Darmstädter Tagblatt 1923


05. März 1923

[  ][ ]

Bezugspreis:
Beiwöchentlich 7maligem Erſcheinen monatl. 3400..M
und 200. M. Abtragegebühr, durch die Agenturen
z5 0 M. frei Haus. Beſtellungen nehmen ent=
gegen
: die Geſchäftsſtelle Rheinſtraße 23 ( Feru=
ſprecher
1, 2390 und 2391), die Agenturen und alle
Poſtämter. Verantwortlichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſtimmten Tagen wird nicht übernom=
men
. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur Kür=
zung
des Bezugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtel=
ungen
durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.

Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
186. Hahrgang
Nachdruck fämtlicher mit xverſehenen Original=Aufſätze ud eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſtattet.

Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 250 M.
Bankanzeigen 375 M., Reklamezeile (92 mm breit)
875 M. Anzeigen von auswärts 400 M., Banß=
anzeigen
600 M., 92mm breite Reklamezeile 1400 M.
Anzeigen nehmen entgegen: Geſchäftsſtelle Rhein=
ſtraße
23, die Agenturen und Anzeigenexpeditionen.
Im Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr,
Streik uſw., erliſcht jede Verpflichtung auf. Er=
füllung
der Anzeigenaufträge und Leiſtung von
Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher Bei=
treibung
fällt jeder Rabatt weg.

Nummer 63
Einzelnummer 150.00 Mk.
Montag, den 5. März 1923

Die Ausgeſtaltung der Dollaranleihe.
Berlin, 4. März. (Telunion.) Die Beratungen über die
Ausgeſtaltung der Dollar=Schatzanweiſungsanleihe,
zu deren Ausgabe der Reichsminiſter der Finanzen am 2. d. M.
durch Reichsgeſetz ermächtigt worden iſt, ſind abgeſchloſſen. Die
Anleihe ſoll vonr 12. bis 24. März zur Zeichnung zum Ausgabe=
kurs
von 100 Prozent aufgelegt werden. Die Einzahlung kann
uicht in Mark, ſondern nur in Dollars und anderen hochwertigen
Oeviſen erfolgen. Es werden Stücke lautend über 5, 10, 20, 50
und 100 Dollar ausgegeben, die nach drei Jahren zu 120 Pro=
zent
ohne jeden Abzug nach Wahl, des Reiches in Scheck auf
Neu=York oder in Gold zurückgezahlt werden. Der Aufſchlag
entſpricht etwa einer Verzinſung von 6 Prozent. Die Dollar=
ſchatzanweiſungen
werden zum Börſenhandel zugelaſſen werden.
Sie ſind außerdem bei den Darlehnskaſſen des Reiches beleih=
bar
und unterſcheiden ſich dadurch von den Deviſen. Die Ein=
gabe
der den Zeichnungsbedingungen entſprechenden Deviſen
zum erſten Erwerb dieſer Dollarſchatzanweiſung wird von der
Devifenumſatzſteuer befreit werden. Die aufkommenden Devi=
ſen
fließen der Reichsbank zu, die die ſelbſtſchtlöneriſche Bürg=
ſchaft
über die Schatzanweiſungen übernommen hat.

Vom Tage.
Am Samstag nachmittag 4 Uhr tat das Neichskabinett zu=
ſammen
, um ſich mit der durch die Beſetzung der Städte Darmſtadt,
Mannhciu und Karlsruhe geſchaffenen Lage zu beſchäftigen. Es iſt
felbſtverſtändlich, daß die Regierung auch diesmal wieder auf diplomati=
ſchem
Wege in aller Form gegen die Beſetzung proteſtieren wird. Wie
wir erfahren, wird man ſich aber mit dieſem Proteſt nicht begnügen, viel=
mehr
wird der Reichskanzler vor dem Reichztage in feierlicher Weiſe
ſeiner Entrüſtung über den neuen Rechtsbruch der Franzoſen Ausdruck
geben.
Der Berliner Lokalanzeiger ſchreibt: Der Verein oſt= und weſt=
preußiſcher
Studenten veranſtaltete geſtern einen Akademiſchen Abend,
der den Zweck hatte, den neutralen Studierenden nahezukommen. Nach
einem Voxtrag des Landtagsabgeordneten Profeſſor Kaehler=Greifswald
wurde eine Entſchließung angenomme, in der die in Berlin weilenden
Abademiker aus 18 europäiſchen und Ueberſee=Auslandsſtaaten den Nuhr=
arbeitern
Widerſtandskraft gegen den Rechtsbruch und die Vergewalti=
gung
wünſchen.
Das Ritzau=Burcau meldet aus Aalborg: Heute nacht entſtand in
der einer Genoſſenſchaft gehörenden Zementfabrik in Noevreſundby ein
Brand, der die Fabrik größtenteils zerſtörte. Der Schaden beziffert ſich
auf zirta ſechs Millionen Kronen.
Der öſterreichiſche Bundesminiſter für Handel und Induſtrie Kraft
reiſt nach Leipzig zum Adeſſebefuch, wo er auch mit dem zuſtändigen
rechtsdeutſchen Miniſter über ſchwebende zollpolitiſche und handelspoli=
tiſche
2
enheiten zu verhandeln gedenkt.

Die neuen franzöſiſchen Beſetzungen.
Erlaß des Reichspräſidenten. Telegramme des Reichskanzlers.

Gegen Spionage.
Berlin 4. März. (Wolff.) Der Reichspräſident hat auf
Grund des Arrikels 48 Abſatz 2 der Reichsverfaſſung folgende
Verordnungüber Wiederherſtellung der öffent=
lichen
Sicherheit für das Reichsgebiet erlaſſen:
8 1. Mit Zuchtheaus nicht unter zehn Jahren oder mit
lebenslangem Zuchthaus wird beſtraft, wer während der in
Friedenszeit erfolgten Befetzung deutſchen Gebiets durch eine
fremde Macht dieſer in wirtſchaſtlichen, politiſchen oder mili=
täriſchen
Angelegenheiten als Spion dient oder Spione dieſer
Macht aufnimmt, verbirgt oder ihnen Beiſtand leiſtet. Bei mil=
dernden
Umſtänden wird als Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jah=
ren
oder Gefängnis nicht unter zwei Jahren verhängt.
8 2. Neben Freiheitsſtrafe iſt auf Geldſtrafe bis zu 500
Millionen Mark zu erkennen. Neben Gefängnis kann auf Ver=
luſt
der bekleideten öffentlichen Aemter, ſowie der aus öffent=
lichen
Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt ſverden.
5 3. 8 93 des Strafgeſetzbuches über Beſchlagnahme
von Vermögen gilt entſprechend.
8 4. Für Aburteilung iſt das Reichsgericht zuſtändig,

Der Reichskanzler an Baden und Heſſen.

Berlin, 4. März. (Wolff.) Der Reichskanzler
richtete geſtern an den badiſchen Staatspräſidenten Remmele
folgendes Telegramm:
Mit tiefer Empörung habe ich Ihre Mitteilung über die
Beſetzung des Hafengebiets der Stadt Mann=
heim
und über die Bedrohung von Badens Hauptſtadt er=
halten
. Ich bitte Sie, Herr Staatspräſident, der badiſchen Re=
gierung
ſowie den ſchwver bedrohten Städten des geſamten badi=
ſchen
Landes den Ausdruck der treueſten Anteilnahme der Reichs=
regierung
zu übermitteln. Wir werden alles tun, was in unſe=
ren
Kräften ſteht, um die ſchweren Prüfungen, mit denen fran=
zöſiſche
Willkür wie in früheren Zeiten deutſcher Not den Süd=
weſten
unſeres Vaterlandes jetzt wieder heimſucht, nach Mög=
lichkeit
zu lindern. In Geſinnung und Tat wird das deutſche
Volk den Badenern ihre Treue und Standhaftigkeit danken.
An den heſſiſchen Staatspräſidenten Ulrich telegra=
phierte
der Reichskanzler:
Erneut bedroht, feindlicher Einbruch Darmſtadt und
weitere Teile des ſchwer leidenden Heſſenlandes. Die Reichs=
regierung
weiß, daß Heſſen ungebeugt für Reich und Recht feſt=
ſtehen
wird. Sie bittet Sie, Herr Staatspräſident, die Verſiche=
rung
entgegenzunehmen, daß das Reich die Schäden nach Kräf=
ten
lindern und Treue um Treue wahren wird.

Berlin, 3. März. (Wolff.) Der Reichskanzler rich=
tete
, wie kurz gemeldet, an den bayeriſchen Miniſterpräſidenten
b. Knilling folgendes Telegramm:
Der neue frevelhafte Rechtsbruch Frankreichs legt
mir die Pflicht auf, den deutſchen Proteſt in einer beſon=
deren
Sitzungdes Reichstags zu erklären. Der Präſi=
dent
des Reichstags hat daher denſelben für nächſten Dienstag
zu einer außerordentlichen Sitzung zuſammenberufen. Das ver=
bietet
mir, den beabſichtigten Beſuch in München am Montag
auszuführen. Ich bedauere dies aufs lebhafteſte, bin aber ſicher,
daß die Gründe hierfür gerade in dem vom Einfall betroffenen
Süddeutſchland gewürdigt werden. Ich bitte, den Beſuch auf
den erſten freien Tag verſchieben zu dürfen, der mir zur Ver=
fügung
ſteht.
Der württembergiſche Staatspräſident v. Hieber wurde
in gleicher Weiſe verſtändigt, daß der Reichskanzler auf den
Beſuch in Stuttgart am Dienstag verzichten müſſe.
Franzöſiſche Begründung der neuen Beſetzungen.

VU Berlin, 5. März. Die franzöſiſche Regierung hat dem
deutſchen Geſchäftsträger in Paris am 3. März, 8.45 Uhr abends,
eine Note überreichen laſſen, in der es heißt: Der Rhein=Hern==
Fanal, deſſen durch Sabotage beſchädigten Schleuſen von Frank=
keich
und Belgien wieder in Ordnung gebracht waren, ift durch
abſichtliches Verſenken von Kähnen zerſtört worden.
Die franzöſiſche Regierung hat beſchloſſen, als Vergeltungs=
maßnahmen
die Häfen von Mannheim und Karlsruhe und
die Eiſenbahnwerkſtätten von Darmſtadt zu beſetzen.
Auch in dieſem Falle ſucht alſo die franzöſiſche Regierung
Ihre Gewaltakte zu verſchleiern.

Aus dem neuen Einbruchsgebiet.
In Darmſtadt
iſt die Lage zurzeit dieſe: die Pdſten am Güterbahuhof und
Lokomotivſchuppen ſind zurückgezogen. Das Elektrizitäts=
werk
und die Lokomotivwerkſtätte ſind nach wie vor beſetzt und
die Arbeit ruht. Am Bahnübergang im Dornheimer Weg ſind
die Maſchinengeſpehre weggenommen, dafür iſt zu beiden Seiten
Stacheldraht gezogen und Schlagbäume und proviſoriſche Schil=
derhäuſer
für den Doppelpoſten errichtet, doch wurde der Verkehr
über die Brücke bisher nicht gehindert. Die Poſten auf der
Chauſſee nach Griesheim ſind eingezogen worden, dagegen war
die Kavalleriepatrouille geſtern dauernd unterwegs.
Der Perſonenzugverkehr war geſtern wieder nor=
mal
. Auch den Güterzugverkehr hat man verſuchsweiſe
wieder aufgenommen. Die erſten Züge, die den Bahnhof ſchnell
durchfuhren, ſind nicht angehalten worden.
Mannheim, 4. März. (Wolff.) Staatspräſident Rem=
mele
und Finanzminiſter Köhler aus Karlsruhe ſind
hier eingetroffen, um mit den ſtaatlichen und ſtädtiſchen Be=
hörden
die Lage zu beſprechen.
Mannheim, 4. März.. (Wolff.) Die Lage im Reichs=
bahndirektionsbezirk
Ludwigshafen verſchärfte ſich weſent=
lich
. Nachdem in der Nacht auf Samstag das Perſonal der
Reichsbahndirektion Ludwigshafen den Betrieb noch durchzu=
führen
verſuchte, ſetzte am Samstag die planmäßige Ver=
drängung
des deutſchen Eiſenbahnperſonals ein.
Das deutſche Perſonal wurde von der militäriſchen Unterkom=
miſſion
und deren Bahnhofskommiſſaren aufgefordert, zu er=
klären
, ob es den Dienſt unter franzöſiſchem Befehl weiter ver=
ſehen
wolle. Da dies überall abgelehnt wurde, erfolgte
ein ſofortiger Befehl, die Dienſträume, Stellwerke, Werkſtätten
uſw. zu verlaſſen, da der Betrieb in franzöſiſche Hände über=
gehe
. Das Perſonal wurde durch die franzöſiſchen Beſatzungs=
truppen
und von franzöſiſchem Eiſenbahnperſonal im Laufe des
geſtrigen Tages auf den pfälziſchen Hauptbahnſtre=
cken
verdrängt. Auf den Nebenſtrecken wollte das deutſche
Perſonal den Betrieb weiter führen, die Franzoſen haben dies
jedoch nicht zugelaſſen. Sie verbieten jeden Eiſenbahnbetrieb
innerhalb der Pfalz nach deutſchen Beſtimmungen.
Verhaftet wurden Oberzollinſpektor Gottfried, der ins Ge=
fängnis
abgeführt wurde und Lokomotivheizer Langhaſe,
beide aus Ludwigshafen. Ausgewieſen wurden der Vor=
ſtand
der Maſchineninſpektion Kaiſerslautern, Regierungsbau=
rat
Kund, der Vorſtand der Betriebswerkſtätte Kaiſerslautern,
Eiſenbahningenieur Göbel. Es wurde ein franzöſiſcher Be=
fehl
angeſchlagen, wonach Dienſtwohnungen bis zum 8. März
zu räumen ſind, widrigenfalls die Inhaber ausgewieſen werden.
Berlin, 4. März. Die Blätter melden aus Karlsruhe:
Die badiſche Regierung nahm zu der weiteren Beſetz=
ung
badiſchen Gebiets durch frozöſiſche Truppen in einer Er=
klärung
Stellung, worin ſie es für zwecklos hält, wegen der
Fortſetzung der völkerrechtswidrigen Vergewal=
tigung
zu proteſtieren und die Bevölkerung zur Ruhe er=
mahnt
.
Mannheim, 3. März. (Wolff.) Wie die Eiſenbahnbe=
triebsinſpektion
mitteilt, iſt der Verkehr nach dem Mann=
heimer
Zentralgüterbahn hof durch die Franzoſen
unterbunden. Es können infolgedeſſen dort vorerſt weder Güter
aufgegeben, noch abgeholt werden. Im Mannheimer Haupt=
zollamtshafen
beſchlagnahmiten die Franzoſen alle Waren. Auch
das der Rhein=Seeſchiffahrtsgeſellſchaft gehörende Kran=
ſchiff
Mannheim 72, das im Neckar lag, iſt von den Fran=
zoſen
beſchlagnahmt und mit einer franzöſiſchen Wache beſetzt
worden.
Mannheim, 3. März. (Wolff.) Der Manuheimer
Generalanzeiger meldet: Von den im Neckar liegenden Schiffen
darf keines weggefahren werden.

