Darmstädter Tagblatt 1923


09. April 1923

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Rt

Einzelnummer 130 Mark

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
K.
Morgenzeitang ver Lanveshaupfſtadt

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Nummer 92

Montag, den 9. Aprit 1923

186. Jahrgang

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Rabatt wes.

Die Lage in Memel.
Anterdräckung des deutſch=litauiſchen Heimatbundes.
Verhaftungen.
Memel, 8. April. (Wolff.) In einer Verordnung gibt der
Stellvertreter des oberſten Bevollmächtigten der litaui=
ſchen
Regierung bekannt, daß der Deutſch=Litauiſche
Heimatbund für die Dauer des Ausnahmezuſtandes unter=
drückt
ſei. Dieſer Bund ſei nachweislich der Führer des Streiks.
Ferner wird durch eine Verordnung der Straßenverkehr
für die Zeit von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verboten.
Ale Gefchäſte müſſen am Montag wieder geöffnct ſein. Die Ge=
ſchäftsräume
des Deutſch=Litauiſchen Heimatbundes wurden
durchſucht, der Vorſitzende Orlowski und der Geſchäfts=
führer
des Bundes wurden feſtgenommen.
Auch in Heydekrug wurden Verhaftungen vorge=
nommen
, doch verſuchte die Menge durch Demonſtrationen vor
dim Polizeikommiſſar die Freilaſſung der Verhafteten zu er=
wirken
.

Vom Tage.

Am geſtrigen Sonntag fand im Großen Schauſpielhaus in Berlin
zugunſten des Oberſchleſiſchen Hilfsbundes eine Feſtveranſtaltung ſtait,
die ſich eines guten Beſuchs erfreute und gute Aufnahme fand. Ven
offiziellen Perſönlichkeiten waren anweſend Reichstagspräſident Lübe,
Wohlfahrtsminiſter Sieverts, Dr. Sorge, Exzellenz Schiffer, Dr.
Fulda, ſowie die beiden Vorſitzenden des Oberſhlefiſhen Hilfsbundes,
Landgerichtsdirektor Szyla und Dr. Reichenheim.
Halbamtlich wird mitgeteilt: Der Polizeipräſident von Berlin hat
die Rote Fahne für die Dauer von zui Wochen verboten. Das Ver=
bot
ſtützt ſich auf die 88 21 und 17 in Verbindung mit § 8 Ziffer 1 des
Geſetzes zum Schutze der Republik. Der Berliner Polizeipräſident hat
ferner dee in dem gleichen Verlage wie die Rote Fahne erſcheinenden
kommuniſtiſchen Provinzblätter verboten.
In der Nacht zum Sonntag wurde in Memel das Denkmal
Kaiſer Wilhelms I. und das Standbild der Boruſſia um=
geſtürzt
.

Feſtbleiben.

Präſident Millerand empfing am
Jagdſchloß Rambouillet Loucheur.

amstag nachmrittag im

Falſche Gerüchte.

Berlin, 8. April. (Wolff.) Gerüchte die an der Waſſer=
kante
und in amerikaniſchen Häfen verbreitet ſind, wollen wiſſen,
daß den deutſchen Auswanderern aus Gründen mili=
täriſcher
Dienſtpflicht von den zuſtändigen deutſchen
Stellen die Päſſe verweigert werden. Selbſtverſtänd!i,
iſt daran nicht das Geringſte wahr, vielmehr beſteht ge=
mäß
des Friedensvertrages und der Verfaſſung für keinen
deutſchen Reichsangehörigen die militäriſche Dienſtpflicht, ſs eit
ſie nicht freiwillig durch Eintritt in die Wehrmacht ein=
gegangen
wird, und daher auch weder eine Möglichkeit noch eine
Veranlaſſung, aus dieſem Grunde jemandem Auswanderungs=
erlaul
nis zu verſagen.

age am

Die Stimmung in Rheinheſſen.
Alzey, 8. April. Hier ſind nunmehr faſt alle Lehrer
ausgewieſen, darunter guch die Lehrerin Frl. Pöpper=
ling
, die Vorſtandsmitglied in der heſſiſchen demokratiſchen
Parteiorganiſation iſt. Ein Lehrer wurde während der Konfir=
mation
ſeines älteſten Kindes aus der Kirche geholt und ſofort
abgeſchoben. Am zweiten Oſterfeiertage wurde wiederum eine
Menge von Perfönlichkeiten ausgewieſen. Als ſie abtransportiert
wurden, brach die Menge in Hochrufe auf die Vertriebenen aus.
Die Stimmung in Rheinheſſen iſt infolge der Ausweiſungen er=
regt
, aber geſchloſſen und einheitlich. Niemand fragt mehr nach
Parteiunterſchieden. Die gegenſeitige Hilfsbereitſchaft iſt all=
gemein
.
Rüſſelsheim, 8. April. Die Franzoſen haben in
den Opeliverken in Rüſſelsheim 100 Fahrräder requiriert und
nach Mainz geſchafft.

R
Hahnhofsbeſetzungen.

Münſter i. W., 8. April. (Wolff.) Heute früh beſetzten die
Franzoſen die Bahnhöfe Herne, Herne= Güterbahn=
hof
, Marten, Caſtrop, Merklinde und den öſtlichen
Teil des Bahnhofs Wanne, ſo daß jett der Perſonenverkehr
von Dortmund nur bis Rauxel geleitet wird und der zu den
weſtlichen Bahnhöfen nur bis Langendreer.
Neue Zechenbeſetzungen.
Münſter i. W., 8. April. (Wolff.) Geſtern wurden die
Anlagen der Zeche Waltrop beſetzt und bisher noch nicht
wieder geräumit. Heute früh wurden die Zechen Schwerin
und Erin in Caſtrop beſetzt. Auf der erſtgenannten Zeche
beſetzten die Franzoſen das Maſchinenhaus und ſtellten die
Sirenen ab.
Dortmund. 9. April. Wie gemeldet wird, haben die
Franzoſen die Emſchertalbahn von Dortmund nach Herne
beſchlagnahmt. Den Eiſenbahnern wurde ein Ulti=
matum
bis Montag g ſtellt, wo ſie zu erklären haben, ob ſie
in franzöſiſche Dienſte treten wollen, widrigenfalls ſie des Dien=
ſtes
verwvieſen würden und auch ihre Dienſtwohnungen zu räu=
men
hätten. Vermutlich kommt es den Franzoſen bei dieſer Ak=
tion
darauf an, eine Linie, die mitten durch das Ruhrgebiet geht
und an der zahlreiche Zechen liegen, zur Verfügung zu haben,
um von hier aus eine Ueberleitung zur militäriſchen Strecke nach
Recklinghauſen zu haben.
Dortmund, 9. April. Die Franzoſen haben am Sonntag
morgen die Zeche Bonifatius des Eſſener Bergwerksver=
eins
beſetzt. Am Kokslager ſtellten ſie ein Maſchinen=
gewehr
mit Schußrichtung gegen die Kokerei auf.
Darauf legte die Arbeiterſchaft ſofort die Arbeit nieder. Man
rechnet damit, daß heute auch die Belegſchaft der Grube in den
Streik tritt.
Auf der Zeche Bergmannsglück ſind zur Zeit etwa 100 bis
150 franzöſiſche Zivilarbeiter mit dem Aufladen der Koksvorräte
beſchäftigt. In den erſten drei Tagen haben ſie etwa 980 Tonnen
au geladen und zum Teil auf die militariſierte Nordſtrecke über=
geleitet
. Trotz der geringen Menge ſind aber die Eiſenbah=
nen
der Regie ſchon in ſolche Verwirrung und Ver=
ſtopfung
geraten, daß das Aufladen auf der Zeche Berg=
mannsglück
eingeſtellt werden mußte. Angeblich ſollen Anfang
nächſter Woche neue Arkeitskräfte kommen.
Verurteilt.
Münſter i. W., 8. April. (Wolff.) Polizeiinſpektor Kern
aus Wetter a. d. Nuhr iſt zu zwei Jahren Gefängnis
und drei Millionen Mark Geldſtrafe verurteilt wor=
den
, weil er einen falſchen Paß für einen aus Wetter gebürtigen
Polizeiwachtmeiſter nach Eſſen ausgeſtellt hatte. Der letztgenannte
Beamte wurde zu drei Jahren Gefängnis und zwei
Millionen Mark Geldſtrafe verurteilt=

Bonar Law iſt wieder nach London zurückgerehrt. Es wird
erſvartet, daß das Unterhaus Anfang dieſer Woche die Hanshalts=
vorſchläge
erörtern wird.
Die Verhältniſſe in der engliſchen Anduſtzie geben Anlaß zu Be=
ſorgnis
. Durch die von den Arbeitgeßern des Baugeweibes ge=
aßten
Beſchliſſe werden 500 000 Arbeiter in Mitleiden=
ſchaft
gezogen. Wenn die Herabſetzung der Kriegszulage für die
rbeiter der Ciſenbahnwerkſtätten durchgeführt wird, muß mit einem
Generalſtreik der Eiſenbahner gerechnet werden.
Aiatlich wird aus Dublin gemeldet: Bei einem Kampf zwi=
ſchen
Aufſtändiſchen und Freiſtaattruppen in
Glenca; (Kerry) wurden neun Aufſtändiſche getötet und eine große
Zlenge Munition erbeutet. Der iriſche Miniſter des Auswärtigen er=
klärte
, es würden wöchentlich zveihundert Gefangene eingebracht; die
Zahl der Aufſtändiſchen betrage höchſtens noch 2500.
und Mn der kagt.
Franzöſiſcher Sadismus.
Köln, 7. April. (Wolff.) Auf der Eiſenbahnſtrecke in der
Nähe von Kettwig wurden nach franzöſiſchen Angaben die
Schienen aufgeriſſen. Deshalb wurden in Kettwig als Geiſeln.
feſtgenommen: Zeitungsverleger Feſtmann, Hauptnann
Weſtfall und Peter Niederdorf und dazu in Werden der
Bürgermeiſter Brever. Die Herren befinden ſich unter ſtän=
diger
Kontrolle, müſſen mit franzöſiſchen Zügen auf der Strecke
Werden-Düſſeldorf hin= und herfahren und haben keine Ge=
legenheit
, Eſſen einzunehmen oder des Nachts zu ſchlafen. Das
Rote Kreuz hatte angeboten, Betten und Speiſen zur Verfügung
zu ſtellen, was aber der franzöſiſche Kommandant mit dem Be=
merken
ablehnte, die Deutſchen verübten Sabotageakte, und des=
halb
könne keine Rückſicht auf Geiſen genommen werden.
Holzbeſchlaggabme in badiſchen Häfen.
Karlsruhe, 8. April. (Wolff.) Am geſtrigen Samstag er=
ſchienen
franzöſiſche Beauftragte bei der Hafendirek=
tion
Karlsruhe und bei den deutſchen Unterdelegierten der
internationalen Schiffahrtskommiſſion in Mannheim und er=
klärten
, daß ſämtliche Holzbeſtände in den Häſen Karls=
ruhe
und Mannheim beſchlagnahmt ſeien. Sie legten gleich
auch den Entwurf eines Protokolls über die Beſchlagnahme vor,
doch lehnten die deutſchen Beamten es ab, das Schriftſtück zu
unterzeichnen.
Franzöſiſche Zollſiellen in deutſchen Rheinhäfen
Berlin, 8. April. Da gegen die Beſatzungsbehörde
im Ausland der Vorwurf erhoben worden iſt, daß ſie die
Rheinſchiffahrtsakte verletze, haben die franzöſi=
ſchen
Zollſtellen, wie die Deutſche Allgemeine Zeitung
berichtet, ihre Kontrolltätigkeit in die deutſchen Rhein=
häfen
verlegt, wo ſie das Ausladen der Schiffe nur dann ge=
ſtatten
, wenn ihnen die Schiffspapiere vorgelegt werden. Die
Hüttenwerke ſehen ſich daher gezwungen, auf die Erzein=
fuhr
zu verzichten; ſie verfügen aber über einen ſolchen
Vorrat an Erzen, daß die Frage der Erzverſorgung vorläufig
nicht akut iſt.
Vor neuen Konfexenzen.
Paris, 8. April. (Wolff.) Der Petit Pariſien
ſchreibt: Man darf erwarten, daß Poincaré ſehr bald mit
den alliierten Miniſterpräſidenten zuſammenkom=,
men wird. Die erſte Zuſammenkunft könnte ſchon in den näch=
ſten
Tagen zwiſchen Poincaré und den belgiſchen Miniſtern
Theunis und Jaſpar ſtattfinden. Poincaré legt Wert dar=
auf
, zuerſt den belgiſchen Verbündeten über die Lage zu unter=
richten
. Auch die italieniſche Regierung wird, nach dem
Petit Pariſien, auf dem Laufenden gehalten. Sie werde auch
aufgefordert werden, an den Vorbereitungen für die Aus=
arbeitung
eines gemeinſamen Neparations=
planes
auf der von der ſranzöſiſchen Regierung vorgeſchlage=
nen
Grundlage teilzunehmen. Erſt hiernach würden Verhand=
lungen
zwiſchen den Franzoſen, den Belgiern und den
Italienern einerſeits und den Engländern andererſeits
eingeleitet werden.

