoll vielmals geſteigert
durch das gähnende, rauchende Loch, das die Granate ſich ge=
wühlt
. . .
Ehe zehn Minuten vorüber, brüllte der zweite Schlag. Wie=
der
das hoch ausholende Geheul . in gieriger Heiſerkeit und
Glut faſt ſenkrecht herabſtürzend. Dann ein Klatſchen . . . ein
dumpfer Knall, dann . . . den Bruchteil einer Sekunde ſpäter
derſelbe furchtbare Donnerſchlag, der allein durch ſeine eigene
Wucht die Gänge zerſprengen will. Kein Menſch weiß, wo es
getroffen hat. Die in der Kaſematte 8 gelegen haben, erzählen
nichts davon, wie es geſchehen iſt. Die ganze Kaſematte iſt zu=
geſchüttet
. . .
In Abſtänden von zehn Minuten bis zu einer Viertelſtunde
fällt Schuß auf Schuß mit unheimlicher Genauigkeit. Die durch
die dauernde Beſchießung zermürbte und durch das völlige Ab=
geſchnittenſein
von außen moraliſch ſtark erſchütterte Beſatzung
hält ſtand. Wohl regt hier und da die Panik ihr furchtbares
Haupt. Aber die Beſonnenheit iſt ſtärker. Die Führung behält
das Heft feſt in der Hand. Alles ſteht unter dem Eindruck der
Beſchießung, daß ſelbſt der unmittelbar zu erwartende Angriff
nicht mehr ſchreckt. Im Gegenteil käme er nur! Noch ſind
alle Mannſchaften auf ihren Gefechtsſtänden, ſoweit ſie durch
das Feuer nicht ausgeſchaltet ſind
Noch iſt wenigſtens der verwundbarſte Punkt des Forts
nicht getroffen: der Munitionsraum .
Ein gellender Donnerſchlag, der vierte oder fünfte Schuß,
zerſchmettert die Decke des Hauptgefechtsganges vor der Kaſe=
matte
10. Die obere Durchfahrt iſt unbrauchbar. Die dort zu=
ſammengedrängten
Leute werden verſchüttet. Polternd begräbt
ſie das Gewölbe. Zwei weitere Einſchläge zerſtören Kaſematte
11 und 17. Der Aufenthalt im oberen Stockwerk des Forts
wird unmöglich ..."
Der Fortkommandant, Major Roſendahl, ber Regiments=
kommandeur
vom Dienſt (Reſ.=Inf.=Regt. 90), der Fortifikations=
offizier
und der Artillerieoffizier vom Platz kommen überein,
den oberen Gefechtsgang zu, räumen. Der ganze Reſt der Be=
ſatzung
drängt ſich im unteren Gang zuſammen . . .
Fürchterlich ſind die nächſten Viertelſtunden, 2=
Der ſechſte Schuß endlich trifft tödlich
Durch die offengelegte Decke des Hauptgefechtsganges wühlt
ſich die Granate durch und explodiert mit ungeheuerlichem Getöſe
tief unten im Hauptpionierdepot. Etwa fünfzig Pioniere, die
eben damit beſchäftigt ſind, das Depot in einen Lazarettiaum
umzuwandeln, werden unter Flammen und Steinen begraben.
Keiner von ihnen iſt entronnen. Sofort breiten die Flammen

