Darmstädter Tagblatt 1923


08. April 1923

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Einzelttuttter 200 Mart

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und 200 M. Abtragegebühr durch die Agenturen
600 M. frei Haus. Beſiellungen nehmen ent=
gegen
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ſprecher
1, 2390 und 2394), die Agenturen und alle
Poſtämier. Veraniwortlichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſimmten Tagen wird nicht übernom=
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. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur Kür=
zung
des Bezugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtel=
lungen
durch Fernruf ohne Verbindlichkelt für uns.

Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſi. Tagbl. geſtattet.

Nummer 96

Sonntag, den 8. April 1923

186. Jahrgang

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S75 M. Anzeigen von auswärts 490 Ml., Banl=
anzeigen
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Anzeigen nehmen entgegen: Geſchäftsſtelle Rhein=
ſraße
23, die Agenturen und Anzeigenespeditionen.
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uſw., erliſcht jede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Leiſfung ver Schadenerſatz.
Bei Konkurs oder gerſchtlicher Beirébung fällt jeder
Rabaft weg.

Reichstrauer für die Eſſener Opfer.
Berlin, 7. April. (Wolff.) Am Dienstag vormittag 10
Uhr, zur gleichen Stunde, in der die Opfer des Eſſener Blut=
bades
beerdigt werden, findet im Reichstageine Trauer=
feier
ſtatt, wobei in Anweſenheit des Reichspräſidenten der
Reichskanzler die Gedächtnisrede halten wird. An der Feier
werden die Vertreter ſämtlicher Gewerkſchafts= und Beamten=
verbände
, die Spitzen der Berufsſtände, ſowie die Vertreter der
Länder, Kirchen, Parlamente und Behörden teilnehmen. An=
läßlich
der Beiſetzung werden am Dienstag zum Zeichen der
Trauer im ganzen Reiche die Glocken läuten.
93 Familien heimatlos.
Köln a. Rh., 7. April. (Wolff.) Die Ausweiſungen der
Eiſenbahner aus ihren Wohnungen nehmen einen gewaltigen
Umfang an. In Junkerath ſind bis jetzt 93 Familien aus
ihren Wohnungen verdrängt worden.
Ferner wurden aus allen Bahnwärterhäuſern an der Eifel=
ſtrecke
Junkerath-Liblar die Wohnungsinhaber vertrieben. Auf
den Strecken KrefeldMünchen=Gladbach und KleveGeldern
BonnEuskirchen erhielten ebenfalls ſämtliche Dienſtwohnungs=
inhaber
den Befehl zur Räumung. Zum Teil iſt die Räumung
bereits erfolgt. In Neuwied nahmen die Franzoſen aus den
Dienſträumen des Betriebsamtes eine Schreibmaſchine, einen
Vervielfältigungsapparat und mehrere Bündel Akten mit.
Paris, 7. April. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Koblenz hat die interalliierte Rheinlandkommiſſion vom 15. bis
31. März 1476 Ausweiſungen angeordnet, von denen 901 auf die
franzöſiſche Zone entfielen. Es ſeien hauptſächlich Zoll= und
Eiſenbahnbeamte und leitende Perſönlichkeiten der nationaliſti=
ſchen
Verbände, namentlich ehemalige Offiziere. Im ganzen habe
die Kommiſſion ſeit dem 20. Januar 3000 Perſonen aus den
ihr unterſtellten Gebieten ausgewieſen.

Vom Tage.

Der frühere Bürgermeiſter von Berlin Dr. Georg Reicke iſt
geſtorben.
Der 16jährige Unterſekundaner Heinrich Groh in Mün=
nerſtadt
in Unterfraken wurde von der Gendarmerie wegen
Spionage verhaftet. Er ſtand ſeit längerer Zeit mit dem franzöſi=
ſchen
Oberkommando der Beſatzungstruppen in Brieſwechſel.
Die bereits gemeldete Verhaftung des Schneiders Merges, der
Frau Faßhauer, des Arbeiters Engelmann und mehrerer an=
derer
Mitglieder der Kommuniſtiſchen Partei iſt, wie wir erfahren,
wegen Betrugs und Urkundenfälſchung erfolgt.
In Ludwigshafen überfuhr am Freitag gegen 5 Uhr
abends der D=Zug 148 am Uebergang der Lohrbachſtraße einen
leeren Laſtkraftwagen, der ſtark beſchädigt wurde. Der Laſt=
kraftwagenführer
mußte ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Hadasmeldung aus Riga, nach dem ſich Feldmarſchall Mak=
kenſen
in Moskau befinden ſoll, um über den Abſchluß einer
Militärkonvenuon zu verhandeln, iſt unrichtig. Der Feldmarſchall
befindet ſich in Falkenwalde bei Stettin.
Wie aus Mainz gemeldet wird, haben die Franzoſen den Bahn=
hof
von Sayn auf dem rechten Rheinufer beſetzt.
Die franzöſiſche Kommuniſtiſche Partei hat zu
Gunſten der Familien der Opfer von Eſſen eine Samm=
lung
eröffnet.
Loucheur, iſt am Freitag um 9.40 Uhr in Paris einge=
troffen
. Er gab eine Erklärung ab, in der er wiederholie, daß ſein
Beſuch einen privaten Charakter getragen und nur dem Zweck gedient
habe, die Gefühle der engliſchen Polſtik für Frankreich feſtzuſtellen.
Ein großer Teil des Städtchens Hemnes bei Ranen=
fiord
iſt heute nacht niedergebrannt. Menſchen ſind nicht um=
gekommen
.
Doſlarkurs in Frankfurt am 7. April,
abends ½7 Uhr: 21100.

Loucheur erſtattet Poincarg Bericht.
Das Echo der London=Reiſe Loucheurs in England und Frankreich.

Paris, 7. April. (Wolff.) Loucheur iſt heute von Poin=
caré
empfangen worden. Der Pariſer Preſſe erklärte er im
Laufe des Tages, er ſei ohne irgendeine Miſſion ſeitens der Re=
gierung
nach England gegangen, habe aber vor ſeiner Abreiſe
mit Poincaré darüber geſprochen, daß er mit gewiſſen Mitglie=
dern
der engliſchen Regierung zuſammenzukommen beabſichtige,
von denen einige mit ihm ſeit langen Jahren befreundet ſeien.
In ſeinen Beſprechungen mit ihnen habe er feſiſtellen können,
daß die engliſche öffentliche Meinung beginne, die Lage in
Frankreich beſſer zu begreifen. Er ſei überzeugt, daß eine Ver=
ſtändigung
möglich ſei, die den berechtigten Intereſſen Frank=
reichs
und ſeiner Alliierten in der Reparations= und Sicherheits=
frage
in keiner Weiſe Abbruch tun würde. Ueber dieſen per=
ſönlichen
Eindruck habe er Poincaré heute vormittag Bericht
erſtattet. Es ſcheine jeder in England zu begreifen, daß Frank=
reich
und Belgien in aller Form entſchloſſen ſeien, die von ihnen
unternommene Operation bis zu Ende durchzuführen, und er
hoffe, daß es gelungen ſei, gewiſſe in England herrſchende Vor=
urteile
gegen die Pläne Frankreichs und ſeiner führenden Per=
ſönlichkeiten
zu zerſtreuen.
Die engliſihe Preſſe zu Loucheurs Plan.
London, 7. April. (Wolff.) Daily Chronicle ſchreibt
zu Loucheurs Plan, der weitaus beſte Repara=
tionsplan
ſei der der letzten Pariſer Konferenz unterbreitete
britiſche Plan geweſen. Einen beſſeren Ausgangspunkt für
die Erörterung der Reparationsfrage als dieſen Plan gebe es
nicht. Was die anſcheinend von Loucheur vorgeſchlagene Rhein=
republik
unter der Kontrolle des Völkerbundes betreffe, ſo
müſſe eine derartige entmilitariſierte Zone einen integralen
Teil des Deutſchen Reiches bilden und ihrer Schaffung
müſſedie Räumung durchdie Alliierten vorauf=
gehen
. Sie müſſe die freiwillige, nicht erzwungene Zu=
ſtimmung
Deutſchlands erhalten und von Deutſchland
als in ſeinem eigenen Intereſſe liegend anerkannt und nicht
nur als Strafmaßnahme angenommen werden. So un=
beſtimmt
und unbefriedigend auch Loucheurs Vorſchläge ſeien,
ſo ſei es doch ein gutes Zeichen, daß die rationelle Erörterung
dieſer Probleme wieder begonnen habe, Loucheur ſei zwar
kein Mitglied der franzöſiſchen Regierung, aber er ſei nichtnach
London gekommen ohne Wiſſen Poincarés und
ohne vorherige Beratung mit ihm. Er ſei ſozuſagen in offiziöſer
Miſſion nach London gekommen. Es fei zu hoffen, daß die bri=
tiſche
Regierung in der Lage war, ihm mit eigenen konſtruktiven
Ideen zu helfen. Daß eine der beiden Parteien der anderen
ihre Pläne aufzwinge, komme nicht mehr in Frage. Es ſei auf
ſeden Fall zu hoffen, daß Poincargs Bekehrung ſoweit
fortgeſchritten ſei. Wenn dies der Fall ſei, ſo werde die Nation,
die den beſten, humanſten und praktiſchſten Plan habe, gute
Ausſicht auf Erfolg haben. Dieſe Nation müſſe England ſein.
Die Weſtminſter Gazette tritt dafür ein, daß nicht
allzuviel Aufhebens von Loucheurs Beſuch in England gemacht
werde. Die britiſche Regierung könne in keinem Sinne mit einem
nicht offiziellen franzöſiſchen Politiker verhandeln, noch weniger
mit einem Politiker, der in ſeinem eigenen Lande als Kandidat
für den Poſten des augenblicklichen Miniſterpräſidenten ange=
ſehen
werde. Außerdem könne Großbritannien nur in
vollſtändiger Harmonie mit Frankreich handeln,
wenn die von Deutſchland geforderte Summe in Uebereinſtim=
mung
mit einer wiſſenſchaftlichen praktiſchen Schätzung der deut=
ſchen
Zahlungsfähigkeit feſtgeſetzt werd=, und wenn keine An=

nexiondeutſchen Gebietes am Rhein, unter welcher
Formel ſich eine derartige Annexionspolitik auch zu verhüllen
trachte, in Frage komme. Die Sicherheit Frankreichs
müßte in der Hauptſache abhängen von der Pflege guter
Beziehungen zu Deutſchland.
Daily News ſchreibt, die Hoffnung auf irgendeine bal=
dige
Regelung hänge von dem Wechſel in den Methoden, wenn
nicht in der Politik der franzöſiſchen Regierung
ab. Dem Beſuche Loucheurs dürfe keine übertriebene
Bedeutung beigemeſſen werden. Er ermutige jedoch zu der
Hoffnung, daß wenigſtens eine endgültige Erklärung über die
Art der Regelung, die die Franzoſen bereit ſein würden anzu=
nehmen
, bald erfolgen werde.
Der diplomatiſche Berichterſtatter der Daily News ſchreibt
zu dem Beſuch Loucheurs, nichts ſei geſagt worden, was irgend=
eine
Partei binde, aber es ſei natürlich klar, daß, wenn

näffeober einen lelcen Blen gile hne Dderob
er ſehen wolle, wie ſein politiſcher Rivale und
möglicher Nachfolger mit dieſem Plan in Oppo=
ſition
zur Regierungspolitik trete. Was die Ein=
zelheiten
des Planes von Loucheur betreffe, ſo würde es über=
eilt
ſein, irgend etwas Endgültiges zu ſagen.
Franzöſiſche Preſſeſtimmen.
FU. Paris, 7. April. Die Pariſer Preſſe fährt fort, ſich
in ihrer heutigen Ausgabe mit der Reiſe Loucheurs zu beſchäf=
tigen
. Wie Pet.t Pariſien mitteilt, hat Loucheur vor
Antritt ſeiner Reiſe mehrere Begegnungen mit Poin=
caré
gehabt, in deren Verlauf die politiſche Lage genau ge=
prüft
wurde. Im Verlauf ſeiner Unterredungen mit engliſchen
Staatsmännern ſoll Loucheur den franzöſiſchen Standpunkt in
der Reparationsfrage genau umſchrieben haben. Er habe gleich=
zeitig
die Gelegenheit wahrgenommen, um den engliſchen Stand=
punkt
in derſelben Frage genauer kennen zu lernen. Bei ſeiner
Rückkehr nach Paris erklärte er von neuem, daß ihm nur an der
Erforſchung der Meinung der engliſchen politiſchen und finan=
ziellen
Seiten gelegen habe. Petit Pariſien fügt hinzu, es iſt ge=
wiß
, daß die franzöſiſche Regierung ſich durch Loucheur genaue
Auskunft verſchaffen könnte. Man könne zu einem Uebereinkom=
men
gelangen. Demnach könne von einer tiefergehenden Mei=
nungsverſchiedenheit
zwiſchen dem franzöſiſchen Miniſterpräſi=
denten
und Loucheur kaum die Rede ſein. Man vergleiche damit
die Meldung, welche der Eclair aus London erfahren haben will,
daß dort Neigung beſtanden habe, in Loucheur den künftigen
franzöſiſchen Miniſterpräſidenten zu erblicken. Einige Londoner
Blätter wagten ſogar die Behauptung, daß Poincarés Politik
völlig geſcheitert ſei und er ſelbſt Einſicht genug beſäße, um einem
Manne, wie Loucheur, Platz zu machen. Andere gingen nicht ſo
weit und glaubten, daß Poincaré zum mindeſten zu einer Um=
geſtaltung
ſeines Kabinetts gezwungen ſein würde, und daß er
nicht anſtehen werde, ſich an Loucheur zu wenden.
Der Matin wirft die Frage auf, ob nicht in der Haltung
Englands zur Ruhrfrage eine Aenderung eintreten werde. Viel=
leicht
könnten jetzt die Verhandlungen zwiſchen Lon=
don
und Paris auf einer für Frankreich durchaus annehm=
baren
Baſis wieder aufgenommen werden. Sie würden das
freudige Ergebnis haben, daß die Alliierten ſich in
einem Augenblicke einig würden, wo Deutſch=
land
diskutierbare Vorſchläge zu unterbreiten
gezwungen würde. Das ſei ſehr wohl möglich, und es ſei
durchaus unwahrſcheinlich, daß England, ſolange es das Kabi=
nett
Bonar Law beſäße, eine für Frankreich ungünſtige Ver=
mittelung
übernehmen würde,

Die Woche.

Dreizehn wertvolle deutſche Menſchenleben hat wieder ein=
mal
verbrecheriſcher Wahnſinn gefordert. Mit Maſchinengewehren
hat man in Eſſen in die Kruppſchen Arbeiter hineingeſchoſſen,
ohne einen anderen Grund dafür zu haben als ſchlotternde Angſt.
Der General Degoutte hat den Offizier, der den verhängnis=
vollen
Befehl zum Feuern gab, zu ſich befohlen, und dieſer wird
vielleicht ſchon eine Belobigung für ſein energiſches Auftreten
erhalten haben. Anſchläge aller Art, ſo lautet ein neuer Erlaß
des Generals, ſind auf die Beſatzung verübt worden. Dieſe
Anſchläge ſind die offenkundige Folge der nationaliſtiſchen
Propaganda. Sie wird öffenkundig unterſtützt von der deutſchen
Negierung, die die Verantwortung dafür trägt. Wenn ſich ſoiche
Anſchläge wiederholen ſollten, wäre der Oberkommandierende der
Truppen gezwungen, ſtrenge Unterdrückungsmaßnahmen zu er=
greifen
, und die Bevölkerung läuft Gefahr, mit den Urhebern
dieſer Anſchläge ſolidariſch erklärt zu werden. Wenn es nicht
ſo bitter tragiſch wäre, wäre es zum Lachen. Wer kennt nicht
die alte Fabel vom Wolf und dem Lamm! Wenn wirklich ein=
mal
einer der Weſtfalen und Rheinländer nicht gewillt war, die
Quälereien zu ertragen, die ihm von Offizieren und Soldaten
zugedacht waren, und wenn er ſich dann mit ſeinen Pein gern
handgreiflich auseinanderſetzte, ſo ſind das Anſchläge auf die
Beſatzung! Und wenn die franzöſiſche Propaganda ihre Tätigkeit
verzehnfachen würde, ſo würde ſie doch nicht imſtande ſein, die
Pahrheit über die Ungeheuerlichkeiten, die täglich an Ruhr und
Rhein paſſieren, zu verſchleiern.
Planmäßig arbeitet man daran, die deutſche Abwehrfront
zu zermürben, und die beſetzten Gebiete werden mit Flugblättern
überſchwemmi welche den törichten Verſuch machen, die deutſche
Arbeiterſchaft gegen ihre Arbeitgeber aufzuhetzen. Eines dieſer

Lächerlichkeit tötete, ſo würde keiner dieſer Flugblattautoren
meh= am Leben ſein.
Daß die Ruhraktion nicht zu dem von Frankreich erhofften
Erfolge führen wird, dürfte mittlerweile auch an den leitenden
franzöſiſchen Stellen eingeſehen worden ſein, und man iſt daher
eiſrig am Werke, politiſch den Boden zu bearbeiten für eine
Löſung, welche, der angelſächſiſchen Mentalität Rechnung tra=
gend
, die franzöſiſche Rheinlandpolitik trotzdem ihren erſehnfen
Zielen näher bringt, und es iſt notwendig, daß man ſich in
Deutſchland über die Gefährlichkeit dieſer Manipulationen klar
wird. Von oſfizieller franzöſiſcher Seite hält man ſelbſtverſtänd=
lih
auch weiterhin noch an der alten Verſion feſt, und anläßlich
eines Feſteſſens in Marſeille hielt der franzöſiſche Kriegsminiſter
Maginot eine der üblichen Reden. Wir ſind in das Ruhrgebiet
deshalb einmarſchiert, um uns bezahlt zu machen und uns in
den zeitweiligen Beſitz von Pfändern zu bringen, die unſere
Forderungen ſicherſtellen. Wir wiſſen heute, daß, wenn wir nicht
einmarſchiert wären, Deutſchland verſucht hätte, ein Moratorium
ron mehreren Jahren zu bekommen, und daß es nach Ablauf
dieſer Friſt bis an die Zähne bewaffnet (2) erklärt hätte: Ihr
teollt Geld haben? Kommt und holt es Euch! Um dies zu ver=
meiden
, ſind wir ins Ruhrgebiet einmarſchiert. Wir haben in
Brüſſel erklart daß wir das Ruhrgebiet nach Maßgabe der ein=
gehenden
deutſchen Zahlungen räumen werden. Demnach iſt es
al'o Deutſchlands Intereſſe, zu zahlen. Wir ſind eine Nation,
für die Wort und Verträge noch Geltung haben. (!) Es iſt dem=
nach
vollſtändig irrig, Frankreich des imperialiſtiſchen und des
annexioniſtiſchen Geiſtes zu beſchuldigen. (!!!) Zur Er=
reichung
unſeres Zieles gibt es nur ein Mittel, wir müſſen den
einen Teil des Problems, den Teil, der gefaßt werden kaun,
ternichten. Da Rußland nicht gefaßt werden kann, kann es nur
das unitaeiſche Deutſchland, der deutſche Staat, ſein. Dieſe
Ausführungen von Herrn Charles Maurras in der Action
francaiſe ſtimmen allerdings nicht ganz zu den Schalmeien des
Herrn Maginot, und im Eclair beſchäftigt ſich Herr Magallazt
mit der Bildung eines rheiniſchen Pufferſtaates:
Einfach und zugleich herrlich iſt jedoch die Idee dieſes neuen
aus der großen Kataſtrophe geborenen Staates. Er wäre Damm=
und Wall der Ziviliſation und der Hauptſtützpunkt Europas,
deſſen tauſendjährige Kriege dem Rheinlande die Rolle des
Friedensſtifters zuweiſen. Die Idee hat in allen Köpfen Cin=
gang
gefunden. Jedermann hält ſie für gerecht. Wir ſelbſt haben
an dieſer Stelle vor einigen Monaten die Bildung einer Partei
der öffentlichen Wohlfahrt verlangt mit dem klaren Programm.
Einmarſch in das Ruhrgebiet und Unabhängigkeit des Rhein=
landes
. Nur die Sozialiſten und mit ihnen der Block der Linten
ſind Gegner der Idee.
Eine Rheinlandfrage gibt es nicht. Das Rheinland iſt
deutſch und wird deutſch bleiben. Man darf aber nicht überſehen,
daß die franzöſiſche Propaganda an der Arbeit iſt, eine Rhein=
landfrage
aufzuwerfen, die gelöſt werden ſoll. Daß franzö=
ſiſcher
Wühlarbeit in dieſer Beziehung leider keineswegs jeder
Erſolg verſagt geblieben iſt, beweiſt der letzthin von Lord Cecil
gemachte Vorſchlag, das Rheinland nach dem Muſter des Saar=
gebietes
unter das Regime des Völkerbundes zu ſtellen. Was
das heißt, wiſſen wir nur zu gut. Die Verhältniſſe im Saar=
gebiet
, wo die Franzoſen unumſchränkt herrſchen, beweiſen das
tagtäglich. Das Gefährliche aber an dieſem Plane iſt, daß er
mit der Völkerbundspſychoſe weiter engliſcher Kreiſe rechnet und
daher trotz ſcheinbarer Ablehnung den Franzoſen ganz geeignet
erſcheint, nichr etwa die etappenweiſe Räumung der wider=
rechtlich
beſetzten Gebiete anzubahnen, ſondern vielmehr die
etappenweiſe Verwirklichung ihres Planes, die Rheinlandfrage
in ihre Gewalt zu bringen. Wir haben an dieſer Stelle ſchon
mehrfach ausgeführt, daß England eine möglichſt ſchleunige Li=
quidierung
der Ruhraktion begrüßen würde, und daß es ihm
nicht darauf ankommt, dieſe Liquidierung gegebenenfalls auf
Koſten Deutſchlands herbeiführen zu halfen, wenn ſie nur den
Intereſſen Englands Rechnung trägt. Auf der anderen Seite
wird man ſich aber in England vielleicht doch ſagen, daß man
Frieden in Europa braucht, und daß jede, auch verſchleierte
Annexion der Rheinlande die Verewigung des Kriegszuſtandes
bedeuten würde. Poincaré, Gest 1a guerre, ſo ſagte man bor
dem Weltkrieg. Auch heute noch trifft dieſer Satz voll zu.
Im Oſten hat Polen zu Uebungszwecken eine ganze Reihe
von Jahrgängen mobiliſiert, und es iſt verſtändlich, daß man in
Moskau der weiteren Entwicklung ſchärfſte Aufmerkſamkeit
ſchenkt. Die Hauptkräfte Polens, ſo ſchreibt Radek in der
Moskauer Prawda, werden an der ruſſiſchen Grenze kon=

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Seite 2.

zentriert, und Rußland kann ſi ziiermehr damit beruhigen,
daß Polen die Mobiliſation einer großen Maſſe ſeiner Bürger
als Demonſtration gegen Deutſchland auslegt.
Die Polen, ſo wird in dem Auffatz weiterhin ausgeführt, hätten
zwar zur Rettung aus der kataſtrophalen Finanzlage Wladnslat
Grabsli zum Finanzminiſter, zur gleichen Zeit aber deſſen Ar=
beit
durch die Uebungsmobiliſation unmöglich gemacht. Solche
Opfer würden nicht gebracht zu Uebungs= und Demonſtrations=
zwecken
, und auch Frankreich habe gewiß nur aus ernſteſten Ab=
ſichten
heraus Polen kürzlich eine Anleihe von 400 Millionen
Franken gewährt. Der Ton im diplomatiſchen Verkehr zwiſchen
Warſchau und Moskau wird von Tag zu Tag gereizter und
nähert ſich bereits der Sprache Poincarés Deutſchland gegen=
über
. In allen Hauptſtädten der vielen öſtlichen Staatenneugrün=
dungen
aber iſt Frankreich eifrig an der Arbeit, um ſeine Tra=
banten
bei der Stange zu halten. Schließt die Reihen, ſo
führte Herr Beneſch, der Pxemierminiſter der Tſchechoſlowakei
und Frankreichs treuer Vaſall, letzthin in einer Unterredung mit
dem Berichterſtatter des Matin aus. Die Friedensverträge
von 1919 ſeien gefährdet. Der gegenwärtige Zuſtand ſei aller=
dings
nicht ideal zu nennen, bedeute aber gleichlvohl einen Fort=
ſchritt
der Vergangenheit gegenüber, und zum Schutze der Frie=
densverträge
ſei daher in erſter Linie eine Zuſammenarbeit der
Kleinen Entente mit Frankreich notwendig. Seit Genua ſei ein
Einvernehmen der Kleinen Entente mit Polen hergeſtellt, wel=
ches
durch ein freundſchaftliches Verhältnis zwiſchen Polen und
Rußland ergänzt werden müßte. Ob allerdings dieſes Ziel des
franzöſiſchen Einkreiſungswerkes in abſehbarer Zeit möglich
ſein wird, muß doch einigermaßen fraglich erſcheinen.
Alle Pläne aber, die man an der Seine geſchmiedet, werden
ſcheitern, ſo lange das deutſche Volk wie bisher in dieſen letzten
Monaten einig zuſammenſteht in geſchloſſener Abwehr. Keine
wirtſchaftliche Schwierigkeit, kein parteipolitiſcher Doktrinaris=
unus
darf dieſe Einigkeit ſtören. Vom lebendigen Verantwor=
tungsgefühl
jedes Einzelnen hängt das Schickſal des deutſchen
Volkes ab. Die Weltgeſchichte iſt das Weltgericht.
MI.

Deutſchland ſoll antworten.
EU. London, 7. April. Trotz des unmittelbar drohenden
Rieſenſtreiks von einer halben Million Bau= und Bahnarbeitern
bleibt die engliſche Preſſe ausſchließlich mit Loucheurs Befuch
in London beſchäftigt. Die halbamtliche Schlußmeinung über
dieſen Beſuch geht dahin, daß man ſich über die Möglichkeit und
Bedingungen einer Wiederannäherung zwiſchen den engliſchen
und franzöſiſchen Anſichten in der Reparationsfrage klarer ge=
worden
iſt. Die liberale Preſſe betont, in England betrachte man
Loucheurs Pläne als eine Erörterungsgrundlage. Das bedeute
aber noch nicht, daß England die Durchführung aller dieſer Pläne
billigen oder unterſtützen werde. Man könne und dürfe Deutſch=
land
nicht zwingen, Sicherungsbedingungen wie die Rhein=
Saar=Republik und Verminderung der deutſchen Gebietshoheit,
anzunehmen. Das würde nur neue Verbitterung ſchaffen, die
wieder jede Sicherheit illuſoriſch machen würde. Der Daily Tele=
graph
ſchreibt, die deutſchen Einwände gegen die Pläne Lou=
cheurs
ſeien nicht unſtichhaltig, aber es ſei nun an der deutſchen
Regierung, die begonnene Unterhaltung weiterzuführen und ge=
nau
zu ſagen, was ſie in Loucheurs Vorſchlägen für diskutabel
halte, was nicht und was ſie ſelbſt vorzuſchlagen habe,

Das Kampfziel der Ruhrgewerkſchaften.
TU. Dortmund, 7. April. (Lokalanz.) In Dortmund fand
geſtern eine Konferenz der freien Gewerkſchaften
des Einbruchsgebiets ſtatt. Es wurde einſtimmig eine Ent=
ſchließung
angenommen, in der es heißt, daß der Ein=
bruch
des franzöſiſch=belgiſchen Militarismus im Ruhrgebiet
mit allen zur Verfügung ſtehenden Mitteln des
paſſiven Widerſtandes abgewehrt werden müſſe. Die Räu=
mung
des Ruhrgebiets müſſe im Vordergrund aller
Verhandlungen ſtehen und als erſtes Ziel erreicht werden.
Zu den Vorgängen bei Krupp wurde ebenfalls eine Entſchließung
angenommen. Dieſe neue Gewalttat werde die Arbeiterſchaft
in ihrem Widerſtand gegen die franzöſiſch=belgiſche, Machtpolitik
nur beſtärken.
Das Wormſer Telegraphenamt beſetzt.
Darmſtadt, 7. April. (Wolff.) Das Telegraphenamt in
Worms iſt von den Franzoſen beſetzt worden, weil die Be=
amten
ſich weigerten, Verbindungen mit der militariſierten Tele=
graphenverwaltung
in Mainz herzuſtellen.

Verboten.
Griesheim, 7. April. Der Neue Griesheimer Anzeiger,
der vor Oſtern auf 10 Tage verboten war, iſt nach zweimaligem
Erſcheinen wiederum ohne Angabe von Gründen auf 8 Tage
verboten worden.

Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Samstag, den 7. April.
Der Waffenſchmied.
Komiſche Oper von A. Lortzing.
Mit dieſem Werk iſt die Reihe der vier volkstümlichen Opern
Lortzings geſchloſſen, die in dieſer Spielzeit alle zur Aufführung
kauen. Denn Undine fällt aus dem Rahmen und darf ja
wohl auch als mißglückt angeſehen werden.
Der Waffenſchmied iſt der Zeit nach die letzte, dem Stoff
nach die ſchwächſte, in der Komik die abgeblaßteſte dieſer vier.
Sein Schema iſt das bekannte zugkräftige, ſeine Lieder und
Couplets ſind in aller Mund. Wirkungsvoll gemachte Enſembles
beleben, flott gezeichnete Charakterfiguren feſſeln, der Einſchlag
ins Sentimentale fehlt nicht, die Herzen werden gerührt, manche
lächeln.
Lortzing in Ehren! Er hat ſeine beſtimmte Bedeutung, iſt
ein ganzer Kerl und ein Original. Nur nicht zu oft bringt ihn
uns, und nicht mit allen ſeinen Werken! Es wäre ſchade, wenn
man ihr einmal überdrüſſig würde.
Mit der Spieloper iſt’s bei uns gut beſtellt. Alle Kräfte
ſtehen darin feſt und haben perſönliche Noten.
Die Titelrolle fand in Herrn Hölzlin einen Sänger und
Schauſpieler vornehmſter Art, während Herr Heuſer ſich mit
der farbloſen, undankbaren Rolle des Grafen ſo gut wie möglich
abfand. Hertha Greeff war eine reizende, wenn auch etwas
leidenſchaftsloſe Marie, und Martha Liebel gab der Irmen=
traut
den nötigen ſtarken Auftrag. Hans Siegfried als
Georg lebhaft, launig und glänzend bei Stimme, Paul Peter=
ſen
ein ſcharf ausgeprägter Brenner. Den Vogel aber ſchoß
Heinrich Kuhn mit ſeinem köſtlichen Ritter aus Schwaben ab,
den ihm in Maske, Eigenheit der Bewegungen und Sprache der
beſte Komiker ſo leicht nicht nachmacht.
Troß vieler guter Einzelleiſtungen war die von Walter
Beck geleitete Vorſtellung gleichwohl etwas matt und gewann
eigentlich nur in den Liedern und Couplets friſcheres Leben, die
zum Teil wiederholt werden mußten.
Das Werk fand ein ſehr dankbares Publikum, das am Schluß
v. HI.
mehrere Darſteller mit Blumen reich beſchenkte.
Bühne und die neue Zeit
von Edwin Redslob.
Sichtbare Darſtellung der Lebensenergien iſt das Gebiet der
unſt. Sie bringt den erſten Ausblick in die Lande der Zukunft. Und
elten hat dieſe feine Magnetnadel ſo lebhaft reagiert wie in unſerer
ten, ge=
degenwart
. Einzelleiſtung, ohne Einſtellung auf das
reben zur Vereinheitlia
nügt ihr nicht mehr.
ſſung aber

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, deit 8. April 1923.

