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1, 2390 und 2391), die Agenturen und alle
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zung des Bezugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtel=
lungen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
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Nummer 81
Freitag, den 23. März 1923
Einzelnummer 175.00 Mk.
Die nächtliche Verkehrsſperre.
Mannheim, 22. März. (Wolff.) Dem Vernehmen nach
iſt die geſtern abend neuerlich verhängte nächtliche Sperre
der Rheinbrücke (die keine Unterbindung des Verkehrs mit
Ludwigshafen ſelbſt bedeutet) eine Maßnahme, die von
Straß=
burg an ſtromabwärts allenthalben verfügt iſt und offenbar den
Zweck hat, die Zollüberwachung während der Nachtzeit zu
er=
leichtern. Es iſt mit einer längeren Dauer dieſer ſchweren
Verkehrshemmung zu rechnen.
Die in Ludwigshafen geſtern in Verbindung mit einer
Haus=
ſuchung vorgenommenen Verhaftungen ſind wieder
auf=
gehoben worden. Der Abgeordnete Körner iſt jedoch noch
nicht wieder auf freien Fuß geſetzt worden. Der Polizeioffizier
und der Feuerwehrkommandant, bei denen ebenfalls eine
Haus=
ſuchung ſtattgefunden hat, ſind nicht feſtgenommen geweſen, wie
zuerſt gemeldet wurde.
Offenburg, 22. März. (Wolff.) Durch Befehl des
Ge=
neralkommandos für den Brückenkopf Kehl iſt die Verkehrsſperre
von 8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens auch auf den hieſigen
Be=
zirk ausgedehnt worden. Die Franzoſen durchſuchten geſtern die
in der Stadt zerſtreut liegenden Dienſträume des
Verſorgungs=
amtes, weil der Vorſtand des Amtes, Major Seiler, ſich
wei=
gerte, den Franzoſen die gewünſchten Auskünfte zu erteilen.
Auch die Privatwohnung Seilers wurde durchſucht. Die
Offen=
burger Polizei iſt auf die Orte Villingen, Wolfach und
Donau=
eſchingen verteilt worden. Der Bürgermeiſter von Windſchläg
hat die Forderung der Franzoſen auf Ueberlaſſung von
Räum=
lichkeiten auf dem Bahnhof und deren Ausſtattung auf
Ge=
meindekoſten angenommen und iſt daraufhin ſofort wieder
frei=
gelaſſen worden.
Vom Tage.
Der Reichskanzler hat vor ſeiner Abreiſe nach München in der
Reichskanzlei noch die Fraktionsführer des Reichstages empfangen und
mit ihnen rheiniſche Beſatzungsfragen beſprochen.
Anläßlich der Differenzen im oberſchleſiſchen Bergbau richtete
Reichskanzler Cuno nach Oberfchleſien ein Telegramm, worin eu mit
Rückſicht auf die außenpolitiſche Geſamtlage darum bittet, daß über
die Streitfragen zwiſchen Arbeitgebern und Arbeitnehmem
Verhand=
lungen im Geiſte des Leiſtungswillens alsbald aufgenommen werden.
Bei der Beratung des Haushaltsausſchuſſes des Reichstags über den
Etat der Reichseiſenbahnen iſt eine Entfchließung angenommen
wor=
den, wonach die Reichsregierung ſich umgehend mit den Regicrungen
der Länder ins Benehmen ſetzen ſoll, um Maßnahmen gegen den
wei=
teren, der Volkswirtſchaft drohenden Verfall des Kleinbahnweſens zu
beraten.
Zum Geſandten in Budapeſt iſt der Legationsratz g. D., Graf
Wel=
cozeck zum Dirigenten der Preſſeabteilung der Reichsregierung im
Aus=
wärtigen Amt Legationsrat von Stohrer ernannt worden.
Reuter meldet aus Waſhington: Beim Empfange einer Abordaung
des Frauenausſchuſſes für die Anerkennung Sowjetrußlands enklärte
Staatsſekretär Hughes, die beim Staatsdepartement eingelaufenen
Be=
richte hätten ihm weder Vertrauen zur Sowfetregierung einflößen, noch
die Grundlage für Erörterungen mit Moskau liefern können.
In den Marine=Arſenalen von Tokio, Kioto und Pure wurden
in=
folge der Herabminderung der Rüſtungen zur See 7000 Arbeiter
ent=
laſſen. Militär und Polizei wurden bereit gehalten, um Unruhen zu
unterdrücken.
Dollarkurs in Frankfurt am 22. März,
abends 1/7 Uhr: 20850.
Der Reichskanzler in München.
Keine Unterwerfung unter den Willen des Feindes.
Empfang auf dem Bahnhof.
Lebhafte Begrüßung.
München, 22. März. (Wolff.) Der Reichskanzler iſt
heute vormittag in München eingetroffen. In ſeiner
Beglei=
tung befanden ſich u. a. die Reichsminiſter Geßler und
Stingl, Staatsſekretär Dr. Hamm, der bayeriſche Geſandte
in Berlin v. Preger und der württembergiſche Geſandte von
Hildenbrand. Zum Empfang waren u. a. erſchienen:
Prä=
ſident v. Knilling, der Miniſter des Innern Schweyer,
der Präſident des Landtags Königsbaur, der
Regierungs=
präſident von Oberbayern Dr. Kahr, der Polizeipräſident und
die beiden Bürgermeiſter der Stadt München. Auf dem
Bahn=
hof und auf dem Wege zum Hotel „Continental”, wo der
Kanz=
ler abgeſtiegen iſt, wurde er von einer zahlreichen
Menſchen=
menge lebhaft begrüßt.
Offizieller Empfang im Staatsminiſterium.
München, 22. März. (Wolff.) Um ½11 Uhr fuhr der
Reichskanzler in Begleitung des Miniſterpräſidenten
v. Knilling nach dem Staatsminiſterium des Aeußern. Dort
begrüßte der Chef der bayeriſchen Staatsregierung den
Reichs=
kanzler offiziell mit herzlichen Worten. Der Reichskanzler dankte
in einer längeren Rede, in der er zum Ausdruck brachte, ſein
Beſuch in München ſei ihrn nicht eine leere Formſache, ſondern
ein Herzensbedürfnis. Der Reichskanzler ſprach die feſte
Ueberzeugung aus, daß die Reichsregierung und die bayeriſche
Regierung in der gegenwärtigen ſchweren Not die gleichen
Ziele verfolgen und ſich gegenſeitig vertrauensvoll die
Hände reichen werden. Mit beſonderem Nachdruck betonte er,
daß an der ruhigen und beſonnenen Politik des paſſiven
Wider=
ſtandes unter allen Umſtänden feſtgehalten werde. An dem
offiziellen Empfang nahmen die Reichsminiſter Geßler und
Stingl, Staatsſekretär Hamm und ſämtliche bayeriſchen
Staatsminiſter teil. Anſchließend hieran fand eine Fahrt zum
Landtagsgebäude ſtatt, wo am Portal der Landtagspräſident
Königsbaur mit herzlichem Händedruck den oberſten
Reichs=
beamten willkommen hieß. Die offizielle Begrüßung durch den
Präſidenten erfolgte im roten Zimmer des Landtagsgebäudes.
Auch hier nahm der Reichskanzler Gelegenheit, in kurzen
Wor=
ten für den Empfang und die Begrüßung in München herzlich
zu danken.
Begrüßung im bayeriſchen Landtag.
München, 22. März. (Wolff.) Nach der mit Beifall
auf=
genommenen Begrüßungsanſprache im bayeriſchen Landtage
dankte Landtagspräſident Königsbaur dem
Reichs=
kanzler dafür, daß er in der ſchwerſten Stunde mtig und mit
feſter Hand die Zügel der Reichsregierung ergriffen habe, und
fuhr fort: Als der Feind mit roher Gewalt die friedliche
Be=
völkerung an der Ruhr überfiel, um ſeinem Ziele, der
Vernich=
tung Deutſchlands, näher zu kommen, haben Sie, Herr
Reichs=
kanzler, zur Einheit aller Stände und Stämme das Volk
auf=
gerufen. Sie haben die geknechtete und gequälte Bevölkerung
im beſetzten Gebiet zu erfolgreichem Widerſtande geeint. Wenn
Sie auch nicht hindern konnten, daß eine Kulturnation im
tief=
ſten Frieden mit Mord, Diebſtahl und Freiheitsberaubung
vor=
geht, ſo haben Sie mit Ihrer Entſchiedenheit und Klarheit in
der Wahrung des deutſchen Rechtes und der deutſchen Ehie
das Vertrauen zur Reichsregierung und die
Zu=
berſicht des Volkes geſtärkt, ſo daß im Norden und
Sü=
den völlige Einigkeit in der Opferbereitſchaft für unſer großes
deutſches Vaterland und der Glaube an die Befreiung und
natio=
nale Wiedergeburt unſeres Volkes herrſcht. Dazu haben Sie,
Herr Reichskanzler, weſentlich beigetragen mit Ihrer
Verſiche=
rung, die Rechte der Länder wahren und ſchützen zu wollen. Jch
bitte Sie, für Ihre opferreiche Tätigkeit von uns den Dank des
baheriſchen Volkes und die Verſicherung unſeres
uneingeſchräni=
ten Vertrauens entgegenzunehmen. Gott gebe Ihnen Kraft und
Ausdauer, das deutſche Volk einer beſſeren Zukunft entgegen=
Arführen,
Auf die Begrüfungsanſprache antwortete der
Reichs=
kauzler: Ich danke Ihnen aufrichtig für die Worte, die Sie
an mich gerichtet haben, Worte des Vertrauens, Worte
der Unterſtützung der Reichsregierung. Wenn
jemals in einer Zeit bei einem Volke das Volk ſelbſt der Träger
der Geſchicke des Landes war, ſo iſt das heute der Fall. Wie der
Widerſtand an der Ruhr, in der Pfalz, im beſetzten Teil des
Rheinlandes herausgewachſen iſt aus der innerſten Sache des
Volkes und der innerſten Liebe des Volkes zum Lande, zu einer
friedfertigen Entwicklung und zur Wiedererlangung der Freiheit
zu kommen, ſo iſt der Träger dieſes Kampfes das ganze deutſche
Volk im beſetzten und unbeſetzten Gebiet. Deshalb hat es
be=
ſondere Bedeutung, daß Sie, meine Herren, als die berufenen
Vertreter des beyeriſchen Volkes, zugleich als Vertreter aller
Parteirichtungen, mir Ihre Unterſtützung zuſicherten. Eines iſt
klar, daß keine Regierung dieſen Abwehrkampf gewinnen könnte,
wvenn ſie nichr die Tolkstertretung einbaut in einen Organismus
und ſich damit mittelbar auf das ganze Volk ſtützen kann. Nur
ſo lange das ganze Volk zuſammenhält, auch im
nichtbeſetzten Teile die Parteiunterſchiede zurückſtellt und ſich
einmütig auf die Abwehr des widerrechtlichen Einbruchs
ein=
ſtellt, nur ſolange können wir zuſammen, Sie als
Ver=
treter des Volkes, wir als die verantwortlichen Führer der
Re=
gierung, den Abwehrkampf mit guter Ausficht
weiterführen. Was= in unſecen Kräften ſteht, wird
ge=
ſchehen, die Leiden des Volkes im beſetzten Gebiet zu mildern
und auch im nicht beſetzten Gebiet die wirtſchaftlichen
Verhält=
niſſe zu erleichtern und günſtiger zu geſtalten. Niemals aber
können wir das um den Preis tun, wenn wir nicht den
Brü=
dern untreu werden wollen, niemals um den Preis der
Unterwerfung unter den Willen des Feindes.
Von der Einſtellung unſeres Volkes auf die großen Außenziele
unſerer Politik, davon hängt das Schickſal Deutſchlands ab. Mit
meinem herzlichen Dank bitte ich zugleich die Zuſage
entgegen=
zunehmen, daß wir unbedingt dieſen Weg weiter verfolgen und
nach keiner Seite uns wenden und abdrängen laſſen. Zugleich
nehmen Sie die Zuſicherung mit, daß dieſes Kabinett, wie ich
in meinen erſten Reden im Reichstag ausführte, es ſich angelegen
ſein laſſen wird, die Eigenart der Länder und Stämme im
großen Deutſchen Reich zu berückſichtigen, denn die Kraft
der Länder und die Zuſammenfaſſungaller
die=
ſer Kräfte der Länder und Stämme machen die
Kraft des Reiches aus. — Nach ſeiner Rede drückte der
Reichskanzler den einzelnen Herren die Hand.
Beſuch beim päpſtlichen Nuntius.
München, 22. März. (Wolff.) Nach der Begrüßungsfeier
im Landtage ſtattete der Reichskanzler dem päpſtlichen Nuntius
Monſignore Pacelli einen Beſuch ab. Um 12 Uhr mittags
gab die Stadt München dem Kanzler einen Empfang im
Rathaus, wobei Bürgermeiſter Schmid den Kanzler
begrüßte. Der Reichskanzler dankte mit einer Rede, in der er
die Bedeutung Münchens als Kunſtſtadt hervorhob und die
Worte des Bürgermeiſters unterſtrich, daß das Dreigeſtirn Reich,
Land und Gemeinden es ſei, welches das Volk zuſammenfaſſe.
Der Geiſt des Widerſtandes ungebrochen.
Amſterdam, 23. März. (Wolff.) Der Korreſpondent des
ſozialiſtiſchen Blattes Het Volk ſchreibt aus Eſſen: Der Geiſt des
Widerſtandes bei der Bevölkerung der Stadt iſt noch keineswegs
gebrochen. Von einer Neigung zum Nachgeben habe ich nichts
bemerken können, beſonders nicht bei der Arbeiterklaſſe. Dieſe
faßt den Kampf roch immer als einen Kampf gegen
Imperialis=
mus und Militarismus auf. Das macht ſie unempfindlich
ſo=
wohl gegenüber Drohungen ie gegenüber den Freundlichkeiten
der ſranzöſiſchen Behörden.
Rußlands Balkanpolitik.
Von
Prof. Dr. O. Hoetzſch, M. d. R.
(Schluß.)
Immer lebhafter und rückſichtsloſer wurde
die Agitation des Panſlawismus. Es vollzogen ſich
Vorgänge, die lebhaft an die Vorbereitungen des Krieges 1877
und 1878 erinnerten. Auf Banketten wurde in begeiſterten
Re=
den, die immer deutlicher wurden, die Gemeinſamkeit mit den
Balkanſlawen betont, beſonders mit den Serben. Dieſe wurden
gefeiert als Pioniere des Slawentums auf dem Wege zum
Adriatiſchen Meer, gegen die gefährliche Expanſion der
Germa=
nen, von der man in panſlawiſtiſchen Kreiſen ſprach, wie von
einer die deutſche und öſterreichiſche Politik abſolut
beherrſchen=
den Idee. Allſlawiſche Agitation und Intereſſen an den
Meer=
engen drückten ſich in dieſer Bewegung aus, die die ganze
ruſ=
ſiſche Geſellſchaft umfaßte und immer ſtärker wurde. Nur wenige
Tage waren die Meerengen während des türkiſch=italieniſchen
Krieges geſchloſſen geweſen, und ſchon hatten das die ruſſiſchen
Handelsintereſſen ſehr empfindlich geſpürt. Mit den Siegen der
chriſtlichen Balkanſtgaten ſchien nun die Liquidation der Türkei
immer näher zu rücken und ſchienen auch die Würfel über die
Meerengenfrage zu fallen.. So wandte ſich die öffentliche
Mei=
nung immer aufgeregter den Balkanfragen und den wahren oder
vermeintlichen Jutereſſen Rußlands daran zu.
Die amtliche Politik hielt zunächſt wenigſtens
äußer=
lich noch zurück. Sie hielt es noch für richtig, zu bremſen. So
hieß es in einer amtlichen Kundgebung, die am 10. April 1913
erging: „Die Regierung darf in erſter Linie nicht ihre
Verant=
wortung dem ruſſiſchen Volke gegenüber vergeſſen. Sie mß ihre
Beſchlüſſe vorſichtig abwägen, damit kein Tropfen ruſſiſchen
Blu=
tes anders, als wenn es die Intereſſen des Vaterlandes
erhei=
ſchen, vergoſſen werde. Rußland iſt ein großes ſlawiſches,
ortho=
doxes Reich und hat als ſolches nie mit Hilfe und Opfern für
ſeine Brüder geſpart. Aber die Beziehungen Rußlands zu den
glaubens= und ſtammperwandten Staaten können nicht die
Ver=
pflichtung in ſich ſchließen, immer und in allem deren Wünſche
und Forderungen zu erfüllen. Unſere jüngeren Brüder haben
auch Pflichten, an die ſie eu erinnern unſere Preſſe nicht immer
verſteht. Sie haben mit Achtung den Ratſchlägen Rußlands zu
begegnen und dürfen nicht vergeſſen, daß, wenn wir uns ihrer
Erfolge freuen, dieſe nicht ohne Beiſtand Rußlands erzielt
wur=
den, das ſie zum Leben berufen hat und an ihrem Leid und
Freud teilnimmt. Insbeſondere haben ſie die Pflicht
gegenſeiti=
ger Ausſöhnung, ohne die weder die Kraft noch die Macht dieſer
Völker erſtärken kann. Dieſes Verhälten Rußlands zu den
ſla=
wiſchen und orthodoxen Völkern ſchließt ein feindſeliges
Ver=
halten anderen Staaten und Völkern gegenüber aus. Die
Ver=
ſchiedenheit der Raſſen braucht durchaus nicht zu einem
Gegen=
ſatz unter den Raſſen zu führen, und ſchwverlich wird die Sache
des Friedens dadurch gewinnen, daß eine Raſſe der anderen
gegenübergeſtellt wird. Im Bewußtſein ſeines Rechtes und
ſeiner Kraft hat Rußland nicht nötig, von Aufregungen zu
Dro=
hungen überzugehen, was nicht ein Ausdruck ſeiner Volkskraft
ſein würde.‟ Dieſe Kundgebung zeigt, daß die Richtung des
Miniſterpräſidenten und des Außenminiſters vorläufig noch
ſtär=
ker war, ſtärker zu ſein ſchien, als gewiſſe entgegengeſetzte
Unter=
ſtrömungen im öffentlichen Leben. Aber die Führung der
ruſſiſchen Außenpolitik war in ſich nicht einig
und geſchloſſen. Der friedlichen Richtung ſtanden nicht nur
die öffentliche Meinung, die Preſſe, die Mehrheit der Duma,
Männer wie Gutſchkow und Miljukow, das Offizierkorps
ent=
gegen, ſondern auch die maßgebenden Diplomaten, wie die
Bot=
ſchafter in London und Paris, namentlich der letztere, Jswolsky,
und alles, was ſich um den Großfürſten Nikolai Nikolajewitſch,
ſeinen Bruder und ihre beiden montenegriniſchen Gemahlinnen
ſcharte. Die wollten alle die alte Ueberlieferung der Orientpolitik
jetzt zu Erde führen. Die waren unbedingt öſterreichfeindlich
und trieben ſkrupellos in einen Krieg, weil ſie überzeugt waren,
daß weder die Türkei noch Oeſterreich=Ungarn einen Stoß
aus=
halten würden, weil ſie ſich auf Frankreich und immer mehr auch
auf England verlaſſen konnten, und weil ſie, wie die öffentliche
Meinung überhaupt, in der Ueberſchätzung der ruſſiſchen
mili=
täriſchen und ſonſtigen Kraft den Boden völlig unter den Füßen
verloren. Inmitten dieſes Kampfes, der am Petersburger Hof
geführt wurde, ſtand hilflos und hin= und herſchwankend der
Zar. Er war wieder in derſelben Lage wie vor dem Kriege mit
Japan und wie ſein Großvater vor dem Kriege mit der Türkei.
Bei allem, was man von der P=rſönlichkeit des Zaren wußte,
konnte wan kaum erwarten, daß er dieſem Druck an ſeinem Hofe
und in ſeiner Regierung ſtandhalten würde!
Nun ging der dritte Balkankrieg mit dem Frieden
von Bukareſ; (10. Auguſt 1913) in einer großen Enttäuſchung für,
Rußland aus. Der Balkanbund hatte ſich nicht als das
Inſtru=
ment erwieſen, mit dem die orientaliſche Frage im ruſſiſchen
Sinne gelöſt werden konnte. Man empfand dieſen Ausgang wie
eine Niederlage. Darum begann nun fieberhaft die Arbeit,
ein=
mal den Balkanbund neu zu beleben und dann Rußland
mili=
täriſch ſo ſtark wie irgend möglich zu machen für einen Konflikt,
den man unweigerlich kommen ſah und den man wollte.
Die armeniſche Frage und die Angelegenheit der deutſchen
Miltjärmiſſion in der Türkei zeigten, wie ſich die Lage
ver=
ſchärfte. Frankreich ſtellte eine neue Anleihe zum Bau
ſtrategi=
ſcher Bahnen zur Verfügung. England ſchloß den Kreis ſeiner
Bündnisbeziehungen wit der Marinekonvention im Mai 1914.
Zielbewußt arbeiteten jene Diplomaten draußen, Hartwig in
Belgrad an erſter Stelle; die lehrreiche Inſtruktion, die Saſonow
ihm am 6. Mai 1913 gegeben hat, iſt an anderer Stelle dieſes
Buches (vergl. S. 102) mitgeteilt. Serbien wußte, daß es bei
ſeinem immer aggreſſiver den Frieden gefährdenden Auftreten
auf die Zuſtimmung und Unterſtützung Rußlands wie
Frank=
reichs zählen konnte, und Verbindungen, die zwiſchen Belgrad
und Petersburg in den Kreiſen der Intelligenz und der Preſſe
liefen, taten das Ihrige, die ſerbiſche Agitation zu ſchüren, zum
hellen Feuer anzufachen.
Alle anderen Fragen der großen Politik
traten für Rußland in den Hintergrund. Man
hetzte ſich immer mehr in die Vorſtellung hinein, die Zeit ſei
gekomrmen, um endlich das Teſtament Peters des Großen zu
voll=
ſtrecken. Man hatte die Erſchütterung des eigenen Staates
ver=
geſſen, in die der Krieg mit Japan Rußland geſtürzt hatte. Man
fühlte ſich militäriſch ſo ſtark wie irgend möglich, wenn auch noch
Seite 2
Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 23. März 1923
Nummer 81
nicht fertig, — das wollte man erſt 1917 ſein. Man hatte alle
Erfahrungen der orientaliſchen Frage vergeſſen. Man ſah
ab=
ſichtlich nicht, wie ſich auf der Balkanhalbinſel die Dinge geändert
hatten und wie wenig politiſche Realität für Rußland der
Pan=
ſlawismus überhaupt haben konnte. Man wollte die eigene
Hypnoſe, und man ſpielte bedenkenlos und frivol mit dem
euro=
päiſchen Frieden, — nicht nur die öffentliche Meinung und die
unverantwortlichen Preſſeleute und Bankettredner, ſondern auch
die maßgebenden Männer des Militärs, wie die bekannten
Ar=
tikel der „Börſennachrichten” vom Frühjahr und Sommer 1914
bewieſen, für die der General Suchomlinow verantwortlich
ge=
macht murde, und wie die ganze Haltung des Großfürſten
Ni=
kolai Nikolgjewitſch zeigte.
Eswar ganz und gar keine Sache des Volkes,
was ſich da in Petersburg und Moskau, in der ruſſiſchen Preſſe
und Geſellſchaft, in der ruſſiſchen Politik und militäriſchen
Füh=
rung abſpielte. Dem ruſſiſchen Volke, den Bauernmaſſen lagen
Hagia Sophia und Meerengen, Serben und Bulgaren
welten=
fern. Die wollten keinen Krieg. Aber was an ſogenanntem
Willen des Volkes in der Duma zum Ausdruck kam, das war
gegen wenige Stimmen immer vorbehaltsloſer für eine
kriegeri=
ſche Löſung der orientaliſchen Frage.
An ihr iſt der ungeheure Konfliktsſtoff zur Entzündung
ge=
kommen. An ihr brachte die ruſſiſche Geſamtmobilmachung den
Stein ins Rollen, weil Rußland der engliſch=franzöſiſchen
Mit=
wirkung ſicher war. Die orientaliſche Frage im Sinne der alten
Ueberlieferung der ruſſiſchen Orientziele zur Löſung zu bringen,
darauf hatte man ſich mit zunehmender Leidenſchaft und
Ver=
blendung eingeſtellt. Die wenigen beſonnenen Männer in der
Regierung, die den Frieden wollten, konnten weder die
angriffs=
luſtige Diplomatie noch das kriegsentſchloſſene Militär bändigen.
Die von den Gedauken des Panſlawismus, dem.
Drange nach der Hagia Sophig und den
Meer=
engen beherrſchte öffentliche Meinung und
Ge=
ſellſchaft waren ſtärker als der Teil der
Regie=
rungskreiſe, der noch friedlich war, und ſtärker
als der Zar.
Dieſe Entwicklung gab in den aufgeregten letzten Julitagen
einer kleinen, aber entſchloſſen zum Kriege drängenden Clique
das Heft endgültig in die Hand. Als dieſe erreicht hatte, was ſie
wollte, zeigte ſich auch gleich, daß man ſich über die Kriegsziele
ganz im klaren war. Einer der erſten Pokitiker des Landes, der
innenpolitiſch im ſchärfſten Gegenſatz zur Regierung geſtanden
hatte, Miljukow, formulierte ſofort dieſe Ziele: Konſtantinopel,
die Meerengen und das von Rußland abhängige Eroßarurenien
bis zum Golf don Alexandrette, daneben noch Galizien. Auch
daß ein durch Rußland zum Siege geführtes Serbien ſich um
die ſerbiſchen, kroätiſchen und ſloiveniſchen Gebiete Oeſterreich=
Ungarns erweitern muſſe, ſtand gleichfalls ſofort feſt.
Für dieſe Ziele hatte man den Krieg gewollt. Für ſie war
es publiziſtiſch, politiſch, militäriſch vorbereitet worden, bis
jedes Bedenken und jeder Widerſpruch tot gemicht war. Der
Weltkrieg iſt ſotatſächlich zunächſt ein Krieg der
orientaliſchen Frage geweſen, freilich in ungeheuer
viel größerem Maße, als alle vorhergehenden, und freilich im
Ausgang ganz anders, als jene frivolen Kriegstreiber ſich’s
er=
träumt hatten.
Beraubt.
Berlin; 22. März. Nach einer Meldung aus
Dort=
mund drangen in der Nacht vom 19. zum 20. März mehrere
franzöſiſche Soldaten unter Führung eines
Chargier=
ten in ſieben Häuſer in der Leierſtraße ein. Den
Bewoh=
nern wurden Piſtolen vor die Bruſt gehalten und Geld und
Wertfachen abgenvmmen, im ganzen 1½ Millionen Mk.
Bargeld ſowie zahlreiche Koſtbarkeiten. Die Frauen, die in
ihren Wohnungen angetröffen wurden, wurden in der
ge=
meinſten Weiſe beläſtigt. Die Betroffenen wurden
heute vom Dortmunder Beſatzungsayrt vernommen. In
derſel=
ben Nacht wurden zahlreiche Paſſanten von den gleichen
Soldaten unter Bedrohung mit der Waffe ihres Bargeides und
ihrer Wertſachen beraubt.
Erſchoſſen.
Duisburg, 22. März. (Wolff.) Hier wurde der
Keſſel=
heizer Hermann Droſte. Vater von ſechs Kindern, von einem
franzöſiſchen Poſten erſchoſfen. Nähere Einzelheiten fehlen noch.
Infolge Beſetzung keine Quäkerſpeiſung.
Weitmar, 22. März. (Wolff.) Infolge der
Beſetz=
ung der evangeliſchen Friedrich=Wilhelm=
Schule, auf deren Gelände ſich eine Baracke für die
Quäker=
küche befindet, können über 1400 Schulkinder keine
Quäker=
ſpeiſung mehr erhalten.
Im Direktionsbezirk Frankfurt ſpurde heute morgen das
Werk Siegburg von den Franzoſen beſetzt. Die Arbeiter haben
den Betrieb verlaſſen, bis nachmittags 4 Uhr die Franzoſen
wieder abrückten.
Eine Rede des Reichskanzlers.
München, 22. März (Wolff.) Bei dem Empfang im
Rat=
hausſaale hielt Reichskanzler Dr. Cuno folgende Rede: Laſſen
Sie mich zunächſt ein perſönliches Wort ſagen, ein Wort des
Dankes für all die Freundlichkeit und Herzlichkeit, die mir
ent=
gegenllingt und die mir dieſen erſten Tag zwar nicht leicht
freud=
voll, aber doch zu einem freundlichen Tage warmen menſchlichen
Sichfindens macht. Wo heute deutſche Männer und deutſche
Frauen zuſammenkommen, iſt mit ihnen die Not des deutſchen
Vaterlandes, beherrſcht ſie der eine Gedanke an Rhein und
Ruhr, drängt es ſie, ſich eins zu wiſſen in dieſer Lebensfrage,
die mit dieſen Worten umſchrieben iſt. Als ich mich in der erſten
Märzwoche zur Fahrt nach München rüſtete, waren es neue
franzöſiſche Gewaltakte in Heſſen und Baden, die es mir zur
Pflicht machten, alsbald in öffentlicher Reichstagsſitzung die
franzöſiſchen Taten zu kennzeichnen. Sie haben hier verſtanden,
daß ich meine Reiſe verſchoben habe. Das hörte ich aus dem
ſtarken und klaren Echo heraus, das meine damaligen Worte
gerade im Süden gefunden haben, und, wenn ich heute der
bayeriſchen Regierung in München einen Beſuch abſtatten kann,
ſo änderten ſich doch die tragiſchen Zeiten, unter denen unſere
Tage ſtehen, nicht. Wie klein ſcheinen die Sorgen, die in
glück=
licheren Zeiten bei ſolchen Beſuchen erörtert werden mochten,
gegenüber denen, die heute die ernſte Ausſprache mit den
Füh=
rern des bayeriſchen Volkes beherrſchen. Es ſcheint mir oft, als
vergäßen wir über den Streit um den Weg ſchon faſt das Ziel.
