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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeskauftſtadt
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Nummer 125
Montag, den T. Mai 1923
186. Jahrgang
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Rabatt weg
Vor einem Memeſputſch im
Saargebiet?
Lauſanne.
Lauſanne, 6. Mai. (Wolff.) Der heutige Tag, an
wel=
chem das Komitee keine Sitzungen abhielt, wurde von den
Dele=
gationsführern benutzt, um in Privatbeſprechungen eine Löſung
für die in der geſtrigen Sitzung des politiſchen Komitees
aufge=
tauchten ernſten Schwierigkeiten, in der Frage der juriſiiſchen
Kapitulationen zu finden. Das urſprünglich beabſichzigte
Kollektiv=Demarché der Alliierten bei Ismat
Paſcha erfolgte nicht; immerhin hinterließ der heutige Tag den
Eindruck, daß die Alliierten und Delegierten nicht auf ihrer
geſtrigen Formel über die Rechtsgarantien für die Alliierten in
der Türkei beharren werden. Die Türken ſcheinen ebenfalls
zu Konzeſſionen bereit, wollen aber, auf keinen Fall den
Grundſatz der Alliierten einer aktiven Einmiſchung fremder
Rich=
ter in die türkiſche Gerichtsbarkeit zulaſſen.
Heute abend verlautet, daß die türkiſche Regierung,
um die franzöſiſchen Beſürchtungen zu entkräften, eine eingehende
Unterſuchung über die militäriſche Situation an der
ſyri=
ſchen Grenze anſtellen würde.
Paris, 6. Mai. (Wolff.) Nach einer Blättermeldung aus
Konſtantinopel, haben die türkiſchen Behörden in der
Bank von Athen in Konſtantinopel die Kaſſenſchränke und
die Buchhaltung beſchlagnahmt. Nach Berichten aus
Smyrna ſeien die türkiſchen Behörden auch in zwei
franzö=
ſiſche Bankinſtitute eingedrungen. Die Oberkommiſſare
von Frankreich, England und Italien hätten hierüber verhandelt.
Vom Tage.
Nach einer Mitteilung der Vofſiſchen Zeitung wird beabſichtigt,
daß am Freitag im Reichstag bei der dritten Leſung des Kanzleretats
der Reichskanzler zu der Antwort auf die deutſche Note Stellung
nimmt.
Die Reichsbank ſoll in den letzten Tagen bei Berlinern und
aus=
wBärtigen Bankhäuſern Aufklärung über deren Deviſengeſchäfte
wäh=
rend der Tage des unerwarteten Maztſturzes verlangt haben.
Der ſeit 38 Tagen zu Paris in Unterſuchungshaft gehaltene
kom=
muiniſtiſche deutſche Abgeordnete Höllein hat in einem Briefe an den
Unterſuchungsrichter erklärt, in den Hungerſtreik einzutreken.
Am Samstag vormittag erſchienen im Düſſeldorfer Rathauſe, wie
die Düſſeldorfer Nachrichten melden, franzöſiſche Beamte, um die der
Stadt Düſſeldorf für verſchiedene Sabotageakte auferlegte. Geldbuße
von 70 Millionen Mark zu requirieren. Die Bezahlung wurde von
der Stadt derweigert. Darauf entnahmen die Franzoſen unter dem
Proteſt der ſtädtiſchen Beamten aus dem Kaſſenſchrank der
Stadthaupt=
kaſſe das Gteld.
Dublin. In den letten Tagen ſind zahlreiche Perfonen gefangen und
verhaftet worden. Die Tätigkeit der Regierungstruppen geht unverändert
weiter. Man ſchließt daraus, daß die Freiſtaatregierung von den
Friedensbedingungen de Valeras keine Notiz zu nehmen beabſichtigt.
Die vor einigen Tagen vom Mancheſter Guardian eröffnete
Samm=
lung zur Unterſtützung der öſterreichiſchen und deutſchen Studenten
erreichte bereits die Summe von 368 Pfund Sterling; davon wurden
100 Pfund von dem bekannten Philautropen Dr. R. E. Markel
ge=
ſtiftet, der während des ganzen Krieges in hervorragender Weiſe ſich
der deutſchen Kriegsgefangenenfürſerge in England gewidmet hat und
auch ſeit dem Kriege hochherzige Stiftungen in ſeiner Heimat
Würt=
temberg machte.
Der St. Johnfluß (Neubraunſchweig) iſt über die Ufer getreten.
Ein Teil der Stadt und zahlreiche Dörfer der Umgegend wurden
über=
ſchwemmt
Ablehnung der deutſchen Vorſchläge.
Paris, 7. Mai. (Tel.) Die Havasagentur veröffentlicht den
Tert der franzöſiſchen Antwort auf die deutſche Note,
die geſtern abend 7 Uhr in der deutſchen Botſchaft überreicht
wurde. Es heißt darin u. a.:
Die beigiſche und die franzöſiſche Regierung kann eine große
Anzahl der von der deutſchen Regierung gemachten Erklärungen
nicht durchgehen laſſen, ohne ihnen zu widerſprechen. Einerſeits
iſt es nicht richtig, irgendeine der von Frankreich und Belgien
ergriffenen Maßnahmen als eine Verkennung des
Friedensver=
trages von Verſailles zu bezeichnen. Andererſeits ſtehen die
heute von Deutſchland formulierten Vorſchläge in Widerſpruch
ziit dieſem Vertrage. Die Angaben, welche die Rechtlichkeit des
Ruhreinbruchs auf Grund des Vertrages von Verſailles und
die Unrechtmäßigkeit der Franzoſen, dieſen Widerſtand, der
übri=
gens nicht paſſid, ſondern aktiv ſei, zu brechen, nachzuweiſen,
ſind unhaltbar. Die belgiſche und franzöſiſche Regierung kann
keine deutſchen Vorſchläge in Berückſichtigung ziehen, ſo lange
dieſer Widerſtand fortgeſetzt wird. Die franzöſiſche
und belgiſche Regierung müſſe hinzufügen, daß die jetzigen
Vor=
ſchläge Deutſchlands in vieler Hinſicht völlig ungnnehmbar ſind.
Frankreich und Belgien hätten wiederholt erklärt, daß ſie die
Herabſetzung ihrer eigenen Forderungen nicht annehmen
könn=
ten. Frankreich hat bis zum Augenblick 100 Milliarden Franken
für das Konto Deutſchlands vorgeſchoſſen, Belgien 15 Milliarden
belgiſche Franken. Außer den Penſionslaſten müßten ſie noch
die Hälfte ihrer Schäden reparieren. Die Wirtſchaftsintereſſen
der geſamten Welt, die Gerechtigkeit ſelbſt machten es
erforder=
lich, daß die geſchädigten Länder nicht mehr dazu verurteilt
wer=
den, ſich zu ruinieren und die Wiederaufrichtung Deutſchlands
zu begünftigen. Sowohl Frankreich als auch Belgien würden
die angegebenen Summen nicht geſtatten, ihre verwüſteten
Ge=
biete wieder aufzurichten. Während Deutſehland fortfahren
würde, neue Fabriken, Hochöfen, Häuſergruppen, Wege und
Eiſenbahnen zu bauen, können Frankreich und Belgien ihre
ver=
wüſteten Gebiete nicht aufrichten. Dieſe Ungerechtigkeit ſind
Frankreich und Belgien entſchloſſen, nicht zu dulden.
Das Angebot von 30 Milliarden würde nach der deutſchen
Regierung ein Maximum bilden, und auch diefe Summe werde
von Deutſchland ſwieder zur Diskuſſion geſtellt, bevor ſie
Wirk=
lichkeit geworden ſei. Tatſächli chhandelt es ſich in dem deutſchen
Vorſchlag nur ſcheinbar um eine Summs von 30 Milliarden.
Der tatſächliche Betrag rechne erſt vom 1. Juli 1927 und zwar
für eine Summe von 20 Milliarden. Deutſchland verlange alſo
ein vollkommenes Moratorium von 4½ Jahren. Die Summe
von 20 Milliarden ſei übrigens beträchtlich herabzuſetzen, weil
bis zum 1. Juli 1927 die Zinſen von dem Ertrag der Anleihe
genommen werden müßten. Wenn man ein Diskont von 6
Pro=
zeut rechne, würde der augenblickliche Wert von 20 Milliarden
alſo auf 15 820 000 000 herabſinken. Dieſe ungenauen Vorſchläge
ſeien übrigens noch von Vorbehalten begleitet, die geſtatten
wür=
den, in einigen Monaten alles wieder in Frage zu ſteilen. Die
deuiſche Regierung garantiere nicht einmal, daß ſie 20 Milliarden
oder die geringe Summe, die ſich in Wirklichkeit ergibt,
tatfäch=
lich an den genannten Daten bezahlen würde. Noch weniger
Garantie biete ſie für die beiden Ergänzungsbeträge von je fünf
Milliarden Mark. Derartige Unſicherheiten macen jede
ernſte Schützung des Wertes des Angebotes
un=
möglich. Ueberdies hätten die franzöſiſche und helgiſche
Re=
gierung auf der Pariſer Konferenz im gegenſeitigen Einver=
nehmen jeden Gedanken auszuſchalten, daß etwa die
Repara=
tionskommifſion ihrer Kompetenz entgleite und durch
internatio=
nale Kommiſſionen, internationale Ausſchüſſe von
Geſchäfts=
leuten, Schiedsgerichten erſetzt würde. Im Vertrage von
Ver=
ſailles hat Deutſchland ſich feierlich verpflichtet, die
Reparations=
kommiſſion als Richter über den teilweiſen Erlaß der Schulden
und den Aufſchub von Zahlungen anzuerkennen. Frankreich und
Belgien könnten ſich nicht bereit erklären, die durch den Vertrag
von Verſailles ihnen gegebenen Garantien freizugeben. Was
die Sicherheit für die Barleiſtungen und Sachlieferungen
an=
lange, ſo beſchränkt ſich die deutſche Regierung darauf, die
un=
beſtimmteſten und unklarſten Ideen zu äußern. Obwohl die
alliierten Regierungen Deutſchland manchmal zu den
aufrich=
tigen Bemühungen anzuhalten verſucht hatten, ſeine
Verpflich=
tungen zu erfüllen, ſehen ſie auch heute noch nicht, in welcher
Weiſe ſie ihr Werk zu ſtabiliſieren haben werden, oder welche
geſetzgeberiſchen Maßnahmen die deutſche Regierung ergreifen
werde, noch auch welche Einnahmequellen ſie zur Garantierung
der verſchiedenen Anleiheabſchnitte zu derwenden gedenke.
Genau ſo unbeſtimmt und genau ſo illuſoriſch ſei die
An=
gabe der deutſchen Regierung über die Sicherheitsgarantien, die
ſie erklärt, Frankreich zu geben bereit ſei. Daß Deutſchland
von Belgien mit keinem Worte ſpreche, ſcheine zum
allermin=
deſten meikwürdig. Die belgiſche und franzöſiſche Regierung ſind
durchaus für eine Schlichtung der Reparationsfragen im
fried=
lichen Ve=fahren. Die Hauptbeſtimmung, die der Verſailler
Ver=
trag enthalte, gebe Frankreich und Belgien Rechte, von denen
ſie nicht abgehen können. Es iſt Belgien und Frankreich nicht
möglich, ſich mit den neuen deutſchen Vorſchlägen zu begnügen.
Die franzöſiſche und belgiſche Regierung haben beſchloſſen, die
nenbeſetten Gebiete nur nach Maßgabe und im
Verhältnis der deutſchen Zahlungen zu
rän=
ien. Sie werden von dieſem Beſchluß nicht abgehen. Sie
könn=
ten im übrigen nicht die Bemerkung unterlaſſen, daß die
deut=
ſche Note don Anfang bis Ende nur der kaum verhehlte
Aus=
druck einer Auflehnung gegen den Verſailler Vertrag ſei.
Un=
mittelbar nachdem die Botſchafterkonferenz noch einmal
feſtge=
ſtellt habe, daß Deutſchland ſeine Verpflichtungen nicht erfüllt
hat, ſollten Frankreich und Belgien auf die friedlichen
Sank=
tionen verzichten, die zu ergreifen Deutſchland ſie gezwungen
habe? Deutſchland ſoll von den Aufgaben befreit werden, unter
denen es nach ſeinen Erklärungen zuſammenbricht und die es für
unproduktiv erklärt. Die Reparationskommiſſion ſoll desavouiert
werden und aufgehoben oder bis zur Ohnmacht eingeſchränkt
werden. Deutſchland ſoll befreit werden von dem, was es die
politiſchen und wirtſchaftlichen Feſſeln des Vertrages nennt.
