Darmstädter Tagblatt 1923


28. September 1923

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Einzelnummer
17

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ſiellungen
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men
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des Bezugspreiſes. Beſiellungen und Abbeſtel=
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſtatte:.
Nummer 268
Freitag, den 28. September 1923
186. Jahrgang

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uſw., erliſcht jede Verpſichtung auf Erfüllung der
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Bei Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt
ſeder Rabatt weg. Bankonte: Deutſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.

Ein Aufruf des Miniſters für die
beſetzten Gebiete.
Berlin, 27. Sept. (Wolf.) Der Reichsminiſter für die be=
ſetzten
Gebiete, Fuchs, richtet folgende Kundgebung an die Bevöl=
kerung
im beſetzten Gebiet:
In der Stunde, in der die Reichsregierung dem deutſchen
Volke Kenntnis gibt von ihrem Entſchluß, den Abwehrkampf im
Weſten eizuſtellen, iſt es mir ein beſonderes Herzenbedürfnis,
den Brüdern und Schweſtern an Rhein und Ruhr noch einmal
den heißeſten Dank auszuſprechen für das, was ſie in den letzten
neun Monaten für das deutſche Volk getan und erfahren haben.
Alle Teile der Bevölkerung haben für das Vaterland gekämpft
und ſchwere Opfer gebracht. Handel, Induſtrie und Landwirt=
ſchaft
, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dem gewerblichen Mittel=
ſtand
, den freien Berufen, den Beamten, Angeſtellten und Arbei=
tern
der Reichs=, Staats= und Kommunalverwaltungen, ihnen
allen gilt der Dank. Ob ſie nun ihre Treue zum Vaterland mit
der Hingabe des Lebens, ihrer Geſundheit, ihrer Heimat und
ihrer Freiheit beſiegelt haben, oder ob ſie bis zum bitteren Ende
auf ihrem Poſten geſtanden haben. Was von mir aus geſchehen
kann, wird geſchehen, um die Leiden zu mildern, die über ſie ge=
kommen
ſind. Mit dem Abbruch des Kampfes ergeht an euch der
Ruf, die Arbeit für das Vaterland wieder aufzunehmen. Alle
Verordnungen und Anweiſungen des Reiches, die im Einverneh=
men
mit Euch ergangen ſind, ſind aufgehoben. Die Bahn für
neue Arbeit iſt frei. Wir wollen Euch bei ihrer Aufnahme helfen,
ſoweit es in unſeren Kräften ſteht. Mit der Ermöglichung des
Ueberganges hat die Reichsregierung mich betraut. Vorbereitende
Maßnahmen ſind, ſoweit dieſe einſtweilig von hier aus geſchehen
können, von hier aus bereits getroffen. Insbeſondere ſind be=
ſtimmte
Stellen für die Führung von etwaigen Einzelbeſprechun=
gen
im beſetzten Gebiet in Ausſicht genommen. Die Beamten
werden in kürzeſter Friſt die erforderlichen Anweiſungen erhalten.

Vom Tage.
Dem Reichstag iſt eine Aenderungsvorlage zum Bankgeſetz zuge=
gangen
, durch welche es der Reichsbank ermöglicht werden ſoll, gleich=
zeitig
mehrere verſchiedene Diskontſätze feſtzuſetzen.
Die Zentrumsfraktion hat im Reichstag einen Antrag eingebracht,
der die Reichsregierung erſucht, die in Betracht kommenden Reſſorts an=
zuweiſen
, zur Wiederbelebung der induſtriellen und gewerblichen Tätig=
keit
im Rhein= und Ruhrgebiet mit möglichſter Beſchleunigung öffent=
liche
Aufträge bereitzuſtellen und zur Durchführung derſelben weiteſt=
gehend
Material= und Lohnzuſchüſſe zu gewähren.
Der Reichskanzler empfing geſtern nachmittag nacheinander die Ber=
liner
Vertreter der Ententemächte.
Die Schlüſſelzahl für den Eiſenbahngütertarif
bleibt einſtweilen unverändert. Die Schlüſſelzahl für den Perſonen=
und Gütertarif wird am 2. Oktober auf 3 Millionen, d. h. um 50 Proz.,
erhöht. In der viertägigen Gültigkeit der Fahrkarten iſt keine Aenderung
eingetreten.
Vom 23. September bis zum 2. Oktober beträgt das Goldzoll=
aufgelb
3 189 993 900 Prozent (eine Goldzollmark 91 900 000 Pa=
viermark
).
Heute wird in London die neue Tanger=Kbnferenz zuſammentreten.
In politiſch eingeweihten Kreiſen glaubt man, mit einem baldigen Ab=
bruch
der Verhandlungen rechnen zu dürfen, da keinerlei Ausſicht auf
eine Einigung zwiſchen den beteiligten Staaten beſteht.
Die engliſche Arbeiterpartei nahm geſtern eine Entſchließung an,
in der die engliſche Regierung aufgefordert wird, mit Rückſicht auf die
bedeurungsvollen Ereigniſſe in Deutſchland und die Zunahme der Ar=
beitsloſigkeit
in England, das Parlament ſofort einzuberufen.

Dollarkurs Berlin . . 142044 000 abends 6!, Uhr: Frankfurt 159 690 000

Aasnabmezuſtand im Reich.

Ae
Geßlet Kahr 3
Reigner.
Von
Moritz Emkl, Berlin.
Es hat jetzt kann man ja ruhig darüber reden einen
Augenblick gegeben, wo auch ruhige Kreiſe die Möglichkeit rechts=
radikaler
Unruhen ſehr ernſt einſchätzten. Die Regie bei dem
Abbau des paſſiven Widerſtandes iſt denkbar ungeſchickt geweſen.
Der Uebereifer der ſozialdemokratiſchen Preſſe führte dahin, daß
der Eindruck erweckt werden mußte, als ob das Kabinett Streſe=
mann
mit dem Verzicht auf die Fortſetzung des paſſiven Wider=
ſtandes
gleichzeitig die Kapitulation vor Frankreich ausſprechen
wollte. Daron iſt in Wahrheit nie die Rede geweſen. Der
Kanzler hat ja nur die Abſicht gehabt, die Methode des Kampfes
zu ändern, nachdem ſich herausgeſtellt hatte, daß die Waffe, die
wir wirkſam benutzt haben, uns ſchwerer verwundete als die
Franzoſen. Das Ziel aber iſt für ihn das gleiche geblieben: die
Befreiung von Ruhr und Rhein. Tatſächlich war denn auch, wie
ſich bei der Sitzung des Auswärtigen Ausſchuſſes des Reichs=
tages
herausgeſtellt hat, von den Deutſchnationalen bis zu den
Kommy=niſten einſchließlich kein Streit darüber, daß die Fort=
ſetzung
des paſſiven Widerſtandes ein Ding der Unmöglichkeit
war. Dieſe innere Einheitsfront hätte eine ganz andere Aus=
wirkung
finden können, wenn man nicht von links her durch
Ungeſchicklichkeit die Abſichten der Reichsregierung ganz falſch
dargeſtellt hätte. Dadurch beſtand die Beſorgnis von einer mora=
liſchen
Depmſſion gerade auf der äußerſten Rechten, nicht ſo ſehr
bei den Führern wie bei den Underführern, denen vielleicht
ihre Anhänger über den Kopf wachſen konnten. Aber dieſer kri=
tiſche
Punkt iſt jetzt doch überwunden. Die Proklamation des
Reichspräſidenden zuſammen mit der Rede des Reichskanzlers
haben klar erkennen laſſen, wohin die Reiſe geht, und ſie haben
bewieſen, daß dieſes Kabinett an alles andere eher als an eine
Kapitulation denkt, und wer auf der äußerſten Rechten ſteht,
ſollte wirklich anderes zu tun haben, wie mit dem Gedanken
einer Revolution zu ſpielen, die unſere innere Fähigkeit des
diplomatſchen und moraliſchen Kampfes gegen die Franzoſen
nur ſchwächen muß.

Eine Verordnung des Reichspräſidenten. Reichswehrminiſter Geßler Träger der Exekutive.

Berlin, 27. Sept.
Der Reichspräſident erließ auf Grund des Artikels 48, Abſ. 2
der Reichsverfaſſung die nachſtehende Verordnung:
Verlin, 27. Sept. (Wolff.) Auf Grund des Artikels 48
der Reichsverfaſſung verordne ich zur Wiederherſtellung
deröffentlichen Sicherheit und Ordnungfür das
Reichsgebiet folgendes:
8 1.
Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Ver=
faſſung
des Deutſchen Reichs werden bis auf weiteres außer
Kraft geſetzt. Es ſind daher Beſchränkungen der per=
ſönlichen
Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung, ein=
ſchließlich
der Preſſefreiheit, des Verſammlungsrechts, Eingriffe
in das Brief=, Poſt=, Telegraphen= und Fernſprechweſen, Anord=
nung
von Hausſuchungen und Beſchlagnahme ſo=
wie
Veſchränkung des Eigentums auch außerhalb der
einſt hierfür beſtimmten geſetzlichen Grenzen zugelaſſen.
8 2.
Mit der Bekanntmachung dieſer Verordnung geht die
Vollziehungsgewalt auf den Reichswehrminiſter
über, der ſie auf Militärbefehlshaber übertra=
gen
kann. Im Einvernehmen mit dem Reichsminiſter des
Innern, kann der Reichswehrminiſter zur Mitwirkung bei Aus=
übung
der vollziehenden Gewalt auf dem Gebiet der Zi=
vilverwaltung
Regierungskommiſſare ernennen.

8 3.
Die Weiſungen der Militärbefehlshaber, an
die Zivilverwaltung und die Gemeindebehör=
den
ſowie ſeine allgemeinen Anordnungen an die Bevölkerung
ſind, bevor ſie ergehen, zur Kenntnis der Regierungskommiſſare
zu bringen. Allgemeine Vorſchriften des Militärbefehlshabers,
die Weiſungen nach § 1 enthalten, bedürfen zu ihrer Rechtswirk=
ſamkeit
der Zuſtimmung des Regierungskommiſſars, ſofern ein
ſolcher eingeſetzt iſt.
8 4.
Wer den im Intereſſe der öffentlichen Sicherheit erlaſſenen
Anordnungen des Reichswehrminiſters zuwiderhandelt,
oder zu Zuwiderhandlungen auffordert oder
anreizt, wird, ſofern nicht die beſtehenden Geſetze eine höhere
Straſe beſtimmen, mit Gefängnis oder Geldſtrafe bis
15 000 Goldmark beſtraft. Wer durch Zuwiderhandlungen
nach Abſatz 1 eine allgemeine Gefahr für Menſchen=
leben
herbeiführt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden
Umſtänden mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten, und wenn die
Zuwiderhandlung den Tod eines Menſchen ver=
urſachte
, mit dem Tod, bei mildernden Umſtän=
den
mit Zuchthaus nicht unter 2 Jahren beſtraft. Da=
neben
kann auf Vermögenseinziehung erkannt werden.
Wer zu einer gemeingefährlichen Zuwiderhandlung auffordert
oder anreizt wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umſtänden mit
Geſängnis nicht unter 3 Monaten, beſtraft.
8 5.
Die in den 8§ 81 (Hochverrat), 307 (Brandſtiftung),
311 (Exploſion), 312 (Ueberſchwemmung), 315, Abj.2
(Beſchädigung von Eiſenbahnanlagen) des Straf=
geſetzbuches
mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Ver=
brechen
ſind mitdem Tode zu beſtrafen, wenn ſie nach
Verkündigung der Verordnung begangen ſind. Unter gleichen
Vorausſetzungen kann im Falle des § 92 (Landesverrat)
des Strafgeſetzbuches auf Todesſtrafe erkannt wer=
den
, ebenſo in den Fällen des § 125, Abſ. 2 (Rädelsführer
und Gewalttätigkeit bei Zuſammenſtößen) und
8 115 (Rädelsführer und Widerſtand bei Auf=
ruhr
), wenn der Täter den Widerſtand in Gewalt oder Drohung
mit Waffen oder in bewaffnetem gewalttätigem Zuſammentref=
fen
mit Bewaffneten begangen hat.

8 6.
Auf Anſuchen des Inhabers der vollziehenden Gewalt ſind
durch den Reichsminiſter für Juſtiz außerordentliche Ge=
richte
auf Grund der Verordnung des Reichspräſidenten vom
29. März 1921 zu bilden. Zur Zuſtändigkeit dieſer Gerichte ge=
hören
außer den in § 9 dieſer Verordnung aufgeführten Straf=
taten
auch die Vergehen nach § 3 der vorliegenden Verordnung.
8 7.
Dieſe Verordnung tritt mit der Verkündigung in Kraft.
Verlin, 26. September 1923.
Der Reichspräſident:
Der Reichskanzler:
Ebert.
Dr. Streſemann.
Der Gewerkſchaftsring zum Abbruch des Widerftandes.
EU. Berlin, 27. Sept. Der erweiterte Vorſtand des
Gewerkſchaftsringes erläßt folgende Kundgebung: Der
Gewerkſchaftsring deutſcher Arbeiter=, Angeſtellten und Beamten=
verbände
würdigt und anerkennt die Zwangs=
gründe
, die die Entſcheidung der Reichsregierung beim Ab=
bruch
des Ruhrkampfes beſtimmten. Die brutale Gewalt
hat ſich im Weltgeſchehen zunächſt ſtärker erwieſen als das ein=
deutige
Recht. Wenn wir nunmehr zum Abbruch dieſes ſtummen
und beiſpiellos heroiſchen Kampfes und zur friedlichen Arbeit
gegen franzöſiſch=militariſtiſche Willkür kommen müſſen, ſo dan=
ken
wir von ganzem Herzen allen Volksgenoſſen der Weſtmark,
insbeſondere aber unſeren Kollegen, den Arbeitern, Angeſtellten
und Beamten im Gewerkſchaftsring, für all die Opfer, die ſie
durch ihre Standhaftigkeit für Reich und Volk gebracht haben.
Keine deutſche Regierung kann zu irgendwelchen Vereinbarungen
mit Frankreich kommen, ohne die Freiheit und Unabhängigkeit
deutſchen Landes zu ſichern und all den Opfern des Rhein= und
Ruhrkampfes Rückkehr in die Heimat und Freiheit zu gewähr=
leiſten
. In ſchwerſter Stunde der Geſchichte unſerer deut=
ſchen
Nation hoffen wir, daß über alle Trübſal der Gegenwart
hinweg das deutſche Volk ſich dennoch ſeinen Weg in die Frei=
heit
bahnen wird. Feſt auf dem Boden der Verfaſſung ſtehend,
wenden wir uns gegen alle Störer des inneren
Friedens, gegen jedes Attentat auf Einheit
und Freiheit des Reichs.
Ein Erlaß des Reichsverkehrsminiſters.
TU. Berlin, 27. Sept. Im Anſchluß an die Proklamation
der Reichsregierung hat der Reichsverkehrsminiſter an
das Reichsbahnperſonal folgenden Erlaß gerichtet:
Neun Monate lang habt Ihr für Recht und Gerechtigkeit ge=
kämpft
, habt Ihr die Laſt unſeres gerechten Abwehrkampfes ge=
tragen
. Willig habt Ihr Euer Letztes eingeſetzt, habt Eure Ar=
beit
, wie Haus und Hof, der Gewalt weichend, verlaſſen müſſen.
Eure Treue wird Euch nicht vergeſſen werden. Wir brechen den
Kampf ab. Die Sorge für alle, die an Leib und Leben, an Hab
und Gut gelitten haben und leiden, wird weiter meine vor=
nehmſte
Aufgabe ſein. Die nötigen Maßnahmen zum Abbruch
des Abwehrkampfes werden beſonders von mir getroffen und
bekannt gegeben werden.
Ein Reichskommiſſar für das Ruhrgebiet?
U. Berlin, 27. Sept. Die Reichsregierung hat die not=
wendigen
Vorbereitungen zum ſchnellen Abbau
der Ruhrfront getroffen. Sie plant unter anderem, einen
beſonderen Kommiſſar mit der Abwicklung zu betrauen.
Auch die großen Organiſationen dürften im Anſchluß an den
Aufruf der Reichsregierung im Laufe des Donnerstag zu Be=
ſprechungen
über den Abbau des paſſiven Widerſtandes zuſam=
wentreten
. Die Vertreter der freien Gewerkſchaften und der
Sozialdemokratiſchen Partei verſammeln ſich an dieſem Tage in
Gießen.

Daß die bayeriſche Regierung über Nacht nun doch den Be=
lagerungszuſtand
verhängt hat, ſcheint zunächſt dafür zu ſprechen,
daß es in München eben immer noch ſehr kriſenhaft iſt. Denn
die Beſeitigung der verfaſſungsmäßigen Garantie hat nur dann
einen Sinn, wenn in der Tat mit einem ſtarken Anſturm auf
das Staatsgefühl gerechnet wird. In München kann ein Stoß
nur von rechts kommen. Wenn alſo Herr v. Knilling unmittel=
bar
nach ſeiner Rückkehr von Berlin dem Herrn v. Kahr diktato=
riſche
Vollmachten übergab, ſo iſt das nur ſo zu deuten, daß er
ſich gegen neue bevorſtehende Ueberraſchungen ſchützen wollte.
Gewiß wird von ſozialdemokratiſcher Seite die Vermutung
ausgeſprochen werden, daß die Verhängung des Ausnahme=
zuſtandes
in Bahern eine unmittelbare Spitze gegen Berlin
bedeutet, daß Herr v. Knilling und Herr v. Kahr unter einer
Decke ſtecken und in dieſer Form nur die Loslöſung Bayerns
vom Reiche vorbereiten wollen. Wer Herrn v. Kahr kennt, weiß,
daß das Unſinn iſt. An dieſer Stelle iſt mehr als einmal gepre=
digt
worden, welche Folgen die Beſeitigung des damaligen
baheriſchen Miniſterpräſidenten haben mußte. Er war reichs=
freudig
bis auf die Knochen. Er war alſo als Leiter der baye=
riſchen
Staatsgeſchäfte eine lebendige Garantie für die unver=
brüchliche
Reichstreue Bayerns. Erſt als es gelungen war, ihn
zu beſeitigen, und mit ihm auch den Forſtrat Eſcherich in die
Ecke zu drängen, gewann der Partikularismus in Bahern an
Boden, und wenn die Dinge in Bayern heute ſo weit gediehen
ſind, dann tragen daran alle diejenigen die Schuld, die aus klein=
lichen
politiſchen Eiferſüchteleien heraus die zuverſichtlichſte
Stütze der Reichspolitik in Bayern beſeitigen ließen. Aber dar=
über
zu ſtreiten, hat gar keinen Sinn mehr. Herr v. Kahr iſt der
alte geblieben. Sein Name bürgt dafür, daß alles, was er tut,
im Intereſſe des Reiches geſchieht, und daß er die Stellung ein=
nimmt
, die eine innere Gefahr von rechts her, die vielleicht im
Entſtehen war, vernichtet, ehe ſie groß wird. Denn Herr v. Kahr
iſt der Vertrauensmann der vaterländiſchen Verbände, die ſich
auch ſofort hinter ihn geſtellt haben und damit die Hitler=Kräfte
iſoliert haben. Sollte alſo Hitler umbeſonnen genug ſein, trotz=
dem
loszuſchlagen, dann iſt alle Gewähr dafür gegeben, daß ein
ſolcher Brand im Keime erſtickt wird, umſomehr, da auch
die Reichstruppen in München rechtzeitig genug Zuzug erhalten
haben. Sieht man die Entwicklung in dieſer Richtung und
ſie iſt die allein richtige , dann ergibt ſich daraus, daß Herr
v. Knilling, der ja in Berlin der Aufgabe des paſſiven Wider=
ſtandes
ausdrücklich zugeſtimmt hat, keinerlei Intrigen gegen die
Reichsregierung beabſichtigt, ſondern gerade durch rechtzeitige
Vorſorge allen gefährlichen Experimenten zuvorkommen wollte.
Daran ändert auch nichts die Tatſache, daß die Reichsregie=
rung
die bayeriſche Verordnung ſofort mit der Verhängung des
Belagerungszuſtandes über ganz Deutſchland beantwortete. Sie
mußte eben verhindern, daß ſich die Gewitterwolken über Bayern
allein zuſammenzogen. Sie mußte ja auch außerdem befürchten,
daß andere Staaten genau den gleichen Ehrgeiz wie Bayern
haben könnten, daß ohne Umſchreibung geſprochen Herr
Zeigner in Dresden den Ehrgeiz in ſich tragen würde, das bahe=
riſche
Beiſpiel nachzumachen. Nicht als ob dies nicht etwa not=
wendig
wäre. Im Gegenteil. Der ſächſiſche Miniſterpräſident
hat leider mit dem Eintritt in die Reichspolitik und mit der Be=
kämpfung
ſeiner eigenen Parteigenoſſen in Berlin ſo viel zu tun
gehabt, daß er ſich um die Staatsgeſchäfte nicht hinreichend küm=
mern
lonnte. Was in Sachſen in den letzten Wochen geſchehen
iſt, iſt ein öffentlicher Skandal. Man hat ſich als Deutſcher ge=
ſchämt
, all die zuverläſſigen Nachrichten einzuſtecken, die über
die Zuſtände in Sachſen einliefen. Bald hier, bald dort wurden
mit brutaler Gewalt die Arbeitgeber gezwungen, die willkürlich=
ſten
Forderungen zu unterſchreiben. Was in Sachſen geſchah,
war praktiſch die Durchführung der Diktatur des Proletariats,
wenn man ſo ſagen darf. So iſt Sachſen ein Herd des Kommu=
nismus
geworden. Die Kommuniſten dünken ſich dort als die
Herren der Lage. Die Reichsregierung war daher verpflichtet,
von ſich aus über das ganze Reich den Belagerungszuſtand zu
verhängen und die entſcheidende Gewalt dem Reichswehrminiſter
zu übertragen, der mit gleicher Unparteilichkeit gegen rechts und
links Ordnung und Ruhe aufrecht erhalten wird. Dabei hat er
auf Parteipolitik keine Rückſicht zu nehmen. Er darf ſich nicht

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Seite 2.

Darmſtädter Dagblatt, Freitag, den 2B. September 1923.