ſich aus und lecken gierig durch die nahen Gänge. Einzelne
Leute werden erreicht , können ſich nicht retten .. fallen der
raſenden Glut zum Opfer. Im Pionierdepot lagern ungeheure
Mengen von Maſchinengewehrmunition und der geſamte Vor=
rat
an Leuchtgeſchoſſen. Mit obenbetäubendem Knallen und
Knattern fängt dies alles an zu brennen und zu explodieren. Die
Gaſe der Exploſion kriechen von Gang zu Gang ..
Im Nebenraum des Pionierdepots, durch eine einzelne
Wand nur getrennt, lagern 7000 Handgranaten und eine Fülle
alter franzöſiſcher Artilleriemunition. Wenn dort der erſte Funke
überſpringt, iſt alles verloren. Die Sprenggaſe dieſer Explo=
ſion
, die keinen Knall nach außen finden, müſſen das ganze Fort
von unten auf umſtülpen. Die Flamen züngeln am Herzen
des Douaumont. Vielleicht Sekunden nur ... vielleicht noch
Minuten
Entſchlüſſe müſſen gefaßt werden. Schnell. Jede Sekunde
entſcheidet über Hunderte von Menſchenleben. Was draußen
vorgeht, wveiß keiner. Die ganze Beſatzung drängt ſich im unteren
Gefechtsgang zuſammen. Nichts von Panik mehr. Alles wartet
auf Befehle. Der Fortkommandant berät mit dem Regiments=
kommandeur
. Draußen lärmt die Artillerieſchlacht . . . drinnen
raſſeln die Kettenexploſionen der Maſchinengewehrmumition . . .
heulen und ſauſen die Flammen. Mit ungeheurem Ziſchen ex=
plodieren
ſtapelweiſe die Leuchtkugeln . . . bengaliſche Feuer=
reflexe
. Und ein dichter, ſtickiger Qualm . . . aus allen Ecken
und Enden dringend . . . die Lungen anfüllend . . . die Augen
beißend . . . jede Sicht verſperrend. Zwei Ausgänge ſoll das
Fort noch haben . . . ſagt wan. Vielleicht ſchon jetzt keinen mehr.
Sind das nicht Handgranaten, die da unten im Fort explodieren?
Herrgott . . . vielleicht jetzt. . .
Der Franzoſe hält alle Ausgänge, noch beſtehende und gänz=
lich
zerſtörte, unter Gasbeſchuß. Vom Kehlblockhaus im Süden
her zieht ein Schwaden nach dem andern ins Junere. Die Be=
ſatzung
dort iſt längſt außer Gefecht geſetzt. Von ihrem Schick=
ſal
weiß niemand etas. Zu ihr hin gelangen, iſt unmöglich ...
Die Befehle werden bekannt. Das Fort ſoll von allen irgend=
wie
entbehrlichen Leuten geräumt werden. Nur ein ſchwaches
Kommando ſoll bleiben und berſuchen, den Brand im Pionier=
depot
zu löſchen. Es iſt kein leichter Gang, jetzt hinaus und über
das Nordglacis des Douaumont durch Gas und Sperrfeuer hin=
durch
. Aber es iſt vielleicht noch einmal ein Umeg um den
Tod. Hier aber auf dem Fort . ..
Unheimlich knattert der Brand im Pionierdepot . . .
Gegen 6 Uhr nachmittags ſind alle Truppen abgezogen. Nur
noch etwa 100 Mann unter Führung des Hauptmanns Soltaut
vom Inf.=Regt. 84 halten den oberen Gefechtsgang beſetzt. Zur
Hälfte halbtot vor Gasſchlucken. Alle bis zum äußerſten er=

[ ][  ][ ]

