Darmstädter Tagblatt 1923


21. September 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeskauptſtadt
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Nummer 261
Freitag, den 21. September 1923
186. Jahrgang

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Ka

Beſetzung des Mannheimer Schloſſes.
Mannheim, 20. Sept. (Wolff.) Die Franzoſen ſind
heute früh 5½ Uhr in Stärke von 24 Kompagnien über die
Rheinbrücke gekommen und haben das bekannte
Schloß beſetzt. Um das ganze Schloß herum haben ſie
einen ſtarken Kordon von Truppen gezogen. Näheres über die
Abſichten der Franzoſen iſt bis jetzt, 6½ Uhr morgens, noch nicht
zu erfahren geweſen. In dem Schloß ſind gegenwärtig zahl=
reiche
Verwaltungsbureaus der Stadt untergebracht.
m. Mannheim, 20. Sept. Durch die heute morgen er=
folgte
Beſetzung des Mannheimer Schloſſes hat die Beſetzung
Mannheims eine weitere Ausdehnung erfahren. Der Grund
der Beſetzung, über den in der Stadt die verſchiedenſten Ge=
rüchte
im Umlauf ſind, iſt authentiſch noch nicht bekannt. Da das
Schloß an den Ausgängen zu der Rheinbrücke nach Ludwigs=
hafen
liegt, dürfte es ſich um eine Ausdehnung des
Brückenkopfes der Rheinbrücke handeln. Die fran=
zöſiſche
Beſetzung kam vollſtändig überraſchend. Sämtliche Zu=
gangsſtraßen
zum Schloß werden von ſtarken franzöſiſchen Ma=
ſchinengewehrpoſten
beſetzt gehalten. Am rechten Flügel des
Schloſſes gegen den Bahnhof zu ſtehen die franzöſiſchen Poſten
bis zur Lindenhof=Ueberführung an der Vorderfront, an dem
Portal des Schloſſes, und beherrſchen von hier aus die Straße,
die zu der von den Franzoſen ſchon ſeit einiger Zeit beſetzten
Neckar=Friedrich=Brücke und zum ebenfalls beſetzten Neckarbahn=
hof
führt. Die auf dem linken Flügel des Schloſſes und der
Jeſuitenkirche ſtehenden Poſten ſtellen die Verbindung mit dem
am 3. März beſetzten Mannheimer Hauptzollamt im Hafen=
gebiet
her. Der Zugang zum Schloß und auch zum
Schloßhof wird dem Publikum verwehrt, außer=
dem
das Betreten der Bürgerſteige der um das Schloß führenden
Straße. Der Hauptbahnhof Mannheim iſt entgegen
verbreiteten Gerüchten nicht beſetzt. Die Ausdehnung der
Beſetzung Mannheims beſchränkt ſich bis jetzt lediglich auf den
Schloßkomplex. In dem Schloß, das das größte Schloß
Deutſchlands iſt, ſind eine große Anzahl ſtaatlicher
und ſtädtiſcher Behörden, darunter auch ſämtliche Ge=
richtsbehörden
, untergebracht.
Mannheim, 20. Sept. (Wolff.) Die Franzoſen, die
heute früh das Mannheimer Schloß beſetzten, haben alle Zu=
gänge
durch Poſten mit aufgepflanztem Gewehr beſetzt. An ver=
ſchiedenen
Punkten wurden auch Maſchinengewehre aufgeſtellt.
Die Telephonverbindung mit dem Innern des Gebäudes iſt
unterbrochen. Den Bewohnern des Schloſſes, zum größten Teil
Beamtenfamilien, iſt der Ein= und Ausgang nur bei Vorzeigen
eines mit dem franzöſiſchen Stempel verſehenen Paſſes erlaubt.
Da in dem Schloß verſchiedene Verwaltungen, Landgericht,
Amtsgericht und die Finanzbehörde, untergebracht ſind und die=
ſen
Beamten bis jetzt keine Möglichkeit gegeben wurde, in das
Schloß zu kommen, ſo können dieſe die ihnen obliegenden Ar=
beiten
nicht verrichten.
Wie von beſonderer Seite mitgeteilt wird, ſoll die Beſetzung
des Schloſſes eine Vergeltungsmaßnahme ſein für die
vor zirka fünf Wochen in der Preſſe bereits mitgeteilte Schieße=
rei
an der Rheinluſt. Der Verkehr von und zum Schloſſe iſt,
wie verlautet, durch Perſonalausweiſe geregelt norden.

Die Kohlen= und Koksabfuhr aus dem Ruhrgebiet.
Eſſen, 20. Sept. (Wolff.) Aus der amtlichen Ueberſicht
über die Kohlen= und Koksabfuhr aus dem Ruhr=
gebiet
über die Brücken bei Duisburg, Hochfeld, Düſſeldorf
und auf dem Rhein nach Frankreich und Belgien vor
dem Ruhreinbruch und im Monat Auguſt 1923 ergibt ſich, daß,
während Deutſchland auf den Eiſenbahn= und Waſſerſtraßen
vor dem Ruhreinbruch an Frankreich und Belgien monatlich
65 800 Wagen Reparationskohle geliefert hat, die Abfuhr von
Kohle und Koks durch Belgien und Frankreich im Auguſt
auf der Eiſenbahn und auf dem Rhein (Schiffsladungen ſind
in Wagenladungen umgerechnet) die Höhe von nur 17 291
Vagen erreichte. Die von Deutſchland monatlich nur auf der
Eifenbahn an Frankreich und Belgien gelieferte Reparations=
kohle
betrug 49 950 Wagen, während Frankreich und Belgien im
Auguſt auf der Eiſenbahn nur 15 541 Wagen abgefahren haben.
Dabei betrug die deutſche Ladung eines Wagens durchſchnittlich
7,8 Tonnen, während die franzöſiſch=belgiſche Ladung auf 12
bis 15 Tonnen zu ſchätzen iſt. Wenn der Ruhreinbruch der
Franzoſen und Belgier nicht erfolgt wäre, wären im
Auguſt an Reparationskohle von Deutſchland nach Frankreich
und Belgien 1850 Wagen arbeitstäglich abgefah=
ren
worden. Nach dem Ruhreinbruch wurden durch die Be=
ſatzung
über die beiden Brücken täglich im Durchſchnitt nur 498
Wagen befördert.
Kontributionen.
Eſſen, 20. Sept. ((Wolff.) Der Stadtverwaltung wurde
von der franzöſiſchen Beſatzungsbehörde mündlich mitgeteilt,
daß dem Stadt= und Landkreis Eſſen tägliche Kontributionen
von 18000 Franken auferlegt werden ſollten. Man wolle bei
der Zahlung der Kontributionen von allen Beſchlagnahmungen
abſehen. Die Stadtverwaltung Eſſen hat das Anſinnen ſelbſt=
verſtänd
lich abgelehnt.
Oeutſchlands Verhandlungsbaſis.
Mindeſtforderungen.
Berlin, 20. Sept. (Wolff.) Wie wir von maßgebender
Seite erfahren, erſtrebt Deutſchland nach wie vor eine
Baſis für endgültige Verhandlungen. Der künf=
tige
Erfolg aller Schritte, die Deutſchland in dieſer Richtung tun
kann, iſt jedoch bedingt durch Forderungen, die wir ſtellen wer=
den
: Eine Befriedung des Ruhrgebiets und die
Wiederaufnahme ordentlicher wirtſchaftlicher
Produktion iſt auch nur für die Dauer eines Proviſoriums
undenkbar, wenn nicht die von den Franzoſen Verurteilten
amneſtiert werden und die Ausgewieſenen zurück=
kehren
können, und ſolange nicht die Verwaltung des
Einbruchsgebiets und der altbeſetzten Gebiete
wieder in die Hand der deutſchen Beamten ge=
legt
wird. Sind dieſe Vorausſetzungen erfüllt, dann muß durch
deutſche Zahlungen eine Löſung des Ruhrkonflikts erreicht wer=
den
, die die Räumung des Ruhrgebiets in ſich ſchließt.

Vom Tage.
Das Reviſionsgericht hat die von dem am 9. Auguſt zum Tode ver=
urteilten
Studenten Naabe eingelegte Reviſion verworfen.
Die Vorlegung aller Papiere eines Betriebs ſeit Beginn ſeines Be=
ſtehens
ordnet General Degoutte in einer neuen Verfügung (Nr. 71) an,
die ſofort in Kraft tritt.
Am Donnerstag trat der bayeriſche Miniſterrat zu einer Beſprechung
zuſammen. An den Beratungen nahm auch der bayeriſche Geſandte in
Berlin, Herr von Dreger, teil.
Nach einer offiziöſen Mitteilung wird der ſächſiſche Landtag ver=
mutlich
am 5. oder 6. Oktobera zuſammentreten. Dr. Zeigner kündigt
für dieſe Sitzung erneut Enthüllungen an.
Generalfeldmarſchall von Hindenburg, der mehrere Wochen zur Er=
holung
in Bayern weilt, hat am Mittwoch abend auf der Rückreiſe nach
Hannover München verlaſſen.
Letzten Meldungen aus Brüſſel, zufolge iſt der frühere ſpaniſche
Außenminiſter Alba in Brüſſel eingetroffen.
Nach einer Blättermeldung aus Brüſſel hat der König eine lange
Beſprechung mit dem Miniſterpräſidenten Theunis gehabt.
Unter dem Vorſitz des Präſidenten der Republik hat geſtern vor=
mittag
in Rambouilett ein Miniſterrat ſtattgefunden, in dem der Miniſter=
präſident
Poincaré über die auswärtige Lage, und der Arbeitsminiſter
über ſeine Inſpektionsreiſe ins Ruhrgebiet Bericht erſtatteten.
Reuter meldet aus Waſhington: Großbritannien habe auf
die amerikaniſchen Vorſchläge wegen der Vereinbarung über die Frage
der Alkoholvorräte an Bord fvemder Schiffe geantwortet. Die
amtlichen Stellen bezeichneten die Antwort als im allgemeinen nicht ſym=
pathiſch
.
Berliner Dollarkurs 181 545 000.
w
Frankfurter Dollarkurs 199300090
Ein Vorſtoß des Oefaitismus.
Der Kampf um die Seele des Kabinetts Streſemann, der
ſchon ſeit Wochen mit ſteigender Heftgkeit geführt wird, nimmt
immer gröbere Formen an. Es iſt ja leider kein Geheimnis
mehr, daß zahlreiche Politiker mit Frankreich einen Frieden um
jeden Preis machen wollen, und ihre ſehr erheblichen Beziehun=
gen
zu der ſehr links ſtehenden Preſſe benutzen, um Propaganda
dafür zu machen, in der Form, daß ſie die Regierung in ihren
Kurs hereinbringen. Das Ungeheuerlichſte leiſtete ſich am Don=
nerstag
vormittag die Neue Berliner Zeitung, der man aller=
dings
ſchon wiederholt enge Verbindung mit der franzöſiſchen
Botſchaft nachgeſagt hat. Sie behauptet, daß in einer Sitzung
des Reichskabinetts der Beſchluß gefaßt wurde, als Uebergang
bis zur offiziellen Verſtändigung der Beendigung des paſſiven
Widerſtandes ſtillſchweigend zuzuſtimmen, daß die letzten Re=
gierungserklärungen
, die ſeinerzeit für das Ruhrgebiet erlaſſen
wurden, nicht mehr erfüllt würden. Die Bevölkerung des Ruhr=
gebietes
habe alſo freie Hand, den franzöſiſchen Vorſchriften ſich
nicht mehr zu widerſetzen und die Arbeit wieder aufzunehmen
das heißt alſo auf deutſch: daß das Kabinett Streſemann bereits
vollkommen vor den franzöſiſchen Forderungen kapituliert habe.
Wenn es überhaupt noch den Begriff des Hochverrats
gibt, dann iſt er mit dieſer ungeheuerlichen Be=
hauptung
, die jede Politik des Kabinetts ſabo=
tiert
, erfüllt. Wir hören denn auch, daß die Reichsregie=
rung
bereits den preußiſchen Innenminiſter aufgefordert hat,
mit allen Mitteln gegen das gemeingefährliche Trei=
ben
der Neuen Berliner Zeitung vorzugehen.
Hochverrat.
Berlin, 20. Sept. (Telunion.) Die Neue Berliner Zei=
tung
bringt unter aufſehenerregender Ueberſchrift die Nachricht
von der Aufgabe des paſſiven Widerſtandes. Auf eine Anfrage
bei der Reichsregierung erfuhr die Telegraphen=Union, daß die
Reichsregierung wegen dieſer Falſchmeldung der Neuen Ber=
die
Zeitung vorgehen werde.
Keine rechtliche Handhabe.
TU. Berlin, 20. Sept. In Ergänzung unſerer Mittei=
lung
über das von der Regierung beabſichtigte Vorgehen gegen
die Mittagszeitung wird von zuſtändiger Seite mitgeteilt, daß
nach Anhören juriſtiſcher Sachverſtändiger leider keine rechtliche
Handhabe beſteht, das Blatt für ſeine Senſationsmeldung zur
Verantwortung zu ziehen.
Eine Oenkſchrift Streſemanns?
Meldung der Daily News wider, wonach Reichskanzler Dr.
Streſemann eine neue Denkſchrift über die Frage der Ruhr=
beſetzung
und der Reparationen ausarbeitet und zunächſt der
belgiſchen Regierung überreicht hätte. Die Denkſchrift enthält
drei Hauptpunkte:
1. Deutſchland iſt bereit, den paſſiven Wider=
ſtand
einzuſtellen, falls die im Ruhrgebiet ver=
hafteten
Deutſchen befreit werden und die aus=
gewieſenen
Ruhrbewohner die Erlaubnis erhal=
ten
, in das beſetzte Gebiet zurückzukehren.
2. Deutſchland will verſuchen, zur Bezahlung
der Reparationen eine höhere Summe als die in der
zuſtande zu bringen.
3. Die deutſche Regierung iſt bereit, in Deutſchland
gründen, ferner eine Generalhypothek auf, die
händigen.

* Das Mittelmeerproblem.
Von
Kapitän zur See a. D. v. Waldeyer=Hartz.
Italien, das Griechenland aus machtlüſternen Zielen im
unerhört ſchroffer Form ſeinen Willen aufzwingen will und
durch ſein militäriſches Vorgehen auch Südſlawien in ſtarke
Gärung verſetzt, hat eine Fackel entzündet, die dicht bei einem
Pulverfaß ſteckt. Und dieſes Pulverfaß heißt Mittelmeerproblem!
Man braucht ſich nur zu vergegenwärtigen, daß zwiſchen Gibral=
tar
und Port Said eine der Hauptſchlagadern der britiſchen
Weltmacht zuckt, um die ungeheuere Bedeutung des Problems
zu erfaſſen. Ein Italien, das auf dem Wege der Entwicklung
zur Großmacht und dieſem Wege ſtrebt man ſeit 1871, ſeit
Cavours Zeiten zu eine Ausdehnungspolitik über Mittelmeer=
gebiete
befolgt, muß notgedrungen engliſche Intereſſen kreuzen;
zumal, wo es von Sizilien aus einen ſtarken und gefährlichen
Nachbar für Malta abgibt.
Seitdem England ſich den Beſitz des Suezkanals geſichert
hat, alſo ſeit dem Jahre 1883, hat der Schwerpunkt der britiſchen
Flottenmacht im Mittelmeer gelegen. Gibraltar und Malta
waren die Hauptſtützpunkte. Eine Aenderung trat erſt zu Beginn
unſeres Jahrhunderts ein, als das Erſtarken Deutſchlands zur
See Anlaß zur Sammlung der britiſchen Schlachtgeſchwader in
den Heimathäfen gab. Nur zögernd gab Großbritannien das
Mittelmeer preis. Und wäre man Frankreichs nicht ſicher ge=
weſen
, der Schritt wäre gewiß nicht ſo weitgehend erfolgt, wie
es tatſächlich der Fall war. Denn die Abmachung, die man mit
Frankreich traf, und die ſchmeichleriſch dahin lauteten, der fran=
zöſiſchen
Flotte überließe man die Sicherung der Mittelmeers
im Vertrauen auf die Entente cordiale, ſie können, wie die poli=
tiſchen
Verhältniſſe Großbritanniens nun einwal liegen, ernſt=
haft
nur für eine beſchränkte Zeit als zweckmäßig angeſehen wor=
den
ſein; nämlich nur für ſo lange, bis auf der planmäßia vor=
bereiteten
Hetzjagd Deutſchland zur Strecke gebracht war. Für
die Dauer hat England jedenfalls nie und nimmer daran gedacht,
ſeine Machtſtellung im Mittelmeer zu verringern. Demgemäß
liegt es auch nur auf der Linie natürlichſter Entwicklung, wenn
die britiſche Adwiralität nach dem Verſtreichen einer politiſchen
Anſtandsfriſt nunnehr wieder dabei iſt, eine Umlegung der
Flotteneinheiten vorzunehmen, und zwar derart, daß dem Mit=
telmeer
ſeine alte überlieferte Machtbedeutung zukommen ſoll.
Aus dieſer Tatſache ergibt ſich, daß aus der Tiefe des Mittel=
meerproblems
auch zwiſchen Frankreich und England neue Schat=
ten
auftauchen werden, die das ſogenannte gute Einvernehmen
umſo eher trüben könnten, als ihre Entſtehungsherde älteren und
alten Urſprungs ſind. Es ſei in dieſem Zuſammenhang nur an
den Namen Bizerta erinnert; an jenen franzöſiſchen Flottenſtütz=
punkt
an der tuneſiſchen Küſte, deſſen Ausbau vor gar nicht
langer Zeit die öffentliche Meinung in England aufs heftigſte
ervegte, weil ſelbſt der Laienverſtand ſich ſagen mußte, daß die
ſtrategiſche Linie Toulon-Bizerta die Straße zwiſchen Gibraltar
und Malta in recht auffallender Weiſe bedrohe.
Und nun regt ſich auch Italien aufs neue, nachdem der von
den Armeen ſtarker Bundesgenoſſen in den Schoß geworfene bil=
lige
Erfolg des Weltkrieges die unangenehmen Nachwehen des
libyſchen, ſo unglücklich verlaufenen Feldzuges beſeitigt hat. Und
die Regſamkeit Italiens gewinnt inſofern an verdächtiger Bedeu=
tung
, als in jüngſter Zeit Stimmen vernehmbar wurden, die
einem engeren Anſchluß Frankreichs an Italien das Wort rede=
ten
. Wenn Bündnisflotten im taktiſchen Zuſammenwirken erfah=
rungsgemäß
auch immer große Schwächen aufweiſen, ſo könnte
doch nach alldem der Tag heraufdämmern, wo ein Nachfolger des
Siegers von Trafalgar nicht gegen eine ſpaniſch=franzöſiſche, ſon=
dern
gegen eine franzöſiſch=italieniſche Flotte Englands Seeherr=
ſchaft
zu verteidigen hätte.
Damit aber nicht genug. Es gibt noch eine vierte Großmacht,
die ſeit Jahr und Tag ganz nebenbei, aber doch ſehr zielbewußt
Mittelmeerintereſſen verfolgt. Und dieſe Großmacht ſind die Ver=
einigten
Staaten von Amerika. In Spanien iſt es ihnen um die
Eroberung des elektrotechniſchen Markdes zu tun die Erfolge
ſind beträchtlich und in den alten Ackerländern Kleinaſiens
und Syriens, die vom Vorwärtsdrängen der Technik noch recht
liner Zeitung durch den preußiſchen Miniſter des Innern gegen wenig verſpürt haben, erblickt amerikaniſcher Unternehmungs=
geiſt
ein vielverſppechendes Abſatzgebiet für landwirtſchaftliche
Maſchinen. Wer den Nahen Oſten kennt, weiß, wie zielſicher
gerade hier der Amerikaner vorgeht, und daß er kaum eine poli=
tiſche
Gelegenheit vorübergehen läßt, wo er nicht ſeinem tatkräf=
tigom
wirtſchaftlichem Vorgehen den machtvollen Hintergrund
einer Kriegsſchiffentſendung verleiht.
Das Mittelmeerproblem birgt demnach eine Fülle brennen=
der
Fragen in ſeiner Tiefe. Wir wiſſen nicht, ob Italiens ſelbſt=
ſüchtiges
Vorgehen Stüme auslöſen wird. Das hingegen ſteht
feſt: werden die Stürme entfeſſelt, dann wird ihr Brauſen ge=
waltig
und die Sturmzone ausgedehnt ſein. Im Hexenkeſſel der
Balkanſtaaten brodelt es zudem noch immer. Allzu ſcharf ſind
dort die nationalen, konfeſſionellen und wirtſchaftlichen Gegen=
U. Paris, 20. Sept. Die Mittagsblätter geben eine ſätze. Und nun wetterleuchtet es neuerdings auch noch über
Spanien, deſſen alte Wunde, Marokko, nicht heilen will!
Als im Jahre 1918 der große Krieg ſein Ende fand, da war
die Welt wahrhaft auf Friedensſehnſucht geſtimmt. Der greu=
liche
Wechſelbalg des Verſailler Vertrages, gezeugt aus gemei=
nem
Haß und rohem Hunger nach Macht, hat dieſe Sehnſucht er=
ſtickt
. Statt Ruhe iſt Unraſt über die Völker gekommen. Und auf
der Wetterwarte der hohen Politik wird ſolange der Sturmball
gezeigt werden müſſen, als das gleißneriſche Geſetz von Verſail=
les
nicht abgetan und in Grund und Boden verdammt worden iſt.