Folgendes Schreiben iſt durch einen Zufall in deutſche Hände
geraten:
Teerprodukte=Fabrik
vorm. Seck u. Dr. Alt, G. m. b. H.
Biebrich a. Rhein, den 27. 3. 23.
. Bahnſendungen nach Schierſtein a. Rhein.
Monsieur le Président
de la commission des chemins de fer
Mayence.
Monsieur le Président!
On vient de vous informar, due notre voiture cysterne
Mayence Nr. 578 391, aui se tnouvait sur notre rail à la station
de Schierstein, a Eté amenee v a quelgues jours. La voiture eté
remplie de Thuile de goudron dont nous avons besoin pour
effecture une livraison urgent pour la Belgique, Les deux
voitures belges, gui sont destinees pour cette livraison se trou-
vaient
dejä depuis queldues jours à la station de Schierstein,
Nous vous prions, Monsieur le Président, de vient vouloir
feire faire le demarches necessatres pour nous vemettre en
possession de notre voiture Mayence Nr. 578;391.
En vous remerciant en davance, nous vous presentons
Tassurance de notre parfaite considération.
Teerprodukte-Fabrik
vorm, Seck & Dr. Alt, G. m. b, H.
gez. Unterschrift.
Herr Präſident!
Man hat Sie ſoeben darüber unterrichtet, daß unſer Tank=
wagen
Mainz Nr. 578391, der ſich auf unſerem Anſchlußgeleis
der Station Schierſtein befand, vor einigen Tagen fortgebracht
worden iſt. Der Wagen war mit Teeröl gefüllt, das wir für die
Ausführung einer dringenden Lieferung nach Belgien benötigen.
Die zwei belgiſchen Wagen, die für dieſe Lieferung beſtimmt
ſind, befinden ſich ſchon, ſeit einigen Tagen auf der Station
Schierſtein.
Wir bitten Sie, Herr Präſident, die nötigen Schritte zu ber=
anlaſſen
, um uns wieder in den Beſitz unſeres Wagens Mainz
Nr. 578 391 zu ſetzen.
Indem wir Ihnen im voraus danken, verſichern wir Sie
unſerer vorzüglichen Hochachtung.
Man wird ſich den Namen dieſer famoſen Firma merken
müſſen. Mit Deutſchen wird ſie in Zukunft wohl kaum noch Ge=
legenheit
haben, Geſchäfte zu machen.
Mit Erſchießen bedroht.
Ludwigshafen, 7. April. Aus Kaiſerslautern wird ge=
meldet
, daß gelegentlich der Auszahlung rückſtändiger Gehalts=
anteile
ein nach der Beſetzung verhafteter Beamter von den
Franzoſen ſchwer mißhandelt, beſchimpft und
mit Erſchießen bedroht worden war, wenn er nicht an=
gebe
, woher er die Geldmittel habe.
Der Belagerungszuſtand über Lünen.
Lünen, 7. April. (Wolff.) In Lünen wurde wegen an=
geblicher
Zerſtörung franzöſiſcher Fernſprechleitungen der Be=
lagerungszuſtand
verhängt.
Orakoniſche Strafen.
Bonn, 7. April. (Wolff.) Das Kriegsgericht in Bonn ber=
handelte
gegen einige Poſtbeamte und verhängte folgende dra=
koniſche
Strafen: Der Präſident der Oberpoſtdirektion in
Koblenz, Franz, erhielt 5 Jahre Gefängnis und 5
Millionen Mark Geldſtrafe, der Telegraphendirektor
Moſeler=Koblenz 4 Jahre Gefängnis und 5 Mil=
lionen
Mark Geldſtrafe, Poſtmeiſter Garke aus Flam=
merfeld
3 Jahre Gefängnis und 5 Millionen Mark
Geldſtrafe Poſtamtmann Landmann aus Siegburg
5 Jahre Gefängnis und 5 Millionen Mark Geld=
ſtrafe
.
Belgiſche Angſi.
Emmerich, 7. April. (Wolff.) Der belgiſche Komman=
dant
von Emmerich hat ohne jede Veranlaſſung einen Be
fehl erlaſſen, daß es auf den Straßen des beſetzten Gebiets von
Emmerich verboten ſei, die Hände in den Taſchen
zutragen. Etwa 15 Straßenpaſſanten, darunter eine Anzahl
niederländiſcher Staatsangehöriger, wurden wegen Nichtbeach=
tung
der Anordnung verhaftet und über Nacht in einem engen
Raum ohne Sitzgelegenheit feſtgehalten.

Rültitter 96.

Berlin, 7. April. (Wolff.) Trotzdem euch die Nepara=
tionskommiſſion
begutachtet hat, daß die Reichsbank ein Privat=
inſtitut
ſei, wurde wiederum Reichsbankgeld von den
Franzoſen beſchlagnahmt. Im ganzen wurden wie
wir zuſtändigerſeits erfahren, bis jetzt etwas über 27 Mil=
liarden
Reichsbankgeld weggenommen. In der vorigen Woche
wurden in Höchſt 9 004 450 000 Mark beſchlagnahmt
und feſtgehalten, welche von der Reichsbankſtelle in Frankfurt
am Main an diejenige in Wiesbaden mit einem Automobil ge=
ſandt
wurden, trotzdem die Reichsbankſtelle in Wiesbaden das
Verſprechen hatte, daß die Transporte unbehelligt bleiben ſoll=
ten
. Die Gelder wurden am 28. März beſchlagnahmt. General
Degoutte hat nach Rückſprache mit Poincaré am 3. April mit=
geteilt
, das Geld ſei im Schatze Belgiens und Frank=
reichs
niedergelegt worden.
Worms, 7. April. Auf der Rheinbrücke bei Worms wur=
den
aus einem Auto drei Milliarden Mark von den
Franzoſen weggenommen, die der Reichsbank gehörten und nach
Worms gebracht werden ſollten.
Mülheim, 7. April. (Wolff.) In der Buchdruckerei von
Ernſt Marks ſind die von den Franzoſen beſchlagnahmten einein=
halb
Milliarden Papiermark ſowie die Druckplatten und das
nötige Papier wieder freigegeben worden. Die Franzoſen er=
klärten
, daß die Beſchlagnahme irrtümlich erfolgt ſei.
Der Prozeß gegen die Kruppdirektoren.
Eſſen 7. April. Der Prozeß gegen die Kruppdirektoren
findet im Lauſe der nächſten Woche vor dem Kriegsgericht in
Werden ſtatt. Die Franzoſen wollen warten, bis die Hauptzeu=
gen
der blutigen Vorfälle auf dem Kruppwerk, die Mitglieder
des Kruppſchen Betriebsrates, die geſtern und vorgeſtern in Ber=
lin
waren, zurückgekehrt ſind.
Die Militärherrſchaft im Saargebiei.
Saarbrücken, 7. April. Das franzöſiſche Militär, das
in der letzten Zeit ſtärker und herausfordernder auftritt, fängt
an, nervös zu werden. Trotz der Zuſicherung ſeitens der Re=
gierungskommiſſion
, daß keine Aenderung der zu Streikbeginn
herausgegebenen Verordnungen eingetreten ſei, werden die ſtrei=
kenden
Bergarbeiter von dem Militär von den Straßen ver=
trieben
. Aber nicht nur das, auch Frauen und Kinder, kurzum
ſämtliche Paſſanten, auch Kirchgänger, werden in die Häuſer
zurückgejagt. Das Militär hinderte ſogar die Bevölkerung, an
einem Leichenbegängnis teilzunehmen. In Riegelsberg wurden
ſämtliche auf der Straße befindlichen Perſonen von dem Militär
in die Kirche getrieben. Man verſuchte dort, einen Bergmann
an ein Pferd zu binden. Auch aus allen vom Streik betroffenen
Orten berichten die Vertrauensleute übereinſtimmend über
ſchlimmſte Drangſalierungen.
Das internationale Arbeitsamt hat es abgelehnt, dem Er=
ſuchen
der politiſchen Parteien des Saargebietes um Vermitt=
lung
im Bergarbeiterſtreik ſtattzugeben. Albert Thomas als
Vorſitzender des Arbeitsamtes will, wie er in ſeinem Schreiben
betont, keine Vermittlungsmöglichkeit ſehen, ſo lange nicht die
Regierungskommiſſion um eine Intervention erſuche und bevor
nicht der franzöſiſche Staat als der Eigentümer der Bergwerke
ſeine Zuſtimmung zu einem Schritt des internationalen Ar=
beitsamtes
gegeben habe. Die Antwort iſt bezeichnend für die
Haltung des internationalen Arbeitsamtes. Wie im Völker=
bund
, ſo herrſcht auch im internationalen Arbeitsamt der fran=
zöſiſche
Einfluß vor, wofür das Schreiben ein erneuter Beſveis iſt.
Der ſinkende Schweizer Franken.
TU. Baſel, 7. April.. Das Sinken des Schweizer Franken
beſchäftigt ſchon ſeit einiger Zeit die Oeffentlichkeit in erregtem
Maße. Während vor kurzem in der Nationalzeitung als Urſache
das übermäßige Abſtoßen ſchweizeriſcher Deviſenbeſtände durch
deutſche Unternehmungen infolge der Geldknappheit bezeichnet
wurde, gibt der Zürcher Tagesanzeiger die Verſchlechterung der
eidgenöſſiſchen Zahlungsbilanz als Urſache an. Dieſe Verſchlech=
terung
ſei zurückzuführen auf die Verluſte, welche die Betriebe
durch die fortſchreitende wirtſchaftliche Kriſe erleiden, durch die
Verluſte an Kapitalien im Ausland, die Abwanderung auslän=
diſcher
Kap; llien und das Ausbleiben des Fremdenverkehrs.
Anfang Januar 1923 ſtand der Dollar in Zürich noch 5,11, heute
notiert er 5,45; das engliſche Pfund iſt in der gleichen Periode
von 21,40 auf 25,40 geſtiegen und der holländiſche Gulden von
187,50 Franken auf 214 Franken.

die erſten Symbole einer neuen Zeit, eines neuen Lebensſtiles zu ſchaffen.
Um ihrer Möglichkeit zu anſchaulicher Zuſammenfaſſung aller
Künſte willen glauben wir heute an die Zukunft der Bühne, an ihre ſtaat=
liche
Aufgabe, an ihre menſchliche Sendung. Der Künſtler, der uns hier
Einheit der Lebensäußerungen im Gleichnis ſeiner ſtiliſtiſchen Mittel
greifbar vor Augen ſtellt, iſt uns Wegbereiter, Seher und Schöpfer, ſein
Werk, zum Weiheſpiel erhoben, erhält eine Bedeutung, die an die Sym=
bolik
alter Kulturformen denken läßt.
Es gilt alſo, uns um der Zukunft willen zu erfüllen mit Verſtändnis
für die Werte, die unſerem Verlangen nach einer neuen Einheit des
Lebensſtiles entgegenkommen.
Anzeichen ſind genugſam vorhanden. Die Zeit des Virtuoſentums
geht zu Ende. Darſteller, denen an der Kunſt in erſter Linie um der
Sättigung ihrer Eitelkeit willen gelegen iſt, können dieſen Hunger vor
dem Aufnahmeapparat des Kinematographen ſtillen und haben dann ſo=
gar
die Möglichkeit, ſich vor ſich ſelbſt wie im lebendig gewordenen Spie=
gel
zu genießen. Künſtler aber, die über die Zufälligkeit des eigenen
bißchen Ich hinaus ihre Kraft ausſtrömen wollen in die Größe erhabener
Werke, können ſolche Steigerung erleben, wenn ſie das volle Rund, die
wie vom Sternenglanz getragene Wölbung des neuen Schauſpielhauſes
um ſich und über ſich ſehen. Hingabe an die Urkraft der Sprache und
an die Geheimniſſe räumlicher Myſtik lehren ſie erfaſſen, daß höherer
Genuß als im Befriedigen der Gefallſucht in überperſönlicher Steigerung

der Kräfte liegt.
Spezialiſtentum, Virtuoſentum: das war das Merkmal des Theater=
lebens
der kapitaliſtiſchen Epoche. Wohl bekämpfte Richard Wagner die
egozentriſche Eitelkeit des Darſtellers und verlangte Unterordnung unter
das Geſamtkunſtwerk; wohl bereiteten Darſteller wie Kainz durch ein
auf Regie und Sachlichkeit gerichtetes Spiel der neuen Zeit die Bahn.
Aber auch Wagner dachte als Kind ſeiner Zeit egozentriſch, wenn auch
vom Standpunkt des Theaterimperators aus, und Kainz erlebte das
ihn ſelbſt anekelnde Schauſpiel, daß ein auf Spezialiſtentum eingeſtelltes
Publikum in ihm, dem hingegebenen Verkünder ſeeliſch vertiefter Dich=
tung
, nur bloß den Einzelnen, den Virtuoſen beklatſchte.
Dies Publikum freilich unter Leſſing lernendes Kind, unter Schil=
ler
umworbene Geliebte war zu jener Zeit von denen, die den Beruf
des Theaterſtückſchreibens betrieben, zur Dirne gemacht worden. Paris
begann dieſe Mode, Berlin ahmte ſie nach. Nicht in der Seele des
Schaffenden wurden die Geſetze des Lebens erfaßt und geſtaltet: unten
im Parkett zwiſchen den Sitzen der Kritiker und der Premierentiger
ſtudierten geriſſene Skribenten die Geſetze des Erfolges und entnahmen
daraus die treibenden Richtlinien für ihre Arbeit.
Brutalität und Sentimentalität: dahin entarteten die Gegenpole des
Lebens: männlicher Wille und weibliche Hingabe. Auf die ſchlechten In=
ſtinkte
des Publikums zu ſpekulieren, dabei aber Güte des Einzelnen als
der einzigen anſtändigen Ausnahme jedem der vielen Hörer gleichſam
privatim vorzutäuſchen: darauf kam es an.
Heute aber wiſſen wir, daß nur eines hilft: zuzugeben, daß im
Leben Kampf herrſcht von Niedrigkeit und Niedertracht, trotzdem aber
und gerade darum zu ſchaffen im Hinblick auf die großen Werte, auf die
überragenden Geſetze, die all das zerſtörende Gewirr zur Einheit formen
und über die Irdiſchkeit erheben.
Diefen neuen Glauben vorbereitend, entfernte ſich die Bühnenkunſt
immer mehr von ihrer einſeitigen Einſtellung auf Bravour und Einzel=
leiſtung
. Sie rang nach Einheit und Form, nach ſtiliſtiſcher Ruhe. Sie
überwand den Realismus, wollte nicht mehr eine Stätte der Nach=

ahmung ſein und gottloſer Kopie. Sie beſann ſich plötzlich, daß auf der
Bühne nichts zufällig iſt, daß ſchon das Wort Bühnenbild ein Geſetz
enthält. Sie erkannte den Stimmungswert der Farbe, die ſteigernde
Kraft des Raumes. Sie ſtellte den Bühnenkünſtler frei zwiſchen verein=
fachte
, kubiſch lebendige Form und machte ihn der früher zweidimen=
ſional
gebunden war wie ein gepreßter Schmetterling hinter dem Glas
des Sammelkaſtens nun gleichſam zur freien Plaſtik. Durch Kraft
der Gebärde, durch Klang der Sprache und des Geſanges vermochte er
ſich damit über menſchliche Begrenztheit zu erheben, zum Träger küh=
nen
Geſtaltungswillens zu ſteigern. Die Bühne gab Bilder, verwirk=
lichte
Träume in Linie und Farbe. Sie ſchuf Architektur und Plaſtik
und eroberte ſich die ſtilbildende Kraft des Raumes und ſeine nach
Durchdringung mit Klang verlangende geheimnisvolle Feierlichkeit. Die
Bühne beginnt das iſt die neue Stufe dieſer Entwickelung der Welt
des Tanzes wieder eine Stätte zu ſein. Sie erobert ſich die Rhythmit
der Bewegung, ſie ſtellt völlig neue, in ihrer herrlichen Möglichkeit heute
noch wenig Menſchen vertraute Geſetze auf, nach denen Geſtalten, Farbe
und Form, nach denen Stellung Geſte, Wechſel und Ruhe, Schweigen
und Klang eine geheimnisvolle Einheit bilden. Darin iſt nichts mehr
von entlehnender Zuſammenſtoppelung einzelner Künſte, darin iſt eine
neue Einheit, die mit aller Steigerung des Begriffes wahrhaft als
Bühnenkunſt bezeichnet werden kann.
Und ſeltſam: hier zeigt ſich eine völlig neue Verbindung mit der
Welt des Kino, deren rhythmiſch freie Möglichkeiten einer neuen Ent=
wickelung
entgegendrängen. Bewegung, das Merkmal des Stiles un=
ſerer
Zeit denn nur Uebelwollen kann verkennen, daß unſere Zeit
ihren Stil hat, groß, beſtimmt und erfüllt von eigenem Drange , Be=
wegung
aber bedeutet, über zeitliche Schranken erhoben, für jetzt und
immer das Zauberwort der Bühne. Wie Form nicht nur poſitiv entſteht,
ſondern auch im Gegenbild, im negativen Ausſchnitt des Ornamentes
erſcheint, ſo entſteht auch Bewegung nicht nur iſoliert und einzig durch
ſich ſelbſt. Auch der Hintergrund, auch die ewig klingende Rhythmik des
Raumes nimmt an ihr teil. Das zu begreifen, danach zu handeln, wird
die entſcheidende Aufgabe der Bühnenkunſt ſein. Bewegung verbindet,
Bewegung löſt, Bewegung wird verſtärkt oder gehemmt durch Farbe und
Form, die im Wechſelſpiel hinter und neben dem, was ſich bewegt, auf=
blitzt
und ſich verwandelt. Hier nicht im Wunſche nach realiſtiſcher
Wiederholung einer Wirklichkeit hier ſind die Geſetze neuer ſzeniſcher
Geſtaltung zu ſuchen. Bewegung kennt aber auch akuſtiſche Motive.
Das Aufſchlagen des Fußes beim Tanz, das metalliſche Klirren eines
Schmuckſtückes vermag eine Steigerung zu bringen, die unſere Seele
wie mit ſtraffem Bogen ſpannt. Wechſel der Schallrichtung aber, An=
ſchwellen
in der Nähe, Anklingen oder Abſchwellen in der Ferne vermag
Motive zu geben, die höchſte Kraft, geſteigerte Weihe zum Ausdruck
bringen.
Sind ſolche Erkenntniſſe, vor der Welt der Bühne gewonnen, nicht
wie ein Gleichnis für Empfindungen, die uns allen Aeußerungen des
Lebens gegenüber in ſchwingender Sehnſucht halten? Iſt nicht im Schlag
unſeres Herzens, im Arbeitsverlangen unſerer Sehnen und Muskeln,
in der inneren Kraft unſeres Hörens und Sehens ein Drang nach
Rhythmik, ein Drang nach Bewegung, damit auch unſeres Blutes Puls=
ſchlag
übergeleitet wird auf jenen großen Rhythmus, der rings der
Welt das Leben ſchafft?
Es befreit uns, am Beiſpiel der Kunſt, an den neuen Möglichkeitenf
einer Bühne des deutſchen Volkes zu erkennen, daß wir nicht nur Trüm=
mer
hinter uns haben daß Werk und Weihe vor uns ragen,

[ ][  ][ ]

Rumuter 96.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.

Seite 3.

Bekenntnis zum Deutſchtum.
Generalſtreik in Memel.
Meuel, 7. April. (Wolff.) Der Generalſtreik iſt
hier allgemein. Der Parole der Gewerkſchaften ſind auch
die anderen Berufs= und Erwerbsgruppen ſofort gefolgt, ſo daß
ſämtliche Geſchäfte, Bureaus und Banken geſchloſ=
ſen
haben. Als litauiſches Militär die Poſt beſetzte,
verließen ſämtliche Beamten das Peſtamt; auch das Gas=
werk
ſowie das Waſſer= und Elektrizitätswerk
kiegen ſtill. Der Stellvertreter des litauiſchen Oberkom=
miſſars
erließ auf Grund des im Memelgebiet noch beſtehenden
Ausnahmezuſtandes eine Verordnung, wonach Verſammlungen
und Umzüge auf den Straßen, ſowie Streiks in lebenswich=
tigen
Betrieben, überhaupt politiſche Streiks jeder Art ver=
boten
ſind.
Eine am Freitag abend im Schüötzenhauſe zwanglos zuſtande=
gekommene
Verſammlung von Angehörigen aller Berufs= und
Bebölkerungskreiſe ſtellte ſich geſchloſſen auf den Boden der ge=
werkſchaftlichen
Forderungen. Die Verſammelten beton=
ten
einmütigihr Deutſchtum, und das Aufgehen
Memels in Litauen wurde mit Entrüſtung zu=
rückgewieſen
. Die Autonomie ſei verſprochen worden, und
dieſe müſſe reſtlos durchgeführt werden. Eine für heute morgen
angekündigte große Verſammlung wurde nicht geneh=
migt
. Ein nach Tauſenden zählender Zug von Verſammlungs=
teilnehmern
begab ſich hierauf nach Spitzhut bei Memel. Die
ſiekengliedrige Kommiſſion, die am Donnerstag dem litaui=
ſchen
Vertreter die Forderungen der Gewerkſchaften über=
brachte
, wurde verhaftet, ebenſo der Schriftleiter der ſozial=
demokratiſchen
Nemeler Volksſtimme, namens Rührig.
Nemel, 7. April. (Wolff.) Nachdem das litauiſche Militär
das Poſtamt geräumt hat, iſt der Betrieb wieder
aufgenommen worden. Der Generalſtreik gewinnt
an Ausdehnung. Außer aus Hehdekrug wird auch aus
Kinten und Ruß der allgemeine Ausſtand gemeldet. In einer
auf dem Gute Spitzhut bei Memel abgehaltenen großen Ver=
fammlung
wurde mitgeteilt, daß eine Anzahl Mitglieder der
Verhandlungskommiſſion entgegen dem ausdrücklichen Verſpre=
chen
des litauiſchen Vertreters verhaftet twurde. Von ſämtlichen
Rednern wurden die augenblicklichen Verhältniſſe im Memel=
gebiet
aufs ſchärfſte gegeißelt. Ein von den Verhandlungen mit
Budrys zurückkehrender Gewerkſchaftsvertreter teilte mit, daß
Budrys die Freilaſſung der Verhafteten abgelehnt habe. Der
Redner forderte die Verſammlung auf, den Streik in aller Ruhe
durchzuführen und Zuſammenſtöße zu vermeiden. Er ſchloß mit
einem brauſend aufgenommenen Hoch auf das deutſch=
ſtämmige
Volk in Memel und das Volk des Me=
melgebietes
. Beim Rückmarſch der Volksmenge entſtand
an der Präfektur ein Zwiſchenfall. Das litauiſche Mili=
tär
hieb mit dem Kolben auf die Menge ein und
gab, als aus der Menge drohend Stöcke erhoben wurden,
Schreckſchüſſe ab. Das Militär erhielt aus der Kaſerne
Verſtärkung, worauf die Menge mit aufgepflanztem Bajonett von
den Straßen vertrieben wurde.
Hendekrug, 7. April. (Wolff.) Auf Beſchluß des Heyde=
kruger
Kaufmänniſchen Vereins, ſich dem Abwehrſtreik anzu=
ſchließen
, ſind ſeit heute morgen die Geſchäfte geſchloſſen.
Deutſchfeindliche Kundgebungen in Polen.
Warſchau, 7. April. (Wolff.) Zu den hier im Anſchluß
an eine Proteſtverſammlung gegen das Moskauer Urteil ſtatt=
gefundenen
Demonſtrationen iſt noch mitzuteilen, daß, nachdem
eine Menge von mehreren tauſend Perſonen vor den Entente=
geſandtſchaften
Sympathiekundgebungen veranftaltet hatten, ein
Zug durch die Straße geleitet wurde, in der ſich die deutſche
Botſchaft befindet. Hierbei wurden deutſchfeindliche
Lieder gefungen und Nieder mit Deutſchland! ge=
rufen
. Beſondere polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen waren nicht
feſtzuſtellen.
Die Gazetta Warſawska und das Journal de Cologne grei=
fen
den Deutſchtumbund in Polen an. Die erſtere Zeitung be=
tont
in Anknüpſüng an den bevorſtehenden Beſuch Marſchall
Fochs die Notwendigkeit, eine ſtärkere Front gegen
Deutſchland, verlängert durch die tſchechiſche
Front, zu ſchaffen. Da Deutſchland eine Hauptgefahr für
Polen bilde, ſei die Erhaltung der polniſchen Unabhängigkeit
ohne energiſche Niederhaltung des deutſchen Revanchegeiſtes
unmöglig:.

Entlarvung politiſcher Spitzel.
München, 7. April. (Wolff.) Amtlich. Die Münchener
Polizeidirektion teilt mit: Zuſammenhängend mit der Ermor=
dung
des Studenten Karl Baur aus Wismar wur=
den
die Brüder Franz und Waldemar v. Puttkamer feſt=
genommen
. Durch die bisherigen Feſtſtellungen konnte nicht
bewieſen werden, ob oder inwieweit die beiden an dem Tod
des Baur mitſchuldig ſind. Dagegen fteht einwandfrei feſt, daß
die Brüder Puttkamer ſich als Spitzel in deutſchnationale
Kreiſe eingeſchlichen haben und ſich dort weiteſtgehendes Ver=
trauen
zu erringen wußten. Das ſo gewonnene Material ver=
werteten
ſie ſeit mehreren Monaten zu umfangreichen und ins
einzelne gehenden Spitzelberichten, die nicht nur an die
linksgerichtete Preſſe, wie die Münchener Poſt, den Ber=
liner
Börſenkurier und den Vorwärts, ſondern
wahrſcheinlich auch an eine norddeutſche Regierungsſtelle abge=
geben
wurden. Für die Arbeitsweiſe dieſer politiſchen Agenten
iſt bezeichnend, daß Franz Puttkamer Karl Baur im Januar,
als dieſer ihm in den Plan zur Ermordung des Ober=
bürgermeiſters
Scheidemann Einſicht gab, zur Tat
aufmunterte und ihm zur Durchführung eine größere Summe
verſprach. Puttkamer ging ſogar ſo weit, Baur eine Piſtole zur
Ausführung der Tat in Ausſicht zu ſtellen und ihm heimliche
Beherbergung zwecks Ausibung des Mordes zuſicherte.
Markſitabiliſierung und Einkommenregelung.
TU. Berlin, 7. April. Die geſtrigen Verhandlungen im
Reichsfinanzminiſterium, die in ſpäter Nachtſtunde abgebrochen
wurden, wurden heute vormittag unter dem Vorſitz des Mini=
ſterialdirektors
von Schlieben fortgeſetzt, nachdem die Siebe=
ner
=Kommiſſion der Gewerkſchaften vorher zu einer Sonder=
ſitzung
zuſammengetreten war. Die geſtrige Verhandlung hat
eine reſtloſe Klärung der vorhandenen Meinungsverſchieden=
heiten
noch nicht gebracht, doch beſteht die begründete Ausſicht,
daß man heute zu einem alle Teile befriedigenden Ergebnis kom=
men
wird. Beſonders die Erklärung des Regierungsvertreters,
daß die Markſtützungsaktion weiter fortgeführt
werde und die Regierung ausreichende Mittel beſitze, um ihre
wirtſchaftlichen Abſichten zu erreichen, wurde von den anweſen=
den
Gewerkſchaſtsvertretern mit Genugtuung aufgenommen.
Heute dürften ſich die Verhandlungen mit rein finanziellen Fra=
gen
beſchäftigen, und man erwartet, daß, falls es zu einer Ver=
ſtändigung
zwiſchen den einzelnen gewerkſchaftlichen Richtungen
kommt, die Beſprechungen heute abgeſchloſſen werden können.
Berlin, 7. April. Geſtern nachmittag begannen im Reichs=
ſinanzminiſterium
die Verhandlungen über die Frage der Be=
amtengehälter
und der Reichsarbeiterlohne. Bei
den dieſen Verhandlungen vorausgegangenen Vorbeſprechungen
war der Vorſchlag gemacht worden, die Vorſchnßzahlun=
gen
ſtufenweiſe zurückzuzahlen. Von den freigewerk=
ſchaftlichen
Organiſationen war verlangt worden, daß die Vor=
auszahlungen
als einmalige Beihilfe betrachtet
und deshalb ganz geſtrichen werden ſollten.
Berlin, 7. April. (Wolff.) Im Reichsfinanzminiſterium
fanden geſtern und heute Beſprechungen zwiſchen Vertretern der
Regierung und der Spitzenorganiſationen der Beamten, Ange=
ſtellten
und Arbeiter über die Gehalts= und Lohnverhältniſſe
ſtatt. Die ſehr eingehenden Beftrechungen führten zu dem Er=
gebnis
, daß die Stützungsaktion der Mark unter allen Umſtän=
den
gefördert werden müfſe, weil die Erzielung von Preisſtill=
ſtand
und Preisabbau und damit eine Beſſerung des realen
Einkommiens wertvoller iſt, als jede Vermehrung des nominalen
Papiereinkommens. In Erkenntnis dieſer Tatſache wurde von
einer Teuerungsaktion in der bisherigen Art Abſtand genommen.
Durch Verwaltungsmaßnahmen ſoll dafür geſorgt werden, daß
die Beamten, Angeſtellten und Arbeiter innerhalb der ihnen
zuſtehenden Bezüge rechtzeitig in den Beſitz der entſprechenden
Geldmittel kommen. Die Verhandlungen über einen Ausgleich
an beſonders teuren Orten, namentlich des Weſtens, ſollen mit
Beſchleunigung fortgeführt und zum Schluß gebracht werden.
Perſchärfung der Reichsmiſchveroröntag.
Beſteuerung der Butterproduktion?
Berlin, 7. April. Am kommenden Montag werden im
Reichsernährungsminiſterium Beſprechungen über eine Ver=
fchärfung
der Reichsmilchverordnung ſtatt inden, an denen Ver=
treter
des Deutſchen Städtetages, der Landwirtſchaft, der milch=
verarbeitenden
Induſtzien, des Handels und der Verbraucher
teilnehmen werden. Es ſoll mit ſcharfen Mitteln gegen die=
jenigen
Milcherzeuger vorgegangen werden, die ſich ihrer Pflicht,
Friſchmilch in die Städte zu liefern, entziehen. In erſter Linie
wird ein Vorſchlag erörtert werden, der die Beſteuerung
der Butterproduktion vorſieht. Aus den einkommenden
Mitteln ſollen die Städte Zuſchüſſe zur Milchverbil=
ligung
erhalten.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 8. April.
Die wichtigſte Forderung bei der Kindererziehung.
* Wenn uns im Leben irgendwo ein liebenswürdiger, zu=
vorkommender
, höflicher Menſch mit guter Lebensart entgegen=
tritt
, dann konſtatieren wir im ſtillen bei uns, angenehm berührt
durch ſein anſprechendes Weſen: er hat eine gute Kinderſtube
genoſſen. Wir ſtellen uns dabei eine harmoniſche Häuslichkeit
mit echt deutſchem Familienleben vor, einen korrekten Vater,
eine feingebildete, ſtillwaltende Mutter, und dieſe Vorſtellung
macht uns ihm noch geneigter, als wir es ohnedies ſchon durch
ſein Weſen wurden. Ein anderer verletzt uns durch das Fehlen
geſellſchaftlicher Formen, Sitten und Bräuche, verrät im Geſpräch
mit uns ſein ungezügeltes Temperament, und unſer Urteil über
ihn iſt ebenſo raſch fertig: ihm wurde keine gute Kinderſtube
zuteil.
Sehr richtig ſagt der Elternbeirat (Kaſſel): Der Begriff
guter Kinderſtube bedeutet: Erziehung zur Sachlichkeit und Feſſe=
lung
niedriger Inſtinkte und Leidenſchaften. Heute, wo wir
überall entfeſſelten Leidenſchaften begegnen, niedrigen Inſtinkten
allenthalben nachgegeben wird und der Mangel an Sachlichkeit
im öffentlichen wie auch im privaten Leben in geradezu er=
ſchreckender
Weiſe zutäge tritt, erhält aber der Begriff gute
Kinderſtube erhöhte Bedeutung. Dennoch hat jener Fachmann
recht, wenn er bemerkt, daß in den gehobenen Volksſchichten
vielfach nur geſellſchaftliche Korrektheit über den Mangel innerer
guter Eigenſchaften hinwegtäuſcht und es keineswegs ſicher ſei,
daß die Kinder dieſer Kreiſe die wirklich gute Kinderſtube ge=
noffen
hätten, da der eiterliche Einfluß oft vernachläſſigt, der
Dienſtboteneinfluß geſteigert werde.
Wenn heute in Elternkreiſen von der guten Kinderſtube die
Rede iſt, dann geben diele Eltern unumſunden ihre völlige
Ohnnacht gegenüber ihren Kindern zu. Der gute Ton, den ſie
ſelbſt durch Wort und Tat in ſie legen, wird allzu raſch durch
die Umwelt, durch geheime Miterzieher und das ſchlechte Bei=
ſpiel
, das ſie ihnen geben, wieder vernichtet, ſo daß er nur ſelten
die erhofften Frücte zeitigt. Wird nun aber von jenem Fach=
mann
ausgeführt, daß die Schule auf der von der Familie ge=
gebenen
Grundlage einer guten Kinderſtube weiterbauen bezw.
dieſe verbreitern kaun, ſo wäre unſeres Erachtens von der Schule
noch ein bedeutungsvoſler Schritt weiter zu gehen und dem be=
reitseingeführten
Moralunterricht auch ein einheitlicher
UInterricht in guter Lebensform anzugliedern. Man
braucht dabei nicht zu befürchten, daß jene Schüler, die daheim
ſchon in ſtrenger Zucht gehalten werden, dieſem Unterrichtsfach
tieht genügende Aufmerkſamkeit entgegenbringen würden. Iſt
dech die Familienunterweiſung völlig ſyſtemlos und in den ein=
zelnen
Familien ſtark voneinander abweichend, da den Eltern
eine eigentliche Erziehungsmethode fehlt. Eine methodiſch ver=
mittelte
Erziehung zur Selsſtbeherrſchung, Korrektheit im täg=
lichen
Leben, Erziehung zur Sachlichkeit und Feſſelung niedriger.
Inſtinkte und Leidenſchaften würde unſeres Erachtens für den
kommenden Moralunterricht die beſte und feſteſte Grundlage
bieten und dazu beitragen, daß das, was ſchon einzelne ihreſt
Kindern zu vermitteln ſuchten, dieſen nicht nur für immer er=
halten
bleibt, ſondern auch Gemeingut aller Kinder wird. K. H.

