Darmstädter Tagblatt 1923


19. Februar 1923

[  ][ ]

Anzeigenpreis:
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 130 M)
Bankanzeigen 225 M., Reklamezeile (92 mm breit.
325 M. unzeigen von auswärts 250 M., Bank=
anzeigen
3.5 M.32mm breite Reklamezeile S7. M.
Morgenz eitung der Landeshauptſtadt
Anzeigen nehmen eutgegen: Geſchäftsſtelle Rheini=
ſtraße
B, die Agenturen und Anzeigenexpeditionen.
Im Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr,
186. Zabrgang
Streiß uſw, erliſcht jede Verpſichtung aut Er=
füllung
der Anzeigenaufträge und Leiſtung von
Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher Bei=
Nachdruck ſämtlicher mit sverſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt, Tagbl. geſtattet.
treibung fällt jeder Rabatt weg.

Bezugspreis:
Beiwöchenklich 7mali gem Erſcheinen monatl. 1420.-M.
ud 80. M. Abtragegebühr, durch die genturent
150. M. jrei Haus. Beſtellungen nehmen ent=
gegen
= die Geſchäfts ielle Rheinſtraße 23 ( Fern=
ſprecher
1, 2390 und B91), die Agenturen und alle
Hoſtimter. Verantwortlichkeit für Aufnahme von
Auzeigen an beſtimmten Tagen wird nicht üuernom=
men
. Nick terſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berecht gt den Be ieher nicht zur Kür=
zung
des Be ugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtel=
lungen
durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.

Nummer 49

Montag, den 19. Februar 1923

Einzelnnmmer 80.00 Mk.

Mu
uptmann
Fed Abel,
Dago
chuh5 1.5
augel 5 4b
TOLNAF
us der Cöt
er‟. (

zrüche
menrad)
von Motat=
Rädern!
ernick. und
ma llieren!
inbach
Enilſtraße 4

Streik der franzöſiſchen Bergarbeiter.
Paris, 18. Febr. (Wolff.) Es ſcheint, daß die Streik=
bewegung
unter den franzöſiſchen Bergarbeitern von morgen
ab eine Wendung erfährt, da die Verhandlungen zwiſchen deen
Grubenbeſitzern und den Bergarbeitern in den Bergwerks=
bezirken
im Norden des Pas de Calais und in denen von Anzin
geſtern zu einem poſitiven Ergebnis führten. Die Bergarbeiter
erhalten für die Zeit vom 1. bis 15. Februar eine Lohnerhöhung
von zwei Franken täglich, für alle Arbeiter über 16 Jahre wird
die Summe ausgezahlt, ferner wird vom 15. Februar ab eine Er=
höhung
des Lohnes um 3,25 Franken je Schicht zugeſtanden.
Nach Hadas breitete ſich der Ausſtand im Norddepartement
geſtern zwar aus, immerhin ſcheint aber auch die kommuniſtiſche
humanité die Auffaſſung zu vertreten, daß die geſtern in Duai
erzielte Einigung auf den Streik von Einfluß ſein müſſe. Aus
dieſem Grunde wird der Nationalrat der kommuniſtiſchen Berg=
arbeiter
auf Dienstag zur Beratung der Lage einberufen. Eine
geſtern abend ausgegebene Mitteilung der kommuniſtiſchen Ge=
werkſchaften
ſtellt die Streiklage am Samstag im Vergleich zum
Vortage als günſtiger da und erklärt, daß in Cantal, in Nievre,
Creuſe und im Bezirk von Allier der Ausſtand vollkommen ſei.
Im Gardgebiet iſt die Zahl der Ausſtändigen angewachſen, im
Noſeldepartement ſind die Ausſtändigen mehr denn je zu einem
langen Widerſtand entſchlofſen. Die Mitteilung ſchätzt die Zahl
der Bergarbeiter, die geſtern in Frankreich ausſtändig waren,
auf 15 000 Mann.
Paris, 18. Febr. (Wolff.) Havas meldet aus Brüſſel:
im Bezirk des Borinage ſind etwa 15 000 Bergarbeiter in den
Ausſtand getreten, weil ſie die ihnen zugeſagte fünfprozentige
Lohnerhöhung als unbefriedigend erachten. Sie hätten aus=
drücklich
erklärt, daß ihr Ausſtand zu den Ereigniſſen im Ruhr=
gebiet
keinerlei Beziehung hätte.

Vom Tage.
Die Agence Havas, die geſtern eine Nachricht der Daily Mail von
einem Schritt des deutſchei Botſchafters in Waſhington verbreitet hat,
wuonach dieſer die Unterſtützung von 300 000 hungernden Menſchen im
Ruhrgebiet ſeitens der ameritaniſchen Wohltätigkeitsorganiſationen er=
beten
hätte, muß heute ſelbſt ein Dementi der deutſchen Botſchaft
in Waſhington wiedergeben, das der Nachricht, der Dilly Moil den
Boden, entzieht.
Nach einer Meldung der Information aus Köln iſt General Payot
geſtern vormittag dort, eingetroffen, um mit dem engliſchen Oberbefehls=
haber
General Godleh über die Eiſenbahnfrage zu derhandeln.
Nach einer Meldung des Sonderberichterſtatters des Neu=York Herald
in Düfſelderf reiſte der Militärattachée der amerikaniſchen Botſchaft in
Paris, Bendley Mott, zu einer Iniyektionsreiſe im Ruhrgebiet und
ben angrenzenden Bezirken dorthin ab, Ueber den Zweck des Beſuches
im einzelnen ſei nichts zu erfahren.
Laut Voſſiſcher Zeitung verzichtete Chefredakteur Napieralſki auf
das ihm zufallende Mandat des verſtorbenen polniſchen Abgeordneten
des Preußiſchen Landtags Pfarer Wayda. An ſeine Stelle tritt der
Vorſitzende des Verbandes Polen in Deutſchland Siertkowſfi.
Der ᛋchechofloſvakiſche Finanzmiuiſter Dr. Raſchin iſt heute nach=
mittag
geſtorben.
Die Annahme des Geſezentwurfs über die Schuldenfundiernug im
amerikaniſchen Senat erfolgte mit 70 gegen 17 Stimmen. Der Senat
ſtimnte auch einem Abänderungsantrage zu, wonach die Demokruten im
der Kommiſſion der Schuldenfundierung eine Vertretung erhalten. Ab=
änderungsantnäge
auf Erhühung des Zinsſatzes wurden abgelehnt.
Präſident Harding hat beim Kongreß eine Budgetforderung in Höhe
vont 20 350 000 Dollars eingebracht, die zur Deckung des Abbaues der
amerikaniſchen Schlachtflotte dienen ſoll, die nach dem Programm der
Aaſhingtoner Konferenz abgebrochen werden müſſe.

Die Schlacht an der Ruhr.

alerg
t (207a

Fragkreichs Krieg gegen Wehrloſe.

