Einzelttuttter 200 Mart
Bezugspreis:
Bei wöchenflich 7 maligem Erſcheinen monailich 3400 M.
und 200 M. Abtragegebühr durch die Agenturen
600 M. frei Haus. Beſiellungen nehmen
ent=
gegen: die Geſchäftsſtelle Rheinſraße 23 (
Fern=
ſprecher 1, 2390 und 2394), die Agenturen und alle
Poſtämier. Veraniwortlichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſimmten Tagen wird nicht
übernom=
men. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur
Kür=
zung des Bezugspreiſes. Beſtellungen und
Abbeſtel=
lungen durch Fernruf ohne Verbindlichkelt für uns.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 96
Sonntag, den 8. April 1923
186. Jahrgang
Anzeigenpreis:
27 min breile Zeile im Kreiſe Darmſiadt 250 M.
Baukanzeigen 375 M., Reklamehsſie (92, mim breit
S75 M. Anzeigen von auswärts 490 Ml.,
Banl=
anzeigen 600 M., 92 mm breiie Reklarnezeile 4400 M.
Anzeigen nehmen entgegen: „Geſchäftsſtelle
Rhein=
ſraße 23, die Agenturen und Anzeigenespeditionen.
Im Falle höherer Gewalt, wie Krieg. Aufruhr, Sireil
uſw., erliſcht jede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Leiſfung ver Schadenerſatz.
Bei Konkurs oder gerſchtlicher Beirébung fällt jeder
Rabaft weg.
Reichstrauer für die Eſſener Opfer.
Berlin, 7. April. (Wolff.) Am Dienstag vormittag 10
Uhr, zur gleichen Stunde, in der die Opfer des Eſſener
Blut=
bades beerdigt werden, findet im Reichstageine
Trauer=
feier ſtatt, wobei in Anweſenheit des Reichspräſidenten der
Reichskanzler die Gedächtnisrede halten wird. An der Feier
werden die Vertreter ſämtlicher Gewerkſchafts= und
Beamten=
verbände, die Spitzen der Berufsſtände, ſowie die Vertreter der
Länder, Kirchen, Parlamente und Behörden teilnehmen.
An=
läßlich der Beiſetzung werden am Dienstag zum Zeichen der
Trauer im ganzen Reiche die Glocken läuten.
93 Familien heimatlos.
Köln a. Rh., 7. April. (Wolff.) Die Ausweiſungen der
Eiſenbahner aus ihren Wohnungen nehmen einen gewaltigen
Umfang an. In Junkerath ſind bis jetzt 93 Familien aus
ihren Wohnungen verdrängt worden.
Ferner wurden aus allen Bahnwärterhäuſern an der
Eifel=
ſtrecke Junkerath-Liblar die Wohnungsinhaber vertrieben. Auf
den Strecken Krefeld—München=Gladbach und Kleve—Geldern—
Bonn—Euskirchen erhielten ebenfalls ſämtliche
Dienſtwohnungs=
inhaber den Befehl zur Räumung. Zum Teil iſt die Räumung
bereits erfolgt. In Neuwied nahmen die Franzoſen aus den
Dienſträumen des Betriebsamtes eine Schreibmaſchine, einen
Vervielfältigungsapparat und mehrere Bündel Akten mit.
Paris, 7. April. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Koblenz hat die interalliierte Rheinlandkommiſſion vom 15. bis
31. März 1476 Ausweiſungen angeordnet, von denen 901 auf die
franzöſiſche Zone entfielen. Es ſeien hauptſächlich Zoll= und
Eiſenbahnbeamte und leitende Perſönlichkeiten der
nationaliſti=
ſchen Verbände, namentlich ehemalige Offiziere. Im ganzen habe
die Kommiſſion ſeit dem 20. Januar 3000 Perſonen aus den
ihr unterſtellten Gebieten ausgewieſen.
Vom Tage.
Der frühere Bürgermeiſter von Berlin Dr. Georg Reicke iſt
geſtorben.
Der 16jährige Unterſekundaner Heinrich Groh in
Mün=
nerſtadt in Unterfraken wurde von der Gendarmerie wegen
Spionage verhaftet. Er ſtand ſeit längerer Zeit mit dem
franzöſi=
ſchen Oberkommando der Beſatzungstruppen in Brieſwechſel.
Die bereits gemeldete Verhaftung des Schneiders Merges, der
Frau Faßhauer, des Arbeiters Engelmann und mehrerer
an=
derer Mitglieder der Kommuniſtiſchen Partei iſt, wie wir erfahren,
wegen Betrugs und Urkundenfälſchung erfolgt.
In Ludwigshafen überfuhr am Freitag gegen 5 Uhr
abends der D=Zug 148 am Uebergang der Lohrbachſtraße einen
leeren Laſtkraftwagen, der ſtark beſchädigt wurde. Der
Laſt=
kraftwagenführer mußte ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Hadasmeldung aus Riga, nach dem ſich Feldmarſchall
Mak=
kenſen in Moskau befinden ſoll, um über den Abſchluß einer
Militärkonvenuon zu verhandeln, iſt unrichtig. Der Feldmarſchall
befindet ſich in Falkenwalde bei Stettin.
Wie aus Mainz gemeldet wird, haben die Franzoſen den
Bahn=
hof von Sayn auf dem rechten Rheinufer beſetzt.
Die franzöſiſche Kommuniſtiſche Partei hat zu
Gunſten der Familien der Opfer von Eſſen eine
Samm=
lung eröffnet.
Loucheur, iſt am Freitag um 9.40 Uhr in Paris
einge=
troffen. Er gab eine Erklärung ab, in der er wiederholie, daß ſein
Beſuch einen privaten Charakter getragen und nur dem Zweck gedient
habe, die Gefühle der engliſchen Polſtik für Frankreich feſtzuſtellen.
Ein großer Teil des Städtchens Hemnes bei
Ranen=
fiord iſt heute nacht niedergebrannt. Menſchen ſind nicht
um=
gekommen.
Doſlarkurs in Frankfurt am 7. April,
abends ½7 Uhr: 21100.
Loucheur erſtattet Poincarg Bericht.
Das Echo der London=Reiſe Loucheurs in England und Frankreich.
Paris, 7. April. (Wolff.) Loucheur iſt heute von
Poin=
caré empfangen worden. Der Pariſer Preſſe erklärte er im
Laufe des Tages, er ſei ohne irgendeine Miſſion ſeitens der
Re=
gierung nach England gegangen, habe aber vor ſeiner Abreiſe
mit Poincaré darüber geſprochen, daß er mit gewiſſen
Mitglie=
dern der engliſchen Regierung zuſammenzukommen beabſichtige,
von denen einige mit ihm ſeit langen Jahren befreundet ſeien.
In ſeinen Beſprechungen mit ihnen habe er feſiſtellen können,
daß die engliſche öffentliche Meinung beginne, die Lage in
Frankreich beſſer zu begreifen. Er ſei überzeugt, daß eine
Ver=
ſtändigung möglich ſei, die den berechtigten Intereſſen
Frank=
reichs und ſeiner Alliierten in der Reparations= und
Sicherheits=
frage in keiner Weiſe Abbruch tun würde. Ueber dieſen
per=
ſönlichen Eindruck habe er Poincaré heute vormittag Bericht
erſtattet. Es ſcheine jeder in England zu begreifen, daß
Frank=
reich und Belgien in aller Form entſchloſſen ſeien, die von ihnen
unternommene Operation bis zu Ende durchzuführen, und er
hoffe, daß es gelungen ſei, gewiſſe in England herrſchende
Vor=
urteile gegen die Pläne Frankreichs und ſeiner führenden
Per=
ſönlichkeiten zu zerſtreuen.
Die engliſihe Preſſe zu Loucheurs Plan.
London, 7. April. (Wolff.) „Daily Chronicle ſchreibt
zu Loucheurs Plan, der weitaus beſte
Repara=
tionsplan ſei der der letzten Pariſer Konferenz unterbreitete
britiſche Plan geweſen. Einen beſſeren Ausgangspunkt für
die Erörterung der Reparationsfrage als dieſen Plan gebe es
nicht. Was die anſcheinend von Loucheur vorgeſchlagene
Rhein=
republik unter der Kontrolle des Völkerbundes betreffe, ſo
müſſe eine derartige entmilitariſierte Zone einen integralen
Teil des Deutſchen Reiches bilden und ihrer Schaffung
müſſedie Räumung durchdie Alliierten
vorauf=
gehen. Sie müſſe die freiwillige, nicht erzwungene
Zu=
ſtimmung Deutſchlands erhalten und von Deutſchland
als in ſeinem eigenen Intereſſe liegend anerkannt und nicht
nur als Strafmaßnahme angenommen werden. So
un=
beſtimmt und unbefriedigend auch Loucheurs Vorſchläge ſeien,
ſo ſei es doch ein gutes Zeichen, daß die rationelle Erörterung
dieſer Probleme wieder begonnen habe, Loucheur ſei zwar
kein Mitglied der franzöſiſchen Regierung, aber er ſei nichtnach
London gekommen ohne Wiſſen Poincarés und
ohne vorherige Beratung mit ihm. Er ſei ſozuſagen in offiziöſer
Miſſion nach London gekommen. Es fei zu hoffen, daß die
bri=
tiſche Regierung in der Lage war, ihm mit eigenen konſtruktiven
Ideen zu helfen. Daß eine der beiden Parteien der anderen
ihre Pläne aufzwinge, komme nicht mehr in Frage. Es ſei auf
ſeden Fall zu hoffen, daß Poincargs Bekehrung ſoweit
fortgeſchritten ſei. Wenn dies der Fall ſei, ſo werde die Nation,
die den beſten, humanſten und praktiſchſten Plan habe, gute
Ausſicht auf Erfolg haben. Dieſe Nation müſſe England ſein.
Die Weſtminſter Gazette tritt dafür ein, daß nicht
allzuviel Aufhebens von Loucheurs Beſuch in England gemacht
werde. Die britiſche Regierung könne in keinem Sinne mit einem
nicht offiziellen franzöſiſchen Politiker verhandeln, noch weniger
mit einem Politiker, der in ſeinem eigenen Lande als Kandidat
für den Poſten des augenblicklichen Miniſterpräſidenten
ange=
ſehen werde. Außerdem könne Großbritannien nur in
vollſtändiger Harmonie mit Frankreich handeln,
wenn die von Deutſchland geforderte Summe in
Uebereinſtim=
mung mit einer wiſſenſchaftlichen praktiſchen Schätzung der
deut=
ſchen Zahlungsfähigkeit feſtgeſetzt werd=, und wenn keine An=
nexiondeutſchen Gebietes am Rhein, unter welcher
Formel ſich eine derartige Annexionspolitik auch zu verhüllen
trachte, in Frage komme. Die Sicherheit Frankreichs
müßte in der Hauptſache abhängen von der Pflege guter
Beziehungen zu Deutſchland.
Daily News ſchreibt, die Hoffnung auf irgendeine
bal=
dige Regelung hänge von dem Wechſel in den Methoden, wenn
nicht in der Politik der franzöſiſchen Regierung
ab. Dem Beſuche Loucheurs dürfe keine übertriebene
Bedeutung beigemeſſen werden. Er ermutige jedoch zu der
Hoffnung, daß wenigſtens eine endgültige Erklärung über die
Art der Regelung, die die Franzoſen bereit ſein würden
anzu=
nehmen, bald erfolgen werde.
Der diplomatiſche Berichterſtatter der Daily News ſchreibt
zu dem Beſuch Loucheurs, nichts ſei geſagt worden, was
irgend=
eine Partei binde, aber es ſei natürlich klar, daß, wenn
näffeober einen lelcen Blen gile hne Dderob
er ſehen wolle, wie ſein politiſcher Rivale und
möglicher Nachfolger mit dieſem Plan in
Oppo=
ſition zur Regierungspolitik trete. Was die
Ein=
zelheiten des Planes von Loucheur betreffe, ſo würde es
über=
eilt ſein, irgend etwas Endgültiges zu ſagen.
Franzöſiſche Preſſeſtimmen.
FU. Paris, 7. April. Die Pariſer Preſſe fährt fort, ſich
in ihrer heutigen Ausgabe mit der Reiſe Loucheurs zu
beſchäf=
tigen. Wie Pet.t Pariſien mitteilt, hat Loucheur vor
Antritt ſeiner Reiſe mehrere Begegnungen mit
Poin=
caré gehabt, in deren Verlauf die politiſche Lage genau
ge=
prüft wurde. Im Verlauf ſeiner Unterredungen mit engliſchen
Staatsmännern ſoll Loucheur den franzöſiſchen Standpunkt in
der Reparationsfrage genau umſchrieben haben. Er habe
gleich=
zeitig die Gelegenheit wahrgenommen, um den engliſchen
Stand=
punkt in derſelben Frage genauer kennen zu lernen. Bei ſeiner
Rückkehr nach Paris erklärte er von neuem, daß ihm nur an der
Erforſchung der Meinung der engliſchen politiſchen und
finan=
ziellen Seiten gelegen habe. Petit Pariſien fügt hinzu, es iſt
ge=
wiß, daß die franzöſiſche Regierung ſich durch Loucheur genaue
Auskunft verſchaffen könnte. Man könne zu einem
Uebereinkom=
men gelangen. Demnach könne von einer tiefergehenden
Mei=
nungsverſchiedenheit zwiſchen dem franzöſiſchen
Miniſterpräſi=
denten und Loucheur kaum die Rede ſein. Man vergleiche damit
die Meldung, welche der Eclair aus London erfahren haben will,
daß dort Neigung beſtanden habe, in Loucheur den künftigen
franzöſiſchen Miniſterpräſidenten zu erblicken. Einige Londoner
Blätter wagten ſogar die Behauptung, daß Poincarés Politik
völlig geſcheitert ſei und er ſelbſt Einſicht genug beſäße, um einem
Manne, wie Loucheur, Platz zu machen. Andere gingen nicht ſo
weit und glaubten, daß Poincaré zum mindeſten zu einer
Um=
geſtaltung ſeines Kabinetts gezwungen ſein würde, und daß er
nicht anſtehen werde, ſich an Loucheur zu wenden.
Der Matin wirft die Frage auf, ob nicht in der Haltung
Englands zur Ruhrfrage eine Aenderung eintreten werde.
Viel=
leicht könnten jetzt die Verhandlungen zwiſchen
Lon=
don und Paris auf einer für Frankreich durchaus
annehm=
baren Baſis wieder aufgenommen werden. Sie würden das
freudige Ergebnis haben, daß die Alliierten ſich in
einem Augenblicke einig würden, wo
Deutſch=
land diskutierbare Vorſchläge zu unterbreiten
gezwungen würde. Das ſei ſehr wohl möglich, und es ſei
durchaus unwahrſcheinlich, daß England, ſolange es das
Kabi=
nett Bonar Law beſäße, eine für Frankreich ungünſtige
Ver=
mittelung übernehmen würde,
Die Woche.
Dreizehn wertvolle deutſche Menſchenleben hat wieder
ein=
mal verbrecheriſcher Wahnſinn gefordert. Mit Maſchinengewehren
hat man in Eſſen in die Kruppſchen Arbeiter hineingeſchoſſen,
ohne einen anderen Grund dafür zu haben als ſchlotternde Angſt.
Der General Degoutte hat den Offizier, der den
verhängnis=
vollen Befehl zum Feuern gab, zu ſich befohlen, und dieſer wird
vielleicht ſchon eine Belobigung für ſein „energiſches Auftreten”
erhalten haben. „Anſchläge aller Art”, ſo lautet ein neuer Erlaß
des Generals, „ſind auf die Beſatzung verübt worden. Dieſe
Anſchläge ſind die offenkundige Folge der nationaliſtiſchen
Propaganda. Sie wird öffenkundig unterſtützt von der deutſchen
Negierung, die die Verantwortung dafür trägt. Wenn ſich ſoiche
Anſchläge wiederholen ſollten, wäre der Oberkommandierende der
Truppen gezwungen, ſtrenge Unterdrückungsmaßnahmen zu
er=
greifen, und die Bevölkerung läuft Gefahr, mit den Urhebern
dieſer Anſchläge ſolidariſch erklärt zu werden.” Wenn es nicht
ſo bitter tragiſch wäre, wäre es zum Lachen. Wer kennt nicht
die alte Fabel vom Wolf und dem Lamm! Wenn wirklich
ein=
mal einer der Weſtfalen und Rheinländer nicht gewillt war, die
Quälereien zu ertragen, die ihm von Offizieren und Soldaten
zugedacht waren, und wenn er ſich dann mit ſeinen Pein gern
handgreiflich auseinanderſetzte, ſo ſind das „Anſchläge” auf die
Beſatzung! Und wenn die franzöſiſche Propaganda ihre Tätigkeit
verzehnfachen würde, ſo würde ſie doch nicht imſtande ſein, die
Pahrheit über die Ungeheuerlichkeiten, die täglich an Ruhr und
Rhein paſſieren, zu verſchleiern.
Planmäßig arbeitet man daran, die deutſche Abwehrfront
zu zermürben, und die beſetzten Gebiete werden mit Flugblättern
überſchwemmi welche den törichten Verſuch machen, die deutſche
Arbeiterſchaft gegen ihre Arbeitgeber aufzuhetzen. Eines dieſer
Lächerlichkeit tötete, ſo würde keiner dieſer Flugblattautoren
meh= am Leben ſein.
Daß die Ruhraktion nicht zu dem von Frankreich erhofften
Erfolge führen wird, dürfte mittlerweile auch an den leitenden
franzöſiſchen Stellen eingeſehen worden ſein, und man iſt daher
eiſrig am Werke, politiſch den Boden zu bearbeiten für eine
„Löſung”, welche, der angelſächſiſchen Mentalität Rechnung
tra=
gend, die franzöſiſche Rheinlandpolitik trotzdem ihren erſehnfen
Zielen näher bringt, und es iſt notwendig, daß man ſich in
Deutſchland über die Gefährlichkeit dieſer Manipulationen klar
wird. Von oſfizieller franzöſiſcher Seite hält man
ſelbſtverſtänd=
lih auch weiterhin noch an der alten Verſion feſt, und anläßlich
eines Feſteſſens in Marſeille hielt der franzöſiſche Kriegsminiſter
Maginot eine der üblichen Reden. „Wir ſind in das Ruhrgebiet
deshalb einmarſchiert, um uns bezahlt zu machen und uns in
den zeitweiligen Beſitz von Pfändern zu bringen, die unſere
Forderungen ſicherſtellen. Wir wiſſen heute, daß, wenn wir nicht
einmarſchiert wären, Deutſchland verſucht hätte, ein Moratorium
ron mehreren Jahren zu bekommen, und daß es nach Ablauf
dieſer Friſt bis an die Zähne bewaffnet (2) erklärt hätte: Ihr
teollt Geld haben? Kommt und holt es Euch! Um dies zu
ver=
meiden, ſind wir ins Ruhrgebiet einmarſchiert. Wir haben in
Brüſſel erklart daß wir das Ruhrgebiet nach Maßgabe der
ein=
gehenden deutſchen Zahlungen räumen werden. Demnach iſt es
al'o Deutſchlands Intereſſe, zu zahlen. Wir ſind eine Nation,
für die Wort und Verträge noch Geltung haben. (!) Es iſt
dem=
nach vollſtändig irrig, Frankreich des imperialiſtiſchen und des
annexioniſtiſchen Geiſtes zu beſchuldigen.” (!!!) — „Zur
Er=
reichung unſeres Zieles gibt es nur ein Mittel, wir müſſen den
einen Teil des Problems, den Teil, der gefaßt werden kaun,
ternichten. Da Rußland nicht gefaßt werden kann, kann es nur
das unitaeiſche Deutſchland, der deutſche Staat, ſein.‟ Dieſe
Ausführungen von Herrn Charles Maurras in der „Action
francaiſe” ſtimmen allerdings nicht ganz zu den Schalmeien des
Herrn Maginot, und im „Eclair” beſchäftigt ſich Herr Magallazt
mit der Bildung eines rheiniſchen „Pufferſtaates”:
„Einfach und zugleich herrlich iſt jedoch die Idee dieſes neuen
aus der großen Kataſtrophe geborenen Staates. Er wäre Damm=
und Wall der Ziviliſation und der Hauptſtützpunkt Europas,
deſſen tauſendjährige Kriege dem Rheinlande die Rolle des
Friedensſtifters zuweiſen. Die Idee hat in allen Köpfen
Cin=
gang gefunden. Jedermann hält ſie für gerecht. Wir ſelbſt haben
an dieſer Stelle vor einigen Monaten die Bildung einer Partei
der öffentlichen Wohlfahrt verlangt mit dem klaren Programm.
Einmarſch in das Ruhrgebiet und Unabhängigkeit des
Rhein=
landes. Nur die Sozialiſten und mit ihnen der Block der Linten
ſind Gegner der Idee.”
Eine Rheinlandfrage gibt es nicht. Das Rheinland iſt
deutſch und wird deutſch bleiben. Man darf aber nicht überſehen,
daß die franzöſiſche Propaganda an der Arbeit iſt, eine „
Rhein=
landfrage” aufzuwerfen, die „gelöſt” werden ſoll. Daß
franzö=
ſiſcher Wühlarbeit in dieſer Beziehung leider keineswegs jeder
Erſolg verſagt geblieben iſt, beweiſt der letzthin von Lord Cecil
gemachte Vorſchlag, das Rheinland nach dem Muſter des
Saar=
gebietes unter das Regime des Völkerbundes zu ſtellen. Was
das heißt, wiſſen wir nur zu gut. Die Verhältniſſe im
Saar=
gebiet, wo die Franzoſen unumſchränkt herrſchen, beweiſen das
tagtäglich. Das Gefährliche aber an dieſem Plane iſt, daß er
mit der Völkerbundspſychoſe weiter engliſcher Kreiſe rechnet und
daher trotz ſcheinbarer Ablehnung den Franzoſen ganz geeignet
erſcheint, nichr etwa die „etappenweiſe Räumung” der
wider=
rechtlich beſetzten Gebiete anzubahnen, ſondern vielmehr die
etappenweiſe Verwirklichung ihres Planes, die Rheinlandfrage
in ihre Gewalt zu bringen. Wir haben an dieſer Stelle ſchon
mehrfach ausgeführt, daß England eine möglichſt ſchleunige
Li=
quidierung der Ruhraktion begrüßen würde, und daß es ihm
nicht darauf ankommt, dieſe Liquidierung gegebenenfalls auf
Koſten Deutſchlands herbeiführen zu halfen, wenn ſie nur den
Intereſſen Englands Rechnung trägt. Auf der anderen Seite
wird man ſich aber in England vielleicht doch ſagen, daß man
Frieden in Europa braucht, und daß jede, auch verſchleierte
Annexion der Rheinlande die Verewigung des Kriegszuſtandes
bedeuten würde. „Poincaré, Gest 1a guerre,” ſo ſagte man bor
dem Weltkrieg. Auch heute noch trifft dieſer Satz voll zu.
Im Oſten hat Polen zu „Uebungszwecken” eine ganze Reihe
von Jahrgängen mobiliſiert, und es iſt verſtändlich, daß man in
Moskau der weiteren Entwicklung ſchärfſte Aufmerkſamkeit
ſchenkt. „Die Hauptkräfte Polens”, ſo ſchreibt Radek in der
Moskauer „Prawda”, „werden an der ruſſiſchen Grenze kon=
Seite 2.
zentriert, und Rußland kann ſi ziiermehr damit beruhigen,
daß Polen die Mobiliſation einer großen Maſſe ſeiner Bürger
als Demonſtration gegen Deutſchland auslegt.”
Die Polen, ſo wird in dem Auffatz weiterhin ausgeführt, hätten
zwar zur Rettung aus der kataſtrophalen Finanzlage Wladnslat
Grabsli zum Finanzminiſter, zur gleichen Zeit aber deſſen
Ar=
beit durch die „Uebungsmobiliſation” unmöglich gemacht. Solche
Opfer würden nicht gebracht zu Uebungs= und
Demonſtrations=
zwecken, und auch Frankreich habe gewiß nur aus ernſteſten
Ab=
ſichten heraus Polen kürzlich eine Anleihe von 400 Millionen
Franken gewährt. Der Ton im diplomatiſchen Verkehr zwiſchen
Warſchau und Moskau wird von Tag zu Tag gereizter und
nähert ſich bereits der Sprache Poincarés Deutſchland
gegen=
über. In allen Hauptſtädten der vielen öſtlichen
Staatenneugrün=
dungen aber iſt Frankreich eifrig an der Arbeit, um ſeine
Tra=
banten bei der Stange zu halten. „Schließt die Reihen,” ſo
führte Herr Beneſch, der Pxemierminiſter der Tſchechoſlowakei
und Frankreichs treuer Vaſall, letzthin in einer Unterredung mit
dem Berichterſtatter des „Matin” aus. Die Friedensverträge
von 1919 ſeien gefährdet. Der gegenwärtige Zuſtand ſei
aller=
dings nicht ideal zu nennen, bedeute aber gleichlvohl einen
Fort=
ſchritt der Vergangenheit gegenüber, und zum Schutze der
Frie=
densverträge ſei daher in erſter Linie eine Zuſammenarbeit der
Kleinen Entente mit Frankreich notwendig. Seit Genua ſei ein
Einvernehmen der Kleinen Entente mit Polen hergeſtellt,
wel=
ches durch ein freundſchaftliches Verhältnis zwiſchen Polen und
Rußland ergänzt werden müßte. Ob allerdings dieſes Ziel des
franzöſiſchen Einkreiſungswerkes in abſehbarer Zeit möglich
ſein wird, muß doch einigermaßen fraglich erſcheinen.
Alle Pläne aber, die man an der Seine geſchmiedet, werden
ſcheitern, ſo lange das deutſche Volk wie bisher in dieſen letzten
Monaten einig zuſammenſteht in geſchloſſener Abwehr. Keine
wirtſchaftliche Schwierigkeit, kein parteipolitiſcher
Doktrinaris=
unus darf dieſe Einigkeit ſtören. Vom lebendigen
Verantwor=
tungsgefühl jedes Einzelnen hängt das Schickſal des deutſchen
Volkes ab. Die Weltgeſchichte iſt das Weltgericht.
MI.
Deutſchland ſoll antworten.
EU. London, 7. April. Trotz des unmittelbar drohenden
Rieſenſtreiks von einer halben Million Bau= und Bahnarbeitern
bleibt die engliſche Preſſe ausſchließlich mit Loucheurs Befuch
in London beſchäftigt. Die halbamtliche Schlußmeinung über
dieſen Beſuch geht dahin, daß man ſich über die Möglichkeit und
Bedingungen einer Wiederannäherung zwiſchen den engliſchen
und franzöſiſchen Anſichten in der Reparationsfrage klarer
ge=
worden iſt. Die liberale Preſſe betont, in England betrachte man
Loucheurs Pläne als eine Erörterungsgrundlage. Das bedeute
aber noch nicht, daß England die Durchführung aller dieſer Pläne
billigen oder unterſtützen werde. Man könne und dürfe
Deutſch=
land nicht zwingen, „Sicherungsbedingungen” wie die Rhein=
Saar=Republik und Verminderung der deutſchen Gebietshoheit,
anzunehmen. Das würde nur neue Verbitterung ſchaffen, die
wieder jede Sicherheit illuſoriſch machen würde. Der Daily
Tele=
graph ſchreibt, die deutſchen Einwände gegen die Pläne
Lou=
cheurs ſeien nicht unſtichhaltig, aber es ſei nun an der deutſchen
Regierung, die begonnene Unterhaltung weiterzuführen und
ge=
nau zu ſagen, was ſie in Loucheurs Vorſchlägen für diskutabel
halte, was nicht und was ſie ſelbſt vorzuſchlagen habe,
Das Kampfziel der Ruhrgewerkſchaften.
TU. Dortmund, 7. April. (Lokalanz.) In Dortmund fand
geſtern eine Konferenz der freien Gewerkſchaften
des Einbruchsgebiets ſtatt. Es wurde einſtimmig eine
Ent=
ſchließung angenommen, in der es heißt, daß der
Ein=
bruch des franzöſiſch=belgiſchen Militarismus im Ruhrgebiet
mit allen zur Verfügung ſtehenden Mitteln des
paſſiven Widerſtandes abgewehrt werden müſſe. Die
Räu=
mung des Ruhrgebiets müſſe im Vordergrund aller
Verhandlungen ſtehen und als erſtes Ziel erreicht werden.
Zu den Vorgängen bei Krupp wurde ebenfalls eine Entſchließung
angenommen. Dieſe neue Gewalttat werde die Arbeiterſchaft
in ihrem Widerſtand gegen die franzöſiſch=belgiſche, Machtpolitik
nur beſtärken.
Das Wormſer Telegraphenamt beſetzt.
Darmſtadt, 7. April. (Wolff.) Das Telegraphenamt in
Worms iſt von den Franzoſen beſetzt worden, weil die
Be=
amten ſich weigerten, Verbindungen mit der militariſierten
Tele=
graphenverwaltung in Mainz herzuſtellen.
Verboten.
Griesheim, 7. April. Der Neue Griesheimer Anzeiger,
der vor Oſtern auf 10 Tage verboten war, iſt nach zweimaligem
Erſcheinen wiederum ohne Angabe von Gründen auf 8 Tage
verboten worden.
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. — Samstag, den 7. April.
Der Waffenſchmied.
Komiſche Oper von A. Lortzing.
Mit dieſem Werk iſt die Reihe der vier volkstümlichen Opern
Lortzings geſchloſſen, die in dieſer Spielzeit alle zur Aufführung
kauen. Denn „Undine” fällt aus dem Rahmen und darf ja
wohl auch als mißglückt angeſehen werden.
Der „Waffenſchmied” iſt der Zeit nach die letzte, dem Stoff
nach die ſchwächſte, in der Komik die abgeblaßteſte dieſer vier.
Sein Schema iſt das bekannte zugkräftige, ſeine Lieder und
Couplets ſind in aller Mund. Wirkungsvoll gemachte Enſembles
beleben, flott gezeichnete Charakterfiguren feſſeln, der Einſchlag
ins Sentimentale fehlt nicht, die Herzen werden gerührt, manche
lächeln.
Lortzing in Ehren! Er hat ſeine beſtimmte Bedeutung, iſt
ein ganzer Kerl und ein Original. Nur nicht zu oft bringt ihn
uns, und nicht mit allen ſeinen Werken! Es wäre ſchade, wenn
man ihr einmal überdrüſſig würde.
Mit der Spieloper iſt’s bei uns gut beſtellt. Alle Kräfte
ſtehen darin feſt und haben perſönliche Noten.
Die Titelrolle fand in Herrn Hölzlin einen Sänger und
Schauſpieler vornehmſter Art, während Herr Heuſer ſich mit
der farbloſen, undankbaren Rolle des Grafen ſo gut wie möglich
abfand. Hertha Greeff war eine reizende, wenn auch etwas
leidenſchaftsloſe Marie, und Martha Liebel gab der
Irmen=
traut den nötigen ſtarken Auftrag. Hans Siegfried als
Georg lebhaft, launig und glänzend bei Stimme, Paul
Peter=
ſen ein ſcharf ausgeprägter Brenner. Den Vogel aber ſchoß
Heinrich Kuhn mit ſeinem köſtlichen Ritter aus Schwaben ab,
den ihm in Maske, Eigenheit der Bewegungen und Sprache der
beſte Komiker ſo leicht nicht nachmacht.
Troß vieler guter Einzelleiſtungen war die von Walter
Beck geleitete Vorſtellung gleichwohl etwas matt und gewann
eigentlich nur in den Liedern und Couplets friſcheres Leben, die
zum Teil wiederholt werden mußten.
Das Werk fand ein ſehr dankbares Publikum, das am Schluß
v. HI.
mehrere Darſteller mit Blumen reich beſchenkte.
Bühne und die neue Zeit
von Edwin Redslob.
— Sichtbare Darſtellung der Lebensenergien iſt das Gebiet der
unſt. Sie bringt den erſten Ausblick in die Lande der Zukunft. Und
elten hat dieſe feine Magnetnadel ſo lebhaft reagiert wie in unſerer
ten,
ge=
degenwart. Einzelleiſtung, ohne Einſtellung auf das
reben zur Vereinheitlia
nügt ihr nicht mehr. —
ſſung aber
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, deit 8. April 1923.
Folgendes Schreiben iſt durch einen Zufall in deutſche Hände
geraten:
Teerprodukte=Fabrik
vorm. Seck u. Dr. Alt, G. m. b. H.
Biebrich a. Rhein, den 27. 3. 23.
. Bahnſendungen nach Schierſtein a. Rhein.
Monsieur le Président
de la commission des chemins de fer
Mayence.
Monsieur le Président!
On vient de vous informar, due notre voiture cysterne
Mayence Nr. 578 391, aui se tnouvait sur notre rail à la station
de Schierstein, a Eté amenee v a quelgues jours. La voiture eté
remplie de Thuile de goudron dont nous avons besoin pour
effecture une livraison urgent pour la Belgique, Les deux
voitures belges, gui sont destinees pour cette livraison se
trou-
vaient dejä depuis queldues jours à la station de Schierstein,
Nous vous prions, Monsieur le Président, de vient vouloir
feire faire le demarches necessatres pour nous vemettre en
possession de notre voiture Mayence Nr. 578;391.
En vous remerciant en davance, nous vous presentons
Tassurance de notre parfaite considération.
Teerprodukte-Fabrik
vorm, Seck & Dr. Alt, G. m. b, H.
gez. Unterschrift.
Herr Präſident!
Man hat Sie ſoeben darüber unterrichtet, daß unſer
Tank=
wagen Mainz Nr. 578391, der ſich auf unſerem Anſchlußgeleis
der Station Schierſtein befand, vor einigen Tagen fortgebracht
worden iſt. Der Wagen war mit Teeröl gefüllt, das wir für die
Ausführung einer dringenden Lieferung nach Belgien benötigen.
Die zwei belgiſchen Wagen, die für dieſe Lieferung beſtimmt
ſind, befinden ſich ſchon, ſeit einigen Tagen auf der Station
Schierſtein.
Wir bitten Sie, Herr Präſident, die nötigen Schritte zu
ber=
anlaſſen, um uns wieder in den Beſitz unſeres Wagens Mainz
Nr. 578 391 zu ſetzen.
Indem wir Ihnen im voraus danken, verſichern wir Sie
unſerer vorzüglichen Hochachtung.
Man wird ſich den Namen dieſer famoſen Firma merken
müſſen. Mit Deutſchen wird ſie in Zukunft wohl kaum noch
Ge=
legenheit haben, Geſchäfte zu machen.
Mit Erſchießen bedroht.
Ludwigshafen, 7. April. Aus Kaiſerslautern wird
ge=
meldet, daß gelegentlich der Auszahlung rückſtändiger
Gehalts=
anteile ein nach der Beſetzung verhafteter Beamter von den
Franzoſen ſchwer mißhandelt, beſchimpft und
mit Erſchießen bedroht worden war, wenn er nicht
an=
gebe, woher er die Geldmittel habe.
Der Belagerungszuſtand über Lünen.
Lünen, 7. April. (Wolff.) In Lünen wurde wegen
an=
geblicher Zerſtörung franzöſiſcher Fernſprechleitungen der
Be=
lagerungszuſtand verhängt.
Orakoniſche Strafen.
Bonn, 7. April. (Wolff.) Das Kriegsgericht in Bonn
ber=
handelte gegen einige Poſtbeamte und verhängte folgende
dra=
koniſche Strafen: Der Präſident der Oberpoſtdirektion in
Koblenz, Franz, erhielt 5 Jahre Gefängnis und 5
Millionen Mark Geldſtrafe, der Telegraphendirektor
Moſeler=Koblenz 4 Jahre Gefängnis und 5
Mil=
lionen Mark Geldſtrafe, Poſtmeiſter Garke aus
Flam=
merfeld 3 Jahre Gefängnis und 5 Millionen Mark
Geldſtrafe Poſtamtmann Landmann aus Siegburg
5 Jahre Gefängnis und 5 Millionen Mark
Geld=
ſtrafe.
Belgiſche Angſi.
Emmerich, 7. April. (Wolff.) Der belgiſche
Komman=
dant von Emmerich hat ohne jede Veranlaſſung einen Be
fehl erlaſſen, daß es auf den Straßen des beſetzten Gebiets von
Emmerich verboten ſei, die Hände in den Taſchen
zutragen. Etwa 15 Straßenpaſſanten, darunter eine Anzahl
niederländiſcher Staatsangehöriger, wurden wegen
Nichtbeach=
tung der Anordnung verhaftet und über Nacht in einem engen
Raum ohne Sitzgelegenheit feſtgehalten.
Rültitter 96.
Berlin, 7. April. (Wolff.) Trotzdem euch die
Nepara=
tionskommiſſion begutachtet hat, daß die Reichsbank ein
Privat=
inſtitut ſei, wurde wiederum Reichsbankgeld von den
Franzoſen beſchlagnahmt. Im ganzen wurden wie
wir zuſtändigerſeits erfahren, bis jetzt etwas über 27
Mil=
liarden Reichsbankgeld weggenommen. In der vorigen Woche
wurden in Höchſt 9 004 450 000 Mark beſchlagnahmt
und feſtgehalten, welche von der Reichsbankſtelle in Frankfurt
am Main an diejenige in Wiesbaden mit einem Automobil
ge=
ſandt wurden, trotzdem die Reichsbankſtelle in Wiesbaden das
Verſprechen hatte, daß die Transporte unbehelligt bleiben
ſoll=
ten. Die Gelder wurden am 28. März beſchlagnahmt. General
Degoutte hat nach Rückſprache mit Poincaré am 3. April
mit=
geteilt, das Geld ſei im Schatze Belgiens und
Frank=
reichs niedergelegt worden.