* Ernennungen. Durch Entſchließung des Miniſkeriums für Arbeit
und Wirtſchaft wurden die Landwirtſchaftsxeferendare Dr. Hellmush
Lahr zu Darmſtadt und Heinrich Rodrian zu Worms zu Land=
wirtſchaftsaſſeſſeren
ernannt.
* Die Perſonenkontrolle an der Zoklgrenze des rechtsrhei=
niſchen
heiſiſchen Brückenkopfes von Mainz, ſowvie auf der Main=
brücke
bei Koſtheim iſt jetzt ſehr ſtreng. Die franzöſiſchen
Gendarmen führen Liſten bei ſich, in die ſie bei Vorzeigung der
Perſonalausweiſe hineinſehen. Es dürſte ſich um Namenliſten
der Ausgewieſenen handeln. In Kelſiexbach ſpurden am Sams=
tag
, wie uns mitgeteilt wird, vier Perſsien ſeſtgenommen, die
ausgewieſen waren, aber derſuchten, beſuchsweiſe ins beſetzte
Gebiet zurückzukehren. Sie werden vom Militärpoiizeigericht
Wiesbaden wegen Bannbruchs mit Gefängnis (in der Regei
2 bis 6 Monaten) beſtraft.
Reichskunſtwart Dr. Redsloh über Bühte und bilbende Kunſi.
er Vortrag von Herrn Reichskunſtwar‟ Dr. 31=5slob über Bühne und
bildende Kunſk wird, da die Nachfrage ſehr gering ifr, ins uote Foyer
Vortrags iſt ſehr zu
des Großen Hauſes verlegt. Der Be
empfehlen. Das Bihnenbild iſt heute fir den Theaterbeſucher proble=
matiſch
, und es ſollte jedermanns Beſtrehen ſein zum Verſtändni=
wenigſtens
Auhaltspunkte zu empfangen. Der Reiclskunſtwart Dr.
Redslob iſt durch langjährige Beſchäftigung vrit dem Theater auf der
zeu anderen Seite be=
einen
Seite und fragende biidende Kun;
rufen, in dieſe Probleme einzuführen. Er hält ſich in Darmſtadt auf,
um die Kunſtausſt lung für den Sommer, an deren Geſtaltung
weſentlich mit beteiligt iſt, vorbereiten zu helfen. Der Kartenverkauf
findet um 11 Uhr an der Tageskaſſe des Großen Hauſes ſtatt. Beginn
des Vortrags um 11½ Uhr.
Bunbury. Heute abend um 7 Uhr wird im Kleinen Haus zum
erſten Male Bunbury von Oskar Wilde gegeben.

Vr e.

G 7

* Wiſſenſchaftliche Paudereien.
Von Dr. Heiſe, Bamberg, Sternwarte.
I. Aus der Sternenzelt.
Bei Betrachiung unſeres Sternenhimmels wird wohl bei
iſten Menſchen nicht der geringſte Zieiſel an der Unver=
erlidkeit
jener fernen Welten auftauchen. Und bech gibt uns
die Wiſjenſchaft Kunde, daß auch bei den Sternen ein ewviges
Werden und Vergehen ſtattſindet. Nur merken wir Menſchen in
unſerem kurzen Erdendaſein dies nicht. Betigehten wir aber nur
einmal das Leben einer Eintagsfliege. Bei dem kleinen Tierchen
ſindet Gelurt, Leben und Tod an einem einzigen Tage ſtatt.
Für ſie iſt ſchon der Menſch das Unvergängliche. Dasſelbe haben
ſeir bei den Menſchen im Vergleich zu den Geſtirnen. Dieſe fer
nen Welten werden vielleicht in demn Bruchteil einer Ewigleits=
fekunde
bergeßen. Hier möchte ich dieſen Begriff der Erigleits=
ſekunde
durch ein kleines Wärchen erläutern. Wir wollen an=
nehinen
, das große Gebirge der Kipen beſtünde aus dem härteften
Edelſtein, den wir kennen, dem Diamanten. Nach 100 Jahren
ſoll nun ein kleines Bögelehen komien und ſeinen Schnaßel an
dieſem Gebirge wetzen. Und immer nach 100 Jahren ſoll es
wiederlehren, dann wird, wenn das Vögelchen das ganze Ge=
lirge
algewert hat. eine Ewigkeitsſekunde vorüber ſein.
Wenn nun tatſächlich ſo für unſere Begriffe die Geftirne
faſt ewig ihre Kreife ziehen, ſo wird es auc miöglich ſein, von
ihnen Kunde zu erhälten, ohne den Boden de: Wirklicſeit zu
berlieren und ohne fürchten zu müiſſen, daß unſere Kenutnis durch
eten doch nutzlos, hier wohl
ſtändige Veränderung der fern
faſt eivig gleiche Wieder=
beſſer
geſagt: vorülergehen.
haußt Erfenntnis erkangen.
kehr der Erſcheinungen läßt
noig ündernßen Welt würden
Von einer ganz r gelloſen.
wir gar nichts wiſſen. Mit einer Wage, die das erſte Mal be
einer beſtinuten Renge eines Körpers 19 Pfund, das zweit
Mal für dieſelbe Renge fünfmal mehr anzeigt, können ii
nichts anfangen. Ein ſolcher Unſinn ift gar nicit gu. deni4e
Der Regelmäßigkeit der Wirklichkeitszuſammenhänge verdanlen
wir jede Erkenntnis.
Können wir nun wirklich über die Beſchaffenheit der Sierne
eine Auskunft erlangen? Die Wiſſenſchaft beantwortet dieſe
Frage im bejahenden Sinne. Nehnien wir einmal einen drei=
eckigen
Glasſtab, ein ſogengnntes Prisma, zur Hand. Betrachten
wir nun einen Eegenſtand durch den Glaskörper, ſo ſehen wir
ihn farbig umrahmt. Alſo eird wohl der Glasſtab in der Lage
ſein, das weiße farbloſe Licht in ſeine Beſtandteile zu zerlegen.
Wir wollen folgenden Berſuc anſtellen: Wir begeben uns in ein
dunkles Zinmer. Has nur einei: kleinen Spalt in der Wand be=
ſitzt
, durch den da.
nner liigt, us ::ix nüher betrachten wollen,
ſcheint. Den Sonn. ahl iſſen Zurch unſer Prisma gehen
und ſehen zu unſere. Freude auf einem das Licht auffangenden

Wandſchirm ein ſchönes Farbenband: rot, orauge, gelb, grün,
blau, indigo, violett. Dieſes Band iſt aber durchſetzt von dielen
mehr oder veniger feinen Linien. Wir wollen nun gerne wiſſen,
was dieſe Linien bedeuten. Wir decken den Spalt zu, ſo daß wir
uns in einem ganz dunklen Zimmer befinden. Dann zünden wir
einen Bunſenbrenner an, d. i. ungefähr dasſelbe wie die Flamme
eines guten Gaskochees, die ja auch bläulich farblos iſt. Wir
bringen eine Spur Natrium in die Flamme, dieſes Licht liefert
eine ſchöne geibe Linie. Wir überlegen uns nun, wie bei der
Sonne die ſchwarzen Linien entſtanden ſein können. Hier wird
wohl ein mehr oder weniger ſeſter Kern ſein Licht durch eine
gasförnige Hülle ſenden. Xlſo bringen doir vor unſere gelbe
Flamme ein Kalklſeßt, und wir fehen, daß tatſächlich an Stelle
der gelben Linie jetzt eine ſchwarze Linie auftritt. Das Ergebnis
iſt: Jeder ſchwarzen Linie des Sonnenfarkenbandes entſpricht
ein im gasfürmigen Zuſtand beſindliches Elenent. So können
wir Eiſen, Nickel, Natrium, Wafferſtoff, Kalcium, Barium,
Magneſium, Chrom, Kupfer und nochh diele andere Eleniente in
der Sonne naciſtveiſen. Intereſſant iſt, daß nuan bei den erſten
Betracktungen des Sonnenſpektrums eine unbekannte Linie fin=
det
. Man nennt das der Linie entſprechende Eas Helium, d. i.
Sonnengas, das ſpäter in Anerika gefunden iſt. Somit eine
glänzende Veſtätigung der Theorie. Das Licht gißt uns alſo von
der Beſchaffenheit der fernſten Weltlörper zuverläſſigſte Kunde.
Da nun alle fernen Welten ſchließlich gleiche Stofjie wie unſere
Crde auſweiſen, ſo müſſen alle Geſtirne das Werk einer einzigen
Schöpfung lein.

Genercl Mangin in Sädanzerika.
Geographie ſehr ſchwach!
* Aus Santiago (Chile) wird geſchrieben: Aus Anlaß der
Hundertjahrfeier der Unaöhängigkeit Perus ließ ſich die franzö=
ſiſche
Regierung durch eine Gefandtſchaft mit Mangin an der
vertreten. Ohne Zweifel unterſtellt, man fälſchlich in
Ep
Haß Südamerika eine Bereinigung kleiner Länder dar=
r

ſtellt, und iian hat geglaubt, recht zu handeln, die Miſſion Man=
gin
mit der Auſgabe zu betrauen, auch alle Nachbarländer zu be=
grüßen
; die Abordnung ging alſo von Peru nach Bolivia, als=
dann
nah Chile und Argentinien uſw. Uinſer General, der ſicher=
lich
ganz Südamerika gar nicht kannte (er hat es in der Folge=
zeit
beiviefen), landete eines ſchönen Tages in Valparaiſo (Chile),
Ich muß dabei bemerken, daß die Entfernung von Valparaiſo
nach Callao (Peru) ungeführ die gleiche iſt wie von Paris nach,
Konſtantinopel. Aber für unſeren General war alles Peru. Auf
die erſte Begrilßung, die ihm im Munizipaltheater in Santiago
ziteil wurde, antwortete der General in einer warmherzigen
Rede und begann: Seitdem ich mich auf dieſer ſchönen
verurianiſchen Erde befinde uſw. Bei einem Gaſtmahl, das ihm
zu Ehren die Geſellſchaft von Santiago gab, hielt Luis Barros

Borgoro, der frühere Miniſter des Auswärtigen, eine große An=
ſdrache
, auf die der General nichts Beſſeres zu antworten wußte,
als: Ich erhebe mein Glas und trinke auf das Gedeihen Pe=
rus
uſt. Tableau! Zu zwei anderen Malen beging der Gene=
ral
in der Oeffentlichkeit den gleichen Schnitzer. Man darf nicht
aus den Augen verlieren, daß dies ſich in Santiago, der Haupt=
ſtadt
Chiles, zutrug; daß weiterhin Meinungsverſchiedenheiten
mit Peru (hervorgegangen aus dem Friedenstertrag von 1884,
nach dem Kriege zwiſchen Chile einerſeits und Bolivien, dem
Altiierten Perus andererſeits) beſtehen, und daß gegenwärtig in
Waſhington Verhandlungen ſtattfinden mit dem Zwecke, den
Art. 3 des Vertrages von Ancon klarzuſtellen, der die einzige
Schwierigkeit bildet, die beide Staaten trennt. Aber General
Mangin iſt dabei nicht ſtehen geblieben; er hat in der Revuc
des deux Mondes einen Artikel geſchrieben zur Beurteilung der
Chile und Peru trennenden Frage. Hält man das nicht für
eine lächerliche Anmaßung? Es erſcheint überflüſſig, die Auf=
ierkſamkeit
auf das moraliſche und materielle Unrecht zu lenken,
das Frankreich in Chile durch dieſe Reklame General Mangins
verurſacht, beſonders in einer Zeit, in der Engländer, Amerikaner
und Deutſche ihr Beſtes tun, um ſich bei den Chilenen beliebt
zu machen und daraus Nutzen zu ziehen.
Der Verfaſfer des Briefs iſt ein Franzoſe, dem Chile eine
ziveite Heimat geworden iſt, der aber ſeiner Heimat ſeine volle
Anhänglichkeit bewahrt hat, und darunter leidet, ſie in den Augen
des Auslandes ins Lächerliche gezogen zu ſehen. Er hat offen=
bar
die Einzelheiten, die er über die monumentalen Dummheiten
der außerordentlichen Abordnung wiedergibt, nicht erfunden.
Uebrigens hat auch die chileniſche Zeitung El Mereurio, die
frantophil iſt, mit äußerſter Strenge über jenen Artikel des Gene=
rals
, auf den der Brieſſchreiber anſpielt, geurteilt. Dieſe An=
uiaßung
, einen Konflikt zwiſchen Fremden, der ebenſo peinlich
tvie alten Datums iſt, zu entſcheiden, iſt ſchlimmer als lächerlich:
er zeugt von ſeltener Ungeſchicklichkeit. War niemand am Quai
d’Orſay, um den General darauf hinzuweiſen?

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
Hochſchulſtudium in Deutſchland. Während die
huſen eine ſtarke Zu=
Zahl der Hörer an den Techniſe
leiner Rückgang.
nahme erfahren hat, iſt an den 1
iſt die Hörer=
eingetreten
(1921: 87 147.
(1914: 4374,
zahl der edangeliſchen
1921: 3355, 1922: 21

jeitere Oper in
Bühnenmuſik.
an der Stutt=
i
Akten von
ivektor Leonhardt
ter Staatsoper
Buch hat der Kom=
d
Oberregiſſeur Er
die Traufe verfaßt,
tiſt nach Otto Ludwigs 9

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Rummer 96.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.

Der Kurſus über Staatsbürgerkunde fand geſtern Samstag ſei=
nen
Abſchluß. Herr Profeſſor Kantorowicz redete von 91 Uhr im
Saale des Feierabend über Staatsformen und Staatenverbindungen
und leitete nachmittags 3 Uhr die Diskuſſion.
Ausſtellung Deutſche Kunſt Darmſtadt 1923. Die Be=
ſchickung
unſerer diesjährigen Sommerausſtellung ſcheint eine
ſehr befriedigende zu werden. Von den etwa 70 eingeladenen
Künſtlern haben 52 feſte Zuſagen gegeben, je 5 bis 6 ihrer neue=
ſten
Werke zu ſchicken. Dieſe werden juryfrei als unſere Gäſte
auf der Mathildenhöhe Platz finden. Für die heſſiſche Kunſt,
die in der Kunſthalle am Rheintor gezeigt wird, laufen Anmel=
dungen
in überreicher Zahl ein. Auch Kleinkunſt und kunſtgewerb=
liche
Arbeiten find zugelaſſen. Die heſſiſchen Werke wüſſen bis
zum 20. April eingeliefert werden, da unmittelbar darauf die
Jurh ihre Arbeit beginnen muß. Die Eröffnungen ſind ſo feſt=
geſetzt
, daß die der Kunſthalle am 17. Mai, nachmittags, die der
Mathildenhöhe am 18. Mai, vormittags, ſtattſinden wird. Es
werden Einladungen ergehen.
v. H.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Hofrat Max Behrend
hat in vergangener Woche einen Lehrkurſus für Rede= und Vortrags=
kunſt
exöffnet, der Dienstag, abends 734 Uhr, in der Städtiſchen
Akademie abgehalten und aus 15 Lektionen beſtehen ſoll, die bis 1. Juli
abgehalten werden. Da dieſer Kurſus bereits ohne jede Veröffent=
lichung
vollbefetzt iſt, wird ein zweiter Abendkurſus eingerichtet, zu
dem Anmeldungen das Sekretariat entgegennimmt. (S. Anz.) Beh=
rend
, der frühere Intendant des Frankfurter Schauſpielhauſes, iſt
ja als darſtellender Künſtler und Vortragsmeiſter hier beſtens be=
kannt
. Viele ſeiner Schüler befinden ſich an den erſten Theatern
Dertſchlands; u. a. iſt keine Geringere als Käthe Dorſch aus ſeiner
Schule hervorgegangen. Es iſt zunächſt bei dem Kurſus darauf abge=
ſehen
, Sprachtechnik uns ſchöne Vortragskunſt den Schülern beizubrin=
gen
, welche auch für die Geſangskunſt die beſte Grundlage bildet und
von höchſter Bedeutung iſt.
Luft=Licht=Bad des Naturheilvereins. Wenn die erſten Sonnen=
ſtrahlen
aus den Wolken hervorſchauen, ladet der Naturheilverein
zum Beſuche ſeines am Lichtwieſenweg gelegenen Luft=Licht=Bades ein.
Während die Schwimmbäder im Freien zu dieſer Zeit noch nicht benutzt
werden können, bietet ſich hier dem von langer Stubenhaft geſchwäih=
ten
Organismus Gelegenheit zur Kräftigung. Je zeitiger im Früh=
jahr
mit den Bädern begonnen wird, und je länger ſie im Herbſt noch
angewandt werden, um ſo beſſer werden wir den Winter überſtehen.
Schon nach einmaligem Beſuche wird der Neuling über die wunder=
bare
Wirkung von Luft und Sonne erſtaut ſein. Auch Nichtmit=
glieder
ſind herzlich willkommen. An Samstag=Nachmittagen wird
wieder, wie im Vorjahre, der Jugendgruppe Gelegenheit zu frohem
Spiel und Sport auf unſerem Spielplatz geboten. Alles Nähere beim
Verwalter im Luftbad oder beim 1. Vorſitzenden, Herrn Theodor
Schmank, Schützenſtraße 16.
Steuererklärungen. Wir verweiſen auf die im Anzeigenteil
unſerer heutigen Nummer veröffentliche Bekanntmachung zur Abgabe
der Steuererklärungen für die Veranlagung der Einkommen=, Kapital=
ertrags
= und Vermögensſteuer, ſowie der Zwangsanleihe. Die Er=
klärungsformulare
werden dieſes Mal von den Finanzämtern über=
ſandtz
werden. Ein Abholen von Erklärungsvordrucken wird ſich erſt
nach dem 15. April d. J. empfehlen. Die Friſt wird wegen der vor=
gerückten
Zeit nicht verlängert werden.
Einziehung der Fernſprechgebühren. Am 10. Axril wird mit
der Einziehung der Fernſprechgebühren begonnen werden.
Ruhrhilfe. Durch Studierende der hieſigen Teckniſchen Hoh=
ſchnle
ließ ein Herr Guſtav Nord. Schuhmacher aus Marienſtadt
(Schweden), 3 Silberkronen für die Ruhrhilfe zeichnen. Es iſt dies um
fo beachtenswerter, da der Herr in ſehr ärmlichen Verhältniſſen
leben foll.
Frankfurter Kunſtyteſſe. Allen heſſiſchen Künſtlern
wird auf der Frankfurter Kunſtmeſſe Gelegenheit gegeben,
Werke jurhfrei und ohne Beſchränkung der Zahl auszuſtellen
und zu verkaufen. Es ſind zwei beſondere Kojen in der Nord=
halle
des Römers nur für heſſiſche Künſtler bereitgeſtellt und
Werke der Malerei, Graphik, Plaſtik und Kunſtgewerbe zuge=
laſſen
. Der Verkauf ſoll vom 15. bis 30. April ſtattfinden. Die
Einſendungen, Abholungen und der Verkauf muß unmittelbar
von den Künſtlern ſelbſt erfolgen. Wenn genügende Beteiligung
zuſtande konnt, wird verſucht werden, eine geeignete Perſön=
lichkeit
für Annahme, Hängung und Verkauf zu beſtellen. Um
einen Ueberblick zu gewinnen, wird gebeten, Bereiterklärungen
zur Teilnahme umgehend in das Stadthaus, Zimmer 70, zu
ſchicken.
v. H.
n. Auf den Spuren ſchwerer Tat. Die geſtrige Notiz bezüglich der
eingeleiteten Unterſuchung iſt in einem Nebenpunkt dahin zu berichtigen,
daß die ſeinerzeit verſchwundene, vermutlich einem Verbrechen zum
Opfer gefallene Frau Hofmann damals nicht in ein Verfahren wegen
Kuppelei verwickelt, ſondern von dem eigenen Ehemann eines anderen
Delikts Gezichtigt war.
n. Strafkammer. Einen dreiſten Schwindel mit ſchwerer Urkunden=
fälſchung
hatten zu Bensheim der Monteur Franz Heinrich Gioth/
und der Maſchinenarbeiter Aug. Baumeiſter von da verübt, doch
war die ſo verſuchte Prellerei größtenteils geſcheitert. Sie übernahmen
gegenüber dem Johann Bender IV. die Herſtellung eines ſchadhaften
Elektromotors, brachten ihn nach wenigen Tagen zurück und ſpiegelten
die Ausführung der Arbeit durch eine erdichtete Mannheimer Fabrik vor.
Abſchlagsweiſe waren ihnen alsbald auf Verlangen 1000 Mark bezahlt
worden, und ſie legten nunmehr eine quittierte Rechnung jener Pſeudo=
firma
vor, wonach ſie ſelbſt an Auslagen nebſt der ſchon beglichenen
Sümme 15 000 Mark forderten. Der Motor lief zwar wieder leidlich,
aber im übrigen erwies ſich alles als blauer Dunſt, und die Beiden
hatten ſchlecht und recht die Reparatur bewirkt. Das Urteil lautet mit
mildernden Umſtänden gegen Jeden auf 2 Monate Gefängnis. Sei=
tens
der Staatsanwaltſchaft war die ſchöffengerichtliche Verurteilung des
Ofenſetzers Johann Röſchner aus Gernsheim zu 800 Mark Geld=

ſtrafe als zu milde angefochten, und es wurde an Stelle der geringen
Geldſtrafe auf 2 Monate Gefängnis erkannt. Gefährliche Körperver=
letzung
kommt in Frage, denn der Angeklagte hatte ſeinem Hauswirt
Sebaſtian Schäfer bei Unſtimmigkeiten bezüglich der angeforderten
Miete mit einem Prügel über den Arm geſchlagen und Knochenbruch
verurſacht. Dieſe Rohheit erwuchs zwar aus hochgradiger Erregung des
bisher unbeſtraften Täters, ließ jedoch die in erſter Inſtanz verhängte
Sühne unzureichend erſcheinen. Beiderſeitige Berufung richtete ſichk
gegen ein ſchöffengerichtliches Urkeil, in dem die Taglöhner Jakob
Heiß VII. Eheleute von Lengfeld wegen Hehlerei mit je 1000 Mark
Geldſtrafe belegt waren. Rechtskräftig iſt es hinſichtlich des eines Dieb=
ſtahls
ſchuldig befundenen Sohnes Beider. Dieſer hatte ſich einen von
dortigen Jägern angeſchoſſenen, verendeten Haſen im Revier angeeignet
und nach Hauſe gebracht, wo der willkommene Braten gemeinſam von
der im Gemeindehaus wohnenden Familie, verzehrt worden ſein ſoll.
Dem andern Tags nachfragenden Jagdpächter hatte Frau H. die damals
noch vorhandene Beute verheimlicht mit dem Bemerken, das von dem
Sohne Gefundene ſei damit ihr Eigentum und bereits gegeſſen. Nach
bekannter Rechtſprechung erfüllt zwar der Mitgenuß einer rechtswidrig
erlangten Sache den Tatbeſtand der Hehlerei noch nicht, dagegen war er
in dem Verheimlichen zu erblicken, weshalb H. ſelbſt aus beſagtem Rechts=
grund
freigeſprochen und die Geldſtrafe ſeiner Frau auf 5000 Mark er=
höht
wurde.
n. Schüffengericht. Recht verwerflich erſcheint eine Hehlerei des hie=
ſigen
Althändlers Philipp Becker und der Lokomotivführersehefrau
Sophie Mayer von hier bezüglich Eiſens, das der noch ſtrafunmün=
dige
Sohn der Letzteren mittels Einſteigens geſtohlen hatte. Es beſtand
aus einer größeren Anzahl neuer Autoräderſtäbe, war von bedeutendem
Wert, und die M. will der Meinung geweſen ſein, der Junge habe es
erlaubter Weiſe im Müllhaufen der fraglichen Fabrik (wo die M.s woh=
nen
) gefunden. Seine 14jährige Schweſter fuhr es auf einem Karren
zu Becker, während die gutgläubige Mutter nebenherging, und B.
kaufte es ohne jeden Ausweis von dem Mädchen für einige tauſend Mark.
Er iſt als Hehler ſchon zweimal (allerdings vor längeren Jahren) vor=
beſtraft
und wurde nunmehr zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Gegen
Frau M. lautet das Urteil auf 60 000 Mark Geldſtrafe evtl. 2 Monate
Gefängnis. Freigeſprochen von der Anklage der Sachbeſchädigung
wurde der hieſige Landwirt Wilhelm Haag aus eigenartigem Sachver=
halt
. Er hat den auf faſt eine halbe Million Mark bewerteten Hund
eines Nachbarn erſchoſſen, und dies ſollte aus Rache für eine frühere
Strafanzeige des Letzteren geſchehen ſein. Hierfür mangelt der Beweis,
und es ſteht nur als unwiderlegt feſt, daß der Angeklagte eines Abends
in der Dunkelheit beim Betreten ſeines Gartens den Hund auf ſich zu=
kommen
ſah. Er will Einbrecher vermutet und befürchtet haben, daß
ihn das dafür drefſierte, damals nicht als Hund des Nachbarn erkannte
Tier ſtellen ſolle, um den Diebſtahl zu ermöglichen. Bloße Abwehrab=
ſicht
ſei der Beweggrund zum Schuß geweſen. Zur Strafbarkeit der
Sachbeſchädigung iſt u. a. Nechtswidrigkeit erforderlich, und dieſes Merk=
mal
wurde im Fragefall auf Grund des § 228 B.G.B. verneint. Hier=
nach
erſcheiut die Beſchädigung oder Zerſtörung einer fremden Sache
nicht als widerrechtlich, wenn ſolches Verhalten zur Abwehr einer von
der Sache drohenden Gefahr erforderlich iſt und der Schaden nicht außer
Verhältnis zu der Gefahr ſteht. Daher wurde der Angeklagte frei=
geſprochen
.
Selbſtmord eines franzöſiſchen Soldaten. Wie erſt jetzt bekannt
wird, hat ſich auf der Strecke MainzWorms ein Elſäſſer, der im
Kriege auf deutſcher Seite kämpfte und von den Franzoſen nun ein=
gezogen
war, bei Nackenheim von einem von den Franzoſen gefahrenen
Zuge totfahren laſſen. Der Grund zur Tat ſoll ſcharfes Strafexer=
zieren
geweſen ſein.
Lokale Veranſtaltungen.
Die dlerunter erſchelnenden Notizen ſind ausſchſſeßlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falſe irgendwie als Beſprechung oder Kritif.
Verein früherer Leibgardiſten. Auf den am 15. April
im Reſtaurant Sitte, Karlſtr. 15, ſtattfindenden Familienabend wird
nochmals aufmerkſam gemacht.
Die Vereinigung aus Elfaß=Lothringen Ver=
triebener
hält Donnerstag, den 12. April, abends, im Fürſtenſaal,
Weißer Saal, ihre Monatsverſammlung ab. Es gilt, Stellung zu
nehmen zur Frage der von der Landesgruppe vorgeſchlagenen er=
höhten
Beiträge. Auch andere Neurinrichtungen ſollen beſprochen wer=
den
. Möglichſt zahlreiche Beteiligung daher erwünſcht. Kein Trink=
zweng
während des Zuſammenſeins. (S. Anz.)
Theateraufführung Der tolle Hund. Unter Hin=
weis
auf die Anzeige im Inſeratenteil unſeres heutigen Blattes fei
darauf aufmerkſam gemacht, daß die Veranſtaltung auf Veranlaſſung
der Freiwilligen Sanitätshauptkolonne vom Roten Kreuzſtattfindet
und der Reinertrag für die von der Kolonne aus freiwilligen Spenden
unterhaltene Verleihanſtalt von Krankenpflegeartikeln für Minder=
bemittelte
beſtimmt iſt. Dieſe in der Stille wirkende Einrichtung
hat ſchon vielen Familien in Darmſtadt geholfen und dazu beigetra=
gen
, daß Schwererkrankte mit den nötigen Pflegegerätſchaften ver=
ſehen
werden konnten. Es iſt deshalb der Veranſtaltung ein guter
Beſuch zu wünſchen.
Herrengarten. Heute findek von 11 Uhr vormittags ab
wiederum Promenadenkonzert ſtatt. Das Programm enthält u. a.:
Choral Wie ſchön leuchtet der Morgenſtern, Ouvertüre, Romankique,
GHeburtsſtändchen von Lincke, Walzer aus Die Czardasfürſtin Alter
Armeemarſch Nr. 7, Melodien aus Flimmerkiſte von Kollo. (S. Anz.)

Ueber Werke, Künſiler und künſtleriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſiebenden Erwähnung
geſchiebt. behält ſich die Redaktion ihr Urteil vor.

Auf die beiden Vorträge, Sonntag, den 8. April, vormittags,
und Dienstag, den 10. April nachmittags, die Geheimrat Profeſſor
Sternfeld über Bismarck-Beethoven bzw. über Wagners
Meiſterſinger im Hauſe der Frau von Selzam, Neckarſtraße 19, hal=
fen
wird, ſei nochmals hingewieſen. Der Vortragende, als Wagner=
Forſcher und Wagner=Interpret auch in Darmſtadt von früheren Vor=
trägen
rühmlich bekannt, hat ſich mit mehreren Künſtlern verbunden,
um den Stipendien für die Bahreuther Feſtſpiele neue Mittel zuzu=
führen
.