Von unterrichteter Seite wird uns geſchrieben:
Der wider jedes Recht und Geſetz erfolgte bewaffnete Ein=
riſch
in da3 .zccist uſſ. hät auch für das nach dem Rhein=
landahiozurzen
bereits beſetzt geweſene deutſche Gebiet neue
ſchwere Fo’gen gezeitigt. Die feindlichen Bedrückungen wurden
und werden ohne Bindung an die bereits allzu weiten Grenzen
des erpreßien Abk mmens ſeitens der feindlichen Leitung ohne
die g:773ſte:: hemerkbaren Gewiſſensfkrupel auf das denkbar
höchſte Müz geſteigert. Waren doch die Drahtzieher der Grande
Rat’on bitier enstünſcht, als ſie bei Celegenheit der gerichtlichen
Verhaublungen gegen führende Ruhrleute in Mainz erfahren

dem Eefühl der Einzel=Stammeszugehörigkeit ſteht heute in
allen unſeren Eauen das Zeſußtſein des Deutſchſeins. Deutſch
iſt Deutſch und Deutſch bleibt Deutſch! Der früher ſo ver=
lockende
und oft ſo erfolgreich ausgenutzte Weg des Teile und
herrſche findet hier ſeine Erenzen. Ueber allen Deutſchen ſcheint
eine Sonne. Vor ihren heißen Strahlen wird die ſeindliche
Kälte zergehen, ehenſy wie der Punktquadrat=Schneemann,
der vor einiger Zeit auf einem bekannten Platze in unſerem
heſſiſchen Seimatland über Nacht entſtanden war, dahinſchmolz
vor den Strahlen der großen Himmelsſonne. Dieſe ſcheint über
Recht und über Unrecht. Das Recht iſt ein Fels, das Unrecht
ein Schneehaufen. Das große in dem ſich jetzt abſpielenden
Kampfe des Uinrechts wider das Recht iſt die in der Welt=
geſciete
neue Tatſache, daß ein greßes Volk die Geduld und die
Kraft aufbringt, dem bewaffnet audringenden kalten Unrecht in
feſter Geſchlofſenheit heiß und ſtill die Glutſtrahlen des Rechts
entgegenzuſetzen und im Beſvußtſein ſeiner guten Sache zu
dulden und auf gewaltſame Abſwehr zu verzichten.
Eine ſolche Kraft haben ſie uns nicht zugetraut, an ihr müf=
ſen
alle Angriffe zerfließen, da es nicht gelingt, den Abwehrblock
zu ſprengen. Dieſe Erkenntnis iſt ihnen längſt aufgegangen,
die ſich bisher nur verbrannt haben. So iſt ihr Beſtreben,
unter Zuhilfenahme jeder Art von Unrecht die Bevölkerung zu
plagen und gegeneinander aufzuhetzen, durch die im großen
Kriege ſo erfolgreich erprobte Lügentaktik Mißtrauen zu ſäen,
einzelne Stände, Berufe uſw. abzubröckeln und gegen die andern
einzunehmen. Die Unterbindung und Störung des Eiſenbahü=
verkehrs
iſt dazu ein Mittel. Ferner ſcheute und ſcheut man ſich
auch nicht, unter allen möglichen erdichteten Gründen gegen
jedes Vöikerrecht den Poſt= und Telegraphenverkehr lahmzu=
legen
, um die Einwohnerſchaft zu ſchädigen und zu preſſen. Geß
rade in dem abkommengemäß beſetzten Gebiet (im Gegenſatz zum
Einbruchsgebiet) iſt hierbei die Stellung der Beamtenſchaft Lob=
pelt
ſchwierig. Das Rheinlandabkommen mit ſeinen Folgerun=
gen
muß noch beachtet werden, wir erkennen auch dieſe Art Recht
an. Nur die Abwehr derjenigen Maßnahmen, die mit dem völlig
rechtstvidrigen Einbruch zuſammenhängen, kann zurzeit rechts=
mäßig
erfolgen. Das iſt bei allen Handlungen und Unter=
laſſungen
gerade der Beamten im beſetzten (ſogenannten alt=
beſetzten
) Gebfet zu beachten. Aus dieſen Schwierigkeiten ſind
alich etſaige im Anfang hier und da gemachten falſchen Griffe
erklärbar, aus denen die Geguer ſofort Nutzen zu ziehen ſuchten.
Aber auch aus dieſen Fehlern iſt gelernt worden. Wo das Recht
bewußt auf unſerer Seite ſieht, da erfolgte und erfolgt üßerall
glatte Abwehr des Unrechts. Ihre gleisneriſchen Behauptun=
gen
, daß alle ihre Maßnahmen beileibe nicht dem deutſchen Volk
gelten, ſondern nur gegen die Regierung gerichtet ſind, wieder=
holen
die Eindringlinge in tauſendfältiger Form immer wieder.
Durch Spitzel, Maueranſchläge, bezahlte und erzwungene Ver=
öffentlichungen
uſw., verſucht man gleichzeitig, die Allgemeinheit
gegen die Poſt= uſw.=Beamtenſchaft aufzuhetzen. So hat män
auf einem Fernſprechamt angeſchlagen: Die Beamten gehen
einfach von ihren Arbeitsplätzen, unbekümmert darum, ob die
Wirtſchaft zuſammenbricht. Sie wiſſen ja, wenn ſie ausgewieſen
werden, ſo ſorgt die Regierung dafür, daß ſie ſich auf Staats=
koſten
mäſten können uſw. Das iſt ſelbſtverſtändlich bewußte
Unwahrheit.
In der Tat liegt es ſo, daß die Beamten ihre Pflicht tun
bis zum Aeußerſten und, ſobald ſie unrechte Zumutungen im
Belang der deutſchen Sache abweiſen, gewaltſam vertrieben
werden. Die leitenden Beamten, die Führer, werden mit ihren
Familien in brutalſter Weiſe hinausgeworfen und beſtraft.
An ihre Stelle treten neue. Die übrige Beamtenſchaft arbeitet
underdroſſen weiter, wo ſio nicht unter Anwendung roher Ge=
walt
entfernt, oder ihr die Rückkehr zur Arbeitsſtelle unmöglich
gemacht wird. Sellſtverſtändlich können deutſche Beamte nur
für die deutſche Sache arbeiten und ſich auch nicht durch honig=
füße
Verlockungen oder geſchickteſte Verdrehungen dazu verleiten
laſſen, ſich unter feindliche Führung zu ſtellen. Alle Beamte, die
gewaltſam außer Amts geſtellt worden ſind, ſehnen nichts mehr
herbei, als wieder in die Lage verſetzt zu werden, ihre Berufs=
pflichten
an dem ihnen zukommenden Platz voll erfüllen zu kön=
nen
. Sie arbeiten überall da, wo ſie von ihrer Regierung hin=
geſtellt
werden, und wo man ihrer hedarf. Sie erdulden alle
Widerwärtigkeiten, trotzen den Gefahren und müſſen hier und
da auch noch die Anwürfe bezahlter Spitzel hinnehmen. Dieſe
mögen ſich mit ihren Auftraggebern ſeinerzeit rechtzeitig ent=
fernen
! Die deutſchen Behörden legen die Hände nicht in den
Schoß, es geſchieht alles, um das Unrecht durch das Recht zu
beſiegen, rohe Gewalt iſt nicht am Platze. Es wverden alle
irgendwie gangbaren Wege benutzt, um die Verkehrsnot zu lin=
dern
. Feſt bleiben und nicht mürbe werden
iſt alles!

105 Millionen Mark Geldbuße.
TU. Eſſen, 8. April. Für die Ermordung des franzöſiſchen
Soldaten Schmidt, der am 18. März in einem Keller des Haupt=
bahnhofs
erſchoſſen wurde, iſt der Stadt Eſſen, ohne daß die
Mordtat überhaupt aufgeklärt iſt, eine binnen zehn Tagen zähl=
bare
Geldluße ven 105 Millionen Mark auferlegt worden. Für
die Zahlung werden haftbar gemacht: Beigeord=
neter
Bode, Beigeordneter Küppers und Beigeordueter Dr.
Hüttner. ,

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt, Mottag, den 9. April 1923

Rummer 97.

Seite 2.

Das Pendeln der Indexzahlen.
Von
Dr. Walter Croll, Berlin.

Wie ſchion im Namen Judex=Zahl liegt, wird durc eine
folche Zahl angezeigt, wie ſich gewiſſe wirtſchaftliche und finan=
zielle
Tatſachen im Laufe der Zeit verändert haben. An den
Judexzahlen für den Monat März kann man mancherlei er=
tennen
; verfehlt wäre es jedoch, wollte man nach dieſen Zahlen
einen genauen Bericht über den Geſundheitsſtand der deutſchen
Wirtſchaft und der deutſchen Finanzen entwerfen. Es liegt auf
der Hand, daß ein ſchwerer Fieberaufall nicht dadurch über=
wunden
wird, daß die Körpertemperatur des Kranken durch eine
Aſpirintablette vorübergehend geſenkt wird. Da es ſehr ſchwer
iſt, die Rolle zu beſtimmen, in welcher gewiſſe künſtliche Ein=
wirkungen
von behördlichen Stellen und auch pſychologiſche Ein=
flüſſe
den natürlichen Gang der Dinge abändern, wird man
durch eine bloße Erläuterung der Indexzahlen noch kein völlig
zutreffendes Bild der Lage gewinnen. Immerhin laſſen ſich
gewiſſe Entwicklungen aus den Indexzahlen ableiten bezw. be=
legen
.
In ununterbrochenem Steigen waren begriffen: der Papier=
geldumlauf
und die ſchwebende Schuld des Reiches. Im Monat
März hob ſich der Umlauf an Banknoten und Darlehenskaſſen=
ſcheinen
von rund 3½ auf über 5 Billionen; der Betrag in dis=
kontierten
Reichsſchatzwechſeln (ſchwebende Schuld) hob ſich
von Ende Februar bis zum 20. März von 3,6 auf 5,8 Billionen.
Zum Teil recht lebhafte Schwvankungen wieſen die Deviſenkurſe,
der Großhandelsindex und der Aktieninder auf. Der Dollar hat
im Monat März den Stand von 19500 Mark nicht unter=, den
Stand von 22000 Mark nicht überſchritten. Die Stabiliſierung
der Deviſenkurſe iſt letzten Endes natürlich auf Einwirkungen
der Reichsbank zurückzuführen, die hierbei natürlich im Ein=
verſtändnis
mit der Reichsregierung handelt. Bei der großen.
Bedeutung, welche die Deviſenkurſe für die Aktienkurſe haben,
zeigen denn auch die Dividendenpapiere keine ſtarke Neigung
zum Steigen oder zum Fallen. Das Berliner Tageblatt ver=
öffentlichte
folgende durchſchnittlichen Wochenkurſe der Aktien
an der Berliner Börſe, wvobei der Stand vom 3. Januar mit
100 angenommen iſt: Der Aktienindex betrug am 28. Februar
354 Prozent, am 7. März 270, am 14. März 309, am 21. März
289, am 28. März 382 Prozent, ien ganzen hat ſich alſo das
Kursniveau der Aktien im März um etwa 8 v. H. gehoben.
Schwankungen erfuhr ſveiter der Großhandelsindex, den das
Statiſtiſche Reichsamt für 10 Tage errechnet. Vom 24. Februgr
zum 15. März ermäßigte ſich der Großhandelsinder vom 5257 der Vorkriegszeit auf das 4750fache; bis zum 24. März
trat aber wieder eine Steigerung auf das 4827fache des Vor=
kriegsſtandes
ein. Inderzahlen, welche nach größeren Durch=
ſchnitten
errechnet werden, weiſen naturgemäß geringere
Schwankungen auf. Der Lebenshaltungsinder für Februar, der
gegenüber Januar auf mehr als das Doppelte geſtiegen war,
hob ſich weiter vom 2643fachen auf das 2854fache des Vorkriegs=
ſtandes
, alſo um rund 8 Prozent.
Erwähnt ſei ſchließlich noch das ſogengnnte Zollaufgeld,
d. h. der Zuſchlag in Papiermark, welcher zu den geltenden
Zollſätzen erhoben wird, um die Geldentwertung wettzumachen.
Das Zollaufgelt betrug in der erſten Märzwoche 595 400) Prozeut
und Ende März 539 400 Prozent; vom 4. April ab iſt eine wei=
tere
Ernäßigung des Zollaufgeldes auf 494 900 Prozent in Kraft
getreteli.
Aus allen dieſen Inderziffern iſt zu erſehen, daß die Geid=
entwertung
zum Stiſlſtand gebraht worden iſt, und daß infolge=
deſſen
die damit zuſammenhängenden Juderzahlen teils keine,
teils eine nur geringe Erhöhung erfahren. Auf die Dauer wird
ſich dieſe günſtige Entwicklung aber nur daun feſthalten laſſen,
wenn wir den Abwehrkampf an der Ruhr erfolgreich beſtehen
und danach mit Energie ans Werk gehen, um unſere ſtart pafſive
innere Wirtſchaftsbilan; aktiv zu machen, d. h. die Produktion
bis zur kollen Höhe unſeres Verbrauches und noch darüher hin=
au
8 zu verſtärken.
Protokoſl über das Eſſener Butßad.
K
Berlin, 8. AFril. Die Ausſagen, die die Miiglieder
des Kruptſchen Betriebsrates Kühnen (Angeſtelltenrat),
Müller (Arbeiterrat) und Schküter (Arbeiterrat) den Ber=
liner
zuſtändgen Stellen über das Eſſener Blutbad gemacht
haben, ſind in einem Protokoll feſtgelegt worben. Die Betriebs=
ratsmitglieder
ſchildern in dieſem Protokoü, wie ſie ihr Mög=
lichſtes
getan haben, um einen Zuſammenſtoß zu verhindern und
erklären u. a.:

Die ſteigende linruhe der Maſſen veranlaßte das Betriebs=
ratsmitglied
Müller, nochmals kurz vor 11 Uhr zu dem Offizier
zu gehen. Er bat ihn dringend, abzuziehen. Der Offizier lehnte
das nnd betonte nochmals, daß er, wenn die Maſſen den Ein=
geng
der Haßlen überſchreiten würden, Feuer gebe. Müller ftieg
auf den Rücken eines Arbeiters und verſuchte den Anweſenden
den Ernſt der Situation und die Worte des Offiziers Karzu=
legen
. Ei koniute ſich jedoch kaum verſtändlich machen, da die
Unruhe zu groß war. Nachdem er wieder abgeſtiegen war, ſah
er, wie ein Mann mit einer Latte in der Hand, die etwa ¼ Meter
lang und 20 Millimeter im Quadrat hatte, vom linken Flügel
aus ſich an der Wand aufftellte mid ruhig ſtehen blieb. Darauf
beugte ſich der Offizier zu dem Lauf des Maſchinengewehrs und
drückte denſelben etwas herunter. Anſchließend hieran entſtand
wieder eine Bewegung in der Menge, die die Wirkung haite, daß
ettya zehn Mann der äußeren Flügel etwa einen halben Meter
in den Toreingang vorgedrückt wurden. Hierauf ließ der Offi
zier Feuer geben. Das Betriebsratsmitglied Müller nahm zu=
nächſt
au, daß es ſich um Schreckſchüſſe handele. Müller ſah zu
den Franzoſen hin und beinerkte, wie das Maſchinengewehr auf=
gerafft
wurde. Außer den Getöteten Zander und Göllmann
lagen liurks und rechts Menſchen aufgeſchichtet in
½ Meter Höhe, nuter denen das Blut hervor=
quoll
. Die Maſſe war im Zurückweichen und befand ſich in
wilder Fluht bereits hinter dem Haufen der Geſallenen. Die
Franzoſen kamen jetzt in Schützenlinie, ſtets feuernd, aus
der Halle heraus und ſchoſſen in diefliehende Menge.
Auf der Straße ſtellten ſie das Schießen ein und zogen nach der
Stadt ab.
Die von den Franzoſen behauptete Provokation durch das
Direktorium von Krupd iſt durchaus unzutreffend. Die Maß=
nahme
der Arbeitsniederlegung und des Heulens der Sirenen
ſind von dem Direktorium und dem Betriebsrat gemeinſchaftlic
veranlaßt ivorden und hatten lediglich den Zweik einer friedlichen
Demouſtration. Die Direktoren tragen ebenſowenig die Schuld
an dem Blutbad vom 31. Mär= wie der Betriebsrat. Schuld
trägt alleinder franzöſiſche Militarismns.

Arbeitsruhe im altbeſetzten Gebiet.
* Köln, 9. April. (Prit,=Tel.) Die Arbeitgeber= und Ar=
beitnehnexorganifationen
ſovie die Angeſtelltenderbände des alt=
beſetzten
Geßietes beſchloſſen, daß zur Stunde der Beerdigung
der bei dem Ziiſchenfakl auf der Kruppſchen Fabrik Getöteten
anf Dienstag den 10. April ziiſchen 9 und 10 Uhr vormittags
in: Zanizen altbeſetzten Gebiet jede Arbeit zu ruhen hat.
Lo Trocquers Ruhrreiſe verſchoben.
FU. Paris, 8. April. Die Reiſe des Miniſters Le Trocquer
in das beſetzte Gebiet, die mit Rückſicht auf die Beiſetzung der
bei der Schießerei in Eſſen ums Leben gekommenen Opfer auf
die nöchſte Woche verſthoben worden iſt, gilt nach Mittei ingen
der hiefigen Preſſe der allen dem Ausbau des bisherigen
Syſtems zur wirtſchaftlichen Ausbeutung des Ruhrgebietes.

Zur Beſchlagnahme von Reichsbankgeldern.
TU. Berlin, 8. April. Zu den franzöſiſchen Geldräube=
reien
im Ruhrgebiet erklärte das Reichsbankdirektorium einem
Vertreter des Lokalanzeigers u. a.: Alle Vorſchläge, ein beſon=
deres
Ruhrgeld herauszugeben, ſind undurchführbar. Jede be=
ſondere
Kenntlichmachung von Geldſcheinen oder Geldſorten dis=
qualifiziert
die ganze Geldſorte. Es iſt auch techniſch unmöglich,
bei der Ueberlaſtung der Notenpreſſe noch mehr Spezialitäten in
J bforten herauszugeben.
Von den nicht gelungenen Transporten ſpricht man beiot=
ders
d:ſn, wenn ſie trotz öffentlicher Zuſicherung ihrer Ungn=
greifd
:eit durch die Franzoſen dennoch von ihnen b ſchlag=
nahmt
worden ſind. Von den Transporten aber, die
ihr Ziel ungehindert erreichen, und von den maſ=
nigfachen
Wegen, auf denen das geſchieht, ſpricht man ein=
gerweiſenicht
, wie es auch untunlich wäre, das Verhältnis
der geraubten zu den geglückten Transporten bekannt zu geben.
Die Franzöſen erteilen übrigens über die gergubten Gelder
fatzungskoſten. Bei der Unbegrenztheit der franzöſiſchen Be=
ſatzungsdquer
muß man ſich auf immer neue Räubereien gejaßt
niachien
Initiative Loucheurs gebilligt.
Paris, 8. April. (Wolff.) Havas veröffentlicht über
die Londoner Reiſe Loucheurs folgende offenbar inſpi=
rierte
Aeußerungt
In den Wandelgängen der Kammer fanden ſich geſtern
trotz der Ferien zahlreiche Deputierte zuſammen, um ſich über
die Londoner Reiſe Loucheurs zu unterhalten. Seine Initia=
tive
wurde durchaus gebilligt; man kritiſierte jedoch allge=
mein
den Beſuch bei Lloyd George, deſſen frankreichfeind=
liche
Artikel die franzöſiſche öffentliche Meinung in den letzten
Monaten lebhaft erregten. Imimerhin, toar es für Löucheur
ſchwierig geweſen, den engliſchen Staatsmann, mit dem er wäh=
rend
des Krieges jahrelang zuſammen gearbeitet hatte, völlig zu bärdete‟
ignorieren. Die Ausſprache beſvies Lloyd George jedenfalls,
daß Frankreich geſchloſſen hinter der Ruhr=
aktion
ſteht. Auch mit den Mitgliedern der jetzigen eng=
liſchen
Regierung ſprach Louchenr ſich über dieſe Frage aus. Die Tanzgrundiagen beruht.
Herzlichkeit der Aufnahme, die er dort fand, bezeugt, daß die
Geſinnung der engliſchen Regierung gegen=
über
Frankreich nach wie vor freundlich iſt. Mit
Befriedigung kann man eine Tendenz feſtſtellen, den franzöſiſchen
und den britiſchen Standpunkt einander anzunähern. Es er=
ſcheint
gewiß, daß die britiſche Regierung an dem Tage, an dem
die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, Frankreich
loygl zur Seite ſtehen wird.

London, 9. April. (Wolff.) Der Beſuch, den Loucheur in
England abgeſtattet hat und bei dem er Unterredungen mit Bo=
nar
Lawp, Lloyd George und anderen hervorragenden Perſön=
lichkeiten
hatte, hat in hieſigen politiſchen Kreiſen zu allerhand
Mutmaßungen Anſaß gegeben. Man glaubt allgemein, daß tratz
der gegenteiligen Erllärungen Loucheur als offizieſſer Vertreter
der franzöſiſchen Regierung gehandelt und daß die ihen anver=
tigute
Aufgabe darin beſtanden hat, die Frage der Reparationen
und der engliſchen Beziehungen zu erörtern. Dieſe Auffaſſung
wird durch den geſtrigen Beſuc Loucheurs beim Präſidenten
Millergnd beſtätigt. Es verlautet, daß britiſche Staatsmänner
Lougk eur devon verſtändigt haben, daß Großbritannien jederzeit
bereit ſei, die Erörterungen, die infolge der Ruhrbeſetzung auf=
geſchoben
ſeien, wieder zu eröffnen. Es wurde betont, daß Groß=
britannien
die Organiſation eines von Deutſchland zu trennen=
den
Rheinſtaates, in weſcher Form auch immer, nicht dulden
könne. Die Hauptſache iſt, daß ſich aus Loucheurs Beſuch ergeben
hat, daß er ſich bereit erklärt hat, einer Summe zuzuſtimmen, die
ſich der (im Januar von franzöſiſcher Seite abgelehnten) im
hritiſchen Reparationsplan genannten Sumne annähert. In Er=
ſriderung
dieſes Zugeſtändniſſes wird Großbritannien, wie man
glaubt, wahrſcheinlich irgendeiner Form von Neutralität des
Rheinlandes, die aber keine Loslöſung mit ſich bringen ſoll, zu=
ſtimmen
, damit Frankreich gegen einen Angriff geſchützt iſt.
Dr. Cuno und Italien.
. Rom, 8. April. Zu einem Vertreter des Giornale
d’Italia äußerte der Reichskanzler Dr. Cuno ſeine freudige Ge=
nugtuung
darüber, daß die öfſentliche Meinung in Italien den
Widerſtand des deutſchen Volkes gegen die franzöſiſch=belgiſchen
Herausforderungen billige. Auch Muſſolini erkenne, daß mit den
bisherigen Methoden an der Ruhr nichts zu erreichen ſei. Wenn
irgend jemand künſtlich den Pangermanismus züchte und eine
künfiige Weltkataſtrophe vorbereite, ſo ſei dies allein die Gewaui=
politik
Frankreichs, inſonderheit Poinegrés. Siebzia Millionen
Deutſcher könnten nicht unterdrückt werden. Deutſchland gegen=
über
ſei nur eine Politik der Verſöhnung möglich.
Außerordentlicher Kabinettsrat in Wien.
Wien, 8. Npril. (Wolff.) Der außerordentliche Ka=
binettsrat
nahm geſtern nach dreitägigen Verhandlungen
die Verordnung der Regierung über die Erhöhung der
Zölle für ausländiſche Waren an. Aus den vorge=
ſchlagenen
Zollſätzen wird ein Jahresertrag von rund 12 Mil=
lionen
Goldkronen erwartet.
Wien, 8. April. (Wolff.) Bei dem Beſuch, den der baye=
riſche
Miniſterpräſident geſtern dem Bundeskanz=
ler
abſtatiete, beſprachen beide Regierungschefs eingehend die
bolitiſche und wirtſchaftliche Lage der beiden benachbarten und
befreundeten Läuder. Der Bundeskanzler benutzt dieſe Ge=
legenheit
, um den baheriſchen Miniſterpräſidenten auf die
megunigfachen Schwierigkeiten hinzuweiſen, die ſich in der
letzten Zeit im Grenzverkehr ergeben haben. Dr. v. Knil=
ling
ſicherte zu, daß der kleine Grenzverkehr baldigſt von den
durch die wirtſchaftliche Lage Bayerns hervorgerufenen Behin=
derungen
befreit werde, den übrigen Schviezigkeiten aber, ſobald
die Verhäftniſſe es erlaubten, abgeholfen werden ſolle; er kounte
dabei fefrſtellen, daß in den letzten Tagen ohnehin ſchon beden=
tende
Erleichterungen eingetreten ſeien.
Wiederzuſammentritt des Reichstags.
* Berlin, 7. April. (Prib.=Tel.) Auf der Tagesordnung
des am 11. Aprik 1923, nachmittags 3 Uhr, wieder zuſamentre=
tenden
Reichstags ſteht nach einigen kleinen Anfragen die erſte
und zweite Beratung des Entwurfs eines Geſetzes, betreffend
das Genueſer liebereinkommen über das Mindeſt=
alter
für die Zulaſſung der Kinder zur Arbeit auf See, Tante Auguſte, eine echte Wildeſche Bühnengeſtalt. Die Damen
loſigkeit infolge von Schiffbruch und über die Stellenver=
mittlung
für Seeleute. Mit der Vergtung dieſer Uebereinkommen
ſolt guch die des Waſhingtoner Uebereinkommens über
die Arbeitsloſigkeit und eines Uebereinkommens über die Be=
ſchäftigung
von Frauen vor und noch der Niederkunſt verbunden
werden. Dritter Punk; der Tagesordnung iſt die erſte und zweite
Beratung des Geſetzes über den Verkehrmit Abſinth. Es
folgt dann die Beratung des 12. Nachtrags zum Reichshaus=