Rummer 268.

darum kümmern, ob er irgendwelchen Empfindlichkeiten auf den
Fuß tritt. Aber maßgebend für ihn muß allein der Gedanke ſein,
daß die innere Ordnung die wichtigſte Vorausſetzung iſt, die für
einen befriedigenden Abſchluß der Vexhandlungen mit Frank=
reich
beſteht.
Kein Grund zur Beunruhigung.
Berlin, 27. Sept. (Wolff.) Zu den Gründen, die die Ver=
hängung
des Ausnahmezuſtands durch die Reichsregierung her=
beigeführt
haben, hört man, daß im Augenblick mit einer unmit=
telbar
drohenden Gefahr nicht zu rechnen ſei, daß man aber an=
geſichts
der hochgeſpannten politiſchen Lage es für richtig gehalten
habe, etwaigen Störungen der Ordnung rechtzeitig vorzubeugen.
Die Raſchheit, mit der die Verordnung ergangen iſt beweiſt, daß
ſie lange vorbereitet geweſen ſein muß. Schon in Stuttgart und
auch aus der Konferenz ſämtlicher Landesvertreter hat die Reichs=
regierung
betont, daß wer dieſen Staat ſtürzen wolle, erſt bewei=
ſen
müßte, daß er der Stärkere iſt. Man erklärt, daß die Reichs=
regierung
mit ihrem Schritt keineswegs eine Kriegserklärung an
Bayern ausſprechen wolle. Der bayeriſche Miniſterpräſident habe
vormittags der Reichsregierung mitgeteilt, daß man ſich Kahr
gerade deswegen verſchrieben habe, weil man ſeinen Einfluß auf
die rechtsſtehenden Elemente in Bayern für ganz beſonders wert=
voll
halte.
Generalleutnant Reinhardt Befehlshaber für
Südweſideutſchland.
Stuttgart, 27. Sept. (Wolff.) Auf Grund der Verord=
nung
des Reichspräſidenten hat der Reichswehrminiſter die voll=
ziehende
Gewalt in dem Wehrkreiſe 5 dem Generalleutnant Rein=
hardt
übertragen. Der Wehrkreis 5 umfaßt die Provinz Heſſen=
Naſſau, die Regierungsbezirke Erfurt und Hohenzollern, ferner
Württemberg, Baden, Heſſen, Thüringen und Waldeck.
Generalleutnant Reinhardt hat beſtimmt:
1. Sämtliche Behörden bleiben in ihrer Tätigkeit, der Gang
aller Verwaltung bleibt unverändert.
2. Von der Bevölkerung erwarte ich, daß ſie meinen erforder=
lich
werdenden Anordnungen unbedingt Folge leiſtet. Jeden Ver=
ſuch
die öffentliche Ruhe und Ordnung zu ſtören, werde ich un=
terdrücken
.
Kommuniſtiſche Wühlarbeit.
Eſſen, 27. Sept. (Wolff.) Die Kommuniſten treiben wei=
terhin
Propaganda für die Fortſetzung des paſſiven Widerſtands.
In allen Städten des Ruhrgebiets wurden im Lauf des frühen
Morgens Flugblätter der Kommuniſtiſchen Partei verteilt, in
denen zu einem vierundzwanzigſtündigen Proteſtſtreik aufgefor=
dert
wird. Die Flugblätter wenden ſich weiter gegen die Regie=
rung
Streſemann-Hilferding und gegen den franzöſiſchen Mili=
tarismus
und Imperialismus und fordern eine Arbeiter= und
Bauernregierung ſowie ein freies und ungeteiltes Arbeiter=
Deutſchland.
In Eſſen zogen gegen 12 Uhr mittags aus allen Richtun=
gen
Tauſende von Arbeitern zu dem Hauptburgplatz, wo kom=
muniſtiſche
Redner gegen die Aufgabe des paſſiven Widerſtandes
agitierten. In Herne und Recklinghauſen herrſcht gegen=
wärtig
noch Ruhe. In Oberhauſen ſtreikt die Zeche Altſtaden.
Es bildeten ſich ebenfalls Demonſtrationszüge, ſonſt iſt es überall
ruhig. Die Demonſtrationen in Bochum und Recklinghauſen ſind
bisher ruhig verlaufen.
Blatige Zuſammenſtöße in Annaberg.
Dresden, 27. Sept. (Wolff.) Wie die Nachrichtenſtelle der
Staatskanzlei mitteilt, kam es in Annaberg in der Nacht zum
Donnerstag zu blutigen Zuſammenſtößen zwiſchen Rechtsradika=
len
und Arbeiterſchaft. Während noch Anſammlungen am Abend
im Innern der Stadt ohne Zwiſchenfälle verliefen, kam es gegen
Mitternacht in Außenvierteln der Stadt und in Poehlberg zu
Schießereien zwiſchen Rechtsradikalen und Arbeitern. Das un=
überſichtliche
Gelände erſchwerte das Eingreifen der Polizei, die
von der Waffe keinen Gebrauch machte. Erſt nach Mitternacht
konnte die Ruhe wiederhergeſtellt werden. Bei den Zuſammen=
ſtößen
gab es einen Toten, 5 Schwer= und 20 Leichtverwundete.
Geſpannte Lage in Dresden.
TU. Dresden, 27. Sept. Trotz des Ausnahmezuſtandes
durchziehen heute abend fortgeſetzt Demonſtranten in Trupps von
400 bis 500 Mann die Stadt. An einzelnen Stellen ſind ſie mit
der Polizei in Fühlung gekommen, ſie wichen jedoch vor der Poli=
zei
zurück. Die Lage der Polizei iſt trotzdem ſehr ſchwierig, da
jede Reizung der Menge vermieden werden ſoll.

Der Eiſenbahnerverband für die Verfaſſeng.
TU. Nürnberg, 27. Sept. Der Deutſche Eiſenbahnerver=
band
und der Deutſche Verkehrsbund machen ihre Mitglieder
darauf aufmerkſam, daß ſie nur den Anordnungen der verfaſ=
ſungsmäßigen
Reichsregierung Folge zu leiſten haben. Alle Ein=
wirkungen
von ſeiten des Bayeriſchen Verkehrsbeamtenvereins,
der nur mittlere und gehobenere Beamte umfaſſe, ſeien rückſichts=
los
zurückzuweiſen.

* Japan.
Nachdem ſich innerhalb des Feuerkreiſes von Vulkanen rings
um den ſtillen, den pazifiſchen, den großen Ozean, das Erd=
innere
vor jetzt nahezu einem Jahr im Südoſten, bei den ſüd=
amerikaniſchen
Weltſtädten Santiago und Valparaiſo, geregt hat,
begann nunmehr das Terrain auf der genau entgegengeſetzten
Seite ins Wanken zu geraten. Es zeugt von der elementaren
Heftigkeit der Vorgänge in Japan, wenn zahlreiche kleine Inſeln
buchſtäblich vom Meer verſchluckt wurden.
Das Hypozentrum, die Stelle, an der die Erde tief im
Innern gebebt hat, und das Epizentrum, der Punkt, nach dem
ſich die erſten furchtbaren Stöße vom Hypozentrum, dem Erd=
bebenherd
, ſenkrecht nach oben richteten, laſſen ſich vielleicht in der
Folgezeit feſtlegen. Bis jetzt kann nur erſt vermutet werden, daß
beide Punkte, Feuerherd und Epizentrum, ſich abſeits des Trüm=
mergebiets
auf Hondo, der am entſetzlichſten betroffenen japani=
ſchen
Inſel, vielleicht in dem ſtürmereichen japaniſchen Meer be=
finden
, und daß ſich von dieſem unbekannten Epizentrum aus die
Erdſtöße ondulatoriſch fortpflanzten. Beſchädigungen an Schif=
fen
außerhalb der großen japaniſchen Häfen ſprechen für dieſe
Annahme, die durch nähere als die bisher eingelaufenen Mittei=
lungen
über zur Zeit der Kataſtrophe beobachtete Sturmfluten
und ſubmarine Beben, Seebeben, geſtützt werden müßte.
Schon die frühen portugieſiſchen und holländiſchen Händler
und Seefahrer bezeichneten die japaniſchen Inſeln als eine Haupt=
ſtätte
der langen Vulkanlinie, die von den Sundainſeln in ver=
ſchiedenen
Bogen nach Kamtſchatka läuft und einen Teil des er=
wähnten
Vulkanringes am Rand der Kontinente bildet. Wie faſt
alle derartige Gebiete ſind die Inſeln auch ein Hauptherd der
Erdbeben. Das bewieſen ſtets die 500 jährlichen Erdſtöße, das
ewig unruhige, ſich auf dem Grund fortwährend umbildende ja=
paniſche
Meer, und die fossa magna die den ſüdjapaniſchen
Inſelbogen, eine Fortſetzung des Tſinling=ſchan, der Altchina in
eine nördliche und in eine ſüdliche Hälfte gliedert, von dem nord=
japaniſchen
Inſelbogen trennt eine Einbruchsſpalte auf Hondo,
weſtlich von Tokio, die ſich unterſeeiſch bis in die ungeheuren Tie=
fen
bei den gleichfalls vulkaniſchen Mariannen fortſetzt.
Das japaniſche Reich (1911: 674 000 gkm und 70 000 000 Ein=
wohner
) gliedert ſich politiſch und teilweiſe geographiſch in
Altjapan und die Kolonien. Zu den Kolonien gehören Süd=
Sachalin und Tgiwan oder Formoſa, ndie Schöne, wie die Por=

Die Regierungserklärung in
Pariſer Beſeuchtung.
Paris, 27. Sept. (Wolff.) Die Kundgebung des Reichs=
präſidenten
wird in der Morgenpreſſe kritiſiert, zum Teil in der
heftigſten Weiſe.
Der Matin der als hochoffiziös angeſehen werden kann,
ſchreibt: Wir werden uns nicht mit dem Stil der Proklamation auf=
halten
. Er iſt nach jeder Richtung hin bedauerlich. Der Reichs=
präſident
hätte ſich darauf beſchränken können, mitzuteilen, daß
der paſſive Widerſtand kein Ergebnis erzielt habe, und daß die
Intereſſen Deutſchlands es unerläßlich machen, raſcheſtens ein
Einverſtändnis mit den Beſatzungsmächten und ſpäter mit den
alliierten Mächten herbeizuführen. Man habe von ihm nicht ver=
langt
, daß er ein mea eulpa ausſpreche, aber es wäre doch eine
beſſere Politik ſeinerſeits geweſen, keine Anklagen zu erheben.
Der Reichspräſident verſucht den Glauben zu erwecken, daß
in moraliſcher Hinſicht Deutſchland ein Opfer ſei, und daß es
ſich nur der Gewalt beuge. Es iſt ernſt, wenn der Staatschef
eine derartige Sprache führt. Wenn es wahr iſt, daß die von
Ludendorff zuſammengezogenen Truppen einen Marſch nach Ber=
lin
vorbereiten, muß eine derartige Proklamation in ihnen den
Glauben erwecken, daß das gute Recht auf ihrer Seite iſt, und daß
ſie datriotiſch handeln. Den Reichskanzler Streſemann werde man
nach ſeinen zukünftigen Handlungen beurteilen. Bis dahin habe
die franzöſiſche Regierung von der von der deutſchen Regierung
veröffentlichten Mitteilung keine Kenntnis zu nehmen. Der Krieg
ſei ihr vom Deutſchen Reich unter einer beſonderen und typiſchen
Form erklärt worden. Sie habe in dieſem Kampf geſiegt.
Der Matin fährt fort: Sie werde auch weiter beurteilen, ob
man einen Waffenſtillſtand zugeſtehen könne, oder ob es notwen=
dig
ſei, unter Umgehung von Berlin ſich mit der Bevölkerung im
beſetzten Gebiet für die Wiederherſtellung eines normalen Lebens
zu verſtändigen. Dieſer Waffenſtillſtand ſei abſolut etwas an=
deres
, als der dauernde Friede, d. h. als die Regelung der Repa=
rationsfrage
, die Frankreich nicht nur mit Belgien, ſondern mit
allen Alliierten regeln werde. Wenn der Reichskanzler den Be=
fatzungsmächten
die Sorge überlaſſe, die Wiederherſtellung des
induſtriellen und Handelslebens im Ruhrgebiet und im Rhein=
land
zu regeln, werde der Uebergang vom Zuſtande der Arbeits=
loſigkeit
zum Zuſtand regelmäßiger Arbeit leicht ſein. Wenn er
aber im Gegenteil behaupte, ſich einmiſchen zu wollen, um den
Beſatzungsmächten zu diktieren, was ſie zu tun hätten, dann wür=
den
Frankreich und Belgien in ſeinem Entſchluß, die Ordonnan=
zen
zurückzuziehen, nur ein Manöver erblicken, das dazu beſtimmit
ſei, ihnen mehr Verlegenheiten zu bereiten als zu helfen. Man
dürfe übrigens nicht vergeſſen, daß Deutſchland Frankreich er=
klärea
müſſe, den Friedensvertrag auszuführen und Beweiſe ſei=
nes
guten Willens zu geben, bevor auch nur eine einzige der
getroffenen Maßnahmen zurückgezogen werde.
Offiziöſe Havasauslaſſungen.
Keine Bereitwilligkeit zu Verhandlungen.
Paris 27. Sept. (Wolff.) Havas veröffentlicht folgende,
ohne Zweifel halbamtliche Mitteilung: In franzöſiſchen politi=
ſchen
Kreiſen verfolgt man natürlich mit Intereſſe die politiſchen
Ereigniſſe in Deutſchland, namentlich in Bayern. Es wird jedoch
keine offizielle Meinung ausgeſprochen. Eine Verdoppelung der
Wachſamkeit der alliierten Regierungen ſei angeſichts der großen
Bedeutung der Kundgebungen in Deutſchland notwendig. Trotz=
dem
die Einſtellung des paſſiven Widerſtands im Ruhrgebiet an=
gekündigt
worden ſei, ſo ſei bis jetzt noch keine offizielle Mittei=
lung
irgendwelcher Art ſeitens Deutſchlands abgegeben worden.
Die franzöſiſche Regierung warte alſo ab, da ſie feſt entſchloſſen
ſei, Deutſchland nach ſeinen Handlungen zu beurteilen und erſt
mit dem Tag in Verhandlungen einzutreten, an dem effektiv in
dem beſetzten Gebiet die normalen Verhältniſſe wiederhergeſtellt
ſeien, wie ſie vor dem 11. Januar 1923 beſtanden hätten.
Engliſche Stimmen.
London, 27. Sept. (Wolff.) Die Blätter veröffentlichen
ihre Informationen über die geſtrige Kabinettsſitzung. Allge=
mein
wird hervorgehoben, daß keine Entſcheidungen getroffen
wurden. Dem Parlamentsberichterſtatter der Daily Expreß zu=
folge
ſchloſſen ſich die Kollegen Baldwins deſſen Anſicht an, daß
kein unmittelbarer Schritt getan werden könne, und daß durch
die Entwicklung in Deutſchland eine vollkommen neue Lage
geſchaffen ſei. Sie ſtimmten zu, daß abgewartet werden müſſe,
was in Deutſchland geſchehe, welche Vorſchläge die deutſche Re=
gierung
den Alliierten mache und welches Urteil Frankreich
über dieſe Vorſchläge fälle.
Der politiſche Berichterſtatter der Morning Poſt erklärt,
Poincaré habe im voraus die britiſche Regierung über die Aen=
derung
des Verfahrens im beſetzten Gebiet durch die Aufgabe
des paſſiven Widerſtandes unterrichtet. Für den Augenblick
könne die britiſche Regierung nur den Verlauf der Ereigniſſe
abwarten.
Der Times zufolge iſt es nicht wahrſcheinlich, daß der Pre=
mierminiſter
in ſeiner heutigen Rede mehr als eine kurze Be=
zugnahme
auf ſeine Zuſammenkunft mit Poincars in Paris
machen wird.

tugieſen die Inſel nannten, und, auf dem Feſtland, Kwantung
und Korea. Altjapan, das Inſelreich, beſteht aus einigen kleinen
Inſelgruppen und 4 Inſeln: Schikoku und Kiuſchu im Süden,
Jeſſo im Norden und Hondo oder Hondſchu, das heißt Haupt=
land
, in der Mitte. Das Hauptland wird von den Japanern
ſelbſt ſehr ſtolz als Nippon bezeichnet, was gerade ſoviel wie Ja=
pan
bedeutet, das von den Portugieſen umgebildete chineſiſche
Ji=pen=kue: das Sonnenaufgangsland.
Landſchaftlich beſonders reizvoll ſind, neben Kiuſchiu
mit dem Pagenberg bei Nagaſaki und Formoſa mit ſeinen terraſ=
ſierten
Tafelländern, das japaniſche Mittelmeer, Setruſchi, durch
ſeine maleriſchen Buchten, längs deren Ufern ſich Eilande grup=
pieren
, die ein Farbenſpiel effektvoll beleuchtet, das von dem zer=
klüfteten
und ſchneebedeckten Gebirge im Hintergrund reflektiert
wird, der Landſchaft Kii.
Man kann kein Bild von Japan entwerfen, ohne die Berge
zu berückſichtigen, den im Norden aufſteigenden Hakuſan, den
weißen Berg, eine impoſante Gebirgsmaſſe, die dem Schiffer auf
dem japaniſchen Meer als Landmarke dient, und vor allem die
vulkaniſchen Häupter, die bis zum Biwaſee hinunterreichen. Von
dieſen iſt der Bandaiſan, der ſich über einem kleinen runden See
erhebt, durch den Ausbruch von 1888 am bekannteſten geworden.
Nachdem er im 8. Jahrhundert ſeinen letzten Ausbruch hatte, galt
er als erloſchen. Aber wider Erwarten begann er am 15. Juli
1888 ſeine Tätigkeit von neuem mit außergewöhnlicher Heftigkeit.
Nach lang anhaltendem Donner, auf den die Bevölkerung in=
deſſen
nicht achtete, wurde der kleinſte Gipfel des Berges in die
Luft geſchleudert und der Stumpf in einen tiefen Krater ver=
wandelt
, aus dem keine Lava, aber ungeheure Felſen und
Schlamm= und Waſſermaſſen ausgewörfen wurden, die große
Ebnen überfluteten und Häuſer und Bäume mit fortriſſen. Heute
noch tätig ſind der Aſamayama, der Aſche entſendet und ſeinen
letzten großen Ausbruch 1783 hatte, und der Schirane, der ſich
1882 zum letztenmal entlud und aus dem unabläſſig Dampfwol=
ken
brauſen.
Der berühmteſte Berg und Vulkan Japans iſt der 3728 Meter
hohe Fudſchiyama, der heilige Berg. Dieſes Wahrzeichen
des Landes der aufgehenden Sonne, das auf breiter Grundfläche
in großartiger Maſſe himmelan ſtrebt, wird tauſendfältig, ſteiler
als im Original, auf japaniſchen Bildern und Kunſtgegenſtänden
abgebildet. Die Blicke der Bewohner der Großſtädte ſeines Ge=
ſichtskreiſes
und der Vorſtädte von Tokio, mo gauze Straßenzüge

London, 27. Sept. (Wolff.) Die Daily Mail führt aus,
die drohende britiſche Note vom 11. Auguſt ſei die Urſache der
augenblicklichen Komplikation. Solle die britiſche Regierung,
nachdem ſie einmal die Ruhrbeſetzung ungeſetzlich nannte, ihren
Anteil an den Reparationen fordern, die infolge der franzöſiſchen
Politik bald in regelmäßigem Fluß einſtrömen würden? Eng=
land
könne nur durch eine Politik willigen Zuſammenarbeitens
mit Frankreich aus dem Dilemma kommen. Die Daily Mail er=
klärt
, ſie ſei überzeugt, daß dies die Abſicht Baldwins ſei. Er
dürfe aber nicht damit beginnen, daß er von den Franzoſen die
Annahme einer internationalen Sachverſtändigenkommiſſion zur
Abſchätzung der Leiſtungsfähigkeit Deutſchlands fordere, da dieſe
Bedingung unannehmbar ſei. (Die franzöſiſche Orientierung der
Daily Mail iſt bekannt.)
Die Morning Poſt ſagt, die deutſche Regierung verkünde
durch eine offizielle Proklamation, daß ſie der bitteren Notwen=
digkeit
gegenüberſtehe, den paſſiven Widerſtand wieder einzu=
ſtellen
. Durch die neugeſchaffene Lage könnten Frankreich und
England wieder zuſammengebracht werden. Der Bruch mnit
Frankreich würde eine furchtbare Vermehrung der britiſchen
Rüſtungen bedeuten. Wenn England ſeine Ueberſeebeſitzungen
verteidigen und ſeine Hilfsmittel keiner übermäßigen Belaſtung
ausſetzen wolle, müſſe es mit der größten militäriſchen Macht in
Europa zuſammengehen.
Daily Telegraph ſchreibt zur Aufgabe des paſſiven Wider=
ſtandes
: Die wahrſcheinliche Hoffnung Deutſchlands auf ein ge=
wiſſes
Maß von Sympathie bei den Neutralen, wenn nicht bei
gewiſſen Alliierten, war eitel.
Die Weſtminſter Gazette weiſt darauf hin, daß die bedin=
gungsloſe
Uebergabe Deutſchlands die Lage nicht vereinfache.
Die Reparationen müßten weiter eingeſammelt werden. Frank=
reich
gab zwar viele Millionen aus, kerkerte Hunderte von Men=
ſchen
ein und erſchoß andere, erhielt aber wenig Weſentliches aus
dem Ruhrgebiet. Frankreich müſſe jetzt nicht nur die Ordnung
im Ruhrgebiet aufrecht erhalten, ſondern auch die Produktion or=
ganiſieren
. Vielleicht würde es ſich auch mit dem Unterhalt eines
großen Gebietes belaſtet ſehen. Deutſchland würde dadurch, daß
es nichts mehr zu verlieren habe, in eine ſtärkere Verteidigungs=
ſtellung
gebracht, denn bei ſeinen früheren Verhandlungen ſprach
immer die Furcht vor der Ruhrbeſetzung mit.
Die Entente=Vertreter beim Reichskanzler.
TU. Berlin, 27. Sept. Der Reichskanzler emp=
fängt
heute nachmittag nacheinander die hieſigen Vertreter
der Ententemächte, um mit ihnen über die innerpoli=
tiſche
Lage zu ſprechen.
Die Franzoſen.
Münſter, 27. Sept. (Wolff.) In Lokern wurde wegen
angeblicher Sabotage das Betreten des Geländes der Zeche Vik=
tor
im Umkreiſe von einem Kilometer von den Franzoſen ver=
boten
.
Recklinghauſen wurde ähnlich wie anderen Städten eine täg=
liche
Kontribution von ſechstauſend Franes auferlegt. Die ver=
gangene
Woche wurden in Recklinghauſen von den Franzoſen
insgeſamt 134 Milliarden Mark erbeutet.
Vom Dortmunder Militärpolizeigericht wurden am 25. Sept.
7 Perſonen, darunter der Herausgeber der Zeitſchrift Kunſt=
warte
zu zuſammen einem Jahr, fünf Monaten, zwölf Tagen
Gefängnis und 112 Goldmark Geldſtrafe verurteilt.
Duisburg, 27. Sept. (Wolff.) Geſtern Vormittag wur=
den
von Beauftragten der Beſatzungsbehörde 272 Milliarden Mk.,
die Eigentum der Dortmunder Straßenbahn waren, fortgenom=
men
. 190 Eiſenbahnbeamte, Angeſtellte und Arbeiter nebſt Fa=
milie
haben am Mittwoch nachmittag den Ausweiſungsbefehl er=
halten
. Alle ſind im Stadteil Dortmund=Meiderich anſäſſig.
* Schwerte, 28. Sept. (Priv.=Tel.) Am Mittwoch abend
gegen 10 Uhr drangen vier franzöſiſche Offiziere und 20 Sol=
daten
, von Holzen kommend, ungefähr vier Kilometer tief in das
unbeſetzte Gebiet in den Stadtteil Schwerte weſtlich der Bahn=
linie
ein, verlangten von den Perſonen auf der Straße ihre Aus=
weiſe
und mißhandelten eine Anzahl Leute. In einer Wirtſchaft
ſchlugen ſie mit Gummiknüppeln und mit den Gewehrkolben auf
die Gäſte ein. Plötzlich fielen Schüſſe. Der 15jährige Arbeiter
Hübner wurde getötet, vier andere wurden verletzt. Die Fran=
zoſen
flüchdeten nach Abgabe der Schüſſe.
In Wanne wurden am 25. Sept. ſechs Eiſenbahner mit
Familien, zuſammen 48 Köpfe ausgewieſen.
Mainz, 27. Sept. (Wolff.) Herr Redakteur Waldaeſtel,
von der hieſigen Redaktion des Wolffbüros, iſt ausgewieſen
vorden.
Die Aufhebung der Verordnungen über den
paſſiven Widerſtand.
Verlin, 27. Sept. (Wolff.) In einer Sonderausgabe des
Reichsgeſetzblattes erſcheint heute folgende Verordnung des
Reichspräſidenten und der Reichsregierung über die Aufhebung
ihrer aus Anlaß des Ruhreinbruchs erlaſſenen Verordnungen:
§ 1 enthält die Aufzählung der Verordnungen, die anläß=
lich
des Ruhreinbruchs erlaſſen worden ſind.
Nach § 2 tritt die Aufhebung der Verordnungen mit Wir=
kung
vom 26. September an in Kraft.

nach ihm benannt werden, hängen ſehnſüchtig an ſeinem Gipfel,
den buddhiſtiſche Pilger alljährlich zu Tauſenden erklimmen. Der
obere, unter 452 anſteigende Teil des Berges wird von Aſche und
Lava, auf der Spitze von ewigem Schnee bedeckt, während die
mittlere Zone in dunklen Schirmtannenwald gekleidet iſt und der
Fuß die buntfarbige Pflanzenwelt Japans trägt. Seinen letzten
Ausbruch hatte der Fudſchiyama 1708.
Wie die gebirgige Natur des Landes vermuten läßt, bewegen
ſich die japaniſchen Flüſſe in außerordentlich gewundenen =
lern
, zwiſchen ſehr ſchroffen Ufern, und ſind reich an Waſſerfällen.
Der bedeutendſte Fluß Japans, der Schinanogawa, iſt etwa ſo
lang wie der Main. Der größte See Japans iſt der berühmte
Biwaſee. Er iſt 60 Kilometer lang und, 100 Meter über dem
Meeresſpiegel, 100 Meter tief, klar und grün.
Hondo, das Hauptland, iſt durchſchnittlich kalt. Die Jahres=
mittel
bleiben hinter Orten gleicher Breite, etwa den Ländern
am Mittelländiſchen Meer, weit zurück, und das Julimittel ſteigt
in Tokio nicht über 27 Auffällig ſind auch die Verhältniſſe der
Bewölkung, die im Weſten, im Gegenſatz zum ewig klaren, nach
dem pazifiſchen Ozean hin gelegenen Oſten, ungewöhnlich ſtark iſt.
Die Verteilung der Niederſchläge iſt, wie die tektoniſche Gliede=
rung
, mit der ſie vielleicht in Zuſammenhang ſteht, verwickelt.
Kalte Weſtwinde bringen, beſonders an der japaniſchen Weſtküſte,
im Winter tiefen Schnee; das ganze Land iſt dann in dichtes
Weiß gehüllt, auch die niedrigeren Vulkane ziehen ihre Hauben
auf und nur der äußerſte Süden bleibt ſchneefrei. Die heiße Zeit,
Juli und Auguſt, heißt Dogo. Die Uebergangszeiten bringen
arge Nachtfröſte, Temperaturſchwankungen und die verderblichen
Taifune, die Zyklone, die Drehſtürme mit ſich.
Die Flora der japaniſchen Inſeln hat große Verwandt=
ſchaft
mit der des öſtlichen Amerika. Sie hat deutlichen Inſel=
charakter
: ſie iſt arm an Arten. Es iſt intereſſant, daß man, im
Maße wie die ſuptropiſche Pflanzenwelt nach Norden hin ver=
ſchwindet
, die Grenze feſtgeſtellt hat, auf der ſich immergrüne und
ſommergrüne Gewächſe auf den japaniſchen Inſeln treffen. Der
Maulbeerpapierbaum, der das beſte Papier Japans liefert, die
Kamelie, der Kampher= und der Lackbaum ſind für die Landſchaft
charakteriſtiſch, die der Tee=, Reis= und Seidezone angehört. Es
werden die Sorghohirſe, die Sojabohne und Baumwolle ge=
pflanzt
, aber es wird keine Tierwolle gewonnen, da das Schaf,
das das japaniſche Gras nicht verträgt, nicht gedeiht.
(Fortſetzung folgt. 4

[ ][  ][ ]

Nummer 268.