Die Alliierten müßten Deutſchland ſofort das Recht der
Meiſt=
begünſtigung einräumen, das ihm geſtatten würde, von den
Ruinen, die es in Belgien und Fraukreich gehäuft habe, Nutzen
zu ziehen, ſich die induſtrielle Ueberlegenheit über die Länder
zut ſichern, die es verwüſtet habe. Belgien und Frankreich ſollten
die Pfeiler ſein, an denen ſich Deutſchland wieder aufrichten
kaun und ſollten ihre Pfänder aus der Hand geben. Sie ſollten
den Gewalttätigkeiten der deutſchen Regierungsbeamten
ausge=
ſetzt bleiben, und als Gegenleiſtung für dieſe Opfer würde
ihrien noch einmal ein paar auf Papier geſchriebene Worte
ge=
boten we den. Die deutſche Regierung werde, wenn ſie über
dieſe Ding einmal nachdenken wollte, ſich nicht wundern, wenn
ung ablehmen
Stankreich und Belgien eine derartig
Von
Werner Pardolt.
Aus dem Saargebiet kommen beunruhigende Nachrichten:
Dort bereiten ſich Dinge vor, die mit der franzöſiſchen Parole
„Schärfſter Druck gegen Deutſchland” in engſtem Zuſammenhang
ſtehen. In der vergangenen Woche beſchäftigte ſich der
Völker=
bundsrat mit verſchiedenen Saarfragen, in erſter Linie mit der
mehrfach erwähnten Notverordnung der
Saarregierungskom=
miſſion, die erlaſſen wurde, um den franzöſiſchen
Annexions=
beſtrebungen im Saargebiet Vorſchub zu leiſten. Dieſe
ſoge=
nannte Notverordnung hat im Völkerbundsrat ſcharfe Kritik
er=
fahren, doch konnte ſich der unter dem noch immer übermächtigen
Eindruck Frankreichs ſiehende Völkerbund nicht dazu vexſtehen,
die logiſchen Konſequenzen zu ziehen und bie Aufhebung
die=
ſer „Notverordnung” durchzuſetzen. Die Haltung des
Völker=
bundsrats in dieſer Frage veranlaßte das liberale britiſche
Par=
lamentsmitglied Sir John Simon, im Unterhaus die
Regie=
rung zu fragen, ob es Tatſache ſei, daß dem Völkerbundsrat in
Genf ein Vorſchlag der Saarregierungskommiſſion unterbreitet
tporden ſei, eine Verordnung zu erlaſſen, die im Saargebiet eine
öffentlich: Kritik am Verfailler Vertrag oder an der Aktion des
Völkerbundes als ein Vergehen bezeichnet, das durch Geld= oder
Gefängnisſtrafen zu ahnden ſei. Von der engliſchen Regierung
wurde erklärt, daß die Frage im weſentlichen bejaht werden
könne.
In Deutſchland hat man dieſe Vorgänge kaum beachtet,
kaum, daß die führende deutſche Preſſe knappe Notiz von der
über die Genfer Verhandlungen verbreiteten Meldungen
genon=
men hat. Man hat das Saargebiet, das in ſchwerſter Gefahr
ſteht, ſich ſeinem Schickſal ſelbſt überlaſſen. Der franzöſiſche Vor
ſitzende der vom Völkerbund eingeſetzten
Saarregierungskom=
miſſion, Rault, begab ſich von Genf direkt nach Paris, um den
franzöſiſchen Miniſterpräſidenten Bericht über die
Verhandlun=
gen zu erſtatten und ſich neue Inſtruktionen für ſeine Tätigkeit
zur ſchnelſten Durchführung der franzöſiſchen Annexionspolitik
im Saargebiet zu holen. Schon auf der Reiſe nach Paris
er=
klärte Herr Rault dem Straßburger Vertreter des Echo de
Paris, er denke gar nicht daran, die „Notverordnung”
zurückzu=
ziehen, vielmehr werde er mit noch ſchärferen Maßnahmen im
Saargebiet vorgehen, um den deutſchen Widerſtand zu brechen.
Und dieſer Ankündigung iſt umgehend die Tat gefolgt. Nach
ſeiner Rückkehr aus Paris erließ die Regierungskommiſſion des
Saargebieis mit ſofortiger Wirkung ohne Befragen der
Volks=
veriretung eine Verordnung, die das Streitpoſtenftehen in
jeg=
licher Forni unterſagt und Zuwiderhandlungen mit Gefängnis=
und Geldſtraſen bedroht. Bekanntlich ſtehen die
Saarbergarbei=
ter wegen wirtſchaftlicher Forderungen ſeit etwa 14 Wochen im
Streik. Den franzöſiſchen Provozierungen und der
auffreizen=
den Untätigkeit der Saarregierungskommiſſion in dieſem
Wirt=
ſchaftskampf iſt es nicht gelungen, die ſtreikenden Bergarbeiter
zu Ausſchreitungen irgendwelcher Art hinzureißen. Sie
be=
wahren beſpundernswerte Ruhe und Ordnung, ſo daß ſich das
franzöſiſche Militär, das die Regierungskommiſſion ſofort
ver=
tragswidrig zu Polizeidienſten heranzog, keinerlei Anlaß fand,
den Ausnahmezuſtand mit allen ſeinen bekannten Ausweiſungs=
und Terrormethoden zu verhängen.
Da ſoll jetzt die neue Verordnung der
Saarregierungskom=
miſſion Wandel ſchaffen. Mit der Beſeitigung der Streikpoſten
hofft man die ſtreikenden Bergarbeiter derart zu reizen, daß
es unbedingt zu Demonſtrationen und Ausſchreitungen kommen
muß. Die von den franzöſiſchen Drahtziehern unter den
Strei=
kenden verreilien bezahlten Prowokateure, wie Kollmannsperger,
Becker, Krämer u. a., werden ein Uebriges tun, um der
frau=
zöſiſchen Terrorpolitik in die Hände zu arbeiten.
Vergleicht man dieſe Vorgänge an der Saar mit der
Ent=
wickelung der Dinge an Ruhr und Rhein, ſo erkennt man
un=
ſchwer dieſelbe Methode, dasſelbe Ziel: durch Provozierung der
Bevölkerung und Schaffung eines Scheinrechts zur Anwendung
rücktſichslofeſter brutaler Geſpalt mit nachfolgender
Beſitzergrei=
fung Leutſcher Gebiete als „Sanktionen”. Wie hieß es doch noch
vor kurzen in der franzöſiſchen Preſſe? „Die Saarfrage darf
nicht durch die vorgeſehene Abſtimmung, ſondern durch
ſchleu=
nigſt: Schaffung vollendeter Tatſachen gelöſt werden.? Und zur
franzöſiſchen Ruhrpolitik ſagte in dieſen Tagen der Temps:
„Wir ſino an der Ruhr, und wir bleiben an der Ruhr!“
Das deutſche Volk und die deutſche Preſſe begehen ein
ſchweres Unrecht, daß ſie bei der Erörterung der aktuellen
Tages=
fragen faſt regelmäßig die Fragen vergeſſen, die ſchon ſeit
Jah=
ren im Vordergrund der öffentlichen Beſprechung ſtehen ſollten,
Das ſind die Fragen der altbeſetzten Gebiete, und vor allem die
Frage des Saargebiets. Der Kampf, den die Bevölkerung an
der Saar nunmehr ſeit 4 Jahren ohne Unterbrechung für das
deutſche Volk, für die deutſche Zukunft führt, iſt mindeſtens
gleichzuſtellen dem zähen und ſchweren Kampf des Volkes an
der Nuhr. Wenn es heute die Saarregierungskommiſſion ſchon
wagen darf, jegliche Kritik an den Beſtimmungen des Verſailler
Vertrages, an den Entſchlüſſen des Völkerbundes, jede
Verbrei=
tung tatſächlicher Nachrichten über Vorgänge an Ruhr und
Rhein zu verbieten, wenn ſie die Streikpoſten der um ihre
Wirt=
ſchaftsinrereſſen kämpfenden Bergarbeiter mit ſchwerſter Straſe
bedroht, dann ſollte man im deutſchen Volke erkennen, daß der
Kampf an der Saar ſich der Entſcheidung nähert, daß die
Oe=
fahr für das Saargebiet den Höhepunkt erreicht hät.
Wird ſich darüber das deutſche Volk nicht in kürzeſter Zeit
klar und rafft es ſich nicht zur Unterſtüung des deutſchen
Sdar=
gebiets in einheitlicher Ge= und Entſchloſſenheit auf, dann werden
wir eines Tages einen zweiten Memelputſch und zwar an der
Saar erleben, wir werden vor der vollendeten Tatſache ſtehen,
daß Frankreich trotz Völkerbund und Saarſtatut das Sgargebiet
anuektiert hat.
Seite 2.
Rummer 125.
Die franzöſiſche Preſſe zur Rede Curzons.
Paris, 6. Mai. (Wolff.) Die Betrachtungen über die
Stel=
lungnahme der engliſchen Regierung zu den deutſchen
Repara=
tionsvorſchlägen haben angeſichts der Aeußerungen Lord
Cur=
zons und gewiſſer halbamlticher Erklärungen der
Reuteragen=
tur einen neuen Antrieb in der franzöſiſchen Preſſe gefunden.
Auch die Havasagentur veröffentlicht eine halbamtliche Notiz,
in der es heißt:
Die Frage ſei in gewiſſen engliſchen Kreiſen aufgeworfen
worden, welches Verfahren man befolgen müſſe, um auf
die Mitteilung des Reichskanzlers zu antworten. Lord Curzon
habe geſagt, nur eine gemeinſame Aktion könne die
Allierten aus den augenblicklichen Schwierigkeiten
herausbrin=
gen, und die Ausſichten auf eine Regelung würden geſteigert,
wenn die deutſchen Ratſchläge oder Aufforderungen von allen
am Reparationsproblem intereſſierten Mächten beraten würden.
Nach Anſicht der franzöſiſchen öffentlichen Meinung könne unter
den augenblicklichen Umſtänden die Frage eines gemeinſamen
Vorgeheus der Allierten nicht geſtellt werden. Es handle ſich
heute nicht darum, Deutſchland Natſchläge zu erteilen oder ihm
Befehle zu diktieren. Die franzöſiſche Antwort könne die
Argu=
mente des deutſchen Reichskanzlers, die er der franzöſiſch=
bel=
giſchen Aktion im Nuhrgebiet entgegenſtelle, nicht ignorieren.
Da aber die Regierungen von Paris und Brüſſel die einzigen
ſeien, die an der Ruhrbeſetzung teilnehmen, ſeien ſie nach ihrer
Anſicht auch allein berechtigt, die Gründe vorzubringen, die ihre
Zwangspolitik rechtfertigen. Man müſſe ferner bedenken, daß
die Angebote des Deutſchen Reiches und die Bedingungen, von
ruhrs gegen den Friedensvertrag von
Vir=
ailles bekunden. Jede der Signatarmächte habe alſo das
Recht, dieſe beabſichtigte offenbare Verletzung Deutſchlands
ſei=
nen feierlichſten Verpflichtungen gegenüber als Herausfor= müßten erkennen, daß ohne die Hilfe des engliſchen Kredits kein
derung aufzunehmen. An dem Tage, an dem Deutſchland
po=
ſitive Vorſchläge zur Regelung der Reparationsfrage mache
die jetzigen Angebote ſeien nach allgemeiner Anſicht noch weit
davon entfernt, dieſen Charakter zu tragen —, müßten die
Alli=
ierten natürlich alle gemeinſam darüber beraten, welche Folge
man dieſen Vorſchlägen geben müſſe. Poinearé habe
tat=
ten Mächte, ſelbſt wenn einige ſich enthielten, an der Ruhraktion
abſolut kategoriſchen Erklärung dürfe man nicht zweifeln.
ſtellten Grundſätzen zuzuſtimmen: keine Näumung des politik kräftig unterſtützten.
Ruhrgebiets vor vollkommener Bezahlung der
deut=
ſchen Schulden und Einſtellung des deutſchen
Wi=
derſtandes vor der Einleitung von Verhandlungen.