haltsplan.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 9. April.
Kriſis im Fremdenverkehr.
betitelt ſich eine Denkſchrift von Maximilian Krauß, die ſoeben er=
ſchienen
iſt und durch die Reichszenttale für Deutſche Verkehrswerbung
bezogen werden kann. Der in Fremdenverkehrsfragen wohlunterricktet=
Fachmann behandelt in der leſensw=rten Schriſt wichtige Probleme des
deutſchen Fremdenberkehrsweſens, von deſſen innerer Organi ation er
ein ſehr trübes Bild entwirft. Er weiſt vor allem auf die Gefahr
des Zuſammenbruchs hin, der nahe bevorſteht, wenn den Ver=
kehrsvereinen
und =verbänden nicht bald finanziell Beihilfe in aus=
reichendem
Maße gewährt wird, und er warnt weiterhin vor demr
Syſtom der Syſtemloſigkeit, nach dem man gegenwärtig brhördlicherſeits
den Fremdenverkehr überhaupt in Deutſchland behandelt, was zur Folge
haben muß, daß dieſe unleugbar wichtige Erwerbsquelle im deutſchei
Wirtſchaftsleben über kurz oder lang verſiegen wird. Eine wiukſame
in einer ſtärkeren Gel=
auf

ſchweren Kriſis

kehrsintereſſen behördlichken Maßnahmen gegenüber, die auf. .
Lebersbedürfniſſe weiter Erwerbstreiſe, ja ſogar auf vitale politiſche
und wirtſchaftliche Intereſſen der Nation viel zu geringe, meiſt gar
keine Rüickſickt nehmen; ferner in einer obligatoriſcheu finanziellen
Unterſtützung der verkehrsfördernden Organiſationen durch Gemeinden
Quittungen. Sie machen ſich mit ihnen bezahlt, für die Be= und Reich, und zwar aus dem Aufkommen der Beherbeugungsſteuern,
das in bieſe Hunderte von Millionen geht. Krauß vertritt die Auf=
faſſung
, daß Gemeinden und Reich, wo ſie aus der Beſteuerung der
die
Freunden ſo große Summen herausholen, allen Grund hätten,
Organiſaitonen am Leben zu erhalten, die die Förderung des Fremden=
e
Gemei=
verkehrs
batzciben, alſo im Intereſſe des Steuerſäckels
und des Reichs arbeiten. In den Kreiſen der Fromdenverkehrsinter=
eſſenten
wird die Denkſchrift, die zu einem Zeitpunkt eſcheint, zuo
gerade dem deutſchen Reicksverkehr erneut die ſchwerſten Feſſeln an=

Heſiſches Landestheater. Zu dem Tanzabend Valeska
Gert am Montag, den 9. April im Kleinen Haus. Ueber Paleska Gert
ſchreibt die Berliner Zeitung unter anderem:
Hier iſt aus unabläſſiger Arbeit, fabelhafter Intuition, ſchärfſter
Beobachtung, rückſichtzloſer Selbſtpreisgabe ein ganz eigenartiges Men=
chenkunſtgebilde
entſtanden
Voſſ. Zeitung: Paleska Gert, nur ſie ſelbſt, mit ihren erfin=
Jronie,
dungsreichen Koftümnen, Phantaſtik. Konik, Groteske, Karikat
Lächeln des Humors, und das alles durch nichts als durch Bewegung
und Mimik. Kein Wunder, daß das Publikum ſich wie beſeſſen ge=
Börſen=Courier: Valeska Gert iſt und bleibt einzig. Gro=
teska
iſt ein zu geringes Wort für fie. Ihre Kaxikatur komint aus dent
Charakter einer dhünomenalen Darſtellungskunſt, die auf folideſten
Lichtbilbervortrag. Es ſei mit dieſem nochmals auf den Liht=
bildervortrag
Folgen kranker Zähne und Wert einer geordneter
Zahnpflege heute abend 8 Uhr im Heim de
Chriftlichen Vereins Ju=
ger
Männer Darmſtadt E. V., Infanteriekaſerne, hirgewicſen. C
werden äußerſt ſorgfältig ausgearbeitete Lichtbilder gezeigt, die ſehr
begehrt und darum nur nach langer Vorausbeſtellung zu erhalten ſind.
Da leider heute immer noch der Wert einer geordreten Zahnpflege
für die Allgemeinheit vielfach nc nicht erkannt wird, möchte der Vor=
trag
dazu nützliche Anregunz geben. Zur Deckung der Unkoſten wer=
den
20 Maxk Eintritt arhoh=.
Die taufendſte deutſche Briefmarke. Ganz heimlich hat ſie ſich
vorgedrängt und der 5000 Mark=Marke, die kurz vo: der Ausgabe ſteht,
und die die tauſendſte deutſche Marke werden follte, Ruhm und Rang
abgelaufen: die neue grüne 40 Maxk=Marke. Die Reichspoſt liebt die
Uebsrraſchungen. Nachdem uns ſchon Monate lang die grüne Poſi=
hornmarke
zu 40 Mark mehr odeu minder erfreut hatte, iſt jetzt ohne
jede Aumeldung der gleich Wert auch in dem Schnittermuſter grün er=
ſchienen
. Die Sammler werden ſich freuen, aber der ſteuerzahlende
Nichtſammler fragt beſcheiden, oh. die Koſten dafür aber auch wirklich
nur von den Händlern und Sammlern getragen werben,
. Strafkammer. Schöffengerichtlich wegen Betrugs nebſt Vergehens
gegen das Edelmetallgeſes zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt und damals
gleichzeitig derhaftet, dann aber gegen 2 Millionen Mark Sicherheits=
leiſtung
dorläufig auf freien Fuß geſetzt, verfolgte der 26jährige Kauf=
mann
Nathan Lewkowitſch aus Köln Berufung. Es war ihm
nur um Milderung zu tun, indem er als Hauptſchuldigen einen Lands=
manu
aus dem Oſten, den jetzt ebenfalls am Rhein anſäſſigen Kaufmann
Goſernator, hinſtellte, der aus gleichem Anlaß lediglich für unbefugten
Platinhandel rechtskräftig mit 10 000 Mark Geldſtrafe belegt iſt. Es
geſchah dies ſchon vor längere Zeit, der mitangeklagte L. war damals
unauffindbar und konnte erſt nachträglich ermittelt werden. Es handelt
ſich um einen im Herbſt 1920 hier, ſowvie zu Frankfurt a. M. beabſich=
tigten
Schwindel größerer Art mittels Weißmetalls, das von den Be=
trügern
als Platin ausgegeben wurde. Sie wollten mehrere Kilo davon
an den Mann bringen, und derfuhen äußerſt gerieben, wurden aber
durch einen ſcheinbar auf das Geſchäft Eingehenden an die Polizei ver=
raten
. In Frankfurt a. M. ſollte die Ablieferung gegen mehrere hun=
derttauſend
Mark in bar erfolgen, nachdem die ſachverſtändige Prüfung
einer Probe ſtattgefunden habe. Als letztere wurde jenem vermeint=
lichen
Kaufliebhaber eine kleine Menge echten Platins in die Hand ge=
ſpielt
, wobei G. und L. dieſen Kniff gemeinſam ausführten. G. hatte
in jener früheren Verhandlung auf den abweſenden L. möglichſt abge=
wälzt
, während nunmehr L. bei Ausbleiben des als Zeugen geladenen,
chemaligen Genoffen ſeinerſeits ſich als bloßen, gering beteiligten Ver=
mittler
und den G. als Seele des üblen Streiches bezeichnete. Er war
bisher unbeſtraft, angeblich durch damalige bedrängte Verhältniſſe dem
Einfluß G.8 unterlegen und ſeitdem einwandfrei geblieben. Daß G.
ſelbſt ſo gelinde durchgekommen iſt, war durch unzureichenden Beweis
derurſacht, und die ſpätere Verhandlung gegen L. litt weniger an die=
ſem
Mangel. Immerhin erſchienen dem Berufungsgericht verſchiedene
Momente zugunſten des Angeklagten L. berückſichtigungswert, und man
ermäßigte deshalb die Strafe auf 6 Monate Gefängnis. Der bisher
unbeſtrafte, noch jugendliche Kaufmann K. Dr. von hier iſt der ſogen.
intellektuellen Urkundenfälſchung, des Gebrauchs einer gefälſchten öffent=
lichen
Urkunde und des Betrugs ſchuldig, weshalb er unter mildernden
Umſtänden zu insgeſamt 3 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Recht
dreiſt hatte er im vorigen Sommer die hieſige Polizei, indem er ſich einen
fremden Namen uſw. beilegte, zur Ausſtellung eines unrichtigen Paß=
ausweiſes
beſtimmt. Er will die ſo erlangte öffentliche falſche Urkunde
nur zu einer Reiſe ins beſetzte Gebiet, keineswegs zwecks etwaiger
Schwindeleien veranlaßt haben, zeigte ſie aber ſpäter auf Verlangen
vor, als er zizeimal bei der Fahrt von Frankfurt a. M. hierher ohne
ordnungsmäßige Fahrkarte betroffen war. Bezüglich eines dieſer letz=
texen
Fälle wurde er von der Betrugsanklage als nicht erwieſen erachtet.
Heſſiſches Landestheater.
Landesthcater Kleines Haus.
Soniitag, den 8. Auril.
Bunburt
Komödie von Oscar Wilde.
Wilde geißelt in all ſeinen Gefellſchaftsſtücken die engliſche
Geſellſchaft feiner Zeit, und eine Komödie gibt ja hierzu beſon=
dere
Gelegenheit. Die Handlung iſt für den Dichter da ganz
nebenſächlich, es gilt ihm nur in Schlagworten Hiebe auszuteilen
und beſonders mit geiſtreichen Einfällen, die ſich Schlag auf
Schlag folgen, zu glänzen. Und das iſt das Unterhaltende dabei.
Genau betrachtet, ſind es gar keine Witze, aber es klingt gut und
man hört auch ſo etivas mal ganz gern.
So wurde auch nichts Großes aus der Aufführung gemacht,
denn die Komödie wäre einer beſonderen Aufmachung gar nicht
wert. Sie iſt nett und wurde nett gegeben. Die Beſetzung der
Hauptrollen, des John Worthinig und Algernon Moncrieff mit
den Herren Reymer und Gielen enttäuſchte inſofern, als
beide in ihrem Spiel mehr Schentelmänner waren als Gent=
lemen
. Bei allem jugendlichen Uebermut des Junggeſellentums
hat der Engländer doch einen Stil in vornehmer Bewegung, der
gerade bei Wiedergabe dieſer Stücke unerläßlich iſt. Tadellos
in Spiel und Erſcheinung war dagegen Frau Meißner als
über die Gewährung einer EntſchädigungfürArbeits= Horn und Steidl waren, in ihren Verlobungsnöten ent=
zückend
, befonders ihr großer Dialog war friſch bewegt und
ſamos geſprochen. Fräulein Caulſen und Herr Baumei=
ſter
ſicherten mit ihrem guten und humorvollen Spiel beſte Ver=
tretung
ihrer Rollen.
Die Spielleitung, für die Herr Keller zeichnete, ſorgte für
das nötige flotte Teinxg. Doch) paßte in dieſes Stück, das nur
auf Wirkung der Wpri ſ. uicht der Zirkus der Boxerei; dieſes
Interezzo iſt zu breit und füßt aus dem feinen Rahmen, in den
-Fis.
die Komödie ſonſt geſtelli iſt.