Darmſtädter Dagblatt, Freitag, den 28. September 1923

Seite 3,

Die Lage in Bagern.

Bayern und das Reich.
Drahtbericht unſeres Korreſpondenten.
g. München, 27. September.
* Wenn man an dieſer Stelle verſuchen wird, die Ereigniſſe
in Bayern, die ſich in München in den allerletzten Tagen und
Stunden faſt überſtürzt gehäuft haben, auf ihre Wirkung zu prü=
fen
, ſo kann vorweg feſtgeſtellt werden, daß die Verhängung des
Ausnahmezuſtandes in Bayern, die für Viele außerhalb Baherns
als eine überraſchende Maßnahme gekommen iſt, ihren Zweck,
Ruhe und Ordnung dem Lande zu ſichern, und damit unabſeh=
bares
Unheil nicht nur vom Lande Bayern, ſondern auch von
dem ganzen Reiche abzuwenden, vollſtändig erfüllt iſt. Der Auf=
ruf
der bayeriſchen Staatsregierung, der in den ſpäten Abend=
ſtunden
des Mittwoch die Verhängung des Ausnahmezuſtandes
ankündigte, hat die Gründe deutlich gekennzeichnet, die eine ſolche
ſcharfe Maßnahme unerläßlich werden ließen. Herr v. Kahr, der
in der bayeriſchen Politik kein unbeſchriebenes Blatt mehr iſt,
ſondern als ein Programm angeſehen werden muß, hat ſein
Amt als Generalſtaatskommiſſar für Bayern, dem die geſamte
Vollzugsgewalt übertragen wurde, mit einer Kundgebung über=
nommen
, die ausdrücklich feſtlegt, daß die Amtshandlungen des
Generalſtaatskommiſſars von heißer Liebe zur bayeriſchen Hei=
mat
und zum deutſchen Volke und zum großen deutſchen Vater=
land
getragen ſein werden.
Man kann verſchiedener Meinung ſein, ob es notwendig
war, im gegenwärtigen Zeitpunkt zu dem außerordentlich har=
ten
und zweiſchneidigen Mittel des Ausnahmezuſtandes zu grei=
fen
, das die bayeriſche Regierung anwenden zu müſſen glaubte,
um die Ordnung des Landes zu ſichern. Man kann ſogar der
Auffaſſung ſein, daß es im Intereſſe des Preſtiges einer Staats=
regierung
weit beſſer geweſen wäre, wenn dieſe Regierung ſelbſt
die Zügel in der Hand gehalten und ſich nicht des größten Teiles
ihrer Machtbefugniſſe der geſamten vollziehenden Gewalt an den
Generalſtaatskommiſſar begeben hätte. Sei dem, wie ihm wolle,
die politiſchen Verhältniſſe haben ſich in den letzten Stunden
in einer unerträglichen Weiſe verſchärft, ſo daß außerordentliche
Maßnahmen der Staatsregierung auch nach unſerer Auffaſſung
geboten waren, um Unheil zu verhindern. Die Gerüchte über
einen wationalſozialiſtiſchen Putſch, bei dem Ludendorff als Hin=
termann
vermutet wurde, häuſten ſich in unerträglicher Weiſe.
In 14 Maſſenverſammlungen der nationalſozialiſtiſchen deutſchen
Arbeiterpartei ſollte der Abbruch des paſſiven Widerſtandes die
Parole zu einer parteipolitiſch eingeſtellten Hetze gegen das Reich
geben. Weiteres unabſehbares Unheil hätte erwachſen können.
Zwar hat General Ludendorff heute einem Münchener Blatte
mitgeteilt, daß er nicht im entfernteſten daran dächte, eine Revo=
lution
in Bayern zu machen, und daß alles, was in der Baye=
riſch
=Volksparteilichen Korreſpondenz, die in dieſer Richtung
heute gegenüber Ludendorff außerordentlich deutlich geworden
iſt, behauptet werde, glatt erfunden und grundlos ſei. Wir ſind
der Meinung, daß durch die nationalſozialiſtiſchen Maſſenkund=
gebungen
angeſichts der Hochſpannung dieſer Tage und der vor=
angegangenen
Ereigniſſe, die nur dazu beitragen konnten, die
Gegenſätze zu verſchärfen, zum mindeſten ſchvere Zuſammen=
ſtöße
hieraus erwachſen könnten, deren Folgen nicht abzuſehen
geweſen wären. So war es unbedingt notendig, allen Gefah=
ren
vorzubeugen, und die entſprechenden Maßwahmen zu er=
greifen
, um die Ruhe und Ordnung unter allen Umſtänden zu
ſichern.
Die erſte Maßnahme des Generalſtaatskommiſſars v. Kahr
verwandelte die Hauptſtadt Bayerns in ein Heerlager. Im
Laufe des Donnerstags wurden, nachdem der Ausnahmezuſtand
proklamiert war, auswärtige Truppenkontingente in größerer
Stärke nach München gezogen, um für alle Möglichkeiten gerüſtet
zu ſein. Die öffentlichen Gebäude und der Landtag erhielten
Wachen, die teils von der Reichswehr, teils von der Landes=
polizei
geſtellt wurden. Alle politiſchen Verſammlungen und mit
ihnen auch die Maſſenkundgebungen der Nationalſozialiſtiſchen
Deutſchen Arbeiterpartei wurden verboten. Auch ein Betriebs=
rätekongreß
, für den die Münchener Betriebsräte ſcheinbar die
jetzige Zeit als die geeignetſte erachteten, fiel dem Verbot politi=
ſcher
Veranſtaltungen anheim. Die Maßnahmen des General=
ſtaatskommiſſars
beſchränkten ſich nicht allein auf politiſches Ge=
biet
, ſondern führten bereits zu einer Konferenz, in der mit den
Vertretern der Wirtſchaftskreiſe Bayerns die gegenwärtige Not=
lage
und Maßnahmen zur Linderung dieſer Not beſprochen
wurden.
Dank der umfaſſenden Vorkehrungen der Staatsregierung
und des energiſchen Einſchreitens des Generalſtaatskommiſſars
iſt der heutige Tag völlig ruhig verlaufen. Zwar bildeten ſich an
den Verſammlungslokalen hier und da Anſammlungen, die je=
doch
von der blauen Polizei mühelos zerſtreut werden konnten.
Nur in einem Falle kam es zu einer Zugbildung, die ebenfalls
von der Landespolizei nach kurzer Zeit aufgelöſt wurde. Man
hört, daß Hitler ſelbſt die Parole ausgegeben hatte, ruhig nach
Hauſe zu gehen und unter keinen Umſtänden der Staatsgewalt

entgegenzutreten. Herr Hitler, der in den letzten Tagen den
Mund außerordentlich vollgenommen hat, ſcheint ſich darüber
klar geworden zu ſein, daß er gegen die feſtgefügte Front der
Reichswehr, der Landespolizei und der vaterländiſchen Ver=
bände
Bayerns, die ſich geſchloſſen und vorbehaltlos hinter die
Staatsregierung und den Generalſtaatskommiſſar v. Kahr geſtellt
haben, nicht angehen kann. So beſchränkte er ſich auf einen pa=
pierenen
Proteſt gegen das Verbot der Verſammlungen und auf
die Mitteilung an den Generalſtaatskommiſſar, daß der Deutſche
Kampfbund ſeine Stellungnahme gegenüber ihm von der Stel=
lungnahme
abhängig macht, die Herr v. Kahr zu der Entſchließ=
ung
des Kampfbundes in Nürnberg einnehmen wird. Wenn in
dieſen Kreiſen überdies feſtgeſtellt wird, daß die Ernennung des
Generalſtaatskommiſſars ohne vorherige Fühlungnahme mit
dem Deutſchen Kampfbund erfolgt iſt, ſo kann eine ſolche an=
maßende
Sprache nur als lächerlich bezeichnet werden, wenn
Taten und Worte Hitlers in der Vergangenheit und Gegenwart
einander gegenübergeſtellt werden. Daß das Parteiorgan Der
Völkiſche Beobachter in ſeiner neueſten Nummer ſelbſtverſtänd=
lich
Herrn v. Kahr ein Sündenregiſter entgegenhält und ſich zu
der Behauptung verſteigt, die Ernennung des Generalſtaatskom=
miſſars
bedeute für die Partei den erſten ſeparatiſtiſchen Putſch=
verſuch
, kann nur beweiſen, in welchen Paroxismus die Wut des
völkiſchen Organs angeſichts des Scheiterns ſeiner Pläne ge=
raten
iſt.
Auch die Reichsregierung hat ſich veranlaßt geſehen, nach
der Verhängung des Ausnahmezuſtandes in Bayern dieſe gleiche
Maßnahme für das ganze Reichsgebiet zu treffen. Berliner
Meldungen wollen wiſſen, daß die Reichsregierung über die Ver=
hängung
des Ausnahmezuſtandes in Bayern nicht unterrichtet
wurde. Wir würden eine ſolche Unterlaſſung, ſollte ſie Tatſache
ſein, außerordentlich bedauern und das um ſo mehr, weil ange=
ſichts
der Gefahren, die heute dem Reich und mit ihm den Län=
dern
von allen Seiten drohen, die engſte Zuſammenarbeit der
verantwortlichen Inſtanzen im Reich und Land das dringendſte
Gebot der Stunde iſt. Außerdem darf die Gefahr nicht verkannt
werden, daß ein mangelnder Kontakt zwiſchen Reichsinſtanzen
und Landesbehörden nur zu leicht zu Konflikten führen kann,
nachdem die Kompetenzen des Reichskommiſſars und des bayeri=
ſchen
Staatskommiſſars verſchiedentlich ineinanderlaufen. Wir
ſind der Ueberzeugung, daß Konfliktsmöglichkeiten ohne weiteres
vermieden werden können, wenn beide Teile nicht durch über=
große
Nervoſität gegeneinander arbeiten und wenn alles darauf
eingeſtellt wird, Reich und Land zu ſichern und alle Gefahren
abzuwenden.
Es bleibt noch übrig, angeſichts der Wahl des Herrn von
Kahr zum bayeriſchen Generalſtaatskommiſſar die inneren poli=
tiſchen
Folgen kurz zu berühren, die aus dieſer Maßnahme zu er=
warten
ſind. Herr v. Kahr ſoll, wenn ein Bericht des Völkiſchen
Beobachters als zutreffend angeſprochen werden kann, in ſeiner
erſten Beſprechung mit den Vertretern der vaterländiſchen Ver=
bände
, der Reichswehr und der Landespolizei ausdrücklich er=
klärt
haben, er gedenke vaterländiſch rechts zu regieren. Wir
würden es bedauern, wenn dieſe Erklärung gefallen ſein ſollte,
da ſie ihrem Wortlaut nach als eine Kampfanſage gegen die Par=
teien
angeſprochen werden müßte, mit denen die bürgerlichen Par=
teien
, auch Bayerns, in der bayeriſchen Pfalz, noch imemr zu
einer Einheitsfront gegen den äußeren Feind zuſammenſtehen.
Wir ſehen dagegen in der Ernennung gerade des Herrn v. Kahr
zum Generalſtaatskommiſſar für Bayern das einzige Mittel, das
geeignet war, im gegenwärtigen Zeitpunkt die Front entſcheidend.
zu ſchwächen, von der gegenwärtig allein eine Gefahr für den Be=
ſtand
des Staates kommen könnte. Vergegenwärtigt man ſich,
daß Dr. v. Kahr Ehrenpräſident der vaterländiſchen Verbände
Bayerns iſt, daß er mit dem in ganz Bayern entſtandenen Bund
Bayern und Reich in engſter Fühlung ſteht und hält man die=
ſen
Tatſachen gegenüber, daß bisher immer die Gefahr beſtand,
daß ein ſtaatsverräteriſches Unternehmen der extremſten Kreiſe
Mitläufer auch in dieſen Kreiſen finden wird, ſo wird die inner=
politiſche
Bedeutung der Ernennung gerade des Herrn v. Kahr
deutlich werden. Es kann erwartet werden, daß nunmehr auch
in Bayern eine reinliche Scheidung Platz greifen wird, ſo daß
die vaterländiſchen Verbände auf der einen und der Kampfbund
auf der anderen Seite ſich klar darüber werden müſſen, wie ſie
ſich letzten Endes zu dem Staat von heute und ſeinen Notwendig=
keiten
ſtellen.
Darüber aber darf man ſich keiner Däuſchung hingeben, wenn
erſt die Gefahr für den Beſtand des bayeriſchen Staates abge=
wendet
werden konnte, ſo wird der zukünftige Kurs des nunmehr
unter Ausnahmeverhältniſſen ſtehenden Landes Bayern weſent=
lich
davon abhängig ſein, wie die entſcheidende Schickſalsgemein=
ſchaft
für das deutſche Volk beantwortet wird, die die Waffen=
ſtreckung
an der Ruhr auswirkt. Wir vertrauen darauf, daß
Reich und Bayern hier in einer Front zuſammenſtehen werden,
wenn es gilt, jede ehrloſe Zumutung abzulehnen, die von ſeiten
Frankreichs geſtellt werden könnte. Es darf nicht ſein, daß die
Gefangenen, die in fremden Gefängniſſen ſchmachten, ihren Pei=
nigern
überlaſſen bleiben. Es darf nicht ſein, daß die Ausge=
wieſenen
dauernd von der Heimat ferngehalten werden. Wir

möchten wünſchen, daß beizeiten Sorge dafür getragen wird, daß
auch in Berlin die Stimmen nicht die Oberhand gewinnen
können, die einer Kapitulation das Wort reden. In Bayern iſt
man entſchloſſen, die letzten Konſequenzen zu ziehen, wenn ehr=
loſes
Handeln einem Volk zugemutet würde, das ſeine Ehre als
letztes Gut bewahrt hat. Es muß in Bayern und im Reich mög=
lich
werden, die Einheitsfront herzuſtellen, die allein die außen=
politiſchen
Gefahren abwenden kann, die die inneren turmhoch
überſteigen.
Ruhe und Ordnung in Bahern vollkommen geſichert.
m. München, 27. Sept. Bei der Beſprechung, die heute
vormittag unter dem Vorſitz ſeiner Exz. des Generalſtaatskom=
miſſars
Dr. von Kahr ſtattfand, und an welcher auch der Landes=
kommandant
, General Loſſen und Oberſt von Seißner von der
Landespolizei teilnahmen, ergab ſich, wie amtlich mitgeteilt wird,
erneut die Gewißheit, daß zur Aufrechterhaltung der Ruhe und
Ordnung in Bayern Reichswehr und Landespolizei unbedingt
verläſſig dem Generalſtaatskommiſſax zur Verfügung ſtehen.

* München, 27. Sept. (Priv.=Tel.) Die bayeriſche Staats=
regierung
erblickt in der Aufſtellung eines Generalſtaatskommiſ=
ſars
lediglich eine Maßnahme nach § 48 der Reichsverfaſſung
ohne politiſchen Einſchlag und will dadurch keine Schritte gegen
das Reich zum Ausdruck gebracht wiſſen. In dieſem Sinne hat
der bayeriſche Miniſterpräſident auch dem Reichskanzler Mit=
teilung
gemacht. Dieſe Auffaſſung wird aber in der bayeriſchen
Oeffentlichkeit keineswegs geteilt. In den Kreiſen der vater=
ländiſchen
Verbände erwartet man offenbar, daß der jetzige Aus=
nahmezuſtand
in irgendeiner Weiſe die Form einer Dauerdik=
tatur
erhalten werde.
Verbot der Nationalſozialiſiſchen Verſammlungen.
TU. Berlin, 27. Sept. Der neuernannte Staatskom=
miſſar
für Bayern Dr. v. Kahr hat die für heute abend
angeſagten 14 großen Verſammlungen der National=
ſozialiſtiſchen
deutſchen Arbeite rpartei ver=
boten
.
Baheriſche Volkspartei gegen Ludendorf und Hitler.
München, 27. Sept. (Wolff.) Unter der Ueberſchrift
Ludendorff=Revolution ſchreibt die Korreſpondenz der Bayeri=
ſchen
Volkspartei: Die Lage iſt heute ähnlich wie im November
1918. Frankreich errang einen neuen Sieg und wartet nun dar=
auf
, daß das deutſche Volk ihn durch eine neue Revolution
vervollkommne: ob die Revolution von rechts oder von links ge=
plant
wird, ſei gleichgültig. Wenn General Ludendorff
durch ſeine Hintermänner in Bayern eine Revolution macht, ſo
erfüllt er die Hoffnungen der Franzoſen. Nichts
könnte die Lage in Deutſchland mehr verſchlimmern, als ein
militariſtiſcher Putſch im Süden des Reiches. Eine Hitler= Revo=
lution
in München bedeutet eine Separation, denn eine Hitler=
Revolution iſt eine Ludendorff=Revolution und eine Ludendorff=
Revolution zieht notgedrungen den Feind ins Land. Weiter
wird in dem Artikel Hitler und Ludendorff die Fähig=
keit
abgeſprochen, das deutſche Volk in eine beſſere Zu=
kunft
hineinzuführen. Dagegen wird von Miniſterpräſidenten
Knilling erwartet, daß er alle nationalen Kräfte um ſich
ſammele, die gewillt ſind, ihre letzte Kraft einzuſetzen, um ſolches
Unheil von unſerem Volke abzuwenden.
Die Forderungen der vaterländiſchen Verbände
* München, 27. Sept. (Priv.=Tel.) Eine Vertreterver=
ſammlung
unter dem Vorſitz des Profeſſors Bauer, die ſich mit der
Lage in Bayern und im Reich beſchäftigte, hat eine Entſchließung
angenommen, in der es u. a. heißt: Das ſchmachvolle Ende des
Ruhrkampfes beweiſt aufs neue eindringlich, daß die Sozial=
demokraten
und die Gewerkſchaften innerhalb des parlamentari=
ſchen
Syſtems jeden Freiheitskampf Deutſchlands unmöglich ge=
macht
haben. Darum begrüßen es die Vereinigten vaterländi=
ſchen
Vereine Bayerns, daß die parlamentariſch Regierenden im
Reich und in Bayern in Erkenntnis ihrer eigenen Unzulänglich=
keit
ihre Gewalt einem Diktator übertragen haben, und damit dem
Parlamentarismus den Todesſtoß verſetzt haben. Auch Herrn
Streſemann können die Vereinigten vaterländiſchen Verbände in
Bayern nach dem voſtändigen Scheitern ſeiner Außen= und In=
nenpolitik
kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Dagegen for=
dern
die Verbände alle vaterländiſch Geſinnten auf, ſich geſchloſ=
ſen
hinter Herrn Dr. v. Kahr zu ſtellen, und dadurch die Wieder=
herſtellung
der Staatsautorität auf völkiſcher Grundlage zu
ſichern. Von den Regierungen im Reich und in Bayern wird in
erſter Linie die Losſagung von dem erpreßten Schmachvertrag
von Verſailles und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht
gefordert, Schutz der Arbeit vor Terror und rückſichtsloſes Vor=
gehen
gegen das internationale Verbrechertum, ſowie die Prü=
fung
der Ernährungs= und Währungsfrage.

* Ein 2. Reiſebrief.
Aus 1650 Meter, von der Warte des keinen
Alpenkurhauſes, Ende Auguſt 1923.
Ich bin der Hitze entflohen und unter Nebel und Regen in
die Höhe geflüchtet, wo ein behogliches Ofenfeuer den durchnäß=
ten
Menſchen wieder ins Gleichgewicht gebracht hat. Die höchſt=
gelegene
Sommerfriſche des Landes, 1908 erbaut und nach dem
Kriege in kapitalkräftige Hände übergegangen, liegt in kleinem
Hochtal im öſtlichen Abſchluß des Landes, in einer windgeſchütz=
ten
, ſtaubfreien Talmulde, von ſchönen Madten eingebettet, am
Fuße des Sareiſer Joches. Bedeutſam iſt und das iſt im all=
gemeinen
ein großer Vorzug des Landes , daß die Höhe ſozu=
ſagen
ſpielend auf guter Fahrſtraße erreicht wird. Der Fremden=
verkehr
iſt nicht gerade ſtark, der Paſſantenverkehr zufrieden=
ſtellend
, Landesbewohner bilden den Stami der Beſucher. Die
Verpflegung iſt gut und reichlich, wenn man in Rückſicht zieht,
daß die Lebensmittel vier Stunden weit heraufgebracht werden
müiſſen. Die Ausſicht gegen Weſten iſt und bleibt entzückend, bie=
tet
ſie doch talwärts den Rückblick auf das gewaltige Säntis=
maſſiv
. Gerade maleriſch iſt der nahe Talſchluß mit den kleinen,
hübſch grurrierten, meiſt im Sommer bewohnten Hütten und
Hüttchen, in denen anſpruchsloſe Menſchen die kurze Sommer=
zeit
der Gebirgsregion gerne verbringen, ein Bild, das ſich mit
dem Hintergrund eines aufgezogenen Theatervorhangs ver=
gleichen
läßt. Eine Stätte des alpinen Friedens, wie ſie in ihrer
Eigenart nicht leicht zu finden iſt. Gegen Norden erhebt ſich die
Steinr tine des Ochſenkopfs gegen Nordweſten ragen
Stachl erkopf und Schöneberg auf, die Oſtgrenze be=
wachen
die grünen Matten der Sareiſeralpe, gegen Süd=
weſten
und Süden dräuen Hahnenſpiel und Nosſpiz.
Hier in dem verhältnismäßig kleinen Umkreis hat ſich nun auch
manches geändert: Die Jagdbezirke ſind anders abgegrenzt und
zum Nutzen des Landes und zur Aufbeſſerung der Finanzen neu
verpachtet worden. Neue Jagdpächter beſonders Schweizer
ſind aufgezogen und werden die frühere, fürſtliche Jagdhütte
Saß beziehen. Im September werden ſie einrücken und Gem=
ſen
, Hirſchen, weniger den Murmeltieren zuleibe gehen, und
wenn ihnen das Jagdglück hold iſt, werden ſie im kommenden
Frühjahr der Spielhahnjagd obliegen. Der Sommerfriſchler
ſeinerſeits begnügt ſich mit den müheloſen Spaziergängen durch
die prächtigen, ebenen Matten, ſteigt leicht auf warkiertem Wege

zum Sareiſer Joch, erklimmt den Schönen Berg, um die Ausſicht
auf das Schwäbiſche Meer zu genießen, oder wagt ſich an den
Naafkopf, die höchſte Erhebung des Landes. Jochbummler,
Spaziergänger und Bergſteiger, ſie alle kommen hier auf ihre
Rechnung. Ein Ereignis wollen wir hier nicht verſchweigen,
wenn es auch in den alpinen Rahmen weniger paßt: Jüngſt iſt
ein Auto bis zu dieſer Höhe von 1650 Meter vorgedrungen trotz
behördlichen Automobilverbots. Mit Genugtuung darf aber feſt=
geſtellt
werden, daß deutſches Erzeugnis (Marke Wanderer,
Werke in Schönau=Chemnitz) dieſe reſpektable Leiſtung voll=
bracht
hat. Auch in Liechtenſtein fehlt der Deutſche aus der
Vorkriegszeit im Fremdenverkehr, das betont man allenthalben.
Die Naturſchönheiten des Landes verdienen Beſichtigung, die nur
Bewunderung auslöſen wird. Haben ſie doch einen Touriſten zu
den nachſtehenden Verſen begeiſtert:
Gaflei, Mahnſcha und Silum
Sind alles gut bekannte Namen
Für alle, die von weither kamen.
Doch von all' den Alpenheimen,
Die der Dichter faßt in Reimen,
Hat allein Malbun den Ruhm!