Worms, 7. April. Auf der Rheinbrücke bei Worms
wur=
den aus einem Auto drei Milliarden Mark von den
Franzoſen weggenommen, die der Reichsbank gehörten und nach
Worms gebracht werden ſollten.
Mülheim, 7. April. (Wolff.) In der Buchdruckerei von
Ernſt Marks ſind die von den Franzoſen beſchlagnahmten
einein=
halb Milliarden Papiermark ſowie die Druckplatten und das
nötige Papier wieder freigegeben worden. Die Franzoſen
er=
klärten, daß die Beſchlagnahme irrtümlich erfolgt ſei.
Der Prozeß gegen die Kruppdirektoren.
Eſſen 7. April. Der Prozeß gegen die Kruppdirektoren
findet im Lauſe der nächſten Woche vor dem Kriegsgericht in
Werden ſtatt. Die Franzoſen wollen warten, bis die
Hauptzeu=
gen der blutigen Vorfälle auf dem Kruppwerk, die Mitglieder
des Kruppſchen Betriebsrates, die geſtern und vorgeſtern in
Ber=
lin waren, zurückgekehrt ſind.
Die Militärherrſchaft im Saargebiei.
Saarbrücken, 7. April. Das franzöſiſche Militär, das
in der letzten Zeit ſtärker und herausfordernder auftritt, fängt
an, nervös zu werden. Trotz der Zuſicherung ſeitens der
Re=
gierungskommiſſion, daß keine Aenderung der zu Streikbeginn
herausgegebenen Verordnungen eingetreten ſei, werden die
ſtrei=
kenden Bergarbeiter von dem Militär von den Straßen
ver=
trieben. Aber nicht nur das, auch Frauen und Kinder, kurzum
ſämtliche Paſſanten, auch Kirchgänger, werden in die Häuſer
zurückgejagt. Das Militär hinderte ſogar die Bevölkerung, an
einem Leichenbegängnis teilzunehmen. In Riegelsberg wurden
ſämtliche auf der Straße befindlichen Perſonen von dem Militär
in die Kirche getrieben. Man verſuchte dort, einen Bergmann
an ein Pferd zu binden. Auch aus allen vom Streik betroffenen
Orten berichten die Vertrauensleute übereinſtimmend über
ſchlimmſte Drangſalierungen.
Das internationale Arbeitsamt hat es abgelehnt, dem
Er=
ſuchen der politiſchen Parteien des Saargebietes um
Vermitt=
lung im Bergarbeiterſtreik ſtattzugeben. Albert Thomas als
Vorſitzender des Arbeitsamtes will, wie er in ſeinem Schreiben
betont, keine Vermittlungsmöglichkeit ſehen, ſo lange nicht die
Regierungskommiſſion um eine Intervention erſuche und bevor
nicht der franzöſiſche Staat als der Eigentümer der Bergwerke
ſeine Zuſtimmung zu einem Schritt des internationalen
Ar=
beitsamtes gegeben habe. Die Antwort iſt bezeichnend für die
Haltung des „internationalen” Arbeitsamtes. Wie im
Völker=
bund, ſo herrſcht auch im internationalen Arbeitsamt der
fran=
zöſiſche Einfluß vor, wofür das Schreiben ein erneuter Beſveis iſt.
Der ſinkende Schweizer Franken.
TU. Baſel, 7. April.. Das Sinken des Schweizer Franken
beſchäftigt ſchon ſeit einiger Zeit die Oeffentlichkeit in erregtem
Maße. Während vor kurzem in der Nationalzeitung als Urſache
das übermäßige Abſtoßen ſchweizeriſcher Deviſenbeſtände durch
deutſche Unternehmungen infolge der Geldknappheit bezeichnet
wurde, gibt der Zürcher Tagesanzeiger die Verſchlechterung der
eidgenöſſiſchen Zahlungsbilanz als Urſache an. Dieſe
Verſchlech=
terung ſei zurückzuführen auf die Verluſte, welche die Betriebe
durch die fortſchreitende wirtſchaftliche Kriſe erleiden, durch die
Verluſte an Kapitalien im Ausland, die Abwanderung
auslän=
diſcher Kap; llien und das Ausbleiben des Fremdenverkehrs.
Anfang Januar 1923 ſtand der Dollar in Zürich noch 5,11, heute
notiert er 5,45; das engliſche Pfund iſt in der gleichen Periode
von 21,40 auf 25,40 geſtiegen und der holländiſche Gulden von
187,50 Franken auf 214 Franken.
die erſten Symbole einer neuen Zeit, eines neuen Lebensſtiles zu ſchaffen.
Um ihrer Möglichkeit zu anſchaulicher Zuſammenfaſſung aller
Künſte willen glauben wir heute an die Zukunft der Bühne, an ihre
ſtaat=
liche Aufgabe, an ihre menſchliche Sendung. Der Künſtler, der uns hier
Einheit der Lebensäußerungen im Gleichnis ſeiner ſtiliſtiſchen Mittel
greifbar vor Augen ſtellt, iſt uns Wegbereiter, Seher und Schöpfer, ſein
Werk, zum Weiheſpiel erhoben, erhält eine Bedeutung, die an die
Sym=
bolik alter Kulturformen denken läßt.
Es gilt alſo, uns um der Zukunft willen zu erfüllen mit Verſtändnis
für die Werte, die unſerem Verlangen nach einer neuen Einheit des
Lebensſtiles entgegenkommen.
Anzeichen ſind genugſam vorhanden. Die Zeit des Virtuoſentums
geht zu Ende. Darſteller, denen an der Kunſt in erſter Linie um der
Sättigung ihrer Eitelkeit willen gelegen iſt, können dieſen Hunger vor
dem Aufnahmeapparat des Kinematographen ſtillen und haben dann
ſo=
gar die Möglichkeit, ſich vor ſich ſelbſt wie im lebendig gewordenen
Spie=
gel zu genießen. Künſtler aber, die über die Zufälligkeit des eigenen
bißchen Ich hinaus ihre Kraft ausſtrömen wollen in die Größe erhabener
Werke, können ſolche Steigerung erleben, wenn ſie das volle Rund, die
wie vom Sternenglanz getragene Wölbung des neuen Schauſpielhauſes
um ſich und über ſich ſehen. Hingabe an die Urkraft der Sprache und
an die Geheimniſſe räumlicher Myſtik lehren ſie erfaſſen, daß höherer
Genuß als im Befriedigen der Gefallſucht in überperſönlicher Steigerung
der Kräfte liegt.
Spezialiſtentum, Virtuoſentum: das war das Merkmal des
Theater=
lebens der kapitaliſtiſchen Epoche. Wohl bekämpfte Richard Wagner die
egozentriſche Eitelkeit des Darſtellers und verlangte Unterordnung unter
das „Geſamtkunſtwerk”; wohl bereiteten Darſteller wie Kainz durch ein
auf Regie und Sachlichkeit gerichtetes Spiel der neuen Zeit die Bahn.
Aber auch Wagner dachte als Kind ſeiner Zeit egozentriſch, wenn auch
vom Standpunkt des Theaterimperators aus, und Kainz erlebte das
ihn ſelbſt anekelnde Schauſpiel, daß ein auf Spezialiſtentum eingeſtelltes
Publikum in ihm, dem hingegebenen Verkünder ſeeliſch vertiefter
Dich=
tung, nur bloß den Einzelnen, den Virtuoſen beklatſchte.
Dies Publikum freilich — unter Leſſing lernendes Kind, unter
Schil=
ler umworbene Geliebte — war zu jener Zeit von denen, die den Beruf
des Theaterſtückſchreibens betrieben, zur Dirne gemacht worden. Paris
begann dieſe Mode, Berlin ahmte ſie nach. Nicht in der Seele des
Schaffenden wurden die Geſetze des Lebens erfaßt und geſtaltet: unten
im Parkett zwiſchen den Sitzen der Kritiker und der Premierentiger
ſtudierten geriſſene Skribenten die Geſetze des Erfolges und entnahmen
daraus die treibenden Richtlinien für ihre Arbeit.
Brutalität und Sentimentalität: dahin entarteten die Gegenpole des
Lebens: männlicher Wille und weibliche Hingabe. Auf die ſchlechten
In=
ſtinkte des Publikums zu ſpekulieren, dabei aber Güte des Einzelnen als
der einzigen anſtändigen Ausnahme jedem der vielen Hörer gleichſam
privatim vorzutäuſchen: darauf kam es an.
Heute aber wiſſen wir, daß nur eines hilft: zuzugeben, daß im
Leben Kampf herrſcht von Niedrigkeit und Niedertracht, trotzdem aber
und gerade darum zu ſchaffen im Hinblick auf die großen Werte, auf die
überragenden Geſetze, die all das zerſtörende Gewirr zur Einheit formen
und über die Irdiſchkeit erheben.
Diefen neuen Glauben vorbereitend, entfernte ſich die Bühnenkunſt
immer mehr von ihrer einſeitigen Einſtellung auf Bravour und
Einzel=
leiſtung. Sie rang nach Einheit und Form, nach ſtiliſtiſcher Ruhe. Sie
überwand den Realismus, wollte nicht mehr eine Stätte der Nach=
ahmung ſein und gottloſer Kopie. Sie beſann ſich plötzlich, daß auf der
Bühne nichts zufällig iſt, daß ſchon das Wort „Bühnenbild” ein Geſetz
enthält. Sie erkannte den Stimmungswert der Farbe, die ſteigernde
Kraft des Raumes. Sie ſtellte den Bühnenkünſtler frei zwiſchen
verein=
fachte, kubiſch lebendige Form und machte ihn — der früher
zweidimen=
ſional gebunden war wie ein gepreßter Schmetterling hinter dem Glas
des Sammelkaſtens — nun gleichſam zur freien Plaſtik. Durch Kraft
der Gebärde, durch Klang der Sprache und des Geſanges vermochte er
ſich damit über menſchliche Begrenztheit zu erheben, zum Träger
küh=
nen Geſtaltungswillens zu ſteigern. Die Bühne gab Bilder,
verwirk=
lichte Träume in Linie und Farbe. Sie ſchuf Architektur und Plaſtik
und eroberte ſich die ſtilbildende Kraft des Raumes und ſeine nach
Durchdringung mit Klang verlangende geheimnisvolle Feierlichkeit. Die
Bühne beginnt — das iſt die neue Stufe dieſer Entwickelung — der Welt
des Tanzes wieder eine Stätte zu ſein. Sie erobert ſich die Rhythmit
der Bewegung, ſie ſtellt völlig neue, in ihrer herrlichen Möglichkeit heute
noch wenig Menſchen vertraute Geſetze auf, nach denen Geſtalten, Farbe
und Form, nach denen Stellung Geſte, Wechſel und Ruhe, Schweigen
und Klang eine geheimnisvolle Einheit bilden. Darin iſt nichts mehr
von entlehnender Zuſammenſtoppelung einzelner Künſte, darin iſt eine
neue Einheit, die mit aller Steigerung des Begriffes wahrhaft als
„Bühnenkunſt” bezeichnet werden kann.
Und ſeltſam: hier zeigt ſich eine völlig neue Verbindung mit der
Welt des Kino, deren rhythmiſch freie Möglichkeiten einer neuen
Ent=
wickelung entgegendrängen. „Bewegung”, das Merkmal des Stiles
un=
ſerer Zeit — denn nur Uebelwollen kann verkennen, daß unſere Zeit
ihren Stil hat, groß, beſtimmt und erfüllt von eigenem Drange —,
Be=
wegung aber bedeutet, über zeitliche Schranken erhoben, für jetzt und
immer das Zauberwort der Bühne. Wie Form nicht nur poſitiv entſteht,
ſondern auch im Gegenbild, im negativen Ausſchnitt des Ornamentes
erſcheint, ſo entſteht auch Bewegung nicht nur iſoliert und einzig durch
ſich ſelbſt. Auch der Hintergrund, auch die ewig klingende Rhythmik des
Raumes nimmt an ihr teil. Das zu begreifen, danach zu handeln, wird
die entſcheidende Aufgabe der Bühnenkunſt ſein. Bewegung verbindet,
Bewegung löſt, Bewegung wird verſtärkt oder gehemmt durch Farbe und
Form, die im Wechſelſpiel hinter und neben dem, was ſich bewegt,
auf=
blitzt und ſich verwandelt. Hier — nicht im Wunſche nach realiſtiſcher
Wiederholung einer Wirklichkeit — hier ſind die Geſetze neuer ſzeniſcher
Geſtaltung zu ſuchen. Bewegung kennt aber auch akuſtiſche Motive.
Das Aufſchlagen des Fußes beim Tanz, das metalliſche Klirren eines
Schmuckſtückes vermag eine Steigerung zu bringen, die unſere Seele
wie mit ſtraffem Bogen ſpannt. Wechſel der Schallrichtung aber,
An=
ſchwellen in der Nähe, Anklingen oder Abſchwellen in der Ferne vermag
Motive zu geben, die höchſte Kraft, geſteigerte Weihe zum Ausdruck
bringen.
Sind ſolche Erkenntniſſe, vor der Welt der Bühne gewonnen, nicht
wie ein Gleichnis für Empfindungen, die uns allen Aeußerungen des
Lebens gegenüber in ſchwingender Sehnſucht halten? Iſt nicht im Schlag
unſeres Herzens, im Arbeitsverlangen unſerer Sehnen und Muskeln,
in der inneren Kraft unſeres Hörens und Sehens ein Drang nach
Rhythmik, ein Drang nach Bewegung, damit auch unſeres Blutes
Puls=
ſchlag übergeleitet wird auf jenen großen Rhythmus, der rings der
Welt das Leben ſchafft?
Es befreit uns, am Beiſpiel der Kunſt, an den neuen Möglichkeitenf
einer Bühne des deutſchen Volkes zu erkennen, daß wir nicht nur
Trüm=
mer hinter uns haben — daß Werk und Weihe vor uns ragen,
Rumuter 96.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.
Seite 3.
Bekenntnis zum Deutſchtum.
Generalſtreik in Memel.
Meuel, 7. April. (Wolff.) Der Generalſtreik iſt
hier allgemein. Der Parole der Gewerkſchaften ſind auch
die anderen Berufs= und Erwerbsgruppen ſofort gefolgt, ſo daß
ſämtliche Geſchäfte, Bureaus und Banken
geſchloſ=
ſen haben. Als litauiſches Militär die Poſt beſetzte,
verließen ſämtliche Beamten das Peſtamt; auch das
Gas=
werk ſowie das Waſſer= und Elektrizitätswerk
kiegen ſtill. Der Stellvertreter des litauiſchen
Oberkom=
miſſars erließ auf Grund des im Memelgebiet noch beſtehenden
Ausnahmezuſtandes eine Verordnung, wonach Verſammlungen
und Umzüge auf den Straßen, ſowie Streiks in
lebenswich=
tigen Betrieben, überhaupt politiſche Streiks jeder Art
ver=
boten ſind.
Eine am Freitag abend im Schüötzenhauſe zwanglos
zuſtande=
gekommene Verſammlung von Angehörigen aller Berufs= und
Bebölkerungskreiſe ſtellte ſich geſchloſſen auf den Boden der
ge=
werkſchaftlichen Forderungen. Die Verſammelten
beton=
ten einmütigihr Deutſchtum, und das Aufgehen
Memels in Litauen wurde mit Entrüſtung
zu=
rückgewieſen. Die Autonomie ſei verſprochen worden, und
dieſe müſſe reſtlos durchgeführt werden. Eine für heute morgen
angekündigte große Verſammlung wurde nicht
geneh=
migt. Ein nach Tauſenden zählender Zug von
Verſammlungs=
teilnehmern begab ſich hierauf nach Spitzhut bei Memel. Die
ſiekengliedrige Kommiſſion, die am Donnerstag dem
litaui=
ſchen Vertreter die Forderungen der Gewerkſchaften
über=
brachte, wurde verhaftet, ebenſo der Schriftleiter der
ſozial=
demokratiſchen Nemeler Volksſtimme, namens Rührig.
Nemel, 7. April. (Wolff.) Nachdem das litauiſche Militär
das Poſtamt geräumt hat, iſt der Betrieb wieder
aufgenommen worden. Der Generalſtreik gewinnt
an Ausdehnung. Außer aus Hehdekrug wird auch aus
Kinten und Ruß der allgemeine Ausſtand gemeldet. In einer
auf dem Gute Spitzhut bei Memel abgehaltenen großen
Ver=
fammlung wurde mitgeteilt, daß eine Anzahl Mitglieder der
Verhandlungskommiſſion entgegen dem ausdrücklichen
Verſpre=
chen des litauiſchen Vertreters verhaftet twurde. Von ſämtlichen
Rednern wurden die augenblicklichen Verhältniſſe im
Memel=
gebiet aufs ſchärfſte gegeißelt. Ein von den Verhandlungen mit
Budrys zurückkehrender Gewerkſchaftsvertreter teilte mit, daß
Budrys die Freilaſſung der Verhafteten abgelehnt habe. Der
Redner forderte die Verſammlung auf, den Streik in aller Ruhe
durchzuführen und Zuſammenſtöße zu vermeiden. Er ſchloß mit
einem brauſend aufgenommenen Hoch auf das
deutſch=
ſtämmige Volk in Memel und das Volk des
Me=
melgebietes. Beim Rückmarſch der Volksmenge entſtand
an der Präfektur ein Zwiſchenfall. Das litauiſche
Mili=
tär hieb mit dem Kolben auf die Menge ein und
gab, als aus der Menge drohend Stöcke erhoben wurden,
Schreckſchüſſe ab. Das Militär erhielt aus der Kaſerne
Verſtärkung, worauf die Menge mit aufgepflanztem Bajonett von
den Straßen vertrieben wurde.
Hendekrug, 7. April. (Wolff.) Auf Beſchluß des
Heyde=
kruger Kaufmänniſchen Vereins, ſich dem Abwehrſtreik
anzu=
ſchließen, ſind ſeit heute morgen die Geſchäfte geſchloſſen.
Deutſchfeindliche Kundgebungen in Polen.
Warſchau, 7. April. (Wolff.) Zu den hier im Anſchluß
an eine Proteſtverſammlung gegen das Moskauer Urteil
ſtatt=
gefundenen Demonſtrationen iſt noch mitzuteilen, daß, nachdem
eine Menge von mehreren tauſend Perſonen vor den
Entente=
geſandtſchaften Sympathiekundgebungen veranftaltet hatten, ein
Zug durch die Straße geleitet wurde, in der ſich die deutſche
Botſchaft befindet. Hierbei wurden deutſchfeindliche
Lieder gefungen und „Nieder mit Deutſchland!”
ge=
rufen. Beſondere polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen waren nicht
feſtzuſtellen.
Die Gazetta Warſawska und das Journal de Cologne
grei=
fen den Deutſchtumbund in Polen an. Die erſtere Zeitung
be=
tont in Anknüpſüng an den bevorſtehenden Beſuch Marſchall
Fochs die Notwendigkeit, eine ſtärkere Front gegen
Deutſchland, verlängert durch die tſchechiſche
Front, zu ſchaffen. Da Deutſchland eine Hauptgefahr für
Polen bilde, ſei die Erhaltung der polniſchen Unabhängigkeit
ohne energiſche Niederhaltung des deutſchen Revanchegeiſtes
unmöglig:.
Entlarvung politiſcher Spitzel.
München, 7. April. (Wolff.) Amtlich. Die Münchener
Polizeidirektion teilt mit: Zuſammenhängend mit der
Ermor=
dung des Studenten Karl Baur aus Wismar
wur=
den die Brüder Franz und Waldemar v. Puttkamer
feſt=
genommen. Durch die bisherigen Feſtſtellungen konnte nicht
bewieſen werden, ob oder inwieweit die beiden an dem Tod
des Baur mitſchuldig ſind. Dagegen fteht einwandfrei feſt, daß
die Brüder Puttkamer ſich als Spitzel in deutſchnationale
Kreiſe eingeſchlichen haben und ſich dort weiteſtgehendes
Ver=
trauen zu erringen wußten. Das ſo gewonnene Material
ver=
werteten ſie ſeit mehreren Monaten zu umfangreichen und ins
einzelne gehenden Spitzelberichten, die nicht nur an die
linksgerichtete Preſſe, wie die Münchener Poſt, den
Ber=
liner Börſenkurier und den Vorwärts, ſondern
wahrſcheinlich auch an eine norddeutſche Regierungsſtelle
abge=
geben wurden. Für die Arbeitsweiſe dieſer politiſchen Agenten
iſt bezeichnend, daß Franz Puttkamer Karl Baur im Januar,
als dieſer ihm in den Plan zur Ermordung des
Ober=
bürgermeiſters Scheidemann Einſicht gab, zur Tat
aufmunterte und ihm zur Durchführung eine größere Summe
verſprach. Puttkamer ging ſogar ſo weit, Baur eine Piſtole zur
Ausführung der Tat in Ausſicht zu ſtellen und ihm heimliche
Beherbergung zwecks Ausibung des Mordes zuſicherte.
Markſitabiliſierung und Einkommenregelung.
TU. Berlin, 7. April. Die geſtrigen Verhandlungen im
Reichsfinanzminiſterium, die in ſpäter Nachtſtunde abgebrochen
wurden, wurden heute vormittag unter dem Vorſitz des
Mini=
ſterialdirektors von Schlieben fortgeſetzt, nachdem die
Siebe=
ner=Kommiſſion der Gewerkſchaften vorher zu einer
Sonder=
ſitzung zuſammengetreten war. Die geſtrige Verhandlung hat
eine reſtloſe Klärung der vorhandenen
Meinungsverſchieden=
heiten noch nicht gebracht, doch beſteht die begründete Ausſicht,
daß man heute zu einem alle Teile befriedigenden Ergebnis
kom=
men wird. Beſonders die Erklärung des Regierungsvertreters,
daß die Markſtützungsaktion weiter fortgeführt
werde und die Regierung ausreichende Mittel beſitze, um ihre
wirtſchaftlichen Abſichten zu erreichen, wurde von den
anweſen=
den Gewerkſchaſtsvertretern mit Genugtuung aufgenommen.
Heute dürften ſich die Verhandlungen mit rein finanziellen
Fra=
gen beſchäftigen, und man erwartet, daß, falls es zu einer
Ver=
ſtändigung zwiſchen den einzelnen gewerkſchaftlichen Richtungen
kommt, die Beſprechungen heute abgeſchloſſen werden können.
Berlin, 7. April. Geſtern nachmittag begannen im
Reichs=
ſinanzminiſterium die Verhandlungen über die Frage der
Be=
amtengehälter und der Reichsarbeiterlohne. Bei
den dieſen Verhandlungen vorausgegangenen Vorbeſprechungen
war der Vorſchlag gemacht worden, die
Vorſchnßzahlun=
gen ſtufenweiſe zurückzuzahlen. Von den
freigewerk=
ſchaftlichen Organiſationen war verlangt worden, daß die
Vor=
auszahlungen als einmalige Beihilfe betrachtet
und deshalb ganz geſtrichen werden ſollten.
Berlin, 7. April. (Wolff.) Im Reichsfinanzminiſterium
fanden geſtern und heute Beſprechungen zwiſchen Vertretern der
Regierung und der Spitzenorganiſationen der Beamten,
Ange=
ſtellten und Arbeiter über die Gehalts= und Lohnverhältniſſe
ſtatt. Die ſehr eingehenden Beftrechungen führten zu dem
Er=
gebnis, daß die Stützungsaktion der Mark unter allen
Umſtän=
den gefördert werden müfſe, weil die Erzielung von
Preisſtill=
ſtand und Preisabbau und damit eine Beſſerung des realen
Einkommiens wertvoller iſt, als jede Vermehrung des nominalen
Papiereinkommens. In Erkenntnis dieſer Tatſache wurde von
einer Teuerungsaktion in der bisherigen Art Abſtand genommen.
Durch Verwaltungsmaßnahmen ſoll dafür geſorgt werden, daß
die Beamten, Angeſtellten und Arbeiter innerhalb der ihnen
zuſtehenden Bezüge rechtzeitig in den Beſitz der entſprechenden
Geldmittel kommen. Die Verhandlungen über einen Ausgleich
an beſonders teuren Orten, namentlich des Weſtens, ſollen mit
Beſchleunigung fortgeführt und zum Schluß gebracht werden.
Perſchärfung der Reichsmiſchveroröntag.
Beſteuerung der Butterproduktion?
Berlin, 7. April. Am kommenden Montag werden im
Reichsernährungsminiſterium Beſprechungen über eine
Ver=
fchärfung der Reichsmilchverordnung ſtatt inden, an denen
Ver=
treter des Deutſchen Städtetages, der Landwirtſchaft, der
milch=
verarbeitenden Induſtzien, des Handels und der Verbraucher
teilnehmen werden. Es ſoll mit ſcharfen Mitteln gegen
die=
jenigen Milcherzeuger vorgegangen werden, die ſich ihrer Pflicht,
Friſchmilch in die Städte zu liefern, entziehen. In erſter Linie
wird ein Vorſchlag erörtert werden, der die Beſteuerung
der Butterproduktion vorſieht. Aus den einkommenden
Mitteln ſollen die Städte Zuſchüſſe zur
Milchverbil=
ligung erhalten.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 8. April.
Die wichtigſte Forderung bei der Kindererziehung.
* Wenn uns im Leben irgendwo ein liebenswürdiger,
zu=
vorkommender, höflicher Menſch mit guter Lebensart
entgegen=
tritt, dann konſtatieren wir im ſtillen bei uns, angenehm berührt
durch ſein anſprechendes Weſen: er hat eine gute Kinderſtube
genoſſen. Wir ſtellen uns dabei eine harmoniſche Häuslichkeit
mit echt deutſchem Familienleben vor, einen korrekten Vater,
eine feingebildete, ſtillwaltende Mutter, und dieſe Vorſtellung
macht uns ihm noch geneigter, als wir es ohnedies ſchon durch
ſein Weſen wurden. Ein anderer verletzt uns durch das Fehlen
geſellſchaftlicher Formen, Sitten und Bräuche, verrät im Geſpräch
mit uns ſein ungezügeltes Temperament, und unſer Urteil über
ihn iſt ebenſo raſch fertig: ihm wurde keine gute Kinderſtube
zuteil.
Sehr richtig ſagt der „Elternbeirat” (Kaſſel): „Der Begriff
guter Kinderſtube bedeutet: Erziehung zur Sachlichkeit und
Feſſe=
lung niedriger Inſtinkte und Leidenſchaften.” Heute, wo wir
überall entfeſſelten Leidenſchaften begegnen, niedrigen Inſtinkten
allenthalben nachgegeben wird und der Mangel an Sachlichkeit
im öffentlichen wie auch im privaten Leben in geradezu
er=
ſchreckender Weiſe zutäge tritt, erhält aber der Begriff „gute
Kinderſtube” erhöhte Bedeutung. Dennoch hat jener Fachmann
recht, wenn er bemerkt, daß in den gehobenen Volksſchichten
vielfach nur geſellſchaftliche Korrektheit über den Mangel innerer
guter Eigenſchaften hinwegtäuſcht und es keineswegs ſicher ſei,
daß die Kinder dieſer Kreiſe die wirklich gute Kinderſtube
ge=
noffen hätten, da der eiterliche Einfluß oft vernachläſſigt, der
Dienſtboteneinfluß geſteigert werde.
Wenn heute in Elternkreiſen von der guten Kinderſtube die
Rede iſt, dann geben diele Eltern unumſunden ihre völlige
Ohnnacht gegenüber ihren Kindern zu. Der gute Ton, den ſie
ſelbſt durch Wort und Tat in ſie legen, wird allzu raſch durch
die Umwelt, durch geheime Miterzieher und das ſchlechte
Bei=
ſpiel, das ſie ihnen geben, wieder vernichtet, ſo daß er nur ſelten
die erhofften Frücte zeitigt. Wird nun aber von jenem
Fach=
mann ausgeführt, daß die Schule auf der von der Familie
ge=
gebenen Grundlage einer guten Kinderſtube weiterbauen bezw.
dieſe verbreitern kaun, ſo wäre unſeres Erachtens von der Schule
noch ein bedeutungsvoſler Schritt weiter zu gehen und dem
be=
reitseingeführten Moralunterricht auch ein einheitlicher
UInterricht in guter Lebensform anzugliedern. Man
braucht dabei nicht zu befürchten, daß jene Schüler, die daheim
ſchon in ſtrenger Zucht gehalten werden, dieſem Unterrichtsfach
tieht genügende Aufmerkſamkeit entgegenbringen würden. Iſt
dech die Familienunterweiſung völlig ſyſtemlos und in den
ein=
zelnen Familien ſtark voneinander abweichend, da den Eltern
eine eigentliche Erziehungsmethode fehlt. Eine methodiſch
ver=
mittelte Erziehung zur Selsſtbeherrſchung, Korrektheit im
täg=
lichen Leben, Erziehung zur Sachlichkeit und Feſſelung niedriger.
Inſtinkte und Leidenſchaften würde unſeres Erachtens für den
kommenden Moralunterricht die beſte und feſteſte Grundlage
bieten und dazu beitragen, daß das, was ſchon einzelne ihreſt
Kindern zu vermitteln ſuchten, dieſen nicht nur für immer
er=
halten bleibt, ſondern auch Gemeingut aller Kinder wird. K. H.
* Ernennungen. Durch Entſchließung des Miniſkeriums für Arbeit
und Wirtſchaft wurden die Landwirtſchaftsxeferendare Dr. Hellmush
Lahr zu Darmſtadt und Heinrich Rodrian zu Worms zu
Land=
wirtſchaftsaſſeſſeren ernannt.
* Die Perſonenkontrolle an der Zoklgrenze des
rechtsrhei=
niſchen heiſiſchen Brückenkopfes von Mainz, ſowvie auf der
Main=
brücke bei Koſtheim iſt jetzt ſehr ſtreng. Die franzöſiſchen
Gendarmen führen Liſten bei ſich, in die ſie bei Vorzeigung der
Perſonalausweiſe hineinſehen. Es dürſte ſich um Namenliſten
der Ausgewieſenen handeln. In Kelſiexbach ſpurden am
Sams=
tag, wie uns mitgeteilt wird, vier Perſsien ſeſtgenommen, die
ausgewieſen waren, aber derſuchten, beſuchsweiſe ins beſetzte
Gebiet zurückzukehren. Sie werden vom Militärpoiizeigericht
Wiesbaden wegen Bannbruchs mit Gefängnis (in der Regei
2 bis 6 Monaten) beſtraft.
— Reichskunſtwart Dr. Redsloh über Bühte und bilbende Kunſi.
er Vortrag von Herrn Reichskunſtwar‟ Dr. 31=5slob über Bühne und
bildende Kunſk wird, da die Nachfrage ſehr gering ifr, ins uote Foyer
Vortrags iſt ſehr zu
des Großen Hauſes verlegt. Der Be
empfehlen. Das Bihnenbild iſt heute fir den Theaterbeſucher
proble=
matiſch, und es ſollte jedermanns Beſtrehen ſein zum
Verſtändni=
wenigſtens Auhaltspunkte zu empfangen. Der Reiclskunſtwart Dr.
Redslob iſt durch langjährige Beſchäftigung vrit dem Theater auf der
zeu anderen Seite
be=
einen Seite und fragende biidende Kun;
rufen, in dieſe Probleme einzuführen. Er hält ſich in Darmſtadt auf,
um die Kunſtausſt lung für den Sommer, an deren Geſtaltung
weſentlich mit beteiligt iſt, vorbereiten zu helfen. Der Kartenverkauf
findet um 11 Uhr an der Tageskaſſe des Großen Hauſes ſtatt. Beginn
des Vortrags um 11½ Uhr.
„Bunbury”. Heute abend um 7 Uhr wird im Kleinen Haus zum
erſten Male „Bunbury” von Oskar Wilde gegeben.
Vr e.
G 7
* Wiſſenſchaftliche Paudereien.
Von Dr. Heiſe, Bamberg, Sternwarte.
I. Aus der Sternenzelt.
Bei Betrachiung unſeres Sternenhimmels wird wohl bei
iſten Menſchen nicht der geringſte Zieiſel an der
Unver=
erlidkeit jener fernen Welten auftauchen. Und bech gibt uns
die Wiſjenſchaft Kunde, daß auch bei den Sternen ein ewviges
Werden und Vergehen ſtattſindet. Nur merken wir Menſchen in
unſerem kurzen Erdendaſein dies nicht. Betigehten wir aber nur
einmal das Leben einer Eintagsfliege. Bei dem kleinen Tierchen
ſindet Gelurt, Leben und Tod an einem einzigen Tage ſtatt.
Für ſie iſt ſchon der Menſch das Unvergängliche. Dasſelbe haben
ſeir bei den Menſchen im Vergleich zu den Geſtirnen. Dieſe fer
nen Welten werden vielleicht in demn Bruchteil einer
Ewigleits=
fekunde bergeßen. Hier möchte ich dieſen Begriff der
Erigleits=
ſekunde durch ein kleines Wärchen erläutern. Wir wollen
an=
nehinen, das große Gebirge der Kipen beſtünde aus dem härteften
Edelſtein, den wir kennen, dem Diamanten. Nach 100 Jahren
ſoll nun ein kleines Bögelehen komien und ſeinen Schnaßel an
dieſem Gebirge wetzen. Und immer nach 100 Jahren ſoll es
wiederlehren, dann wird, wenn das Vögelchen das ganze
Ge=
lirge algewert hat. eine Ewigkeitsſekunde vorüber ſein.
Wenn nun tatſächlich ſo für unſere Begriffe die Geftirne
faſt ewig ihre Kreife ziehen, ſo wird es auc miöglich ſein, von
ihnen Kunde zu erhälten, ohne den Boden de: Wirklicſeit zu
berlieren und ohne fürchten zu müiſſen, daß unſere Kenutnis durch
eten doch nutzlos, hier wohl
ſtändige Veränderung der fern
faſt eivig gleiche
Wieder=
beſſer geſagt: vorülergehen.
haußt Erfenntnis erkangen.
kehr der Erſcheinungen läßt
noig ündernßen Welt würden
Von einer ganz r gelloſen.
wir gar nichts wiſſen. Mit einer Wage, die das erſte Mal be
einer beſtinuten Renge eines Körpers 19 Pfund, das zweit
Mal für dieſelbe Renge fünfmal mehr anzeigt, können ii
nichts anfangen. Ein ſolcher Unſinn ift gar nicit gu. deni4e
Der Regelmäßigkeit der Wirklichkeitszuſammenhänge verdanlen
wir jede Erkenntnis.
Können wir nun wirklich über die Beſchaffenheit der Sierne
eine Auskunft erlangen? Die Wiſſenſchaft beantwortet dieſe
Frage im bejahenden Sinne. Nehnien wir einmal einen
drei=
eckigen Glasſtab, ein ſogengnntes Prisma, zur Hand. Betrachten
wir nun einen Eegenſtand durch den Glaskörper, ſo ſehen wir
ihn farbig umrahmt. Alſo eird wohl der Glasſtab in der Lage
ſein, das weiße farbloſe Licht in ſeine Beſtandteile zu zerlegen.
Wir wollen folgenden Berſuc anſtellen: Wir begeben uns in ein
dunkles Zinmer. Has nur einei: kleinen Spalt in der Wand
be=
ſitzt, durch den da.
nner liigt, us ::ix nüher betrachten wollen,
ſcheint. Den Sonn. ahl iſſen Zurch unſer Prisma gehen
und ſehen zu unſere. Freude auf einem das Licht auffangenden
Wandſchirm ein ſchönes Farbenband: rot, orauge, gelb, grün,
blau, indigo, violett. Dieſes Band iſt aber durchſetzt von dielen
mehr oder veniger feinen Linien. Wir wollen nun gerne wiſſen,
was dieſe Linien bedeuten. Wir decken den Spalt zu, ſo daß wir
uns in einem ganz dunklen Zimmer befinden. Dann zünden wir
einen Bunſenbrenner an, d. i. ungefähr dasſelbe wie die Flamme
eines guten Gaskochees, die ja auch bläulich farblos iſt. Wir
bringen eine Spur Natrium in die Flamme, dieſes Licht liefert
eine ſchöne geibe Linie. Wir überlegen uns nun, wie bei der
Sonne die ſchwarzen Linien entſtanden ſein können. Hier wird
wohl ein mehr oder weniger ſeſter Kern ſein Licht durch eine
gasförnige Hülle ſenden. Xlſo bringen doir vor unſere gelbe
Flamme ein Kalklſeßt, und wir fehen, daß tatſächlich an Stelle
der gelben Linie jetzt eine ſchwarze Linie auftritt. Das Ergebnis
iſt: Jeder ſchwarzen Linie des Sonnenfarkenbandes entſpricht
ein im gasfürmigen Zuſtand beſindliches Elenent. So können
wir Eiſen, Nickel, Natrium, Wafferſtoff, Kalcium, Barium,
Magneſium, Chrom, Kupfer und nochh diele andere Eleniente in
der Sonne naciſtveiſen. Intereſſant iſt, daß nuan bei den erſten
Betracktungen des Sonnenſpektrums eine unbekannte Linie
fin=
det. Man nennt das der Linie entſprechende Eas Helium, d. i.