[ ][  ][ ]

AR

R
A 4
11

Rummer 92.

Darmſtädter Ta blatt, Montaa, den 9. April 1923.

Seite 3.

nt. Laubach (Vogelsberg), 8. April. Gartenland= Verpach=
tung
. Bei der letzten öffentlichen Verpachtung von Gartenland kam
ein Viertelmorgen auf 180 000 Mark Jahrespacht zu ſtehen.
A Weinheim a. d. B., 8. April. Der Gemeinderat beſchloß,
unter Vorbehalt der Zuſtimmung durch den Bürgerausſchuß die Er
hebung einer Fremdenſteuer in Höhe von 15. v.. H. des Zimmerpreiſes
für die Uebernachtung und für jeden U=bernachtungstag zu erheben.
In die Gräflich Berckheimſche Familiengruft im hieſigen Schloß=
garten
wurde in vergangener Nacht ſchon zum zweiten Malk einge=
brochen
. Es gelang aber, die Einbrecher zu verſcheuchen, die unver=
richteter
Sache wieder abziehen mußten.
Sport, Spiel und Turnen.
H. Turngemeinde Darmſtadt 1846. Das Hausorcheſter
unſe
er Turngemeinde Darmſtadt 1846 übte Samstag nachmittag von
186½8 Uhr im Tie=Saal. Muſikaliſche Mitglieder, ſowie auch Gäſte,
die ein Inſtrument, beſonders Streichinſtrumente und Flöte, gut ſpie=
len
und die ſich gerne beteiligen wollen, ſind willkommen und melden
ſich in der angegebenen Zeit bei dem Orcheſterleiter Gg. Ploch im
Tie=Saal.
Am Mittwoch, den 11. Abril 1923, 8½ Uhr abends, iſr Sitzung
des Techniſchen Ausſchuſſes. Wichtige Tagesordnung. Unentſchuidigtes
Fehlen unterliegt der ſatzungsgemäßen Ordnungsſtrafe
H. Turngemeinde Darmſtadt 1846. Bei ſtrahlendem
Himmel, deſſen Glanz allerdings durch einen ziemlih rauhen Oſtwind
viel an Annehmlichkeit einbüßte, pilgerten am Sonntag die wander=
freudigen
Turnerinnen und Turner der T. G. D. 1846 in großer Zahl
hinaus in die Blütenpracht unſerer vorderen Bergſtraße und des Stett=
bacher
Tales. Berauſchender Farbenreichtum bot ſich allen Blicke
die ihre hohe Freude widerſpiegelten, als man ſich an waldgeſchützke
Stelle zur Raſt im Schoße blühender Natur lagerte eine Pracht, die
wohl allen, die ſie enimal ſchauten, undergeßlich bleiben und ſie zur
tiederkehr in kommenden Jahren mahnen wird, weshalb auch alle
Teilnehmer freudig einſtimmten, als nach Schluß der Wanderung ein
froh Gut Heil dem Führer, Turner Wenzel, den Dank der Teil=
nehmeu
abſtattete.
II. Turngemeinde Darmſtadt 1848. Am Samstag, den

Abende galt, führten herrliche Lichtbilder hinein in die ſchönſten Ge=
genden
des bayeriſchen Hochlandes, begleitet von dem erläuternden
Vortrage des Turners Hanſt, der aus eigener Anſchauung die bezeich=
neten
Gegenden kennt und es verſtand, durch ſeine Schilderungen in
ullen Herzen die Sehnſucht nach ſolch ſchönem Lande aufkeimen zu
laſſen. Allgemeines Erſtaunen u.
tiefe Beſvunderung erregten auch
die Bilder der herrlichen oberbaheriſchen Königsſschlöſſer, von deren
Pracht Preſſewart Müller lebendige Schilderungen gab. Umrahmt
waren die Vorführungen von hervorragend ſchön geſungenen Chören
der Singmannſhaft, ſowie ſchön geſprochenen Gedichten, die ſämtlich
unſerem ſchönen Vaterlande galten. Anch echte bayeriſche Zithervor=
träge
und gemeinſame Lieder fehlten nichf. Der Dank für die ſchönen
Stunden gebührt allen denen die in ureigennütziger Weiſe die Preſſe=
warte
unterſtützten, ſo der Singmann/caft unter ihrem trefflichen Lei=
ter
, Herrn Kehr, der Turnerin RäTest, den Turnern Hanſt und
Schwarz, ſowie den Preſſewarten ſelbſt, ben Zurnern Müller und Hotz.
Mögen ſich noch mehr Turner in den Dienſt der guten Sache
ſt
u, um auch den folgenden Tie=Abenden zu vollem Erfolge zu
verhelfen.
R. Der Darmſtädter Radſport=Klub 1919 hielt am
Wei
n Sonntag ſein Frühjahrs=Eröffnungsrennen ab und hatte ſich
eine ſportbegeiſterte Menge am Start Böllenfalltor, ſowie am Ziel
waldhaus eingefunden. Infolge des kalten Gegenwindes, der aus
dem Odenwald Darmſtadts Einwohnern morgens entgegenblies,
wurde ſeitens des Klubs veranlaßt, daß der Start eine halbe Stunde
ſpäter, wie angeſetzt, erfolgte. Pünktlich entließen die Starter zuerſt die
Jugend=Klaſſe und alsdann mit Minutenſtark von 15 gemeldeten Renn=
fahrern
11 Mann dem Ziele über Ober=Ramſtadt, Noßdorf, Gundern=
hauſen
. Dieburg zu. Die Favoriten des Klubs lieferten ein prächtiges
Rennen, und war es Adam Offenthal, der als Letzter ſtartete und mit
der beſten Zeit durchs Ziel kam. In anerkennenswerter Weiſe hatten
ſich die Motorradfahrer des Klubs, Gebr. Eiſinger, Gg. Hahn, Huck,
Lich und Joſ. Roßkopf zur Verfügung geſtellt, um Kontrolle und Ord=
nung
zu halten. Anſchließend an das Rennen fand Bekanntgabe der
Refultate im Oßerwaldhaus ſtatt, wobei auh die Geſangsabteilung d
d. R. C. in Aktion trat. Eine Propagandafahrt beſchloß das gut ve
laufene Renen. Durchzufahrende Strecke: 32,6 Kilometer. Reſultate
1. Offenthal, Adam 1 St. 1 Min. 55 Sek., 2. Dieter 1 St., 4 Min.,
13 Sek., 3. Enders 1 St. 5 Min. 2 Sek., 4. Kunze 1 St. 9 Min. 2 Sek.,
5. Mafſing 1 St. 9 Min. 19½ Sek.; 6. Storck 1 St. 9 Min. 49 Sek.,
7. Pech 1 St. 9 Min. 57 Sek. 8. Offenthal, Heinr. 1 St. 14 Min. 50
Sekunden, 9. Müller 1 St. 17 Min. 5 Sek. Sendelbach und Ganß wegen
Defekts aufgegeben. Jugend=Klaſſe: 1. Old 1 St. 10 Min. 2 Sek.,
2. Schieß 1 St. 11 Min. 56 Sek. Obige Zeiten wurden in Form von ,
Prämien gebührend anerkannt, und wäre es zu wünſchen, wenn ſich
noch die abſeits ſtehenden Nadlerinnen und Nadler dem Touren= und
Rennſport treibenden Darmſtädter Radſport=Klub 1919 anmeldeei wir=
den
. Anmeldungen nehmen entgegen der 1. Vorſitzende, S. Levi,
Große Ochſengaſſe 12 (Laden), Klublokal: Fürſtenſaal, Grafenſtraße.
Turn= und Sportgemeinde Eintracht=Frankfurt gegen I. D. B. C. 4:4.
Am 7. April d. J. kämpſte die Darmſtädter Mannſchaft, der Ein=
ladung
der Turn= und Sportgemeinde Eintracht=Franrfurt Folge lei=
ſtend
, im Klubkampf gegen dieſe. Die in allen Sportzweigen auf der
Höhe ſtehende Turn= und Sportgemeinde Eintracht=Frankfurt ließ uns
nicht im Zweifel, daß ſie uns bewährte Kämpfer als Gegner gegen=
überſtelle
. Dieſelbe hat in Leichiathletik, Turnen uſw. genug in Sport=
kreiſen
bekannte Meiſter, wie Bedarf, Troßbach, Söhnchen, Mäulen,
Weider, Gebhardt u. a., ſo auch im Boxen den ſüiddeutſchen Meiſter
im Fliegengewicht 1922, Boeſe, und den Weltergewichtsmeiſter von Süd=
deutſchland
1323, Spielmann. Die Darmſtädter Kampfmannſchaft be=