Die Welt der Frau

Der Antrag der Frau von heute.
ck. In unſerer Zeit, in der ſo viele grundſtürzende Wand=
lungen
vor ſich gehen, verändert ſich auch allmählich die Bezie=
hung
der beiden Geſchlechter zueinander, für die meiſten noch
unbewußt, aber dem Tieferblickenden doch klar erkenntlich. Die
Frau von heute, die es im Lebenskampf mit dem Mann auf=
nimmt
und Seite an Seite mit ihm in den Reihen der Arbeit
ſteht, blickt auch ganz anders ins Leben, als es das wohlbehütete
Haustöchterchen der jüngſten Vergangenheit tat, das von dem
Getriebe und den Stürmen der Welt keine Ahnung hatte. Die
moderne Frau ſtellt andere Anforderungen an das Schickſal und
räumt mit den gebrechlichen Schranken der früheren Sitte und
des guten Anſtandes reſolut auf. Da ſie ſich dem Manne
gleichberechtigt, ja in vieler Hinſicht überlegen fühlt, ſo iſt es nicht
verwunderlich, daß ſie auch das uralte Männerrecht für ſich for=
dert
, über ihre Zukunft ſelbſt zu entſcheiden und demjenigen, den
ſie ſich zum Lebensgefährten wählen möchte, ihre Abſicht frei
herausſagt. Von dieſem neuen Frauentypus, der Anträge‟
macht, plaudert Elizabeth Marc in einem engliſchen Blatt. Das
Mädel von heute, ſchreibt ſie, ſteht auf großen Füßen, wie uns
die Schuhmacher verraten, und ſie ſteht feſt auf ihnen. Arbeit
und Sport, die ſie ausübt, erlauben ihr nicht mehr den Aſchen=
brödelfuß
der Großmutter. Sie ſchreitet mit ihrer Schuhnum=
mer
40 kräftig aus und geht geradezu auf ihr Ziel los. Die Ehe
iſt für ſie nicht die einzige Zufluchtſtätte, wie ſie früher für die
Mädchen war, ſondern ſie iſt eine Möglichkeit neben vielen, und
wenn ſie ſich verheiratet, ſo weiß ſie, daß ſie dabei viel aufgibt
und ihre materielle Lage nicht immer günſtig verändert. Daher
wird ſie ſich nur zur Heirat entſchließen, wenn ein ſtarkes Erleb=
nis
ſie dazu zwingt, wenn ſie den Mann gefunden zu haben
glaubt, dem ſie angehören will. Wenn es notwendig iſt, wird
ſie ſelbſt zum Werber. Sie flirtet nicht mehr, wie es die Stuben=
gewächſe
von einſt taten, die von dem ſicheren Ausguck im Schoß
der Familie lockende und verführeriſche Blicke nach den Helden
ihrer Träume warfen. Die moderne Frau iſt viel zu beſchäftigt,
um ſich lange mit Werben und Hofmachen aufhalten zu können.
Sie hat am Tage zu viel zu tun, um abends ſchwärmeriſche Lie=
besbriefchen
zu ſchreiben, und ſie tanzt bis in die Nacht hinein
ſo ernſthaft und ſachlich, daß ſie an kein Liebesgeflüſter denkt.
Sie macht auch keine Avancen, wenn nicht der Richtige kommt,
mit dem ſie es nach ſorgfältiger Erwägung ernſt meint. Dann
aber iſt ſie häufig gezwungen, ſelbſt zu handeln, denn der junge
Mann von heute iſt entweder ſchüchtern oder denkt an ganz an=
dere
Dinge als ans Heiraten. Er weiß, daß es bei den teuren
Zeiten ſehr ſchwer iſt, für Frau und Familie zu ſorgen, und
würde ſich deshalb nie zur Ehe entſchließen, wenn nicht die junge
Dame ſelbſt die Sache in die Hand nehme. Die Zeiten, da er,
der Herrlichſte von allen, als gnädiger Beglücker die Hand der
willenlos Errötenden nahm und ſie zu ſich emporzog, ſind für
immer vorbei. Das moderne Mädchen blickt zu dem Manne
nicht mehr verehrend auf, erſtirbt nicht mehr vor ihm in Achtung;
aber ſie bietet ihm mehr als leere Verhimmlung, nämlich tat=
kräftige
Mitarbeit und feinfühliges Verſtehen. Wenn ſie ihre
eigene Arbeit aufgibt, um zu heiraten, dann bringt ſie ihre ganze
Tüchtigkeit und Erfahrung dem Manne zu; ihr Rat und Bei=
ſtand
ſtützt ihn in allen Lebensnöten. Aber der Mann weiß ſo
ſelten, wo für ihn das Glück liegt; deshalb muß er von Frauen=
händen
darauf geſtoßen werden. Das Mädchen von heute ver=
geht
nicht mehr in Sehnſucht und unausgeſprochenen Wünſchen,
ſondern ſie ſchiebt alle Hinderniſſe beiſeite, ſpricht deutlich und
klar aus, was ſie will, und ſie tut damit dem Mann den beſten
Dienſt, der ja ſtets eine unglückliche Figur bildete, wenn er einen
Antrag machte, während die Frau von heute ſich vortrefflich dazu
eignet.
Die Kunſi, ſich den Herbſthut aufzuſetzen.
C.K. Ein neuer Hut iſt ein großes Ereignis im Frauenleben,
und der Wunſch nach dieſem Erlebnis äußert ſich am gebieteriſch=
ſten
im Herbſt, wenn mit dem Abklingen des Sommers die neue
Saiſon beginnt, die neue Mode ihre lockende Vielfältigkeit neuer
Formen ausbreitet, wenn der alte Hut im Spiegel ſo verwelkt
und blaß ausſieht wie die letzte Sommerblume. Dann heißt es,
den neuen Hut zu kaufen, und das iſt keine leichte Aufgabe. Zu=
nächſt
einmal: welche Form wählt man, welchen Stoff? Samt,
Filz oder Seide oder gar Pelz? Alles wird getragen. Nimmt
man einen großen Hut oder einen kleinen, ein Rad oder eine
Glocke? Und dann die Garnierung! Und dann die Farbe! Ein
verwirrender Anſturm der verſchiedenſten Fragen, die nur gelöſt
werden können, wenn man weiß, was einem ſteht. Aber hat man
ſelbſt den richtigen Hut gefunden, dieſen Traum der Träume‟
da erhebt ſich eine neue Schwierigkeit: man muß ihn auch aufzu=
ſetzen
verſtehen. Vom richtigen Aufſetzen des Hutes hängt bei
den neuen Formen alles ab. Es iſt eine Kunſt, die eigentlich,
wie jede geniale Begabung, angeboren ſein muß und die man
nur mühſam erlernt. Wer es kann, der zieht den neuen Hut

Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
von hinten tief über die Stirne bis zu den Augenbrauen; dabei
muß das Haar ſo angeordnet ſein, daß es über den Ohren etwas
hervorguckt, wenn man den Hut auf hat. Aber wer dieſen ge=
heimnisvollen
Griff nicht heraus hat, der muß lange, lange vor
dem Spiegel üben und wird es auch dann nicht mit jener ſelbſt=
verſtändlichen
Vollendung vollbringen, wie die geborene Künſt=
lerin
des Hutaufſetzens. Mag es eine Glocke ſein oder ein
Turban oder ein Rembrandt=Hut er wird nur dann ſeine Trä=
gerin
gut kleiden, wenn ſie beim Aufſetzen ihre perſönliche
Note hat. Die geſchmackvolle Dame weiß, daß ihr Hut kein
gewöhnlicher Feld=, Wald= und Wieſenhut iſt, ſondern eben ihr
Hut, der ſich von allen anderen Hüten ſo unterſcheidet, wie ihre
Naſe von denen ihrer Mitſchweſtern. Dieſer Hut muß etwas
von ihrem Charakter haben, mag er nun altmodiſch oder modern
ſein; beſſer ein alter Hut, der gut ſitzt, als der allerneueſte, der
wie etwas nicht Dazugehöriges auf dem Kopf wackelt. Die neue
Hutmode ſtellt der Damenwelt in dieſer Beziehung ſchwierige
Aufgaben. So trägt man z. B. jetzt Hüte mit Straußenfedern,
die bis auf die rechte Backe herunternicken, oder auch große
Straußenfedern, die bis auf die Schultern herabwallen. Ein
ſolch kühner Schmuck iſt nur erträglich, wenn der Hut mit feinſter
Berechnung aufgeſetzt wird, und Hunderte von Frauen ſehen in
einem ſolchen Hut lächerlich aus, während ihnen vielleicht eine
einfache Samttoque oder ein kleiner Hut mit Bandbeſatz gut
ſtehen würden. Man ſollte ſich daher unter keinen Umſtänden
mag die Form auch noch ſo modern ſein dazu verleiten laſſen,
etwas zu tragen, was einem nicht ſteht. Man muß beim Hutauf=
ſetzen
auch die Friſur berückſichtigen und ſtets dieſelbe Haartracht
haben, die man beim Ausprobieren des richtigen Sitzes mit der
Hutform in Einklang gebracht hat.
Der zeitgemäße Haushalt.
Herbſtwäſche der Gardinen. Da der Sommerſtaub
dem feinen Gardinengewebe ebenſo viel ſchadet, wie der winter=
liche
Ruß, ſo wird zumeiſt jede Hausfrau im Herbſt die Gardinen
nochmals waſchen, um ihn, der während der reichlich geöffneten
Fenſter im Sommer ſo oft Gelegenheit hatte, ſich darin feſtzu=
ſetzen
, gründlich daraus zu vertreiben. Vor dem Einweichen in
Bleichſodawaſſer müſſen die Gardinen unbedingt tüchtig ausge=
ſchüttelt
werden, was am beſten vierfach zuſammengelegt ge=
ſchieht
, um das von der Sonne verſengte Gewebe nicht dabei zu
zerreißen. Dann breitet man ſie glatt aus, übergießt ſie mit nur
lauem Bleichſodawaſſer am Abend, drückt ſie am Morgen unter
Zugießen von etwas warmem Waſſer, ohne Reiben, tüchtig darin
durch und bringt ſie ſofort in einem Waſchtopf oder Keſſel lang=
ſam
zum Kochen, in welchen man reichlich kaltes Waſſer (auf
einen Eimer 1 gehäuften Eßlöffel Sil gerechnet) goß. Die Gar=
dinen
müſſen darin ſchwimmen und während des Erwärmens
öfter einmal aufgelockert werden. Abgekühlt bis zur Hand=
wärme
, werden ſie nun wieder tüchtig darin durchgedrückt und
geſtaucht, in ſtändig erneuertem Waſſer gründlich geſpült und
ſchließlich geeremt oder geblaut, wobei man der Einfachheit hal=
ber
gleich die Stärke zuſetzt.
T.
Beim Kochen von Kartoffeln auf Gas kann man
nicht nur die Hälfte der ſonſt dazu verwendeten Gasmenge er=
ſparen
, ſondern auch das Platzen derſelben verhüten, wenn man
ſie halbgar, bis auf einige Löffel Waſſer abgießt, den Topf feſt
zugedeckt, nochmals der vollen Flamme ausſetzt und dann der=
art
ſtark erhitzt in die Kochkiſte verſenkt. Beim Oeffnen derſelben
wird man ſie völlig gar, ſchön mehlig und von beſonderem Wohl=
geſchmack
vorfinden.
R.
Meſſinggegenſtände goldklar zuputzen. Man
wäſcht ſie zuvor mit weichem Leinenlappen und warmem Eſſig=
waſſer
ab und reibt ſie dann nur mit Wiener Putzkalk nach. Der
auf dieſe Weiſe erzielte Glanz iſt von längerer Dauer.
S
Setzeier mitpikanter Zwiebelſoße und Quetſch=
kartoffeln
. Drei eigroße Zwiebeln röſtet man mit einem =
löffel
Zucker, Fett und drei Eßlöffeln Mehl kräftig braun und
verkocht ſie mit ½ Liter Waſſer und einem Teelöffel Appels Sup=
penwürze
zu ſämiger Soße, die man durchrührt und mit etwas
Eſſig und Süßſtoff ſäuerlich abſchmeckt.
R.
Gold und Silber (fleiſchloſes Gericht als Mittag=
eſſen
). Am Abend zuvor eingequellte weiße Bohnen werden am
Morgen zum Kochen aufgeſetzt. Gleichzeitig die gleiche Menge in
ſchmale Stifte geſchnittene Möhren. Wenn beide Gemüſe gar
ſind, vermiſcht man ſie miteinander und fügt ebenfalls geſondert
gekochte geſchälte Kartoffeln bei oder kleine walnusgroße Sem=
mel
= oder Mehlklößchen, die man in Salzwaſſer kochte. Man
kräftigt das Gericht durch 1 Teelöffel Appels eingedickte Würze,
1 Eßlöffel feingewiegte Peterſilie, Salz und wenig Pfeffer und
fügt Margarine oder zerlaſſenen Speck bei, in der man eine
kleine, würfliggeſchnittene Zwiebel dünſtete.
G.
Speiſezettel.
Sonntag: Kalbfleiſchragout. Geſchmorte Pflaumen.
Montag: Gold und Silber.
Diensteg: Profoßkohl, ſauerſüß, mit Bratkartoffeln.
Mittwoch: Graupen mit Backpflaumen.
Donnerstag: Birnenkartoffeln.
Freitag: Gebackene Fiſchbällchen mit Senfſoße.
Samstag: Semmelabſtechklöße und geſchmorte Pflaumen.