Der Ruf nach dem deutſchen Programm.
Von
Dr. Walter Croll, Berlin.
Abermals hat der britiſche Miniſterpräſident Bonar Law im
Unterhaus beklagt, daß Deutſchland noch kein ausführliches Pro=
gramm
für die Löſung des Reparationsproblems vorgelegt habe,
Er empfiehlt, daß die meiſtbeteiligten Staaten. Deutſchland,
Frankreich und Großbritannien, geſonderte Vorſchläge für die
Löſung der Reparationsfrage unterbreiten möchten. Augenſchein=
lich
wünſcht der britiſche Miniſterpräſident, daß Deutſchland den
Anfang mache und möglichſt ſchon nach einigen Tagen feſte An=
gaben
über diejenigen Summen veröfffentlichen möge, die es
zahlen wolle‟. An ſich beſtehr kein Anlaß, auf den Vorſchlag
eines auswärtigen Staatsmannes zurückzukommen, nachdem die=
ſer
Vorſchlag bereits vorher einmal als unmöglich und ſchädlich
widerkegt und zurückgewieſen worden iſt. In radikalen Kreiſen
Deutſchlands hört man immer häufiger die Mahnung, die Reichs=
regierung
dürfe keine Möglichkeit außer acht laſſen, die Ruhr=
akvien
zu liquidieren und unbeteiligte Mächte, zu einem Ein=
greifen
zu veranlaſſen. Darum wird Bonar Laws wiederholte
Anregung nicht überall mit der notwendigen Selbſtverſtändlich=
keit
zurückgewieſen werden. Es iſt daher notwendig, klar aus=
einanderzuſetzen
, was die engliſche Anregung bedeutet.
Herrſchte in der Welt diejenige Geſinnung, die breite Schich=
ten
unſeres Volkes in den Jahren 1917 und 1918 auf den Thron
gehoben ſehen wollten, ſo wäre es kein allzu großes Riſiko, wenn
wir eine Sümme nennen wüirden, die uns unter den heutigen
Verhältniſſen erſchtvinglich ſcheint. Unter der Fortdauer
der Ruhrbeſetzung aber können wir überhaupt
keine Zahlungs= und Lieferungsvorſchläge
machen. Wenn ein Kaufmann auf ſeinem Lager ein Faß Oel
ſtehen hat, welches leckt, ſo kann er unmöglich der Menge nach
ein feſtes Angebot in Oel machen, wenn er nicht in der Lage iſt,
das Faß ſofort zu reparieren; ſonſt läuft er Gefahr, daß das Oel
davongefloſſen iſt, wenn der Käufer die ihm zugeſagte Ware ab=
holen
will. Nun könnte vielleicht mancher glauben, um des lie=
ben
Friedens willen könnten wir ein Angebot machen, noch ehe
die Blutung an der offenen Wunde unſeres Wirtſchaftskörpers
zumt Stillſtand gekommen iſt.
Hieran hindert uns aber die inzwiſchen gewonnene feſte
Ueberzeugung, daß es gar nicht das wahre Ziel der Franzoſen
iſt, von uns Erfüllung eines Reparationsprogramms zu erhalten,
ſondern vielmehr uns bei der Abwickelung der Reparationsver=
pflichtungen
ins Unrecht zu ſetzen. Der Reichskohlenkommiſſar
Dr. Stutz hat kürzlich der franzöſiſchen Feſtſtellung vorſätzlicher
Verfehlungen die vorſätzliche Feſtſtellung von Verfehlungen
entgegengeſetzt. Nennen wir irgend eine Summe, zu deren Zah=
lung
etva im Laufe des Jahres 1923 wir uns verpflichten, ſo
beſteht die abſolute Gewißheit, daß wir enweder hinter der
Selbſteinſchätzung zurückbleiben oder aber bei unſeren Gläu=
bigern
wegen der geringen Höhe der angebotenen Summe einen
Sturm der Entrüſtung entfeſſeln. Bonar Law will uns wit ſei=
ner
erneuten Forderung zur Bekanntgabe eines deutſchen Pro=
gramms
zwiſchen Schlla und Charybdis locken. Es liegt auf der
Hand, daß vom Standpunkt der Gerechtigkeit und der Vernunft
ein ſolches Anſinnen an uns nicht geſtellt werden kann. Darüber
hinaus muß geſagt werden, daß wir der Beilegung des deutſch=
franzöſiſchen
Konfliktes und der Löſung des Reparationspro=
blems
keinen Dienſt erweiſen, wenn wir jetzt Anerbietungen
machen, die enteder das Maß unſerer Leiſtungsfähigkeit über=
ſteigen
, oder aber unſere Gläubiger gegen uns in Wut bringen.
Wahrſcheinlich wird ſogar beides der Fall ſein, daß nämlich ein
unſere Leiſtungsfähigkeit überfteigendes Angebot der Gegenſeite
unerhört niedrig vorkommen wird. Auch in der Zurückweiſing
ſolcher britiſcher Vorſchläge muß die Mehrheit unſeres Volkes
unerſchütterlich hinter der Reichsregierung ſtehen.

Aus Oeſterreich.
Wien, 3. März. (Wolff.) In der Volkshalle im Rat=
haus
fand heute nachmittag eine von den jüdiſchen Gemeinde=
räten
und der israelitiſchen Kultusgemeinde einberufene Maſſen=
verſammlung
ſtatt mit der Tagesordnung: Proteſt gegen
die antiſemitiſchen Verhetzungen. Angehörige
gegneriſcher Organiſationen veranſtalteten unter ſtarker
Teilnahme eine Gegenkundgebung, indem ſie das Rat=
haus
in weitem Umkreiſe umlagerten. Die Lage ſchien zeit=
weilig
einen bedrohlichen Charakter anzunehmen, doch gelang es
einem umfangreichen Polizeiaufgebot, größere Zuſammenſtöße
zu verhindern. Bei kleineren Schlägereien nach Schluß d
Verſammlung wurden ſieben Perſonen leicht verletzt.
zei nahm mehrere Verhaftungen vor.

Wien, 3. März. (Wolff.) Korreſpondent Wilhelm be=
richtet
: Bei den unter dem Namen Hilfswerk, für die
bedrängte Bevölkerung im Rhein= und Ruhr=
gebiet
vereinigten Verbänden liefen 115 Millionen Kronen
ein, außerdem eine Anzahl Beträge in fremden Valuten. Die
Korreſpondenz bemerkt: Dieſer ſchöne Erfolg zeige, daß die
öſterreichiſche Bevölkerung, mit warm fühlendem Herzen an der
Bedrängnis der Bevölkerung an Rhein= und Ruhr teilnehme.

Diebulgariſch=ſerbiſchen Beziehungen.
Sofia, 3. März. (Wolff.) Bulgariſche Telegraphen= Agen=
tur
: Die bulgariſch=ſerbiſche gemiſchte Kommiſ=
ſion
für die Löſung der zwiſchen den beiden Ländern ſchweben=
den
Fragen begann geſtern in Niſch ihre Arbeit. Hierzu ſchreibt
das bulgari

beiten inverſöhnlichem Geiſte führen werde, beſeelt von
dem feſten Wunſch, zu einem b=friedigenden Abſchluß zu gelan=
gen
. Die Arbeiten der Kommiſſion bilden den erſten praktiſchen
Schritt für eine Annähernng zwiſchen Sofia und
Belgrad.
Die Zeitung Popeda ſchreibt, daß die Beſſerung der
bulgariſch=ſerbiſchen Beziehungen günſtige Aus=
ſichten
für die Arbeiten der Kommiſſion eröffne, die für ihr Teil
jedenfalls dazu beitragen werde die gute Nachbarſchaft, die zwi=
ſchen
beiden Völkern beſtehen
feſtig

[ ][  ][ ]

Rumzer 63.
Dartſtädter Tagblatt, Montag, den 5. März 1923.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 5. März.

Zum Zuſammentritt des Reichskabinetts.
meldet der Lokalanzeiger: Das Reichskabinett wird heute Mon=
tag
zuſammentreten, um über die Regierungserklärung ſchlüſſig
zu werden, die Reichskanzler Dr. Cuno vor dem Reichstag ab=
geben
ſoll. Außerdem wird man über die Maßnahmen beraten,
die angeſichts der neuen Beſetzungen zu ergreifen ſind.
Geſtern war das Gerücht verbreitet, die deutſche Regierung
werde die diplomatiſchen Beziehungen zu Frankreich abbrechen.
Dieſe Gerüchte entbehren jeder Grundlage. Der Ab=
bruch
der Bezichungen würde für Deutſchland ſo große Nachteile
haben, daß es beſſer iſt, an dem beſtehenden Zuſtande nichts zu
ändern.
Gewalt und Wilkür.
Offenburg, 4. März. (Wolff.) Auf Befehl des franzö=
ſiſchen
Generals Michel, des Kommandanten des Brücken=
kopfes
Kehl, wird die Gendarmerie in Offenburg und
Appenweier als aufgelöſt bezeichnet, ſie ſoll entwaffnet wer=
den
. Durch dieſe Maßnahme, ſo heißt es weiter in dem Befehl,
wird die Strafverfolgung der Beamten, die ſich weigerten,
ihren Dienſt unter franzäſiſchem Befehl fortzuſetzen, nicht auf=
gehoben
. Bürgermeiſter Bührer, der bei Renchen in das
unbeſetzte Gebiet abgeſchoben wurde, befindet ſich in Karlsruhe.
Seine Familie und diejenige des bereits ausgewiefenen
Oberamtmannes Schwörer von Offenburg erhielten gleich=
falls
den Ausweiſungsbefehl.
Elberfeld 1. März. (Wolff.) Der Vahnhof Scharn=
horſt
iſt von zwei Jufanterieregimentern und
einem Pionierregiment beſetzt worden. Bahnhof
und Straßen ſind abgeſperrt. Bei den Straßenabſperrungen
gingen die Franzoſen wieder genqu ſpie in Bochum vor.
Bochum, 4. März. (Wolff.) General Degoutte hat an=
läßlich
des Ueberfalles von Paſſanten durch franzöſiſche wenn ſie wirklich einmal begonnen, von den Gegnern im Heime
Soldaten und der gemeldeten Plünderungen einen Oberſt erſtickt.
beauftragt, eine Unterſuchung an Ort und Stele vorzu=
nehmen
. Das Beſatzungsamt der Stadt Eſſen wird die Proto=
kolle
dem Oberſt am Montag zur Prüfung zuſtellen. Am Diens=
tag
ſollen dann die Ueberfallenen von dem Oberſt perſönlich ver=
nommen
werden. Die Schuldigen follen ſtrengſtens beſtraft
werden.
Der neue franzöſiſche
Direktor der rheiniſchen Eiſenbahnen, uns, daß wir doch nicht ſo bedingungslos unſeren Feinde
TU. Paris, t. März. Ein Erlaß der interalliierten
Rheinlandkommiſſion gibt die Ernennung des ſranzöſiſchen
Staatsbahnunterdirektors Breaud zum Direktor der
im beſetzten Rheinland bekannt.
je Amtspflichten Breauds
wird eine franzöſiſche miniſterielle Bekanntmachung des näheren
feſtſtellen, deren Wortlaut heute dem General Degoutte mitgeteilt
worden iſt. Vor Uebernahme ſeines neuen Amtes ſoſl Breaud
ſich mit dem belgiſchen Eiſenbahuminiſter Neujean ins Einver=
nehmen
ſetzen, weshalb er geſiern abend nach Brüſſel abreiſte.
Um die Eiſenbahnen in der engliſchen Zone.
Paris, 1. März. (Telunion.) Der Neu=York Herald
meldet heute morgen, daß die engliſche Regierung Frankreich
Vorſchläge gemacht habe, betreffend die Beſetzung der
Eiſenbahn in der engliſchen Zone am Rhein. Die
engliſchen Vorſchläge gehen dahin, daß zehn Züge täglich durch
dieſe Zone durchgelaſſen werden: fünf in nördlicher und fünf
in ſüdlicher Richtung. Der New York Herald bemerkt hierzu,
daß dieſer britiſche Vorſchlag Frankreich gemacht worden ſei,
nachdem die engliſche Regierung mit der deut=
ſchen
Regierung im geheimen in Frankfurt vorher über
dieſe Vorſchläge ein Einvernehmen getroffen habe. (!) Die
franzöſiſche Preſſe meldet hierüber nichts, doch glaubt man,
daß der Vorſchlag von Fraukreich angenommen werden
wird.
Reutraler Proteft.
Amſterdam, 3. März. (Wolff.) Die neue hollän=
diſche
Rhein=Dampfſchiffahrtsgeſellſchaft rich=
tete
an das Miniſterium des Aeußeren im Haag eine Eingabe,
worin auf die Folgen hingewieſen wird, die die franzöſiſchen
Anordnungen über den Verkehr auf dem Rhein nach ſich zögen.
Die Nachteile, die hieraus erwüchſen, ließen ſich garnicht ab=
ſchätzen
, weshalb die Geſellſchaft die Regierung dringend er=
ſuche
, fo ſchnell wie möglich einzugreifen.
Haag, 3. März. (Wolff.) Die Steinkohlen= Handelsver=
einigung
weiſt darauf hin, daß die Hadasmeldungen über die
Abfertigung von Kohlenzügen aus dem Ruhrgebiet nach
Holland vollſtändig unrichtig ſeien. Gegen alles Recht
und Billigkeit und im Widerſpruch mit früheren Verſprechun=
gen
hielten die Beſatzungsbehörden ſeit 25. Februar zwölf Uhr
mittags alle Wagen und Schiffe mit Kohlen an, die für Hol=
land
beſtimmt waren.