Dem haben die Franzoſen ein Ende gemacht.
Dreieinhalb Jahre ſtehen weite deutſche Landesteile unter
dem harten Druck der fremden Beſatzung und unter dem
här=
teren Druck einer ſchmachvollen Behandlung, die ein
ehrlieben=
des Volk bis auf das Blut quält und peinigt. Die Rheinpfalz,
die gerade in den ſchwerſten Zeiten ſich bewährte, war dem
bayeriſchen Stagte in alter Geſchichte und innerer Neigung nicht
nur äußerlich verbunden, ſondern ganz zugehörig. Sie war ſeit
dreieinhalb Jahren ein Vorbild, wie ſich echte deutſche Art auch
unter ſchwerem Druck gleichbleibt, wie ſie das Zuckerbrot und
die Reitpeitſche der fremden Gewalthaber gleich unbeachtet läßt.
Unter dem Vorwand deurſchen Zurückbleibens hinter den uns
auferlegten Holz= und Kohlenlieferungen unternahm Frankreich
einen Gewaltſchritt zur endgültigen Erlangung der
wirtſchaft=
lichen und militäriſchen Hegemonie in Europa.
Die Schwächung und Bindung des Deutſchen Reiches im
Vertrag von Verſailles genügte ihm nicht. Vollends will es
Deutſchland zerſchlagen, vollends ſeinen Fuß auf den Nacken des
deutſchen Volkes ſetzen. Es handelt ſich nicht um ein
improviſier=
tes Abenteuer, ſondern um ein langbedachtes Unternehmen von
weltgeſchichtlicher Bedeutung. Frankreich kann wohl mit
Ge=
zvehrkolben das klug erdachte und feingefühlte Spinnwerk von
Hüttenwerken, Zechen und Eiſenbahnen zerſchlagen und töten,
aber es kann nicht Leben ſchaffen, wenn der lebendige Wille
deut=
ſcher Arbeit verſagt. Das iſt das bisherige Ergebnis der
Ruhr=
expedition, und es wird im weſentlichen ſo bleiben.
Sodann ſchilderte der Kanzler, was Frankreich bei
gegenſei=
tiger Verſtändigung erhalten hätte, und betonte den
Verſtändi=
gungswillen der deutſchen Regierung mit einem Frankreich, das
den Wiederaufbau wolle, aber nicht mit einem Frankreich, das
Deutſchland zerſtören will. Frankreich will aber aus dem
Rhein=
land einen Pufferſtaat machen, der irgendwie Frankreich
dienſt=
bar gemacht werden ſoll. Der Wille der Gebietsteile am Rhein
weiß nichts davon. Einmütig lehnen ſie ab, was an ſie
heran=
gebracht wird. Deutſchland hat im Verſailler Vertrag die
Be=
ſetzung der Rheinlande auf ſich genommen, eine Laſt, deren
ſinn=
loſe wirtfchaftsvernichtende Aufwendungen zum Himmel ſchreien.
Wenn man heute davon ſpricht, daß die Rheinlande im politi
ſchen Verband des Deutſchen Reiches bleiben können, ſo iſt das
wohl auch nur ein Zwiſchenſchritt, um das linksrheiniſche
Ge=
biet Frankreich zu unterwerfen. Will Frankreich das? Was
wir wollen, iſt einfach und klar. Wir wollen unſeren Staat
er=
halten, und wollen uns die Freiheit erringen in ſchwerer Arbeit
unter Anſpannung aller Kräfte. Was wir ablehnen müſſen,
das ſind die Forderungen, die über unſere Kraft gehen, denn
damit würde uns wieder ein Strick um den Hals geworfen, an
dem der Gegner ziehen und zerren kann, wenn es ihm beliebt.
Der Kanzler ſagte zum Schluſſe: In der Schickſalsfrage
un=
ſeres Volkes gibt es kein Nord und Süd im Reiche, ſondern
es gilt, Treue um Treue. Einigkeit iſt unſere Waffe gegenüber
allen Verſuchen, uns zu zerſplittern; Recht unſere Waffe
gegen=
über der Gewalt, Freiheit das Ziel. Hoch Bayern und
Deutſch=
land über alles. (Minutenlanger, ſtürmiſcher Beifall.
Hände=
klatſchen.
Der Kanzler blieb bis halb 11 Uhr und ließ ſich vielen
füh=
renden Perſönlichkeiten vorſtellen, denen gegenüber er ſich
außer=
ordentlich befriedigend über die in München und Bayern
gewon=
nenen Eindrücke ausſprach
„Es brauſt ein Ruf wie Donnerhall”
Krefeld, 22. März. (Wolff.) Fünfzehn Bergwerksſchüler
aus Mörs verbüßen hier eine Strafe von je vier Tagen
Gefäng=
nis, weil ſie das Lied „Es brauſt ein Ruf wie Donnerhall”
ge=
ſungen haben.
Die engliſchen und franzöſiſchen Luftſtreitkräfte.
Ein neuer Rüſtungswettſtreit.
London, 22. März. (Wolff.) Geſtern fand wie im
Unter=
hauſe, ſo auch im Oberhanſe, eine Ausſprache über das Veuhältnis der
Luftſtreitkräfte Frankreichs und Großbritanniens
ſtatt. Im Oberhauſe erklärte, nach einer ausführlichen Meldung Lord
Birkenhead, dieſe Frage ſei von größter öffentlicher Bedeutung.
Die von Frankreich als dauernd in Ausſicht genommene Friedensſtäufe
betrage mehr als das Doppelte der britiſchen Friedensſtärke. Vier
Jahre ſeien ſeit dem Waffenſtillſtand vergangen. Nicht eine Elle ſei in
der Richtung auf eine Wiederherſtellung der Ruhe auf dem
eurepäiſc=
i
Kontinent zurückgetreten worden.
London, 22. März. (Wolff.) Der Unterſtaatsſekretär für das
Sutheuland erklärte im Oberhauſe: Wenn das gegenwärtige
Ka=
binett und der Ausſchuß für die Reichsvexteidigung der Anſicht ſein
ſoſſ=
ten, daß die augenblicklichen Umſtände eine größere Luftſtreitmacht
er=
forderlich machten, dann miſſe ſie geſchaffen werden. Vom Standpunft
der nationalen Sicherheit wäre ein weiterer wichtiger Punkt die
Auf=
rechterhaltung und Förderung des Luftfahrdienſtes in England
it
in jedem Falle eine bedeutende Vermehrung der für den Militärdieuſt
erforderlichen Flugzeuge ſtattfinden könne. Zweifellos könnte dies bis
zu einem gewiſſen begrenzten Maße geſchehen.
Lord Haldane erklärte, die Lage der Verteidigung Englands ſei
iißlich. Die Frage der Verteidigung gegen Luftangriffe auf London
miſſe eingehender Aufmerkſamkeit gewidmet werden. Er glaube nicht,
daß Frankreich zum Kriege mit England treibe.
Lord Haldane erklärte zum Schluß, er glaube auch nicht, Laf
Frankreich von einem Kriege mit England träume, zugleich aber Erfenſe
er die Möglichkeit von Eventualitäten an, auf die England vorbereitet
ſein müſſe.
Lord Grey führte aus: Seit dem Waffenſtillſtand ſeien die Dinge
immer unſicherer geworden. Was die Luftſtreitkräfte beträfe, ſo befäude
man ſich am Rande eines neuen Rüſtungswertſtreites, wevn nicht das
Gefühl allgemeiner Sicherheit in Europa erzeugt werden könne,
da=
durch eine allgemeine Herabſetzung der Luftſtreitkräfte ebenſo wie aud= Strei kräfte herbeigeführt würde. Die Rüſtungen würden Kriene
ticht verhindern; ſie würden im Gegenteil zu künftigen Kriegen führen.
dieſes Jahr, das ſo viel Beſorgnis verurſachte, ſei für den Kontinent
ein ſehr kritiſches. In den allernächſten Monaten werde es ſich zeigen,
ob man der Sicherheit Europas entgegengehe, oder ſich von ihr entferne.
Die türkiſche Frage.
London, 22. März. (Wolff.) Ueber die geſtrigen alliierten
Beſprechungen, betreffend die türkiſche Frage, meldet die
Times: Lord Curzon ſkizzierte in ſeiner Begrüßungsrede an
die auswärtigen Delegationen die Hunptpunkte des zu löſenden
Problems. Er legte dar, daß die Zuſammenkunft nicht als eine
Konferenz, ſondern lediglich als eine Zuſammenkunft von
Sach=
verſtändigen anzuſehen ſei, die über die türkiſchen Vorſchläge ein
Gutachten an die alliierten Regierungen erſtatten ſollten. Dieſe
würden dann beſchließen, welche Antwort der Regierung von
Angora erteilt werden ſolle. Nach der Rede Curzons wieſen die
Führer der ausländiſchen Delegationensauf die
Bedeutung einer einmkütigen Haltung der Alliierten hin.
Hie=
rauf wurden drei Unterkommifſionen gebildet, und zwar zur
Be=
handlung der politiſchen und juriſtiſchen Fragen mit Einſchluß
der Kapitulationen und zur Behandlung der finanziellen Fragen
und Wirtſchaftsfragen. In allen drei Kommiſſionen haben die
britiſche, die franzöſiſche, die italieniſche und die japaniſche
Dele=
gation je einen Vertreter. Nach der geheimen Sitzung begann
die politiſche und juriſtiſche Unterkommiſſion ihre Arbeiten im
Foreign Office, während die Finanzkommiſſion im
Finanz=
miniſterium zuſammentrat.
Die bulgariſchen Reparationszahlungen.
Sofia, 22. März. (Wolff.) Nach langwierigen Verhand=
Lirngen zwiſchen dem Miniſterpräſidenten Stambokijſki und den
Leitern der interalliierten Kommiſſion wurde eine Verſtändigung
über die bulgariſchen Reparationszählungen erzielt, wonach als
Bürgſchaft für dieſe die Einnahmen, aus den Zöllen zur
Ver=
fügung geſtellt werden. Der bulgariſchen Telegraphen=Agentur
zufolge tragen die neuen Vertragsbedingungen den
wirtſchaft=
lichen und finanziellen Verhältniſſen Bulgariens Rechnung und
ermöglichen die Entwickelung des ſeit langen Jahren gelähmten
Wirtſchaftslebens.
Rückgängigmachung franzöſiſcher Kohlenaufträge.
Berlin, 22. März. Die Voſſiſche Zeitung will von
zuver=
läſſiger Seite erfahren haben, daß die franzöſiſchen
Kohlen=
beſtellungen in England in den letzten Tagen zum größten Teil
rückgängig gemacht worden ſeien. Laufende Verträge ſeien nicht
erneuert worden. Die Folge davon ſeien nicht unbeträchtliche
Preisrückgänge. Wie das Blatt ſchreibt, ſind die franzöſiſchen
Maßnahmen um ſo bedeutſamer, als in den letzten Tagen der
Abtransport des auf den Halden lagernden Ruhrkoks mit
betriebstechniſchen Schwierigkeiten verbunden iſt, und auch kei
der Verwendung des Kokſes in den franzöſiſchen Hochöfen
hin=
ſichtlich der Qualität Schwierigkeiten aufgetreten ſind. Der
Ab=
transport iſt infolgedeſſen auf ein Mindeſtmaß eingeſchränlt
worden. In den letzten 24 Stunden iſt nur ein einziger
Kols=
zug über eine der Rheinbrücken nach Weſten gelaufen.
Konzert.
N. Der vierte Kammermuſikabend des Drumm=
Quarterts im Kleinen Haus brachte nur zwei Werke, dafür
aber Kompoſitionen von ſolch bedeutendem Inhalt, daß es warm
zu begrüßen war, daß ſie nicht durch ein anderes Werk in ihrer
Wirkung beeinträchtigt wurden. Die Herren Drumm,
Scheidhauer, Sprenger und Andreae entzückten
durch herrlichen Ton und vorzügliches Zuſamenſpiel und
wa=
ren wirkliche Ausdeuter des muſikaliſchen Gehalts. Die
Ver=
tiefung bei der Wiedergabe des herrlichen Cis=Moll=Quartetts
von Beethoven, op. 131, ließ dies phantaſievolle, bei aller
Ver=
klärung an einzelnen Stellen doch meift erdenſchwer kämpfende
Werk ebenſoperſönlich erklingen, wie das im Winter bei der
Beet=
hoven=Gedenkfeier geſchah. Dieſes Nachfühlen führte hoch über
die techniſche Wiedergabe hinaus, und auch der Zuſammenhang
der ſieben Sätze wurde in einer Weiſe gewahrt, daß der Hörer
ein Geſamtbild des ganzen Werkes erhielt. Im Klang bei
wei=
tem orcheſtraler wirkend, in der Form ſogar viel konzentrierter
und überſichtlicher als der in den letzten Jahren immer freier
werdende Beethoven, gibt Anton Bruckner in ſeinem
Streich=
quartett den Beweis eines ſo völligen Beherrſchens des
Kam=
mermſikſtils, daß man immer aufs neue bedauern muß, daß
dies herrliche Werk die einzige Probe Brucknerſcher
Kammer=
muſik gebl eben iſt. Wie in den Symphonien, ſtellen die Eckſätze
an die Aufnahmefähigkeit des Hörers die größte Anforderung,
während das Scherzo und das überirdiſch ſchöne, in ſeiner
Me=
lobik und Breite Bruckner mit Schubert verbindende Adagio
leichter faßbar ſind. Von Herzen iſt es zu begrüßen, daß in
unſerer Stadt das Verſtändnis für Bruckner ſo voranſchreitet
und der Muſikfreund Gelegenheit hat, zwiſchen der Auffaſſung
des Quartetts durch das Schwrrbuſch= und Drumm=Quartett
Vergleiche zu ziehen. Das Konzert war recht gut beſucht, und
die atemloſe Spannung der Hörer belohnte die ausübenden
Künſtler ſicher ebenſo, wie der reiche Beifall, der ſich nach beiden
Werken erhob.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
C.K. Eine Briefmarken=Ausſtellung in Wien.
Nachdem die Berlimer Briefmarken=Ausſtellung einen ſo großen
Erfolg gehabt hat, ſoll in Wien im Herbſt dieſes Jahres eine
ähnliche Unternehmung ſtattfinden. Wie die Illuſtrierte Zeitung
für Philatelie berichtet, iſt das vorbereitende Komitee bereits
emſig an der Arbeit, um die Ausſtellung zu einer würdigen und
umfaſſenden Pevanſtaltung zu machen.
Der Lehrmeiſter des Rokoko.
Zu Cheſterfields 150. Todestag, 24. März.
* Selten hat ein Buch in der an Skandalen reichen Welt
der Bücher ein ſo gewaltiges Aergernis erregt als die Briefe
des engliſchen Staatsmannes und Weltmannes Lord
Cheſter=
field, als ſie bald nach ſeinem Tode 1774 herausgegeben wurden.
Man riß ſich die Bände aus der Hand und konnte nicht genug
Zeter und Mordio ſchreien über ihre Unſittlichkeit. Cheſterfield
iſt lange Zeit bei uns in Deutſchland geradezu ſprichwörtlich
geweſen, wenn man einen frivolen Verführer bezeichnen wollte
Lieſt man heute dieſe Briefe, die gerade in letzter Zeit wieder
in verſchiedenen Ausgaben deutſch herausgekommen ſind, ſo
begreift man nichts von jener Entrüſtung. Das Buch, von dem
der berühmte Dr. Johnſon ſagte, es enthalte die Moral einer
Dirne und die Manieren eines Tanzmeiſters, enthält einen
un=
erſchöpflichen Schatz kluger Lebensmaximen und feiner
Beobach=
tungen. Freilich: es iſt die Welt des Rokoko, die ſich vor uns
auftut, eine Epoche, deren Leichtſinn und Spötterei heute
ver=
klungen iſt, und die ſcharfe Verurteilung des Werkes läßt ſich
eigentlich nur verſtehen aus dem ſchroffen Gegenſatz der
Folge=
der Tage der Emofindſamkeit und Naturſchwärmerei, da
man die edle Einfalt Rouſſeauſcher Naturvölker und den
ſtren=
gen Pflichtbegriff Kants entdeckte. Die Ermahnungen und
An=
weiſungen, die Cheſterfield ſeinem Sohne gibt, hatten während
der Hochblüte des Rokokos, da ſie geſchrieben wurden, nichts
Ungewöhnliches an ſich; ſie ſprachen nur die allgemeine
Auf=
faſſung aus, freilich im feinſten und eleganteſten Ton, und ſo
werden die Briefe zu einer unnachahmlichen Schule der
Höf=
lichkeit, zu einem Brebier weltmänniſcher Philoſophie, in der
die nüchterne Vornehmheit des Engländers ſich mit der
leicht=
ſinnigen Ironie des Franzoſen verbindet. Cheſterfield, groß als
Staatsmann und Redner, lebt doch in der Geſchichte fort als
der untadelige Weltmann und Schöngeiſt, der unbeſtritten für
den eleganteſten Mann von ganz England galt und es mit den
glänzendſten Kavalieren am Hofe des XV. Ludwig aufnehmen
konnte. In Camnbridge geboren, verbraehte der junge Philipp
Dormer Stanhope, Earl von Chefterfield, ſeine Jünglingsjahre
mit dem Studium der Alten und wurde dann in den Pariſer
Salons zum vollendeten Weltmann ausgebildet. Noch vor dem
geſetzlichen Alter trat er ins Unterhaus ein, wußte durch ſein
redneriſches Talent ſofort die Aufmerkſamkeit auf ſich zu lenken
und wurde nach dem Tode ſeines Vaters ein geachteter Führer
im Oberhaus. Als Statthalter in Irland führte er eine der
glücklichſten Zeiten dieſes unglücklichen Landes herauf, wirkte
als Staatsſekretär und zog ſich mit 54 Jahren wegen ſeiner
ſchwachen Geſundheit zurück. Er lebte nun nur noch ſeinem
Sohne, ſeinen Freunden und den Büchern und ſtarb mit 7
Jahren am 24. März 1773.
Die Briefe, die ſeinen Ruhm noch heute lebendig erhalten,
ſind an ſeinen natürlichen Sohn Philipp Stanhope gerichtet. Als
junger Geſandte im Haag war er eine öffentliche Wette
einge=
gangen, eine ſpröde Erzieherin, die Hugenottin Fräulein du
Bouchet, die überall als unnahbar galt, zu verführen, und dies
glückte ihm ſo gut, daß ihm 1733 ein Sohn von ihr geboren
wurde. Nach dieſer echten Rokokofrivolität aber ſorgte er mit
rührender Liebe für den Sohn und bewahrte der Mutter ſeines
Sprößlings ſtets die höchſte Achtung. Die Schreiben des Vaters
begleiten nun die ganze Erziehung und Entwicklung des Sohn’s
bis zu ſeinem Tode. In reizenden Plauderbriefen erzählt er
dem Knaben von Mythologie und altrömiſcher Literatur,
ei=
mahnt ihn zu Tugend und Fleiß, aber auch zu freundlichem
Be=
nehmen und elegantem Auftreten. Unſerer Auffaſſung wenig:”
angemeſſen iſt es, daß er den Herangewachſenen durchaus z.
einem Verhältnis mit einer verheirateten Frau zu bereden ſucht
und ſehr entrüftet iſt, als der Sohn dazu zu ungeſchickt iſt. Bei
ihm fielen überhaupt des Vaters Lehren auf keinen ſehr frucht
baren Boden, mochte er ihm nun eine zierliche Händſchrift und
die edle Kunſt des Tranchierens empfehlen oder ihn vor jeder
Ehe mit einer nicht Standesgemäßen warnen. Als Philipp 1708
ſtarb, erfuhr der Vater, daß er ihn hintergangen und ſeit einigen
Jahren heimlich verheiratet war. Er machte aber gute
Mien=
zum böſen Spiel, und die Sammlung ſchließt mit entzückendeit
Briefen an die Schwiegertochter und die kleinen Enkel. Cheſter
fields Briefe enthalten eine große Fülle von geiſtreichen
Er=
fahrungen und Regeln, die auch noch heute ihren Wert beſitzell
Der Grundton ſeiner Weltanſchauung aber iſt der des Rokokd
in dem Verſtellung und Eitelkeit als die Haupttriebkräfte des
Menſchen galten. „Verſtellung iſt durchaus notwendig,” ſchreibt
er, „doch darf ſie nicht eigentliche Falſchheit ſein. Dieſe feierliche
Grenzlinie einzuhalten, iſt eben die Kunſt. Man muß oft erfreuk
erſcheinen, wenn man innerlich ärgerlich, und ärgerlich, wenu
man innerlich erfreut iſt. Aber man darf nie anders ſprechen
als man denkt.” Und ein ander Mal: „Eitelkeit oder, um eine
edlere Bezeichnung zu gebrauchen, das Verlangen nach Bewun
derung iſt wohl die allgemeinſte Triebfeder der menſchlichen
Handlungen. Dieſer Eitelkeit, die die Philoſophen verdammen,
verdanke ich zum großen Teil die Rolle, die ich geſpielt habe.”
Ruumer 81.
Deutſcher Reichstag.
* Berlin, 22. März. (Eigener Bericht.) Am Regierungstifh;
Reichsjuſtizminiſter Dr. Heintze.
Präſident Löbe eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Minuten und
gedenkt des Ablebens des Abg. Cuno (D. Vpt.).
Der Geſetzentwurf über die Eintragung von Schiffspfandrechten in
ausländiſcher Währung wird angenommen. Desgleichen der Entwurf
der Aenderung des Fernſprechgebührengeſetzes. Danach wird der
ein=
malige Fernſprechbeitrag, der von den Anſchlußinhabern im Jahre 1920
eingezogen wurde und der zum Ausbau der Leitungen dienen follte,
ab=
geſchafft und zurückbezahlt.
Die Elbſchiffahrtsatte wird gegen die Stimmen der
Deutſchnatio=
nalen gleichfalls angenommen.
Angenommen wird auch das Vorbereitungsgeſetz zum
Reichsent=
uugsgefetz, nachdem auf eine Anfrage des Abg. Dr. Curtius (D. Ppt.)
ſterialdirektor Müller erktärt hatte, daß eine rigoroſe Anwendung
des Geſetzes nicht ſtattfinden ſolle.
In einer Interpellation Marx 1Ztr.) wird auf eine Verordnung
der ſächſiſchen Regierung verwiefen, nach weſihe an ſinatlich nicht
an=
erkennten Feiertagen Lehrern
erfafſung, und ſie bittet, die bekenntnistreue Bevöllernng in Sachſen
vor der Vergewaltigung zu ſchützen.
Auch eine Interpellation Heugt (Dntl.) wender ſich gegen die
Ver=
zaltungspraxis in Sachfen, Thüringen und Braunſchweig, wo die
reti=
giöfe Freiheit imer mehr gefährdet wird.
Abg. Marx (Ztr.) begründet die Interpellation ſeiner Fraktion.
Der Redner ſtellt dann noch feſt, daß die angefochtenen Verordnungen
ach Verhandlungen mit der Reichsregierung in Sahſen wie auch
Thüringen und in Braunſchweig durch eine neue Verordnung erſetzt
worden ſind. Nach dieſer behalten ſich die Länder eine Befreiung vom
Unterricht vor. Die Kinder der anerkannten Religionsgemeinſchaften
will man an den anerkannten Feiertagen vom Unterricht befreien, wenn
ein ſchriftliches Geſuch der Eltern dafür eingegangen iſt. Schulfeiern
ſollen jedoch ſo geſt
Darmſtädter Tagblatt, Freitag, deu 23. März 1923.
Seite 3.
iſt. Dies genügt jedoch der katholiſchen Kirche noch nicht, denn de
atholik foll ſich an ſeinen Feiertagen den ganzen Tag jeglicher Arbeit
enthalten. Die Verordnung ermöglicht allerlei Schikanen. Die
Ver=
ordnungen derſtoßen gegen die Reichsverfaſſung, die jedem die ungeſtörte
Ausübung ſeiner Religion derſpricht. Die ſächſiſche Regierung muß
dringend aufgefordert werden, auf die Gefühle der Katholiken
Rück=
ſicht zu nehmen.
Abg. Dr. Barth=Chemnitz (Dnkl.) begründet die deutſchnationale
aber auch für die evangeliſchen. (Hört, hört!) Die ſozialiſtiſche
Po=
litik läuft darauf hinaus, den Ifraeliten und den Katholiken den Mund
zit verſtopfen, um dann die Edangeliſchen um ſo ungeſtörter
verprü=
geln zu können. (Lärm bei den Soz.) Die ſozialiſtiſchen Führer in
F5
wember. Es wurde ſogar beautragt, den Karfreitag zu
ent=
heiligen ghei ſchützt die Verfaſſung gerade die Feiertage
ausdrück=
ich4 Pozäliſtiſchen Regierungen ſtützen ſich aber darauf, daß die
Wiertige Rrsfplange geſchützt ſind, als ſie noch anerkaunt ſind. Die
Vehrer bekommcn Urlaub für einen kommuniſtiſchen Umzug, aber nicht für
ineFrelegiöſé Feiertagshandlung. Der katholiſche Biſchof von Meißen
iſt it Stifberfolgung bedroht worden, die höheren Schüler in
Braun=
ſehſeig wurdens it Verweiſung von den Anſtalten bedroht, man will
die Kirche aushungern, Und erfüllt die finanziellen Verpflichtungen nicht.
Die ſächſiſche Reaierung hat erklärt, daß ſie den kirchenfreundlichen
Be=
chruß des Reichstags nicht anerrenne, die Lehrer leiſten pafſiden
Wider=
ſtand, ſo daß in manchen Scilen bis jetzt” noch kein
Religionsunter=
richt erteilt werden konnte,
Reichsminiſter des Jnner Dr. Oeſer teilt mit, daß in den zur
Beratung ſtehenden Fragen mit Sachſen, Thüringen und Braunſchweig
Werhandlungen ſtattfanden, um die Beachtung der Reich,sverfaſſung zu
ſichern. Die Reichsregierung ſteht auf dem Standpunkt, daß die
Landes=
gefetzgebung bevechtigt
iſt, Feiertage einzuführen und auch ſolche z
ändern, ſolange reichsrechtlich nichts anderes beſtimmt iſt. Ein Geſetz
darüber liegt zurzeit dem Reichsrat vor und wird in aller Kürze auch
dem Reichstag zugehen. Die Länder wollen aus der Reichsverfaſſung
den Lehrern und Schülern keine Rechtsanſprüche auf
Unterrichtsbefrei=
ung zuerkennen, ſie ſtützen ſich dabei auf eine Verfügung des bayeriſchen
Kultusminiſters gegenüber den Jüden. (Hört, hört! linrs.) In der Pra=
Eis wollen die Länder aber den Bedürfniſſen der Religionsausübung
au Feiertagen Rechnung tragen, und bei einigem gutem Willen muß
hier eine Verſtändigung zwiſchen der Landesbehörde und der
Kirchen=
behörde doch leicht möglich ſein. Die braunſchweigiſche Regierung lehnte
allerdings die Schulbefreiung am Bußtage rundweg ab. (Hört, hört
rechts.) Die Länder ſind darauf hingewieſen worden, daß namentlich bei
der augenblicklichen inner= und außenpolitiſchen Lage Strafverfolgeingen
wegen S hulverſäumnifſen vermieden werden müfſen. Braunſchſveig
hat auch dies abgelehnt. Gegen die neue ſächſiſche Verordnung iſt nichts
einzuwenden. Gegen den Religionsunterricht iſt kein Bedenken zu
er=
heben, wenn nur Kinder eines Bekenarniſſes die Schule beſuchen. Nach
der Anſicht der Reichsregierung geht die Verordnung nicht ſeit genug,
weil ſie nur auf die Katholiken Anwendung findet. Die Verhandlungen
dauern noch fort. In Thüringen ſteht eine Einigung mit den
Kirchen=
behörden bevor. In Braunſchweig ſind die Verhandlungen mit den
Re=
ligionsgemeinſchaften gleichfalls noch nicht abgeſchloſſen. Die ſtaatli hen
Leiſtungen an die Religionsgemeinſchaften ſollen durch Landesgeſetz ihre
Regelung finden. Die Grundſätze dafür hat allerdings das Reich
aufzu=
ſtellen. Inzwiſchen bleiben die bisherigen Leiſtungen in Kraft. In
n=
zelnen Ländern befinden ſie ſich allerdings zurzeit noch auf dem Geld=
ſtande von 1919. Ob die Beträge zu erhöhen ſind, iſt rechtlich beſtritten.
Wenn hier keine Einigung möglich iſt, ſo muß der Staatsgerich.shof
entſcheiden. Der Miniſter des Innern verſpriht dann, er werde
wei=
ter in den Verhandlungen mit den Ländern auf die Erfüllung der
Reichsverfaſſung ſowohl ihrem Inhalt wie auch ihrem Geiſte nach
dringen.