ſtand aus unſeren altbewährten Kämpfern Frick, Blatz, Bruder, Kursz
und vier jungen Anfängern, die im Training Gutes und Achtbares
zeigten. Mit der Hoffnung für ein ehrenvolles Abſchneiden fuhr dieſe
Kampfmannſchaft nach Frankfurt. Das auf unſere jungen Kämpfer
geſetzte Vertrauen wurde beſtätigt und konnten drei von denſelben die
Siegerplakette für Darmſtadt erringen. Dies iſt um ſo mehr zu bewer=
ten
, da die drei Sieger zum erſten Male öffentlich kämpften. Ein wei=
teres
fleißiges Training und die Luſt und Liebe zum Boxſport wie bis=
her
wird dieſen jungen eifrigen Kämpfern noch manchen Sieg bringen.
Auch Frick hielt voll und ganz das in ihn geſetzte Vertrauen und dürfte
er zurzeit unſtreitig Darmſtadts beſter Fauſtkämpfer in der ſchweren
Gewichtsklaſſe ſein. Nach hartem, techniſch gut geführtem Kampf ge=
wann
er knapp, aber ſicher. Blatz und Bruder verloren knapp, ſehr
knapp. In Darmſtadt werden dieſelben beim Retourkampf beſtätigen,
ob die Punktniederlage in Frankfurt gerecht war. Otto Kurtz war
indisponiert und gegen ſeinen Hanauer Kampf, den er vor 8 Tagen
ſiegreich beſtand, nicht wieder zu erkennen. Das Kampfgericht beſtand
aus 4 Frankfurter Herren,
Ergebniſfe der Boxkämpfe.
Fliegengewicht: Zöll Eintracht gegen O. Kurtz I. D. B. C.
Es trafen ſich hier zwei gute Techniker den Zöll nach Punkten gewann,
da Kurtz nicht auf der Höhe ſeines Könnens war.
Bantamgewicht: Witmeher Eintracht gegen Schäfer
I. D. B. C. Es entſpann ſich hier ein ſehr ſchneller Kampf, den Schä=
fer
infolge ſeiner guten Beinarbeit und Härte im Geben gewann.
Bantamgewicht: Wils Eintracht gegen Ritſert I. D. B. C.
Auch hier entſpann ſich ein fehr ſchneller Kampf, in dem Ritſert der
beſſere Techniker war. Den harten Schlägen ſeines Gegners wich er
ebenſalls durch gute Beinarbcit aus und punktete ſeinen Gegner durch
gut durchdachte Angriffe, die faſt niemals ihr Zieſ verfehlien, aus.
Federgewicht: Stecher Eintracht gegen Bruhen Darmſtadt.
Zie immer, greift Bruder energiſch an und zwingt ſeinen Gegner in
der 1. und 2. Runde wieberholte Male zur vollen Deckung. V. iſt ſei=
nem
Gegner im Nahkampf ſichtlich überlegen. In der 3. Runde holt
jedoch der Frankfurter auf, und man war trotzdem erſtaunt, daß Stecher
als Sieger erklärk wurde.
Leichtgewicht: Helfrich Eintracht gegen Knöpp. I. D. B. C.
Hier treffen zwei harte Leute aufeiander. Der Frankfurter, der in
der 1. Runde in erſtaunlich guter Auslage angreift, kann jedoch dem
gut aufpaſſenden Darmſtädter nichts anhaben. Der Darmſtädter ar=
beitet
mit ruhiger Ueberlegung und ſucht nur Blößen ſeines guten
Gegners zu erkennen. In der 2. Nunde greift Knötp energiſih an
und bringt ſeinen Gegner zweimal zu Boden, worauf ſein Gegner den
Kamof aufgab.
Gemiſchtgewicht: Weiß Eintracht, 132 Pfund, Blatz
I D. B. C., 120 Pfund. Hier ſtößt Blatz, ein bewvährter Kämpfer, auf
den beinahe im Mittelgewicht ſtehenden guten Techniker Weiß. Blatz
ließ ſich nicht durch die übertriebenen Manieren des Frankfurter aus
der Ruhe bringen, und es war eine Freude, zu ſehen, wie er in der
1. und 2. Runde ſeine gut plazierten Schläge landen ließ. In der 3.
Runde holte jedoch Weiß, unterſtützt durch ſein höheres Gewicht, die
verlorenen Punkte auf und konnte den Kampf für ſich entſcheiden. Ein
Unentſchieden wäre hier gerecht geweſen.
Mittelgewict: Koch Eintracht gegen Frick I. D.B.C. Der
techniſch ſehr gute Frick kämpft hier einen ſeiner beſten Kämpfe. Es iſt
ein harter Kampf, in welchem beide geben und nehmen. Der Frank=
furter
iſt jedoch bedeutend härter, und durch die guten plazierten Schläge
Fricks nicht zu erſchüttern. Nur mt Aufbietung aller Technik und Energie
kann Frick den Kampf für ſich entſcheiden.
Halbſchwergewicht: Wetter Eintracht gegen Trumpfheller
I. D.B.C. Beide greifen ſcharf an und man ſieht, daß ſie auf einen
K. D. ausgehen. Trumpfheller, der in der 1. Runde einen Nierenſchlag
erhält, iſt durch denſelben merklich am Hämpfen gehindert, und geben
ſeine Sekundgnten, für ihn ſchon in der 1. Runde den Kampf auf.
zr. Die deutſchen
Zugendherbergen. In Altona fand
uinter der Leitung von Schirriann und Münker der 5. deutſche Jugend=
herbergetag
ſtatt, bei dem folgende intereſſante Zahlen bekannt gegeben
wurden: Zurzeit beſitzt Deutſchland 1400 Jugendherbergen, die aber niht
nur der Jugend vorbehalten ſind, ſendern auch alteren Wanderern,
Radfahrern, Skiläufern, Ruderern uſw., ſoweit Platz vorhanden, offen
ſtehen. Im vergangenen Jahre ſind 863000 Uebernachtungen erfolgt,
gegen zirta 200 000 im Jahre 1913. In erſter Linie hält die geſchickte
und erfolgreiche Arbeit des Verbandes für Jugendherbergen und ſeiner
Zweigausſchüſſe die Herbergen aufrecht und erweitert das Netz trotz aller
Schwierigkeiten. Dann ſorgen viele Gemeinden und der Staat, fer=
ner
die Jugendbünde und Verbände für Leibesübungen für Förderung.
Das Reichsminiſterium des Innern hat dem Jugendherbergeverband
einen Sitz im Reichsbeirat für körperliche Erziehung eingeräumt. In der
Altonger Tagung wurde beſchloſſen, daß i
der Wanderer entweder die
Mitgliedskarte oder einen Bleibenauswei
(für Südbayern, Baden
und das beſetzte Gebiet mit Liclnbild) bei ſich führen muß. An der
Dresdener Jahresſchau deutſcher Arbeit will ſich der Verband beteiligen.
Die nächſte Tagung findet Pfingften 1924 in Königsberg (Preußen) ſtatt.
Abſage des Großen Preiſes von Deutſchland
sr.
Der Repräſentanten=Ausſchuß des Automobil=Klubs von Deutſchland
hat beſchloſſen, das für den 10. Mai geplante internationale Automobil=
rennen
über 80 Kilometer auf der Avus im Grunewald um den
Großen Preis von Deutſchland, das zum erſten Male auch wieder
internationale Konkurrenz in Deutſchland geſehen hätte, abzuſagen.
Begründet wird dieſe Maßnahme damit, daß verſchiedene der bekannten
deutſchen Marken nicht an dem Rennen trotz anfänglicher Zuſage teil=
nehmen
werden, da die Werke durch die teilweiſe Neubeſetzung im
Weſten des Reiches durch Franzoſen und Belgier in ihrer Material=
einfuhr
gehindert ſind. Sollten ſich die Verhältniſſe zum Guten wen=
den
, iſt geplant, das Rennen an einem ſpäteren Termin dennoch zum
Austrag zu bringen. So bedauerlich an und für ſich die vorläufige
Abſage dieſes erſten großen internationalen Automebilrennens nach
dem Kriege in Deutſchland auch iſt, ſo darf man wohl der deutſchen
Induſtrie zutrauen, daß ſie ihre Entſchlüſſe erſt nach reiflicher Ueber=
legung
gefaßt hat und nicht übereilt die Austragung der Veranſtaltung
in Frage ſtellt.

Stimanen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer kleberſchrift übernimmi die Redattion feinerfei Ver=
antworiung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſezes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendei werden, können nicht
aurückge andt, die Ablehnung nicht bearündet werden.
Anfang Februar 1922 ſtellte der Jagdpächter der fiskaliſchen Jagd
(Jagdbezirk II, Ernſthofen) infolge Krankheit bei der Oberförſterei
rnſthofen den Antrag, zwei weitere Teilhaber aufzunehmen. Dieſer
Antrag wurde aber ſo in die Länge gezögen, daß Ende Juli vorigen
Jahres, als der Pächter verſtarb, noch keine Teilhaber aufgenommen
waren, und ſo kam es, wie es die Oberförſterei wünſchte, daß fragliche
Jagd zu einer Regiejagd umgewandelt und die Jagd von den Beamten
der Oberförſterei Ernſthofen ausgejbt wurde. Da nun die Oberförſterei
Ernſthofen am 1. April d. J. eingeht und die übrigen Beamten, die nicht
verſetzt werden, in ihrer forſtlichen Arbeit überlaſtet ſind und ſich nicht
jagdlich betätigen können, ohne daß der eigentliche forſtliche Beruf not=
leidet
, wäre es am Platze, von einer Regiejagd Abſtand zu nehmen und
die Jagd öffentlich zu verpachten. Der Staat braucht Geld und der All=
M.
gemeinheit wäre Rechnung getragen.

Vor kurzem wurden hier mit großem Beifall herrliche Land=
Xaftsbilder aus der Gegend des Rheins im Film der Bevölkerung vor=
So manchen Deutſchen muß es angeſichts der erſchwerten
verhältniſſe, der immer mehr ſteigenden Fahrpreiſe vorerſt verſagt
Frife
bleiben, ſein deutſches liebes Vaterland perſönlich kemien zu lernen,
es zu ſchauen in ſeinen mannigfachen Schönheiten, die noch weiten
Kreiſen wenig bekannt ſind. Ich möchte aus dieſer Erwägung heraus
die Bitte an die maßgebezden Stellen richten, der Anregung näher zu
treten, daß alsbald im Wege von Filmporführungen ſeitere Teile unſe=
ves
Vaterlandes dem deutſchen Volke, beſonders unſerer deutſchen herau=
waclſſenden
Jugend, vorgeführt werden, ich denke z. B. u. a. an die herrliche
Sächſiſche Schweiz, das Bayernland mit der Pfalz, den Schwarzwald,
nicht zu vergeſſen unſer Hefſenland uſw. Auf dieſe Weiſe ließe ſich in
auser eſenen Bildern Deutfchland als Einheir machem Deutſchen vor
Augen führen! Wir müſſen wiſſen: Unſer deutſches Land iſt nicht das
größte Eutrotas, aber groß genug für ein Volk, das entſchloſſen fein
muß, nicnts daven zu verlieren; es iſt ſchön genug, Liebe und treueſte
Anchänglichkeit zu verdienen!; es iſt ein Land, worin ein tüchtiges Volk
große und glückliche Geſchicke vollenden kann, vorausgeſetzt, daß es ſich
W.
und ſein Land zuſammenhält.

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Ist der beste bei Eis und Schnee
Eiklimmt am schnellsten die Bergeshöh?
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Nimmt men bei langen Fahrten,
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Tageskalender.
Landestheater, Große Haus,) 7 Uhr: Siebentes Konzert des
Hefſiſchen Landestheater=Orcheſters. Kleines Haus. 7½ Uhr:
Orpheum, 7¾ Uhr abends:
Tanz=Gaſtſpiel Valesta Gert.
der blonde Engel. Union=, Reſidenz=, Central=Thegter, Palaſt=
Lichtſpiele: Kino=Vorſtellungen.
Verſteigerungskalender. Dienstag, 10. April.
Mobiliar=Verſteigerung vormittags 110 Uhr und nach=
mittags
½3 Uhr Ernſt=Ludſwigſtraße 9. Nachlaß= Verſtei=
gerung
vormittags 9 Uhr in Hahn bei Pfungſtadt, Schulſtr. 5.
Freiwillige Verſteigerung vormittags 9 Uhr in Auer=
bach
(Bergſtraße), Bachgaſſe 5.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
Lange ſämtlich in Darmſtadt.

Die hentige Rummer hat 4 Seiten.

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Darmſtadt, 8. April 1923.
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Lisbeth Klepper, geb. Darmſtädter
Ludwig Klepper.
Die Beerdigung findet Dienstag
den 10. April, nachm. 3 Uhr, au=
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24, 4,43,
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92 Lärchen=
4u. 5, 25,55
42 Fichten= Kl. 3, 4, 5a,5b, 14,01
104 Lärch.=Derbſtang. Kl. 1 u. 2, 14,88
32 Fichten
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abends 8½ Uhr, im
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ſtraße
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Tagesordnung:
1. Bericht des Vor=
ſitzenden
; 2. Rechen=
ſchaftsbericht
; 3. Wahl
von Vorſtandsmit=
gliedern
; 4. Erledig.
der Anträge von Mit=
gliedern
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Anträge ſind bis zum
16. April bei dem Vor=
ſitzend
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dingungsunterlagen
liegen bei der Ban=
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des Reichsvermögensamtes
Mainz=Stadt, Münſterplatz Nr. 2, Zimmer
Nr. 6, in der Zeit von 811:/, Uhr und
23:/, Uhr zur Einſicht auf und werden
gegen Erſtattung der Herſtellungskoſten
abgegeben.
Die Angebote ſind verſchloſſen und ver=
ſiegelt
mit der Aufſchrift:
Angebot über elektr. Licht= und
Signg anlage für die Offi iers=
Wohnbauten Barbaroſſaring
Mainz
beim Reichsvermögensamt Mainz=Stadt
ſpäteſtens bis Dienstag, 17. April
1923, vormittags 10 Uhr, einzureichen,
zu welcher Zeit dortſelbſt in der Baracke
im Hofe die Eröffnung der eingegangenen
Angebote ſtattfindet. Die Arbeiten
wwerden in Loſen vergeben.
Zuſchlagefriſt 8 Tage.
(2902
Mainz, den 7. April 1923.
Reichsvermögensamt Mainz=Stadt.

[ ][  ]

Seite 4.

Darnſtädter Tagblatt, Moutaa, den 9. Lpril 4922.

Nummer 92.

Die künſtlichen Düngemittel, ihr Ankauf
und ihre Verwendung.
Von Obevſekntär Kadel=Darmſtadt,
IV.
e) Kaliammonſalpeter.
Der B. A.=S.=F. iſt es ge ungen, noch ein weiteres bedeutfanes
Düngemittel herzuſtelen, den Ammonfalpeter. Er wird durch
Vereinigung von jynthetiſchem Ammoniak und ſynthetiſcher Salpeter=
ſäure
geivenn n und ſtellt ein hochprozen iges Produkt dar deſſen Stick=
ſtoff
. halt je zur Hälfte in Form von Ammoniak und Salpeter vor=
handen
iſt. Da er aber ſtark waſſeranziehende Cigenſchaft hat, aus
dieſem Grund leicht zerflielt und bei längerer Lagerung zuſammenbacke,
die Lagerung ſe ber auch nicht immer ganz ungefähr ich iſt, wurde
davon abgeſehen, ihn als Düngemittel in den Handel zu bringen. Die
B. A.=S.=F. hat jedoch daraus, und zwar durch Hinzufügen von Chlor=
kalium
, ein ſehr braudbares Dingemi tel, den Kaliammonſal=
peter
, hergeſtellt, der gleichſal.s in großen Mengen gewonnen wird.
D). Organiſche Stickſtoffdüngmittel.
Aus verſchiedenen tieiſchen und induſtriellen Abfällen, wie Horn,
Haut, B.ut, Fleiſch, Leder uſw. werden Düngemittel hergeſtellt, die den
Stickſtoff in organiſcher Form enthal ſen und die man deshalb als
organiſcheStickſtoffdüngemittel bezeickmnet. Dieſer Gruppe
kommt indes eine gröſere Bedeutung nicht zu, weil ihre Produktion
ſehr gering iſt. Gegenüber einem Berbrauch im Jahre 1912 von Sal=
peter
und Ammoniakſalz im Werte von rund 350 Millionen Mark
haben die deutſchen Landwirte nur für etwa 10 Millionen Mark orga=
niſche
Stickſtoffdüngemittel verwandt. Da der Stickſtoff in dieſen
düngemittan aber meiſt langſam wirkt, ſind ſie weniger für landwirt=
ſckaftliche
Betriebe als vielmehr für Eartenbau uſw. geeignet, wie
ſpäter noch näher dargelegt werden ſoll. Die hauptſächlichſten diefer
Produkte ſind:
1. Blutmehl.
Die Cinrichtung von Schlackthäuſern in den größeren Städen
wacht es möglich, d.s Biut der geſchlaclteten Tiere, das ſonſt grö ten=
teis
verloren ging, ſorgfältig zu ſammeln. Nackdem es zum Gerinnen
gebradt iſt, wird es getrocknet und die dabei en haltenen feſten Stücke
werden zu einem feinen Mehl vermahlen.
2. Hornmehl.
Hörner, Klauen und Hufe werden dem Druck geſpannter Waſſer=
dämpfe
ausg ſetzt, dan getrocnet und gemahlen.
3. Lebermehl.
Ein dem Hornmehl ähnliches Prcdukt iſt das Ledermehl. Es wird
aus Liderabfällen gewonnen, die gedämpft, getrocknet und dann ge=
mahlen
werden.
Außer dieſen gebräuchlichſten organiſchen Stickſtoffdüngern ſind
von Zeit zu Zeit noch weitere, aus Induſtri abfällen oder tieriſchen
Produkten hergeſtellte Düingemittel auf den Markt gelangt, unter denen
namenulich Fiſchguano, eine zeitla=g Bedeutung erlangt hatte.
Nackdem jedech der ganze Verkehr mit Düngemitteln im Jahre 1918
durch Bundesratverordnung geregelt wurde, iſt die beliebige Herſtel=
lung
von Düngemitteln verboten und c2 iſt von organiſchen Stickſtoff=
mitteln
nur für die beiden erſtg nnten Produkte (Näheres in
ſpät
Abſchnitten) Genehmigung zur Herſtellung und zum Handel
erteilt worden.
4. Stickſteff= und phosphorſänrehaltige Düngemittel.
Während in den bisher behandelten Abſchnitten Düngemittel be=
ſprocken
ſind, die nur je einen Nährſtoff entha ten, ſeien der Vollſtän=
digkeit
halber auch noch diejenigen Produkte erwähnt, die entweder
von Natur aus oder durch fabrikmäßige Herſtellung, alſo durch
Miſchung mehrere Pflanzennährſtoffe aufweiſen.