Sonnengas, das ſpäter in Anerika gefunden iſt. Somit eine
glänzende Veſtätigung der Theorie. Das Licht gißt uns alſo von
der Beſchaffenheit der fernſten Weltlörper zuverläſſigſte Kunde.
Da nun alle fernen Welten ſchließlich gleiche Stofjie wie unſere
Crde auſweiſen, ſo müſſen alle Geſtirne das Werk einer einzigen
Schöpfung lein.
Genercl Mangin in Sädanzerika.
Geographie — ſehr ſchwach!
* Aus Santiago (Chile) wird geſchrieben: Aus Anlaß der
Hundertjahrfeier der Unaöhängigkeit Perus ließ ſich die
franzö=
ſiſche Regierung durch eine Gefandtſchaft mit Mangin an der
vertreten. Ohne Zweifel unterſtellt, man fälſchlich in
Ep
Haß Südamerika eine Bereinigung kleiner Länder
dar=
r
ſtellt, und iian hat geglaubt, recht zu handeln, die Miſſion
Man=
gin mit der Auſgabe zu betrauen, auch alle Nachbarländer zu
be=
grüßen; die Abordnung ging alſo von Peru nach Bolivia,
als=
dann nah Chile und Argentinien uſw. Uinſer General, der
ſicher=
lich ganz Südamerika gar nicht kannte (er hat es in der
Folge=
zeit beiviefen), landete eines ſchönen Tages in Valparaiſo (Chile),
Ich muß dabei bemerken, daß die Entfernung von Valparaiſo
nach Callao (Peru) ungeführ die gleiche iſt wie von Paris nach,
Konſtantinopel. Aber für unſeren General war alles Peru. Auf
die erſte Begrilßung, die ihm im Munizipaltheater in Santiago
ziteil wurde, antwortete der General in einer warmherzigen
Rede und begann: „Seitdem ich mich auf dieſer ſchönen
verurianiſchen Erde befinde” uſw. Bei einem Gaſtmahl, das ihm
zu Ehren die Geſellſchaft von Santiago gab, hielt Luis Barros
Borgoro, der frühere Miniſter des Auswärtigen, eine große
An=
ſdrache, auf die der General nichts Beſſeres zu antworten wußte,
als: „Ich erhebe mein Glas und trinke auf das Gedeihen
Pe=
rus” uſt. Tableau! Zu zwei anderen Malen beging der
Gene=
ral in der Oeffentlichkeit den gleichen Schnitzer. Man darf nicht
aus den Augen verlieren, daß dies ſich in Santiago, der
Haupt=
ſtadt Chiles, zutrug; daß weiterhin Meinungsverſchiedenheiten
mit Peru (hervorgegangen aus dem Friedenstertrag von 1884,
nach dem Kriege zwiſchen Chile einerſeits und Bolivien, dem
Altiierten Perus andererſeits) beſtehen, und daß gegenwärtig in
Waſhington Verhandlungen ſtattfinden mit dem Zwecke, den
Art. 3 des Vertrages von Ancon klarzuſtellen, der die einzige
Schwierigkeit bildet, die beide Staaten trennt. Aber General
Mangin iſt dabei nicht ſtehen geblieben; er hat in der „Revuc
des deux Mondes” einen Artikel geſchrieben zur Beurteilung der
Chile und Peru trennenden Frage. Hält man das nicht für
eine lächerliche Anmaßung? Es erſcheint überflüſſig, die
Auf=
ierkſamkeit auf das moraliſche und materielle Unrecht zu lenken,
das Frankreich in Chile durch dieſe Reklame General Mangins
verurſacht, beſonders in einer Zeit, in der Engländer, Amerikaner
und Deutſche ihr Beſtes tun, um ſich bei den Chilenen beliebt
zu machen und daraus Nutzen zu ziehen.
Der Verfaſfer des Briefs iſt ein Franzoſe, dem Chile eine
ziveite Heimat geworden iſt, der aber ſeiner Heimat ſeine volle
Anhänglichkeit bewahrt hat, und darunter leidet, ſie in den Augen
des Auslandes ins Lächerliche gezogen zu ſehen. Er hat
offen=
bar die Einzelheiten, die er über die monumentalen Dummheiten
der außerordentlichen Abordnung wiedergibt, nicht erfunden.
Uebrigens hat auch die chileniſche Zeitung El Mereurio, die
frantophil iſt, mit äußerſter Strenge über jenen Artikel des
Gene=
rals, auf den der Brieſſchreiber anſpielt, geurteilt. Dieſe
An=
uiaßung, einen Konflikt zwiſchen Fremden, der ebenſo peinlich
tvie alten Datums iſt, zu entſcheiden, iſt ſchlimmer als lächerlich:
er zeugt von ſeltener Ungeſchicklichkeit. War niemand am Quai
d’Orſay, um den General darauf hinzuweiſen?
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
Hochſchulſtudium in Deutſchland. Während die
huſen eine ſtarke Zu=
Zahl der Hörer an den Techniſe
leiner Rückgang.
nahme erfahren hat, iſt an den 1
iſt die
Hörer=
eingetreten (1921: 87 147.
(1914: 4374,
zahl der edangeliſchen
1921: 3355, 1922: 21
jeitere Oper in
Bühnenmuſik.
an der
Stutt=
i Akten von
ivektor Leonhardt
ter Staatsoper
Buch hat der
Kom=
d Oberregiſſeur Er
die Traufe” verfaßt,
tiſt nach Otto Ludwigs 9
Seite 4.
Rummer 96.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.
Der Kurſus über Staatsbürgerkunde fand geſtern Samstag
ſei=
nen Abſchluß. Herr Profeſſor Kantorowicz redete von 9—1 Uhr im
Saale des „Feierabend” über Staatsformen und Staatenverbindungen
und leitete nachmittags 3 Uhr die Diskuſſion.
— Ausſtellung Deutſche Kunſt Darmſtadt 1923. Die
Be=
ſchickung unſerer diesjährigen Sommerausſtellung ſcheint eine
ſehr befriedigende zu werden. Von den etwa 70 eingeladenen
Künſtlern haben 52 feſte Zuſagen gegeben, je 5 bis 6 ihrer
neue=
ſten Werke zu ſchicken. Dieſe werden juryfrei als unſere Gäſte
auf der Mathildenhöhe Platz finden. Für die heſſiſche Kunſt,
die in der Kunſthalle am Rheintor gezeigt wird, laufen
Anmel=
dungen in überreicher Zahl ein. Auch Kleinkunſt und
kunſtgewerb=
liche Arbeiten find zugelaſſen. Die heſſiſchen Werke wüſſen bis
zum 20. April eingeliefert werden, da unmittelbar darauf die
Jurh ihre Arbeit beginnen muß. Die Eröffnungen ſind ſo
feſt=
geſetzt, daß die der Kunſthalle am 17. Mai, nachmittags, die der
Mathildenhöhe am 18. Mai, vormittags, ſtattſinden wird. Es
werden Einladungen ergehen.
v. H.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Hofrat Max Behrend
hat in vergangener Woche einen Lehrkurſus für Rede= und
Vortrags=
kunſt exöffnet, der Dienstag, abends 734 Uhr, in der Städtiſchen
Akademie abgehalten und aus 15 Lektionen beſtehen ſoll, die bis 1. Juli
abgehalten werden. Da dieſer Kurſus bereits ohne jede
Veröffent=
lichung vollbefetzt iſt, wird ein zweiter Abendkurſus eingerichtet, zu
dem Anmeldungen das Sekretariat entgegennimmt. (S. Anz.)
Beh=
rend, der frühere Intendant des Frankfurter Schauſpielhauſes, iſt
ja als darſtellender Künſtler und Vortragsmeiſter hier beſtens
be=
kannt. Viele ſeiner Schüler befinden ſich an den erſten Theatern
Dertſchlands; u. a. iſt keine Geringere als Käthe Dorſch aus ſeiner
Schule hervorgegangen. Es iſt zunächſt bei dem Kurſus darauf
abge=
ſehen, Sprachtechnik uns ſchöne Vortragskunſt den Schülern
beizubrin=
gen, welche auch für die Geſangskunſt die beſte Grundlage bildet und
von höchſter Bedeutung iſt.
— Luft=Licht=Bad des Naturheilvereins. Wenn die erſten
Sonnen=
ſtrahlen aus den Wolken hervorſchauen, ladet der Naturheilverein
zum Beſuche ſeines am Lichtwieſenweg gelegenen Luft=Licht=Bades ein.
Während die Schwimmbäder im Freien zu dieſer Zeit noch nicht benutzt
werden können, bietet ſich hier dem von langer Stubenhaft
geſchwäih=
ten Organismus Gelegenheit zur Kräftigung. Je zeitiger im
Früh=
jahr mit den Bädern begonnen wird, und je länger ſie im Herbſt noch
angewandt werden, um ſo beſſer werden wir den Winter überſtehen.
Schon nach einmaligem Beſuche wird der Neuling über die
wunder=
bare Wirkung von Luft und Sonne erſtaut ſein. Auch
Nichtmit=
glieder ſind herzlich willkommen. An Samstag=Nachmittagen wird
wieder, wie im Vorjahre, der Jugendgruppe Gelegenheit zu frohem
Spiel und Sport auf unſerem Spielplatz geboten. Alles Nähere beim
Verwalter im Luftbad oder beim 1. Vorſitzenden, Herrn Theodor
Schmank, Schützenſtraße 16.
Steuererklärungen. Wir verweiſen auf die im Anzeigenteil
unſerer heutigen Nummer veröffentliche Bekanntmachung zur Abgabe
der Steuererklärungen für die Veranlagung der Einkommen=,
Kapital=
ertrags= und Vermögensſteuer, ſowie der Zwangsanleihe. Die
Er=
klärungsformulare werden dieſes Mal von den Finanzämtern
über=
ſandtz werden. Ein Abholen von Erklärungsvordrucken wird ſich erſt
nach dem 15. April d. J. empfehlen. Die Friſt wird wegen der
vor=
gerückten Zeit nicht verlängert werden.
Einziehung der Fernſprechgebühren. Am 10. Axril wird mit
der Einziehung der Fernſprechgebühren begonnen werden.
— Ruhrhilfe. Durch Studierende der hieſigen Teckniſchen
Hoh=
ſchnle ließ ein Herr Guſtav Nord. Schuhmacher aus Marienſtadt
(Schweden), 3 Silberkronen für die Ruhrhilfe zeichnen. Es iſt dies um
fo beachtenswerter, da der Herr in ſehr ärmlichen Verhältniſſen
leben foll.
— Frankfurter Kunſtyteſſe. Allen heſſiſchen Künſtlern
wird auf der Frankfurter Kunſtmeſſe Gelegenheit gegeben,
Werke jurhfrei und ohne Beſchränkung der Zahl auszuſtellen
und zu verkaufen. Es ſind zwei beſondere Kojen in der
Nord=
halle des Römers nur für heſſiſche Künſtler bereitgeſtellt und
Werke der Malerei, Graphik, Plaſtik und Kunſtgewerbe
zuge=
laſſen. Der Verkauf ſoll vom 15. bis 30. April ſtattfinden. Die
Einſendungen, Abholungen und der Verkauf muß unmittelbar
von den Künſtlern ſelbſt erfolgen. Wenn genügende Beteiligung
zuſtande konnt, wird verſucht werden, eine geeignete
Perſön=
lichkeit für Annahme, Hängung und Verkauf zu beſtellen. Um
einen Ueberblick zu gewinnen, wird gebeten, Bereiterklärungen
zur Teilnahme umgehend in das Stadthaus, Zimmer 70, zu
ſchicken.
v. H.
n. Auf den Spuren ſchwerer Tat. Die geſtrige Notiz bezüglich der
eingeleiteten Unterſuchung iſt in einem Nebenpunkt dahin zu berichtigen,
daß die ſeinerzeit verſchwundene, vermutlich einem Verbrechen zum
Opfer gefallene Frau Hofmann damals nicht in ein Verfahren wegen
„Kuppelei” verwickelt, ſondern von dem eigenen Ehemann eines anderen
Delikts Gezichtigt war.
n. Strafkammer. Einen dreiſten Schwindel mit ſchwerer
Urkunden=
fälſchung hatten zu Bensheim der Monteur Franz Heinrich Gioth/
und der Maſchinenarbeiter Aug. Baumeiſter von da verübt, doch
war die ſo verſuchte Prellerei größtenteils geſcheitert. Sie übernahmen
gegenüber dem Johann Bender IV. die Herſtellung eines ſchadhaften
Elektromotors, brachten ihn nach wenigen Tagen zurück und ſpiegelten
die Ausführung der Arbeit durch eine erdichtete Mannheimer Fabrik vor.
Abſchlagsweiſe waren ihnen alsbald auf Verlangen 1000 Mark bezahlt
worden, und ſie legten nunmehr eine quittierte Rechnung jener
Pſeudo=
firma vor, wonach ſie ſelbſt an Auslagen nebſt der ſchon beglichenen
Sümme 15 000 Mark forderten. Der Motor lief zwar wieder leidlich,
aber im übrigen erwies ſich alles als blauer Dunſt, und die Beiden
hatten ſchlecht und recht die Reparatur bewirkt. Das Urteil lautet mit
mildernden Umſtänden gegen Jeden auf 2 Monate Gefängnis. —
Sei=
tens der Staatsanwaltſchaft war die ſchöffengerichtliche Verurteilung des
Ofenſetzers Johann Röſchner aus Gernsheim zu 800 Mark Geld=
ſtrafe als zu milde angefochten, und es wurde an Stelle der geringen
Geldſtrafe auf 2 Monate Gefängnis erkannt. Gefährliche
Körperver=
letzung kommt in Frage, denn der Angeklagte hatte ſeinem Hauswirt
Sebaſtian Schäfer bei Unſtimmigkeiten bezüglich der angeforderten
Miete mit einem Prügel über den Arm geſchlagen und Knochenbruch
verurſacht. Dieſe Rohheit erwuchs zwar aus hochgradiger Erregung des
bisher unbeſtraften Täters, ließ jedoch die in erſter Inſtanz verhängte
Sühne unzureichend erſcheinen. — Beiderſeitige Berufung richtete ſichk
gegen ein ſchöffengerichtliches Urkeil, in dem die Taglöhner Jakob
Heiß VII. Eheleute von Lengfeld wegen Hehlerei mit je 1000 Mark
Geldſtrafe belegt waren. Rechtskräftig iſt es hinſichtlich des eines
Dieb=
ſtahls ſchuldig befundenen Sohnes Beider. Dieſer hatte ſich einen von
dortigen Jägern angeſchoſſenen, verendeten Haſen im Revier angeeignet
und nach Hauſe gebracht, wo der willkommene Braten gemeinſam von
der im Gemeindehaus wohnenden Familie, verzehrt worden ſein ſoll.
Dem andern Tags nachfragenden Jagdpächter hatte Frau H. die damals
noch vorhandene Beute verheimlicht mit dem Bemerken, das von dem
Sohne Gefundene ſei damit ihr Eigentum und bereits gegeſſen. Nach
bekannter Rechtſprechung erfüllt zwar der Mitgenuß einer rechtswidrig
erlangten Sache den Tatbeſtand der Hehlerei noch nicht, dagegen war er
in dem Verheimlichen zu erblicken, weshalb H. ſelbſt aus beſagtem
Rechts=
grund freigeſprochen und die Geldſtrafe ſeiner Frau auf 5000 Mark
er=
höht wurde.
n. Schüffengericht. Recht verwerflich erſcheint eine Hehlerei des
hie=
ſigen Althändlers Philipp Becker und der Lokomotivführersehefrau
Sophie Mayer von hier bezüglich Eiſens, das der noch
ſtrafunmün=
dige Sohn der Letzteren mittels Einſteigens geſtohlen hatte. Es beſtand
aus einer größeren Anzahl neuer Autoräderſtäbe, war von bedeutendem
Wert, und die M. will der Meinung geweſen ſein, der Junge habe es
erlaubter Weiſe im Müllhaufen der fraglichen Fabrik (wo die M.s
woh=
nen) gefunden. Seine 14jährige Schweſter fuhr es auf einem Karren
zu Becker, während die „gutgläubige” Mutter nebenherging, und B.
kaufte es ohne jeden Ausweis von dem Mädchen für einige tauſend Mark.
Er iſt als Hehler ſchon zweimal (allerdings vor längeren Jahren)
vor=
beſtraft und wurde nunmehr zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Gegen
Frau M. lautet das Urteil auf 60 000 Mark Geldſtrafe evtl. 2 Monate
Gefängnis. — Freigeſprochen von der Anklage der Sachbeſchädigung
wurde der hieſige Landwirt Wilhelm Haag aus eigenartigem
Sachver=
halt. Er hat den auf faſt eine halbe Million Mark bewerteten Hund
eines Nachbarn erſchoſſen, und dies ſollte aus Rache für eine frühere
Strafanzeige des Letzteren geſchehen ſein. Hierfür mangelt der Beweis,
und es ſteht nur als unwiderlegt feſt, daß der Angeklagte eines Abends
in der Dunkelheit beim Betreten ſeines Gartens den Hund auf ſich
zu=
kommen ſah. Er will Einbrecher vermutet und befürchtet haben, daß
ihn das dafür drefſierte, damals nicht als Hund des Nachbarn erkannte
Tier ſtellen ſolle, um den Diebſtahl zu ermöglichen. Bloße
Abwehrab=
ſicht ſei der Beweggrund zum Schuß geweſen. Zur Strafbarkeit der
Sachbeſchädigung iſt u. a. Nechtswidrigkeit erforderlich, und dieſes
Merk=
mal wurde im Fragefall auf Grund des § 228 B.G.B. verneint.
Hier=
nach erſcheiut die Beſchädigung oder Zerſtörung einer fremden Sache
nicht als widerrechtlich, wenn ſolches Verhalten zur Abwehr einer von
der Sache drohenden Gefahr erforderlich iſt und der Schaden nicht außer
Verhältnis zu der Gefahr ſteht. Daher wurde der Angeklagte
frei=
geſprochen.
— Selbſtmord eines franzöſiſchen Soldaten. Wie erſt jetzt bekannt
wird, hat ſich auf der Strecke Mainz—Worms ein Elſäſſer, der im
Kriege auf deutſcher Seite kämpfte und von den Franzoſen nun
ein=
gezogen war, bei Nackenheim von einem von den Franzoſen gefahrenen
Zuge totfahren laſſen. Der Grund zur Tat ſoll ſcharfes
Strafexer=
zieren geweſen ſein.
Lokale Veranſtaltungen.
Die dlerunter erſchelnenden Notizen ſind ausſchſſeßlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falſe irgendwie als Beſprechung oder Kritif.
Verein früherer Leibgardiſten. Auf den am 15. April
im Reſtaurant Sitte, Karlſtr. 15, ſtattfindenden Familienabend wird
nochmals aufmerkſam gemacht.
Die Vereinigung aus Elfaß=Lothringen
Ver=
triebener hält Donnerstag, den 12. April, abends, im Fürſtenſaal,
Weißer Saal, ihre Monatsverſammlung ab. Es gilt, Stellung zu
nehmen zur Frage der von der Landesgruppe vorgeſchlagenen
er=
höhten Beiträge. Auch andere Neurinrichtungen ſollen beſprochen
wer=
den. Möglichſt zahlreiche Beteiligung daher erwünſcht. Kein
Trink=
zweng während des Zuſammenſeins. (S. Anz.)
Theateraufführung „Der tolle Hund”. Unter
Hin=
weis auf die Anzeige im Inſeratenteil unſeres heutigen Blattes fei
darauf aufmerkſam gemacht, daß die Veranſtaltung auf Veranlaſſung
der Freiwilligen Sanitätshauptkolonne vom Roten Kreuzſtattfindet
und der Reinertrag für die von der Kolonne aus freiwilligen Spenden
unterhaltene Verleihanſtalt von Krankenpflegeartikeln für
Minder=
bemittelte beſtimmt iſt. — Dieſe in der Stille wirkende Einrichtung
hat ſchon vielen Familien in Darmſtadt geholfen und dazu
beigetra=
gen, daß Schwererkrankte mit den nötigen Pflegegerätſchaften
ver=
ſehen werden konnten. Es iſt deshalb der Veranſtaltung ein guter
Beſuch zu wünſchen.
— Herrengarten. Heute findek von 11 Uhr vormittags ab
wiederum Promenadenkonzert ſtatt. Das Programm enthält u. a.:
Choral „Wie ſchön leuchtet der Morgenſtern”, Ouvertüre, Romankique,
GHeburtsſtändchen von Lincke, Walzer aus „Die Czardasfürſtin” Alter
Armeemarſch Nr. 7, Melodien aus Flimmerkiſte von Kollo. (S. Anz.)
Ueber Werke, Künſiler und künſtleriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſiebenden Erwähnung
geſchiebt. behält ſich die Redaktion ihr Urteil vor.
Auf die beiden Vorträge, Sonntag, den 8. April, vormittags,
und Dienstag, den 10. April nachmittags, die Geheimrat Profeſſor
Sternfeld über „Bismarck-Beethoven” bzw. über Wagners
„Meiſterſinger” im Hauſe der Frau von Selzam, Neckarſtraße 19,
hal=
fen wird, ſei nochmals hingewieſen. Der Vortragende, als Wagner=
Forſcher und Wagner=Interpret auch in Darmſtadt von früheren
Vor=
trägen rühmlich bekannt, hat ſich mit mehreren Künſtlern verbunden,
um den Stipendien für die Bahreuther Feſtſpiele neue Mittel
zuzu=
führen.
Ortsgewerbeverein und Handwerkervereinigung
hielten am Freitag, den 6. d. M., im „Perkeo” ihre diesjährige
Haupt=
verſammlung ab, die vom 1. Vorſitzenden, Herrn J. Nohl, geleitet
wurde. In ſeinem Jahresbericht führte dieſer aus, wie die derzeitigen
wirtſchaftlichen Verhaltniſſe dem Handwerk ungünſtig ſind, das
beſon=
ders unter der Betriebsmittelknappheit zu leiden habe. Durch eine
Vexeinbarung mit der Volksbank habe man dem zu begegnen geſucht.
Vorausſetzung für den Handwerker der davon Gebrauch machen wolle,
ſei, daß er über eine geordnete Buchführung verfüge. Des weiteren
ivurde die für das Jahr 1923 geplant geweſene Landesgewerbeausſtel
lung erwähnt, ein Plan, der fallen gelaſſen werden mußte, weil kein
feſter Voranſchlag aufzuſtellen war, Staat und Stadt aber auf
beweg=
liche Kreditbewilligung nicht eingingen. Eingaben des Vorſtandes i
Schulangelegenheiten, in Sachen der Gewerbe= und Reinigungsſteuer
brachten gewiſſe Erfolge. Eine Verbeſſerung des Gewerbeblattes war
undurchführbar, ſo erlag auch dies Organ dem allgemeinen
Zeitungs=
ſterben. Die Handwerkskammer gibt nunmehr Mitkeilungen heraus,
die zu einer allgemeinen Handwerkerzeitung ausgebaut werden ſollen.
Satzungsgemäß trat der Verein bei der letzten Stadtverordnetenwahl
mit einem eigenen Wahlvorſchlag hervor. Leider brachte die Lauheit
der Handwerker dieſem nur geringen Erfolg. Die Wintervorträge
mußten diesmal ausfallen, weil die vorgeſehenen Mittel ſich als zu
gering erwieſen, nur an einem von den hieſigen wirtſchaftlichen
Ver=
bänden veranſtalteten Vortrag konnte ſich der Verein beteiligen. Der
Franzoſeneinfall ins Ruhrgebiet veranlaßte eine Hilfsaktion, an der
ſich die dem Verein angeſchloſſenen Vereinigungen und Innungen
be=
teiligten. Der Vorſitzende gedachte der im abgelaufenen Jahre
der=
ſtorbenen Mitglieder, zu deren Andenken die Verſammlung ſich erhob.
Die Notwendigkeit der Krankenkaſſe betonend, wurde dann ausgeführt,
daß ſie in Darmſtadt und Umgegend nunmehr 3500 Mitglieder zähit.
Geplant iſt ferner eine Rentenverſicherung, die ſich mit der großen
Krankenkaſſe in Dresden als Hauptträger über das ganze Reich
er=
ſtrecken foll. Zuletzt dankte der Vorſitzende dem Schriftführer, dem
Rechtier unb den Ausſchußvorſitzenden für ihre arbeitsreiche Tärigkeit,
und die Verfammlung ſtimmte dem Geſamtbericht zu.
Herr Verwaltungsinſpektor Kamuff erſtattete als Rechner den
Kaſſenbericht. Den Einnahmen mit 60 686 Mark ſtanden 53 778 Mark
Ausgaben gegenüber; ſonach verblieb ein Ueberſchuß von 6908 Mark.
Dem Verein ſind in den Innungen und Vereinigungen 1619
Mitglie=
der angeſchloſſen, die Zahl der Einzelmitglieder beträgt 712. Das
Vereinsvermögen beläuft ſich auf 36 108 Mark, wozu noch der
Ge=
werbeſchulfonds und verſchiedene Stiftungsbeträge kommen. Die
Ver=
ſammlung gewährte mit dem Vorbehalt der rechneriſchen Nachprüfung
Entlaſtung. Anſchließend erſrattete der Rechner den Bericht der
Eckhardtſtiftung.
Der Rechner, welcher nach Wjähriger Tätigkeit für den Verein ſein
Amt aus Geſundheitsrückſichten niederlegen will, wird beſonders von
Herrn Finger gebeten, ſeine Abſicht aufzugeben. Nach eingehender
De=
batte, an der ſich der Vorſitzende und die Herren Weber, Finger,
Schembs, Spang. Dr. Kraft und Appfel beteiligen, wird der
Jahres=
beitrag für Einzelwitglieder auf 500 Mark feſtgeſetzt; für korporativ
angeſchloſſene Mitglieder beträgt er die Hälfte.
Der Voranſchlag, der in Einnahme und Ausgabe mit 605 000 Mark
abſchließt, wird genehmigt. Enthalten ſind 180 000 Mark für Vorträge
und 2500 Mark für die Förderung des gewerblichen Schulweſens.
An der Ausſprache nehmen die Herren Spang, Dr. Kraft und
Direk=
tor Kübitz teil; letzterer tritt warm für Geldbewilligung zum Zwecke
der Verleihung von Prämien an gute Schüiler ein. Der Vorſitzende
berichtet ſodann, daß das Handwerksamt in der ſeitherigen Weiſe
weitergeführt werden ſoll; der zu erhebende Beitrag ſoll als Grundſtock
für den ſpäteren Ausbau dienen. Herr Syndikus Schüttler berihtet
über einen Verſchlag zur Staffelung der Beiträge in drei Gruppen.
Die Herren Hübner, Nies und Pohl treten für finanzielle Sicherung
des Handwerksauts und ſeine Weiterführung ein. Die
Angelegen=
heit ſoll in den Innungen und Vereinigungen beraten und dann im
Großen Ausſchuß weiterbearbeitet werden.
Beſondere Anträge lagen der Verſammlung nicht vor. Bei den
Neuwahlen wurde der ſeitherige Vorſitzende, Herr J. Nehl, einſtimmig
wiedergewählt. Er nahm die Wahl an, erklärte aber, auf die
nach=
drückliche Unterſtützung des ganzen Handwerks rechnen zu müſſen. Vor
allem müßten die Mitglieder ſelbſt mehr mit Anregungen zur
Stär=
kung der Arbeitsfreudigkeit des Vorſtandes hervortreten. Als
ſtell=
vertretende Vorſitzende wurden die Herren Glaſermeiſter Werner,
Stadtverordneter Finger und Metzgermeiſter Illert wiedergewählt.
Auch die Vorſitzenden der Ausſchüſſe wurden in ihren Aemtern erneut
beſtätigt, und zwar Herr Profeſſor Sonne für den Vortragsausſchuß,
Herr Bauinſpektor Oeſterling für den Unterrichtsausſchuß, Herr
Stadt=
verordneter Schembs für den Wohlfahrtsausſchuß, Herr Syndikus
Schüttler für den Preſſe= und Werbungsausſchuß, Herr Malermeiſter
Krauß für den Geſellenprüfungs= und den Veranſtaltungsausſchuß,
Herr Stadtverordneter Hübner für den Wahlausſchuß, Herr Direktor
Lutz als Vertreter der Induſtrie.
Zum Schluſſe forderte Herr Oeſterling die Meiſter auf dafür
Sorge zu tragen, daß die Lehrlinge nicht unbegründet der Schule
fern=
gehalten werden, Herr Haury wendet ſich gegen den Geiſt des ſogen.
allgemeinbildenden Unterrichts in der Lehrlingsſchule, die auch nihr
dafür da ſei, das den Lehrlingen beizubringen, was man ihnen in den
8 voraufgehenden Schuljahren beigebracht habe. In ſeinem
Schluß=
tvort dankte der Vorſitzende allen denen, die für den Verein gearbeitet
haben, beſonders den Vertretern in der
Stadtverordnetenverſamm=
lung, und der Preſſe für ihre allzeit bereite Unterſtützung. Die
Zei=
ten ſind trühe. Nur in feſtem Zuſammenſtehen kann auch Handwerk
und Gewerbe auf eine beſſere Zukunft hoffen.
Damit ſchloß die anregend verlaufene Hauptverſammlung die aber
aus den intereſſierten Kreiſen heraus weit ſtärker hätte beſucht
wer=
en müſſen.
Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Partef. Die Sitzung des
Reichsvereins findet nicht am Dienstag, ſondern am Freitag abend im
Parteibureau, Waldſtr. 45, ſtatt.
Demokratiſche Jugendgruppe. Am Heimabend den
kommenden Mittwoch findet ein Referat eines Gruppenmitgliedes
tatt über die Stellung der demokratiſchen Jugendgruppe zur Politik.
Neue Bücher.
händler.) „Die alliierten und aſſoziierten Regierungen erklären, und
Deutſihland erkennt an, daß Deutſchland und ſeine Verbündeten als
Ur=
heber für alle Verluſte und Schäden verantwortlich ſind, die die
alli=
ierten und aſſoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen
in=
folge des Krieges, der ihnen durch den Angriff Deutſchlands und ſeiner
Verbündeten aufgezwungen wurde, erlitten haben." (Art. 231 des
Friedensvertrages von Verſailles.) Auf der Lüge von der deutſchen
Kriegsſchuld beruht, wie auch Lloyd George vor jetzt faſt zwei Jahren
in London feſtgeſtellt hat das Verſailler Diktat. Die Lüge von der
deutſchen Kriegsſchuld beherrſcht auch heute noch die politiſche
Atmo=
ſphäre der Welt, und die Lüge von der deutſchen Kriegsſchuld allein
hat den Boden geſchaffen für die franzöſiſche Vergewaltigungspolitik. Wir
begrüßen es daher, daß gerade in dieſem Augenblick ein Buch
heraus=
kommt, welches die Haltloſigkeit der Fiktion von Verſailles zu klarer
Darſtellung bringt. Politiſche Führer aus allen Parteien ergreifen hier
das Wort. Im erſten Kapitel formuliert Bernhard. Dernburg die
Schuldfrage, wie ſie zur Debatte ſteht; in den nächſten drei Kapiteln
ſchildern Freiherr von Schoen, Profeſſor Dr. Hoetzſch und Dr. Ludwig
Queſſel die Vorkriegspolitik der drei Ententeſtaaten Frankreich,
Ruß=
land und England. Daran ſchließt ſich die Darſtellung der deutſchen
Verteidigung gegen die Einkreiſung von Miniſterialdirektor Heilbron.
In dem folgenden Artikel wird durch Graf Montgelas zum erſten Male
aktenmäßig der Vorwurf widerlegt. Deutſchland habe die
Friedens=
beſtrebungen der Haager Konferenzen „ſabotiert”. Zugleich wird der
defenſive Charakter der deutſchen Rüſtungen nachgewieſen. Zum
Kriegs=
ausbruch legt Profeſſor Delbrück das Verhältnis Rußlands Serbiens
und Oeſterreichs 1913/14 dar. Es folgt die in allen Einzelheiten
doku=
mentariſch belegte Schilderung der letzten Juli= und erſten Auguſttage
des Jahres 1914 von Dr. Dirr. Mit einem beſonderen Kapitel
behan=
delt Bernhard Schwertfeger die belgiſche Neutralität, weil mit der
Be=
rufung auf deren Schutz England ſeinen ſofortigen Eintritt in den
Krieg begründet hat. Den Beſchluß der Sachkapitel bildet Dr. Köſters
ſcharfſinnige Unterſuchung des Schuldparagraphen 231, ſeine Entſtehung
auf der Friedenskonferenz 1919 und ſeine juriſtiſche Auslegung. — Nicht
nur jeder Deutſche muß die Urſachen des Weltkriegs kennen, ſondern
jeder iſt berufen, mitzuarbeiten daran, daß der Wahrheit in der ganzen
Welt zum Siege verholfen wird.
Trojan Maxtin, Hinter Stein und Stacheldraht.
Auſtraliſche Schattenbilder. (Bremen 1922, Schünemann. 242 S. 8‟.)
Was die Deutſchen Auſtraliens, der Südſee, Hongkongs, Singapores,
Pennangs und Cehlons in den Kriegs= und Zivilgefangenenlagern
Liverpool, Trialbay, Bourke, Molonglo, Berimma und auf Torrens=
Island in Auſtralien während der Kriegsjahre zu erdulden hatten, und
wie ſie die Zeit in den Gefangenenlagern zubrachten, das iſt von Martin
Trojan in einem etwa 250 Seiten ſtarken, vorzüglich ausgeſtatteten
Werk mit einer großen Anzahl guter Bilder und Pläne niedergelegt.
Dieſe Seiten zeigen uns, daß deutſche Art und Tat trotz allen Haſſes
und aller Unterdrückung nicht tot zu machen iſt, und daß, während in
den deutſchen Siedlungen Südauſtraliens und Queenslands alles
Deutſche mit Gewalt unterdrückt wurde, und die in Frciheit belaſſenen
Deutſchen dieſe „Vergünſtigung” mit Aufgabe der deutſchen Schulen,
Gottesdienſte und Blätter zu bezahlen hatten, in den Gefangenenlagern
deutſche Kunſt und Wiſſenſchaft, wie deutſche Arbeitsfreude bald die
Oberhand gewannen. Alle Berufe waren unter den Gefangenen
ver=
treten, und Theater wie Schulen ſorgten für reichliche Unterhaltung
und gediegene Weiterbildung. Im Familienlager Beurke war auch
eine Schule für deutſche Kinder, die ebenfalls von den Engländern
ge=
fangen gehalten wurden, vorhänden. Schrecklich müſſen die Zuſtände
auf der „Teufelsinſel”, Torrens=Island, geweſen ſein — die ſchlimmſten
Mißhandlungen deutſcher Zivilinternierter waren dort an der
Tages=
ordnung. Leider iſt auch heute noch in Auſtralien alles Deutſche
unter=
drückt. Nicht darum aber iſt es dem Verfaſſer dieſes Buches zu tun,
auch bei uns ſolche Stimmung wachzurufen: „Nicht Haß und Sucht nach
Vergeltung,” ſo ſchreibt er im Vorvort ſeines Werkes, „veranlaſſen
mich, Erinnerungen an fünf qualvolle Jahre wachzurufen, ſondern der
Wunſch derer, die gemeinſam mit mir den dornigen Weg gewandelt,
aus ihnen immer wieder neue Kraft zu ſchöpfen gegen Dämonen, und
Kraftvolles aus der hellklingenden Fülle vorbildlichen Deutſchtums.”
„Handbuch der Reichs= Privat= und Kleinbahnen”,
verbunden mit einem Verzeichnis der Eiſenbahnen=Neu=, Um= und
Er=
gänzungsbauten. 480 Seiten ſtark. Preis 400 Mk. (Verlag techniſcher
Zeitſchriften, H. Apitz, Berlin W 57, Manſteinſtr. 12.) Das Handbuch
enthält eine Ueberſicht der Verwaltungsbehörden der Deutſchen
Reichs=
bahn und ihrer Geſchäftsbezirke, eine Ueberſicht, der deutſchen
Privat=
eiſenbahnen und nebenähnlichen Kleinbahnen und ihrer
Verwaltungs=
ſtellen, ſowie ein Verzeichnis der außerdeutſchen Staats= und
Privat=
eiſenbahnen. Neben den behörblichen Angaben und der Abgrenzung
der Verwaltungsbezirke der Eiſenbahn enthält das „Handbuch der
Reichs=, Privat= und Kleinbahnen, die Namen der Dienſtſtellen=
Vor=
ſtände unter Angabe ihres Amtscharakters, ſowie ein ausführliches
Ver=
zeichnis der Eiſenbahn=Neu=, Um= und Ergänzungsbauten. Das
Hand=
buch ſoll dazu dienen, der Geſchäftswelt den Verkehr mit den
Eiſen=
bahnen zu erleichtern, ſei es beim Schriftwechſel aus
Beförderungsver=
trägen oder bei Uebernahme von Lieferungen und Leiſtungen.
* Römiſche Charakterköpfe. Ein Weltbild in
Biogra=
phien. Von Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Th. Birt. 5.
ver=
beſſerte Auflage. 356 Seiten und 6 Tafeln. (Verlag von Quelle u.