* Das Begräbnis einer Hohenzollernprinzeſſin. An einem in
Blau und Gold getauchten Herbſttage vollzog ſich zu Glienicke
in aller Stille die Beſtattung der Prinzeſſin Margarete
im Familienkreiſe Agra gerufen geſchiedene Prinzeſſin von
Reuß, die gleichzeitig mit der Prinzeſſin Viktoria Luiſe unter
glückverheißenden Zeichen ihre Hochzeit feierte. Das Leben hat
ihr nicht gehalten, was es ihr einſt zu verſprechen ſchien. Nur
33 Jahre waren ihr beſchieden. Nach kurzer Krankheit, in welcher
ſie ihr Bruder Sigismund Friedrich und der Prinz Auguſt Wil=
helm
mit Hilfe einer Krankenſchwveſter gepflegt hatten, verließ die
Enkelin des Roten Prinzen deſſen kriegeriſcher Ruhm mit den
Jahren 1866 und 1870 unlösbar verknüpft iſt, ein Daſein, das
ihr nur wenige Roſen geboten hatte. Nicht in der Familiengruft
zu Nikolskoe, ſondern unter Gottes freiem Himmel wünſchte ſie
in Glienicke, wo ihre Jugenderinnerungen lagen, begraben zu
ſein. Die Ehrenwache bei der toten Prinzeſſin hielten in Gene=
ralsuniform
die Prinzen Eitel Friedrich und Auguſt Wilhelm.
Auch die beiden älteſten Söhne des Kronprinzen waren zugegen.
Die aus der Ferne herbeigerufene Mutter, Prinzeſſin Leopold,
hatte die erkrankte Tochter lebend nicht mehr angetroffen. Es
fehlte bei der ernſten Feier nicht an wunderbaren Prunkkränzen,

aber rührend wirkten die ſchlichten Sträuße einfacher Wieſen=
blumen
, die Frauen aus dem Volke der Verſtorbenen in die
Gruft nachwarfen. Durch das Rote Kreuz Bienenkorb und
ähnliche humanitären Einrichtungen war die junge Prinzeſſin
gerade mit dieſen Kreiſen in Fühlung gekommen. Dr. Menſch.
* Weibliche Vornamen. Im Anſchluß an die hübſche Plau=
derei
Der Volkshumor im Vornamen möchte ich etwas zu=
gunſten
des ſchönen Namens Gertrud ſagen. Weſſen Herzens=
königin
zufällig dieſen Namen trägt, wird gegen die Ausdeu=
tung
im beſagten Artikel Einſpruch erheben, und das mit Recht.
Gertrud iſt wie Ortrud ein alter Walkürenname und heißt ſoviel
wie Speerkämpferin. Gerade ſolche Namen rechtfertigen des
Tacitus Angabe von dem sanctum et providum der germa=
niſchen
Frauen. Die Walküren beſaßen auch Runenkunde und
Prophetengabe. Die katholiſche Kirche hat mit großem Geſchick
verſchiedene Eigenſchaften der heidniſchen Gertruden auf die hei=
lige
Gertrud und Gertraud, die Tochter eines fränkiſchen Pipin,
übertragen. Im 7. Jahrhundert war dieſe Aebtiſſin des Kloſters
Rivelle. Viele Züge der Göttin Freia kehren in ihr wieder,
Die Gertruden ſind nichts weniger als ungeſchickt und ſchwer=
fällig
. Im Gegenteil! Das Standbild der heiligen Gertrud auf
der Gertraudenbrücke in Berlin zeigt ſie in der Tracht der
Kloſterfrau, am Gürtel den Schlüſſelbund, in der Linken die
Spindel, aus ihrem Zinnkrug einem wandernden Geſellen den
Labetrunk reichend. Als Schutzherrin der Krankenhäuſer, Spitä=
ler
und der Reiſenden lebte ſie lange im Gedächtnis der Chriſten=
heit
. Am 15., oder war es der 23. März trank man ihr zu Ehren
die Gertrudenminne. Es bleibt bedauerlich, daß in der
Unraſt unſerer Tage die Millionen Paſſanten, die an Profeſſor
Siemerings ſchönem Bronzeſtandbild gedankenlos vorübereilen,
keinen Sinn mehr aufbringen für die realiſtiſche Symbolik der
Gertrud=Figur. Die am Fries herumjagenden Mäuſe beziehen
ſich darauf, daß die Heilige durch ihre Gebete die ſchädlichen
Feldmäuſe dem Landmann fernzuhalten vermochte. Dr. Menſch.
L. Im Zeichen der Valutamiſere. Einer zürcheriſchen Bank
wurde dieſer Tage aus Deutſchland ein auf einen höheren Be=
trag
lautender Wechſel übergeben. Das Papier wies die übliche
Größe auf, war aber viel zu klein, um mit den deutſchen Stem=
pelmarken
in der Höhe von verſchiedenen Millionen Mark be=
klebt
werden zu können. Es blieb deshalb alſo nichts anderes
übrig, als den Wechſel durch Allongen zu verlängern, auf
denen dann die Stempelmarken angebracht wurden. Dadurch er=
hielt
das Wertpapier eine Länge von nicht weniger als 9,20 Mtr.

[ ][  ][ ]

Geite 4,

Nummer 268.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 28. September 1923.

Wiederzuſammentritt des Reichstags.

* Berlin, 27. Sept. (Priv.=Tel.) Der Reichstag ſhat
heute ſeine Sitzungen wieder aufgenommen. Obwohl die Tages=
ordnung
eigentlich gar keine Attraktion enthielt, ſo war doch in=
folge
der geſpannten Lage das Haus ebenſo wie die Tribünen
ſehr ſtark beſetzt. Reichstagspräſident Loebe eröffnete die Sitz=
ung
mit einem Begrüßungswort, in dem er dem Empfſinden
Ausdruck gab, daß eine ſtarke Reichsgewalt alle Verſuche einer
Zerſtückelung Deutſchlands verhindern müſſe. Ehe man zu den
ſachlichen Beratungen übergehen konnte brachte eine lange Ge=
ſchäftsordnungsdebatte
Beweis für die Gewaltſtimmung. Die
Deutſchvölkiſchen fordern, der Reichskanzler müſſe ſofort Rechen=
ſchaft
ablegen. Sie wurden hierbei von den Kommuniſten und
den Deutſchnationalen unterſtützt. Insbeſondere wurde hinge=
wieſen
auf die Lage des Rheinlandes, wo offenbar am kommen=
den
Sonntag die Ausrufung der rheiniſchen Republik erfolgen
dürfte. Die Franzoſen hätten dieſe Ausrufung lange vorbereitet,
zu ihrem Unheil ſei aber der Plan rechtzeitig verraten worden.
Da eine Revolution in den Rheinlanden unmöglich iſt und da
die Franzoſen kaum in der Lage ſein werden, die Düſſeldorfer
Verſammlung zu einem großen Ereignis zu geſtalten, ſo glaubt
man in der Regierung nicht, daß der kommende Sonntag eine
Gefährdung des Rheinlandes bringen wird. Es war darum
überflüſſig, wenn von der Oppoſition angedeutet wurde, daß eine
Beſprechung der auswärtigen Lage am Dienstag keinen Zweck
mehr habe, wenn die Rheinlande bereits am Sonntag verloren
ſeien.
Die eigentlichen ſachlichen Beratungen gingen ſehr raſch vor
ſich. Unter den kleineren Fragen waren nur die Beratungen
über die vierteljährliche Vorauszahlung der Beamtengehälter
von Intereſſe. Es wurde beſchloſſen, daß die Grundgehälter,
die örtlichen Zuſchläge und die Frauen= und Kinderzulagen auch
weiterhin vierteljährlich gezahlt werden, während die Teuerungs=
zuſchläge
davon eine Ausnahme machen ſollen. Am Freitag
wird der Reichstag ſich mit den Anträgen auf Aufgabe der Aus=
nahmeverordnungen
beſchäftigen.
Sitzungsbericht.
* Berlin, 27. Sept. (Eigener Bericht.)
Am Regierungstiſch: Innenminiſter Dr. Sollmann.
Präſident Loebe eröffnet die Sitzung um 5 Uhr 20 Min.
und erklärt: Zu ſchweren Entſcheidungen und wich=
tigen
Entſchlüſſen tritt der Reichstag in dieſem Tagungs=
abſchnitt
zuſammen. Geſetze von großer wirtſchaft=
licher
und finanzpolitiſcher Tragweite werden
uns in dieſen Tagen zugehen. Politiſche Auseinanderſetzungen
müſſen ihrer Löſung zugeführt werden. Ich gebe der Hoffnung
Ausdruck, daß es einer ſtarken Reichsgewalt, geſtützt auf das
Parlanent, gelingen wird, alle Angriffe gegen die
Reichseinheit zurückzuweiſen, von welcher Seite ſie
auch kommen mögen. (Lebh. Beifall.) Auf der Tagesordnung
ſteht eine Reihe von kleineren Vorlagen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung verlangt Abg. v.
Graefe (deutſchvölkiſch) Vertagung der heutigen Sitzung.
Der Reichskanzler ſolle aufgefordert werden, ſofort dem
Reichstagüber die politiſche Lage Bericht zu er=
ſtatten
. Seit dem November 1918 und den Tagen von Ver=
ſailles
ſei die politiſche Lage noch niemals ſo kritiſch geweſen wie
jetzt. Die Reichsregierung habe aus eigener Machtvollkommen=
heit
unter Ausſchaltung des Reichstages die ſchwerwiegendſte
Entſcheidung getroffen. Jetzt mute man dem Reichstag zu, ſich
iber allerlei Kleinigkeiten zu unterhalten, nicht aber über die
Hauptfrage, die das deutſche Volk intereſſiere. Der Reichskanz=
ler
müſſe endlich auch vor dem Reichstag ſprechen, wie er vor
der Preſſe und den Ausländern geſprochen habe. Der Redner
führte weiter Beſchwerde über die Verhängung des
Ausnahmezuſtandes und über eine Hausſuchung in den
Arbeitsräumen der Deutſchvölkiſchen.
Abg. Bartz (Kom.) fordert ebenfalls einen Rechen=
ſchaftsbericht
des Reichskanzlers. Man dürfe den
Reichstag nicht wieder vor vollendete Tatſachen ſtellen. Die
Ausnahmeverordnung müſſe ſofort aufgehoben
werden. Bayern pfeife auf dieſe Beſtimmungen. Die Mili=
tärdiktatur
dürfe man nicht in die Hände des Wehrminiſters
Geßler legen.
Abg. Schulz=Brombera (deutſchntl.) ſchließt ſich dem An=
trag
v. Graefe auf Herbeiführung einer Ausſprache über
die politiſche Lage an.
Abg. Müller=Franken (Soz.) hält eine politiſche
Ausſprache ebenfalls für baldigſt erforderlich. Die Mehrheit
des Reichstages müſſe beweiſen, daß ſie hinter der Reichsregie=
rung
ſtehe.
Abg. Thomas (Kom.) behauptet, die Ausnahmever=
ordnung
ſei nichts weiter als die negaliſierte Revo=
lution
des Freiſtaates Bayern gegen Deutſch=
land
. Gegen die Kräfte in Bayern ſei Eile geboten. (Zuruf
rechts: Sachſen!)

Abg. Ledebour (parteilos) hält es ebenfalls für notwen=
dig
, daß die Reichsregierung Rechenſchaft ablegen
müſſe.
Abg. Koch=Weſer (Dem.) hebt hervor, daß die Situ=
ation
ſo ernſt ſei, daß die Reichsregierung die
Hände frei haben müſſe zum Handeln, und daß
ſie nicht durch Reden aufgehalten werden dürfe.
(Beifall bei der Mehrheit.)
Abg. Stoecker (Kom.) behauptet, daß die Bergarbei=
terſchaft
, die der große Träger des paſſiven Widerſtandes
geweſen ſei, bei der Aufhebung nicht gefragt worden ſei. (Abg.
Höllein [Kom.): Aber Stinnes!) Zehntauſende von Arbeitern
ſeien in den Proteſtſtreik eingetreten als Proteſt gegen
die Kapitulation. (Hört, hört! bei den Deutſchnationalen
und Kommuniſten.) Es ſei ſehr fräglich, ob der Reichstag am
Dienstag noch ein Beſchlußrecht über das Rheinland haben werde.
Abg. v. Graefe (deutſchvölkiſch) richtet nochmals einen

Leiche. Aber ſolange er beſtehe, hätten die Parteien auch die
Pflicht, ſich daran zu halten.
Abg. Marx (Zentrum) erhebt namens ſeiner Partei, die
am ſtärkſten im Ruhrgebiet vertreten ſei, ſchärfſten Widerſpruch
gegen die Angriffe des Herrn v. Graefe. Seine Ermahnungen
ſeien überflüſſig. Im ganzen beſetzten Gebiet gäbe es keine
Deutſchvölkiſchen. Die Bewohner der beſetzten Gebiete haben
Furchtbares unter den Streichen der fremden Bedrücker zu lei=
den
. Dieſe ſchweren Schäden ſind auf die Politik der Rechten zu=
rüdkzuführen
. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Die Herren
von der Rechten ſollten ſich um ihr pommerſches Gebiet kümmern
und die Rheinlande in Ruhe laſſen. (Beifall im Zentrum.) Die
Abgeordneten des beſetzten Gebietes wiſſen ſelbſt ihre Pflichten
zu erfüllen und laſſen ſie ſich nicht vorſchreiben. (Beifall im
Zenrrum.)
Abg. Neuhaus=Düſſeldorf (Deutſchnatl.) erwidert, daß
ſeine Freunde gerade mit Rückſicht auf das Rheinland eine ſofor=
tige
Ausſprache verlangt hätten. Es ſei vielleicht der letzte Augen=
blick
, über die Rheinlande zu reden. Die Ausführungen des
Abg. Marx dienten nicht der Einheit des Reiches. Das ſei eine
anti reußiſche Rede geweſen.
Abg. Dr. Breitſcheid (Soz.) ſtellt feſt, daß ſeine Partei
die ſeparatiſtiſchen Beſtrebungen von jeher aufs ſchärfſte be=
kämpft
habe.
Abg. Marx erwidert dem deutſchnationalen Redner, er habe
nicht über preußiſche Politik geſprochen, ſondern ſich nur direkt
gegen Herrn v. Graefe gewandt. Die Haltung der Rechten, ins=
beſondere
im preußiſchen Landtag ſei durchaus nicht einheitlich in
Bezug auf das Rheinland geweſen. Zweifellos ſtehe feſt, daß die
Rheinprovinz Preußen ſehr viel verdanke, aber auch Preußen
verdanke viel dem Rheinland. Das Rheinland ſei aller=
dings
nicht in der vom Zentrum gewünſchten
Weiſe belehrt worden. Gerade im Intereſſe des
Rheinlundes lehne ſeine Partei die Ausſprache
heute ab.
Abg. Bartz (Kommuniſt) hält den Sozialdemokraten vor,
ſie würden vielleicht in einigen Tagen gezwungen ſein, die Fran=
zoſen
gegen ihre eigenen Freunde zu Hilfe zu rufen, die den
paſſiven Widerſtand nicht aufgeben wollen. Damit ſchließt die
Geſchäftsordnungsausſprache.
Ter deutſchvölkiſche Antrag, den Reichskanzler ſo=
fort
zu einer Beſprechung über die politiſche Lage zu veranlaſſen,
wird gegen die Rechte abgelehnt. Desgleichen der Antrag
auf Aufhebung der Ausnahmeverordnung gegen die der Kom=
muniſten
.
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein bei der er=
ſten
Beratung des Geſetzes über die vorübergehende Auf=
hebung
der vierteljährlichen Gehaltsvoraus=
bezahlung
an die Beamten.
Abg. Deglerk (deutſchnational): Durch dieſen Eingriff in
die wohl erworbenen Rechte der Beamten wird das Ver=
trauen
der Beamtenſchaft in den Staat er=
ſchüttert
.
Abs. Eichhorn (Komm.) wendet ſich gegen die Kapita=
iſten
, die ſelbſt aus der Ruhrbeſetzung Kapital geſchlagen.
Abg. Erſing (Zentr.) empfiehlt die Ausſchußvorſchläge, die
darauf in den drei Leſungen angenommen werden, mit der Maß=
gabe
, daß die Grundgehälter, Ortszuſchläge, Frauen= und Kin=
derzuſchläge
auch weiterhin vierteljährlich gezahlt werden. Das
Geſetz ſoll mit dem 31. 6. 1924 außer Kraft treten. Angenommen
wurde eine weitere Entſchließung, wonach ab 1. Oktober die
Teuerungszuſchläge wieder in halbmonatlichen Friſten
gezahlt werden. ſollen. In der Schlußabſtimmung wurde die
Vorlage mit der notwendigen zwei Drittel=Mehrheit gegen
Deutſchnationale und Kommuniſten angenommen.
Das Haus vertagt ſich auf Freitag, 4 Uhr: Aenderung
des Bankgeſetzes, Antrag auf Aufhebung der Ausnahmeverord=
nung
des Reichspräſidenten und der bayeriſchen Ausnahmever=
ordnung
. Schluß: 7Uhr.

Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Donnerstag, den 27. September:
Der Roſenkavalier.
Komödie für Muſik von Richard Strauß.
Der Vergleich mit Figaros Hochzeit iſt naheliegend und
oft gezogen worden. Mag dem Spürſinn der Schöpfer auch etwas
Aehnliches vorgeſchwebt haben: ich finde, er iſt ſchief und ab=
wegig
. Die etwa gleiche Wahl der Zeit für den Stoff iſt eine
äußerliche Sache. Für Mozart wars außerdem Gegenwart, Hoff=
mannsthal
verkleidet ſich hiſtoriſch. Das Milieu des Roſen=
kavaliers
ſteht eine geſellſchaftliche Stufe höher als das des
Figaro, gibt nicht das allgemeine Zeitbild wie Mozart, hat
vielmehr ſtark betonte Wiener Färbung. Formen und Etikette
herrſchen vor. Die Handlung iſt gezierter, nervöſer. Nur die
menſchlichen Beziehungen ſind vergleichsfähig. Die Charaktere
ſind aber grundverſchieden. Am eheſten ähnelt Oktavian mit
Cherubin. Die Hoſenrolle bringt es; manche Züge decken ſich
auch. Mit der Marſchallin kann die Gräfin indes nie verglichen
werden; hier ſteht Bewußtheit und Unbewußtheit gegenüber. Die
Rolle der Sofie fällt ſchon ganz aus dem Rahmen. Der Graf
hat nichts gemein mit Ochs, der, wie das ganze Werk, eine durch=
aus
urſprüngliche Schöpfung darſtellt.
Dieſe Partie des Ochs dort iſt’s Suſanne trägt das
ganze Stück; mit ihrer Darſtellung ſteht und fällt es. Sie iſt
aber vieler Auslegungen fähig. Der derbe Bauernbaron und der
eingebildete Kavalier ſind die Grenzen. Auch die Marſchallin
kann, je nachdem Altersweisheit oder Koketterie mehr betont
wird, verſchieden aufgefaßt werden. So darf man denn, wenn
auch äußere Gründe zumeiſt maßgebend waren, ſehr einverſtan=
den
ſein, daß für das Werk doppelte Beſetzung vorgeſehen wurde,
die, nahezu gleichwertig, feſſelnde Vergleiche bringt und zur
Vertiefung des Verſtändniſſes anregt.
Ich hatte gehofft, daß die Vorſtellung in zweiter Beſetzung,
den Abſichten des Werkes entſprechend, mehr Wiener Geiſt
atmete, als die erſte. Es erfüllte ſich nicht. Die Anmut, das un=
beſchreibliche
galante Wienertum kam auch heute nicht ſtärker
heraus. Am deutlichſten hätte ſich dies in den Darſtellungen der
Marſchallin und des Ochs zeigen müſſen. Für die erſtere bringt

Alice Orff alle ihre hervorragenden Eigenſchaften in Geſtalt,
Auftreten und Spiel mit. Wie die Künſtlerin, die ſeither nur
heroiſche Rollen ſpielte, den galanten Stil der großen Dame be=
herrſchte
, war bewundernswert genug. Kultur, überlegene Welt=
kenntnis
und ſchließlicher Verzicht kamen in feiner Auffaſſung zu
überzeugendem Ausdruck. Der Verzicht meinem Gefühl nach zu
ſtark. Potz Blitz, die Marſchallin iſt doch nicht nur die alternde
Frau! Prickelnde Reize, jugendliche Anziehungskraft muß ſie
doch wohl genug beſitzen, um ihren Quinquin feſſeln zu können?
Herr Hölzlin ſang zum erſten Male den Ochs. Es iſt
wohl die ſchwierigſte Partie, die jemals für die Bühne geſchrie=
ben
wurde. Es wird ſchwer ſein, Vertveter zu finden, die ſie
ganz zu erſchöpfen vermögen. Unſere Oper kann ſtolz ſein, nun=
mehr
zwei Darſteller zu beſitzen, die in hohem Maße die Anfor=
derungen
der Rolle erfüllen, wobei jeder in ſeiner Weiſe eine in
ſich gerundete Leiſtung bieten kann. Schon allein die Gedächtnis=
leiſtung
iſt ungeheuer, die Geſangspartie über alle Maßen ver=
zwickt
. Perſönliches in Spiel und Mimik, Leichtigkeit und
Schwerfälligkeit in Tongabe und Tonfarbe, fein durchdachte Auf=
faſſung
und folgerichtige Durchführung zeichneten die Darbietung
des intelligenten Sängers aus, die ſich, öfter geſungen und aus=
gefeilt
, noch vervollkommnen wird.
Der Oktavian von Paula Weißweiler machte noch einen
unfertigen Eindruck. Im erſten Akt gewandt und nett, beherrſchte
die junge Künſtlerin die Situation des zweiten Aktes jedoch noch
wenig und ſchien im dritten matt. Ihre ſchöne, beſonders in der
Höhe ausgiebige Stimme kam nicht zur Geltung. Es war ihr
nicht gegeben, zu intereſſieren. Das Perſönliche fehlt ihrer im
übrigen ſehr ſicheren Leiſtung.
Auch die Annina war neu beſetzt. Es war vorauszuſehen,
daß Paula Kapper gerade dieſe Rolle ſehr gemäß ſein würde.
Mit Eugen Vogt, der den Valzacchi äußerſt wirkungsvoll gibt,
wurde ein echtes Intrigantenpaar daraus. Die übrigen Rollen,
in der erſten Beſetzung geſpielt, wollen ſich heute mit einem auf=
richtigen
Geſamtlob begnügen.
Das Orcheſter klang wieder berauſchend ſchön; nur ſchie=
nen
mir für viele Stellen die Zeitmaße zu ſchleppend.
Alles Starke weckt anfangs Widerſpruch. Wer dieſe geniale
Oper mit offenen Sinnen aufnimmt, wird gepackt von dem gei=
ſtigen
und muſikaliſchen Leben eines nur allzuſehr ausgedehnten
Werkes, deſſen Anerkennung ſich durchſetzt und das bei uns das
Zugſtück der Spielzeit werden wird.
V. H.