Deutſchtum der Tat.
Unſere Augen blicken in dieſen Tagen des feindlichen Ein=
bruchs
an der Ruhr doll Stolz auf die mannhafte, entſchloſſene
Haltung der dortigen Bevölkerung. Mit allen Faſern unſeres
Herzens fühlen wir uns mit den Hunderten und Tauſenden
brader deutſcher Männer und Frauen verbunden, die ihre un=
wandelbare
Treue zun Vaterland mit dem Verluſt von Haus
und Heimat, von Geld und Gut bezahlen müſſen. Wenn wir
Tag um Tag von dem tapferen Verhalten der Beamten, Arbeiter
und ſonſtigen Bürger hören, wenn wir immer wieder erfahren,
daß ſie trotz aller Drangſalierungen des Feindes nicht mit der
Wimper zucken, ſondern ihren geraden Weg gehen und keine
Hand rühren, den fremden Eindringliugen irgendeinen Dienſt
zu erweiſen, dann wird der Elaube an unſer Volk, der in den
letzten Jahren manchmal in uns erſchüttert war, wieder leben=
dig
, und wir fangen an, einen neuen ſittlichen Aufſtieg Deutſch
lands zu erhoffen.
Was uns in den Jahren nach dem unglücklichen Ausgang
des Weltkrieges verloren ging, war das Gefühl: wir ſind ein
einig Volk von Brüdern‟. Wir ſuchten die Schuldigen an unſe=
rem
Unglück in jeder Klaſſe, jeder Partei, jeder Religionsgemein=
ſchaft
und dergaßen über dieſem Streit die Arbeit an dem
Wiederaufbau unſeres Vaterlandes. Anſtatt ſich auf den einen
großen Gedanken zu konzentrieren, wie erheben wir uns wie=
Der aus dieſer Not und dieſem Elend, zerſplitterten wir uns in
Hunderte von Geſinnungsgemeinſchaften, deren jede für ſich der
Beweis lieferte, daß Goethe mit ſeinem Wort nur zu wahr
ſprochen hatte: Mit Worten läßt ſich trefflich ſtreiten, mit Wor=
ten
ein Syſtem bereiten. Programme zur Neugeſtaltung des
Staats= und Wirtſchaftslebeus wurden uns in Fülle beſchert,
aber ſie blieben ein Stück Paßier und die Erfüllung wurde,
Das Schickſal an der Ruhr ſcheint aber jetzt ein neues
Deutſchtum der Tat erweckt zu haben. Wohl verbürgen wenige
Zeichen den Beginn einer neuen Zeit. Aber, wenn auch faſt
unſichtbar, wir ſpüren in manchen Dingen dennoch das Wachſen
ſittlicher Kräfte. In unſerem Volk beginnt ſich das geſunde
Sefühl der Selbſtbehauptung zu regen. Man ſchreitet auch da=
zu
, den ſtarken frembländiſchen Einflüſſen auf allen Gebieten
einen Damm entgegenzuſetzen. Es wächſt das Beſußtſe
geſtern ausgeliefert ſind, ſondern noch die Kraft haben
Ordnung in unſeren Reiche zu ſchaffen. Wenn wir die
ſchloſſenheit der Abwehr im Ruyrgebiet, das einntüt’ und
oFferfreudige Zufammenhalten der übrigen deutſchen Bevölke=
neuen
franzöſiſch=belgiſchen Eiſenbahnregie rung und den da und dort eutage tretenden Willen wir laſſen
uns nicht das Heſt aus den Händen reißen, wir wollen uns ſel=
ber
helfen betrgeten, daun ſtärit dies alles den Glauben in
uns gn unſer Volk, an ſeine Sendung und ſeinen Wieder=
aufſtieg
.
Wie köſtlich iſt es, in dieſen Tagen Fichtes Neden an die
deutſche Nation zu lefen! Was dieſer kerndeutſche Mann da=
mals
in einer ähnlichen Zeit ſeinem Volke zu ſagen wußte, wie
er unter dem Eindruck des unglücklichen Krieges 1806 eine neite
deutſche Nationglerziehung forderte, alſo den Weg zum Wieder=
aufftieg
von innen heraus deutete, ſo lautet auch für uns heute
die Loſung: Erheben wir uns über all die banalen Dinge der
Gegenwart, dem eitlen Tand, der Sucht nach Geld, nach ſinn=
loſer
Vergnügungsſucht und Praſſerei, werden wir einfache
Menſchen, die klar und beſtimmt ihren Weg gehen, und erwecken
wir in unſeren Herzen eine gute, deutſche Geſinnung.
Begegnen wir unſeren Feinden mit dieſen Waffen, ſo ſind
wir unbeſiegbar. Noch immer hät wahres Mannestum ſich gegen
alle Ränke und Bosheiten behauptet. Sammeln wir uns ein=
mütig
in diefen Tagen zu einem ſolchen Deutſchtum der Tat.
K. O. Wedel.

W. Eiſenbahnfahrt nach Rheinhefſen. Man ſchreibt uns: E
noch zu wenig bekaunt, daß man don hier mit der Bahut mach Rheinheſfeit
fahren kann, und zwar über Bensheim-Lorſch bis dor Worms, vo
bis zum rechtsrheiniſchen Brückenkopf der Zug fährt. Hier muß man
ausſteigen und über die Eiſenbahnbrücke nach Worms hineingehen und
mit der Elettriſchen nach dem Stadtteile Worms=Pfifflighein fahren, von
ſvo man wieder mit der Reichsbahn über Pfedbersheim=Monsheim nach
A9eh
von, da über Albig=Aumsheim=Wöriſtadt=Nieder=Saulhei
Nicder=Llm=Klein=Winternheim=Marienborn bis Gonſenheim vor Mainz
fahren kaun. Von hier kanu man ja raſcheſtens mit der Elektriſchen na
Mainz gelangen. Es iſt eine etwas umſtändliche Fahrt aber
nuß, kann auf dieſem Wege hin und auch wieder zuuick kommen
immerhin billiger, als mit guderen Fahrgelegenheiten.
Marburger Spielſchar. Heute abend 8½ Uhr wird die Mar=
burger
Spielſchar, beſtehend aus lauter Studenten und Studentinnen,
im Gemeindeſaal der Pauluskirche das Paradeisſpiel aufführen.
Das Spiel, das ſchon in vielen Outen Süddeutſchlands und der Schweiz
mit großem Beifall aufgenommen wurde, iſt eines der ivenigen uns er
haltenen mittelalterlichen Myſieriendrauen und ſtellt in eſnizigartig
tiefer und ſchöner Weiſe die Geſchiehte von Schöpfung und Sündenfall
Morgen Dieustag, abends 8 Uhr. findet dieſelbe Auffführung
der Johanneskirihe ſtatt.

Konzert,
** Die Sonntagsmorgenmuſik des Muſikvereins war
der Lyrik von Robert Franz gewidmet. Eine Folge von 15 Lie=
dern
dieſes heute ſchon halbvergeſſenen, ſinnigen, feinen Ton=
dichters
kam zu Gehör, zum Teil ſchlicht volkstümlich gehalten,
zum Teil ſtärter kunſivolle romantiſche Richtung betonend. Fräu=
lein
Margaret= Albrecht von Landestheater ſetzte, für die
Lieder die volle Schönheit ihrer feingebildeten Stimme ein und
bot in der Durchdringung des geiſtigen Gehaltes Hervorragendes.
So kam jedes der Minigturbildchen, die in ihrer Anſpruchsloſig=
keit
und Weichheit der Auffaſſung an Peter Cornelius erinnern,
mit voller Ausdrägung ſeiner Eigenart zur Geltung. Gefühl=
volles
und Neckiſches wirkte ebenſo überzeugend wie das Pathos
und die leidenſchaftliche Empfindung der größeren Formen, von
denen beſonders das Schumann naheſtehende Sterne mit den
goldnen Füßchen das ſchwerblütige Im Rhein, inn heiligen
Strome und das faſt unheimliche An die bretterne Schiffs=
wand
tiefen Eindruck hinterließen. Nicht unwichtig war es
gerade bei einem weniger bekannten Tonſetzer, daß Herr Dr.
Friedrich Noack ein knappes, aber ſcharf umriſſenes Lebens=
und Charakterbild von Franz entwarf, deſſen Geſchick viel
Schweres und Trübes enthielt. Aus ſeiner zurückhaltenden, be=
ſcheidenen
und doch klar beſtimmten Art erklärt ſich der Charakter
ebenſo wie aus ſeinem hohen Jutereſſe für Volkslied und Cho=
ral
, für die Kunſt Bachs und Händels und ſchließlich für die
Weſensart Schuberts und Schumanns. Volkstümlich in der
Melodiebildung, romantiſch in der Auffaſſung, zeigen die Kla=
vierbegleitungen
, die Herr Dr. Nogck übernommen hatte, am
ſtärkſten den gebundenen Stil der deutſchen Altmeiſter,
ſtiwnungsvolle Veranſtaltung fand lebhaften Beifall.

Turn= und Sportwerbefeſt im Landestheater.
* Was der Ausſchuß für Leibesübungen nicht durchaus
verſichtlich unternahm, einem zum größeren Teil außerhalb der
Sportbewegung noch ſtehenden großen Zuſchauerkreis Turnen
und Sport zuſammenfaſſend im Bühnenbild zu zeigen und da=
mit
aufklärend und werbend zu wirken, zu einem neuen kräftigen
Aufſchwung aller Leibesübungen helfend, weitere Volkskreiſ
Alt und Jung beiderlei Geſchlechts heranzuziehen, das i
der fleißigen Uebung der Vereine in vollem Maße gelungen.
Die Veranſtaltung am vergangenen Samstag abend im Großer
Haus des Landestheaters war ein glänzender Erfolg, v
der Mitwirkenden, der ſich aber wohl guch ausbauen wird. z