Gelſenkirchen, 19. Febr. (Prib.=Tel.) Am geſtrigen
Sonntag ſetzten die Franzoſen ihre Verſuche fort, die 100 Mil=
llionen
Mark Kontribution aufzubringen. Die Fran=
zoſen
gingen dabei mit rückſichtsloſer Schärfe gegen die Bevöl=
fabrißA
mittags eine außerordentliche Stadtverordnetenverſammlung ein= franzöſiſchen Offizieren, die ſich ohne Quartierſchein bei ihm ein=
berufen
. Hierzu war der verhaſtete Baurat Ahrend beur=
laußt
worden. Von dem franzöſiſchen Konmandanten wurde
mitgeteilt, daß bisher 70 Millionen durch Beſchlagnahme aufge=
bracht
ſeien. Der Reſt müſſe ebenfalls herbeigeſchafft werden.
Unter anderem verlangten die Franzoſen, daß der ſtellvertretende
Oberbürgermeiſter Beträge aus Ban.= und Scheckkonten über=
weiſe
. Er erklärte, daß er dazu gar nicht in der Lage ſei. Die
Stadtverordnetnverſammlung nahm hierauf eine Erklärung an,
in der die ſtrikte Ablehnung aller Forderungen
beibehalten und das bisherige Verhalten der Stadtverwaltung
gebilligt wurde. Es wurde weiter darin zum Ausdruck gebracht,
daß die Stadtverwaltung die Verantwportung für die Sicherheit
der Bevöllerung nicht mehr tragen könne und dieſe den Fran=
zoſen
übergeben werde. Baurat Ahrend wurde wieder verhaf=
tet
und nach Recklinghauſen abgeſchoben. Die Franzoſen haben
den Vorſitzenden des Arbeitgeberverbandes und den Inhaber
der Großeiſenhandlung Stern verhaftet bis zur reſtloſen
Zahlung der 100 Millionen. Die Verhafteten wurden nach Reck=
linghauſen
gebracht.
Die Franzoſen gehen nunmehr auch dazu über, die Führer
der politiſchen Parteien zu drangſalieren und zu verhaften.
Nachdem der Führer der Zentrumspartei am Samstag verhaftet
wurde, geſchah geſtern das gleiche mit dem Führer und dem Ge=
ſchäftsführer
der Deutſchen Volkspartei, bei denen Hausſuchun=
gen
und Beſchlagnahmen erfolgten.
Die Eſſener Schupo wieder im Dienſt.
Eſſen fanden geſtern zwiſchen Vertretern der Polizeibehörde
und General Degoutte Verhandlungen ſtatt, die zu dem Er=
gebnis
führten, daß die Schutzpolizei den Dienſt wieder auf=
nimmt
und die Uniform behält. Eine Entwaffnung iſt nicht
Vorgeſehen. Die Kriminalpolizei darf keine Waffen tragen.
Knebelung der Preſſe.
Bottrop, 17. Febr. (Wolff.) Die Bottroper Volks=
zeitung
, iſt vom 13. bis 26. Februar verboten worden
wegen einer im Anzeigenteil veröffentlichten Aufforderung an
die Kaufmannſchaft, nichts an die Beſatzungstruppen zu ver=
kaufen
.
Opfer der Willkür.
Frankfurt, 17. Febr. (Wolff.) Im Reichsbahndirektions=
bezirk
Trier ſind ausgewieſen worden: Oberregierungs=
und Oberfekretär Helmbach. Im Direktionsbezirke Lud= Die deutſchen Miniſter hätten ſo zwar noch die Möglichkeit, in
wigshafen erfolgte die Ausweiſung von Regierungsbaurat
Paldmann, Vorſtand der Betriebsinſpektion Neuſtadt a. d.
Oaardt, Eiſenbahnamtmann Held, Vorſtand der Bahnſtation
Neuſtadion=Neuſtadt, ſowie deſſen Stellvertreter Randtler.
Die Ausweiſung erfolgte aus unb=kannten Gründen. In Fran=
tenthal
wurden der Bahnhofswirt, ein Oberkellner und ein Bahn=
lesſchaffner
durch die franzöſiſche Gendarmerie verhaftet, eil miniſter Gröner weilte geſtern im Ruhrgebiet und hatte mit
Ne Sammelſcheine für die Norleidenden im Ruhrgebiet weiter=
egeben hatten. Später ſind die Verhafteten jedoch wieder frei=
Kelaſſen worden,

Neue Verhaftungen. Proteſte.
Eſſen, 18. Febr. (Wolff.) In der verfloſſenen Nacht
wurde der Mitinhaber der chemiſchen Fabrik Goldſchmidt, Dr.
Theodor Goldſchmidt, in ſeiner Wohnung verhaftet und
lerung vor. Der ſtellvertretende Oberbürgermeiſter hatte nach= nach Bredeney gebracht. Er hate wenige Stunden vorher einigen
quartieren wollten, die Aufnahme verweigert.
Gegen die kriegsgerichtlichen Aburteilungen des Eſſener Bür=
germeiſters
Schäfer, des Oberbürgermeiſters von Oberhauſen
Havenſtein, des Direktors Bußmann vom Rheiniſch=
weſtfäliſchen
Elektrizitätswerk und Dr. Guyenz vom Einzel=
handelsverband
Groß=Eſſen und Uimgebung erhebt die Handels=
kammer
für den Kreis Eſſen, Mülheim an der Ruhr und Ober=
hauſen
in einem Schreiben allerſchärfſten Einſpruch und ftellt
feſt, daß dieſe Diktate rechtsungültig ſeien. Zum Proteſt ins=
beſondere
gegen die Aburteilung ihres Geſchäftsführers werde
die geſamte Kaufmannſchaft Eſſens am 19. Februar ihre Ge=
ſchäfte
geſchloſſen halten.
Weſel, 19. Febr. Regierungspräſident Grützner aus
Düſſeldorf iſt geſtern nachmittag ½4 Uhr in ſeiner Privatwoh=
nung
von franzöſiſchen Gendarmen verhaftet worden und
dem General Simon, Kommandanten des Brückenkopfes, zu=
geführt
worden, der ihm eröffnete, daß er ſeine Ausweiſung
vollziehen müſſe auf Grund eines Verlangen des belgiſchen Ge=
nerals
, und zwar wegen ſeines Proteſtes gegen die Verhaftung
der Oberbürgermeiſter.
Immer weitere Beſetzung.
Gelſenkirchen 18. Febr. (Wolff.) Mittags wurde
auch der Bahnhof Gelſenkirchen=Bismarck von franzöſi=
ſchen
Truppen beſetzt. Wie auf dem Hauptbahnhof werden auch
hier die ankommenden Reiſenden unterſucht. Der Perſonen=
verkehr
iſt unterbunden. Vor dem Rathaus in Gelſenkirchen ſind
18 Panzerautos aufgeſtellt. Die Poſt und das Finanzamt ſind
mit Truppen belegt.
TU. Berlin, 18. Febr. Von zuſtändiger Seite wird mit=
Berlin, 18. Febr. Nach einer Korreſpondenzmeldung aus geteilt, daß Fülich von den belgiſchen Truppen beſetzt
wurde.
Verurteilt!
Eſſen, 18. Febr. (Wolff.) Das Kriegsgericht der
Okkupationsarmee hat, wie erſt jetzt bekannt wird, am 30.
Januar Helene Maske aus Eſſen wegen Umgehung des Aus=
weiſungsbefehls
zu ſechs Monaten Gefängnis und
wegen Eindringens in das beſetzte Gebiet ohne Ausweiskarte
zu einem Monat Gefängnis verurteilt.
Die deutſchen Miniſter im Ruhrgebiet.
U. Paris, 18 Febr. Die Nachricht, daß deutſche Mini=
ſter
trotz des franzöſiſchen Verbotes ſich mehrere Tage
im Ruhrgebiet aufgehalten haben, hat in der hieſigen
Preſſe Wutausbrüche ausgelöſt. Die Agence Havas beglei=
tet
die Meldung mit einem längeren Kommentar, worin es heißt,
die franzöſiſchen Behörden hätten von der Anweſenheit der deut=
ſchen
Miniſter zu ſpät Kenntnis erhalten, um eingreifen zu kön=
nen
. Es ſei leider nun einmal nicht möglich, alle Wege, die in
kat Dr. Conitz und Oberregierungsbaurat Pieper, Eiſen= das Ruhrgebiet führen, zu überwachen; dazu bedürfe es eines
Oahinſpektor Stach=Türkismühle, Oberſ=kretär Schiffhauer Mehrfachen der im Ruhrgebiet vorhandenen Truppenkontingente.
das Nuhrgebiet zu gelangen, aber ſie täten es auf eigenes
Riſiko. Es ſei ſelbſtverſtändlich, daß wenn einer von ihnen
auf einer neuen Agitationsreiſe betroffen und verhaftet würde,
er ſich umfo ſchwereren Sanktionen ausſetzen würde,
als er gegen eine ihm bekannte Verfügung verſtoße, (Frkf. Ztg.)
Auh Reichsminiſter Gröner im Ruhrgebiet.
* Eſſen, 19. Febr. (Priv.=Tel.) Auch Reichsverkehrs=
den
Vertretern der Eiſenbahner umfangreiche Beſprechun=
gen
, in denen die geſamte Verkehrslage fowie die perſönlichen
Verhältniſſe der Eiſenbahner eingehend erörtert wurden.