Eine Erklärung der vaterländiſchen Bezirks=
vereine
Münchens.
m. München, 27. Sept. Die vaterländiſchen Bezirksver=
eine
Münchens haben an den Miniſterpräſidenten Dr. v. Knilling
ein Schreiben gerichtet, in dem ausgeführt wird, daß die Terror=
akte
als Nachklang zur Kundgebung am Deutſchen Tag in Nürn=
berg
und die jüngſten Ueberfälle in München bei den Vereinen
und ihren Freunden äußerſte Entrüſtung hervorgerufen haben.
Der Wille, jede Regierung in Bayern mit allen Kräften zu
unterſtützen, welche die nationalen Belange des Volkes verſicht
und den zurzeit beſtehenden Auswüchſen rückſichtslos entgegen=
tritt
, wird in dem Schreiben nochmals kundgetan. Aus kamerad=
ſchaftlichem
Zuſammengehörigkeitsgefühl ſchließen ſich die vater=
ländiſchen
Bezirksvereine dem Verlangen des Vaterländiſchen
Kampfbundes an und erwarten ſchärfſtes Vorgehen gegen der=
artige
Terrorakte. Weiter wird dem Miniſterpräſidenten mitge=
teilt
, daß das einmal wankend gewordene Vertrauen zum der=
zeitigen
Innenminiſter nicht wieder hergeſtellt werden konnte
und daß es als eine nationale Forderung der Stunde bezeichnet
werden müſſe, dieſen Poſten mit einem Manne zu beſetzen, der
durch ſeine Perſönlichkeit und ſeine Einſtellung das Vertrauen
der Verbände genießt. Weiter wird mitgeteilt, daß in den Krei=
ſen
der vaterländiſchen Vereine tiefſte Verſtimmung gegenüber
der Perſon des jetzigen Landwirtſchaftsminiſters beſteht. Es
wird der Erwartung Ausdruck gegeben, daß das für die Ernäh=
rung
verantwortliche Miniſterium in viel energiſcherer Weiſe als
bisher der notleidenden ſtädtiſchen Bevölkerung Erleichterung
verſchafft.
Abſchluß ungariſch=tſchechoflowakiſcher Verhandlungen.
* Paris, 28. Sept. (Priv.=Tel.) Die in Genf geführten
Verhandlungen zwiſchen der Tſchechoſlowakei und Ungarn ſind
jetzt abgeſchloſſen worden. Beide Staaten haben ein Abkommen
bezüglich der Behandlung von Grenzzwiſchenfällen abgeſchloſſen
und die Anbahnung eines beſſeren Verhältniſſes vereinbart. Be=
züglich
einer Auslandsanleihe für Ungarn wurde die grundſätz=
liche
Bereitſchaft erblärt, dazu beizutragen, daß Ungarn inſtand
geſetzt werde, vermittels einer langfriſtigen Auslandsanleihe
ſeine finanzielle Lage zu verbeſſern.
Maßnahmen gegen den Faſzismus in Rumänien.
* Bukareſt, 28. Sept. (Priv.=Tel.) Gegen den rumäni=
ſchen
Faſzismus wurden ſtrenge Maßnahmen beſchloſſen. Im
Zuſammenhang mit der Aufdeckung einer faſziſtiſchen Verſchwö=
rung
ſind zahlreiche Veränderungen in der Generalität beſchloſ=
ſen
worden. Der bisherige Kriegsminiſter General Mardarescu
wird Chef des Generalſtabs. An ſeiner Stelle ſoll der liberale
Parteiführer Kontantinewscu Kriegsminiſter werden.
Donaukonferenz in Belgrad.
m. Vudapeſt, 27. Sept. Mitte Oktober wird in Belgrad
eine neue Donaukonferenz abgehalten werden, an der außer Ru=
mänien
, Bulgarien, der Tſchechoſlowakei, Oeſterreich und Deutſch=
land
auch Ungarn teilnehmen wird. Hauptgegenſtand der Be=
ratung
tverde die Donauregulierung, die Regelung der Eiſernen
Tor=Frage, der Verkehr zwiſchen Budapeſt und Südſlawien und
die Eröffnung der Schiffahrt auf der unteren Theis, Drau und
Save, ſowie auf dem Franz Joſeph=Kanal bilden. Dieſer Kanal
iſt ſeit 18 Jahren außer Verkehr, weil die erforderlichen Maſchi=
nenhäufer
ſich auf ungariſchem Gebiet befinden. Die Wiederher=
ſtellungskoſten
des Kanals, der ganz vernachläſſigt iſt, werden
von Serbien und Ungarn gemeinſam getragen werden.
Aufklärung der Mordtat in Janina.
Dellini ein Opfer albaniſcher Vendetta.
TU Paris, 27. Sept. Aus Athen wird gemeldet: Der
epirotiſche Bandenführer Memos hat ſoeben der inderalliierten
Unterſuchungskommiſſion in Janina mitteilen laſſen, daß er die
Mörder des italieniſchen Generals Tellini und ſeines Stabes
kenne. Tellini ſei das Opfer perſönlicher Rache für Maßnahmen
geworden, die er während ſeiner früheven Tätigkeit in Valong
vorgenommen habe. Die Mörder ſeien vier Albanier. Die inter=
alliierte
Kommiſſion hat ſich ſofort in Automobilen nach Ar=
gyrocaſtro
begeben, um den Banditen Memos zu vernehmen.
Wenn ſeine Ausſage ſich als wahr erweiſen ſollte, wäre die völ=
lige
Schuldloſigkeit der griechiſchen Regierung an dem bei Ja=
nina
verübten Mord einhellig erwieſen. Memos diente früher
in der albaniſchen Gendarwerie und iſt nach der griechiſchen Am=
neſtie
für alle während des Krieges auf griechiſchem Boden be=
gangenen
Verbrechen nach Griechenland zurückgekehrt.
Rückkehr der italieniſchen Truppen aus Korfu.
TU. Rom, 27. Sept. In Neapel trafen zwei Dampfer mit
Truppen aus Korfu ein. Drei andere mit dem Reſt der Truppen
und Kriegsmaterial werden heute erwartet.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Die Veranſtaltungen zum 375jährigen Ju=
biläum
der Staatskapelle in Dresden fanden ihren
Fortgang in einem Konzert in der Oper am 22. d. Mts. und in
einer Feſtaufführung der Meiſterſinger Richard Wagners, die
an Stelle von Webers Eurhanthe treten mußten wegen Er=
krankung
von Fräulein Stünzner. Das Konzert zeigte die Lei=
ſtungsfähigkeit
der Kapelle unter Fritz Buſchs Leitung auf voller
Höhe. Aufgeführt wurden Wagners Fauſt=Ouvertüre, Strauß
Don Quixote und Schumanns Sinfonie Nr. 4 in D=Moll. In
dem Straußſchen Werle bewährten ſich als ganz hervorragende
Soliſten die Konzertmeiſter Spitzner (Bratſche) und Prof. Wille
(Violoncell). Die Meiſterſinger wurden ebenfalls unter Buſch
in bekannter Meiſterſchaft geboten. Das Publikum geizte an
beiden Abenden nicht mit dem Beifall, ſo auch ſeinerſeits dem
Danke Ausdruck gebend für alles, was die Kapelle bisher gegeben
hat, und wohl auch der Freude, um ſolche für das Muſikleben
Dresdens und ganz Sachſens bedeutſame Künſtlerſchar in unſe=
rer
Stadt zu haben. Am 22. folgte dem Konzert eine kleine
Feier in Geſtalt eines Bierabends, auf dem Vertreter der Regie=
rung
, der Stadt, des Landtages uſw. die Bedeutung der Kapelle
für Dresden und ganz Sachſen prieſen und dem feſten Vertrauen
in ſie und ihren Leiter, Generalmuſikdivektor F. Buſch, Ausdruck
gaben, daß die Kapelle die alten Traditionen hochhalten werde.
Bedeutſam war, daß auch ein Mitglied der Kapelle, Kammer=
muſikus
Bauer, ſeine Freude äußerte, unter einem Buſch zu
ſtehen, der die Traditionen Ernſt Schuchs weiterhin pflegen
werde.
Ein großes Richard Strauß=Feſt in Wien.
Die Direktion der Wiener Staatsoper und die Geſellſchaft der
Muſikfreunde veranſtalten, im nächſten Jahre zur Feier des
ſechzigſten Geburtstages von Richard Strauß ein großes
Muſikfeſt von internationalem Charakter, an dem auch die
Wiener Philharmoniker mitwirken werden. Die Direktion der
Wiener Staatsoper, die die Hauptveranſtalterin iſt, bereitet
gegenwärtig Einladungen an alle führenden Perſönlichkeiten
auf dem Gebiete von Kunſt und Literatur der ganzen Welt vor.
Die Feier wird in einer zykliſchen Aufführung aller dramatiſchen
und ſymphoniſchen Werke des Meiſters, ſowie einer Ausleſe aus
ſeinem lyriſchen Schaffen beſtehen. Als Zeitpunkt der Auf=
führung
iſt die erſte Hälfte Mai in Ausſicht genommen.

[ ][  ][ ]

Nummer 268.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, dett 28. September 1923.

Seite 5.

Stadt und Land.

Darmſtadt, 28. September.
Ernannt wurde am 20. September 1923 die Anna Schuſter aus
Geppenheim a. d. B. zum Kanzliſten bei der Landes=Heil= und Pflege=
anſtalt
Heppenheim a. d. B. mit Wirkung vom 1. Juli d. J. an.
In den Ruheſtand verſetzt wurde am 22. September der Kultur=
inſpektor
beim Kulturbquamt zu FriedbergPaul Mattke mit Wirkung
vom 1. Oktober 1923 ab auf ſein Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner
dem Staat geleiſteten Dienſte.
Gewerbemuſeum. Mit Beginn des Winterhalbjahres am 1. Okt.
iſt der Leſeſaal der Bibliothek täglich von 8.3012.30 Uhr vormittags
und Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag nachmittags von 37
Uhr geöffnet. Mittwochs nachmittags nur bis 6 Uhr, und Samstags
nachmittags iſt geſchloſſen.
Neuregelung der Ausfuhrkontrolle; Debifenablieferung aus Aus=
fuhrerlöſen
. Der Kommiſſar für Deviſenerfaſſung hat nachſtehende Aus=
führungsbeſtimmungen
erlaſſen: Das Maß der abzuliefernden ausländi=
ſchen
Zahlungsmittel wird für diefenigen Warengruppen, für die von
den Organen der Außenhandelskontrolle bisher ein höherer Prozentſatz
als 30 Prozent feſtgeſetzt war, bis auf weiteres auf dieſen höheren Pro=
zentſatz
erhöht. Die Verpflichtung zur Ablieferung entfällt a) für den=
jenigen
Teil der Ausfuhrgegenwerte, der auf Grund des engliſchen Ge=
ſetzes
über die Reparationsabgabe (Recovery Ack) einbehalten wird;
b) inſoweit der Ausführende die Ausfuhrwaren dem inländiſchen Liefe=
ranten
in ausländiſchen Zahlungsmitteln bezahlt und nach der geltenden
Deviſengeſetzgebung bezahlen darf; in dieſem Falle trifft die Ablieſe=
rungspflicht
den inländiſchen Lieferanten. Wird Befreiung von der Ab=
lieferungspflicht
in Anſpruch genommen, ſo iſt dies auf der der Waren=
ſendung
beizufügenden Ausfuhrerklärung zu vermerken; im Falle b) iſt
außerdem die genaue Anſchrift des inländiſchen Lieferanten, ſowie Art
und Betrag der ihm überlaſſenen ausländiſchen Zahlungsmittel anzu=
geben
. Nähere Auskunft erteilt die Handelskammer.
Deviſenablieferung. Vom Finanzamt wird darauf hingewieſen,
daß die Friſt zur Ablieferung der Erklärung gemäß § 8 der Verordnung
des Reichspräſidenten über die Ablieferung ausländiſcher Vermögensgegen=
ſtände
vom 25. Auguſt 1923 am 30. dieſes Monats abläuft. Die Er=
klärungen
ſind in doppelter Ausfertigung beim Reichskommiſſar für
Deviſenerfaſſung in Berlin, N.W. 7, Am Weidendamm 1a, unmittelbar
einzureichen. Erklärungsvordrucke ſind erhältlich beim Finanzamt Darm=
ſtadt
=Stadt, Lindenhofſtraße 15, Zimmer 4.
Landabgabe. Der Goldumrechnungsſatz für die Zeit vom 29.
September bis einſchließlich 2. Oktober 1923 beträgt 31 900 000 Mk.
Juryfreie Ausſtellung heffiſcher Künſtler. Nach der am 1. Oktober
ſchließenden Sommerausſtellung wird in der Kunſthalle am Rheintor
eine jurhfreie Verkaufsausſtellung heſſiſcher Künſtler gezeigt werden.
Da beſondere Ausſchreiben hierzu aus Mangel an Zeit und Geld nicht
möglich ſind, ergeht hierdurch an alle heſſiſchen oder in Heſſen wohnende
Künſtlerinnen und Künſtler, ob Verbänden zugehörig oder nicht, die
Aufforderung, Werke der Malerei, Waſſerfarben, Griffelkunſt und Bild=
hauerkunſt
bis zur Höchſtzahl 4 für jede Kunſtgattung im Rheintor in
der Zeit vom 3. bis 9. Oktober abzuliefern. Bei der Einlieferung iſt
ein Verzeichnis der Werke beizugeben, aus dem auch die Preiſe ( Gold=
oder
Papiermark, mit oder ohne Rahmen) erſichtlich ſind. Die jurhfreie
Ausſtellung ſoll am Sonntag, den 14. Oktober, eröffnet werden, und bis
zum Sonntag, den 11. November, dauern. Das Anbringen und Ab=
holen
der Werke iſt Sache der Ausſteller.
v. H.
T. Büko=Bühne, Darmſtadt. Man ſchreibt uns: Der Geiſt und
die Friſche, mit denen die Bühnenkommiſſion der Stadtgemeinde in be=
ſonderer
Pflege der Lokalpoſſe, unter der Regie ihres verdienſtvollen
Leiters B. Franz; am Mittwoch im Gemeindehaus, Kiesſtraße, den
Glasſchrank von Hch. Rüthlein herausbrachte, iſt ein erfreuliches Zei=
chen
, wie ſich die Jugend immer wieder gern in den Dienſt der Ge=
meindenothilfe
ſtellr und allem Unbill der Zeiten zu trotzen ſucht. Zwar
bot man nitiſt das Darmſtadt von 1910 ſo doch jenen ungezwungenen
Humor einer friedlichen Zeit, der uns Gegenwartsmenſchen faſt völlig
verloren ging. Infolgedeſſen erreichte man auch einen netten Erfolg, zu=
mal
die Typiſicrung einzelner Rollen beſonders die des Hecht
gut gelungen war. Die übrige, gut durchgeführte Handlung vereinigte
im Nahmen ihrer 5 Bilder A. und Fr. Zimbrich, E. und L. Hechler,
O. Vartſch, Iſe Göbel, B. Franz, A. Krafft und dazu zum erſten Mal
M. Kropp und K. Benz zu gemeinſamem Spiel. Muſikaliſche Darbie=
tungen
beſorgten die Gebr. Wenz. Fernerſtehenden kann die heutige,
um 8 Uhr beginnende Wiederholung empfohlen werden.
Bühnenſchauturnen des Main=Rhein=Gaues. Wohl ſelten gibt
es eine beſſere Gelegenheit, die Vielſeitigkeit des deutſchen Turnens zu
beobachten und kennen zu lernen, als bei dem am nächſten Sonntag in
der Turnhalle Woogsplatz ſtattfindenden Bühnenſchauturnen. Die Ord=
nungsfolge
umfaßt drei große Gebiete. Das erſte behandelt Frei= und
Handgeräteübungen aus den Uebungsbetrieben der Vereine. Dem folgt
ein Turnen an den Geräten, wobei verſucht werden ſoll, Laien und Fach=
leuten
einerſeits, in die Grundübungen des Geräteturnens einzuführen,
andererſeits aber auch die hohe Kunſt und Fertigkeit des Einzelnen vor
Augen zu führen. Daß hier nur gutes geboten wird, dafür bürgen
die Sieger und Siegerinnen des Gaues vom Deutſchen Turnfeſt in
München, die ſich am Sonntag hier zuſammenfinden. In der dritten
Folge werden Vorausſondervorführungen aus vielen Gebieten gebracht.
Aus den reichhaltigen Meldungen hierzu ſind beſonders die auf dem
letzten Deutſchen Turnfeſt ſo vorzüglich beurteilten neueren Volkstänze
aus der Muſterſchule von Groh=Leipzig zu nennen. Geſellſchafts= und
Gruppenübungen wechſeln mit Vorführungen der Sonderabteilungen.
Die Vorbereitungen ſind gut getroffen, ſo daß ein lehr= und genußreicher
Nachmittag in Ausſicht ſteht. Wer ſich wieder mal an Kraft und Ge=
wandtheit
, Anmut und Schönheit erfreuen will, der ſorge ſich zeitig für
Eintrittskarten, die im Vorverkauf bei Parfümerie=Müller, Rheinſtraße,
erhältlich ſind.
* Männer und Frauen und volljährige Jugendliche, die bereit ſind,
an der evangeliſchen Jugendgerichtshilfe in der Weiſe teilzunehmen, daß
ſie die Schutzaufſicht über verurteilte, aber bedingt begnadigte Jugend=
liche
übernehmen, können nähere Aufklärung erhalten am Sonntag, den
30. September, nachmittags um 5 Uhr, im Gemeindehaus der Kiesſtraße,
wo Landesjugendpfarrer Zentgraf praktiſche Winke geben wird. Mit=
glieder
der Männer= und Frauenvereine, die Gemeindehelfer und Mit=
glieder
der Evangel. Jugendgemeinſchaft ſind beſonders willkommen.
* Eleonorenſchule. Mittwoch abend fand in der Eleonorenſchule ein
muſikaliſcher Abend ſtatt, deſſen Ausführung in den Händen
des Frl. Weinmann, Lehrerin an der Städtiſchen Akademie (Kla=

vier), Frl. E. Beck (Violine) und Herrn Stahl (Geſang) lag. Die
beiden Damen, deren Technik einwandfrei war, boten in je einer Sonate
für Klavier und Geige von Mozart und Beethoven und der C=Moll von
Grieg ein prachtvolles, ſowohl nach der techniſchen wie gefühlsmäßigen
Seite Zuſammenſpiel, da ſie völlig in den Geiſt der Kompoſition ein=
gedrungen
waren. Dazwifchen ſang Herr Stahl mit wohlklingender
weicher Tenorſtimme und mit guter Ausſprache den Liederkreis An die
ferne Geliebte von Beethoven und drei Lieder von Hugo Wolff. Er
wurde muſterhaft, mit voller Anpaſſung an den Sänger, von Fräulein
Weinmann begleitet. Herr Direktor Kiſſinger wies in warm
empfundenen Worten auf die Bedeutung dieſer Abende für Schüler,
Eltern und Freunde der Anſkalt hin und dankte in herzlichen Worten
den Ausführenden für den hohen Genuß, welchen ſie den Anweſenden
in dieſer ſchweren Zeit bereitet hatten. Reicher Beifall von den den
großen Saal bis zum letzten Platz füllenden Zuhörern und Blumen=
ſpenden
wurden den Ausführenden zuteil.
K.
Die regelmäßigen Sonntagsfeiern der Freireligiöſen Gemeinde
Darmſtadt im Winterhalbjahr nehmen wieder ihren Anfang. Für kom=
menden
Sonntag hat Herr Prof. Meiſel Aſtronomiſche Betrachtungen
als Thema gewählt. Der gute Ruf des Redners als Aſtronom ver=
bürgt
, daß die Hörer die richtige Einführung in die Wiſſenſchaft vom
Sternhimmel erhalten und ſo die perſönliche Stellung des Menſchen im
Kosmos erkennen.
B. Der Zweigverein Obenwald des Vereins Deutſcher Jugend=
herbergen
hielt am Mittwoch Nachmittag in der Eleonorenſchule hier
eine Verſammlung ab, die vom Vorſitzenden, Herrn Oberſtudiendirektor
R. Kiſſinger, geleitet wurde. Dieſer erſtattete zunächſt Bericht
über das Herbergsweſen im Odenwald im vergangenen Jahre. Leider
mußte zunächſt das Ausſcheiden aller badiſchen Jugenherbergen er=
wähnt
werden, da man unverſtändlicher Weiſe in Baden plötzlich wieder
Grenzpfähle errichten zu müſſen glaubte, wo doch gerade die Jugend=
herbergsſache
innerhalb der benachbarten Länder in dem ihnen gemein=
ſamen
Gebirge, dem Odenwald, gewiß keine territorialen Grenzen kennt.
Es bleiben jetzt noch folgende Jugendherbergen im Odenwald dem dies=
ſeitigen
Verein angeſchloſſen: Die beiden Darmſtädter Herbergen in der
Dieburgerſtraße und der Beſſunger Mädchenſchule, die Herbergen auf
dem Otzberg, in Wahlen, in Michelſtadt, um die ſich der dortige Poſt=
direktor
Seib verdient gemacht hat, und Miltenberg, die obwohl nicht=
heſſiſch
, dem badiſchen Beiſpiel keine Folge geleiſtet hat, ſondern treu
geblieben iſt. Neue Herbergen wurden eröffnet: in Jugenheim für
Mädchen in dem früheren Gaſthaus Zum Löwen, eine Stiftung des
Frankfurter Univerſitätsprofeſſors Bluntſchli, ſeit 30. Juni in Benutzung,
eine gleiche für die männliche Jugend wird aller Vorausſicht nach auch
bald in Jugenheim erſtehen. Ferner in Groß=Umſtadt auf dem Hein=
richsberg
, die ehemalige Wirtſchaft Ohl’ſcher Berg, vom Wanderklub
Frohſinn vor 14 Tagen ins Leben gerufen. Geplant ſind Herbergen in
Nauheim (im beſetzten Gebiet, daher noch nicht benutzbar) und Mör=
felden
, vom Verein Naturfreunde; in Babenhauſen iſt eine Herberge in
der Kaſerne hergeſtellt, die ſeither noch nicht beziehbar war, weil die
Darmſtädter Polizeiſchule dorthin verlegt werden mußte; mit dem be=
vorſtehenden
politiſchen Umſchwung wird dieſe Herberge aber wohl der
Jugend bald zugeführt werden können. Eine Herberge bei Auerbach,
in der Eremitage im Fürſtenlager, erwies ſich als unbrauchbar; ſie wird
wohl in den Ort ſelbſt verlegt werden können. Ein eigentümliches Ge=
ſchick
hatte die Herberge von Lorſch, die aus unverſtändlichen Gründen
vom Gemeinderat wieder verboten wurde. Das iſt der derzeitige Stand
der Jugendherbergen in unſerem Gebiete. Sodann erſtattete der Rech=
ner
, Herr Robert Bergmann=Darmſtadt, den Rechenſchaftsbericht für
1922 und gab eine Ueberſicht der Rechnung für 1923 bis 1. September.
Bei der Vorſtandswahl blieben die beiden Vorſitzenden, Oberſtudiendirek=
tor
Kiſſinger und Oberſtaatsanwalt Wünzer, in ihren Aemtern. Rechner
wurde an Stelle des altverdienten Oberſtadtſekretärs Friedrich Löwe,
der aus Geſundheitsrückſichten ausſchied, Herr Robert Bergmann; als
Schriftführer waren ſeither tätig, Aſſeſſor Dr Avemarie, dann die
Lehrerin Frln. Speckhard, nach deren Verſetzung von Darmſtadt ihr
Vater Lehrer Speckhard; jetzt wurde Herr Lehrer Salomon gewählt.
Der Vorſtand wurde weiter durch Zuwahlen zu den Beiſitzern und zum
Verwaltungsausſchuß entſprechend ergänzt. In der Ausſprache wurden
namentlich von jugendlicher Seite manche Wünſche vorgebracht, die be=
rückſichtigt
werden ſollen. Hat auch das Jugendherbergsweſen unter
der Ungunſt der Gegenwart zu leiden, ſo darf doch das beſtehende nicht
etwa wieder verloren gehen, ſondern muß erhalten bleiben, da das
Jugendwandern eine ungeheure Bedeutung für unſere Volksgeſundheit
und damit für den Wiederaufbau hat, und ſo iſt es mit Freuden zu be=
grüßen
, daß ein Mann wie Kiſſinger, der ſchon den Ehrennamen des
Herbergsvaters führt, mit ſo viel uneigennütziger Liebe und unermüd=
licher
Tatkraft ſich der ſchönen Aufgabe, der Pflege des Jugendherbergs=
weſens
, widmet.
Sterbekaſſe. In Nr. 256 des Darmſtädter Tagblattes iſt bei Ver=
öffentlichung
des Artikels Sterbekaſſe ein Fehler unterlaufen. Es
muß heißen: Der ältere Sterbekaſſeverein enthebt ſeine Mitglieder die=
ſer
Sorge, in dem er nach ſeinem neuen Beſchluß bei einem Sterbefall
von jedem Mitgliede Mk. 100000 einzieht (nicht 1 Million).
n. Straſkammer. Anfangs März d. Js. hatten ſich aus Anlaß des
feindlichen Vorrückens am hieſigen Hauptbahnhof, bezw. in Erwartung
weiterer Beſetzung mancherlei Gerüchte gebildet. Ein von Frankfurt a. M.
zur Beobachtung der Lage hierher gekommener Journaliſt erfuhr durch
einen Kollegen am Platz die dieſem gegenüber von Rechnungsrat Auguſt
Formet getane Aeußerung, der Direktor der Hauptſtaatskaſſe Decheimer
und deſſen Vertreter Schudt hätten ſich aus Beſorgnis vor den Franzoſen
krank gemeldet, die Beamtenſchaft ſei über ſolches Verlaſſen des Poſtens
empört und habe beſchloſſen, daß jene Beiden daraufhin nicht mehr im
Amte bleiben könnten. Der erwähnte Berichterſtatter brachte eine dem=
entſprechende
Notiz in den Frankfurter Nachrichten, und da die Mittei=
lung
der angeblichen Tatſache unbegründet war, erwuchs nach Straf=
antrag
der vorgeſetzten Behörde der Beleidigten Verfahren gegen den
Verbreiter der unwahren Ehrverletzung B., gegen den ſtaatsanwaltliche
Anklage erhoben wurde. Die Beleidigten hatten ſich als Nebenkläger an=
geſchloſſen
. Die Beweisaufnahme ergab die Haltloſigkeit der Nachrede
insbeſondere daß wirkliche, ſtarke Erkrankung beider damals vorlag,
beide trotzdem entgegen ärztlicher Anordnung zum Dienſt gegangen und
erſt auf dringenbe Vorſtellung ihres vertretenden Kollegen nach Hauſe
zurückgekehrt waren. Auch ſonſt entbehrte jenes Gerede der Unterlage.
Der Angeklagte will es nur in bedingter Form mitgeteilt haben. Nach=
dem
der Staatsanwalt die damals zuläſſige Höchſtgeldſtrafe von 10 Mil=
lionen
Mark beantragt und der Vertreter der Nebenkläger dieſe Sühne
als unzureichend bezeichnet hatte, wurde B. dem letzteren Antrag gemäß,
in Anbetracht der Schwere der Ehrverletzung zu 2 Wochen Gefängnis
verurteilt.