Nutzen der Vereine, zur geſunden körperlichen und geiſtigen
Wiedererhebung unſeres Volkes und vor allem unſerer Jugend.
Iſt es auch nur ein kleiner Bauſtein für das große Werk, ſo darf
doch erwarter werden, daß er ſeſt und dauerhaft iſt, und daß die
Führer unſerer Turner und Sportler aus dem Erfolg neuen An=
ſporn
ſchöpfen werden, noch manche ſolcher Steine hinzuzufügen,
bis ein neuer Bau auf und aus den Trümmern wieder erſtehe,
luftiger und freier und dauernder als der alte. Für unſere
Stadt war die Veranſtaltung aber auch ein erſtes Ereignis, wie
ſich alle Kreiſe der Bevölkerung erwartungsvoll zuſammenfanden
und damit die Zweifler eines Beſſeren belehrten, die meinten,
es fände ſich hier nur ein gewiſſer Zuſchauerkreis, der geſpannt
dem Flug des Fußballs oder den nervenpeitſchenden Boxkämpfen
folge. Der Abend bewies, daß auch in unſeren Mquern eine
überaus große Turn= und Sportgemeinde iſt, voll Intereſſe für
das weite Gebiet aller Leibesübungen, die gern und willig die
Darbietungen der einig zuſammenwirkenden Turn= und Spori=
vereine
entgegennimmt. Die Vereine konnten freilich kein all=
umfaſſendes
Bild ihres Wirkens bieten; es mußte eine Auswwahl
deſſen getroffen werden, was für und auf die Bühne eines Lan=
destheaters
paßt. Damit ſchied ſchon der Kreis der Freiluft=
und Raſenſportvereine ganz aus oder er konnte nur Ausſchnitte
ſeiner Arbeit mit Vorübungen bringen. Auch für die techniſch
Bühnenleitung war die Veranſtaltung etwas neues. Mit Dank
wird anerkannt, daß ſie ihre Aufgabe mit vollem Verſtändnis
anfaßte und ihr ein gut Teil des Lobes gebührt für ihre hin=
gebende
Mitarbeit, mit der ſie dem Abend zum glücklichen Ge
lingen verhalf.
Vor Eröffnung der ſehr reichhaltigen 1jebungsfolge begrüßte
der Vorſitzende des A. f. L., Oberarzt Dr. Friedrich, das aus=
verkaufte
Haus, ſür das entgegengebrachte Intereſſe dankend
und mit warmen Worten auf den Zweck des Unternehmens hin=
weiſend
. Dann folgten in buntem Wechſel: ein flott gefahrener
Achter=Niederradreigen der Jungmannſchaft des Vekocipedelubs,
lehrreiche leichtathletiſche Uebungen der Turngemeinde, über
Schwimmen und Rettungsdienſt unterrichtende Trockenübun=
gen
des Jungdeutſchland, und durch ihr Aeußeres ſchon Kraft
zeigendes und bewciſendes Stemmen und Ringen des Kraft=
ſportvereins
. Den zweiten Teil leitete ein Sechſer= Glühlicht=
reigen
des V. C. D. ein. Dann betraten ein neues Bild
die Fechter und Feihterinnen die Bühne in flottem Aufmarſch,
nu unter Fechtmeiſter Kaiſer eralt ausgeführte Schitlübungen im
Fiorett zu bringen, nud unter Leitung von Brauns ( Turnge=
als
Schule‟
nit ſchweren

tik

Seite
Nachſchulungskurfus für Wohlfahrtspflegerinnen. Das Frauen=
ſeminar
für ſoziale Berufsarbeit bereitet nochmals einen Nachſchulungs=
kurſus
vor, der mit der ſtaatlichen Pwüfung für Wohlfahrtspflegerinner
abſchließen ſoll. Der Kurſus will insbeſondere der Fürſorgearbei
den Regierungsbezirkem Wiesbaden und Kaſſel wie dom Freiſtaat
dienen. Er ſoll am 16. April beginnen und bis Ende Oktober 1923
und in Abſchnitten von einmal dier Wochen und fünfmal zwei Wo
abgehalten werden. Die Teilnehmerinnen können in der zwiſchen
einzelnen Abſchnitten liegenden Zeit von 14 Tagen bis 4 Wochen in ihr
f zurüickkehren. Dieſe Form des Kurſus ſoll ein wirtſchafklich,
Durchhalten der Ausbildung und die Fortführung der wichtigſten 2
rufsaufgaben ermöglichen. Die Bewerberinnen wollen ſich ſofort m
da der Kurſus nur bei wirklichem Bedarf abgehalten wird. Einzelh
ſind aus dem Programm zu erſehen, bas durch das Frauenſeminar,
Frankfurt a. M., Seilerſtuaße 32, gegen Einſendung des Poſtgelde,
hältlich iſt.
Die diesjährigen Gaſtſpiele der Loheland=Tanzgruppe finden
7., und Donnerstag, den 8. März, abends
Mittwoch.
Uhr, im Großen Hauſe des Landestheaters ſtatt. Das Programm brin
neue Gruppentänze, außerdem Einzeltänze von Eva Maria Deinhar
und Tdith M. Sutor. Die Gewänder antſtammen in Gewebe und Bo
den Lohelend=Werkſtätten. Der erſte Abend fällt den Tanzzyklusmiete:
als dritte Vorſtellung zu. Der zweite Abend findet außer Miete
Oſtpreußen. Am Donnerstag, dem 8. März, findet die Gründun
verſahralung eines Bundes heimattreuer Oſtpreußen
heres ſiehe Anzeie
ſen ſta
RDV. Flugtelegramme zur Leipziger Meſſe. Um die Geſchä
welt von den Vorteilen des Flugverkehrs auch auf verhältnismäß
kurzen Strecken zu überzeugen, ſoll, wie die Reichszentrale für Deutſ
Verkehrsiverbung erfährt, zur diesjährigen Leipziger Meſſe ein in
eſſanter Verſuch gemacht werden; im Einverſtändnis mit dem Reig
poſtminiſterium wird die Strecke Berlin=Leipzig etwa alle zwei Stur
den von einem Flugzeug beflogen werden, das dieſe Flugtelegramme‟
in weniger als zwei Stunden von Berlin nach Leipzig oder umgekehn
übe
telt. Um den Zubringerweg in Berlin abzukürzen und die Be
förderung noch beſonders zu beſchleunigen, werden die Flugzeuge vor=
auf
dem Tempelhofer Feld ſtauten und landen
die
ihl deu zu übermittelnden Worte, die auf Telegramm=Vordruck
niederzuſchreiben ſind, iſt unbegrenzt; die Flugtelegramme, werden
vorausſichtlich auf allen größeren Poſtanſtalten angenommen werden und
in Verlin durch die Nohrpoſt an den Startplatz bezw. vom Landung=
platz
der Flugzeuge befördert werden. Die in Ausſicht genommene Ge=
ihr
wird im Vergleich zu den Koſten für dringende Telegramme ver=
hältnismäßig
gering ſein; der Flugtelegrammdienſt ſoll die während der
M
zeit beſonders ſtark in Anf
ich genommenen Fernſprech= und Tele=
grathenleitungen
entlaſten. Die Flugtelegramme werden vom Lan=
dungsplatz
den Empfängern auf Wunſch ſofort telefoniſch zugeſproch.
ſo daß die Beförderungszeit noch bedeutend verkürzt wird.

n. Strafkammer. Als Reſt der im übrigen längſt zeihtskräftig
geurteilten Anklage wegen des großen Einbruchdiebſtahls in der hief
Villa Olbrich auf der Mathildenhöhe (vor zwei Jahren) wurde
ſegen die damals in Frankfurt a. M., zur Zeit in Köln wohnhe
Schneiderin Auguſte Sand verhandelt. Sie war vom Erſcheinen
Zerhandlung entbunden und iſt geſtändig, von dem Einbrech
Fiſcher, der ſich nach der Tat bei ſeiner Frankfurter Geliebten, ein
Bekannten der S., aufhielt, einige geſtohlene Gegenſtände zum Geſche
erhalten zu haben. Sie wurde deshalb nunmehr wegen Hehlest
wei Wochen
3 verurteilt. Auf ſtaatsanwalt
Berufung
ngerichtlich freigeſprochene, mehrfach
winn aus Hering wegen Bedrohun=
3.
em Förſter=
Dienſt fünf Monate Gefängnis
al=
tig
betannte Angeklagte war dem Beamten auf dem W
aus dem Wald mit einem beladenen Karren begegnet und hatto det
dacht des Holzdiebſtahls erweckt, wechalb dieſer Sch.3 Säcke nachſah.
igte ſich Schw., doch erging er ſich unmittelbar darauf in Oroher
gefährlichen Charakters, deren etwaige Verwirklichung
zuzu
Gerade Forſtbeamte bedürfen heutzutage gegen!
en Ausſchreitungen um ſo mehr des Rückhalts, als der
un
* Wälder zu den Lebensintereſſer
Allgemeinheit gel
Freiſpuuch endigte die umfangreiche Verhandlung z
gegen zwei wegen Betrugs ſchöffengenichtlich zu je 2000 A.
Geldſtrafe eventuell 20 Tage Gefängnis verurteilte Geſchäftsreiſende a
Frankfurt a. M.: Andreas Sturm und Georg Muth. Erſterer
ſeit Jahren von einer dortigen Firma zum Vertrieb von Sprüchen un
Bildern angeſtellt und pflegt ſeinerſeits Undervertreter anzuſtellen.
hatte gemeinſam mit M. im Groß=Umſtädter Bezirk gewirkt, wobei f
aber Beide in erſter Linie als Sammler von mildtätigen Beiträgen
ein angeblich in Hainſtadt i. Odw. zu erbauendes Kriegswaifenhe
ausgaben und daraufhin zahlreiche Geldſpenden erhielten. Alsdaun rüe
ſie mit der Ware ſelbſt heraus und ließen für je 5 Mk. Beitrag
Stück zurück. Von der fraglichen Gründung iſt überhaupt keine R=
und es iſt in jenem Ort nur ein Kirchenbaukomitee vorhanden, au da
die Frankfurter Firma Prozente ihres Reinertrags abführt. Hiernach
hatten ſich die Angeklagten falſcher Vorſpiegelungen bedient, und es wa
nach Angabe mehrerer Zeugen für deren Entſchließung beſagter Punf
beſtimmend geweſen. Die Verteidigung beſtritt dies und erhob ſonſt
Zweifel rechtlicher und tatſächlicher Art. Das Berufungsgericht hie
ſolche gicht für ausreichend widerlegt und vermißte trotz Verdachts de.
vellen Schuldbeweis. Der von den Angeklagten angewandte Trick
ein alter und recht häufiger. Verworfen wurde die Berufun=
des
Kaufwanns Otto Reichardt aus Michelſtadt gegen eine Geld=
ſtuafe
wegen unterlaſſener Warenpreisauszeichnung. Es wurde die
ſeiten
3 Angeklagten beſtrittene Rechtsgültigkeit der kreisamtlich
Vorſchrift, betr. Preisangabe beſtimynter Gegenſtände des notwendig
Lebensbedarfs, beſtätigt, da die Bundesratsverordnung über Errichtung
von Preisprüfungsſtellen den Verwaltungsb=
rden
die Befuyni
ſolcher Bekanntmachung verliehen hat. Es müſſen nur die Gegenſtär
ſpeziell benannt ſein, was im Fragefalle durch das Kreisamt geſch
war. Letzteres trifft, wie beiläufig erwähnt ſei, für eine gleiche hie
Bekanntmachung nicht zu, da darin keine beſtünmten, ſondern ge
ſämtliche Gegenſtände des notwendigen Lebensbedarfs der
nungsſflicht unterworfen werden. Eine jetzt ergangene Entſche
his ſigen Schöffengerichts 1 ſpricht dies aus, während kürzlich ein
die gegenteilige Anſicht zum Ausdruck brachte.

des benutzten keichten Säbels das Schwingen ablehnt. Daran
ſchloſſen ſich flotte Freigefechte (Turngemeinde und Darmſtädter
Fechtklub) in den üblichen Sportwaffen Florett, Degen und
leichtem Säbel, ſowie des zu Sportzwecken jetzt nut wenig ge=
brauchten
ſchweren Korbſäbels. Ein dunkler Vorhang als Hin=
tergrund
hätte die blitzſchnelle Klingenführung und gelenke Be=
wegung
beſſer hervortreten laſſen als der weite Hörizont der
Bühne. Die vollendete Körperbeherrſchung zeigten dann die
Freiübungen der Turner und Jungturner Beſſungens, ſowie
die vorzüglichen 1. Turnriegen der Turngeſellſchaft und Turn=
gemeinde
, erſtere am Barren, letztere am Reck. Der dritte Teil
der Uebungsfolge war ganz deit Reigen und Tänzen gewidmet,
un zu zeigen, daß die körperliche Ertüchtigung außer zu Kraf
und Geſundheit, zu Mut, Entſchloſſenheit und Gewandheit auch
zu Anmut, Schönheit und Frohſinn führt, welche unſere Turene
rinnen und Sportlerinnen nicht entbehren mögen und
Auf der Bühne waren daher jetzt überwiegend die Damen.
derum begannen die Radler mit einem Stabſchmuckreigen,
von wechſelnder Beleuchtung gut unterſtützt, mit geſchmückte.
Stäben blendende Bilder brachte und damit über die wieder
holten gleichen Figuren ziemlich hinwegführte. In Germanen=
tracht
, mit Helm und Schild bewehrt, betraten dann 16 Fechter
des Darmſtädter Fechtklubs die Bühne, um mit halblangen
ſchweren Eiſenſchwert den Schwertreigen germaniſcher Jüngling
als Schwertkönig ihr Meiſter Kaiſer zu zeigen. Ju halb=
feierlichen
, wuchtigen Bewegungen entwickelten die kräſtigen
ſehnigen Geſtalten unter den blitzend ſich kreuzenden Schwertern
ein maleriſches Bild, dem zur vollen Naturtreue nur noch die
alten Eichen fehlten, um ganz in das Leben unſerer Ahnen
zurückzuverſetzen. In wirkungsvollem Gegenſatz hierzu in An=
mut
und Schönheit folgten dann Hüpfübungen (Tade. Beſſun
gen), vorzüglich ausgeführtes Keulenſchwingen (Tgeſ.), plaſtiſe
ſchöne rhythmiſche Uebungen (Tgde.), Volkstänze (Tgde Beſſ=
Bauerntanz und Leipziger Hopſer (Tgde.), Biedermeiertanz
(Tgeſ.) und ein wundervoll anmutiger, leicht beſchwingter Elfen=
tanz
(Jungdeutſchland), womit die Veranſtaltung einen ſtim
mungsvollen Abſchluß fand. Hätten auch einige Reigen od‟
Tänze zu ihrem Vorteil beſſer etwas gekürzt werden könnei
oder wären ie ſtrenge Sportler forderten einige zuviel
geweſen und hätten die ernſte Turner= und Sportlerarbeit nicht
als voll und ganz den Abend beherrſchend erſcheinen laſſen, Tat=
ſache
iſt doch, daß alle ſehr hübſch und mit großer Hingebung
ausgeführt wurden und das unvermindert aufnahmefähige
ihnen wie allen vorhergehenden debungen in freudige
mung reichen Beiſall ſpendete.