Der italieniſch=griechiſche Zwiſchenfall.
Paris, 20. Sept. (Wolff.) Nach einer Hadas=Meldung
aus Preveſa ſind die Leichen der italieniſchen Mit=
Note des Dr. Cuno enthaltene Summe von 30 Milliarden glieder der albaniſchen Grenzkommiſſion an
Bord des italieniſchen Kreuzers San Martino gebracht wor=
den
. Das griechiſche Kriegsſchiff Tonint gab eine
Salve ab. Die Leiche des aus Albanien ſtammenden, der
eine internationale Finanzgeſellſchaft, zu italieniſchen Miſſion angehörigen Dolmetſchers Craveri wird
auf dem Landwege nach Albanien übergeführt. Der Einſchif=
deutſche
Induſtrie aufzunehmen und der Repara= fung der Leichen wohnten ſämtliche Behörden und eine zahl=
tionskommiſſion
Anteile, an ſämtlichen reiche Menſchenmenge bei. Vorher hatte ein der Grenzkommiſ=
ſion
angehöriger franzöſiſcher Oberſt und der die griechiſchen
deutſchen Induſtrieunternehmungen auszu= Truppen befehligende Oberſtleutnant das Wort ergriffen, um die
Ermordung der italieniſchen Offiziere zu verurteilen.

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Rummer 261.
Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 21. September 1923.
Seite 2.
Der Gewerkſchaftsring zum Währungsproblem.
Die Oeutſchnationalen gegen Streſemann.

Berlin, 20. Sept. (Wolff.) Die Entſchließung der ver=
einigten
Reichstags= und preußiſchen Landtagsfrak=
tion
der Deutſchnationalen Volkspartei erhebt
ſcharfen Einſpruch gegen die von der Negierung
Streſemann eingeſchlagene Politik, die offenſicht=
lich
eine Verſtändigung um jeden Preis mit dem haßerfüllten
und unverſöhnlichen Frankreich anſtrebt, die aber nur zu einer
Kapitulation führen könne. Das Ergebnis von Verhandlungen
auf der Baſis der Preisgabe des Wiberſtandes am Rhein und
an der Ruhr könnte nur der Raub dieſer Gebiete unter dem
durch eine neue deutſche Unterſchrift hervorgerufenen Schein des
Rechts und neue unerfüllbare Reparationsforderungen ſein. Die
Deutſchnationale Volkspartei lehne die Verantwortung für jede
Politik der Schtväche und der Scheu vor den letzten Entſcheidun=
gen
ab und erkläre feienlich, daß ſie deren Ergebniſſe niemals
anerkennen würde.
Die Antwort der O. V. P.
Berlin 20. Sept. (Wolff.) Zu der Erklärung, die die
vereinigten deutſchnationalen Fraktionen des Reichstags und
des preußiſchen Landtags in Anweſenheit von Vertretern der
Bayeriſchen Mittelpartei (Deutſchnationale Volkspartei in Bah=
ern
) gegen die Politik der Regierung gegeben haben, erklärt die
Nationalliberale Korreſpondenz, der Preſſedienſt der Deutſchen
Volkspartei, unter anderem folgendes:
Die deutſchnationale Erklärung wendet ſich
an das deutſche Volk und fordert es zu ziemlich ſchweren
Entſcheidungen auf. Ehe das deutſche Volk ſich zu Schritten ent=
ſchließt
, die für ſeine Zukunft ſchlechthin entſcheidend ſind, hat
es wohl das Recht, zu fragen, ob auch die Vorausſetzungen und
wöglichen Folgen ſorgfältig geprüft worden ſind. Das deutſche
Volk kann und muß Antwort wenigſtens auf folgende vier Fra=
gen
verlangen:
1. Wie denkt ſich die Deutſchnationale Volkspartei die weitere
Finanzierung des Abwehrkampfes an der Nuhr?
2. Wie denkt ſie ſich die Geſtaltung der deutſchen Währung bei
Fortſetzung dieſes Kampfes?
3. Wie denkt ſie ſich die Fortſetzung des paſſiven Widerſtandes
durch die Bevölkerung an Rhein und Ruhr unter Berückſich=
tigung
aller in Betracht kommenden moraliſchen Impon=
derabilien
und wirtſchaftlichen Vorausſetzungen? Welche
Mitteilungen ſind hierüber der Deutſchnationalen Volks=
partei
bisher zugegangen?
4. Wenn der Kampf als machtpolitiſcher Kampf ausgetragen
werden ſoll, wo ſind dann die hierzu erforderlichen Macht=
mittel
?
Auf dieſe Fragen muß das deutſche Volk eine offene, rückhalt=
loſe
Antwort verlangen. Es iſt notwendig, daß man auch in
Bayern dieſe Fragen prüft, zumal, da Frankreich von Bayern
ebenfalls ein Pfand beſchlagnahmt hat in Geſtalt der bayeriſchen
Pfalz. Wir fürchten jedoch, offengeſtanden, daß das deutſche Volk
eine Antwort auf dieſe Fragen von der Deutſchnationalen Volks=
partei
nicht erhalten wird.
Die Nationalliberale Korreſpondenz ſchreibt dann weiter, eine
ähnliche Eiklärung wie die deutſchnationale wurde den Zei=
tungsberichten
zufolge auch von einer Verſammlung von 100
Vertretern der vaterländiſchen Verbände nach einem Vortrag
des früheren volksparteilichen Abgeordneten Geißler gefaßt. Es
iſt an der Zeit, daß die Oeffentlichkeit erfährt, wer hinter dieſen
vaterländiſchen Verbänden ſteht und wie ſich dieſe Berliner Ver=
ſammlung
zuſammenſetzte, das heißt: ob bei dieſer Verſammlung
die berufenen Vertreter der vaterländiſchen Verbände aus dem
ganzen Reich anweſend waren, oder nur Berliner Mitglieder,
die zufällig zuſammenberufen worden waren. Auf jeden Fall
gelten die oben geſtellten vier Fragen auch für die vaterländi=
ſchen
Verbände.
Beunruhigung in der Beamtenſchaft.
* Berlin, 20. Sept. (Priv.=Tel.) Die Führer der Beamten=
verbände
machten heute Berliner Preſſevertretern gegenüber
Mitteilungen über den Stand der Beamtenbeſoldung, über den
Umfang des Beamtenabbaues und über verſchiedene andere die
Beamtenſchaft beunruhigenden Probleme. Sie wieſen darauf hin,
daß innerhalb der Beamtenſchaft über die Maßnahmen des
Reichsfinanzminiſters große Beunruhigung herrſche. Gegenwär=
tig
ſei man ſchon ſoweit gekommen, daß die Beamten wie die
Angeſtellten und Arbeiter wöchentlich entlohnt würden. In die=
ſen
Maßnahmen erblickt der Deutſche Beamtenbund den erſten
Schritt zur Beſeitigung des Berufsbeamtentums überhaupt. In
dieſer Befürchtung wird er noch beſtärkt durch die von der Regie=
rung
augenblicklich in Ausſicht genomnnenen Methoden des Be=
amtenabbaues
, gegen die der Deutſche Beamtenbund Verwah=
rung
einlege, ehe nicht alle anderen Mittel verſucht ſeien.

* Berlin 20. Sept. (Priv.=Tel.) Der erweiterte Vorſtand
des Gewerkſchaftsringes deutſcher Arbeiter, Angeſtellten und Be=
amten
befaßte ſich in einer außerordentlichen Sitzung mit dem
Währungsprogramm der Reichsregierung. Die Auffaſ=
ſung
des Gewerkſchaftsrings fand ihren Niederſchlag in folgen=
der
Entſchließung: Die Preisbildung auf dem inneren Markt
paßt ſich immer ſchneller der Dollarbewdertung an. Das bedeutet
die Ausſchaltung der Mark als Zahlungsmittel. Die Zurück=
weiſung
der Mark als Zahlungsmittel undergräbt den Staats=
gedanken
in Währung und Wirtſchaft. Die geplante Währungs=
reform
muß daru dem Staatsgedanken bewußt dienen. Es
müſſen alſo alle Verſuche zurückgewieſen werden, die Währung
unter dem überwiegenden Einfluß privatwirtſchaftlicher Inter=
eſſentengruppen
zu bringen. Dieſe Gefahr birgt der Plan einer
Roggenwährung in ſich, weil
der Roggenpreis von der Anbauwilligkeit der Landwirt=
ſchaft
abhängig iſt,
2. eine Steigerung des Roggenpreiſes durch das Motiv, den
Kurs der deutſchen Währung zu ſteigern, verſchleiert wird,
3. die Volksernährung gefährdet wird, die auf die notwen=
dige
Einfuhr von Brotgetreide und die Ermäßigung ſeines Prei=
es
mit Rückſicht auf die Erhaltung der Roggenwährung verzich=
tet
werden würde,
4. bei völligem Anſchluß an den Getreideweltmarkt die
Roggenwährung von allen Einflüſſen bedroht würde, die datſäch=
lich
oder nach der Meinung der Weltmarktſpekulation den Ernte=
ausfall
beſtimmen.
Deshalb billigen wir den von der Regierung geplanten An=
ſchluß
an das Gold als Währungsgrundlage, weil
. die Faktoren, die die Produktionskoſten beſtimmen, weni=
ger
veränderlich ſind als die des Getreides,
2. die Produktionskoſten und die Produktionsausfälle ange=
ſichts
des großen Goldvorrats der Welt die Preisbildung des
Goldes höchſtens auf ſehr lange Sicht beeinflußt.
Nur der Anſchluß an das Währungsmittel iſt für uns maß=
gebend
, der die Befeſtigung der deutſchen Wechſelkurſe auf den
Weltmärkten verbürgen kann.
Eine Entſchließung derVerkehrsorganiſationen
Nürnberg, 20. Sept. (Wolff.) Eine Funktionärver=
ſammlung
des Deutſchen Eiſenbahnerverbandes
und des Deutſchen Verkehrsbundes faßte eine Ent=
ſchließung
, in der es heißt: Die Mitglieder der Verkehrsorgani=
ſationen
der Bahn und der Poſt ſtehen auf dem Boden der
Reichsverfaſſung und lehnen jede Diktatur ab.
Sie fühlen ſich durch ihren Eid als Reichsbeamte und Reichs=
arbeiter
und leiſten nur dem Reiche Dienſt. Die Rettung des
Reiches iſt nur auf dem Wege der Demokratie im Rahmen der
beſtehenden Verfaſſung möglich. Jeder Putſchverſuch in der
heutigen ſchweren Zeit iſt als verbrecheriſche Handlungsweiſe zu
bezeichnen. Das Bahn= und Poſtperſonal wird da=
her
allen ſeparatiſtiſchen und reaktionären Be=
ſtrebungen
entgegentreten und jeder Diktatur
ihren Dienſt verweigern.
Deutſchnationaler Antrag auf Einberufung des
preußiſchen Landtags.
TU. Berlin, 20. Sept. Der Vorſitzende der deutſchnatio=
nalen
Fraktion des preußiſchen Landtags, Abg. Dr. Winkler, hat
an den Präſidenten des Landtags folgendes Schreiben gerichtet:
Sehr geehrter Herr Präſident! Für den Fall, daß der Reichs=
tag
, wie heute hier verlautet, in allernächſter Zeit zuſammentritt,
ſtelle ich im Namen von meinen politiſchen Freunden den An=
trag
, daß Sie den Landtag auf den erſten Tag nach dem Zu=
ſammentritt
des Reichstags einberufen wollen, damit zu den
vom Reichskanzler erwähnten Löſungen über das Schickſal
preußiſcher Gebietsteile ſofort auch vom preußiſchen Staate
Stellung genommen werden kann.
Baldige Einberufung des ſächſiſchen Landtags.
Dresden, 20. Sept. (Telunion.) Die ſächſiſche Regie=
rung
hat beim Landtag die Einberufung des Landtags tunlichſt
auf die 1. Oktoberwoche beantragt.
Verhaftungen.
Berlin, 20. Sept. (Wolff.) Die politiſche Polizei hob
geſtern abend eine Verſammlung der Jugendgruppe Prinz
Louis Ferdinand wegen dringenden Verdachts des Verſtoßes
gegen das Geſetz zum Schutze der Republik und gegen die Ver=
ordnung
über das Verbot der militäriſchen Verbände auf. Es
wurden 70 Perſonen verhaftet und zugleich eine Durchſuchung
ihrer Wohnungen angeordnet. Nach eingehender Vernehmung
wurden die meiſten Feſtgenommenen wieder freigelaſſen.