Stadtverordnetenverſammlung
n. Darmſtadt, 27. September.
Herr Oberbürgermeiſter eröffnet die Sitzung. Er nimmt Bezug
auf die Verordnung des Reichspräſidenten und gedenkt der Opfer, die
für die Freiheit von Rhein und Ruhr gebracht worden ſind.
Wohnungsluxusſteuer.
Die ſtändig fortſchreitende Geldentwertung gibt der Verwaltung
Veranlaſſung, einen Weg zu ſuchen, auf dem eine Anpaſſung der Woh=
nungs
=Luxusſteuer an einen Faktor möglich iſt, der den wechſelnden
Mietpreiſen Rechnung trägt. Bekanntlich dürfen die fraglichen Steuer=
beträge
in ihrer Geſamtheit denjenigen Betrag nicht überſchreiten, der
bei gleichmäßiger Verteilung der Miete auf alle Wohnräume dem Ver=
hältnis
des Mietbetrages der beſteuerten Wohnräume zur Geſamt=
miete
entſpricht. Die Stadtverordnetenverſammlung erklärt ſich da=
mit
einverſtanden, daß die Verwaltung bei der Regierung den Antrag
ſtellt, zu genehmigen, daß die Stadt berechtigt iſt, allvierteljähr=
lich
eine Nachforderung an W. L. St. vorzunehmen. Für die Berechnung
dieſer Nachforderung ſoll der durchſchnittliche Reichsmietenzuſchlag in
dem betreffenden Quartal, verglichen mit dem Durchſchnittsſatz der
Reichsmietenzuſchläge des vorhergehenden Quartals maßgebend ſein.
Wurde beiſpielsweiſe im zweiten Quartal bei einem Quartalsdurchſchnitt
der Reichsmietenzuſchläge von 50 000 Prozent der Betrag von 30000 M.
für ein ſteu rpflichtiges Zimmer erhoben, ſo müßte ſofern der Reichs=
mietenzuſchlagsdurchſchnitt
im Nachforderungsquartal 500 000 Prozent
beträgt eine Geldentwertungsnachforderung von 300 000 minus 30900
gleich 270 000) rund etwa 250 000 Mark für ein Zimmer geltend ge=
macht
werden können.
Nachtrags=Hundeſteuer.
In ihrer Sitzung vom 20. vor. Mts. hat die Stadtverordnetenber=
ſammlung
beſchloſſen, eine Nachtrags=Hundeſteuer zu erheben. Seitdem
dieſer Beſchluß gefaßt worden iſt, hat die Geldentwertung ſo raſende
Fortſchritte gemacht, daß die obigen Sätze als gänzlich überholt und
unzeitgemäß bezeichnet werden müſſen. Die Stadtverordnetenverſamm=
lung
beſchließt, für den erſten Hund 20 Millionen, für den zweiten Hund
40 Millionen und für den dritten und jeden weiteren Hund 60 Mill.
Mark an Nachtragsſteuer zu erheben. Die obige Nachtragsſteuer wird
von allen denjenigen Hundebeſitzern erhoben, die ihren Hund nicht bis
zum 1. Oktober Ifd. Js. abgeſchafft und dies bis längſtens 8 Oktober bei
der Steuerſtelle gemeldet haben.
Gebühr für die Eröffnung gewerblicher Betriebe.
Die Verwaltung beantragt, eine Gebühr auf die Eröffnung gewerb=
licher
Betriebe einzuführen. Auf Anfrage hat ſich das Miniſterium des
Innern bereits dahin ausgeſprochen, daß es gegen dieſe Abſicht um ſo
weniger etwas einzuwenden habe, als dem Oberbürgermeiſter nach den
Beſtimmungen der Verordnung vom 27. Juli 1919, die Gewerbeſcheine
betr., die Ausfertigung dieſer Scheine, ſowie die Führung des Gewerbe=
tagebuches
obliege, eine Tätigkeit, für die unter den heutigen Verhält=
niſſen
eine Gebühr billigerweiſe nicht vorenthalten werden könne. Jeder,
der in der Gemeinde ein Gewerbe an= oder ummeldet, hat außer dem
Stempelbetrag für das Gewerbepatent eine beſendere Verwaltungs=
gebühr
in Höhe des deppelten Portoſatzes für die Beförderung eines
gewöhnlichen Briefes bis zu 20 Gramm im Fernverkehr bei der An= oder
Ummeldung des Gewerbetriebs zu entrichten. In § 2 der bezüglichen
Ortsſatzung iſt vorgeſehen, daß der Oberbürgermeiſter in beſonders be=
rückſichtigenswerten
Fällen berechtigt ſein ſoll, dieſe Gebühr zu ermäßi=
gen
oder ganz zu erlaſſen.
Die Getränkeſteuer.
Die Gaſtwirte=Innung der Stadt Darmſtadt und der Bund der
Hotel=, Reſtaurant= und Café=Angeſtellten haben in ſchriftlichen Eingaben
an den Oberbürgermeiſter und die Stadtverordnetenverſammlung Ein=
ſpruch
gegen die in der Sitzung der Stadtverordnetenverſammlung vom
30. Auguſt 1923 beſchloſſene Ortsſatzung über die Erhebung von Ge=
tränkeſteuern
erhoben mit der Begründung, daß die neuen Sätze von dem
Gaſtwirtsgewerbe nicht mehr getragen werden könnten und Betriebs=
ſchließungen
und Entlaſſungen von Angeſtellten unvermeidlich ſeien. Die
Stadtverwaltung muß, unbeſchadet einer gewiſſen Berechtigung der in
den Eingaben vorgetragenen Gründe, auf der Einführung der Getränke=
ſteuer
beſtehen, da ſie es bei der troſtloſen Finanzlage der Stadt nicht
verantworten kann, auf eine reichsgeſetzlich genehmigte Steuer zu ver=
zichten
, die der Stadt auch bei Betriebseinſchränkungen doch erhebliche
Einnahmen bringen wird. Der Antrag der Stadtverwaltung wird
gegen mehrere Stimmen angenommen.
Der Voranſchlag der Knaben=Arbeitsanſtalt für 1923 und
die Voranſchläge der höheren Schulen für 1924 werden geneh=
migt
; letztere gegen die Stimmen der Kommuniſten.
Zuſchuß für den Kunſtverein.
Der Kunſtverein hat ſeither einen ſtädtiſchen Zuſchuß von jährlich
5000 Mk. erhalten. Infolge der ungeheueren Geldentwertung iſt der
Verein derart in Schwierigkeiten geraten, daß er nach dem vorliegenden
Geſuch ſeinen Weiterbeſtand gefährdet ſieht, wenn ihm nicht durch die
Stadt die Mittel zur Verfügung geſtellt werden, um wenigſtens vorläufig
über den kommenden Winter die Tätigkeit des Vereins in der notdürftig=
ſten
Weiſe aufrecht zu erhalten. Als Zuſchuß wird der Kaufpreis von
50 Zentner Braunkohlen genehmigt.
Bei der Frage der Ergänzung verſchiedener Deputa=
tionen
und der Zuwahl in den Aufſichtsrat der Heſſiſchen Eiſenbahn=
Aktien=Geſellſchaft für den verſtorbenen demokratiſchen Stadtverordneten
Emmerling entſpinnt ſich eine längere Debatte über Zuſtändigkeitsfragen
und Parteikonſtellationen. Sowohl die Demokraten und die wirtſchafts=
friedliche
Gruppe als auch die Stadtverwaltung gehen von ihren gemach=
ten
Vorſchlägen nicht ab, ſo daß ſich eine ſehr lebhafte Debatte entſpinnt.
Der Antrag auf Zurückverweiſung an den Ausſchuß wird mit 26 zu 27
Stimmen abgelehnt. Demokraten, Sozialdemokraten und Kommuniſten
verlaſſen die Sitzung und führen die Beſchlußunfähigkeit herbei. Die
Sitzung wird damit 6.45 Uhr geſchloſſen.
Es iſt ſchade, daß durch eine rein interne Angelegenheit, die beſſer
im vorberatenden Ausſchuß zum Abſchluß gekommen wäre, die Stadt=
verordnetenverſammlung
vor der Erledigung aller zur Tagesordnung
ſtehenden Punkte ihren vorzeitigen Abſchluß fand.

Die Finanzen des Großherzogs.

Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
7)
Nahe dem Kai, an den die Wellen mit weißen Schaumkäm=
ten
ſchlugen, lag eine zierliche kleine Dampfjacht mit rauchen=
em
Schlot. Bei der Ankunft der beiden Droſchken wurde eine
Folle herabgelaſſen, und einige Minuten ſpäter kletterte ein
upferroter Mann mit graugeſprenkeltem Bart die Kaiſtufen
inauf und kam auf die Geſellſchaft zu.
Sie, Profeſſor? rief er.
Ja, Kapitän Dupont.
Ich dachte ſchon, es wäre der Auszug der Kinder Iſraels
uus Aegypten. Sie ſind ja eine ganze Beſatzung.
Nur Ihre Schützlinge, Kapitän, die Sie mir zuſandten,
uind meine Frau. Ich hoffe, Sie haben meine Botſchaft bekom=
nen
und den Proviant dementſprechend bemeſſen.
Ah, Ihre Frau! Der Kapitän ſtarrte die grauhaarige
Dame im Reiſekleid an, die ſich in dem ſcharfen Frühlingswind
o ungewöhnlich gerade hielt.
Ja, ich habe Ihre Botſchaft bekommen. Aber von einer
ame verlautete nichts. Weiß der Geier, ob wir eine Dame an
jord des Storchs beherbergen können.
Ach, Herr Kapitän, Madame iſt ſo einfach in ihren Gewohn=
ſeiten
, und ſie hat keine Angſt.
Der Kapitän lachte. Dann umwölkte er ſich wieder und

ſagte:
Heute iſt rein der Teufel los, Profeſſor. Meiner Seel,
die ganze Welt will nach Minorca fahren. Zuerſt
kommen. Sie. Dann die beiden anderen Herren. Ich
ſpreche gar nicht davon, daß Sie jetzt auch noch Ihre
Frau mitbringen. Nun, ob Sie mir glauben wollen oder
nicht, kaum komme ich in den Hafen, nachdem ich mich von Ihnen
und den anderen Herren getrennt habe, als noch ein Kerl daher=
kommt
, der auch hin will.
Nach der Ausdrucksweiſe des Kapitäns zu urteilen, war es
klar, daß er durch ſeine Erfahrungen erregt war.
Noch einer? Philipp ſtarrte ihn an.
Noch ſo ein Kerl, bekräftigte Kapitän Dupont.

Philipp lachte, und der Kapitän, der energiſch auf den Boden
geſpuckt hatte, begann den Transport ſeiner Gäſte nach der Jacht
zu ordnen.
Die angebliche Madame Pelotard beſtieg zuerſt das Boot,
das ſie hinbringen ſollte, hierauf Senjor Eſteban und der Graf
von Punta Hermoſa. Philipp war eben im Begriff auch ein=
zuſteigen
, als Kapitän Dupont, der noch auf dem Kai ſtand, ihn
am Arm packte.
Hol’ mich der und jener, Profeſſor, da iſt er ſchon wieder!
Philipp drehte ſich raſch um. Der Graf von Punta Her=
moſa
und Senjor Eſteban ſtreckten den Kopf vor, um beſſer zu
ſehen.
Ein kleiner, unterſetzter Mann in Pelz und rundem Hut
war oben auf dem Kai aus einer Droſchke geſprungen und kam
jetzt auf ſie zugelaufen, während er mit einem Stock winkte.
Kapitän, Kapitän! rief er heiſer. Warten Sie, ſo war=
den
Sie doch! Haben Sie es ſich nicht überlegt? Kann ich mit=
fahren
?
Kapitän Duponts Antwort waren einige energiſche Ruder=
ſchläge
, die das Boot ein Dutzend Meter vom Kai entfernten.
Der Mann dort droben tanzte auf und nieder und riß den Hut
herunter, um inſtändig damit zu winken.
Kapitän, meine Herren, rief er, ich muß, ich muß mit!
Das Licht einer Gasladerne auf dem Kai fiel auf ſein Ge=
ſicht
, und Philipp Collin fuhr plötzlich ſo heftig von ſeinem Platz
auf, daß das kleine Boot ſich auf die Seite legte. Dieſes Ge=
ſicht
, dieſes Geſicht! Einem unwiderſtehlichen Impuls gehor=
chend
, erhob er ſeine Stimme laut über das Wellenbrauſen und
rief mit einem ſchallenden Gelächter:
Fahren Sie über London! Fahren Sie über London!
Nachher ſind Sie in Minorca willkommen. Semjon Marcowitz!
Im ſelben Augenblick fühlte er, wie das kleine Fahrzeug,
das ihn und die anderen zu Kapitän Duponts Jacht führte, ſich
ſo auf die Seite legte, daß es beinahe umgekippt wäre.
Der Graf von Hermoſa und Senjor Eſteban waren gleich=
zeitig
im Bot aufgeſprunen und ſtanden nun da, die Blicke auf
den Kai geheftet, wo Kapitän Duponts letzter Spekulant noch
im Lichte der Gaslaterne ſtand. Philipps Worte hatten ſeine
Beweglichkeit mit einem Male gelähmt. Seine Arme hingen
ſchlaff herunter, und ſein Kopf war vorgeſtreckt wie der eines
Raubtieres, das nach Beute wittert. Selbſt aus der ziemlichen
Entfernung des Bootes konnte man das zornige ſchwarze

Funkeln ſeiner Augen ſehen, die unverwandt auf das kleine
Boot und ſeine Paſſagiere ſtarrten. Dann ſtieß Kapitän Dupont
einen Fluch aus; und wie demſelben Impuls gehorchend, ſanken
der Graf und ſein alter Freund auf ihre Plätze zurück.
Sie warfen einen Blick auf die übrigen, wie um anzudeu=
ten
, daß nichts paſſiert ſei. Aber im nächſten Augenblick beugte
ſich der Graf von Punda Hermoſa zu ſeinem Freunde vor, und
trotz des Wellenrauſchens hörte Philipp ihn acht Worte ſagen,
die bewirkten, daß er ſich an die Bootskante klammerte und wie
verhext den anſtarrte, der ſie geſprochen hatte. Und doch waren
dieſe Worte ſo einfach als möglich geweſen.
Denn was der Graf ſagte, war:
Paqueno, haben Sie gehört? Das iſt Semfon Marcobitz.
Aber Herr Collin, in deſſen Bruſttaſche ein wunderliches
Dokument lag, dem Kaſſenſchranke des Wucherers Semfon Mac=
covitz
entnommen, und deſſen Gedächtnis von Natur vortreff=
lich
war, erinnerte ſich plötzlich an den Brief, den er vor drei
Wochen in Mr. Erneſt Iſaaes Kontor geſehen den Brief, der
der Anlaß zum größten Coup ſeines Lebens geweſen war, dem
Corner in Minorcas Staatspapieren. Dieſer Brief war vom
minorcaniſchen Finanzminiſterium und erhielt die Bitte um
ein Darlehen, und er war unterzeichnet: Eſteban Paqueno,
Finanzminiſter bei Seiner Hoheit, dem Großherzog von
Minorca.
Und wenn der Graf von Punta Hermoſa nun ſeinen Freund
Paqueno wannte, anſtatt Senjor Eſteban, wie er ihn vorgeſtellt
hatte was war noch nötig, um dieſes wunderliche Zuſammen=
treffen
von Namen noch wunderlicher zu machen?
Daß alles Land von Minorca dem Großherzog gehörte und
daß beſagter Graf, der nach Minorca fuhr, um ſeine Güter zu
ſchützen, hinkte!
Wahrhaftig, beim Zeus, wenn Kapitän Dupont ſchon eine
große Verantwortung trug, weil er Herrn Collin und ſein Glück
an Bord hatte, ſo wurde ſie kaum geringer, ſelbſt wenn Collin
ins Waſſer fiel.
Denn nicht alle Tage birgt eine kleine Jacht für vier Paſſa=
giere
einen hervorragenden ſchwediſchen Hochſtapler, einen kürz=
lich
abgeſetzten Großherzog mit ſeinem Finanzminiſter und eine
Großfürſtin von Rußland!
Segeln Sie vorſichtig, Herr Dupont! Sie haben eine Ladun
von Königen im Exil!
(Fortſetzung folgt.)

[ ][  ][ ]

Seite 6

Mummer 26B.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, dent 2B. September 1923.