ſchöpft. Meldungen werden in mehrfacher Ausfertigung an die
Diviſion geſandt. Dringend wird um Ablöſung gebeten. Die
Meldungen ſind niemals angekommen. Ihre Trager ſind nie
zurückgekehrt . . .
7 Uhr iſt es.
Dichte Dunkelheit liegt überall. Die Beſchießung mit den
ganz ſchweren Granaten hat nachgelaſſen. Aber der ganze Orkan
der übrigen Kaliber bis zu den 22=Zentimeter=Granaten liegt
nach wie vor auf dem Fort. Drinnen ſchwelt und knattert der
Brand. Man hat ihm noch nicht beikommen können. Es iſt kein
Waſſer da. Auch das Selterwaſſer für die Verwundeten iſt ſchon
zum Löſchen verbraucht. Durch die furchtbare Hitze kann man
nicht mehr bis zum Brandherd vordringen.
Mit äußerſter Kraftanſtrengung wird der Nordweſteingang
freigelegt. Man bringt dort ein Maſchinengewehr in Stellung.
Das unausgeſetzte franzöſiſche Gasſchießen macht eine Bedie=
nung
nach der anderen kampfunfähig. Vorn iſt nichts zu beob=
achten
. Auch keine Leuchtkugeln ſteigen auf. Beiderſeitiges Ar=
tilleriefeuer
wirbelt funkenſtiebend und lärmraſſelnd vor Fleury
und Thiaumont und im Chapitrewald. Rückwärts flammen an
allen Ecken und Enden die haushohen Einſchlagſäulen der fran=
zöſiſchen
Flachbahngeſchütze. Keinerlei Nachricht von vorwärts
und rückwärts, und auch keine Verbindung mehr mit dem
Steilhang.
Nach Mitternacht wird der Gasbeſchuß ſo intenſiv, daß die
ganze übrig gebliebene Fortbeſatzung für jegliche Art der Ver=
teidigung
ausfällt. Gaskrank und fortwährend ſich erbrechend,
ſitzen und liegen die meiſten der übrig gebliebenen hundert Mann
im oberen Gefechtsgang. Die letzten Verſuche, den Brand im
Depot zu löſchen, müſſen aufgegeben werden. Die Kräfte ver=
ſagen
. Gegen Morgen zwiſchen 4 und 5 Uhr wird damit begon=
nen
, die Verwundeten aus dem Fort zu tragen. Halbtote
ſchleppen auf Bahren Dreivierteltote. Erſchütternde Bilder der
Kameradentreue. Nicht ein Verwundeter bleibt zurück. Unter
ben Gaskranken, die abtransportiert werden, befindet ſich auch
der Hauptmann Soltau. Leutnant Kupcke vom Inf.=Regt. 84
übernimmt ſtatt ſeiner den Befehl im Fort
Stunde auf Stunde verrinnt. Die Gaserkrankungen nehmen
zu. Man kann mit mathematiſcher Sicherheit den Augenblick
errechnen, wo niemand mehr in der Lage ſein wird, die Kranken
abzuſchleppen. Noch immer keine Nachricht von rückwärts. Ob
das Feuer den Anmarſch der Meldegänger verhindert . ob
Hie Meldungen aus dem Fort nicht nach rückwärts gelangt
ſind ob vielleicht längſt der Franzoſe rechts und links vor=
gedrungen
iſt und das Fort abgeſchnitten hat? Es beſteht keine
Ausſicht mehr, das Feuer im Depot zu löſchen
So wird denn der Douaumont berſten müſſen .5=