a) Die Knochenmehle.
Es iſt oben bei Beſpreckung der Phrsphor äuredüngemittel bereits
des en leimten Knochenmehls Erwähnung getan, das nur geringe
Mengen Stickſtoff enthält. Außer dieſem kommen auch höher ſtickſtoff=
haltige
Sorten auf den Markt, die in neuerer Zeit, insbeſondere durch
die bekannte A.=G. für chem. Produkte Scheidemandel herg=ſtellt wer=
den
. Im allgemeinen betrachtet hat das Intereſſe für Knochenmehl
mit der fortgeſchrittenen Entwicklung in der Herſtellung ſtickſtoffhaltiger
Düngemittel erheblich nachgelaſſen, wozu auch Rückgang in der Er=
zeugung
(insb ſondere während des Krieges infolge Schlachtviehmangel
und dementſpreckendem Rückgang in dem Anfall von Knochen) bei=
geivagen
hat.
b) Guanoarten.
Der Peruguano dar das erſte aus dem Ausland importierte
künſtliche‟, Düngemittel. Proben davon wurden bereits im Jahre
1804 durch Alexander von Humboldt nach Europa gebracht, während
die Einfuhr größerer Mengen nach England und Deutſchland etwa
mit dem Jahre 1840 begann. Der Peruguano beſteht aus den Aus=
ſcheidungen
von Seevöge’n (hauptſächlich Pelikane) und anderen See=
tieren
und findet ſich in großen Mengen an den Küſten der Inſeln
eines Teils von Südamerika. Der früher recht lebhafte Import von
Peruguano hat zu Beginn des Kriees eine unfreiwillige Einſchrän=

Das Ver chwinden des eckten Peruguanos hat ſpäter Anlaß ge=
geben
, aus Abfällen, die lei der Verarbei ung induſtrieller Erzeuguiſſe
gewonnen wurden, die verſchiedenſten Guano=Arten von mitunter
recht zweifelhaftem Wert herzuſtellen und im den Handel zu bringen.
die oben ſchon erwähnte Bundesratverordnung über den Verkohr mit
Düngemitteln hat dieſem Unfug glücklicherweiſe ein Ende bereitet.
c) Miſchdünger.
Bei den Düngermiſchungen handelt es ſich nicht um eine eigentliche
Fabrikation‟. Die Herſtellung beruht im weſentlichen in einer inni=
gen
Vermiſchung der einzelnen Düngerſorten, die mittelſt Maſchinen
vorgenommen wird. Es werden die verſchidenſten Gemiſche herg=ſtellt,
von denen das Stickſtoff und Phosphorſäure enthaltende Ammoniak=
fuperphosphat
die größte Bedeutung erlangt hat. Ueber die
Zweckmäßigkeit, ſolche Miſchungen zu kaufen und zu verwvenden, ſoll
an anderer Stelle Mitteilung gemacht werden.

Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
Nachdrug verbo en).
47)
Das heißt, Du haſt ſpioniert, mein Freund. Wir wollen,
wenn wir unter uns ſind, doch die. Dinge beim rechten Namen
nennen, entgegnete Eiſchat kalt.
Der Fürſt wollte auffahren, aber er beherrſchte ſich mühſam
ſtnd brachte ſogar ein liebenswürdiges Lächeln zuſtande.
Es freut mich, wenigſtens einen Beweis de: Gemeinſam=
keit
mit Dir zu haben, ich deute mir Deine Offenheit günſtig.
Dann iſt Dir nicht zu helfen. Die kirchlichen Fragen wer=
den
als allernächſte geregelt werden. Das Land bekommt ſicher
ſchon jetzt ei= proviſoriſche Landeskirche und einen Biſchof, der
auch unſere Ehe ſcheiden wird. Du kannſt Dir gar nicht vor=
ſtellen
, wie ich den Tag erſehne.
Um eiligſt dieſem Holländer in die Arme zu fallen. Aber
noch biſt Du meine Frau, und noch kann alles anders kommen.
Haſt Du mich hierher geführt, nur um mir dieſe Szene zu
machen? fragte die Fürſtin.
Nein. Wie ich ſchon ſagte, komme ich aus Baku, ich hab=
dort
Verhandlungen eingeleitet. Es iſt eine Partei im Lande,
die mit dem, was ſich jetzt hier entwickelt, nicht zufrieden iſt. Sie
wollen keine Aufſicht, ſie wollen frei und ſelbſtändig ſein. Du
weißt ja, daß ich den Leuten nicht fernſtehe.
In Eiſchats Augen blitzte es auf.
Du weißt, daß ich ſelbſt Bedenken gegen die geplante Rege=
lung
haite und ſie ſah ihn an und ſpielte mit der Krücke ihres
Sonnenſchirmes, während langſam Wort für Wort in die Stille
fiel vielleicht noch habe.
Alexander Tſcherſchwendice trat dicht an ſie heran.
ten
Staat braucht einen Für

luß wird es gelingen,

5. Kalkdüngemittei.
ſtrong genemmen nicht zu den künſtlichen‟ Dingemitteln. Immerhin
können wir auch den Kalk zu dieſen Düngemitteln zählen, da er teil=
weiſe
gewiſſe künſtliche‟
Düngung verwandt wird. Man unterſcheidet zweierlei Formen:
a) kehlenſauren Kalk,
b) geb annten Kalk.
Der kohlenſaure Kalk iſt weit in der Natur verbreitet; wir finden
ihn teils als Marmor teils als Kalkſtein oder auch als Mergel.
Der gebrannte Kalk nird in den Kalkbrennereien aus dem kohlen=
Kalkbrennereien benutzt man beſondere Oefen (ſogenannte Ringöfen),
in welchen der Kalkſtein bei ſehr hoher Temperatur geglüht wird. Der
unter ſtarker Erwärmung zu einem feinen Pulver zerfillt.

9

20

Landwiriſchaft

Wie düngt man mit Staklmiſt? Soweit es
möglich iſt, ſoll man den Stalldünger vom Wagen herab ſofort
flach untergraben. Längeres Ausbreiten und Liegenlaſſen ent=
wvertet
ihn. Bei feuchtem Wetter und Regen weiden die leicht=
löslichen
Nährſtoffe ausgelaugt und in den Boden gewaſchen.
Bei trockenem und windigem Wetter ſind Ammoniakverluſte zu
beſürchten. Entſchieden falſch iſt es, den Dünger in kleinen
Haufen zuzuſetzen und ſo liegen zu laſſen. Wer richtig düngen
will. bringt den Miſt beim Umgraben auf die obere Hälfte der
ſchräg aufgeworſenen Erde, ſo daß er beim Abharken der über=
flüſſigen
Erde, d. h. be m Ebnen der Oberfläche, handhoch mit
Erde bedeckt iſt. In dieſer Lage erreichen ihn alle Pflanzen
beizeiten mit ihren Wurzeln. Dagegen kommt der Dünger zu
tief in die Erde, wenn man ihn beim Umgraben auf die Sohle
der Furche bringt.

K5. 9 Obſt= und Gartenbau !

Wegebau im Garten. Der Zuſtand der Wege iſt
von großer Bedeutung für den Geſamteindruck, den wir von
einem Garten empfangen. Feſte, trockene und unkrautfreie Geh=
bahnen
laſſen ihn einladend erſcheinen, ſchlechtgehaltene, ſandige
oder grünübertucherte Weg tun ſeiner ſonſtigen Schönheit Ab=
bruch
. Man ſollte deshalb bei der Anlage eines Gartens zu=
gleich
die Wege ordnungsmäßig herſtellen. Häufig verſchiebt
man dies leider auf ſpätere Zeit in der Meinung, daß ſich da=
für
eine günſtigere Gelegenheit bieten werde. Darauf wartet
man dann aber vergebens, und der Garten behält den Anſtrich
des Unfertigen. Die Wege ſind dazu da, den Garten bei jeg=
lichem
Wetter bequem zugänglich zu machen, auch einen Ver=
kehr
mit Karren oder Handwagen müſſen ſie vertragen. Das
erreicht man befriedigend nur durch eine gut: Befeſtigung.
Wenigſtens die Hauptwege ſind ohne ſie licht dauernd benutzbar.
Die Zahl, Verteilung und Anordnung der Wege iſt Sache
der Gartenplanung und richtet ſich nach dem Geſchnack. Hier han=
delt
es ſich nur um die techniſche Seite der Wegefrage. Was die
Breite der Wege anlangt, ſo genügt für kleine Gärten 1 Meter
bis 1,30 Meter, in größeren Gärten geht man bei den am häu=
ſigſten
benutzten Wegen bis zu 2 Meter Breite. Die beiden Kan=
ten
werden nach der Schnur mit ſcharfem Spaten gezeichnet und
ein wenig ſchräg abgeſtochen. Dann wird die Wegbreite auf eine
Tieſe von 15 bis 20 Zentimetern ausgeſchachtet und der gewon=
nene
Boden auf die umliegenden Beetflächen verteilt. Die Sohle
wird entweder eben angelegt oder gewölbt, mit Gefälle gegen
die Wegkanten hin. Bei,der Befeſtigung ſollen ſich Biuligkeit und
Güte vereinigen. Teure Stoffe, wie Zement kann man meiden,
ohne auf Dauerhaftigkeit zu verzichten. Für den Unterbau
nimmt man, was ſich ohne große Koſten beſchaffen läßt, Ziegel=
oder
Feldſteinbruch, grobe Kieſel, Steinkohlenſchlacke und der=
gleichen
. Die Hauptſache iſt, daß die einzelnen Bruchſtücke nicht
viel über Walnußgröße haben. Sie werden gleichmäßig 6 bis
10 Zentimeter hoch ausgebreitet und etwas feſtgeſtampft. Dar=
über
breitet man groben Kies, und den Abſchluß bildet eine
Schicht von feinem Kies. Der ganze Wegkörper wird hierauf
unter wiederholtem Befeuchten gewalzt, und zwar ſo, daß, zu=
erſt
an den Seitenkanten beginnend, gegen die Mi’te zu gewalzt
wird, damit das Profil erhalten bleibt. Die richtige Wölbung
beträgt 3 Zentimeter auf den Meter. Fahrwege, die häufig
ſchweres Fuhrwerk tragen müſſen, bedürfen einer noch beſſeren
Zuſammenſetzung. Hier bringt man zu unterſt ein Lager von
grob geſchlagenen großen Steinen, die am beſten mit der Hand
dicht aneinander geſetzt werden, die flache Seite nach unten, die
Spitze nach oben. Die Lücken füllt man dann mit dem Abfall
von dieſen Steinen aus. Darauf kommt entweder eine ſchwache
Schicht Lehm oder Straßenabzug mit grobem Kies, und als
oberſte Schicht feiner Sand. Aehnlich iſt das Verfahren bei
Schlackenwegen. Die Schlacken bilden das grobe Füllmaterial,
das mit lehmiger Erde gebunden wird.