Die Welt will betrogen ſein ...."
Auf einem Bahnhof des widerrechtlich beſetzten Gebietes in
Baden hatten ſich die Franzoſen die Dienſtkleidung und Dienſt=
mütze
eines Bahnhofsvorſtandes ſowie die bekannte grüngerän=
derte
Signalſcheibe angeeignet. Dann ſtellten ſie einen Zug zu=
ſammen
, der mit Poilus beſetzt war. Alsdann wurde ein Photo=
graph
herbeigebracht und die franzöſiſchen Soldaten mußten
aus den Fenſtern mit freundlichen und lachenden Geſichtern nach
dem Bahnhäuschen ſchauen, wo ein Deutſcher in echter Klei=
dung
und Dienſtmütze ſtand, der zum Zeichen der Abfahrt ſeinen
Signalſtab hockhob. Auch das Signal ſtand hoch, alſo zur Ab=
fahrt
bereit. Daß in der Dienſtkleidung ein Franzoſe und kein
Deutſcher ſteckte, werden allerdings die Pariſer, wenn ſie in
ihren illuſtrierten Blättern dieſen neueſten Sieg Frankreich ver=
bildlicht
ſehen, wohl nicht erkennen.
Soweit die Meldung, die uns aus Offenburg zugeht.
Bravo! Die Ehre der Grande Nation iſt gerettet! Was
Poincaré und ſeinen Helfershelfern, den tapferen Generalen
der ſiegreichen Rhein= und Ruhrarmee nicht gelungen iſt:
einen einzigen deutſchen Eiſenbahner zur Fronarbeit zu zwin=
gen
trotz Bajonett und Handgranate, trotz Maſchinengewehr
und Tanks, trotz Kriegsgericht, Einkerkerung, Aushungerung und
all der anderen harmloſen Mittel, mit denen die friedliche
Ingenieurkommiſſion ausgerüſtet iſt jetzt iſt’s erreicht! Die
Boulevardpreſſe wird ihren Leſern in farbigen Kliſchees von
dem neuen Sieg der ſtolzen Söhne Frankreichs und ihrer
braden Brüder aus Zentralafrika Kunde geben, im Film wird
dieſer Rieſenerfolg durch ganz Frankreich rollen und zahlloſe
Patrioten zu Tränen rühren: der Sieg iſt errungen! Poin=
caré
hat Dokumente ſeines Erfolges‟! Die Welt will be=
trogen
ſein ..."
Es iſt die alte und boch ewig neue Methode, mit der Frank=
reichs
Staatsmänner die Welt belügen! Dieſer neueſte Verſuch,
die Welt über die wahren Vorgänge in den von Frankreich ver=
gewaltigten
deutſchen Gebieten zu täuſchen, reiht ſich würdig in
die zielbewußte Linie der franzöſiſchen Kriegs= und Nachkriegs=
propaganda
ein. Die Lüge von Deutſchlands Alleinſchuld
am Weltkriege, der Schwindel Clemenceaus von den
150 000 Saarfranzoſen, die in Verſailles den Anſchluß
des Saargebiets an Frankreich verlangten, die mit bezahlten
Lumpen veranſtalreten Umzüge der (nichtvorhandenen) Fran=
kenforderer
in Saarbrücken, die von landfremden Hoch=
verrätern
im Solde Frankreichs erſtrebte Rheiniſche Repu=
blis
das alles ſind gleichartige Glieder der großen Lügenkette,
die Frankreichs Staatsmänner benötigen, um die Welt am
Gängelbande zu führen. Die Welt will betrogen ſein ...
Freilich, weder die Bevölkerung des beſetzten Gebietes
unter der man vielleicht durch Propagierung dieſes erſten Er=
folges
Bauernfängerei treiben zu können hofft , noch das un=
beſetzte
Deutſchland wird ſich durch dieſen neueſten franzöſiſchen
Trick, der wie ein verſpäteter Karnevalſcherz anmutet, in der
einmütigen Abwehr der franzöſiſchen Gewaltpolitik beirren laſ=
ſen
, und auch die übrige Welt kann heute kaum noch auf der=
artige
Schwindelmärchen hereinfallen. Aber immerhin: In
Frankreich wird man an den Sieg Poincarés glauben. Und
das genügt, dem ſchlauen Lothringer, dem jedes Mittel recht
iſt, ſeinen wackelnden Thron zu ſtützen: Frankreich will nein
muß betrogen ſein!
8. H.

Le Trocquers Erfolge‟.
Die Havas=Darſtellung.
Paris, 17. Febr. (Wolff.) Havas, faſt die Ergebniſſe der
Londoner Verhandlungen des Miniſters Le Troc=
guer
wie folgt zuſammen:
Die Strecke Grevenbroich=Düren wird völlig den franzöſiſchen
Behörden für den Transport der Ruhrkohle überlaſſen werden.
Die Grenze der engliſchen Zone wird ſo hergeſtellt, werden, daß
dieſe Strecke künftighin in die franzöſiſche Zone zu liegen kommt.
Hinſichtlich der Benutzung der über Köln gehenden Hauptſtrecken
für franzöſiſche Militärtransporte habe das engliſche Kabinett
vorgeſchlagen, die Benutzung in beſchränktem Umfange zu ge=
ſtatten
, zum Beiſpiel in dem gleichen Maße, wie vor der Be=
ſetzung
des Ruhrgebiets. Die Einzelheiten der Durchführung
würden an Ort und Stelle von kompetenten engliſchen und fran=
zöſiſchen
Perſönlichkeiten, nämlich durch Geueral Payot und
General Godley unter Leitung des Generals Degoutte ſtudiert
werden. In voller Kenntnis der Dinge werde man ſo die Frage
prüfen, welche Strecke den franzööſchen Behörden und in wel=
chem
Umfange dieſelbe in Anſpruch genommen werden könne,
ſo daß einerſeits den franzöſiſchen Bedürfniſſen Rechnung ge=
tragen
werde und andererſeits die Lokalzuſammenhänge nicht
geſchädigt werden. Unter dieſen Umſtänden werde eine franzö=
ſiſch
=britiſche Verſtändigung demnächſt möglich ſein. Ihre Einzel=
heiten
würden auf dem gewöhnlichen diplomatiſchen Wege ge=
regelt
werden, da ja das Techniſche dieſer Fragen vom Miniſter
Le Trocquer in London erſchöpfend dargelegt worden ſei.
Frankreichs Arbeiterfreundlichkeit.
Frankfurt, 17. Febr. (Wolff.) Im Bezirk der Reiché=
bahndirektion
Frankfurt wurde heute der Verſuch gemacht, die
auf der Strecke Limburg-Kriftel pendelnden Perſonen=
züge
in die Anſchlußgleiſe der Höchſter Farbwerke hin=
einzuführen
, um der Arbeiterſchaft die Möglichkeit zu geben, die
Stadt Höchſt beſſer zu erreichen. Der Verſuch mißlang, weil
die Franzoſen nach dem Bekanntwerden dieſer Abſicht den bei
dieſen Anſchlußgleiſen liegenden Block der Farbwerke militä=
riſch
beſetzten. Aus dieſem Umſtande erhellt, wie wenig
ernſt es den Franzoſen mit ihrer Behauptung iſt, der Arbeiter=
ſchaft
unter allen Umſtänden zu Hilfe zu kommen.
Im Direktionsbezirke Trier wurde eine große Anzahl
Bahnhofsvorſteher und anderer Beamten aufgefordert, ihren
Dienſt wieder aufzunehmen, oder innerhalb 48 Stunden ihre
Dienſtwohnung zu räumen.
Im Direktionsbezirke Mainz, iſt eine Entſpannung der
Lage immer noch nicht eingetreten. Der Verſuch, die bisher un=
beſetzte
Nebenlinie GriesheimWolfskehl in Betrieb zu nehmn,
ſcheiterte daran, daß die Franzoſen verlangten, daß nur ihren
Befehlen nachgekommen werde. Im Bezirk Karlsruhe hat
ſich die Lage nicht verändert. Aus den Bezirken Trier und
Ludwigshafen werden weitere Ausweiſungen gemeldet.

[ ][  ][ ]

Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 19. Februar 1923.

Nuutmer 49.