Die Pariſer Miniſterbeſprechung.
Paris, 20. Sept. (Wolff.)) Die Ere Nouvelle ſchreibt
zu der geſtrigen Pariſer Miniſterbeſprechung: Poincaré habe
vorgeſtern Theunis auseinandergeſetzt, was er dem engliſchen
Premierminiſter zu ſagen gedenke. Er habe die volle Zuſtim=
mung
des belgiſchen Miniſterpräſidenten erhalten, der nur den
Wunſch bekundet habe, ſeine volle Unabhängigkeit gegenüber
England wahren zu dürfen. Die Auffaſſung, die Poincaré geſtern
vertreten habe, enthalte keinerlei neue Erwägungen; höchſtens
dürfe wan ſagen, daß ſie diesmal mit einem ſtärkeren Sinn für
die Nuancen formuliert worden ſeien. Dem Blatte ſcheint es
nach den ihm zugegangenen Informationen nicht, als ob Bald=
win
ſeinerſeits Poincaré mit ſenſationellen Argumenten ent=
gegengetreten
ſei. Dagegen glaubt die Ere Nouvelle zu wiſſen,
daß der engliſche Premierminiſter jetzt entſchloſſen ſei, die Be=
ſetzung
des Ruhrgebietes als vollendete Tatſache zu betrachten,
vor der es ſich zu beugen gelte. So würde der Grundſatz der
Rechtmäßigkeit oder Nichtrechtmäßigkeit der Ruhrbeſetzung nicht
mehr zur Erörterung kommen. Das Blatt glaubt auch zu wiſſen,
daß der fjanzöſiſche Miniſterpräſident keinerlei Anſpielungen
auf die ſeparatiſtiſchen Abſichten gemacht habe, die ihm ſeit eini=
ger
Zeit zugeſchrieben würden. Das allgemeine Gefühl in den
diplomatiſchen Kreiſen ſei geſtern geweſen, daß Poincaré einen
Erfolg zu verzeichnen hatte. Die Ere Nouvelle bemerkt dazu:
Unter Berückſichtigung der richtigen Größenverhältniſſe befindet
ſich Poincaré am Abend des 19. September in einer ähnlichen
Lage, wie Clemenceau am Abend des 11. November; er hat die
Freunde Fraykreichs geſammelt angeſichts einer Tatſache, die
Frankreich herbeigeführt hat: der Kapitulauon Deutſchlands.
Er beſitzt das Preſtige des Siegers, und er macht ſich den guten
Willen des Beſiogten zunutze. 14 Tage lana iſt er der
Herr von Europa. Aber beſitzt er einen Plan? Hat er be=
ſtimmte
Ideen und einen Willen, der auf die Verwirklichung die=
ſer
Ideen gerichtet iſt?
London 20. Sept. (Wolff.) Der diplomatiſche Bericht=
erſtatter
des Daily Telegraph ſchreibt: Die bisherigen Erfah=
rungen
hätten gelehrt, wie groß die Zahl der Meinungsverſchie=
denheiten
über die Methoden im Verlaufe von vier Verhand=
lungsjahren
ſein könne. Man täte daher gut, für den Augen=
blick
keine übertriebenen Hoffnungen ſelbſt
auf ein ſo befriedigendes Communigué wie
das geſtern in Paris veröffentlichte zu bauen.
Keine weitere Zuſammenkunft.
London, 20. Sept. (Wolff.)) Eine Reutermeldung aus
Paris von geſtern abend beſagt, in britiſchen Kreiſen verlaute,
daß keine weitere Zuſammenkunft zwiſchen den bei=
den
Prewierminiſtern ſtattfinden werde, wenn Poincaré nicht
darum erſuche. Dies ſei aber nicht wahrſcheinlich. Baldwin ſei
dem Vernehmen nach ganz befriedigt von den Ergebniſſen der
geſtrigen Unterredung. Es verlaute, daß die Reparations=
frage
die einzige Frage war, die erörtert wurde.
Der Pariſer Berichterſtatter des Daily Telegraph ſchreibt,
die Franzoſen ſeien der Anſicht, daß jetzt ein entſchloſſener Geiſt
geſchaffen worden ſei, um England und Frankreich zuſammen=
zubringen
. Die britiſchen Regierungsvertreter verhehlten nicht
ihre Befriedigung über das Ergebnis der Beſppechung.
Eine belgiſche Vermittlungsaktion.
TU. Berlin, 20. Sept. Neuerdings wird davon geſpro=
chen
, daß eine belgiſche Vermittlungsaktion im Gange ſei. Wie
wir dazu erfahren, iſt es allerdings Tatſache, daß die belgiſche
Regierung ſowohl in Berlin wie in Paris eifrig bemüht iſt, in
dem Ruhrkonflikt zu vermitteln. Auch ſteht feſt, daß die deutſche
Regierung dieſer Vermittlung nicht unſympathiſch gegenüber=
ſteht
, während andererſeits Poincaré ſich ablehnend verhält.
Immerhin ſcheinen die Vermittlungsverſuche der Belgier nicht
aufgegeben zu ſein. Noch am geſtrigen Tage ſprach der belgiſche
Geſandte auf dem Auswärtigen Amt vor. Es iſt anzunehmen,
daß es ſich hierbei nicht lediglich um einen Höflichkeitsbeſuch
gehandelt hat.
Belgiſcher Kabinettsrat.
Paris, 20. Sept. (Wolff.) Wie Havas aus Brüſſel meldet,
ſchreibt die Gazette de Bruxelles zu dem geſtern nachmittag ab=
gehaltenen
Kabinettsrat: Der Kabinettsrat habe ſich mit
der internationalen Lage, namentlich der Beſetzung des Ruhr=
gebietes
, beſchäftigt. Der deutſche Reichskanzler habe bekannt=
lich
erklärt, daß die Einſtellung des paſſiven Widerſtandes im
Ruhrgebiet unter gewiſſen Bedingungen erfolgen könne und daß
zu dieſem Zwecke Verhandlungen nötig ſeien. Poincaré habe
im Einvernehmen mit Theunis geantwortet, daß keinerlei Ver=
handlung
möglich ſei, bevor dieſer Widerſtand nicht eingeſtellt ſei
Der franzöſiſche Miniſterpräſident habe hinzugefügt, es ſei nicht
nötig, daß die Alliierten miteinander die Maßnahmen erörterten,
die zu treffen ſeien, wenn die letztere Eventualität eintrete. Die
Gazette de Bruxelles glaubt zu wiſſen, daß die belgiſche
Regierung demgegenüber der Anſicht ſei, Frankreich
und Belgien ſollten ſich bereits jetzt über die
im Falle der Einſtellung des Widerſtandes mit
Deutſchland vorzunehmenden Verhandlungen
verſtändigen.

Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Donnerstag, den 20. September:
Madame Butterfily.
Oper von G. Puccini.
Ich kann dieſe Oper nicht hoch einſchätzen. Wohl bedeutet
Puccini für die moderne, beſonders die italieniſche Oper nicht
wenig. Dieſer den Verismus ſeiner Vorgänger veredelnde
Meiſter hat ſeine ganz perſönliche Note, hat llangliche Eigen=
heiten
von beſtrickendem Wohllaut und nur ihm zugehöriger
Sonderart. Aber das muſikdramatiſche Elewent fehlt ihm. Er
illuſtriert nur, geſtaltet nicht. Seine Begabung iſt durchaus weib=
lich
geartek. Er bleibt trotz großer Feinheiten, viel zarten, blü=
henden
Lebens im Grunde doch an der Oberfläche ſtecken. Bei
allen Vorzügen zeigt Butterfly die Schattenſeiten Pucciniſcher
Muſik jetzt deutlicher, wachdem der erſte Rauſch, der von ſeinen
Tönen ausging, verflogen iſt. Das Abgebrnuchte des Stoffes,
das Waſchlappige des Drawas hilft den künſtleriſchen Eindruck
vollends ſchwächen. Eine dem Stück trotzdem erhaltene gewiſſe
Bühnenwirkſamkeit verdankt es dem rührſeligen Geſchwack des
breiten Publikums, für das es mir keine geſunde Koſt dünkt.
Die Inſzenierung war die ſeitherige. Zu ändern gibts
nicht viel bei der ſüßen Romantik und lokalen Gebundenheit des
Stoffes. Es war alles nett, ſonnig, ſpieleriſch nach Vorſchrift.
Die Vorſtellung zeichnete große Einheitlichkeit aus; ein ge=
wiſſer
Liebreiz lag darüber. Das Orcheſter ſpielte weich und
ſüß unter Kapellmeiſter Roſenſtocks ſicherer Führung, und
alle Darſteller waren auf denſelben Eindruck eingeſtellt. Die
Hauptrollen lagen wie im Vorjahre in den trefflichen Händen
von Margarete Albrecht und Herrn Enehjelm. Sie ver=
ſuchten
nach Kräften zu intereſſieren, was ihnen in geſanglicher
Hinſicht auch wohl gelang. Darſtelleriſch iſt eben mit ſolch nichts=
ſagenden
Rollen wenig zu machen. Auch der Konſul iſt eine fade
Figur, mit der ſich Herr Heuſer noch gut abfand. Frau Lie=
bel
, oobwhl ohne beſondere Eignung, bewährte ſich als die
Dienerin. Die übrigen Perſonen, deren Namen ich mangels
eines Theaterzettels nicht zu nennen verwag, zeigten Geſchick
und Sicherheit. Auch der Chor im 1. Akt machte ſeine Sache brav.
Das vollbeſetzte Haus zollte den blumenbeſchenkten Haupt=
darſtellern
nur lauen Beifall.
V. H.

* Schule der Weisheit.
TV.
Geſtern vormittag ſprach
Leopold Ziegler
über Der deutſche Menſch. Aus der ſcheinbaren Un=
ſterblichleit
bzw. Wiederkehr mancher Lebeweſen in geänderter
Geſtalt (Raupe, Puppe, Schwetterling), die jedoch nicht verhin=
dert
, daß für jedes Geſchöpf einmal der Augenblick kommt, da
ihm der biologiſche Tod nicht erſpart bleibt, leitete der Vor=
tragende
über zur Anpaſſungsfähigkeit. Der Begriff der Anpaſ=
ſung
der Lebeweſen iſt vielfach reſtlos zu verſtehen, bleibt jedoch
unvollkommen. (Leben im Waſſer, in der Luft). Wenige niedere
Lebeweſen gedeihen in der Luft und im Waſſer, ſo daß man hier
von einer mehrſtelligen Anpaſſung ſprechen kann. Zweifellos
gibt es auch eine Anpaſſungsfähigkeit der Völkerſchaften. Aus
dem Altertum kennen wir Fälle von höchſter Anpaſſungsfähigkeit.
Aſien und Afrika gebiert Völker, die Kataſtpophen überdauernd
von monumentaler Stabilität ſind. Engländer, Franzoſen, Jta=
liener
haben ſich einem beſtimmten Klima anzupaſſen verſtanden,
ſo reſtlos, daß ihre Sphäre und Atmoſphäre jeden einzelnen die=
ſer
Völker völlia umhüllt und es ihnen unmöglich iſt, dieſes ihr
Fluidum abzuſtreifen. Hier deckt ſich die Erlebnis=Umwelt mit
der Vorſtellung von Welt überhaupt. Karl Peters berichtet, daß
gebildete Engländer von einer deutſchen Welt keine Ahnung
hatten, bis die Agitation des Flottenvereins einſetzte. Erſt als
der eigenen Welt Gefahr drohte, lernte der Engländer eine deut=
ſche
Welt kennen. Im Sinne dieſer Weltvölker entbehrt der
Deutſche heute noch einer Umelt, die für ihn der Inbegriff
der Welt überhaupt iſt. Wir ſind zu keiner Zeit dieſes glückhaften
Beſitzes teilhaft geworden, der uns völlig umſpült und getragen
hätte. Wir gehören mit erſchreckender Beſtändigkeit jenem Völ=
kertyp
an, der ſeine Umwelt als ſolche aktiv und ſpontan paraly=
ſiert
, anſtatt ſich ſeiner Umwelt anzupaſſen. Unſere Urväter haben
ſtets als Wanderer unſeren Boden betreten. Der Deutſche paßte
ſich ſeiner Umwelt nicht an, er ſuchte ſeine Welt. Er war dem
Gedanken des Imperium Romanum verfallen. Immer wieder
verſuchte er, in den zerbröckelten Grenzen das römiſche Reich
wieder zu errichten. De kasto hat er ſich das Imperium erwan=
dert
. Bis in die fernſte Zukunft würde der deutſche Menſch rin=
gen
müſſen, um ſeinen Anteil an der Umwelt dauernd zu erhal=
ten
. Wir ſind zwieſpältig, zweiſeelig.

Friede und Gerechtigkeit ſind für uns andere Begriffe, wie
für andere Völker. Wir verſtehen die Lügen der modernen
Staastmänner ſo wenig, wie unſere Pazifiſten und ihre Geg=
ner
im Recht ſind. Beide irren. Vor 1000 Jahren ſchon ward
durch den III. Heinrich in Konſtanz deutſcher Begriff von Friede
und Gerechtigkeit feſtgelegt, indem er allen Frevlern vergab und
von all ſeinen Untertanen das gleiche forderte. In ſeltener Ver
quickung von privaten und öffentlichen Rechten und Pflichten
gab er ein Beiſpiel von großartiger Entſchloſſenheit zur Eini
gung. Hier erſtand ein Imperium, wo Seele und Wirklichkeit
ſich decken. Dieſes Reich wird nur in die Erſcheinung treten,
wo ein Verweſer vorhanden iſt, der das Ganze mit ſeinem
Selbſt beeinflußt, der von ſich ſagen würde, wenn das Volk
viert, hungert oder Verbrechen begeht: Ich trage die Schuld!
Wohl erwanderte ſich der Deutſche eine Welt, aber ſein letztes
Sehnen nach einer eigenen, ihn völlig umſchließenden Umwelt
bligb unerfüllt. Zweimal gründete der deutſche Menſch das Im=
perium
: das karolingiſche Reich lag nach drei Jahrhunderten
in Trümmern, das ſtaufiſche Reich ging verloren im Kampf zwi=
chen
Imperium und Territorium. Bismarck gründete das dritte
Reich, ein Reich eigentlich nur dem Namen nach, der Sache nach
ein nationaler Staat unter nationalen Staaten, ein erkseitertes
Großpreußen, eine in ſeiner Art epochale Schöpfung. Heute iſt
es wiederum in Gefahr. Heute wird ein hartes Bibelwort an
uns vollſtreckt. Kein Zweifel beſteht mehr im Hinblick auf die
Entſcheidung. Wir werden unſer Reich erneuern, oder wir wer=
den
untergehen. Niemals werden deutſche Kaiſer wieder In=
haber
des Thrones der Chriſtenheit werden, niomals ihre Hand
auf Jeruſalem legen oder auf Meſſina, auf Neapel. Dieſer
Traum iſt ausgeträumt, wie der Berlin-Bagdad.
Nachmittags ſprach
Nikolai Arſſenieff
über das Thema Der ruſſiſche Menſch‟. Die Geſtaltung
des Themas, für ie der Redner aus, ſei ſehr ſchwierig. Er wolle
nicht von dem geographiſchen ruſſiſchen Menſchen ſprechen, ſon=
dern
von dem geiſtigen Reichtum dieſes Menſchen, von ſeinem
Glauben, aus dem alles hervorgegangen iſt, was der ruſſiſche
Menſch geleiſtet, geſchaffen hat. Das ruſſiſche Volk trägt in ſich
tief eingeprägt den ganzen Einfluß ſeiner grographiſchen, land=
ſchaftlichen
Umgebung. Die große, öde und doch ſchöne Landſchaft
Rußlands hat dem Volkscharakter einen Zug ins Unendliche ge=
geben
. Eine gewiſſe Paſſivität, die ſich manchmal ſehr nachteilig

[ ][  ][ ]

Nummer 261.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 21. September 1923.

Seite 3.

Das diplomatiſche Ereignis von Paris.
Ein Havas=Kommentar.
Paris, 20. Sept. (Wolff.) Ueber die geſtrige Unter=
redung
zwiſchen Baldwin und Poincaré verbreitet die
Havasagentur eine offenbar beeinflußte Mitteilung, in der
es heißt, die Zuſammenkunft ſei trotz ihrer Kürze ein diplo=
matiſches
Ereignis von höchſter Bedeutung. Das
Communiqus, das veröffentlicht worden ſei, ſei beſonders be=
zeichnend
nach dieſer Richtung, obzwar es gewollt diskret ge=
halten
ſei. Der Beſuch, den der engliſche Premierminiſter vor
ſeiner Rückkehr nach London dem Präſidenten der Republik
und ſeinem franzöſiſchen Kollegen abgeſtattet habe, habe den
Charakter einer herzlichen Demarche gehabt. Dadurch, daß
Baldwin perſönlich Fühlung mit dem franzöſiſchen Staatschef
und dem franzöſiſchen Miniſterpräſidenten genommen habe, habe
er zu erkennen geben wollen, daß er zwiſchen den beiden Re=
gierungen
die Beziehungen vertrauensvoller Zuſam=
menarbeit
wieder ankündigen wolle, und daß die gegentei=
lige
Auffaſſung der offiziellen britiſchen Kreiſe über die Ruhr=
beſetzung
augenblicklich unterbrochen worden ſei. Zweiſels=
ohne
übrigens wäre es verwegen, darin das Zeichen einer
tiefen Meinungsäußerung des engliſchen Kabinettschefs in den
Methoden gegenüber Deutſchland zu erkennen.
Für viele Alliierten Frankreichs, ob ſie den politiſchen,
finanziellen oder Handelsſphären angehörten, mache ſich die
Ruhroperation nicht bezahlt. Es ſei übrigens leicht
Poincaré mehr als jeder andere ſei in der Lage, dies zu tun ,
ihnen zu beweiſen, daß Deutſchland mehr Goldmark aus=
gegeben
habe, um den paſſiven Widerſtand zu unterhalten,
als es hätte abliefern müſſen, um ſeine Reparations=
verpflichtungen
zu erfüllen. Uebrigens werde die franzö=
ſiſch
=belgiſche Ausbeutung des weſtfäliſchen Induſtriebeckens und
der Rheinlande von Tag zu Tag produktiver.
Endlich müſſe man auch das entſcheidende politiſche Ergeb=
nis
berückſichtigen, das man von dieſem Druckmittel demnächſt
erwarten dürfe, da Deutſchland, aufs neue auf wirtſchaftlichem
Gebiete beſiegt, eine endgültige Regelung, die
Lieſes Mal nicht illuſoriſcher Art ſein werde, annehmen
müſſe. Es ſei übrigens im Augenblick müßig, noch die Lega=
lität
oder die Opportunität der von den Miniſterien in Paris
und Brüſſel getroffenen Zwangsmaßnahmen zu diskutieren, da
ſie im Begriffe ſtünden, den erwarteten Erfolg zu bringen.
Sicher ſei, daß die deutſche Bevölkerung des beſetzten Gebiets
des ſyſtematiſchen Widerſtandes gegen die alliierten Behörden
überdrüſſig ſei, der ihr von Berlin aufgezwungen werde.
Das Kabinett Streſemann ſelbſt gebe ſich über den Aus=
gang
des eingeleiteten Kampfes keiner Illuſion mehr hin. Unter
dieſen Umſtänden ſei Poincaré bereit, die Verhandlungen
mit dem Reich wieder aufzunehmen, vorausgeſetzt, daß
die Ordonnanzen über den paſſiven Widerſtand zurückge=
nommen
würden. Poincaré halte ſich immer noch an dieſen
conditio sine gua non. Es wäre nicht überraſchend, ſo
fährt die halbamtliche Erklärung fort, daß Baldwin ſich der
Logik der Begründung und der Stärke der Ueberzeugung ſeines
franzöſiſchen Kollegen angeſchloſſen hätte. In dieſem
Gedankengange ſtellt das offizielle Communiqué feſt, daß in
keiner Frage eine Meinungsverſchiedenheit über das Ziel, noch
eine grundſätzliche Divergenz zwiſchen den beiden Regierungen
beſteht, und das werde, wie man hoffen müſſe, in Berlin ver=
ſtanden
und gehört werden.
Serbiſch=italieniſche Verhandlungen.
Paris, 20. Sept. (Wolff.) Der Belgrader Korreſpondent
des Matin übermittelt ſeinem Blatte folgende Erklärung, die
ihm vorgeſtern abend ein über die Außenpolitik des Kabinetts
Paſchitſch ſehr gut unterrichteter ſüdſlawiſcher Politiker abge=
geben
haben ſoll: Seit fünf Tagen würden zwiſchen Rom und
Belgrad Noten ausgetauſcht mit folgendem Verhandlungsziel:
1. Einverleibung von Fiume und ſeines Landungs=
platzes
in Italien; als Gegenleiſtung dafür erkennt Italien
die ſüdſlawiſche Souveränität über den Hafen Baros und das
Delta an;
2. Berichtigung der italieniſch= ſüdſlawi=
ſchen
Grenze in Slowenien zugunſten Südſlawiens und eine
Freizone für Südſlawien im Hafen Fiume;
3. alsbaldiger Abſchluß eines Handelsver=
trages
, der zwiſchen Italien und Südſlawien feſte Wirt=
ſchafts
= und Handelsbeziehungen herſtellt;
4. Abſchluß eines politiſchen und militäri=
ſchen
Vertrages, der ein enges Zuſammenwirken
Mitteleuropa vorſieht. Dieſer Vertrag, der geheim bleiben ſoll,
wird feſtſetzen, daß Jugoſlawien in der Adria keine Kriegsflotte
ſchaffen darf.
geſtaltet hat. Ihr Vorzug war hingegen eine große Aufnahme= glaubt nicht an eine Wiederherſtellung des Reiches Gottes auf
fähigkeit, eine ſtarke Leidenſchaft. Das ganze ruſſiſche geiſtige
Leben iſt darauf gerichtet, einen ſtark ausgeprägten Peſſimismus
zu überwinden. Das ruſſiſche Volk verſucht dieſen Peſſimsmus
oft zu überwinden durch die Trunkſucht, aber auch geiſtig: durch
ſeinen Glauben. Der Ruſſe iſt immer auf das Ganze, auf das
Endziel eingeſtellt, und dieſes Endziel iſt oft ſehr verſchieden.
Das iſt der Mutterſchoß, aus dem der Bolſchewismus geboren
wurde. Er mußte ſich aus einer geiſtigen Knechtſchaft befreien.
Das geht durch ſeine ganze Literaur hindurch. Sie wird durch=
ſtrömt
von einer traurigen Stimmung, die der Ruſſe nie über=
winden
kann, deren Ueberwindung aber ſein ſtetes Ziel iſt. In
Tolſtois Beichte iſt die Ueberwindung dieſer Wehmut nieder=
gelegt
, die immer an ſeinem Leben nagte, die immer wieder auf=
tauchte
, auch wenn er ſeine Lebensfreude, ſeine Lebensbejahung
ſchildert. Der Sinn des Lebens blieb dem Ruſſen fremd, und
immer ſucht er den Sinn des Lebens, die Sinnloſigkeit des
Todes zu erforſchen, zu erkennen. Der ruſſiſchſte der ruſſiſchen
Schriftſteller war Doſtojewski. Er hat den Sinn des Lebens ge=
funden
im Sinne des Leidens, des menſchlichen Elends, das er an der Neuaufrichtung des Reiches. Ideologen bei oft ab=
erforſchte
und ſchilderte. Er ſuchte nach einem Uebermenſchen=
tum
und mußte erkennen, daß auch dieſes Uebermenſchenum äußerte. Von Tolſtois Paſſivität zu Doſtojewskis Tat geht die
nicht zur Enlöſung führen konnte. Er verſuchte in ſeinen Schrif=
ten
zu erkennen, welches Mittel, welcher Weg gangbar ſchien, dem Kampfe gegen die Mächte der Finſternis reift die künftige
das ruſſiſche Volk zu erlöſen, und mußte immer wieder erkennen, Menſchheit entgegen einer beſſeren Zukunft.
daß der Weg falſch ſei. Von tiefer Religioſität kam er zur Gottes=
leugnung
. Vom Vernichtungswillen zu Zwecken der Schaffung
einer Baſis für den Wiederaufbau zur Erkenntnis, daß dieſe
reſtloſe Vernichtung ein zu hoher Preis ſei für die Erneuerung.
Deſſenungeachtet blieb er morgenländiſcher Chriſt, den die Bot=
ſchaft
von dem Siege des Lebens über den Tod, von der Auf=
erſtehung
erfüllte. Für den Ruſſen iſt Chriſtus nicht der allein
Leidende, die Menſchheit muß ſtändig und immer alle ſeine Lei=
den
mit durchmachen, wenn ſie erlöſt ſein will. Der Menſch kann
allein nichts machen ohne die Gnade. Es muß gerungen wer=
den
, aber es kann nichts erreicht werden ohne die Gnade. Die
Tiefe der Demut iſt die Krone der Chriſtenheit. Die allumfaſ=
ſende
Liebe religiöſes Gebot.
Einen breiten Raum in dem weiteren Vortrag nahm die
philoſophiſche Definition der morgenländiſchen und abendländi= begleitet am Flügel von Fritz Buſch, wußte die Zuhörer ſtark
ſchen Chriſtenreligion ein, die für den Charakter des ruſſiſchen
Menſchen tief einſchneidend iſt. Die morgenländiſche Kirche