Ortsgewerbeverein und Handwerkervereinigung
hielten am Freitag, den 6. d. M., im Perkeo ihre diesjährige Haupt=
verſammlung
ab, die vom 1. Vorſitzenden, Herrn J. Nohl, geleitet
wurde. In ſeinem Jahresbericht führte dieſer aus, wie die derzeitigen
wirtſchaftlichen Verhaltniſſe dem Handwerk ungünſtig ſind, das beſon=
ders
unter der Betriebsmittelknappheit zu leiden habe. Durch eine
Vexeinbarung mit der Volksbank habe man dem zu begegnen geſucht.
Vorausſetzung für den Handwerker der davon Gebrauch machen wolle,
ſei, daß er über eine geordnete Buchführung verfüge. Des weiteren
ivurde die für das Jahr 1923 geplant geweſene Landesgewerbeausſtel
lung erwähnt, ein Plan, der fallen gelaſſen werden mußte, weil kein
feſter Voranſchlag aufzuſtellen war, Staat und Stadt aber auf beweg=
liche
Kreditbewilligung nicht eingingen. Eingaben des Vorſtandes i
Schulangelegenheiten, in Sachen der Gewerbe= und Reinigungsſteuer
brachten gewiſſe Erfolge. Eine Verbeſſerung des Gewerbeblattes war
undurchführbar, ſo erlag auch dies Organ dem allgemeinen Zeitungs=
ſterben
. Die Handwerkskammer gibt nunmehr Mitkeilungen heraus,
die zu einer allgemeinen Handwerkerzeitung ausgebaut werden ſollen.
Satzungsgemäß trat der Verein bei der letzten Stadtverordnetenwahl
mit einem eigenen Wahlvorſchlag hervor. Leider brachte die Lauheit
der Handwerker dieſem nur geringen Erfolg. Die Wintervorträge
mußten diesmal ausfallen, weil die vorgeſehenen Mittel ſich als zu
gering erwieſen, nur an einem von den hieſigen wirtſchaftlichen Ver=
bänden
veranſtalteten Vortrag konnte ſich der Verein beteiligen. Der
Franzoſeneinfall ins Ruhrgebiet veranlaßte eine Hilfsaktion, an der
ſich die dem Verein angeſchloſſenen Vereinigungen und Innungen be=
teiligten
. Der Vorſitzende gedachte der im abgelaufenen Jahre der=
ſtorbenen
Mitglieder, zu deren Andenken die Verſammlung ſich erhob.
Die Notwendigkeit der Krankenkaſſe betonend, wurde dann ausgeführt,
daß ſie in Darmſtadt und Umgegend nunmehr 3500 Mitglieder zähit.
Geplant iſt ferner eine Rentenverſicherung, die ſich mit der großen
Krankenkaſſe in Dresden als Hauptträger über das ganze Reich er=
ſtrecken
foll. Zuletzt dankte der Vorſitzende dem Schriftführer, dem
Rechtier unb den Ausſchußvorſitzenden für ihre arbeitsreiche Tärigkeit,
und die Verfammlung ſtimmte dem Geſamtbericht zu.
Herr Verwaltungsinſpektor Kamuff erſtattete als Rechner den
Kaſſenbericht. Den Einnahmen mit 60 686 Mark ſtanden 53 778 Mark
Ausgaben gegenüber; ſonach verblieb ein Ueberſchuß von 6908 Mark.
Dem Verein ſind in den Innungen und Vereinigungen 1619 Mitglie=
der
angeſchloſſen, die Zahl der Einzelmitglieder beträgt 712. Das
Vereinsvermögen beläuft ſich auf 36 108 Mark, wozu noch der Ge=
werbeſchulfonds
und verſchiedene Stiftungsbeträge kommen. Die Ver=
ſammlung
gewährte mit dem Vorbehalt der rechneriſchen Nachprüfung
Entlaſtung. Anſchließend erſrattete der Rechner den Bericht der
Eckhardtſtiftung.
Der Rechner, welcher nach Wjähriger Tätigkeit für den Verein ſein
Amt aus Geſundheitsrückſichten niederlegen will, wird beſonders von
Herrn Finger gebeten, ſeine Abſicht aufzugeben. Nach eingehender De=
batte
, an der ſich der Vorſitzende und die Herren Weber, Finger,
Schembs, Spang. Dr. Kraft und Appfel beteiligen, wird der Jahres=
beitrag
für Einzelwitglieder auf 500 Mark feſtgeſetzt; für korporativ
angeſchloſſene Mitglieder beträgt er die Hälfte.
Der Voranſchlag, der in Einnahme und Ausgabe mit 605 000 Mark
abſchließt, wird genehmigt. Enthalten ſind 180 000 Mark für Vorträge
und 2500 Mark für die Förderung des gewerblichen Schulweſens.
An der Ausſprache nehmen die Herren Spang, Dr. Kraft und Direk=
tor
Kübitz teil; letzterer tritt warm für Geldbewilligung zum Zwecke
der Verleihung von Prämien an gute Schüiler ein. Der Vorſitzende
berichtet ſodann, daß das Handwerksamt in der ſeitherigen Weiſe
weitergeführt werden ſoll; der zu erhebende Beitrag ſoll als Grundſtock
für den ſpäteren Ausbau dienen. Herr Syndikus Schüttler berihtet
über einen Verſchlag zur Staffelung der Beiträge in drei Gruppen.
Die Herren Hübner, Nies und Pohl treten für finanzielle Sicherung
des Handwerksauts und ſeine Weiterführung ein. Die Angelegen=
heit
ſoll in den Innungen und Vereinigungen beraten und dann im
Großen Ausſchuß weiterbearbeitet werden.
Beſondere Anträge lagen der Verſammlung nicht vor. Bei den
Neuwahlen wurde der ſeitherige Vorſitzende, Herr J. Nehl, einſtimmig
wiedergewählt. Er nahm die Wahl an, erklärte aber, auf die nach=
drückliche
Unterſtützung des ganzen Handwerks rechnen zu müſſen. Vor
allem müßten die Mitglieder ſelbſt mehr mit Anregungen zur Stär=
kung
der Arbeitsfreudigkeit des Vorſtandes hervortreten. Als ſtell=
vertretende
Vorſitzende wurden die Herren Glaſermeiſter Werner,
Stadtverordneter Finger und Metzgermeiſter Illert wiedergewählt.
Auch die Vorſitzenden der Ausſchüſſe wurden in ihren Aemtern erneut
beſtätigt, und zwar Herr Profeſſor Sonne für den Vortragsausſchuß,
Herr Bauinſpektor Oeſterling für den Unterrichtsausſchuß, Herr Stadt=
verordneter
Schembs für den Wohlfahrtsausſchuß, Herr Syndikus
Schüttler für den Preſſe= und Werbungsausſchuß, Herr Malermeiſter
Krauß für den Geſellenprüfungs= und den Veranſtaltungsausſchuß,
Herr Stadtverordneter Hübner für den Wahlausſchuß, Herr Direktor
Lutz als Vertreter der Induſtrie.
Zum Schluſſe forderte Herr Oeſterling die Meiſter auf dafür
Sorge zu tragen, daß die Lehrlinge nicht unbegründet der Schule fern=
gehalten
werden, Herr Haury wendet ſich gegen den Geiſt des ſogen.
allgemeinbildenden Unterrichts in der Lehrlingsſchule, die auch nihr
dafür da ſei, das den Lehrlingen beizubringen, was man ihnen in den
8 voraufgehenden Schuljahren beigebracht habe. In ſeinem Schluß=
tvort
dankte der Vorſitzende allen denen, die für den Verein gearbeitet
haben, beſonders den Vertretern in der Stadtverordnetenverſamm=
lung
, und der Preſſe für ihre allzeit bereite Unterſtützung. Die Zei=
ten
ſind trühe. Nur in feſtem Zuſammenſtehen kann auch Handwerk
und Gewerbe auf eine beſſere Zukunft hoffen.
Damit ſchloß die anregend verlaufene Hauptverſammlung die aber
aus den intereſſierten Kreiſen heraus weit ſtärker hätte beſucht wer=
en
müſſen.
Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Partef. Die Sitzung des
Reichsvereins findet nicht am Dienstag, ſondern am Freitag abend im
Parteibureau, Waldſtr. 45, ſtatt.
Demokratiſche Jugendgruppe. Am Heimabend den
kommenden Mittwoch findet ein Referat eines Gruppenmitgliedes
tatt über die Stellung der demokratiſchen Jugendgruppe zur Politik.

Neue Bücher.

händler.) Die alliierten und aſſoziierten Regierungen erklären, und
Deutſihland erkennt an, daß Deutſchland und ſeine Verbündeten als Ur=
heber
für alle Verluſte und Schäden verantwortlich ſind, die die alli=
ierten
und aſſoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen in=
folge
des Krieges, der ihnen durch den Angriff Deutſchlands und ſeiner
Verbündeten aufgezwungen wurde, erlitten haben." (Art. 231 des
Friedensvertrages von Verſailles.) Auf der Lüge von der deutſchen
Kriegsſchuld beruht, wie auch Lloyd George vor jetzt faſt zwei Jahren
in London feſtgeſtellt hat das Verſailler Diktat. Die Lüge von der
deutſchen Kriegsſchuld beherrſcht auch heute noch die politiſche Atmo=
ſphäre
der Welt, und die Lüge von der deutſchen Kriegsſchuld allein
hat den Boden geſchaffen für die franzöſiſche Vergewaltigungspolitik. Wir
begrüßen es daher, daß gerade in dieſem Augenblick ein Buch heraus=
kommt
, welches die Haltloſigkeit der Fiktion von Verſailles zu klarer
Darſtellung bringt. Politiſche Führer aus allen Parteien ergreifen hier
das Wort. Im erſten Kapitel formuliert Bernhard. Dernburg die
Schuldfrage, wie ſie zur Debatte ſteht; in den nächſten drei Kapiteln
ſchildern Freiherr von Schoen, Profeſſor Dr. Hoetzſch und Dr. Ludwig
Queſſel die Vorkriegspolitik der drei Ententeſtaaten Frankreich, Ruß=
land
und England. Daran ſchließt ſich die Darſtellung der deutſchen
Verteidigung gegen die Einkreiſung von Miniſterialdirektor Heilbron.
In dem folgenden Artikel wird durch Graf Montgelas zum erſten Male
aktenmäßig der Vorwurf widerlegt. Deutſchland habe die Friedens=
beſtrebungen
der Haager Konferenzen ſabotiert. Zugleich wird der
defenſive Charakter der deutſchen Rüſtungen nachgewieſen. Zum Kriegs=
ausbruch
legt Profeſſor Delbrück das Verhältnis Rußlands Serbiens
und Oeſterreichs 1913/14 dar. Es folgt die in allen Einzelheiten doku=
mentariſch
belegte Schilderung der letzten Juli= und erſten Auguſttage
des Jahres 1914 von Dr. Dirr. Mit einem beſonderen Kapitel behan=
delt
Bernhard Schwertfeger die belgiſche Neutralität, weil mit der Be=
rufung
auf deren Schutz England ſeinen ſofortigen Eintritt in den
Krieg begründet hat. Den Beſchluß der Sachkapitel bildet Dr. Köſters
ſcharfſinnige Unterſuchung des Schuldparagraphen 231, ſeine Entſtehung
auf der Friedenskonferenz 1919 und ſeine juriſtiſche Auslegung. Nicht
nur jeder Deutſche muß die Urſachen des Weltkriegs kennen, ſondern
jeder iſt berufen, mitzuarbeiten daran, daß der Wahrheit in der ganzen
Welt zum Siege verholfen wird.
Trojan Maxtin, Hinter Stein und Stacheldraht.
Auſtraliſche Schattenbilder. (Bremen 1922, Schünemann. 242 S. 8.)
Was die Deutſchen Auſtraliens, der Südſee, Hongkongs, Singapores,
Pennangs und Cehlons in den Kriegs= und Zivilgefangenenlagern
Liverpool, Trialbay, Bourke, Molonglo, Berimma und auf Torrens=
Island in Auſtralien während der Kriegsjahre zu erdulden hatten, und
wie ſie die Zeit in den Gefangenenlagern zubrachten, das iſt von Martin
Trojan in einem etwa 250 Seiten ſtarken, vorzüglich ausgeſtatteten

Werk mit einer großen Anzahl guter Bilder und Pläne niedergelegt.
Dieſe Seiten zeigen uns, daß deutſche Art und Tat trotz allen Haſſes
und aller Unterdrückung nicht tot zu machen iſt, und daß, während in
den deutſchen Siedlungen Südauſtraliens und Queenslands alles
Deutſche mit Gewalt unterdrückt wurde, und die in Frciheit belaſſenen
Deutſchen dieſe Vergünſtigung mit Aufgabe der deutſchen Schulen,
Gottesdienſte und Blätter zu bezahlen hatten, in den Gefangenenlagern
deutſche Kunſt und Wiſſenſchaft, wie deutſche Arbeitsfreude bald die
Oberhand gewannen. Alle Berufe waren unter den Gefangenen ver=
treten
, und Theater wie Schulen ſorgten für reichliche Unterhaltung
und gediegene Weiterbildung. Im Familienlager Beurke war auch
eine Schule für deutſche Kinder, die ebenfalls von den Engländern ge=
fangen
gehalten wurden, vorhänden. Schrecklich müſſen die Zuſtände
auf der Teufelsinſel, Torrens=Island, geweſen ſein die ſchlimmſten
Mißhandlungen deutſcher Zivilinternierter waren dort an der Tages=
ordnung
. Leider iſt auch heute noch in Auſtralien alles Deutſche unter=
drückt
. Nicht darum aber iſt es dem Verfaſſer dieſes Buches zu tun,
auch bei uns ſolche Stimmung wachzurufen: Nicht Haß und Sucht nach
Vergeltung, ſo ſchreibt er im Vorvort ſeines Werkes, veranlaſſen
mich, Erinnerungen an fünf qualvolle Jahre wachzurufen, ſondern der
Wunſch derer, die gemeinſam mit mir den dornigen Weg gewandelt,
aus ihnen immer wieder neue Kraft zu ſchöpfen gegen Dämonen, und
Kraftvolles aus der hellklingenden Fülle vorbildlichen Deutſchtums.
Handbuch der Reichs= Privat= und Kleinbahnen,
verbunden mit einem Verzeichnis der Eiſenbahnen=Neu=, Um= und Er=
gänzungsbauten
. 480 Seiten ſtark. Preis 400 Mk. (Verlag techniſcher
Zeitſchriften, H. Apitz, Berlin W 57, Manſteinſtr. 12.) Das Handbuch
enthält eine Ueberſicht der Verwaltungsbehörden der Deutſchen Reichs=
bahn
und ihrer Geſchäftsbezirke, eine Ueberſicht, der deutſchen Privat=
eiſenbahnen
und nebenähnlichen Kleinbahnen und ihrer Verwaltungs=
ſtellen
, ſowie ein Verzeichnis der außerdeutſchen Staats= und Privat=
eiſenbahnen
. Neben den behörblichen Angaben und der Abgrenzung
der Verwaltungsbezirke der Eiſenbahn enthält das Handbuch der
Reichs=, Privat= und Kleinbahnen, die Namen der Dienſtſtellen= Vor=
ſtände
unter Angabe ihres Amtscharakters, ſowie ein ausführliches Ver=
zeichnis
der Eiſenbahn=Neu=, Um= und Ergänzungsbauten. Das Hand=
buch
ſoll dazu dienen, der Geſchäftswelt den Verkehr mit den Eiſen=
bahnen
zu erleichtern, ſei es beim Schriftwechſel aus Beförderungsver=
trägen
oder bei Uebernahme von Lieferungen und Leiſtungen.
* Römiſche Charakterköpfe. Ein Weltbild in Biogra=
phien
. Von Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Th. Birt. 5. ver=
beſſerte
Auflage. 356 Seiten und 6 Tafeln. (Verlag von Quelle u.
Meyzer in Leipzig.) Die Römiſchen Charakterköpfe zeigen in der un=
übertrefflichen
Darſtellungskunſt Birts den Aufſtieg Roms zum Welt=
reich
. Die glanzvollen Perfönlichkeiten der römiſihen Geſchichte, die
Scipionen und die Gracchen, Marius und Sulla, Pompejus und Cäſar,
die Cäſaren bis Mark Aurel werden für uns lebendig. Das harte
Staatsbewußtſein des vorchriſtlichen Römervolkes erkämpft einen einzig=
artigen
Aufſtieg. Die Zerſetzung römiſcher Kultur bedeutet Verfall und
Vernichtung. Daß es dem Verfaſſer gelungen iſt, dies mit außerordent=
licher
pſychologiſ her Feinheit zur Darſtellung zu bringen, macht das
Buch für den Deutſchen des 20. Jahrhunderts beſonders bedeutungsvoll.

Beſprechung erfolgt nach unſerem Ermeſſen. Die nachſolgende Anzeige von
Neuerſcheinungen iſt keiner Empfehlung gleich zu achten.
Deutſche Kunſt und Dekoration. April=Heft. (Verlagsanſtalt Alexander
Koch, Darmſtadt.)
Autlers Kindergarten. Von Diplom=Ingenieur Reinhold Hergt. Mit
206 Abbildungen. (Verlag von Klaſing & Co., G. m. b. H., Berlin.)
Weshalb: Deutſchland, Deutſchland über alles? Von einem Daut=
ſchen
. (Berlin SW. 68. Verlag für Sozialwiſſenſchaft.)
Weltbetrachtungen eines Japaners. Von S. Skeda. (1923. Verlag
Ausland und Heimat. Stuttgart.)
Fritz von Unruhs Tragödie Ein Geſchlecht, für die der Dichter, nach=
dem
ihm in Berlin der Staats=Schillerpreis verſagt wurde, in
Wien den Grillparzer=Preis erhalten hat, iſt im 26. bis 28. Tauſend
ſoeben bei Kurt Wolff Verlag, München, neu erſchienen.
Meiſter der Farbe. Jahrgang 1923. Heft 1. Fünf farbige Wieder=
gaben
nach Gemälden neuerer Meiſter und eine Textbeilage. Kauf=
preis
Grundzahl 4. (Verlegt bei E. A. Seemann in Leipzig.)
Die Technik des börſenmäßigen Termingeſchäfts (Fix=, Prämien=,
Stellage= und Nahgeſchäft) in analytiſch=ſynthetiſcher Darſtellung von
Dr. Heinr. Sommerfeld, Profeſſor für Betriebswirtſchaftslehre an
der Handels=Hochſchule Mannheim. Heft I. der Sammlung: Bücherei
für Bank und Börſe. Grundpreis geh. 380 Mk., geb. 460 Mk. (1923.
Induſtrie=Verlag Spaeth & Linde, Berlin C 2.)
Alfred Bruſt: Himmelsſtraßen. Ein Proſabuch. (Kurt Wolff Verlag,
München.)
Hinter Stein und Stacheldraht. Auſtraliſche Schattenbilder von Mar=
tin
Trojan. (Druck von Carl Schünemann, Bremen.)
Südſlawien, Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. (10. Heft
der Schriften des Frankfurter Meßamts.)
Muſikblätter des Anbruch. März=Heft 1923. Einzelheftpreis zurzeit
2000 Mk. (Univerſal=Edition A.=G., Wien I., Karlsplatz 6.)
Im Lande unſerer Urenkel. Von Adam Karrillon. (G. Grote=
ſche
Verlagshuchhandlung, Berlin.)
Der P. G. Heitere Bilder aus der Kriegsgefangenſchaft von Karl Max
Böttcher. 214 Seiten Kl. 8. Pappband. Grundpreis 2 Mk. Schlüſſel=
zahl
des Börſenvereins. (Veduka=Verlag, Dillingen a. D.)
Das Weſen des Antiſemitismus von Heinrich Graf Coudenhove=Kalergi,
Dr. jnr. et. phil. (Der Neue Geiſt=Verlag, Leipzig 1923.
Otto Erich Kieſel: Der Golfſtſtrom. Roman. 397 Seiten. (Verlag von
Georg Weſtermann, Braunſchweig und Hamburg.)
Jugendgerichtsgeſetz vom 16. Febriar 1923. Textausgabe mit Einleitung
und einem Abdruck der Begründung der Reichstagsvorlage und des
namens des Reichsausſchuſſes dem Reichstag erſtatteten Berichts.
(Verlag von Franz Vahlen in Berlin W. 9, Binksſtr. 16.)
Hans Henny Jahnn: Der Arzt, ſein Weib, ſein Sohn‟ Drama.
Grundpreis broſch. Mk. 3,50, in Ganzleinen geb. 5.50 Mk. (Ugrino,
Abteilung Verlag, Klecken Kreis Harburg.)
Franz Blei: Das große Beſtigrium der mobernen Litergtur. (Ernſt
Rowohlt Verlag, Berlin.)

[ ][  ][ ]

Nummter 96.

O Aus dem ſüdweſtlichen Obenwald, 7. April. Die Heidel=
beerſträucher
, ſtehen eben in voller Blüte und verſprechen eine
reiche Ernte.
nr. Seligenſtadt, 6. April. Die neuen Mietfätze. Die Hun=
dertſätze
für die Hausmieten haben für den Monat April eine Steige=
rung
von 6900 Prozent erfahren. Kleinere Reparaturen in der Woh=
nung
müſſen vom Mieter getragen werden.
r. Babenhauſen, 7. April. Bei der vorgeſtrigen Holzverſtei=
gerung
im hieſigen Gemeindewald wurden für 2 Rm. Scheiter rund
100 000 Mark und für zwei Raummeter Knüppel rund 80 000 Mark
gelöſt. Die nächſte Holzverſteigerung findet am komenden Montag,
den 2. April, ſtatt. Bei der Geneinderarsſitzung heute geſtellt. Um ſie aber vor den Nachforſchungen der Kriminalpolizei zu
wurden die Bauarbeiten für die neu zu erbauenden Doppelwohnhäuſer
wie folgt vergeben: Die Maureraubeiten für das große Haus an die
hieſigen Maurer W. Lautz und K. Cichhorn, für die beiden kleinen
Häuſer an die Gebrüder Fleckenſtein in Schlierbach=Langſtadt die
Zimmererarbeiten an Fr. Karp und Ph. Monat hie

Ele Neiſkauandstau aun den det Halfen ind er ge Mtinden Af.
vorgeſehen. Aus Sparſamkeitsrückſichten ſoll nur ein gemeinſamer
guter Brunnen für die neuen Häuſer erbaut werden. Bei der Aus=
führung
der Bauarbeiten ſollen von den Unternehmern möglichſt hieſige
Arbeiter berückſichtigt werden.
wd. Mainz, 7. April. Von der Beſatzungsbehörde wurde ein noch
zugendlicher Taglöhner ausgewieſen, nachdem er wegen Teilnahme an
den Demonſtrationen gelegentlich des Thyſſenprozeſſes zu einer kurzen
Gefängnisſtrafe, verurteilt worden war und dieſe auch verbüßt hatte.
Mit ihm wurden auch ſeine Eltern ausgewieſen und im Ausweiſungs=
befehl
beſonders erwähnt auch deſſen 14monatiges Brüder=
chen
Emil ... wegen Gefährdung der Sicherheit der Beſatzungstrup=
ben
. .! Ausgewieſen wur

De e eie eundin ue elehanelie
Polizeiſekretär J. Königsfeld=Mainz. Von der Rheinlandkommiſſion
wpurden weiter ausgewieſen: Werkſtättenvorſteher Gg. Fürſtenberg=
Mainz, Eiſenbahnaſſiſtent Wilh. Krick, Güterbodenarbeiter Ph. Kappel,
Hilfsſchaffner Peter Lauterbacher, Bahnwärter Friedrich Wolf II., Hilfs=
rottenführer
F. Wolf, Obergütervorſteher Fürſtenfeld, Weichenwärter
Wilh. Schmidt, Eiſenbahnafſſiſtent Joh. Lauterbach, Oberladeſchaffner
Karl Oberſt und Bahnhofshilfsarbeiter Ph. Nies, ſämtlich in Kreuznach.
Mainz, 7. April. Das geſtohlene Auto. Ein Bauunter=
nehmer
aus Gonſenheim unternahm am zweiten Oſterfeiertag eine Auto=
fahrt
nach Ebersheim. Dort hielt er mit ſeinen Fahrgäſten in einer
Wirtſchaft Einkehr. Obſchon die Fahrgäſte abwechſelnd die Aufſicht über
das an der Wirtſchaft ſtehende Auto hielten, war dasſelbe auf einmal
verſchwunden. Bewvohner von Ebersheim ſahen, wie mehrere Perſonen
das Auto beſtiegen und in der Richtung nach Mainz davonfuhren.
th. Mafnz. 6. April. Unbekannte Diebe haben aus einem
Geſchäftshauſe in der Stadthausſtraße Stoffe im Werte von mehreren
Millionen Mark geſtohlen.
Mainz, 7. April. Millionenbeute machten Einbrecher, die

Eeilt Ge elſticl iche e ete eit ide
ſie den Schlüſſel zum Kaſ chrank. Der Schrank enthielt hohe Geld=
ſummen
, welche die Diebe reſtlos zu ihrer Veute machten. Außerdem
eigneten ſie ſich noch eine größere Anzahl 1921er feinere Flaſchenweine an.
Mainz, 7. April. Die Näherin und Putzfrau Thereſe Klein aus
Heihtsheim hatte von dem dortigen Landwirt Ad. Joh. Jung Milch
gerauft und ſie am nächſten Morgen zu einem Mainzer Kaufman ge=
bracht
. Am 21. Dezember waren die von der Klein überbrachten drei
Schoppen Milch ſo ſchlecht, daß der Kaufmann die Milch dem chemiſchen
Unterſuchungsamt übergab. Es ſtellte ſich durch die Untexſuchung fol=
gendes
heraus: Die Klein, eine etſvas beſchränkte Perſon, hatte in die
leere Kanne ihr Kopftuch geſteckt und abends beim Milchholen
bergefſen, das Tuch herauszunehmen. Erſt am anderen Morgen, als ſie
die Milch nach der Stadt bringen wollte, fand ſie ihr Kopftuch in der
Kanne. Sie nahm es heraus, drückte es über der Milch aus und gab
noch Brunnenwaſſer über das Tuch, damit die Milch beſſer aus dem
Tuch herauskam. Außer der Klein wurde auch der Landwirt Jung
wegen Milchfälſchung angeklagt. Jung wurde freigeſprochen, die Klein
mit zwei Wochen Gefängnis beſtraft.
Dr.F.8. Alzey, 6. April. Der Volksbildungsverein
Alzey hatte zu einem Vortrag im Lehrerſeminar eingeladen. Stu=
dienrat
Dr. K. Liſtmann=Darmſtadt ſprach über die plaſtiſche Kunſt der
Griechen und unterſtützte ſeine Darbietungen durch eine Reihe wohlaus=
gewählter
Lichtbilder. Auf keinem Gebiete griechiſcher Kunſt haben ſich
Feinheit und Meiſterſchaft ſo überragend entfaltet wie in den Schöpfun=
gen
der Plaſtik. Zwar ſind nur geringe Reſte aus der Ueberfülle des
einſt Vorhandenen auf uns gekommen, faſt nichts iſt unverletzt geblieben.
Sehr häufig können wir nur aus Kopien auf die überragende Schönheit
des Originals ſchließen. Aber ſelbſt dieſe mehr oder weniger verſtüm=
melten
Bildwerke bezeugen uns den hohen Kunſtſinn jenes Zeitalters.
Die Darlegungen des Vortragenden fußten in der Erwägung, daß bei
kaum einem Volk in ſolchem Maße die äußeren und inneren Voraus=
ſetzungen
für eine ſo glänzende Entwickelung der Kunſt gegeben waren
wie bei den Griechen. Sie wurzeln in der Harmonie der körperlichen,
ſittlichen und äſthetiſchen Kräfte, die in dem Streben nach der Vereini=
gung
des Schönen und Guten ihren Ausdruck findet. In trefflichen Dar=
bietungen
zeigte dann der Redner die Entwickelung der griechiſchen Pla=
ſtik
durch ungefähr acht Jahrhunderte hindurch im engſten Zuſammen=
hang
mit der Entwickelung des geiſtigen, kulturellen und ſtaatlichen Le=
bens
des Griechenvolkes. Eine erſte Stufe, etwa vom 7. Jahrhundert
bis 480 v. Chr., in der ſich die Plaſtik allmählich frei von fremden Ein=
flüſſen
macht und zur nationalen ſelbſtändigen Kunſt wird. Dann die
klaſſiſche Periode bis ungefähr zum Tode Alexanders des Großen (323
v. Chr.). Polyklet, Phidias und Praxiteles ſind die Namen der Künſt=
ler
, die mit dieſer Blütezeit der griechiſchen Plaſtik unauslöſchlich ver=
bunden
ſind, die Akropolis von Athen, der Zeustempel von Olympia,
die Orte, an denen ſich in hervorragender Weiſe die Kunſt dieſer Zeit
auswirkt. Zur meiſterhaften Bearbeitung des Materials geſellt ſich die
Verinnerlichung der Darſtellung, der menſchlichen Seele wird Marmor
und Goldelfenbein eingehaucht, zur lebendigen Auffaſſung tritt das
Streben nach dem Erhabenen und Idealen. Der Erzbildner Lyſippos
leitet in die dritte, die helleniſtiſche Epoche (323 v. bis etwa 150 n. Chr.)
über. Entſprechend der politiſchen Entwickelung verlegt die helleniſche
Kultur ihren Schauplatz nach Aegypten und beſonders nach Kleinaſien.
Die Plaſtik ſpiegelt die veränderten ſtaatlichen und kulturellen Verhält=
niſſe
wieder. An Stelle des Strebens nach idealer Hoheit tritt eine
Vorliebe für das Leidenſchaftliche, für Schilderungen wuchtiger Kraft,
ein häufig modern anmutender Realismus, der vor Darſtellungen von
faſt abſtoßender Derbheit, nicht zurückſcheut. Der Redner verſtand es,
die einzelnen Stufen dieſer innerlichen abgeſchloſſenen Entwickelung
ſcharf herauszuarbeiten. Seine Darlegungen, die neben der Beherr=
ſchung
des umfangreichen Stoffes tiefgehende Hingabe und Begeiſterung
verrieten, weckten am Schluß den lebhaften Beifall der erfreulicherweiſe
ſehr zahlreich erſchienenen Zuhörer. Die Ausführungen haben ſicherlich
klar gezeigt, welche Ewigkeitswerte im Kunſtleben des Griechenvolkes
ruhen, welche Fülle von edlen und reichen Bildungskräften darin ſchlum=
mert
, und wie wertvoll es iſt, dieſe immer wieder unſerer Zeit zu über=
mitteln
und nutzbar zu machen.
wd. Aizey, 7. April. Vor kurzem feierte man in Alzey das Kon=
firmationsfeſt
. Auc ein Lehrer von hier, deſſen Kind konfir=
miert
wurde, weilte in der Kirche, um der Feier beizuwohnen. Wäh=
rend
der heiligen Handlung erſchienen Franzoſen in dem Gottes=
haus
, verhafteten den Lehrer, transportierten ihn ab und wieſen ihn
aus. Ein hieſiger Notau wurde ebenfalls aus der Kirche geholt
und ausgewieſen. Man rühmt den Franzoſen Höflichkeit und Takt=
gefühl
nach. Dieſe Eigenſchaften ſcheinen bei franzöſiſchen Militärs
ins Gegenteil umzuſchlagen.
Nieder=Wöllſtadt, 7. April. Bei einem Pirſchgang am 2. Feiertag
morgens überraſchte Herr Helmut Beſt im Waldſtück Alter Berg,
Gemarkung Pelterweil, zwei Wildever. Es gelang ihm, einen
derſelben feſtzunehmen, während der andere flüchten konnte. Der feſt=
genomnne
Wilddieb, ein gewiſſer Groh aus Klein=Karben, war mit
Gewehr und Dolch bewaffnet. Sein Komplize ein Straßenwärter aus
demſelben Dorfe, trug keine Bewaffnung bei ſich.
ro. Schotten (Oberh.), 6. April. Der Neubauder ſtaatlichen
Förſterſchule geht ſeiner Fertigſtellung entgegen. Man hofft,
daß im Laufe des Sommers der Einzug der Schule, die eben in der
Landwirtſchaſtsſhule untergebracht iſt, erfolgen kann.
Schotten, 5. April. Der Neubau der hieſigen ſtaatlichen För=
ſterſchule
geht nunmehr ſeiner Fertigſtellung entgegen. Es iſt zwar
undahrſcheinlich, daß er mit Beginn des neuen Schuljahres nach Oſtern
bezogen werden kann, aber im Laufe des Sommers kann die Förſter=
ſchule
ſicherlich in ihr ſtattliches Heim einziehen. Bis dahin wird ſie
ihren Unterricht in den Räumen der landwirtſchaftlichen Winterſchule
abhalten. Das im Nordende gelegene neue ſtädtiſche Wohn=
haus
iſt nun auch vollendet und wird nächſtens bezogen werden können.
Am Hohewieſenweg, in der Nähe des Bahnhofs, läßt der Staat, um
der Wohnungsnot zu ſteuern, ein Beamtenhaus errichten, wofür ein
großer Teil der Bauſtoffe ſchon angefahren iſt. Beteiligte Kreiſe hoffen,
daß die Wohnungen dieſes neuen Hauſes ſchon im Spätherbſt bezogen
werden können.
nr. Schetten (Oberheſſen), 7. April. Holzdiebſtahl. Im
ſogen. Schenkſchen Revier bei Rülfenrod ſind zirka 30. Naummeter
Brennholz geſtohlen worden