Kriegsgerichtsurteile in Mainz.
TU. Wiesbaden, 18. Febr. Das franzöſiſche Kriegsge=
uicht
in Mainz verhandelte geſtern in nichtoffizieller Sitzung
gegen den Oberpoſtdirektor Froſch und gegen den Obertele=
grapheninſpektor
Hamel. Die Anklage lautete auf Spio=
nage
, begangen durch Weitergabe eines Militärtelegramms
an die vorgeſetzte Behörde. Das Urteil lautete gegen erſteren
auf drei Monate Gefängnis und gegen Hamel auf 14 Tage Ge=
fängnis
. Bei beiden wird die Unterſuchungshaft angerechnet.
Die Strafe muß ohne Aufſchub angetreten werden. Gegen Froſch
war lebenslängliches Zuchthaus beantragt ge=
weſen
.
Bottrop, 17. Febr. (Wolff.) Oberbürgermeiſter Dr.
Bauer iſt heute vormittag in ſeinem Dienſtzimmer verhaf=
tet
worden, wahrſcheinlich, weil er keine Kohlen an die Be=
fatzungsbehörde
geliefert hat. Ferner hatte er einer Vorladung
vor das Kriegsgericht in Sterkrade keine Folge geleiſtet. Die
ſtädtiſchen Beamten und Angeſtellten haben dem General einen
Proteſt überreicht und ſind heute in einen Proteſtſtreik
eingetreten. Heute vormittag fand in der Stadt ein großer De=
monſtrationszug
ſtatt.
Die Lage im beſetzten Baden.
Offenburg, 18. Febr. (Wolff.) Die Lage im beſetzten
badiſchen Gebiet hat ſich ſeit heute nachmittag weſentlich
geändert. Nachdem ſchon in den letzten Tagen die franzöſi=
ſchen
Truppen aus einet ganzen Reihe von Landortſchaften zu=
rückgezogen
worden waren, iſt heute auch in Offenburg ſelbſt an
verſchiedenen Stellen eine Zurücknahme der Pachen
erfolgt. Seit heute mittag kann man beobachten, daß die noch
verbliebenen Wachen an den ſtaatlichen Verkehrsgebäuden ohne
Gewehr Poſten ſtehen, während ſie bisher mit aufgepflanztem
Bajonett ihren Dienſt verſahen. Man will anſcheinend die Be=
amten
und Arbeiter für die Wiederaufnahme des Verkehrs, die
von den Franzoſen angeſtrebt wird, geneigt machen. Zurzeit be= genden Ausdruck gefunden hat. Fedenfallz muß feſt=
ſinden
ſich hier elſäſſiſche Eiſenbahner; welche von
morgen ab einen Verkehr über Appenweier nach Kehl einrichten
follen. Wie berichtet wird, bemühen ſich die Franzoſen, auf das Maße zu vollziehen pflegt, als es ſich bei der umgekehrten Ent=
deutſche
Perſonal einzuwirken, damit es den Dienſt wieder auf= wickelung jetzt zeigt. Gs liegt auf der Hand, daß hierdurch die
anſtalten. Zur Einrichtung einer Zollinie merden die erfor= war, noch weiter geſteigert wird, und daß eine derartige Eut=
derlichen
Maßnahmen getroffen.
Ein Aufruf ſinniſcher Juriſten.
Reichsverweſer Spinhufyud, mehrere frühere Miniſter, Mit=
glieder
der höchſten Gerichte und Univerſitätsprofeſſoren einen
Aufruf, in dem es nach einem Bergleich mit den früheren bolis erſuche aber, gefälligſt mit der durch die Umſtände gebotenen
tiſchen Verhältniſſen in Finnland, unter Hinweis auf den Pro=
teſt
von Rechtsgelehrten u. a. Frankreichs gegen die ruſſiſchen
Rechtsverſtöße gegen Fiunland heißt: Deutſche Mänuer wur=
den
von fmnzöſiſchen Kriegsgerichten verurteilt, obtvoßl ſie ſich
nach den völkerrechtlichen Grundſätzen keines Verbrechens ſchul=
dig
machten. Als Mitglieder der kleinen Nationen, die einen Schlachtvieh hat der Reichsminiſter für Ernährung und
Recht beſtehen mußten, ſprechen wir finniſchen Juriſten namens
des Rechts unſere Mißbilligung gegen die Rechtsverſtöße aus,
denen die Deutſchen durch eine fremde Macht im eigenen Lande
ausgeſetzt ſind. Wir drücken die Hoffuung aus, daß das Rechts=
bewußtſein
der aufgeklärten Franzoſen, beſonders der ſranzöſi=
ſchen
Rechtsgelehrten und ihre Würde ſich gegen dieſes unwürdige
Verfahren auflehnen und ſie dazu beitragen werden, dieſem ein
Ende zu machen.
Bayern und das Reich.
München. 17. Febr. (Wolff.) Die Korreſpondenz Hoff=
mann
meldet: Der bayeriſche Miniſterpräſident b. Knilling
wird am Sonntag abend zu einer Beſprechung der ſchwebenden
Fragen mit dem Reichskanzler und den einzelnen Reichsmini=
ſtern
nach Berlin reiſen. Der Reichskanzler, der für die
nächſten Tage einen Beſuch in München vorgeſehen hatte, iſt
leider durch dringende Autsgeſchäfte und durch die Verhandlun=
dert
, den geplanten Beſuch zu machen. Er heat aber die fe
Abſicht, in allernächſter Zeit nach München zu kommen.
Das Zonenabkommen abgelehnt.
* Baſel, 19. Febr. (Priv.=Tel.) Heute hat das ſchveize=
riſche
Volk ſein Urteil über das mit Frankreich abgeſchloſſene
Abkommen über die Genfer Freizone abgegeben.
Vertrages empfohlen.
Ismet Paſcha.
Konſtantindpel, 17. Febr. (Wolff.) Ismer Pa=
ſcha
iſt hier eingetroffen. Der Stellvertreter des britiſchen Dauer der Vollanſtalten. Das Reichsminiſterium des Innern
berkommiſſars Henderſon hatte ein: Unterredung mit Ismet
Paſcha an Bord des Guldiemal‟. Ei teilte ihm Curzons Bot=
ſchaft
mit, welche beſagt, Großbritannien ſei noch immer bereit, z
geüdeſt Nat, das Anerbieten auzunehmen, bevor es zu ſpät ſei.
redung mit General Harrington.