In ſeiner letzten Rede habe Curzon nicht einmal direkt und offen
geben, die er privatim habe. Wie hätte man franzöſiſcherſeits
ſich nicht bei ſeiner Rede im Oberhaus des Gedankens erinnern Landwirtſchaft, für ihre bisher zur Stärkung des Abwehrkampfes
müſſen, daß er einen Schiedsrichter ſpielen wolle. Selbſt wenn
es im Augenblick nützlich, ſich in Verhandlungen von mehreren
Tagen einzulaſſen?: Die Entente cordiale bleibe die Grundlage
der franzöſiſchen Politik. Die Intervention Lord Curzons ſei
zu früh erfolgt, oder ſie komme zu ſpät.
Lord Curzon ſich zu einer Antwort hätte entſchließen können,
deren hauptſächlichſter Zweck der ſei, die deutſche Forderung
hinſichtlich der Räumung des Ruhrgebietes zurückzuweiſen. Die
ſeien allein berechtigt, Deutſchland zu erklären, ſeine
unge=
nügenden und ohne Ggrantien gemachten Angebote zwängen
die Okkupanten des Ruhrgebietes, dort zu bleiben. Die
belgiſch=
frauzöſiſche Antwort ſei kein Reparationsplan, ſondern die
Ablehnung der beſtimmten Forderung. An dem
Tage, au dem Curzon die Frage des Reparationsproblems auf= mit ſie nicht erlahmen und der Damm nicht breche. Durch unſer
nehme, ſei er ſicher ſehr willkommen.
Quotidien, nehmen einen anderen Standpunkt ein. In dieſem
Blatt ſchreibt der Abg. Henneſſy, wenn Frankreich allein
der Gefahr aus, ſein Ziel nicht zu erreichen und ſeine
Auslands=
politik dadurch zu komplizieren, daß es in immer ſchwieriger
werdenden Lage iſoliert bleibe.
kommende Woche bringen? Man kündigt eine neue
Konfe=
renz zwiſchen Poincaré und Theunis an, um endlich, einen
franzöfiſch=belgiſchen Reparationsplan,
feſtzu=
legen. Man muß hoffen, daß auf dieſem Gebiete die
Verhand=
lung mit allen Allierten wieder aufgenommen wird, damit dieſe
ewigen Herausforderungen zwiſchen Paris und Berlin ein Ende
finden und damit alle Gläubiger des Deutſchen Reiches ein für
allemal ihrem Schuldner ihre Minimalforderung zur Kenntnis
bringen.
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. — Sonntag, den 6. Maj.
Die Fledermaus.
Operette von Johann Strauß.
Man hat ſich gewöhnt, dieſe Operette, ebenſo wie einzelne
Werke gleicher Kunſtform von Offenbach, als klaſſiſch, zu
be=
zeichnen. Nicht alle Forderungen hierzu ſcheinen erfüllt, aber
dennoch genug, um bei dem offenbaren Mangel an guten
deut=
ſchen Operetten dieſe Einſchätzung der „Fledermaus” billigen zu
können. Ein glücklicher Stoff, reich an luſtigen Begebenheiten
und komiſchen Geſtalten, leicht, ohne ſeicht zu ſein, iſt mit Laune,
keck, ohne lüſtern zu werden, in wirkſame Szenen geſetzt. Dieſes,
nicht lediglich von Situationskomik lebende, vielmehr ſpannend
aufgebaute kleine Luſtſpiel findet völlige Verſchmelzung mit einer
Muſik, die voll iſt von Uebermut, Schmeichelei und Schalkheit.
Ihre Rhythmik iſt ſtraff, die Melodik prickelnd ohne jede
Kün=
ſtelei, die Harmonik fein und eigenartig, thematiſch iſt ſie
viel=
geſtaltig, hat flott und gut gearbeitete Enſembles und Chöre.
Ueberall zeigt ſich Urſprüngliches, Perſönliches in dieſer
Parti=
tur, die mit den beſcheidenſten Mitteln, die köſtlichſten Witze
macht, ohne je den regelrechten Satz zu verletzen. Der Tanz in
jeder natürlichen Form iſt ihr Element. Weder die gepfeffertſten
Schlager moderner ſogenannter Operetten, noch andere
zucker=
ſüße Tanzmeladien haben dieſe einfachen Weiſen der „
Fleder=
maus” aus dem Felde ſchlagen können. Strauß iſt mit ihnen
unſterblich geworden. Aber auch das ganze Stück atmet, im
Gegenſatz zum Aeußerlichen, Grobſinnlichen heutiger Operetten,
jenen friſchen, kräftigen Hauch natürlicher Lebensfreude, an dem
man ſich geſund baden nöchte und der kritiklos genießen läßt.
Die heutige Aufführung hat dieſe Stimmung in hohem
Maße gebracht und konnte mit Ehren beſtehen.
Bei einer Inſzenierung der „Fledermaus” kann man zwei
Wege gehen. Entweder man verlegt dieſes Stück der 50er Jahre
in Stil und Koſtümen in dieſe jetzt ſchon hiſtoriſch wirkende Zeit.
Man kann ſich denken, daß dies gewiß von großem Reiz wäre
und den alten Tanzformen der Partitur auch am beſten
ent=
ſpräche. Oder man legt den heutigen Tag zugrunde, um dem
Werk eine moderne Prägung zu geben, worein aber die alten
Walzer, Polkas, Quadrillen nicht recht paſſen wollen. Hier wurde
ein Mittelweg gewählt, der zwieſpältig wirkte und mich nicht
befriedigt hat.
Die Vorſtellung an ſich, unter Roſenſtocks anfeuernder
Führung, war ausgezeichnet. Die Hauptrollen waren in Händen,
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 2. Mai 1923.
Nach dem Journal iſt es das belgiſche Miniſterium
geweſen, das geſtern die Verſchiebung der Uebermittlung
der Antwort an die deutſche Regierung um 24 Stunden
ver=
gnlaßte.
Die Haltung Jtaliens.
Nom, 5. Mai. Die Epoca meint, Frankreich wolle
offen=
bar die deutſche Schuld abſurd hoch bemeſſen, um an der Ruhr
bleiben zu können, und rechtfertige dadurch ſowohl den deutſchen
Widerſtand wie das Mißtrauen der übrigen Verbündeten.
Der Popolo, das Organ Don Sturzos, fordert England
auf, die Initiative zu einer gemeinſamen Löſung zu
ergrei=
fen, der ſich Italien anſchließen müßte. Wenn die franzöſiſche
Politik den Verfall Deutſchlands verfolge, ſo müßten die übrigen
Verbündeten die deutſche Zahlungskraft zu erhalten ſuchen und
dürften keinesfalls dulden, daß Frankreich die deutſchen
Vor=
ſchläge einfach ablehne und die Ruhraktion fortſetze. Der
Artikel des Popolo iſt angeſichts des bevorſtehenden Beſuchs des das Landesamt für das Bildungsweſen hatten Strafantrag geſtellt,
engliſchen Königs bedeutungsvoll.
England.
London, 5. Mai. (Wolff.) Der diplomatiſche Mitarbeiter
der Pall Mall Gazette ſagt, der heutige Tag werde wohl
der Entente untereinander als auch mit Deutſchland erwei= Verhandlung fand vor der erſten Strafkammer des hieſigen
Land=
ſen. Er betont, daß die Bedingungen der Antwort Frankreichs
nach London nur als Höflichkeit mitgeteilt worden ſeien und keine
Abſicht zu beſtehen ſcheine, in eine Erörterung mit England
da=
denen ſie begleitet werden, eine Politik desoffenen Auf= rüber einzutreten. Angeſichts dieſer Tatſache werde die engliſche
Negierung zuerwägen haben, wie ſie die engliſchen
Intereſſen wahren könne. England ſei nicht ohne
Mittel zur Verteidigung dieſer Intereſſen, denn die Allierten
Wiederaufbaus von den anderen Allierten flüſſig gemacht
wer=
den könne.
Amerika.
ſächlich wiederholt erklärt, daß er die Rechte der anderen alliier= aus Waſhington: Während das Staatsdepartement ankündigt, gabe. Der Konflikt bzw. Gegenſatz führte zum Einſchreiten ſeitens
daß es das deutſche Reparationsangebot nicht beantworten
teilzunehmen, zu reſpektieren gedenke. An dieſer offiziellen, werde, erklärte Senator Borah, die Regierung, ſolle bei rat Dr. Henrich vernahm die Beteiligten nebſt anderen zu Protokoll,
Frankreich wegen ſeiner kompromißfeindlichen Haltung
Das Echo de Paris ſtellt an Lord Curzon die Frage, ob er Einſpruch erheben. Borah ſagte weiter, er wünſche, daß die
bereit ſei, den zwei in der franzöſiſch=belgiſchen Antwort aufge= Vereinigten Staaten die Allierten gegen die franzöſiſche Ruhr= Die rückblickende Betrachtung mag Verſchiedenes in ſolcher Auswirkung
Deutſchland und das Ruhrgebiet.
und Landwirtſchaft, Dr. Luther, ſprach geſtern abend vor
erklärt, ob er den deutſchen Vorſchlag als unannehmbar betrachte: Vertretern aller wirtſchaftlichen Kreiſe über das Thema „Deutſch= fälligkeiten und anderes mehr zum Verlauf der leidigen Angelegenheit
er habe nicht einmal öffentlich von der Meinung Kenntnis ge= land und das Ruhrgebiet‟. Der Miniſter dankte zunächſt der beigetragen haben. Bis zum Abend war die Beweisaufnahme noch
ſchleswig=holſteiniſchen Bevölkerung, insbeſondere auch der nicht völlig beendet, doch lag wohl das Hauptreſultat vor. Auf
An=
geleiſtete reiche Hilfe und entwarf alsdann ein anſchauliches Bild weſen einigte man ſich in vorgerückter Stunde zum Vergleich. Der
ein frauzöſiſch=engliſch=belgiſches Abkommen zuſtande komme, ſei von den Wirtſchafts= und Lebensbedingungen der ſich durch und Angeklagte erklärte unter Uebernahme der erwachſenen Koſten, er habe
durch deutſch fühlenden Bewohner an der Ruhr. In dieſem Teil
einzigen kunſtvollen Organismus, den man ſich in
der Hand gewalttätiger Machthaber eines fremdſprachigen Volkes daraufhin zurückgezogen werden.
Der Matin findet es verletzend, daß engliſcherſeits erklärt, gar nicht vorſtellen könne. Der Redner zog Vergleiche zwiſchen
werde, daß England und Italien ihrerſeits ihre Intereſſen zu der Mäßigung deutſcher Staatsmänner in früheren für uns mögen die Althändlerin Fran Toni Karbowitſch wohl beeinflußt
verteidigen wünſchten. Man ſehe übrigens nicht gut ein, wie glücklichen Kriegen und den franzöſiſchen Siegern von heute, die, Kriminalwachtmeiſter Jans war zu einer Nebiſion des Trödlerbetriebs
wenn ſie wirklich ihre letzten Ziele erreichen ſollten, doch nur die erſchienen, traf den ſpäter wegen Hehlerei zu 3 Monaten Gefängnis
Herrſchaft über Trümmern aufrichten könnten. An verurteilten Ehemann Karbowitſch nicht an, und beſtand deshalb bis
Rhein und Ruhr ſei durch den paſſiven Widerſtand ein zur RNückehr jenes auf ihrem Verweilen. Der K. war das amtliche
an der Nuhrbeſetzung teilnehmenden Mächte Damm errichtet, damit die franzöſiſche Sturmflut nicht das Intereſſe für den Geſchäftsverkehr peinlich, und ſie bot dem J. eine
gehörigkeit umſchließe die Unternehmer und Arbeiter, den Beſtechungsverſuch mit 6 Monaten Gefängnis büßen. —
Gemein=
ziehung. Und nun gelte es für das ganze deutſche Volk, dieſen
Kämpfern im Weſten ausreichende Hilfe zu bringen, da=
Ringen wollen und müſſen wir ſchließlich zu dem Ziel gelangen, auf kriminellem Gebiet, ſowie einem weiteren, inzwiſchen ins beſetzte
Ju ähnlicher Weiſe drückt ſich die Mehrheit der Morgen= eine Lebensmöglichkeit für das deutſche Volk, das ſich gerecht= Gebiet verſchwundenen Genoſſen hatte er erſt auswärts gewirkt. Dann
blätter aus. Nur einige radikale Blätter, wie beiſpielsweiſe fertigten Verpflichtungen nicht entziehen wolle, zu ſchaffen.