[ ][  ][ ]

Rummer 63.
Seite 3.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 5. März 1923.
Millionenraub.
ſich für ein gauz einfaches Häuschen zurzeit auf zirka 28 Millionen Mark

Handelskammer Daxmſtadt.
Sitzung am 27. Februar 1923.
Vorſitzende gedachte des verſtorbenen Geh. Mediz.=Rats Du.
E. A. Meuck der ſeit dem Jahre 1914 Handelskammermitglied und
während der Jahre 1917/19 ſtellvertretender Vorſitzender der Handels=
kammer
geldeſen war, mit warmen Worten und hob hauptſächlich
hervor, daß der Dahingeſchiedene der Handelskammer durch ſeine
zeichen Kenntniſſe und Erfahrungen wertvolle Dienſte geleiſtet habe
und wegen ſeiner trefflichen Charaktereigenſchaften hoch geſchätzt wor=
der
ſei. Die Tätigkeit der Handelskammer hat ſich während der letz=
ten
Wochen auf die Durchführung der Darmſtädter Nothilfe
ſowie hauptſächlich auf die Ruhrhilfe erſtreckt. In letzterer Be=
ziehung
wurde ein gemeinſamer Aufruf mit der Handwerkskammer,
dem Kartell der Arbeitgeberverbände, dem Gewerkſchaftskartell, dem
Afa, dem G.D.A. und dem Gedag, erlaſſen. In Zuſammonarbeit mit
den Genannten wird die Handelskammer beſtrebt ſein, die Sammlung
für die Ruhrhilfe möglichft auszugeſtalten und für eine ziveckentſpre=
chende
Verwendung der eingehenden Beträge Sorge zu tragen. An
diejenigen Firmen, welche mit ihren. Beiträgen noch im Rückſtand ſind,
wird die Bitte gerichtet, ihre Spenden wunmehr auf das Konto Ruhr=
hilfe
bei der Darmſtädter und Nationalbank einzahlen zu wollen.. Die
Folgen der Ruhrbeſetzung und die zu treffenden Maßnahmen
wurden ſehr eingehend beſprochen. Vertreten war die Handels=
kammer
am 17. Januar
Sitzung des Haupt=
nusſchuſſes
des Deutſchen Induſtrie= und
Handelstages, wo hauptſächlich über die Richtlinien für
die zukünftige Joll= und Handelspolitik, ſowie über Handels=
verträge
, Beſeitigung der Maßnahmen des Wirtſchaftskrieges uſw. ver=
handelt
wurde. Ferner nahm die Handelskammer an einer Sitzung
in Frankfurt a. M., bezgl. Vermeidung von Stillegungen
in der tabakverarbeitenden Induſtrie teil, wobei
durchgreifende Maßnahmen beſchloſſen wurden. Weiter war die
Handelskammer an einer Ausſprache im Stadthaus über die Ver=
anlagung
zur Gewerbeſtener beteiligt, wohei man ſich auf
einen Ausſchlags=Koeffizienten von 8 Mk. für 100 Mk. Gewverbeſteuer=
Kapital einigte. Endlich war die Handelskammer noch bei der Zu=
ſammenkunft
im Stagtsminiſterium zwecks Ausſprache mit dem
Reichtpräſidenten und bei einer Tagung von Vertre=
tern
Er Handelskammern des beſetzten Gebicte3 zu=
gegen
. Durch die Vorſtellungen der Handelskammer wurde von der
Einführung eines Ausfuhrberbotes für Grasſamen ſeitens
des Reichsminiſters für Ernährung und Landwirtſchaft abgeſehen.
Angeſichts des Zwanges, engliſche Kohlen und Eifen in
Deutſchland zu beziehen, wurde beantragt, es möchte ſeitens der
Reichsregierung eine Ermäßigung der Eiſenbahntarife und ein Erlaß
der Einfuhrzölle für dieſe Rohſtoffbezüge im Intereſſe Süddeutſch=
lands
verfügt werden.

d. Griesheim, 3. März. Der Grenzverkehr an der Sperr=
hach
Darmſtadt wird ſeit Tagen ſtrenger als urſprünglich gehandhabt.
Die Päſſe werden ſcharf kontrolliert. Fuhrwerke und Autos dſtrſen das
beſetzte Gebiet nicht verlaſſen. Nach hier werden allerdings Fuhrwerke
uſw. durchgelaſſen.
tll. Alsbach a. d. B., 2. März. Die älteſte Einwohnerin
Alsbachs iſr im Alter von 86 Jahren kürzlich in der Perſon der Witw=
Schneider geſtorbe
zh. Zwingenberg a. d. B., 3. März. Holzfrevel. Die Ober=
förſterei
Jugenheim hat, wie in amberen Orten, auch hier Hausſurhungen
vorgenommen. Es konnte feſtgeſtellt werden, daß ſich in vielen Haus=
haltungen
Holz befand, über Heſſen rechtmäßige Erwerbung man ſich
nicht ausweiſen konnte. Im Zuſammenhauge damit iſt befchloffen wor=
den
, daß das Holzleſen nur noch an Mittzwochen von 86 Uhr geſtattet
iſt. Das Ausmachen von Stockholz im Gemeindewald iſt gau; verboten
ſvorden. Standesamtliches. Aus den hieſigen ſtandesamt=
lichen
Eintraguungen iſt erſichtlich, daß die Zahl der männlichru Geburten
weit die weiblichen Geburten überragt Auf 12 Geburten kommen neun
Enaben und drei Mädck
zh. Hexpenheim a. b. B., 3. März. Eie Wagner=Zwaugs=
Ina un
Heppenheim errichtet worden.
Die Wahlen für
den in einer in Beinheim ab=
gehaltenen
Pflichtverſam=
Tommen.
ds. Heppenheim a. V., 3.
Wohnungsbau. Der hieſige
Ortsgewerbeverein hatt
fowie alle Intereffenten der
hier äußerft brennenden
nungsbaufrage zu einer Verſammlung im
hieſigen kathol. Vexeinshaus eingeladen, die äußerſt zahlreich, auch von
auswärts, beſucht wwar. Als Hauptreferenten waren die Herren Stadt=
räte
Bauinſpektor Hofmann und Oberpoſtmeiſter Freiſing gewonnen,
die in überaus klarer, fehr gut ausgearbeiteter Weiſe ſich ihrer Aufgabe
entſedigten. Herr Bauinſpektor Hofmann beleuchtete dor allem die tech=
niſche
Seite des Wohnungsbaues und wies vor allem darauf hin, daß es
der Zuſammenfaſſung allen Kräfte bedürfe, um in dieſer Sache zu einem
guten Ziel zu kommen, beſonders da man jetzt aus der Not heraus ganz
anders bauen müſſe als früher zu Friedenszeiten. Um mit möglichſt ge=
ringen
Mitteln zu bauen und um möglichſt jedes Haus zu verbilligen,
ſchlug der geſchätzte Redner vor allem die Erbauung von Reihenhäu=
ſern
vor, je nach vorhandenen Baupläßen auch Einzelhäuſer, die außer
Schlackenbeton hauptſächlich aus dem einheimiſchen Granit zweckmäßig
erſtellt werden müßten, deit wiederum zur Erſparung der Transport=
koſten
die Bauluſtigen ſelbſt auf dem Wege der Selbſthilfe herbeiſchaffen
müſſen oder durch Fuhrwerksbeſitzer, die bereit ſind, ihren Volksgenofſen
ſelbſtlos gegen geringes Entgelt in der Selbſthilfe unter die Arme zu
greifen. Nur durch gemeinſame, tatträftig durchgeführte Selbſthilfe ſei
dies Problem zu löſen. Nach dieſen techniſchen A.isführungen beleuchtete
der zweite Referent des Abends, Herr Oberpoſtmeiſter Freiſing, die finan=
zielle
Seite des Wohnbauprobleis, und wies darauf hin, welch außer=
ordentliche
Schwierigkeiten heute dem Bauer gegenüber ſtänden, würden
doch die Baukoſten nach ſeinen ſorgfältigſt aufgeſtellten Berechnungen

ſtellen. (Jntereſſant iſt, daß vor zirka 4 Wochen bei der erſten Verſamm=
lung
der Baugenofſenſchaft die Handwerkervereinigung den Bau eines
Häuschens auf zirka 12 Millionen Mark berechnete demnach ſind in
der kurzen Zeir von 34 Wochen durch die ungeheuere Geldentwertung
die Baukoſten über das Doppelte geſtiegen!) Grundſätzlich müſſen jedoch
die Bauplätze an ſoſchen Plätzen gewählt werden, wo bereits Straßen
ängelegt ſowie Kangliſierung, Waſſer=, Gas= und Lichtleitung vorhanden
und durchgeführt ſind, ſonſt entſtänden für die Stadt, die ja zu jedem
Bau ſowieſo ſchon den Betrag von zirka 2 Millionen Mark beitrage,
ungeheure Koſten, wenn ſie erſt Straßen und Waſſerleitung ufw. her=
ſtellen
müſſe, koſteten doch allein die Waſſerrohre für eine Straße ohne
Verlegungsarbeit zurzeit etwa 7½ Millionen Maxk. Daß man bei der
gerade hier herrſchenden Wohnungsnot bauen müſſe und bauen wolle,
darüber ſei man ſich klar, nur über die Frage des Bauenkönnen noch
nicht, da dies unter den derzeitigen Zeitverhältniſſen und ungeheuren
Materialkoſten das ſchwerſte Problem ſei. In überzeugender Weiſe wies
der Redner darauf hin, daß es dringend notwendig ſei, daß alle geeig=
nete
Bauplätze, deren Eigentümer nicht bauen wollen bezw. bauen kön=
nen
, von dieſen der Stadt zur Verfügung geſtellt werden müßten, und
daß man in Anbetracht der bitteren Wohnungsnot ſelbſt vor zwangs=
weiſer
Enteignung der Bauplätze nicht zurückſchrecken dürfe. Auch er
abvelliere an den ſozialen Gemeinſinn aller Einwohner, ſich an der
Selbſthilfe kräftig zu beteiligen, um der Wohnungsnot zu ſteuern, und
wies auf Grund ſeiner Berechnungen darauf hin, daß, wenn alle für
einen und einer für alle zuſammenſtünden, zirka 40 Prozent, das ſind
zirka 4 Millionen Mark, an den Baukoſten des einzelnen Hauſes geſpart
werden könnten; doch dürfe kein Bauluſtiger denken, daß mit einem
Balibeitrag von 500 000 Mark für ihn nun alles getan ſei, um ſein Haus
zut bauen jeder müſſe ſich vor Augen halten, daß er, wie ja ſchon im
Frieden, ſo erſt reiht jetzt mindenſtens 10 Prozent ſeines Einkommens
dafür opfern, ſowie die ſeinem derzeitigen Einkommen entſprechenden
Hypothekenkoſten übernehmen müſſe; vor allenm aber ſei es die drin=
gendſte
Forderung, daß jeder Bauluſtige alle ſeine entbehrlichen Kapi=
talien
der Baugenoſſenſchaft als Darlehen, das verzinſt wird, zur Ver=
fügung
ſtelle, um ſie dadurch tatkräftig zu unterſtützen. Hauptſächlich
müfſe aber die Jugend, die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen mit
ihrem derzeitigen guten Verdienſt daran denken, daß ſie über kurz vder
lang heiraten und auch ein eigenes Heim ihr eigen nenen wollen, und
gerade ſie müßten und ſollten ihre Erſparniſſe bei der Baugenoſſenſchft
als Spardarlehen, für das die Stadt die Bürgſchaft übernehme, verzins=
lich
anlegen. Reicher Beifall daukte den beiden Rednern für ihre aus=
gezeichneten
Darlegungen, an die ſich eine ergiebige Ausſprache aufchloß.
Eine große Anzahl der Anweſenden trat ſofort der Baugenoſſenſchaft
als Mitglieder bei.
mr. Waldmichelbach f. Odw., 3. März. Die Gemeinde Ober
Schaubach hat beſchloſſen, ihr Schulhaus trotz der ſchlecnten Zeitver=
hältniſſe
umzubauen und zu vergrößern. Es ſoll ein zweites Stockwerk
auf das alte Schulhaus aufgebaut werden. Die Arbeiten werden dem=
nächſt
in Angriff genozmmen.
9 Dornheim bei Groß=Gerau, 3. März. Die Beerdigungs=
koſten
ſollen nach einem Beſchluß des Gemeinderats nun alich hier
von der Gemeindckaſſe übe nommen werden.
2t. Seligenſtadt, 3. März. Selbſtmord. Der Sohn eines hieſi=
gen
Eiſenhändlers beging dadurch Selbſtword, daß er ſich mit einom
Revolder in den Kodf ſchoß. Die Gründe zur Tat ſind unbekannt.
0. Worms, 3. März. Baumfredel. Auf der Kreisſtraße wach
HofheimBobſtadt ſind kürzlich, ſchinbar von Bubenhand, nicht weniger
als 14 junge Obſtbäumchen abgebrochen worden.
ro. Butzhach (Oberheſſen), 3. März. Der Schulhausneuhau
erfordert einen ungefähren Kredit von 100 Millionen Mk. Die Real=
ſchule
wird durch Angliederung einer Oberſekundaklaſſe eine weſent=
liche
Erweiteruing der Ausbildungsmöglichkeiten geben können. Bei
der letzten Holzverſteigerung hatte die Stadt einen Geſamt=
erlös
von 50 Millioncn Mk. Ein Feſtmeter Buchenſcheitholz kam auf
durchſchnittlich 230 000 Mk.