Gegen die Preisſteigerung.
Berlin 17. Febr. (Wolff.) Der Präſident des Lan=
despolizeiamts
richtete an ſämtliche Polizeiver=
waltungen
Preußens folgende Aufforderung:
Der Präſident des Landespolizeiamts ſtellt mit Befremden
feſt, daß, obwohl ſeinerzeit das Steigen des Dollarkurſes ein
beträchtliches Steigen der Warenpreiſe zur Folge hatte, jetzt das
Fallen des Dollarkurſes um mehr als 50 v. H. in den Waren=
preiſen
faſt nirgends zum Ausdruck gekommen iſt. Im Gegen=
teil
ſtellen ſich gerade jetzt die Preiſe einer gauzen Neihe don Ju=
landsprodukten
höher als die Waren, die entweder aus dem
Auslande eingeführt ſind oder als überwiegenden Beſtandteil
ausländiſche Rohſtoffe enthalten. Dieſe Tatſachen werden dem
Präſidenten des Landespolizeiamts unausgeſetzt in zahlreichen
mündlichen und ſchriftlichen Vorſtellungen aus allen Kreiſen
der Bevölkerung und auch in dielen amtlichen Berichten mit er=
ſchöpfendem
Beweismaterial vorgetragen. Dieſe maſſenhaft ein=
laufenden
Beſchwerden legen auch Zeugnis von der überaus
ſtarken Mißſtimmung ab, die in weiteſten Kreiſen der Bevölke=
rung
anläßlich dieſer Uebelſtände herrſcht. Die Polizeiderwal=
tungen
werden erneut und unter Bezugnahme auf alle bisher
ergangenen Verfügungen des Landespolizeiamts dringlichſt an=
gewieſen
, dieſen Mißſtänden nachzugehen und überall da, wo die
Annahme von wucheriſchen Preisforderungen gerechtfertigt er=
ſcheint
, ſofort Ermittelungen anzuſtellen und gegebenenfalls die
ſofortige Einleitung eines Strafverfahrens bei den zuſtändigen
Stellen zu veranlaſſen, und wenn Tatſachen vorliegen, die die
Unzuverläſſigkeit des Händlers erweiſen, auf Grund der Ver=
ordnung
vom 23. Oktober 1915 rückſichtslos mit Eut=
ziehung
der Handelserlaubnis vorzugehen.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Ein Erlaß des Han=
delsminiſters
an ſämtliche Handelskammern beſagt:
Es hat ſich gezeigt, daß die erfreuliche Beſſerung, die der
Stand der Mark in der letzten Zeit erfahren hat, in den
Warenpreiſen vielfach noch keinen oder nur ungenü=
geſtellt
werden, daß die Anpaſſung an die Marktlage ſich beim
Sinlen der Mark ungleich ſchneller und in erheblich ſtärkerem
nimmt, dasſelbe beharrt aber nach wie vor auf der reſtlofen Beunruhigung über die ungeheuere Preisſtei=
Zurückziehung der Beſatzung von den öffentlichen Berkehrs= gerung, die nach dem vorausgehenden Markſturz eingetreten
wickelung bei der Bevölkerung auf ſtarken Widerſtand, ſtoßen
muß. So wenig ich die ſchwierige Lage verkenne, die ſich für
das geſamte Wirtſchaftsleben und in beſonderem Maße für den
Handel aus dem ſchnellen Wechſel des Markſtandes ergab, ſo
Helfingfors, 18. Febr. In den Sonntagsblättern muß ich doch der beſtimmten Erwartung Ausdruck geben, daß
die beteiligten Kreiſe ſich der durch die politiſchen Verhältniſſe
beröffentlichen etwa 250 finnländiſche Juriſten, darunter der erſte verſchärften beſonderen Verautwortung bewußt ſind und den
Verbrauchern die gebotenen Rückſichten entgegenbringen. Ich
behalte mir vor, auf die Angelegenheit alsbald zurückzukommen,
Beſchleunigung auf die beteiligten Kreiſe in dem vorſtehenden
Sinne bereits jetzt einzuwirken.
Berlin, 17. Febr. (Bolff.) Anläßlich der in den letzten
Vochen eingetretenen ſcharfen Preisſteigerung für
langen ungleichen ſchließlich aber ſiegreichen Kampf für das Landwirtſchaſt die Laundesregierungen dringend erſucht, für jeden
Schlacktviehmarkt eine beſondere Ueberwachungskom=
miſſion
aus je einem Viehhändler, einem Fleiſcher und einem
Vertreter der Verbraucherkreiſe zu bilden, damit unberechtigten
Pteisſteigerungen ſogleich an Ort und Stelle entgegengetreten
tverden kazn. Durch ein enges Zuſammenarbeiten dieſer Kom=
zniſſion
mit den zuſtändigen Polizeibehörden wird in vielen Fäl=
len
die Beſchlagnehme des Viehes und die Fernhaltung unlau=
terer
Elemente von den Viehmärkten möglich ſein.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Mit der Kursſteigerung der
Mark iſt das Niveau der Großhandelspreife nach der
Großhandelsindexziffer des ſtatiſtiſchen Reichsamts von dem
5967fachen des Standes am 5. Februar auf das 5388fache am
15. Februar oder im 10 v. H. zurückgegangen. Von den
auf das 4122fache oder um 16 v. H., die Induſtrieſtoffe von dem
gen im Reichstage, der gegenwärtig das Notgeſetz berät, verhin= 7958fachen auf das 7755fache oder um 2,5 v. H., die Inlands= dem Staate verantwortlich zu machen. Das Wort der Rhein,
waren von dem 4925fachen auf das 4873fache oder um 1 v. H. iſt heute Schmach und Schande für uns. Der Friede von Frank=
oder
um 26,7 v. H. geſunken.
Reichsſchulausſchuß.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Im Reichsſchulausſchuß, der
in dieſer Woche im Reichsminiſterium des Innern getagt hat, Bürgerliches, ſondern ein Kabinett der Abwehr. Die Arbeiter
Das Abkommen wurde mit 410 048 gegen 91 142 Stimmen ab= wurde zur Frage der deutſchen Oberſchule ein Vorſchlag im Ruhrgebiet wollen nicht den Klaſſenkampf. Ihnen gebührt
gelehnt. Der Bundesrat hatte bekanntlich die Annahme des erörtert, der es ermöglichen ſoll, eine weitergehende Vereinba= unſer Dank. Dank verdienen auch die Beamten im beſetzten
rung der Länder über die gegenſeitige Anerkennung der Reife=
zeugniſſe
der deutſchen Oberſchulen zu erzielen. In den Ver=
handlungen
bezüglich der höheren Mädchenbildung Nuhrgebiet nichts erreicht und es wird nichts erreichen. Etwas
herrſchte Uebereinſtimmung über die Hauptpunkte, beſonders
über die ſechsjährige Dauer der mittleren und die neunfährige Einigkeit. (Beifall.) Unſere ſinanzielle Lage iſt heute troſtlos.
wird den Ländern eine Vorlage über die gegenſeitige Anerken= trag von Verſailles mit unterſchrieben haben?. Sie ſchweigen.
nung der Anſtalten zugehen laſſen. Die Richtlinien über Er=
den
Friedensvertrag zu unterzeichnen. Er gab ihm den drin= weſentlichen die Zuſtimmung des Ausſchuſſes. Die Leitſätze
Ismet Paſcha erklärte, er werde in Angora im Intereſſe des Fortbildungsſchulen, wurden einem Unterausſchuß überwieſen.
Friedens tätig ſein. Später hatte Fsniet Paſcha eine Unter= Auch über die Frage des Grenz= und Auslandsdeutſchtums ge=
langten
Richtlinien zur Annahme.

Konzert.
F.N. Als außerordentliche Veranſtaltung bot die Freie
Geſellſchaft für Mufik im Fürſtenſaal ihren Mitglie=
dern
Werke von Dr. Egon Kornauth (Wien) dar. Der Kom=
poniſt
, der ſich mit zwei Kaummernuſikwerken und einer größeren
Folge von Liedern vorſtellte, gehört nicht zu dem umſtürzleriſchen
Neuerern der Wiener Schule, ſondern ſchließt fühlbar an die
ſeitherige Entwicklung der muſikaliſchen Formen und Ausdrucks=
mittel
gn. Thematiſche und motiviſthe Durcharbeitung pflegt er
ebenſo wie ſchwärmeriſches Sichergehen in harmoniſcher und
melodiſcher Schönheit. Alles iſt vortrefflich gearbeitet und voll
natürlicher Erfindung, die geſuchte Eigenart verſchmäht ſelbſt
auf die Gefahr hin, anlehnend zu erſcheinen. Das Klaviertrio
Opus 27 in einem Saz vereinigt in ſich alle Elemente eines
mehrſätzigen Werkes, ſchafft aber Uebergänge zwiſchen den Tei=
len
, darunter den beſonders glücklichen zum ſchnellen Schlußteil.
wo der Anfang zur Zuſammenfaſſung benutzt wird. Manches
wirlt etwas ebiſodiſch, man erwartet gelegentlich ſtärkere Ver=
arbeitung
der weſentlichen Gedanken.
Dies trat in dem Klavierquartett Opus 18 mehr hervor, und
wir ſtehen nicht an, dieſes Werk als das eindrucksvollere zu be=
zeichnen
. In drei umfangreichen Sätzen ſpricht Leidenſchaftlich=
keit
, verklärte Ruhe und unruhiges Taſten und Suchen, das ſich
ſchließlich in großem Aufſchwung ſteigert. Die tonale Einheit iſt
beachtenswert, jede Ausweichung ſteht in bewußtem Zuſammen=
hang
mit der Hauptonart C, von der ſich beſonders ſchön der
weiche L=dur=Mittelſatz abhebt. Die ſtets intereſſante Stimm=
führung
war hier deutlicher zu verfolgen als in dem Trio, da
dort im Satz wie auch in der Ausführung durch den Komponiſten
das Klavier zu ſtark dominiert und die Streichinſtrumente über=
tönte
. Im erſten Satz ſchien eine Befreiung von der überkomme=
nen
Sonatenform dadurch beabſichtigt zu ſein, daß die thema=
tiſche
Durchführung des Hauptgedankens im innigſten Zuſam=
menhang
mit dieſem blieb und erſt dann wie ein Arienmittelt
griſche