Sächſiſcher Kultusminiſter Dr. Fleißner erklärt, daß die
ſäch=
ſiſche Regierung den Kirchen gegenüber ihre verfaſſungsmäßige Pflicht
tue. Dazu gehöre jedoch nicht, die Gehälter weiter zu bezahlen. Dennoch
hat die ſächſiſche Regierung den Kirchen große Suimmen als Darlehen
zur Verfügnng geſtellt. Zu ihrer Verordnung ſer ſie dor allem aufl
burch die Untoleranz der Gegenſeite getrieben worden. Das fächſiſ e
Volk ſtehe hinter der ſächſiſchen Regierung, das haben deutlich die letzten
Landtagswahlen bewieſen, die Gegner von rechts wollen nur der dr
Ne
haßten Sozialiſtenregierung eins auswiſchen. Diefe habe den
nicht überſpannt, ſondern ſie haße nur auf die Bitten de
eg:
bg. Schrvc (Soz.) ſtimmt dem Vorgehen der ſächſiſchen
Regie=
rung zit.
Albg. Dr. Ebeuling (D. Ppt.) erklärt, der eine der beihen
Mini=
ſter, der heute geſprochen habe, erinnere an den Stuhl der Phthia, der
andere an eigen Stammtiſch. (Heiterkeit.) Herr Fleißner hirße eine
Bewegung hertergerufeir, wie ſeinerzeit der Kultusminiſter Adoif Hoff=
tritt. Das Gebet und den deutſchen Choral werden wir unſeren
Küu=
dern nicht nehmen laſſen. Wenn kein Menſch mehr etwas weiß von
einem Kultusminiſter Adolf Hoffmann und einem Hern Fleißne, dann
ird doch noch durch Deutſchland hoch und hehr der Choval erelingen:
Ein” feſte Burg iſt unſer Gott! (Lebhafter Beifall rechts. Lärm links.)
Abg. Dr. Külz (Dem.) hält keine Zeit für ungeigneter für eine
kulturkämpferiſche Stimmung, als die gegemvärtige. Der Redner
be=
kämpft als Sachſe entſchieden die Politik des ſächſiſchen Kultusminiſters
Fleißner. Dieſer habe ſogar ein Reichsdarlehen zur beſſerem Beſoldung
der hungernden Kirchendiener abgelehnt. (Pfuirufe.
Abg. Beyerle (Baher. Bpt.) unterſtützt die Interpellationen.
Die Inierpellationen werden erledigt, Beſchlüſſe werben nicht gefaßt:
Freitag 12 Uhr: Ernährungsminiſterium.
Hochverräteriſche Umtriebe.
Verhaftung deutſch=völkiſcher Pexſonen.
Berlin, 22. März. (Wolff.) Am heutigen Vormittag
nahmen Beamte der Berliner politiſchen Polizei in den
Geſchäfts=
räumen, der deutſch =völkiſchen Freiheitspartei
eine Durchſuchung vor. Ferner haben bei einer größeren Reihe
leitender Perſonen der deutſch=völkiſchen Freiheitspartei in
Ber=
lin und anderen Städten Preußens, am heutigen Vormittag
Durchſuchungen ſtattgefunden; hierbei erfolgten zahlreiche
poli=
zeiliche Feſtnahmen.
Berlin, 22. März. (Wolff.) Die polizeiliche Durchſuchung,
die am Donnerstag vormittag von Beamten der Berliner
poli=
tiſchen Polizei in den Geſchäftsräumen der Deutſchbölllrzn
Freiheitsxartei und bei verſchiedenen Führern dieſer Partei in
Berlin, zügleich aber auch in anderen preußiſchen Städten, wie
Kaſſel, Erfurt, Halberſtaot, Hannoder, Köſen, Magdeburg,
Mer=
ſeburg, Minden, Naumburg und Stolp i. P. vorgenommen
wurde, iſt wegen dringenden Verdachts hochverrät riſcher
Um=
triebe erfolgt, ferner wegen Verſtoßes gegen die Verordnung des
Reichspräſidenten vom 24. Juni 1921. Die Durchſuchung hat ein
erdrugendes Material gegen die Deutſchvölkiſche Freiheitspartei
zutäge gefördert. Die im Anſchluß an die Durchſuchung
vor=
läufig feſigenommenen Perſonen wurden nach dem Verhör teils
wieder entlaſſen, während der andere Teil den zuſtändigen
Richtern vorgeführt wird. Die in einem Teil der Preſſe
ver=
breitete Nachricht über einen gegen die Aßgg. Wulle, Hennig
und v. Gräfe erlaſſenen Schutzhaftbefehl iſt unrichtig.
Kommuniſtiſche Ueberfälle.
Hamburg, 22. März. (Wolff.) Nach Mitteilung der
Po=
lizei machte in der Nacht zum Dienstag der Bankbeamte
Geh=
ring einem Beamten der Ortspolizei vor dem Börſenkeller
am Altenwall die Anzege, daß zwei Männer in der Nähe ſeinen
Freund, den Bankbeamten v. Seelen, niedergeſchlagen hätten.
Die Beſchuldigten drangen nun auf Gehring ein, würgten ihn
am Halſe und warfen ihn nieder. Die Täter legitimierten ſich
den Beamten als die hamburgiſchen kommuniſtiſchen
Bürgerſchaftsmitglieder Köppen und
Hoff=
mann. Sie äußerten, albes, was natioanliſtiſch ſei,
müſſe niedergeſchlagen werden. v. Seelen, der
Stichwunden am Hinterkopf und im Rücken erhalten hat, wurde
in das Hafenkrankenhaus übergeführt. Köppen wurde
feſt=
genommen.
Mordſache Smeets.
Köln, 22. März. (Wolff.) In der Mordſache Smeets kann
heute noch mitgeteilt werden, daß der der Tat dringend
Verdäch=
tige von Beruf Mechaniker iſt. Er ſoll aus der Gegend von
Kaſſel ſtammen. Alle Maßnahmen zu ſeiner Ergreifung ſind
getroffen worden. Der Mann hielt ſich beſchäftigungslos in
Köln auf.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 23. März.
Herabſetzung der Hausbrandkoſten.
Der heurige milde Winter geht ſeinem Ende entgegen. Die
mieiften haben ihn noch mit verhältnismäßig billig eingekauften
Brenn=
ſtoffen überdauert. Mit Grauen aber blicken wir ſchon heute dem
näch=
ſten Winter entgegen, und die Sergen des Einzelnen vervielfältigen ſich)
für die großen Geſchäftshäuſer und die ſtaatlichen und ſtädtiſchzen
Ver=
naltungen, deren Heizkoſten in die Milliarden gehen. Nach einem
Be=
icht über ſeine „Arbeiten auf dem Gebiet der Brennſtoffausnutzung in
häuslichen Feuerſtätten”, den der Reichskohlenugt ſoeben herausgegeben
hat, beträgt der Geſamtwert der allein in öffentlichen Gebäuden und
Anſtalten jährlich verfeuerten Hausbrandbrennſtoſfe nach den
gegen=
wärtigen Preiſen 600 Milliarden Mark!
Der Reichskohlenrat hat ſich, wie aus dieſem Bericht hervorgeht
nicht darauf beſchränkt, die Brenuſtoffprciſe, widerſtrebend und der
Geld=
ehtwertng folgend, heraufzufetzen, um den Kohlenbergbau, die
Grnd=
lage unſerer geſomten Wirtſchaft, leiſtungsfähig zu erhalten, — derſelbe
Reicssfohlenrat hat auch alles in ſeier Macht ſtehende getauf, um jede
Einzelnen und jeder Körperſchaft die Wege zu weiſen, mit ſo wenig
Brennſtoffen auszukommen wie möglich und dadurch die Heizkoſren
ſehr ſtar: zu verringern.
Es handelt ſich dabei im Augenblick weuiger darum, unſere Heiz=
und Kochmalagen techniſch zu verbeffern. Wer das Geld dazu has, Tann
ſichz ſchvn heute höchſt vollkommene Heiz= und Kocheinricſtungen taufeit.
Die Wenigſten haben aber hierzu die nötigen Mittel. Es handelt ſich
alſo hauptſächlich darum, die dorhensenen Heiz= und Kochanlagen, ſo
unvorteilhaft ſie auch ſein mögen, ſo zu behandeln, daß ſie mit
weniger Brennſtoffen die gleiche Wärme, ja mehr Wärme als bisher
nutzbar abgeben. Brennſtofferſparnis kann man ſich nicht kaufen,
ſon=
dern man muß ſie lernen und üben, gerade ſo wie die beſten Aerzte
einem die Geſundheit nicht verleihen können, wenn man nicht ſelbſt
ge=
ſundheitsmäßig lebt.
Ganz ähnlich wie die beharrlichen jahrzehntelangen Bemühungen
unſerer führenden Hygieniker den Geſundheitszuſtand unſeres Volte3
gehoben haßeit, o find je.
tzt auch ueiter der Führung des
Hausbrandaus=
ſchüſſes beim Reichskohler
at Tauſende von Kräften an der Arbeit, um
unſerem Volk derſtändnisvolle Selbſthilfe im Kampf gegen die
Breuu=
ſtoffnot zu ermöglichen. Die Tätigkeit des Reichskohlenrats hat nun
nicht etwa darin beſtanden, die vielen „Meakblätte
ſtlin
und „ilie..
Dei=
für ſparſaues Heizen, die es gibt, um einige weitere zu verme
artige allgemeine Merkblätter haben verhältnismäßig geringe Wirkung;
nur wenn ſie in jedem Fall auf die örtlich ganz verſchiedenen Bedingu
gen beſonders zugsſchnitten ſind, nutzen ſie. Der Hausbrandausſchutß
des Reichskohlez
ats hat daher einen diel wirkſameren Weg
ingeſchlagen: ſein Bericht ermöglicht es allen den vielen, die noch gau
nicht wiffen, wo und wieviel Pexſönlichkeiten und
Aufklärungsmöglich=
keiten in den beiztechniſchen Fragen zur Verfügung ſt
hen, ſich ihrer
ne weiteres zu bedienen; neben einer kmappen allgemeinen Uebe
über die erſtaunlich zahlreichen Arbeiten auf dieſem Gebiet ſtellt den
Bericht einen Wegweiſer zur unmittelbaren Fühlungnachme mit den
heiztechniſchen Organiſationen dau, deren genaue Adreſſen in einem
beſonderen Verzeichnis zufammengeſtellt ſind. So ermöglicht er die
bor allem wichtige Einwirkung von Me
zu Menſ
Beig int iſt ja auch, daß aus ben gleichen Geſichts
unkten heraus der
Reichskohlenrat ſeit einigen Monaten mit eifriger Unterſtützung der
Unterrichtsminiſterien und der Lehrerſchaft die Pflege des Sinnes für
Haushalten mit Wärm im Schulunterzicht (ohue Einfügunn
..t-- chFuch2r!)) beivillk. Hue dieſe perſonliche Wiukſamkeit finde
Unterſtützung in dem Verzeicknis der einſchlägigen
gemeinverſtänd=
lichen Schriften, das ebenfalls dem vorliegenden Bericht
an=
gefügt iſt.
Ganz beſonders wicktig=aber iſt die eindringliche Mahnung, die in
dem Bericht an alle Behdrden gerichtet wird, die berühmten deutſchen
„Zuſtändigkeitsfragen” auszuſchal en und von jetzt ab überall,die
Sachverſtänd „in zur ſtändigen Ueberwachung des Geiz
betriebes unſerei öffentlichen Gebäude und
An=
ſtalten in der Weiſe hinzuzuziehen, wie es bei einigen Reichsbehörden
und in einigen Städten und Provinzen ſchon jetzt geſchieht:
„
Heiz=
techniker an die Fuont!“ Vor allem die Abgeordneten der
Gemeinde=, Kreis=, Provinzial= umd Landesvertretungen müſſen darauf
halten, daß die vielfach ganz unverantwortliche Vergeudung
öffentlicher Gelder durch nachläſſigen Heizbetrieb
aufhört. Wie wir hören, wird der Bericht des Reichskohlenrats allen
örtlichen und bezirklichen Verwaltungsbehörden zugehen. Wir müſſent
im Intereſſe unſerer Volksgeſcmtheit dringend fordern, daß er beherzigt
wird. Der Bericht iſt für jedermann bei der Geſchäftsſtelle des
Reichs=
kohlenrats, Berlin W. 62. Wichmannſtr. 19 gegen Einſendung von
300 Mark, für Körperſchaften koſtenfrei, erhältlich.
— Heſſ. Landestheater, Kleines Haus. „Die Entführung aus den
Serail”. Heute Abend wird im Kleinen Haus „Die Entührung aus
dem Serail” gegeben. „Cavalleria ruſticana” in neuer
Be=
ſetzung. In der Vorſtellung von „Cavalleria ruſticana” am Samstay,
den 24. März, ſingt die Santuzza Frau Pauline Jack aus Frankfurt a.
M. als Gaſt, ſie ſteht zum erſten Mal auf der Bühne. Die Lola ſingt
Margarethe Albrecht, den Turriddu Hans Höfflin, den Alfio Julius
Welcker. Regie Dr. Friedrich Schramm. Als zweite Oper wird am
ſelben Abend „Der Bajazzo” gegeben, Herr Enehfelm ſingt vor ſeineur
Auslandsrlaub zum letzten Mal den Canio. Der Bajazzo wird in der
Inſzenierung von Jan Heythekker gegeben. Muſikaliſche Leitung,
Wal=
ter Beck. „Casalleria” und „Bafazzo” werden als Volksvorſtellung zu
inheitspreiſen wiederholt, da die Nachfrage das letzte Mal
außer=
ordentlich groß war.
— Ernannt wurde am 16. März 1923 der Schulamtsanwärter Karl
Rüll aus Seligenſtadt zum Lehrer an der Volksſchule zu Mühlheim,
Kreis Offenbach.
— Militärdienſtnachricht. Der Juſtizinſpektor Fritz Weiner aus
Langen beim Heſſ. Amtsgericht II in Darmſtadt hat durch Verfügung
des Reichswehrminiſteriums den Charakter als Oberleutnant und die
Erlaubnis zum Tragen, der Uniform der Reſerveoffiziere des Inf.=
Regts. Nr. 168 erhalten.
Darmſtädter Ausſtellungen.
Gemalte Bauernſchränke.
* In den Räumen der „Kunſt und Keramik” ſtellt
Herr H. Nover zur Zeit zwei bemalte Schränke aus, die in
ihrer Art ganz meiſterliche Erzeugniſſe angewandter Kunſt
dar=
ſtellen und erneut für das ausgezeichnete Niveau des
Darm=
ſtädter Kunſtgewerbes Zeugnis ablegen. Beide ſind beſonders
angefertigte große zweitürige Wäſche= oder Kleiderſchränke von
praktiſchen Ausmaßen und gleicher Bauart, wie ſie früher wohl
die guten Dorftiſchler hergeſtellt haben und wie ſie in manchem
guten Bauernhauſe noch zu finden ſind. Was uns heute hieran
intereſſiert, iſt die ausgezeichnete Bemalung in einer
antikiſieren=
den Technik, wie ſie der Darmſtädter Maler H. Nover ſeit
langen Jahren mit ſteigendem Erfolg erheiſcht und pflegt, wie
er ſie in einfachen, doch ſtets gefälligen und originellen Arbeiten
angewandt hat in ſeinen bemalten Schachteln und Truhen, auch
hierin eine alte Handwerkskunſt zu neuer Blüte bringend, die
ſeinen Namen weit über Darmſtadt und Heſſen hinaus bekannt
gemacht haben.
Das künſtleriſche Niveau über das des Kunſthandwerklichen
hinaus erhalten die Arbeiten Novers durch die vornehme
Zurück=
haltung in der Farbengebung und den kultivierten Geſchmack,
durch eine bemerkenswerte Wahrheitsliebe und die Betonung
des Material= und Stilechten. Das prägt ſich aus in der
ge=
ſahmackvollen und durchdachten Art, wie Nover die einzelnen
Felder und Flächen aufteilt und ſeine Malerei den Formen
an=
baßt. Wie er Reichtum gibt an Ornamentik und maleriſcher
Tektonik, ohne je aufdringlich zu werden, ohne je eine
be=
ſtinunte, richtig gefühlte Grenze zu überſchreiten, wie er die
Farben wählt, ſchlicht und zurückhaltend und doch ſeinen Zwecken
entſprechend ſtark und ausdrucksvoll, leicht verſtändlich betonend.
Und das prägt ſich zum letzten aus in der eleganten,
leicht=
fküſſigen Zeichnung und Pinſelführung, in ſeinem eigenen, wohl
auf Tradition bauenden, aber geiſtig verarbeiteten ſicheren Stil.
Wie die Farben, ſtark aufgetragen in den Blumen und
Orna=
menten, faſt wie Reliefs wirken und eine ſchöne natürliche Licht=
und Schattenwirkung hervorzaubern, verleiht die merkwürdige
Technik, die den Malereien (ohne ſie direkt antik zu fälſchen) das
Aufdringliche des Neuen nimmt, den Dingen das Anheimelnde,
Wohnlich=Behagliche, Langvertraute, den deutſchen
Bürger=
charakter. — Wenn die derzeitigen ſchwierigen materiellen
Ver=
hältniſſe eine wohlfeile Herſtellung derartiger Möbel kaum
er=
möglichen dürften, ſo iſt ihre Anſchaffung doch immerhin
mög=
lich. Ihre kulturelle Bedentung aber ſehen wir darin, daß ſie
gute Vorbilder erſtehen läßt, die geeignet ſind, dieſe Kunſt neu
zu beleben und über die ſchwierige Uebergangszeit hinaus zu
erhalten. So iſt auch das ein Stück Arbeit zur Erhaltung guten
Deutſchtums und damit Wiederaufbau.
Kunſtſalon Sonnthal.
Der Kunſtſalon Sonnthal bringt zur Zeit eine Kollektion
älterer Aguarelle, die aus Privatbeſitz ſtammen, zur
Aus=
ſtellung, die auf außergewöhnliches Intereſſe der Kenner und
Liebhaber feiner geſchmackvoller Kunſtbetätigung ſtoßen dürfte.
In dieſer ziemlich reichhaltigen Kollektion, die einer
Mappen=
fammlung entnommen iſt, deren Zuſtandekommen den Saurmler
in gleichem Maße wie die Künſtler ehrte, ſind wahre Perlen der
Aquarellmalerei des vorigen Jahrhunderts enthalten. Die
Blät=
ter ſtammen meiſt aus den Jahren um 1820—50, und es ſind
vorzugsweiſe Münchener (Harunter bekannte Namen), aber auch
Wiener, Italiener und Endländer, zum mindeſten engliſche
Schule, vertreten. Bewundernswert an all dieſen feinen
Blät=
tern, die vielfach wie meiſterhafte Miniaturen anmuten, iſt vor
allem die leuchtende Kraft des Kolorits. Da die Bilder nicht
gerahmt waren, ſind die Farben überhaupt nicht oder doch nicht
merkbar verblaßt. Bewundernswert aber iſt auch die Feinheit
und Kultur der Faxbengebung überhaupt, die fonſt in den farbig
ſtark betonten Partien, wie in den zarten Tönungen fernen
Himmels und Wolkenpartien, in den intimen Stimmungen von
Wald und Landſchaft und Interienr Triumphe feiert. Und
be=
wundernswert iſt endlich die Subtilität und die Liebe, mit der
die Maler ſich in die Landſchaft, in die Interieurs, in die
Straßenſzenen und Städtebilder, in die Genres und Porträts
und was imnier ſie in den Bereich ihres feinen Pinſels zogen
vertieft haben. Bewiß lieg: dieſes liebevolle Eingehen auf
zar=
teſte Einzelheiten, die man vielfach zeit der Lupe erſt richtig
er=
kennen kan, unſerem heutigen Geſchmack ferner, wir ſind
ge=
wohnt, Impreſſionen zu ſehen, die Landſchaft ſo zu ſehen, wie
ſie ſich dem Auge bietet, als ein Ineinanderklingen von Farbe
und Form, als Geſamtſtimung, aber Bewunderung und
An=
erkennung zwingt dieſes hohe Maß handwerklichen Könnens
und künſtleriſchen Vollbringens dem Beſchauer ab.
Man verſenke ſich einmal in die farbigen, zeichneriſchen und
kompoſitoriſchen Schönheiten der Blätter der Münchener
C. Lebſchée (Schulen von Wagenbauer u. a. Meiſter), E.
Kaiſer, C. Werner, Rottmann, David uſw. oder in
die des Grafen Pocci, von A. Debacg, W. Callow, dann
die der Italiener, Schweizer, Wiener uſw. Jedes hat ſeine
eigenen Reize, hat Schönheiten von zwingender Kraft. — Zum
Vergleich ſind dann auch eine Anzahl guter Aquarelle füngeren
Datums mit ausgeſtellt. Die Darmſtädter Phil. Röth, C.
Köhler, Paul Weber ſind vertreten, dann Albert Mühlig
mit zwei großen, ſehr bewegten Waldlandſchaften und
verſchie=
dene andere Künſtler von Bedeutung.
In der Ausſtellung von Gemälden ſind neu vertreten: der
immer noch mit ungebrochener Kraft ſchaffende Darmſtädter
Altmeiſter Kröh mit einer ſehr feinen großen Landſchaft nach
heimiſchen Motiven, dann Scheld mit einigen Pferdebildern,
Profeſſer Piltz=Weimar mit einem in Kompoſition und
Far=
bengebung meiſterhaft erfaßten Interieur, Max Merker mit
einem ſehr robuſten bewegten Seeſtück, Hans Thoma mit
einer intereſſanten Tiſchmalerei, Marie Nyl (Starnber mit
einem ſehr lebendigen, duftigen Blumenſtück von Kraft und
Friſche, u. a. m. — Intereſſant iſt auch die Kollektion
Bildnis=
plaketten in Bronze von Bildhauer Reiß=Mannheim. A. St.
C.K. Ein billiger Rembrandt. Ein Hauptwerk aus
Rem=
brandts Jugend, der bisher in der Sammlung Stroganoff in
Paris befindliche „Feremias” iſt nach einer Mitteilung des
„Kunſtwanderers” für 300 000 Franes nach Schweden verkauft
worden. Der Preis des Bildes, das ſigniert und 1630 datiert iſt,
wird in den Kreiſen der Kenner für niedeig gehalten. Man
weiſt darauf hin, daß Manets „Bon Bock”, der kürzlich aus der
Berliner Galerie Arnhold von einem Pariſer Händler
erwor=
ben wurde, mehr als die dreifache Summe, faſt eine Million
franzöſiſcher Franes, gekoſtet hat und jetzt ſogar für 1½
Mil=
lionen nach Amerika verkauft ſvorden ſein ſoll. Das nunmehr
nach Schweden gelangte Bild ſteht in ſeiner Malweiſe dem
Stuttgarter „Paulus” Rembrandts nahe.
ck. Der gefällige Voligire. Wenn Voltaire von ſeinem
Pri=
vatſekretär die neueſte Poſt vorgelegt erhielt, ſo befanden ſich
ſtets diele Briefe darunter, die ihn um Gefälligkeiten anſprachen.
Voltaire pflegte dann gewöhnlich zu fragen: „Intereſſiere ich
mich für dieſen Herrn? Worauf der Sekretär antwortete: „Sie
haben ihm erft neulich geſchrieben, daß Sie ſich glücklich ſchätzen
würden, ihm eine Gefälligkeit erweiſen zu können. Voltaire
machte ein nachdenkliches Geſicht und fragte: „Habe ich das
wirk=
lich geſchrieben? Intereſſiere ich mich lebhaft für dieſen Herrn?”
Und wenn der Sekretär wieder eifrig bejahte, ſo fand der
Dich=
ter nach kurzem Nachdenken den erlöſenden Ausweg mit den
Worten: „Nun, ſo ſchreiben Sie ihm nochmals und mit recht viel
Wärme, daß ich zu jedem Dienſt bereit bin. Man muß gegen
jedermann gefällig und artig ſein.‟ Den Worten aber folgts
keine Tat nach.
Seite 4,
Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 23. März 1923.
Nummer 81.
— Der Evongeliſche Verein für kirchliche Zwecke, vereinigt mit dem
Berliner Hauptverein für Innere Miſſion, iſt infolge einer hochherzigen
Spende in der Lage, für Kriegsblinde und für ſolche, die duuh den
Krieg in ihrer Sehkraft geſchädigt ſind, untentgeltlich für die
kommenden Feſttage (Oſtern, Pfingſten uſw.) Bibelteile und gute
Unter=
haltungsſchriften in Blindenpunktſchrift (Vollſchrift und
Kurz=
ſchrift) ſowie in Grobſchrift abzugeben. Es wird nur um Erſatz der
Verpackungskoſten und des für Blindenſchriftſendungen ermäßigten
Por=
tos gebeten. Um die richtige Auswahl zu erleichtern, bitten wir um die
Aeußerung beſtimmter Wünſche oder um eine kurze Charakteriſtik des
Betreffenden. Geſuche ſind durch das zuſtändige Pfarramt nur für
Evangeliſche zu richten an den Evangeliſchen Verein für kirchliche Zwecke,
vereinigt mit dem Berliner Hauptverein für Innexe Miſſion, Ber=
Im S. 42, Oranienſtr. 69, Quergeb, I.
n. Fünfzigjähriges Jubiläum. Am 24. ds. Mts. kann
Oberlandes=
gerichtsrat Hermann Sandmann, hier, auf ein halbes Jahrhundert
treuer, erfolgreicher Arbeit im Dienſte der Rechtspflege zurückblicken,
und ſolche fünfzig Jahre dem Wohle der Allgemeinheit gewidmeter
Tätigkeit erſcheinen bedeutungsvoll. Er wurde am 14. Juli 1852 zu
Ersrode geboren, nahm als Freiwilliger, ſpäter zum Korporal
beför=
dert, 1870/71 am Feldzug gegen Frankreich bis zum Friedensſchluß teil,
beſtand 1874 bezw. 1876 die beiden juriſtiſchen Prüfungen, wurde 1884
Amtsrichter in Waldmichelbach, 1888 als ſolcher nach Butzbach verſet
war dann von 1892 ein Jahr lang am Amtsgericht Ortenberg und
ge=
hörte von 1893 bis 1904 als Rat dem Landgericht Gießen an, um
hie=
rauf ins Oberlandesgericht berufen zu werden. Zurzeit ſtellvertretender
Vorſitzender von deſſen erſtem Zivilſenat iſt Herr Oberlandesgerichtsrat
Sandmann gleichzeitig Mitglied des Oberſten Verwaltungsgerichtshofs
war ebenſo Beiſitzer der hieſigen Reichsdiſziplinarkammer bis Ende
v. Js. und von 1915 bis 1919 in die Landesſynode gewählt.
Bemer=
kenswert dürfte noch ſein, daß der hier lebende Vater des Jubilars,
Riedeſeliſcher Kammerkaſſier i. R. S. am 26. September d. J. hundert
Jahre alt wird, und es ſeien Beiden herzliche Wünſche dargebracht.
— Die Konſtruktion eines Flügels dürfte weite Kreiſe unſerer Stadt
und namentlich die muſizierenden Künſtler und Beſitzer eines Flügels
oder Pianinos intereſſieren. Im Schaufenſter der Firma KarlArnold
u. Sohn, Rheinſtraße 31, befindet ſich ſeit einigen Tagen eine
inter=
eſſante Ausſtellung von Flügelteilen eines echten Steinway=Flügels von
der Firma Steinway u. Sons, Hamburg—Neu=York. Ganz abgeſehen
von der guten dekorativen Wirkung der Schaufenſterausſtellung, die der
Firma Steinway u. Sons, Hamburg, anläßlich des
Schaufenſterwett=
bewerbs im Auguſt 1921 den erſten Preis (goldene Medaille) einbrachte,
geben die ausgeſtellten Gegenſtände einen kleinen Einblick in die
Geheim=
niſſe der „Steinwah=Konſtruktion”. Beſonders beachtenswert ſind die
beiden Längsſchnitte der Flügelwände. Sie zeigen dem Beſchauer, daß
die aus vielen verleimten Lagen feinadrigen Holzes beſtehenden
Flügel=
wände in einem Stück gebogen ſind. Steinway u. Sons machten ſich
die Tatſache, die durch phyſiſche Geſetze demonſtriert werden kann,
zu=
nutze, daß die Schallwellen im Holz am vollkommenſten und raſcheſten
fortgepflanzt werden, wenn ſie der Längsfaſer des Holzes folgen. Dieſe
Erfindung iſt eine der hervorragenden Eigenſchaften der „Steinway=
Kon=
ſtruktion”, auf die der volle, tragende Ton der Steinway=Inſtrumente
zurückzuführen iſt. Die gewaltige, annähernd 300 Pfund ſchwere
Pan=
zerdlatte erſcheint immerhin noch verhältnismäßig leicht, wenn man
be=
denkt, daß auf ihr die ganze Laſt des Saitenzuges ruht, die bei den
großen Konzertflügeln zirka 36 000 Pfund beträgt. Auch hier waren
Steinway u. Sons die erſten, die darin Bahnbrechendes leiſteten, denn
es gelang ihnen, eie Platte herzuſtellen, die trotz ihrer leichten und
ge=
fälligen Form obigen Anforderungen mit genügender Sicherheit
ent=
ſprach. Es muß an dieſer Stelle erwähnt werden, daß eine ſchwere und
klobige Platte tonhemmend wirkt. Eine ausführliche illuſtrierte
Abhand=
lung über die „Steinway=Konſtrurtion” iſt einem gleichlautenden
Büch=
lein anvertraut, welches die Firma Kaxl Arnold u. Sohn, Ecke Erbacher
Straße und Rheiſtraße 31, ſowie Steinway u. Sons, Hamburg= an
Intereſſenten koſtenlos verſendet.