Aus der Reichshauptſtadt.
Eine große Hamburg=Berliner Diebes= und Heh=
lezbande
wurde am Donnerstag von der Polizei hinter Schloß und
Riegel gebracht. Ein in Hamburg bekannter Hehler namens Beutfeld
ſtiftete dort einen 17 Jahre alten Bureauboten Kaxl Müller, der bei
einer Spedition beſchäftigt war, an, einen Frachtbrief über fünf Kiſten
mit Rehfellen im Werte von einer halben Milliarde zu unterſchlagen
und ihm zu übergeben. In Verlin wurden die Kiſten einſtweilen unter=
ſchützen
, mietete man in der Bergſtraße einen Keller. Von hier aus foll=
ten
die Felle verkauft werden. Alexandrowiez, der Geſchäftsfreund von
Ventfeld, beſorgte eine ganze Bande von galiziſchen Schleppern, die
die Käufer heranbringen follten. Die Schlepper waren auch ſehr eifrig
tätig und boten an verſchiedenen Stellen Felle zum Kauf an. Die Poli=
zei
entdeckte zunächſt den Verkaufskeller. Hier fielen ſie jetzt überraſchend
ein und ſtießen auf mehrere Schlepper, die zunächſt von nichts wiſſen
wollten. Während ſie dieſe noch verhörten, kam auch Alexandrowicz
heran. Er wurde ebenfalls verhaftet. Die Verhafteten mußten nach
langem Widerſtreben endlich die ganze Beute preisgeben. Auch Karl
Müller war von Hamburg nach Berlin gekommen und mit den anderen
beteiligten Hamburgern in einem Hotel in der Nähe des Oranienburger
Tores abgeſtiegen. Als er von einem Ausflug zurückkehrte, wurde er
gleichfalls dingfeſt gemacht. Im ganzen wurden bis jetzt ſieben Per=
ſonen
feſtgenommen. Jeder hatte mehrere Millionen aus
dem Erlös der in Hamburg verkauften Felle bei ſich. Weitere Verhaf=
tungen
von Schleppern ſtehen noch bevor.
Evangeliſcher Reichselterntag in Braunſchweig.
Als Ergebnis der geſtrigen vielſtündigen Verhandlungen wurde
folgende Erklärung zur ſchulpolitiſchen Lage einſtimmig beſchloſſen:
Der Vertretertag des Reichselternbundes erhebt im Blick auf die um
ſich greifende Schulnot von neuem die Forderung einer beſchleunigten
Verabſchiedung des Reichsſchulgeſetzes, und begrüßt deshalb jede An=
ſtrengung
in Parlament und Behörde, die uns dem Schulfrieden
näher bringt. Angeſichts der Bemuhungen um eine endgültige Löſung
der Schulfrage erklärt de Reichselternbund erneut, daß für die evan=
geliſche
Elternſanft nur ein Reichsſchulgeſetz annehmbar iſt, das der
erangeliſchen Schule volle Sicherheit und Entfaltungsfreiheit gewährt.
Wenn alle Verſuche auf dem bisherigen Wege zum Schulfrieden zu
gelangen, ſcheitern ſollten, ſo wird die evangeliſche Elternſchaft für
ihr gutes Recht und ihre heilige Pflicht mit allen geſetzlichen und ver=
faſſungsmäßigen
Mitteln weiterkämpfen, bis der Volkswille zur chriſt=
lichen
Erziehung ſein Ziel erreicnt hat. In einer zweiten Ent=
ſchließung
zur Lehrerbildung begrüßt und unterſtützt der Reichseltern=
bund
um der Kinder willen die Beſtrebungen der Lehrerſchaft nach
einer zeitgemäßen Ausgeſtaltung der Lehrerbildung in der Erwartung,
daß dabei die beſonderen Belange der evangeliſchen Erziehungsarbeit
die gebührende Berückſichtigung finden. Der Geiſt der Verhandlungen,
neben denen erſtmalige Sonderberatungen der Reichskommiſſion zur
Wahrung des chriftlichen Erziehungsgeiſtes der Leſebücher einhergingen,
fand in der Vorführung von Glaube und Heimat im Wandellicht=
bild
nach dem Drama von Karl Schönherr ſeinen bildhaft=künſtleriſchen
Ausdruck. Ein Erziehungsabend mit Vorträgen von Oberſtudiendirektor
Dr. Bruns=Magdeburg und Lehrer Dieſemer=Berlin über die Er=
ziehungsaufgabe
des evangeliſchen Haufes und der evangeliſchen Schule
brachte die Tagung zum Abſchluß, die wie man erwarten darf
ſich als eine bedeutſame Etappe auf dem Wege zu Frieden, Freiheit
und wahrem Fortſchritt im deutſchen Schulweſen erweiſen wird.
Familientragödie.
Goslar. Zerrütete Familienverhältniſfe haben zu einer furchtbaren
Familientragödie geführt. Die von ihrem Mann getrennt lebende Frau
Klinke wurde von dem Bräutigam ihrer Tochter erſchoſſen. Dann
brachte der Mörder ſeiner Braut einen tötlichen Schuß bei, um ſchließ=
lich
die Waffe gegen ſich ſelbſt zu richten. Auf den beiden Frauenleichen
fand die Polizei das ſechs Wochen alte uneheliche Kind, der Tochter
lebend vor.
Kardinal Faulhaber geht nach Amerika.
München. Kardinal Faulhaber hat mit der Hamburg=Amerika=
Linie eine Reiſe nach den Vereinigten Staaten angetre=
ten
, um dort den Wohltätern perſönlich zu danken und in einigen
Staaten Predigten und Vorträge zu halten. Die Reiſe hat nicht einen
politiſchen, ſondern rein charitativen Charakter und war im Stillen
lange vor der Amerikareiſe des Kardinals Mercier geplant. Der Kau=
dinal
hofft, ſeine Anſtalten, die als Landesanſtalten dem ganzen Land
Bayzern dienen, über die nächſten kritiſchen Zeiten hinüberzuretten.
Zur Gründung bes Deutſchen Vereins in Windhuk.
D.4.I. Der Deutſche Verein iſt durch den Zuſammenſchluß aller bis=
her
in Windhuk beſtehenden Vereine nunmehr begründet worden. Ein
feſtlicher Deutſcher Abend war durch alte deutſche Märſche der be=
trächtlich
erweiterten Kapelle der Windhuker Muſikfreunde eingeleitet,
nach einem Vorſpruch ſang der Männerchor Horch, die alten Eichen
rauſchen, Pfarrer Kaſchke hielt eine edle und Begeiſterung auslöſende
Feſtanſprache, Vorträge, Vorführungen des Turnvereins und Anſprachen
wechſelten ab.
Eine gemiſchte Flugpoſtlinie LiffabonRiga?
RDV. Die Flugpläne für den kommenden Sommer liegen leider
immer noch nicht feſt, da eine Einigung Deutſchlands mit der Inter=
nationalen
Luftfahrt=Konvention bisher nicht erfolgte; man hofft jedoch,
bis zum 16. d. M. die deutſchen Flugpläne ſoweit ſichergeſtellt zu haben,
daß der Betrieb wenigſtens auf den Hauptlinien (Kopenhagen Ham=
burg
BerlinDresden-Prag, Berlin-KönigsbergRigaMoskau und
BerlinKölnLondon ſowie Berlin-NürnbergMünchenGenf) auf=
genommen
werden kann. Im Luftweg wird nun über Linienführung
und Flugpläne ein beachtenswerter Vorſchlag gemacht: das Flugzeug
ſolle grundſätzlich nicht mit den beſtehenden Verkehrsmitteln in Wett=
bewerb
treten, ſondern ſie ergänzen; unter dieſem Geſichtswinkel wird
eine Fluglinie LiſſabonRiga vorgeſchlagen, die in engſter Verbindung
mit den Nachtſchnellzügen ſtehen ſoll, ſodaß ſich folgender Verkehrsplan
ergeben würde: 1. Tag Flugzeug Liſſabon-Barcelona; 1. Nacht Schnell=
zug
BarcelonaMarſeille; 2. Tag Flugzeug MarſeilleMünchen; 2.
Nacht Schnellzug MünchenBerlin; 3. Tag Flugzeug BerlinRiga.
Die ſo kombinierte Verbindung würde die Reiſedauer, die mit der Bahn
115 Stunden beträgt, auf 60 Stunden herabmindern. In München wird
eine Abzweigung nach dem Balkan vorgeſchlagen; die Strecke München
Belgrad wäre in etwa neun Stunden zu durchfliegen, und der am Spät=
nachmittag
in Belgrad eintreffende Reiſende würde den Orient=Expreß
nach Konſtantinopel erreichen. Das Syſtem dieſer gemiſchten Ver=
bindung
iſt auf der Strecke BerlinMoskau mit gutem Erfolge bereits
durchgeführt; in Königsberg erwartet das Flugzeug den von Berlin
kommenden Nachtſchnellzug, und dieſe Vereinigung der beiden Verkehrs=
mittel
dürfte, ſolange der Nachtflug nicht durchorganiſiert und geſichert
iſt, auf allen größeren Linien durchgeführt werden.

Sport, Spiel und Turnen.
Sportverein Darmſtadt 1898.
Sonntag nachmittag halb 2 Uhr ſpielt eine Ligaerſatzmannſchaft
gegen den Fußballverein Hofheim. Die Hofheiner verfügen
und flinke Mannſchaft, die in allen vergangenen Ver=

anhänger lohnen.
Sportverein 98 (Leichtathletik).
Gymnaſtikexerzitien. Um eine Leiſtungsſteigerung durch
maximale Arbeit und eine tiefwirkende gymnaſtiſche Durchbildung vor
Beginn der Bahnwettkämpfe zu erzielen, findet für alle Mitglieder
eine Uebungswoche ſtatt in der Zeit vom Sonntag, den 8. April, bis
Sonntag, den 15. April. An Wochentagen jeweils abends um 6.15 Uhr
Sportplatz, Sonntag 10,15 Uhr Sportplatz. Der Zweck der Einrichtung
kann für den Einzelnen nur dann vollen Nutzen bringen, wenn er
ſich bei den täglichen Uebungen ohne Verſäumnis beteiligt. Nach der
Uebungswoche wird dann eine Ruhepauſe von 10 Tagen eingeſchaltet.
In dieſe Zeit fällt am 22. April als letzte Geländeveranſtaltung der
Frühjahrswaldlauf. Die Zeit bis zum 6. Mai wird zur Vorbereitung
der Mannſchaft für den Klubkampf mit S. C. Frankfurt 1880 ver=
wendet
.
Die nächſten Veranſtaltungen. Nachdem am 2. Oſter=
tag
die Sportkameraden aus dem beſetzten Gebict ſich trotz aller Hin=
deruiſſe
unter Aufbringung erheblicher Opfer zur Beteiligung an der

wird ſich mit zwei Mannſchaften in Mainz beteiligen
Am 22. April ſchließt für Darmſtadt die diesjährige Waldlaufſaifon
mit dem Frühjahrswaldlauf des Sportvereins 98.
Die Bahnveranſtaltungen beginnen mit dem 8. Mai. An dieſem
Tage wird eine neue Sportſtätte in Frankfurt in Benutzung genom=
men
. Es findet ein Jugendklubkampf zwiſchen dem Sportrlub 1880
Frankfurt und Sportverein 98 ſtatt. Die Frankfurter nehmen an die=
ſem
Tage zum erſten Male ihren neuen Platz in Benutzung. Näheres
über den Klubkampf wird noch veröffentlicht,

Nedie Weche gernſif inte de Wuierse Narſchſfe gie
dem Plan zu ſehen. Die Mannſchaſt des Platzerins iſt ſehr ſiart
und konne bei ihrem letzten Spiel in Mannheim gegen den Mann=
heimer
F.K. Phönix, einen glat en 10:1=Sieg landen.
Norbbeutſcher Fußball.
Trotz Abwanderung guter Spieler ſchlug Viktori=Hamburg den
F.K. Pforzheim 4:2. Viktoria zeigte vollendete Tonleh=Schule, fand ſich
in der zweiten Halbzeit prächtig zuſammen und drängte Pforzheim
töllig zurück. Eimsbüttel ſchlug Gäſte aus Malmö 5 2. während
Holſtein=Kiel von den Malmöern wie Spielvereinigung Fürkh 5:1 ge=
ſchlagen
wurde. Kilia=Kiel wurde von der Braunſchweiger Eintracht
6:0 geſchlagen. Die Leute aus der Löwenſradt ſcheinen wieder die ge=
fürchtete
Mannſchaft früherer Zeit zu werden, als Harder, Queck und
Runge in ſelbiger wirktonk. Die beſten Fußballmanaſchaften Deutſch=
lands
ſind zur Zeit der Hamburger Sportverein und Spielvereinigung
Fürich. Am Karfreitag iſt dies in Hamburg bewieſen. Denn ebenſo
gut wie Fürth 3:2 gewana, konnte es Hamburg auch. Bei Hamburg
fehlte der internationale Verteidiger Carlſon und bei Fürth der gute
Mittelläufer Lang. Hamburg derſchoß einen Elfmeter und der Erſatz=
dreidiger
Speher leiſtete ſich durch ein Mißverſtändnis mit Martens
im Hamburger Tor einen Eigen=Goal, ſomit hatten die Fürther einen
billigen Erfolg. Die Fürther Außenläufer hatten ihre liebe Not, um
die ſchnellen Flügelſtürmer der Hanſeater zu halten; Lohrmann im
Tor war viel der Retter in der Not, er hatte mahr zu tun wie ſein
Gegenüber. Die Fürther Verteidiger ſpielten oft körperlich, namentlich
Wellhöfer leiſtete ſich viele Fauls, was dem Publikum nicht gefiel. Der
Mittelläufer Halverſon vom Hamburger Sportverein zerſtörte im Ver=
ein
mit Flohr die Fürther Angriffe; Halderſon war gut, aber gegen
St. Georg und Eimsbüttel noch beſſer. Bei Fürth gefielen Tohrmann,
Hagen, Franz und Seidesen. Hoher dagegen enttäuſchte.
Kr.
Frühjahrs=Eröffnungsrennen des Darmſtäßter Radſport=Klubs 1919.
Wie alljährlich, findet heute das Frühjahrs=Eröffnungsrennen
ſtatt. Es iſt mit einer ſtarken Beteiligung zu rechnen. Begünſtigt
durch das herrlihe Fruhjahrswetter, hat das Training rechtzeitig ein=
ſetzen
können, ſo daß ſich unter den gemeldeten Rennfahrern bereits
einige in beſter Form befinden. Dem vorjährigen Meiſter und Fävo=
rit
des Klubs Adam Offenthal=Eberſtadt, wird ſich ein gut trainiertes
Feld entgegenſtellen, mit dem er zu rechnen haben wird. Start iſr
am Böllenfalltor, vormittags 9½ Uhr pünktſich. Es wird in
Minutenabſtänden geſtartet und führt die Rennſtrecke über Nieder= Ram=
ſtadt
Ober=Ramſtadt Roßdorf Gundernhauſen Dieburg
Einſiedel nach dem Ziel Oberwaldhaus, woſelbſt die erſten Fahrer etwa
um 10½ Uhr eintreffen werden. Anſchließend an das Nennen findet
Bekanntgabe der Reſultate im Oberwaldhaus ſtatt.
Main=Rhein=Gau (D. T.). Sonntag, den 8. April,
nachmittags 1,30 Uhr, beginnen auf dem ſchönen, mitten im Walde
gelegenen Sportplatze des Turnvereins Pfungſtadt die Spiele um die
Gaumeiſterſchaft im Fauſtball für das Jahr 1923. Freunden und Ver=
ehrern
des ſchönen Turnſports iſt dabei Gelegenheit geboten, das ſchöne
alte Turnſpiel in hoher Vollendung zu ſehen.

Chokolade Likör
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Man verlange ausdrücklich Lebewohi.

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(4 21): Der Freiſchütz. Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, Ende
9½ Uhr (Zuſatzmiete Vl2): Bunbury; vormittags 11½ Uhr, Vor=
trag
Reichskunſtwarts Dr. Redslob: Bühne und bildende Kunſt.
Orpheum, 734 Uhr abends: Der blonde Engel Sport=
platz
=Reſtaurant: Nachmittags 4 Uhr Kaffeekonzert.
Herrngarten: Vormittags 11 Uhr Promenadekonzert.
Theſta=Klub: Nachmittags 4 Uhr im Fürſtenſaal Stiftungs=
feſt
. Städtiſcher Saalbau: 7 Uhr abends Tanz.
Nummelbräu: Nachmittags 4 Uhr Konzert. Union=, Reſi=
denz
=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino= Vorſtel=
lungen
.
Verſteigerungskalender. Montag, 9. April.
Mobiliav=Verſteigerung vormittags ½10 Uhr und nach=
mittags
½3 Uhr Ernſt=Ludwigſtraße

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Pau!
Lange ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Aummer hat 10 Seiten
und Nuterhaltungsblatt,

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.

Rummer 96.

Ein ltebes, gesendes Töchter-
cben
wurde aus heute geschenkt.
Kammermnsikar Alfred Günther
u. Frau Toni, geb. Sttebrltz
Darmstadt, am 5. April 1923
Dicburgerstr. 4, II.
(*9552
Die glückliche Geburt einer
kräftigen Jungen zeigen an
Jahnarzt Münch u. Frau
Martha, geb. Bauer
Darmstadt, den 6. April 1923
Bessungeeitraße 68
(49584

Nachruf.
In der Nacht zum 5. April verſchied nach langer, ſchwerer
Krankheit
Herr W. Schuckmann
Apotheker.
Ich verliere in dem Verſtorbenen einen Abteilungsvorſtand,
deſſen lauterer Charakter, Gewiſſenhaftigkeit und Zuverläſſigkeit
ſein allzufrühes Hinſcheiden mich beſonders ſchmerzlich emp=
finden
läßt.
Ich werde ihm allezeit ein dankbares Andenken bewahren.
Darmſtadt, den 7. April 1923.
E. Merck.

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Emilie (Eigenbrodt
Aug. KarlOarmſtädter
Verlobte
Darmſtadt
(*9563
Ae

Käthe Heiligenthal
Gustav Löwenstein
VERLOBTE
Darmstadt, 8. April 1923
(9556

Statt beſonderer Anzeige.
Nach ſchwerem, mit großer Ge=
duld
ertragenem Leiden wurde
ar Freitag Abeud meine liebe
Frau, unſere herzensgute, ſtets
treubeſorgte Mutter, Großmutter
(29631
und Schwiegermuitter

Todes=Anzeige.
Heute Abend entſchlief ſanft nach ſchwerem
Leiden im 82. Lebensjahre unſere gute Mutter,
Schwiegermutter und Großmutter

geb. Hild
Darmſtadt, 6. April 1923, Dayton, Ohio.
Lauteſchlägerſtr. 26.
Fantilie Leisler
Weitzel
v
Kunz.
*9607)
Die Beerdigung findet in der Stille ſtatt.

geb. Karg
durch einen ſanften Tod erlöſt,
Darnſtadt, den 7. April 1923,
In tiefer Trauer:
Grurtz Heid,
Guſtau Lang 1i. Frau, Margarete,
geb. Heid,
Willz, Feun u. Fran, Marie, geb.
Heid, und 3 Enkelkinder,
Auf Wunſch der teuren Entſchla=
fenen
findet die Beerdigung in
aler Stille ftatt. Von Beileids=
beſuhen
bitten wir Abſtand zu
nehmen.

Rückvergütung
von Verbrauchsabgaben.
Anſprüche auf Rüdvergittung von Ver=
brauchsabgaben
aus dem Verwaltungs=
jahr
1922 (1. April 1922 bis 31. März
1923) müſſen unter Vorlage der dies=
bezüglichen
Ausfuhrbeſcheinigungen ( zu=
ſammengeftellt
) und der Quiktungen über
die bezahlte Verbrauchsabgabe längſtens
bis zum 10. Mai ds, Is. geltend
gemacht werden.
Darmſtadt, den 4. April 1923.
st2889) Der Oberbürgermeiſter.

Kanalbauarbeiten.
Die Herſtellung von 165 m Zemeut=
rohrkanal
ſoll vergeben werden.
Arbeitsbeſchreibungen und Bedin=
gungen
liegen bei dem Tiefbauamt,
Zimmer Nr. 5, während der Dienſtſtunden
zur Einſicht offen. Auch werden dort die
Angebotſcheine abgegeben.
Angebote ſind bis Mittwoch, den
18. 2priz Ifd. Js., vorm. 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Darmſtadt, den 6. April 1923.
Tiefbquamt. (st2870

Allen Vertvandten und Bekann=
ten
hiermit die traurige Nachricht,
daß geſtern abend mein innigſt=
geliebter
Mann, unſer guter Vater,
Sohn, Bruder, Schwiegerſohn,
Schwager, Neffe und Onkel
Ernſt Müller
Poſtſchaffner
nach ſchwerem Leiden ſanft ent=
(29641
ſchlafen iſt.
Im Nazen der
tieftrauenden Hinterbliebenen:
Frau Margarete Müller
geb. Schäfer, und Kinder.
Darmſtadt, den 7. April 1923.
Die Berdig. find. Montag, 9. April,
nachm. 3 Uhr, a. d. Waldfriedh. ſtatt.

Dankſagung.
Für die Beweiſe herzlicher Teil=
nahme
beim Hinſcheiden meines
lieben Mannes
Ludwig Molter
fagen allen herzlichſten Dank. Be=
ſonderen
Dank Hrn. Pfarrer Lauten=
ſchläger
für die troſtreichen Worte.
Frau Eliſabeth Molter
und Kind.
Darmſtadt, 7. April 1923. (*9627

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Hans Ripper z
(*9443
Anzuſehen jederzeit.

Im Anſchluß an die von den unter=
zeichneten
Finanzämtern an dieſer Stelle
erlaſſene öffentliche Aufforderung vom
25. 1. 1923 wird hiermit bekanntgegeben,
daß die Friſten für die Abgabe einer
Steuererklärung für die Veranlagung
zur Einkommen=und Kapitalertrags=
ſteuer
für das Kalenderjahr 1922 ſowie
für die erſte Veranlagung zur Ver=
mögensſteuer
und für die Veranlagung
zur Zwangsanieihe auf den Monat
April verlegt wvorden ſind. Die Steuer=
erklärungen
ſind daher ſpäteſtens bis
zum 30. Aprik 1923 abzugeben. Wer
zur Abgabe einer Steuererklärung ver=
pflichtet
iſt, ergibt ſich aus der oben er=
wähnten
Bekanntmachung vom 25. Jan.
923. Für die Vermögensſteuer und
Zwangsanleihe beſteht jedoch eine Ab=
weichung
inſofern, als zur Abgabe der
Steuererklärung nur verpflichtet iſt, wer
am Stichtag (31. Dezember 1922) ein
Vermögen von mehr als 400 000 Mark
beſeſſen hat.
Die Vordrucke für die Vermögens=
und Einkommenſteuer werden den
in Frage kommenden Steuerpflichtigen
vom Finanzamt anfangs April über=
ſandt
werden. Wer zur Abgabe der
Steuererklärungen verpflichtet iſt, aber bis
zum . April die Vordrucke nicht er=
halten
hat, iſt verpflichtet, die Vordrucke
vom Finanzamt nach dem 15. April d8.
(2868
Js. abzuholen.
Darmſtadt und Langen, 6. Aprik 1923,
Die Finanzämter:
Daumſtadt=Stadt. Darmſtadt= Land. Langen

Rieich LudeAngeige.
nachm. 6 Uhr, ſollen auf freiwilligen
Antrag des Ludw. Schaub zu Darm=
ſtadt
die nachverzeichneten Liegenſchaften
in der Gewarkung Eberſtadt öffentlich
meiſtbietend im Rathaus dahier ver=
(2884
ſteigert werden:
1. Flur II. Nr. 343, Acker am Ulvenberg
806 qm,
2. Flur XXI, Nr. 71, Nadelholz am ſtei=
nernen
Kreuz 1356 qm.
Eberſtadt, den 6. April 1923.
Heſſ. Ortsgericht Eberſtadt.
Schäfer,

Boddelauer

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Pfeilerſchrank,1 zweitür. Wäſcheſchrank,
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den
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5,17 tm,
Lärchen Kl. V 8 Stück
1,75 fm.
Derbſtangen: Fichten Kl. 1 241 Stück
29,73 fm,
Fichten Kl. II 438 Stück
28,00 zw,
Lärchen Kl. T 20 Stück
1,78 fm,
Lärchen Kl. II.,66 Stück
4,16 im,
Reisſtangen: Fichten 62 St. 1,14 im
Zuſammenkunft der Steigerer auf der
Kreisſtraße Ober=Namſtadt Roßdorf,
am Eingang des Waldes.
(2862
Ober=Ramſtadt, den 4. April 1923.
Heſſiſche Bürgermeiſterei.
Rückert.

Tiſche u. Stühle und Rutzpenwagen z
k. Schmidt, Schloß=

auf die mundelsichere wertbeständige
50 Mestfälische Kohlenwert-Anleihe
der Landesbank der Provinz Westfalen
unter Garaatie der Provinz Westfalen
in Stücken von je 1 und 5 Tonnen westfälischer Fett-
förderkohle
/Erzeugerpreis, also Syndikatspreis abzäg-
lich
Kohlensteuer, Umsatzsteuer u. anderer Zuschläge).
Die Zeichnung erloigt bis zum 12 Aprild J. zum
Zeichnungspreis je Tonne 29000. endgültig).
Zeichnungsstellen sind alle Banken und Spar-
kassen
und die Landesbank in Münster i. W. Die
Zeichnungsstellen geben ausführliche Prospekte ab.
Die Zeichnungen werden nach der Reihenfolee des
Eingangs berücksichtigt. Bevorzugt werden Zeich-
nungen
, für welche der endgültige Zeichnungspreis
(89000 je Tonne) vorausgezahlt wird. Voraus-
gezahlte
Beträge werden bis zum Zeichnungstermin
mit 10% verzinst Stückzinsen werden nichtberechnet.
Münster i. W., den 29. März 1923. (TV,2038
Eamdesbank der Provinz Westfalen.

Oace
Fühnssaugen.
oenn mußt Du
Kukirol
gebrauche

Der Valutaprolet.

Beſichtig.: Sonntag von 25 Uhr.
Darmſtadt, den 6. Aprik 1923.
Aaaß
Amtsgerichtstaxator.

Kaufmann
erſter Geſellſchaftskreiſe ſucht ſich mit ca.
50 Millionen an beſtehendem Fabrikbetrieb
oder Engros=Geſchäft tätig zu beteiligen.
Verſchwiegenheit zugeſichert und verlangt
Angebote unter B 11 an die Geſchäfts=
ſtelle
dieſes Blattes. (374Imt

VIII.
(II. 2866
(Aufheben!)
(Fortsetzung folgt!)
Piedecubiste beschließt, durch den Besuch des Kinostückes
Antoneita Czerna, die Fürstin der Wildnis, oder der Braut-
kuß
auf dem Grabe um Mitternacht etwas für die Abrundung
seiner Bildung zu tun und sich während der Vorstellung
möglichst gebildet zu benehmen, bekommt aber einen sehr
schlechten Eindruck vom Bildungserade des deutschen Pub-
1kums, denn als er mit seinen großkalibrigen Füßen durch
1 =Service für 18 Perſenen, die unbeleuchteten Stuhlreihen gent, hört er, so ungebildete
1 Kaffee=Service für 12 Perſonen, 2/Worte wie: Trampeltier infames und Saubauer, denkst du,
ich habe meine Hühneraugen gestohlen?" Ja, sogar als er
sich zu dem angewiesenen Sitze begibt und seine Nachbarn
Kriſtall, Porzellan, Spiegel uiw. mit einer höflichen Verbeugung begrußt, bekommt er eine
Antwort, die seine cchon Ins Wanken geratene Ueberzeugung,
daß die Deutschen sales Boches seien wieder befestigt Erst
als er bemerkte, daß er auf sämtlichen Zehen des Herrn
steht, wird ihm der Grund von dessen Aufregung klar, und
als er auf seine teilnehmende Frage, ob er Hühneraugen habe,
erfährt, daß dem allerdings so gei, erklärt er, dagegen gebe
es nicht Besseres als Kukirol. Es lindert sofort den Schmerz,
und in wenigen Tagen 1öst es sich so leicht ab, als wenn
man ein Blatt vom Baume bricht. Wer Hühneraugen hat,
der sündigt an sich selbst, wenn er nicht Kukirol verwendet.
Das Kukirol-Fußbad aber ist ein herrliches Mittel zur Fuß-
pflege
. Es hält die Füße warm und trocken, stärkt Nerven
und Sehnen und macht die Haut lind, weich Beide Präpa-
rate
sind in allen Arotheken und Drogorien zu haben,
Hergestellt werden sie in der
Kukirol-Fabrik Groß-Salze bei Magdeburg
Nehmen Sie aber nur das echte, millionenfach bewährts
Kukirol, welches scheinbar etwas teurer ist, als andere
Hühneraugen- Mittel, aber nur scheinbar, denn mit einer
Schachtel Kukirol können Sie 10 Hohneraugen absolut sicher
beseitigen, während billigere Mittel nur zur Bepflasterung
von 5 Hühneraugen ausreichen, aben nicht zur Beseitigung,

[ ][  ][ ]

Rummer 96.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.