Meyzer in Leipzig.) Die „Römiſchen Charakterköpfe” zeigen in der
un=
übertrefflichen Darſtellungskunſt Birts den Aufſtieg Roms zum
Welt=
reich. Die glanzvollen Perfönlichkeiten der römiſihen Geſchichte, die
Scipionen und die Gracchen, Marius und Sulla, Pompejus und Cäſar,
die Cäſaren bis Mark Aurel werden für uns lebendig. Das harte
Staatsbewußtſein des vorchriſtlichen Römervolkes erkämpft einen
einzig=
artigen Aufſtieg. Die Zerſetzung römiſcher Kultur bedeutet Verfall und
Vernichtung. Daß es dem Verfaſſer gelungen iſt, dies mit
außerordent=
licher pſychologiſ her Feinheit zur Darſtellung zu bringen, macht das
Buch für den Deutſchen des 20. Jahrhunderts beſonders bedeutungsvoll.
Beſprechung erfolgt nach unſerem Ermeſſen. Die nachſolgende Anzeige von
Neuerſcheinungen iſt keiner Empfehlung gleich zu achten.
Deutſche Kunſt und Dekoration. April=Heft. (Verlagsanſtalt Alexander
Koch, Darmſtadt.)
Autlers Kindergarten. Von Diplom=Ingenieur Reinhold Hergt. Mit
206 Abbildungen. (Verlag von Klaſing & Co., G. m. b. H., Berlin.)
Weshalb: Deutſchland, Deutſchland über alles? Von einem
Daut=
ſchen. (Berlin SW. 68. Verlag für Sozialwiſſenſchaft.)
Weltbetrachtungen eines Japaners. Von S. Skeda. (1923. Verlag
Ausland und Heimat. Stuttgart.)
Fritz von Unruhs Tragödie „Ein Geſchlecht”, für die der Dichter,
nach=
dem ihm in Berlin der Staats=Schillerpreis verſagt wurde, in
Wien den Grillparzer=Preis erhalten hat, iſt im 26. bis 28. Tauſend
ſoeben bei Kurt Wolff Verlag, München, neu erſchienen.
Meiſter der Farbe. Jahrgang 1923. Heft 1. Fünf farbige
Wieder=
gaben nach Gemälden neuerer Meiſter und eine Textbeilage.
Kauf=
preis Grundzahl 4. (Verlegt bei E. A. Seemann in Leipzig.)
Die Technik des börſenmäßigen Termingeſchäfts (Fix=, Prämien=,
Stellage= und Nahgeſchäft) in analytiſch=ſynthetiſcher Darſtellung von
Dr. Heinr. Sommerfeld, Profeſſor für Betriebswirtſchaftslehre an
der Handels=Hochſchule Mannheim. Heft I. der Sammlung: Bücherei
für Bank und Börſe. Grundpreis geh. 380 Mk., geb. 460 Mk. (1923.
Induſtrie=Verlag Spaeth & Linde, Berlin C 2.)
Alfred Bruſt: Himmelsſtraßen. Ein Proſabuch. (Kurt Wolff Verlag,
München.)
„Hinter Stein und Stacheldraht.” Auſtraliſche Schattenbilder von
Mar=
tin Trojan. (Druck von Carl Schünemann, Bremen.)
Südſlawien, Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. (10. Heft
der Schriften des Frankfurter Meßamts.)
Muſikblätter des Anbruch. März=Heft 1923. Einzelheftpreis zurzeit
2000 Mk. (Univerſal=Edition A.=G., Wien I., Karlsplatz 6.)
Im Lande unſerer Urenkel. Von Adam Karrillon. (G.
Grote=
ſche Verlagshuchhandlung, Berlin.)
Der P. G. Heitere Bilder aus der Kriegsgefangenſchaft von Karl Max
Böttcher. 214 Seiten Kl. 8. Pappband. Grundpreis 2 Mk.
Schlüſſel=
zahl des Börſenvereins. (Veduka=Verlag, Dillingen a. D.)
Das Weſen des Antiſemitismus von Heinrich Graf Coudenhove=Kalergi,
Dr. jnr. et. phil. (Der Neue Geiſt=Verlag, Leipzig 1923.
Otto Erich Kieſel: Der Golfſtſtrom. Roman. 397 Seiten. (Verlag von
Georg Weſtermann, Braunſchweig und Hamburg.)
Jugendgerichtsgeſetz vom 16. Febriar 1923. Textausgabe mit Einleitung
und einem Abdruck der Begründung der Reichstagsvorlage und des
namens des Reichsausſchuſſes dem Reichstag erſtatteten Berichts.
(Verlag von Franz Vahlen in Berlin W. 9, Binksſtr. 16.)
Hans Henny Jahnn: „Der Arzt, ſein Weib, ſein Sohn‟ Drama.
Grundpreis broſch. Mk. 3,50, in Ganzleinen geb. 5.50 Mk. (Ugrino,
Abteilung Verlag, Klecken Kreis Harburg.)
Franz Blei: „Das große Beſtigrium der mobernen Litergtur.” (Ernſt
Rowohlt Verlag, Berlin.)
Nummter 96.
O Aus dem ſüdweſtlichen Obenwald, 7. April. Die
Heidel=
beerſträucher, ſtehen eben in voller Blüte und verſprechen eine
reiche Ernte.
nr. Seligenſtadt, 6. April. Die neuen Mietfätze. Die
Hun=
dertſätze für die Hausmieten haben für den Monat April eine
Steige=
rung von 6900 Prozent erfahren. Kleinere Reparaturen in der
Woh=
nung müſſen vom Mieter getragen werden.
r. Babenhauſen, 7. April. Bei der vorgeſtrigen
Holzverſtei=
gerung im hieſigen Gemeindewald wurden für 2 Rm. Scheiter rund
100 000 Mark und für zwei Raummeter Knüppel rund 80 000 Mark
gelöſt. Die nächſte Holzverſteigerung findet am komenden Montag,
den 2. April, ſtatt. — Bei der Geneinderarsſitzung heute geſtellt. Um ſie aber vor den Nachforſchungen der Kriminalpolizei zu
wurden die Bauarbeiten für die neu zu erbauenden Doppelwohnhäuſer
wie folgt vergeben: Die Maureraubeiten für das große Haus an die
hieſigen Maurer W. Lautz und K. Cichhorn, für die beiden kleinen
Häuſer an die Gebrüder Fleckenſtein in Schlierbach=Langſtadt die
Zimmererarbeiten an Fr. Karp und Ph. Monat hie
Ele Neiſkauandstau aun den det Halfen ind er ge Mtinden Af.
vorgeſehen. Aus Sparſamkeitsrückſichten ſoll nur ein gemeinſamer
guter Brunnen für die neuen Häuſer erbaut werden. Bei der
Aus=
führung der Bauarbeiten ſollen von den Unternehmern möglichſt hieſige
Arbeiter berückſichtigt werden.
wd. Mainz, 7. April. Von der Beſatzungsbehörde wurde ein noch
zugendlicher Taglöhner ausgewieſen, nachdem er wegen Teilnahme an
den Demonſtrationen gelegentlich des Thyſſenprozeſſes zu einer kurzen
Gefängnisſtrafe, verurteilt worden war und dieſe auch verbüßt hatte.
Mit ihm wurden auch ſeine Eltern ausgewieſen und — im
Ausweiſungs=
befehl beſonders erwähnt — auch deſſen 14monatiges
Brüder=
chen Emil ... wegen Gefährdung der Sicherheit der
Beſatzungstrup=
ben . .! Ausgewieſen wur
De e eie eundin ue elehanelie
Polizeiſekretär J. Königsfeld=Mainz. Von der Rheinlandkommiſſion
wpurden weiter ausgewieſen: Werkſtättenvorſteher Gg. Fürſtenberg=
Mainz, Eiſenbahnaſſiſtent Wilh. Krick, Güterbodenarbeiter Ph. Kappel,
Hilfsſchaffner Peter Lauterbacher, Bahnwärter Friedrich Wolf II.,
Hilfs=
rottenführer F. Wolf, Obergütervorſteher Fürſtenfeld, Weichenwärter
Wilh. Schmidt, Eiſenbahnafſſiſtent Joh. Lauterbach, Oberladeſchaffner
Karl Oberſt und Bahnhofshilfsarbeiter Ph. Nies, ſämtlich in Kreuznach.
Mainz, 7. April. Das geſtohlene Auto. Ein
Bauunter=
nehmer aus Gonſenheim unternahm am zweiten Oſterfeiertag eine
Auto=
fahrt nach Ebersheim. Dort hielt er mit ſeinen Fahrgäſten in einer
Wirtſchaft Einkehr. Obſchon die Fahrgäſte abwechſelnd die Aufſicht über
das an der Wirtſchaft ſtehende Auto hielten, war dasſelbe auf einmal
verſchwunden. Bewvohner von Ebersheim ſahen, wie mehrere Perſonen
das Auto beſtiegen und in der Richtung nach Mainz davonfuhren.
th. Mafnz. 6. April. Unbekannte Diebe haben aus einem
Geſchäftshauſe in der Stadthausſtraße Stoffe im Werte von mehreren
Millionen Mark geſtohlen.
Mainz, 7. April. Millionenbeute machten Einbrecher, die
Eeilt Ge elſticl iche e ete eit ide
ſie den Schlüſſel zum Kaſ chrank. Der Schrank enthielt hohe
Geld=
ſummen, welche die Diebe reſtlos zu ihrer Veute machten. Außerdem
eigneten ſie ſich noch eine größere Anzahl 1921er feinere Flaſchenweine an.
Mainz, 7. April. Die Näherin und Putzfrau Thereſe Klein aus
Heihtsheim hatte von dem dortigen Landwirt Ad. Joh. Jung Milch
gerauft und ſie am nächſten Morgen zu einem Mainzer Kaufman
ge=
bracht. Am 21. Dezember waren die von der Klein überbrachten drei
Schoppen Milch ſo ſchlecht, daß der Kaufmann die Milch dem chemiſchen
Unterſuchungsamt übergab. Es ſtellte ſich durch die Untexſuchung
fol=
gendes heraus: Die Klein, eine etſvas beſchränkte Perſon, hatte in die
leere Kanne ihr Kopftuch geſteckt und abends beim Milchholen
bergefſen, das Tuch herauszunehmen. Erſt am anderen Morgen, als ſie
die Milch nach der Stadt bringen wollte, fand ſie ihr Kopftuch in der
Kanne. Sie nahm es heraus, drückte es über der Milch aus und gab
noch Brunnenwaſſer über das Tuch, damit die Milch beſſer aus dem
Tuch herauskam. Außer der Klein wurde auch der Landwirt Jung
wegen Milchfälſchung angeklagt. Jung wurde freigeſprochen, die Klein
mit zwei Wochen Gefängnis beſtraft.
Dr.F.8. Alzey, 6. April. Der Volksbildungsverein
Alzey hatte zu einem Vortrag im Lehrerſeminar eingeladen.
Stu=
dienrat Dr. K. Liſtmann=Darmſtadt ſprach über die plaſtiſche Kunſt der
Griechen und unterſtützte ſeine Darbietungen durch eine Reihe
wohlaus=
gewählter Lichtbilder. Auf keinem Gebiete griechiſcher Kunſt haben ſich
Feinheit und Meiſterſchaft ſo überragend entfaltet wie in den
Schöpfun=
gen der Plaſtik. Zwar ſind nur geringe Reſte aus der Ueberfülle des
einſt Vorhandenen auf uns gekommen, faſt nichts iſt unverletzt geblieben.
Sehr häufig können wir nur aus Kopien auf die überragende Schönheit
des Originals ſchließen. Aber ſelbſt dieſe mehr oder weniger
verſtüm=
melten Bildwerke bezeugen uns den hohen Kunſtſinn jenes Zeitalters.
Die Darlegungen des Vortragenden fußten in der Erwägung, daß bei
kaum einem Volk in ſolchem Maße die äußeren und inneren
Voraus=
ſetzungen für eine ſo glänzende Entwickelung der Kunſt gegeben waren
wie bei den Griechen. Sie wurzeln in der Harmonie der körperlichen,
ſittlichen und äſthetiſchen Kräfte, die in dem Streben nach der
Vereini=
gung des Schönen und Guten ihren Ausdruck findet. In trefflichen
Dar=
bietungen zeigte dann der Redner die Entwickelung der griechiſchen
Pla=
ſtik durch ungefähr acht Jahrhunderte hindurch im engſten
Zuſammen=
hang mit der Entwickelung des geiſtigen, kulturellen und ſtaatlichen
Le=
bens des Griechenvolkes. Eine erſte Stufe, etwa vom 7. Jahrhundert
bis 480 v. Chr., in der ſich die Plaſtik allmählich frei von fremden
Ein=
flüſſen macht und zur nationalen ſelbſtändigen Kunſt wird. Dann die
klaſſiſche Periode bis ungefähr zum Tode Alexanders des Großen (323
v. Chr.). Polyklet, Phidias und Praxiteles ſind die Namen der
Künſt=
ler, die mit dieſer Blütezeit der griechiſchen Plaſtik unauslöſchlich
ver=
bunden ſind, die Akropolis von Athen, der Zeustempel von Olympia,
die Orte, an denen ſich in hervorragender Weiſe die Kunſt dieſer Zeit
auswirkt. Zur meiſterhaften Bearbeitung des Materials geſellt ſich die
Verinnerlichung der Darſtellung, der menſchlichen Seele wird Marmor
und Goldelfenbein eingehaucht, zur lebendigen Auffaſſung tritt das
Streben nach dem Erhabenen und Idealen. Der Erzbildner Lyſippos
leitet in die dritte, die helleniſtiſche Epoche (323 v. bis etwa 150 n. Chr.)
über. Entſprechend der politiſchen Entwickelung verlegt die helleniſche
Kultur ihren Schauplatz nach Aegypten und beſonders nach Kleinaſien.
Die Plaſtik ſpiegelt die veränderten ſtaatlichen und kulturellen
Verhält=
niſſe wieder. An Stelle des Strebens nach idealer Hoheit tritt eine
Vorliebe für das Leidenſchaftliche, für Schilderungen wuchtiger Kraft,
ein häufig modern anmutender Realismus, der vor Darſtellungen von
faſt abſtoßender Derbheit, nicht zurückſcheut. Der Redner verſtand es,
die einzelnen Stufen dieſer innerlichen abgeſchloſſenen Entwickelung
ſcharf herauszuarbeiten. Seine Darlegungen, die neben der
Beherr=
ſchung des umfangreichen Stoffes tiefgehende Hingabe und Begeiſterung
verrieten, weckten am Schluß den lebhaften Beifall der erfreulicherweiſe
ſehr zahlreich erſchienenen Zuhörer. Die Ausführungen haben ſicherlich
klar gezeigt, welche Ewigkeitswerte im Kunſtleben des Griechenvolkes
ruhen, welche Fülle von edlen und reichen Bildungskräften darin
ſchlum=
mert, und wie wertvoll es iſt, dieſe immer wieder unſerer Zeit zu
über=
mitteln und nutzbar zu machen.
wd. Aizey, 7. April. Vor kurzem feierte man in Alzey das
Kon=
firmationsfeſt. Auc ein Lehrer von hier, deſſen Kind
konfir=
miert wurde, weilte in der Kirche, um der Feier beizuwohnen.
Wäh=
rend der heiligen Handlung erſchienen Franzoſen in dem
Gottes=
haus, verhafteten den Lehrer, transportierten ihn ab und wieſen ihn
aus. Ein hieſiger Notau wurde ebenfalls aus der Kirche geholt
und ausgewieſen. — Man rühmt den Franzoſen Höflichkeit und
Takt=
gefühl nach. Dieſe Eigenſchaften ſcheinen bei franzöſiſchen Militärs
ins Gegenteil umzuſchlagen.
Nieder=Wöllſtadt, 7. April. Bei einem Pirſchgang am 2. Feiertag
morgens überraſchte Herr Helmut Beſt im Waldſtück „Alter Berg”,
Gemarkung Pelterweil, zwei Wildever. Es gelang ihm, einen
derſelben feſtzunehmen, während der andere flüchten konnte. Der
feſt=
genomnne Wilddieb, ein gewiſſer Groh aus Klein=Karben, war mit
Gewehr und Dolch bewaffnet. Sein Komplize ein Straßenwärter aus
demſelben Dorfe, trug keine Bewaffnung bei ſich.
ro. Schotten (Oberh.), 6. April. Der Neubauder ſtaatlichen
Förſterſchule geht ſeiner Fertigſtellung entgegen. Man hofft,
daß im Laufe des Sommers der Einzug der Schule, die eben in der
Landwirtſchaſtsſhule untergebracht iſt, erfolgen kann.
Schotten, 5. April. Der Neubau der hieſigen ſtaatlichen
För=
ſterſchule geht nunmehr ſeiner Fertigſtellung entgegen. Es iſt zwar
undahrſcheinlich, daß er mit Beginn des neuen Schuljahres nach Oſtern
bezogen werden kann, aber im Laufe des Sommers kann die
Förſter=
ſchule ſicherlich in ihr ſtattliches Heim einziehen. Bis dahin wird ſie
ihren Unterricht in den Räumen der landwirtſchaftlichen Winterſchule
abhalten. — Das im Nordende gelegene neue ſtädtiſche
Wohn=
haus iſt nun auch vollendet und wird nächſtens bezogen werden können.
Am Hohewieſenweg, in der Nähe des Bahnhofs, läßt der Staat, um
der Wohnungsnot zu ſteuern, ein Beamtenhaus errichten, wofür ein
großer Teil der Bauſtoffe ſchon angefahren iſt. Beteiligte Kreiſe hoffen,
daß die Wohnungen dieſes neuen Hauſes ſchon im Spätherbſt bezogen
werden können.
nr. Schetten (Oberheſſen), 7. April. Holzdiebſtahl. Im
ſogen. Schenkſchen Revier bei Rülfenrod ſind zirka 30. Naummeter
Brennholz geſtohlen worden
Aus der Reichshauptſtadt.
Eine große Hamburg=Berliner Diebes= und
Heh=
lezbande wurde am Donnerstag von der Polizei hinter Schloß und
Riegel gebracht. Ein in Hamburg bekannter Hehler namens Beutfeld
ſtiftete dort einen 17 Jahre alten Bureauboten Kaxl Müller, der bei
einer Spedition beſchäftigt war, an, einen Frachtbrief über fünf Kiſten
mit Rehfellen im Werte von einer halben Milliarde zu unterſchlagen
und ihm zu übergeben. In Verlin wurden die Kiſten einſtweilen
unter=
ſchützen, mietete man in der Bergſtraße einen Keller. Von hier aus
foll=
ten die Felle verkauft werden. Alexandrowiez, der Geſchäftsfreund von
Ventfeld, beſorgte eine ganze Bande von galiziſchen Schleppern, die
die Käufer heranbringen follten. Die Schlepper waren auch ſehr eifrig
tätig und boten an verſchiedenen Stellen Felle zum Kauf an. Die
Poli=
zei entdeckte zunächſt den Verkaufskeller. Hier fielen ſie jetzt überraſchend
ein und ſtießen auf mehrere Schlepper, die zunächſt von nichts wiſſen
wollten. Während ſie dieſe noch verhörten, kam auch Alexandrowicz
heran. Er wurde ebenfalls verhaftet. Die Verhafteten mußten nach
langem Widerſtreben endlich die ganze Beute preisgeben. Auch Karl
Müller war von Hamburg nach Berlin gekommen und mit den anderen
beteiligten Hamburgern in einem Hotel in der Nähe des Oranienburger
Tores abgeſtiegen. Als er von einem Ausflug zurückkehrte, wurde er
gleichfalls dingfeſt gemacht. Im ganzen wurden bis jetzt ſieben
Per=
ſonen feſtgenommen. Jeder hatte mehrere Millionen aus
dem Erlös der in Hamburg verkauften Felle bei ſich. Weitere
Verhaf=
tungen von Schleppern ſtehen noch bevor.
Evangeliſcher Reichselterntag in Braunſchweig.
Als Ergebnis der geſtrigen vielſtündigen Verhandlungen wurde
folgende Erklärung zur ſchulpolitiſchen Lage einſtimmig beſchloſſen:
„Der Vertretertag des Reichselternbundes erhebt im Blick auf die um
ſich greifende Schulnot von neuem die Forderung einer beſchleunigten
Verabſchiedung des Reichsſchulgeſetzes, und begrüßt deshalb jede
An=
ſtrengung in Parlament und Behörde, die uns dem Schulfrieden
näher bringt. Angeſichts der Bemuhungen um eine endgültige Löſung
der Schulfrage erklärt de Reichselternbund erneut, daß für die
evan=
geliſche Elternſanft nur ein Reichsſchulgeſetz annehmbar iſt, das der
erangeliſchen Schule volle Sicherheit und Entfaltungsfreiheit gewährt.
Wenn alle Verſuche auf dem bisherigen Wege zum Schulfrieden zu
gelangen, ſcheitern ſollten, ſo wird die evangeliſche Elternſchaft für
ihr gutes Recht und ihre heilige Pflicht mit allen geſetzlichen und
ver=
faſſungsmäßigen Mitteln weiterkämpfen, bis der Volkswille zur
chriſt=
lichen Erziehung ſein Ziel erreicnt hat.” — In einer zweiten
Ent=
ſchließung zur Lehrerbildung begrüßt und unterſtützt der
Reichseltern=
bund um der Kinder willen die Beſtrebungen der Lehrerſchaft nach
einer zeitgemäßen Ausgeſtaltung der Lehrerbildung in der Erwartung,
daß dabei die beſonderen Belange der evangeliſchen Erziehungsarbeit
die gebührende Berückſichtigung finden. Der Geiſt der Verhandlungen,
neben denen erſtmalige Sonderberatungen der Reichskommiſſion zur
Wahrung des chriftlichen Erziehungsgeiſtes der Leſebücher einhergingen,
fand in der Vorführung von „Glaube und Heimat” im
Wandellicht=
bild nach dem Drama von Karl Schönherr ſeinen bildhaft=künſtleriſchen
Ausdruck. Ein Erziehungsabend mit Vorträgen von Oberſtudiendirektor
Dr. Bruns=Magdeburg und Lehrer Dieſemer=Berlin über die
Er=
ziehungsaufgabe des evangeliſchen Haufes und der evangeliſchen Schule
brachte die Tagung zum Abſchluß, die — wie man erwarten darf —
ſich als eine bedeutſame Etappe auf dem Wege zu Frieden, Freiheit
und wahrem Fortſchritt im deutſchen Schulweſen erweiſen wird.
Familientragödie.
Goslar. Zerrütete Familienverhältniſfe haben zu einer furchtbaren
Familientragödie geführt. Die von ihrem Mann getrennt lebende Frau
Klinke wurde von dem Bräutigam ihrer Tochter erſchoſſen. Dann
brachte der Mörder ſeiner Braut einen tötlichen Schuß bei, um
ſchließ=
lich die Waffe gegen ſich ſelbſt zu richten. Auf den beiden Frauenleichen
fand die Polizei das ſechs Wochen alte uneheliche Kind, der Tochter
lebend vor.
Kardinal Faulhaber geht nach Amerika.
München. Kardinal Faulhaber hat mit der Hamburg=Amerika=
Linie eine Reiſe nach den Vereinigten Staaten
angetre=
ten, um dort den Wohltätern perſönlich zu danken und in einigen
Staaten Predigten und Vorträge zu halten. Die Reiſe hat nicht einen
politiſchen, ſondern rein charitativen Charakter und war im Stillen
lange vor der Amerikareiſe des Kardinals Mercier geplant. Der
Kau=
dinal hofft, ſeine Anſtalten, die als Landesanſtalten dem ganzen Land
Bayzern dienen, über die nächſten kritiſchen Zeiten hinüberzuretten.
Zur Gründung bes Deutſchen Vereins in Windhuk.
D.4.I. Der Deutſche Verein iſt durch den Zuſammenſchluß aller
bis=
her in Windhuk beſtehenden Vereine nunmehr begründet worden. Ein
feſtlicher „Deutſcher Abend” war durch alte deutſche Märſche der
be=
trächtlich erweiterten Kapelle der Windhuker Muſikfreunde eingeleitet,
nach einem Vorſpruch ſang der Männerchor „Horch, die alten Eichen
rauſchen”, Pfarrer Kaſchke hielt eine edle und Begeiſterung auslöſende
Feſtanſprache, Vorträge, Vorführungen des Turnvereins und Anſprachen
wechſelten ab.
Eine „gemiſchte” Flugpoſtlinie Liffabon—Riga?
RDV. Die Flugpläne für den kommenden Sommer liegen leider
immer noch nicht feſt, da eine Einigung Deutſchlands mit der
Inter=
nationalen Luftfahrt=Konvention bisher nicht erfolgte; man hofft jedoch,
bis zum 16. d. M. die deutſchen Flugpläne ſoweit ſichergeſtellt zu haben,
daß der Betrieb wenigſtens auf den Hauptlinien (Kopenhagen—
Ham=
burg—Berlin—Dresden-Prag, Berlin—-Königsberg—Riga—Moskau und
Berlin—Köln—London ſowie Berlin-Nürnberg—München—Genf)
auf=
genommen werden kann. Im „Luftweg” wird nun über Linienführung
und Flugpläne ein beachtenswerter Vorſchlag gemacht: das Flugzeug
ſolle grundſätzlich nicht mit den beſtehenden Verkehrsmitteln in
Wett=
bewerb treten, ſondern ſie ergänzen; unter dieſem Geſichtswinkel wird
eine Fluglinie Liſſabon—Riga vorgeſchlagen, die in engſter Verbindung
mit den Nachtſchnellzügen ſtehen ſoll, ſodaß ſich folgender Verkehrsplan
ergeben würde: 1. Tag Flugzeug Liſſabon-Barcelona; 1. Nacht
Schnell=
zug Barcelona—Marſeille; 2. Tag Flugzeug Marſeille—München; 2.
Nacht Schnellzug München—Berlin; 3. Tag Flugzeug Berlin—Riga.
Die ſo kombinierte Verbindung würde die Reiſedauer, die mit der Bahn
115 Stunden beträgt, auf 60 Stunden herabmindern. In München wird
eine Abzweigung nach dem Balkan vorgeſchlagen; die Strecke München—
Belgrad wäre in etwa neun Stunden zu durchfliegen, und der am
Spät=
nachmittag in Belgrad eintreffende Reiſende würde den Orient=Expreß
nach Konſtantinopel erreichen. Das Syſtem dieſer „gemiſchten”
Ver=
bindung iſt auf der Strecke Berlin—Moskau mit gutem Erfolge bereits
durchgeführt; in Königsberg erwartet das Flugzeug den von Berlin
kommenden Nachtſchnellzug, und dieſe Vereinigung der beiden
Verkehrs=
mittel dürfte, ſolange der Nachtflug nicht durchorganiſiert und geſichert
iſt, auf allen größeren Linien durchgeführt werden.
Sport, Spiel und Turnen.
Sportverein Darmſtadt 1898.
— Sonntag nachmittag halb 2 Uhr ſpielt eine Ligaerſatzmannſchaft
gegen den Fußballverein Hofheim. Die Hofheiner verfügen
und flinke Mannſchaft, die in allen vergangenen Ver=
anhänger lohnen.
Sportverein 98 (Leichtathletik).
Gymnaſtikexerzitien. Um eine Leiſtungsſteigerung durch
maximale Arbeit und eine tiefwirkende gymnaſtiſche Durchbildung vor
Beginn der Bahnwettkämpfe zu erzielen, findet für alle Mitglieder
eine Uebungswoche ſtatt in der Zeit vom Sonntag, den 8. April, bis
Sonntag, den 15. April. An Wochentagen jeweils abends um 6.15 Uhr
Sportplatz, Sonntag 10,15 Uhr Sportplatz. Der Zweck der Einrichtung
kann für den Einzelnen nur dann vollen Nutzen bringen, wenn er
ſich bei den täglichen Uebungen ohne Verſäumnis beteiligt. Nach der
Uebungswoche wird dann eine Ruhepauſe von 10 Tagen eingeſchaltet.
In dieſe Zeit fällt am 22. April als letzte Geländeveranſtaltung der
Frühjahrswaldlauf. Die Zeit bis zum 6. Mai wird zur Vorbereitung
der Mannſchaft für den Klubkampf mit S. C. Frankfurt 1880
ver=
wendet.
Die nächſten Veranſtaltungen. Nachdem am 2.
Oſter=
tag die Sportkameraden aus dem beſetzten Gebict ſich trotz aller
Hin=
deruiſſe unter Aufbringung erheblicher Opfer zur Beteiligung an der
wird ſich mit zwei Mannſchaften in Mainz beteiligen
Am 22. April ſchließt für Darmſtadt die diesjährige Waldlaufſaifon
mit dem Frühjahrswaldlauf des Sportvereins 98.
Die Bahnveranſtaltungen beginnen mit dem 8. Mai. An dieſem
Tage wird eine neue Sportſtätte in Frankfurt in Benutzung
genom=
men. Es findet ein Jugendklubkampf zwiſchen dem Sportrlub 1880
Frankfurt und Sportverein 98 ſtatt. Die Frankfurter nehmen an
die=
ſem Tage zum erſten Male ihren neuen Platz in Benutzung. Näheres
über den Klubkampf wird noch veröffentlicht,
Nedie Weche gernſif inte de Wuierse Narſchſfe gie
dem Plan zu ſehen. Die Mannſchaſt des Platzerins iſt ſehr ſiart
und konne bei ihrem letzten Spiel in Mannheim gegen den
Mann=
heimer F.K. Phönix, einen glat en 10:1=Sieg landen.
Norbbeutſcher Fußball.
Trotz Abwanderung guter Spieler ſchlug Viktori=Hamburg den
F.K. Pforzheim 4:2. Viktoria zeigte vollendete Tonleh=Schule, fand ſich
in der zweiten Halbzeit prächtig zuſammen und drängte Pforzheim
töllig zurück. — Eimsbüttel ſchlug Gäſte aus Malmö 5 2. während
Holſtein=Kiel von den Malmöern wie Spielvereinigung Fürkh 5:1
ge=
ſchlagen wurde. Kilia=Kiel wurde von der Braunſchweiger Eintracht
6:0 geſchlagen. Die Leute aus der Löwenſradt ſcheinen wieder die
ge=
fürchtete Mannſchaft früherer Zeit zu werden, als Harder, Queck und
Runge in ſelbiger wirktonk. — Die beſten Fußballmanaſchaften
Deutſch=
lands ſind zur Zeit der Hamburger Sportverein und Spielvereinigung
Fürich. Am Karfreitag iſt dies in Hamburg bewieſen. Denn ebenſo
gut wie Fürth 3:2 gewana, konnte es Hamburg auch. Bei Hamburg
fehlte der internationale Verteidiger Carlſon und bei Fürth der gute
Mittelläufer Lang. Hamburg derſchoß einen Elfmeter und der
Erſatz=
dreidiger Speher leiſtete ſich durch ein Mißverſtändnis mit Martens
im Hamburger Tor einen Eigen=Goal, ſomit hatten die Fürther einen
billigen Erfolg. Die Fürther Außenläufer hatten ihre liebe Not, um
die ſchnellen Flügelſtürmer der Hanſeater zu halten; Lohrmann im
Tor war viel der Retter in der Not, er hatte mahr zu tun wie ſein
Gegenüber. Die Fürther Verteidiger ſpielten oft körperlich, namentlich
Wellhöfer leiſtete ſich viele Fauls, was dem Publikum nicht gefiel. Der
Mittelläufer Halverſon vom Hamburger Sportverein zerſtörte im
Ver=
ein mit Flohr die Fürther Angriffe; Halderſon war gut, aber gegen
St. Georg und Eimsbüttel noch beſſer. Bei Fürth gefielen Tohrmann,
Hagen, Franz und Seidesen. Hoher dagegen enttäuſchte.
Kr.
Frühjahrs=Eröffnungsrennen des „Darmſtäßter Radſport=Klubs 1919‟.
Wie alljährlich, findet heute das Frühjahrs=Eröffnungsrennen
ſtatt. Es iſt mit einer ſtarken Beteiligung zu rechnen. Begünſtigt
durch das herrlihe Fruhjahrswetter, hat das Training rechtzeitig
ein=
ſetzen können, ſo daß ſich unter den gemeldeten Rennfahrern bereits
einige in beſter Form befinden. Dem vorjährigen Meiſter und
Fävo=
rit des Klubs Adam Offenthal=Eberſtadt, wird ſich ein gut trainiertes
Feld entgegenſtellen, mit dem er zu rechnen haben wird. Start iſr
am Böllenfalltor, vormittags 9½ Uhr pünktſich. Es wird in
Minutenabſtänden geſtartet und führt die Rennſtrecke über Nieder=
Ram=
ſtadt — Ober=Ramſtadt — Roßdorf — Gundernhauſen — Dieburg—
Einſiedel nach dem Ziel Oberwaldhaus, woſelbſt die erſten Fahrer etwa
um 10½ Uhr eintreffen werden. Anſchließend an das Nennen findet
Bekanntgabe der Reſultate im Oberwaldhaus ſtatt.
Main=Rhein=Gau (D. T.). Sonntag, den 8. April,
nachmittags 1,30 Uhr, beginnen auf dem ſchönen, mitten im Walde
gelegenen Sportplatze des Turnvereins Pfungſtadt die Spiele um die
Gaumeiſterſchaft im Fauſtball für das Jahr 1923. Freunden und
Ver=
ehrern des ſchönen Turnſports iſt dabei Gelegenheit geboten, das ſchöne
alte Turnſpiel in hoher Vollendung zu ſehen.
Chokolade Likör
Morsettes
DER BEVORZUGTE LIKOR DER U
LandauersMachott
HEILBRONN
SORB
Im Gebrauch die billigste Bereifung
Die Weltmarke bürgt für Oualität!
beseitigt sicher
Hiilneraagen
das Badikalmitel Lebevohl.
Hornhaut a. d. Fußsohlen verschwindet durch
Lebewohl-Ballen-Scheiben.
In Drogerien u. Apotheken. (I.2104
Man verlange ausdrücklich „Lebewohi”.
Rc.
f
SexFlish
Frowamaile
bav onzust
Migräne. Zahnschmer z Rheume
Rasch wirkend
erhältlich
in Apotheken.
U5s
Tageskadener.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 9½ Uhr
(4 21): „Der Freiſchütz”. — Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, Ende
9½ Uhr (Zuſatzmiete Vl2): „Bunbury”; vormittags 11½ Uhr,
Vor=
trag Reichskunſtwarts Dr. Redslob: Bühne und bildende Kunſt. —
Orpheum, 734 Uhr abends: „Der blonde Engel” —
Sport=
platz=Reſtaurant: Nachmittags 4 Uhr Kaffeekonzert. —
Herrngarten: Vormittags 11 Uhr Promenadekonzert. —
Theſta=Klub: Nachmittags 4 Uhr im Fürſtenſaal
Stiftungs=
feſt. — Städtiſcher Saalbau: 7 Uhr abends Tanz.
Nummelbräu: Nachmittags 4 Uhr Konzert. — Union=,
Reſi=
denz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=
Vorſtel=
lungen.
Verſteigerungskalender. — Montag, 9. April.
Mobiliav=Verſteigerung vormittags ½10 Uhr und
nach=
mittags ½3 Uhr Ernſt=Ludwigſtraße
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Pau!
Lange — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Aummer hat 10 Seiten
und Nuterhaltungsblatt,
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.
Rummer 96.
Ein ltebes, gesendes
Töchter-
cben wurde aus heute geschenkt.
Kammermnsikar Alfred Günther
u. Frau Toni, geb. Sttebrltz
Darmstadt, am 5. April 1923
Dicburgerstr. 4, II.
(*9552
Die glückliche Geburt einer
kräftigen Jungen zeigen an
Jahnarzt Münch u. Frau
Martha, geb. Bauer
Darmstadt, den 6. April 1923
Bessungeeitraße 68
(49584
Nachruf.
In der Nacht zum 5. April verſchied nach langer, ſchwerer
Krankheit
Herr W. Schuckmann
Apotheker.
Ich verliere in dem Verſtorbenen einen Abteilungsvorſtand,
deſſen lauterer Charakter, Gewiſſenhaftigkeit und Zuverläſſigkeit
ſein allzufrühes Hinſcheiden mich beſonders ſchmerzlich
emp=
finden läßt.
Ich werde ihm allezeit ein dankbares Andenken bewahren.
Darmſtadt, den 7. April 1923.
E. Merck.
Durch besonders günstigen Einkauf
offeriere nur s0 lange Vorrat reicht
weit unter houtigem Tagespreis!
Jumpers
von 10000.— an
Ueberblusen
von 8500.— an
Kinderkleider
von 6500.— an
Kunstblumen aus Wolle 400.—
Ein Posten Strickhüte 3000.—
Seidene Jumpers . .... . . . . Mk. 26 000.—
Lina Adler /Mauerstraße 20
Emilie (Eigenbrodt
Aug. KarlOarmſtädter
Verlobte
Darmſtadt
(*9563
Ae
Käthe Heiligenthal
Gustav Löwenstein
VERLOBTE
Darmstadt, 8. April 1923
(9556
Statt beſonderer Anzeige.
Nach ſchwerem, mit großer
Ge=
duld ertragenem Leiden wurde
ar Freitag Abeud meine liebe
Frau, unſere herzensgute, ſtets
treubeſorgte Mutter, Großmutter
(29631
und Schwiegermuitter
Todes=Anzeige.
Heute Abend entſchlief ſanft nach ſchwerem
Leiden im 82. Lebensjahre unſere gute Mutter,
Schwiegermutter und Großmutter
geb. Hild
Darmſtadt, 6. April 1923, Dayton, Ohio.