Reich und Ausland.
Biederrröffnung des Mannheimer Friedrichsparks.
inheim. Der Mannheimer Friedrichspark, der früher einer
Privargefellſchaft gehörte, die ſich wegen finanzieller Schwierigkeiten
löſen mußte, ift nunmehr vom badiſchen Staat übernommen worden, d
die Staatsaufficht über den Park dem badiſchen Domänenamt übertragen
hat, nachdem ſich die Verhandlungen zwiſchen der Stadt Mannheim und
der Regierung wegen der Leitung des Parkes zerſchlegen haben.
Vorſteher des Domänenamtes ließ ſich bei der Aufſtellung der Richt=
linien
für die Fortführung des Parkes, der am 1. April wieder eröffnet
wird, von dem Gefichtspunkt leiten, die gartenarchitektoniſchen Schönhei=
ten
nicht nur zu erhalten, ſondern im Rahmen der verfügbaren Mittel
noch weiter auszurbauen. Der Park ſoll nach wie dor eine gärtneriſ ge
Sehenswürdigkeit der Stadt bilden. Der bisherige Direktor des Fried=
richsdarkes
, Henſel, wird ehenſo wie das Gartenperſonal vom Staate mit
übernommen und urit der weiteren Leitung des Parkes beauftragt. Die
endgültige Löſung der Parkfrage hat in der Mannhsimer Bürgerſchaft
allfeitige Genugtuung ausgelöſt.
Millionenſchaden eines Schafherdenbeſitzers.
Kiuchheimbolanden. Einen Millionenſchaden hat der
Schafherdenbeſitzer Eſpenlaub aus Zt. Alban in Württemberg erlitten,
in deſſen bei Danneufels gepachtete Winterſchafweide nachts Hunde ein=
gedrungen
ſind und die Schafe ungefallen haben. Von den 288 Sccha=
fen
, die ſich in dem Pferch befunden, wurden 120 getötet. Ein Teil bon
ihnen hatte ſich aus Angft ſelbſt totgedrückt. Um feſtzuſtellen, welche
Hunde in den Pferch eingedrungen ſind, wurde den größeve Hunden
in Dannenfels Brechmittel eingegeben, um ſo den Mageninhalt f
ſtellen zu: könner

Rheinhaufen (Niederrhein). Dieſe Tage wurde auf
Gelände der Friedrich=Alfred=Hütte der Friedrich Krupp=A.=G.
Ziheinhauſen in der Nähe des Lohnbüros eine Löhnungskommtiſf
die den Löhnungskaſten des Lokomotivſchuppens zum Betrieb brae
überfallen und beraubt. Die Tat wurde von zwei mit ſchwarzen M=
ken
verſehenen, mit Gummiknüppeln und Nevolvern bsvaffneten
ſonen ausgeführt. Den Räubern, von denen jede Spur fehlt, fi
etwa 70 Lohndüten mit rund vier Millionen Mark in die Hände. Ar
die Ergreifung der Tärer iſt eine Belohnung von 400 000 Mark und
5 Prozent der wiederbeſchafften Geldbeträge ausgefetzt worden.
Schwere Mißhandlung eines Hilfsfö=ſters durch Holzfrevler.
Kaiſerslautern. Ein Hilfsförſter wurde abends im Walde,
als er einen Holzfredler notieren wollte, don einem zweiten Holz=
frevler
zu Boden geſchlagen, an der Kehle gewürgt und mit der Axt
auf den Aum geſchlagen. Die beiden Täter, die falſche Namen ange,
geben haben, konnten noch nicht ermittelt werden.
Spiel, Sport und Turnen.
Turneriſcher Mannſchafts=Gerätewettkamp
HeppenheimWeinheimLampertheim.
Dem Beiſpiel der großen Brudervereine folgend, veranſtalt
Turnverein Heppenheim am geſtrigen Son
ße
nnenden. We
Schulturnhalle neben der Realſchule eine:
1200 Zuſchau=
kampf
. Der Beſuch war außerordenklich
ſtaatlichen und
gliederte ſich in
dtiſchen T
je zivei frei
Pferd. Die te
tehmnenden
eim die Turngeſellſchaft Jahn=
drei
Vereine ſtellte
Weinhein und
je d
= Anordnung iſt n
dürfte
tigreit erzieht, we
don der
gen
und Batren w.
des Wett.
grufpe
V
Puunktzahlent wvurd
d auch
gro
Zahlen
konnt
folg
Weinheiu 191,
Vor dem Wettkampfe
lurngentes Schauturner
Reigen, Volkstänzen und Fue
uede hielt Turnfreund Prof. Dr.
idelberg 17
kernigen Worte fandan begeiſterten
Nicht unerwähnt ſoll bleibe
Gciſtlichkeit im Heppeuhe
dem weiblichen Geſchlecht verl
turneriſch zu betätige
Kaum glaublich, aber wahr
23. Warum verbiere
dieſer Herr die Erziehung rines
rauengeſchlechts? So nehmei
Männer der Geiſteswelt und Wiſſenſchaft tätigen Anteil an der Er=
ftarkung
unfexer heranwachſenden Jugend! Welche vorgeſetzte Dienſt=
rIdungsw

ſtelle (vielleicht Landesamt
2) ſieht hier einma
H. DI.
nach dem rechten und beſeitigt
Zu
iga) 2:8
V. f. R. DarmſtadtUnior
V.f.R. Darmſtadt mit durch
bedingten, der Jr
AAi
gendabteilung entnommenem Erſatz
e ſeiner beſten Kräfte
unterlag uſierwartet hoch der Union=Wixhauſen, die ebenfalls einige
Erſatzleufe eingeſtellt hatte, nuf d
Während bei der erſter
der körperlich überlegene
Halbzeit und nach dieſer mit kngdr
Union gerechnet wurde Stand bei und bis 15 Minuten nach der Pauſe
2:1 für Union brachten zwei kurz aufeinander folgende Abſeitstore,
zu denen der Schiedsrichter willige Unterftützung gelvährte, der Union
großen Vorfprung, die V.f.R.=Elf um den moraliſchen Halt. Das h
dahin ausgeglichene Sbiel, ausgeglichen inſofern, als die feweils mit dem
Wind ſpielende Partei im
or an Inhalt.
nieitig (für Union)
d einige weitere zwei=
Entſcheidungen des Sch
zut einer unentſch=uldbauen
keit bei V.f.R. führter
er Paſſivität waren
ier
Durchbruch hin ein
für Union, den
je körperlich und an Erfa
Tor entgegenſtelit. Verdient hat den S
rung üb legene Elf der Union, die bis Schluß durchhielt und insbeſon=
dere
das beſſere Stellungsſpiel zeigte. Die einſeitigen und Fehlentſchei=
dungen
des zur Union gehörenden Schiedsrichters, der, was anerkennend
regiſtriert ſei, bei unzuverläſſiger Witterung für den ausgebliebenen
einſprang, waren ſeiner Elf ein ſchlechter Dienſt.
4. H.
Hockey. Die für geſtern angeſagten Wettſpfele des Darmſtädt=
Hockeyrlubs fielen, wegen der ungünſtigen Witterung aus.

Tageskalender.
Landestheat=
Großes Haus, abends 7 Uhr: Sechſtes Konzert
des Landestheater=Or
Orpheum, abends 774 Uhr: Der
Klapperſtorch fliegt Nnion=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=
Lichnſpicle: Kinovorſtellungen
Verſteigerungskalender. Dienstag, 6. März.
Mobiliarverſteigerung vormittags ½10 und nachmittags
Uhr Eruft=Ludwigſtraße 9.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
Lange ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat X Seiten

G

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

11L O 1OrT
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

Darmstadt
Luisenplatz

Familiennachrichten

Todes=Anzeige.
Verwandten, Freunden und Be=
kannten
die traurige Mitteil ng.
daß mein lieber Gatte, unſer guter
Vater, Schwiegewater, Groß=
vater
, Bruder, Schwager, Onke
und Großonkel
Herr

heute vormittag von ſeinemLe
erlöſt wurde.

Palast- Lichtspiele

Vie Bestie
Sensations-Film in 6 Akten mit
Jla Loth in der Titelrolle.
(1712a
Kneppchen geht jagen

Darmſtadt, 4. März 1923.
Arheilgerſtr. 78.
Die Beiſetzung ſindet auf Wunſch
in aller Srille ſiatt, auch bittet
man von Blumenſpenden abſehen
1828
zu wollen.

Kilo 5000 Mk. G. Krauth
Gaßbodenladt Eſcholbrückerſtr 3. 14610

Hotel Schmitz
Rheinstr. 50 : Telephon 192
Preiswarte Küche
Münchener Löwenbräu
1037a) Rummelbräu Darmstadt

Tägluch Unterhalkungsmusik
Die trauernden Hinterbliebenen.

Kochherde
Gashocher .: Gasherde
Reichhalt. Ausw. anerkannt bewährtes Fabrik.
Herdfabrik u. Emaillierwerk, G. m b. H.,
in Darmſtadt, Landwehrſtraße 63
Aufierkſame, fachmänniſche Bedienung.
Kein Kaufzwang, billigſte Preiſe.
Hugo Zimmer, Eiſenhandlung
Darmſtadt, Schützenſtr. 3, Tel. 2905. (280a

Unter Hinweis auf die in der Zu=
ſammenkunft
am 8. Febr. ds. Js.
gefaßten Beſchlüſſe werden die hie=
ſigen
Oſtpreußen gebeten, ſich zu der
offiziellen Gründungs= Ber=
ſammlung
des Bundes
heimattreuer Oſtpreußen

am Donnerstag, den 8. März.
um 8‟/. Uhr abends
im Beißen Saal bei Ehriſt, Grafen=
(1826
ſtraße 18, einzufinden.
von Biberſtein, Hermanny,
Kaſtner, Petrenz, Schörke.

Angenehm im Tragen
Bequem für die Reise
Keine Daueräsche
Michtkühlend wie Summikragez
ElegantgleichLeinensäcche
Vorteikafterü biliger ols dise
Keine Wasch u Mäntosten

Nur echr
aſt dr Pirma/t
Are

Kilo 2000 Mk G. Krauth
6101
Bohnertvachs Eſcholbrücherſtr. 3.

Wann führt ieere
Strohhüte
Mübeliwagt
faſſoniert
488a) Mausrſtr. 2

In nir beſſ. Hau
12 möbl. od. un=
mnöbl
. Zimmer für
B1ie

Landestheater.
Montag, 5. März.
Großes Haus.

Abends 7 Uhr
Sechſtes Konzert
des Landestheater
Orcheſters.
Preiſe: 400-4000 M.
leines Hauß.
Heute geſchloſſen.
Käufe
Frauen=
Haare
kauft ſortwährend zu
höchſten Preiſ. (952a
Fr. Tillmann
Uiſabethenſtr. 21

peiſezittmer, eich.
9,

Bertram=Gaftſpiel
* Heute e
und folg. Tage
abends 77/, Uhr.
Ein Lacherfolg ohne
Gleichen!
Der (1818
Klapperſtorch fliegt
Kart.: Verheirsbür.,
de Waal, Rheinſtr. 14.

Sens-See-Piraten-Gesch.
U.- V- Akt. Herren der Meere, m
Harry de Loon, Maria Paima us
Das doppelte Knoppchen‟ Lustsp
2 Akt. Grete Flohr, Frederik Burb
Der schwarze Lfontag
K.-½ Drams in 5 Akten mit Hella
Moſa u. Erich Kaiser-Titz (*6132
Die Flucht ins Jenseits
Sensationsfilm in 6 Akten.
W Der Kamof mit dem un-
C.-; sichtbaren Feind
Joe Deebs Detektivtllm in 5 Akten.

Fußbodenöl Ltr. 4200 Mk (. Krauth.
Eſchollbrücherſtraße 3. *6100
Rl. Stüa
b. Marburg gelegen,
unbeſetztes Gebiet.
ſofort beziehbar, 6 J,
1 Küche, 1 Bad,
Garten, reizend ge=
legen
, zu verk Eil=
ang
b. erb. u T 90
an die Geſchäfts=
ſtelle
ds Damen ahrrad, ſ . g erh.
u. prima Bereif. 3 vk.,
desgl. Covercoat=Mantel
für 12-14f. Mädchen u.
ſchwz. Boxea f=Stlef., Gr.
39. Anzuſ. zwiſch. 2 u.
4 Uhr Withelmſtr. 28, III.,
Lieferanzenaufg., Händ=
*6129
ler verbeten No firm.=Kleidz vi.
Näh. Geſchſt (*KC3.

Zeid
wird knapp

I,1802

und die Schuhe teuer,
Ilit Schuhputz
Nigrin
sparst Da, denn der
Schnh bleibt dauerhaft.

[ ][  ]

ette 4.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 5. Mirz 1928.