— Turngeneinde Darmſtak ar
Zeiz
* 9
derbot,ug
Darmſtadt 1846,
DerRE
7* am Samstag, den 24.
ge)” im kleinen Turnſaal über
Leiher Lichtbilder wird er auf
ſens und einer ebenſo umfang=
—
zafrliche- Gru h; ge aufbauenden praktiſchen
Tätig=
iir ihren „reichen wertbouen erfährungen hineinfüyren in das
eſen der Leibesübungen und ihrer phyſiologiſchen und pſychologiſchen
Virkungen; zeigen wird er, wie man ſie auf rechte Art betreibt, und
wie erſt ein richtiger Sportgeiſt, der ſich auf tiefere Einſicht gründet
Leibesübungen in ſeeliſcher und körperlicher Sinſicht zur vollen
Befrie=
digung und zum dauernden Erfolge zu führen vermag. So wird Allen
Gelegenheit geboten, einen tieferen Blick in das Weſen der
Leibesübun=
gen zu tun.
— Orpheum. Der muſikaliſche Schwank „Perle der Frauen”,
wel=
iher zurzeit mit großem Heiterkeitserfolg gegeben wird, gelangt nur
noch zweimal, heute Freitag, und morgen, Samstag, zur Aufführung,
da am Sonntag, 25. März (Palmarum) keine Vorſtellung ſtattfinden
darf. (Art, 229 des Polizeiſtrafgeſetzbuches für Heſſen vom 30. Oktober
1855.) (Siehe Anzeige.)
n. Strafkammer. Noch aus 1921 ſtammt der jetzt verhandelte Fall
des Betrugs nebſt ſchwerer Urkundenfälſchung, wodurch damals die
hie=
ſige Metzgerinnung um 125 000 Mark geſchädigt worden iſt. Es war
eine der gerade in jener Zeit beſonders häufigen Schwindeleien, ein
ſogenanntes Luftgeſchäft, indem mittels unechter Frachtbriefe die
Ver=
fügung über gar nicht vorhandene, ſtark geſuchte Waren vorgeſpiegelt
und eine Vorauszahlung entlockt zu werden pflegte. Der gemeinſamen
Täterſchaft ſind der 26jährige Koch Marzellus Frieh aus Markinch
(Elſaß), der 33jährige Dreher Georg Gerber aus Edingen und der
32jährige Kaufmann Siegmund Katz von Gießen, letzterer bezüglich
des Betrugs als Rückfälliger, angeklagt. Die eigentliche Ausführung
gegenüber den Geprellten geſchah durch den offenbar mit großer
Ge=
wandtheit begabten Fr., der vorher u. a. bei den Franzoſen in der Pfalz
als Dolmetſcher beſchäftigt war und ſo Kenntnis der einſchlägigen
Ver=
hältniſſe beſaß. Er ſcheint ſchon in früher Jugend mannigfach
herum=
gekommen zu ſein, iſt mehrerer Sprachen machtig und wies vor jenen
Verfehlungen noch keine Strafe auf, während auch G. vorbeſtraft in
ähn=
licher Richtung war. Die Drei hatten ſich in Mannheim kennen gelernt,
und es ging nach dem früheren Geſtändnis Fr.s der kriminelle Plan
von den beiden Genoſſen aus. Inzwiſchen hat er jedoch inſofern ſeine
Haltung weſentlich geändert, bezeichnet jene (wie ſie ſelbſt tun) als völlig
ſchuldlos und ſich als den allein Verantwurtlichen. Allerdings läßt er in
die=
er neuen, recht fragwürdigen Lesart noch den „großen Unbekannten”
in Geſtalt eines angeblichen Schweizers Doulon die Rolle des Anſtifters
uſw. ſpielen, ſucht aber die zwei in ausführlichſter Weiſe Bezichtigten
ebenſo entſchieden herauszureißen. G. hatte früher mit ihm
überein=
ſtimmend die Schuld bekannt, ſchließt ſich nun der Wendung Fr.s an,
und der Angeklagte K. leugnet nach wie vor. In Begleitung
gutgläu=
biger Vermittler erſchien der ſich als franzöſiſcher Militärbeamter
aus=
gebende und dies in gebrochener Sprache markierende Fr. hier, ſowie
in Frankfurt und Offenbach mit dem Angebot von Schmalz aus
fran=
zöſiſchen Heeresbeſtänden zu billigem Preis. Er ſußte die Sache
ein=
leuchtend zu machen und bediente ſich dazu der Frachtbriefduplikate über
Bahnlagerung mit franzöſiſchen Militärſtempeln, die er ſich verſchafft
hatte. Die Lieferung des Schmalzes ſollte in Waggonladungen für
25 Mark das Kilo erfolgen, nachdem auf das ausgehändigte
Frachtbrief=
duplikat die Hälfte des Geſamtpreiſes entrichtet war. Hier und
gegen=
über dem Konſumverein Frankfurt gelang der Kniff und erbrachte je
125 000 Mark, in Offenbach ſchöpfte man Verdacht, nahm Fr.
polizei=
lich feſt und ließ ihn nach Hinterlegung von 125 000 Mark (die gerade
in Frankfurt erſchwindelten) vorläufig wieder frei. So blieb dieſe
er=
ſchwindelte Summe gerettet, die hieſige aber verſchwand für immer. Bei
Fr.s Geſchäften waren E, und K. ſtets im Hintergrund aufgetaucht, und
dieſes Verhalten nebſt anderen Belaſtungsmomenten ſtimmt mit dem
urſpünglichen, auch ſie hereinziehenden Geſtandnis Fr.s überein. Nunmehr
ſollen ſie nicht das Geringſte von Fr.s rechtswidrigen Machenſchaften
gewußt und als harmloſe Vermittler gehandelt haben, wofür ihnen aus
der hieſigen Beute 5000 Mark Proviſion zuteil geworden ſind. T
von
Fr. allein verübte Frankfurter Streich iſt dort ſchon alsbald mit
Verur=
teilung geahndet worden, und Fr. hat dieſe Strafe inzwiſchen verbüßt.
Hier fand im vorigen Sommer die erſte Verhandlung vor der
Straf=
kammer ſtatt und wurde zwecks weiterer Ermittelungen ausgeſetzt, wobei
G. und K. auf freien Fuß kamen, Fr. mit dem geänderten Geſtändnis
in Unterſuchungshaft blieb. Die jetzige Verhandlung endigte damit, daß
alle drei ſchuldig befunden und G. zu 10 Monaten, K. zu 1 Jahr und
Fr. zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt wurden.
— Aufklärung zahlreicher Diebſtähle in Darmſtadt und Mannheim.
Durch die Kriminalpolizei in Darmſtadt wurden zahlreiche Diebſtähle
in Darmſtadt und Mannheim aufgeklärt. Es ſcheint ſich um eine
wohl=
organiſierte Bande zu handeln, die die in Mannheim gemachte Beute
in Darmſtadt und umgekehrt wieder verkaufte. Die Unterſuchung iſt
noch nicht endgültig abgeſchloſſen und wird fortgeſetzt.
Lokale Veranſtaltungen.
Die hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu
betrachten, iu keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
— Aeußere Miſſion. Im Auftrage des Jugendbundes für
Entſchiedenes Chriſtentum wird am kommenden Dienstag, den 27. März,
abends 8 Uhr, im Saale der Evang. Stadtmiſſion (Mühlſtr. 24)
Miſſio=
nar Rottmann in einem Lichtbildervortrag von der Miſſionsarbeit in
China berichten. Alle Miſſionsfreunde ſind herzlich eingeladen. ..
Sitoiberoibnelenderfalnstans
br. Darmſtadt, 22. März.
Der Oberbürgermeiſter eröffnet um 5 Uhr die Sitzung. Die Sozial=
Erhöhung der Gebühren des Leihamts.
Der ungünſtige Abſchluß des Voranſchlags des Leihamtes für 1923
und der Umſtand, daß die Leihämter benachbarter Städte höhere Zinſen
und Gebühren wie Darmſtadt erheben, veranlaßt die Verwaltung in
Uebereinſtimmung mit der Leihamtsdeputation zu beantragen:
1. die Erhöhung der Zinſen für gewährte Darlehen von 15 Proz.
auf 30 Prozent;
2. die Erhöhung der Verſteigerungsgebühr von bisher 5 Prozent
des Darlehens auf 20 Prozent des vom Steigerer zu bezahlenden
Erlöſes;
Z. die Erhöhung der Hinterlegungsgebühr von 5 Prozent auf
20 Prozent des Steigmehrerlöſes;
4, die Erhöhung der Verpackungsgebühr von 1 Mk. bzw. 2 Mk.
auf die jeweiligen Selbſtkoſten des Materials;
5. die Wiederannahme von Fahrrädern als Pfänder und damit die
Einführung einer Lagergebühr von 5 Prozent des Darlehens;
6. die Einführung einer beſonderen Verſäumnisgebühr — anſtelle
der bisherigen Erneuerungsgebühr — in Höhe von 5 Prozent
des Darlehens für alle nach Ablauf der Verfallzeit ausgelöſten
Pfänder;
7. die Einführung beſonderer Gebühren:
für die Ausſtellung eines neuen Pfandſcheines 20 Mk.
b) für die Auffuchung einer Pfandnummer . . . . 30 Mk.
c) für die vorläufige Sperrung eines Pfandes . . . 10 Mk.
Es wird Zuſtimmung hierzu beantragt.
Zu Punkt 1 beantragen die Sozialdemokraten Erhöhung der Zinſen
auf 25 Prozent. Beig. Delp erſucht um Zuſtimmung auf 30 Prozent,
da ſonſt der „Leihamtskaſſe ein Betrag von 1½ Millionen Mark
ver=
loren gehe.
Stadtv. Binſtadt (Komm.) wendet ſich gegen die geſamte
Ge=
bührenerhöhung des Leihamts.
Oberbürgermeiſter und Beig. Delp ſtellen feſt, daß immer noch
ein Fehlbetrag von 10 Millionen Mark beſtehen bleibe. Der Antrag der
Verwaltung wird angenommen.
Kreditnachbewilligung für die Durchführung der Sozialrentnerfürſorge.
Für das laufende Rechnungsjahr wurden durch das Wohlfahrtsamt
an Unterſtützungen an die Rentenempfänger der Invaliden= und
Ange=
ſtellten=Verſicherung bis Ende Januar 1923 ausgezahlt 6 051 545 Mk.,
wovon das Reich beſtimmungsgemäß 80 Prozent mit 4 841 238 Mk.
über=
nimmt. Der ſtädt. Anteil hieraus beläuft ſich ſonach auf 1 210 309 Mk.
und wird ſich unter Zugrundelegung der ab 1. Februar 1923 erhöhten
Sätze noch um weitere 4 600 000 Mk. auf insgeſamt 5810 309 Mk. er
höhen. Nach dem Voranſchlag und zuzüglich der durch
Stadtverordneten=
beſchluß vom 6. Juli 1922 erfolgten Nachbewilligung ſtehen insgeſamt
an Krediten zur Verfügung aber nur 720 000 Mk., ſodaß eine weitere
Nachbewilligung von rund 5 100 000 Mk. notwendig wird. Außerdem
iſt zur Durchführung außerordentlicher Notſtandsmaßnahmen infolge
nachträglicher Erhöhung des Staatsanteils ein weiterer Kredit von
31 836 Mk. zu dem bereits durch Stadtverordnetenbeſchluß vom 12.
Ok=
tober 1922 bewilligten Kredit erforderlich. Die Bewilligung der
vor=
genannten Nachtragskredite im Geſamtbetrage von 5 131 836 Mk. wird
beantragt und genehmigt.
Erhöhung bes Wochenmarkttarifs.
Die Gebühren des Wochenmarkttarifs, die letztmalig im Vorjahr
erhöht worden ſind, müſſen der ſeit jener Zeit weiter fortgeſchrittenen
Geldentwertung angepaßt werden. Im Einvernehmen mit der
Markt=
deputation wird beantragt, die Standgelder für die ſtändigen
Markt=
ſtandplätze auf das 500fache und die Gebührenſätze für die gegen
Tages=
ſcheine benutzten Plätze auf das 1000fache der Gebühren von 1914 zu
er=
höhen und gleichzeitig der Verwaltung Vollmacht zu erteilen, dieſe
Be=
bühren bei weiter eintretender Teuerung in gleitender Skala jeweils zu
Beginn eines Vierteljahres ſtändig zu erhöben. Die neuen
Gebühren=
ſätze ergeben ſich aus dem folgenden Entwurf:
A. Marktſtandgelder für ſtändige Plätze:
für
für
Innenplätze Eckplätze
1. Gemüſe: für den Quadratmeter
5000 Mk. 6000 Mk.
2. Obſt, Blumen, Samen, Kaffee, Zucker=
und Backwaren für den Quadratmeter 6000 Mk. 7500 Mk.
3. Fleiſch, Fiſche, Wild und Geflügel für
den Quadratmeter . . . .
7500 Mk.
9000 Mk.
B. Marktgebühren für Tagesplätze:
1. Wild und Geflügel:
größeres Wild, für das Stück
150 Mk.
b) kleineres Wild, ſowie größeres
Ge=
flügel, für das Stück
100 Mk.
e) kleineres Geflügel, für das Stück
50 Mk.
2. Für Waren unmittelbar aus Behältern
(Körbe, Kiſten, Eimer, Säcke und dergl.): bis
über
für jeden einzelnen Behälter
25 Kg
für Butter, Eier oder Käſe . 100 Mk.
150 Mk.
30 Mr.
b) für Gemüſe ... . . . . ."
50 Mk.
50 Mk.
c)für Obſt, Fiſche . . . . . . ..
100 Mk.
d) für Kartoffeln oder Kraut
30 Mk.
50 Mk.
3. Für Waren auf Tiſchen oder auf dem
Boden ausgebreitet, ſowie für ſonſtige
Er=
zeugniſſe (Beſen= Korb=, Fleiſchwaren,
Zucker= und Weckſtände), ferner für Plätze
zum Anſammeln und Verpacken
angekauf=
ter Marktwaren für den Quadratmeter
50 Mt.
C. Für Benutzung der ſtädt. Marktwage:
1. Für jede Verwiegung bis 25 Kg. . .
20 Mk.
2. desgleichen von mehr als 25 Kg. . .
30 Mk.
desgleichen von mehr als 50 Kg.
50 Mk.
Beig. Delp beantragt, daß für die Aufſtellung von Dezimalwagen
ſeitens der Verkäufer eine Tagesgebühr von 200 Mark und eine
Monats=
gebuhr von 2400 Mark entrichtet wird.
Die Kommuniſten lehnen den Antrag ab.
Der Erhöhung des Wochenmarkttarifs wird zugeſtimmt, mit dem
Zuſatzantrag der Verwaltung, der die Verwaltung ermächtigt von
Vierteljahr zu Vierteljahr den Markttarif in Form einer gleitenden
Skala der Geldentwertung anzupaſſen.
Gewährung eines Zuſchuſſes an den Blindenbeſchäftigungsverein.
Auf eine an das Miniſterium des Innern gerichtete Eingabe des
Blindenbeſchäftigungsvereins für Darmſtadt und Umgebung hat ſich das
Miniſterium bereit erklärt, dem Verein aus verfügbaren Reichsmitteln
eine einmalige Unterſtützung von 35 000 Mk. zuzuweiſen unter der
Be=
dingung, daß die Stadt Darmſtadt ein Viertel dieſes Zuſchuſſes mit
8 750 Mk. übernimmt. Es wird Bewilligung eines Kredits m dieſer
Höhe beantragt. Der Kredit wird gewährt.
Erhöhung des Mitgliedbeitrags zum Heilſtättenverein für Heſſen.
Im Hinblick auf ſeine finanzielle Notlage und die fortſchreitende
Geldentwertung erſucht der Heilſtättenverein für Heſſen um eine
zeit=
gemäße Erhöhung der Mitgliederbeiträge. Der ſtädt. Beitrag betrug
bisher 2000 Mk. jährlich. Die Verwaltung beabſichtigt, dieſen Beitrag
auf jährlich 10 000 Mk. zu erhöhen. Es wird Zuſtimmung hierzu
be=
antragt. Die Zuſtimmung wird genehmigt.
Aenderung der Satzung des Leihamts bezüglich der Kraftloserklärung
von Pfandſcheinen.
Die Koſten der Ausſchreibung abhanden gekommener Pfandſcheine
gemäß § 30 der Satzung des Leihamts haben in der letzten Zeit eine
der=
artige Höhe erreicht, daß die Pfandſcheininhaber ein begreifliches
In=
tereſſe daran haben, die Bekanntmachungen über die Kraftloserklärung
von Pfandſcheinen durch den koſtenloſen Aushang in dem Warteraum
des Leihamts und an den von der Stadtverwaltung außerdem
bezeich=
neten Stellen veröffentlicht zu ſehen. Das bedingt eine
Satzungsande=
rung, die mit Zuſtimung der Leihamtsdeputation beantragt wird. Der
Satzungsänderung wird zugeſtimmt.
Verkauf von Gegenſtänden des Wochenmarktverkehrs an Wiederverkäufer.
Die Preisprüfungsſtelle hat angeregt, die derzeitige Beſtimmung
der
Wochenmarktordnung, wonach Gegenſtände des Wochenmarktverkehrs
an Wiederverkäufer vor 8½ bzw. 9½ Uhr vormittags weder abgegeben
noch verkauft werden dürfen, verſuchsweiſe aufzuheben. Das würde
be=
deuten, daß der Verkauf von Markterzeugniſſen an Wiederverkäufer
un=
beſchränkt — an jedermann und zu jeder Tageszeit — geſtattet wäre,
und zwar in derſelben Weiſe, wie dies dor dem Kriege nach den
dama=
ligen Beſtimmungen der Wochenmarktordnung möglich war. Nachdem
ſich die Marktdeputation mit überwiegender Mehrheit für die Aufhebung
der Beſtimmung ausgeſprochen und auch das Polizeiamt erklärt hat, daß
der Marktvolizei die praktiſche Durchführung der Beſtimmung
unmög=
lich ſei, beantragt die Verwaltung die verſuchsweiſe Aufhebung der
Be=
ſtimmung unter dem Vorbehalt der ſofortigen Wiederinkraftſetzung, falls
ſich Mißſtände und unberechtigte Preisſteigerungen bemerkbar machen
ſollken. Gegen die Aufhebung der Beſtimmung dieſer Wochenmarktordnung
wenden ſich die Sozialdemokraten.
Der Antrag der Verwaltung wird angenommen.
Ausſchlag der Grund= und Gewerbeſteuer für das Rechnungsjahr 1923.
In dem Voranſchlags=Entwurf für 1923, der mit einem größeren
Fehlbetrag abſchließt, iſt eine Erhöhung der Ausſchlagsſätze auf die
Ver=
mögenswerte vom Grundbeſitz und Gewerbebetrieb vorgeſehen.
Außer=
dem iſt beabſichtigt, von der Erhebung beſpnderer Gebühren zur Deckung
der für 1923 zu 680 000 000 Mk. veranſchlagten Koſten für die
Straßen=
reinigung, die Müllabfuhr und die Kanalunterhaltung abzuſehen,
dagegen die zur Deckung dieſer Koſten erforderlichen Mittel durch einen
Zuſchlag zu dem Ausſchlagsſatz für die Grundſteuer — mit Ausnahme
des landwirtſchaftlich genutzten Grundbeſitzes — aufzubringen. Dieſer
Zuſchlag wird ſich auf 167 Mk. für je 100 Mk. Steuerwert ſtellen. Weiter
iſt in Ausſicht genommen, die Steuer nicht auf den
Grundſtückseigen=
tümer, ſondern auf die Nutznießer umzulegen. Es wird daher
bean=
tragt, für 1923 auf je 100 Mk. Vermögenswert einen Ausſchlagsſatz von
24 Mk. für landwirtſchaftlich genutzte Grundſtücke,
18 + 167 — 185 Mk. für bebaute Grundſtüicke und
Wnhaich
12 Mk. für gewerbliche Betriebe
zu erheben.
Stadtv. Sames (Dem.) bezeichnet den ſtädtiſchen Antrag als eing
Erdroſſelung des Gewerbes, und beantragt getrennte Abſtimmung.
Stadtv. Götz (Dntl.) hat Bedenken gegen die Vorlage. Seine
Frak=
tion iſt jedoch bereit, ihr zuzuſtimmen.
Stadtv. Aßmuth (Soz.) gibt die Zuſtimmung der
Sozialdewo=
kratie zur Steuer bekannt und befaßt ſich in längerer Rede mit der
Frage des Preis= und Lohnabbaues.
Der Oberbürgermeiſter erklärt, daß die Stadtverwaltung unter dem
gegenwärtigen Druck der geſamten Verhältniſſe auf dieſe Steuervorlage
als Notbehelf zurückgreifen mußte, da von ſeiten des Reiches den
Ge=
meindeverwaltungen ein Steueranteil an der Einkommenſteuer noch nicht
gewührt werden kann.
Von ſeiten der Verwaltung wird weiter erklärt, daß die alte
Ver=
anlagung hier Platz greift, die auf Grund des gewerblichen
Einkom=
mens für 1921 berechnet iſt.
Der Antrag wird angenommen. Gegen den Ausſchlagsfatz von 12
Mark für gewerbliche Betrieb ſtimmten Dr. Oſann (D. Ppt.), die
Demo=
kraten und die Kommuniſten.
Erhöhung der Vergnügungsſtener.
Die Verwaltung beantragt, die Steuerſätze der 88 15—18 der ſtädt.
Vergnügungsſteuerordnung zeitentſprechend zu erhöhen. Außerdem iſt
beabſichtigt, den § 8 der Satzung, der bisher für die verſchiedenen Arten
von ſteuerpflichtigen Veranſtaltungen feſte Prozentſätze von 25—50
Pro=
zenk vorſah, in einer Weiſe umzubauen, die eine gerechtere und ſozialere
Wirkung der Beſteuerung gewährleiſtet. Dies ſoll durch eine Staffelung
der Steuerſätze erreicht werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den
angeſchloſſenen Entwurf eines Nachtrags zu der ſtädt.
Vergnügungs=
ſteuerordnung hingewieſen. Dem wird zugeſtimmt.
Erhöhung der Wiegebühren im Schlacht= und Viehhof.
Mit Rückſicht auf die erhöhten Aufwendungen der Verwaltung
wurden die Wieggebühren von 20 Mk. auf 100 Mk. für jede Verwiegung
erhöht. Mit Zuſtimmung der Schlacht= und Viehhofdeputation wird
Genehmigung hierzu beantragt. Der Antrag wird genehmigt.
Erhöhung des Beitrags zum Verkehrsverein.
Mit Rückſicht auf die bedeutend geſtiegenen Unkoſten infolge der
Geldentwertung wird beantragt, den ſtädt. Beitrag zum Verkehrsverein
von 10 000 Mk. auf 100 000 Mk. jährlich zu erhöhen. Der Erhöhung
wird zugeſtimmt.
Erlaß einer Polizeiverordnung, die Regelung des Fuhrwerksverkehrs
in der Forſtmeiſterſtraße betreffend.
Infolge der geringen Breite der Forſtmeiſterſtraße iſt es nichk
mög=
lich, daß an allen Stellen Fuhrwerke einander ausweichen können.” Mit
Rückſicht auf die hieraus eutſtandenen Unzuträglichkeiten beabſichtigt das
Polizeiamt, den Fuhrwerksverkehr durch eine Polizeiverordnung zu
regeln dahingehend, daß die Forſtmeiſterſtraße zwiſcheu Sandberg= und
Beſſunger Straße für den durchgehenden Verkehr von Fuhrwerken in
der Richtung von der Beſſunger Straße nach der Sandbergſtraße ge
ſperrt wird. Im Einverſtändnis mit dem Verkehrsausſchuß wird Zu
ſtimmung zum Erlaß der Polizeiverordnung beantragt. Die Zuſtimmung
wird erteilt.
Unterhaltung des ſtädtiſchen Gebäudes Neckarſtraße 26.
Im ſtädtiſchen Hauſe Neckarſtraße 26 ſind ver
R
tellur
gene Her
K.
foch
erſorderkich, die einen Koſtenauſwoanb von ct sa 1. Im Einvernehmen mit der Baudeputation wird beantragt, die
Herſtellungen gutzuheißen und den fehlenden Kredit zu Laſten vor
Ergänzungsmiteln zur Verfügung zu ſtellen. Dem wird zugeſtimmt.
Beſchaffung von Oel für die Fußböden in den Schulen.
Es wird beantragt, für das einmalige Oelen der Fußböden in der
Schukhäuſern den Betrag von 25 Millionen Mark zur Verfügung zu
ſtellen. Dem wird zugeſtimmt.
Einrichtung von zwei Klaſſenſälen in der Liebigs=Oberrealſchule.
Die Lehyſäle der Liebigs=Oberrealſchule reichen nicht mehr aus
Es miſſen zwei weiteve Klaſſenzimmer eingerichtet werden. Im Ei
verſtärdnis mit der Baudeputation wird Zuſtimmung zu dieſer Ein
richtung und Bereitſtellung des erfordeulichen Kredits aus Vermögens
mitteln beantvagt.
Stadtv. Leuſchner (Soz.) wendet ſich gegen den Antrag.
Der Kredit aus Vermögensmitteln wird genehmigt.
Kreditnachbewilligung für die Herſtellung eines Zugangs zu der
Städtiſchen Leſehalle.
Die Schaffung eines Zugangs zu der ſtädt. Leſehalle von der Eliſt
bethenſtpche aus verurſachte 51 111 Mk. Koſten. Da nur 3 500 Mk. vor
geſehen waren, ſind 47 611 Mk. machzubewilligen, was beantragt wivl
Die erhöhten Koſten ſind durch die Erhöhung der Löhne und
Mat=
rialpreiſe entſtanden. Der Antrag wird angenommen.
Aenderung der Abortanlage im Schulgebände Karlſtraße 8.
Die Abortanlage im Schulgebäude Karlſtraße 8 iſt ungeeignet un
nuß umgebaut werden. Im Einvernehmen mit der Baudeputatio
wird beantragt, dem Umbau zuzuſtimmen und den erforderlichen Kret
aus Ergänzungsmitteln zur Verfügung zu ſtellen. Dem wird zugeſtimm=
Erweiterung der Unterhaltungskredite des Tiefbquamts für das
Rechnungsjahr 1922.
Die andquernde Steigerung der Materialpreiſe, ſowie der Fuch
und Arbeitslöhne hat zu einer weſenklichen Ueberſchreitung der Unte
haltungskredite des Tiefbaugmts geführt, ſodaß die Nachbewilligun
weiterer Mittel im Betvage von zuſammen 155 213 000 Mk. notwendi
iſt. Im Einvernehmen mit der Baudeputabion wird beantragt, den
forderlichen Kredit zur Verfügung zu ſtellen. Der Kredit wird genehmig
Inſtandſetzung des Hauſes Steinſtraße 6.
Im Hintergebäude des Amveſens Steinſtraße 6 ſind verſchieder
Herſtellungen erforderlich, die einen Koſtenaufwand von rund 640
Mark verurſachen werden. Im Einvernehmen mit der
Baudeputati=
wird beantragt, die Herſtellungen zu genehmigen und den erforderliche
Kredit aus Vermögensmitteln zur Verfügung zu ſtellen. Der Kred
wird zur Verfügung geſtellt.
Anbringung von Sicherungen zur Verhütnng von Diebſtählen im
Kinderheim Waldeck.
Zur Verhütung von Diebſtählen im Kinderheim Waldeck wurde
Sicherungen an den Fenſtern und Türen des Kellergeſchoſſes angebrach
wodurch Koſten im Betrage von 64 000 Mk. entſtanden ſind. Im Einde
nehmen mit der Baudeputation wird beantragt, die getroffenen
Ma=
nahmen gutzuheißen und den erforderlichen Kredit aus Ergänzung
mitteln zur Verfügung zu ſtellen. Der Antrag wird angenommen.
Herſtellung der Verwalterswohnung auf dem Friebhof an der
Nieder=Ramſtädter Straße.
Im Einvernehmen mit der Baudeputation wird beantragt, den f1
die Inſtandſetzung der freigewordenen Verwalterwohnung auf de
Friedhof an der Nieder=Ramſtädter Straße erforderlichen Kredit ve
800 000 Mk. aus Ergänzungsmitteln zur Verfügung zu ſtellen. D
Kredit wird gewährt.
Bereitſtellung von Miteln zur Herſtellung von Wohnungen zur
Linderung der Wohnungsnot.
Der zur Einrichtung von Dachgeſchoß= und anderen Wohnungen zu
Verfügung ſtehende Kredit iſt aufgebraucht. Es wird daher im Einve
nehmen mit der Baudeputation beantragt, einen weiteren Kredit vr
25 Millionen zu Laſten von Mitteln der Wohnungsbauabgabe zu b
willigen. Der Kredit wird genehmigt.
Bereitſtellung von Mitteln zur Ausführung von Notſtandsarbeiten.
Da die Arbeitsloſigkeit in letzter Zeit ſtark zunimmt, wird im Ei
vernehmen mit der Baudeputation die Bereitſtellung einer Reihe vr
Notſtandsarbeiten, ſowie die Bewilligung der erforderlichen Kredi
beantragt. Der Antrag wird angenommen.
Schaffung von Schweſternwohnungen im Krankenhaus.
Zur Schaffung von Schweſternwohnungen im Krankenhauſe iſt e
Kredit von 70 000 Mk. erforderlich. Im Einverſtändnis mit der
Ba=
deputation wird beantragt, dieſen Betrag aus Ergänzungsmitteln zu
Verfügung zu ſtellen. Dem wird zugeſtimmt.
Wiederherſtellung der Kloſettanlage im Hauſe Waldſtraße 19.