Himbeeren und Brombeeren. Wenn man
Beerenſträucher pflanzen will, die ſehr raſch hohe Erträge brin=
gen
, ſind die Himbeeren und Brombeeren zuerſt zu empfehlen.
Maucher meint wohl heute noch, dieſe Wildlinge des Waldes
Tſcherſchwendice ſind ein sder älteſten Geſchlechter im Kaukaſus.
Ihr Arwelis ſeid mächtig und habt einen großen Anhang. Wenn
unſere beiden Namen wieder zuſammenſtehen, iſt mir die Krone
des Landes ſicher, und Du wirſt die Herrin des neuen Reiches
werden!
Eiſchat warf einen Blick zum Fenſter hinaus. Soeben bog
eine Ulaneneskorte auf den Platz ein, ihr folgte ein Wagen,
in dem Adriaan van Utrecht ſaß.
Fürſt Alexander war neben ſie getreten.
Er fährt vor, als habe er die Statthalterſchaft ſchon in der
Taſche.
Was ſollen wir gegen den Völkerbund machen? fragte
Eiſchat lauernd. Vor Batum liegt Lord Leslie mit ſeinem Ge=
ſchwader
, und ſogar hier, oben in Tiflis haben wir engliſche
Truppen.
Es gibt noch andere Staaten, die Intereſſe an einem Bünd=
nis
haben. Ich ſprach in Baku japaniſche Ingenieure. Van
Utrecht hat ſi: abgewieſen, aber ſie haben heimlich gearbeitet und
die Oelfelder auf ihre Ergiebigkeit tariert. Ein Bündnis mit
Japan liegt nicht aus der Welt, und was uns nie gelingen
würde, das vollbringt mühelos die Politik des Mikado.
Sprich deutlicher: wenn Du uns gewinnen willſt, dann
ſpiele mit offenen Karten.
Es ſind viele Verträge gewechſelt worden unter den Staa=
ten
, es befindet ſich auch ein Abkommen Englands mit Japan
darunter. Vielleicht treibt Lord Leslie noch einmal andere Poli=
tik
dort unten in Baku."
Zugunſten Japans?
Alexander Tſcherſchwendice zuckte die Achſeln.
Wer weiß?
lind was ſollen wir tun?
Du haſt Einfluß auf Deinen Onkel Arweli. Sprich mit
ihm, ehe die heutige Sitzung beginnt und bringe uns dann zu=
ſammen
. Noch iſt die Beſatzungstruppe klein, und man kann ſie
leicht abdrängen. Nach der Einſetzung der Statthalterſchaft iſt
das aber ein feindlicher Akt gegen Europa. Den können wir uns
noch nicht leiſten.

gehörten nicht in den Garten. Sie werden in gutem Boden
Der Kalk iſt als ein Naturprodukt zu bezeichnen und gehört ſomit allerdings leicht durch Wurzelbrut läſtig, dafür bringen ſie aber
auch eine Fülle von Früchten hervor. Himbeeren und Brom=
beeren
ſind Halbſträucher, die alljährlich neue Ruten treiben,
Veränderungen erfährt, bevor er zur die im zweiten Jahre tragen und dann abſterben. Am beſten
pflanzt man im Frühjahr auf gut gelockertes Land. Die Ruten
ſchneidet man auf 20 cm zurück, um den Pflanzen das Anwachſen
zu erleichtern. Man erzielt dadurch ſchon im erſten Jahre kräf=
tige
Neutriebe, die im folgenden Jahre eine Ernte bringen.
Bei geſchloſſener Pflanzung ſetztrman die Himbeeren in Reihen
mit anderthalb Meter Abſtand. In den Reihen genügen 60 bis
ſauren Kalk in der Regel aus dem Ka kſtein gevvonnen. In den 80 q. Eine der bewährteſten Sorten iſt die Himbeere Marl=
borough
, die aufrecht wachſende Ruten hervorbringt. Die
ſo gewonnene gebrannte Kalk ſtellt eine graue bis grauweiße voröſe Früchte ſind groß und ſchmackhaft. Ander= Sorten haben zwar
Maſſe dar, die durch Begießen mit Waſſer (das ſogenannte Löſchen) mehr Aroma, Marlborough cibt dafür Maſſenernten. Harz=
juwel
und Superlativ ſind ebenfalls ſehr großfrüchtige Sorten,
jedoch wähleriſcher im Boden. Die Brombeeren, die man bei
uns nach amerikaniſchem Vorbild erſt neuerdings in die Garten=
kulturpflanzen
aufgenommen hat, pflanzt man des ſtärkeren
Wuchſes wegen mit 2 Meter Reihenentfernung und 1 Meter
Abſtand in den Reihen. Von Sorten mit aufrecht ſtehenden
Ruten ſind hier Wilſons Frühe und Vierländer Nieſen zu
empfehlen, von rankenden Sorten Lulretia und Theodos
Reimers.
R5

Pieh= und Gefiügelzucht
Das erſt= Grünfutter für Kaninchen. Die
geſündeſte Futterpflanze für Kaninchen iſt wohl der Löwenzahn,
auch Kuh= oder Butterblume genannt. Er ſollte ſtets allein
dazu verwendet werden, die Tiere im Frühjahr allmählich wie=
der
an friſches Grün zu gewöhnen. Er wird immer gut ver=
tragen
, zum Unterſchied von anderem Erünfutter. Selbſt jun=
gen
Tiere, die eben erſt das Neſt verlaſſen haben und zum erſten
Male an den Mah’zeiten der Mutter teilnehmen, kann er ohne
Bedenken verabreic,t werden, wenn auch zunächſt nur in kleinen
Gaben. Er iſt ferner ein vorzügliches Futter für tragende und
ſäugende Häſinnen. Man verfüttert die Pflanzen ſauber ge=
waſchen
und wieder abgetrocknet. Die ſehr milchreichen Wur=
zeln
werden noch beſonders durch Abſchaben der äußeren Rinde
gereinigt. Auch die Blüten und ſelbſt die Samenkörner freſſen
die Tiere. Natärlich darf man auch den Löwenzahn nie aus=
ſchließlich
füttern, denn jede ein eitige Füt’erung iſt ungeſund.
Die Beſchaffung dieſes Kraftfutters bereitet jedenfalls nirgends
Schwvierigkeiten, da die Pflauze überall wild wächſt.
Nur beſte Zuchthähne! Durch den Hahn wird die
geſamte Nackhzucht eines Stammes lee nfluft, deshalb muß man
bei ſeine: Auswahl einen noch ſchärferen Maßſtab anlegen als
bei den Sennen. Die erſte Forderung iſt völlige Geſundheit,
Ein gutes Tier erkennt man an feurigen, lel haften Augen, bren=
nend
rotem Kamm und Kehllappen, breiter Bruſt, ſtarlen Bei=
nen
, gänzenden Geſieder, lebhaftem Temperament. Der Hahn
ſollte nur aus reiner und langjähriger Rurzugt genommen wer=
den
, denn nur auf hohe Nutze genſchaſten gezücktete Tiere hei=
erken
ihre Eigenſchalten am ſicherſten. Solche Tiere erze gen
auch mit weniger tücht gen Hennen Rachkommen, die befriedigen.
Sie übertreffen die Muttertiere an Kutzwert.
Vergiftungen durch Kainit. Wenn Schaf=,
Schweine und Geflügel im Frühjahr auf Felder gelaſſen werden,
die im Herbſt ſtark mit Kainit gedüngt wurden, kann es vorkoni=
men
, daß Tiere an Vergiſtungen ſterben. Bei Rindern treten
bezeichnende Schlingbeſchwerden auf, verbunden mit ſtarkem
Speicheln. Ueberſtehen die Tiere die erſten beiden Tage, ſ. iſt
mit ihrem Durchkommen zu rechuen. Man gebe viel friſches
Waſſer zu ſaufen, damit der Körper das Gift mit dem Urin wie=
der
ausſcheiden kann.
Wie verhütet man Verluſt von Enten und
Enteneiern? Haben die Hühner nict genug Legeneſter,
dann kommt es vor, daß ſie ſich andere Stellen ausſuchen, wvo
ſie ihre Eier legen. Die Enten dagegen kümmern ſich oft um
die ſchönſten Neſter nicht, ſondern legen an Orte, wo man die
Eier nicht findet, wenn ſie Gelegenheit haben, das Gehöft zu
verlaſſen und zum Teiche oder Bache zu gehen. Sie richten ſich
ſogar Brutneſter im Uſergeſtrüpp ein und bleiben eines Tages
ganz weg. Dieſer Gefahr kann man nur dadurch vorbeugen,
daß man die Enten morgens, bevor ſie den Stall oder den Hof
verlaſſen, befühlt, ob ſie ein Ei bei ſich haben. Die Tiere, die
danach legen müſſen, werden zurückbehalten und in einen nicht
zu kleinen Raum geſperrt, der mit Legeneſtern verſehen iſt. In
der Regel dauert es an den erſten Tagen ziemlich lange, bis ſie
das Ei abſtoßen, denn ſie fühlen ſich nicht wohl in dem geſchloſ=
ſenen
Raum und ſehnen ſich nach dem Neſt im Freien. Oft be=
halten
ſie das Ei auch bis zum nächſten Tage bei ſich. Gegen
11 Uhr vormittags befühlt man die eingeſperrten Tiere noch=
mals
, wenn noch nicht ſo viel Eier in den Neſtern liegen, wie
Enten da ſind. Diejenigen, die gelegt haben, werden dann be=
freit
. Die übrigen werden gegen 3 Uhr zum dritten Male unter=
ſucht
. Haben dann einzelne wirklich noch nicht gelegt, dann
bleiben ſie in dem Raume bis zum nächſten Morgen. Nach
4 Uhr laſſe man ſie jedenfalls nicht meht aufs offene Waſſer, weil
ſie dann leicht die ganze Nacht fortbleiben. Natürlich müſſen
die Enten im Legeraum auch Futter und Waſſer bekommen,
jedoch nicht gleich früh, ſondern erſt nach dem zweiten Taſten.
Was für ein Abkommen wird Japan mit Dir treffen?
Der Fürſt zöcerte.
Es zwingt Dich niemand, mir Beſcheid zu geben, aber ich
kümmere mich nur um Dinge, die ich überſehe.
Iſt das nicht Sache der Männer, die ich beſſer mit Deinem
Onkel verhandele?"
Warum haſt Du Dich dann nicht ſchon an ihn gewandt?"
Weil ... weil . . . nun gut, Du ſollſt auch das wiſſen.
Japan verlangt das Monopol der Petroleumquellen und wird
dem Landesfürſten eine ent prechend hobe Summe zahlen, außer=
dem
wird es direkt und indirekt die Grenzen ſchützen.
Eiſchat Tſcherſchwendice nickte zufrieden. Jetzt wußte ſie,
was ſie wiſſen wollte. Alexander war in ihrer Hand und
Adriaan van Utrecht? Hoffentlich würde er die Nachricht ge=
bührend
zu lohnen wiſſen.
Du hörſt noch von mir, rief ſie Alexander zu und lief
hinaus.
Auf den Treppen war reges Leben. Vor dem Hauſe hörte
ſie engliſche Kommandorufe und ſah Adrigan van Utrecht in Be=
gleitung
eines anderen Herrn im Veſtibül in eifrigſter Unter=
halrung
mit Arweli ſtehen.
Ohne an die Folgen ihres Tuns zu denken, drängte ſie ſich
durch die Menge und ſtand vor Adriaan.
Ich muß Sie ſofort ſprechen, Jonkheer van Utrecht. Van
Utrecht ſah ihr die Erregung an und trat mit ihr in eine Niſche.
Mit fliegendem Atem berichtete ſie, was ihr der Fürſt anvertraut
hatte.
Ich liefere ihn Ihnen damit rückhaltlos aus, ſchloß ſie,
und gebe Ihnen das Land und ſie zögerte einen Augenblick
mich ſelbſt. Sehen Sie aus meinem Verhalten, daß mich
nichts an den Fürſten feſſelt. Die Bande, die uns noch hielten,
ſind morgen gelöſt, denn ſobald die Statthalterſchaft Gruſiens
geregelt iſt, iſt auch eine kirchliche Behörde da, die den Spruch
des Sowjetgerichts nachträglich beftätigen wird. Dann bin ich
frei, und wenn Sie wieder nach Arweli kommen, werden Sie
kein: unliebſamen Ueberraſchungen mehr haben.
(Fortfetzung folgt.)