Vom Völkerbund.
Genf, 20. Sept. (Wolff.) Der Völkerbundsrat wollte
heute früh 10 Uhr eine öffentliche Sitzung abhalten, in der Lord
Robert Cecil auf Salandras Rede vom Montag über die Recht=
mäßigkeit
der Beſetzung Korfus antworten und die Frage der
Zuſtändigkeit des Völkerbundes noch einmal aufwerfen wollte.
In der vorbereitenden geheimen Sitzung konnte jedoch keine
Einigkeit erzielt werden. Salandra widerſetzte ſich jeder der=
artigen
öffentlichen Debatte. Der Rat fügte ſich, und Lord
Robert Cecil verzichtete auf ſeine Rede. Nach erneuten müh=
ſamen
Beratungen einigte man ſich in einer geheimen Sitzung
auf einen Kompromißtext, in dem tatſächlich jede An=
ſpielung
auf den griechiſch=italieniſchen Zwiſchenfall völlig
vermieden wurde und der vom Ratspräſidenten Iſhii ein=
fach
in einer öffentlichen Sitzung verleſen werden ſollte.
Nach 12 Uhr erſchien der Völkerbundsrat endlich im Ver=
ſammlungsraum
, in dem ein zahlreiches Publikum, die Preſſe
und zahlreiche Mitglieder der Völkerbundsverſammlung ſeit
eineinhalb Stunden warteten. Der Rat trat ſofort in ſeine
übliche Tagesordnung ein und Iſhii erhob ſich, um die Erklä=
rung
zu verleſen. Dieſe hatte folgenden Wortlaut:
Gewiſſe Auslegungsfragen gewiſſer Artikel des Paktes über
die Vollmacht des Rates und der Fragen des internationalen
Rechtes haben die Aufmerkſamkeit mehrerer meiner Kollegen auf
mich gelenkt. Ich glaube, daß ihre Löſung notwendig wäre, um
in Zukunft alle Meinungsverſchiedenheiten hierüber zu vermei=
den
und die Aufgaben des Völkerbundsrates zu erleichtern. Ich
glaube daher dem Rat vorſchlagen zu dürfen, ein gründliches
Studium dieſes heiklen Problems vorzunehmen und die zu
dieſem Zweck am beſten geeignete Methode zu ſuchen.
Eine Debatte hierüber fand nicht ſtatt. Iſhii fragte die
Verſammlung, ob ſie den Vorſchlag annehme. Lord Robert
Cecil antwortete trocken: Ich nehme an‟. Die übrigen nickten
zuſtimmend. Hierauf ging der Rat zu anderen Fragen der
Tagesordnung über. Dieſer Ausgang der mit großer Spannung
erwarteten Sitzung wurde von einem Teil der Preſſe und des
Publikums mit unverhohlener Heiterkeit aufgenommen, bei den
anderen rief der Vorgang eine große Beſtürzung hervor.
Die weitere Entwicklung dürfte ſich folgendermaßen ab=
ſpielen
: Ein vom Völkerbund ernannter Ausſchuß wird folgen=
des
Problem zu erörtern haben: Die Zuſtändigkeit des Rates
im allgemeinen, die Geſetzmäßigkeit der Beſetzung fremder Ge=
biete
und die Verantwortung eines Staates für auf ſeinem Ge=
biet
begangene Verbrechen.
Die Lage in Spanien.
Paris, 20. Sept. (Wolff.) Nach einer Havas=Meldung
aus Madrid werden auf Befehl des Direktoriums ſämt=
liche
Glücksſpiele verboten. Der Präſident
des oberſten Zivilgerichts iſt zurückgetreten.
Der König hat eine Verordnung, die ſtarke Bürgergarden
(Somaten) in ſämtlichen Provinzen und in den afrikaniſchen Be=
ſitzungen
vorſieht, unterzeichnet.
Die Unruhen in Baden.
Freiburg, 20. Sept. (Wolff.) Trotz des Verbotes der
badiſchen Regierung für Verſammlungen, Kundegbungen uſw.
rottete ſich heute vormittag eine größere Menge junger Elemente
vor deis Gewerkſchaftshauſe zuſammen, ſo daß mehrere Züge der
Schutzpolizei eingeſetzt werden mußten. Dieſe ging gegen die
Demonſtranten zu wiederholten Malen vor, ſäuberte den Platz
und drängte die Menge in die umliegenden Straßen zurück. Bis
zur Mittagsſtunde war die Bewegung noch nicht abgeſchloſſen.
Die Polizei brauchte aber bisher von der Waffe keinen Gebrauch
zu machen.
Freiburg, 20. Sept. (Wolff.) Aus Lörrach wird ge=
meldet
, daß die Läden zum größten Teil wieder geöffnet ſind.
Von den verletzten Dewonſtranten iſt inzwiſchen ein weiterer
geſtorben, ſo daß ſich die Zahl der Opfer auf drei erhöht
hat. Aus den anderen Orten des Wieſentales kommen keine be=
unruhigenden
Nachrichten.
Abbruch des Generalſtreiks in Freiburg.
Freiburg, 20. Sept. (Wolff.) Eine geſtern abend abge=
haltene
Verſammlung der Betriebsräte und der Kartell=
delegierten
, die im Gewerkſchaftshaus ſtattfand, hat be=
ſchloſſen
, den Generalſtreik abzubrechen und die Arbeit
wieder aufzunehmen. Dieſer Beſchluß wurde mit 196 gegen 156
Stimmen gefaßt. Man ſtellt ſich auf den Standpunkt, daß die
Frage der Zurückziehung der Schutzpolizei aus Lörrach eine poli=
tiſche
Frage ſei, die nicht ſo ſehr Sache der Gewerkſchaften ge= wenn die Republik im allgemeinen als demokratiſche Staatsverfaſſung
weſen ſei, als Sache der badiſchen Regierung.
Unruhen in Heidelberg.
von Südflawien und Italien auf dem Balkan und in mittag trotz des Verbotes eine kommuniſtiſche Verſammlung
ſtatt. Als der Aufforderung der Polizei, den Platz zu räumen, Kuppelei Gbezüglich der eigenen Ehefrau) endigte damit, daß der als
nicht Folge geleiſtet wurde und ein Teil der Menge Widerſtand
zu leiſten verſuchte, griff die Bereitſchaftspolizei mit Gummi=
knüppeln
ein und zerſtreute die Menge.

der Welt. Sie kennt nur Bauſteine zu einer künftigen Herrlich=
keit
. Darum iſt dieſe Kirche keine Autorität. Es iſt ein großer
Weltſtrom des Lebens, in dem jeder eine kleine Welle iſt. Der
Glaube gipfelt in der Ueberzeugung, daß es ſchon heute eine ge=
meinſame
große chriſtliche Kirche gibt, deren Glieder ſich dereinſt
alle einen werden unter einem Hirten, einem Prieſterkönig, der
die große Gemeinde der Erlöſung zuführen wird. Dem ruſſiſchen
Volke fehlte lange Zeit die innere ſittliche Zucht. In einem
Menſchenherzen wohnt das Ideal der Madonna mit einem
Sodom und Gomorrha zuſammen. Die Ausbildung des ruſſi=
ſchen
Willens war ſchwach. Heute ſteht das ruſſiſche Volk an
einem Wendepunkt ſeines ganzen geiſtigen Lebens, nicht etwa
nur ſeiner politiſchen Einſtellung, die nur nebenher geht. Die
ruſſiſchen Ereigniſſe ſind nicht lokaler oder regionaler Bedeutung,
ſie ſind eine weltgeſchichtliche Tragödie, die ſich in großem Schick=
ſal
abſpielt. Als das Reich zuſammenbrach, verſagten die Väter,
und junge Kräfte verſuchten das Chaos zu meiſtern. Oft miß=
leitet
, aber doch von beſtem Opfermut beſeelt, verſuchten ſie ſich
ſchreckender Charakterveranlagung, die ſich vielfach erſchreckend
gegenwärtige Einſtellung mit dem Ziel einer Auferſtehung. Aus
M. St.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Zum 375jährigen Jubiläum der Kapelle an
den Sächſiſchen Staatstheatern in Dresden. Am
22. September kann die Kapelle an den Sächſiſchen Staats=
theatern
ihren 375. Stiftungstag feierlich begehen. Allerdings
wird ſich die Feier auf vier auserleſene künſtleriſche Darbietun=
gen
infolge der Not der Zeit beſchränken. Die erſte dieſer fand
bereits in Form eines Kammerkonzertes im Feſtſaale des ehe=
maligen
Reſidenzſchloſſes unter Leitung des Generalmuſikdirek=
tors
Fritz Buſch ſtatt. Es verband Vergangenheit und Gegen=
wart
miteinander. Ein Konzert von Vivaldi, vorgetragen von
den Konzertmeiſtern Bärtſch, Schiering, Strub und Warwos,
zu feſſeln. Dann folgte Regers Beethovenvariation; für zwei
Klaviere: Buſch und ſein Schüler Hermann Drews riefen ſtar=

Stadt und Land.
Darmſtadt, 21. September.
* Stilles Heldentum. Es wird heute viel geſchrieben und
geſprochen von dem heldenhaften Abwehrkampf am Rhein und
an der Ruhr der in Wirklichkeit nichts anderes iſt als der
Kampf um Sein oder Nichtſein des Reiches ; es ſoll aber auch
einmal eines Heldentums gedacht ſein, das in der Stille
ebenſo heiß um die Exiſtenz ringt. . . . Hoch klingt in
unſerer Zeit, deren ſich überſtürzende Ereigniſſe die ſtärkſten
Anforderungen an Nervenkraft, an die moraliſche Widerſtands=
fähigkeit
ſtellen, das Lied der ... braven Hausfrauen, die
mit einer nicht zu erſchöpfenden Geduld und einer bewunde=
rungswürdigen
Zuverſicht die langen Polonäſen auf Brot und
Kartoffeln bilden, die, ſelbſt der Unbill der Witterung trotzend,
in ſtrömendem Regen, wie es dieſer Tage geſchah, ausharren
nur in der Sorge, den Hausſtand erhalten zu können. . . . Sor=
gen
, immer Sorgen, raſtloſes Arbeiten, war ſchon immer ihre
Deviſe. . . . Die Heldinnen des Weltkrieges, die das ſchwerſte
Opfer gefaßt brachten, ſind die treuen Kämpfer geblieben und
es iſt an uns, auch ihrer zu gedenken.
H. W.
Das Landeskirchenamt teilt uns mit, daß der für den 7. Oktober
angeordnete Gottesdienſt zum Gedächtnis des 400 jährigen Beſtehens
des evangeliſchen Kirchezliedes nict ſtattfinden kann. Für dieſen
iſt der Sonntag Kantate 1324 einſtweilen ins Auge gefaßt worden.
Kirchliche Dienſtnachrichten. Am 11. September wurde dem Pfarr=
aſſiſtenten
Friedrich Bernbeck zu Mainz die evangeliſche Pfarrſtelle
zu Hofheim, Dekanat Zwingenberg, dem Pfarraſſiſtenten Lie. Dr. Ernſt
Ludwig Dietrich zu Mainz die evangeliſche Pfarrſtelle zu Wackern=
heim
, Dekanat Mainz, und dem Pfarraſſiſtenten Georg Delp zu
Gießen die evangeliſche Pfarrſtelle zu Königſtädten, Dekanat Groß=
Gerau, übertragen. Am gleichen Tage der evangeliſche Pfarrer Georg
Wehſarg zu Jugenheim a. d. B. mit Wirkung vom 1. Oktober d. J.
unter Anerkennung ſeiner langjährigen treuen Dienſte in den Ruhe=
ſtand
berſetzt.
Buchmacher. Durch Entſchließung des Miniſteriums des Innern
vom 7. Septemher 1923 iſt die Zulaſſung des Privatiers Wilhelm
Bit ong in Bad=Nauheim als Buchmachergehilfen für den Buch=
macher
Simeth in Offenbach zurückgenommen.
Fandabgabe. Goldumrechnungsſatz für die Zeit vom
22. September bis einſchließlich 25. September 1923 33600000
Mark.
Gemeindeſteuerzahlung. Das erſte Ziel der vorläufigen Grund=
und Gewerbeſteuer für 1923 in Höhe des 80 fachen des angeforderten
Betrages iſt bis Ende September 3. J. an die Stadtkaſſe (Grafenſtr. 28)
zu zahlen. Bei ſpäterer Zahlung wird neben der Steuerſchuld und
neben etwa entſtandenen Beitreidungskoſten für jeden angefangenen
oder vollen Monat des Zahlungsverzugs ein Aufwertungszuſchlag in
Höhe von je 10 Prozent des Steu=rrückſtandes erhoben. Siehe auch
die Mahnung im Anzeigenteil.
Der Zuckerpreis wird für die Zeit vom 16. bis 19. Sep=
tember
d. J. auf 6000 000 Mark und für die Zeit ab 20. Septem=
ber
auf 9 600 000. Mark für das Pfund feſtgeſetzt.
Der vorbeſtellte Auguſt=Zucker, der nunmehr ganz angefahren
ſein dürfte, kann in den Geſchäften abgeholt werden. Für Säuglinge
und ſtillende Mütter erfolgt wieder eine Sonderzuweiſung auf Marken,
die unter Vorlage der grünen Milchausweiskarte beim Lebensmittel=
amt
, Alexanderſtraße 22, Zimmer 5, abzuholen ſind. Bis Samstag,
den 29. d. M., kann gleichzeitig der Zucker für den Monat September
vorausbeſtellt werden. Um ihn möglichſt bald liefern zu können, muß
der Ablieferungszeitpunkt der Marken durch die Geſchäfte an das
Lebensmittelamt genau eingehalten werden. Es empfiehlt ſich deshalb
die ſofortige Beſtellung. (Siehe Anzeige.)
Goldene Hochzeit. Am Freitag, den 21. ds. Mts., feiert das
Ehepaar Emil Winkel, Viktoriaplatz 8, das Feſt der Goldenen
Hochzeit.
Billige Fahrt zur Frankfurter Meſſe. Wir machen unſere Leſer
darauf aufmerkſam, daß für die Sonderzüge zur Frankfurter Herbſt=
meſſe
der Multiplikator von 1,5 Millionen noch gilt, während im all=
gemeinen
Verkehr bereits 9 Millionen gerechnet werden. Die Fahrt mit
den Sonderzügen koſtet mithin zurzeit nur ½/a des gewöhnlichen Fahr=
preiſes
. Sonderzüge verkehren auf den Strecken BerlinErfurt Frank=
furt
, HamburgHannover-KaſſelFrankfurt, StuttgartMühlacker
HeidelbergFrankfurt, KarlsruheMannheimFrankfurt, Nürnberg
WürzburgFrankfurt. Näheres durch Aushänge auf den Bahnhöfen.
n. Strafkammer. Als letztes Nachſpiel einer Offenbacher Kommu=
niſtenausſchreitung
wurde abermals gegen den Schneider Wilhelm
Beutel aus Friedberg verhandelt, nachdem in der Reviſionsinſtanz das
frühere Urteil teilweiſe aufgehoben und die Sache inſoweit zurückver=
wieſen
worden war. Es kommt jener Demonſtrationszug der kommu=
niſtiſchen
Jugend in Betracht, der an einem Sonntag u. a. zu grober
Vergewaltigung des dortigen Dachdeckermeiſters H. führte. Wegen Land=
friedensbruch
iſt eine Anzahl damaliger Teilnehmer dieſer öffentlichen
Zuſammenrottung rechtskräftig beſtraft, und auch gegen den Angeklagten
B. war deshalb, ſowie ferner aus dem Geſetz, betreffend Schutz der Re=
publik
, insgeſamt auf 3 Monate 3 Wochen Gefängnis erkannt. Letz=
teres
Vergehen fand man ſeinerzeit darin, daß B. als einer der Hetz=
redner
fraglicher Kundgebung von dem ehemaligen Reichsminiſter Noske
als Bluthund ſprach. Von dem ſo Angegriffenen war Strafantrag
wegen Beleidigung nicht geſtellt, und das Reichsgericht vertritt auf B.s
Reviſion die Anſicht, es liege der Tatbeſtand des Schutzgeſetzes nur vor,
herabgewürdigt, nicht bloß, wie hier, nur ein einzelnes Mitglied ge=
ſchmäht
werde. Die Strafkammer verneinte im Anſchluß daran nun=
mehr
dieſes Vergehen B.s, ſprach ihn von der betreffenden Anklage frei,
ſodaß die Verurteiung zu 3 Monaten Gefängnis für den Landfriedens=
Heidelberg, 20. Sept. (Wolff.) Hier fand heute nach= bruch aufrecht erhalten bleibt. Die unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit
geführte Verhandlung gegen den 36jährigen Schneider, Hellſeher und
Privatdetektiv Engelbert Baier von Offenbach wegen qualifizierter
geiſtig minderwertig erſcheinende Angeklagte, bisher unbeſtraft, mit mil=
dernden
Umſtänden trotz Schwere der Tat zu 10 Monaten Gefängnis,
abzüglich 4 Monaten Unterſuchungshaft, verurteilt wurde.