Anch Hie IISſche
gelangten, zeigten den Komponiſten von günſtigſter Seite. War
auch die Wahl der Gedichte von H. Heſſe N. M. Rilke und ande=
ren
darin einſeitig, daß, faſt alle eine gewiſſe gedämpfte Schwere
der Stimmung zeigten, ſo gaben ſie im Einzelnen trefflich ab=
gerundete
und plaſtiſche Bilder. Melodien voll Charakter, ſchöne
harmoniſch gewählte und motiviſch den Ausdruck unterſtreichende
Begleitungen vereinten ſich zu geſchloſſenen Wirkungen. Beſon=
dere
perſönliche Eigenart tritt allerdings nicht viel hervor. Den
ſtärkſten Eindruck hinterließen mir Im Nebel, Abendlied in
der großen Stadt, der herbe kräftige Schnitterſpruch, zwei
feinſinnige Lieder aus Frühe Gedichte von Rilke und das hel=
klingende
Lied in der Ferne‟.
Die Ausführung der Werke entſprach höchſten Anforderun=
gen
. Herr Kornauth erwies ſich als trefflicher Pianiſt, der
zwar in der Kammermuſik allzu ſelbſtherrlich auftrat, als Be=
gleiter
zum Geſang aber um ſo ſchöner ſpielte. Leider war der
Flügel in der vielbenützten, hohen Lage erheblich verſtimmt
Fräulein Ria von Heſſert ſang mit dem innigſten Ausdruck
und bewundernswerter muſikaliſcher Sicherheit. Ihre Stimme
iſt von herrlichem Wohlklang, die Ausſprache der Konſonanten
aber nicht ſo deutlich, daß man die Worte durchweg verſtehen
kann, was bei der Wiedergabe neuer Werke jedoch von größter
Bedeutung iſt, da der Hörer ſonſt allzu unbewußt im Tonſtrom
mitgetrieben wird. Herr Konzertmeiſter Drumm und die
Herren Kammermuſiker Sprenger und Andrege wirkten
mit beſtem Erfolg mit. Daß ihre Leiſtungen in den eigenen
Quartettabenden und dem Trioabend mit Herrn Kapellmeiſter
Roſenſtock auf noch höherer Stufe ſtehen, iſt für die Künſtler
durchaus ehrend, da es die Sorgfalt verrät, mit der ſie ihre Dar=
bietungen
vorzubereiten pflegen, eine Genauigkeit des Sichein=
fühlens
, die mit einem von auswärts kommenden Künſtler in
flüchtigen Verſtändigungsproben natürlich nicht möglich iſt. Alle
Komppſitior
urden mit herzlichem Beifall aufgenommen.

3. Tagung des Rheinlandbundes.
TU. Frankfurt a. M., 17. Febr. Der Reichslanobund
hatte auf den heutigen Tag zun erſten Mal ſeine Hauptverſaum=
lung
nach Süddeutſchland und zwar nach der alten Main=
Metropole und alten Krönungsſtadt der deutſchen Kaiſer, Frauk=
furt
a. M., einberufen. Der Beſuch war ſtark, aber nicht ſo
umfangreich, als man hätte erwarten dürfen, wenn nicht noch
im Gebiete der Stadt Frankfurt die Grenze des beſetzten Ge=
biets
beginnen würde und durch die durch die Nuhraktion der
Franzoſen verurſachte Behinderung des Eiſenbahnverkehrs die
Zureiſe aus dem beſetzten Gebiete beſonders erſchtvert wvorden
wäre. Immerhin, zeigte die ſtattliche Beſezung der beiden
großen Säle des Hypodrons und des Saalbaues, daß
Reichslandbund und ſeine lokalen und ſeine provinziellen Or=
ganiſationen
in Süddeutſchland einen feſten Boden haben und
daß zahlreiche der Mitglieder aus den nördlichen und öſtlichen
Bezirken unſeres Vaterlandes den weiten Weg nicht ſcheu=n
um an der Tagung der Berufsorganiſation teilzunehmen, die
ihnen zum Bedürfnis wurde.
Im Hypodrom wurde die Tagung eingeleitet durch eine
Chor der Landbundjugend von Oberurfel Sei getreu bis
den Tod.
Dann begrüßte der Bundesvorſitzende, Reichstagsabgeord=
neter
Dr. Röſicke=Berlin alle Erſchienenen. Der Nedner er=
innerte
daran, daß heute das Reich in Not ſei und gab dann
einen Ueberblick über die politiſche Lage, die ſich im letzten
Jahre entwickelt hat. Er erklärte, daß das parlamentariich
Regierungsweſen nicht das beſte iſt, was uns helfen kann.
Dann kritiſiert der Nedner das Getreideumlageweſen, das die
Produktionsſteigerung hemme. Kataſtrophal wäre die Ernäh=
rung
geworden, wenn auch die Kartoffel unter die Zwangswirt=
ſchaft
geſtanden hätten. Alle Vorſchläge der Landwirtſchaſt
hätten im übrigen kein Gehör gefunden, trotzdem die deutſche
Landwirtſchaft das Rückgrat unſerer Volkswirtſchaft iſt.
Die Bank für Landwirtſchaft muß von der Landlvirtſchaſt
unterſtützt werden, nur dann kann ſie ſich Achtung ſchaffen, die
ſie brauche. Von der Regierung müſſe man verlungen, daß ſ
erklärt, wie die Regelung der Getreideverſorgung werden ſoll,
da dadurch die Getreideverſorgung ſelbſt bedingt ſei. Auf den
Gebieten, wo die Zwangswirtſchaft beſtehe, bei Zucker und
Milch, müſſe ſie ſobald als möglich beſeitigt werden. Auch das
Steuerweſen müſſe in gerechter Weiſe geregelt werden. Gegen
den Vorwurf, als wolle die Landwirtſchaft das Volk bewvuchern,
müſſe man ſich wehren. Ueber alle dieſe Sorgen gehen die Sor=
gen
um das Vaterland. Die Franzoſen wollten nicht den Frie=
den
, ſondern die Zerſtückelung Deutſchlands. Fraukreich habe
die militäriſche Herrſchaft angeſtrebt jetzt wolle es die wirt=
ſchaftliche
Herrſchaft. Das größte Verbrechen, das begangen
werden konnte, ſei geweſen, die Zerſtörung unſerer Heeresmnacht.
Einen aktiven Widerſtand gegen Frankreich können wir nicht
mehr leiſten, aber einen paſſiven. Es ſcheint, als ob ein neuer
Geiſt in Deutſchland ſich entwickeln wollte, heute ſcheine ſich
wieder das Wort Fichtes, daß man an Deutſchlauds Zukunſt
glauben müſſe, wieder Geltung zu verſchaffen. Man dürfe nacr
dem Ruhr= und Rheingebiet blicken und könne dort ſehen, daß
wir uns nicht willenlos den Welſchen unteinerfen dürfen.
Heute handle es ſich um Sein oder Nichtſein. Alle müßten in
Deutſchland zuſammenſtehen, um die Sorgen im alt= und neu=
beſetzten
Gebiete zu beſeitigen. Hier müſſe, wie der Reichs=
kanzler
geſagt hat, die Landwirtſchaft ihre Pflicht erfüllen, da.
mit nicht die Leute am Rhein und Ruhr verhungern. Rufe,
Niemals.) Es war eine Kommiſſion des Reichslandbunde:
im beſetzten Gebiete. Auf ihren Vorſchlag hin habe der Reichs
landbund beſchloſſen, die Kinder aus dem Ruhrgebiet bei ſeinen
Mitgliedern unterzubringen. Auch für die Ernährung der Be=
völkerung
im neubeſetzten Gebiete müſſe der Reichslandbund
ſorgen. Mit dem Gelöbnis von E. M. Arndt, zur Liebe zum
deutſchen Vaterlande ſchloß der Redner. Die Verſammlung
ſtimmte darauf das Deutſchlandlied an.
Reichstagsabg. Hepp: Ich begrüße den Reichslandbund
in Naſſau. Naſſau hat einen ſeiner beſten Sühne Preußen und
Deutſchland geſchenkt, den Freiherrn v. Stein, der dem deut=
ſchen
Landvolke die Freiheit gebracht hat. Er war es, der an=
geſichts
der Kleinſtaaterei die deutſche Einigkeit erſehnte. Zeit
Hauptgruppen ſind gleichzeitig die Lebensmittel vom 4902fachen ſeines Lebens kämpfte er für die Freiheit, aßer dieſe Freiheit
iſt heute in Gefahr. Stein’s Ziel war, den Einzelnen gegenüber
furt war ein Friede, Verſailles iſt es nicht, dieſer ſogen. Frieden
und die Einfuhrwaren von dem 11 176 fachen auf das 7963fache iſt ein langſames Abwürgen unſeres Volkes. Frankreich will
keinen Frieden, ſeine Regierung, muß das Volk in Eroberungs=
wahnſinn
erhalten, denn ſonſt würde ſie weggefegt werden,
Ohne ein ſtarkes Deutſchland iſt kein Frieden in Europa uud
in der Welt verbürgt. Dem Kanzler Cuno müſſen wir zurufen:
Kanzler, bleibe hart. Für uns iſt das Kabinett Cuno kein
Gebiete, wir werden ſie nicht verlaſſen. Dank auch unſeren
Eiſenbahnern für ihr Pflichtbewußtſein. Frankreich hat iu
hat es erreicht, worauf wir ſtolz ſein können! Die deutſche
Was ſagen die Engländer, und Amerikaner dazu, die den Ver=
Aber wir ſollen ſie daran erinnern, daß ſie ſich für das Selbſ
ziehungsbeihilfen nach der Reichsverfaſſung fanden im beſtimmungsrecht der Völker erklärt haben, wir wollen ſie darau
erinnern, daß wir im Vertrauen auf ihr Wort unſere Waffen
über die Unentgeltlichkeit der Lehrmittel in den Volks= und niedergelegt haben. Auf unſerer Seite ſteht niemand als das
Recht und die Einigkeit. Wir haben Vertrauen auf die Bevölke=
rung
im beſetzten Gebiete in Weſtfalen, am Rhein und im
Badener Lande. Wir deutſchen Landwirte haben nun die Pflicht,
unſer Volk zu ernähren. Darum müſſen wir unſeren Volls=
genoſſen
in den beſetzten Gebieten alle Nahrungsmittel geben.
Steuerregelung.
Berlin 16. Febr. (Wolff.) Mit Rückſicht auf die Stei=
gerung
der Löhne und die Erhöhung der Lebenshaltungskoſten
iſt bei der in dieſen Tagen vorgenommenen Neuregelung des
Lohnabzuges, die an ſich erſt am 1. März in Kraft tritt, vor
geſehen worden, daß im Februar, für die letzten ſechs
vollen Arbeitstage der Steuerabzug unter
bleiben ſoll. Als volle Arbeitstage gelten die Tag=, au deuen
der Arbeitnehmer während der nach dem Tarifvertrag oder
ſonſtigen Vereinbarungen beſtimmten Zeitdauer arbeitit. Iſt
hieknach nichts anderes beſtimmt, ſo bleibt der Arbeitslohn, der
auf 48 Arbeitsſtunden entfällt, vom Steuerabzug frei. Daher
findet grundſätzlich ein Steuerabzug von dem Arbeitslohn, der
für die am 22, 23, 24, 26., 27. und 28. Februar geleiſtete Arbeit
gezahlt wird, nicht ſtatt. Erfolgt die Lohnzahlung nach
Lohnwochen, ſo iſt der Steuerabzug von dem Arbeits=
lohn
nicht vorzunehmen, der auf die letzte im Februar
1933 beginnende Lohntwoche entfäll. Bei monatlicher
Entlohnung bleibt ein Viertel des nächſten zur Aus=
zahlung
gelangenden Monatslohnes und bei vierteljähr=
licher
Entlohnung ein Zwölftel des nächſten zur
Auszahlung gelangenden Vierteljahrslohnes vom Steuer=
abzugfrei
. Das Nähere iſt demnächſt bei den Finanzämteru
zu erfahren, Außerdem werden dom 1. März ab, dis beimt
Steuerabzug zu berückſichtigenden Ermäßigungen gegen=
über
den jetzt geltenden Sätzen vervierfacht. Daher betra=
gen
die Ermäßigungen für den Steuerpflichtigen und ſeine Ehe=
frau
von dieſem Zeitpunkt ab monatlich je 800 Mark und für
ſedes zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende minder=
jährige
Kind ohne eigenes Arbeitseinkommen oder jedes nicht
über 17 Jahre alte iKnd mit eigenem Arbeitseinkommen 400)
Mark uonatlich und zur Abgeltung der Verbungskoſten, und
fonſtigen Abzüge ebenfalls 4000 Mark mongtlich.