Provinzialausſchuß.
1. Antrag des Kreisamts Offenbach a. M. auf Entziehung der Wirt=
ſchaftskonzeſſion
des Hch. Roos in Offenbach a. M., Luiſenſtr. 44. An=
weſend
Hch. Roos und ſein Vertreter, R.=A. Dr. Katz und Oberverwal=
tungsinſpektor
Becker. Auf Grund des § 3, Notgeſetzes vom 24. Februar
1923, hat die Polizei die Wirtſchaft wegen Begünſtigung der Völlerei
vorläufig geſchloſſen. Gegen Androhung definitiver Schließung iſt Be=
ſchwerde
erhoben worden. Widerſpruch gegen die Schließung iſt er=
hoben
. Der Provinzialausſchuß hat nun über die Konzeſſionsentziehung
zu entſcheiden. In zwei Fällen ſollen ſich Betrunkene in der Roosſchen
Wirtſchaft befunden und nachher auf der Straße gelärmt haben. Die
vom Polizeiamt verfügte Schließung wird aufgehoben und
der Antrag auf Konzeſſionsentziehung zurückgewieſen.
2. Geſuch des Iſidor May in Erfelden um Erlaubnis zur
Anlage einer Fellſalzerei und eines Häutelagers in Erfelden; hier Be=
rufung
gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Groß=Gerau
vom 24. April 1923. Erſchienen: R.=A. Wolf in Darmſtadt für den
Geſuchſteller, für 13 Reklamanten Otto Stier in Erfelden. R.=A.
Wolf ſtellt Antrag auf Vertagung, weil zu ſiſtierende Zeugen aus dem
beſetzten Gebiet nicht zur Stelle ſind, auch der Geſuchſteller bei der
Sperre nicht erſcheinen konnte. O. Stier erklärt, daß er den Stempel
auf ſein Viſum vom franzöſiſchen Delegierten erhalten habe. Das Ge=
richt
beſchließt, zunächſt in die Verhandlung einzutreten. Die Nachbarn
haben ſich am 5. Juni 1922 beim Kreisamt beſchwert, daß May friſche,
blutige Häute in ein dicht am Wohnhauſe gelegenes Magazin einbringe,
das Unternehmen die Nachbarſchaft beläſtige. Das Kreisamt erachtete
den Betrieb für genehmigungspflichtig, das gehörte Gewerbeaufſichtsamt
ſchloß ſich dieſer Anſicht an und erachtete eine Anzahl aufzuerlegender
Bedingungen (12) für notwendig; dem Gewerbeaufſichtsamt ſchloß ſich im
Allgemeinen das Kreisveterinaramt an, das Kreisgeſundheitsamt er=
klärte
die Beſchwerde der Nachbarn für berechtigt, ein derartiges Unter=
nehmen
ſei im Ort nicht zuzulaſſen, höchſtens 600 Meter vom letzten
Hauſe im Orte entfernt zu geſtatten. Der Kreisausſchuß des Kreiſes
Groß=Gerau hat das Geſuch namentlich aus dem Geſichtspunkt der Ge=
ſundheitsgefährdung
abgelehnt. Gegen das Urteil hat May Berufung
an den Provinzialausſchuß verfolgt und zur heutigen Verhandlung als
Sachverſtändigen den Inhaber einer Häute= und Fellhandlung, Gold=
ſchmidt
=Großzimmern, ſiſtiert. Dieſer erklärt, wegen Dieb=
ſtahlsgefahr
könne zur Zeit ein Häutelager nicht außerhalb des Ortes
errichtet werden, ſeine Betriebsanlage ſei mitten im Ort ſeit einer
Reihe von Jahren und unbeanſtandet im Betrieb, obwohl nebenan ein
Arzt, Dr. Vierheller, wohne. Auch in Frankfurt a. Main und Bensheim
würden Häutelager innerhalb der Stadt betrieben und nicht beanſtandet.
Der Betrieb von May ſei ihm bekannt, eine Gefährdung ſei ſeines Er=
achtens
nicht gegeben, ſein der Goldſchmidtſche Betrieb beſtehe ſchon
ſeit 70 Jahren im Ort. Otto Stier erläutert des Näheren die Beſchwer=
den
der Nachbarn an Hand des den Akten beiliegenden Lageplans und
betont beſonders, daß das Blutwaſſer von der Anlage in die Nachbar=
keller
dringe, worauf May den Boden zementiert habe, das Blutwaſſer
laufe nun in eine Holzbütte, dringe aber neuerdings wieder durch die
Kellerdecke, die Häute würden auch nach der Ablehnung des Geſuchs durch
den Kreisausſchuß noch gelagert, M. ſchichtete auch abgezogene Haſenfelle im
Garten auf, was die Nachbarſchaft beläſtige; die anſtoßenden Gärten
würden durch die Anlage, die ſeit 1919 beſtehe, geſchädigt, Hunde und
Katzen verſchleppten die Abfälle, je nach der Witterung ſei der Geruch
ſtärker oder weniger ſtark. Schlachthofdirektor Giegerich= Offen=
bach
, der in anderer Sache erſchienen iſt, wird als Sachverſtändiger
aufgerufen und erklärt: Häutelager würden abſeits der Wohnungen
errichtet, bei dem Betriebe käme es gerade im Sommer auf die Perſon
des Unternehmers an, mitten im Ort ſei ein Häutelager keine angenehme
Betriebsſtätte, auch ein Metzgereibetrieb rieche im Sommer, gleiches
gelte vom Häutelager, auf dem Lande fehlten die ſachverſtändigen tech=
niſchen
Kräfte, in den Städten ſeien die nötigen Kautelen zur Bearbeit=
ung
der Häute vorhanden; eine neue Anlage müßte heutzutage
außerhalb des Ortes errichtet werden. Obermedizinalrat Bei=
ling
ſchließt ſich dem Gutachten des Kreisveterinäramts und des Kreis=
geſundheitsamtes
in der Sache unbedingt an, innerhalb eines Ortes
dürfe heutzutage eine ſolche neue Anlage nicht geduldet werden, hervor=
zuheben
ſei insbeſondere auch die durch den Betrieb hervorgerufene
Rattenplage. Fraglos ſei die Geſundheitsſchädigung und die Be=
läſtigung
der Nachbarn. Die Anlage außerhalb des Ortes ſei allerdings
zurzeit wegen der Diebſtahlsgefahr ſchwierig. Rechtsanwalt Dr. Wolf=
Darmſtadt wiederholt den Vertagungsantrag, weil ſeinem am Erſcheinen
verhinderten Auftraggeber unbedingt Gelegenheit gegeben werden müſſe,
zu den heute hier gemachten Ausführungen Stellung zu nehmen; auch
müßten die Nachbarn alle gehört werden, nicht nur ein Vertreter
einer großen Anzahl von Nachbarn, auch die Zeugen, die nicht erſchienen
ſeien, müßten doch vom Gericht gehört werden. Urteil: Die Be=
rufung
des Iſidor May in Erfelden wird koſtenfällig zurückge=
wieſen
.
3. Beſchwerde der Uhrmacherzwangsinnung zu Darm=
ſtadt
gegen die Entſcheidung des Kreisamts Darmſtadt vom 17. Juli
1923 wegen der Zugehörigkeit des Juweliers Haſſenzahl in
Pfungſtadt zur Uhrmacherzwangsinnung Darmſtadt. Geladen und
erſchienen: Hofuhrmacher Karp, hier und Juwelier Haſſenzahl=
Pfungſtadt. Die Innung hat H. als Mitglied in Anſpruch genommen,
Haſſenzahl remonſtrierte hiergegen, da er Juwelier ſei, er übernehme
nur Uhrreparaturen, die ſein Sohn ausführe. Das Kreisamt hat auf
Beſchwerde erkannt, daß Haſſenzahl nicht verpflichtet ſei, der Uhr=
macherzwangsinnung
anzugehören. Zur Begründung iſt auf eine Ent=
ſcheidung
des preußiſchen Oberverwaltungsgerichts vom Jahre 1912 ver=
wieſen
. Die Innung hat Berufung an den Provinzialausſchuß verfolgt,
da die Sache für die Innung von prinzipieller Bedeutung ſei, da Haſſen=
zahl
Uhren repariere, müſſe er der Innung ſtatutengemäß angehören, da
er einer anderen Zwangsinnung nicht angehöre, die Goldſchmiedevereini=
gung
, der H. angehöre, ſei keine Zwangsinnung, werde ſie eine ſolche,
ſo entbinde, ihn die Uhrmacherzwangsinnung von der Mitgliedſchaft
Haſſenzahl bittet, die Entſcheidung des Kreisamts aufrecht zu erhalten,
Urteil: Auf die Beſchwerde der Uhrmacherzwangsinnung hin wird
die Entſcheidung des Kreisamts aufgehoben und feſtgeſtellt, daß Haſſen=
zahl
Mitglied der Innung iſt.
4. Klage der Metzgerei Rohprodukten e. G. m. b. H. in
Offenbach a. M. gegen die Stadt Offenbach auf Rückerſtat=
tung
zu Unrecht erhobener Gebühren. Erſchienen ſind: für die Stadt
Offenbach Beig. Dr. Aull, Schlachthofdirektor Giegerich Fleiſch=
beſchauer
und Hallenmeiſter Hermann (letzterer als Zeuge), für die
Metzgerei Rohprodukten e. G. m. b. H. der Geſchäftsführer Becker und
Vorſtandsmitglied Lindwurm; als Sachverſtändiger iſt Obermedi=
zinalrat
Beiling erſchienen. Klägerin fordert Rückerſtattung be=
zalter
Nachſchaugebühr für Innereien, die zu Unrecht erhoben ſei, man
habe garnicht daran gedacht, die Nachſchau auf innere Organe auszudeh=
nen
, es genüge der amtliche Stempel auf dem Fleiſch nach dem Fleiſchbe=
ſchaugeſetz
, es ſei garnicht üblich, Eingeweide mit dem Stempel zu ver=
ſehen
, es habe ſich im Fragefall um geſalzene Teile gehandelt, während
die Schlachthofverwaltung behauptet, es habe ſich um friſche Ware gehan=
delt
. Der Antrag geht darauf hin, das Verfahren der Stadt Offenbach
deshalb für unzuläſſig zu erklären. Zeuge Hermann erklärt: Es ſei ge=
meldet
worden, Klägerin habe Sülze eingeführt, er habe Proben ent=
nommen
, das Gutachten habe feſtgeſtellt, daß die Sülze als friſches
Fleiſch (nur leicht angeſalzen) anzuſehen ſei. Die Ware wurde ins Be=
ſchaubuch
eingetragen und die Gebühren von Klägerin am 12., Januar
und 29. März 1923 angefordert. Die Beklagte (Stadt Offenbach) behaup=
tet
, daß die Klage erſt nach Ablauf von zwei Monaten nach Anforderung
der Gebühren (Art. 197 Städteordnung) erhoben ſei. Die Klage iſt am
29. Juni 1923 erhoben, bezieht ſich aber nach Angabe der Klägerin auf
einen Gebührenanforderungszettel vom 8. Mai 1923. Obermedizinalrat
Beiling ſtellt ſich auf den Standpunkt der Stadt Offenbach, unter friſchem
Fleiſch ſeien auch die Eingeweide der Tiere zu verſtehen, die Stadt
Offenbach ſei zur Erhebung einer Nachſchaugebühr im Fragefall berech=
tigt
geweſen. Die Natur des Fleiſches als friſches Fleiſch gehe durch
leichtes Anſalzen nicht verloren. Zubereitetes (geſalzenes) Fleiſch unter=
liege
der Nachſchaugebühr nicht. Zurzeit ſei die Nachſchau der Städte
gerade im ſanitären Intereſſe der Bevölkerung geboten. Die Methode
der Stadt Offenbach hinſichtlich der Nachſchau werde in allen heſſiſchen
Städten durchgeführt. Beig. Dr. Aull führt zur formellen Seite noch
aus, daß der Gebührenanforderungszettel vom 8. Mai 1923 eine Mah=
nung
darſtelle hinfichtlich der am 12. Januar und 29. März 1923 ange=
forderten
Gebühren, die Klage bleibe alſo zu ſpät erhoben. Die Streit=
teile
verbreiten ſich ausführlich über die Rechtsfragen, die der Sachver=
ſtändige
Obermed.=Rat Beiling erläutert hat. Die Klägerin betont zur
formellen Seite, die beiden Zettel vom 12. Januar und 29. Mai ent=
hielten
nur Beſcheinigungen über erfolgte Nachſchau. (Die Gebühr iſt
aber darin aufgeführt, alſo dürfte in der Uebergabe der Zettel eine
Gebührenanforderung liegen, worauf der Vorſitzende des Gerichts hin=
weift
. Urteil: Die Klage wird abgewieſen.
Lokale Veranſtaltungen.
Die Hierunter erſcheinenden Nofizen ſind aueſhließiſch ais Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in leinem Faßle irgendwie als Beſprechung oder Kritk.
Morgengruß des Wartburg=Poſaunenchors vom
Stadtkirchturm. Anläßlich des am kommenden Sonntag, den
30. September, ſtattfindenden 23. Jahresfeſtes des Wartburg=Vereines
gedenkt der Bläſerchor wieder morgens 8 Uhr den Bewohnern der Stadt
ſeinen Feſtgruß vom Wahrzeichen Darmſtadts, dem altehrwürdigen
Stadtkirchturm, zu entbieten. Zum Vortvag gelangen: 1. Das alte, mit
der Wartburg eng verknüpſte Schutz=Frutzlied der evangeliſchen Kirche

Ein feſte Burg iſt unſer Gott, (Tonſatz von J. S. Bach); 2. Gebet
(Ich bete an die Macht der Liebe‟); 3. Das, durch den Untergang der
Titanic, am 14. April 1912, weltbekannt gewordene Lied: Näher mein
Gott zu Dir; 4. Allein Gott in der Höh ſei Ehr (Bach). Möchten
die hehren Klänge eine würdige Einleitung des Wartburg=Jahresfeſtes
bilden. Auch bei dem um 10 Uhr in der Stadtkapelle ſtattfindenden Feſt=
gottesdienſt
, Feſtprediger, Mitglied Pfarrer Wagner II., gedenkt der
Poſaunenchor mitzuwirken.
Wartburg=Verein Darmſtadt. 23. Jahresfeſt: Morgens
8 Uhr Feſtgruß des Wartburg=Poſaunenchors vom Stadtkirchturm; vor=
mittags
10 Uhr: Feſtgottesdienſt unter Mitwirkung des Wartburg=
Poſaunenchors und der Chorſchule in der Stadtkapelle. Feſtprediger:
Mitglied Pfarrer Wagner II. Nachmittags 3 Uhr: Akademiſche Feier
im Hoſpiz (ohne Damen); abends 8 Uhr: Familienabend im Martins=
Gemeindehaus, Mollerſtraße 23 (Eingang Liebfrauenſtraße 6),
Männer=Quartett Die Eiskalten 1906 Am
29. Sept., abends 8 Uhr, veranſtaltet das Quartett im Mathildenhöhſaal
zur Feier ſeines 17jährigen Beſtehens ein Konzert. Dem Programm
entſprechend verſpricht es ein genußreicher Abend zu werden, da der gute
Ruf in geſanglicher Hinſicht dafür bürgt. (Näheres ſ. Anz.)

0- Roßdorf, 26. Sept. Kartoffelverſorgung. In der letz=
ten
Gemeinderatsſitzung wurde ein Antrag des Gewerkſchaftskartells da=
hin
erledigt, daß eine Kommiſſion unter den Gemeinderäten gebildet
wurde, die die nötigen Arbeiten erledigen ſoll.
v. Eberſtadt, 26. Sept. Neue Lebensmittelpreiſe. Der
Preis für einen Liter Milch ſtellt ſich jetzt auf 11 Millionen Mark.
Ein 1600 Gramm=Brot koſtet 5 500 000 Mk. Eiſenbahner= Woh=
nungen
. Dem Vernehmen nach ſoll im Frühjahre in der Pfung=
ſtädterſtraße
in nächſter Nähe des Bahnhofes ein Mehrfamilienhaus für
Eiſenbahnbeamte errichtet werden.
Michelſtadt, 26. Sept. Elternabend der Oberreal=
ſchule
i. E. Man ſchreibt uns: Die Ablehnung des Voranſchlags der
Michelſtädter Oberrealſchule i. E. durch die linke Mehrheit des Gemeinde=
rates
am 7. September 1923 gab Veranlaſſung zur Einberufung einer
Elternverſammlung am 16. Sept. im Altdeutſchen Hofe‟. Der Beſuch
übertraf alle Erwartung. Nahezu 200 Angehörige der Schüler, darunter
ſchätzungsweiſe zwei Drittel aus anderen Orten des Kreiſes, gaben durch
ihre Anweſenheit zu erkennen, daß die Einberufung der Verſammlung
notwendig war, und zugleich, daß das Intereſſe an der Oberrealſchule
den Nahmen einer lokalen Angelegenheit beträchtlich überſchreitet. Die
mehrſtündigen Verbandlungen durchzog das Band völliger Einmütigkeit
und Entſchlußfeſtigkeit. Der Wille der Elternſchaft, in der der Arbeiter
bei bem Grafen, der Handwerker bei dem Bauern, der politiſch irgendwie
Beſtimmte neben dem gegenſätzlich Orientierten ſaß, hier zeigte er ſich
in der eines Volksſtaates würdigen, echt demokratiſchen Reinheit, in dem
Beſtrehen, ſich unter Ausſchaltung irgendwelcher perſönlichen Nückſicht=
nahme
lediglich für Wahrheit und gegen politiſche Ranküne einzuſetzen.
Zur Vermeidung zweckloſer Debatte waren die beiden Gegner, deren
Widerſtreit obigen Gemeinderatsbeſchluß zur Folge gehabt hatte, näm=
lich
die Realſchuldirektion und die Bürgermeiſterei Michelſtadt nicht ein=
geladen
. In jener Sitzung hatte der Gemeinderat, oder rihtiger, der
nach Fortgang der Volksparteiler zurückgebliebene, in der Hauptſache
ſozialdemokratiſche Torſo, den Voranſchlag der Realſchule abgelehnt, und
zwar lediglich als eine Maßnahme, die u. a. die Unzufriedenheit der
Mehrheit des Gemeinderates mit den Lehrerfolgen in einem beſtimmten,
von dem derzeitigen Direktor mitgeteilten Fall ausſpricht‟. Der Sprecher
der Sozialdemokratiſchen Partei hatte die Motivierung dahin erweitert,
daß für dieſe die Annahme des Voranſchlags ein Vertrauensvotum für
den Direktor beweiſen würde‟. Die Komik, die ſich aus den offiziellen
Pronunciamentos der Ablehner des Voranſchlags ergibt, hat ihren
Grund darin, daß die wahren Gründe, die nicht ausgeſprochen werden
dürfen, durch einen friſierten erſetzt ſind. Herr Direktor Dr. Keller iſt
nämlich ſeit Jahren in der Deutſchen Volkspartei aktiv tätig und teilt das
Los aller Politiker, nicht nur Gegner, ſondern Feinde zu haben. Die
Elternderſammlung konnte ſich des Gedankens nicht erwehren, daß hier
ein Verſuch gemacht, ſich des unbequemen Politikers Dr. Keller nicht
Schulnnannes zu entledigen. Irgendwie mußte ein Schlag gegen ihn
fallen. Nur mußten Gründe vorgebracht werden, die nicht nach Politik
riechen durften. Die Elternverſammlung ſprach deshalb in einſtimmi=
ger
, gern gegebener Entſchließung dem Direktor ihr vollſtes Vertrauen
aus. E3 wurde ein Ausſchuß beſtimmt, der die gefaßte Entſchließung,
nebſt mündlichen Erläuterungen der zuſtändigen Miniſterialſtelle zu
übermitteln hat, und ein weiterer, der ſein Augenmerk auf die Erfüllung
der Wünſche der Elternſchaft zu richten hat und jederzeit bereit iſt, wei=
tere
Stöße ſchleunigſt abzufangen.
zh. Auerbach a. d. B., 26. Sept. Die Straßenbeleuchtung
ſoll trotz der hohen Unkoſten im Intereſſe der Sicherheit ab 1. Oktober
wieder aufgenommen werden. Das Waſſergeld für den laufen=
den
Monat iſt auf 500 000 Mk. feſtgeſetzt worden. Es wird, um der
Geldentwertung vorzubeugen, ſofort nach der Aufnahme kaſſiert werden.
B. Gernsheim, 26. Sept. Geſtern abend halb 9 Uhr erlegten Herr
Forſtmeiſter Petitt und der Förſter Herr Joh. Fell im Gernsheimer
Walde, Kohlplatte, ein Wildſchwein (Eber) im Gewichte von zirka
80 Kilo. Das Tier trieb ſich ſchon einige Wochen im Gernsheimer Wald
herum.

Parlamentariſches.
Auszahlung der Gelder für abgeliefertes Ge=
treide
durch die Kommunalverbände. Abg. Hofmann
(Seligenſtadt) hat folgende Anfrage geſtellt: Iſt der Regierung bekannt,
daß immer noch berechtigte Klagen darüber beſtehen, daß die Kommunal=
verbände
erſt nach Monaten das Geld für das abgabepflichtige Getreide
an die Bauern auszahlen und hierdurch die Landwirte durch die inzwi=
ſchen
eingetretene Geldentwertung ſchwer ſchädigen? Welche Maßnah=
men
gedenkt die Regierung gegen ſolche Kommunalverbände zu unter=
nehmen
?. Wie gedenkt ſie die durch die verſpätete Auszahlung geſchädig=
ten
Bauern durch die Kommunalverbände ſchadlos zu halten? Zur
Begründung will ich aus einer Reihe von Fällen nur nachſtehende an=
führen
: Unterm 18. Sept. ſchreibt mir der Landwirt Peter Rickert II.
aus Klein=Welzheim: Bereits im Monat Mai d. Js. lieferte ich mein
noch abgabepflichtiges Korn 3 Zentner an den Kommunalverband
Offenbach=Friedberg ab. Heute, nach fünf Monaten, bin ich noch nicht im
Beſitze meines Geldes. Abgabepflichtig waren 9 Zentner; hiervon lie=
ferte
ich 6 Zentner bereits am 10. März 1923 ab. Hierfür habe ich im
Monat Juli d. Js. ſage und ſchreibe 53 000 Mk. erhalten. Ich glaube,
uns Kleinbauern geht es jetzt ſchon ſchlecht genug. Wo ſoll das Geld
herkommen für die Steuern? Ich verlange für mein abgeliefertes Korn
den vollen Betrag nach dem Preis des Korns, wie er an dem Tag ſteht,
an dem ich mein Geld erhalten werde.
Betr. Verſpätete Auszahlung der Unterſtützun=
gen
an die Tabakarbeiter fragt Abg. Hofmann= Seligen=
ſtadt
an: Hat die Regierung Kenntnis von den reichlich verſpäteten
Auszahlungen der Unterſtützungsgelder an die Tabakarbeiter und die
hierdurch noch weiterhin verſchärfte Notlage dieſer Erwerbsloſen? Iſt
die Regierung in der Lage, darauf hinzuwirken, daß durch die maß=
gebenden
Stellen, jeweils am Samstag jeder Woche ein Vorſchuß ausge=
zahlt
werden kann, ähnlich wie in Baden um wenigſtens der
größten Not zu ſteuern,

Reich und Ausland.
Deutſche Automobil=Ausſtellung, Berlin.
Auf der Deutſchen Automobilausſtellung wird man in dieſem Jahre
vergebens den Stand der Firma Adam Opel, Rüſſelsheim
a. Main ſuchen. Es iſt bedauerlich, daß ein ſolches Unternehmen auf der
Ausſtellung nicht vertreten iſt. Wir hören, daß die Inhaber der Firma
ſich perſönlich um das Zuſtandekommen der Ausſtellung beſonders ver=
dient
gemacht haben. Trotzdem die Fabrikation der Firma Opel ſich im
beſetzten Gebiet befindet, und die Leitung des Werkes infolge der Grenz=
ſperre
und der völligen Stockung der Material=Zufuhr ſeit der Ruhr=
Beſetzung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte,
konnte ſie doch die Ausſtellungsobjekte rechtzeitig fertigſtellen. Bis
zum letzten Tage rechnete man mit einer Verſtändigung in der Nuhr=
Frage, um den Verſand der Ausſtellungswagen nach Berlin vornehmen
zu können. Vergebens! Die von der Fachwelt erwarteten Neuheiten
der Firma Opel können ſomit infolge der Zeitverhältniſſe dem großen
Publikum nicht vorgeführt werden.
Aus der Reichshauptſtadt.
In Spielerkreiſen war ein gewiſſer F. eine ſehr bekannte
Perſönlichkeit. Bei größeren Zuſammenkünften im Weſten der Stadt
fehlte F. faſt nie und er war es faſt immer der die Bank hielt. In
der letzten Zeit hatte er aber ziemliche Verluſte erlitten. Bei einer Zu=
ſammenkunft
in der letzten Nacht, wo er wieder der Bankhalter war,
war ihm das Glück zunächſt wieder wenig hold. Er verſuchte nun einen
großen Coup und hielt die Bank bei einem Einſatz von je 15 Milliarden.
Er hatte ſo alles auf eine Karte geſetzt und war, wenn man nach außen
hin auch wenig davon merkte, innerlich ſehr erregt. Als er nun die
Karte aufdeckte und eine 8 zog, der Gewinn ſomit der Bank zufiel,
brach er plötzlich vom Schlage gerührt zuſammen und war auf der
Stelle tot. Die Geſellſchaft verließ jetzt eiligſt das Spiellokal, weil die
Polizei von dem Tode benachrichtigt werden mußte und niemand ange=
troffen
werden wollte. Die Leiche wurde beſchlagnahmt und nach dem
Schauhauſe gebracht.