Munition iſt nicht mehr da. Die letzten Lebensmittel ſind
verbrannt. Das Waſſer iſt bei den Löſchverſuchen reſtlos auf=
gebraucht
.. .
Im Morgengrauen des 24. Oktober, um 7.30 Uhr, bewegt ſich
ein ſeltſamer Zug aus dem Nordweſteingang des Douaumont
auf das Nordglacis hinaus. Immer zwei Geſtalten tragen zwi=
ſchen
ſich eine Bahre. Stolpern ſetzen ab verſchnaufen
.. erbrechen ſich . . . faſſen wieder zu und wanken wveiter. Die
Maſchinengewehre haben ſie nicht mitnehmen können. Alle
Hände ſind nötig zum Tragen der Verwundeten. Man hat die
Gewehre unzerſtört im Fort gelaſſen. Denn noch hofſt man, daß
das Fort wieder von den Deutſchen beſetzt werden wird. Be=
ſtimmt
rechnet man mit dem Eintreffen deutſcher Verſtärkungen
noch im Laufe dieſes Tages. Und dieſe Hoffnung erleichtert
den ſchweren Gang etwas
Unten im zerbrochenen Douaumont brennt knatternd das
Pionierdebot. Qualm und Gas ziehen dichtgeballt durch die
Gänge. In den eingeſtürzten Kaſematten ſchwelen kleine
Flämmchen. Weißer Rauch ſteigt aus allen friſchen Wunden,
die der Douaumont an dieſem Tage erlitten. Aber den ſieht
man nicht. Der dichte Nebel des 24. Oktober frißt ihn auf
Ueber dem Werk der Zerſtörung erwacht aus unruhiger Nacht
der Artilleriekampf. Und ſchwillt an und brauſt und tobt und
klirrt und raſt in Nebel und Blindheit über dem geſtürzten
Giganten ...
nunennnear