ken Beifall hervor. Dräſekes Serenade machte den Beſchluß:
die Kapelle bewies, daß ſie den Vergleich mit der Vergangen=
heit
nicht zu ſcheuen braucht. Ein glänzendes Publikum hörte
den Darbietungen zu; der Feſtſaal ſelbſt im Glanze wunder=
voller
koſtbarer Lüſters, wie er prunkvoller und zugleich
künſtleriſcher nicht gedacht werden kann. Am eigentlichen Stif=
tungstage
, dem 22. d. M., wird ein Konzert im Opernhauſe, am
23. eine Aufführung der Euryanthe von C. M. v. Weber in
der Bearbeitung von Rolf Lankner folgen. Wagners Rienzi
wird am 30. September den Beſchluß bilden.
C.K. Petersburgs aufblühender Hafenver=
kehr
. Der Seeverkehr im Hafen von Petersburg hat ſich in letz=
ter
Zeit ſo gehoben, daß bereits Pläne über große Verbeſſerun=
gen
der Hafenanlagen ausgearbeitet werden. Wie Werft, Ree=
derei
, Hafen mitteilt, rechnet man damit, daß die Ausfuhr von
Petersburg im Lauf der nächſten zehn Jahre auf 5 100 000 Pud
jährlich ſteigen wird, davon ſollen 3 000 000 Pud Holz ſein. Die
Einfuhr, die man erwartet, wird auf 3 500 000 Pud Kohlen und
1800 000 Pud Baumwolle, ſowie große Mengen landwirtſchaft=
licher
Maſchinen und Fertigprodukte geſchätzt.
C.K. 15 Sekunden zu früh. Ein Irrtum von 15 Sekunden
wird 509 Ruſſen, 250 Polen und 11 Danziger Auswanderer der
Möglichkeit berauben, unter der für den September geltenden
Einwanderungsquote nach den Vereinigten Staaten hineinzu=
kommen
. Bei den Wettrennen der Auswandererſchiffe, die jetzt
an jedem 1. des Monats im Neu=Yorker Hafen üblich ſind, irrte
ſich nämlich ein Schiff um 15 Sekunden und überfuhr die Qua=
rantäne
=Linie des Neu=Yorker Hafens 15 Sekunden vor Mitter=
nacht
des Freitags, des 1. Septembers. Danach waren die Ein=
wanderer
noch im Auguſt in den Vereinigten Staaten angelangt,
und da die für den Auguſt zugelaſſenen Zahlen bereits in den
erſten Tagen dieſes Monats erreicht wurden, dürfen die Einwan=
derer
nicht nach Amerika herein. Andere Schiffe irrten ſich um
drei, vier und fünf Minuten, die ſie zu früh eintrafen, und ſo
werden im ganzen 1130 Einwanderer aus den ſüdlichen Staaten
Europas und den aſiatiſchen Ländern zurückgewieſen, haben alſo
die Reiſe umſonſt gemacht. Der Einwanderungskommiſſar Mr.
Carran iſt ſehr ſtreng und bekämpft dieſe Wettrennen der Schiffe,
die Lebensgefahr für die Paſſagiere in ſich ſchließen und die Sta=
tionen
überfüllen, auf das heftigſte.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Nummer 261.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 21. Beptember 1923.

Reichsmietengeſetz und möblierte Zimmer.
Auf Wunſch der intereſſierten Kreiſe wird die Stadtverwaltung
zukünftig allmonatlich, und zwar gegen Ende des Monats, eine Be=
geben
. Seit der

1923 regelt auch die Feſtſetzung der Untermiete und ſetzt alle ent=
gegenſtehenden
Beſtimmungen der Stadtverwaltung außer Kraft.
Danach bleibt für die Folge die Feſtſetzung der
Untermiete der freien Vereinbarung der Vertrags=
teile
überlaſſen. Kommt eine Vereinbarung nicht zuſtande,
oder beſtehen Streitigkeiten, ſo ſetzt das Mieteinigungsamt auf An=
rufung
eines Vertragsteiles die Untermiete feſt.
Bei der Berechnung der Untermiete iſt zu berückſichtigen:
a) der monatliche Mietwert für leere Räume unter Berückſichtigung
der Lage und baulichen Ausſtattung,
b) eine Entſchädigung für Ueberlaſſung von Einrichtungsgegen=
ſtänden
,
c) eine Vergütung für Ueberlaſſung von Wäſche, die der Abnutzung
des Materials und dem aufgewendeten Arbeitslohn für Reinigung
entſpricht,
d) eine Vergütung für Licht und Heizung nach den Selbſtkoſten,
e) ein etwaiges Bedienungsgeld, das dem 15ſtündigen ortsüblichen
Lohn einer Lauffrau entſpricht.
Zu dem monatlichen Mietwert für leere Räume gehören ſelbſtver=
ſtändlich
alle ſteuerlichen und ſonſtigen Belaſtungen, die der Vermieter
zu tragen hat.
Da es nicht jeder Hausfrau möglich iſt, ſoll an einem Beiſpiel der
gegenwärtige Stand der Unterlagen vorgeführt werden.
jene wieder eine Vierzimmerwohnung in einem vier=
Als Beiſpiel
ſtöckigen Haus. Der Brandverſicherungswert beträgt 40000 Mk., der
Steuerwert 50 000 Mk., die Grundmiete 584 Mk. Die Miete berechnet
ſich danach wie folgt:
1. Die reichsgeſetzliche Miete der ganzen Wohnung
58t 153 000. 7446000 Mk.
für den Monat September 1923 beträgt
12

2. Die Wohnungsbauabgabe beträgt vierteljährlich pro
100 Mk. Grundmiete 40 000 Mk., mithin monatlich
584 . 40 000
100 . 3
3. Die Grundſteuer beträgt pro 100 Mk. Steuerwert
des Hauſes jährlich 5760 Mk., mithin für eine Woh=
50000 5760
nung monatlich
100 4.12
4. Der Brandverſicherungsbeitrag beträgt jährlich das
121fache des Brandverſicherungswertes des Hauſes,
40 000 . 121
mithin für eine Wohnung monatl.
4. 12
5. Die Schornſteinfegergebühr beträgt das 750 000 des Friedensſatzes, demnach monatlich
140.. 24 . 750 000
4. 12
6. Der Waſſerverbrauch beträgt monatlich 4 Kubik=
meter
4 200 000 Mk.
7. Die Umſatzſteuer, der Zinsverluſt und der Anteil
an Verſiherungen beträgt etwa 2,5 Prozent von
Nr. 1 7500 000 . 25

100

80 000

60000

100 000

F40
A000

188000

9199000 Mk.
Die Geſamtkoſten der Wohnung betragen demnach einſchließlich
Waſſergeld im Monat September rund 9 200 000 Mk. Mit dieſer
Grundlage berechnen wir die Miete wie folgt:
1. Nehmen wir an, das möblierte Zimmer hätte etwa
½ der ganzen Wohnfläche. Dann entfällt auf ein
2 300 000 Mk.
Zimmer 9 200000: 4
2. Dazu kommt der Zuſchlag für Ueberlaſſung der
Möbel. Nehmen wir dafür an 0,6 Prozent vom
Mittel aus dem Anſchaffungswert und heutigen Ver=
kaufswert
der Möbel, gemäß Ausführungsbeſtim=
mung
der heſſiſchen Regierung, und ſetzen den An=
ſchaffungswert
mit 600 Mk., den heutigen Ver=
kaufswert
mit 12 Milliarden Mark an, ſo beträgt
36 000 000
dieſer Zuſchlag
3. Für Bedienung kommt hinzu für jeden Raum der
15ſtündige Lohn einer Lauffrau, die ohne Verköſti=
gung
tätig iſt. Das ergibt heute 15 . 600 000 9000 000
zuſammen: 47 300 000 Mk.
ohne Licht, Heizung, Wäſche, Verpflegung uſw., und damit kaum ſo viel
wie ein Pfund Butter.
Die vorſtehenden Darlegungen zeigen, daß es Pflicht der Zimmer=
mieter
iſt, den Vermietern gegenüber nicht kleinlich zu ſein, denn es
handelt ſich zumeiſt um Leute, die es heute mehr denn je bitter nötig
haben, und die nichts verſchenken können. Der oben errechnete
Betrag muß als Minimum bezeichnet werden. Die=
jenigen
Mieter, die das entſprechende Einkommen haben, ſollten
anſtandshalber den Betrag freiwillig erhöhen.
Die Berechnung zeigt aber auch wieder, wie ungerecht das Reichs=
mietengeſetz
gegenüber dem Hausbeſitzer verfährt, denn er erhält als
ſeinen Anteil für die ganze Wohnung nur die Grundmiete in Höhe von
584 Mk. im ganzen Jahr. Er muß ſchon 100 Vierzimmerwohnungen
ein ganzes Jahr lang vermieten, um ſich ein Pfund Butter kaufen zu
können.
Das Reichsmietengeſetz befriedigt weder auf der Mieterſeite noch
auf der Hausbeſitzerſeite. Nachdem wir nun ein Jahr lang mit dieſem
Geſetz gearbeitet haben, erkennen wir, daß der ganze Aufbau des Ge=
ſetzes
ein verfehlter iſt, und daß es, je eher, um ſo beſſer, einer voll=
kummenen
Umarbeitung bedarf. Der Vermieter ſollte nach dem
R.M. G. nur das erhalten, was zur Bewirtſchaftung, insbeſondere zur
Inſtandhaltung des Hauſes, erforderlich iſt. In der Tat erhielt er aber
durch falſche Anwendung des Geſetzes noch nicht einmal das. Man hatte
nämlich bei Ausarbeitung des Geſetzes nicht daran gedacht, daß unſer
Währungsverfall mit ſolchen Rieſenſchritten vor ſich gehen würde. Da=
mals
ſtand der Dollar (Februar 1922) noch auf 200 Mk. Heute ſteigt
er von Tag zu Tag um viele Millionen. Was heute feſtgeſetzt wird,
erweiſt ſich morgen als ganz unzulänglich. Die Folge iſt ein fortgeſetz=
ter
Verfall unſerer Häuſer. Die Mieter klagen über ſtarke Vernach=
läſſigung
, es entſteht eine allgemeine Unzufriedenheit und Verbitterung.
Verfehlt an dem Reichsmietengeſetz iſt beſonders die Trennung der Zu=
ſchläge
in laufende und große Inſtandſetzungsarbeiten. Das für letz=
tere
in den Hauskonten aufgeſparte Geld war bereits nach wenigen
Tagen ſo gut wie wertlos, und der Hausbeſitzer kann heute mit dieſem
Geld nichts mehr anfangen. Es muß für die Folge ein einheit=
licher
Zuſchlag zur Grundmiete erhoben werden, und dieſe
muß der allgemeinen inneren Geldentwertung ſchnell angepaßt wer=
den
. Wie es einen Index der allgemeinen Lebenshaltung gibt, ſo läßt
ſich leicht eine Meßziffer für die Mieten errechnen, indem man die Steige=
rung
der Betriebskoſten, der Löhne und der Bauſtoffe berückſichtigt. Für
die Bemeſſung der Mietzuſchläge können nur wirt=
ſchaftliche
Geſichtspunkte maßgebend ſein. Unſere
Hauptſorge muß der Erhaltung des vorhandenen Wohnraumes gewidmet
werden, weil wir auf abſehbare Zeit hinaus leider nicht an hinreichende
Neubauten denken können.
Wenn der Mieterverein in einer Einſendung dieſer Tage darüber
Klage führt, daß die Berechnung der Hundertſätze einſeitig vom Hausbe=
ſitzerſtandpunkt
aus erfolge, ſo iſt der Einſender offenbar über die Grund=
lagen
der Berechnung nicht unterrichtet. Bei der Berechnung muß die
Tatſache in den Hintergrund treten, daß einzelne Mieter den Mietpreis
nicht mehr entrichten können. Es iſt nicht Sache der Hausbeſitzer, einzelne
Mieter durch die Not der Zeiten durchzuſchleifen. Recht hat der Mieter=
verein
darin, daß vielfach die einfache Unterhaltungspflicht an einzelnen
Häuſern auch im Frieden verabſäumt worden iſt. Aber man muß beden=
ken
, daß auch im Frieden ein ſehr großer Teil unſerer Wohnungen, ins=
beſondere
in den ſchon mehrere hundert Jahre alten Häuſern, mit den
verfügbaren Mitteln gar nicht unterhalten wer=
den
konnte. Eine einfache Nachrechnung wird dieſe Erfahrung be=
ſtätigen
. Aber auch die neuen Häuſer ſind zum Teil ſtark vernachläſſigt.
Daß dies der Fall iſt, liegt nun beſonders an der Kriegszeit, denn die
Mieteingänge ſind ſeit 1914 nicht derart geweſen, daß ausreichende Mittel
zur Unterhaltung der Gebäude verfügbar waren. Seit Beſtehen des
Reichsmietengeſetzes hat ſich daran nur wenig geändert, und gerade die
Mieter ſind nicht von Schuld freizuſprechen, weil ſie es immer waren,
die mit Nachdruck der ordnungsmäßigen Anwendung des Geſetzes entge=
gengetreten
ſind. Man braucht den ſäumigen Hausbeſitzer nicht in Schutz
zu nehmen, aber wer von ihnen nur auf den Mieteingang angewieſen
iſt, verdient Rückſicht.
B.

Kunſtnotizen.
Uſeber Werte, Künſfler und künftleriſche Veranftaltungen, deren im Nachſiehenden Erwähnung
geſchiebt, behält ſich die Redaktion ihr Urtell vor.
Gaſtſpiel der Münchener Kammeroper. Am
Dienstag, den 25. September 1923, findet ein einmaliges Gaſtſpiel der
Münchener Kammeroper in Darmſtadt im Kleinen Haus ſtatt. Die
Zentralſtelle zur Förderung der Volksbildung und Jugendpflege in
Heſſen hat dieſe Vereinigung Münchener Künſtler und Künſtlerinnen zu
einem Gaſtſpiel durch die Provinz Starkenburg verpflichtet; und die
Künſtlerſchar hat den Ehrgeiz, ſich, ehe ſie ihre Fahrt nach Offenbach,

Viernheim, Bensheim und Michelſtadt antritt, dem Darmſtädter Pu=
blikum
vorzuſtellen. Zur Aufführung gelangen zwei kleine Meiſterwerke
der heiteren Opernkunſt. Zuerſt Pergoleſes entzückendes Intermezzo
Die Magd als Herrin (La ſerva padrona) 1731 entſtanden , wel=
ches
in Darmſtadt ſeit Jahrzehnten nicht mehr aufgeführt wurde. Und
anſchließend Der Schauſpieldirektor, ein Singſpiel in einem Aufzug
neubearbeitet von Dr. Wilhelm Zentner mit Muſik von Mozart.
Die vorliegenden Kritiken führender Blätter ſind des Lobes voll über die
geſangliche und orcheſtrale Wiedergabe der beiden Werke. Es wird ge=
wiß
den Kenner intereſſieren, die beiden Partituren in der Bearbeitung
für Flöte, Klarinette. Klavier und
Harmonium erklin=
gen
zu hören. Die Vorſtellung beginnt um 7½ Uhr Vor Beginn der
Aufführung wird der Vertreter der Bayeriſchen Landesſtelle für gemein=
nützige
Kunſtpflege, Dr. Eckardt aus München, einige kurze Worte über
Zweck und Ziel des Unternehmens, welches die bayeriſche Regierung in
großzügiger Weiſe unterſtützt, und zu welcher die Staatstheater Mün=
chen
die Koſtüme zur Verfügung ſtellen, ſprechen. Da die Freie lite
rariſch=künſtleriſche Geſellſchaft in Darmſtadt ſich dieſe
Aufführung der Münchener Kammeroper, als erſte Darbietung ihres
neuen Winterprogramms geſichert hat, ſo ſtehen nur noch wenige Plätze
zum freien Verkauf zur Verfügung. Der Vorverkauf findet an der
Tageskaſſe des Kleinen Hauſes von Freitag, den 20. September ab, ſtatt.