Lauteſchlägerſtr. 26.
Fantilie Leisler
Weitzel
v
„ Kunz.
*9607)
Die Beerdigung findet in der Stille ſtatt.
geb. Karg
durch einen ſanften Tod erlöſt,
Darnſtadt, den 7. April 1923,
In tiefer Trauer:
Grurtz Heid,
Guſtau Lang 1i. Frau, Margarete,
geb. Heid,
Willz, Feun u. Fran, Marie, geb.
Heid, und 3 Enkelkinder,
Auf Wunſch der teuren
Entſchla=
fenen findet die Beerdigung in
aler Stille ftatt. Von
Beileids=
beſuhen bitten wir Abſtand zu
nehmen.
Rückvergütung
von Verbrauchsabgaben.
Anſprüche auf Rüdvergittung von
Ver=
brauchsabgaben aus dem
Verwaltungs=
jahr 1922 (1. April 1922 bis 31. März
1923) müſſen unter Vorlage der
dies=
bezüglichen Ausfuhrbeſcheinigungen (
zu=
ſammengeftellt) und der Quiktungen über
die bezahlte Verbrauchsabgabe längſtens
bis zum 10. Mai ds, Is. geltend
gemacht werden.
Darmſtadt, den 4. April 1923.
st2889) Der Oberbürgermeiſter.
Kanalbauarbeiten.
Die Herſtellung von 165 m
Zemeut=
rohrkanal ſoll vergeben werden.
Arbeitsbeſchreibungen und
Bedin=
gungen liegen bei dem Tiefbauamt,
Zimmer Nr. 5, während der Dienſtſtunden
zur Einſicht offen. Auch werden dort die
Angebotſcheine abgegeben.
Angebote ſind bis Mittwoch, den
18. 2priz Ifd. Js., vorm. 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Darmſtadt, den 6. April 1923.
Tiefbquamt. (st2870
Allen Vertvandten und
Bekann=
ten hiermit die traurige Nachricht,
daß geſtern abend mein
innigſt=
geliebter Mann, unſer guter Vater,
Sohn, Bruder, Schwiegerſohn,
Schwager, Neffe und Onkel
Ernſt Müller
Poſtſchaffner
nach ſchwerem Leiden ſanft ent=
(29641
ſchlafen iſt.
Im Nazen der
tieftrauenden Hinterbliebenen:
Frau Margarete Müller
geb. Schäfer, und Kinder.
Darmſtadt, den 7. April 1923.
Die Berdig. find. Montag, 9. April,
nachm. 3 Uhr, a. d. Waldfriedh. ſtatt.
Dankſagung.
Für die Beweiſe herzlicher
Teil=
nahme beim Hinſcheiden meines
lieben Mannes
Ludwig Molter
fagen allen herzlichſten Dank.
Be=
ſonderen Dank Hrn. Pfarrer
Lauten=
ſchläger für die troſtreichen Worte.
Frau Eliſabeth Molter
und Kind.
Darmſtadt, 7. April 1923. (*9627
Fahrräder
gebranchte, für Herren und Damen
von 180000 Mark an, ſowie faſt
neue (nur einige Tage gefahren)
ſehr preiswert!
ze Stiftſtr.
Hans Ripper z
(*9443
Anzuſehen jederzeit.
Im Anſchluß an die von den
unter=
zeichneten Finanzämtern an dieſer Stelle
erlaſſene öffentliche Aufforderung vom
25. 1. 1923 wird hiermit bekanntgegeben,
daß die Friſten für die Abgabe einer
Steuererklärung für die Veranlagung
zur Einkommen=und
Kapitalertrags=
ſteuer für das Kalenderjahr 1922 ſowie
für die erſte Veranlagung zur
Ver=
mögensſteuer und für die Veranlagung
zur Zwangsanieihe auf den Monat
April verlegt wvorden ſind. Die
Steuer=
erklärungen ſind daher ſpäteſtens bis
zum 30. Aprik 1923 abzugeben. Wer
zur Abgabe einer Steuererklärung
ver=
pflichtet iſt, ergibt ſich aus der oben
er=
wähnten Bekanntmachung vom 25. Jan.
923. Für die Vermögensſteuer und
Zwangsanleihe beſteht jedoch eine
Ab=
weichung inſofern, als zur Abgabe der
Steuererklärung nur verpflichtet iſt, wer
am Stichtag (31. Dezember 1922) ein
Vermögen von mehr als 400 000 Mark
beſeſſen hat.
Die Vordrucke für die Vermögens=
und Einkommenſteuer werden den
in Frage kommenden Steuerpflichtigen
vom Finanzamt anfangs April
über=
ſandt werden. Wer zur Abgabe der
Steuererklärungen verpflichtet iſt, aber bis
zum . April die Vordrucke nicht
er=
halten hat, iſt verpflichtet, die Vordrucke
vom Finanzamt nach dem 15. April d8.
(2868
Js. abzuholen.
Darmſtadt und Langen, 6. Aprik 1923,
Die Finanzämter:
Daumſtadt=Stadt. Darmſtadt= Land. Langen
Rieich LudeAngeige.
nachm. 6 Uhr, ſollen auf freiwilligen
Antrag des Ludw. Schaub zu
Darm=
ſtadt die nachverzeichneten Liegenſchaften
in der Gewarkung Eberſtadt öffentlich
meiſtbietend im Rathaus dahier ver=
(2884
ſteigert werden:
1. Flur II. Nr. 343, Acker am Ulvenberg
— 806 qm,
2. Flur XXI, Nr. 71, Nadelholz am
ſtei=
nernen Kreuz — 1356 qm.
Eberſtadt, den 6. April 1923.
Heſſ. Ortsgericht Eberſtadt.
Schäfer,
Boddelauer
Speiſeartoſ gzin.
geſchnittenes
Schwartenholz
zentner= u. fuhrenſo.
liefert (*9540
Stilling
Hochſtr. 4. Tel. 421.
Badiſche (mittelfrühe),
Mäuschen (
Salatkar=
toffeln), Induſtrie;
glanzhelle friſch
ver=
leſene. Iwiebeln
äußerſt billigſt (29601
Franz Thüſing
Kartoffel-Großkandlen
Pallaswieſenſtr. 39
Telephon 2337.
Mandel=
kleie
zur
Haut=
pfiege
Steindoſe
Mk. 150,—
Georg
Liebig & Co.
Nachf.
Luiſenſtr. 4. (2861
Ren Fuhrwerk
geht in nächſter Zeit
wiederh. 67
nach Frankfart,
Beiladung b:s25Ztr.,
auch für Rücktransp.,
erwünſcht. (1176a
Peter Walter
Alter Arheilgerwveg.
Fernſpr. 2222
geht 10.
Fuhrwert April
nach Frankfurt.
Bei=
ladung erwünſcht.
Straub,
Pallas=
wieſenſtr. 85.
Magerkeit;
Schöne volle
Körper=
form d. unſ.griental.
Fraftpitien (f. Damen
hervorragend, ſchöne
Büfte), preisgekr. m.
gold. Redaikte u.
Eßrendiplomen, in 6=8
Wochen b. 30 Pto.
Zun. Gar. unſchädl.
Aerztl. emtf. Streng
reell. Biele
Dank=
ſchreib. Preis: Packg.
(100 St.) Mk. 1950.—
zuz. Borto (Poſtanwv
vd. Nachn.) Fabr. 2:
Franz Steiner ECo.;
G. m. b. B., Berlin,
W 30Z71. (E,2319
In Darmſtadt zu
haben bei: Medizinal=
Drog. Fr. R. Beckenhaub.
R Asthmia WI
kann in etw. 15 Woch).
geheilt werden. —
Sprechſtunden in
Frankfurt a. Main,
Neue Painzerſtr. 8,
I. Tr. (
Untermain=
brücke), jeden
Mitt=
tsoch von 9—1 Uhr
Dr. med Riberis
Speztalarztf
Aſthma=
leiden, /E,295
V
eſſunger
(B,”
Verſteiget
nächſten Mittwoch, den 11. April,
vormittags 10 Uhr,
Soderſtraße 9
u. a. 1 Trumeauſpiegel, 1 Vertiko, eine
Plüſchgarnitur (Sofa u. 2 Seſſel), eine
Flurgarderobe, 1 Salontiſch, 6 feine
Eßzimmerſtühle, Ziertiſche, 1
Aus=
ziehtiſch, 1 nußb. Serviertiſch, Tiſche,
1 ſehr guter Kameltaſchen=Diwan, ein
Schränkchen, 1 großer Goldſpiegel, ein
Klappſeſſel, 2 Chaiſelongues, 1
Näh=
maichine, 1 Blumenkrippe, 1
Handtuch=
geſtell, 1 Küchenſchrank, 1 Tiſch.
Topf=
bretter, 1 Treppenſtuhl, 1 Bügelbrett, 1
Küchenwage, 1 Tonnengarnitur, 1
Gas=
herd, 1 Eisſchrank (faſt neu), 1
Eis=
maſchine (8 Liter), 1 Waſchmaſchine, 1
Arbeitstiſch (für Goldarbeiter,
Uhr=
macher uſw. geeignet), Plüſchportieren,
Vogelkäfig, Vorhaugſpanner, andere
Vor=
hänge, Herxenkleider, alte Bilder,
eine große Anzahl Gartenlanben, Bücher,
Noten, Lampen, Küchengeſchirre, Gläfer,
Porzellan uſw.
(2881
1 gute Zinkbadewanne.
Anzuſehen ³/, Stunde vorher!
Darmſtadt Kch. Hilsdorf
Waldſtr. 3
Amtsgerichtstazater.
Verſteigerung.
Montag, den 9, April u. Dienstag,
den 10. April ds. Js., jeweils
vor=
mittags .10 Uhr u. nachmittags
1/,3 Uhr beginnend, verſteigere ich auf
Antrag in meinem Lokale
(2712
9 Ernſt=Ludwigſtr. 9
wegen Aufgabe des Haushaltes des Herrt
Reg.=Rates Fuchs gegen Barzahlung:
1 Eßzimmer, eiche, 1 Büfett, 1
Kredenz, 1 Ausziehtiſch, 9 Rohrſtühle.
1 Schlafzimmer, nußbaum, zwei
Betten mit Sprungrahmen, 1
Spiegel=
ſchrank, 1 Waſchkommode m. grauer
Marmorpl., 2 Nachtſchränke m. desgl.,
1 Handtuchhalter.
1 ciſ. Bett, weiß lack., m.
Kapol=
matratzen, 1 Sofa u. 2 Seſſel, rot.
Plüſch, 1 Sofa, 12 Rohrſtühle, 4
Polſter=
frühle, 3 Hocker, 1 Triumpfſtuhl.
Nohrſtühle.
1 Bertiko, 2 Kommoden, 1 Truhe,
1. Glasſchrank, 1 Bücherſchrank, 1
Pfeilerſchrank,1 zweitür. Wäſcheſchrank,
2 eintür. Kleiderſchränke.
1 D.=Schreibtiſch, weiß lack., 1
Ausziehtiſch, 1 Nähtiſch, 2 Bauerntiſche,
1 Stegtiſch, 1 halbrunder Tiſch mit
Schildpattplatte, 1 Servierbock mit
Platte, 1 Waſchtiſch mit grauer
Marmorplatte.
1 Küchenſchrank, 1 Anrichte, 1 K.=
Tiſch, 3 K.=Stühle, 1. Ablaufbrett, 1
Eisſchrank, 1 Waſchmaſchine, 1
Zink=
büfte, 1 Mehlkaſten.
1 Flurgarderobe, 1 Kleiderſtock,
1. Konſolſpiegel mit Marmorplatte,
1 Paneelbrett, 1 Regulator, 1
Kuckucks=
uhr, 1 Barometer, 1 elektr. Stehlampe,
Hängelampe, 3 Zierfäulen.
1 Partie Gartenmöbel, 1.
Naſen=
mähmaſchine.
1 Nähmaſchine.
Waſchgarnituren, Aufſtellſachen, Glas,
Samowar, Meſſing.
nußbaam, faſt
1 Klaviet, nen.
Damen= und
Herrenräder
in eleg. Ausführung.
Fahrradgummi
ſowie ſämtl. (*9394fg
erhalten Sie zut
aller=
günſtigſten Preiſen
Heinheinerſtr. 16
Spez.=Fahrr.=Rep.=Werkſt.
Gg. Hahn.
Kein Laden. Kein Laden.
Das Asfahren
von Holz aus dem
Wald wird billigſt
übernom. Beckr.
Telephon 957. (*9597
Anſtreicher=
arbeiten
werd, allerbilligſt ar
gefüh
(Gemeindewald Ober=Ramſtadt.)
Dienstag, den 10. April 1923,
vormittags 9 Uhr anfangend,
wer=
den im Forſtort Geiſenwald verſteigert:
Stämme: Fichten Kl. Vb 26 Stück —
5,17 tm,
Lärchen Kl. V 8 Stück —
1,75 fm.
Derbſtangen: Fichten Kl. 1 241 Stück
— 29,73 fm,
Fichten Kl. II 438 Stück
— 28,00 zw,
Lärchen Kl. T 20 Stück
— 1,78 fm,
Lärchen Kl. II.,66 Stück
— 4,16 im,
Reisſtangen: Fichten 62 St. — 1,14 im
Zuſammenkunft der Steigerer auf der
Kreisſtraße Ober=Namſtadt — Roßdorf,
am Eingang des Waldes.
(2862
Ober=Ramſtadt, den 4. April 1923.
Heſſiſche Bürgermeiſterei.
Rückert.
Tiſche u. Stühle und Rutzpenwagen z
k. Schmidt, Schloß=
auf die mundelsichere wertbeständige
5‟0 Mestfälische Kohlenwert-Anleihe
der Landesbank der Provinz Westfalen
unter Garaatie der Provinz Westfalen
in Stücken von je 1 und 5 Tonnen westfälischer
Fett-
förderkohle /Erzeugerpreis, also Syndikatspreis
abzäg-
lich Kohlensteuer, Umsatzsteuer u. anderer Zuschläge).
Die Zeichnung erloigt bis zum 12 Aprild J. zum
Zeichnungspreis je Tonne ℳ 29000.— endgültig).
Zeichnungsstellen sind alle Banken und
Spar-
kassen und die Landesbank in Münster i. W. Die
Zeichnungsstellen geben ausführliche Prospekte ab.
Die Zeichnungen werden nach der Reihenfolee des
Eingangs berücksichtigt. Bevorzugt werden
Zeich-
nungen, für welche der endgültige Zeichnungspreis
(89000 ℳ je Tonne) vorausgezahlt wird.
Voraus-
gezahlte Beträge werden bis zum Zeichnungstermin
mit 10% verzinst Stückzinsen werden nichtberechnet.
Münster i. W., den 29. März 1923. (TV,2038
Eamdesbank der Provinz Westfalen.
Oace
Fühnssaugen.
oenn mußt Du
Kukirol
gebrauche
Der Valutaprolet.
Beſichtig.: Sonntag von 2—5 Uhr.
Darmſtadt, den 6. Aprik 1923.
Aaaß
Amtsgerichtstaxator.
Kaufmann
erſter Geſellſchaftskreiſe ſucht ſich mit ca.
50 Millionen an beſtehendem Fabrikbetrieb
oder Engros=Geſchäft tätig zu beteiligen.
Verſchwiegenheit zugeſichert und verlangt
Angebote unter B 11 an die
Geſchäfts=
ſtelle dieſes Blattes. (374Imt
VIII.
(II. 2866
(Aufheben!)
(Fortsetzung folgt!)
Piedecubiste beschließt, durch den Besuch des Kinostückes
Antoneita Czerna, die Fürstin der Wildnis, oder der
Braut-
kuß auf dem Grabe um Mitternacht” etwas für die Abrundung
seiner Bildung zu tun und sich während der Vorstellung
möglichst gebildet zu benehmen, bekommt aber einen sehr
schlechten Eindruck vom Bildungserade des deutschen Pub-
1kums, denn als er mit seinen großkalibrigen Füßen durch
1 Eß=Service für 18 Perſenen, die unbeleuchteten Stuhlreihen gent, hört er, so ungebildete
1 Kaffee=Service für 12 Perſonen, 2/Worte wie: „Trampeltier infames”” und „Saubauer, denkst du,
ich habe meine Hühneraugen gestohlen?" Ja, sogar als er
sich zu dem angewiesenen Sitze begibt und seine Nachbarn
Kriſtall, Porzellan, Spiegel uiw. mit einer höflichen Verbeugung begrußt, bekommt er eine
Antwort, die seine cchon Ins Wanken geratene Ueberzeugung,
daß die Deutschen sales Boches seien wieder befestigt Erst
als er bemerkte, daß er auf sämtlichen Zehen des Herrn
steht, wird ihm der Grund von dessen Aufregung klar, und
als er auf seine teilnehmende Frage, ob er Hühneraugen habe,
erfährt, daß dem allerdings so gei, erklärt er, dagegen gebe
es nicht Besseres als Kukirol. Es lindert sofort den Schmerz,
und in wenigen Tagen 1öst es sich so leicht ab, als wenn
man ein Blatt vom Baume bricht. Wer Hühneraugen hat,
der sündigt an sich selbst, wenn er nicht Kukirol verwendet.
Das Kukirol-Fußbad aber ist ein herrliches Mittel zur
Fuß-
pflege. Es hält die Füße warm und trocken, stärkt Nerven
und Sehnen und macht die Haut lind, weich Beide
Präpa-
rate sind in allen Arotheken und Drogorien zu haben,
Hergestellt werden sie in der
Kukirol-Fabrik Groß-Salze bei Magdeburg
Nehmen Sie aber nur das echte, millionenfach bewährts
Kukirol, welches scheinbar etwas teurer ist, als andere
Hühneraugen- Mittel, aber nur scheinbar, denn mit einer
Schachtel Kukirol können Sie 10 Hohneraugen absolut sicher
beseitigen, während billigere Mittel nur zur Bepflasterung
von 5 Hühneraugen ausreichen, aben nicht zur Beseitigung,
Rummer 96.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.
Are
N
D Nt
VoDou
der vereinigten Schuhwarenhändler
von Darmſtadt und Amgebung
Dienstag, den 210. April, beginnen wir mit unſerem
außerordentlich billigen Schuhwarenverkauf.
40 der erſten Schuhwarengeſchäfte von Darmſtadt und Umgebung
ſind daran beteiligt . .
Dm Perſauf
gelangen=
nur allerbeſte Quglitäts= Schubwaren!
Darunter befinden ſich
Große Poſten Herrenſtiefel. ... . .."
Große Poſten Damenſtiefel .."
Große Poſten Damenhalbſchuhe
Große Poſten Damenſpangenſchuhe
28000
22000
24000
12000
Beachten Sie die Schaufenſter aller der Geſchäfte, weſche durch Plakate „Die billigen Angebote‟
der vereinigten Schuhwarenhändler von Darmſtadt und Umgegend — gekennzeichnet ſind.
R
OSTASIEN
HSfSDIEN
Regelmällger Pa onen= und Fraohtverkohr
mit oſgenen Dampiern.
Anerkannt vorzügllche Unterbringung und
Vorpflegung für Rolsende aller Klassen.
Reisegopäck-Vorolchorung!
Nähare Auskunft duroh
BREMEA
und soino Vortrotungen Ader ſich nach gemütl.
in Darmstadt: Anton Fischer,
Frankfurterstraße 12/14
„ Dieburg: Ernst Reh
„ Oross-Umstadt: J. Rapp.
hmit u, ohne
Malkkag= u. Abendtiſay Fleiſch im Inym zweckl. Ang. u.
Abonnem. billig im Hoſpiz u. Vereinsh.
Oberg. 12. Daſelbſt ſchöne
Fremden=
zimmer mit und ohne Penſion
zu mäßig. Preiſen. Tel. 1767. 2490a
nnnnagan annnänaanenn gang
Neu erſffnet! Neu renovziert!
*
n
Rüdels
Kaffee= und Speiſeſtube?
22 Große Ochſengaſſe 22
empfiehlt
v
* guten und reichlichen Privat=Mittags=
5 Abendtiſch, ſowie Kaffe, Kakao, Tee.
Täglich friſches Gebäck.
*
Prima Eis.
Schokolade in allen Preislagen.
* Daſelbſt Logier= und Fremdenzimmer.
*
annannan nenn nagn nannannn
(g614
A1 Sportl.
junge Damen
d. ſich an kl. Tennisklud)
evtl. auch an Rad=
A touren) beteil. möcht.,
werden gebeten, ihre
Adr zwecks Rückſpr.
mitteilen zu wollen
Aunt. B 136 an die
Geſchäftsſtelle. (79609
Wer übernimmt
Weißzeugflickarbeit.
außer d. Hauſe. Ang.
Aunter B 131 an die dunkel Eichen,
Holländer ſ.. Stock.
faſt neu, m. Gummib.
und Bahnradüberſetz.
gegen gut erhaltenen
Herrene oder
Damen=
rahmen m. Trittwerk
zu vertauſchen.
Angeb. unt. B 137
Geſchäftsſtelle. (9610
Heirat.
Frl., 31 Jahre, ev.,
angen. Erſch inung,
mit kompl. Ausſt, u.
Verm., wünſcht mit
ſol. Herrn in ſicherer
Stellung zw. ſpät.
Heirat bekannt zu
werden. Ang. unt.
B 92 Geſchſt. (*9438
Beſſ. Fräul., 40erJ
m. ſchön. 4 8.=Wohn)
Aw. mit mittl. Beamt.,
Heim ſehnt, bek. zu
werden zw. Heizat.
Angeb. u. B88 a. d.
Geſchäftsſt. (*9431
35 J. alt,
Betwer, wünſcht
m. anſt. Fräul. oder
Wwe bekannt z.werd.
zwecks Heirat. Ano=
B100 Gſchftsſt. (*9492
Beſſ. Frl.
Anfang 30, evgl., ſehr
häuslich, vollſtändige
Ausſtatt u. 3
Zimmer=
wohng, u. auch einige
100 Mille bar, wünſcht
Herrninſich. Stellung polſterte Bank
Witwer mit Kindern m. Brokatſt. bez.
/Gis=
nicht ausgeſchloſſen) ſchrank innen emaill.,
zwecks Heirat kennen 1 Malſtaffelei, 2
Ten=
zu lernen. Zuſchriften nisſchläger m.
Span=
erb. unt. B 141 an die
Geſchäftsſtelle,. (29621 Waſchſtänder, zwei
Stühle
werden geflochten
Eliſabethenſtraße 19.
2. Stock. (eg575
or
Serleisntanr
Geſchäftsſtelle. (9589 alles faſt neu,
preis=
wert zu verkaufen!
Mühlſtraße 10,
(9650
1 groß, eich.
Aus=
zugtiſch für 14 Perſ.,
1 ſilb. Damennhr.
Mäd=
chentrohhut ſweiß), für
14jähr., zu vk. (*9543
Herderſtr. 12, part.
pollert. Berl
Ein
m. Sprungfedermatr.
zu verkaufen (*9557
Heinrichſtr. 118, I.
Für., Sammler!
Alter Mansfelder
Taler geg. Höchſtgeb.
zu verk. Frau Zie ashi.
Eberſtadt. Neue
Darm=
ſtädterſtr. 18. (eg63o
Neuer
2tür. Aleiderſchr.
zu vk.
Kranichſteiner=
ſtraße 5, I11. (eg546
Lut neche.
1 Tiſch, ſow. 1 einz.
Tiſch billig zu verk.
Ladeneinrichtung
ür Spezereigeſchäft
zu verk. Alexander= Alter Schlachthaus=
Herterer
g6s4
Tel. 3293.
Fg. Staatzbeamter
wünſcht Frl. od. Wtw.
n. ü. 30 J. (m. 1 Kind
n. ausgeſchl.) m. eig.
Heim kennen zu lern
zwecks ſpät. Seirat.
Anon. zwecklos.
An=
gebote unt. B 147
Geſchäftsſtelle. (*9636
ter u. Hüllen, ein
Vogelbauer, verſch.
Knabenkl. f. 13jähr.
zu verk. Hügelſtr. 8,
1. Stock.
9578
ſchwarz,
Piano erſtklaſſ
Inſtr., kreuzſ., a. in
Ton und Ausf. verk.
Guterh. Anzug
Hessenhemden, ſowie
DDamenblrſ. preisw.
zvk. Bleichſtr.30, 1I. 0
Tül decke f. 2 Bett.
Elfenbeinkette geg.
Höchſtgebot zu verk.
Ang. unter B 146
Geſchäftsſtelle. (29638
Grauer
Militär=
mantel, zertrennt, z.
verkaufen. Näheres
Geſchäftsſtelle. (29602
Seidener Jumper
faſt neu, zu verkauf.
Neckarſtr 16 II (9531
Einie
handgeh. Zumper
heilgerſtr. 92, I. (*9592Ivk. Näh. Geſchſt. (*9573
Kreuz Spangenſchuhe
(89, mob. Form) Silb.=
Broc.=Salonſchuhe
(40) neu, Schneider=
Koſt. (42-44), Seide
gefütt. zu verk.
Eliſa=
bethenſ.r. 28, I. (e9637
Gute
Tiſchter=
kreisſäge
im beſten Zuſtand zu
kaufen geſ. (2879
Medawerk Darmſtadt,
Singnoten
für Sopran zu
ber=
kaufen, Schuhmann,
Schubert. Loewe,
Arien=Album, gebd.
u. Verſch.
Heinrich=
ſtr. 64, b. Pohlig. (euss
Hand: Rähmaſchin
zu verkauf. Darmſte.
Wenckſtr. 4, 1I. (9574 Nr. 6, part. (*9493 Kchdirsgäit
im Auftrag zu verk.
ſtraße 25, part, beilplatz 5, 1. St. (29495 1 Mandoline
u. Zink=Waſchmaſch.
preisw. abzug. /19414
Emilſtr. 30, 3. Stock. Sehr gut erh. Fahr=
rad, ſow. gr. eiſerner
Bräter zu vk. (29444
Mathildenplatz 8,
Hinterh., 1. St., r. 1 Herrenfahrrad zu
verkaufen
Co511
Liebigſtr. 9, 2 St. Guterhaltenes
Herrenfahrrad
zu verk. Pank= atius=
ſtraße 14, pt.
585 Menrad g„ift.
billg zu verk. Heidel=
bergerſtr. 91,1. (eg611 Guterh. Fahrrad zu
verkaufen. Stifts=
ſtraße 46, Stb. I. (09604 d 1Sofa,
Hrrad BBogel=
Läfige zu vk. (*9543
Moosbergſtr. 58, 1II.)
Zu erfr. nach 9 Uhr. Herrenrad
guterh., zu verkauf.
Dieburgerſtr.42, /79558 D (Adler)z.
FahETAd verkaufen
Liebfrauenſt. 32, (u” 2 kompl.
Schlauchreifenräder
m. Freilauf zu verk.
od. geg. Damenrad
zu tauſchen Ewald,
Noßdorf, Darm=
ſtädterſtr. 72, (e9577g0 Mod., groß. Ninder=
wagen, dunkelgrün,
Riemenfederg., wie
neu, ſowie Gehrock=
anzug f. ſchl. Fig. ab=
zugeben
(sg51s
Kiesbergſtraße 44, I. Rinderliegewagen zu
verk. Ludwigsplatz 8,
Wirtſchaft. (*9520
1 faſt
neuer Kinderwag.
preisw.zu vk. ber gdt,
Mühltalſtr. 11. (29613
Koſtüm, ſchw.=ſeid.
(44), Jumper i. Woll.
u. Seid., alles neu,
zu verkaufen (e9550
Soderſtraße 10, 1. St.
Mäfaff
zuvk. Gardiſtenſtr. 17,
Stb., 1. St.r. (eg8o6
Guterhaltener
Kinder=Liegewagen
w. hölz. Kinderb. m.
Matratze, ſowie
Kro=
kett=Spiegel. preisw.
zu verkaufen.
Rhön=
ring 41, part. (*9593
Keinderklappſtühlch.
billig zu verk.
Rhön=
ring 85, III. (a3591
2u Derogien
groß Poſten Balken,
3 große Tore (geeign.
für Autohalle) (9502
Heidelbergerſtr. 88.
Fürkleingärtner!
2kl. Flügel=Pumpen,
verſch.guterh.
Garten=
ſchläuche und verſch.
guterh. Gießkannen
zu vk. Peter Walter,
Alter Arheligerweg. =
Gr. Kinderwagen, b.
zu verkaufen. Bender,
Löffelgaſſe 16, (29600
Heu, Kleeheu
Stroh u. Rüben
zu verkauf.
Kranich=
ſteinerſtr. 14. 1. (e9598
Kompl. Spülkloſett,
30 m ½ zöll.
Waſſer=
rohr zu vk. Faber,
Everſtadt. Alte
Darm=
ſtädterſtr. 84. (r9568
Dickrüben
50 ks 1200 Mark
Freibl. ab Gutshof.
Näheres.
Dieburger=
rg594
ſtraße 10.
ooc Miſt Bi
zu vk. Gr.
Kaplanei=
gaſſe 37, pt. (e9503
O
Aaas
alte Zicklein
zu verk. Näh.
Herd=
weg Nr. 14. (9g24
Ft edder 7
Neckarſtraße 4. (3618
1 Rieſenhr ſin Br
Füönrting 75. 1, I. (eu 2
Andaluſier
(blau), beſt. Eierleg.,
m.höchſt. Preiſ,präm.,
ſtets Bruteier zu vk.
3. Ceibert,
Sand=
bergſtr. 33. (e9541
1 Wurf j.
Wolfs=
hunde zu verkaufen
Kappes,
Liebfrauen=
ſtraße 80, ( 9486
HAMBURG-AMERIKA
LINIE
W VON HAMBURG NACH
R
Bit
W RIO DE JANEIR0 und BUENOS AIRES
Deutsche Pasonsisrdampfer Rugis, Teu-
3 fonis, Golleie, Baden und Würtomberg
I. Abfalrten:
...... . . 79. Aprll
D. Gallcia
B. Württembsrg. .....28. Aprſl
D. Teutonſa ... . . 24. Mal
M. KRusie, Tontonla und Galleis führen gine arute Kollte.
Badon und Würtamderg habon nur eine eintache
Koldteneimrlehtung. Auf allon Dompiern ist eine
moderme deite Klasre mit oigenem Speisssaul.
Rauchslmmer, Damansslon und Schlaffammern zu
zmai und mahr Betteg rorhanden
AUSkUNFT ERTEILT DIE
HAMBURG-AMERIKA LINIE
MAMBURG und deren Vertreter in;
Al Pfungstadt, Takod Zimdrieh, Bders ädterstr. 15
Darmstadt, ä0lpd Rady, Zinmerstr. 1.
Kupferſtiche
Sammler ſucht Originale von
Chodowiecki. Angebote m.
Preis=
angabe unter B 124 an die
Ge=
ſchäftsſtelle ds Blattes.
(*9564
Achtung!
Zahle wie bekannt ſtets
die höchſten Preiſe!
Aupfer
.. per kg 4500 M.
Mefſing . . . . „ 2690
Zink .. . . . .„ „ 1300 „
Blei.
.. „ 1300 „
Zinn .. . . . . „ 10590 „
ſowie ſämtliche Rohprodukte. Für
größere Poſten Vorzugspreiſe in
allen Gegenſtänden. (e9542gm
Großere Mengeu werden frei abgeholt.
Ankaufſtelle
Darmſtädter Tagblatt
Handel und Gewerbe im Jahre 1923.
Nach den von den preußiſchen Handelskammern dem preußiſchen
Miniſterium für Handel und Gewerbe erſtatteten Berichten hat das
un=
beſetzte Deutſchland die Abſchnürung ſeines wichtigſten
Induſtrie=
gebiets bisher verhältnismäßig gut ertragen. Insbeſendere iſt die
befürchtete Kohlennot nicht eingetreten, und der Bedarf an Roheifen
und Stahl konnte im weſentlichen gedeckt werden. Hierzu trugen die
vorhandenen Vorräte und die vermehrte Einfuhr, beſonders an
eng=
liſcher Kohle, bei. Von ausſchlaggebender Bedeutung war ferner der
Markkurs, der im März zu allgemeiner Zurückhaltung des Inlandes
führte, während gleichzeitig die Nachfrage des Auslandes infolge
ver=
minderter Konkurrenzfähigkeit nachließ. Beſonders trat dies bei der
Maſchinenindnſtrie hervor, die teilweiſe zu Betriebseinſchränkungen
ſchritt. Auch die Textil= und Tabakinduſtrie ſtand unter dem Zeichen
rückläufiger Konjunktur, während die Beſchäftigung der übrigen
In=
duſtrien trotz erhöhter Produktionskoſten durch den Bezug engliſcher
Kohle im allgemeinen befriedigend war. Im beſetzten Gebiet waren
die Betriebe dagegen zu großen unwirtſchaftlichen Ausgaben
gezwun=
gen, und durch die Verkehrsſperre und die ſonſtigen Eingriffe der
Be=
fatzungsmacht empfindlich geſtört. Es muß dort in der Hauptſache auf
Lager gearbeitet werden. Die Großhandelspreiſe gingen leicht zurück,
im Einzelhandel zeigte ſich eine ſtarke Verringerung der Nachfrage,
die in vielen Geſchäftszweigen zu einem vollkommenen Stillſtand
führte. Auh große Preisherabſetzungen, zum Teil bis unter die
Ein=
kaufspreiſe, vermochten den Geſchäftsgang nur wvenig zu beleben. Die
Erſcheinungen des „Käuferſtreiks” machten ſich beſonders im Schuh=,
Textil=, Eiſen= und Papierwarengewerbe bemerkbar. Aus den
Einzel=
berichten ſei folgendes erwähnt:
1. Bergbau. Während über die Kohlenförderung im
rheiniſch=
weſtfäliſchen Kohlengediet keine beſtimmten Angaben gemacht werden
können, iſt im mitteldeutſchen Brcinkohlengebiet die Förderung nicht
unerheblich geſteigert worden. Infolge verringerter Nachfrage der
Zucker= und Kaliinduſtrie trat ſogar eine gewiſſe Abſatzſtockung ein.
Auch die Nachfrage nacl oberſchleſiſcher Kohle ſtockte teilweiſe, da die
Käufer infolge der Ruhrbeſetzung zu einer ſtarken Vorratseindeckung
geſchritten waren und Neueindeckungen infolge der unſicheren Lage und
der erwarteten Herabſetzung der Kohlenpreiſe nicht vorgenommen
wurden. Kleinere Streiks in Deutſch=Oberſchleſien konnten daher leicht
überwunden werden, ſoweit ein Förderausfall eintrat, konnte er durch
vermehrte Einfuhr aus Polnif;=Oberſchleſien ausgeglichen werden.
Die Gruben des Siegerländer Eiſenerzbergbaues hielten ihre Betriebe
voll aufrecht, trotz ſtarker Beſchränkung des Verlands nach Rheinland
und Weſtfalen. Die Siegerländer Hüitten konnten ſo ihre faſt
aufge=
zehrten Eiſenſteinbeſtände wieder auffüllen. Die Eiſenſteingruben im
Lahn= und Dillgebiet gingen ſogar dazu über, einen Teil ihrer
Förde=
rung auf Halden zu ſtürzen.
Die Abſatzverhältnifſe in der Kaliinduſtrie waren im März ſehr
ungünſtig, da insbeſondere die deutſche Landwirtſchaft ihre Bezüge
fehr einſchränkte, weil ſie ſich in den Vormonaten zu billigen
Kali=
preifen und Frachtſätzen genügend eingedeckt hatte. Das
Auslands=
geſchäft war klein, nur die Nachfrage nach ſchwefelſauren Kaliſalzen
war befriedigend. Einzelne Werke gingen dazu über, Feierſchichten
einzulegen.
2. Eiſeninduſtrie, Maſchinenfabriken,
eletro=
techniſche Induſtrie. Die Lage auf dem Eiſenmarkt hat ſich
weiter verſchärft, die Hochöfen, Stahl= und Walzwerke im beſetzten
Ge=
biet mußten ihre Betriebe teilweiſe erheblich einſchränken. Der Abſatz
geſtaltet ſich ſehr ſchwierig, da der Verſand in das unbeſetzte
Deutſch=
land ganz unterbunden iſt. Auch die Verſorgung der weiterverarbex
tenden Induſtrie im altbeſetzten Gebiet wurde immer ſchwieriger.
Ver=
handlungen mit den Beſatzungsmächten, der Induſtrie die Erfüllung
ihrer Aufgabe zu ermöglichen, insbeſondere die Bemühungen der
eng=
liſchen Händler, haben bisher keinen Erfolg gehabt. Die Werke
ar=
beiteten größtenteils auf Lager, da der Handel wenig kaufluſtig war.
Soweit die oberſchleſiſchen Hochofenwerke neue Einkäufe tätigten,
be=
trafen ſie neben ſchwediſchen in beſchränktem Maße auch ſpaniſche Erze.