[ ][  ][ ]

Seite

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 19. Februar 1923.

Rummer 49.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 19. Februar.
Heffiſihes Laudesiheater. Drumm=Quartetk. Der dritie
Abend der Quartett=Vereinigung, der Dienstag, den 20. Februg,
im Kleinen Haus des Heſſiſchen Landestheaters ſtattfinder, bringt Werke
von Sgambati, Haydn und Kreisler zu Gehör. Sgambati, 1843 in Rom
geboren, iſt einer der bedeutendſten italieniſchen Komponiſten und Kla=
vierſpieler
. Außer Werken für Orcheſter und Chor widmete er ſich
hauptſächlich der Kammermuſik. Klar in Forn und Aufbau, zeichner
ſich ſein Schaffen beſonders durch die ſchuungvolle melodiſche Linie aus,
die durch großen Klangſinn unterſtütz: wird. In dieſer Beziehung dürfte
das Stweichquartett als beſonders ſchönes Kaururermuſikwert gewertet
werden. Von Haydn gelangt ein Quartett aus der früheſten Schaf=
fensperiode
des Meiſters zum Vortrag. Ganz zu Unrecht werden die
frühen Quartette heute vernachläfſigt. Aus dieſem Opus 3 Nr. 5 iſt
den weiteſten Kreiſen die Serenade bekaunt aber nicht weniger ſchön
ſind die anderen Sätzchen, voll ſprühenden Humaus und Natürtickreit
der Empfindung. Den Beſchuß des Programms bildet Fritz Kreisleus
Streichquartett in A=Moll. Es dürfte von Jutereſſe ſein, den großen
Geiger F. Kreisler als
nifſten tennen zu ſernen. Das Quartett
iſt das erſte größere Werk, welches Kreisler außer den bekannten Violin=
bearbeitungen
herausgegeben hat. Es gilt ihm nicht Prrbleme zu löſen,
ſondern ſeiner Muſizierfreudigkeit freien Lauf zu laſſen. Echt wieneri=
ſchen
Geiſt atmet ſeine Mufik. Ihm ift Melodie und Klang die Haupt=
ſache
, die durch eine moderne Charakter weiſende Harmoniſierung leuch=
tend
untermalt wird. So entſtehen die dier Sätze als Klangbilder
romantiſcher Prägung voll wohltuend intimer Reize.
RDV. Weitere Vereinfachung ſür Eutſchädigungsanträge. Die bisher
nur größeren Abfertigungsſtellen im Reichsbahuverkehr eingeräumte Be=
fugnis
zur ſelbſtändigen Erkedigung von Entſihädigungsanträgen im
Güterverkehr bis zum Forderungsbetrag vort 10 000 Mark iſt vom 1. Fe=
bruar
ds. Js. ab weiteren Abfertigungsſtellen beigelegt worden. Gleich=
zeitig
wird die Befugnis ausgedehnt auf Sendungen des Gepäck= und
Expreßgutverkehrs und weiterhin ſofern die geforderte Entſchädigung
den Betrag von 1000 Mark nicht überſteigt auf Sendungen des Wech=
ſelverkehrs
der Reichsbahn mit deutſchen Privateiſenbahnen und des Ver=
kehrs
mi Eiſenbahnen, die dem Verein deutſcher Eiſenbahnverwaltungen
angehören.
RDV Milderung des Rauchverbots. Vom 1. Februar ab iſt, wie
die Reichszentrale für Deutſche Verkehrswerbung mitteilt, die Buße für
das Uebertreten des Nauckerhots vor 60 auf 300 Mk. erhöht wvor=
den
; auch dieſer Betrag erſcheint als Ordnungsſtrafe gering im Ver=
hältnis
zur Geldenttvertung. In der Verfügung, die die neue Erhöhurng
bekannt gibt, wwird darauf hingewieſen, daß bei Erhebung der Buße in
Fällen unbeabfichtigter Uebertretung der Vorſchrift bilſige Rückſictt zu
nehmen ſei; dagegen ſoll bei vorſätzlicher Uebertretung mit aller Schärfe
vorgegangen werden. Weiter ſei darauf hingewieſen, daß das Nauchen
in den Gängen der D=Zugwagen, die nur Raucherabteile führen, geſtattet
und nur in den Wagen grundſätzlich verboten iſt, die ganz oder teilweife
aus Nichtraucherabteilen beſteh.
Aus den Parteien.
Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei. De=
Vortrag des Herrn Generalfekretärs Wohmann für Gruppe A wird um
eine Woche verſchoben. Am Mittpoch, 21. Februar, ſoird Herr Real=
lehrer
Weide für beide Gruppen ſeinen dritten Vortrag über Wagner
Nibelungenring halten, und zwar diesmal die Ope: Siegfrieds Tod‟
textlich wie muſikaliſch erläutern. Angehörige unſerer Mitglieder wie
auch Parteifreunde ſind hierzu im Feierabend herzlich eingeladen.