v. Eberſtadt, 2. Sept. Aus dem Gemeinderat. Herr Ge=
meinderat
Pritſch hat aus Geſundheitsrückſichten ſein Mandat nieder=
gelegt
. Die Arbeitsloſen des Ortes haben hier vor dem Rathauſe
demonſtriert. Die Bürgermeiſterei hat die Forderungen entgegengenom=
men
. Mit der Notlage der Erwerbsloſen beſchäftigte ſich in eingehender
Weiſe die letzte Gemeinderatsſitzung. Die hieſigen Bäcker backen wie=
der
Markenbrot. Feldſchutz. Wie in anderen Orten, ſo iſt auch
hier beabſichtigt, zur Verſtärkung des Feldſchutzes alle Grundbeſitzer und
Pächter zu abendlichen Patrouillengängen der Polizei wechſelweiſe hin=
zuzuziehen
.
0- Roßdorf, 20. Sept. Stenographentag. Am Samstag
und Sonntag hielt hier der Gau Darmſtadt im Bezirk Darmſtadt Ga=
belsbergerſcher
Stenographen ſeinen 8. Gautag ab. Eine Vertreterver=
ſammlung
leitete die Tagung ein. Zunächſt gedachte man in ehrenden
Vorten dem Andenken des verſtorbenen Gauvorſitzenden Vogelſang.
der neue Gauvorſtand ſetzt ſich aus folgenden Herren zuſammen: 1.
Vorſ. Heinrich Büttel=Eberſtadt, 2. Vorſ. Aug. Rödler=Dieburg, Schrift=
führer
Wagner=Roßdorf, Rechner Ldg. Gräf=Darmſtadt, Wettſchreib=
obmann
P. Metzger=Darmſtadt, Beiſitzer Gg. Nieder=Ober=Ramſtadt.
Abends fand ein gutbeſuchter Kommers ſtatt. Begrüßungsanſprachen
hielten der Vereinsvorſitzende Wagner=Roßdorf und Bezirksvorſitzender
Roth=Eberſtadt. Die Feſtanſprache hielt Gauvorſitzender Fleckenſtein=
König i. O. Darbietungen des Turnvereins Roßdorf und der Geſang=
vereine
Liederkranz und Sängerluſt, ſowie eines erſtklaſſigen Salon=
orcheſters
verſchönten die Feier. An dem am Sonntag vormittag ſtatt=
gefundenen
Wettſchreiben nahmen zirka 300 Perſonen teil. Die Höchſt=
leiſtung
erzielte Herr Böhmann (Stenogr.=Vgg. Darmſtadt) bei 260 Sil=
ben
. Mittags fand eine Feſtverſammlung ſtatt, in der Bürgermeiſter
Lorenz die Grüße des Gemeindevorſtandes überbrachte. Die Gemeinde
hatte übrigens einen wertvollen Ehrenpreis geſtiftet. Die Feſtrede hielt
Herr Verbandsvorſitzender Gg. Kalis aus Frankfurt. Gegen abend
konnte die Preisverteilung ſtattfinden.
* Roßdorf, 2. Sept. Das Kirchengeſangvereinsfeſt
des evang. Dekanates Darmſtadt am vorigen Sonntag
nahm einen erhebenden Verlauf. Acht Chöre (die von Darmſtadt, Meſſel
Roßdorf) vereinigten ſich zu einem machtvollen Geſamtchor, der unter
der ſtraffen Leitung des Kirchenmuſikmeiſters Prof. Arnold Mendelsſohn
in der Hauptprobe raſch zu einem einheitlichen Ganzen zuſammenwuchs
und im Gottesdienſt ſicher und fein Proben des evang. Kirchenliedes
vortrug (Herr, nun ſelbſt den Wagen hält. Der Herr iſt mein ge=
treuer
Hirt, Friſch auf in Gottes Namen, du deutſche Nation
Jauchzt alle Lande Gott zu Ehren). Die Liturgie, die ſinnig auf=
gebaut
, im Wechſel von Chorlied, Gemeindegeſang, Schriftwort von
des deutſchen Volkes Not, Troſt, Trotz, Dank zeugte, hielt der Orts=
pfarrer
; die Anſprache, die die Herzen mächtig anpackte, Dekan Weiß=
gerber
. Den Gemeindegeſang leitete mit geſchicktem Orgelſpiel Rektor
Heß. Die Gemeinde, die viele Gäſte hatte, füllte das große, feſtlich ge=
ſchmückte
Gotteshaus bis auf den letzten Platz. Nach einer Kaffeepauſe
zogen die Vereine mit vielen Hunderten unter Vorantritt des ſtets wil=
ligen
Poſaunenchors Groß=Zimmern in den Wald zum Ludwigstempel,
wo bis zum ſinkenden Abend eine köſtliche Nachverſammlung ſtattfand.
Die Vereine ſangen hier einzeln aus dem reichen Schatz des deutſchen
Volksliedes ihre wunderbaren Weiſen. Pfr. Rückert=Darmſtadt ſprach
hier (der Ludwigstempel liegt auf Darmſtädter Gebiet) als Ortspfarrer
Worte der Begrüßung, Dekan Weißgerber grüßte namens des Deka=
nates
, Pfr. Berck dankte namens der Feſtgemeinde. Mit dem gemeinſam
geſungenen Vaterlandslied ſchloß der herrliche Tag.
r. Babenhauſen, 19. Sept. Der Verein der Hunde=
freunde
von hier und Umgegend veranſtaltet am 29. und
30. September auf dem ehemaligen Artillerie=Exerzierplatz an der
Aſchaffenburger Straße eine große öffentliche Polizei= und
Schutzhunde=Vorführung mit Prüfung. Eine ſtattliche Reihe
von Hunden 14 Rüden und 8 Hündinnen ſind bis jetzt gemeldet
und zur Prüfung zugelaſſen. Mehrere von ihnen ſind erſtklaſſiger Ab=
ſtammung
und mehrfach prämiiert. Am Samstag, den 29. Sept., vor=
mittags
8 Uhr, werden die praktiſchen Vorführungen ihren Anfang
nehmen. Naſenarbeiten, wie Spurarbeit auf einer eine halbe Stunde
alten Spur, Mannſuche nach erhaltener Fußwitterung, Abſtöbern eines
Geländeabſchnittes und dergl. werden den Hundefreunden gezeigt wer=
den
. Abends findet zu Ehren der Gäſte ein Kommers im Gaſthaus
Zum Löwen ſtatt, bei dem in bunter Reihenfolge turneriſche Vor=
führungen
, Geſangsvorträge des gemiſchten Chors des Turnvereins
und Reigenfahren einer Gruppe des hieſigen Radfahrervereins den
ſchönſten Unterhaltungsſtoff bieten werden . Am Sonntag, ſchon vor=
mittags
8 Uhr, geht es wieder an zielbewußte praktiſche Arbeit. Ge=
horſams
= und Gewandtheitsübungen ſowie Mannarbeiten ſollen die
Ausbildung des Polizei= und Schutzhundes auch in dieſer Richtung dem
Publikum und kritiſch begutachtenden Richter zeigen. Nach Beendigung
der Uebungen wird die Preisverteilung auf dem Platze ſtattfinden.
Preisrichter ſind die Herren Rechtsanwalt Nohde und Polizeiwacht=
meiſter
Jäger=Darmſtadt und Oberſchutzmann Kiſſinger=Griesheim.
Die Vorarbeiten zu dieſer großen Hundevorführung ſind ſeit Wochen
in regem Fluſſe.
* Neu=Iſenburg, 20. Sept. Es dürfte ſelten vorkommen, daß
eine Gemeinde von über 10000 Seelen Wochen und Monate ohne
Bürgermeiſter und Beigeordneten iſt, wie dies eben hier
der Fall iſt. Von den beiden Beigeordneten iſt der beſoldete tödlich
verunglückt, der unbeſoldete zurückgetreten. Im Auguſt legte der
Bürgermeiſter krankheitshalber ſein Amt nieder, und ſo führt mit Ge=
nehmigung
des Kreisamtes ein Verwaltungsinſpektor die Geſchäfte der
Gemeinde. Die Wahl eines beſoldeten Beigeordneten war bereits
ſchon einmal angeſetzt, und zwar auf den 2. September. Sie wurde
aber wieder abgeſagt, weil der Gemeinderat beſchloß, vom 1. Oktober
ab in unſerer Landgemeinde Städteordnung einzuführen. Es finden
nun zunächſt die Stadtverordnetenwahlen ſtatt, da die Stadtverordneten
den neuen Bürgermeiſter zu wählen haben. Unter den Bürgerparteien
iſt die Luſt, das Amt eines Stadtverordneten oder Beigeordneten zu
übernehmen, nicht beſonders groß. Sie werden Mühe haben, zug=
kräftige
Bewerber zu finden. Jedermann iſt ſo mit Geſchäften über=
laſtet
und ſucht auch nicht den Kampf mit Kommuniſten und Sozialiſten.
Unſere Landgemeinde, die größte in Heſſen, wurde 1894 zur Stadt
erhoben, ging aber der Einführung der Städteordnung bis jetzt der
Koſten wegen immer aus dem Wege.
Worms, 20. Sept. Am Lutherdenkmal haben ſich Buben=
hände
vergriffen. Das Kruzifix in den gefalteten Händen des Johann
Huß iſt demoliert worden. Wann die Tat geſchah, iſt ſchwer feſt=
zuſtellen
.
th. Alzey, 20. Sept. Zeitungsverbot. Die Alzeyer Zeitung
iſt von der Beſatzungsbehörde auf einige Tage verboten worden.
Gießen, 20. Sept. In einem Dorfe in nächſter Nähe von Gießen
ſprach dieſer Tage ein Mann bei einer Familie beſuchsweiſe vor und
überbrachte Grüße von den auswärts wohnenden Verwandten, deren
Verhältniſſe er genau kanute. Der Beſucher gefiel der Familie ſo gut,
daß ſie ihn willig für mehrere Tage beherbergte und verpflegte. Schließ=
lich
erklärte er, ſeine Koffer in Gießen holen zu wollen, doch ſei er
knapp bei Kaſſe, denn ſeinen größeren Geldbetrag habe er in dem
einen Koffer. Gerne gab man ihm 15 Millionen. Er ging nach Gießen,
um das Gepäck zu holen, hat aber bis heute es ſind ſeitdem ſieben
Tage terfloſſen das Wiederkommen vergeſſen.
Schotten, 20. Sept. Die neue heſſiſche Förſterſchule
wurde, in Anweſenheit des Finanzminiſters Henrich, des Landesforſt=
meiſters
Dr. Weber, des Provinzialdirektors Mathias des heſſiſchen
Förſterverbandes in großzügiger Weiſe mit Anſprachen uſw. eingeweiht.
Miniſter v. Brentano ließ als Geſchenk ſein Bild überreichen. Eine
Beſichtigung der draktiſchen Räume ſchloß ſich an. Abends folgte ein
gemütlicher Kommers. Mittags hielt der Förſterverband eine Sitzung
ab, in der ſich Staats= und Privatförſter zu einem Verband zuſammen=
ſchloſſen
.
N. Alsfeld, 18. Sept. Elektrizitätswerk. Nachdem ein
früherer Vertrag über den Verkauf des ſtädtiſchen Elektrizitätswerkes
hinfällig geworden war weil die Käufer die feſtgeſetzten Zahlungs=
friſten
nicht einhielten, hat der Stadtvorſtand in ſeiner letzten Sitzung
einem neuen Kaufvertrag zugeſtimmt. Jetzt hat danach die Firma
Henkel II. in Lauterbach das Maſchinen=Inventar des Werkes zum
Preiſe von 30 Milliarden erworben. Das Grundſtück mit dem Gebaude
bieibt ſeibſtverſtändlich Eigentum der Stadt.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Der Zentralflughafen auf dem Tempelhofer Feld.
Der 8. Oktober d. J. wird für die Geſchichte des Luftverkehrs der Reichs=
hauptſtadt
ſowie der Republik von beſonderer Bedeutung ſein. An
dieſem Tage ſoll, wenn keine unvorhergeſehenen Zwiſchenfälle eintreten,
der Zentralflughafen auf dem Tempelhofer Feld dem Luftverkehr über=
geben
werden, und zwar im Rahmen, der diesjährigen Jahreshaupt=
verſammlung
der wiſſenſchaftlichen Geſellſchaft für Luftfahrt, die vom
5. bis 8. Oktober in Berlin ſtattfindet. Der Bedeutung des Berliner
Flughafens entſprechend, werden die namhafteſten Vertreter der deutſchen
Luftfahrt neben Vertretern des Reiches, der Lander und der Stadt daran
teilnehmen. Die Arbeiten auf dem Tempelhofer Feld ſind zum größten
Teil beendet. Das Verwaltungsgebäude mit ſeinen Räumlichkeiten für
Fluggäſte, Flugleitung, Luftpolizei, Zoll, Poſt und Sanitätsmannſchaften
ſowie zwei große Flugzeughallen, die insgeſamt zwölf modernen Ver=
kehrsmaſchinen
Raum bieten, ſind fertiggeſtellt, desgleichen Lagerräume
für Brennſtoffe, Materialien und eine Werkſtätte für kleinere Repara=
turen
. Nur an der Einebnung des Platzes, die beſonders ſorgfältig vor=
genommen
wird, ſind noch 250 Erwerbsloſe tätig. Es hatte ſich als not=
wendig
herausgeſtellt, den ſchweren Sandboden des Tempelhofer Feldes,
der ſich für ein gutes Starten und Landen als wenig geeignet erwieſen
hat, mit einer dichten Grasnarbe zu beſäen. Entſprechend den behörd=
lichen
Vorſchriften beträgt der Umfang des Platzes einen Quadrat=
kilometer
, darüber hinaus ſind noch rundherum 300 Meter Freifläche.
Die ganze Anlage iſt vorläufig nur als Notbehelf gedacht, bis das Stadt=
bauamt
ſeine Entſcheidung über die endgültige Geſtaltung des Tempel=
hofer
Feldes getroffen haben wird. Erſt dann ſollen maſſive Baulich=
keiten
, Zufahrtſtraßen uſw. errichtet werden.
Kinderhilfe.
München. Am Montag abend fuhren etwa 1300 bis 1400 Kinder
in zwei Sonderzügen, die 7 Uhr 15 Min. vom Hauptbahnhof abgelaſſen
wurden, in ihre Heimat zurück. Die Kinder waren im Laufe des Nach=
mittags
aus der Umgebung Münchens, wo einzelne bis zu einem halben
Jahr Erholung genoſſen hatten, auf dem Hauptbahnhof eingetroffen.
Der Abſchied von ihren Pflegeeltern und von München war den Kleinen,
die durchwegs gut erholt ausſahen und mit Geſchenken reich bedacht
waren, nicht leicht geworden, manche wären noch länger auf den Pflege=
plätzen
geblieben. Vor der Reiſe, die in eigens zuſammengeſtelltem, gutem
Wagenmaterial erfolgte, wurden den Kindern durch Damen des Roten
Kreuzes und den an der Kinderhilfe beteiligten Organiſationen Er=
friſchungen
gereicht. Die Stadt hatte ſich dabei mit Liebesgaben betei=
ligt
. Zur Verabſchiedung hatten ſich der Vorſitzende des Bayer, Landes=
vereins
vom Roten Kreuz, Exz. Stömer, Vertreter des Stadtſchulrates,
der verſchiedenen Jugendfürſorgeverbände und Bahnoberinſpektor Her=
bert
eingefunden. Unter herzlichen Abſchiedsgrüßen der Kinder ver=
ließen
die Züge die Halle. Am Dienstag abend wird ein Sonderzug
etwa 800 bis 900 Kinder zurück ins Ruhrgebiet bringen.

Sport, Spiel und Turnen.
Schwimmen.
Großkampftage im Schwimmen in Darmſtadt.
Der Schwimmklub Jungdeutſchland, welcher in den letzten Jahren
ſchon mehrfach mit großzügig durchgeführten Veranſtaltungen an die
Oeffentlichkeit getreten iſt, wird am 29. und 30. September im Städt.
Hallenſchwimmbad ein verbandsoffenes Schwimmfeſt abhalten, wobei,
nach den vorliegenden Meldungen, neben einem großen Teil unſerer
beſten deutſchen Schwimmer und Springer, auch der Deutſche Meiſter
im Waſſerballſpiel, Waſſerfreunde Hannover, am Start erſcheinen wird
der Deutſche Schwimmſport hat in den letzten Jahren immer mehr
europäiſchen Ruf erhalten, wie das beſonders die großen ſchwimmſport=
lichen
Veranſtaltungen des vergangenen Sommers in Schweden gezeigt
haben. Dieſe Entwickelung ging aus von einigen deutſchen Schwimm=
zentralen
, zu welchen man heute ohne Selbſtüberhebung das aufſtrebende
Darmſtadt zählen kann, das beſonders in Süddeutſchland mit an erſter
Stelle ſteht. Hierzu haben ſehr biel die großen ſchwimmſportlichen
Veranſtaltungen des Schwimmklubs Jungdeutſchland mit dem Verbands=
feſt
1920 beigetragen. Im Kampfe mit den Beſten konnte die vorzügliche
Wettkampfmannſchaft des Klubs heranreifen. Nicht nur dieſer ſelbſt,
ſondern die ganze Darmſtädter Schwimmbewegung hat ſich unter dem
Einfluß der gezeigten Vorbilder in den letzten Jahren in erfreulichſter
Weiſe entwickelt. Die ſo nötige, breite Grundlage, auf welcher ſich gute
Durchſchnitts= und Höchſtleiſtungen weiter entwickeln können, wurde hie=
mit
geſchaffen.
So iſt zu hoffen, daß auch die kommende große Veranſtaltung einen
gleich guten Zweck erfüllen und zur weiteren Förderung des Schwim=
mens
beitragen wird. Hierzu iſt nicht nur die Opferfreudigkeit des veran=
ſtaltenden
Klubs, ſondern auch das Intereſſe weiter Kreiſe unſerer
Darmſtädter Bevölkerung nötig.
Verbandsoffenes Schwimmfeſt des Schwimmklubs Jungdeutſchland.
Zur Durchführung der weiteren Vorbereitungen für das verbands=
offene
Schwimmfeſt finden am Freitag, den 21. ds. Mts., abends 8½
Uhr, in der Brauerei Schul, und am Samstag, den 22. ds. Mts., nach=
mittags
5½ Uhr, im Reſtaurant Sitte (für die Jugend) Verſamm=
lungen
ſtatt.
Lawn=Tennis.
Berliner Rot=Weiß=Tennisturnier. Die Senſation war das Zu=
ſammentreffen
des deutſchen Meiſters Landmann mit Altmeiſter Heim,
der ſeinen Titel in Hamburg nicht verteidigen konnte. Es war ein
Kampf zweier vollkommen gleichwertiger Gegner. Den erſten Satz ge=
wann
Landmann (6:3), den zweiten Heim (7:5), den entſcheidenden
Satz brachte Heim mit 6 4 an ſich. Durch dieſen Sieg gelangte Heim
in die Endrunde. Sein Gegner Hoppe kämpfte mit aller Bravour und
war beſonders im dritten Satz ſehr angriffsfreudig, der Sieg von
Heim ſtand aber keinen Augenblick in Frage. Mit 6:1, 6:4, 10:8
behielt er die Oberhand. Im gemiſchten Doppel gewann das Frank=
furter
Meiſterpaar Frau Friedleben=Kreuzer gegen Frl. d’Alvarez=
H. Kleinſchroth 5:7, 8:6, 8:6 und gelangte dadurch mit Frau
Neppach=Lüdtke, die gegen Frau Rau=Landmann 6: 3, 6:1 ſiegreich
geweſen waren, in die Schlußrunde. Frau Friedleben=Kreuzer waren
im erſten Satz, den ſie 6: 3 gewannen, ſehr ſicher. Dann ließ Kreuzer
nach, und das Zuſammenſpiel war geſtört. Frau Neppach=Lüdtke
ſpielten hervorragend, gewannen die zwei nächſten Sätze 7: 5, 6: 4 und
damit den Kampf.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentiſchungen unter dieſer Heberſchrift übernimmt die Redaktlon keinerlei Ver=
antwortung
; für ſſe bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preffegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht bearündet werden.
Beſteht eine Berechtigung zum Aufſchlag auf vorausgezahlte
Abonnements?
Die ſtädtiſchen und ſtaatlichen Verwaltungsbehörden leiſten ſich
gegenwärtig eine Maßnahme, die jedem geſunden Rechts= und Geſchäfts=
gebaren
Hohn ſpricht, indem auf im voraus gezahlte Gelder für
Abonnements Nachforderungen verlangt werden unter Androhung des
Verluſtes der entfprechenden Karte. Dieſe Maßnahme iſt unmoraliſch
und unſittlich im höchſten Grade. Die Gelder werden als gute Gelder
eingezahlt; wenn es der Verwaltung nicht möglich iſt, ſie wertbeſtändig
anzulegen in Form von Betriebsmitteln und dergl. , ſo iſt das
nicht Sache des Publikums. Zudem iſt die Anlage des Geldes bei den
ſpeziell in Betracht kommenden Betrieben (Schwimmbad, Theater und
dergl.) ſehr wohl möglich. Für die laufend ſich erhöhenden Ausgaben
ſtehen die Tageseinnahmen zur Verfügung. Es wäre Sache der Regie=
rung
, hier einmal nach dem Rechten zu ſehen, denn es iſt kein gutes
Beiſpiel, mit dem der Staat hier vorangeht.