Nummer 63.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Der Obſibaum nach der Pflanzung.
Eine viel erörterte und in der Tat wichtige Frage iſt die:
Soll man friſchgepflanzte Obſtbäume nach dem Pflauzen be=
ſchneiden
oder ſie erſt ein Jahr unberührt laſſen? Die Erfahrung
hat darin in den meiſten Fällen jenen Praktikern Recht gegeben,
die das ſofortige Stutzen der Triebe für richtig halten. Kaum
widerſprochen wird dieſer Anſicht hinſichtlich der Steinobſt=
bäume
. An dieſen hat uan regelmäßig beobachtet, daß an den
einjährigen Krouentrieben regelmäßig eine ganze Anzahl Augen
abſtirbt, wenn die Bäume ihren Standort gewechſelt haben.
Es entſtehen dann kahle Stellen, die ſich ſpäter ſehr ſchwer
durch Rückſchnitt ausgleichen laſſen. Kräftiger Rückſchnitt nach
der Pflanzung führt dagegen zu friſchem freudigem Trieb im
erſten Jahre, die Bäume wachſen gut an und für ihre Weiter=
entwicklung
darf man das Beſte hoffen. Durch den erſten
Rückſchnitt muß die Hälfte des Jahrestriebes fallen.
Bei den Kernobſtbäumen ſind noch viele der Meinung, daß
ſie im erſten Jahre nach der Pflanzung beſſer unbeſchnitten
bleiben. Es iſt die alte Ueberlieferung, die unter gewiſſen
Verhältniſſen berechtigt ſein mag, ſo wenn Kernobſtbäume mit
geringem Wurzelvermögen auf geringen Böden und ſpät im
Frühjahr gepflanzt werden, oder auch bei Neupflanzungen auf
ſchweren, langſam arbeitenden Böden und in rauher Lage.
Werden jedoch Kernobſtbäume im Herbſt oder zeitig im Früh=
jahr
auf gutem Kulturboden gepflanzt, dann iſt unbedingt zu
empfehlen, den erſten Rückſchnitt ſofort vorzunehmen. Läßt
man gut bewurzelte, rechtzeitig gepflänzte Kernobſtbäume im
erſten Jahr unbeſchnitten, dann bilden ſich an den einjährigen
Kronentrieben zahlreiche Augen zu Blütenknoſpen um und ge=
rade
dieſe ſind an friſchgepflanzten jungen Bäumen nicht will=
kommen
. Beim Rückſchnitt im zweiten Jahre entſteht weiter
häufig der Nachteil, daß man auf eine Blütenknoſpe zurück=
ſchneiden
muß. Aus einer ſolchen oder den an ihrem Grunde
ſitzenden Erſatzknoſpen entwickelt ſich aber niemals ein ſchöner
Trieb wie aus gut geſtellten, einzelnen, kräftigen Holzknoſpen.
Zu bedenken iſt ferner, daß man in der Kronenbildung ein gan=
zes
Jahr verliert, wenn man die Kernobſtbäume nach der
Pflanzung nicht beſchneidet. Ohne Schnitt treiben ſie nur
ſchwach oder gar nicht, werden ſie aber kräftig, etwa um die
Hälfte des Jahrestriebes, zurückgenommen, dann ſtellt ſich
meiſt ſchon im erſten Jahre ein freudiges Wachſen ein. Darauf
kommt es zunächſt an, Blütenknoſpen entwickeln ſich ſpäter von
ſelbft.
Kleintier=, Geflügel= und Bienenpflege im März.
Fe näher wir dem Frühling kommen, deſto mehr ſehen wir
unſtren Tierbeſtand ſich verjüngen und vermehren. Die Zie=
gen
machen den Anfang. Sie werfen meiſt im März, wenn ſie
im Herbſt gedeckt worden ſind. Bei der Geburt iſt Nachhilfe
in der Regel überflüſſig. Wir haben nur darauf zu achten, daß
die Nachgeburt ſofort, nachdem ſie ausgeſtoßen iſt, entfernt
wird, da die Mutterziege ſie ſonſt auffrißt und davon erkrankt.
Die erſte Milch gehört unbedingt den Jungen. Dieſe werden
gleich nach der Geburt mit einem Strohwiſch oder Tuch trocken
gerieben. Will man ſie nicht von der Mutter ſäugen laſſen, ſo
tut man gut, ſie vom erſten Tage an gleich ans Saufen zu ge=
wöhnen
. Bei ſchönem Wetter läßt man die Tiere bald auf kurze
Zeit ins Freie.
Für die Kaninchen beginnt jetzt die Hauptzuchtzeit. Da in
jedem Frühjahr kalte Zeiten zu erwarten ſind, wenn auch ſchon
milde Lüfte geweht haben, ſo iſt vor allen Dingen für Wärme in
Zucht= und Aufenthaltsräumen zu ſorgen. Tragenden Häſinnen
ſtelle man reichlich geeignete Stoffe zum Neſtbau, weiches Stroh
und Heu, zur Verfügung. Zur Zucht verwende man nur gut
entwickelte, kräftige und geſunde Tiere. Früh belegte Häſinnen
bringen in dieſem Monat ſchon den erſten Wurf. Solche März=
haſen
geben die beſten Zuchttiere, wenn ſie gut gefüttert und nicht
zu früh von der Häſin entfernt werden. Kräftige Fütterung iſt
auch ſpäter notwendig.
Im Geflügelhofe beginnt die Hauptlegezeit, und bald zeigt
ſich auch ſchon die Brütluſt. Nur die Enten laſſen ſich gerne
noch etwas Zeit. Stallungen, Legeneſter und Brutneſter müſſen
deshalb in Ordnung gebracht ſein. Es iſt aber ratſam, mit der
Brut nicht vor Ende des Monats zu beginnen, da die Aufzucht
von Märzküken mit Schwierigkeiten und Verluſten verknüpft iſt.
Bem entſprechende Räumlichkeiten fehlen, ſoll die Glucken ſo
ſetzen, daß er Ende April und Anfang Mai Küken bekommt.
Auch das ſind noch Frühbruttiere, die die gewünſchten Vorteile
bieten. Ueber die gefährlichen erſten Wochen hilft dem März=
küken
autes Futter hindveg, beſonders zartes Grün tut ihnen
gut. Den Legehühnern reicht man im März Fleiſchſtoffe, in
Weichfutter und Hafer im Körnergemiſch. Kann die Glucke ihre
Jungen gleich ins Freie führen, dann verbilligt ſich die Fütte=
rung
. Die Gänſe, die bereits im Februar die erſten Eier
legten, beginnen gegen Ende März mit der Brut. Um frühe
Enten zu haben, muß man eine brutluſtige Henne oder eine
Pute auf Enteneier ſetzen. Dem Huhn gibt man, je uach der
Größe, neun bis fünfzehn, der Pute neunzehn bis einund=
zwanzig
Eeier.
B
Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
Nachdruc verboten).
13.
Sie werden die Miſſouri auf der Reiſe noch ſo verändern,
daß ſie nicht mehr zu erkennen iſt. Das Schiff iſt dann in Ham=
burg
überfällig, und man nimmt an, daß wir auf eine Mine ge=
laufen
und geſunken ſind. Den Bolſchewiſten muß aber daran
liegen, daß ihre Schandtaten nicht bekannt werden, denn ſonſt
können ſie nicht in Ruhe weiter kapern. Man wird uns wohl
im Innern irgendwo verſchwinden laſſen.
Patrick ließ den Kopf hängen.
Meine arme kleine Daiſy, kein Menſch wird ihr ſagen kön=
nen
, was aus mir geworden iſt.
Frene tröſtete ihn.
Man muß nicht gleich das Schlimmſte befürchten. Die
Ruſſen haben ein Jutereſſ daran, daß wir nichts ausplaudern
können. Das dauert aber doch nur ſo lange, als ihre Seeräuber=
tätigkeit
geheim bleibt. Die erſten Schiffe, die verſchwinden,
kann man wohl als geſunken annehmen; wenn die Unglücks=
fälle
aber nicht nachlaſſen, dann kommen die Großmächte doch
eines Tages dahinter, und dann hat man auch keinen Grund
mehr. uns feſtzuhalten.
Die Türe wurde aufgeriſſen, ein Matroſe forderte den Ka=
pitän
auf, ihm zu folgen.
In der Kapitänkafüte ſaß der Führer der Ruſſen mit einem
Mann der Beſatzung zuſammen.
Sie ſind der Führer der Miſſouri, Jacobus Brown?
Der Kapitän nickte.
Die Sowjetregierung chartert Ihr Schiff zur Ueberführung
der ihr gehörenden Vorräte uach dem Hafen Archangelsk. Die
Bezahlung der Schiffsmiete wird in Sowjetgeld, der einzigen
in Rußland üblichen Geldwährung, erfolgen. Ich habe dieſen
Tatbeſtand hier in einem kurzen Protokoll niedergelegt, das Sie
durchleſen können, und das Sie unterzeichnen werden.
Er ſchob Brown ein Schriftſtück hin.
Außerdem frage ich Sie hiermit, ob Sie bereit ſind, die
Führung des Schiffes zu behalten? Es iſt ſelbſtverſtändlich,
daß Ihnen ein Regierungskommiſſar zur Seite geſtellt wird, und
daß die nach dem koninuniſtiſchen Shſtem übliche Gruppe aus
der Beſatzung zuſaumengeſtellt wird, ohne deren Einwilligung

Auch am Bienenſtande beginnt das Leben wieder. Die erſte
Brut iſt ſchon eutſtanden und ſoll von den Bienen gepflegt wer=
den
=Dazu gehört Honig, nur in letzter Not Zuckerwaſſer, ferner
Blüteuſtaub, Waſſer und viel Wärme. Bietet die Natur nicht
genügend Pollen an Weiden=, Haſel= und Erlenkätzchen, ſo muß
der Imker nachhelfen, indem er an einer windſtillen, ſonnigen
Stelle in der Nähe des Bienenſtandes mit Mehl gefüllte
Drohuenwaben in einem alten Bienenkaſten aufſtellt. Hierzu
kann man Weizeu=, Roggen= Erbſen= oder Bohnenmehl ver=
wenden
. In der Nähe der Futterſtelle richtet man zweckmäßig
auch eine Tränke ein. Die wärmehaltenden Umhüllungen der
Stöcke dürfen noch nicht entfernt werden, ſie ſind zum G=deihen
der Brut unentbehrlich und bleiben bis zur. Zeit des Schwär=
mens
an Ort und Stelle. Bei warmer, ſonniger Witterung
öffnet man leiſe die Stöcke, um ſich zu überzeugen, ob noch ge=
nügend
Nahrung für die Brut vorhanden iſt. Schwache Völker
werden mit anderen vereinigt. Nur von guten, kräftigen Völ=
kern
dürfen wir reichen Ertrag erwarten.
Märzarbeit im Obſi= und Gemüſegarten.
Der März iſt einer der wichtigſten Monate für den Garten,
er iſt der Hauptmtonat für die Beſtellung, der Monat der erſten
Ausſaaten. Das ſchon im Herbſr tief gegrabene und gedüngte
Land wird jetzt in Beete eingeteilt, durch Hacken nochmals ge=
lockert
und vor der Saat glatt geharkt, ſobald der Boden froſt=
frei
und geuügend abgetrocknet iſt. Von Gemüſen ſäen wir jetzt
ins freie Land: Mohrrüben, Karotten, Erbſen, Kopfſalat, Spi=
nat
, Puffbohnen, Zwiebeln, Schwarzwurzeln, Peterſilie, Radies.
Ins Miſtbeet oder ein geſchütztes Saatbeet ſät man Frühkohl,
Frühkohlrabi, Neuſeeländer Spinat, Lauch oder Poree, Sellerie,
Tomaten. Von Mitte März ab werden die aus der vorjährigem
Herbſtſaat gezogenen Pflanzen, von Kohl und Salat ins freie
Land verſetzt. Steckzwiebeln und Schaloten werden gepflanzt,
Schnittlauch geteilt und frühe Ausſaaten von Erbſen und Puff=
bohnen
an geſchützte Stellen verſetzt. Beim Neuanlegen von
Beten pflanzen wir auch Rhabarber und Meerrettig. Wer Miſt=
beete
ſchon im Februar beſtellt hat, kann jetzt Nadies und den
erſten Salat ernten. Im Freien gibt es Feldſglat und Spinat.
Die Ausſaaten von Kohlarten, die zum Auspflanzen beſtimmt
ſind, ſollten nicht vor Ende März erfolgen, ausgenommen Früh=
ſorten
für kalte Käſten. Die Spargelbeete ſind herzurichten und
für neue Anlagen das Land vorzubereiten. Bei anhaltend war=
mer
Witterung pflanzen wir Ende des Monats die überwinter=
ten
Gemüſe zum Samenbau au, wie Sellerie, Poree Peterſilie
und die Kohlarten. Im Obſtgarten muß die Arbeit an, den
Bäumen, das Reinigen, Auslichten und Schneiden im März auf
alle Fälle beendet werden. Alle Arten von Obſtbäumen können
veredelt oder umgepfropft werden. Ungeziefer und Krankheiten
werden durch Spritzen mit zehn= bis fünfzehnprozentiger Obſt=
baumkarbolineumlöſung
bekämpft, ehe die Bäume austreiben
Die Spaliere werden ausgebeſſert und die Zweige mit Weiden=
ruten
angeh=ftet. Alles Hacken, Graben und Düngen muß er=
ledigt
ſein, wenn die Knoſpen ſchwellen, da ſie beim Hantieren
bei den Bäumen ſonſt leicht abgeſtoßen werden. Die Fanggürtel
aus Wellpappe oder die Heuſeile werden jetzt entfernt und der=
brannt
, um die darin überwinternden Raupen d2s Apfelwicklers
oder anderes ungeziefer zu vernichten. Obſtbäume und Beeren=
ſträucher
aller Art können gepflanzt werden. Pfirſiche und Apri=
koſenſpaliere
ſind vor Froſt zu behüten.
Die Erdbeerbeete werden gereinigt und mit einer neuen
Schicht Kompoſt oder kurzem Dünger verſehen. Alte und fleckige
Blätter werden abgeſchnitten und verbrannt. Den ganzen Gar=
ten
ſäubern wir von allem Unrat, alle für den Kompoſthaufen
geeigneten Stoffe werden ihm einverleibt, kranke Pflanzenteile,
Wurzelunkräuter, abgekratzte Baumborke uſw. jedoch ſondern
wir ſorgfältig ab und verbrennen ſie. Die Entwäſſerungs=
gräben
werden in Ordnung gebracht.