Die Preiſe der deutſchen Gruben waren vielfach höher als die des
Auslandes, ſo daß das an ſich umfangreiche Angebot in deutſchen
Erzei nicht voll Unterkunft fand. Schrott war ungewöhnlich ſtark
an=
geboten, ſo daß die Preiſe für Altmaterial zurückgingen. Das
Aus=
landsgeſchäft war gleich null, da die deutſchen Verbraucher nicht
er=
folgreich konkurrieren konnten. Das Roheiſengeſchäft iſt im März ſehr
viel ruhiger geworden, die Beſchäftigung der Gießereien hat ſtark
nächgelafſen. In Fertigeiſen waren die Werke noch ziemlich mit
Auf=
trägen verſehen, jedoch ließ der Auftragseingang infolge Aufhebung
der Eiſenzölle nach, nachdem dieſe Maßregel mit Rückſicht auf den
Be=
darf der weiterverarbeitenden Induſtrie angeordnet werden war. Die
Folge war die Einfuhr von großen Mengen an tſchechiſchem und
eng=
liſchem Eiſen. Die Nachfrage noch Roheiſen, Halbzeug, Stab= und
Bandeiſen, ſowie Grobblechen war recht lebhaft, in feinen Mittelblechen
hielten fich die Käufer trotz ſtarker Nachfrage zurück, da engliſches und
tſchechiſches Material unter dem Inlandspreis zu haben war. Eine
Preisermäßigung iſt trotzdem zunächſt nicht zu erwarten, da die
Walz=
vverke nur teure engliſche Kohle verarbeiten. Die Walzengießereien
ſind auf Monate mit Kohle und Koks gut verſorgt, die Beſchäftigung iſt
noch gut, neue Aufträge laufen aber nur ſpärlich ein. Für
Eiſenkon=
ſtruktion und Dampſkeſſelbau gilt dasſelbe. Im Maſchinenbau und bei
den Eiſengießereien machte ſich die Abtrennung des Ruhrgebiets
beſon=
ders bemerkbar. Blechwarenfabrikation und Verzinkereien ſchritten zu
Betriebseinſchränkungen, da die Aufträge ſehr ſtark nachließen. Die
Kleinciſen= und Stahlwareninduſtrie verzeichnet ebenfalls einen
Rück=
gang gegen den Vormonat. In der Aluminiumindurie ſind die
Aus=
ſichten für die Zukunft ungünſtig. Auch über den Lokymotivbau wird
aus Kaſſel und Berlin ungünſtig berichtet, die Beſchäftigungsloſigkeit
macht Fortſchritte, und Beſiellungen aus dem Auslande gehen nur
fpärlich ein. In der Maſchineninduſtrie trat im März der Rückſchlag
ein, der ſchon lange erwartet wurde. Man arbeitet alte Aufträge auf,
während neue Aufträge, beſonders aus dem Ausland, ausbleiben. Im
Verband der Berliner Metallinduſtriellen ſind etwa 12 Prozent der
Firmen zur 24ſtündigen Arbeitszeit übergegangen.
In der elektrotechniſchen Induſtrie herrſchte gleickffalls
Auftrags=
uiangel. Das Auslandsgeſchäft war ſtark gedrückt, im Inland iſt
reich=
licher Bedarf an elektriſchen Anlagen vorhanden, aber es fehlt an den
notwendigen bedeutenden Kapitalien. Bei vereinzelter
Arbeitsein=
ſchränkung iſt jedoch die Beſchäftigung noch für Monate geſichert.
3. Bekleidungsinduſtrie im
Baumwollenwaren=
großhandel. Die bereits im Februar eingetretene Verflauung
des Geſchäfts machte im März weitere Fortſchritte. Die Verbraucher
Barten ab, und die Geidknappheit lähmt die Bewegungsfreiheit. In
der Münſterländer Baumtvollinduſtrie wurde von Spinnereien und
Webereien größtenteils auf Lager gearbeitet, bei; einer
durchſchnitt=
lichen Arbeitszeit von nur drei Tagen in der Woche. Im Aachener
Bezirk ſtockte das Geſchäft infolge der Abſchnürung des beſetzten
Ge=
biets. Noch genügend vorhandene Rohſtoffe können nicht unter
Aus=
nutzung der Betriebe verarbeitet werden. Der Auftragsbeſtand hat
bei einer Reihe von Firmen beträchtlich abgenommen. Im
Tuchgroß=
handel herrſihte nur äußerſt kleines Geſchäft. Im Bergiſchen Land
wird der Rohſtoffeingang als ungenügend bezeichnet, und gleicherweiſe
Danorrsdittt!
8. April 41923 Nr. 96
tigung der Lauſitzer Tuchinduſtrie hat ſich ebenfalls verſchleihtert, die
Arbeitszeit iſt durchſchnittlich auf 50 Prozent eingeſchränkt. Der
Zwi=
ſchenhandel bietet Tuche zurzeit billiger an, als ſie die Induſtrie in der
Lage iſt, herzuſtellen.
In der Leineninduſtrie herrſcht von ſeiten der Käufer große
Zurück=
hältung, da man weitere Preisermäßigungen der Fabrikanten
er=
wartet. Flachsſpinnereien waren noch im bisherigen Rahmen
beſchäf=
tigt, die Nachfrage ließ aber ebenfalls nach.
In der Konfekrionsbranche hielt die Gefchäftsſtille im März an,
auch die bisherigen Meſſen verliefen für die Konfektion ungünſtig.
Das Ledergeſchäft wurde nach anfänglicher Lebhafkigkeit ſtill.
Häute= und Lederpreiſe gaben infolge des Rückgangs der Deviſen nach.
Induſtrien haben bei ſchwacher Beſchäftigung die
4. Chemiſche Induſtrie. Da die Weltmarktpreiſe erreicht
und teilweiſe überſchritten ſind, hat der Auftragseingang aus dem
Ausland nachgelaſſen. Hohe Cifenbahnfrachten, Poſtgebühren und
an im Januar und Februar teuer eingekauften Waren auf Lager
hatien, mußten dieſe erſt mit erheblichen Verluſten abgeſtoßen werden.
Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309
Von den ſonſtigen kleinen Induſtrie= und Handelszweigen klagen
Papiergroßhandel, Kautſchukinduſtrie, Glasinduſtrie, Tabakgewerbe,
einige Branchen der Nahrungs= und Genußmittelinduſtrie und vor
allem die Oelinbuſtrie über Abſatzſtockungen. Im Holzhandel war das
Auslandsgeſchäft noch befriedigend, der Zollſtoffexport konnte ſich
ſo=
gar noch heben, der Inlandsabſatz war aber auch auf dieſem Gebiete
minimal.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank
und Poſt erfolgt bis auf weiteres unverändert zum Preiſe von 85 000
Mark für ein Zwanzigmarkſtück, 42 500 Mark für ein Zehnmarkſtück.
Für ausländiſche Goldmünzen werden entſprechende Preiſe gezahlt.
Der Ankauf der Reichsſilbermünzen durch die Reichsbank und Poſt
er=
folgt bis auf weiteres unverändert zum 1500fachen Betrege des
Nenn=
wertes.
wb. Reichsbankausweis. Die Zunahme der Anlagebeſtände
in der letzten Quartalswoche war, wenn auch beträ htlich, ſo doch
ge=
ringer als in der Vorwoche, was damit zuſammenhängen dürfte, daß
für den Ultimobedarf in großem Umfange bereits in der dritten
März=
woche vorgeſorgt worden war; außerdem war von Einfluß, daß die
Berichtswoche wegen der Oſterfeiertage bereits mit dem 29. März
ab=
ſchloß, alſo nur fünf Werktage umfaßte. Die geſamte Kapitalsanlage
der Bank ſtieg um 357,5 Milliarden Mark auf 6927,7 Milliarden
Mark. An der Erhöhung waren die Wechſel mit 90,1 Milliarden
Mark, die Reichsſchatzanweiſungen mit 267,6 Milliarden Mark beteiligt.
Von den neu beanſpruchten Kreditbeträgen verblieb der Bank nur wenig
auf den Konten der fremden Gelder, denn die privaten und öffentlichen
Guthaben vermehrten ſich um nicht mehr als 18,6 Milliarden Mark
auf 3272,1 Milliarden Mo k. Dagegen waren die
Zahlungsmittel=
abflüſſe wieder außerordentlich groß. Die ſeit nahezu Jahresfriſt nicht
mehr unterbrochene Auſwärtsbewegung des Banknotenumlaufs ergab
in der Berichtswoche eine Steigerung um 562,3 Milliarden Mark auf
5517,9 Milliarden Mark. Der Umlauf an Darlehenskaſſenſcheinen
ging gleichzeitig um 0,2 Milliarden Mark auf 12,0 Milliarden Mark
zurück. — Die im Metallbeſtand ausgewieſene Zunahme um 2,9
Mil=
liarden Mark betrifft wie in den beiden Vorwochen Zugänge an neu
geprägten Münzen aus unedlem Metall; der Goldbeſtand änderte
ſich nicht.
Da die Darlehenskaſſen des Reichs ihre Darlehensbeſtände in der
Berichntswoche um 158,4 Milliarden Mark auf 1159,7 Milliarden Mark
ausdehnten, hatten ſie der Reichsbank einen dieſen Neuausleihungen
entftrechenden Betrag an Darlehenskaſſenſcheinen zu übergeben.
Dem=
gemaß ſind die Beſtände der Bank an ſolchen Scheinen unter
Berück=
ſichtigung der erwähnten, aus dem Verkehr aufgenommenen Summe
um 158,6 Milliarden Mark auf 1147 Milliarden Mark gewachſen.
A.=G. für Verkehrsweſen, Berlin. Die Verwaltung
ſchlägt der auf den 2. Mai einberufenen Generalverſammlung die
Ver=
teilung einer Dividende von 400 Prozent vor (i. V. 50 Prozent); es
wird den Aktionären freigeſtellt, auf je 25 Stück Aktien anſtelle des
Barbetrags 5 Dollar in Dollarſchatzanweiſungen des Deutſchen Reiches
zu verlangen. Der Ueberſchuß für das abgelaufene Geſchäftsjahr
be=
trägt 70 121 424 Mill., gegen 13 641 876 Mill i. V.
* Spinnerei A.=G. vorm. J. F. Klauſer, München=
Gladbach. Der Aufſichtsrat hat beſchloſſen, der auf den 27. April
einberufenen Generalverſammlung die Verteilung einer Dividende von
20 Goldpfennigen, gleich 100 Prozent, vorzuſchlagen.
* Guſtav Genſchow u. Co., A.=G., Berlin. Der
Auf=
ſichtsrat ſchlägt bor, eine Dividende von 0,60 Goldmark auf die
Stamm=
aktien (berechnet zum Umrechnungskurs 1 Goldmark gleich 5000
Papier=
mark), alſo 300 Prozent in Papier auszuſchütten (i. V. 20 Prozent).
* Näymaſchinen= und Fahrräder=Fabrik vorm.
Bernhard Stoewer Stettin. In der bevorſtehenden
Auf=
ſichtsratsſitzung ſoll eine Kapitalserhöhung vorgeſchlagen werden; die
jungen Aktien ſollen den Aktionären 3 zu 2 zu 100 Prozent angeboten
werden.
* Elektrizitäts=Lieferungs=Geſellſchaft
Ber=
lin. Die Geſellſchaft ſchlägt die Verteilung einer Dividende von 30
Prozent gegen 16 Prozent im Vorjahre vor. Generalverſammlung
am 28. April.
* Norddeutſche Wollkämmerei und
Kammgarn=
ſpinnerei Delmenhorſt. Vorſtand und Aufſichtsrat haben
be=
ſchloſſen, der auf den 16. Mai einberufenen Generalterſammlung die
Verteilung einer Dividende von 100 Prozent (i. V. 32 Prozent) und
eines Bonus von einer Goldmark unter Zugrundelegung von 5000 Mark
je Aktie und Genußſchein über 100 Mark und einer halben Goldmark
je Aktie und Genußſchein über 500 Mark vorzuſchlagen.
* Oberſchlefiſche Eiſenbahnbedarfs=A. G. Die dem
Konzern der Oberſchleſiſchen Bedarfs=A. Cf. angehörende Friedenshütte
hat mit der Maſchinenfabrik und Wagenbau=A. G. Zieleniewski, die
Maſchinenfabriken und Eiſenkonſtruktionswerkſtätten, ſowie Gießereien
in Krakau und Lemberg, ferner Waggonfabriken in Sano: und
Ca=
ſtrowo beſitzt, und langjährige Lieferungsverträge abgeſchloſſen hat,
eine Intereſſengemeinſchaft vereinbart, die den ſehr bedeutenden B=darf
der genannten Werke an den Produkten des Oberbedarfkonzerns dieſem
ſichert.
Meſſen.
— Führungen durch die Frankfurter Altſtadt
während der Frühjahrsmeſſe. In wachſendem Maße
in=
tereſſieren ſich die Fremden, die Frankfurt beſuchen, für die Wiedergeburt
der Altſtadt. Bekanntlich iſt im Anſchluß an die Ausſtellung „
Frank=
furt als Neichs= und Meſſeſtadt”, die in Verbindung mit der Frühjahrs=
Kunſtmeſſe 1922 ſtattfand, der „Bund tätiger Altſtadtfreunde” ins Leben
gerufen worden. Der Bund hat bereits außerordentliche Erfolge zu
ver=
zeichnen. Eine große Zahl bemerkenswerter Altſtadtbauten iſt durch
ſeine wirkſame Unterſtützung renoviert worden. Um auch den
Meſſe=
beſuchern Gelegenheit zu geben, unter ſachkundiger Führung die
Alt=
ſtadt, den Dom uſw. zu beſuchen, wird am 16., 17. und 18. April Herr
Dr. Lübbecke in den Nachmittagsſtunden Führungen durch die Altſtadt
veranſtalten. Treffpunkt vor dem Geſchäftszimmer der Kunſtmeſſe im
Römer.
Das „Haus Werkbund” auf den Frankfurter
Meſſen. Erfreulicherweiſe hat der Gedanke, der im „Haus
Werk=
bund” der Frankfurter Internationalen Meſſen Geſtalt und Ausdruck
fand, von Meſſe zu Meſſe nachdrücklichere Beſtätigung gefunden. Auch
für die Frühjahrsmeſſe vom 15.—21. April vereinigen ſich im „Haus
Werkbund” führende Werkſtätten und Werke deutſcher Qualitätsarbeit.
Alle Zweige gewerblicher hocktvertiger Produktion werden rertreten
ſein. Beſonders hervorgehoben zu werden verdient, daß die
erzieheri=
ſchen Wirkungen der im „Haus Werkbund” verwirklichten Idee vielfach
im Geſamtbild der Frankfurter Internationalen Meſſen ſchon deutlich
ſich zeigen. Alle Ausküinfte erteilt das Meßamt Frankfurt a. M.
— Erfolg der Mannheimer Erfindungs=Meſſe
1923. Trotz der unſicheren politiſchen Lage wurden die ſämtlichen
ver=
fügbaren Plätze im Roſengarten bis auf eine geringe Reſerve für den
Anſturm der letzten Wochen von Mannheimer und auswärtigen
Aus=
ſtellern feſt belegt. Der veranſtaltende „Reichsverband Deutſcher
Erfin=
der” E.V. Mannheim, Q. 3. 16, mußte ſeine Werbetätigkeit in der letzten
Zeit einſchränken, um allen Anſprüchen gerecht werden zu können. Falls,
wie ſicherlich erwartet werden darf, die Stadtverwaltung ihre
Unter=
ſtützung durch Ueberlaſfung benachbarter Räume gewährt, kann mit
einer weſentlichen Erweiterung der 2. Deutſchen Erfindungen=,
Neu=
heiten= und Induſtrie=Meſſe Mannheim (27. April bis 3. Mai d. J.)
gerechnet werben. Den Ausſteilern der engeren und weiteren
Um=
gebung, wie überhaupt dem geſamten Wirtſchaftsleben Süddeutſchlands
wüirde dadurch ein nicht zu unterſchätzendes Förderungsmittel geboten,
das, wie die Vorjahre zeigten, in der Tat einem vorhandenen Bedürfnis
entgegenkommt.
Warenmärkie.
h. Mannheimer Wochenberichte. An den Produkten=
und Warenmärkten macht ſich eine ſtändig zunehmende feſiere
Stim=
mung bemerkbau, was wohl mit den knadyer werdenden Vorräten und
Angeboten durch die Verkehrsſchwierigkeiten zuſammenhäugen düirfte.
Von ſeiten des Publikums kommen keine Angſt= und Hamſterkäufe mehr
vor; es hat ſich aldes in riehige Bahnen gelenkt, und es wird nur noh
der momentan notwendige Bedarf eingekauft. So kann auch der Handel
beſſer disponieren und braucht nicht zu ſtürmiſchen Käufen zu ſchreiten;
er kann ſich ihm bietende günſtige Gelegenbeiten gblvarten. Dies und
die Oſterfeiertage lieſen denn auch keine größere G=ſchäftstätigkeit
auf=
kommen, wenn auch die Preiſe eine langſam anſteigende Ricktung gehen,
die mit dem Dollar=Aufgang um etwa 5300—600 Punkte ſich
unge=
fähr deckt.
Getreibe: Die Kaufluſt war ſehr gering, einerſeits wegen der.
chriſtlichen und jüdiſchen Feiertage, andererſeits aber weil die großen
Mühlen faſt ganz am Markte fehlen, nachdem ihnen der Abſatz an
Fertigfabrikaten durch die Beſetzung des Hafengebietes, in dem ihre
Werke liegen, ſehr erſchwert iſt. Trotzdem hat beſonders der Weizen=
und Roggenpreis angezogen. Man nannte Weizen mit 112—114 000 M.
um 10 000 Mark, Roggen mit 92—98 000 Mark um 4—ic 000 Mark.
Gerſte mit 80—88000 Mk. um 2—3000 Mk., inländiſchen Hafer mit
60—75 000 Mk. um 5—10000 Mk., ausländiſchen Hafer mit 93—98 000
Mark und Mais mit 105—110 000 Mk. um 5000 Mk. pro 100
Kilb=
geamm höher.
Mehl: Die Nachfuage nach hier greifbarer Ware iſt rege,
wes=
halb auch die Spannung zwiſchen Mühlenrichtpreis mit 175 (60 Mk.
und 2. Hand mit 160 00 Mk. für Weizenmehl Spez. Null pro
Doppel=
zentner etwas kleiner geworden iſt. Es wird aber auch nur frei
ver=
fügbares Mehl gekauft und ſo hoch bezahlt, während im
Befetzungs=
gebiet liegendes Mehl bedeutend nied=iger liegt, ugs aus der
Verſteige=
rung von 300 Sack Weizenmehl z: 132—1:5000 Mark pro
Doppel=
zentuer hervorgeht.
Futtermittel: Die Preislage blieb hier ziemlich ſtabil bei
geringem Geſchäft. Im Angebot lagen Weizenklcie zu 40—45000 Mk.,
Biertrebeu zu 40000 Mk., Malzkeime zu 46—48000 Mk. ab
württeni=
bergiſche und bayeriſche Stationen — alles pro 100 Kilo. Bei
Rauh=
fütter macht ſich in der Nachfrage nach Heu die Grünfütterung bereits
bemerkbar. Die Preiſe ſind weichend und koftet loſes Wieſenheu 40(00
bis 42 000 Mk. gegen 42 000 Mk., Luzernekleehen 44—46 000 Mk. gegei
46—50 000 Mk.; Stroh lag dagegen feſter, Preßſtroh 38—40000 Mk.
gegen 36—38000 Mk., und Bundſtroh 3)—38 000 Mk. gegen 35—36600
Mark Pro Doppelzemter waggonfrei Mannheim.
Tabak. Infolge der immer noch beſtehenden Ungetißheit; ab
die Zollermäßigung Geſetz wird, blieb das Geſchäft weiter ſehr ruhig.
Außer dem Verkauf von 200 Zentnern 1922er Tabate in Heddesheim zu
30C00 Mk. pro Ieutner wurde nichts don Belang bekannt.
Fertig=
fabrikate tverden nun reichlich zu reduzierten Preiſen angeboten; der
Abſatz iſt aber weiter ſchleppend. Rieden liegen ganz vernachläſſigt,
da man bei ihnen mit bedeutend reduzierten Preiſen rechnet, falls die
Zollermäßigung eintritt.
Holz: Die in der Berichtswoche ima beſetzten Gebiet abgehaltenen
Holzverſteigerungen, erfreuten ſich nur ſehr ſchwachen Beſuchs durch
die Verkehrsſchwierigkeiten, und die Gebote erreichten nicht einmal die
Taxe. In Siebeldingen (Pfalz) ging das angebotene Nutzholz zu 80
und 90 Prozent der Taxe ab, in Dudenhofen (Pfalz) wurden für Kiefer
Block 1. Klaſſe 120 000 Mk., 2a=Klaſſe 30 000 Mk., 3. Klaſſe 90 000 Mk.,
4. Klaſſe 85 00 Mk., Kiefern=Nutzſtangen 1. Klaffe 61 000 Mk., 2. Klaſſe
54 000 Mt. pro Feſtmeter erlöſt. In Merzalben konnte gar kein Holz
abgegeben werden, da nur zwei Verſteigerer erſchienen waren. Die
Preife ſind aber immerhin noch ſehr hoch. Im Handel von Fertig= und
Schnittſpare iſt das Geſchäft trotz zurückgegangener Preiſe bei dem
völligen Daniederliegen der Bautätigetit fehr ruhig.
Wein: Während es im Handel noch ſehr ſüll iſt, geht es auf den
Weinverſteigerungen ſehr lebhaft zu. Die Befürchtungen, daß man die
Verſteigerungen dieſes Frühjahr verſchieben müßte oder mit einem
Finsko enden würden, haben ſich nich eingeſtellt. Dis Verſteigerung
des Winzervereins Deidesheim war von Kaufintereſſenten überaus
zuhl=
reich beſucht und gingen die angebotenen 40 Nummern des 1921er
Jahr=
ganges zu ungeahnten Preiſen ab. Die höckſte Beſvertung fand Förſter
Langenböhl Riesling mit 43,6 Millionen Mk., die niederſte
Nupperts=
berger Mühliveg Traminer zu 11. Millionen Mk. die 1000 Liter. Die
meiſten Preiſe lagen über der Durchſchnittsmitte. In Baden wurde das
Ohm 1922er zu 180 000 Mk. verkauft.
Schiffahrt und Kohlen: Die Schiffahrt ruht weiter uns
iſt vor Beendigung des Nuhrkonflikts an eine Aufnahme des Betriebs
nicht zu denken. Auf dem Rhein, Main und Neckar geht es ſehr
ruhig zu; nur wenige Schiffe der Entente oder umter holländifcher
Flagge verkehren. Die im beſetzten Hafengebiet liegenden
Kohlen=
großhandlungen haben außerhalb desſelben Notlager errichtet und geben
nun neu eingetroffene Auslandsware, wie böhmiſche Nußkohle und
eiigliſche Nußkohle, ab.
Börſen.
— Börſenbericht für die Zeit vom 3. bis 7. April.
Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt. An der Börfe
machte ſich nach der Oſterpauſe zunächſt eine recht lebhafte Nachfrage
bemerkbar, die den Effektenmärkten beinahe durchweg eine kräftige
Fortſetzung der bereits in der Vorwoche eingeleiteten
Aufwärtsbeweg=
ung brachſe. Vor allem war es das Privatpublikum, das mit zahlreichen
Kaufaufträgen am Markte war und damit der Stimmung des Gepräge
gab, während die Spekulation vielfach zu Gewinnrealiſationen neigte.
Die Urſache dieſer neuerwachten Kaufluſt iſt wohl in erſter Linie dari
zu ſuchen, daß die Lage am Geldmarkt nach der glatten Ueberwindui
des Quartalsultimo und infolge der zum Apriltermin frei gewordenen
Beträge aus Gehalts= und Zinszahlungen eine fühlbar Erleichterung
erfahren hatte. Auch führte die im Warengeſchäft herrſchende
Abſatz=
kriſis vielfach dazu, daß dort frei werdende Kapitalien nicht wieder in
Waren, ſondern in Induſtrieaktien Anlage ſuchten. Die feſte.
Stim=
mung der Mittwochsbörſe kam boſonders dem Montanakticmmarkte
zu=
gute, der durchweg erhebliche Kurserhöhungen aufzuweiſen hatte. Auch
für Schiffahrts= und Bankaktien beſtand lebhaftes Invereſſe, doch
ver=
mochten ſich die Höckſtkurſe nicht überall zu behaupten, vielmehr trat
gegen Schluß der Börſe nach Erledigung der vorliegenden Kaufordeus
eine gewiſſe Abſchwächung ein, da die Tendenz bei der geringen
Unter=
nehmungsluſt der Spekulation keine Stütze fand und der Vericht der
Preußiſchen Handelskammern über die wenig günſtige Lage
verſchie=
deuer Induſtrien verſtinunte. Noch ſchärfer machte ſich das an der
Freitagsbörſe bemerkbar, an der auch von Publikumsſeite vielfach
ver=
ſucht wurde, das kräftig erhölte Kursniveau zu Gewinnſicherungen zu
benutzen, ſo daß an dieſem Tage auf den meiſten Gebieten das Angebot
überwog und die Kurſe durckweg fühlbare Aßſchläge erfuhren. Eine
Sonderſtellung nahmen Valutgeffekten ein, für die lebhafte Nachfrage
beſtand und die trotz der Stabilität der Deviſenpreiſe mehrfach zu nicht
unerheblich geſteigerten Kurſen umgeſetzt wurden. Auch am
Deviſen=
markt ſelbſt erfuhr das Geſchäft eine Belebung, doch hinderte hier die
Interventionstätigkeit der Reichsbank eine wefentliche Erhöhung der
Kurſe.
w. Teviſenm rkt. Frankfurt a. M., 7. April.
ifffe
nte
Geld
Antwerpen=Brüſſel.
Holland .. . . . . . . ..."
London".
Paris ...
Schweiz.
..
Spanien
Italien
. ..
Liſſabyn=Lporto. . .. . . . .
Dänemark
.
Norwegen
Schweden
Helſingfors
Neiv=Vork
Deutſch=Sſterreich (abg.)
Budapeſt.
..
Prag
Agram
117.95
8315.75
98646.—
13 3.45
3-86.70
3228 G5
1019.30
3799.50
5586.—
21077.25
23. 60 —
4.81 30
628 40
Vei
B6..
Briei
1182.05
8271.75
98121 65
1389.—
352,85
3206.95
931.40
4000.—
3797.50
5531.05
513.65
1077.25
20,69
495 25
688 80
4.9.55
632.10
w. Teviſenmarkt. Berlin, 7. April Telegr, Auszahlungen für:
Amſterdam=Rutterdam —
Brüſſel=Antwerpen .. . . . . . .."
Chriſtianin . . . . . . . . . . . .. . . . .."
Kopenhagen ................"
Stockhvim .. . . . . . . . . . . .. . ...
Helfingfoks ... . . . . . . . . . . . . ..
Italien. ......... ...........
London ..................."
Newv=York .......... ........"
Paris ........... ...........
Schweiz... . . . . . . . . . . .. .. ..."
Spanien ..................."
Wien (in Deutſch=Oſterr. abg.).
Prag ............ ........."
Sudapeſt ...... . ............"
Buenos=Aires .. . . . . . . . . . . . ..
Guilgarien .......... .... ....
Japnn ................... ..
Rio de Janeiro ............"
Belorad.....
8254 31
1182.01
3730 53
4002.46
5571.03
396 18
1047 37
97879 68
21922 31
13:3 03
387.83
3214 44
29.52—
626.92
4.78—
7710.67
138.35
975.
2194.40
208 97
235.69
1197.-
3809.50
4922.54
5598.97
569 42
1672,63
98370.32
eile7.69
1394 97
3877.:7
3230.56
29,68—
630 08
4.82—
7739.33
159.15
10025.—
4205.50
210.03
Ge
Driet
314 38
1201.38
3758.
3999 97
5571.03
566.58
1446 37
77879.,68
21327.30
1334.—
3466.32
3216.92
9.53
627.32
4:73-
7718.15
156.60
3975.—
21ü4.52
20b,22
Re.6
1208.02
3807.—
2620.63
5598.97
569 42
1051.63
98310.32
21132.,76
1401.—
3879.68
3233.07
29.68 —
631.08
377—
7756 85
159 49
10325 —
2195 48
210.28
11—2Wer 2BerN
Aktien / Renten / Deuisen / Soften
Darmstadt
1 Luisenplatz 1
Rummer 96.
Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
46)
(Nachdruck verbolen).
Es handelt ſich ja um die Intereſſen des Völkerbundes,”
warf der Kommandeur des Sudan ein.
„Völkerbund.‟ Der Admiral lachte. Wir wollen den
Amerikanern hier mit allem ſchuldigen Reſpekt vor Miſter
Har=
ding drüben in Waſhington ein wenig auf die Finger ſehen.
Fair plah, Gentlemen, aber Old England darf darf dabei nicht
vergeſſen werden. In Europa regieren wir, drüben in Amerika
haben uns die Krämer leider alle Trümpfe aus der Hand
ge=
wunden.”
„Und hier verſuchen die Franzoſen es auch ſchon, dieſes
Ir=
land iſt unſer Tod; mein Sudan hat ſchon manchen Transport
nach Dublin gebracht,” ſagte der Führer des Transportes. „Zu
unſerer ſplendid Iſolation werden wir wohl nie wieder
zurück=
kommen. Dieſe rachſüchtigen Gallier wollen die Nachfolge
Deutſchlands antreten.”
„Sie haben einen Admiral als Bevollmächtigten
natürlich wurde einer ausgeſucht, der älter iſt, als ich,” fuhr
Lord Leslie auf. Aber ſie haben ſich geirrt, wenn ſie dachten,
daß Frankreich den Vorſitz in Tiflis führen würde. Man hat
den Vorſitz einem Neutralen, dem holländiſchen
Bevollmächtig=
ten, überlaſſen. Holland iſt ja der beſondere Schutzſtaat dieſer
Kaukaſier.”
„Wie heißt doch der unternehmende Mann, der ſeit der
Revolution hier als Kulturpionier ſitzt?”
„Jonkheer van Utrecht, ehemals in diplomatiſchen Dienſten.
Der Mann ſoll ſchon Enormes geleiſtet haben, und heute.
Lord Leslie unterbrach ſich. „Warten wir ab, was für
Nachrich=
ten heute mittag aus Tiflis kommen werden.”
Vor dem Palais in Tiflis drängten ſich die Menſchen und
ſtarrten auf die ſchottiſchen Truppen, die auch hier, mitten im
Orient, ihre Nationaluniform beibehalten hatten, und die nun
auf dem Platz aufmarſchiert waren, Vom Bahnhof her ertönte
Pferdegetrappel, der engliſche Bevollmächtigte fuhr vor dem
Gebäude vor, eskortiert von engliſchen Ulanen, die vor und
hinter dem Wagen ritten.
Am Tor b=grüßte Fürſt Arweli als Präſes der gruſiniſchen
Regierung die Bevollmächtigten, von denen jetzt einer nach dem
andern vorfuhr. Die Angehörigen der anderen Staaten wurden
von der berittenen Leibwache der grufiniſchen Regierung, die in
mgleriſcher Pracht erſchien, eskortiert.
Baron Sentink, der holländiſche Geſchäftsträger, erwartete
den Jonkheer van Utrecht am Bahnhof. Sein Zug kam erſt am.
ſräten Vormittag an, man hatte einen Maſchinendefekt gehabt.
„So feierlich?” begrüßte Adriaan den alten Bekannten.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 8. April 1923.
Seite 9.
ege eiſceien ich das Selcf uefe Surase.
Sentink, als ſie in einen der Näume des Bahnhofsgebäudes
traten. „Der Völkerbund hat ſich in ſeiner letzten geheimen
Sitzung mit der kaukaſiſchen Frage beſchäftigt. Man wird die
Republik ſtützen, aber nur, wenn ein vom Völkerbund eingeſetzter
Statthalter die Regierungsgeſchäfte führt, ſo daß der Bund eine
Gewähr hat, daß hier unten nichts geſchieht, was gegen die
euro=
päiſchen Intereſſen läuft.”
„Und?” fragte Adriaan geſpannt.
„Ich bin beauftragt, Sie, Jonkheer pan Utrecht, im Namen
der Regierung der Königin zu fragen, ob Sie bereit ſind, wieder
in den holländiſchen Staatsdienſt zu treten. In dieſem Falle
bringe ich Ihnen Ihre Ernennung zum außerordentlichen
Ge=
ſandten und habe Sie als Beauftragter, des Völkerbundes zu
fragen, ob Sie bereit ſind, die Statthalterſchaft in dieſem Lande
anzutreten?”
Van Utrecht atmete tief auf.
„Ich bin als Kaufmann hierher gekommen, Baron Sentink,
und hatte keinen diplomatiſchen Ehrgeiz. Ich habe aber geſehen,
wie ſich die Verhältniſſe hier entwickelt haben, und weiß, wie ſie
ſich weiter entwickeln müſſen. Ich glaube, daß keiner der Sache
beſſer dienen wird, als ich, und deshalb werde ich den
Statt=
halterpoſten annehmen, wenn die Landesregierung den Willen
des Völkerbundes befolgen wird.”
Sentink lachte. „Das wird ſie tun. Das engliſche
Geſchwa=
der liegt nicht zum Scherz da unten vor Batum, Kaukaſien hat
für Europa nur Wert, wenn es im Sinne Europas geleitet wird.
Es war ein ſchweres Stück in Genf, die Internationaliſierung
durchzuſetzen, es gab zu viele Anwärter auf das Petroleum.
England iſt am wenigſten intereſſiert, es hat ſeine eigenen großen
Felder in Arabien, deshalb ſoll auch England die Schutztruppe
ſtellen, die hier bleiben wird. Ihre Sache wird es ſein, die
eige=
nen Truppen mit europäiſchen Elementen zu durchſetzen,
beſon=
ders die kleine Flotte, die unten im Hafen von Batum liegt. Aus
einem Kaufmann iſt ein Fürſt geworden, Jonkheer van Utrecht.”
„Und wenn Arwelis Regierung ſich weigert?”
„Genügt ein Wink, und das, was mit den Gruſiniern nicht
gehen wollte, wird ohne Schwierigkeiten mit einer neuen
Sow=
jetregierung in die Wege geleitet. Wir ſind auf alles vorbereitet,
Kommen Sie jetzt, wir fahren heute unter engliſchem Schutz.”
Vor dem Bahnhofsgebäude hielt eine ſtarke Eskorte der
eng=
liſchen Ulanen, als Sentink und van Utrecht aus dem Hauſe
traten und ſetzte ſich klirrend vor und hinter den Wagen, der in
raſchem Trabe dem Regierungspalais zufuhr.
Auf der Tribüne des großen Sitzungsſaales ſaß in der
vor=
derſten Reihe Eiſchat Tſcherſchwendice und ſtarrte in den Saal
hinunter. Sie hatte ſich die große Parlamentsſitzung, die da
unten ihren Anfang nahm, anders gedacht, als ſie damals an der
Spitze ihrer Reiter den Palaſt ſtürmte. Ein Königreich wollte
ſie miterrichten helfen, und den Mann, der die Krone dieſes
Landes trux, wollte ſie beherrſchen. Als bald nach der
Revolu=
tion der Völkerbund intervenierte, hatte ſie ſich dagegen geſträubt,
die fremden Mächte in die eigene Politik ſehen zu laſſen. Jeder
Beſprechung hatte ſie beigewohnt, die oben in dem Schloß auf
dem Awlabar oder hier im Palais ſtattfand, nur den großen
Sitzungen, an denen auch van Utrecht teilnahm, war ſie
fernge=
blieben. Seit er damals Arweli verlaſſen hatte, hatte ſie ihn
nicht mehr geſehen.
Um ſie herum drängten ſich die ausländiſchen Journaliſten,
die Korreſpondenten des New York Herald, des Matin, des
Mancheſter Guardian, der Times, des Sccolo, der Aftonpoſten
und wie ſie alle heißen. In allen Sprachen ſchwirrte es
durch=
einander.
Unten füllte ſich der Saal. An einem beſonderen Tiſch
nah=
men die Vertreter der fremden Mächte Platz, unten ſaßen die
Abgeordneten der einzelnen Städte und Provinzen; die
probi=
ſoriſche Regierung war noch nicht erſchienen.
Eiſchat hörte eine Stimme hinter ſich.
„Ich muß Dich ſofort ſprechen, komm.”
Hinter ihr ſtand Alexander Tſcherſchwendice.
Sie machte ein abweiſendes Geſicht, aber er ließ ſich nicht
verblüffen.
„Laß die Kindereien, Eiſchat, es handelt ſich nicht um eine
Li=besſzene, es ſteht viel auf dem Spiel und muß erledigt ſein,
ehe da unten die Sitzung beginnt. Ich bin erſt heute
angekom=
men, ſonſt hätte ich ſchon früher auf dem Awlabar mit Dir
ge=
ſprochen.”
„Welche Schönheit hat Dich bis zum letzten Augenblick in
Eriwan gefeſſelt?” fragte ſie ſpöttiſch.
„Ich komme nicht aus Eriwan, ich war in Baku.”
Sie ſtand raſch u*
„Komm!”
Er führte ſie von der Tribüne fort in ein Zimmer, das als
Arbeitszimmer für die Mitglieder der Regierung eingerichtet war.
Vom Fenſter aus konnte man den freien Platz vor dem Palais
überſehen und die Auffahrt der Delegierten beobachten.
„Ich war in Baku und habe mir die Arbeiten dieſes
Hollän=
ders angeſehen,” begann der Fürſt.
(Fortſetzung folgt.)