Der Vortrag, dem auch Vertreter der Behörden, der Stadt
Kiel und der Provinz beiwohnten, erntete ſtürmiſchen
Bei=
die Löſung des ungeheuren Problems wolle, dann ſetze es ſich fall. Der Vorſitzende der außerordentlich zahlreich beſuchten Ver= ſehen und nahm, als ſich dieſes Ziel unerreichbar erwies, mit größeren
ſammlung, Graf Rantzau zu Breitenburg, verſicherte hierauf, daß Megen Lebensmitteln uſw. vorlieb. Binnen kurzer Zeit wurde hier
Regierung und den Kämpfern an Rhein und, dern uſp.) verübt und jeweils die Beute in Frankfurt a. M. abge=
Der ſozialdemokratiſche Populaire fragt: Was wird uns die Ruhr ſtehe und es an weiterer tatkräftiger Unterſtützung nicht, dagegen wurden dem K. mildernde Umſtände verſagt und insgeſamt
fehlen laſſen werde.
des Handels, der Induſtrie und der Landwirtſchaft unter be= bei der Schlußrechnung 150 000 Mark nicht abliefern. Er hat zwar
ſonderer Berückſichtigung der Nordmark über deutſche
Kul=
turfragen ſprach und dabei in eindringlicher Weiſe für alle Geſchichte auf, es ſei ihm jener Fehlbetrag durch eine geheimnisvolle Er=
Beſtrebungen eintrat, die beſtimmt ind, dem gkademiſchen
Nach=
wuchs helfend zur Seite zu ſtehen. Die Veranſtaltung brachte als halten kam ſtraferſchärfend in Betracht und H. wurde zu 4 Monaten
Ergebnis eine reiche Unterſtützung der Studentenhilfe.
die Geſang und Spiel mit gleicher Vollkommenheit beherrſchten:
Herr Peterſen als ein flotter Eiſenſtein, Herr Siegfried
als ſangesfreudiger Alfred, Herr Hölzlin als eleganter,
leicht=
lebiger Gefängnisdirektor, Herr Kuhn als ſtotternder Blind,
Herr Nürnberger als gewandter Falke und Herr Fürgas
als unbeſchreiblich komiſcher Froſch. Eine allerliebſte kokette Adele
war Hertha Greef, und Fanny Cleve gab die ihr doch
fern=
liegende Rolle der Roſalinde mit glücklichem Gelingen. Den
kleineren Rollen ſei ein Geſamtlob geſpendet. Was mir die
Hauptſache ſcheint: alle Perſonen des Stückes lebten heute in
ihren Nollen mit ſichtlicher Freude: ſo ſprang denn auch der
Funke zündend ins Publikum, das mit Beifall und Blumen
nicht kargte.
In der Konzerteinlage glänzte Fritzi Jokl mit herrlichen
Gaben ihres feingeſchliffenen warmen Kunſtgeſangs. Jn den
Tanzeinlagen zeigten ſich die Damen Willenz; Osborn
und Donglies von zwei ſehr verſchiedenen, kennzeichnenden
Seiten in ihrer vollendeten feinen Kunſt.
v. HI.
Kleines Haus. — Sonntag, den 6.
Vergnügliche Matinee Hans Reißz:.
Wenn Herr Reimann bei ſeinem Vortrag erklärte, eine
ſchlechte Zeitungskritik ſei ihm durchaus piepe, ſo iſt zu einer
ſolchen auch durchaus keine Gelegenheit. Im Gegenteil, was er
brachte und wie er es brachte, verdient alles Lob und volle
An=
erkennung. Beſonders wohltuend gemütlich machte dieſe
Stun=
den die direkte Fühlung, die er mit dem Publikum ſuchte: ſie
erreichte, daß jeder einzelne ſich angeredet fühlte. — Im
Vor=
trage ein Meiſter, brachte er hauptſächlich Stücke in ſächſiſcher,
Mundart, und darin hatte er am meiſten Erfolg mit den
Anek=
doten Friedrich Auguſts aus ſeinem Büchlein „Der Geenig”.
Geſunder, froher Humor in all ſeinen Vorträgen, ob es nun
Kindergeſchichtchen waren oder eine indigniſche Karl=Mayriade
oder ein Liebesbrief. Jede Nummer ſchien die vorige zu
über=
bieten, und als Hörer hatte man Mühe, durch gewecktes lautes
Lachen nicht den Vortrag zu hören.
Ab und zu ſolche Veranſtaltungen als Leckerbiſſen in dieſer
Zeit würde Anerkennung finden in allen Kreiſen. Das erkannte
man ſchon aus dem trotz des herrlichen Frühlingstages faſt
voll=
beſetzten Hauſe und dem ſtarken Beifall der dankbaren
Zuhörer=
ſchaft. Selbſtſchaffende Humoriſten von dieſer Künſtlerſchaft, wie
wir ſie heute bei Reimann erlebten, haben wir wvenig, um ſo
intenſiver wird es genoſſen und um ſo nachhaltender iſt die
Wirkung, — aber auch um ſo ſtärker der Wunſch nach mehr oder
nach Wiederholung.
Kt
Darmſtadt, 7. Mai.
— Johannesgemeinde. Das Kirchenkonzert, das heute abend 8 Uhr
in der Johanneskirche ſtattfindet, begegnet lebhaftem Intereſſe. Neben
zwei kleinen Kantaten aus dem 17. Jahrhundert, von denen namentlich
„Das Spiel vom reichen Mann und armen Lazarus” intereſſieren dürſte.
kommen einige junge Soliſten zu Gehör, von denen Großes erwartet
werden kann. Karten bei Lina Paul.
— Orpheum. Heute Montag, 7. Mai, Neuaufführung: „Der
keuſche Guſtav”, muſikaliſcher Schwank in drei Akten. Dieſes heitete
Stick wird nur fünfmal, und zwau bis einſchließlich 11. Mai, gegeben.
n. Beleidigung durch die Preffe. Auf Grund mehrerer Artikel in
der Heſſiſchen Landeszeitung vom November und Dezember vorigen
Jahres war als zugeſtandener Verfaſſer der Redakteur Fritz
Büch=
ner wegen öffentlicher Beleidigung angeklagt. Sowohl der darin
an=
gegriffene und als verächtlicher Denunziant uſw. bezeichnete
Studien=
rat Profeſſor Michel in Gießen, als auch deſſen vorgeſetzte Behörde,
und die Anklage vertrat Staatsanwalt Dr. Langenbach. Als
Nebeu=
kläger hatte ſich der durch die Rechtsanwälte Aaron=Gießen und Dr.
Sinsheimer=Frankfurt a. M. verbeiſtandete Beleidigte angeſchloſſen,
während der Beſchuldigte mit Rechtsanwalt Dr. Meiſel erſchienen
war. Der aus Verhältniſſen und Vorgängen an der Gießener
Ober=
realſchule erwachſene Fall weiſt eine ſtark ausgeprägte politiſche Seite
auf, und die fraglichen Ereigniſſe zogen ſeinerzeit weitere Kreiſe durch
als kritiſches Datum ſowohl, in den Beziehungen Erörterung in Preſſe Landtag, ſowie auch ſonſt. Die nunmehrige
gerichts unter Vorſitz des Landgerichtsdirektors Dr. Stein ſtatt und
nahm mit kurzer Mittagspauſe den ganzen Samstag in Anſpruch.
Lone Preßpolemik hatte hauptſächlich der Maßregelung des früheren
Leiters erwähnter Lehranſtali, des damals in gleicher Eigenſchaft nach
Offenbach verſetzten und daraufhin in den Ruheſtand getretenen
Ober=
ſtundiendirektors Dr. Schnell gegolten, und kritiſierte dabei in ſcharfer
Tonart die angeblich von Profeſſor Michel hierin betätigte Rolle.
Letz=
terer iſt Lehrer der Religion uſw. an jener Schule, gehört der
Demo=
kratiſchen Partei an und nahm gegen rechtsgerichtete Anſichten oder
Geld für Reparationen oder für andere Formen des europäiſchen Kundgebungen eine ſehr entſchiedene, lebhaſte Haltung ein. Es waren
im Lehrerkolleg der Oberrealſchule ſchon vorher Unſtimmigkeiten vo=, und anläßlich der durch den Nathenaumord hervorgerufenen
Erregung geſellten ſich weitere Momente hinzu (Nichtflaggen der
Schule am Beiſetzungstag nebſt einer Nede Direſtor Sch s), auch eine
vom Gießener Gewerkſchaftskartell bezüglich der Oöerrealſchule an das
Neu=York, 6. Mai. (Wolff.) Neu=York World meldet Landesamt für das Bildungsweſen um Unterſuchung gerichtete
Ein=
der Miniſterialſtelle, und der von ihr dorthin entſandte
Regierungs=
tvorauf Miniſterialdirektor Urſtadt u. a. noch ſelbſt an Ort und Stelle
wvar. Dieſes Verfahren ergab den eingangs erwähnten Abſchluß, und
es reihte ſich in der Oeffentlichkeit eine mannigfache Parteinahme an.
der Zeitverhältniſſe und beſonderen Momente geringfigig oder
ähn=
lich finden, es ſpielte dabei die Stimmung im vorigen Jahre nach dem
Nathenaumord an ihrem Teil nicht unerheblich mit. In der
Gerichtsver=
handlung wurde der Sachverhalt aufs Eingehendſte beleuchtet und
Kiel, 6. Mai. (Wolff.) Der Reichsminiſter für Ernährung eine größere Anzahl dortiger Lehrer ſowie ſonſtiger Zeugen
vernom=
men. Man gewann den Eindruck, daß auch Mißverſtändniſſe,
Zu=
regung vom Gericht griffen Verhandlungen über gütliche Erledigung
Platz, und im Einverſtändnis mit dem Landesamt für das
Bildungs=
ſich durch die ſtattgehabte Gerichtsverhandlung überzeugt, daß der
er=
unſeres Heimatlandes bilde das ganze induſtrielle Leben einen hobene Vorwurf der Denunziation unbegründet ſei, und nehme ihn
mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Die Strafanträge ſollen
n. Schöffengericht. Erinnerungen aus ihrer polinſchen Heimat
haben, als ſie eines Tages mit der hieſigen Polizei in Beührung kam.
dahinterliegende Land zerſtöre. Ein Band feſter Zuſammen= bedeutende Geldſumme, wenn er das drohende Verfahren aus der Welt
ſchaffe. „Sie war mit ſolchem Anſinnen irregegangen und muß nunmehr
und es gebe keinen Unterſchied in ſozialer oder religiöſer Be= gefährlichſter Art iſt der vielfach vorbeſtrafte, diebſtahlsrückfällige
Kell=
ner Heinrich Keller aus Nieder=Modau, der nach neuerlichem
Ein=
brechertreihen hier von der Vergeltung erreicht wurde. Gemeinſam
mit dem Arbeiter Fritz Mahr von Berlin, einem jüngeren Anfänger
wurde Darmſtadt aufgeſucht, wo K. als Anführer ſeine örtlichen
Kennt=
niſſe für die Langfingerei nutzbar machen konnte. So erfolgte der
Ein=
bruch in eine Wirtſchaft, in der K. früher bedienſtet war. Er hatte es
auf vermeintliche Goldmünzen in einem dortigen Vereinszimmer
abge=
die Provinz Schleswig=Holſtein nach wie vor feſt hinter der noch eine ganze Reihe ſchwerer Diebſtähle (beſonders von Wäſche,
Klei=
ſetzt. M. erhielt eine Geſamtſtrafe von 1. Jahr 2 Monaten Gefängnis,
5 Jahre Gefängnis nebſt 10jährigem Ehrverluſt auferlegt. — Als Ver=
Hierauf begab ſich der Reichsminiſter zum Studenten= treter einer auswärtigen Firma war der hieſige Kaufmann Walter
heim Seeburg, wo er vor den Männern der Wiſſenſchaft, Heinrich mit kommiſſionsweiſem Warenvertrieb betraut und konnte
ſehr locker gelebt und dafür nach Ueberzeugung des Gerichts die
Summe veruntreut, tiſchte aber zun Verteidigung eine abenteuerlihe
preſſerbande nach und nach abgenötigt worden. Dieſes törichte Ver=
Gefängnis verurteilt. — Die aus Eisfeld ſtammende Stütze Emilie
Diacont hatte eine hieſige Stelle bereits nach zwei Tagen verlaſſen,
und man fand in ihrem Gepäck verſchiedene jener Familie gehörige
Gegenſtände. Es werden noch zahlreiche andere dort vermißt, doch
be=
ſtreitet die Angeklagte deren Aneignung und iſt inſoweit nicht
über=
führt. Für den ſonſtigen Diebſtahl wurden ihr 15 000 Mark
Geld=
ſtrafe zuteil. — Ebenfalls zu Geldſtrafen von je 55 000 Mark wurden
die Bauarbeiter Jakob Kölſch und Hans Gilbert von hier wegen
Diebſtahls (letzterer noch zu 10000 Mark für falſche Namensangabe)
verurteilt. Man hatte ſie mit etwa ſieben Zentnern aus dem Walde
entwuendeten Holzes, das ſie verkaufen wollten, abgefaßt.