Zwei Tote in Zittau.
Dresden. In Zittau haben ſich vorgeſtern ſchwere Unruhen er=
eignet
. Gegen 6 Uhr abends füllten Demonſtranten den Marktplatz
und verſuchten das Rathaus zu ſtürmen. Ein Wagen mit Ziegelſteinen
wurde angefahren und mit den Steinen die Polizeiwache und das Rat=
haus
bombardiert. Außerdem wurde eine Waffenhandlung geſtürmt
und dann auf die Polizei geſchoſſen. Bei dem allgemeinen Sturm auf
das Rathaus gab die Polizei Feuer, wodurch zwei Demonſtranten ge=
tötet
und vierzehn ſchwer verwundet wurden. Auch einige Polizeibeamte
ſind mehr oder weniger ſchwer verletzt worden.
Jubiläum des Deutſchen Fröbel=Verbandes.
Die 21. Hauptverſammlung des Deutſchen Fröbel=Verbandes wird
vom 29. September bis 2. Oktober in Frankfurt a. M. ſtattfinden. Als
Feier des fünfzigjährigen Beſtehens dieſes auf pädagogiſchem Gebiste,
insbeſondere im Kindergarten=Weſen führenden Verbandes, dürfte die
diesjährige Verſammlung einen Markſtein in der Entwicklung der Frö=
beibewegung
bilden. Bekanntlich ſieht der Deutſche Fröbel=Verband es
als ſeine Aufgabe an, dem Erziehungsgedanken Friedrich Fröbels in der
Familie, im geſamten Schul= und Volksbildungsweſen und in der
Jugendwohlfahrtspflege Eingang zu verſchaffen und zur Verwirklichung
zu helſen. Er tritt insbeſondere dafür ein, daß der ausſchlaggebenden
Bedeutung der erſten Kindheitsjahre für die körperliche, geiſtige und ſitt=
liche
Entwicklung des Menſchen mehr Beachtung geſchenkt und die erfor=
deriichen
Maßnahmen der Erziehung und Fürſorge davon abgeleitet
werden. Um Friedrich Fröbels Forderung einer entwicklungsgemäßen
Erziehung näher zu kommen, hält er die Erforſchung der körperlichen
und ſeeliſchen Eigenart des Kindes, insbeſondere des Kleinkindes für not=
wendig
und fürdert alle dahin gehenden Beſtrebungen nach ſeinen Kräf=
ten
. Die diesjährige Tagung wird in erſter Linie Fröbels Auffaſſung
von der beſonderen Kulturaufgabe der Frau zum Gegenſtand haben. Hat
doch Fröbel hierüber gerade unſerer Zeit noch unendlich viel und be=,
deutſames zu ſagen. Profeſſor Eduard Spranger wird in der Feſtver=
ſammlung
die wurzelhafte Verwandtſchaft Fröbelſcher Ideen mit den
neuen Strömungen in der Frauen= und Jugendbewegung beleuchten.
Die Abende bringen Vorträge von Frau Dir. Mayer=Kuhlenkampff,
Halle, über: Die Kulturaufgabe der Frau in der Familie und Mini=
ſierialrätin
Dr. Gertrud Bäumer über: Die Frau als Erzieherin in der
Oeffentlichkeit. Am 1. Oktober werden die Verhandlungen der Frau
als Erzieherin im Sinne Fröbels, a) in der Schule (Rednerin unbe=
ſtimmt
); E) in der allgemeinen Berufsſchule (Dr. Anna Siemſon);
c) in den ſozialpädagogiſchen Frauenberufsſchulen (Frl. Luiſe Beſſer)
gewidmet ſein. Am 2. Oktober wird Hella Löhr=Wien über: Unſere
Aufgabe, im Hinblick auf die Vertiefung der häuslichen Erziehung
Dr. Wilh. Polligkeit=Frankfurt a. M. über: Die BBedeutung des Reichs=
jugendwohlfahrtsgeſetzes
für das Kindergarten= und Hortweſen ſprechen.
Ein zweifaches Todesurteil.
Das Volksgericht Augsburg verurteilte den Schloſſer Härin=
ger
wegen des ſeinerzeitigen Doppelraubmordes in Dieſſen am Ammer=
ſee
zweimal zum Tode und zu lebenslänglichem Ehrenverluſt. Damit
hat das ſcheußliche Verbrechen ſeine Sühne gefunden, das an dem Ober=
amtsrichter
a. D. Luder ſeinerzeit verübt wurde und dem Luder ſelbſt
eine Greis von 70 Jahren und ſeine 75jährige Haushälterin zum
Opfer fielen. Der Mörder hatte nach vollbrachter Tat das Haus an=
gezündet
, um jede Spur zu beſeitigen. Erſt im Mai d. Js, konnte der
Verbrecher überführt werden, nachdem die Tat bereits am 4. Februar
1922 begangen worden war.
Kurzſchluß durch eine Eule.
Auf der Gotthardlinie iſt jüngſt durch eine Eule Kurzſchluß entſtanden.
Ueber dieſes Ereignis berichtet der Bote der Urſchweiz mit folgenden
launiſchen Worten: Hatte da am vorletzten Donnerstag abend ein
Nachtheuel im Tellsplattentunnel ſo zwiſchen 9 und 10 Uhr ein Rendez=
vous
verabredet und ſetzte ſich in Erwartung der Dinge, die da kommen
ſollten, ein wenig auf den Fahrdraht bei einem Iſolator. Als ihm die
Geſchichte aber etwas langweilig wurde, dieweil die Siſikoner Dorfbuben
inzwiſchen ſeine Geliebte geraubt und ermordet, ſo regte er die Flügel,
kam dabei dem Iſolatorenträger ein bißchen zu nahe und pardauz ein
übermächtiger Strahl, und des Uhus Leben zerſtob wie Puder im Wind.
Der Iſolator ſamt dem Träger zerſpritzt mit einem Mordsklapf und
der ſchönſte Kurzſchluß war entſtanden, der vom Ritomwerk bis nach
Sihlbrugg ſpürbar war. Wohl war durch Abgrenzung die Gegend des
Kurzſchluſſes bald herausgefunden, aber es dauerte faſt zwei Stunden,
bis die Störung behoben war.

Stimmen aus dem Leferkreiſe.
(Für die Versffentiſchungen umier dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinerſel Ven=
antwortung
; für ſie bteibt auf Grund des 5 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Amfange
der Emſender verantwertlich.) Einſendungen, die nicht verwendst werden, hönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Anfrage!
Die Zuſchläge zu der Grundmiete werden monatlich vor Beginn
eines jeden Monats feſtgelegt. Die feſtgeſetzten Zuſchläge entſprechen
der am Tage der Bekanntmachung beſtehenden, annähernden Entwer=
tung
. Hiernach iſt der Vermieter doch berechtigt, die Miete, auch wenn
dieſe bisher poſtnumerando bezahlt wurde, dieſe ſich pränumerando zah=
len
zu laſſen Einſichtigen Mietern iſt die Vorauszahlung der Miete
etwas ganz ſelbſtverſtändliches, während es wiederum Mieter gibt,
welche ſich daran klammern, die Miete dem ſeitherigen Brauch entſpre=
chend
, am Schluß des Monats zahlen zu können. Die mit Beginn des
Monats feſtgelegten Hundertſätze ſind, wenn die Miete erſt Ende des
Monats bezahlt wird, durch die inzwiſchen um ein vielfaches eingetretene
Entwertung vollſtändig wertlos. Kann der Vermieter aus dieſem, wohl
ſelbſtverſtändlichem Grunde, die Miete pränumerando verlangen?
Ein Hausbeſitzer.
Die Antwort auf dieſe Frage müßte logiſcherweiſe lauten: Ja,
wenn alle Mieter auch Gehalt und Lohn im Voraus erhalten
und wenn die Hausbeſitzer ſich verpflichten, falls, was ja doch nicht ganz
unmöglich iſt, eine Beſſerung der Mark ſtattfindet, das zuviel gezahlte
zurückzuzahlen.

Die Heag läßt ſich jeweils den gleichen Betrag für elektriſches
Licht als Abſchlagszahlung für die nächſte Ableſung vorauszahlen. Im
nächſten Monat bei wefentlich teuererem Lichtpreis oder richtiger geſagt,
bei weiter verſchlechtertem Gelde, bringt ſie den eingehaltenen Betrag
einfach in Abzug. Wenn dies ein Kaufmann machen würde, ſo käme er
mir dem Wuchergericht in Konflikt. Recht und korrelt wäre es, wenn die
Heag auf die Vorauszahlung nicht verzichten kaun, daß ſie nicht den
Geldbetrag, ſondern die Anzahl der bereits bezahlten Kilowattſtunden
I.
zurückvergütet.

Landbeamtenfreuden.
Die am 5. September beſchloſſene Nachzahlung für die erſte
Septemberhälfte wurde uns heute, am 19. September, endlich ange=
wieſen
. Doch Der Rechner hat kein Gheld mehr in der Kaſſe. Unſere
Cheks nimmt uns kein Menſch mehr ab. Für die am 15. September
beſchloſſene Nachzahlung kamen erſt heute, am 21. September, die
Berechnungsbogen die wir Lehrer ſelbſt ausfüllen. Wann werden
wir in den Beſitz dieſer Zahlung kommen?. Wann auch werden wir das
Geld für Unterricht in der Fortbildungsſchule erhalten, den wir im
Auguſt erteilten? Doch halt! Es ſind noch andere Einnahmequellen
da: am 15. September erhielten wir eine Anweiſung über 14 000 Mk.
für eine Dienſtleiſtung im Juli, am 17. September ſogar eine ſolche
über 3575 Mk., in Worten; dreitauſendfünfhundert=
fünfundſiebzig
Mark, für Dienſtleiſtung im Juni, abzuholen
in Zwingenberg, Weg je eine Stunde!!

Gotte8dienſt der iſraelitiſchen Religionsgemeinde.
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße).
Freitag, den 28. Sept. Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 15 Min.
Samstag, den 29. Sept. Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Min.
Sabbatausgang 6 Uhr 55 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen: Morgens 7 Uhr. Abends
6 Uhr.
Gottesdienſt in der Synagoge der Iſrael. Religionsgeſellſchaft.
Samstag, den 29. Sept. Vorabend 5 Uhr 40 Min. Morgens
8 Uhr. Nachm. 4 Uhr. Sabbatausgang 6 Uhr 55 Min.
Sonntag, den 30. Sept.: Morgens 6 Uhr. Abends 6 Uhr.
Montag, den 1. Okt.: Hauſchanoh Rabboh. Morgens 5 Uhr
55 Min.

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wetterbericht für Samstag, den 29. September.
Tagsüber heiter, nachts Nebel, in Höhenlagen Froſtgefahr.

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende vor 10 Uhr
(F3, f2): Karl XII. Kleines Haus geſchloſſen. Union=, Reſi=
denz
=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten

[ ][  ][ ]

Darmſtkädter Tagblatt

Wirtſchaftliche Rundſchau.

MMdeod

28. Septembet 4923 Nr. 268

* Gehe & Co. A.=G., Dresden. Preſſemeldungen zufolge
hat die Geſellſchaft einen Intereſſengemeinſchaftsvertrag mit dem
Auſſiger Verein für chemiſche Produktion abgeſchloſſen. Auf Grund
dieſes Vertrages übernimmt Gehe & Co. den Verkauf gewiſſer Artikel
des Auſſiger Vereins für beſtimmte Gebiete. Ein größerer Poſten
Gehe & Co.=Aktien ſoll in den Beſitz des Außiger Vereins übergegangen
ſein.
Südd. Cacao=Werke A.=G., Nürnberg. Die Geſell=
ſchaft
beantragte Kapitalserhöhung um Mk. 25 Mill. A. o. G.=G. am
23. Oktober.

Preisänderungen.

* Preiserhöhung für Braunkohlen. Dem Vernehmen
nach hat das Mitteldeutſche, Braunkohlenſyndikat eine Preiserhöhung
von 30 Prozent beſchloſſen.
* Goldpreiſe für Thomas Phosphatmehl. Mit
Wirkung ab 21. September betragen die Preiſe für 1 Kilogrammprozent
Geſamtphosphorſäure 19 Goldpfennige, für 1 Kilogrammprozent zitro=
nenſäurelösliche
Phosphorſäure 22,5 Goldpfennige. Neben den genann=
ten
Preiſen kommen die beſonders feſtgeſetzten Umlagebeträge zur Er=
hebung
. Beſondere Lieferungsbedingungen: Fracht ab Frachtausgangs=
ſtation
Aachen=Rote Erde. Die Lieferung erfolgt nach Wahl der Werke
in haltbaren Papier= oder Juteſäcken. Bei Lieferung in Papierſäcken
wird ein Aufſchlag von 1,25 Goldpfennig, bei Lieferung in neuen Jute=
ſäcken
von 2,5 Goldpfg. für 100 Kilo Waren einſchließlich Füllgebühr
berechnet werden. Die Umrechnung der Goldpfennige in Papiermark
erfolgt nach dem amtlichen Dollarmitrelkurs, wobei der Dollar mit 4,2
Goldmark zu berechnen iſt. Zahlung: Barzahlung mit 1½ Prozent Ab=
zug
. Der Abzug kommt nicht in Betracht für Umlagebeträge, ſowie die
Zuſchläge für Packungsmaterial. Die Umlagebeträge werden wie folgt
feſtgeſetzt: 1. für 1 Kilogrammprozent Geſamtphorsphorſäure in Thomas=
mehl
auf 8,5 Goldpfg., 2. für 1 Kilogrammprozent zitronenſäurelösliche
Phosphorſäure im Thomasmehl auf 10 Goldpfennige.
*Neue Höchſtpreiſefür Zement. Mit Wirkung ab 24. 9.
beträgt der Höchſtpreis für 10 000 Kilo Zement ohne Fracht und Ver=
packung
im Reichsgebiet 525 Goldmark. 4,2 Goldmark gleich 1 Dollar.
Die Vergütung für den Handel iſt in dieſem Preis enthalten. Als
Fracht darf die von den Zementverbänden nach Lage der Empfangsſtation
errechnete tatſächliche oder Durchſchnittsfracht zugeſchlagen werden. Die
Durchſchnittsfrachten unterliegen der Nachprüfung. Ergeben ſich dabei
Ueberſchüſſe oder Fehlbeträge, ſo ſind die Durchſchnittsfrachten nach den
Anordnungen zu ändern. Beim Kleinverkauf unter 10000 Kilo dürfte
auf den Höchſtpreis einſchließlich Fracht und Verpackung zugeſchlagen
werden: beim Verkauf ab Werk, Schiff oder Waggon 15 Prozent, beim
Verkauf ab Lager bis 30 Prozent. Die oberſte Landesbehörde oder die
von ihr beſtimmten Stellen können mit Zuſtimmung des Reichswirt=
ſchaftsminiſters
den Prozentſatz der Zuſchläge entſprechend den örtlichen
Verhältniſſen abweichend feſtſetzen. Die Kleinverkaufszuſchläge ſind gleich=
falls
Höchſtpreiſe im Sinne des Höchſtpreisgeſetzes.

Anleihen.

* Budapeſter Stadtanleihen. Der Direktor des
deutſchen Emiſſionshauſes weilt z. Z. in Ungarn, um mit dem Buda=
peſter
Magiſtrat bezüglich der Rückzahlung der Anleihen zu verhandeln.
Die deutſchen Gläubiger verlangen Rückzahlung in Schweizer Franken,
da die Anleihe in der Schweiz baſiert worden iſt. Die Vertreter des
Magiſtrats wollen nach dem B. T. die Rückzahlung nur in unga=
riſchen
Kronen vornehmen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge
ſei es wahrſcheinlich, daß die deutſchen Gläubiger den Klageweg be=
ſchreiten
werden.
* Das Zeichnungsergebnis der wertbeſtändigen
Anleihe des Deutſchen Reiches ſchätzt man nunmehr, kleinere
Eingänge vorbehalten, auf zirka 125 Mill. Goldmark oder auf annähernd
30 Mill. Dollar.
Banken.
* Bank für Heſſen vorm. Rudolf Ballin, Kom.=G.
a. A., Kaſſel. Die G.=V. beſchloß Kapitalserhöhung von bisher no=
minal
Mk. 200 auf nominal Mk. 400 Mill. ab 1. Januar 1923 dividen=
denberechtigten
Anteile. Die jungen Kom.=Anteile werden zu 100 Proz.
mit der Maßgabe übernommen, den bisherigen Kommanditiſten auf Mk.
50 000 alte Kom.=Anteile Mk. 10 000 junge Kom.=Aktien zu 75 000 Proz.
bei einem Dollarmittelkurs von 150 Mill. anzubieten. Die reſtlichen
jungen Aktien ſollen von einem Konſortium im Intereſſe der Bank ver=
wertet
werden. Ferner wurde die Ausgabe von Mk. 102000 6proz.
Vorzugsaktien mit 10fachem Stimmrecht für beſtimmte Fälle beſchloſſen.
Die Vorzugsaktien werden von einem Konſortium, beſtehend aus drei
Aufſichtsratsmitgliedern zu pari übernommen.
* Württembergiſche Hypothekenbank in Stutt=
gart
. Die Verwaltung beantragte Kapitalserhöhung um Mk. 40
Mill. A. o. G.=V. 25. Oktober.

Dividendenvorſchläge.

* C. H. Hutſchenreuther, Hohenberg a. d. Eger. Die
Geſellſchaft bringt für das abgelaufene Geſchäftsjahr 2500 Prozent Di=
vidende
(i. V. 25 Proz.) zum Vorſchlag. Ferner wird der zum 25. Okt.
einzuberufenden G.=V. die Ausgabe von Mk. 26 Mill. Stammaktien in
Vorſchlag gebracht, wobei den alten Aktionären ein Bezugsrecht 4:1 zu
einem noch feſtzuſetzenden Kurs eingeräumt werden ſoll, während Mk.
10 Mill. als Schutzaktien (nicht als Verwertungsaktien) zur Verfügung
der Geſellſchaft verbleiben ſollen.
Warenmärkte.
wb. Berliner Produktenmarkt. Infolge der an dem
Deviſenmarkt eingetretenen Preiserhöhungen war auch die Stimmung
am Produktenmarkt bei etwas höheren Preiſen durchſchnittlich feſter.
Von Auslandswar wurde namentlich Roggen und Gerſte, vereinzelt aber
tuch Weizen, Mehl und Mais ſtärker gehandelt. Lebhafter gefragt war

heimiſcher Roggen. Sonſt hielten ſich die Preiſe bei leicht anziehenden
Preiſen in engen Grenzen.

Börſen.

wb. Berliner Deviſenmarkt. Infolge der geſpannten
politiſchen Lage hat die Nachfrage am Deviſenmarkt wieder etwas zu=
genommen
. Die Reichsbank gab ihre bisherige, ſeit einigen Tagen ge=
übte
Gepflogenheit der vollen Zuteilung auf und befriedigte den Begehr
für die führenden Plätze ungefähr nur zur Hälfte. London wurde jedoch
voll zugeteilt. Am Geldmarkt hat ſich die Lage weiter entſpannt. Tages=
geld
wurde mit 2 Prozent und darunter pro Tag reichlich zur Verfügung
geſtellt.
w. Deviſenmarkt. Frankfurt a. M., 27. Sept. Telegr. Auszahlungen:

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w. Deviſenmarkt. Berlin, 27. September Telegr, Auszahlungen für=

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

1 1212 2OrN
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

Ve
ee
Brie e
Geld
Afe Vo rat. Amſterdam=Rotterdam ... .., 49476000 49724000. 55865000. 56140000. 50 Brüſſel=Antwerpen .. . . . .." 6723150. 6766850. 7381500. 7418500. Chriſtiania . . . 19950006. 20050000. 22743000. 22857000. Kopenhagen 22543500. 2:656500. 25536300. 25604000. Stockholm". 335 16000. 33684000. 37905000. 38095000. Helſingfors. 3291500. 3403500.- 3820425. 3839575. Italien. .. 5685750. 5714250.- 6483759. 6516250. London .. 543262500. 576537500 648375000 65 1625000 New=York. 125685000 126315000. 142044000 142756900 Paris. 7730500. 7819500. 8578250. 8721750. Schweiz 22543500. 22656500. 25336500. 25463500. 50 Spanien 17655750. 17744250. 19750500. 19849500. 50 Wien (in Deutſch=Sſterr, abg. 177555. 178445. 199500. 200500. 25 Prag .. 3750600. 3769400. 4269300. 4290700. 20 Zudapeſt.. 6683. 6717. 7581. 7619. Buenos=Aires 41845 000. 42105030. 47481000. 47719000. Bulgarien. 1205975. 1213025. 1376550. 1383450. Japan .. 60847500. 61152500. 68827500. 69172000. Rio de Faneiro 12067750. 12130250. 13763500. 13834500. Belgrad. 1475300. 1483700. 1695750.- 1704250. 30 Liſſabonn.. 4987500. 50 12500. 5985 000. 6015000. Sofia. . . .

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(3478a

Familiennachrichten

Rn eaa
ir danken herzlichst für
W die vielen Glückwünsche

und Blumenspenden anläßlich
unserer Vermählung und
Verlobung.
Oberpostsekretär Georg Lantelme V
u. Frau, geb. Keller, verm. Germann
Aenni Germann
Oskar Elm
cand. Dipl.-Ing.
v Kragichsteinerstr. 12½,
(*2
Wsssssssostcccssass-

(Krgeben in Gottes Willen ver=
Sſchied ſanft, nahezn 76 Jahre
alt, mein lieber Mann, unſer
treuer Vater, Schwiegervater
und Großvater (*25666
Franz Gombert
Aktuar i. R.
Darmſtadt, 26. Sept. 1923.
Dietrauernden Hinterbliebenen.
Die Beerdigung findet in aller
Stille ſtatt. Kranzſpenden und
Beileidsbeſuche dankend verbeten.

ür die vielen Beweiſe der
Ji Anteilnahme an unſerem
erlittenen Verluſt ſagen wir
Freunden und Bekannten herz=
(*25642
lichen Dank.
Familie
Albert Feuchtwanger.

Sür die vielen Beweiſe herz=
eb
licher Teilnahme bei dem
Heimgange meiner innigſtge=
liebten
Gattin ſagen wir auf
dieſem Wege unſren herzlichſten
(*25618
Dank.
Hubert Opfermann u. Sohn
Frau A. Groſch Bwe.

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Heute verſchied, nach ſchwerem Leiden mein un=
vergeßlicher
Gatte, unſer treuſorgender Vater, Schwie=
gervater
, Schwager und Onkel
Martin Petermann
Wagnermeiſter
im 66. Lebensjahr.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Frau Katharina Petermann, geb. Kiefer,
und Kinder.
Darmſtadt, den 26. Sept. 1923 (Schwanenſtr. 9)
Groß=Bieberau, Worms.
Die Beerdigung findet Samstag, den 29. Sept., vor=
mittags
11½ Uhr, vom Portale des Friedhofs, Nieder=
*25648
Ramſtädterſtraße, aus ſtatt,

Geschäfts-Erö ffnung.
In den ausgedehnten 4 Stockwerken der
früheren Möbelhandlung IIch. Schmitt
Schloßgraben 13a
eröffne ich
Samstag, den 29. September
nachmittags 3 Uhr
anschließend an meine Herrenkleider-Fabrik
ein erstklassiges Spezial-Geschäft
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nächst dem Markt.
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Ob.=Ramſtädterſt. 15.

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wigſtr. 3, I. (25

Herren=Ulſter
Knaben=
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zu verkaufen M2ükh)
ſtraße 38, part. ( 25608

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1. Stock. (*2565
AStellengeſuche

Weiblich

Für durchaus perf.
Stenotypiſtin, gew.
im Geſchäſtsverkehr
wird von hieſ. Firma
weg. Perſonalverklei
nerung entſpr. geeig,
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Betracht. Gefl. Ang
u. R94 Geſchſt. (*2

Geſucht für ſofort
tücht. Mädchen
oder Frau in kl. herr=
ſchaftl
. Haushalt; zeit=
gemäßer
Lohn, ſonſt.
Vergünſt. Näh. Rett=
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, Grafenſt. 12. (*33021

Für Engrosgeſchäf
tüchtiges, gewandtes
älterer
Fräulein
oderrüſt. Kleinrentner
zur Führung der Kaſſe
ſofort geſucht. Angek
u. R103 Gſchſt. (*25651

Für Hohlſaum
Wäſchenähen und
ſticken,
Jumpers häkeln
finden geübte Kräfte
dauernd hohen Ver
dienſt. Probearbeit
mitbringen. Viktoria=
ſtraße
28, II. (* 25617

Zeitungsträgerin
geg. hoh. Lohn ſofort
geſucht. Kullmann,
Wilhelminenſtr. 9. (K7ec

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Darmſtädter
Tagblatt.

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Lauffrau
für 2mal in d. Woche
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Karlſtr. 102, I. (*25611

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bis n. d. Spülen
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2. Stock. (*25655

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[ ][  ]

Darmſtädter Tagblatt, Freilag, den 28. September 1923.

Nummer 268.

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auf weiteres nicht mehr möglich iſt, Spargelder anzunehmen.
Ebenſo können die in unſerem Beſitz befindlichen Spar=
einlagen
vom 1. Oktober 1923 ab, nicht mehr verzinſt werden.
Wir ſtellen es unſeren werten Spareinlegern frei, die Ein=
lagen
entweder bis zum 31. Oktober abzuheben oder dem Geſchäfts=
anteil
überſchreiben zu laſſen. Spargelder, die am 1. November
noch nicht abgehoben ſind, werden dann ohne weiteres dem
Geſchäftsanteil gutgeſchrieben.
Vorbehaltlich der Genehmigung der Vertreterverſammlung
hat die Verwaltung die Erhöhung des Geſchäftsanteils auf
20 Millionen Mark

beſchloſſen. Ab 1. Oktober iſt das Eintrittsgeld auf
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