Das beste Rad
Ohne Fleisch doch kräftige Suppen und schmackhafte Gemüse
zuzubereiten, ermöglicht auf einfache und sparsame Weise
ue uibegateTIMOOT MaIZer
Inunſer Genoſſenſchaſtsregiſter wurde
heute bei der Firwa:
Garienbauge=
noſſenſchaft
eingetrageneßenoſſen=
ſchaft mit beſchränkter, Hafipflicht
in Darmſtadt eingetragen:
Durch Beſchluß der
Generalverſamm=
lung vom 5. Januar 1923 iſt das Statut
geändert. Bei der Beſtimmung über den
Gegenſtand des Unternehmens unter
Ziffer 3 ſind hinter dem Worte
Garten=
bau die Worte „und für den täglichen
Bedarf” eingefügt. Die Haftſumme
be=
trägt jetzt 1000 Mark.
(2880
Darmſtadt, den 4. Aprik 1923.
Heſſiſches Amtsgericht Darmſtadt I.
Gpul= und
Dandlwchrutl, Madenwürmer, 2
dieſe 54marotzer entziehen dem Körper die 6
beſten Häfte, der Menſch wird blutarm,
nervös, elend und ſchlapp. Bleichſuchtige K
und blutarme Frauen und Mädchen. Magen=
und weißflußleidende ſowie nervöſe
Per=
ſonen uſw. leiden in den meiſten Füllen an k.
Eingeweidewürmern, erhennen aber ihre K
Kranßheit nicht. Ehe Sie etwas dagegen
unternehmen, verlangen Sie Auskunft
gegen 100 Mk. in Kaſſenſcheinen. (1F.142
Keine Hungerkur.
Wurm Roſe, Hamburg 11 a 203.
Weißnäherin,
ver=
fekt und gut
empfoh=
len, geſucht.
Feld=
bergſtraße 36: 1*9605
Geſchäftsfrau ſucht f.
i. Haush., 3 Perſ., z.
1. Mai tücht, zuverl.
Alleinmädch, ſelbſtänd.,
welch. gut. koch. kann
u. alle Hausarb. verſt.
Anf.=Geh. 22000 ,ℳ. N.
Geſchäftsſtelle. (22617
gettegenes
Warenzeichen
Dies Zeichen bürgt für guten Kauf!
Gutempf. (*9616
Lauffrau
2mal wöchentl. von 9
bis 3 Uhr geſ. Std.=
Lohn 400,/ beiVerpfl.
Vorſtell. vormittags.
Ehelius, Heſſenwerke.
Weg. Verheirat.mjetz.
ſuche Mädchen, welch.
koch. k., geg. hoh. Lohn
f. ſof. od. ſpät. (*9566
Ohlyſtr. 31, 2. St.
Tüchtiges, braves
Meinmädchen
oder Frau tagsüb, bei!”
g. Lohn geſ. Habicht,
Aliceplatz 12,11. (-6.
AStellengeſuche
M
Köchin
empfiehlt ſich zum
Kochen, nimmt auch
Aus ilfe an. Näheres
Geſchäftsſtelle. (79586
Männlich
Zahntechniker
ſuchtperſof. Stellung.
Angeb. unt. B 142 an
die Geſchäftsſt. (*9632
Kee
Lehrmädchen
für Lager und Büro
geſ.
Bezugsgenoſſen=
ſchaft der Friſeure
Grafenſtr. 20 (*t=Bfg
Lehrmädchen
ſucht ſofort
Fo. Geringer, damen=
Friſeurgeſchäft,
Pallas=
wieſenſtr. 27, 692250g
Brates Mädchen
für, die Küche bei
gutem Lohn ſofort
geſucht. Hoſpiz,
Obergaſſe 12. (r9s47ig
Juuges Mädchen
zu 2)zi. Kinde und
leicht, Hausarbeit
ge=
ſucht. Viktoriaſtr. 46,
1. Stock.
(r9629
S
Stützen, Hausmädch,
Jungfer, Hausdame,
Alleinmädchen die
kochen u. nicht kochen
können, Büfettfrl. für
hier und auswärts.
Frau Dingeldein,
gewerbsmäßiges
Stellen vermittlungs=
Bureau, (*9643
Eliſabethenſtraße 5. Haush. v. 2 Perſ. geſ.
Telephon 3065.
E
Jg. Frau od. Mädch.
vorm. 1—2 Std. für
Hausarb. geſ. Pareus= b. hohem Lohn
Wollen Bie sparen?
„Ritter”, der Spardeckel
„Caldor”, das Deckelwasserschiff
„Prometheus” der Wundertopf
Bieschels Wellsieb-Grudeherd
„Kospa‟, die Sparfeuerung
„Oekonom”, der Sparkocher
„Küchenfee‟, der Sparherd
„„Thermos‟, Isolierflaschen
„Aero‟, Speisegefäße
„Eektro-Oekonom”
sparen viel Kohlen, Holz und Gas.
Besichtigung unverbindlich erbeten
(2900
Sehr guterh., größ
zu kauf.
Reißzeug geſucht.
Angebote unt. B 148
Geſchäftsſtelle: C9640
PHILIPP SOHAAF
20 Ernst-Ludwigstrasse 20
Fachgeschäft für gediegenen Hausrat: Gruppe: Wä mewirtschaft
Zuverläſſ., älteres
Mädchen
od. einf. Stütze in kl.
Ohlyſtr.31, pt. (79572
Junger Mann
mit ſchön. Handſchrift
ſucht Arbeit, gleich
weſcher Art.
Angeb. unt. B 138
Geſchäftsſtelle. (e9603
Junger
25 Jahre, ledig, ſucht
Nebenbeſchäftigung 5
gleich welcher Art.
Angeb. unt. B 130
Geſchäftsſtelle (e9565
Junger
Fahr= u.
Motor=
radmechaniker
ſucht paſſ. Stellung,
ebtl: als
Reparotur=
ſchloſſer. Ang. unter
B 126 Geſchſt.
Häklerinnen
finden lohnende Heimarbeit d. Anf.
von Jumpers, Kleidern, Kinderkleidern,
Nur 12 tüchtige, gut geſchulte Kräfte
wollen ſich melden. Anfänger zwecklos.
(e9423
Ausweis mitbringen.
Wollwarenfabrik
Landgraf=Philipp=
Albert Loeb Anlage 40.
Geſchäftszeit 7—4 Uhr.
Tücht., Zuverläſſiges
Mädchen
ſtr. 10, Erdg. (*9576 1. Mai geſucht( 9590g1
Frau Lir. Michgelis,
Dieburgerſtr. 73.
Männlich
F
ordentliches.
Mädchenoder Frau
vormittags evtl. bis nach dem Spülen
in kleinen, ruhigen Haushalt (
Johannes=
viertel) bei guter Bezahlung geſucht.
Angebote unter B 135 an die
Ge=
ſchäftsſtelle ds. Bl.
(2893
überſchaftchauchiftl
bei hohem Gehalt z.
1 Mai geſucht.
An=
gebote u. 11 an die
Geſchäftsſt. (2896
Nicht zu jung, lediger
Schweizerdegen,
der in Satz u. Druck
gleich tüchtig und auch
in d. Flachſtereotypie
Kenntniſſe beſitzt,
findet in Nierſtein
dauernde Stelle. —
Ebenſo, ein lediger
ſelbſtänd, arbeitender
Buchbindergehilfe,
der in Partie= und
Kundenarbeit tüchtig.
Perſönliche
Vorſtel=
lung in Darmſtadt,
Beckſtraße 71, part.
79585
erwünſcht.
Utwmelanteng
Hermamn Schulz,
Gartenbaubetrieb,
Erbacherſtr. 101. (r30
Seifenfabrik
ſucht zur Ausarbeitung künſtl. Reklame=
Entwürfe für Packungen, Flugblätter,
Plakate und Inſerate künſtleriſchen,
reklametechniſchen
Beirar
gegen Jahresvergütung. Angebote mit
näheren Ausfü rungen und Referenzen=
Angabe unter 75 140 an die
Geſchäfts=
elle ds. Bl.
Suche per ſof. tücht,
zuverläſſigen, ledigen
Fahrburſchen
bei freier Station im
Hauſe. Auf Zeugniſſe
wird reflektiert. (** 1
Ludwig Scherer
Wein=u, Spirituoſenhandl.
Getränßefabrik.
Griesheimb. Darmſt.
Käufe
zu kaufen
geſ.Angeb.
SlALID unit. B 143
a. d. Geſchäftsſt. (*9626
Hilber=
Gegenſtände
kauft (2473
69. Karp
Ludwigſtraße 20.
Fernſpr 506.
Verigtzbidh
ſtücke zu kaufen geſ.
Angebote unt. D 2
Geſchäftsſtelle, (ega51
2
Kinderbettſtelle
eit
1. Kinderklappwagen
m. Verdeck (Liegew.),
gebraucht, zu kaufen
geſucht. Ang. u. B59
an d Geſchſt. (*93447g
Harmonium
gegen ſof. Kaſſe geſ.
Fr. Gütting
Schuchardſtr. 10. /*
Wohnungstauſch.
Suche: 1 ſchöne 4 bis
6 Z.=Wohn, in guter
Lage. Gebe: 1hübſche,
geräumige, in beſtem
Zuſtand befindliche
3 8.=Wohn,
Viktorig=
ſtraße. Umzugskoſten
und Entſchädigung
werden nach
Verein=
barung gewährt.
Angeb. u. B90 an
942
die Geſchſt.
83. Bomung
mit Gas, im Oſtviertel
2. Stock), geg.
eben=
ſolche ſpt., 1., 2. St.),
Oſt oder Südoſt zu
tauſchen geſucht.
Angeb. unt. B 129
Geſchäftsſtelle, (9547
Briefmarken
gewöhnl. u.ausländ.,
geſtempelt,zu höchſten
Preiſen jed. klein. u.
größ. Poſt. dauernd geſ.
J. E. Birnbaum, Heinr.=
Fuhrſtr. 11, 1. (9612
Zu kauf. geſucht:
Gartenmöbel,
Saug=
u. Druckpumpe,
ver=
ſchied. Gartengeräte.
Angebote unt. B 52
Geſchäftsſtelle. (*9307
Einmachgläſer
Ooſen
zu kaufen geſucht.
Angebote m. Preis
u. B110Gſchſt. /284789
Holzwolle
gebr., zum Packen
ge=
ſucht. Angebote unter
8 12p an die
Ge=
ſchäftsſtelle. (*9561
Ein in allen Zweigen des Apparate.
baus erfahrener, ſelbſtändiger
Ingenieur
zum alsbaldigen Eintritt geſucht.
Bewerber muß über reiche Erfah=
Krungen im Bau aller Apparate für die
Chemiſche= und Spiritus=Induſtrie
ver=
fügen, tüchtiger Kalkulator u. gewandt
im Verkehr mit der Kundſchaft ſein,
ſodaß ihm event, die Leitung des
geſamten Betriebes übertragen werden
kann. Angebote mit Lebenslauf und
Zeugnisabſchriften unter B 189 an die
Geſchäftsſtelle ds. Bl.
(29615gm
Wohnungstauſch.
Suche eine 5-6
Zim=
mer=Wohnung. Als
Tauſch ſteht eine
4 Zimmer=Wohnung
in der Nähe d. alten
Bahnhofs zur
Ver=
fügung. Vergütung
nach Uebereinkunft.
Angeb. u. B 133 an
die Geſchſt. (*9581g1
Läden g
Gut möbliertes
Bohn= u. Schlafzimmer
vonruhigem Herrn geſucht. Angeb.
unter B 144 an die Geſchäfts=
(*9623
ſtelle dieſes Blattes.
Ausgewieſener
(alleinſtehend) ſucht haldigſt
möbl. Wohn=u. Schlafzimme
Bettwäſche vorhanden. — Angebote an.
(2873
Hoßbach, Hotel Prinz Karl.
von jungem Leipziger Kaufmann g
per ſofort, event. mit Penſion, gegen
gute Bezahlung geſucht.
Werte Zuſchriften an Deſſauß
(Penſion Staudigl),
Hermann=
ſtraße, erbeten.
(*9580
Ladenlokal
in guter Lage zu
ver=
mieten. Inhaber
ge=
denkt als Filialleiter
ſich zu betätigen.
Näh. Geſchſt. (*9633
Darläek
b. Berger, ſchön möbl.
Zimmer m. Penſion
zu verm.
(*9589
KZumiet. geſuchte
Audläider,
gut möbl. 2 Zimmer=
Wohnung in guter
Gegend. Varkoney,
Karlſtraße 76. (9599
Ruhiger Student
ſucht 1—2 gut möbl.
Zimmer mit
Kachel=
pfen. Angebote
er=
beten an H. Köll,
Klappacherſtraße 11,
1. Stock.
2962
Suche für meinen
jungen Gehilfen zum
15. d. Mts. (e9646
möbl Zimmer.
(evtl. mit Klavier).
Buchhdlg. Hch. Schroth
einſtraße 15,
K
möblierte Zimmer
geſucht, in der Nähe
Rheinſtraße. Ang. an
Bratlie, Frankfurter
(*9639
Ho
Möbl. Zimmer
von freundl. ruhigem
Beamten geſ. Angeb.
unter B 145 an die
Geſchäftsſterb. (9622
Aelt., einzelſtehender
Herr ſucht
möbl. Zimmer.
Angeb. an Peters,
Erbacherſtr. 3. (*9648
Student
ſucht gut möbl. ruhiges
Zimmer in ſchöner
Lage. Angebote an
J. Dahlin,
Viktoria=
ſtraße 76, pt. (9588
Brälfan
Harneilan
ſtadträumen und Büro
mögl. eleßtr Kraftanſchl.
in nur zeutr. Lage z. h.
geſ. Preisang. u. B 132
a. d. Geſchäftsſt. (*9567
5-6 3. Hau
in g. Wohnlage v.
Selbſtkäufer geſucht.
Angeb. u. B 119 an
die Geſchäftsſt. (22523
2 oder 385
3 immer=Hans
im Südoſt= oder Oſt=
Viertel von
Selbſt=
käufer geſ. Ang. unt.
B 123 Geſchſt, (*9548
Vhe
Wohnhaus
in beſter Lage
(Martinſtraße)
286 Zimmer,
ausgebauter
Man=
ſardenſtock, in ſehr
gutem Zuſtand,
von guter,
maſ=
ſiver Bauart nebſt
ſchön angelegtem,
400 gm großem
Garten ſofort zu
verkaufen.
Woh=
nung wird durch
Tauſch frei. Näh.
d. Büro f.
Eigen=
heim, Sandſtr. 24,
1. Stock. (2876ei
Tel. 2853.
20 Millionen Mark
geg. zeitgem. Zinſen
an erſtkl. Häuſer ganz
oder geteilt zu
ver=
geben. Angeb unt.
B 134 an die
Ge=
ſchäftsſtelle. (9579
Unterricht
Italieniſche und
Etadiſche Huf.
geſ. Ang. 1. B 127
Geſchäftsſtelle. (*9553
Franz,engl. Konp. Zirtel
Luiſenſtr. 34, I. (79608
Rummer 96.
Seite 10.
Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 8. April 1923.
Wir machen heute erſt bekannt, daß wir auch in Darmſtadt im Laufe nächſter Woche einen
eröffnen. Die vereinigten Schuhhändler haben es Ihnen ſchon vorhergeſagt. Wir werden
aber auch beweiſen, daß alle Anſtrengungen nichts nützen. / Es treffen in Darmſtadt für uns
in den nächſten Tagen für mindeſtens
300 Millionen Mark Schuhwaren
aus den renommierteſten Fabriken Deutſchlands ein, die wir ſpottbillig verkaufen.
Bei jedem Paar Schuhe oder Stiefel ſparen Sie Zehntauſende!
Warten Sie unſere Eröffnung ab, Tag und Stunde wird noch bekannt gegeben.
Emanuel, G. m. b. H. im Gewerkſchaf
haus Frankfurt a. M.
Falast-Lichtspiele
Der Mond an der kleinen I
(Zwei Menschen in Not)
Sensationstilm in 5 Akt. mit Helgaß
Molander, Herm. Vallentin (-Ueg
—Der Meilenfresser —
Der König der Radfahrer, 2 Akte,
md amerik. Rennfahrer Le6 Moran.
Tel.
Tel.
zzi. Ludwigshöhe 5ot.
Heute nachm. 4 Uhr
— Konzert;
anſchl. Tanz (B2s6o
Leitung: Obermuſikmeiſter Weber,
Tel.
2 Min.
zu. Rummelbräu vohf.
Heute
Erſtes Künſtler=Konzert
der neu n Hauskapelle.
(Auserwähltes Programm).
Anfang 4 Uhr! (*9559) Ende 11 Uhr!
Im Feſtſaal: — Tanz
Saalöffnung 5 Uhr.
Heute nachm. /a2 Uhr
T.=V. Hofheim
gegen
Liggerfatz=
Sportverein mannſchaft
anſchließend
(2901
— Handball
Tgde. Griesheim
gegen
Sportverein 1. Mſchft.
Empfehle dem verehrten Publikum von
Darmſtadt und Umgebung das
Wein= und Café=Reſtaurant
Neues Schießhaus
8 Minuten vom Waldfriedhof.
In den Sälen z
jeden Sonntag Unterhaltungsmufik
mit Tanzgelegenheit.
Das Neue Schießhaus liegt außerhalb
der Sperre und kann ungehindert paſſiert
werden.
Um geneigten Zuſpruch bittet
Der Beſitzer.
Drpheum
Mite Guce
der letzt. Zeit!
g und folg.
Heute Tage:
Der
blonde Engel
operette in 3 Aßten.
Sonntags=Karten:
Verkehrsbür. 10-12.
drph. =Kaſſe ab3 Uhr.
Einl. 7 Uhr, Anfang
734 Uhr. (2890
Landestheater.
Sonntag, 8. April.
4 21.
Der Freiſchütz
v. C. M. von Weber,
Anf. 6. Ende 9½ Uhr.
Preiſe: 1500-10500 M
Kleines Haus. (V22‟
Zuſatzmiete VI:.
Bunbury
oder
Die Bedeutung des
Ernſtſeins
von Oscar Wilde,
Anf. 7. Ende 9½ Uhr,
Preiſe: 1500-6000 M.
Familienabend
15. April, 5 Uhr
Reſt. Sitte.
Verein für Vogel=
und Geflügelzucht
Montag, den 9. April
abends 8½ Uhr
Ausgabe von
Anteil=
ſcheinen.
Mittwoch, 11. April
Futterausgabe bei
Weigold. (2895
1
„Der tolle Hund” oder
Des Burſchen Heimkehr=
Lokalpoſſe in Darmſtädter Mundart
von E. E. Niebergall.
Samstag, 14. April 1923, 8 Uhr abends,
im Konkordia=Saal, Waldſtr. 33.
Preiſe der Plätze: 1. Pl. (numm.) 1500 Mk., 2. Pl.
(numm.) 1000 Mk., 3. Pl. (nicht numm.) 600 Mk.
An der Abendkaſſe je 500 Mk. mehr.
Borverkauf bei: Fiſcher, Spezereihdlg.,
Frankenſteiner=
ſtraße 54, Griesheimer, Buchhdlg,
Wilhelminen=
platz, Hublitz Eiſenwaren, Kirchſtraße 18, Keitel,
Friſeur, Riedlingerſtr. 43, K. B. Müller,
Papier=
handlg., Schulſtr. 14, Mylius, Zigarrengeſch.,
Herdweg 2, Schmidt, Handſchuhfabrik, Ernſt=
Lud=
wigsplatz 2, Wegerich, Friſeur, Wendelſtadtſtr. 56,
Wamſer, Zigarrenhandlg., Ballonplatz 6. (9649
Elegante
Damen-Strohhüte
zu äußerst billigen Preisen.
Umfassonieren nach den neuesten Modellen!
Hutfabrik Schleypen
Karlstraße 20 (Toreingang).
(*9554)
Gelegenheit!
wie nen, nußbaum, kreuzſaitig, preiswert
(2865
zu verkaufen.
Heinrich Arnold. Wihelminenſtr. 9.
Eel
Brennesselhngrwasser
von Apotheker Schwarz, München,
alkohol=
frei. Gegen Schuppen u. Haarausfall
be=
nährteſtes Naturpräparat, fein duftend,
offen (Flaſche mitbringen) /4 Liter ℳ 625.—
Lit. 6 1250— nur bei Drogerie F. Seibert,
74dt. Eche Liebig=u. Pallgswieſenſtr. (T,2189
Amerika g=
Engl. Priv.= u.
Ge=
ſchäfts=Briefe ſchreibt
u. überſetzt ſtr. diskr.
Frau Heiſer,
Wheinſtraße 41, Hth.
rrammophanek
I. Platien I 6
Speuialgeschäft
Georgenstr. 11.
Stenpgraphen=Verein Stolze=Schrey
(2864
Darmſtadt.
Neuer
Anfänger=
kurſus
Dienstag, 10.Apri,
abends 8 Uhr
im Vereinslokal
2
Karlſtraße 16, I.
Spezialität: Rahmenbruch=Reparaturen
Umbau zu D.=Rädern
Vernichkeln und Emaillieren
Fachmänniſche Ausführung
Prompte Bedienung (9551
EEmilſtraße 4.
Neue u. gebr. H.= u. D.=Räder.
Maschinenschreiben
Neue Kurse
beginnen am
Freitag, 6. April und
Dlenstag, 10. April
abends ½8 Uhr in unseren
Unterrichtsräumen
Mathildenplatz 8
Anmeldungen jeden Tag
von 10-12 und von 2-10 Uhr
abends und
am Eröffnungsabend
Kaufm.
Stenographon-Gesellschaft
„Hahelsberger” B. I.
Mathildenplatz 8
2677gdg
ue
GEEIELOMEEIEEES
Ab Montag, den 9.
ds. Mts., ſtehen
prima
Ferkel und Läuferſchweine
Wrke
zum Verkauf.
2. Hotz, Darmſtadt, Fuhrmannſtr. 3,
Im Gltrausch d. Sinne, T.7. Die
D.-I
gesehminkte Frau, 6Ak. 30 Mimut.
Angst, Lustsp. mit Harry Loyd. ( 9645g0
Maciste u. der Hypnosenschwindel
R.31, III.T.-6Akt. Hauptdarst. Maeiste
Achten Sie auf Mayér, Lustspiel 2 Akte!
Harry Piel,Unus,d. Wegi. d. Welt
U.-1. 64. Im Glutrausch d. Sinne, I.Teil.
Zelegi. 2929 am Böllenfalltor Teleph. 2900
Heute Sonntag:
Kaffee=Konzert
Anfang 4 Uhr.
(*9485
Bereinigung aus Elſ.=
Lothr. Vertriebener.
Mitgliederverſ.
Donnerstag, 12. April,
abends 7 Uhr,
im Fürſtenſaal (weißersaal).
Tagesordnung:
Neufeſtſetzung d. Beiträge.
Verſchiedenes. (2875
Verein f. Naturgemäße Lebens= und
Heilweiſe (Naturheilverein).
Unſer Luftbad
am Lichtwieſenweg iſt eröffnet. (*9583
Der Tennisplatz iſt noch für einige
Stunden zu vergeben. Näheres beim Ver=
Der Vorſtand.
walter im Luftbad.
für Feſtlichkelten
und Vorträge
zTare noch frei
obergaſſe 12.
449tz
Täglich
(29625
Darmſtadt-Mainz und zuruck
ä Perſon 15 000 Mk.
Abfahrt 8 Uhr früh. Riedeſelſtraße 66.
Zurückfahrt nach Belieben. Auch wird Poſt,
Pakete und ſonſtiges beſorgt,
Auto-Rischer
Selephon 135
Riedeſelſtraße 66.
Zu haufen geſucht
großer
Dericen eackraich
gegen Barzahlung bei höchſt.
Tages=
preiſen. Strengſte Diskretion.
Eil=
offerten unt. Chiffre M N. D. 6176
an die Geſchäftsſt. d. Bl. (11,2888
Tmgtbtütt unt
Darmſtädter Tagblatt
Die parabel vom Manne, der Zeit über Zeit hatte.
Von Safed, dem Weiſen.
Ein Mann verſuchte einſt nach New=Orleans zu gelangen.
Denn er ſagte: „Es iſt nun Winter und ich vergnüge mich lieber
mit der Angelrute oder im Golf=Klub als mit der
Schnee=
ſchaufel!”
Er ordnete alſo ſeine Geſchäfte, die damals nicht ſehr
be=
deutend waren, kaufte ſich eine Fahrkarte und einen Liegeplatz
im Schlafwagen und ſagte zu ſeinen Freunden:
„Es zieht mich nach den balſamiſchen Briſen des Golfs
ich will den Tarpon fiſchen gehen und die Magnolie blühen
ſehen! Ja, und dann mach’ ich einen kleinen Abſtecher nach
Kuba hinüber und vielleicht tu’ ich einen Blick in die große Ni ne
von Pana I! Das Winterwetter hier bei euch ſoll mich nicht
vor der Fa nacht ſehen — ich will mit den Blumen des
Früh=
lings wiederkehren! Trala!”
Und am beſtimmten Tage kam e: die Fahrkarte in der
Taſche, frühzeitig auf den Bahnhof. Denn er ſagte: „Ich liebe
es, Zeit über Zeit zu haben!“
Und ſein Zug, der ſogenannte Panama Limited, war noch
nicht einmal in der Halle. Denn es war mehr als eine halbe
Stunde vor der Abfahrt.
Und der Mann ſagte: „Ich will mir was zum Leſen kaufen
und mich niederſetzen und leſen! Denn es iſt eine herrliche
Sache, Zeit über Zeit zu haben!"
Während er alſo hinging, um ſich etwas zum Leſen zu
kaufen, ſchrie ein Mann durch eine Art Schallrohr:
„E—e—e—e—linois Expreß nach Panama, Kairo, Paducah,
Memphis, Vicksburg und New=Orleans — einſteigen
Geleiſe 6!!!"
Und der Mann, der ſich inzwiſchen was zum Leſen gekauft
hatte, ſah auf die Uhr und ſagte ſich: „Ich hab’ einen reſervierten
Sitz, ich hab' meine Fahrkarte und meinen Schlafplatz — und
das Licht iſt hier ſehr gut und die Geſchichte fabelhaft ſpannend
— ich brauche mich ja nicht zu beeilen — ich habe Zeit über
Zeit!”
Und der Mann mit dem Schallrohr rief ein zweites Mal
die gleichen Worte.
Doch der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte,
ſagte ſich:
„Es iſt eine weite Reiſe nach New=Orleans und ich werde
mich im Zuge langweilen — ich warte lieber noch ein Weilchen
hier — ich habe ja Zeit über Zeit!”
Und der Mann mit dem Schallrohr rief noch ein drittes Mal:
„E—e—e—e—linois Expreß nach Panama, Kairo, Paducah,
Memphis, Vicksburg und New=Orleans — einſteigen —
Geleiſe 6!1!"
Aber der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte, war
gerade zu einer intereſſanten Stelle der Geſchichte gekommen,
auch hatte er ſich ſchon an den Lärm des Bahnhofsgetümmels
getöhnt — und ſo hörte er nichts vom „E—e—e—e—linois
Expreß”, ja, er ſah nicht einmal von dem Büchel auf, darin er las.
Und der große Zeiger der gewaltigen Uhr in der Halle rückte
langſam, aber ſicher vor.
Und der Mann, der ſich was zum Leſen gekauft hatte, war
nun ans Ende der Geſchichte gekommen — er rollte das Büchel
zuſammen, ſchob es in die Taſche ſeines Ueberrockes und ſagte:
„Jetzt könnte ich ſchön langſam einſteigen!“
Und er hob ſeinen Reiſekoffer und ſteuerte dem Durchlaß
zu. Und wie er ſo hinging, fiel ſein Blick auf die gewaltige
Uhr in der Bahnhofshalle. Und der kalte Schweiß brach ihm
aus. Und er ſtürzte wie beſeſſen dem Durchlaß zu — aber nur,
um die hinterſten Lichter des letzten Wagens des Panama
Limited zu ſchauen, der ſoeben in dämmernder Ferne
ver=
ſchwand.
Und er beſchwor den Mann beim Durchlaß und flehte:
„Herr, laſſen Sie mich ein, ich muß den Panama Limited
erreichen!“
Aber der Mann beim Durchlaß antwortete ihm und ſagte:
„Sie können den Panama Limited morgen oder übermorgen
erreichen — beſchwören Sie mich nicht, denn Sie haben Zeit
über Zeit!”
Als ich nun dieſes Begebnis betrachtete, erwog ich den Fall
gewiſſer Menſchen, mit denen ich auf meiner Lebensreiſe
zu=
ſammentraf. Denn ſie merkten wohl das Gebot und das
Schwin=
den einer Gelegenheit, ließen ſich aber nicht ſtören. Und es hatte
freundliche Worte gegeben, die ſie hätten ſprechen ſollen, und
Taten der Liebe, die ſie hätten tun ſollen, und edle
Gewohn=
heiten, die ſie hätten annehmen ſollen. Und der Engel der Zeit
Kann wohl der Menſch dazu beſtimmt ſein, über irgend
einem Zwecke ſich ſelbſt zu verſäumen?
Schiller.
ſchrie ihnen durch Schallrohr fliehender Jahre zu. Und ſie
ſag=
ten ſich: „Dies ſollte ich zwar tun — aber ich habe ja Zeit über
Zeit!“
Nun fürchte ich aber für einige von ihnen, daß ihnen
plötz=
lich der Tag aufgehe, da ſie mit dem Hammer an die Pforte des
Himmels pochen und toben und beſchwören, weil ſie ſie
verſchloſ=
ſen finden. Und manchmal iſt mir, als hörte ich den Engel ihnen
Antwort ſagen:
„Vergeudet eure Sprache nicht ſo ſehr, auf daß ſie euch in
der Zukunft nicht fehle! Denn ſeht, ihr habt Zeit über Zeit!”
(Uebertragen von Max Hayek).
886888: Wiſſenſchaft und Technik !
— Seht euch den Himmel an! Wir alle ſollten etwas mehr
Aſtronomie treiben, um unſer Gemüt, das durch die Berufs=
und Alltagsſorgen oft ſo abgeſtumpft wird, zu erheben. Nichts
lehrt uns beſſer als die Sternguckerei, zu denken und zu
be=
wundern, nichts führt uns mehr zu ſtillen Andacht über die
Größe der Schöpfung und des Schöpfers, als ein Blick nach
oben zum Himmelsdom, wo die Welt kein Ende hat, von wo
Millionen Sterne und Sternchen ihr flimmerndes Licht nuf die
müde Erde und ſo viel böſe und törichte Menſchen herabſenden.
Vor allem verſäume man nicht, ſeinen Kindern Int=reſſe für
die Himmelskunde beizubringen. Es gibt im Buchhandel
Stern=
karten, die ſo konſtruiert ſind, daß man für jeden Tag das
ge=
naue Sternenbild, wie es ſich am Himmel zeigt, f=ſtſtellen kann.
Schon die Veränderlichkeit der Lage der einzeinen Sternbi
iſt außerordentlich lehrreich. Ebenſo ein tieferes Eindring,
die Himmelsgeheimniſſe, in das Weſen, die Entfernung, die Ge
ſchichte der einzelnen Sterne uſw. Wie intereſſant iſt z. B., daß
der gute Mond, der „ſo ſtill durch die Abendtvolken zieht”
die=
ſen ſeinen Spaziergang 375mal ſchneller als ein Schnellzug
unternimmt, daß er nicht eine (Iatte Kugel iſt, ſondern
rund=
herum ſtachelig wie ein Jgel, daß 30 Mondbälle erſt ſo viel ſind
wie die Erdkugel, 1392 Erdbälle erſt ſo viel wie die
Jupiter=
kugel oder 1,3 Millionen Erdkugeln ſo viel wie unſer
Scnneuſ=
ball, und wiederum 6:35 Sonnenbälle ſo diel wie der größere
Stern der Capella, daß man trotz dem Millionenherr der Sterne
doch nur etwa 7600 mit bloßem Auge ſehen kann, daß man das
Ende der Welt mit 30000 Lichtjahren berechnet hat uſw.
Wahr=
lich, der Himmel bietet Erhebendes und Erbauendes tauſendfach!
nk. Muſchelplage in einem Kraftwerk. Im Kraftwerk
Glam=
beckſee bei Stolp in Pommern trat im vergangenen Jahre nach
dem Bericht von Profeſſor Dr. J. Wilhelmi von der preußiſchen
Landesanſtalt für Waſſerhygiene in Berlin=Dahlem in der
Zeit=
ſchrift Waſſer und Gas ein außerordentlicher Gefälleverluſt ein
infolge der Muſchelplage, die Profeſſor Wilhelmi näher zu
unterſuchen Gelegenheit nahm. Die Wände eines
Zuleitungs=
ſtollens waren mit einer bis zu 30 Zentimeter hohen Schicht von
Dreiſſenſia=Muſcheln beſetzt. Außerdem hatten ſich die
Wander=
muſcheln in einem offenen Werkkanal in rtwa 10 Meter
Ent=
fernung von dem Ende des Stollens in Barrieren bis zu etwa
1,5 Meter Höhe feſtgeſetzt. Das Werk mußte ob dieſer
Muſchel=
plage ſtillgelegt werden, und die Herausſchaffung der viele
Zent=
ner wiegenden Muſchelmaſſen erforderte mehrtägige Arbeit und
verurſachte dadurch nicht unerhebliche Koſten. Profeſſor
Wil=
helmi konnte feſtſtellen, daß bisher in keinem Kraftwerk die
Wandermuſcheln in ſolchem Maße wie im Glambickſee
aufge=
treten waren. Infolgedeſſen ſtellt dieſe Beſiedelung ein Novum
dar und beſitzt deshalb eine generelle Bedeutung für alle
Stau=
werke mit Betonmauern. Für die Behebung dieſer
Muſchel=
plage nennt Wilhelmi verſchiedene Wege. Als
Feinhaltungsver=
fahren kämen Schutzanſtriche mit Teerpräparaten, ſowie
aus=
wechſelbare Fangapparate in Betracht. Als
Vernichtungsmaß=
nahmen empfiehlt Wilhelmi zur Desinfektion des Waſſers die
Anwendung von aktivem Chlor und Säure. Dabei wäre die
Verwendung aktiven Chlors in jedem Jahre während der
wär=
meren Jahreszeit häufiger zu wiederholen, dagegen würde bei
der Anwendung von Säure wohl ein einmaliges Verfahren den
erſtrebten Erfolg ſchaffen.
Der Naturfreund
nk. Ein Zuchterfolg im Berliner Aquarium. Im Berliner
Aquarium iſt ein dort gezüchtetes, drei bis vierjähriges
Männ=
chen des mittelamerikaniſchen Perlchantitos, der Gattung der
Knochenſiſche angehörend, zu einem geradezu Aufſehen
erregen=
den Rieſen herangewachſen, der durch ſeinen buckelartig
aufge=
triebenen Nacken etwas Biſonartiges hat. Wenn dieſe Art zum
Laichen ſchreitet, tritt die an ſich ſchon ſchöne, hell= und
dunkel=
blaue Querbänderung des ganzen Körpers noch mehr hervor,
und die Unterſeite wird tiefſchwarz. Das gewöhnlich dauernd
zuſammenhaltende Paar beſchützt die an einen Stein geklebten
Eier und betreut und führt die junge Brut gemeinſam.
nk. Ein merkwürdiger Fall von Einquartierung. Es iſt
wohl wenigen bekannt, daß es ein Zuſammenleben zwiſchen
einem Einſiedlerkrebs und einem Wurm, einer Nereide, gibt.
Dieſes Zuſammenleben, betont W. B. Sachs in den „Schriften
für Meereskunde”, die von der zoologiſchen Station Büſum
herausgegeben werden, beruht mehr auf Einſeitigkeit als auf
gegenſeitigem Vorteil. Die Nereide hat ſich hier im
Schnecken=
hauſe des Einſiedlers einquartiert und hält ſich meiſt im
In=
nern desſelben verſteckt. Hat nun der Krebs ein Tier erbeutet,
ſo kommt der Wurm, der mit wehrhaften Zangen bewaffnet iſt,
hervor und nimmt ſeinem Wirt die fetteſten Biſſen weg und
zieht ſich mit ſeiner Beute ſchleunigſt in das Innere des Hauſes
zurück.
nk. Der Wanderfalke in Sachſen gefährdet. Wie der Uhu
in Sachſen heute ſchon völlig ausgerottet iſt, ſo droht dieſes
Schickſal neuerdings auch dem ſchönſten und kühnſten
Tagraub=
vogel, dem Wanderfalken. Einſt weit im Lande verbreitet und
auch im nordſächſiſchen Tieflande vorkommend, umfaßt ſein
Brutbeſtand heute, ſchreibt Rudolf Zimmermann=Dresden im
Deutſchen Jäger, nur noch einige wenige Paare, von denen das
eine, das einzige Oſtſachſens überhaupt, im Zittauer Gebirge am
Oybin horſtet und erfreulicherweiſe von der Stadt Zittau, auf
deren Gebiet ſich der Horſtplatz befindet, unter Schutz geſtellt iſt.
während die übrigen dem Lande noch angehörenden Brutpaare
in den zerklüfteten Sandſteinfelſen der Sächſiſchen Schweiz ihre
Jagdgründe und Horſtplätze beſitzen. Die größte Gefahr für den
Vogel beſteht in der Sächſiſchen Schweiz im Kletterſport;
Berg=
ſteiger erklettern im Frühjahr die Horſtplätze der „Geier” und
nehmen die Horſte aus. Zimmermann iſt augenblicklich im
Auftrage des Vereins ſächſiſcher Oxnithologen mit einer genauen
Beſtandsaufnahm: beſchäftigt, an die ſich dann
Schutzmaß=
nahmen anſchließen ſollen. Es iſt daher zu hoffen, daß der
Wanderfalke noch in letzter Stunde vor dem Schickfal des Uhns
bewahrt wird.