Der Zuckerpreis iſt für die Woche vom 17. bis 22. September auf
Mk. 6000 000. per Pfund feſtgeſetzt.
7608)
Vereinigung des Darmſtädter Einzelhandels.

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Samstag, 22. September:
Fortdauer der unbeſtändigen Witterung wie in den letzten Tagen.
Die weſtöſtlich über Nordeuropa in ſchneller Folge vorüberziehenden
Wirbel ſind noch nicht abgeſchloſſen, ſodaß weiterhin mit unbeſtändiger
Witterung zu rechnen iſt.

Tageskalender.
Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J V. A. Flciſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Nummer hat 6. Seiten

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

21. September 1923 Nr. 261

wb. Der Reichsbankausweis. Die Verſchlechterung der
Lage der Reichsbank machte in der erſten Septemberwoche weitere Fort=
ſchritte
. Wie der Bankausweis vom V. d. M. zeigt, erhöhte ſich die ge=
ſamte
Kapitalanlage um 681,8 auf 1859 Billionen Mark. Von der Ver=
mehrung
entfielen 584,2 Billonen Mark auf Reichsſchatzanweiſungen,
deren Beſtand mit auf 1571,5 Billionen Mark wuchs und zwar wieder
ausſchließlich infolge geſteigerter Anſprüche des Reiches. Das Wechſel=
Portefeuille hob ſich um 113,8 auf 278,4 Billionen Mark. Es handelt
ſich bei dieſer Zunahme zu einem erheblichen Teil um Inkaſſo=Wechſel
und =Schecks, für die alſo die Reichsbank als kreditgewährende Stelle
eigentlich nicht fungiert, im übrigen um ſolche ganz kurzfriſtigen Kredite,
deren Ueberleitung auf wertbeſtändige Baſis ohne Gefährdung des
Wirtſchaftslebens, insbeſondere ohne Gefährdung der Volksernährung,
bei der Kürze der Zeit noch nicht möglich war. Das Lombard=Konte
weiſt diesmal eine Abnahme von 16,4 auf 8,9 Billionen Mark auf, was
mit dem Uebergang größerer Darlehnspoſten auf die Reichsdarlehns=
kaſſen
zuſammenhängt. Die neu beanſpruchten Kredite floſſen teilweiſe
den fremden Geldern zu, die um 289,6 auf 880,6 Billionen Mark ſtiegen.
Der größere Teil wurde indes der Bank in der Form von Zahlungs=
mitteln
entzogen, da ſie nunmehr wieder in der Lage war, dem an ſie
herantretenden Banknotenbedarf zu genügen. Der Umlauf an
Banknoten erfuhr daher eine Vermehrung um 518,8 auf 1182 Bil=
lionen
Mark. Der Umlauf an Darlehnskaſſenſcheinen ging von 11 auf
10,6 Milliarden Mark zurück.
Der Goldbeſtand verminderte ſich um 20,6 Millionen Goldmark,
die im Intereſſe der Debiſenbeſchaffung verwendet worden ſind. Der
Betrag wurde dem Goldkaſſenbeſtande der Bank entnommen, der auf
478,6 Millionen Mark zurückging. Das Golddepot im Auslande änderte
ſich nicht. Der Beſtand an Münzen aus unedlem Metall ermäßigte ſich
um 1,2 auf 19,7 Milliarden Mark.
Die Darlehnskaſſen des Reiches wurden mit 92,9 Billionen
Mark neu in Anſpruch genommen, ihre Ausleihungen ſtiegen auf 107
Billionen Mark. Sie führten einen entſprechenden Betrag an Dar=
lehnskaſſenſcheinen
an die Reichsbank ab, ſodaß deren Beſtände an ſolchen
Scheinen auf die gleiche Höhe, nämlich auf 107 Billionen Mark, zu=
nahmen
.
*
Philipp Holzmann A.=G., Frankfurt a. M. Die ao.
G.=V. beſchloß Kapitalserhöhung auf 348 Mill. Mk. durch Ausgabe von
20 Mill. Mk. Stamm= und 6 Mill. Mk. Vorzugsaktien. Ferner wurde
die Vollzahlung der mit 12 Proz. eingezahlten Vorzugsaktien beſchloſſen
Ein Teilbetrag von 42 Mill. Mk. der neu zur Ausgabe gelangenden
Stammaktien wird den alten Aktionären im Verhältnis 5:1, zu einem

noch feſtzuſetzenden Kurs von zirka 3 Mill. Proz. angeboten. 6 Mill
Mark werden zum gleichen Kurſe dem Aufſichtsrat und dem Vorſtand

belaſſen und der Reſt beſtmöglichſt verwertet. Ueber den Geſchäftsgang
wird berichtet, daß die Geſellſchaft in den letzten Monaten gut beſchäftigt
geweſen ſei und auch in der letzten Zeit noch Bauaufträge in erheblichem
Umfang hereingenommen wurden.
Elektrizitäts=A.=G. W. Lahmeyer u. Co., Frank=
furt
a. M. Nach Abzug der Unkoſten in Höhe von 240,7 Mill. Mk.
(i. V. 6,9 Mill. Mk.) wird ein Reingewinn in Höhe von 134 Mill. Mk.
(i. V. 6,04 Mill. Mk.) ausgewieſen. Einſchließlich des Vortrages ergibt
ſich ein Reingewinn von 134,1 Mill. Mk. (i. V. 6,5 Mill. Mk.), woraus
200 Proz. Dividende (i. V. 12 Proz.) auf ein Aktienkapital von 60 Mill.
Mark zur Verteilung vorgeſchlagen wird. Für Aufſichtsrattantiemen wer=
den
13,2 Mill. Mk. (i. V. 0,4 Mill. Mk.) verwandt und der Reſt von
0,972 Mill. Mk. (i. V. 0,125 Mill.) auf neue Rechnung vorgetragen. In
der Bilanz erſcheinen Wertpapiere und Beteiligungen mit 101,9 Mill. Mk
(i. V. 77,6 Mill. Mk.). Die Erhöhung dieſes Poſtens iſt durch die Betei=
ligungen
an den Kapitalserhöhungen der dem Unternehmen naheſtehen=
den
Geſellſchaften erfolgt. Der Beſitz an Aktien der Kraftübertragungs=
werke
Reinfelden wurde zum größten Teil abgeſtoßen. Vorſchüſſe an nahe=
ſtehende
Unternehmungen erſcheinen mit 801 Mill. Mk. (i. V. 17 Mill.
Mk.), im Bau begriffene Anlagen mit 1663 Mill. Mk. (i. V. 106,9 Mill.
Mk.), Guthaben auf Werkbauten und geleiſtete Anzahlungen mit 1993
Mill. Mk. (i. V. 23,9 Mill. Mk.), Bankguthaben mit 341 Mill. Mk. (i.
V. 86,6 Mill. Mk.) und verſchiedene Schuldner mit 248 Mill. Mk. (i. V.
6,5 Mill. Mk.). Unter den Paſſiven ſind Anzahlungen für in Ausführung
begriffene Bauwerke in Höhe von 2368 Mill. Mk. (i. V. 118,4 Mill. Mk.)
und Warenlieferungen und Gutſchriften auf Abrechnungen, nicht erho=
bene
Dividende uſw. im Betrag von 2081 Mill. Mk. (i. V. 44,6 Mill.
Mk.). Der Reſervefonds iſt durch das Agio der Kapitalserhöhung von
6,5 Mill. Mk. auf 392,9 Mill. Mk., alſo auf rund das Dreifache des
Aktienkapitals geſtiegen. Die dem Unternehmen naheſtehenden Geſell=
ſchaften
arbeiteten im allgemeinen zufriedenſtellend. Die Elektrizitäts=
werke
Augsburg erteilten für 1921/22 eine Dividende von 10 Proz. Das

Aktienkapital dieſer Geſellſchaft wurde im November vorigen Jahres

von 52 Mill. Mk. auf 156 Mill. Mk. erhöht. Die Main=Kraftwerke A.=
Gr., Höchſt, konnten ihr Verbreitungsgebiet weiter ausdehnen. Zur Er=
weiterung
der Betriebsmittel wurde im vergangenen Jahre deren
Stammkapital auf 150 Mill. Mk., das Vorzugsaktienkapital auf 14 Mill.
Mk. erhöht. Für 1922 gelangte eine Dividende von 50 Proz. zur Aus=
ſchüttung
. Die Rheingau=Elektrizitäts=A.=G., Eltville, verteilte 30 Proz.,
das Elektrizitätswerk Weſterwald A.=G., Marienburg, vermochte die

Stromerzeugung um 20 Proz. zu ſteigern und verteilte 100 Proz. Divi=
dende
. Die Kraftwerk Alt=Württemberg=A.=G., Ludwigsburg, verteilte
für 1921/22 eine Dividende von 10 Proz. Die Kraftwerk Württem=
berg
=A.=G. hat außer einer im September 1922 begebenen Anleihe von
150 Mill. Mk. das Aktienkapital auf 150 Mill. Mk. A=Aktien mit mehr
fachem Stimmrecht und 700 Mill. Mk. B=Aktien mit mehrfachem Stimm=
recht
erhöht. Die Thüringer Elektrizitätslieferungs=A.G., Gotha, ver=
teilte
100 Proz., die bayeriſche Elektrizitätslieferungs=Geſellſchaft, Bay=
reuth
, 25 Proz., die Elektr. Werke und Straßenbahn Tilſit A.=G., Til=
ſit
, die Frankfurter Lokalbahn A.=G., Frankfurt, und die Elektrizitäts=
werke
A.=G., Homburg v. d. H., verteilten je 50 Proz. Die Mühlheimer
Kleinbahn A.=G. und die Elektriſche Straßenbahn Guben A.=G. dagegen
ſchloſſen infolge der unzureichenden Tarifgeſtaltung mit einem Ver=
luſt
ab.
Vereinigte Berlin Frankfurter Gummifabri=
ken
. Die ao. G.=V. beſchloß Erhöhung des Aktienkapitals um 12 Mill.
Mk. Stamm= u. 1 Mill. Mk. Vorzugsaktien auf insgeſamt 25 Mill. Mk.
7 Mill. Mk. werden von einem Konſortium, unter Führung der Deutſchen
Bank und des Bankhauſes Hardy u. Co., zu 5 Mill. Mk. Proz. mit der
Verpflichtung übernommen, ſie den alten Aktionären zum gleichen Kurs.
zuzüglich Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer, im Verhältnis 3:1 zum
Bezug anzubieten. Weitere 5 Mill. Mk. übernimmt das Konſortium zu
Pari, um ſie beſtmöglichſt zu verwerten. Die Vorzugsaktien nehmen zu
einem Drittel an dem Erträgnis des Geſchäftsjahres teil und gehen zu
Pari bei voller Einzahlung an das Konſortium über. Betreffend der
Gewinnberechtigung der Vorzugsaktien wurde folgende Aenderung mit
Wirkung ab 1. Januar 1923 beſchloſſen: Von dem zur Ausſchüttung an
die Aktionäre gelangenden Reingewinn erhalten Vorzugs= und Stamm=
aktien
in gleicher Weiſe vorweg 10 Prozent. Von dem Reſt des Rein=
gewinnes
erhalten die Vorzugsaktien den 4. Teil der Dividende der
Stammaktien, die jedoch höchſtens 20 Prozent beträgt. Der Rückzahlungs=
kurs
der Vorzugsaktien wird in 125 Proz. und 10 Proz. Zinſen geändert.
* Gebr. Adt A.=G., Wächtersbach. Ein Teilbetrag von
29,375 Mill. Mk. ab 1. Juli 1923 dividendenberechtigter Stammaktien wird
den alten Aktionären im Verhältnis 2:1 zu 120000 Proz., zuzüglich
Schlußſcheinſtempel und Bezugsrechtsſteuerpauſchale (die noch bekannt zu
geben iſt), zum Bezuge angeboten. Das Bezugsrecht iſt bis zum 3. Okto=
ber
auszuüben.
* Erhöhung des Reichsbankdiskonts auf 90 Proz.
Herabſetzung des Lombardſatzes auf 10 Proz. In
der Zentralausſchuß=Sitzung der Reichsbank wurde beſchloſſen, den Dis=
kont
von ſeither 30 Proz. auf 90 Proz. zu erhöhen, dagegen den Lom=
bardſatz
von bisher 31 Proz. auf 10 Proz. herabzuſetzen, und zwar mit
Rückſicht darauf, daß der geſamte Lombardverkehr bei der Reichsbank,
einſchließlich der neugeſchaffenen Wechſel=Lombards, auf eine wertbeſtän=
dige
Grundlage geſtellt worden iſt. Vom Reichsbankpräſidenten wurde
die Erhöhung des Papiermark=Diskonts mit der außerordentlich ſtarken
Inanſpruchnahme der Reichsbank für Diskontzwecke motiviert, ferner
mit der Notwendigkeit, das Währungsproblem auch von der Seite des
Diskontſatzes her aufzunehmen. Ein allzu niedriger Papiermarkkredit
verhindere, daß der Verkehr ſich genügend ſchnell auf die wertbeſtän=
digen
Kredite umſtelle.
* Dr. Paul Meyer A.=G., Berlin. Die Geſellſchaft beruft
co. G.=V. zum 11. Oktober, die über Kapitalserhöhung um 100 Mill. Mk.
für 1923 volldividendenberechtigter Stammaktien Beſchluß faſſen ſoll. Ein
Teilbetrag von 25 Mill. Mk. ſoll im Verhältnis 8:1 zu einem noch feſt=
zuſetzenden
Kurs den alten Aktionären angeboten, der Reſt im Intereſſe
der Geſellſchaft Verwertung finden.
* Schrauben= und Mutternfabrik, vorm. S. Riehm
u. Söhne, A.=G. Die Geſellſchaft bietet einen Teilbetrag von 66 Mill.
Mk. neuen Stammaktien mit Dividendenberechtigung ab 1. Oktober 1923
derart zum Bezug an, daß auf nomial 1000 Mark alte Aktien nominal
1000 Mk. neue, zum Preiſe von zwei Drittel Goldanleihe oder Dollar=
ſchatzanweiſungen
, oder zum Gegenwert von zwei Drittel Dollar, berech=
net
zum Mittelkurs der amtlichen Notierung für Auszahlung Newyork,
am Wochentag vor der erſten amtlichen Notierung des Bezugsrechts an
der Berliner Börſe, zuzüglich Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer, bezo=
gen
werden kann. Das Bezugsrecht iſt bis zum 2. Oktober einſchließlich
auszuüben.
* Grube Leopold bei Edderitz A.=G. Die Aufſichtsrats=

ſitzung beſchloß, einer auf den 11. Oktober einzuberufenden ao. G.=V. die
Erhöhung des Grundkapitals um einen von dieſer zu beſtimmenden Be=

trag durch Ausgabe von Stamm= und Vorzugsaktien vorzuſchlagen. Den
alten Aktionären ſoll ein Bezugsrecht angeboten werden, über deſſen Ver=
hältnis
ebenfalls die G.=V. zu beſchließen haben wird. Ferner iſt beab=

aktie gewährt wird.
*Habermann u. Guckes=Liebold A.=G., Kiel. Die ao.
G.=V. beſchloß, die beantragte Kapitalsverdoppelung auf insgeſamt
80 Mill. Mk. 10 Mill. Mk. der neuen, ab 1. Juli 1923 dividendenberech=
tigten
Stammaktien, werden den alten Aktionaren im Verhältnis 4:1 zu
5 Mill. Proz. zum Bezug angeboten werden.
*
Armaturen= und Maſchinenfabrik, vorm. J. A.
Hilbert, Nürnberg. Zulaſſungsantrag über 13 Mill. Mk. neuen
Stammaktien (14 00127 000) wurde an der Frankfurter Börſe geſtellt.