Mit Zuſtimmung der Baudeputation wird beantragt, den für
Wiederherſtellung der Rohrleitungen in dem Kloſett und an der Waſſe
Nummer 81.
m;
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wir
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in
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tr0 Zu
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in den
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„apfſtelle in der ſtädtiſchen Hofreite Waldſtraße 19 erforderlichen
Koſten=
betrag von 80 000 Mk. aus Ergänzungsmitteln zu gewähren. Die Mittel
werden genehmigt.
jeberſicht über die Einnahmen und Ausgaben der Aliee=Eleonorenſchule
für das Rechnungsjahr 1923.
Nach der vorgelegten Ueberſicht betragen die Einnahmen 312845
Mark 71 Pfg. und die Ausgaben 611 915 Mk. 30 Pfg. Die
Mehraus=
gabe beträgt hiernach 299 069 Mk. 59 Pfg. Gemäß Vereinbarung hat
die Stadt hiervon drei Fünftel mit 179 442 Mk. zu übernehmen,
wäh=
zend der Staat den Reſt zu tragen hat. Es wird Genehmigung der
zeberſicht und Feſtſetzung des Beitrags der
Stadt auf den Betrag von
179 442 Mk. beantragt. Die Genehmigung wird erteilt.
Voranſchlag der Alice=Eleonorenſchule für das Rechnungsjahr 1923.
Nach dem Voranſchlagsentwurf betragen die Einnahmen 2 259 000
Mark und die Ausgaben 7 535 887 Mk.; verglichen ergibt ein Fehlbetrag
von 5 276 887 Mk. Gemäß Vereinbarung hat die Stadt hiervon drei
Fünftel zu übernehmen. Es wird Genehmigung unter Feſtſetzung eines
Beitrags der Stadt auf den Betrag von 3 166 132 Mk. beantragt. Der
Antrag git als angenommen.
Bei Schluß der Berichterſtattung um 8 Uhr dauerte die Sitzung
noch an.
Hilfstätigkeit für Ausgewieſene.
Alle aus dem beſetzten Heſſen ausgewieſenen Mitglieder und
Freunde der Deutſchen Volkspartei finden Rat und
Unterſtützung auf der Landesgeſchäftsſtelle in Darmſtadt,
Wil=
helminenſtraße 5, Fernruf Nr. 1304 geöffnet von 8½ bis 1, 2½
bis 6 Uhr. Alle Mitglieder und Freunde der Partei, die bereits
als Ausgewieſene in Darmſtadt eingetroffen ſind oder in der
nächſten Zeit hier ankomen, werden gebeten, auf der
Geſchäfts=
ſtelle vorzuſprechen, ivo ihnen bereitwilligſt in jeder Weiſe mit
Rat und Tat zur Seite geſtanden wird, und wo ſie ausführliche
Auskunft über die amtliche Hilfstätigkeit erhalten. Außerdem
iſt, unbeſchadet der Lauernden Unterbringung durch die amtlichen
Organe, auf der Geſchäftsſtelle eine Vermittlungsſtelle für
möblierte Zimmer oder kleinere möblierte
Woh=
nungen eingerichtet, damit die Ausgewieſenen, ſoweit
an=
gängig, wenigſtens vorläufig bei Geſinnungsfreunden
unterge=
bracht werden können.
An die Mitglieder der Deutſchen Volkspartei in Darmſtadt
richtet der Vorſtand den dringenden Appell, möblierte Zimmer
oder Teile der Wohnung möbliert den ausgewieſenen Freunden
zur Verfügung zu ſtellen und dies ſofort der Geſchäftsſtelle
mit=
zuteilen. Es gilt, den Freunden aus dem beſetzten Gebiet zu
zeigen, daß die Darmſtadter Parteifreunde in Opferwilligkeit
und Hilfsbereitſchaft alles tun werden, um die ſchwere Lage der
Ausgewieſenen einigermaßen zu erleichtern.
Die Deutſche Volkspartei hat ferner an der Straßenbrücke
gn Hauptbahnhof, an welcher die Ausgewieſenen ankommen,
eine Hilfsſtelle eingerichtet, dergeſtalt, daß jeden Vormittag von
9 bis 11½ Uhr ein mit Ausweis verſehenes Mitglied der
Deut=
ſchen Volkspartei doxt anweſend iſt, umt den aus dem beſetzten
Gebiet vertriebenen Freunden gleich zur Seite zu ſtehen und die
nötigen Auskünfte erteilen zu können.
Der Vorſtand erwartet, daß ſich zu dieſem Hilfswerk
zahl=
reiche Mitglieder der Partei, Männer und Frauen, melden.
Denke, daran, daß die Vertreibung für Euh und das
Vater=
land von den Ausgewieſenen ertragen wird. Den Dank dafür
wollen ſeir vereint durch die Tat abſtatten.
Deutſche Volkspartei, Darmſtadt.
Aus den Parteien.
Zugendgruhhe der Deutſchen Volkspartei. Es
wird auch an dieſer Stelle aufmerkſam gemachr auf den Aufruf der Par.
tei zur Unterſtützung ausgewieſener Parteifreunde, und der Hoffnung
Ausdruck verliehen, daß ſich viele Mitglieder zur Verfügung ſtellen, um
auch für unſer Teil den bedrängten Volksgenoſſen unſere Hilfe
ange=
deihen zu läſſen. Alle Mitglieder der beiden Gruppen werden ferner
ingeladen, ſich an der am nächſten Sonntag nachmittag ſtattfindenden
Beſichtigung des Kranichſteiner Jagdſchloſſes mit ſeinen reichen und
ſehenswürdigen Sammlungen zu beteiligen. Wir treffen uns pünktlich
3 Uhr an der Odenwaldbrücke, Dieburger Straße, um nach der
Be=
fichtigung einen Spaziergang durch den Park zu machen. Freunde und
Bekannte ſind willkommen.
Ruhrhilfe.
— Spenden für die Hilfe für das Ruhrgebiek, eingezahlt
bei der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt: 159 962 Mk. von
Direktion und Angeſtellten der Deutſchen Bank, 143 050 Mk. von
Arbei=
terſchaft der Heag hier, 20000 Mk. von Hern Dr. Ludwig Lich hier,
20000 Mk. von Herrn Johannes Schäfer hier, 15000 Mk. von Herrn
Dr. Eugen Letſche hier, 10 000 Mark von Herrn Auguſt Bömmig hier,
10000 Mk. von Fa. C. W. Leske hier, 5000 Mk. von Herrn Ludwig
Palmy=Gundernhauſen 5000 Mk. von Frl. Luiſe Brockmeyer hier, 5000
Mark von Herrn C. Th. Sölling hier, 5000 Mk. von Herrn Wirkl. Geh.
Nat G. von Römheld hier, 3000 Mk. von Frau Poſtrat. Dingeldey,
Wwe., hier, 2000 Mk. von Frau Käthe Deinhard, Wwe., hier, 1000 Mk.
von Herrn Georg Schwab hier, 91 Mk. von Herrn Gg. Schmidt (
Gegen=
wert von 100 Mk. Kriegsanleihe), 42 Mk. von Herrn Guſtav Juſt hier.
Von den Ortsgruppen des Heſſiſchen Bauernbundes
wer=
den nachſtehende Spenden zur Ruhrhilfe gemeldet: Gumpen 306 850 Mk.,
Ober=Beerbach 1 Ztr. Getreide, 8 Ztr. Kartoffeln, 29 300 Mk.,
Rohr=
bach (Kr. Dieburg) 15,22 Ztr. Getreide, 40 700 Mk., Mühlheim a. M.
77 620 Mk., Wembach/Hahn 22 Ztr. Getreide, 25 500 Mk., Ungenannt
3 Ztr. Getreide, 20 Ztr. Kartoffeln, 34 6000 Mk., Ober=Nauſes 3000 Mk.,
Klein=Steinheim 29 000 Mk., Pfungſtadt 135 Ztr. Kartoffeln, 24 000 Mk.
Hahn 73 Ztr. Kartoffeln, Eberſtadt 30 Ztr. Kartoffeln, Ungenannt
/ Ztr. Getreide, 43 000 Mk., Erzbach 2 Ztr. Getreide, 28 600 Mk.,
Rohr=
bach (Kr. Erbach) 176 000 Mk., Klein=Umſtadt 50 000 Mk., Laudenau
Ztr. Getreide, 13 Ztr. Karkoffeln, 38500 Mk. — Geſamtwert obiger
Spenden 5 024 350 Mk., dazu die bereits gemeldete Spendenliſte in Höhe
von 92 126 949 Mk., insgeſamt 97 151 299 Mk.
Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 23. März 1923.
Seite 5.
Parlamentariſches.
* Der Finanzausſchuß des Landtages begann geſtern
die Beratung des Staatsvoranſchlages mit der Regierung. Es wurden
die Kap. 1 (Forſtverwaltung) und 2 (Siedlungsweſen)
erledigt. Es wurde zunächſt im Einverſtändnis mit der Regierung
be=
ſchloſſen, von der Beratung alle Beſoldungsfragen auszuſcheiden. D
Regierung ſtellte die Novelle zum Beſoldungsgeſetz in baldige Ausſicht.
Die Regierung gab einen Ueberblick über die Holzverteilung, darnach
werden von dem eingeſchlagenen Holz 8½% für Tarifholz, 22% für
bberheſſ. Losholz und 70% für die allgemeine Verſorgung zur
Ver=
fügung ſtehen. Der Ausſchuß ſetzte für das Tarifholz den Preis auf
40000 Mk. für den Rm. feſt. Als Pachtpreis für die Jagden brachte
die Regierung den Naturalpachtwertpreis in Vorſchlag, der am
Friedens=
roggenpreis bemeſſen wird. Die Einſtufungsfrage der Forſtſchreiber
wird gelegentlich der Beſoldungsnovelle erledigt. Für die Pferdehaltung
ſoll den Oberförſtern ein Erſatz gewährt werden, der die Koſten von
30 Zentnern Heu, 30 Zentnern Hafer und 25 Zentnern Streu deckt.
Von einer Seite wird die Verpachtung der Staatswieſen am Rhein
ge=
fordert, welche Frage die Regierung zu prüfen verſpricht. Ueber das
Siedlungsweſen teilt die Regierung mit daß von insgeſamt nahezu 400
röffneten Verfahren 131 bereits abgeſchloſſen ſind. Mehr als 20000
Morgen Landes konnten bereits in die Hände von Siedlern übergeführt
wverden. Davon im vergangenen Herbſt allein 3290 Morgen. Von
einer Seite werden die Verfahren in Crumſtadt und Hahn kritiſiert.
Fortſetzung Freitag.
Der 3. (Petitions=)Ausſchuß des Landtages tagte
eben=
falls geſtern vormittag. Zu dem Antrag Dr. Werner und Gen. betr.
Ueberteuerung des Haus= und Grundbeſitzes wird beſchloſſen, daß alle
Anträge auf Erwerb von Haus= und Grundbeſitz dem 3. Ausſchuß
vor=
zulegen ſind. Den Notaren wird Zurückhaltung ſeitens der Regierung
empfohlen. — Der Antrag Abg. Diehl=Hochweiſel betr. Vergütung der
Verwalter der Poſthilfſtellen wird der Regierung als Material
über=
wieſen. — Zu dem Antrag Abg. Neff betr. Verbeſſerung der
Bahnver=
bindung auf der Nebenbahnlinie Hetzbach-Beerfelden wird beſchloſſen,
bei Beſſerung der Verhältniſſe möge die Regierung die Angelegenheit
näher prüfen, aber ſchon jetzt ſoll der Mittagszug 3.46 Uhr auf abends
7.20 Uhr verlegt werden. — Der Antrag Abg. Hofmann=Seligenſtadt
oll weit
trag Abg. Ebner=Roth, beim Reichsverkehrsminiſterium dahin zu
wir=
ken, daß nur die tatſächlich gefahrene Kilometerzahl bei der Enenbahn
berechnet wird. — Der Antrag Dr. Werner und Gen. betr.
Schulgeſund=
heitsverhältniſſe wird der Regierung als Material überwieſen. — Bei
der Reichsregierunrg ſoll dahin gewirkt werden, daß dem Antrag Ebner=
Roth betr. Ergreifung von Maßnahmen zum Schutze der Arbeiterklaſſe
gegen Verelendung und Auswucherung ſtattgegeben wird. — Dem An=
trag Dr. Werner und Gen. betr. Sicherung der Eiſenbahn=
Kartoffel=
transporte gegen Froſt ſoll entſprochen und entſprechende Schritte
ein=
geleitet werden. — Zu dem Antrag Hoffmann=Alzeh betr.
Bachregulie=
rung wird beſhloſſen, das Kulturbauamt Mainz zu erſuchen, einen
Entwurf auszuarbeiten, ſeitens des Staates wird ein Zuſchuß
empfoh=
len. Für erledigt erklärt wird die Vorſtellung der nebenamtlich an der
gewerbl. Fortbildungsſchule Offenbach tätigen techn. Lehrer betr, ihrer
Gehaltsverhältniſſe. Fortſetzung heute Freitag.
+ Arheilgen, 22. März. Mit der am 15. ds. Mts. beginnenden
Ableſung iſt für unſere Gemeinde der Gaspreis auf 1050 Mk., der
Preis für Waſſer auf 470 Mk. das Kubikmeter feſtgeſetzt. — Da ſich der
hieſige Volksbildungsverein augenblicklich in einer pekunjären
Notlage befindet, hat ſich der hier ſchon öfter auftretende Darmſtädter
Theaterverein 22 bereit erklärt, an einem der nächſten Sonntage im
Gaſt=
hauſe „Zum Schwanen” einen Theaterabend, zu veranſtalten, deſſen
Er=
gebnis zum Teile dem oben erwähnten Verein zugewieſen werden ſoll.
Bei der am 24. und 25. ds. Mts. in der hieſigen Schulturnhalle durch
den 1. Bezirk des 9. Kreiſes des Arbeiter=Turn= und Sportbundes
ver=
anſtalteten Vorturnerprüfung wird in Frei=, Handgeräte= und
Ordnungsübungen, ferner in Geräteturnen und Turnſprache geprüft
werden. Außerdem wird ein Mediziner über „Einwirkung der
Leibes=
übungen auf den menſchlichen Körper” referieren. Da eine größere
Anzahl auswärtiger Gäſte erwartet wird, wurden beſonders von
hie=
ſigen Vereinsmitgliedern in bereitwilligſter Weiſe die nötigen
Freiquar=
tiere zur Verfügung geſtellt. Bei dem Sonntag ſtattfindenden „Kinder=
Schauturnen” werden beſonders die Uebungen mit Muſikbegleitung und
die Spiel=, Tanz= und Geſangsvorführungen den Anklang aller
An=
hänger des Jugendturnens finden.
ds. Heppenheim a. b. B., 21. März. Einbruchsdiebſtahl.
In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch drangen drei Einbrecher in
die Strickwarenfabrik Stöldt an der Bahn ein und raubten, nachdem ſie
die Türen aufgeſprengt hatten, einen großen Teil der Vorräte an ſe
denen Jacken, Jumpers u. dergl. Als die Einbrecher mit dem erſte
Zug morgens nach Darmſtadt zurückfahren wollten, fielen einem
Bahn=
beamten die umfangreichen Pakete der fremden Kerle auf, der dann
ſo=
fort die einzelnen Stationen und beſonders die Kriminalpolizei des
Bahnhofs in Darmſtadt in Kenntnis ſetzte, die dann die Diebe beim
Ausſteigen in Empfang nahm und hinter Schloß und Riegel ſetzte. Die
gemachte Beute konnte ihnen wieder abgenommen werden.
* Gernsheim, 22. März. Zwei franzöſiſche Kanonenboote
kamen geſtern vormitag aus der Richtung Mainz hier an und warfen
vor der Hafenmündung Anker. Die Vermutung, daß eine Beſetzung
erfolgen ſollte, traf indes nicht zu, denn die Boote fuhren, nachdem ein
Schleppzug mit franzöſiſcher Beſatzung den Ort paſſiert hatte,
wie=
der ab. Scheinbar haben die Franzoſen Angſt, daß ihnen die Schiffe
gekapert werden.
A* Offenbach, 22. März. Unſere Stadtverwaltung folgt nun auch
dem Zuge der Zeit und macht den Verſuch, Anleihen in
Gold=
mark mit Papiermark zurückzuzahlen. Sie läßt durch
den Oberbürgermeiſter bekannt machen, daß die Offenbacher
Stadt=
anleihen von 1879 bis 1892, ſoweitr Stücke davon noch im Umlauf ſind,
auf Grund der Anleihebedingungen und mit Zuſtimmung der
Stadt=
verordnetenverſammlung zur Rückzahlung gekündigt ſind. Wie man
hört, handelt es ſich um einen Betrag von 1 600 000 Mark, die heute
mit 6800 Milliardeg zu bewerten ſind. Die Kündigung muß in
ge=
heimer Sitzung beſchloſſen worden ſein. Die Rückzahlung dieſer
An=
leihen berührt um ſo eigentümlicher, wenn man bedenkt, daß die Stadt
erſt kürzlich eine neue Anleihe aufnahm und, wie man vernimmt, auch
in der nächſten Zeit wieder an den Anleihemarkt herantreten wird. Die
Erregung der Inhaber der Anleiheſtüicke über dieſe Herausforderung
der Stadtverwaltung iſt nicht gering und dürfte noch wachſen.
Ihr=
einſtiges Vermögen in Goldmark geht nach Geſetz und Recht in das
Eigentum der Stadt über.
Mainz, 21. März. Am Paſſionsſamstag hat Biſchof Dr. Hugo in
der Seminarkirche zu Prieſtern geweiht: Anton Darmſtadt aus
Nieder=Olm, Philipp Lambert aus Fehlheim, Joſef Muth aus Worms,
Andreas Niklaus aus Mainz=Koſtheim, Georg Zimmermann aus Mainz
ſowie die Fratres Ambroſius und Ingenuin aus dem hieſigen
Kapu=
zinerkloſter. Die Diakonatsweihe erhielten Friedrich Chriſtgen aus
f Hainz aus Dietesheim (Kreis Offenbach), Johanne
L aus Mainz, Edmund Kuhn aus Klein=Welzheim, Jakob Pfei=
Ho
fer aus Gonſenheim, Theobald Schachner aus Mainz, Joſef Schneider
aus Mainz, Joſef Schwarz aus Nieder=Olm, Jakob Weißbäcker aus
Die=
burg und Ernſt Wilhelm aus Mainz; die Subdiakonatsweihe die
Her=
den: Johannes Arnotd aus Gau=Bickelheim, Andreas Malſy aus
Se=
ligenſtadt a. M., Eduard Müller aus Bensheim a. d. B., Heinrich
Schneider aus Bingen ſowie Frater Marcellinus aus dem Mainzer
Kapuzinerkloſter; die Tonſur erhielt Werner Geiger aus Bensheim
a. d. B.
Maiuz, 21. März. Der Gefamthafenverkehr der Stadt
Mainz im Jahre 1922 betrug 1 109 833 Tonnen, gegenüber 754 361
Ton=
nen im Jahre 1921. Es hat alſo eine Zunahme von 355 472 Tonnen
ſtattgefunden.
Reich und Ausland.
Mindeſtens 166 000 geſchäftliche Beſucher auf der Leipziger
Frühjahrsmeſſe.
Nachdem nunmehr auch die polizeilichen Anſchreibungen über die
Fremdenanmeldungen zur letzten Frühjahrsmeſſe vorliegen, kann
mit=
geteilt werden, daß die Geſamtzahl der geſchäftlichen Meſſebeſucher
min=
deſtens 166 00 beträgt und damit die Rekordziffer der Frühjahrsmeſſe des
vorigen Jahres übertroffen hat. Die Ehrenausweiskarten, ferner die
Dienſt=, Arbeiter=, Lehrer=, Studenten= und Schiilerkarten uſw. ſind dabei
nicht mitgezählt. Trotz der geſpannten politiſchen und wirtſchaftlichen
Verhältniſſe, der erſchwerten Einreiſeerlaubnis, des niedrigen
Dollar=
ſtandes u. a. m. befanden ſich unter der Geſamtbeſucherzahl rund 23 500
Ausländer.
Ein Bombenattentgt auf eine deutſche Zeitung im Ausland.
DAI. Am 18. März finden in Jugoſlavien die Wahlen zum
jugo=
ſlowiſchen Parlament ſtatt. Die Deutſchen gehen dabei zum erſten Male
als geſchloſſene Partei vor und haben in 7 Wahlbezirken Kandidaten
aufgeſtellt. Anſcheinend mit der Erhitzung der Parteileidenſchaften aus
Anlaß dieſer bevorſtehenden Wahlen hängt ein Bombemattentat
zuſam=
men, das auf das tapfere Vorkämpferblaut der Deutſchen in Jugoſlavien,
das Deutſche Volksblatt in Noviſad=Neuſatz am Samstag, den
10. März, ausgeübt worden iſt. zuſammen. Zwiſchen 10 und 11 Uhr
wachts wurden Bomben in den Maſchinennaum gelegt oder geworfen,
die ziemlich primitiv und kleinen Kalibers waren und anſcheinend außer
der Verſchüttung der Maſchinen mit Schutt, Glasſplittern und Schmutz
nur unbedeunenden Schade anrichteten. Das Attentat erregt in den
Kreiſen der Mänderheiten gerade angeſichts der bevorſtehenden Wahlen
beträchtliches Aufſehen und allgemeine Aufvegung.
Spiel, Sport und Turnen.
— Durngemeinde Beſſungen 1865 E. V.,
Darm=
ſtadt. Wanderabteilung. Das neue Wanderjahr nimmt am
Sonntag, den 25. d. M., ſeinen Anfang. Als erſte Wanderung iſt ein
Gang in den vorderen Odenwald vorgeſehen. Der Weg führt über
Eberſtadt—Ober=Beerbach-Nieder=Modau-Darmſtadt. Marſchzeit 6½
Stunden. Anſtrengend iſt dieſe Wanderung nicht, deshalb bittet der
Wander=Ausſchuß alle wanderluſtigen Turnerinnen und Turner — auch
die älteren Turnerinnen und Turner ſind willkommen —, ſich recht
zahl=
reich zu beteiligen, um das neu erwachende Leben der Natur zu
beobachten.
gr. 25 Jahre Süddeutſcher Fußball. In dieſem Jahre
kann der Süddeutſche Fußball=Verband auf ein 25jähriges Beſtehen
zurlickblicken. Wegen des Ernſtes der Zeit ſind beſondere Feſtlichkeiten
aus dieſem Grunde jedoch nicht geplant. In einfacher Weiſe ſoll durch
ein Repräſentativſpiel allen Feierlichkeiten aus dem Wege gegangen
werden. Das Spiel findet anläßlich des Verbandstages am 21. und 22.
Juli in Karlsruhe ſtatt. Die Gegner ſind noch nicht beſtimmt.
— Ein Kommentar zu den internationalen
Fuß=
ballregeln! erſchien ſoeben im bekannten Sportverlag Dieck u.
Co., Stuttgart, und betitelt ſich „Der Schiedsrichter‟. Eine
Erläuterung der Fußball=Spielregeln für Schiedsrichter, Fußballſpieler
und Zuſchauer von den Schiedsrichtern S. Roſenberger (
Süddeutſch=
land) und A. Hofſchneider (Norddeutſchland). Mit einer methodiſchen
Darſtellung der Abſeitsregel, vorgeführt an 26 Beiſpielen. Dieſes
Schiedsrichterbuch iſt ein einzigartiger Kommentar aller Fußballregeln
und daher für Schiedsrichter, Fußballer und Zuſchauer ein
unentbehr=
liches Vademekum. Der ſchmucke, mit einem dreifarbigen
Künſtler=
umſchlag nach Prof. Hohlwein verſehene Band wird zum Tagespreis
verkauft.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende gegen 10 Uhr
(Sondermiete 5” und 122): „Fauſt”. — Kleines Haus, Anfang 7 Uhr,
Ende gegen 9½ Uhr (Zuſatzmiete I 8): „Die Entführung aus dem
Serail”, — Orpheum, 7¾ Uhr abends: „Perle der Frauen”. —
Deutſcher u. Oeſterr. Alpenverein: Abends 8 Uhr bei
Sitte. — Union=, Reſidenz=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinv=
Vor=
ſtellungen.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redakiion
21 Abſ. 2 des
Preſſe=
keinerle: Verantwortung; für ſie bleibt auf Grund der
vortlich.)
geſetzes in vollem Umfange der Einſender ve
Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht zurückgeſandt, die Ablehnung
nicht begründet werden.
Preisabbau bei den Bäckern?
Warum ſchlagen die Bäckereien mit dem markenfreien Brot in
Darmſtadt nicht ab? In Frankfurt a. M. ſind die Bäckereien ſchon vor
14 Tagen freiwillig um zweihundert Mark den Laib Brot abgeſchlagen;
nur in Darmſtadt ſind die Herren Bäckermeiſter nur für einen Aufſchlag
zu haben. Mit der Begründung, ſie hätten noch teueres Mehl, iſt der
Oeffentlichkeit nicht gedient, ſie hatten auch noch billiges Mehl, als der
Preis aufſchlug. Der Sack Mehl koſtet über 100 000 Mark weniger
als vor 6 Wochen; ſchon ſeit 14 Tagen iſt der billige Preis. Es ware
Sache der Preisprüfungsſtelle, hier einzugreifen, da das markenfreie
Brot doch nur von der notleidenden Bevölkerung, wo die Kartoffeln
E.P.
meiſtens kngpp ſind, gekauft wird.
Zur Beſoldungsreform.
Es ſoll die Aufmerkſamkeit auf einen wunden Punkt des Geſetzes
der Beſoldung der Staatsbeamten gelenkt werden in der Hoffnung, daß
dadurch eine große Ungerechtigkeit beſeitigt wird.
Bei den Beſoldungsverhandlungen im Reichsfinanzminiſterium wird
der Beamte in Gruppe III, Stufe 3 mit einem ungelernten Arbeiter
gleichgeſtellt. Unter einem ungelernten Arbeiter verſteht man eine
Per=
ſon, die ſchematiſche Arbeiten verrichtet, bei dem keine beſondere
Kennt=
niſſe noch Vorbildung nötig ſind. In Heſſen ſind die Amtsgehilfen an
den höheren ſtaatlichen Schulen faſt alle aus
Militäranwärterverhält=
niſſen hervorgegangen. Sie waren alſo lange Jahre Soldat und mußten
ich eine gewiſſe Vorbildung aneignen, um Beamte zu werden. Die
gewiſſenhafte Ausführung unſeres Dienſtes laut Dienſtanweifung
be=
dingt gewiſſe Vorkenntniſſe, die man mit denen eines Meiſters
gleich=
werten kann. Mithin wäre alſo der Amtsgehilfe mit einem Meiſter
(nicht aber mit einem ungelernten Arbeiter) zu vergleichen. Und
Be=
amte, die im Meiſterverhältnis ſtehen, ſind in Gruppe IV und V
ein=
geſtuft. Die Amtsgehilfen dagegen hat man in Gruppe II und III
ge=
tan. Auch wäre die Bezeichnung Amtsgehilfe in Hausmeiſter zu ändern.
An den Mainzer Volksſchulen iſt dieſe Bezeichnung auch ſchon ſeit
Jahren eingeführt, und auch ſonſt iſt dieſe Bezeichnung an heſſiſchen
Volksſchulen eingeführt.
Nach den Richtlinien über die Beſoldungen der Gemeindebauten in
Heſſen ſind die Hausmeiſter an Schulen mit weniger als 8 Klaſſen in
Gruppe II und die mit mehr als 8 Klaſſen in Gruppe III eingeſtuft.
Eine 8klafſige Volksſchule verfügt im Durchſchnitt über 12 Räume,
wäh=
rend auch die kleinſten höheren Lehranſtalten über 30 Räume verfügen.
Alfo trotzdem der Amtsgehilfe einer ſolchen höheren Schule mehr
Ar=
beit und Verantwortung hat als ein Hausmeiſter einer 8klaſſigen
Volks=
ſchule, hat er dasſelbe Gehalt. Ja, es kann ſogar vorkommen, daß ihm
mehr Dienſt und Verantwortung aufgebürdet iſt, als einem Hausmeiſter
einer mehr als Sklaſſigen Volksſchule. Der Hausmeiſter iſt dann in
Gruppe III und unter Umſtänden in Gruppe IV. Ein ſchreiendes
Un=
recht, dem unbedingt abgeholfen werden muß.
Die Sache wird noch intereſſanter, wenn man folgendes bedenkt:
In Mainz ſind die Hausmeiſter der Volksſchule nach Gruppe III in
An=
angsſtellung eingeſtuft.
In Baden ſind an den Volksſchulen Hausverwalter in
Beförderungs=
ſtellen in Gruppe V. Die ſtaatlichen höheren Lehranſtalten Badens
haben Hausmeiſter in Gruppe III und TV.
Es beſteht alſo weder in Heſſen noch im Reiche die geringſte
Ein=
heitlichkeit bezüglich der Amtsbezeichnung und Einſtufung der
Schul=
diener. Es iſt ſomit ſelbſtverſtändlich Pflicht eines jeden
gerechtdenken=
den Menſchen, dafür einzutreten, daß dieſer durch nichts b gründeten
berſchiedenen, alſo ungerechten Bewertung der Schuldiener ndlich ein
Ende gemacht wirb. Vergleiche man nun Dienſt und Verantwortung
der Amtsgehilfen an den übrigen ſtaatlichen Anſtalten, ſo ſieht man, datz
auch hier mit doppeltem Maß gemeſſen wurde. So wurde in Heſſen
ein Teil der bisherigen Amtsgehilfen (beim Kreisamt, Gerichtsgebauder
und ſonſtigen Verwaltungsgebäuden), die dieſelben Dienſtfunktionen
haben, wie die Hausmeiſter der Schulen in Gruppe III übergeführt, und
die, die ſchon dort waren, hat man in Gruppe IV eingeſtuft und mit der
Bezeichnung Hausverwalter verſtehen. Weshalb macht man einen
ſol=
chen Unterſchied? Sind
der Amtsgeyilf an her T. ht . . wer beſchäſtigt als
le, odes iſt nicht in Wirklichkeit der
Amts=
gehilfe an der Schule der Geplagte?