Are
N
D Nt
VoDou
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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt
Handel und Gewerbe im Jahre 1923.
Nach den von den preußiſchen Handelskammern dem preußiſchen
Miniſterium für Handel und Gewerbe erſtatteten Berichten hat das un=
beſetzte
Deutſchland die Abſchnürung ſeines wichtigſten Induſtrie=
gebiets
bisher verhältnismäßig gut ertragen. Insbeſendere iſt die
befürchtete Kohlennot nicht eingetreten, und der Bedarf an Roheifen
und Stahl konnte im weſentlichen gedeckt werden. Hierzu trugen die
vorhandenen Vorräte und die vermehrte Einfuhr, beſonders an eng=
liſcher
Kohle, bei. Von ausſchlaggebender Bedeutung war ferner der
Markkurs, der im März zu allgemeiner Zurückhaltung des Inlandes
führte, während gleichzeitig die Nachfrage des Auslandes infolge ver=
minderter
Konkurrenzfähigkeit nachließ. Beſonders trat dies bei der
Maſchinenindnſtrie hervor, die teilweiſe zu Betriebseinſchränkungen
ſchritt. Auch die Textil= und Tabakinduſtrie ſtand unter dem Zeichen
rückläufiger Konjunktur, während die Beſchäftigung der übrigen In=
duſtrien
trotz erhöhter Produktionskoſten durch den Bezug engliſcher
Kohle im allgemeinen befriedigend war. Im beſetzten Gebiet waren
die Betriebe dagegen zu großen unwirtſchaftlichen Ausgaben gezwun=
gen
, und durch die Verkehrsſperre und die ſonſtigen Eingriffe der Be=
fatzungsmacht
empfindlich geſtört. Es muß dort in der Hauptſache auf
Lager gearbeitet werden. Die Großhandelspreiſe gingen leicht zurück,
im Einzelhandel zeigte ſich eine ſtarke Verringerung der Nachfrage,
die in vielen Geſchäftszweigen zu einem vollkommenen Stillſtand
führte. Auh große Preisherabſetzungen, zum Teil bis unter die Ein=
kaufspreiſe
, vermochten den Geſchäftsgang nur wvenig zu beleben. Die
Erſcheinungen des Käuferſtreiks machten ſich beſonders im Schuh=,
Textil=, Eiſen= und Papierwarengewerbe bemerkbar. Aus den Einzel=
berichten
ſei folgendes erwähnt:
1. Bergbau. Während über die Kohlenförderung im rheiniſch=
weſtfäliſchen
Kohlengediet keine beſtimmten Angaben gemacht werden
können, iſt im mitteldeutſchen Brcinkohlengebiet die Förderung nicht
unerheblich geſteigert worden. Infolge verringerter Nachfrage der
Zucker= und Kaliinduſtrie trat ſogar eine gewiſſe Abſatzſtockung ein.
Auch die Nachfrage nacl oberſchleſiſcher Kohle ſtockte teilweiſe, da die
Käufer infolge der Ruhrbeſetzung zu einer ſtarken Vorratseindeckung
geſchritten waren und Neueindeckungen infolge der unſicheren Lage und
der erwarteten Herabſetzung der Kohlenpreiſe nicht vorgenommen
wurden. Kleinere Streiks in Deutſch=Oberſchleſien konnten daher leicht
überwunden werden, ſoweit ein Förderausfall eintrat, konnte er durch
vermehrte Einfuhr aus Polnif;=Oberſchleſien ausgeglichen werden.
Die Gruben des Siegerländer Eiſenerzbergbaues hielten ihre Betriebe
voll aufrecht, trotz ſtarker Beſchränkung des Verlands nach Rheinland
und Weſtfalen. Die Siegerländer Hüitten konnten ſo ihre faſt aufge=
zehrten
Eiſenſteinbeſtände wieder auffüllen. Die Eiſenſteingruben im
Lahn= und Dillgebiet gingen ſogar dazu über, einen Teil ihrer Förde=
rung
auf Halden zu ſtürzen.
Die Abſatzverhältnifſe in der Kaliinduſtrie waren im März ſehr
ungünſtig, da insbeſondere die deutſche Landwirtſchaft ihre Bezüge
fehr einſchränkte, weil ſie ſich in den Vormonaten zu billigen Kali=
preifen
und Frachtſätzen genügend eingedeckt hatte. Das Auslands=
geſchäft
war klein, nur die Nachfrage nach ſchwefelſauren Kaliſalzen
war befriedigend. Einzelne Werke gingen dazu über, Feierſchichten
einzulegen.
2. Eiſeninduſtrie, Maſchinenfabriken, eletro=
techniſche
Induſtrie. Die Lage auf dem Eiſenmarkt hat ſich
weiter verſchärft, die Hochöfen, Stahl= und Walzwerke im beſetzten Ge=
biet
mußten ihre Betriebe teilweiſe erheblich einſchränken. Der Abſatz
geſtaltet ſich ſehr ſchwierig, da der Verſand in das unbeſetzte Deutſch=
land
ganz unterbunden iſt. Auch die Verſorgung der weiterverarbex
tenden Induſtrie im altbeſetzten Gebiet wurde immer ſchwieriger. Ver=
handlungen
mit den Beſatzungsmächten, der Induſtrie die Erfüllung
ihrer Aufgabe zu ermöglichen, insbeſondere die Bemühungen der eng=
liſchen
Händler, haben bisher keinen Erfolg gehabt. Die Werke ar=
beiteten
größtenteils auf Lager, da der Handel wenig kaufluſtig war.
Soweit die oberſchleſiſchen Hochofenwerke neue Einkäufe tätigten, be=
trafen
ſie neben ſchwediſchen in beſchränktem Maße auch ſpaniſche Erze.
Die Preiſe der deutſchen Gruben waren vielfach höher als die des
Auslandes, ſo daß das an ſich umfangreiche Angebot in deutſchen
Erzei nicht voll Unterkunft fand. Schrott war ungewöhnlich ſtark an=
geboten
, ſo daß die Preiſe für Altmaterial zurückgingen. Das Aus=
landsgeſchäft
war gleich null, da die deutſchen Verbraucher nicht er=
folgreich
konkurrieren konnten. Das Roheiſengeſchäft iſt im März ſehr
viel ruhiger geworden, die Beſchäftigung der Gießereien hat ſtark
nächgelafſen. In Fertigeiſen waren die Werke noch ziemlich mit Auf=
trägen
verſehen, jedoch ließ der Auftragseingang infolge Aufhebung
der Eiſenzölle nach, nachdem dieſe Maßregel mit Rückſicht auf den Be=
darf
der weiterverarbeitenden Induſtrie angeordnet werden war. Die
Folge war die Einfuhr von großen Mengen an tſchechiſchem und eng=
liſchem
Eiſen. Die Nachfrage noch Roheiſen, Halbzeug, Stab= und
Bandeiſen, ſowie Grobblechen war recht lebhaft, in feinen Mittelblechen
hielten fich die Käufer trotz ſtarker Nachfrage zurück, da engliſches und
tſchechiſches Material unter dem Inlandspreis zu haben war. Eine
Preisermäßigung iſt trotzdem zunächſt nicht zu erwarten, da die Walz=
vverke
nur teure engliſche Kohle verarbeiten. Die Walzengießereien
ſind auf Monate mit Kohle und Koks gut verſorgt, die Beſchäftigung iſt
noch gut, neue Aufträge laufen aber nur ſpärlich ein. Für Eiſenkon=
ſtruktion
und Dampſkeſſelbau gilt dasſelbe. Im Maſchinenbau und bei
den Eiſengießereien machte ſich die Abtrennung des Ruhrgebiets beſon=
ders
bemerkbar. Blechwarenfabrikation und Verzinkereien ſchritten zu
Betriebseinſchränkungen, da die Aufträge ſehr ſtark nachließen. Die
Kleinciſen= und Stahlwareninduſtrie verzeichnet ebenfalls einen Rück=
gang
gegen den Vormonat. In der Aluminiumindurie ſind die Aus=
ſichten
für die Zukunft ungünſtig. Auch über den Lokymotivbau wird
aus Kaſſel und Berlin ungünſtig berichtet, die Beſchäftigungsloſigkeit
macht Fortſchritte, und Beſiellungen aus dem Auslande gehen nur
fpärlich ein. In der Maſchineninduſtrie trat im März der Rückſchlag
ein, der ſchon lange erwartet wurde. Man arbeitet alte Aufträge auf,
während neue Aufträge, beſonders aus dem Ausland, ausbleiben. Im
Verband der Berliner Metallinduſtriellen ſind etwa 12 Prozent der
Firmen zur 24ſtündigen Arbeitszeit übergegangen.
In der elektrotechniſchen Induſtrie herrſchte gleickffalls Auftrags=
uiangel
. Das Auslandsgeſchäft war ſtark gedrückt, im Inland iſt reich=
licher
Bedarf an elektriſchen Anlagen vorhanden, aber es fehlt an den
notwendigen bedeutenden Kapitalien. Bei vereinzelter Arbeitsein=
ſchränkung
iſt jedoch die Beſchäftigung noch für Monate geſichert.
3. Bekleidungsinduſtrie im Baumwollenwaren=
großhandel
. Die bereits im Februar eingetretene Verflauung
des Geſchäfts machte im März weitere Fortſchritte. Die Verbraucher
Barten ab, und die Geidknappheit lähmt die Bewegungsfreiheit. In
der Münſterländer Baumtvollinduſtrie wurde von Spinnereien und
Webereien größtenteils auf Lager gearbeitet, bei; einer durchſchnitt=
lichen
Arbeitszeit von nur drei Tagen in der Woche. Im Aachener
Bezirk ſtockte das Geſchäft infolge der Abſchnürung des beſetzten Ge=
biets
. Noch genügend vorhandene Rohſtoffe können nicht unter Aus=
nutzung
der Betriebe verarbeitet werden. Der Auftragsbeſtand hat
bei einer Reihe von Firmen beträchtlich abgenommen. Im Tuchgroß=
handel
herrſihte nur äußerſt kleines Geſchäft. Im Bergiſchen Land
wird der Rohſtoffeingang als ungenügend bezeichnet, und gleicherweiſe

Danorrsdittt!

8. April 41923 Nr. 96

tigung der Lauſitzer Tuchinduſtrie hat ſich ebenfalls verſchleihtert, die
Arbeitszeit iſt durchſchnittlich auf 50 Prozent eingeſchränkt. Der Zwi=
ſchenhandel
bietet Tuche zurzeit billiger an, als ſie die Induſtrie in der
Lage iſt, herzuſtellen.
In der Leineninduſtrie herrſcht von ſeiten der Käufer große Zurück=
hältung
, da man weitere Preisermäßigungen der Fabrikanten er=
wartet
. Flachsſpinnereien waren noch im bisherigen Rahmen beſchäf=
tigt
, die Nachfrage ließ aber ebenfalls nach.
In der Konfekrionsbranche hielt die Gefchäftsſtille im März an,
auch die bisherigen Meſſen verliefen für die Konfektion ungünſtig.
Das Ledergeſchäft wurde nach anfänglicher Lebhafkigkeit ſtill.
Häute= und Lederpreiſe gaben infolge des Rückgangs der Deviſen nach.
Induſtrien haben bei ſchwacher Beſchäftigung die

4. Chemiſche Induſtrie. Da die Weltmarktpreiſe erreicht
und teilweiſe überſchritten ſind, hat der Auftragseingang aus dem
Ausland nachgelaſſen. Hohe Cifenbahnfrachten, Poſtgebühren und

an im Januar und Februar teuer eingekauften Waren auf Lager
hatien, mußten dieſe erſt mit erheblichen Verluſten abgeſtoßen werden.

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

Von den ſonſtigen kleinen Induſtrie= und Handelszweigen klagen
Papiergroßhandel, Kautſchukinduſtrie, Glasinduſtrie, Tabakgewerbe,
einige Branchen der Nahrungs= und Genußmittelinduſtrie und vor
allem die Oelinbuſtrie über Abſatzſtockungen. Im Holzhandel war das
Auslandsgeſchäft noch befriedigend, der Zollſtoffexport konnte ſich ſo=
gar
noch heben, der Inlandsabſatz war aber auch auf dieſem Gebiete
minimal.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank
und Poſt erfolgt bis auf weiteres unverändert zum Preiſe von 85 000
Mark für ein Zwanzigmarkſtück, 42 500 Mark für ein Zehnmarkſtück.
Für ausländiſche Goldmünzen werden entſprechende Preiſe gezahlt.
Der Ankauf der Reichsſilbermünzen durch die Reichsbank und Poſt er=
folgt
bis auf weiteres unverändert zum 1500fachen Betrege des Nenn=
wertes
.
wb. Reichsbankausweis. Die Zunahme der Anlagebeſtände
in der letzten Quartalswoche war, wenn auch beträ htlich, ſo doch ge=
ringer
als in der Vorwoche, was damit zuſammenhängen dürfte, daß
für den Ultimobedarf in großem Umfange bereits in der dritten März=
woche
vorgeſorgt worden war; außerdem war von Einfluß, daß die
Berichtswoche wegen der Oſterfeiertage bereits mit dem 29. März ab=
ſchloß
, alſo nur fünf Werktage umfaßte. Die geſamte Kapitalsanlage
der Bank ſtieg um 357,5 Milliarden Mark auf 6927,7 Milliarden
Mark. An der Erhöhung waren die Wechſel mit 90,1 Milliarden
Mark, die Reichsſchatzanweiſungen mit 267,6 Milliarden Mark beteiligt.
Von den neu beanſpruchten Kreditbeträgen verblieb der Bank nur wenig
auf den Konten der fremden Gelder, denn die privaten und öffentlichen
Guthaben vermehrten ſich um nicht mehr als 18,6 Milliarden Mark
auf 3272,1 Milliarden Mo k. Dagegen waren die Zahlungsmittel=
abflüſſe
wieder außerordentlich groß. Die ſeit nahezu Jahresfriſt nicht
mehr unterbrochene Auſwärtsbewegung des Banknotenumlaufs ergab
in der Berichtswoche eine Steigerung um 562,3 Milliarden Mark auf
5517,9 Milliarden Mark. Der Umlauf an Darlehenskaſſenſcheinen
ging gleichzeitig um 0,2 Milliarden Mark auf 12,0 Milliarden Mark
zurück. Die im Metallbeſtand ausgewieſene Zunahme um 2,9 Mil=
liarden
Mark betrifft wie in den beiden Vorwochen Zugänge an neu
geprägten Münzen aus unedlem Metall; der Goldbeſtand änderte
ſich nicht.
Da die Darlehenskaſſen des Reichs ihre Darlehensbeſtände in der
Berichntswoche um 158,4 Milliarden Mark auf 1159,7 Milliarden Mark
ausdehnten, hatten ſie der Reichsbank einen dieſen Neuausleihungen
entftrechenden Betrag an Darlehenskaſſenſcheinen zu übergeben. Dem=
gemaß
ſind die Beſtände der Bank an ſolchen Scheinen unter Berück=
ſichtigung
der erwähnten, aus dem Verkehr aufgenommenen Summe
um 158,6 Milliarden Mark auf 1147 Milliarden Mark gewachſen.
A.=G. für Verkehrsweſen, Berlin. Die Verwaltung
ſchlägt der auf den 2. Mai einberufenen Generalverſammlung die Ver=
teilung
einer Dividende von 400 Prozent vor (i. V. 50 Prozent); es
wird den Aktionären freigeſtellt, auf je 25 Stück Aktien anſtelle des
Barbetrags 5 Dollar in Dollarſchatzanweiſungen des Deutſchen Reiches
zu verlangen. Der Ueberſchuß für das abgelaufene Geſchäftsjahr be=
trägt
70 121 424 Mill., gegen 13 641 876 Mill i. V.
* Spinnerei A.=G. vorm. J. F. Klauſer, München=
Gladbach. Der Aufſichtsrat hat beſchloſſen, der auf den 27. April
einberufenen Generalverſammlung die Verteilung einer Dividende von
20 Goldpfennigen, gleich 100 Prozent, vorzuſchlagen.
* Guſtav Genſchow u. Co., A.=G., Berlin. Der Auf=
ſichtsrat
ſchlägt bor, eine Dividende von 0,60 Goldmark auf die Stamm=
aktien
(berechnet zum Umrechnungskurs 1 Goldmark gleich 5000 Papier=
mark
), alſo 300 Prozent in Papier auszuſchütten (i. V. 20 Prozent).
* Näymaſchinen= und Fahrräder=Fabrik vorm.
Bernhard Stoewer Stettin. In der bevorſtehenden Auf=
ſichtsratsſitzung
ſoll eine Kapitalserhöhung vorgeſchlagen werden; die
jungen Aktien ſollen den Aktionären 3 zu 2 zu 100 Prozent angeboten
werden.
* Elektrizitäts=Lieferungs=Geſellſchaft Ber=
lin
. Die Geſellſchaft ſchlägt die Verteilung einer Dividende von 30
Prozent gegen 16 Prozent im Vorjahre vor. Generalverſammlung
am 28. April.
* Norddeutſche Wollkämmerei und Kammgarn=
ſpinnerei
Delmenhorſt. Vorſtand und Aufſichtsrat haben be=
ſchloſſen
, der auf den 16. Mai einberufenen Generalterſammlung die
Verteilung einer Dividende von 100 Prozent (i. V. 32 Prozent) und
eines Bonus von einer Goldmark unter Zugrundelegung von 5000 Mark
je Aktie und Genußſchein über 100 Mark und einer halben Goldmark
je Aktie und Genußſchein über 500 Mark vorzuſchlagen.
* Oberſchlefiſche Eiſenbahnbedarfs=A. G. Die dem
Konzern der Oberſchleſiſchen Bedarfs=A. Cf. angehörende Friedenshütte
hat mit der Maſchinenfabrik und Wagenbau=A. G. Zieleniewski, die
Maſchinenfabriken und Eiſenkonſtruktionswerkſtätten, ſowie Gießereien
in Krakau und Lemberg, ferner Waggonfabriken in Sano: und Ca=
ſtrowo
beſitzt, und langjährige Lieferungsverträge abgeſchloſſen hat,
eine Intereſſengemeinſchaft vereinbart, die den ſehr bedeutenden B=darf
der genannten Werke an den Produkten des Oberbedarfkonzerns dieſem
ſichert.
Meſſen.
Führungen durch die Frankfurter Altſtadt
während der Frühjahrsmeſſe. In wachſendem Maße in=
tereſſieren
ſich die Fremden, die Frankfurt beſuchen, für die Wiedergeburt
der Altſtadt. Bekanntlich iſt im Anſchluß an die Ausſtellung Frank=
furt
als Neichs= und Meſſeſtadt, die in Verbindung mit der Frühjahrs=
Kunſtmeſſe 1922 ſtattfand, der Bund tätiger Altſtadtfreunde ins Leben
gerufen worden. Der Bund hat bereits außerordentliche Erfolge zu ver=
zeichnen
. Eine große Zahl bemerkenswerter Altſtadtbauten iſt durch
ſeine wirkſame Unterſtützung renoviert worden. Um auch den Meſſe=
beſuchern
Gelegenheit zu geben, unter ſachkundiger Führung die Alt=
ſtadt
, den Dom uſw. zu beſuchen, wird am 16., 17. und 18. April Herr
Dr. Lübbecke in den Nachmittagsſtunden Führungen durch die Altſtadt
veranſtalten. Treffpunkt vor dem Geſchäftszimmer der Kunſtmeſſe im
Römer.
Das Haus Werkbund auf den Frankfurter
Meſſen. Erfreulicherweiſe hat der Gedanke, der im Haus Werk=
bund
der Frankfurter Internationalen Meſſen Geſtalt und Ausdruck
fand, von Meſſe zu Meſſe nachdrücklichere Beſtätigung gefunden. Auch
für die Frühjahrsmeſſe vom 15.21. April vereinigen ſich im Haus
Werkbund führende Werkſtätten und Werke deutſcher Qualitätsarbeit.
Alle Zweige gewerblicher hocktvertiger Produktion werden rertreten
ſein. Beſonders hervorgehoben zu werden verdient, daß die erzieheri=
ſchen
Wirkungen der im Haus Werkbund verwirklichten Idee vielfach
im Geſamtbild der Frankfurter Internationalen Meſſen ſchon deutlich
ſich zeigen. Alle Ausküinfte erteilt das Meßamt Frankfurt a. M.
Erfolg der Mannheimer Erfindungs=Meſſe
1923. Trotz der unſicheren politiſchen Lage wurden die ſämtlichen ver=
fügbaren
Plätze im Roſengarten bis auf eine geringe Reſerve für den
Anſturm der letzten Wochen von Mannheimer und auswärtigen Aus=
ſtellern
feſt belegt. Der veranſtaltende Reichsverband Deutſcher Erfin=
der
E.V. Mannheim, Q. 3. 16, mußte ſeine Werbetätigkeit in der letzten
Zeit einſchränken, um allen Anſprüchen gerecht werden zu können. Falls,
wie ſicherlich erwartet werden darf, die Stadtverwaltung ihre Unter=
ſtützung
durch Ueberlaſfung benachbarter Räume gewährt, kann mit
einer weſentlichen Erweiterung der 2. Deutſchen Erfindungen=, Neu=
heiten
= und Induſtrie=Meſſe Mannheim (27. April bis 3. Mai d. J.)
gerechnet werben. Den Ausſteilern der engeren und weiteren Um=
gebung
, wie überhaupt dem geſamten Wirtſchaftsleben Süddeutſchlands
wüirde dadurch ein nicht zu unterſchätzendes Förderungsmittel geboten,
das, wie die Vorjahre zeigten, in der Tat einem vorhandenen Bedürfnis
entgegenkommt.
Warenmärkie.
h. Mannheimer Wochenberichte. An den Produkten=
und Warenmärkten macht ſich eine ſtändig zunehmende feſiere Stim=
mung
bemerkbau, was wohl mit den knadyer werdenden Vorräten und
Angeboten durch die Verkehrsſchwierigkeiten zuſammenhäugen düirfte.
Von ſeiten des Publikums kommen keine Angſt= und Hamſterkäufe mehr
vor; es hat ſich aldes in riehige Bahnen gelenkt, und es wird nur noh
der momentan notwendige Bedarf eingekauft. So kann auch der Handel
beſſer disponieren und braucht nicht zu ſtürmiſchen Käufen zu ſchreiten;
er kann ſich ihm bietende günſtige Gelegenbeiten gblvarten. Dies und
die Oſterfeiertage lieſen denn auch keine größere G=ſchäftstätigkeit auf=
kommen
, wenn auch die Preiſe eine langſam anſteigende Ricktung gehen,
die mit dem Dollar=Aufgang um etwa 5300600 Punkte ſich unge=
fähr
deckt.

Getreibe: Die Kaufluſt war ſehr gering, einerſeits wegen der.
chriſtlichen und jüdiſchen Feiertage, andererſeits aber weil die großen
Mühlen faſt ganz am Markte fehlen, nachdem ihnen der Abſatz an
Fertigfabrikaten durch die Beſetzung des Hafengebietes, in dem ihre
Werke liegen, ſehr erſchwert iſt. Trotzdem hat beſonders der Weizen=
und Roggenpreis angezogen. Man nannte Weizen mit 112114 000 M.
um 10 000 Mark, Roggen mit 9298 000 Mark um 4ic 000 Mark.
Gerſte mit 8088000 Mk. um 23000 Mk., inländiſchen Hafer mit
6075 000 Mk. um 510000 Mk., ausländiſchen Hafer mit 9398 000
Mark und Mais mit 105110 000 Mk. um 5000 Mk. pro 100 Kilb=
geamm
höher.
Mehl: Die Nachfuage nach hier greifbarer Ware iſt rege, wes=
halb
auch die Spannung zwiſchen Mühlenrichtpreis mit 175 (60 Mk.
und 2. Hand mit 160 00 Mk. für Weizenmehl Spez. Null pro Doppel=
zentner
etwas kleiner geworden iſt. Es wird aber auch nur frei ver=
fügbares
Mehl gekauft und ſo hoch bezahlt, während im Befetzungs=
gebiet
liegendes Mehl bedeutend nied=iger liegt, ugs aus der Verſteige=
rung
von 300 Sack Weizenmehl z: 1321:5000 Mark pro Doppel=
zentuer
hervorgeht.
Futtermittel: Die Preislage blieb hier ziemlich ſtabil bei
geringem Geſchäft. Im Angebot lagen Weizenklcie zu 4045000 Mk.,
Biertrebeu zu 40000 Mk., Malzkeime zu 4648000 Mk. ab württeni=
bergiſche
und bayeriſche Stationen alles pro 100 Kilo. Bei Rauh=
fütter
macht ſich in der Nachfrage nach Heu die Grünfütterung bereits
bemerkbar. Die Preiſe ſind weichend und koftet loſes Wieſenheu 40(00
bis 42 000 Mk. gegen 42 000 Mk., Luzernekleehen 4446 000 Mk. gegei
4650 000 Mk.; Stroh lag dagegen feſter, Preßſtroh 3840000 Mk.
gegen 3638000 Mk., und Bundſtroh 3)38 000 Mk. gegen 3536600
Mark Pro Doppelzemter waggonfrei Mannheim.
Tabak. Infolge der immer noch beſtehenden Ungetißheit; ab
die Zollermäßigung Geſetz wird, blieb das Geſchäft weiter ſehr ruhig.
Außer dem Verkauf von 200 Zentnern 1922er Tabate in Heddesheim zu
30C00 Mk. pro Ieutner wurde nichts don Belang bekannt. Fertig=
fabrikate
tverden nun reichlich zu reduzierten Preiſen angeboten; der
Abſatz iſt aber weiter ſchleppend. Rieden liegen ganz vernachläſſigt,
da man bei ihnen mit bedeutend reduzierten Preiſen rechnet, falls die
Zollermäßigung eintritt.
Holz: Die in der Berichtswoche ima beſetzten Gebiet abgehaltenen
Holzverſteigerungen, erfreuten ſich nur ſehr ſchwachen Beſuchs durch
die Verkehrsſchwierigkeiten, und die Gebote erreichten nicht einmal die
Taxe. In Siebeldingen (Pfalz) ging das angebotene Nutzholz zu 80
und 90 Prozent der Taxe ab, in Dudenhofen (Pfalz) wurden für Kiefer
Block 1. Klaſſe 120 000 Mk., 2a=Klaſſe 30 000 Mk., 3. Klaſſe 90 000 Mk.,
4. Klaſſe 85 00 Mk., Kiefern=Nutzſtangen 1. Klaffe 61 000 Mk., 2. Klaſſe
54 000 Mt. pro Feſtmeter erlöſt. In Merzalben konnte gar kein Holz
abgegeben werden, da nur zwei Verſteigerer erſchienen waren. Die
Preife ſind aber immerhin noch ſehr hoch. Im Handel von Fertig= und
Schnittſpare iſt das Geſchäft trotz zurückgegangener Preiſe bei dem
völligen Daniederliegen der Bautätigetit fehr ruhig.
Wein: Während es im Handel noch ſehr ſüll iſt, geht es auf den
Weinverſteigerungen ſehr lebhaft zu. Die Befürchtungen, daß man die
Verſteigerungen dieſes Frühjahr verſchieben müßte oder mit einem
Finsko enden würden, haben ſich nich eingeſtellt. Dis Verſteigerung
des Winzervereins Deidesheim war von Kaufintereſſenten überaus zuhl=
reich
beſucht und gingen die angebotenen 40 Nummern des 1921er Jahr=
ganges
zu ungeahnten Preiſen ab. Die höckſte Beſvertung fand Förſter
Langenböhl Riesling mit 43,6 Millionen Mk., die niederſte Nupperts=
berger
Mühliveg Traminer zu 11. Millionen Mk. die 1000 Liter. Die
meiſten Preiſe lagen über der Durchſchnittsmitte. In Baden wurde das
Ohm 1922er zu 180 000 Mk. verkauft.
Schiffahrt und Kohlen: Die Schiffahrt ruht weiter uns
iſt vor Beendigung des Nuhrkonflikts an eine Aufnahme des Betriebs
nicht zu denken. Auf dem Rhein, Main und Neckar geht es ſehr
ruhig zu; nur wenige Schiffe der Entente oder umter holländifcher
Flagge verkehren. Die im beſetzten Hafengebiet liegenden Kohlen=
großhandlungen
haben außerhalb desſelben Notlager errichtet und geben
nun neu eingetroffene Auslandsware, wie böhmiſche Nußkohle und
eiigliſche Nußkohle, ab.

Börſen.

Börſenbericht für die Zeit vom 3. bis 7. April.
Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt. An der Börfe
machte ſich nach der Oſterpauſe zunächſt eine recht lebhafte Nachfrage
bemerkbar, die den Effektenmärkten beinahe durchweg eine kräftige
Fortſetzung der bereits in der Vorwoche eingeleiteten Aufwärtsbeweg=
ung
brachſe. Vor allem war es das Privatpublikum, das mit zahlreichen
Kaufaufträgen am Markte war und damit der Stimmung des Gepräge
gab, während die Spekulation vielfach zu Gewinnrealiſationen neigte.
Die Urſache dieſer neuerwachten Kaufluſt iſt wohl in erſter Linie dari
zu ſuchen, daß die Lage am Geldmarkt nach der glatten Ueberwindui
des Quartalsultimo und infolge der zum Apriltermin frei gewordenen
Beträge aus Gehalts= und Zinszahlungen eine fühlbar Erleichterung
erfahren hatte. Auch führte die im Warengeſchäft herrſchende Abſatz=
kriſis
vielfach dazu, daß dort frei werdende Kapitalien nicht wieder in
Waren, ſondern in Induſtrieaktien Anlage ſuchten. Die feſte. Stim=
mung
der Mittwochsbörſe kam boſonders dem Montanakticmmarkte zu=
gute
, der durchweg erhebliche Kurserhöhungen aufzuweiſen hatte. Auch
für Schiffahrts= und Bankaktien beſtand lebhaftes Invereſſe, doch ver=
mochten
ſich die Höckſtkurſe nicht überall zu behaupten, vielmehr trat
gegen Schluß der Börſe nach Erledigung der vorliegenden Kaufordeus
eine gewiſſe Abſchwächung ein, da die Tendenz bei der geringen Unter=
nehmungsluſt
der Spekulation keine Stütze fand und der Vericht der
Preußiſchen Handelskammern über die wenig günſtige Lage verſchie=
deuer
Induſtrien verſtinunte. Noch ſchärfer machte ſich das an der
Freitagsbörſe bemerkbar, an der auch von Publikumsſeite vielfach ver=
ſucht
wurde, das kräftig erhölte Kursniveau zu Gewinnſicherungen zu
benutzen, ſo daß an dieſem Tage auf den meiſten Gebieten das Angebot
überwog und die Kurſe durckweg fühlbare Aßſchläge erfuhren. Eine
Sonderſtellung nahmen Valutgeffekten ein, für die lebhafte Nachfrage
beſtand und die trotz der Stabilität der Deviſenpreiſe mehrfach zu nicht
unerheblich geſteigerten Kurſen umgeſetzt wurden. Auch am Deviſen=
markt
ſelbſt erfuhr das Geſchäft eine Belebung, doch hinderte hier die
Interventionstätigkeit der Reichsbank eine wefentliche Erhöhung der
Kurſe.
w. Teviſenm rkt. Frankfurt a. M., 7. April.

ifffe
nte
Geld

Antwerpen=Brüſſel.
Holland .. . . . . . . ..."
London".
Paris ...

Schweiz.
..
Spanien

Italien
. ..
Liſſabyn=Lporto. . .. . . . .
Dänemark
.
Norwegen

Schweden
Helſingfors
Neiv=Vork
Deutſch=Sſterreich (abg.)
Budapeſt.
..
Prag
Agram

117.95
8315.75
98646.
13 3.45
3-86.70
3228 G5

1019.30
3799.50
5586.
21077.25
23. 60
4.81 30
628 40

Vei
B6..
Briei

1182.05
8271.75
98121 65
1389.
352,85
3206.95
931.40
4000.
3797.50
5531.05
513.65
1077.25
20,69
495 25
688 80

4.9.55
632.10

w. Teviſenmarkt. Berlin, 7. April Telegr, Auszahlungen für:

Amſterdam=Rutterdam
Brüſſel=Antwerpen .. . . . . . .."
Chriſtianin . . . . . . . . . . . .. . . . .."
Kopenhagen ................"
Stockhvim .. . . . . . . . . . . .. . ...
Helfingfoks ... . . . . . . . . . . . . ..
Italien. ......... ...........
London ..................."
Newv=York .......... ........"
Paris ........... ...........
Schweiz... . . . . . . . . . . .. .. ..."
Spanien ..................."
Wien (in Deutſch=Oſterr. abg.).
Prag ............ ........."
Sudapeſt ...... . ............"
Buenos=Aires .. . . . . . . . . . . . ..
Guilgarien .......... .... ....
Japnn ................... ..
Rio de Janeiro ............"
Belorad.....