* Eiſenhüttenwerk Marienhütteb. Kotzenau A.=G.,
Kotzenau. Die G.=V. ſetzte die Dividende auf 1000 Proz. feſt.
* Deutſche Petroleum= und Rütgers=Werke A.=G.,
Danubia A.=G. für Mineralinduſtrie, Regensburg.
Die G.=V. der Danubia beſchloß einſtimmig Erhöhung des Grundkapi=
tals
um 13 Mill. Mk. auf 46 Mill. Mk. Hiervon wird 1 Mill. zur
Verwertung im Intereſſe der Geſellſchaft beſtimmt, die reſtlichen 12 Mill
Mt. gehen an die Rütgers=Werke gegen Einräumung von 30 Proz. an
den geſamten Unternehmungen der Vereinigten chemiſchen Fabriken Ot=
tenſen
Brandenburg. Die Danubia übernimmt den Abſatz der Pro=
dukte
der Vereinigten chem. Fabriken in Süddeutſchland, ſowie die Her=
ſtellung
einiger Produkte nach dem Verfahren der Vereinigten chem.
Fabriken. Mit Rückſicht auf das große Intereſſe, das die Danubia an
letzterer Geſellſchaft genommen hat, geht die Leitung an Herrn General=
direktor
Schaarſchmidt von der Danubia über.

wb. Berliner Produktenbericht. Der heutige Produk=
tenmarkt
war ſchwach beſucht und das Geſchäft bewegte ſich infolgedeſſen
in engen Grenzen. Der geſtrige Preisſtand hatte nach der Feſtſtellung
der amtlichen Notierungen noch eine weitere Erhöhung erfahren, und
die Beſſerung konnte ſich heute ungefähr behaupten, obwohl die Geld=
knappheit
und die ſchweren Zahlungsbedingungen die Geſchäftsabſchlüſſe
erſchwerten. Weizen war wenig am Markt. Roggen war mehr ange=
boten
und wurde zum Teil für die Reichsgetreideſtelle ziemlich viel ge=
kauft
. Braugerſte war zu hohen Preisforderungen angeboten. Hafer
wurde für Weſtdeutſchland zu verhältuismäßig hohen Preiſen ziemlich
viel gehandelt. Mehl war begehrt. Futterſtoffe hatten ein ruhigeres
Geſchäft.

wb. Berliner Börſenbericht. Heute vormittag herrſchte
im Deviſenfreiverkehr bei anhaltender Nachfrage eine feſte Stimmung.
Der Dollar ſtellte ſich ungefähr auf 210 Millionen Mark. Gegen mittag
gab die Haltung etwas nach. Um 12 Uhr wurde ein Kurs für Neu=
York von 200 Millionen genannt. Bei der amtlichen Feſtſtellung der
Kurſe erfolgte zur allgemeinen Ueberraſchung für die wichtigſten De=
viſen
volle Zuteilung. Nur Paris wurde mit 50 Prozent repartiert. Die
Notierungen ſelbſt blieben gegen geſtern meiſt unverändert oder wichem
nur unbedeutend davon ab. Man glaubt, daß die Folge der vollen Zu=
teilung
ſich in einer großen Geldknappheit auswirken wird.

w. Deviſenmarkt. Berlin, 20. September Telegr. Auszahlungen für:

Ge
Geld
Artei 20. Sei
Geld Vee
Brtei arct. Amſterdam=Rotterdam .. . 7142100 0.
* 500.
7125 5785 Brüſſel=Antwerpen ........." 778000. 8822000. 300 D Chriſtiania . . . . . . . . . ... ..... 27000 29 Kopenhagen .......... ....." 00. M 291i50o. B08250 Stockholm .. . . . . . . . .. . ..... 079500. 3320500 48079500. Helſingfors ..... ... . . . . ... 8/750.- 4912250. 4788000. 8, Italien . . . ..... .... . . . . . . . 9850. 8080150 ondon .. . s ssch .... 29375 62500 New=York ....... ... . . .. .. 000 19
55000 43000 245 Paris ........ ...... 500.
V. 10626500. 300 R chweiz....... . . . ..... . . 31920000. 320 0000. 322 Spanien .................. 24339000 61000.
24 385( W Wien (in Deutſch=Oſterr. abg. 25 360.- 5664( 375. ag .. .................. 544630. 5473650. 44635 R38 udapeſt . .. . . . . .... 576. 9624 B76.- 9624.- zuenos=Aires .. .. . ... . . ... . 59451000. 9749000. 6024900 0 510 Bulgarien ........... . . . ... 5:00. 300 16
5.* 654125.- Fapan ... ...... .. . . .. ..... 7780000. 20000. 87780000 8s220000. Rio de Janeiro ...... ......" 56000. 17644000 16/575( 425 Belgrad. . . . . . . .. .. .. .. .... 1945125. 1954
2. 7953500. Liſſabonn. . . . . . . .. . . .. ..... 8221375. K70625. 8279250. 8320750. Sofia. . .. . . . . ..........

w. Deviſenmarkt, Frankfurk a. M., 20. Sept. Telegr. Auszahlungen:

e
Brief
Geid efe
Geld
Briel. 2ſorat. Antwerpen=Brüſſel 2. 1246875 12531250. 10 673250. 10726730 Holland ............. 107 231250 7763750 750. 79 097250. London ............." 10712500 192875000. 26 7300. 9-731250 Paris....... . . ......
Schweiz... .. . . . . . . . .."
Spanien ............. 15 463750
39 900000.
35 41120. 155 56250.
10600
35588750. 169500.
34 912500.
300 18 230500.
35 087500.
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Gott der Allmächtige hat meinen
lieben Mann, unſern guten Vater
Herrn

Betriebsinſpektor bei der
Süddeutſchen Eiſenbahn=Geſellſchaft
geſtern aus dem Leben abberufen.
Er verſchied nach einem kurzen,
ſchmerzlichenKrankenlager, wieder=
holt
geſtärkt durch den Empfang
der hl. Sakramente, im Alter von
52 Jahren.
Darmſtadt, 20. Sept. 1923.
Anna Schmidt, geb. Zink
Marianne Schmidt
Toni Schmidt
Maxel Schmidt.
Die Beerdigung findet auf dem
Friedhof an der Niederramſtädter=
ſtraße
ſtatt am Samstag, 22. ds.
Monats, vorm. ½12 Uhr.
Das Seelenamt wird am Montag,
24. d. Mts., vorm. 8½ Uhr, in der
St. Ludwigskirche gehalten.
Von Beileidsbeſuchen bittet man
(*25291
abzuſehen.

Lohnfuhren;
und Entladen von
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Nachruf.
Am 19. ds. Mis. iſt Herr Architekt

nach längerem Teiden geſtorben.
Herr Künſiler iſt ſeit dem Jahre 1912
in meinem Zeichen=Atelier als Architekt
tätig geweſen. Er hat ſich während der
Dauer ſeiner Anſiellung als Beamter wie
auch als Menſch in gleichem Maße be=
währt
.
Ich verliere in ihm einen geſchätzten
Mitarbeiter, dem ich ein treues Andenken
bewahren werde.
Joſeph Trier, Möbelfabrik.

Die Beerdigung findet am Samstag Vormittag
25292
11 Uhr auf dem Waldfriedhof ſtatt.

fucht wird per ſofort eine ſchöne große
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Extra=Vergütung nach Uebereinkunft. An=
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(7454a
ds, Blattes erbeten.

Zwecks Umzugsver=
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Dr. med. (*252s=

hat ſeine ärztliche
Tätigkeit wieder
aufgenommen.

Todes=Anzeige.
Verwandten, Freunden und Be=
kannten
die ſchmerzliche Nachricht,
daß meine liebe Frau, unſere treu=
beſorgte
Mutter, Schwiegermutter
Großmutter, Schweſter, Schwä=
gerin
und Tante
Frau Eliſabethe Grohe
geb. Frank
heute Mittag ganz plötzlich im 55.
Lebensjahr in die Ewigkeit abge=
rufen
wurde.
Darmſtadt, 19. Sept. 1923,
Kahlertſtraße 36.
Heidelberg, Dieburg.
Im Ramen d. trauernd. Hinterbliebenen
Peter Grohe, Eiſenbahnſekretär
und Kinder.
Die Beerdigung findet Samstag
vorm. 11 Uhr von der Kapelle des
alten Friedhofs,; Niederramſtädter
ſtraße, aus ſtatt. (*25261

Allen Freunden und Bekannten,
beſonders denjenigen, die uns ſo hilf=
und liebreich bei dem plötzlichen Tode
meines lieben Mannes und Vaters
zur Seite geſtanden haben, auf dieſem
Wege unſeren innigſten Dank.
Lina Oehlſchläger
und Tochter Erna.
Darmſtadt, 20. Sept. 1923. (*2248

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[ ][  ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 21. September 132:3.

Nummer 261.

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
40)
Die nächſte Zukunft wird zeigen, welche Folgen der Umſturz
auf der Inſel haben wird, ob jener Hernandez, den Kapitän
Simmons erwähnt, die Leitung ihrer Schickſale nach Don Ra=
mon
übernehnien wird und ob mit beſſerem Glück. Das Tele=
gramm
redet ja in dieſer Hinſicht eine vielverſprechende Sprache:
man will vor allen Dingen die Schuldenlaſt abwerfen, der Mi=
norca
faſt erlegen iſt. Im Hinblick auf die hiſtoriſchen Verhält=
niſſe
können wir dieſem Vorgehen unſere Billigung nicht ver=
ſagen
.
Wie unſeren Leſern erinnerlich ſein dürfte, wurde erſt vor=
geftern
ein Börſencoup in Paris, Madrid und Rom gemacht,
wodurch ſo gut wie die ganze Staatsſchuld von Minorca in
neue Hände überging. Wer der Urheber desſelben war, iſt noch
unbekannt. Aber es gilt für ziemlich ſicher, daß das betreffende
Syndikat ein ausländiſches iſt. Vermutlich werden ſeine Mit=
glieder
das Telegramm aus Barcelona mit gemiſchten Gefühlen
leſen!
Kein nennenswertes franzöſiſches Kapital kürfte nunmehr
an der Inſel intereſſiert ſein . .
Kein nennenswertes franzöſiſches Kapital! . . . Wir kön=
nen
ihnen nicht unrecht geben. Das iſt alſo die Grabſchrift über
deinen großen Coup, Philipp Collin, deinen Stolz und deinen
Triumph!
Doch Mr. Jſaaes dürfte noch ein Wörtchen hinzuzufügen
haben! Eine Million dreimalhunderttauſend Pfund eine
nette Summe, Philipp Collin. Was ſind fünfzigtauſend aus
deiner eigenen Kaſſe dagegen?
Und der Troſt, daß wenigſtens Marſeille, der Heimatsort
dieſer vortrefflichen Zeitung, an der Inſel intereſſiert iſt?
Nein, beſter Philipp, mache nie mehr Geſchäfte in Staats=
papieren
! Gedenke der ſchwediſchen Geſchichte 1809, und wie
der Chroniſt ſo ſchön ſagt: Es war die erſte Aufgabe der neuen
Männer, die verzweifelte ökonomiſche Lage zu ordnen. Nach
veiflicher Ueberlegung ſchrieben ſie die Hälfte der Staatsſchuld
ab . . . So geſchehen in Schweden, in Minorca iſt man gründ=
licher
. Da ſchreibt man alles ab.

Eine ſchöne Affäre, Herr Collin! Eine fehr niedliche und
angenehme Affäre!
Fünftes Kapitel.
Ein Frühlingsabend in Marſeille.
Am Nachmittag des 6. März 1910 gegen 5 Uhr konnte man
einen brünetten Herrn in gut ſitzendem grauen Anzug und grau=
grünem
Ulſter durch die Rue des Olives im Hafenviertel von
Marſeille gehen ſehen. Der Abend war nach einem ſchönen
Tage kühl, der ſchwarze Herr trug den Rockkragen Eis zum Kinn
aufgeſtellt und den Hut ſo tief in die Stirne gezogen, daß kaum
mehr als ſein Schnurrbart und ein Schimmer des Augapfels
zu ſehen war.
Er ging mit raſchen Schritten, während er hie und da einen
muſternden Blick auf die Hausnummern warf. Bei Nummer 19
angelangt, blieb er ſtehen und betrachtete es für einen Augenblick.
Das Haus Nummer 19, das etwas abſeits von den andern
lag, zeigte in ſeinem Aeußeren gewiſſe Eigentümlichkeiten. Es
war von einem Garten umgeben. Ueber dem Tor hing die
Miniaturnachbildung eines Fahrzeugs, und über dem Dache
flatterte eine franzöſiſche Marineflagge in der Abendbriſe. Nach
allen Zeichen zu ſchließen, mußte es einem Seemann gehören.
Der graugekleidete Herr öffnete das Gartengitker und war
nach einigen Schritten vor der Haustüre angelangt. Er ſetzte
den Türklopfer in Bewegung, ein Dienſtmädchen öffnete.
Iſt Kapitän Dupont zu ſprechen?
Wen darf ich melden?
Einen Herrn, der ſeine Jacht zu mieten wünſcht.
Bitte einzutreten.
Der Fremde wurde in einen kleinen Empfangsraum geführt,
wo er ſich in einem amerikaniſchen Schaukelſtuhl niederließ.
Nach einer Minute öffnete ſich die Türe und ein unterſetzter,
etwas korpulenter Mann kam mit jenem wiegenden Gang
herein, der den Seeleuten eigen iſt. Sein Kopf war beinahe
ganz kahl; das Geſicht kupferrot und von einem graumelierten
Bart umgeben.
Kapitän Dupont?
Der bin ich.
Man hat mir geſagt, daß Sie eine Jacht haben?
Man hat nicht gelogen.
Und daß ſie zu vermieten iſt?
Manchmal.

Auch für lange Fahrten?
Nur für lange Fahrten. Glauben Sie, man iſt eine Küſten=
ſchnccke
?
Um ſo beſſer. Wie berechnen Sie Ihren Preis.
Das kommt darauf an. Per Woche, wenn es ſich nicht um
exzeptionelle Sachen handelt.
Gut, und Ihr Preis per Woche?
300 Franes, außer Proviant und Kohle.
Das läßt ſich hören. Sie kommen ſelbſt mit?
Immer. Glauben Sie, man hat ſein Handwerk verlernt,
weil man ſchon in den Fünfzig iſt?
Gewiß nicht, Herr Kapitän. Sind Sie augenblicklich frei?
Hm ja.
Kennen Sie die baleariſchen Inſeln?
Etwas. Bin dreimal dort geweſen.
Minorca?
Ja, aber Sie meinen doch nicht .?"
Mjnorca? Doch, ich meine Minorca.
Aber da iſt doch Revolution.
Sie haben es gehört? Ja, da ſoll Revolution ſein. Soll
ein, Kapitän. Ich bin Journaliſt, und es intereſſiert mich, zu
konſtatieren, ob man gelogen hat.
Hm. Ich bin nicht Journaliſt, und es intereſſiert mich nicht,
ob es wahr iſt.
Sie intereſſieren ſich nicht, für ſo exzeptionelle Sachen?
Es kommt darauf an. Nicht unter 500 die Woche‟.
Wann können Sie ſtarten?
Uebermorgen.
Ausgeſchloſſen. Späteſtens heute abend.
Das iſt keine lange Zeit. Ich könnte ſagen, eine exzeptionell
kurze Zeit.
Sagen wir alſo 550, außer dem Proviant, und Sie ſind um
halb elf Uhr fertig.
Vortrefflich. Aber es ſcheint heute nacht windig zu
werden.
Haben Sie vor einem bißchen Wind Angſt, Kapitän?
Ich! Ich dachte an Sie. Habe noch nicht geſehen, wie ein
Jcurnaliſt den Wind verträgt.
So werden Sie es heute abend ſehen. Man hat mir geſagt,
daß Ihre Jacht am öſtlichen Molo liegt.
(Fortſetzung folgt.)

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Der vorbeſtellte Auguſt=Zucker wird mit
einem halben Kilo auf den Kopf gegen
Rückgabe der Marke Nr. 95 ausgegeben.
Für Säuglinge bis zum Alter von
2 Jahren und ſtillende Mütter wird außer=
dem
ein halbes Kilo zugeteilt. Die dafür
gültigen Marken können, nach Vorlage der
grünen Milchausweiskarte, auf Zimmer 5
unſeres Amtes abgeholt werden. Der
Preis für den Zucker wird jede Woche
durch die Landesverſorgungsſtelle bekannt
gegeben und iſt für die Zeit vom 16. bis
einſchließlich 19. September ds. Js. auf
6000000. und für die Zeit ab
20. September auf 9600 000. für das
halbe Kilo feſtgeſetzt.
Auf die Marke Nr. 8 der neuen Brot=
karte
kann der Anteil für September, unter
gleichzeitiger Abſtempelung der Bezugs=
marke
Nr. 10, bis einſchließlich Samstag,
den 29. ds. Mts., vorausbeſtellt werden.
Die Beſtellmarken ſind durch die Geſchäfte
bis ſpäteſtens 2. Oktober beim Lebens=
mittelamt
, Alexanderſtraße 22, abzuliefern.
Näheres in den ſtädt. Aushängekaſten. (7610
Darmſtadt, den 19. September 1923.
Lebensmittelamt.

Das erſte Ziel der vorläufigen Grund=
und Gewerbeſteuer in Höhe des Achtzig=
fachen
des durch Steuerzettel ange=
ſorderten
Betrages iſt bei Meidung der
Beitreibung bis zum 10. Oktober I. Js.
hierher zu zahlen.
Darmſtadt, 20. September 1923.
25289)
Stadtkaſſe.

Händigung der Ghuldberſchrei=
bungen
der Heſiſchen Eiſenbahn=
Aktien=Geſellſchaft, Darmſtadt
vom Jahre 1919 und 1920.
Wir kündigen hiermit ſämtliche noch
im Umlauf befindlichen Schuldverſchrei=
bungen
unſerer 4½%igen Anleihen vom
Jahre 1919 und 1920 im urſprünglichen
Werte von je
Mk. 3 000 000.
per 31. März 1924 zur Rückzahlung.
Die Rückzahlung der Schuldverſchrei=
bungen
erfolgt gegen Einreichung derſelben
chon von heute ab, und zwar zum 100fachen
Betrage bis einſchl. 10. Oktober ds Js., von
da ab zum Nennwert bei unſerer Kaſſe in
Darmſtadt, Luiſenſtr. 14, ſowie bei
der Darmſtädter & National=Bank,
Darmſtadt,
der Deutſchen Bank, Darmſtadt.
der Süddeutſchen Disconto A.=G., Mann=
heim
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der Direktion der Disconto=Geſellſchaft;
Berlin und Frankfurt a. M.
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ſowie deren Niederlaſſungen.
Heſſiſche Eiſenbahn=A.=G. Darmſtadt.

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