Vielfach hat der Schuldiener (Amtsgehilfe oder Hausmeiſter) auch
den Dienſt eines Heizers zu verſehen, was bei Schulen ohne
Zentral=
heizung eine gewaltige und dazu ſehr ſchmutzige Mehrarbeit bedeutet.
Abgeſehen davon muß er ½ Stunde vor Beginn des Unterrichts bis
mindeſtens 6 Uhr abends dienſtbereit ſein. (Welcher Beamte iſt noch
derart gebunden?)
Der Amtsgehilfe unterſtützt die Lehrer bei der Aufrechterhaltung
der Ordnung. Was das bedeutet bei der heutigen Jugend, kann nur
der ermeſſen, der ſelbſt dauernd mit Jugend zu tun hat.
Der Amtsgehilfe gibt Kreide, Schwamme uſw. aus und für Tinte,
richtige Lüftung und Beleuchtung hat er zu ſorgen. Er hat für die
nötige Sicherung der Anſtaltsgrundſtücke und Gebäude und ihren
ord=
igsgemäßen Zuſtand Sorge zu tragen. (D. h. auch nachts hat er noch
Nun
Verantwortung und gegebenenfalls noch Dienſt.)
Eine Hauptpflicht des Amtsgehilfen iſt die gewiſſenhafte
Reinhal=
tung aller unter ſeiner Verwaltung ſtehenden Räume uſw.
Auch die Verwendung der Schulräume für volksbildende Zwecke
bringt mehr Arbeit, aber keine zeitgemäße Vergütung ein.
Innerhalb der Dienſtzeit können von den Amtsgehilfen auch
Son=
derarbeiten, z. B. kleine Herſtellungen und Ausbeſſerungen, Aushilfe
im Schulgarten, Schreibarbeiten uſw. verlangt werden.
ſt es nicht ſelbſtverſtändlich Pflicht für jeden, dafür einzutreten,
daß endlich die Amtsgehilfen der höheren Lehranſtalten zu ihrem Rechte
kommen, d. h., daß ſie als „Hausmeiſter” nach Gruppe III beſoldet
wer=
den als Anfangsſtelle, nach 5 Jahren nach Gruppe IV als Grundſtelle
kommen, und nach 10 Jahren als Hausmeiſter nach Gruppe V
ge=
langen.
29. Quittung
über in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts eingegangene
Spenden für die geſchädigte Ruhrbevölkerung:
Liſſa Ingebrand 600 Mk., N. N. 50 Mk., Hz. (3. Rate) 500 Mk.,
Lichtbildervortrag Gundernhauſen 26 000 Mk., Elſe Kratz, Meran, 5 Lire,
Georg Keil, Elektrotechn. Inſtitut, 5000 Mk., Fa. M. Greib 5000 Mk.,
Frl. Luiſe Schweisgut, Steinackerſtr. 17, 2000 Mk., Rechnungsrat
Wam=
bold 5000 Mk., Heinrich Barth 2000 Mk., N. N. 20000 Mk.,
Privat=
muſikzirkel „Alpenveilchen” Nieder=Ramſtadt (Konzerterlös) 43000 Mk.,
Reg. Rat Ed. Sch. 8000 Mk., Reg.=Rat Blankenhorn 8000 Mk., H. E. T.
5000 Mk., Enoch, Alexanderſtr. 6 (2. Rate) 500 Mk., G. F „Knapp 3.
Gabe) 1000 Mk., Beamten der Buchhaltung und Regiſtratur des
Mini=
ſteriums der Juſtiz (2. Rate) 77 000 Mk., Feſtteilnehmer der
Konfir=
mationsfeier von Frl. Emma Thümmel 15 030 Mk., Suter 3000 Mk.,
Nechn.=Rat Göbel (3. Rate) 2000 Mk.; Gewerberat Arndt 1385 Mk.,
Frau Dr. Kohlheyer 1000 Mk., Regierungsrat Merz 5000 Mk.,
Rech=
nungsdirektor W. Jung (3. Rate) 3000 Mk., C. L. Breitwieſer 1000 Mk.
1. Qnittung 336 810 Mk., 2. Quittung 382 210 Mk., 8. Quittung
490 850 Mk., 4. Quittung 578 495 Mk., 5. Quittung 689 703 Mk., 6.
Quit=
tung 416 536 Mk., 7. Quittung 515 080 Mk., 8. Quittung 1 251 261 Mk.,
9. Quittung 688 429 Mk., 10. Quittung 1 146 238 Mk., 11. Quittung
525 881 Mk., 12. Qunittung 557 984 Mk., 13. Quittung 1 577 273 Mk.,
14. Quittung 597 255 Mik., 15. Quittung 834 316 Mk., 16 Quittung
477 914 Mk., 17. Quittung 627 518 Mk., 18. Quittung 494 358 Mk., 19.
Quittung 765 358 Mk., 20. Quittung 570 580 Mk., 21. Quittung 936 478
Mk., 22. Quittung 2 736 219 Mk., 23. Quittung 504 042 Mk., 24.
Quit=
tung 341 900 Mk., 25. Quittung 620 271 Mk., 26. Quittung 439 447 Mk.
27. Quittung 536 085 Mk., 28. Quittung 631 221 Mk., 29. Qnittung
240 065 Mk
zuſ. 20 460 022 Mk.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Vorherſage für den 24. März:
Wolkig, heiter trocken, milde.
Gottesdienſt der iſraelitiſchen Neligionsgemeinde
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße).
Freitag, den 22. März. Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 30.
Samstag, den 23. März. Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Minuten,
Sabbatausgang 7 Uhr 30 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen: Morgens 7 Uhr, Abends 6 Uhr.
Gottesdienſt in der Synagoge der Fſrael. Religionsgeſellſchaft.
Samstag, den 24. März. Vorabend 6 Uhr 05 Min."
Morgens
8 Uhr. — Nachm. 4 Uhr. — Sabbatausgang 7 Uhr 30 Min.
Wochengottesdienſt: Morgens 6 Uhr 15 Min. — Nachm. 6 Uhr. 15 Min.
Donnerstag, den 29. März: Taanis Beſchaurim. Abends:
Be=
dikas Chomez.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Pauf
Lange — ſämtlich in Darmſtadt.
Die hentige Rummer hat 10 Seiten.
[ ← ][ ][ → ]Backt mit Br. Getkers Backvulver „Backin”
dann gelingt der Kuchen immer! — Man versuche:
Dx. Oetker’s StzeuselZ ucheh.
Zutaten zum Teig: 500 g Mehl, 1 Päckchen von Dr. Oetker’s
„Bnekln”, 125 g Butter, 80 g Zucker, 2 ier, /, Liter Mlileh oder Rahm.
Zutaten zum Streusel: 200 g Butter, 250 g Zucker, 1, Päckchen
von Dr. Getlserss Vanfllim-Ancker, 20 g Zimt, 300 g Mehl.
Zubereitung: Rühre die Butter zu Sahne, füge Zucker, Eier, Mehl,
dieses mit dem Backin gemischt, und die Mileh hinzu. Den
geschmei-
digen Teig drücke mit mehlbestäubten Händen auf dem gebutterten Blech
nach allen Seiten auseinander. Der Teig soll nicht höher als 1
Zenti-
meter sein. Man überpinselt ihn mit zerlassener Butter und streut den
Streusel darauf, den man folgendermassen zubereitet: Die Butter lässt
man zerlaufen, gibt dann Zucker, Vanillinzucker, Mehl und Zimt hinein
und rührt die Masse, bis sich alles gebunden hat. Dann mengt man den
Streugel mit den Händen und streut ihn über den Kuchen, den man
bei Mittelhitze bäckt.
(T,1686
Vollständige Rezepte umsonst in den Geschäften. Wenn vergriffen, schreibe man eine Postkarte an Dr. 4. Oeiker, Bielefeld.
Ma
Adolt Hönigsberg
Alice Hönigsberg
geb. Peitles
VERMAHLTE
Mangheim
Darmstadt
Teauung Sonatag, den 25. Märr,
31. Uhe, im Masikvereinssaal,
Darmstadt, Steinstr. 24
(*8114
T Tasere TRAUUNG findet
Samstag, den 24. März,
nachmittags 3½/ Uhr, in der
Petruskirche statt.
Käthe Neuroth
keimrich Greter
Darmstadt, Heidelbergerstr, 59
(e8065
* InsergA RAUUNS finder
U malgen BAfStagiden 24.
März, hrhr, iIn der
Peffusff
Ki
Mkratz
Werg Schmitt
Darmskadt, Moosbergste. 23
Gafl 9
Todes=Anzeige.
Freunden, Bekannten und
Ver=
wandten hiermit die traurige
Mit=
teilung, daß es Gott dem
Allmäch=
tigen gefallen hat, unſeren lieben
Bruder, Schwager und Onkel
Herrn Nechnungsrat
im Alter von 68 Jahren infolge
eines Unglücksfalles am 21. d. Mts.
plötzlich zu ſich abzurufen.
Im Namen der
trauernden Hinterbliebenen:
Familien Schönbergeru. Menges.
Die Beerdigung findet am
Sams=
tag Nachmittag 3 Uhr vom Portal
des alten Friedhofs, Nieder=
Ram=
ſtädter Straße aus ſtatt.
Blumenſpenden ſind nichtim Sinne
des Entſchlafenen, (805s
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe
auf=
richtiger und herzlicher Teilnahme
bei dem Heimgang unſerer lieben,
unvergeßlichen Mutter ſagen wir
auf dieſem Wege unſeren herzlichen
Dank, gleichen Dank Herrn Pfarrer
Beringer für die troſtreichen Worte
auf dem Friedhofundden Schweſtern
der Martinsgemeinde für die auf=
(28123
opfernde Pflege.
Familie Ludwig Härting
Hanſe en Kräf.
Hi
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe
herz=
licher Teilnahme bei dem
Hin=
ſcheiden unſerer lieben
Ent=
ſchlafenen ſagen auf dieſem
Wege innigen Dank (*8144
Im Namen der
trauernd Hinterbliebenen:
An4
Aen
Zamilie Aonrad Broncer.
Todes=Anzeige.
Mittwoch Abend 5½, Uhr
entſchlief ſanft nach längerem
Leiden unſere innigſtgeliebte,
treubeſorgteMutter, Großmutter,
Schwiegermutter. Schwägerin
und Tante
Frau Marg. Heyl
aune. ihr Noe
im 80. Lebensjahre.
Um ſtille Teilnahme bitten
Die trauernden Hinterbllebenen:
Wilh. Hehl, Friedberg
Marie Brunner, geb. Hetzl
Alzey
Georg Hehl. Darmſtadt
Fritz Hehl, Darmſtadt.
Die Beerdigung ſindet Samstag
21I, Uhr vom Portal des alten
Friedhofs aus ſtatt. (*8102
Rees
Friſeuſe
Hugo rtmann
Wilhelminenſtr. 13, (ue741
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe inniger 5
Teilnahme und zahlreichen
Kranz=
ſpendenschei dem Hinſcheiden meines
lieben Mannes ſage Allen
herz=
lichen Ogtk. Beſonders danke Herrn”
Pfarre5 Wagner für die troſtreiche
Grabrede und dem Männer=
Geſang=
verein Bickenbach für die letzter=
(8105
wieſene Ehre.
Katharine Gräf
geb. Schaffner.
znnnäß
Seg
Meiſterprufung 1925.
Die Handwerker, die ſich der
dies=
jährigen Meiſterprüfung unterziehen
wollen, beſonders folche, denen die
wi=
derrufliche Befugnis zum Anleiten von
Lehrlingen nur bis zur Beendigung der
dießjährigen Meiſterprüfung erteilt
wor=
den iſt, werden auf die Bekanntmachung
des Kreisamts in Nr. 64 der
Darm=
ſtädter Zeitung hingewieſen. Der
Melde=
ſchluß iſt auf den 1. April 1923 feſtgeſetzt
worden. Die Bekanntmachung kann im
Stadthaus (Zimmer 40) eingeſehen
(st2419
werden.
Darmſtadt, den 19. März 1923.
Der oberbürgermeiſter.
Verſteigerung.
Die Städt. An= und Verkaufsſtelle
für Möbel und Hausrat verſteigert am
Samstag, den 24. ds. Mts., vorm.
9 Uhr, im Gelben Hof, Alexanderſtr. 20,
6411
folgende Gegenſtände:
1 ſchwarze Saloneinelchtung.
1 Speiſezimmereinrichtung,
1 Paliſander=Damenfalon,
verſch. Kleider=, Kächen= u. Wäſcheſchränke,
Kommoden. Nachttiſche.
Vetten mit und ohne Sprungrahmen,
Trumeaux= und Zimmerſpiegel.
Sofas und Seſſel,
Bilder, Zimmer= und Küchentiſche.
1 Spültiſch, elektr. Steh= u. Zuglampen,
Gag= und Petroleumläſter,
1 Grammophon, 1 kl. Dezimalwage,
Kinderſtühle und Sportmagen.
Kopierpreſſen, verſch. Bächer u. Noten,
Koffer, Kleiderſtänder, Schuhe,
Gaöherde, Spiritus= u. Petroleumkocher,
Eisſchräuke, verſch. Uhren, Figuren u. a. m.
Die Verſteigerung ſindet beſtimmt ſtatt.
Darmſtadt, den 21. März 1923.
Städt. An= und Verkaufsſtelle für
Möbel, Hausrat und Antiquitäten.
Männlich
Penſioniert. Eiſenb.=
Magazin=Beamter
55 J. alt, ſucht
irgend=
welche Beſchäftigung.
Ang, unter 2. 71. an
die Geſchäftsit. (*8079
Weißnäherin
auch zun Ausbeſſ. für
aute Wäſche ſof. geſ.
Näh. Geſchſt. (e8677 Schederiunten
können Heimarbeit
auf Hemdbluſen u.
Röcke erhalten (81os
Mayer
Damenſchneiderei,
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pflegung geſ., mögl.
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ſchaftl. Villa, die alle
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gebote m. Zeugniſſen
und Anſprüchen unt.
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(8so
geſucht.
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pder Mädchen als
Haushälterin nach
Holland geſucht.
Mädchen nicht unter
22 J. woll, ſich meld.
u. 2. 61 an die Ge=
ſchäftsſtelle. (8058 Tüchtige Frau
od. Mädchen, durch=
aus ehrl., ſofort geſ.
Näh. Geſchſt. (*8076 Putzfrau
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Wh
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Mädchen
ſucht Stellung als
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Haush. b. voll. Fam=
Anſchl. Ang. u. 2.47
Geſchäftsſt (*8004d3
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perfekt im Weißn. u.
Schneidern, ſucht
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Hauſe. Näh. Gſchſt. *
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[ ← ][ ][ → ]Rummer 81.
Darmftädter Tagblatt, Freitag, den 23. März 1923.
Seite 7.
Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
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(Nachdruck verboten).
„Laß mich in dieſen Angelegenheiten allein handeln. Was
iſchen mir und ihm zu geſchehen hat, braucht keinen Vermitt=
In den politiſchen Fragen magſt Du mit ihm reden. Er
iß, daß er hier von uns hören wird, er wartete wohl ſchon
ten in Batum auf eine Botſchaft.”
„Man wird vorſichtig zu Werke gehen müſſen, die Sowjets
rfen unſere Verhandlungen nicht einmal ahnen. Wie wird
unſer Schreiben erreichen?”
„Mein Diener Ali iſt verſchwiegen und treu, Du wirſt den
nkheer van Utrecht morgen bei uns ſehen.”
Adriaan und Haller waren ohne weitere Zwiſchenfälle in
Tif=
eingetroffen. Was einem gewöhnlichen Reiſenden unmöglich
veſen wäre, gelang ohne Schwierigkeiten in der Begleitung
3 Kommiſſars. Neidiſche Blicke hatten ihnen nachgeſehen, als
r Zug Batum verließ; die Strecke, die früher den lebhafteſten
rkehr gehabt hatte, lag jetzt wie ausgeſtorben.
Die Europäerſtadt von Tiflis zeigte dasſelbe Bild wie
ſtum, die Induſtrie lag ſtill und der Verkehr war gelähmt.
ild nach ihrer Ankunft hatten ſie eine lange Beſprechung mit
n Mitgliedern der Regierung, die Adriaan nicht ganz
befrie=
gte. Am Abend ſprach er ſich Haller gegenüber aus. Sie
ßen im Garten einer Villa, deſſen Beſitzer Rußland verlaſſen
tte und die die Kommiſſare für Staatszwecke beſchlagnahmt
tten. Eine unerträgliche Hitze brütete über Tiflis.
„Die Leute waren zuvorkommend,” ſagte Haller, „aber ich
be das Gefühl, daß ſie ſich nicht mehr ſo ſicher fühlen wie
üher. Warum warnte man uns vor der aſiatiſchen Stadt und
b uns den Rat, ſie bei Nacht nicht und auch am Tage nur
ußerſt ſelten zu betreten?”
„Die Macht der Bolſchewiſten iſt immer begrenzt geweſen,
ſtützt ſich auf die Bajonette der Truppen und auf ein
wohl=
tsgeklügeltes Spionageſyſtem. Jeder hat Angſt vor dem
ande=
n und traut ihm nicht. Den Bauern im Norden gegenüber
ag das wohl nützen, hier aber haben, ſie es mit Halb= oder
anzorientalen zu tun. In der Liſt war ihnen der Ureinwohner
8 Landes immer überlegen.”
„Man kann ſchwer klar ſehen und unſere Lage wird dadurch
icht einfacher.”
Van Utrecht lachte. „Sie verlangen zu viel, lieber Haller,
ir ſind erſt kurze Zeit im Lande und in Tiflis erſt einen
ein=
gen Tag. Wir haben ja ſchon lange das Gefühl, daß die Macht
er Sowjets ihrem Ende entgegengeht. Zuerſt wird ſie dann
ier in den Grenzgebieten zuſammenbrechen. Halloh, was
ar das?‟
Er ſtand auf, ging ein paar Schritte in den Garten und hob
nen Pfeil auf, der dort niedergefallen war. Haller war ihm
efolgt.
„Man ſcheint den Fremdling hier noch nach uralten
Bräu=
ſen zu behandeln und jeden, der nicht Einwohner des Landes
iſt, für einen Feind zu halten. Der Pfeil ſcheint mir wenigſtens
kaum ein freundlicher Akt zu ſein.”
„Sie unterſchätzen die Kinder Karthwelis,” lachte van
Utrecht. „Sie ſind weder ſchlechte Schützen, daß ſie mit einem
Pfeil ihr nichtsahnend daſitzendes Opfer nicht treffen würden,
wie überhaupt ſo unmodern bewaffnet. Der Pfeil hatte eine
andere Bedeutung.”
Er mahm einen Papierſtreifen, der am ſchweren Teil des
Ge=
ſchoſſes verborgen war, und faltete ihn auseinander.
„Kommen Sie eine Stunde, nachdem Sie dies geleſen haben,
aus dem Hauſe und gehen Sie auf das Ufer der Kura zu. An
der großen Brücke wird vor Ihnen ein Mann gehen. Folgen
Sie ihm, und wenn er in einer Tür verſchwindet, gehen Sie ihm
nach, die Tür wird offen ſein. Wir erwarten Sie allein. Ihr
Gefährte möge im Hauſe bleiben, und wenn man nach Ihnen
fragt, ſagen, daß Sie bereits ſchlafen. Sie haben nichts zu
be=
fürchten, Freunde erwarten Sie.”
Van Utrecht hatte laut vorgeleſen.
„Eine Unterſchrift haben ſich unſere neuen Freunde geſpart,
und an Vorſicht haben ſie es auch nicht fehlen laſſen.”
„Sie werden nicht gehen?” fragte Haller. „Ich halte die
uhſteriöſe Geſchichte für nicht ungefährlich. Man wird erfahren
haben, wer Sie ſind, und ein Löſegeld erpreſſen wollen. Dieſen
Orientalen traue ich alles zu.”
„Ich habe eine beſſere Meinung von ihnen und werde
gehen,” ſagte von Utrecht lachend. „Befolgen Sie nür das, was
für Sie in dem Briefchen zu leſen war. Wenn man heute nacht
nach mir fragen ſollte, ſo ſagen Sie, ich ſchliefe bereits und ſei
von der Reiſe ſo angegriffen, daß man mich nicht wecken dürfe.”
„Sie wollen mich nicht wenigſtens mitnehmen?”
„Nein. Ich glaube zwar nicht, daß man einen beſonderen
Wert darauf legt, mich allein zu ſprechen, eher iſt für den
Brief=
ſchreiber wohl maßgebend geweſen, daß die Ruſſen nichts von
meiner Entfernung wiſſen ſollen und daß jemand hier bleibt, der
ſie irreführt. Wir müſſen uns daran gewöhnen, daß wir in
einem Märchenlande ſind und Märchen erleben können.”
„Aber den Revolver vergeſſen Sie bitte für das Märchen
nicht,” warnte Haller.
„Den Gefallen werde ich Ihnen gern tun, nicht wegen der
Leute, die mich erwarten, aber für den Weg. Die Polizei fehlt
und es treibt ſich viel Geſindel herum.”
Eine Stunde ſpäter verließ Adrigan das Haus und ſchritt
durch die dunklen, menſchenleeren Straßen der Kurabrücke zu.
mitten auf der Brücke ſtand ein Mann an das Geländer gelehnt
und ſtarrte ins Waſſer. Als er die Schritte hörte, wandte er ſich
ab und ging, ohne den Nachfolgenden zu beachten, nach der
orientaliſchen Seite davon.
Zwiſchen den Weinbergen ſtieg der Weg ſteil bergan, dann
kamen wieder Häuſer, der Führer bog ab und nahm die Richtung
nach dem Awlabar zu, auf deſſen Gipfel das alte Schloß der
georgiſchen Könige in die Nacht ragte. Rechts und links faßten
jetzt die langen hohen Mauern der Häuſer der georgiſchen
Gro=
ßen die Straße ein. Der Fremde war langſam gegangen und
Adriaan hatte ſich ihm nähern können. Geſpannt wartete er, in
welche Tür der Führer einbiegen werde, ſie komen an vielen
Häuſern vorbei und näherten ſich ſchon der Höhe.
Plötzlich war der Mann verſchwunden, als habe ihn die Erbe
derſchluckt. Zögernd blieb van Utrecht ſtehen. Sollte man ihn
geäfft haben? Da knarrte vor ihm leiſe eine Tür und er entdeckte
ein Pförtchen in der Mauer, das ihm entgangen war. Er drückte
dagegen, die Tür gab nach und öffnete ſich nach innen. Vor ihm
lag ein dunkler Gang.
Der Holländer taſtete ſich nach vorn, die Tür hinter ihm fiel
zu und jetzt leuchtete dicht vor ihm das Licht einer elektriſchen
Taſchenlampe.
„Kommen Sie, Herr!” hörte er eine leiſe Stimne.
Er folgte dem Lichtſchein. Man hatte ihn wohl durch den
Eingang der Dienerſchaft in das Haus geführt, denn er fah
Wirtſchaftsräume und die einfachen Waſchräume des Perſonals.
Dann ging es durch einen Garten und einige Stufen hinguſ.
Oben in der Tür ſtand eine weißgekleidete Frauengeſtalt, die
ihm winkte.
„Willkommen in Tiflis, Jonkheer van Utrecht!” rief ſie ihm
zu und ſtreckte ihm die Hand entgegen. Er ſtand Eiſchat
Tſcher=
ſchwendiee gegenüber.
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Eiſchat führte ihren Gaſt in einen großen Saal, wo eine
Verfammlung vornehmer Georgier ihn bereits erwartete, die ſich
bei ſeinem Eintritt von den Sitzen erhob und ihn zuvorkommend
begrüßte.
Der alte Arweli trat Adriaan entgegen und gab ihm die
Hand. „Wir haben einen geheimnisvollen Weg wählen müſſen,
um Sie zu uns zu bringen, Baron van Utrecht. Sie ſind erſt
kurze Zeit im Lande und wiſſen daher wohl noch nicht, daß es
hier zwei Leben gibt, eines auf den Straßen und in den Häuſern
der Europäerſtadt vor aller Welt, das andere aber heimlich hinter
Mauern und in Schlupfwinkeln des Awlabar. Von unſerer
Zu=
ſammenkunft darf man in Ihrem und unſerem Intereſſe jenſeits
der Kura nichts wiſſen. Wir haben Ihnen heute Vorſchläge zu
machen; ehe ich aber weiterſpreche, muß ich Ihnen Ihr Wort
ab=
nehmen, daß Sie über alles, was Sie hier ſehen und hören,
Stillſchweigen bewahren werden.”
Adriaan zögerte einen Augenblick. Wenn er das geforderte
Verſprechen gab, würde er Mitwiſſer deſſen, was hier geſchah,
trat gewiſſermaßen zu der einen Partei über. Es war ſchwer zu
überſehen, ob das in ſeiner Lage ratſam war.
Der Alte bemerkte ſein Zögern.
„Wir wiſſen, weswegen Sie hier ſind, Baron ban Utrecht,
meine Nichte hat uns in Ihre Pläne eingeweiht. Sie erwarten
ein Abkommen mit den Landeseinwohnern, deren Unterſtützung
Ste ſich ſichern wollen. Mit der Sowjetregierung haben Sie
bereits konferiert, die Sowjets können Ihnen hierzulande wenig
verſprechen, wenn Sie länger hier lebten, wüißten Sie, daß hier
andere Kräfte om Werke ſind.”
„Ihr Wort verpflichtet Sie zu nichts als zum Schweigen,
Baron,” hörte er Eiſchats Stimme. „Sie ſollen wiſſen und dann
ſelbſt entſcheiden.”
Da hatte ſie recht, er durfte hier nicht im dunkeln tappen, er
mußte auch das zweite Leben dieſer Stadt kennen lernen.
„Sie haben mein Wort,” fagte er zu dem Alten.
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Zahlstellen für die Einlösung der Dividenden-Kupons sind: Mannheimer Bank A.-G. in Mannheim.
Dentsche Bank Filfaien Frankfart a. M. und Darmstadt, Bankhaus Hohevemser, Bankhaus
J. L. Flnck und Bankhaus J. Th. Kessler sämtlich in Frankfurt (Main), Darmitadter un .-
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Nummer 5
Beilage zum Darmſtädter Tagblatt
23. März 1923
Liebe und Ehe
bei Nietzſche und Schleiermacher.
Von Julius Steinberg.
Es iſt charakteriſtiſch, wie ſehr in Schleierwachers
Betrach=
tungen über den Sinn und das Ziel der Ehe die Frage der
Nachkommenſchaft in den Hintergrund tritt. Wohl erwähnt er
gelegentlich die „ſüßen Kinder” Henriettes, denen er ein guter
und liebender Vater zu ſein gedenkt. Auch ſtreift er hie und da
bei ſeiner Preiſung des Familienlebens die Frage der Kinder
in wohlwollender Weiſe. Aber nirgends tritt es in ſeiner
viel=
fachen Verherrlichung der Ehe und ehelichen Liebe hervor, daß
er einen wichtigen, geſchweige denn den Hauptzweck der Ehe in
der Zeugung der kommenden Generation erblickt.
Das A und O iſt ihm die innige Gemeinſchaft mit der
gelieb=
ten Frau, der er den entſcheidenden Wert beimißt; ganz im
Ge=
genſatz zu Nietzſche, der der Welt verkündet hat: „Ich will, daß
Dein Sieg und Deine Freiheit ſich nach einem Kinde ſehne.
Le=
bendige Denkmäler ſollſt Du bauen, Deinem Siege und Deiner
Befreiung. Ueber Dich ſollſt Du hinausbauen. Aber erſt mußt
Du mir ſelber gebaut ſein. Nicht nur fort ſollſt Du Dich pflanzen,
ſondern hinauf! Dazu helfe Dir der Garten der Ehe! Einen
höheren Leib ſollft Du ſchaffen, eine erſte Bewegung, ein aus ſich
rollendes Rad, — einen Schaffenden ſollſt Du ſchaffen. Ehe, ſo heiße
ich den Willen zu Zweien, das Eine zu ſchaffen, das mehr iſt, als die
es ſchufen. Ehrfurcht vor einander nenne ich eine ſolche Ehe als vor
demWollenden eines ſolchenWillens.‟Dem
eigenperſönlichenStand=
punkt, der der romantiſchen Anſchauung vorwiegend zugrunde lag,
war ſolche Betrachtungsweiſe offenbar fremd. Die Ausbildung
und Vervollkommnung der individuellen Eigentümlichkeit, das
Aufeinanderwirken von Menſch zu Menſch, die Erſchließung von
Seele zu Seele — das lag den Romantikern in erſter Linie am
Herzen und ließ wenig Raum zu einer Stellungnahme gegenüber
dem Kinde.
So ſieht Schleiermacher den Hauptzweck der Ehe in der
ſitt=
lichen, geiſtigen und leiblichen Gemeinſchaft der Ehegatten, in
ihrer wechſelſeitigen Fürſorge — „denn alle Sorge iſt mütterlich
und väterlich” — und in der hierdurch bewirkten Steigerung und
Vollendung des perſönlichen Lebens. Die gegenteilige Meinung
erklärt er in den „Vertrauten Briefen” geradezu als eine Ketzerei:
„Gott ſei Dank, ich weiß doch, daß es nichts iſt mit dieſer
wunder=
lichen Ketzerei, die zwar nicht ausdrücklich behauptet, aber
ver=
nehmlich genug angedeutet iſt: als ob das ſchöne Band der Liebe
ſich erſt dann in das heiligere einer wahren Ehe verwandelte,
wenn die Liebenden ſich als Vater und Mutter begrüßen. Auch
im Uebermaß der ſchönſten und würdigſten Freude ſollte niemand
ſo etwas ſagen.”