* Feierabend.
Die Kinder ſpielen mit den letzten Strahlen
Und haben ihres Werktags Laſt vergeſſen;
Die Mütter ſorgen für das Abendeſſen;
Die Väter trinken, würfeln und bezahlen.
Am Teich die Schafe zarte Gräſer pflücken
Und ſchlürfen manchmal aus der ſeichten Quelle;
Dann holt der Bauer ſie in dumpfe Ställe
Und ſchimpft die Mägde, die an Strümpfen ſtricken.
Die Sonne ſinkt. Die Mütker rufen ſuchend
Nach ihren Kindern, die ſich weit verſtreuten,
Und falten ihre Hände ſtumm im Abendläuten;
Die Väter torkeln aus den Schenken fluchend.
Dann ſchnarchen ſie in ihren weichen Betten
Und quälen ſich im Traume ſchon um morgen
Und laſſen überm Dach die Sterne ſorgen,
Daß blühend Welten ſich an Welten ketten.
Walter Georgi.

Jahrgang 1923

Schach
Aun

Nummer 20

Aufgabe 39

Franz Sackmann in Kaiſerslautern,
(1. Preis im Problemturnier des deutſchen Schachbunds
Frankfurt a. M. 1923).

d e f

Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Kh6 Dd7 Ta4 g5 Le6 Sa2 c1 Bd6 (8);
Schwarz: Kd4 Db4 Sa8 Ba5 d2 e2 e3 (7); 2F.
In Franz Sackmann ſtellen wir unſeren Leſern wieder einen be=
deutenden
deutſchen Aufgabenverfaſſer vor. Er gehört zu den Erfolg=
reichſten
: hat er ſich doch z. B. im Frankfurter Turnier nicht nur, mit
obigem ſchönen Stück, den erſten Preis in der Zweizügerabteilung
errungen, ſondern außerdem den erſten Preis für Dreizüger gemacht,
Aufgabe 40
Wolfgang Pauly in Bukareſt.
(Sydſvenska Dagbladet 1923).
Weiß: Ke7 Th7 Lf5 h8 Se2 Bd3 (6);
Schwarz: Kg5 (1).
Matt in drei Zügen.
Der Verfaſſer führt im Sydſvenska Dagbladet einen weiteren
Miniatur=Dreizüger vor, indem er einfach den weißen S von e2 nach
d5 verſetzt. Beides ſind Zugwechſelaufgaben: Schwarz am Zug müßte
ein Matt in zwei Zügen zugelaſſen, aber leider zieht Weiß an. Der
Schlüſſelzug iſt beidesmal ganz verſchieden. Es würde uns freuen,
wenn unſre Löſer außer den Löſungen der Zwillinge auch das bei
beiden gleiche Satzmatt, d. h. das zweizügige Matt mit Schwarz am
Zug, angeben wollten.
Nachtrag zur Löſerliſte: Rolf Schmidthoff (auch 27).
Berichtigung. In Aufgabe 31 von Köhnlein muß noch ein
ſchwarzer Bc7 eingeſetzt werden zur Beſeitigung der Nebenlöſung 1.
Tb2e2 2. Da6 + (*)bezw. Sb6 (i) (angegeben von Prof. Dr. Reutzel).
Ueber der Aufgabe waltet ein ſonderbares Mißgeſchick. Sie erſchien
zunächſt ohne Bc7, alſo nebenlöſig, im Deutſchen Wochenſchach,
wurde nachträglich vom Verfaſſer verbeſſert, ging aber dann trotzdem
in der urſprünglichen, falſchen Form in die Sammlung über, der wir
ſie entnommen haben. Wir werden die Löſung erſt in fünf Wochen
bringen, damit unſeren Löſern genügend Zeit bleibt, ſich mit der
ſchwierigen, aber auch glänzenden Aufgabe zu befaſſen.
Briefkaſten. D. C., G. Ch., J. P. Löſungen verfehlt, 31: 1. Sf67
(dr. 2. Da6+) Lb4, a3! 1. Te4e2? La3 1321 1. Se5-+2 Kd5:
2. Ted3-Sel Xd3. 1. Dg57 Se1d3 oder f3! 33: 1. Df3?
C5c41 (auch Lf7, Th6) 34. 1. f7+2 Ke7: 2. Kg6 (nur nicht
Kd8 22). Schwarz muß ſich eben immer mit den beſten Zügen wehren,
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schriftleitung
des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift Schach.