8254 31
1182.01
3730 53
4002.46
5571.03
396 18
1047 37
97879 68
21922 31
13:3 03
387.83
3214 44
29.52
626.92
4.78
7710.67
138.35
975.
2194.40
208 97

235.69
1197.-
3809.50
4922.54
5598.97
569 42
1672,63
98370.32
eile7.69
1394 97
3877.:7
3230.56
29,68
630 08
4.82
7739.33
159.15
10025.
4205.50
210.03

Ge
Driet

314 38
1201.38
3758.
3999 97
5571.03
566.58
1446 37
77879.,68
21327.30
1334.
3466.32
3216.92
9.53
627.32
4:73-
7718.15
156.60
3975.
21ü4.52
20b,22

Re.6
1208.02
3807.
2620.63
5598.97
569 42
1051.63
98310.32
21132.,76
1401.
3879.68
3233.07
29.68
631.08
377
7756 85
159 49
10325
2195 48
210.28

112Wer 2BerN
Aktien / Renten / Deuisen / Soften

Darmstadt
1 Luisenplatz 1

[ ][  ][ ]

Rummer 96.

Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
46)
(Nachdruck verbolen).
Es handelt ſich ja um die Intereſſen des Völkerbundes,
warf der Kommandeur des Sudan ein.
Völkerbund. Der Admiral lachte. Wir wollen den
Amerikanern hier mit allem ſchuldigen Reſpekt vor Miſter Har=
ding
drüben in Waſhington ein wenig auf die Finger ſehen.
Fair plah, Gentlemen, aber Old England darf darf dabei nicht
vergeſſen werden. In Europa regieren wir, drüben in Amerika
haben uns die Krämer leider alle Trümpfe aus der Hand ge=
wunden
.
Und hier verſuchen die Franzoſen es auch ſchon, dieſes Ir=
land
iſt unſer Tod; mein Sudan hat ſchon manchen Transport
nach Dublin gebracht, ſagte der Führer des Transportes. Zu
unſerer ſplendid Iſolation werden wir wohl nie wieder zurück=
kommen
. Dieſe rachſüchtigen Gallier wollen die Nachfolge
Deutſchlands antreten.
Sie haben einen Admiral als Bevollmächtigten
natürlich wurde einer ausgeſucht, der älter iſt, als ich, fuhr
Lord Leslie auf. Aber ſie haben ſich geirrt, wenn ſie dachten,
daß Frankreich den Vorſitz in Tiflis führen würde. Man hat
den Vorſitz einem Neutralen, dem holländiſchen Bevollmächtig=
ten
, überlaſſen. Holland iſt ja der beſondere Schutzſtaat dieſer
Kaukaſier.
Wie heißt doch der unternehmende Mann, der ſeit der
Revolution hier als Kulturpionier ſitzt?
Jonkheer van Utrecht, ehemals in diplomatiſchen Dienſten.
Der Mann ſoll ſchon Enormes geleiſtet haben, und heute.
Lord Leslie unterbrach ſich. Warten wir ab, was für Nachrich=
ten
heute mittag aus Tiflis kommen werden.
Vor dem Palais in Tiflis drängten ſich die Menſchen und
ſtarrten auf die ſchottiſchen Truppen, die auch hier, mitten im
Orient, ihre Nationaluniform beibehalten hatten, und die nun
auf dem Platz aufmarſchiert waren, Vom Bahnhof her ertönte
Pferdegetrappel, der engliſche Bevollmächtigte fuhr vor dem
Gebäude vor, eskortiert von engliſchen Ulanen, die vor und
hinter dem Wagen ritten.
Am Tor b=grüßte Fürſt Arweli als Präſes der gruſiniſchen
Regierung die Bevollmächtigten, von denen jetzt einer nach dem
andern vorfuhr. Die Angehörigen der anderen Staaten wurden
von der berittenen Leibwache der grufiniſchen Regierung, die in
mgleriſcher Pracht erſchien, eskortiert.
Baron Sentink, der holländiſche Geſchäftsträger, erwartete
den Jonkheer van Utrecht am Bahnhof. Sein Zug kam erſt am.
ſräten Vormittag an, man hatte einen Maſchinendefekt gehabt.
So feierlich? begrüßte Adriaan den alten Bekannten.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.

Seite 9.

ege eiſceien ich das Selcf uefe Surase.
Sentink, als ſie in einen der Näume des Bahnhofsgebäudes
traten. Der Völkerbund hat ſich in ſeiner letzten geheimen
Sitzung mit der kaukaſiſchen Frage beſchäftigt. Man wird die
Republik ſtützen, aber nur, wenn ein vom Völkerbund eingeſetzter
Statthalter die Regierungsgeſchäfte führt, ſo daß der Bund eine
Gewähr hat, daß hier unten nichts geſchieht, was gegen die euro=
päiſchen
Intereſſen läuft.
Und? fragte Adriaan geſpannt.
Ich bin beauftragt, Sie, Jonkheer pan Utrecht, im Namen
der Regierung der Königin zu fragen, ob Sie bereit ſind, wieder
in den holländiſchen Staatsdienſt zu treten. In dieſem Falle
bringe ich Ihnen Ihre Ernennung zum außerordentlichen Ge=
ſandten
und habe Sie als Beauftragter, des Völkerbundes zu
fragen, ob Sie bereit ſind, die Statthalterſchaft in dieſem Lande
anzutreten?
Van Utrecht atmete tief auf.
Ich bin als Kaufmann hierher gekommen, Baron Sentink,
und hatte keinen diplomatiſchen Ehrgeiz. Ich habe aber geſehen,
wie ſich die Verhältniſſe hier entwickelt haben, und weiß, wie ſie
ſich weiter entwickeln müſſen. Ich glaube, daß keiner der Sache
beſſer dienen wird, als ich, und deshalb werde ich den Statt=
halterpoſten
annehmen, wenn die Landesregierung den Willen
des Völkerbundes befolgen wird.
Sentink lachte. Das wird ſie tun. Das engliſche Geſchwa=
der
liegt nicht zum Scherz da unten vor Batum, Kaukaſien hat
für Europa nur Wert, wenn es im Sinne Europas geleitet wird.
Es war ein ſchweres Stück in Genf, die Internationaliſierung
durchzuſetzen, es gab zu viele Anwärter auf das Petroleum.
England iſt am wenigſten intereſſiert, es hat ſeine eigenen großen
Felder in Arabien, deshalb ſoll auch England die Schutztruppe
ſtellen, die hier bleiben wird. Ihre Sache wird es ſein, die eige=
nen
Truppen mit europäiſchen Elementen zu durchſetzen, beſon=
ders
die kleine Flotte, die unten im Hafen von Batum liegt. Aus
einem Kaufmann iſt ein Fürſt geworden, Jonkheer van Utrecht.
Und wenn Arwelis Regierung ſich weigert?
Genügt ein Wink, und das, was mit den Gruſiniern nicht
gehen wollte, wird ohne Schwierigkeiten mit einer neuen Sow=
jetregierung
in die Wege geleitet. Wir ſind auf alles vorbereitet,
Kommen Sie jetzt, wir fahren heute unter engliſchem Schutz.
Vor dem Bahnhofsgebäude hielt eine ſtarke Eskorte der eng=
liſchen
Ulanen, als Sentink und van Utrecht aus dem Hauſe
traten und ſetzte ſich klirrend vor und hinter den Wagen, der in
raſchem Trabe dem Regierungspalais zufuhr.
Auf der Tribüne des großen Sitzungsſaales ſaß in der vor=
derſten
Reihe Eiſchat Tſcherſchwendice und ſtarrte in den Saal
hinunter. Sie hatte ſich die große Parlamentsſitzung, die da
unten ihren Anfang nahm, anders gedacht, als ſie damals an der
Spitze ihrer Reiter den Palaſt ſtürmte. Ein Königreich wollte
ſie miterrichten helfen, und den Mann, der die Krone dieſes

Landes trux, wollte ſie beherrſchen. Als bald nach der Revolu=
tion
der Völkerbund intervenierte, hatte ſie ſich dagegen geſträubt,
die fremden Mächte in die eigene Politik ſehen zu laſſen. Jeder
Beſprechung hatte ſie beigewohnt, die oben in dem Schloß auf
dem Awlabar oder hier im Palais ſtattfand, nur den großen
Sitzungen, an denen auch van Utrecht teilnahm, war ſie fernge=
blieben
. Seit er damals Arweli verlaſſen hatte, hatte ſie ihn
nicht mehr geſehen.
Um ſie herum drängten ſich die ausländiſchen Journaliſten,
die Korreſpondenten des New York Herald, des Matin, des
Mancheſter Guardian, der Times, des Sccolo, der Aftonpoſten
und wie ſie alle heißen. In allen Sprachen ſchwirrte es durch=
einander
.
Unten füllte ſich der Saal. An einem beſonderen Tiſch nah=
men
die Vertreter der fremden Mächte Platz, unten ſaßen die
Abgeordneten der einzelnen Städte und Provinzen; die probi=
ſoriſche
Regierung war noch nicht erſchienen.
Eiſchat hörte eine Stimme hinter ſich.
Ich muß Dich ſofort ſprechen, komm.
Hinter ihr ſtand Alexander Tſcherſchwendice.
Sie machte ein abweiſendes Geſicht, aber er ließ ſich nicht
verblüffen.
Laß die Kindereien, Eiſchat, es handelt ſich nicht um eine
Li=besſzene, es ſteht viel auf dem Spiel und muß erledigt ſein,
ehe da unten die Sitzung beginnt. Ich bin erſt heute angekom=
men
, ſonſt hätte ich ſchon früher auf dem Awlabar mit Dir ge=
ſprochen
.
Welche Schönheit hat Dich bis zum letzten Augenblick in
Eriwan gefeſſelt? fragte ſie ſpöttiſch.
Ich komme nicht aus Eriwan, ich war in Baku.
Sie ſtand raſch u*
Komm!
Er führte ſie von der Tribüne fort in ein Zimmer, das als
Arbeitszimmer für die Mitglieder der Regierung eingerichtet war.
Vom Fenſter aus konnte man den freien Platz vor dem Palais
überſehen und die Auffahrt der Delegierten beobachten.
Ich war in Baku und habe mir die Arbeiten dieſes Hollän=
ders
angeſehen, begann der Fürſt.
(Fortſetzung folgt.)

Das beste Rad

Ohne Fleisch doch kräftige Suppen und schmackhafte Gemüse
zuzubereiten, ermöglicht auf einfache und sparsame Weise
ue uibegateTIMOOT MaIZer

Inunſer Genoſſenſchaſtsregiſter wurde
heute bei der Firwa: Garienbauge=
noſſenſchaft
eingetrageneßenoſſen=
ſchaft
mit beſchränkter, Hafipflicht
in Darmſtadt eingetragen:
Durch Beſchluß der Generalverſamm=
lung
vom 5. Januar 1923 iſt das Statut
geändert. Bei der Beſtimmung über den
Gegenſtand des Unternehmens unter
Ziffer 3 ſind hinter dem Worte Garten=
bau
die Worte und für den täglichen
Bedarf eingefügt. Die Haftſumme be=
trägt
jetzt 1000 Mark.
(2880
Darmſtadt, den 4. Aprik 1923.
Heſſiſches Amtsgericht Darmſtadt I.

Gpul= und
Dandlwchrutl, Madenwürmer, 2
dieſe 54marotzer entziehen dem Körper die 6
beſten Häfte, der Menſch wird blutarm,
nervös, elend und ſchlapp. Bleichſuchtige K
und blutarme Frauen und Mädchen. Magen=
und weißflußleidende ſowie nervöſe Per=
ſonen
uſw. leiden in den meiſten Füllen an k.
Eingeweidewürmern, erhennen aber ihre K
Kranßheit nicht. Ehe Sie etwas dagegen
unternehmen, verlangen Sie Auskunft
gegen 100 Mk. in Kaſſenſcheinen. (1F.142
Keine Hungerkur.
Wurm Roſe, Hamburg 11 a 203.

Weißnäherin, ver=
fekt
und gut empfoh=
len
, geſucht. Feld=
bergſtraße
36: 1*9605

Geſchäftsfrau ſucht f.
i. Haush., 3 Perſ., z.
1. Mai tücht, zuverl.
Alleinmädch, ſelbſtänd.,
welch. gut. koch. kann
u. alle Hausarb. verſt.
Anf.=Geh. 22000 ,. N.
Geſchäftsſtelle. (22617

gettegenes

Warenzeichen

Dies Zeichen bürgt für guten Kauf!

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bis 3 Uhr geſ. Std.=
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Vorſtell. vormittags.
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ſuche Mädchen, welch.
koch. k., geg. hoh. Lohn
f. ſof. od. ſpät. (*9566
Ohlyſtr. 31, 2. St.

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Meinmädchen
oder Frau tagsüb, bei!
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Aliceplatz 12,11. (-6.

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M
Köchin
empfiehlt ſich zum
Kochen, nimmt auch
Aus ilfe an. Näheres
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Kee
Lehrmädchen
für Lager und Büro
geſ. Bezugsgenoſſen=
ſchaft
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Grafenſtr. 20 (*t=Bfg
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Rummer 96.

Seite 10.
Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 8. April 1923.

Wir machen heute erſt bekannt, daß wir auch in Darmſtadt im Laufe nächſter Woche einen

eröffnen. Die vereinigten Schuhhändler haben es Ihnen ſchon vorhergeſagt. Wir werden
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[ ][  ][ ]

Tmgtbtütt unt
Darmſtädter Tagblatt

Die parabel vom Manne, der Zeit über Zeit hatte.
Von Safed, dem Weiſen.
Ein Mann verſuchte einſt nach New=Orleans zu gelangen.
Denn er ſagte: Es iſt nun Winter und ich vergnüge mich lieber
mit der Angelrute oder im Golf=Klub als mit der Schnee=
ſchaufel
!
Er ordnete alſo ſeine Geſchäfte, die damals nicht ſehr be=
deutend
waren, kaufte ſich eine Fahrkarte und einen Liegeplatz
im Schlafwagen und ſagte zu ſeinen Freunden:
Es zieht mich nach den balſamiſchen Briſen des Golfs
ich will den Tarpon fiſchen gehen und die Magnolie blühen
ſehen! Ja, und dann mach’ ich einen kleinen Abſtecher nach
Kuba hinüber und vielleicht tu’ ich einen Blick in die große Ni ne
von Pana I! Das Winterwetter hier bei euch ſoll mich nicht
vor der Fa nacht ſehen ich will mit den Blumen des Früh=
lings
wiederkehren! Trala!
Und am beſtimmten Tage kam e: die Fahrkarte in der
Taſche, frühzeitig auf den Bahnhof. Denn er ſagte: Ich liebe
es, Zeit über Zeit zu haben!
Und ſein Zug, der ſogenannte Panama Limited, war noch
nicht einmal in der Halle. Denn es war mehr als eine halbe
Stunde vor der Abfahrt.
Und der Mann ſagte: Ich will mir was zum Leſen kaufen
und mich niederſetzen und leſen! Denn es iſt eine herrliche
Sache, Zeit über Zeit zu haben!"
Während er alſo hinging, um ſich etwas zum Leſen zu
kaufen, ſchrie ein Mann durch eine Art Schallrohr:
Eeeelinois Expreß nach Panama, Kairo, Paducah,
Memphis, Vicksburg und New=Orleans einſteigen
Geleiſe 6!!!"
Und der Mann, der ſich inzwiſchen was zum Leſen gekauft
hatte, ſah auf die Uhr und ſagte ſich: Ich hab’ einen reſervierten
Sitz, ich hab' meine Fahrkarte und meinen Schlafplatz und
das Licht iſt hier ſehr gut und die Geſchichte fabelhaft ſpannend
ich brauche mich ja nicht zu beeilen ich habe Zeit über
Zeit!
Und der Mann mit dem Schallrohr rief ein zweites Mal
die gleichen Worte.
Doch der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte,
ſagte ſich:
Es iſt eine weite Reiſe nach New=Orleans und ich werde
mich im Zuge langweilen ich warte lieber noch ein Weilchen
hier ich habe ja Zeit über Zeit!
Und der Mann mit dem Schallrohr rief noch ein drittes Mal:
Eeeelinois Expreß nach Panama, Kairo, Paducah,
Memphis, Vicksburg und New=Orleans einſteigen
Geleiſe 6!1!"
Aber der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte, war
gerade zu einer intereſſanten Stelle der Geſchichte gekommen,
auch hatte er ſich ſchon an den Lärm des Bahnhofsgetümmels
getöhnt und ſo hörte er nichts vom Eeeelinois
Expreß, ja, er ſah nicht einmal von dem Büchel auf, darin er las.
Und der große Zeiger der gewaltigen Uhr in der Halle rückte
langſam, aber ſicher vor.
Und der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte, war
nun ans Ende der Geſchichte gekommen er rollte das Büchel
zuſammen, ſchob es in die Taſche ſeines Ueberrockes und ſagte:
Jetzt könnte ich ſchön langſam einſteigen!
Und er hob ſeinen Reiſekoffer und ſteuerte dem Durchlaß
zu. Und wie er ſo hinging, fiel ſein Blick auf die gewaltige
Uhr in der Bahnhofshalle. Und der kalte Schweiß brach ihm
aus. Und er ſtürzte wie beſeſſen dem Durchlaß zu aber nur,
um die hinterſten Lichter des letzten Wagens des Panama
Limited zu ſchauen, der ſoeben in dämmernder Ferne ver=
ſchwand
.

Und er beſchwor den Mann beim Durchlaß und flehte:

Herr, laſſen Sie mich ein, ich muß den Panama Limited
erreichen!
Aber der Mann beim Durchlaß antwortete ihm und ſagte:
Sie können den Panama Limited morgen oder übermorgen
erreichen beſchwören Sie mich nicht, denn Sie haben Zeit
über Zeit!

Als ich nun dieſes Begebnis betrachtete, erwog ich den Fall
gewiſſer Menſchen, mit denen ich auf meiner Lebensreiſe zu=
ſammentraf
. Denn ſie merkten wohl das Gebot und das Schwin=
den
einer Gelegenheit, ließen ſich aber nicht ſtören. Und es hatte
freundliche Worte gegeben, die ſie hätten ſprechen ſollen, und
Taten der Liebe, die ſie hätten tun ſollen, und edle Gewohn=
heiten
, die ſie hätten annehmen ſollen. Und der Engel der Zeit

Kann wohl der Menſch dazu beſtimmt ſein, über irgend

einem Zwecke ſich ſelbſt zu verſäumen?

Schiller.

ſchrie ihnen durch Schallrohr fliehender Jahre zu. Und ſie ſag=
ten
ſich: Dies ſollte ich zwar tun aber ich habe ja Zeit über
Zeit!
Nun fürchte ich aber für einige von ihnen, daß ihnen plötz=
lich
der Tag aufgehe, da ſie mit dem Hammer an die Pforte des
Himmels pochen und toben und beſchwören, weil ſie ſie verſchloſ=
ſen
finden. Und manchmal iſt mir, als hörte ich den Engel ihnen
Antwort ſagen:
Vergeudet eure Sprache nicht ſo ſehr, auf daß ſie euch in
der Zukunft nicht fehle! Denn ſeht, ihr habt Zeit über Zeit!
(Uebertragen von Max Hayek).
886888: Wiſſenſchaft und Technik !

Seht euch den Himmel an! Wir alle ſollten etwas mehr
Aſtronomie treiben, um unſer Gemüt, das durch die Berufs=
und Alltagsſorgen oft ſo abgeſtumpft wird, zu erheben. Nichts
lehrt uns beſſer als die Sternguckerei, zu denken und zu be=
wundern
, nichts führt uns mehr zu ſtillen Andacht über die
Größe der Schöpfung und des Schöpfers, als ein Blick nach
oben zum Himmelsdom, wo die Welt kein Ende hat, von wo
Millionen Sterne und Sternchen ihr flimmerndes Licht nuf die
müde Erde und ſo viel böſe und törichte Menſchen herabſenden.
Vor allem verſäume man nicht, ſeinen Kindern Int=reſſe für
die Himmelskunde beizubringen. Es gibt im Buchhandel Stern=
karten
, die ſo konſtruiert ſind, daß man für jeden Tag das ge=
naue
Sternenbild, wie es ſich am Himmel zeigt, f=ſtſtellen kann.
Schon die Veränderlichkeit der Lage der einzeinen Sternbi
iſt außerordentlich lehrreich. Ebenſo ein tieferes Eindring,
die Himmelsgeheimniſſe, in das Weſen, die Entfernung, die Ge
ſchichte der einzelnen Sterne uſw. Wie intereſſant iſt z. B., daß
der gute Mond, der ſo ſtill durch die Abendtvolken zieht die=
ſen
ſeinen Spaziergang 375mal ſchneller als ein Schnellzug
unternimmt, daß er nicht eine (Iatte Kugel iſt, ſondern rund=
herum
ſtachelig wie ein Jgel, daß 30 Mondbälle erſt ſo viel ſind
wie die Erdkugel, 1392 Erdbälle erſt ſo viel wie die Jupiter=
kugel
oder 1,3 Millionen Erdkugeln ſo viel wie unſer Scnneuſ=
ball
, und wiederum 6:35 Sonnenbälle ſo diel wie der größere
Stern der Capella, daß man trotz dem Millionenherr der Sterne
doch nur etwa 7600 mit bloßem Auge ſehen kann, daß man das
Ende der Welt mit 30000 Lichtjahren berechnet hat uſw. Wahr=
lich
, der Himmel bietet Erhebendes und Erbauendes tauſendfach!
nk. Muſchelplage in einem Kraftwerk. Im Kraftwerk Glam=
beckſee
bei Stolp in Pommern trat im vergangenen Jahre nach
dem Bericht von Profeſſor Dr. J. Wilhelmi von der preußiſchen
Landesanſtalt für Waſſerhygiene in Berlin=Dahlem in der Zeit=
ſchrift
Waſſer und Gas ein außerordentlicher Gefälleverluſt ein
infolge der Muſchelplage, die Profeſſor Wilhelmi näher zu
unterſuchen Gelegenheit nahm. Die Wände eines Zuleitungs=
ſtollens
waren mit einer bis zu 30 Zentimeter hohen Schicht von
Dreiſſenſia=Muſcheln beſetzt. Außerdem hatten ſich die Wander=
muſcheln
in einem offenen Werkkanal in rtwa 10 Meter Ent=
fernung
von dem Ende des Stollens in Barrieren bis zu etwa
1,5 Meter Höhe feſtgeſetzt. Das Werk mußte ob dieſer Muſchel=
plage
ſtillgelegt werden, und die Herausſchaffung der viele Zent=
ner
wiegenden Muſchelmaſſen erforderte mehrtägige Arbeit und
verurſachte dadurch nicht unerhebliche Koſten. Profeſſor Wil=
helmi
konnte feſtſtellen, daß bisher in keinem Kraftwerk die
Wandermuſcheln in ſolchem Maße wie im Glambickſee aufge=
treten
waren. Infolgedeſſen ſtellt dieſe Beſiedelung ein Novum
dar und beſitzt deshalb eine generelle Bedeutung für alle Stau=
werke
mit Betonmauern. Für die Behebung dieſer Muſchel=
plage
nennt Wilhelmi verſchiedene Wege. Als Feinhaltungsver=
fahren
kämen Schutzanſtriche mit Teerpräparaten, ſowie aus=
wechſelbare
Fangapparate in Betracht. Als Vernichtungsmaß=
nahmen
empfiehlt Wilhelmi zur Desinfektion des Waſſers die
Anwendung von aktivem Chlor und Säure. Dabei wäre die
Verwendung aktiven Chlors in jedem Jahre während der wär=
meren
Jahreszeit häufiger zu wiederholen, dagegen würde bei
der Anwendung von Säure wohl ein einmaliges Verfahren den
erſtrebten Erfolg ſchaffen.

Der Naturfreund

nk. Ein Zuchterfolg im Berliner Aquarium. Im Berliner
Aquarium iſt ein dort gezüchtetes, drei bis vierjähriges Männ=
chen
des mittelamerikaniſchen Perlchantitos, der Gattung der
Knochenſiſche angehörend, zu einem geradezu Aufſehen erregen=
den
Rieſen herangewachſen, der durch ſeinen buckelartig aufge=
triebenen
Nacken etwas Biſonartiges hat. Wenn dieſe Art zum
Laichen ſchreitet, tritt die an ſich ſchon ſchöne, hell= und dunkel=
blaue
Querbänderung des ganzen Körpers noch mehr hervor,
und die Unterſeite wird tiefſchwarz. Das gewöhnlich dauernd
zuſammenhaltende Paar beſchützt die an einen Stein geklebten
Eier und betreut und führt die junge Brut gemeinſam.
nk. Ein merkwürdiger Fall von Einquartierung. Es iſt
wohl wenigen bekannt, daß es ein Zuſammenleben zwiſchen
einem Einſiedlerkrebs und einem Wurm, einer Nereide, gibt.
Dieſes Zuſammenleben, betont W. B. Sachs in den Schriften
für Meereskunde, die von der zoologiſchen Station Büſum
herausgegeben werden, beruht mehr auf Einſeitigkeit als auf
gegenſeitigem Vorteil. Die Nereide hat ſich hier im Schnecken=
hauſe
des Einſiedlers einquartiert und hält ſich meiſt im In=
nern
desſelben verſteckt. Hat nun der Krebs ein Tier erbeutet,
ſo kommt der Wurm, der mit wehrhaften Zangen bewaffnet iſt,
hervor und nimmt ſeinem Wirt die fetteſten Biſſen weg und
zieht ſich mit ſeiner Beute ſchleunigſt in das Innere des Hauſes
zurück.
nk. Der Wanderfalke in Sachſen gefährdet. Wie der Uhu
in Sachſen heute ſchon völlig ausgerottet iſt, ſo droht dieſes
Schickſal neuerdings auch dem ſchönſten und kühnſten Tagraub=
vogel
, dem Wanderfalken. Einſt weit im Lande verbreitet und
auch im nordſächſiſchen Tieflande vorkommend, umfaßt ſein
Brutbeſtand heute, ſchreibt Rudolf Zimmermann=Dresden im
Deutſchen Jäger, nur noch einige wenige Paare, von denen das
eine, das einzige Oſtſachſens überhaupt, im Zittauer Gebirge am
Oybin horſtet und erfreulicherweiſe von der Stadt Zittau, auf
deren Gebiet ſich der Horſtplatz befindet, unter Schutz geſtellt iſt.
während die übrigen dem Lande noch angehörenden Brutpaare
in den zerklüfteten Sandſteinfelſen der Sächſiſchen Schweiz ihre
Jagdgründe und Horſtplätze beſitzen. Die größte Gefahr für den
Vogel beſteht in der Sächſiſchen Schweiz im Kletterſport; Berg=
ſteiger
erklettern im Frühjahr die Horſtplätze der Geier und
nehmen die Horſte aus. Zimmermann iſt augenblicklich im
Auftrage des Vereins ſächſiſcher Oxnithologen mit einer genauen
Beſtandsaufnahm: beſchäftigt, an die ſich dann Schutzmaß=
nahmen
anſchließen ſollen. Es iſt daher zu hoffen, daß der
Wanderfalke noch in letzter Stunde vor dem Schickfal des Uhns
bewahrt wird.

Mannigfaltiges

Allerlei Weisheit.
Der älteſte Teik des Schloſſes in Berlin b=ſitzt Maueru=
von
faſt drei Metern Stärke.
Viele Gedichte Heinrich Heines ſind in Muſik geſetzt wor=
den
. Es gibt über 3000 Kompoſitionen ſeiner Lieder.
Der Magen eines erwachſenen Menſchen kann durch=
ſchnittlich
drei Liter Flüſſigkeit faſſen.
Der Sauerklee gedeiht noch, auch wenn die Waldbäume
nur ein Siebzigſtel des Himmelslichtes bis zur Erde gelangen
laſſen.
Auf der ganzen Erde gibt es 672 Vulkane, aber nur 270
derſelben ſind noch tätig.
Die Fahrzeit durch den Suezkanal beträgt durchſchnitt=
lich
16 Stunden und 54 Minuten.
Aus dem Sieinkohlenteer werden gegen 70 verſchiedene
Produkte gewonnen.
Der geſamte deutſche Waldbeſtand hat einen Wert von
zirka 10 Milliarden Goldmark.
Feigen ſind dreimal ſo nahrhaft wie Brot.
Infolge der Fortſchritte der Landwirtſchaff durch ratio=
nellen
Betrieb, wiſſenſchaftliche Unterſuchungen uſw. werden
jetzt in Deutſchland 40 bis 57 Prozent mehr Feldfrüchte erzeugt
als noch vor 50 Jahren.
Das Pflanzenleben im Meere hört in einer Tiefe von
300 Metern vollſtändig auf, weil das Sonnenlicht nicht tiefer
eindringen kann.

Abt Vogler.