Reich und Ausſand.
Aus Rache ermordet.
Schiltach. Die myſteriöſe Ermordung des 75 Jahre alten
Fa=
brikanten Korndörfer, der wie berichtet, durch einen Schuß in ſeiner
Wohnung getötet wurde, iſt jetzt in großen Zügen aufgeklärt. Es
han=
delt ſich allem Anſchein nach um einen Racheakt. Frau Korndörfer
er=
wachte nachts etwa gegen 1 Uhr durch einen Schuß und ſah ihren neben
ihr ſchlafenden Ehemann mit einem Schuß quer durch Oberarm und
Bruſt ſchon faſt bewußtlos in ſeinem Blute im Bett liegen. Der Arzt
konnte nur noch den inzwiſchen eingetretenen Tod feſtſtellen. Die
Ge=
richtskommiſſion ſtellte feſt, daß nach der Lage des Schußkanals und das
durch den Schuß im Schlafzimmerfenſter entſtandenen Loches der Schuß
vom benachbarten, in der Luftlinie etwa 600 Meter entfernten
Schloß=
berg hergekommen ſein müſſe, und fand an der in Betracht kommenden
Stelle auf dem Schloßberg auch wirklich Patronen, die zu der im
Zim=
mer gefundenen Kugel paßten. Als Täter wurde dann am gleichen Tage
der etwa 40 Jahre alte, in der Korndörferſchen Fabrik beſchäftigte
ver=
heiratete Fabrikarbeiter Wilhelm Wöhrle von hier ermittelt, der ſich
durch ſein Benehmen verdächtig gemacht hatte und in der Frühe von der
Fabrik wegblieb. Der Mann ſoll von Korndörfer wegen ſeines
lieder=
lichen Lebenswandels zur Rede geſtellt worden ſein, und man vermutet,
daß die Mordtat aus Nache geſchehen ſei. Wöhrle hat zugegeben, in
der Nacht vom Schloßberg aus in der Nichtung der Korndörferſchen
Fabrik mit ſeinem Militärgewehr Schüſſe abgegeben zu haben. Die
Ab=
ſicht, Korndörfer zu ermorden, wvill er nicht gehabt haben. Er wurde
verhaftet und ins Amtsgefängnis nach Wolfach übergeführt. Die Witwe
des Ermordeten hat im Kriege zwei Söhne und vor einem Jahr ihre
einzige Tochter durch den Tod verloren.
Die Uebervölkerung Moskaus.
Moskau, 1. Mai. Die Uebervölkerung Moskaus hat ſo
kataſtro=
phale Dimenſionen angenommen, daß das Wohnungselend jeder
Be=
ſchreibung ſpottet. Der Rat der Volksbeauftragten hat deshalb einer
„außerordentlichen Kommiſſion zur Entlaſtung Moskaus” vorgeſchrieben,
bis zum 20. Mai eine Liſte derjenigen Behörden und Organiſationen
aufzuſtellen, deren Verbleib in Moskau nicht unbedingt notwendig iſt.
Alle dieſe Behörden, ſollen dann unerbittlich in andere Städte „
ausge=
wieſen” werden. Man hofft, auf dieſe Weiſe das Wohnungselend in
Moskau etwas zu lindern. Die meiſten Staatsbehörden ſind bis jetzt
immer noch in Pribatwohnungen untergebracht.
Rummer 125.
armftädter Tanblatt, Mortag, den 2. Mai 1923.
Seits
Stimmen aus dem Zeierkreie.
(Für die Veröffenilichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimint die Redakiion keinerlei
Ver=
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des 8 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortliſch.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgeſandi, die Ablebnung nicht bearündet werden.
„Preisabbau.”
— Das Reich erſtrebt und fördert den Abbau der Kohlenpreiſe
die Gehälter der Angeſtellten werden mit der Begründung des
eingetre=
tenen allgemeinen Preisabbaus nicht erhöht, und trotzdem ſieht ſich die
Direktion des Städt. Hallenſchwimmbades veranlaßt, allmonatlich eine
gewaltige Preiserhöhung vorzunehmen. Jetzt für den Monat Mai
wieder um ca. 50 vom Hundert. Und das nennt man nachher noch eine
Anſtalt zur Förderung der Volksgeſundheit. Ich glaube kaum, daß
die=
jenigen Leute, denen die jetzigen Preiſe für nicht ungeheuer erſcheinen,
auf dieſes Volksgemeingut angewieſen ſind. Aber jetzt die Hauptſache,
Wie ſteht es mit der ſich ſchwimmſportlich betätigenden Jugend? Welher
Vater iſt in der Lage, ſeinen Söhnen je eine Monatskarte zu dem
Phan=
tafiepreiſe von 10 000 Mk. zu kaufen? Dieſe neue Preiserhöhung im
Städt. Hallenſchwimmbad bedeutet eine kataſtrophale Unterbrechung des
ſchönen Aufſchwunges im ſchwimmſportlichen Leben der jungen
Darm=
ſtädter, die den Namen der Stadt im ganzen Kreiſe würdig vertreten
haben. Ift das der Dank von ſeiten der Stadtverwaltung?
Unglaub=
lich, aber wahr iſt es, daß den hieſigen Schwimmvereinen bei Benutzung
des Bades zu Schwimmwettkämpfen außerordentlich hohe Vergütungen
abverlangt werden, während die Verwaltung ſehr geringe
Aufwendun=
gen zu machen hat. Vielleicht beſchäftigt ſich ein Stadtvater, dem der
Schwimmſport am Herzen liegt, einmal mit der Frage, ob und wie man
den Mitgliedern von Schwimmvereinen die unentbehrliche Benutzung
der Schwimmhalle billiger geſtatten kann.
Ein Freund des Schwimmſportes.
Sport, Spiel und Turnen.
Turngemeinde Darmſtadt 1846.
Wanderabteilung.
* Ein wanderbegeiſtertes Turnvölkchen nebſt zahlreichen. Gäſten
fand ſich am verfloſſenen Samstag im Tie=Saal der
Woogsplatzturn=
halle in fröhlicher Stimmung zuſammen zum Auszeichnungsfeſte, das
30 Turnerinnen und Turnern als Lohn für unermüdliches Wandern
das goldene Wanderabzeichen beſcheren ſollte. So erreichſte auch das
harmoniſch verlaufene und ſo gemüitliche Feſt ſeinen Höhepunkt als
Wanderwart Wenzel, deſſen unermüdlicher Arbeit übrigens das
Gelin=
gen des Abends zu verdanken war, die Auszeichnung vollzog, nachdem
ein füngerer Turner der Begeiſterung für die ſchöne Natur und unſere
herrliche Heimat freundlich aufgenommene Worte verlieh, die
aus=
klangen in der Mahnung, noch mehr als bisher hinauszugehen und die
deutſche Heimat zu beſchauen, um ſie lieben und ſchätzen zu lernen.
Gemeinfame Lieder, beſonders gedichtet aus der Fülle der
Wander=
erlebniſſe heraus, erregten helle Freude und fanden jubelnden
Bei=
fall, der auch allen den Turnerinen und den Turnern, ſowie der
Sing=
mannſchaft nicht vorenthalten blieb, die in Vorträgen, Geſängen und
Muſikſtücken ihr Beſtes zu geben beſtrebt waren. — Freudige
Ueber=
raſchung zeitigte ſchließlich die Ueberreichung eines Wanderwimpels an
m
lung, der in muſterhaft
ſchöne=
dein geſtickt worden war und nun Turnerinnen und Turner auf den
Wanderungen begleiten ſoll, eine Verkörperung unſerer Ziele allen
Fernſtehenden und eine Mahnung an die wandernden Turner, treu zu
ihrer Fahne und zur deutſchen Turnerſchaft und damit zum geſamten
deutſchen Volke zu halten.
Die Wanderabteilung der Turngemeinde Darmſtadt 1846 beteiligte
ſich am geſtrigen Sonntag, den 6. Mai in großer Zahl — mit
mehr=
als 100 Teilnehmern —, ſowvie mit den geſamten Jugendabteilungen
an der Gauwanderung, die auf der Spielwieſe am Böllenfalltor ihr
Ende fand. Siehe Näheres aus dem Bericht über die Gauwanderung. 1I.
Hockey.
Darmſtädter Hockeyklub, Jugend-Turnverein
von 1860=Frankfurt, Jugend 11:0 (5:0).
Der D.H.Kl. hat mit dieſem Spiel den „F.N.=Sport”=Wanderpreis
für Jugendmannſchaften erſtmalig gewonnen. Das Spiel ſtand im
Zeichen der Ueberlegenheit Darmſtadts. Die Mannſchaft war auf allen
Poſten gut beſetzt und in Zuſammenſpiel und Technik eine gute Klaſſe
beſſer als der Gegner. Bis zur Halbzeit konnten die Frankfurter das
Spiel einigermaßen offen halten. Nach Seitenwechſel mußten ſie ſich
aufs Verteidigen beſchränkt. Gut war Verteidigung und Torwächter.
„Germania” Eberſtadt 1.—,Eintracht‟ Darmſtadt I.
0:1 (0:0). Beide Mannſchaften trafen ſich in Eberſtadt zum fälligen
Rückſpiel. Eberſtadt mit Erſatz für ſeinen Repräſentativen Meher,
Eintracht mit Erſatz für die erkrankten Klotz und Mühlbach. Das
Spiel ſtand größtenteils im Zeichen der Darmſtädter, obwohl es an
äußerſt kritiſchen Momenten vor beiden Toren nicht mangelte.
Ein=
tracht erzielte das einzigſte Tor durch mehrfach verwirkten Elfmeter,
die Freh unhaltbau verwandelte.
Bs.
Jugendklubkampf Sportverein 98—Sportklub 1880=Frankfurt.
— Am Himmelfahrtstage eröffnet der Sportverein 98 die
diesfäh=
rigen Bahnwettkämpfe mit einer Veranſtaltung von beſonderer
Bedeu=
tung. Der älteſte Sportklub übergibt an dieſem Tage eine Anlage für
alle Sportarten, die im Reiche in ihrer Eigenart einzig daſteht. Am
Himmelfahrtstage tritt eine Jugendmannſchaft aus 40 Jugendlichen dem
Sportklub 1880=Frankfurt gegenüber. Abfahrt der Mannſchaft
Donners=
tag vormittag 11.45 Uhr.
Gauwanderung des Main=Rhein=Gaues der Deutſchen Turnerſchaft.
* Mehr als 2000 (zweitauſend) Turnerinnen und Turner mögen
es geweſen ſein, die am Sonntag, den 6. Mai, aus allen Richtungen
durch die friſch ergrünten Wälder dem Böllenfalltor zuſtrömten, wo ſich
bald friſch=fröhliches Turnerleben entwickelte. Lieder und Turnſpiele,
ſowie ſchmucke Volkstänze wechſelten in bunter Reihenfolge ab und
gaben Zeugnis von der Unverwüftlichkeit jugendlicher Freude.