Gewinnung von Lab. Zur Gelvinnung von Lab
bläſt man einen Kälbermagen auf und bewahrt ihn ein paar
Monate. Dann ſchneidet man feine Stückchen davon ab und
laugt ſie in 3235 Grad warmer Molke oder auch in 5prozent.
Salzwaſſer aus. Heute, kann man auch Lab in Pulverform
kaufen, doch ſoll dies nur in vertrauenswürdigen Geſchäften
geſchehen.
Die Fußböden der Meiereiräumlichkeiten
ſind borteilhaft von Zeit zu Zeit tüchtig auszuwaſchen und mit
einer Kreolinlöſung auszuſpülen. Man verwendet hierzu 1 =
löffel
voll Kredlin auf einen Liter Waſſer. Das Kreolin kann
in ähnlicher Miſchung auch zur Reinigung von Ställen (Boden,
Wänden, Dielen, Krippen) angewendet werden.

I9
Obſi= und Gartenbau
Erdaxten für Zimmerpflanzen. Mauche Lehr=
bücher
der Blumenzucht beſchreiben ausführlich die verſchiedenen
Erdarten, die beſtimmte Pflanzen zu ihrem Gedeihen brauchen,
und erwecken damit wohl den Eindruck, als müßten die einzel=
nen
Miſchungen ſtreng auseinandergehalten werden. So ängſt=
lich
braucht man indes dabei nicht zu ſein. Es genügt, zu wiſſen,
daß Pflanzen mit ſehr feinen Wurzeln eine leichte, d. h. ſehr
lockere Erde lieben. Eine ſolche Erde iſt die Heideerde, die man
in einer dünnen Schicht dort findet, wo Heidekraut wächſt, ferner
die Buchenlauberde, die in mehr oder weniger ſtarker Schicht
unter dem verrotteten Laub der Buchenwälder liegt, und die
Nadelerde aus Nadelwaldungen. Auch die Torferde oder Moor=
erde
iſt eine leichte Erdart. Viele Pflauzen, wie Kamelien,
Azaleen und Alpenroſen, ziehen Torferde jeder anderen Boden=
ſtarkwachſenden
, krautartigen Pfl.
*

Pieh= und Geflügelzucht

Landwirtſchaft

Konſervierung der Butter. Das am meiſten
angewendete Verfahren zur Konſervierung der Butter beſteht im
Einſalzen derſelben. Ratſan iſt es, die Butter vorher auszu=
waſchen
, um die in ihr enthaltene Buttermilch zu entfernen, die
ſpiter leicht Butterſäure entwickelt und ſo den ranzigen Ge=
ſchmack
hervorbringt. Die ſo behandelte Butter wird dann in
Fäſſer oder Steintöpfe mit Salz feſt eingeſtampft. Vor der Ver=
arbeitung
der Butter wird das Salz durch Auswaſchen wieder
entfernt. Ein anderes Verfahren beſteht darin, die Butter in
einem Waſſerbade oder auch über offenem Feuer bei 40 Grad zu
ſchmelzen. Hierbei muß der Schaum ſorgfältig abgeſchöpft wer=
den
. Die Butter bleibt im Waſſerbade etwa ſechs Stunden ruhig
ſtehen und wird dann durch Leinwand in gut gereinigte Töpfe
gegoſſen. Der Verluſt beträgt etwa 20 Prozeut. Die geſchmol=
zene
Butter (Butterſchmalz, Schmalzbutter) hält ſich etwa ein
Jahr unverändert.

teilen dürfen.
Der Kapitän ſtemmte beide Arme feſt auf den Tiſch und
ſah die beiden gerade an.
Sie haben mir da eine ganze Menge erzählt, was in Ihren
Köpfen vielleicht auf Gegenliebe ſtoßen mag, was aber ein freier
Bürger der Vereinigten Staaten nicht verſtehen kann. Ihre
Reedereien haben auch nicht den Schein des Rechts für ſich. Die=
ſes
Schiff gehört einem Amerikaner und läuft unter dem Flaggen=
ſchutz
der Vereinigten Staaten. Eine Chart=rung, wie Sie ſich
ausdrückten, iſt ebenſo unzuläſſig, wie die Ueberſchreibung der
Wate auf einen anderen Hafen. Ich, Kapitän Jacobus Brown,
werde alles daran ſetzen, das Schiff an ſeinen Beſtimmungsort
zu bringen und die Ladung dem rechtmäßigen Beſitzer zu über=
geben
. Ihr Vorgehen erkläre ich für Seeräuberei, und mit See=
räubern
paktiere ich nicht.
Der andere lächelte ſpöttiſch.
Wie Sie wollen, Kapitän. Ihre Rechtsauffaſſungen ſind
für uns nicht maßgebend, denn ich habe vorhin bereits das Schiff
als im Dienſte der ruſſiſchen föderativen Sowvjetrepublik erklärt,
ſomit ſind hier nur die Sowjetgeſetze gültig. Wegen Vergehens
gegen dieſe Geſetze muß ich Sie nunmehr in Haft mehmen und
werde Sie dem Volksgericht im Archangelsk zur Aburteilung
überweiſen. Dasſelbe geſchieht mit Ihrem Steuermann, der
ſich des offenen Widerſtandes gegen uns ſchuldig gemacht hat,
und mit dem kleinen Teil der Mannſchaft, der nicht zu uns über=
getreten
iſt. Die Paſſagierin iſt, wie ich aus den Papieren ſah,
ruiſiſche Staatsangehörige und wird ſich nur wegen unerlaubten
Aufenthalts im Ausland zu verantporten haben. Sie bleibt in
Haft, da ich einen Aufwiegelungsverſuch nach Lage der Dinge
nicht für ausgeſchloſſen halten kann. Sie können jetzt gehen.
Der Kapitän wollte ſeinem bedrängten Herzen noch Luft
machen, aber er kam nicht mehr dazu. Zwei Matroſen faßten ihn an
den Armen und zogen ihn zurück in das gemeinſame Gefängris.
Die beiden anderen ſahen ihn erwartungsvoll an, und der
Kapitän berichtete von der Unterredung.
Es ſieht ſchlimm aus, ſchloß er. Die Route iſt Jenis be=
fahren
, ich habe faſt keine Hoffnung, daß wir einem Kriegsſchiff
begegnen, das uns prüfen wird. Außerdem werden die Schufte
dann die Flagge der Vereinigten Staaten ſetzen, und wenn die
Begegnung nicht ganz oben im Eismeer ſtattfindet, wird der
Kreuzer keinen Verdacht ſchöpfen. Dort oben gibt es jetzt aber
keine Kri=gsſchiffe.

Wiſſenswertes von der Ernährung der
Enten. Enten ſind gewaltige Freſſer, aber auch vorzügliche
Futterverwerter. Eine zehn Wochen alte Ente wiegt etwa vier=
mal
ſo viel wie ein gleichalteriges Hühnchen. Der Ente kommt
es mehr auf die Menge als auf die Beſchaffenheit des Futters
an. Die Sorge um Körnerfutter fällt hier weg, denn die Enten
nehmen ihre Nahrung gern in breiförmigem Zuſtand ein. Ihnen
fehlt der Kropf, in dem das Futter langſam aufgeweicht wird,
ehe es zur Verdauung in den Magen gelangt. Was ſie im Freien
finden und freſſen, ſind lauter weiche Stoffe, wie Würmer, kleine
Fiſche, Schnecken, Waſſerlinſen, Schlamm uſw., die der Magen
ohne beſondere Vorbereitung verarbeitet. Dieſe Naturanlage
müſſen wir bei der Fütterung der Euten berückſichtigen. Wir
geben ihnen ſoviel als möglich Grünfutter, gekochte Rüben, Zwie=
beln
, Kohlblätter, Gemüſeabfälle und alle Speiſereſte. Jedes
kleine Suppenreſtchen vom Mittag kann man mit wenig kochen=
dem
Waſſer für die Enten zuſammenſpülen. Mit der Verab=
reichung
von Grünfutter hört man eine Woche vor dem Schlachten
auf, weil das Fleiſch dadurch gelblich wird. Man füttere zwei=
mal
täglich, morgens und abends. Eine gute Zuſammenſtellung
für Legeenten iſt dieſe: 2½ Teile gekochte Pflanzenteile ( Kartof=
feln
, Rüben, Kleeheuhäckſel), 21s Teile Maisſchrot. 2)s Teile
Weizenkleie, 1½ Teile Fleiſchmehl, 1 Teil ſcharfer Sand. Alles
wird gut vermiſcht und mit Waſſer ſo angerührt, daß ſich das
Futter gerade noch ausdrücken läßt.
Schädliche Reizmittel als Hühnerfutter.
Vielfach werden den Hühnern im Winter Futtermittel verab=
reicht
, die die Legetätigkeit fördern ſollen, wie Haufſamen, ge=
hackte
Zwiebeln, Lauch, gemahlener Pfeffer und Benneſſelſamen
Die Anwendung ſolcher Gewaltmittel iſt den Tieren ſchädlich.
Die Anregung der Legetätigkeit, die ihrer Aufnahme folgt, wird
mit einer Schwächung der Legeorgane erkauft. Bei richtiger Füt=
terung
und Pflege legen die Hühner auch im Winter, wenn es
nicht zu kalt iſt. Empfehlenswert iſt die Beigabe von angekeim=
tem
Getreide, wenn die Legetätigkeit zu wünſchen übrig läßt.
Man läßt die Körner 24 Stunden im Waſſer quellen, ſchüttet ſie
dann aus und deckt ſie mit einem Sack zu. In kurzer Zeit wver=
den
die Keime ſichtbar. Dieſe Körner fördern die Eierablage,
ohne Schaden anzurichten.
Wie viel Mahlzeiten brauchen Kaninchen?
Es kommt nicht ſo darauf an, wie oft man die Kaninchen füttert,
ſondern daß man ſie güt und reichlich verſorgt. Den ganzen Tag
brauchen darum auch die Kaninchen nicht zu freſſen. Man kommt
vollſtändig mit zwei Tagesmahlzeiten aus und erſpart dabei viel
Zeit. Oefter als dreimal zu füttern, iſt unbedingt überflüſſig,
außer bei ganz jungen Tieren. Hier ſind etwa fünf Futterzeiten
zweckmäßig. Im vierten und fünften Monat ſchränkt man ſie auf
vier ein und ſpäter auf drei. Bei völlig erwachſenen Tieren ge=
nügen
, wie geſagt, zwei Mahlzeiten.

Die beiden Kommuniſten ſaßen rauchend in der Kapitäns=
kafüte
.
Wir werden jetzt ein Protokoll über die Verhandlung mit
dem Kapitän aufnehmen, Genoſſe Batiſta, ſagte der Führer.
Es ſoll als Material für die Verhandlung in Archangelsk
dienen. Du wirſt als Zeuge unterſchreiben, es muß alles nach
Recht und Gef=tz geſchehen.
Batiſta lachte.
Ein Matroſe trat ein.
Am Horizont taucht ein Schiff auf, meldete er.
Das werden wir uns anſehen, meinte Oſſip Feodoro=
witſch
, und ging an Deck. Oben auf der Brücke ſahen ſie mit
Ferngläſern nach dem näherkommenden Schiff.
Abdrehen würde auffallen, wir laufen am beſten direkt auf
ihn zu: 2s ſcheint ein Kriegsſchiff zu ſein, ſetzen wir die ameri=
kaniſche
Flagge, dann werden wir kaum angehalten.
Nach einer halben Stunde liefen die Schiffe auf einer Höhe.
Am Heck der Miſſouri ſtieg die amerikaniſche Flagge auf. Aus
Höflichkeit zeigte der Kreuzer auch feine Nationalität und ließ
die franzöſiſchen Farben ſehen.
Sieh an, ein alter Verbündeter, lachte der Ruſſe. Wir
werden artig ſein und ihn grüßen.
Die Miſſouri dippte die Flagge, und der Kreuzer ant=
wortete
durch ein kurzes Senken.
So kurz, mein Freund? meinte Oſſip Feodorowitſch, die
dicke Freundſchaft hat wohl nachgelaſſen. Was will er denn?
Welches Schiff und wohin fahren Sie?
Dem kann geholfen werden. Gleich da auf ſetzte die
Miſſouri ihre Antwort.
Dampfer Miſſouri, Kapitän Brown, von Neu=York nach
Hamburg mit Lebensmitteln, fährt wegen Minengefahr nörd=
lichen
Kurs.
So, nun weiß er’s.
Danke, glückliche Fahrt, ſetzte der Kreuzer, und ſeine
Schornſteine warfen dicke, ſchwarze Wolken in die Luft.
Der hats eilig, er wird ſich noch wundern, wenn er nach
Hauſe kommt und wir als überfällig gemeldet werden. Er darf
uns eine ſtille Träne nachweinen. Aber nun Volldampf und aus
dem Dampferkurs heraus. Wenn wir an der deutſchen Bucht
vorbei ſind, glaubt uns kein Menſch mehr die Angſt vor den
Minen. Das Schiff wird dringend gebraucht.
Mit Volldampf nahm die Miſſouri Kurs auf Archangelst.
(Fortſetzung folgt.)