Von Walter Möller=Oranienburg.
Wie die Figuren von dem Goldhintergrund der alten
Heiligenbilder im Dom zu Würzkurg, ſo hoben ſich drüben auf
der Höhe jenſeits des Mains die trutzigen Türme und Zinnen
der Marienburg ſcharf von dem dahinter leuchtenden Abend=
ſchein
ab. Als er langſam erloſch, lag die am Tage ſo geſchäftige
Stadt unten im Flußtal ſchon zur Nachtruhe behaglich zwviſchen
den grünen Rebenhügeln ausgeſtreckt.
In den Straßen war es ſtill geſorden. Nur hier und da
lärmte ein fröhliches Trinklied aus einer niedrigen Schenkftube.
Die Würzburger haben ſchon in den ſechziger und ſiebziger
Jahren des 18. Jahrhunderts den beſten Bocksbeutel ſelbſt ge=
trunken
. Für die vielen fremden Kaufleute, die auf der Reiſe
nach Nürnberg hier raſteten, war immer noch genug Getränk
vorhanden.
In weiten Bogen überſpannte ſchon damals die große Brücke
den Main, und die künſtleriſch in Stein gehauenen Standbilder
der alten Kirchenfürſten darauf blickten wie mit ſtillem Will=
kommensgruß
, auf einen kleinen Trupp Söldner und Bediente,
die, zum Hofe der Reſidenz gehörend, ſich eben von der Burg
her der Stadt näherten. Zwei Fackelträger leuchteten einer
Sänfte voran, in der die erſte Hofdame der Fürſtin, Fräulein
Thekla von Wieſenthau, ſaß. Die junge Dame kam eben von
einem Beſuch zurück, den ſie als vorzügliche Reiterin einem Ver=
wandten
und ſeiner Frau in der Umgebung gemacht hatte. Die
Wieſenthaus waren ein uraltes und verbreitetes Geſchlecht im
Unterfränkiſchen. Bis zur Burg war ſie zurückgeritten, dann
benutzte ſie die bequemere Beförderungsart, denn es ſchickte ſich
nicht für ein Hoffräulein, allein, nur von einem Reitknecht be=
gleitet
, durch die ſchon nächtlich dunkle Stadt zu reiten, ganz
abgeſehen davon, daß dies bei dem Knüppeldamm nicht ganz
ungefährlich ſchien.
Eben war der kleine Trupp am Ende der Brücke angelangt
und wollte gerade durch das Städtchen ziehen, als die Inſaſſin
der Sänfte ein Zeichen zum Halten gab.
Aus dem kleinen Haus unmittelbar an der Mauer klang
eine Geige in den ftillen, linden Somzerabend hinaus. Der
weiche, fehnſuchtsvolle Ton ſchtvang, getragen vom Duft, der von
den Nelkenſtöcken am geöffneten Fenſter ſpehte, über die leiſe

plätſchernden Mainwellen. Der Fackelſchein und das Licht aus
dem Hauſe ſpiegelten ſich wie flüſſiges Gold in den dunklen
Fluten wider.
Thekla von Wieſenthau lehnte ſich einen Augenblick mit
geſchloffenen Augen in ihren Sitz zurück und gab ſich dem Zau=
ber
der Stimmung hin. Eben noch klang es wie ein frommer
Zuſpruch, ein ſtilles, wunſchloſes Entſagen aus den tiefen, war=
men
Tönen, dann aber brandete es wie die Wogen ungeſtillter
Leidenſchaft zur Höhe empor und ſchien ein Lied zu ſingen von
füßer Liebesſchuld. Die Dame ſprang aus dem Tragſeſſel und
hatte ſich mit raſchen Schritten dem Fenſter genähert.
Meiſter Vogler halloh, Meiſter Vogler, das Fräulein
von Wieſenthau fragt Euch, ob. Ihr ſeine Laute wieder gerichtet
habt! rief die helle, fröhliche Stimme ins Haus hinein. Jäh
brach das Spiel drinnen ab. In der Haustür aber erſchien der
Gerufene, mit der grünen Arbeitsſchürze bekleidet, ſichtlich er=
freut
, eine ſo vornehme Kundin begrüßen zu können.
Fertig is ſcho, dös Inſtrumentl, gnädigſtes Hoffräul’n,
und i glaab, daß dös noch amal ſo gut klingen wird, jetzt, wo
i’s gericht’t hob."
Dann will ich’s gleich mitnehmen, lieber Meiſter. Aber
ſagt, wer iſt der Virtuoſe, der da in Euerm Hauſe ſo wunderlich
ſpielt und den ich eben unterbrochen habe?"
Dös is halt nur der Georg Joſeph, mei Bub, der, tvenn
er ſei Stundenpenſum geübt hat, ſo a kurioſes Zeigs zuſammen=
ſpielt
. Joſeph, Joſeph, kumm mal her, rief der alte Inſtru=
mentenbauer
ins Haus.
Eine ſchlanke Jünglingsgeſtalt erſchien auf der Schweſſe.
Der Muſiker blieb, noch die Geige in der Hand, betroffen ſtehen,
als er im Fackellicht die Augen der ſchönen jungen Hofdame
intereſſiert auf ſich gerichtet ſah, die ſchon wieder ihren Sitz ein=
genommen
hatte. Ihr zierlicher, von dunklen Locken umrahmter
Kopf hob ſich eigenartig von dem hellſeidenen Hintergrund des
Rückſitzes der Sänfte ab und blickte daraus wie aus einem Bild=
rahmen
.
Ihr ſeid der junge Künſtler, deſſen Zuhörerin ich eben
war? Nun, dielleicht ſteckt mehr in ihm als Ihr glaubt, Meiſter
Vogler, wandte ſich das Fräulein an den Inſtrumentenbauer,
ohne den Blick von dem jungen Menſchen zu wenden. Der ſah
die junge Dame noch immer mit weit geöffneten Augen an.
Laßt ihn einmal morgen aufs Schloß kommen und mir die
Laute bringen. Vielleicht kann ich ſeinem Fortkommen behilflich
ſein, damit ſetzte ſich der Trupp mit den Fackeln und Trägern

in Bewegung und Meiſter Vogler ſtand noch dienernd vor ſeiner
Haustür, als er ſchon hinter den nächſten Ecken verſchwunden
war. Nun gab er ſeinem Sohn, der ſich eben tief aufatmend
das wirre Blondhaar aus der Stirne ſtrich, einen derben Schlag
auf die Schulter. Wie aus einem Traum fuhr der zuſammen,
dann ging er ins Haus zurück.
A ſo an dalketer Bua. Net a Sterbenswörtle hat a gered’t,
brummte der Meiſter ärgerlich.
Die Voglerin begütigte: Dös is halt immer ſchon als Kind
ſo bei ihm geſpeſen, Vater. Du wirſt’s net ändern. Sie ſaßen
beim Abendbrot. Aber da hör amal, wenn er allein is, da
geht’s ihm von der Leber!
Nebenan klang die Geige. Ein Lied von wilder Sehn=
ſucht
. Und als der Mond hinter den Hügeln emporgeſtiegen und
ſich im Main ſpiegelte, da ſah ein junger Träumer oben in
ſeiner Dachkauimer im Schlummer ein Paar dunkle Mädchen=
augen
auf ſich gerichtet und zu leiſem, ganz fernem Geigenton
ſprach eine ſüße Frauenſtimme Liebesworte, die zärtlich von
der Melodie umſchlungen wurden.
Im großen Saal des Mannheimer Schloſſes warfen hun=
derte
von Kerzen ihren Schein auf ein feſtlich buntes Bild, ſpie=
gelten
ſich in blitzenden Edelſteinen ſchöner Frauen und hoben
den bunten Glanz der Uniformen der Hofleute und Gäſte. Hier
neigte ſich ein Galan zum Ohr der vor ihm ſitzenden Dame her=
nieder
, um ihr eine Pikanterie zuzuflüſtern, die ſie mit hellem
Lachen quittierte. Da und dort bildeten ſich Gruppen, und auf
dem blanken Parkett raſchelten die Schleppen, klirrten ſilbern
die Sporen der auf und ab Promenierenden.
Jetzt ertönten drei laute Schläge am Eingang zum Saale.
Der Hofmarſchall kündete das Nahen des Kurfürſten Karl Theo=
dor
und ſeiner Gemahlin an. Im Augenblick verſtummte die
Unterhaltung und durch die Reihen der ſich tief verneigenden
Hofgeſellſchaſt ſchritt das fürſtliche Paar auf die vor der Saal=
bühne
aufgeſtellten Seſſcl zu.
Das Stimmen der Inſtrumente, ein perlender Flötenlauf,
die Seufzer der Oboe waren ebenfalls einer erwartungsvollen
Stille gewichen. Der junge, rotbefrackte Kapellmeiſter erhob ſich
zu einer Verbeugung gegen den Hof von ſeinem Platz am Kla=
dier
mitten im Orcheſter. Es war auch der Komboniſt und
Dichter des Balletts, das heute, am Geburtstage des Kurfürſten,
zum erſten Male auſgeführt wurde.

[ ][  ]

Nummer 14

Unlerhaltungsblatt und Frauenzeitung

Jahrgang 1923

Die Welt der Frau

zuenarbeit eine völlige Verſtändigung zwiſchen
Schule und Elternhaus möglich und erreichbar iſt.
Freilich, dazu gehört vor allem das volle Verſtändnis der
Elternſchaft für die Forderungen der Schule. Dieſe kann noch
ſo wertvolle Erzieherarbeit leiſten, die Lehrer ihre Aufgabe mit
Gemeinſame Erziehung von Knaben und Mädchen. ganzer Hingabe an ihr Amt noch ſo ernſt auffaſſen, die heute
doppelt ſchwer erziehbare Jugend zu leiten, wenn das Haus,
die einzelne Familie dieſe Erziehungsabſichten der Schule durch=
Für viele Eltern in kleineren Orten und auf dem flachen kreuzt oder ihnen direkt entgegenarbeitet, dann muß immer wie=
punkt
, da die Kinder der Einheitsſchule entwachſen ſind und je ſeine Charakterentwicklung ungünſtig beeinfluſſen. Gegen di=
betr
. Familienvaters, die ihm einen plötzlichen Wechſel ſeiner mögen des Kindes hervorgerufen, wenn in ſeinem Beiſein über

Eine wichtige Zeitfrage.
Lande bringt das verfloſſene Schuljahr neue Sorgen bezüglich, der die zarte Seele des empfänglichen Kindes unter dem Zwie=
der
Wahl der ſpäteren Schule mit ſich. Bald naht ja der Zeit= ſpalt leiden und bei ihm ſeeliſche Hemmungen entſtehen, die
nach Anlage und Befähigung einer höheren Schule zugeführt ethiſchen Forderungen der Schulerziehung zu wirken, bietet ſich
werden ſollen. Der früher übliche Weg: ſie in der benachbarten für die Eltern faſt ſtändig Gelegenheit. Zum Beiſpiel verlangt
Stadt mit der dazu notwendigen höheren Lehranſtalt in Pen= der Lehrer tadelloſe Schularbeiten. Daheim heißt es: Ach was,
ſion zu geben oder täglich mit der Bahn zu ihr fahren zu laſſen, ſchreibe deine Seiten runter, wenn’s auch mal nicht ſo iſt. In
iſt in den meiſten Fällen inſolge der wirtſchaftlich veränderten der Schule wird über die Wichtigkeit des ſiebenten Gebotes ge=
Verhältniſſe nicht mehr gangbar. Der andere, ſtatt deſſen viel= ſprochen. Die Mutter geht mit dem Kinde auf den Markt, in
fach eingeſchlagene, im Intereſſe der Kinder den Wohnort zu die Markthalle, zum Kohlenhnädler oder Holzplatz und billigt
wechſeln und dorthin überzuſiedeln, wo ſich jene Schulen befin= es, wenn das Kind um ſich herumgreift und mitnimmt, was ſich
den, iſt einerſeits durch die herrſchende Wohnungsnot außer= ihm bietet. Noch viel mehr wird gegen das achte Gebot im
ordentlich erſchwert, zum anderen durch manche Verufsart des Hauſe verſtoßen und ſeeliſche Hemmungen im Vorſtellungsoer=
Stellung nicht erlaubt. Da iſt es denn zu verſtehen, daß der Freunde und Bekannte, Verwandte oder Nachbarn abfällig ge=
Allgemeine deutſche Lehrerinnenverein im Hinblick auf dieſe urteilt oder wohl gar ehrverletzende Aeußerungen getan werden,
Uebelſtände eine Eingabe an das Reichsminiſterium des Innern Schließlich muß ja das Kind alle ethiſchen Grundſätze, die die
richtete, in der er ſich für die gemeinſame Erziehung von Kna= Schule aufſtellt, den geſamten Moral= und Sittlichkeitsunterricht
ben und Mädchen, bezw. die Aufnahme einzelner Mädchen in gering einſchätzen, ja direkt je nach ſeiner eigenen Reife ver=
Anabenklaſſen einſetzt und den Neichsſchulausſchuß um Richt= achten lernen, wenn es immer wieder daheim Zeuge iſt, wie ſeine
linien oder um deren Feſtlegung bittet. Dieſe Eingabe betont Eltern dagegen verſtoßen. Erziehungsarbeit an Kindern heißt,
ausdrücklich, daß grundſätzlich die bisherige getrennte Erziehung ſich zunächſt ſelbſt erziehen und ſtändig ſelbſt beobachten und im
der Geſchlechter beibehalten werden ſollte, aber in Orten, in Zaume halten! Dieſer wichtige pädagogiſche Grundſatz für alle
denen keine geſonderten Mädchenbildungsanſtalten beſtehen, doch Eltern müßte ihnen immer gegenwärtig ſein, beſonders aber
den in Frage kommenden Mädchen die Möglichkeit einer dann, wenn ſie gemeinſam mit der Schule die Erziehung ihrer
gleichwertigen und gleichgearteten Ausbildung wie Linder mit Ernſt und Hingabe betreiben wollen, zu deren eige=
E. Th.
den Kuaben geboten werden müſſe. Der deutſche Lehrerinnen= nem Beſten.
verein ſtützt ſich mit ſeiner Forderung auf die Reichsverfaſſung
Der zeitgemäße Haushalt.
und fordert für die Mädchen bei, entſprechender Begabung und
Ferſen an Strümpfen raſch und einfach neu
Neigung die gleiche gründliche Ausbildung, wie ſie den Knaben einzuſtricken. Man trennt zunächſt die Anfangsmaſchen der
zuteil werden kann und wird. Erfreulicherweiſe ſcheut ſich der Ferſe dicht unter der Strumpflänge, darauf die Endmaſchen der=
deutſche
Lehrerinnenverein nicht, auf die verſchiedenen Mißſtände ſelben kurz vor der Sohle quer herüber auf und nimmt ſie auf
hinzuweiſen, die dort, wo die Unterrichtsverwaltungen grund= Nadeln. Dann trennt man die beiden Zwickel rechts und linls
ſätzlich nichts gegen die Aufnahme einzuwenden haben, doch von der ſchadhaften Ferſe ab und ſtrickt nun immer rings herum,
durch mancherlei Maßnahmen eintreten, die Aufnahme, er= am beſten mit Beigarn von Baumwolle, eine ſtumpfe Spitze in
ſchweren oder gar unmöglich machen. Das iſt beiſpielsweiſe in der Weiſe, daß man zu Anfang jeder Nadel einmal abnimmt,
Preußen nicht ſelten der Fall, wenn durch Aufnahme von Mäd= dann zweimal glatt ohne Abnehmen darüber ſtrickt und erſt
chen in Knabenſchulen und die notwendige Einrichtung von wenn man noch acht Maſchen auf der Nadel hat, raſch hinter=
Turn= und Nadelarbeitsunterricht für dieſe, ſowvie geſonderte einander auf jeder Nadel und bei jeder Tour einmal abnimmt,
Abortanlagen notwendigerweiſe Koſten entſtehen, die nach Auf= um ſchließlich die letzten beiden Maſchen auf den gegenüberliegen=
faſſung
der Unterrichtsverwaltungen nicht, entſtehen dür= den Nadeln überwendlich zuſammen zu nähen. Dieſe Ferſe ſitzt
fen. In anderen Ländern wieder, ſo z. B. auch in Oldenburg, ſehr gut und iſt mit wenig Garn in kürzeſter Friſt fertiggeſtellt.
werden von den Mädchen vor Aufnahme in die höheren Lehr=
anſtalten
für Knaben erſtklaſſige Zeugniſſe verlangt, während Reinigen von dunkel und ſchmutzig gewor=
man
die Knaben von dieſer Forderung befreit. Wieder in an= denen Rohrſtuhlſitzen. Man bereitet eine Löſung aus
deren Ländern iſt zuvor erſt das geſamte Lehrerkollegium, der einem halben Liter heißem Waſſer, 1 Eßlöffel Soda und 1 =
Elternbeirat der Anſtalt und bei nicht ſtaatlichen Anſtalten die löffel voll Seifenpulver, waſche damit unter ſorgſamer Schonung
zuſtändige ſtädtiſche Körperſchaft um ihr Einverſtändnis zu er= der Politur des Sitzes und der Lehnen das Rohrgeflecht gut
ſuchen, ehe eine Aufnahme von Schülerinnen in die betr. Knaben= ab, bürſte es mit kleiner Hand= oder Zahnbürſte ſauber, ſtäube
ſchule erfolgen kann. Dieſe heimlichen Widerſtände gegen eine durch feines Haarſieb über einer darunter gehaltenen Papptafel
Aufnahme von Mädchen in Knabenſchulen, alſo eine gemeinſame gleichmäßig und deckend Schwefelpulver über den noch naſſen
Erziehung der Geſchlechter im Notfall, ſcheinen aber in Heſſen Sitz, um den Stuhl dann in der Sonne trocknen zu laſſen. Im
die Krone erhalten zu ſollen, indem dort, wie die Leipziger Notfall näſſe man das Geflecht noch einmal an, um es wieder
Lehrerzeitung berichtet, die Beſtimmung beſtehen ſoll, daß, mit dem abgebürſteten Schwefelpulver zu bedecken.
wenn in der Schülerſchaft Unzuträglichkeiten entſtehen, die Um Balkonkäſten gegen das Verfaulen des
Mädchen auch wenn ſie unſchuldig daran ſind ohne wei= Bodens und dadurch deſſen zu raſche Abnutzung zu ſchützen,
teres aus der Schule entfernt werden können.
bringe man im Frühjahr vor Einfüllen der Erde eine handhohe
Unſeres Crachtens können die Eltern von Kindern beiderlei Schicht Schlackenſteine, grobe Kieſel oder Topfſcherben mit die=
Geſchlechts nicht ernſtlich und eingehend genug ſich mit dieſer ſen vermiſcht hinein. Sie laſſen das Waſſer raſcher ableiten und
Frage der gemeinſamen Erziehung der Geſchlechter beſchäftigen gſtatten der Luft den nötigen Durchzug, um die Fäulnis zu ver=
und auf die Durchführung derfelben im Notfalle dringen. Wenn hüten.
I.
die großen Uebelſtände, die man für die beteiligten Knaben und . Schellfiſchſülze. Der geſäuberte Kopf und die Gräten
Mädchen befürchtet, tatſächlich immer eintreten, dann würde werden mit Wurzelwerk, 1 Zwiebel, etwas Lorbeer und zwei
man in jenen Ländern, in denen die Koédukation ſchon beſteht, Pfefferkörnern tüchtig ausgekocht und durchgegoſſen. Der Fiſch
längſt wieder damit gebrochen haben. Zunächſt ſoll ja aber darin ziehen gelaſſen, zerpflückt und mit zierlich geſchnittenen
einer allgemeinen Einführung derſelben garnicht das Wort ge= Scheibchen einer mitgekochten Möhre in eine enge tiefe Schüſſel
redet werden, ſondern es gilt, eine drohende Klippe zu beſeiti= geordnet. Das zum Klären zur Seite geſtellte Fiſchwaſſer ab=
gen
, an der unter den heutigen ſchwierigen Verhältniſſen ſo viele gegoffen, mit Eſſia und Gelatine vermengt, auf einem
Eltern begabter Kinder, in ihrem Streben nach deren Entwick= halben Liter Brühe gerechnet, darüber gegoſſen und die erſtarrte
lung und Fortbildung zu ſcheitern drohen, und dabei bedarf es Sülze mit einem Kranz friſchgrüner Rapünzchen umlegt.
der gemeinſamen Arbeit aller Beteiligten, um dieſen Befähigten,
Speiſe=Zettel.
gleichviel welchen Standes, zum Beſten der Zukunft unſeres
Volkes tatkräſtigſt zu helfen.
Sonntag: Gemüſeſuppe, Geſchmorte Kalbsleber in
Alice Günther. Reisrand, Apfelmus. Montag: Weiße Bohnen.
Dienstag: Linſen. Mittwoch: Graupen mit Pflaumen.
Kinderſtube.
Donnerstag: Selleriekartoffeln. Freitag: Sauer=
* SteindesAnſtoßesinder Kindererziehung. kraut und Klöße. Samstag: Kartoffelſtückchen.

Seitdem Elternbeiräte Hand in Hand mit den Lehrern zum
Beſten der Kinder wirken, Erziehungsmaßnahmen mit gegen=
ſeitigem
Einverſtändnis getrofſen werden, haben ſich erfreu=
licherweiſe
Ausblicke auf eine beſſere Erziehung der Kinder und
Jugendlichen eröffnet. Die Lehrerſchaft iſt beglückt darüber, daß
endlich die ſchon ſo lange erſehnte Verbindung zwiſchen Schule
und Elternhaus geſchaffen wurde. Der Elternſchaft iſt E= geboten, beſondere Wünſche zu äußern, die Marſch=
richtung
der Schulerziehung genau zu verfolgen, wenn nötig,
auch mit beeinfluſſen zu können. Trotzdem auf beiden Seiten
noch mancher Widerſtand, noch mnanches gegenſeitige Mißtrauen
zu beſeitigen iſt, hat ſich doch gezeigt, daß nach Ueberwindung
der natürlicherweiſe anfänglich oft recht großen Schwierigkeiten
m

Sie kennt ihn. Frau Profeſſor zu ihrem Mann:
Ja, mein lieber Cornelius, gehe ruhig baden, aber vergiß nicht,
Dich nachher wieder anzuziehen!
Schlagfertig. Junger Ehemann: Aber Trudchen,
Dein Eſſen ſchmeckt heute wieder einmal ſo hm . Wie=
der
einmal? Ja, lieber Fritz, haben wir uns denn etwa wegen
des Eſſens geheiratet?

Da hat ers! Meiſter, warum iſt denn das Ochſen=
fleiſch
teurer als das Kuhfleiſch? Nun, weil’s beſſer iſt,
Frau Tachbarin! Na, na, ihr Männer ſollteſt euch lieber
nicht ſo viel einbilden!
Die teure Zeit. Nein, aber auch alles wird jetzt
teurer! Sogar meine Kartenſchlägerin ſagt, ſie könne nur noch
von 1000 Mark an in die Zukunft ſchauen!
Leiden einer Fliegersgattin. Nein, iſt das
ein Elend mit meinem Mann! Sobald ich Geld von ihm haben
will fliegt er in die Luft!
Eine ſchlimme Sache. Tag und Nacht träume ich
nur von Ihnen, mein hochverehrtes Fräulein! Das iſt aber
ſchlimm, wenn ein junger Mann ſogar am Tage träumt!

Spiel und Rätſel

2 G H

E
H
N
R
S

NN

Leiſten=Rätſel.
Nach richtiger Ordnung der
Buchſtaben enthalten die wage=
rechten
und ſenkrechten Reihen
gleichlautende Wörter und zwar:
1. Eine däniſche Inſel in der
Oſtſee, 2. ein Verkehrsmittel,
3. ein Sternbild des nördlichen
Himmels.
Carl Deubel,

Buchſtaben=Rätſel.
Ein Schiff verſuchte es mit L,
Doch ſchlugen die Verſuche fehl,
Es war zu ſtark der Br Wüten;
Und um Str zu verhüten,
Befahl der kluge Kapitän
Zu wenden und in See zu gehn.
E. D.
Vorſetz=Rätſel.
AU, ALT, GRAMM, FEE, MACHT, IST.
RAT, RAD, FORM, AR, LAMM. ELLE.
Jedem der obigen Wörter ſind 3 Buchſtaben vorzuſetzen, daß
bekannte Hauptwörter entſtehen. Deren Anfangsbuchſtaben nennen
dann eine Kunſt, die heute erſt recht eine Kunſt iſt.
Zur Verwendung gelangen folgende Buchſtabengruppen: Chr,
Don, Epi, Hei, Inh, Kaf, Kon, Not, Ohn, Sch, Tab, Uni. C. D.

Or OK EN IAIAA n0 PA S0 80

Magiſches Quadrat.
Nach richtiger Ordnung der Buchſtabenpaare
enthalten die wagerechten und die ſenkrechten
Reihen gleichlautende Wörter.
C. B.

Räiſel.
503. Unſer Großgeſchriebenes und viele in ihm, welche früher Kleis
geſchrieben ſich nannten, ſind kleingeſchrieben, jetzt nicht mehr.
504. Ob p, ob t nun iſt darin, ine Pflanze iſt es immerhin.
Und die, merkt auf! mit t Sitzt oft auf der mit p.
505. Mit e ein Korn, mit ch ein Tier, Mit au ein Wort Nun
ſagt es mir.
Auflöſungen.
Schach=Scherzaufgabe: Weiß hat mit dem Bauer a7 einen
ſchwarzen Läufer, der auf b8 ſtand, geſchlagen und den Bauer in
einen Läufer verwandelt. Nach erwirkeer Erlaubnis, den Zug
zurückzunehmen, ſpielt Weiß a7 a8, macht eine Dame und ſetzt
den feindlichen König matt.

Koch =Umſtell= =Rätſel: X R. R R R X X RX A X A4 R . X R4 R R A X X R X R X X. X R X X. R.

Säule: F, Borax, Gin, Fex, Aſe, Ale, Aan, Bantu, Cordova
Friesland.
Darmſtädter Silbenrätſel: 1. Gilde. 2. Eboli. 3. Saale.
4. Uslar. 5. Neutralität. 6. Dora, 7. Eggenburg. 8. Feige.
Geſunde Feiertage.
Viſitenkarten=Rätſel: Schneidermeiſter.
Sprichwörter=Rätſel: Allen Leuten recht getan, iſt eine
Kunſt, die niemand kann.
Rätſel: 500. Lauch, Gauch, Hauch, Bauch, Rauch. 501. Sonnen=
tau
. 502. Roſt.

Verantwortlich: Max Streeſe.
Ee

Die Ouvertüre beginnt. Junge Tagesdämmerung begrüßt
eine noch halbverträumte Vogelſtimme der Flöte. Bald aber
klingt ein Wachtelſchlagmotiv der Oboe dazwiſchen, und immer
ſieghafter flutet im Oſten das Licht empor, immer mächtiger
entfaltet ſich das Singen und Klingen in der zu neuem Leben
erwachenden Natur, die der Sonne entgegenjauchzt. Nun ſteigt
ſie goldſtrahlend herauf, von feierlichen Trompeten= und Po=
ſaunenakkorden
verkündet. Ihre Strahlen küſſen eine Roſen=
knoſpe
, die inmitten vieler anderer Blumen eines taufunkelnden
Gartens nun langſam ihre tieſdunkelrote Blüte öffnet und ſie
der Lichtkönigin zuneigt.
Der Vorhang hat ſich unter den getragenen Bläſerklängen
geteilt und den Blick auf dieſes liebliche Bühnenbild ſreigegeben.
In einem farbenfrohen Ballettreigen huldigten die Blüten=
geſchöpfe
der Roſe, und nun flattert ein unſcheinbarer grauer
Vogel heran und ſingt der jungen Blüte ſein ſchönſtes Lied. So
voll jauchzendem Werben klingt der Vogelgeſang, mit dem ſich
eine wunderſame Geigenmelodie, aus dem Orcheſter empor=
ſchwingt
, daß aus vielen Blütenkelchen Tauperlen wie Freuden=
tränen
zu Boden rollen. Auch die Roſe neigt ſich freundlich dem
Sänger in ſeinem ſchmuckloſen Federkleide zu. Doch da naht ſich
keck und ſelbſtbewußten Schrittes der Ritterſporn und grüßt die
Blumenkönigin mit tiefer Verbeugung. Die Stimme des kleinen
Vogels iſt jäh verſtummt. Angſtvoll hört er die galanten Schmei=
cheleien
des adelsſtolzen Ritters. Und als die Sonne hinter den
Bergen zur Ruhe geht, hat dieſer ſein Ziel erreicht. Königs=
kerzen
leuchten Roſe und Ritterſporn zum Hochzeitszuge doran.
Aber hinter den letzten Paaren des Blumenreigens ſinkt der
graugefiederte Sänger mit mattem Flügelſchlag entſeelt zur
Erde nieder.
Das Ballett iſt zu Ende. Der Kurfürſt gibt in lebhafter
Freude das Zeichen zum Beifall. Während dieſer den Saal er=
füllt
, iſt der kaum zwanzigjährige Dichterkomponiſt von Karl
Theodor herangerufen worden. Der freigebige Fürſt reicht ihm
mit freundlichen Worten einen koſtbaren Ring. Als aber die
Muſiker nun ohne ihren jugendlichen Meiſter die Tanzgeigen
erneut ſtimmen, läuft dieſer bereits durch den dunllen Schloß=
garten
ſeiner Behautſu
nind zut eine

luſtige Weiſe und übermütiges Lachen in die ſtille Nacht hin=
aus
. In dem kleinen Zimmer des jungen kurfürſtlichen Kapell=
meiſters
Georg Joſeph Vogler aber ſingt eine einſame Geige
das Lied des kleinen verſchmähten Vogels, während in der Seele
des Muſizierenden jene Würzburger Tage mit ihrem bitterſüßen
Liebesleid wieder lebendig werden, die ſeinem Scheiden aus dem
Elternhauſe vorangingen.
Er ſieht ſich vor dem Schloßgarten ſtehen, von dem öffnen=
den
Diener mit leiſe prüfendem Spott ob ſeiner Unbeholfenheit
gemuſtert. Die abzuliefernde Laute trägt er fürſorglich unterm
Arm. Dicht hinter dem Bedienten, der ihn durch den prächtig
gepflegten Garten mit ſeinen Grotten, kunſtvollen Blumenrabat=
ten
und Palmen führt, ſchreitet er. Der Menſch geht ſeiner
fieberhaften Erwartung viel zu langſam.
Ueber eine Veranda geht es ins Schloß hinein und nun
durch eine in verſchwenderiſcher Pracht ausgeſtattete Flucht von
Zimmern mit wundervollen Deckengemälden. Unwilllürlich
dämpft der junge Muſiker den Schritt. Leiſes Klopfen an einer
weißen, reich mit goldenen Ornamenten verzierten Tür.
Ach, der junge Muſikant vom Stadttorhäuſel! Brav Wort
gehalten, junger Künſtler, klingt es in liebenswürdigem Tone
vom Spinett her, von dem ſich die Hoſdame erhebt. Noch immer
ſo ſchweigſam wie geſtern? neckt ſie fröhlich den jungen Men=
ſchen
. Prüfend blickt ſie an ihm empor. Wie er da vor ihr ſteht
in ſeiner Benommenheit, den ſchlanken Körper geſtrafft, mit der
hellen Röte halb jugendhafter Freude und Verlegenheit in dem
ſchmal geſchnittenen Geſicht, regt ſich ihr Intereſſe von neuem
an dem Sohne des Inſtrumentenbauers. Mit leiſem weiblichen
Stolz nimmt ſie das raſche Aufleuchten in ſeinen Augen wahr,
als ſie, die anmutige Geſtalt, in ein helles, von der Büſte loſe
herabwallendes Gewand gekleidet, langſam auf ihn zuſchreitet,
um ihm das Inſtrument abzunehmen. Lächelnd fährt ſie fort:
Dann wird wohl auch meine Bitte kein Gehör bei Euch finden,
Ihr möchtet mir ein= oder zweimal in der Woche einige ſchwie=
rige
Griffe auf der Laute zeigen. Mit meiner Kunſt iſt’s nicht
weit her, ich brauche noch ſehr der Unterweiſung. Da ſtrahlt
ihr eine ſo zärtliche, kaum verhohlene Freude aus dem Blick des
jungen Muſikers entgegen, daß die ſonſt jeder Lage gewachſene
Hofdame ſelbſt einen Augenblick darüber verwirrt wird und,

ſich von ihm entfernend, in einem Seſſel auf dem mit ſchlver=
ſeidenen
Fenſtergardinen verhängten Altan Platz uimmt.
Georg Joſeph atmet tief auf: Befehlet über mich, gnädiges
Fräulein; wie gerne zeige ich Euch die Lautenſpielkunſt, wenn
Euch meine Unterweiſung genügt. Raſch wurden dieſe Worte
hervorgeſtoßen. Wenn’s recht iſt, können wir die erſte Leition
gleich beginnen, klingt es vom erhöhten Fenſterplatz zurück.
Vogler iſt mit kurzer Verbeugung herangetreten, ſtimmt die
Laute und zeigt ihr ein paar Griffe, um dann das Inſtrument
in ihren Schoß zu legen. Nur langſam geht der Unterricht zu=
erſt
vorwärts. Immer erneut ſucht, taſtet er nach Worten, um.
ihr dies und jenes zu erklären. Doch Thella von Wieſenthau
weiß ihn durch ein paar Zwiſchenfragen über die erſten Minu=
ten
der ihm ungewohnten Situation hinwegzubringen. Bald
gerät er in Eifer, er erläutert die Akkorde ſchreibt, raſch auf ein
Notenblatt, das auf dem Spinett liegt, ein kurzes Lied auf, das
ihm gerade einfällt und freut ſich, als ſie es ſehr bald vor ſich
hinſummt und die Dreiklänge dazu greift. Ja einmal, da ſie
mit ganz hilfloſem Kindergeſicht meint: Junger Meiſter, dabei
zerbreche ich mir den kleinen Finger, lacht er fröhlich auf, um
dann plötzlich zu verſtummen. Unwillkürlich hat ſeine Hand nach
dem Griffbrett getaſtet, um ihre Finger für den gewünſchten
Akkord zurecht zu legen. Unter der Berührung zuckt er in jähem,
ſüßem Erſchreaen zuſammen, wieder ſchießt ihm das Feuer ins
Geſicht. Dann ſprechen ſie ſcheinbar ganz gleichmütig noch
wenige Worte, und verabreden die nächſte Stunde. Eine Ver=
beugung
des Lehrers, von freundlichem Kopfnicken des Hoffräu=
leins
beantwortet, und nun führt ihn der durch ein Klingel=
zeichen
herbeigerufene Diener wieder durch die koſtbar ausge=
ſtatteten
Räume. Aber Vogler ſieht noch weniger als vorhin von
der Pracht, die ihn umgibt. Mit raſchen Schritten eilt er, von
der Parkpforte her durch die Straßen zu den Nebenhügeln
hinaus. Erſt am Spätnachmittag kommt er heim. Kaum daß
die Eltern aus ihm herausholen, welches Amt er übernommen,
ſtürmt er nach ſeinem Giebelzimmer hinauf, und bis tief in die
Nacht hinein führt er für Thekla von Wieſenthau die Notenfeder.
Nach einiger Zeit bittet ſie ihn, die Geige mitzubringen und
ihr nach dem Unterricht vorzuſpielen.
(Fortſetzung folgt.)