Schleiermacher liebt und wertet die Liebe an ſich, die Idee
der Liebe viel zu hoch, als daß er durch irgend einen
Zweckgedan=
ken außerhalb der beiderſeitigen Ergänzung und Hilfe, und ſei es
ſelbſt der der Kindererzeugung, ſein höchſtes Liebesideal nur um
ein Jota möchte verkleinern oder herabziehen laſſen. Das
bekräf=
tigt er des weiteren in dem dritten der „Vertrauten Briefe” durch
die folgende charakteriſtiſche Stelle: „Abſicht ſoll nirgends ſein in
dem Genuß der ſüßen Gaben der Liebe, weder irgend eine
ſträf=
liche Nebenabſicht, noch die Anſicht, unſchuldige Menſchen
hervor=
zubringen — denn auch dieſe iſt anmaßend, weil man es doch
eigentlich nicht kann, und zugleich niedrig und frevelhaft, weil
da=
durch etwas in der Liebe auf etwas Fremdes bezogen wird.”
Es ſind zwei völlig verſchiedene Einſtellungen, die uns hier
gegenübertreten. Dort als Zielſetzung der Ehe: „die Hilfe und
Ergänzung der Kraft zur eigenen Bildung, als Gewinn an neuem
inneren Leben‟. Daraus hervorgehend ein häusliches Glück, das
auf dem Einklang der von Frömmigkeit erfüllten Seelen ſich
auf=
baut. Hier die bewußte Hinaufpflanzung des kommenden
In=
dividuums zum Tat= und Uebermenſchen, und damit die
fort=
ſchreitende Entwickelung des menſchlichen Geſchlechts zu
ſchöpfe=
riſcher Kraft und weltbeherrſchender Größe. Daneben aber auch
die Zeugungsverantwortlichkeit, die den Verzicht auf
Fortpflan=
zung einſchließt von Seiten der geiſtig, moraliſch und körperlich
Minderwertigen.
Das Glück der Menſchen, und ganz beſonders der
Maſſen=
menſchen, iſt Nietzſche vollkommen gleichgültig. Ihm gilt nur das
Werk und der vor der Menge erleſene Menſch, der herangezüchtet
werden ſoll. Darum hat er auch für den Selbſtwert der Ehe kei=
Prädeſtination zur quglitativen Mutterſchaft. Ihn dünkt es
ge=
wiſſenlos und ſündhaft, Kinder zu erzeugen, die einem elenden
Schickſal entgegen gehen und zugleich dem Vorwärtsſchreiten, dem
Hinaufpflanzen des 2 enſchengeſchlechts die ſchwerſten Hemmun= haben wird. Gott vermag ein und demſelben Menſchen der ewig
gen bereiten.
falls die Hinaufpflanzung erſehnen und herbeizuführen ſuchen,
aber er wird daneben auch in der Befriedigung des
Liebesbedürf=
niſſes, in der gemeinſamen Pflege der Geiſtesſchätze und
Kultur=
werte, in der ſeeliſchen Gemeinſchaft, den Sinn des Ehebündniſſes
erblicken. Er wird in der Regel genügend Wirklichkeitsmenſch
ſein, um ſeine Gegenwartswerte nicht völlig zugunſten des
kom=
menden Geſchlechts in den Hintergrund treten zu laſſen. Er wird
ſich vielleicht auch die biologiſche Frage vorlegen, ob zur
Erzeu=
gung des Uebermenſchen nicht höhere geiſtige Qualitäten beim
Weibe erforderlich ſind, wie ſie Nietzſche verlangt. Er wird nicht mit Rückſicht auf ſeine Partei, ſeinen Standpunkt, ſeine
Welt=
theſe zwiſchen beiden Auffaſſungen zu vollziehen bemüht ſein.
Es hieße den Eigenwert unſeres Empfindungslebens, das in
der Erotik ſeinen ſtärkſten und lebendigſten Ausdruck findet, allzu
ſehr herabdrücken, wollten wir den Sinn der Liebe ausſchließlich
vder vorwiegend in die Fortpflanzung verlegen. Die Liebe iſt ebenſowohl Pantheismus wie alles andere enthält — und
den=
weit mehr als ein bloßes Mittel zur Erfüllung dieſes Zweckes, noch darin die Offenbarung Gottes, die ewige Offenbarung
Sie iſt der Wunſch zweier Menſchen verſchiedenen Geſchlechts nach
reſtloſer Verſchmelzung, um in dieſer innigſten Vereinigung von
Leib und Seele die Stillung der tiefſten Sehnſüchte zu finden und
gleichzeitig des Gefühls der Vollendung des eigenen Weſens
teil=
haftig zu werden.
Gerade der hohe Reſpekt vor der Perſönlichkeit ſollte davor
bewahren, ſie immer nur als Mittel zum Zweck — nämlich der
Hinaufpflanzung — anzuſehen. Und weil in einer muſterhaften
Ehe die beſten Bedingungen zur Entfaltung der Perſönlichkeit
ge=
geben ſind, iſt es verfehlt, die Ehe vorwiegend oder ausſchließlich
unter generativem Geſichtswinkel zu betrachten. Was kann denn
die Hinaufpflanzung für einen Zweck haben, als Perſönlichkeiten; tung des Dichters Gottesverantwortung. Ethos — bewußt
ge=
zu zeugen und heranzubilden. Daher wird der einſichtsvolle wordene Seele. Nicht der Dichter hat die Tendenz zu ſeiner
Menſch neben der zu erſtrebenden Hinaufpflanzung auch dem
Selbſtwert der Ehe, der Frau und ſeiner eigenen Perſönlichkeit
den ihm gebührenden Rang im Sinne Schleiermachers einräumen.
Das Problem hat aber auch noch eine andere Seite, die in die
Sphäre des Religiöſen hineinragt. Wer den Glauben an ein
in=
dividuelles Fortleben nach dem Tode ablehnt, findet zuweilen
Er=
ſatz hierfür in der generativen Unſterblichkeit, in der unbegrenzten
Dauer des Menſchengeſchlechts, die auf der Zeugung von Nach=
Erhalterin der menſchlichen Gattung gleichſam eine religiöſe
Weihe verliehen, die in der Unſterblichkeitsidee ihre Grundlage
hat. In der chriſtlichen Einſtellung Schleiermachers einerſeits, in
der antichriſtlichen Geiſtesrichtung Nietzſches andererſeits liegt
bielleicht der tiefere pſychologiſche Grund, für die abweichende
Stellungnahme zum Kinde. Wer an perſönliche Unſterblichkeit
glaubt, braucht auf das Kind nicht das entſcheidende Gewicht zu
legen, wie femand, der dieſen Glauben ablehnt, aber dennoch den
Gedauken der Fortdauer und Lebenſteigerung des
Menſchenge=
ſchlechts mit dem gleichen Enthuſiasmus vertritt wie der
Gläu=
bige, der beides ins Jenſeits verlegt. „Nichts vom Vergänglichen,
wie’s auch geſchah. Uns zu verewigen, ſind wir ja da”, heißt es
bei Goethe.
Der menſchliche Fortſchritt vollzieht ſich in Geſtalt ſtändig
zu=
nehmender Bewußtwerdung und Aktionsfähigkeit. Ein
weſent=
licher Teil der uns geſtellten „unendlichen Aufgabe” aber wird
an=
dauernd darin zu beſtehen haben, die Geſchlechtsliebe der
Men=
ſchen auf der Baſis dieſer Fortſchrittslinie zu immer höheren
Stufen emporzuführen. Einerſeits im Sinne des ſtändigen
Stre=
bens nach Hinaufpflanzung der menſchlichen Gattung,
anderer=
ſeits dadurch, daß die Liebenden und in der Ehe Vereinigten ſich
immer ſtärker und bewußter von dem Willen leiten laſſen,
einan=
der das Beſte und Tiefſte zu geben, was ſie zu geben fähig ſind.
(Die vorſtehenden Ausführungen ſind mit Genehmigung des Verlages
dem aufſchlußreichen Werk „Liebe und Ehe in Schleiermachers Kreis” von
Julius Steinberg entnommen, das demnächſt im Verlag von Karl
Reiß=
ner in Dresden in vorzüglicher Ausſtattung erſcheint.)
Religiöſe Dichtung.
Von Erich Bockemühl.
Für die wahre religiöſe Dichtung kann die theologiſche
Mei=
nung oder Weltanſchauung des Dichters keine vorher erledigte
Tatſache im Sinne einer Stellungnahme ſein. Sie müßte denn
des wahren Schöpfertums, des künſtleriſchen Eigenwertes
ohne=
hin ermangeln und würde nichts anderes als eine in eine
belie=
bige Form gebrachte Erkenntnis ſein. Wir haben in den
Ge=
ſangbüchern Lieder, die lediglich zum Zwecke des
Geſungen=
werdens gedichtet ſind, deren Inhalt eine der Melodie
ange=
formte Dogmatik iſt. Selbſt bei Luthers Liedern unterſcheidet
man ſehr leicht wirkliche Schöpfung von Formungen, die fangbar
gemachte Erkenntniſſe oder Bekenntniſſe ſind. Selbſtredend kann
irgendein „Stoff” den Dichter angreifen, ein Pſalm z. B., der
ſo ſehr zum innerſt menſchlichen Erlebnis wird, daß eine
gänz=
lich neue Dichtung aus ihm wird; neuartig in der perſönlichen
Gefühlsart und alſo auch in ſeiner Form und ſeinem Gehalt,
denn Gehalt und Form ſind nicht nur bedingt, ſondern eins. Auch
im Schwingen einer Melodie mag ein Gotteslied der Melodie
entſprechend ſich geſtalten, und das Erlebnis des Kirchlichen
ohnehin mag ein Gemeindelied ergeben, das bedingte Kunſt iſt.
Es kommt eben darauf an, ob der Zweck innerhalb der Richtung
beſtimmend war oder hernach ſich ergab. Von Novalis,
Bren=
tano z. B. haben wir religiöſe Lieder, die edelſte Dichtung und
zugleich im kirchlichen Dienſt verwendbar ſind. An der vielfachen
Erſtarrung des kirchlichen Lebens ſelbſt muß es liegen, daß
Kir=
chenlieder heute ſelten oder faſt gar nicht als Kunſt möglich
wer=
den. Der Künſtler kann nur in ewig lebendigem Sein, damit
alſo auch im Volksſein wurzeln, deshalb ſchließt ihn ein dem
Volksſein entfremdeter Kultus für ſich notwendig aus.
Selbſt=
verſtändlich ſteht der Künſtler jeglichem Syſtem einer
Weltan=
ſchauung fern. Und innerhalb des Blickkreiſes eines religiöſen
Standpunktes iſt Kunſt kaum möglich, da der religiöſe
Stand=
punkt das Erlebnis in den meiſten Fällen vorſchreibt, deutet und
damit beſtimmt. Trotzdem vermag ein Gedicht gewiß auch
inner=
halb der „Materie” einer Weltanſchauung möglich werden,
im=
mer aber dann, wenn der Menſch ſich ſeines Syſtems im Moment
ſeines Schaffens nicht bewußt und die Uebereinſtimmung
nach=
her zufällig iſt. Die alte mittelalterliche Mal= und auch ſpäter
Dichtkunſt hatte innerhalb des Kirchenſeins die tiefe religiöſe
metaphyſiſche Inbrunſt, und doch ſind viele Lieder einſt
verketzer=
ter Dichter reichlich viel ſpäter kirchlich ſanktioniert worden.
Be=
ſteht zu einer Zeit ein Gegenſatz zwiſchen religiöſer Kunſt und
Kirche, ſo iſt immer die Kirche ſchuld, die der geiſtigen
Entwick=
lung des Volkes entfremdet iſt — vorausgeſetzt natürlich, daß es
ſich um Kunſt und nicht um Artiſtik und andere
kunſtvortäu=
ſchende Ergebniſſe handelt. Kunſt ſchafft ſich eben nur aus der
ganz freien, allem Sein und Klang und Bild hingegebenen Seele.
Die Erlebniſſe Gottes ſind in den Mannigfaltigkeiten
unbe=
nen Sinn und ſtellt das ganze Leben der Frau lediglich unter die grenzt. Und es wäre ein Mißverſtändnis, einen Dichter einengen
zu wollen in irgendwelches Bekenntnis, wenigſtens die
Möglich=
teit des Syſtems aus ſeiner Dichtung zu verlangen, wenn auch
natürlich der Künſtler letztlich ſeine beſtimmte Phyſiognomie
Wandelbare ob ſeiner Vielgeſtaltigkeit zu ſein, als in aller Viel=
Der höher veranlagte Menſch wird zwar mit Nietzſche gleich= geſtaltigkeit der Erſcheinung der Unendlich=Eine. Der Künſtler iſt.
nie „Herr” ſeiner Gedichte: Die Erlebniſſe des Unbewußten
haben den eigenen Willen zur Form, zu der ſie ſich kriſtalliſieren
— und für den eventuellen religiöſen Parteidichter (um ihn
ein=
wal ſcharf zu formulieren) beſteht in jedem Erlebnis die
Ge=
fahr, dem imoginären Vollzug ſeiner dichtenden Seele entgegen,
dem Parteidogma entſprechend, ſein Erlebnis zu korrigieren.
Wenn des wahren Künſtlers letztes Kriterium die eigene
Ehr=
lichkeit iſt, ſo iſt mit Feſtſtellung der Tatſache einer „Nicht=
Ehr=
lichkeit” das Urteil über den Parteidichter geſprochen. Er täuſcht
die Naturwidrigkeit begehen, ſeinen angeborenen Trieb, zu per= anſchauung die Mit= und Nachwelt (ſoweit ſie für ihn in Betracht
ſönlichem Glück völlig hintanzuſetzen, ſondern er wird die Syn= kommen kann) über die Auswirkung des unendlichen Seins.
Ra=
tionalismus, die Sünde wider den heiligen Geiſt, hier wie
über=
all. Der Zug der Zeit iſt immer noch, den religiöſen Dichter zu
klaſſiſizieren: Monotheismus, Pantheismus, obwohl doch die
Bibel ſelbſt verſchiedenſten weltanſchaulichen Charakters iſt,
metaphyſiſcher Menſchen und in der Verantwortung der raſenden
Inbrunſt des Menſchentums unendlich großer Künſtler iſt. Der
Begriff der religiöſen Dichtung iſt eben unendlich weit, da
letzt=
lich jedes wahre Gedicht die religiöſen Stimmungen des
Stau=
nens des Wunderbaren haben muß aus der Eigenſchaft des
menſchlichen Frommſeins des Dichters ſelbſt. Der Dichter muß
ſchaffend reiner Menſch ſein: Stimme, Inbrunſt des Erlebniſſes.
Nie ohne das inwendige Rauſchen des ewig Unendlichen, Gottes.
In der Willenloſigkeit, der abſoluten Zweckloſigkeit der Kunſt iſt
alles rational=gelöſte Denken ausgeſchaltet. Es iſt der Strom der
Ewigkeit, der im Kunſtwerk geſchloſſen, ein Einmaliges,
Gewor=
denes, rein Natur=Gewachſenes darſtellt. So iſt die Verantwor=
Form — und in dieſem Individualismus der Geſtaltung liegt
die ethiſch=erzieheriſche Möglichkeit aller Kunſt: Einer
Verinner=
lichung im Nachſchaffend=Hörenden, einer Hineinführung in die
Gründe ſeines reinen Menſchenſeins für die Möglichkeit eines
allzeitigen Neugeborenwerdens. Die religiöſe Kunſt ſoll nicht
er=
ziehen. Sie ſoll ſein. Dadurch, daß ſie Geſtaltung des Ewigen
iſt, iſt ſie Natur, Faktor des Lebens, Stück des unendlichen Seins
Spiegel der Seele — ſelbſt reine Seele, reiner Geiſt. Wie ich
kommenſchaft beruht. Damit wird der ehelichen Gemeinſchaft als anderswo einmal ſagte: Die Kunſt dient nicht — ſie dient
allen=
falls ſo, wie Gott dient, wie die Natur dient, darin, daß Gott iſt,
daß die Natur iſt. Somit denn auch gibts keine religiöſen
Stoff=
probleme. Es gibt nur ein Dichtungsproblen, das der adägugten
Geſtaltung.
Ebenſo wie es keine Kirche geben ſollte im Gegenſatz zum
ewwigen Fluten der Entwicklung innerhalb eines völkiſchen Seins.
Man beachte aber, daß im Begriff der Entwicklung nicht ein
Ziel, ein Ende für den Weg irgendwie vorausbeſtimmt aſt.
Ent=
wicklung iſt Ablauf, Vollzug, Offenbarung alles deſſen, was da
war von Anbeginn. Iſt im Einzelnen wie im Volk
Bewußtwer=
den unbewußten Seins. Der Dichter, der in den Gründen des
Volksſeins wurzelt, iſt ſomit Faktor, Stimne dieſes Entwickelns.
Da das Unendliche ſich in ihm verdichtet, ſteht er ſowohl in der
Zeit als auch über der Zeit — iſt ewig aktuell, da die Ewigkeit
eben — eſvig iſt. Iſt alſo der Dichter ſich treu, iſt er ſeinem Volk,
der Menſchheit und Gott treu. Religiöſe Dichtung hängt
natür=
lich ab vom religiöſen Dichter, auch für jede einzelne Zeitperiode
im beſonderen.
Gewiſſe Zeittendenzen vermögen die Dichter anzuregen, aber
umgekehrt iſt viel mehr die Stimme der Zeit die Stimme ſeiner
Dichter, der vornehmſten Prieſter in der Kirche der Unendlichkeit.
Es iſt natürlich eine Zeit vor der anderen ſtärker bewegt, tiefer
aufgewühlt, religiös ſtärker intereſſiert, auch im religiöſen
Stre=
ben anders gefärbt, die Religioſität kann mehr die myſtiſche
Sehnſucht in Gott wie andererſeits die ſoziale Bereitſchaft zum
Menſchen repräſentieren: Immer aber werden es die Dichter
ſein, die dem zeitlichen Ausdruck unendlicher Sehnſucht Form
geben. Die die Stimmen ſind. Sowohl Prophetenſtimmen des
Volksethos, als Geſtalter neuer Mythologien, als Sänger
myſtſch verſunkener gottſeliger Lieder, als philoſophiſch geklärte
Former offenbarender Erkenntniſſe. Es wird jede Zeit ihr
Ge=
präge haben und dennoch das Gepräge aller Dichtercharaktere in
ſich bergen. Unſere Zeit iſt religiös außerordentlich intereſſiert.
Wir haben die Rufer der Einſamkeit wie Amos=Stimmen der
alten Zeit und zugleich die Myſtik eines neuen Gottſuchens tiefer
gottſehnlicher Herzen. Rilkes myſtiſche Verſunkenheit erglühter
Gottesnächte, Otto zur Lindes chriſtlich=deutſche Mythen,
Rött=
gers Legenden geben unſerer Zeit neue religiöſe Inhalte. Es
ſeien Namen genannt: Alfred Mombert, Rudolf Paulſen,
Wer=
fell, deren religiöſe Lyrik bedeutend iſt. Aber auch in epiſchen
Dichtungen der neuen Zeit finden wir wertbares Gut. Wilh.
Schäfer, der in weſentlichen Romanen ſeine metaphyſiſche Seele
offenbart . . . und um nur ein kleines Büchlein der letzten Tage
zu nennen, das ob ſeiner Innigkeit, ſeiner frommbrünſtigen
rheiniſchen Romantik ſchön iſt: Maria vom Rheine von N.
Schwarzkopf. Ich erwähne Reinachers „Runold‟=Dichtung als
chriſtliche Kunſt in der Form des Expreſſionismus. Ich erinnere
an K. O. Friedrichs Sammlung „Buch der Gottesfreunde” und
weiß zugleich, daß ich damt keineswegs die religiöſe Dichtung
der Zeit kennzeichne, ſondern nur zeige, daß ſie vorhanden iſt.
Ich will aber zum Prinzip der religiöſen Dichtung
zurück=
kehren, und ſagte ſchon: Das religiöſe Erlebnis iſt mannigfaltig.
Und es iſt vor allem nicht an den religiöſen Stoff gebunden.
Religiöſe und philoſophiſche Dichtung ſind auch nicht zu trennen
— und ſei es das einfachſte Frühlingsgedicht: Dichtung iſt
Ge=
ſtaltung des Vamenloſen — und in der Verantwortung des
Künſtlers Menſchenſein — in beiden Formlierungen aber
ten=
diert das religiöſe Prinzip des Menſchen. Wenn ich ſage, daß
unſere Zeit reif iſt an religiöſer Dichtung, ſo iſt das zugleich ein
Wunſch, daß ſie damit reicher werde an religiöſen Menſchen
vielleicht, daß es dann in näherer Zukunft einmal wahr wird,
daß Kultus (Kirche) und Volksſein keine Gegenſätze mehr ſind.
Möge die Zeit nicht mehr fern ſein, da die religiöſe Kunſt wieder
die Kunſt der Gemeinſchaft werde, wie es im Mittelalter war,
zum Glück für Künſtler, Kunſt und Volk.
Neue Bücher
se. In dem bekannten Sport=Verlag Dieck & Co., Stuttgark
erſchie=
nen: „Wie wird Fußball gefpielt” 42 neue Lehrbilder für
Alle zur Einführung in die Technik des Fußballſpiels. Von W.
Kneſe=
beck, Fußball=Lehrer an der Deutſchen Hochſchule für Leibesübungen.
Mit 42 Kunſtdrucktafeln und 2 Bogen Text. In zweifarbigem
Künſtler=
umſchlag. Zum Tagespreis. — Die neuen Lehrtafeln im Taſchenformat
ſind das einfachſte und zweckmäßigſte Mittel zur Erlernung und
Ver=
vollkommnung des Fußballſpiels. Die eigens für dieſen Zweck
auf=
genommenen, genau erläuterten Momentaufnahmen zeigen alle Phaſen
der Fußtechnik, Kopftechnik, Körpertechnik, Torſchutztechnik und
Spiel=
technik in unerreicht lehrreichen und einprägſamen Bildern aus der
Spielpraxis heraus und dienen daher in beſter Weiſe zur
Vervollkomm=
nung jedes Spielers. — „Atemgymnaſtik im Bild” und
„Selbſtmaſſage im Bild” von Hans Surén. Surén baut ſeine
Atemſchulung auf die neueſte Forſchung der Wiſſenſchaft auf und weiß
dieſe Ergebniſſe in ſelten glücklicher und verſtändlicher Art zu beſchreiben.
Als Praktiker durch und durch packt er die Materie von der
intereſſan=
teſten Seite, denn ſeine Natſchläge und ſeine Uebungen ſind intereſſant.
Durchaus kein Fanatiker, läßt er auch anderen Syſtemen ihr Recht, er
wendet ſich nur an die Vernunft. Und dieſe herrlichen Bilder! Man
iſt verſucht, in dieſen Körpern keine lebenden Menſchen, ſondern
Bron=
zen zu vermuten. Ebenſo hat auch „Selbſtmaſſage im Bild” ein
um=
fangreiches Erläuterungsheft vorgeheſtet erhalten, das beſonders bei
der Selbſtmaſſage äußerſt ſchwungvoll geſchrieben iſt. Es iſt erſtaunlich,
was Surin alles aus der Selbſtmaſſage herausholt, und wie er die
Leſer zur vollen Ueberzeugung mit ſich reißt. Beide Alben haben auch
unſchätzbaren Wert für ältere Menſchen, denn die Befolgung ihrer
Leh=
ren gibt geſundes Blut, fördert den Blutkreislauf, erleichtert ganz
weſentlich die Herzapbeit ſchützt vor Tuberkuloſe, verhindert und
ver=
zögert die Arteriewerkalkung. — Auch das im gleichen Verlage
er=
ſchienene „Wie verteidige ich mich bei Ueberfällen”
gehirt zu den Sportbüchern. Der bekannte Polizeileutnant E. Stephan
gibt eine Anweiſung zur Selbſtverteidigung heraus, die weiteſte
Ver=
breitrng terdient: Die ernſte Kunſt, auch bei geringer eigener
Kwaft=
entfaltung den Gegner wehrlos zu machen. Hier wird jedermann an
Hand von 12 Lehrbildern auf das Leichtverſtändlichſte über die
not=
wendigen Verteidigungshandgriffe unterrichtet.
— Mufikaliſche Volksbücher herausgegeben von Adolf
Spemann. (Verlag J. Engelhorn Nachflg. Stuttgart.) Die im Sommer
ſo ausſichtsreich eröffnete Sammlung wird um drei höchſt wertvolle
Bändchen bereichert: „Siegfried Wagner / Erinnerungen: Adolf
St
mann. / Max Reger=Brevier; Willibalb Nagel 1 Johannes
Brahms. Die Erinnerungen Wagners haben einen ganz beſonderen
aus dar Unmittelbarkeit des engſten Familienkreiſes; manches Vorurteil
wird da zerſtreut, das traditionelke Bild des Bayreuther Meiſters durch
manchen feinen und intimen Zug ergänzt und berichtigt. Wer dieſes
Er=
lebnisbuch, in das köſtliche Aufzeichnungen von einer Weltveiſe in der
Jugendzeit hineingewoben ſind, geleſen hat, wird den Menſchen und
ſtler Siegfried Wagner lieben und die Wiedereröffnung der
Bah=
reuther Feſtſpiele herbeiſehnen.
die muſikaliſche Welt feierte in dieſem Monat den
fünfzig=
ſten Geburtstag. A
as Regers, und da kommt dieſes Brevier,
das der Schriftführ
er der Max Reger=Geſellſchaft herausgegeben hat,
gerade recht. Dieſe Sammlung von Ausſprüchen und Briefſtellen gibt
ein verblüffend anſchauliches Bild des großen Künſtlers und
vielver=
kannten Menſchen; uach der Leltüre dieſes Buches, ſchließen ſich die
vielen ſcheinbaren Widerſprüchs dieſer problewatiſchen Natur, reſtlos
zu einem großen und bedeutenden Bild zuſammen. Wertvollſte Hinweiſe
über die Gntſitehung und Wiedergabe der Werke machen dies Quellenbuch
unentbehrlich für die künftige Forſchung und praktiſche Muſikpflege.
Die ſchrere Aufgabe des Biograbhen: mit dem Herzen zu ſchreiben,
ohne in blinde Vergötterung zu verfallen, iſt von dem bekannten
Stutt=
garter Muſikgelehrten in ſeinem ebenſo klar disponierten wie
gehalt=
vollen Brahms=Buch ausgezeichnet gelöſt worden. Wir beſaßen
bisher kein Buch über den Hamburger Meiſter, das in derart
gedrunge=
neu, knapper Form das Weſentliche herausſtellt — hier haben wir es!
Die Aralyſen der Werke ſind vortrefflich und in lichwvoller, leicht
ver=
ſtändlicher Sprache gehalten. Ein Volksbuch im beſten Sinn!
Ver aniwortlich: Max Sireeſ
[ ← ][ ]Darmſtädter Tagblatt
23, März 1923 Nr. 81
Handelsblatt
Morgen letzter Zeichnungstag der Sollarſchatanweifungen des Deutſchen Reiches.
Handel und Wandel in Heſſen.
* Dampfkeſſelfabrik vorm. Arthur Nodberg A.=
G=
in Darmſtadt. In der am 20. 0s. Mts. abgehaltenen 24.
ordent=
lichen Generalverſammlung dieſes Unternehmens wurden die Bilanz=
und Gewinn= und Verluſtrechnung per 30. September 1922 und die
Auszahlung einer Dividende von 40 Prozent auf die
Stamm=
aktien und von 6 Prozent auf die Vorzugsaktien
einſtim=
mig genehmigt. Das turnusmäßig ausſcheidende Aufſichtstatsmitglied,
Herr, Bankdirektor Neiß. (Mannheimer Bank A=G., Mannheim),
wurde wiedergewählt und als weiteres Mitglied Herr, Bankdirektor
Witſcher (Deutſche Bank, Filiale Frankfurt a. M.), neugewählt
Ferner wurde beſchloſſen, das Aktientapital von Mk. 9000 000 auf Mk.
15 300 000 zu erhöhen und zwar durch Ausgabe von Mk. 100 000 auf
den Namen lautenden Gprozentigen Vorzugsaktien und Mk. 6200 000
auf den Inhaber lautenden Stammaktien. Die Aktionäre
er=
halten ein Bezugsrecht derart, daß auf fe 2 alte Stammaktien eine neue
zu 230 Prozent zuzüglich Schlußnotenſtempel und Bezugsrechtsſteuer
bezogen werden kann.
Kaiſer Friedrich=Quelle A.=G., Offenbach. Die
Geſellſchaft verteilt eine Dividende von 50 Proz. (i. V. 20 Proz.) auf
4 Mäl. aKe und von 25 Proz. auf 6 Mill. junge Aktien. Die
General=
verſammlung am 26. März ſoll über eine Kapitalserhöhung um 6 Mill.
Mk. beſchließen, gleichzeitig ſoll das Stimmrecht der beſtehenden
Vor=
zugsaktien erhöht werden.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* L. A. Epſtein A.=G., Frankfurr a. M. Die Verwaltung
fs=
Ei. M Jaſ c ſche ätcht Der äſchere Grf
junge Aktien. Zum Schutz gegen Ueberfremdung ſollen 500 000 Mk.
mehrſtimmige Vorzugsaktien geſchaffen werden.