So=
dann leitete ein Maſſenchor der vereinigten Singmannſchaften der
Gauvereine, Begrüßungsworte des Gauvertreters Roth, ſowie ein
ſchöner Gedichtvort:é) zur Weihe all der ſchmucken Wimpel über, die
von nun als ſtete Mahnung an alle Turnerinnen und Turner, dem
Wahlſpruche des echten deutſchen Turners Jahnſcher Ark treu zu
blei=
ben, auf allen Wanderungen und vor allen Wanderabteilungen wehen
ſoll. Profeſſor Bender aus Frankfurt, der Geiſtesturnwart des
Mittel=
rheinkreiſes, verſtand es in packender Rede
Veg zu den Herzen
aller Berſammelten zu finden und ſo die Wimpelweihe zu einer
unver=
geßlichen Stunde tiefinnerlichſter Ergriffenheit zu machen. Wem mehr
als der deutſchen Jugend gaſten ſeine Worte, das Gebot unſerer Zeit
zu verſtehen und nicht in leerer Rede, ſondern in Taten ein herrlich
Vaterland aufzurichten, ſo groß und mächtig, wie es das deutſche Volk
einſt beſeſſen. Das ſei ihre Aufgabe; und ihre Pflicht, ſolch hohem
Ziele alles zu opfern, alle kleinlichen Bedenken zurückzuſtellen, und ſich
in Wort und Tat zu dem Rütliſchwur zu bekennen: „Wir wollen ſein
ein einig Volk von Brüdern . . ." Und als ſich dann alle die
zahl=
reichen, buchenlaubgeſchmückten Wimpel ſenkten, als Profeſſor
Beu=
der ſie im Sinne deutſchen Gemeinſchaftsgeiſtes, deutſcher Heimat= und
Vaterlandsliebe, deren Symbol und Verkünder ſie nun allezeit ſein
ſollen, weihte, als dann ein Turnbruder aus dem beſetzten Gebiet im
Namen all der bedrückten Brudervereine am Rheine ein flammendes
Treugelöbnis ablegte, da klang es mit elementarer Wucht
trutzverkün=
dend aus tauſend Kehlen: „Deutſchland, Deutſchland über alles”, und
im Unglück nun erſt recht, denn im Unglück muß ſich zeigen, ob die
Liebe treu und echt.
Nach dem Ende der eigentlichen Feier hielten fröhliche Spiele die
Vereine noch einige Zeit in echt turneriſcher Brüderlichkeit beieinander,
bis ſchließlich Bezirk um Bezirk rüſtete, um mit fröhlichen Liedern auf
den Lippen und hohen Gedanken in Herz und Sinnen den teilweiſe
noch recht langen Heimmarſch anzutreten.
Auch dieſer Tag zeigte wieder, daß in den Reihen der deutſchen
Turner ſich Ernſt der Geſinnung mit Frohmut, ein unentwegt
leben=
diger Geiſt mit hoffnungsfroher Tatkraft und nicht zuletzt Freude an
der Natur mit tiefer Heimat= und Vaterlandsliebe verbindet, und daß
die Turnfahrten der Wanderabteilungen einen feſten Hort echten
deut=
ſchen Volkstums bilden, der in Treue und Liebe gepflegt werden muß.
Auf allgemeinen Wunſch wird im September abermals eine
gemein=
ſame Gauwanderung veranſtaltet werden. Möge auch dieſe ein gleich
mächtiges Zeugnis ablegen von dem lebendigen Turnergeiſte, den keine
noch ſo dunkle Zukunft zu beugen vermag, der im Gegenteil
unent=
wegt aufwärts ſtrebt, hohen und höchſten Zielen entgegen! T. H.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende gegen 10
Uhr (Schauſpielmiete † 11, Sondermiete 811 und 911): „Fauſt”.
Kleines Haus. Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr (Zuſatzmiete 12): „Der
tapfere Soldat”. — Orpheum, 734 Uhr abends: „Der keufche
Guſtav”. — Gemeinnützige Siedlungsgenoſſenſchaft
auf dem Frankenfelde, nachmittags 5 Uhr, Neckarſtr. 3 (
Baugewerk=
ſchule). — Allgemeiner Deutſcher Beamtenbund:
Nachmittags 5 Uhr im Rummelbräu öffentliche Verſammlung.
Union=, Reſidenz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=
Vor=
ſtellungen.
Druck und Verlag: L. C Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”.
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
Lange — ſämtlich in D. cmſtadt.
Die hentige Rummer hat 4 Seiten.
Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309
VL—Wer 2BUTT
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten
DarTTIotce-
Luisenplatz
Re
Die Drei von der Strasse
Eine Geschichte in Lichtern u. Schatten
Großer Sonder-Sittenfilm in 5 Akten
mit Maria Zelenka.
Freie Kost und Logig
3 lustige Akte mit Herm. Picha.
100,K p. I. Ltr. G. Krauth,
FußBDBenDI Eſcholbrücker Str.3. (1259
Verſteigerung.
Morgen, Dienstag, den8. Mai,
nachmittags 2½. Uhr,
verſteigere ich dahier im Saale des
Hanauer Hofes (Heinheimerſtr. 3)
aus einem Nachlaſſe und wegen Wegzugs,
bezw. Aufgabe des Haushalts auftragsge
mäß gegen Barzahlung
3 Sofgs, 1 Kleiderſchrenk, 1 Waſchtiſch,
1 Arbeitstiſch, 1 Bettſtelle mit Matz.,
2 Küchenſchränke, 2 Ziſche und ſonſtige
Küchenmöbel, 1 Nähmaſchine, 1
Spinn=
rad n. 1 Haſpel (ſehr ſchön gearbeitet),
1 Füllofen mit ca. 6 m Rohr,
2 Marmorplatten
für Waſchtiſche. 1 Nachttiſch mit
Mar=
mor, 1 Stehleiter, 1 Kindertiſch, 1
Kin=
derſchaukel, 1 Zennisſchläger,
2 große ſchwere Portieren,
(eine mit handgearbeiteter Verzierung),
1 gemuſt. Uebervorhang mit Galerie u.
2 Stores, mehr. Bilder, 1 Kopierpreſſe
mit Tiſch, 7 led. Taſchen, 2 Zahlbretter,
Porzellan und Glasſachen, große
Ein=
machtöpfe und ſonſtige Haus= u.
Küchen=
geräte. Ferner: 1 Koſtüm.
Anzuſehen von 2 Uhr ab.
Kapp, Verſteigerer
Gerichtsvollzieher i. R., Mauerſtr. 11.
Zum Derſand von Bechbäichſten
4O
biſlig abzugeben
Druckerei L. C. Wittich, Rheinſtr.
Berloten
Gelegentlich einer
Verſuchs=
fahrt am Freitag, den 20. April
1923, nachm. ziviſchen 3 u. 4 Uhr,
tpurde auf der Verbindungsſtrecke
Eberſtadt und Bickenbach ein
Automobil=Drahtſpeichenrad m.
aufgepumptem Peters=Union
Pneuinatik derloren. Wie uns
mitgeteilt wurde, ſoll ein kleiner
Motorpritſchen=Wagen dieſes Rad
aufgenommen haben.
Wir bitten um ſachdienliche
Mitteilungen und ſichern dem
Wiederbringer eine hohe
Be=
lohnung zu
Benz & Cie., Rheiniſche
Auto=
mobil= u. Motorenfabrik
Aktien=
geſellſchaft, Mannheim.
MMIOMNIOTT
Gold-OilberPatin
in Bruch und Gegenständen
kauft zum höchsten Tagespreis
(3710oim
Schustergasse 15
Pauft Mlas
(Laden)
Telephen 426 u. 2320
Drpheum
* Heute *
Montag, 7. Mai
— Neu —
Der (3709
keuſche Guſtav
Muſikal. Schwank
in 3 Akten
Nur 5mal vom
7. bis 11. Mai.
Kart.: Berkehrsbüre,
de Wagl, Rheinſtr 14.
R
F
Kleiderſchrank
mit od. ohne Wäſche
gefach und Nachttiſo
zu kauf. Ang. unt.
H24 Geſchſt. (*12669
Motorrad
zu verkaufen. Biec
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am Donnerstag, den 17. Mai, abends pünktl. 8 Uhr,
im Reſtaurant des Herrn Georg Chriſt, Grafenſtr. 20,
Fürſtenſaal.
Tagesordnung:
. Rechenſchaftsbericht für das Jahr 1922.
2. Bericht des Aufſichtsrates über die Prüfung der Jahresrechnung.
3. Beſchlußfaſſung über die Genehmigung der Bilanz und
Ge=
winnverwendung ſowie über die Entlaſtung der
Verwaltungs=
organe
4. Feſtſetzung der Höchſtkreditgrenze ſowie der Anleheusgrenze
entſprechend dem § 49 des Genoſſenſchaftsgeſetzes.
5. Regelung der Sitzungsgelder des Aufſichtsrates.
6. Ergänzungswahl des Aufſichtsrates. Es ſcheiden aus die Herren
Georg Rühl, Juſtus Weber, Ludwig Werner.
7. Genehmigung eines Penſionsvertrages.
8. Antrag auf Abänderung der §5 48 und 51 der Satzungen (
Er=
höhung des Geſchäftsanteils uſw.).
9. Feſtſetzung des Eintrittsgeldes.
Wir laden unſere Mitglieder mit der Bitte um zahlreiches
Erſcheinen zur Generalverſammlung ein.
Die Jahresrechnung liegt in unſerem Geſchäftsloxal offen,
der gedruckte Geſchäftsbericht wird in den nächſten Tagen verſandt,
Darmſtadt, den 4. Mai 1923.
Der Aufſichtsrat.
H. Wenck, Vorſitzender.
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Aff
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Moutag, den 7. Mai 1923.
Nummer 125.
Landwictſchaft, Gartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen
Pfiege der Saaten.
Von Guſtav Stirner, dipl. agr., Darmſtadt.
Um eine wirkungsvolle Arbeit zu erzielen, iſt es notwendig,
ſich klar zu werden, was man mit der vorzunehmenden Arbeit
zu erreichen beabſichtigt. Bei einer Pflege der Saaten wollen
wir zuerſt noch etwa vorhandene Schollen brechen oder andrücken
und aufgefrorenen Boden feſtigen. Um dies zu erreichen,
be=
nutzen wir am beſten eine Ningelwalze, mit welcher wir den
gewünſchten Zweck am ſicherſten erzielen werden. Zum andern
wollen wir durch eine Pflege der Saat die dem Wachstum
ſchäd=
liche Kruſtenbildung verhindern, da eine Kruſte nicht nur den
Boden von der Luft abſchließt, ſondern auch die
Waſſerver=
dunſtung desſelben ungemein fördert, was ſich in trockenen
Jah=
ren ſehr unliebſam bemerkbar machen kann. Dieſe
Waſſerver=
ſchwendung wird verhindert werden können durch die Schaffung
einer dünnen Schicht lockeren Bodens an der Oberfläche
des=
ſelben. Ferner wollen wir noch durch Saatenpflege das
auf=
gelaufene Unkraut zerſtören und im Boden ungekeimten
Unkraut=
famen zur Keimung bringen. Wenn wir dieſe Unkrautpflänzchen
ſpäter auch nicht mehr vernichten können, ſo werden ſie doch in
den ſeltenſten Fällen zur Samenbildung ſchreiten, da die dichte
Beſchattung durch das Getreide ihre Entwicklung verhindert.
Die Kruſtenbildung und Waſſerverdunſtung zu verhindern, das
Unkraut zu zerſtören, wird am vollkommenſten durch die
Hack=
kultur erreicht. Um aber eine ſolche in ſeinem Betrieb einführen
zu können, iſt die Verwendung einer Drillmaſchine unbedingtes
Erfordernis. Soweit das nicht geſchieht, kann man nur mit der
Egge arbeiten. Drei bis fünf Tage nach dem Walzen kann man
mit der Egge auf das Feld kommen.
Der Weizen iſt bekanntlich für einen Eggenſtrich ſehr
dank=
bar, und wenn er dabei tüchtig mit Erde bedeckt wird, ſo ſchadet
dieſes nichts, im Gegenteil, es fördert nur die Beſtockung. Der
Roggen dagegen wurde früher gar nicht oder ſehr ſelten geeggt.
In neuerer Zeit hat man aber gefunden, daß auch er gegen den
Eggenſtrich nicht ſo empfindlich iſt, wie man früher annahm,
wenn nur der Boden feſt genug abgelagert und der Roggen
etwas im Wachstum iſt. Alſo den Roggen nicht allzu früh eggen!
Die Sommerung, Hafer oder Gerſte, kann bereits vor dem
Auf=
laufen der Saat durch die Walze oder Egge bearbeitet werden.
Wird hierbei der Boden zu loſe, ſo muß eben wieder gewalzt
werden, wie überhaupt bei der ganzen Saatpflege Walze und
Egge zuſammen angewandt gehören.
Aber auch nach dem Auflaufen kann noch bis gegen drei
Wochen nachher geeggt werden, es darf dabei der Boden nicht
allzu locker werden. Aber nicht nur das Getreide, ſondern auch
die Kartoffeln, Bohnen und Erbſen können nach dem Auflauſen
geegat werden, ſie müſſen nur feſt im Boden ſtecken.