Figuren=Rätſel.
II.

Z
44
XXX
R24
XXXXX
B4
8. XXXXX
B43
11. /XXXXX½

a, a, ba, che,,de=
Oder e, eNei, ei=
R2.
flie, gel, gin, hee-
4424
hu,jo, jor, ka, krä.
R34
le,le,li, li, mama-
mai, mifr, ne, nor.
R4
v, o, pas, pera,
4424
Trum, ſef, ſel, ſen.
24
X
ſpar,to,to, n.wef-
XXXXX
Vorſtehende
XXXXX). Silben ſchreibe
man auf die
R44
Kreuze, ſodaß die
4X
wagrecht. Reihen

9.
Wörter von fol=
gender
Bedeutung enthalten: Figur I: 1. Militäriſcher Rang.
2. Fluß in Steiermark. 3. Prophet. 4. Engliſcher Branntwein.
5. Getränk. 6. Stadt in der Schweiz. 7. Laubbaum. 8. Vogel,
9. Metall. 10. Schlingpflanze. 11. Gemüſe. Figur II: 1. Inſekt.
2. Vogel. 3. Monat. 4. Fluß in Rußland. 5. Männername.
6. Noch ein Männername, 7. Edelſtein. 8. Frauenname. 9. Muſe.
10. Oper von Bellini. 11. Strauch. Die Mittelbuchſtaben
nennen ein berühmtes Trauerſpiel und den Namen des Dichters.
Carl Deubel.
Darmſfädter Silbenrätſel.
a, bach, bo, bb, eit, der, er, fe, lie, leu, ne, 5, ſtal, ſel.
Aus vorſtehenden Silben ſind 7 Wörter von folgender Bedeutung
zu bilden: 1. Pelzwerk für Damen. 2. Inſel in der Oſtſee. 3. Stadt
im ſchweizeriſchen Kanton Baſel. 4. Mineral. 5. Kreisſtadt im
Odenwald. 6. Berg in Paläſtina. 7. Schreibutenſil.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben ergeben, beide von oben nach
unten geleſen, den Namen eines bekannten Forſthauſes bei Darmſtadt.
Rätſel.
559. Vorn betont ruft man das Wort Vielen bei ’ner Sammlung
zu. Schlußbetont bringt’s gleich am Ort Frommen
Seelen gute Ruh.
560. Die erſten beiden nennen einen böſen Mann. Die dritt trifft
man bei Frauenhandarbeiten an. Als Heckenzierſtrauch findet
häufig ſich das Ganze, ine dornbewehrte, beerenreiche, giftige
Pflanze, Mit Gerten, dünn wie Silbe drei, dicht überſäet.
Doch hat der böſe Mann noch nie damit genäht.
Auflöſungen.
Röſſelſprung.
Man ſpricht von einem Spiegel, der duldet keinen Roſt,
Und eine Blume gibt es, die knickt ein einz’ ger Froſt,
Ein Kleinod, das nur einmal die Kunſt des Meiſters ſchuf,
Sieh, Spiegel, Blume, Kleinod, das iſt der gute Ruf.
Ludwig Bechſtein.
Silbenrätſel:
1. Dante, 2. Jſar, 3. Eberbach, 4. Debatte, 5. Adler, 6. Rellſtab,
Mauritius, 8. Salat, 9. Talcium, 10. Algarve, 11. Elias,
12. Darius, 13. Taufe. Die Darmſtädter Herbſtmeſſe‟

Verantwortlich: Max Streeſe.

[ ][  ]

Lubwiß
ler,
ze.

V