Magdeburger Bergwerks=A.=G., Magdeburg.
Die Geſellſchaft, an der bekanntlich die Deutſch=Luxenburgiſche
Berg=
werks=A.=G. maßgebend beteiligt iſt, ſchlägt der auf den 12. April
ein=
berufenen Generalverſammlung die Verteilung einer Dividende von
80 Proz. (i. V. 27 Proz.) vor, die im Oktober ausgegebenen 7 Mill. neuen
Stammaktien nehmen an dem Ergebnis nur zur Hälfte teil.
C. D. Magirus A.=G., UIm. Die Geſellſchaft wirde der am
9. April ſtattfindenden Generalverſammlung die Verteilung eier
Divi=
dende von 50 Proz. (i. V. 12 Proz.) vorſchlagen.
Kammerich=Werke A.=G. Der Aufſichtsrat ſchlägt vor,
nach erheblichen Rückſtellungen eine Dividende auf je 10 Stammaktien
in einer 5 Doll.=Schatzampeiſung des Deutſchen Reichs zu zahlen.
Aktio=
nä
e, die eine geringere Anzahl von Aktien haben, enhalten den
Gegen=
wert von einem halben Dollar dro Aktie nach dem Dollarmittelkurs
des letzten Börſentages vor der Generalverſammlung (28. April) jedoch
nicht über dem Dollarmittelkurs der Berliner Börſe vom 24. März, dem
letzten Zeichnungstag auf die Dollarſchatzanweiſungen. Unter
Zugrunde=
legung eines Dollarkurſes von 20 900 berechnet ſich die Dividende auf
1045 Proz. gegen 30 Proz. im Vorjahr.
* Vereinigte Schuhfabriken Berneis Weſſels
Die Generalverſammlung
A.=G., Augsburg-Nürnberg.
ſetzte die Dividende auf 70 Proz, einſchließlich Bonus für die
Stamm=
aktien; auf 8 Proz. für die Vorzugsaktien 4 und auf 6 Proz. für die
Vorzugsaktien B feſt. Ueber den Geſchäftsgang wird mitgeteilt, daß
in den erſten Monaten des laufenden Geſchäftsjahres der Umſatz den der
gleichen Zeit des Vorjahres überſtiegen habe, daß aber die allgemeine
Stagnation deutlich zu merken ſei.
* Vereinigte Gothania=Werke A.=G., Gotha. Die
Generalverſammlung genehmigte die Verteilung einer Dividende von
7 Proz, auf die Vorzugsaktien und von 50 Proz. (i. V. 25 Proz.) nebſt
eines Bonus von 30 Proz. (i. V. 10 Proz.) auf die Stammaktien. Die
Erhöhung des Aktienkapitals auf 44 Mill. durch Ausgabe von 22,8 Mill.
Stammaktien und von 2 Mill. Vorzugsaktien wurde geuehmigt. Von
den neuen Aktien werden 24 Mill. von einem Konſortium (Arons u.
Walter in Berlin und Deutſche Bank, Filiale Gotha) mit der
Verpflich=
tung übernommen, 9 Mill. den Aktionären 2 zu 1 ohne Leiſtung einer
er=
Einzahlung anzubieten. 14,5 Mill. hat das Konſortium im Ein
ſtändnis mit der Geſellſchaft beſtmöglichſt zu verwerten, die reſtlichen
500 000 Mk. gehen zu 1000 Proz. an die Ver altung. Die neuen
Vor=
zugsaktien übernimmt das Konſortium zu 100 Proz. Ueber den
Ge=
ſchäftsgang heißt es, daß er bisher durchaus zufriedenſtellend ſei.
* Dampfkeſſelfabrik, Eiſengießerei und Maſch=
Fabrik H. Pauckſch A.=G., Landsberg a. d. Warthe. Der
Antrag auf Verſchmelzung in Form einor Fuſton mit der Görlizer
Maſchinenfabrik und Waggonbau A.=G., Görlitz, wurde genohmigt. Den
Aktionäuen werden auf je drei Paucſch Aktien zwei Görlitzer Waggon
Atien gewährt, auf die umgetauſchten Aktien können zwei weitere
Lzur=
litzer Waggon Aktien bezogen werden. Die Stammaktionäre der Pauckſch
A.=G. erhalten für das Geſchäftsjahr 1921 /22 außerdem Mk. 360 die
Vor=
gugsaktionäre Mk. 600 Vergütung.
* Feldmühle, Papier= und Zellſtoffwerke A.=G.,
Stettin. Das Untermehmen weiſt ganz enorme Abſchlußziffern aus,
die für die Gewinne der Zellſtoff= und Papierfabrikation bezeichmend
ſind. Nach Rückſtellungen und Abſchreibungen ergibt ſich ein
Reinge=
winn von über 14 Milliarde Mark gegen 7,55 Mill. im Vorjahr,
nach=
dem vor Errechnung des Betriebsüberſchuſſes ein Betrag von 11928
Mill, auf ein Werkerhaltungskonto abgebucht worden iſt. Die
Aktio=
näre erhalten nicht weniger als 240 Mill., alſo den dreifachen Betrag
des geſamten Aktienkapitals, nämlich 300 Prozent Dibidende (i. V. 25
Prozent). Die Geſellſchaft hat im vergangenen Jahr bekanntlich ih=
Aktienkapital zweimal erhöht, auf insgeſamt 80 Mill. Stamm= und 40
Mill. Vorzugsaktien, 35,5 Mill. ſind von der letzten Kapitalserhöhung
noch nicht voll einbezahlt, nehmen aber an der Dividende bereits voll
teil.
* Thevdor Teichgräber A.=G., Chem. Fabrik in
Ber=
lin. Die Geſellſchaft bringt eine Dididende von 100 Prozent in
Vor=
ſchlag. Das Aktienkapital ſoll abermals und zwar um 76 Millionen
Stammaktien erhöht werden, die Einzelheiten werden erſt in der
Generalverſammlug mitgeteilt werden.
* Poppe und WirthA.=G., Berlin. Die Generalverſamm=
25 Mill. Von
lung beſalloß antragsgemäß Kapitalserhöhung um 15 auf 25
den neu en Aktien werden 10 Mill. den Aktionären 1 zu 1 zu 1000
Proz=
angeboten, der Reſt von 5 Mill, wird freihändig beſtmöglichſt verwertet
werden.
Scheidemandel A.=G. für Chem. Produkte. Aus
der Aufſichtsratsſitzung wird folgendes Comnmnique veröffentlicht:
„Zum Zwecke der organiſatoriſchen Ausgeſtaltung des Scheidemandel=
Konzerns und der Zuſammenfaſſung eines Teiles ſeiner Auslands= und
gewiſſer Spezialinteueſſen ſind mit dem Liebigkonzern und ſeinen
aus=
ländiſchen Fpeunden Abkommen getroffen worden. Für die finanzielle
Durchführung der in dieſem Zuſammenhange ſich egebenden
Trans=
aktion ſeien Vereinbarungen mit der Dvesdner Bank. dem Bankhaus
Mendelsſohn u. Co, ſowie der Kommandite der Dresdner Bank. Pnoehl
und Gutmann, Amſterdam und dem Banſhaus Hugo Oppenheim u.
Sohn, Berlin, erfolgt. Dig laut Generalverſammlungsbeſchluß vom
28. Februar der Verwaltung zur Verwertung und nicht bloß zu
Cin=
tauſchzwecken überlaſſenen Aktien (Mk. 123 Mill.) ſeien zum großen
Teil den erwähnten Intereſſengrutppen übengeben worden und zwar —
ſoreit Uerlaſſung der Aktſen gegen Barzahlung erfolgt — zu einem,
dem heutigen Tageskurs ungefähr entſprechenden Preiſe. Epgänzungen
des Aufſichtsrates follen einer ſpäteren G.=V. vorbehalten bleiben.”
Hieraus ergibt ſich zweierlei: Der Konzern ſchafft ſich damit einmal
ein neues Arbeits= und Ausdehnungsgebiet in der Tſchecho=Slowakei
und ſicher auch in Oeſterreich und ſeinen Nachfolgerſtaaten under
An=
lehnung an das ausgedehnte Tätigkeitsfeld des Freiherrn v. Liebig in
Beichenberg in Böhmen, und findet weiter Anlehnung in Holland,
ſo=
wohl durch die Verbindung mit den Kommanditen der Dresdner Bank,
Proehl u. Gutmann in Amſterdam und das Schwoſterhaus der Fiuma
Mendelsſohn, Amſterdam.
Für Darmſtadt gewinnt die Transaktion dadurch an Intereſſe, da
bie Nöhm und Haas A.=G, hier, zum Scheidemandelkonzern gehört.
h. A.=G. moderner Antriebsmaſchinen in Speher
a. Rh. Die Geſellſchaft ſchlägt der Generalverſammlung
Kapitalserhöh=
ung um 20 auf 30 Mill. Mtk. durch Ausgabe von 20 000
Inhaberſtamm=
aktien zu je 1000 Mk. vor.
* Oeſterreichiſch=Ungariſche
Staatseiſenbahn=
gefellſchaft. Die Geſellſchaft hat ihre Obligationen der
Zpvozenti=
gen Markanleihe von 1895 zur Rückzahlung auf den 1. Mai ds. Js.
ge=
kündigt. Die Rückzahlung erfolgt in Deutſchland in Mark Deutſcher
Reichswährung. Der Kurs der Anleihe ſtellte ſich an den beiden letzten
Börſentagen auf 1940 Prozent bezw. 1800 Prozent!
* Zproz. Naab=Oedenburger=Ebenfurter
Eiſen=
bahn=Prioritäten, Emiſſion III. Die am 1. April fälligen
Ziusſcheine gelangen mit dem Gegenwert von 6 Ungariſchen Kronen
per Stück zur Einlöſung. Die Einlöſung erfolgt in Deutſchland in
Mark 50 Pfennig unter dem Geldkurs für Budapeſt. Die Einlöſung
der fällig geweſenen Zinsſcheine erfolgt, wie ſeither mit Mk. 6 per Stück.
8 Ein 67 Millionendefizit weiſt die Rechnung der
ſchweizeriſchen Bundesbahnen für 1923 auf, während das
Budget einen Ausfall von etwa 30 Mill. Fr. vorgeſehen hatte.
Bemer=
kenswert iſt, daß die Bundesbahnen aus eigenen Mitteln 1922 kaum
ein Drittel ihrer feſten Anleihen und ſchwebenden Schulden verzinſen
konnten, wofür 8 530 000 Fr. aufzuwenden ſind. Die Elemente einer
Verkehrsbelebung laſſen ſich aus der Verkehrsſtatiſtik, namentlich im
Güterverkehr, erkennen, der in den beiden letzten Monaten des Jahres
leicht erhöhte Erträgniſſe abwarf.
b. Themiſche Werke Brockhues A.=G. in Nieder=
Walluf. Der Bruttogeninn beträgt 117,28 (6 42) Mill. Mk., der
Reingewinn nach 4,05 Mill. Mk. Abſchreibungen 26,/42 11,7) 2cill Mk.,
woraus 100 (15) Prozent Dividende verteilt werden ſollen. Für
Tan=
tiemen ſind 221 Mill. Mk. erforderlich, für Wohlfahrtszwecke werden
1 Mill. Mk. beſtimmmt. Das Werk war ununterbrochen beſchrift zt und
hat die Produktion weſentlich vermehrt. Der wachſende Auftragsbeſtand
mache verſchiedene Erweiterungen erforderlich, die in kürzeſter Zeit eine
Grhöhung des gegenwärtig 23 Mill. Mk. betragenden Aktfontapitals
de=
ding. Es liege ein großer Auftnagsbeſtand vor, iber die Ausſicten
laſſe ſich aber gegenwärtig richts vorausſagen.
* Notlage des Wohnungsbaues. Die Landesbank in
Münſter hat den weſtfäliſchem Kommunen die Nachricht zugehen laſſen
daß für dieſes Jahr auf Darlehen zur Herſtellung neuer Wohnhäuſer
nicht gerechnet werde kann. Bei der allgemeinen Kapitalknappheit muß
die Landesbank ſich darauf beſchränken, die Kapitalicen für die
Fertig=
re
ſtellung der im Vorjahre begonnenen Bauten aufzubringen. Weit
Mittel ſtehen für die Finanzierung der Bautätigkeit nicht zur
Ver=
fügung.
Fd. Ein Zuſammenbruch im Berliner
Metall=
handel. (Priv.=Tel.) An der Verliner Börſe waren Gerüchte über
einen Zuſammenbruch einer mittleren Berliner Metallfirma verbreitet.
Die Angaben über die vorliegenden Paſſiven waren ſehr verſchieden.
Von gut unterrichteter Seite wird uns mitgeteilt: Die betreffende
Firma, die bis zum heutigen Tage ihren Verbindlichkeiten vollkommen
nachgekommen iſt, hat ſich heute ihren Gläubigern deconpriert und
an=
gegeben, daß es ihr nicht möglich iſt, ihre zum April fällig werdenden
Engagements abzuwickeln. Es handelt ſich alſo um große Termin=
Engagements, auf denen infolge des Rückgangs, der Deviſen enorme
Verluſte laſten. Ueber den Umfang der Differenzen kann im
Augen=
blick noch nichts Näheres geſagt werden, da die Verhältniſſe vollkommen
unüberſichtlich ſind. Es iſt noch nicht zu überſehen, ob die
Angelegen=
heit weitere Kreiſe ziehen wird.
Ed. Milliarden=Inſolvenz im Getreidehandel.
(Priv.=Tel.) Die Getreide= und Futtermittel=Großhandlung Völkening
u. Wenzel in Halle (Saale) iſt in Zahlungsſchwierigkeiten geraten und
hat Geſchäftsaufſicht beantragt. Sie ſtrebt einen Vergleich auf der
Grundlage von 40 Proz. an. Die Verbindlichkeiten überſteigen bereits
1 Milliarde Mark.
Meſſen.
* Starker Beſuch von Amerikanern auf der
Wie=
ner Frühjahrsmeſſe. Mitteilungen des
amerikani=
ſchen Geſandten. In den Vereiigten Staaren von Amerika giht
ſich ein au erordentliches Intereſſe für die Wiener Frühjahrsmeſſe kund.
Der amerikaniſche Geſandte in Wien, Mr. Waſhburn, machte
darüber einem Wiener Publiziſten folgend= intereſſante Mitteilungen:
Der Geſandte erklärte, daß amerikaniſche Geſchäftsleute in großer Zehl
die Meſſe beſuchen werden. Hunderte von Briefen, in denen Auskunft
über die Meſſe gewünſcht wird, ſind in der letzten Zeit von
amerikani=
ſchen Geſchäftsleuten bei der Geſandtſchaft eingegangen. Mr. Waſhburn
iſt der Ueberzeugung, daß die Meſſe für den wirtſchaftlichen
Wiederauf=
bau Oeſterreichs von größter Bedeutung ſein wird.
Förderung des Kleingewerbes. Um auch dem kleineren
Gewerbetreibenden die Möglichkeit zu gewähren, ſeine Neuerungen
und beſonders vertvolle Erzeugniſſe des Kunſtgewerbes und dergl. vor
einen weiteren Kreis von Intereſſenten aus dem geſamten In= und
Aus=
land zu bringen hat ſich der „Reichsverband Deutſcher Erfinder‟. E. V.
Mannheim (Geſchäftsſtelle: O. 3. 16), entſchloſſen, an ſolche Vewerber
Plätze für ſeine 3. Deutſche Erfindungen=, Neuheiten= und Induſtrie=
Meſſe, die vom 27. April bis 3. Mai d. J. in ſämtlichen Näumen, des
Mannheimer Rofengartens ſtattfindet, zu ſtark ermäßigten Preiſen
ab=
zugeben. Bei Bedürftigkeit werden für wichtigere Verbeſſerungen und
Neuerungen Freiplätze gewährt, wofür, größere Flächen
bereit=
geſtellt wurden.
Banken.
wb. Reichsbankausweis. Die Inanſpruchnahme der
Reichs=
bank hat ſich während der zweiten Märzwoche in beträchtlichem Umfang
fortgeſetzt. Jedoch iſt die Zunahme der Anlagekonden, wie der
Bank=
ausweis vom 15. b. M. zeiot nicht unweſentlich geringer als in den
letzten fünf Bankwochen. Die geſamte Kapitalaulage ſtieg um 289,1
Milliarden Mark auf 5869 Milliarden Mark. Von dieſer Erhöbung
entfielen 662 Milliarden Mark auf Handelswechſel und 239,4
Mil=
liarden auf Reichsſchatzanweiſungen; die Lombardforderungen gingen
um 16,7 Milliardn zurück. Da die neu beanſpruchten Kreditbeträge
der Bank in Zahlungsmitteln entzogen wurden, blieb der Beſtand der
fremden Gelder faſt unverändert; er weiſt eine kleine Verminderung
um 0,8 Milliarden Mauk auf 1971,4 Milliarden Mark aus.
Der Neubedarf an Banknoton war zur Monatsmitte ſtärker als
in der erſten Märzwoche. Die Banknotenausgabe mußte um weitere
401,3 Milliarden Mark auf 4272,5 Milliarden Mark erhöht werden. Der
Umlauf auf Darlehenskaſſenſcheinen gina demgegenüber um 03
Mil=
liarden Mark auf 126 Millianden Mauk zurück.
Die Darlehnskaſſen des Reichs dehuten ihren Darlehnsbeſtand in
der Berichtswoche um 54,2 Milliarden Mark auf 800,5 Milliarden Mark
aus und führten einen dieſen Neuausleihungen entſprechenden Betrag
an Darlehnskaſſenſcheinen an die Reichsbank ab. Infolgedeſſen haben
ſich die Beſtände der Bank an ſolchen Scheinen unter Berückſichtigung
des erwähnten Rückgangs im Umlauf um 545 Milliarden Mark auf
787,8 Milliauden Mark vermehrt.
* . Die Stellung der Banken zur Errichtung
von Goldmarkkonten. Der Vorſtand des Zentnulverbandes des
deutſchen Bank= u. Bankiergewerbes hat unter Zuziehung Berliner und
auswärtiger Bankſachverſtändiger die Frage der Errichtung ſogenannter
Goldmarkkonten eingehend beraten. Es wurde folgender ablehnender
Beſchluß gefaßt: Die deutſche Bonkwelt iſt bereit, wenn der Zeitpunkt
hierzu gekommen ſein wird, an einer Stabiliſierung der deutſchen
Wäh=
wung mit allen Kräften mitzuwirken, und beklagt es aufs Tiefſte, daß
dieſer Zeitpunkt durch den feindlichen Einfall ins Ruhrgebiet erneut in
die Ferne gerückt iſt. Ernſtlich warnen muß der Zentralverband aber
davor, daß gegenwärtig, noch ehe die wirtſchaftlichen und politiſchen
Vor=
ausſetzungen hierfür geſchaffen ſind, an die Einrichtung von
Goldmark=
korten, d. h. Gutſchriftkonten, in einer gannicht exiſtierenden Währung,
gegangen wird, für welche die kontoführende Bank Deckung aller
Voraus=
ſicht nach doch nur durch Dollarkäufe beſchaffen könnte. Vor Eintritt
dieſer Vorausſetzungen muß der Zentralverband ſeinen Mitgliedern auf
das Entſchiedenſte abraten, dem Dräugen nach Cinrichtung derartiger
Konten nachzugeben, da er hiervon große wirtſchaftliche Gefahren
fürchtet.
* d. Ein Finanzierungsinſtitut für
wertbeſtän=
dige Anleihen. Unter der Firma Deutſche Feſtmarkbank G. m.
b. H. Berlin iſt ein neues Benkunternehmen gegpündet worden, das ſich
in erſter Linie der Fimnanzierung wertbeſtändiger Anleichen und dem
kurzfriſtigen wertbeſtändigen Anlagevenkehr widmen wind. Neben dem
Stammkapital von 100 Millicnen Mark beſteht ein Garanti=kapital von
110 Millionen Feſtmark (U.S.=Dollar geteilt durch 4,20). Durch
Grün=
dung der Bank haben mehrere Verſicherungskonzerne, die
wertbeſtändig=
wündelſichere Anlagen ſuchen, mit den der Deutſchen Aktiengeſellſchaft
für Landeskultur naheſtehenden Kreiſen der Landwirtſchaft und
öffent=
lichen Waſſerwirtſchaft, welche derartige Anleihen aufnehmen, ihre ſich
ergänzeuden Intereſſen veremigt.
Fd. Bank für Handel und Gewerbe Leipzig. (Prib=
Tel.) Unter der Firma Bank für Handel und Gewerbe wurde in
Leip=
zig mit 100 Mill. Mk. ein neues Bankunternehmen zu dem Zwecke
ge=
gründet, dem ſelbſtändigen Mittelſtand Betriebskapital zuzuführen.
Das Kapital ſoll in Kürze auf 750 Mill. Mk. erhöht werden.
Warenmärkte.
wb. Berliner Produktenbericht. Auch am
Produkten=
markt herrſchte wieder ausge prochene Geſchäftsſtille. Für Weizen
wa=
zum Teil etwas billiger anzukommen. Roggen wurde ungefähr wie
geſtern bezahlt. Im Gerſtengeſchäft hat ſich wenig verändert. Für
Hafer zeigte ſich ſeitens der Proviantämter einige Nachfrage; in den
übrigen Artikeln fanden nur ganz gerige Umſätze ſtatt.
*d. Hamburger Warenbörſe. Kaffee: Es entwickelte
ſich nur etwas Platzgeſchäft in verzollter Ware. Das Ausland hält ſich
zurück. Die Offerten vor drüben lauten unverändert. Abſchlüſſe
wur=
den nicht bekannt. Kakao: Von drüben kam Superior Bahia mit
42 sh 6d Koſtfracht, Superior Thome 42sh 6d eif. Abladungsware
war im allgemeinen nicht gefragt, Lokoware hatte mehr Abzug zu
ver=
zeichnen. Aera good fermented 39 sh 4 d. Reis: Der Markt verkehrte
ruhig, nur vom Ausland lagen einzelne Aufträge vor; Burma II alte
Ernte ſtellte ſich auf 13 ch 3 d, neue Ernte auf 13 sh 9 d. Schmalz:
Amerikaniſches Steames 311 Dollan, raffiniertes in Tierees 323—33
Dollar, Hamburger Schmalz 33½ Dollar, Getreide: Der Markt
war unverändert ruhig. Weizen 37 000—39 000 Mk., Roggen 37004
bis 39 000 Mk., Hafer B000—30 000 Mk., Gerſte 30 000—32 000 Mk.,
Mais 35 000—36 000 Mk., Futtererbſen 35 000 —40 000 Mk. Kocherbſen
60 000—70 000 Mk., Viktorigerbſen 70 000—80 000 Mk., Raps 80 000
bis 85 000 Mk., Leiunſaat 60 000—65 000 Mk. Auslandszucker:
Der Markt lag unverändert ruhig bei unveränderten Preiſen. Danziger
K
ſtalle prompt und April 30 sb. tſchechiſche Kriſtalle Feinkorn März=
April 31 sh, tſchechiſche Würfel März=April 32 sh. 1—32 sh 3 0,
tſche=
chiſche Cubes Loko und April 32 sh 9—32 zh 7½ d.
n. Vom Holzmaxkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter ſchreibt
uns: Seit kurzem beginnen auch die Preiſe für Rohholz in den
Staats=
forſten abzubröckeln. Leider verſuchen die das Holz verſteigernden
Forſtbeamten häufig genug, ſich einem Preisabbau hindernd in den Weg
zu ſtellen, indem ſie bei Untergeboten, die durch die augenblickliche
Ge=
ſchäftslage bedingt tverden, den bietenden Sägewerksbeſitzern den
Zu=
ſchlag verſagen. Dieſe Maßnahme iſt um ſo mehr zu verwerfen, als ſie
den Fiskus in die Gefahr bringt, daß bei der vorgerückten Jahreszeit
und einem verſpäteten Angebot der bereits eingeſchlagenen Hölzer dieſe
blau und daher minderwertig werden. Am Schnittholzmarkt iſt der
Preisrückgang allgemein. Er iſt bei geringwertigerer Ware größer
als bei beſſerer, für Tiſchlereizwecke beſtimmter. Man hört von
Preis=
ermäßigungen, die zwiſchen 15 und 20 v. H. liegen. Das Angebot iſt
ziemlich dringend geworden, und es ſtellt ſich heraus, daß mehr Material,
als man bisher angenommen hat, ſich in den Händen des Zwiſchenhandels
befindet, der unter der Geldnot beſonders ſtark leidet. Vielfach laſſen
die Händler die Waggons unverkauft aus Oſtdeutſchland, aber auch aus
Polen, nach deutſchen Stationen rollen, um ſie dort beim Holzverbrauch
unterzubringen. Die Möbekfabriken und Großtiſchlereien ſind aber
ebenſowenig beſchäftigt, wie die kleineren Betriebe. Es beſteht bei ihnen
keinerlei Neigung zur Ergänzung ihrer Lagerbeſtände. Ueberall hört
man die Anſicht äußern, daß der Preisabbau am Schnittholzmarkt noch
nicht vollendet ſei. Ob und inwieweit ſich dieſe Erwartungen erfüllen
werden, iſt zweifelhaft. So lange die Frachten und Löhne nicht
herab=
geſetzt werden können, wird auch dem Preisabbau am Schnittholzmarkt.
eine gewiſſe Grenze gezogen ſein. Das Geſchäft in ausländiſchen
Höl=
zern, die von Amerika, Schweden, Norwegen und Finnland lebhaft
an=
geboten werden, würde ſich weſentlich lebhafter geſtalten, wenn es
mög=
lich wäre, die einzelnen Abſchlüſſe zu finanzieren. Die Banken verſagen
jetzt auch meiſt die Beleihung von Konnoſſementen, und es iſt unmöglich,
Blanko=Kredite, ſelbſt bei Gewährung, größter Sicherheit, zu erhalten.
Die Zahlungsweiſe in den Kreiſen des Holzverbrauchs iſt außerordentlich
ſchleppend.
Börſen.
wb. Frankfurter Börſe. Sehr ruhig war wieder die
Um=
ſatztätigkeit um Deviſen= und Notenmarkt. Der Dollar 20 850—20 900.
Nich ich die beruängfie Stelitio eileräliniſel de zaf ine
Erleichterung erfahren haben, ſind freilich noch nicht dazu angetan
um eine allgemeine Erholung der ſtark geworfenen Effektenkurſe zu
bsgünſtigen. Der Notenumlauf der zweiten Märzwoche hat für die
Reichsbant eine ſtarke Beauſpruchung gebracht. Dieſe gab Anlaß, daß
ſich die Geſchäftsunluſt eher verſtärte. Einige Nachfrage herrſchte nach
Induſtrieaktien, doch hielten ſich die Umſätze in engſten Grenzen. Von
Montanspapieren waren Deutſch=Luxemburg geſuchter. OtaviMinen
160 000. Zolltürken 28 225. Diamont=Shares 125 000. Man nannte
fer=
ner: Benz 13000, Elberfelder Kupfer 8750, Entrepriſe 97 000. Inag
1350, Brown Boberi 7500. Gnotzag 1050—1060, Ufa 8000.
Frankfurter Abend=Deviſen vom 22. März. Bei
beſcheidenen Umſätzen ſind die Preiſe vorwiegend behauptet.
Dollar=
noten 20 900. Polennoten 51.—, Belgien 1240, Holland 8250, London
98000. Paris 1410. Schweit 3850. Italien 1020, New=York 20 850.
wb. Berliner Börſenbericht. In deu am Deviſenmar
ſchon ſeit längerer Zeit vorherrſchenden Geſchäftsſtille hat ſich nicht
geändert. Die Notierungen wieſen entſprechend den kleinen Umſe
nur geringfüigige Abweichungen gegen geſtern auf. Das gleiche 2
der Lebloſigkeit bot der freie Effektenverkehr. Hier waren von den
geringer Anzthl verſammelten Händlern Kurſe kaum zu hören.
—Ffe ne Beb Brief Geld. Meneeee 9— f.— 1250.,85 Holland zzzzzuaazzuasssuss 30 * g75 London ..................." Paris „.unnuzeusaerassase.= 1389.15 Schweiz unraraaraanass. 3635.40 385460 Bich Spanien ................... 3214.45 Italien ................... 1012.45 ä7 Liſſabon=Oporto.. ........... Dänemark. ..............5 3972,55 3992.3 1N. Norwegen .................. 7265 79
379 37
Schweden z...azaansaaass..= 10 363 21 5541.1 Helingfors ................. Rew=York ........ ....... 65530 20933,70 Deutſch=Oſterreich (abg.) . .... 9. 2887 80 J. Rudapeſt . ......aaaaan7. 43— 135— 53 90 Prag uuzaaauaneransaargas 613.— 521.— 618.— Kgram..................... — — —.
w. Debiſenmarkt. Berlin
Amſterdam=Rotterdam .. ...
Brüſſel=Antwerpen „zuzuuura=
Fhriſtanig „uzzuzauuuzuauur=
Kopenhagen ................
Stockholm..................
Helingfors zuuanasaausgaraas
Italien. ...................,
London ..... zaazansassaaas
New=York .................
Baris ......................
ſchweiz.:...........saaauas
Spanien „u.......n
jien (in Deutſch=Oſterr, abg.).
Prag zuuuuuuuzuzzurzuusrnes
Budapeſt. .................
Buenos=Aires. ... ...„azaue=
Bulgarien. „.......anaanagrs
Japan z—.aaazaasragJaa. 77
Rio de Janeiro ............=
Belgrad..............
22. März Telegr. Auszahlungen
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139.15
g75.
21421
100
Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309 —
FRIEDRICH ZAUM
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten
Darmstadt
1 Luisenplatz 1
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