Die Futterfelder pflegen wir, um die Grasbüſchel zu
ent=
fernen und den Boden zu lüften; dies erreicht man am beſten
durch ein ſcharfes Durcheggen im Frühjahr oder nach jedem
Schnitt. Eine ſolche Maßnahme iſt bei Luzerne= und
Eſparſette=
feldern ſehr wichtig, um den Graswuchs nicht allzu ſtark
über=
handnehmen zu laſſen, beſonders, wenn man dieſe Pflanzen noch
mit Stickſtoff düngt.
Jeder Landwirt muß ſich im klaren ſein, daß die Walze im
Wechſel mit Egge oder Hacke eins der vorzüglichſten Pflegegeräte
für ſeine Saaten iſt. Als Walze benutzt man, wie bereits geſagt,
eine Ringelwalze, welche in ihrer Schwere dem Boden angepaßt
ſein muß. Zum Eggen benutzt man meiſtens nicht die
gewühn=
liche Ackeregge, ſondern ſogenannte Saateggen, mit zelchen man
eine große Ackerbreite überfahren kann.
Die Arbeitsaufwendungen, die man zur Pflege der Saat
anwendet, machen ſich durch größere Ernte voll und ganz bezahlt.
O
Landwirtſchaft
() Kalidüngung bei Rüben. Alle Rübenarten,
ganz beſonders aber die Futterrüben, ſind ſehr dankbar für die
Zufuhr von Kali und Kochſalz, vorausgeſetzt, daß ſie dieſe
Pflanzennährſtoffe gelöſt und verteilt in der ganzen Ackerkrume
vorfinden, wenn die erſte, die Keimwurzel, nahrungſuchend in
die Tiefe eilt. Deshalb empfiehlt es ſich, die Kaliſalze möglichſt
zeitig auf= und gründlich einzubringen. Allerdings haben in
vielen Fällen ſpäter verabfolgte Gaben auch noch ganz gute
Er=
gebniſſe gezeitigt, das ſind aber Zufallserfolge. Tritt nach
ſpä=
ter Anwendung baldigſt ein durchdringender Niederſchlag ein,
nun, ſo wird dadurch das Verſäumte nachgeholt. Bleibt es aus,
dann bleiben auch die ſpät und oberflächlich verabfolgten
Nähr=
ſtoffe oben liegen. Die faſt allen Knollengewächſen anhaftenden,
meiſt nicht zu weiterer Entwicklung kommenden, aber
vorhan=
denen feinen Würzelchen wittern dann das ihnen naheliegende
Futter, laufen nach dieſem hinaus, zehren davon, werden alſo
dabei auch ſelbſt ſtark und entwickeln ſich damit zu der oft
beklag=
ten „Beinigkeit”, der Knollen bzw. Rüben. Dieſem Uebelſtande
beugt man mit der zeitigen Anwendung der Kaliſalze vor.
Obſi. und Gartenbau
Warum geraten die Zwiebeln nicht? Die
Klagen über mangelhaftes Gedeihen der Zwiebeln ſind ſo häufig,
daß man glauben könnte, der Anbau gerade der Kulturpflanze jei
beſonders ſchwierig. Das iſt indeſſen gar nicht der Fall. Was
hier zu beachten iſt, läßt ſich leicht merken. Die Zwiebel iſt ein
Wurzelgemüſe, und als ſolches verlangt ſie zwar einen guten,
etwas fetten, aber nicht friſch gedüngten und friſch umgegrabenen
Boden. Der Boden ſoll zwar locker und gut zubereitet, nicht
aber ſandig und leicht, ſondern beſſer etwas ſchwer ſein. Näſſe
und feuchte Lage behagen den Zwiebeln durchaus nicht. Iſt der
Boden zu tieſgründig, ſo wachſen die Zwiebeln immerzu,
wer=
den nicht reif und geben mithin auch keine feſten Knollen zum
Aufbewahren. Dasſelbe iſt bei friſch gedüngtem Boden der Fall,
ganz abgeſehen von dem Madenfraß, unter dem die Zwiebeln
dann zu leiden haben. Auf ein Normalbeet von 120 Zentimeter
Breite ſteckt man vier Reihen. Der Abſtand zwiſchen den
ein=
zelnen Zwiebeln beträgt am beſten 15—20 Zentimeter.
Die meiſten Zwiebeln werden aus Steckzwiebeln
herange=
zogen. Dieſe müſſen ſchon im Winter vorbereitet werden. Vor
allem kommt es darauf an, daß ſie trocken aufbewahrt werden. Die
Sitte, die Zwiebeln in den Schornſtein zu hängen und zu
räuchern, hat ihren guten Grund. Dieſe geräucherten Zwiebeln
ſchießen nie in Samen, weil ihnen zu tiel Saft entzogen
zpurde.
Ein häufig begangener Fehler bei der Zwiebelkultur beſteht
darin, daß die Zwiebeln zu tief geſteckt werden. Man darf ſie
nur ſo tief ſtecken, daß ſie eben von der Erde aufrecht gehalten
werden. Dabei entwickelu ſich ſchöne runde Zwiebeln. Werden
ſie zu tief in den Boden eingedrückt, ſo entwickeln ſich die wenig
beliebten Samenſtengel. Weiter iſt nötig, daß das Land ſehr
ſorgfältig zubereitet wird. Je klarer und feiner die Erde geharkt
iſt, deſto mehr ſind die Zwiebeln vor den Schnecken geſchützt.
Große Aufmerkſamkeit iſt der häufigen Bodenbearbeitung zu
widmen; denn nur in lockerem Boden erhält man große
Zwiebeln.
Das Verſtopfen der Gemüſeſämlinge. Sich
ſelbſt überlaſſen, entwickeln ſich die Sämlinge auf den Saatbeeten
ſelten ſo gut, daß man ſie ohne weiteres auspflanzen kann, ſelbit
dann, wenn dünne Saat der einzelnen Pflanze Raum genug
bietet. Sie bilden wenig verzweigte Wurzeln, wachſen lang und
bleiben dünn und ſchwach. Auf die Beete verſetzt, wachſen ſie
ſchlecht an und brauchen lange Zeit, um ſich zu erholen, weni ſie
nicht ganz eingehen. Wer ſolche Verluſte an Zeit und Pflanzeut
vermeiden will, muß die Sämlinge umſetzen, ſobald ſie ſich
be=
rühren. Das tritt bei lockerer Saat etwa bei der Bildung des
zweiten Laubblattes ein. Dieſe Arbeit nennt der Gärtner
Ver=
ſtopfen oder Pikieren.
Man könnte denken, dieſes Verpſkanzen bringe eine unnötige
Störung im Wachstum der Pflanzen mit ſich; der Vorteil der
Bildung eines guten Wurzelballens und der Abhärtung gegen
weiteren Platzwechſel iſt jedoch größer als die kleine Verzögerung
in der Entwicklung. Durch mehrfaches Verſtopfen kräftigen ſich
die Pflanzen nämlich ſo, daß ſie beim letzten Auspflanzen in das
Sommerbeet ſchließlich kaum noch leiden. Das Verſtopfen iſt bei
allen Gemüſearten anwendbar, ausgenommen jene
Wurzelge=
wächſe, die gleich ant Ort und Stelle gefüt weiden, und der
Zwie=
beln, Rettiche, Radieschen und Noterüben. Je nach der Kultur
und der Witterung kozumen die Sämlinge in audere
Miſtbeet=
käſten, in kleine Pflänzkäſten, in einen kalten Kaſten oder auch
ins freie Land. Die Erde des neuen Beetes muß gut gelockert,
nahrhaft und friſch ſein. Man derwendet beim Verpflanzen ein
flaches ſpitzes Hölzchen, nit dem man die jungen Sägnlinge
vor=
ſichtig lockert, damit ihnen die feinen Wurzelfaſern möglichſt
er=
halten bleiben, ſie einzeln heraushebt und im neuen Erdreich ein
Loch macht, das groß und tief genug iſt, um die Wurzeln
unge=
knickt und unverbogen aufzunehmen. Die Erde wird leicht
an=
gedrückt und dann gießt man die Pflänzchen vorſichtig an. Die
Zwiſchenräume wählt man ſo, daß zwiſchen den einzelnen
Pflan=
zen ſo viel Raum bleibt, daß noch zwei ſich einander berührende
Pflanzen darin Platz fünden. Die Pflanzen werden ſo tief
ge=
ſetzt, daß die Keimblätter den Erdboden berühren. An dieſem
Standort bleiben die Pflänzchen, bis ſie ſich wieder gegenſeitig
berühren. Dann verpflanzt wian dorteilhaft zum zweiten Male.
Man wird finden, daß die Pflanzen danz bereits ſchöne
Wurzel=
ballen aufveiſen. Werden die Pflanzen nach dem zweiten
Ver=
pflanzen an Ort und Stelle gebracht, dann erleiden ſie kaum eine
Störung mehr in ihrein Wachstum.
Miſtbeete mit pikierten Pflanzen hält man einige Zeit
ge=
ſchloſſen. Nach ein bis zwei Tagen verrichten die Wurzeln
wie=
der ihre Lätigkeit. Die Pflgnzen zeigen es durch die ſtramme
Haltung an. Jetzt lüften tir wieder, damit die Pflänzchen nicht
lang werden oder vergeilen.
Vieh= und Geflägelzucht
Gefahren bei Aufzucht der Kälber. In
den erſten Tagen nach der Geburt bedrohen drei Krankheiten
die jüngeren Kälber: Der Milzbrand, die Kälberlähme und der
Durchfall.
Beim Milzbrand kaun man von einer Schuld des
Züch=
ters nur inſoweit ſprechen, als das junge Tier oft zu früh aus
dem Mutterleibe mit Gewalt entfernt wird, wo man vielleicht
noch die natürliche Abſtoßung hätte erwarten können. Dabei
treten oft Zerreißungen des Nabelſtranges ein, wobei auch die
dem Nabel naheliegenden Organe in Mitleidenſchaft gezogen
werden, demnach auch die Milz. Die Haupturſache der beiden
anderen Krankheiten bildet falſche Ernährung. In den erſten
Tagen gibt man dem Kalb fünfmal täglich 1—½ Liter Milch
der eigenen Mutter, dann 34 Liter friſch gemolkene, ſtets
kuh=
warme Vollmilch; im allmählichen Uebergang dazu nach 14
Ta=
gen fünfmal einen halben Liter, in der vierten Woche acht Liter,
in der ſechſten Woche 12 Liter Vollmilch. Bei höheren
Milch=
preiſen erfolgt in der 2—6. Woche allmählich der Erſatz von
Vollmilch durch geſchleuderte kuhwarme friſche, bei
Tuberkuloſe=
derdacht gekochte Magermiich unter Zuſatz von 50 Gramm
Lein=
ſamen=, Gerſte=, Hafer= oder Weizenmehl und ſehr wenig Salz
auf je 1 Liter Magermilch. Auch Zuſatz von mit Diaſtaſolin
oder Malz, verzuckerter Kartoffelſtärke oder von Kälberrahm zu
Magermilch hat ſich bewährt. Oft kommt es vor, daß das Kalb,
weil es ſich beim Saufen aus dem Kübel oft ſtörriſch benimmt,
vom Dienſtperſonal einfach ungefüttert ſtehen gelaſſen wird, ſo
daß es bei der nächſten Fütterung zu viel und zu ſchnell ſäuft,
die zu große Menge nicht verdauen kann und krank wird. Die
unverdauten Stoffe zerſetzen ſich, gehen in Fäulnis über und
vergiften das Blut. Oft bekommen auch die Tierchen die
erſt=
gemolkene Milch nicht, die aber gerade ſehr dienlich iſt infolge
der abführenden Wirkung, die das Mutterpech aus dem Körper
treibt. Viele Züchter geben dem Kalb aus Vorſicht zu wenig Milch,
wälrend andere die Tiere überfüllen und dadurch die
Kälber=
lähme hervorrufen. Auch das Verdünnen der Milch mit
Waſ=
ſer. Zuckerwaſſer, Tee, ſchwarzem Kaffee iſt zu verwerfen. Das
geſunde Kalb bedarf unverdünnter Vollmilch, friſchgemolken, noch
lauwarm: höchſtens vermenge man ſie mit einem Drittel
Flachs=
ſcmenſchleim, wenn ſie wirklich zu fett ſein ſollte. Nur älteren
Saugkälbern miſche man bei Durchfall die Milch mit ſchwarzem
Kaffee und Kirſch, bei Verſtopfung mit einem Drittel
Zucker=
waſſer. Man gebe aber die Milch ſtets lauwarm. Da Salz
Ver=
dauung fördernd und knochenbildend wirkt, gebe man von der
vierten Woche an der Milch eine Prife Salz bei. Ein Siebentel
des Körpergewichts ſei die tägliche Milchration, die alſo mit dem
Wachstum zu ſteigen hat. Vollſtändig zu Mehltränken
überzu=
gehen, empfiehlt ſich erſt in der 12. Woche. Manche geben den
Aufzugkälbern bis zu einem Vierteljahr ausſchließlich Milch.
was natürlich teuer wird, aber durch ſpätere dementſprechend
höhere Nutzungsleiſtungsfähigkeit wettgemacht wird.