Mannigfaltiges
Allerlei Weisheit.
Der älteſte Teik des Schloſſes in Berlin b=ſitzt
Maueru=
von faſt drei Metern Stärke.
Viele Gedichte Heinrich Heines ſind in Muſik geſetzt
wor=
den. Es gibt über 3000 Kompoſitionen ſeiner Lieder.
— Der Magen eines erwachſenen Menſchen kann
durch=
ſchnittlich drei Liter Flüſſigkeit faſſen.
— Der Sauerklee gedeiht noch, auch wenn die Waldbäume
nur ein Siebzigſtel des Himmelslichtes bis zur Erde gelangen
laſſen.
Auf der ganzen Erde gibt es 672 Vulkane, aber nur 270
derſelben ſind noch tätig.
Die Fahrzeit durch den Suezkanal beträgt
durchſchnitt=
lich 16 Stunden und 54 Minuten.
Aus dem Sieinkohlenteer werden gegen 70 verſchiedene
Produkte gewonnen.
Der geſamte deutſche Waldbeſtand hat einen Wert von
zirka 10 Milliarden Goldmark.
— Feigen ſind dreimal ſo nahrhaft wie Brot.
— Infolge der Fortſchritte der Landwirtſchaff durch
ratio=
nellen Betrieb, wiſſenſchaftliche Unterſuchungen uſw. werden
jetzt in Deutſchland 40 bis 57 Prozent mehr Feldfrüchte erzeugt
als noch vor 50 Jahren.
— Das Pflanzenleben im Meere hört in einer Tiefe von
300 Metern vollſtändig auf, weil das Sonnenlicht nicht tiefer
eindringen kann.
Abt Vogler.
Von Walter Möller=Oranienburg.
Wie die Figuren von dem Goldhintergrund der alten
Heiligenbilder im Dom zu Würzkurg, ſo hoben ſich drüben auf
der Höhe jenſeits des Mains die trutzigen Türme und Zinnen
der Marienburg ſcharf von dem dahinter leuchtenden
Abend=
ſchein ab. Als er langſam erloſch, lag die am Tage ſo geſchäftige
Stadt unten im Flußtal ſchon zur Nachtruhe behaglich zwviſchen
den grünen Rebenhügeln ausgeſtreckt.
In den Straßen war es ſtill geſorden. Nur hier und da
lärmte ein fröhliches Trinklied aus einer niedrigen Schenkftube.
Die Würzburger haben ſchon in den ſechziger und ſiebziger
Jahren des 18. Jahrhunderts den beſten Bocksbeutel ſelbſt
ge=
trunken. Für die vielen fremden Kaufleute, die auf der Reiſe
nach Nürnberg hier raſteten, war immer noch genug Getränk
vorhanden.
In weiten Bogen überſpannte ſchon damals die große Brücke
den Main, und die künſtleriſch in Stein gehauenen Standbilder
der alten Kirchenfürſten darauf blickten wie mit ſtillem
Will=
kommensgruß, auf einen kleinen Trupp Söldner und Bediente,
die, zum Hofe der Reſidenz gehörend, ſich eben von der Burg
her der Stadt näherten. Zwei Fackelträger leuchteten einer
Sänfte voran, in der die erſte Hofdame der Fürſtin, Fräulein
Thekla von Wieſenthau, ſaß. Die junge Dame kam eben von
einem Beſuch zurück, den ſie als vorzügliche Reiterin einem
Ver=
wandten und ſeiner Frau in der Umgebung gemacht hatte. Die
Wieſenthaus waren ein uraltes und verbreitetes Geſchlecht im
Unterfränkiſchen. Bis zur Burg war ſie zurückgeritten, dann
benutzte ſie die bequemere Beförderungsart, denn es ſchickte ſich
nicht für ein Hoffräulein, allein, nur von einem Reitknecht
be=
gleitet, durch die ſchon nächtlich dunkle Stadt zu reiten, ganz
abgeſehen davon, daß dies bei dem Knüppeldamm nicht ganz
ungefährlich ſchien.
Eben war der kleine Trupp am Ende der Brücke angelangt
und wollte gerade durch das Städtchen ziehen, als die Inſaſſin
der Sänfte ein Zeichen zum Halten gab.
Aus dem kleinen Haus unmittelbar an der Mauer klang
eine Geige in den ftillen, linden Somzerabend hinaus. Der
weiche, fehnſuchtsvolle Ton ſchtvang, getragen vom Duft, der von
den Nelkenſtöcken am geöffneten Fenſter ſpehte, über die leiſe
plätſchernden Mainwellen. Der Fackelſchein und das Licht aus
dem Hauſe ſpiegelten ſich wie flüſſiges Gold in den dunklen
Fluten wider.
Thekla von Wieſenthau lehnte ſich einen Augenblick mit
geſchloffenen Augen in ihren Sitz zurück und gab ſich dem
Zau=
ber der Stimmung hin. Eben noch klang es wie ein frommer
Zuſpruch, ein ſtilles, wunſchloſes Entſagen aus den tiefen,
war=
men Tönen, dann aber brandete es wie die Wogen ungeſtillter
Leidenſchaft zur Höhe empor und ſchien ein Lied zu ſingen von
füßer Liebesſchuld. Die Dame ſprang aus dem Tragſeſſel und
hatte ſich mit raſchen Schritten dem Fenſter genähert.
„Meiſter Vogler — halloh, Meiſter Vogler, das Fräulein
von Wieſenthau fragt Euch, ob. Ihr ſeine Laute wieder gerichtet
habt!” rief die helle, fröhliche Stimme ins Haus hinein. Jäh
brach das Spiel drinnen ab. In der Haustür aber erſchien der
Gerufene, mit der grünen Arbeitsſchürze bekleidet, ſichtlich
er=
freut, eine ſo vornehme Kundin begrüßen zu können.
„Fertig is ſcho, dös Inſtrumentl, gnädigſtes Hoffräul’n,
und i glaab, daß dös noch amal ſo gut klingen wird, jetzt, wo
i’s gericht’t hob."
„Dann will ich’s gleich mitnehmen, lieber Meiſter. Aber
ſagt, wer iſt der Virtuoſe, der da in Euerm Hauſe ſo wunderlich
ſpielt und den ich eben unterbrochen habe?"
„Dös is halt nur der Georg Joſeph, mei Bub, der, tvenn
er ſei Stundenpenſum geübt hat, ſo a kurioſes Zeigs
zuſammen=
ſpielt. — Joſeph, Joſeph, kumm mal her,” rief der alte
Inſtru=
mentenbauer ins Haus.
Eine ſchlanke Jünglingsgeſtalt erſchien auf der Schweſſe.
Der Muſiker blieb, noch die Geige in der Hand, betroffen ſtehen,
als er im Fackellicht die Augen der ſchönen jungen Hofdame
intereſſiert auf ſich gerichtet ſah, die ſchon wieder ihren Sitz
ein=
genommen hatte. Ihr zierlicher, von dunklen Locken umrahmter
Kopf hob ſich eigenartig von dem hellſeidenen Hintergrund des
Rückſitzes der Sänfte ab und blickte daraus wie aus einem
Bild=
rahmen.
„Ihr ſeid der junge Künſtler, deſſen Zuhörerin ich eben
war? Nun, dielleicht ſteckt mehr in ihm als Ihr glaubt, Meiſter
Vogler,” wandte ſich das Fräulein an den Inſtrumentenbauer,
ohne den Blick von dem jungen Menſchen zu wenden. Der ſah
die junge Dame noch immer mit weit geöffneten Augen an.
„Laßt ihn einmal morgen aufs Schloß kommen und mir die
Laute bringen. Vielleicht kann ich ſeinem Fortkommen behilflich
ſein,” damit ſetzte ſich der Trupp mit den Fackeln und Trägern
in Bewegung und Meiſter Vogler ſtand noch dienernd vor ſeiner
Haustür, als er ſchon hinter den nächſten Ecken verſchwunden
war. Nun gab er ſeinem Sohn, der ſich eben tief aufatmend
das wirre Blondhaar aus der Stirne ſtrich, einen derben Schlag
auf die Schulter. Wie aus einem Traum fuhr der zuſammen,
dann ging er ins Haus zurück.
„A ſo an dalketer Bua. Net a Sterbenswörtle hat a gered’t,”
brummte der Meiſter ärgerlich.
Die Voglerin begütigte: „Dös is halt immer ſchon als Kind
ſo bei ihm geſpeſen, Vater. Du wirſt’s net ändern.” Sie ſaßen
beim Abendbrot. „Aber da hör” amal, wenn er allein is, da
geht’s ihm von der Leber!“
Nebenan klang die Geige. Ein Lied von wilder
Sehn=
ſucht. Und als der Mond hinter den Hügeln emporgeſtiegen und
ſich im Main ſpiegelte, da ſah ein junger Träumer oben in
ſeiner Dachkauimer im Schlummer ein Paar dunkle
Mädchen=
augen auf ſich gerichtet und zu leiſem, ganz fernem Geigenton
ſprach eine ſüße Frauenſtimme Liebesworte, die zärtlich von
der Melodie umſchlungen wurden.
Im großen Saal des Mannheimer Schloſſes warfen
hun=
derte von Kerzen ihren Schein auf ein feſtlich buntes Bild,
ſpie=
gelten ſich in blitzenden Edelſteinen ſchöner Frauen und hoben
den bunten Glanz der Uniformen der Hofleute und Gäſte. Hier
neigte ſich ein Galan zum Ohr der vor ihm ſitzenden Dame
her=
nieder, um ihr eine Pikanterie zuzuflüſtern, die ſie mit hellem
Lachen quittierte. Da und dort bildeten ſich Gruppen, und auf
dem blanken Parkett raſchelten die Schleppen, klirrten ſilbern
die Sporen der auf und ab Promenierenden.
Jetzt ertönten drei laute Schläge am Eingang zum Saale.
Der Hofmarſchall kündete das Nahen des Kurfürſten Karl
Theo=
dor und ſeiner Gemahlin an. Im Augenblick verſtummte die
Unterhaltung und durch die Reihen der ſich tief verneigenden
Hofgeſellſchaſt ſchritt das fürſtliche Paar auf die vor der
Saal=
bühne aufgeſtellten Seſſcl zu.
Das Stimmen der Inſtrumente, ein perlender Flötenlauf,
die Seufzer der Oboe waren ebenfalls einer erwartungsvollen
Stille gewichen. Der junge, rotbefrackte Kapellmeiſter erhob ſich
zu einer Verbeugung gegen den Hof von ſeinem Platz am
Kla=
dier mitten im Orcheſter. Es war auch der Komboniſt und
Dichter des Balletts, das heute, am Geburtstage des Kurfürſten,
zum erſten Male auſgeführt wurde.
Nummer 14
Unlerhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1923
Die Welt der Frau
zuenarbeit eine völlige Verſtändigung zwiſchen
Schule und Elternhaus möglich und erreichbar iſt.
Freilich, dazu gehört vor allem das volle Verſtändnis der
Elternſchaft für die Forderungen der Schule. Dieſe kann noch
ſo wertvolle Erzieherarbeit leiſten, die Lehrer ihre Aufgabe mit
Gemeinſame Erziehung von Knaben und Mädchen. ganzer Hingabe an ihr Amt noch ſo ernſt auffaſſen, die heute
doppelt ſchwer erziehbare Jugend zu leiten, wenn das Haus,
die einzelne Familie dieſe Erziehungsabſichten der Schule durch=
Für viele Eltern in kleineren Orten und auf dem flachen kreuzt oder ihnen direkt entgegenarbeitet, dann muß immer
wie=
punkt, da die Kinder der Einheitsſchule entwachſen ſind und je ſeine Charakterentwicklung ungünſtig beeinfluſſen. Gegen
di=
betr. Familienvaters, die ihm einen plötzlichen Wechſel ſeiner mögen des Kindes hervorgerufen, wenn in ſeinem Beiſein über
Eine wichtige Zeitfrage.
Lande bringt das verfloſſene Schuljahr neue Sorgen bezüglich, der die zarte Seele des empfänglichen Kindes unter dem
Zwie=
der Wahl der ſpäteren Schule mit ſich. Bald naht ja der Zeit= ſpalt leiden und bei ihm ſeeliſche Hemmungen entſtehen, die
nach Anlage und Befähigung einer höheren Schule zugeführt ethiſchen Forderungen der Schulerziehung zu wirken, bietet ſich
werden ſollen. Der früher übliche Weg: ſie in der benachbarten für die Eltern faſt ſtändig Gelegenheit. Zum Beiſpiel verlangt
Stadt mit der dazu notwendigen höheren Lehranſtalt in „Pen= der Lehrer tadelloſe Schularbeiten. Daheim heißt es: „Ach was,
ſion” zu geben oder täglich mit der Bahn zu ihr fahren zu laſſen, ſchreibe deine Seiten runter, wenn’s auch mal nicht ſo iſt.” In
iſt in den meiſten Fällen inſolge der wirtſchaftlich veränderten der Schule wird über die Wichtigkeit des ſiebenten Gebotes ge=
Verhältniſſe nicht mehr gangbar. Der andere, ſtatt deſſen viel= ſprochen. Die Mutter geht mit dem Kinde auf den Markt, in
fach eingeſchlagene, im Intereſſe der Kinder den Wohnort zu die Markthalle, zum Kohlenhnädler oder Holzplatz und billigt
wechſeln und dorthin überzuſiedeln, wo ſich jene Schulen befin= es, wenn das Kind um ſich herumgreift und mitnimmt, was ſich
den, iſt einerſeits durch die herrſchende Wohnungsnot außer= ihm bietet. Noch viel mehr wird gegen das achte Gebot im
ordentlich erſchwert, zum anderen durch manche Verufsart des Hauſe verſtoßen und ſeeliſche Hemmungen im Vorſtellungsoer=
Stellung nicht erlaubt. Da iſt es denn zu verſtehen, daß der Freunde und Bekannte, Verwandte oder Nachbarn abfällig ge=
Allgemeine deutſche Lehrerinnenverein im Hinblick auf dieſe urteilt oder wohl gar ehrverletzende Aeußerungen getan werden,
Uebelſtände eine Eingabe an das Reichsminiſterium des Innern Schließlich muß ja das Kind alle ethiſchen Grundſätze, die die
richtete, in der er ſich für die gemeinſame Erziehung von Kna= Schule aufſtellt, den geſamten Moral= und Sittlichkeitsunterricht
ben und Mädchen, bezw. die Aufnahme einzelner Mädchen in gering einſchätzen, ja direkt je nach ſeiner eigenen „Reife” ver=
Anabenklaſſen einſetzt und den Neichsſchulausſchuß um Richt= achten lernen, wenn es immer wieder daheim Zeuge iſt, wie ſeine
linien oder um deren Feſtlegung bittet. Dieſe Eingabe betont Eltern dagegen verſtoßen. „Erziehungsarbeit an Kindern heißt,
ausdrücklich, daß grundſätzlich die bisherige getrennte Erziehung ſich zunächſt ſelbſt erziehen und ſtändig ſelbſt beobachten und im
der Geſchlechter beibehalten werden ſollte, aber in Orten, in Zaume halten!‟ Dieſer wichtige pädagogiſche Grundſatz für alle
denen keine geſonderten Mädchenbildungsanſtalten beſtehen, doch Eltern müßte ihnen immer gegenwärtig ſein, beſonders aber
den in Frage kommenden Mädchen die Möglichkeit einer dann, wenn ſie gemeinſam mit der Schule die Erziehung ihrer
gleichwertigen und gleichgearteten Ausbildung wie Linder mit Ernſt und Hingabe betreiben wollen, zu deren eige=
E. Th.
den Kuaben geboten werden müſſe. Der deutſche Lehrerinnen= nem Beſten.
verein ſtützt ſich mit ſeiner Forderung auf die Reichsverfaſſung
Der zeitgemäße Haushalt.
und fordert für die Mädchen bei, entſprechender Begabung und
Ferſen an Strümpfen raſch und einfach neu
Neigung die gleiche gründliche Ausbildung, wie ſie den Knaben einzuſtricken. Man trennt zunächſt die Anfangsmaſchen der
zuteil werden kann und wird. Erfreulicherweiſe ſcheut ſich der Ferſe dicht unter der Strumpflänge, darauf die Endmaſchen
der=
deutſche Lehrerinnenverein nicht, auf die verſchiedenen Mißſtände ſelben kurz vor der Sohle quer herüber auf und nimmt ſie auf
hinzuweiſen, die dort, wo die Unterrichtsverwaltungen grund= Nadeln. Dann trennt man die beiden Zwickel rechts und linls
ſätzlich nichts gegen die Aufnahme einzuwenden haben, doch von der ſchadhaften Ferſe ab und ſtrickt nun immer rings herum,
durch mancherlei Maßnahmen eintreten, die Aufnahme, er= am beſten mit Beigarn von Baumwolle, eine ſtumpfe Spitze in
ſchweren oder gar unmöglich machen. Das iſt beiſpielsweiſe in der Weiſe, daß man zu Anfang jeder Nadel einmal abnimmt,
Preußen nicht ſelten der Fall, wenn durch Aufnahme von Mäd= dann zweimal glatt ohne Abnehmen darüber ſtrickt und erſt
chen in Knabenſchulen und die notwendige Einrichtung von wenn man noch acht Maſchen auf der Nadel hat, raſch hinter=
Turn= und Nadelarbeitsunterricht für dieſe, ſowvie geſonderte einander auf jeder Nadel und bei jeder Tour einmal abnimmt,
Abortanlagen notwendigerweiſe Koſten entſtehen, die nach Auf= um ſchließlich die letzten beiden Maſchen auf den
gegenüberliegen=
faſſung der Unterrichtsverwaltungen nicht, entſtehen dür= den Nadeln überwendlich zuſammen zu nähen. Dieſe Ferſe ſitzt
fen. In anderen Ländern wieder, ſo z. B. auch in Oldenburg, ſehr gut und iſt mit wenig Garn in kürzeſter Friſt fertiggeſtellt.
werden von den Mädchen vor Aufnahme in die höheren
Lehr=
anſtalten für Knaben erſtklaſſige Zeugniſſe verlangt, während Reinigen von dunkel und ſchmutzig
gewor=
man die Knaben von dieſer Forderung befreit. Wieder in an= denen Rohrſtuhlſitzen. Man bereitet eine Löſung aus
deren Ländern iſt zuvor erſt das geſamte Lehrerkollegium, der einem halben Liter heißem Waſſer, 1 Eßlöffel Soda und 1 Eß=
Elternbeirat der Anſtalt und bei nicht ſtaatlichen Anſtalten die löffel voll Seifenpulver, waſche damit unter ſorgſamer Schonung
zuſtändige ſtädtiſche Körperſchaft um ihr Einverſtändnis zu er= der Politur des Sitzes und der Lehnen das Rohrgeflecht gut
ſuchen, ehe eine Aufnahme von Schülerinnen in die betr. Knaben= ab, bürſte es mit kleiner Hand= oder Zahnbürſte ſauber, ſtäube
ſchule erfolgen kann. Dieſe heimlichen Widerſtände gegen eine durch feines Haarſieb über einer darunter gehaltenen Papptafel
Aufnahme von Mädchen in Knabenſchulen, alſo eine gemeinſame gleichmäßig und deckend Schwefelpulver über den noch naſſen
Erziehung der Geſchlechter im Notfall, ſcheinen aber in Heſſen Sitz, um den Stuhl dann in der Sonne trocknen zu laſſen. Im
die Krone erhalten zu ſollen, indem dort, wie die Leipziger Notfall näſſe man das Geflecht noch einmal an, um es wieder
Lehrerzeitung berichtet, die Beſtimmung beſtehen ſoll, daß, mit dem abgebürſteten Schwefelpulver zu bedecken.
„wenn in der Schülerſchaft Unzuträglichkeiten entſtehen, die Um Balkonkäſten gegen das Verfaulen des
Mädchen — auch wenn ſie unſchuldig daran ſind — ohne wei= Bodens und dadurch deſſen zu raſche Abnutzung zu ſchützen,
teres aus der Schule entfernt werden können.”
bringe man im Frühjahr vor Einfüllen der Erde eine handhohe
Unſeres Crachtens können die Eltern von Kindern beiderlei Schicht Schlackenſteine, grobe Kieſel oder Topfſcherben mit die=
Geſchlechts nicht ernſtlich und eingehend genug ſich mit dieſer ſen vermiſcht hinein. Sie laſſen das Waſſer raſcher ableiten und
Frage der gemeinſamen Erziehung der Geſchlechter beſchäftigen gſtatten der Luft den nötigen Durchzug, um die Fäulnis zu ver=
und auf die Durchführung derfelben im Notfalle dringen. Wenn hüten.
I.
die großen Uebelſtände, die man für die beteiligten Knaben und . Schellfiſchſülze. Der geſäuberte Kopf und die Gräten
Mädchen befürchtet, tatſächlich immer eintreten, dann würde werden mit Wurzelwerk, 1 Zwiebel, etwas Lorbeer und zwei
man in jenen Ländern, in denen die Koédukation ſchon beſteht, Pfefferkörnern tüchtig ausgekocht und durchgegoſſen. Der Fiſch
längſt wieder damit gebrochen haben. Zunächſt ſoll ja aber darin ziehen gelaſſen, zerpflückt und mit zierlich geſchnittenen
einer allgemeinen Einführung derſelben garnicht das Wort ge= Scheibchen einer mitgekochten Möhre in eine enge tiefe Schüſſel
redet werden, ſondern es gilt, eine drohende Klippe zu beſeiti= geordnet. Das zum Klären zur Seite geſtellte Fiſchwaſſer
ab=
gen, an der unter den heutigen ſchwierigen Verhältniſſen ſo viele gegoffen, mit Eſſia und Gelatine vermengt, auf einem
Eltern begabter Kinder, in ihrem Streben nach deren Entwick= halben Liter Brühe gerechnet, darüber gegoſſen und die erſtarrte
lung und Fortbildung zu ſcheitern drohen, und dabei bedarf es Sülze mit einem Kranz friſchgrüner Rapünzchen umlegt.
der gemeinſamen Arbeit aller Beteiligten, um dieſen Befähigten,
Speiſe=Zettel.
gleichviel welchen Standes, zum Beſten der Zukunft unſeres
Volkes tatkräſtigſt zu helfen.
Sonntag: Gemüſeſuppe, Geſchmorte Kalbsleber in
Alice Günther. Reisrand, Apfelmus. — Montag: Weiße Bohnen. —
Dienstag: Linſen. — Mittwoch: Graupen mit Pflaumen.
Kinderſtube.
— Donnerstag: Selleriekartoffeln. — Freitag: Sauer=
* SteindesAnſtoßesinder Kindererziehung. kraut und Klöße. — Samstag: Kartoffelſtückchen.
Seitdem Elternbeiräte Hand in Hand mit den Lehrern zum
Beſten der Kinder wirken, Erziehungsmaßnahmen mit
gegen=
ſeitigem Einverſtändnis getrofſen werden, haben ſich
erfreu=
licherweiſe Ausblicke auf eine beſſere Erziehung der Kinder und
Jugendlichen eröffnet. Die Lehrerſchaft iſt beglückt darüber, daß
endlich die ſchon ſo lange erſehnte Verbindung zwiſchen Schule
und Elternhaus geſchaffen wurde. Der Elternſchaft iſt E= geboten, beſondere Wünſche zu äußern, die
Marſch=
richtung der Schulerziehung genau zu verfolgen, wenn nötig,
auch mit beeinfluſſen zu können. Trotzdem auf beiden Seiten
noch mancher Widerſtand, noch mnanches gegenſeitige Mißtrauen
zu beſeitigen iſt, hat ſich doch gezeigt, daß nach Ueberwindung
der natürlicherweiſe anfänglich oft recht großen Schwierigkeiten
m
—Sie kennt ihn. Frau Profeſſor zu ihrem Mann:
„Ja, mein lieber Cornelius, gehe ruhig baden, aber vergiß nicht,
Dich nachher wieder anzuziehen!“
— Schlagfertig. Junger Ehemann: „Aber Trudchen,
Dein Eſſen ſchmeckt heute wieder einmal ſo — — hm —.” „
Wie=
der einmal? Ja, lieber Fritz, haben wir uns denn etwa wegen
des Eſſens geheiratet?”
Da hat er”s! „Meiſter, warum iſt denn das
Ochſen=
fleiſch teurer als das Kuhfleiſch?” — „Nun, weil’s beſſer iſt,
Frau Tachbarin!“ — „Na, na, ihr Männer ſollteſt euch lieber
nicht ſo viel einbilden!“
Die teure Zeit. „Nein, aber auch alles wird jetzt
teurer! Sogar meine Kartenſchlägerin ſagt, ſie könne nur noch
von 1000 Mark an in die Zukunft ſchauen!“
— Leiden einer Fliegersgattin. „Nein, iſt das
ein Elend mit meinem Mann! Sobald ich Geld von ihm haben
will — fliegt er in die Luft!”
— Eine ſchlimme Sache. „Tag und Nacht träume ich
nur von Ihnen, mein hochverehrtes Fräulein!“ — „Das iſt aber
ſchlimm, wenn ein junger Mann ſogar am Tage träumt!”
Spiel und Rätſel
2 G H
E
H
N
R
S
NN
Leiſten=Rätſel.
Nach richtiger Ordnung der
Buchſtaben enthalten die
wage=
rechten und ſenkrechten Reihen
gleichlautende Wörter und zwar:
1. Eine däniſche Inſel in der
Oſtſee, 2. ein Verkehrsmittel,
3. ein Sternbild des nördlichen
Himmels.
Carl Deubel,
Buchſtaben=Rätſel.
Ein Schiff verſuchte es mit L,
Doch ſchlugen die Verſuche fehl,
Es war zu ſtark der Br Wüten;
Und um Str zu verhüten,
Befahl der kluge Kapitän
Zu wenden und in See zu gehn.
E. D.
Vorſetz=Rätſel.
AU, ALT, GRAMM, FEE, MACHT, IST.
RAT, RAD, FORM, AR, LAMM. ELLE.
Jedem der obigen Wörter ſind 3 Buchſtaben vorzuſetzen, daß
bekannte Hauptwörter entſtehen. Deren Anfangsbuchſtaben nennen
dann eine Kunſt, die heute erſt recht eine Kunſt iſt.
Zur Verwendung gelangen folgende Buchſtabengruppen: Chr,
Don, Epi, Hei, Inh, Kaf, Kon, Not, Ohn, Sch, Tab, Uni. C. D.
Magiſches Quadrat.
Nach richtiger Ordnung der Buchſtabenpaare
enthalten die wagerechten und die ſenkrechten
Reihen gleichlautende Wörter.
C. B.
Räiſel.
503. Unſer Großgeſchriebenes und viele in ihm, welche früher — Kleis
geſchrieben ſich nannten, ſind kleingeſchrieben, jetzt nicht mehr.
504. Ob p, ob t nun iſt darin, — ine Pflanze iſt es immerhin.
Und die, merkt auf! mit t — Sitzt oft auf der mit p.
505. Mit e ein Korn, mit ch ein Tier, — Mit au ein Wort — Nun
ſagt es mir.
Auflöſungen.
Schach=Scherzaufgabe: Weiß hat mit dem Bauer a7 einen
ſchwarzen Läufer, der auf b8 ſtand, geſchlagen und den Bauer in
einen Läufer verwandelt. Nach erwirkeer Erlaubnis, den Zug
zurückzunehmen, ſpielt Weiß a7 —a8, macht eine Dame und ſetzt
den feindlichen König matt.
Säule: F, Borax, Gin, Fex, Aſe, Ale, Aan, Bantu, Cordova
— „Friesland”.
Darmſtädter Silbenrätſel: 1. Gilde. 2. Eboli. 3. Saale.
4. Uslar. 5. Neutralität. 6. Dora, 7. Eggenburg. 8. Feige. —
„Geſunde Feiertage.”
Viſitenkarten=Rätſel: Schneidermeiſter.
Sprichwörter=Rätſel: Allen Leuten recht getan, iſt eine
Kunſt, die niemand kann.
Rätſel: 500. Lauch, Gauch, Hauch, Bauch, Rauch. 501.
Sonnen=
tau. 502. Roſt.
Verantwortlich: Max Streeſe.
Ee
Die Ouvertüre beginnt. Junge Tagesdämmerung begrüßt
eine noch halbverträumte Vogelſtimme der Flöte. Bald aber
klingt ein Wachtelſchlagmotiv der Oboe dazwiſchen, und immer
ſieghafter flutet im Oſten das Licht empor, immer mächtiger
entfaltet ſich das Singen und Klingen in der zu neuem Leben
erwachenden Natur, die der Sonne entgegenjauchzt. Nun ſteigt
ſie goldſtrahlend herauf, von feierlichen Trompeten= und
Po=
ſaunenakkorden verkündet. Ihre Strahlen küſſen eine
Roſen=
knoſpe, die inmitten vieler anderer Blumen eines taufunkelnden
Gartens nun langſam ihre tieſdunkelrote Blüte öffnet und ſie
der Lichtkönigin zuneigt.
Der Vorhang hat ſich unter den getragenen Bläſerklängen
geteilt und den Blick auf dieſes liebliche Bühnenbild ſreigegeben.
In einem farbenfrohen Ballettreigen huldigten die
Blüten=
geſchöpfe der Roſe, und nun flattert ein unſcheinbarer grauer
Vogel heran und ſingt der jungen Blüte ſein ſchönſtes Lied. So
voll jauchzendem Werben klingt der Vogelgeſang, mit dem ſich
eine wunderſame Geigenmelodie, aus dem Orcheſter
empor=
ſchwingt, daß aus vielen Blütenkelchen Tauperlen wie
Freuden=
tränen zu Boden rollen. Auch die Roſe neigt ſich freundlich dem
Sänger in ſeinem ſchmuckloſen Federkleide zu. Doch da naht ſich
keck und ſelbſtbewußten Schrittes der Ritterſporn und grüßt die
Blumenkönigin mit tiefer Verbeugung. Die Stimme des kleinen
Vogels iſt jäh verſtummt. Angſtvoll hört er die galanten
Schmei=
cheleien des adelsſtolzen Ritters. Und als die Sonne hinter den
Bergen zur Ruhe geht, hat dieſer ſein Ziel erreicht.
Königs=
kerzen leuchten Roſe und Ritterſporn zum Hochzeitszuge doran.
Aber hinter den letzten Paaren des Blumenreigens ſinkt der
graugefiederte Sänger mit mattem Flügelſchlag entſeelt zur
Erde nieder.
Das Ballett iſt zu Ende. Der Kurfürſt gibt in lebhafter
Freude das Zeichen zum Beifall. Während dieſer den Saal
er=
füllt, iſt der kaum zwanzigjährige Dichterkomponiſt von Karl
Theodor herangerufen worden. Der freigebige Fürſt reicht ihm
mit freundlichen Worten einen koſtbaren Ring. Als aber die
Muſiker nun ohne ihren jugendlichen Meiſter die Tanzgeigen
erneut ſtimmen, läuft dieſer bereits durch den dunllen
Schloß=
garten ſeiner Behautſu
nind zut eine
luſtige Weiſe und übermütiges Lachen in die ſtille Nacht
hin=
aus. In dem kleinen Zimmer des jungen kurfürſtlichen
Kapell=
meiſters Georg Joſeph Vogler aber ſingt eine einſame Geige
das Lied des kleinen verſchmähten Vogels, während in der Seele
des Muſizierenden jene Würzburger Tage mit ihrem bitterſüßen
Liebesleid wieder lebendig werden, die ſeinem Scheiden aus dem
Elternhauſe vorangingen.
Er ſieht ſich vor dem Schloßgarten ſtehen, von dem
öffnen=
den Diener mit leiſe prüfendem Spott ob ſeiner Unbeholfenheit
gemuſtert. Die abzuliefernde Laute trägt er fürſorglich unterm
Arm. Dicht hinter dem Bedienten, der ihn durch den prächtig
gepflegten Garten mit ſeinen Grotten, kunſtvollen
Blumenrabat=
ten und Palmen führt, ſchreitet er. Der Menſch geht ſeiner
fieberhaften Erwartung viel zu langſam.
Ueber eine Veranda geht es ins Schloß hinein und nun
durch eine in verſchwenderiſcher Pracht ausgeſtattete Flucht von
Zimmern mit wundervollen Deckengemälden. Unwilllürlich
dämpft der junge Muſiker den Schritt. Leiſes Klopfen an einer
weißen, reich mit goldenen Ornamenten verzierten Tür.
„Ach, der junge Muſikant vom Stadttorhäuſel! Brav Wort
gehalten, junger Künſtler,” klingt es in liebenswürdigem Tone
vom Spinett her, von dem ſich die Hoſdame erhebt. „Noch immer
ſo ſchweigſam wie geſtern?” neckt ſie fröhlich den jungen
Men=
ſchen. Prüfend blickt ſie an ihm empor. Wie er da vor ihr ſteht
in ſeiner Benommenheit, den ſchlanken Körper geſtrafft, mit der
hellen Röte halb jugendhafter Freude und Verlegenheit in dem
ſchmal geſchnittenen Geſicht, regt ſich ihr Intereſſe von neuem
an dem Sohne des Inſtrumentenbauers. Mit leiſem weiblichen
Stolz nimmt ſie das raſche Aufleuchten in ſeinen Augen wahr,
als ſie, die anmutige Geſtalt, in ein helles, von der Büſte loſe
herabwallendes Gewand gekleidet, langſam auf ihn zuſchreitet,
um ihm das Inſtrument abzunehmen. Lächelnd fährt ſie fort:
„Dann wird wohl auch meine Bitte kein Gehör bei Euch finden,
Ihr möchtet mir ein= oder zweimal in der Woche einige
ſchwie=
rige Griffe auf der Laute zeigen. Mit meiner Kunſt iſt’s nicht
weit her, ich brauche noch ſehr der Unterweiſung.‟ Da ſtrahlt
ihr eine ſo zärtliche, kaum verhohlene Freude aus dem Blick des
jungen Muſikers entgegen, daß die ſonſt jeder Lage gewachſene
Hofdame ſelbſt einen Augenblick darüber verwirrt wird und,
ſich von ihm entfernend, in einem Seſſel auf dem mit
ſchlver=
ſeidenen Fenſtergardinen verhängten Altan Platz uimmt.
Georg Joſeph atmet tief auf: „Befehlet über mich, gnädiges
Fräulein; wie gerne zeige ich Euch die Lautenſpielkunſt, wenn
Euch meine Unterweiſung genügt.” Raſch wurden dieſe Worte
hervorgeſtoßen. „Wenn’s recht iſt, können wir die erſte Leition
gleich beginnen,” klingt es vom erhöhten Fenſterplatz zurück.
Vogler iſt mit kurzer Verbeugung herangetreten, ſtimmt die
Laute und zeigt ihr ein paar Griffe, um dann das Inſtrument
in ihren Schoß zu legen. Nur langſam geht der Unterricht
zu=
erſt vorwärts. Immer erneut ſucht, taſtet er nach Worten, um.
ihr dies und jenes zu erklären. Doch Thella von Wieſenthau
weiß ihn durch ein paar Zwiſchenfragen über die erſten
Minu=
ten der ihm ungewohnten Situation hinwegzubringen. Bald
gerät er in Eifer, er erläutert die Akkorde ſchreibt, raſch auf ein
Notenblatt, das auf dem Spinett liegt, ein kurzes Lied auf, das
ihm gerade einfällt und freut ſich, als ſie es ſehr bald vor ſich
hinſummt und die Dreiklänge dazu greift. Ja einmal, da ſie
mit ganz hilfloſem Kindergeſicht meint: „Junger Meiſter, dabei
zerbreche ich mir den kleinen Finger”, lacht er fröhlich auf, um
dann plötzlich zu verſtummen. Unwillkürlich hat ſeine Hand nach
dem Griffbrett getaſtet, um ihre Finger für den gewünſchten
Akkord zurecht zu legen. Unter der Berührung zuckt er in jähem,
ſüßem Erſchreaen zuſammen, wieder ſchießt ihm das Feuer ins
Geſicht. Dann ſprechen ſie ſcheinbar ganz gleichmütig noch
wenige Worte, und verabreden die nächſte Stunde. Eine
Ver=
beugung des Lehrers, von freundlichem Kopfnicken des
Hoffräu=
leins beantwortet, und nun führt ihn der durch ein
Klingel=
zeichen herbeigerufene Diener wieder durch die koſtbar
ausge=
ſtatteten Räume. Aber Vogler ſieht noch weniger als vorhin von
der Pracht, die ihn umgibt. Mit raſchen Schritten eilt er, von
der Parkpforte her durch die Straßen zu den Nebenhügeln
hinaus. Erſt am Spätnachmittag kommt er heim. Kaum daß
die Eltern aus ihm herausholen, welches Amt er übernommen,
ſtürmt er nach ſeinem Giebelzimmer hinauf, und bis tief in die
Nacht hinein führt er für Thekla von Wieſenthau die Notenfeder.
Nach einiger Zeit bittet ſie ihn, die Geige mitzubringen und
ihr nach dem Unterricht vorzuſpielen.
(Fortſetzung folgt.)