W.Br. Das Waſſerbedürfnis der Ziegen. Eine
Ziege, die nicht ſäuft, gibt wenig Milch, denn neben den feſten
Futterſtoffen brauchen die Ziegen auch Getränke. Ihr
Waſſer=
bedürfnis iſt um ſo größer, je mehr Bewegung die Tiere ſich
machen. Tränkwaſſer ſoll ein reines, klares Grund= (Brunnen=)
oder Quellwaſſer ſein, das genügend Luft enthält, und reich an
Mineralſalzen, dabei aber nicht zu hart iſt. Der tägliche
Waſſer=
bedarf richtet ſich nach dem Alter der Ziegen, ihrem
Ernährungs=
zuſtande, dem Waſſergehalt der Futterſtoffe, nach der Tages= und
Stallwärme u. auch nach dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft.
Jung=
ziegen brauchen mehr Waſſer als alte; bei heißem, trockenem
Wetter und bei Trockenfütterung iſt das Waſſerbedürfnis größer
als im Winter und bei Grünfütterung. Das Waſſer darf nicht
zu kalt ſein, ſonſt ſtellen ſich infolge ſtarker Abkühlung des
Ma=
gens leicht Verdauungsſtörungen ein. Der zuträgliche
Wärme=
grad iſt 12—13 Grad Celſius. Ziegen, die zu wenig Waſſer
er=
halten, werden matt, magern ab, die Verdauungsſäfte verdicken
ſich, und es entſtehen Verdauungsleiden, die beſonders bei großer
Hitze gefährlich werden können. Doch hat ein Uebermaß an
Waſſeraufnahme dieſelben nachteiligen Folgen.
Das Tränken geſchieht gewöhnlich vor oder nach der
Futter=
aufnahme. Am vorteilhafteſten iſt es allerdings für die Tiere,
wvenn man die Waſſeraufnahme ihrem Belieben überlaſſen kann.
Ob das Tränken vor oder nach der Verabreichung des
Trocken=
futters erfolgt, iſt auf die Verdauung ohne Einfluß. Nur darf
es nicht erſt mehrere Stunden nach der Fütterung geſchehen, da
unter dieſen Umſtänden die Magenſäure ſehr verdünnt und die
Verdauung verzögert wird. Nur bei Verabreichung ſchwer
ver=
daulicher und blähender Futterſtoffe, wie z. B. älterer
Klee=
pflanzen, oder jungen ſtickſtoffreichen Grünfutters, muß vorher,
und dann erſt wieder einige Stunden nach der Fütterung getränkt
werden.
Das Griesheimer Haus.
Von
Ernſt Elias Niebergall.
(Nachdruck verboten).
Unter dem vormaligen ſogenannten weißen
Dragoner=
regiment”), aus deſſen in den Dörfern Arheilgen, Wixhauſen,
Erzhauſen, Gräfenhauſen und Weiterſtadt verteilt gelegenen
Schwadronen ein wöchentliches Kommando nach Kranichſteint),
woſelbſt Ludwig der Achte bekanntlich meiſtens wohnte, als
Wache detachiert wurde, ſtand ein Rittmeiſter namens Fuchs”),
welcher früher unter dem preußiſchen Militär gedient hatte.
Dieſer Mann, der ſchon im erſten Schleſiſchen Kriege”) unter
dem König Friedrich der Zweite ſich einen Orden verdient hatte
und mit großer Entſchloſſenheit und Geiſtesgegenwart
aus=
gerüſtet war, ſoll bei den Erzählungen des damals zur
Tages=
geſchichte gewordenen Spukes öfters geäußert haben, er wolle
zuverläſſig der Sache baldigſt auf den Grund kommen, wenn der
Landgraf ihm nur die Erlaubnis dazu erteilen und die desfalls
nötigen Mittel bewilligen würde. Der Zufall kam ſeinem
Wunſche entgegen. Cinſt, als er das Kommando im
Kranich=
ſteiner Jagdſchloſſe harte, ließ ihn der Landgraf, der von ſeinen
Aeußerungen unterrichtet worden war, vor ſich kommen und
fragte unter anderem nach den Mitteln, wodurch er dem Spuk
ein Ziel ſetzen zu können vermeine. Man wird begierig ſein,
dieſe zu vernehmen: beſtanden ſie vielleicht in Amuleten und
geweihten Kerzen, in Beſchwörungsformeln oder Kapuzinern?
Nein, von allem dieſem wollte unſer Rittmeiſter nichts: er erbat
ſich vielmehr — der Freigeiſt — nur zwanzig ſchnurrbärtige
Dragoner, die er unter der ganzen Mannſchaft des Regiments
ſelbſt ausleſen und beſonders inſtruieren dürfe, und — auch
hierin wich er von dem Gebrauch anderer Geiſterbanner ab,
die ſich durch Faſten zu ihrem gefahrvollen Werke vorzubereiten
pflegen — er bat noch ferner für ſeine Mannſchaft um eine zur
Beſtehung des Abenteuers angemeſſene Quantität von Viktualien
und geiſtigen Getränken. Man erſieht hieraus, daß der
Ritt=
meiſter ein vernünftiger Mann war, welcher glaubte, es mit
Geſpenſtern von Fleiſch und Bein zu tun zu haben, die man
daher auch mit fleiſchlichen Waffen bekämpfen müſſe; und dieſe
Vermutung war nicht ohne Wahrſcheinlichkeit, da ſich in jenen
Zeiten gar mancherlei Geſindel im heiligen römiſchen Reich
DHm.
war, wie das ehrlichſte Geſpenſt. Der Landgraf mochte derſelben
Anſicht ſein, denn er bewilligte das Erbetene auf der Stelle,
einpfahl aber dem Ritmeiſter zur Vermeidung möglichen Unglücks
alle Vorſicht. Dieſe Unterredung war mehrere Zeit lang ganz
geheim gehalten; unſer Manuſkript ſagt: „man weiß aber nicht,
narum!”. Wir erlauben uns jedoch die beſcheidene Mutmaßung
aufzuſtellen, daß dies geſchehen ſei einesteils, um das geſpenſtige
Geſindel nicht zu erhöhter Vorſicht zu veranlaſſen, andernteils,
um dem Rittmeiſter die Wahl nicht ſchwer zu machen, weil
vor=
auszuſehen war, daß, wenn das beabſichtigte Unternehmen
bekannt wurde, bei den lockenden Ausſichten das weiße Negiment
einmütig, bis auf den letzten Mann, als geiſterbannende
Heer=
ſchar hätte auftreten wollen, was doch nicht tunlich war.
Als der Zeitpunkt zur Ausführung heranrückte, wählte
Rittmeiſter Fuchs zwanzig Dragoner, welche er für die
zuver=
läſſigſten und beherzteſten hielt, machte ſie im allgemeinen mit
dem Vorhaben bekannt und ließ jedem derſelben die Wahl, ob
er ſich der nächtlichen Expedition anſchließen oder davon
zurück=
treten wolle. Da ſich indeſſen keiner losſagte, ein jeder im
Gegen=
teil ſeine Freude darüber zu erkennen gab, ſo erließ er ungefähr
folgende Inſtruktion:
„Keiner darf den ihm angewieſenen Poſten vor der
ange=
ordneten Ablöſungszeit verlaſſen, mag ihm auch erſcheinen und
begegnen, was da wolle. Auf jedes ſich nähernde Weſen, welches
auf den Zuruf „Wer da!” nicht ſogleich antwortet, wird mit dem
Karabiner Feuer gegeben. Alle meine ſonſtigen Befehle müſſen
auf das ſtrengſte befolgt werden; wer ſich nur der mindeſten
Inſubordination ſchuldig macht, wird augenblicklich von mir
niedergeſchoſſen uſw.”
Alle gelobten gern, das Gebotene treu zu befolgen, auch ſich
einander nicht zu verlaſſen, ſondern in etwaiger Gefahr feſt
zu=
ſammenzuhalten. Geſpenſter, welche nach ſolchen Vorbereitungen
ſich dennoch zu produzieren wagten, handelten unſerem Bedüuken
nach ſehr unbeſonnen: Der Verlauf unſeres Berichts wird aber
zur Genüge zeigen, — daß Dragoner nicht minder ſchlechte
Geiſterbauner ſind, als ſie zur Zeit Ludwigs des Vierzehnten
ungeſchickte Ketzerbekehrer”) waren.
An einem ſchönen Herbſtmittag ſaßen die Dragoner im
Griesheimer Jägerhaus beiſammen. Sie hielten ſich weidlich an
die Viktualien und geiſtigen Getränke, ſangen mitunter ein
ftohes Lied, erzählten von mancherlei ſelbſt erlebten oder in
HHm H
Witz über das heute Nacht zu erwartende Abenteuer, welches
wohl keinem von ihnen den Hals koſten werde. Ihr
Komman=
dant, Rittmeiſter Fuchs, war ſehr zufrieden mit der guten
Ge=
ſinnung, welche ſeine Mannſchaft beſeelte, hatte jedoch nicht
unterlaſſen, für alle zur Erreichung ſeiner Abſicht nötige
Maß=
regeln die genaueſte Sorge zu tragen. Er hatte alle Gemächer,
alle Winkel und Kamine im Haus bis unter das Dach hinauf,
ja ſelbſt die Schornſteine, ſorgfältig viſitiert und nur einige
Fledermäuſe aufgeſtört, ohne irgend etwas Verdächtiges entdeckt
zu haben; er hatte ſodann alle oberen Teile des Hauſes
ver=
ſchloſſen und die abgezogenen Schlüſſel an einem ſicheren Orte
ſelbſt verwahrt, denn er hatte nur den unteren Stock für ſich und
ſeine Leute auserſehen. Die nach hinten führende Haustüre,
welche um Mittag geöffnet worden war, ward nach einigen
Stunden verſchloſſen und innerhalb verriegelt; auch der Keller
wurde unterſucht und nachdem nichts Verdachterregendes darin
wahrgenommen worden war, abgeſchloſſen. Hiermit begnügte
ſich der Rittmeiſter jedoch nicht, ſondern beſuchte auch, nachdem
das Haus gleichſam geſperrt war, den dasſele umgebenden
Waldbeſtand bis zu einer anſehnlichen Entfernung, ſah hinter
jeden Buſch und Baum in der Hoffnung, einen verkappten Geiſt
an den Haaren hervorziehen zu können, mußte jedoch
unterrichte=
ter Sache zurückkehren, und ärgerte ſich ſchon im Stillen, daß er
wohl am anderen Morgen ſeinen Rapport in Kranichſtein mit
den Worten: „Alles richtig, Herr Landgraf” werde beginnen
müſſen.
(Fortſetzung folgt.)
15) Das „Haus und Gut” Kranichſtein erwarb Georg I., der
Begrün=
der der Heſſen=Darmſtädtiſchen Linie, im Jahre 1571 und ließ daſelbſt
1597 einen neuen Bau errichten. Landgraf Ernſt Ludwig nahm 1690
und 1697 weitere Umbauten vor. Das Schloß war, der regelmäßige
Wohnſitz Ludwigs VIII.
12) Die am 1. Oktober 1731 errichtete und am 28. November 1768
aufgelöſte Eskadron Garde de Dragons, deren Uniformen weiß waren.
10 Vermutlich Geora Nikolaus Fuchs, der am 8. Juni 1763 Leutnant
im Landhuſarenkorps und am 19. Juni 1769 kaſſiert wurde.
1) Daß Fuchs den zweiten ſchleſiſchen Krieg (1744—1745) mitgemacht
habe, iſt ein Zuſatz Niebergalls, nach Bekker diente Fuchs früher „im
königlich preußiſchen Militär”
12) Ludwig IIV. von Frankreich ſuchte ſeit 1681 die Proteſtanten
ſeines Reiches zum Katholizismus zurückzuführen, indem er ſie durch
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goner, die in proteſtautiſchen Orten und Häuſern einquartiert waren,
ſo lange peinigen ließ, bis ſie von ihrent Bekenntnis abfielen.