* Arheilgen, 18. Febr. In der letzten Gemeinderatsſitzung
wurden die Hunderkſätz= zum Reichsmietengeſetz für unſere Gemeinde
auf 1700 Prozent feſtgeſetzt. Ein Erbbegräbnis=Dotpelgrab wird von
fetzt ab mit 40 000 Mark und jede weitere Einzlgrabſtät.e mit 10000 Mk.
berschnet. Sobald Gemeinde und Gemeinnütziger Bauverein ihren Be=
darf
an Nutzholz gedeckt haben, wird der Ueberſchuß an den Orts=
gewerbeverein
überwieſen werden. Die Beiträge an die Kreislehrer=
Bückxrei und den Hilfsverein für Geiſteskrauke in Heſſen follen der Zeit
entſprechende Erhöhungen erfahren. Die Gebühr für Inanſpruchnahme
des Wohnungs= bzw. Mieteinigungsamtes wurde auf 2000 Mc. reſt
geſetzt. Die Vorauszahlung der Bezüge de= planmäßig Angeſtellten
wurde beſchloſſen Ebenſo fand die Aufnahme eines Darlehens von drei
Millionen Mark bei der hieſigen Spar= und Darlehnskaſſe die Zuſtiu=
mung
der Perſammlung. Die Beſichigung des Platz=8 zur Errichtung
eines Kriegergedenkſteins auf dem alten Friedhofe ſoll durch den Ge=
famtortsvorſtand
geſchehen. Anſchließend fand eine geheime Sitzung
ſtatt.
th. Bingen, 18. Febr. Der Nachtverkehr iſt ſeit kurzem von
den Franzoſen wieder freigegeben worden. Auch in Ingeiheim und in
Gaulshrim iſt die Verkehrsſperre wieder aufgehoben. Für Heidesheim iſt
das Verbot noch nicht aufgehoben.
ei- Gießen. 18. Febr. Die Straßenbahu macht dauernd
Defizik. Im abgelaufenen Jahre betrugen die Einnahmen insgeſamt
35 Millionen Mark; die Ausgaben betrugen jedoch 164 Millionen Mark,
fo daß der Fehlbetrag allein 129 Millionen Mark beträgt. Als weitere
Sparmaßnahme iſt geplant, die durch die Bahnhofſtunße gehende Linie

ſtillzulegen. Für den Wohnungsbau wurde für 1923 von der
Stadt ein Kredit von 225 Millionen Mark bowilligt. Die Straßen=
beleuchtung
foll im Hinblick auf die vielen Einbruchsdiebſtähle troß
aller Inkoſten verbeſſert werden. Insgeſamt ſollen 50 neue Lampen
aufgeſchafft werden. Unfall. In der Heyzligenſtädtiſchen Fabrik iſt
ein Gerüft zuſamuengeſtürzt. Mehsere Arbeiten wurden verletzt. Doch
ſcheinen die Verletzungen nicht lebensgefährlich zu ſein.
R. Aus Oberheffen, 18. Febr. Friedberg. Auf dem letzten
Wochenmarlte beſchlagnahmte die Polizei viel Käſe, Butter uſw., da bie
Händler keine Verktaufserlaubnisſcheine hatten. Bad Salzhauſen.
Das hieſige Penſionshaus Stillfried iſt für 10 Millionen Mark von
der Stadt zu Kurzwecken erwouben warden. Nidda. In einem
hieſigen Landhauſe iſt eingebrochen worden. Es wurden vornehmlich
Silber= und andere Schmckſachen geſtohlen. Sihottet. Der Kreis=
tag
des Kreiſes Schotten hat 3600 (0 Mark für das neue Bezirkstran=
kemhaus
in Gedern bewilligt. Der Zuſchuß des Kreiſes für das Johanu=
Friedrichſtift in Laubach beträgt 2 Millionen Mk. Ober= Mock=
ſtadt
. Der bekanntlich ſchon Jahre dauernde Konkurs des hieſigen
Vorſchuß= und Krobitvereins e. G. m. u. H., iſt jetzt endlich zum Ab=
ſchluß
gelangt. Ende diefer Woche fand vor dem Niddger Amtsgericht
der letzte Termin ſtatt. Mit Hilfe des ſofort begründeten Hilfsvereins
ſt es gelungen, große finanzielle Schäden der Beteiligten zu vermeiben.
Aſſenheim. Dieſer Tage iſt hier eine franzöſiſche Brieftaube
eingefangen worden, die folgende Meldung bei ſich trug: Algemeiner
Streik. Zwei Offiziere ſind mit guter Verſtärtung in Kenn angekommen.
Geſtern vier Brieftauben erhalten. Der Chef. 3. Febr. 23. (Kenn
ein kleines Dorf bei Trier.)

Reich und Ausland.
Denkmalſchänder.
Wie das Berl. Tageblatt aus. Halle melder, wurden die Schän
der des Bismarckdenkmals auf der Rudelsburg, der Trans=
portarbeiter
Eckſtein und der Schumacher Giebler von der Strafkammer
in Naumburg zu Zuchthausſtrafen bis zu drei Jahren verurteilt.
Verurteilte Attentäter.
Vor dem Lüneburger Schſurgericht hatten ſich geſtern der neuenzeyn=
jährige
Hans Joſchko, der 22jährige Kirſchke und der gleichaltrige
Thurau wegen des Eiſenbahnattentats vom 18. November
1922 in der Nähe bon Rabbruch zu verantworten. Zwei der drei Ange=
klagten
, die durch Löſen und Auseinanderlegen von Eiſenbahnſchienen
den D=Zug zum Entgleiſen bringen wollten, erhielten 15 Jahre
Zuchthaus, der dritte Angeklagte, 12 Jahre Zuchthaus.
Im badiſchen Meerreitichlanbe.
Aus Offenburg i. B.ewird geſchrieben: Nachdem die Franzoſen
zuerſt die Stadt Offenburg und den Eiſenbahnknotenpunkt Appenweier
beſetzt hatten, haben ſie auch das badiſche Kirchdorf Urloffen bei
Appeniveier in Beſitz genommen und damit einen der Harptorte des
bayeriſchen Meerrettichßaues, der in der Gegend von Ofſenburg und
Raſtatt in Blüte ſteht. In der Ortenau iſt neben Urloffen beſonders
Niederbüihl durch ſeinen Meerrettickbau bekannt. Einzelne dieſer Kreen=
dörfer
hauen alljährlich bis zu 150 Morgen Meerretiich an. Die Kul=
tuir
des Meerrettichs iſt hier etwas anders geartet als in den anderen
ſüddeutſchen Meerrettickbaubezirken, zu denen die Umgebungen von
Bamberg und Nürnbeng, beſonders aber der bedeutende Meerrettickbau
von Baiersdorf bei Erlangen und der etvas kleinere von Prichſenſtadt
in Unterfranken, 19 Kilometer von Kitzingen a. M., zu rechnen ſind. Der
Meerreitich der Offenburger Gegend geht nach wie vor in großen Poſten
auch nach Straßburg. Die Frauzoſen ſind als große Verehrer des Meer
rettichs bekannt; man ſagte ſchon lange, daß ſie auf die Kreenfalder der
Offenburger Gegend ein Auge geworfen hätten. Nun haben ſie mit der
Exwciterung des Hehler Brückenkopfes vollkommen Gelegenheit erhal=
ten
, auch die Kreendörfer der Ortenau in Sanktion zu nehmen. Kreen
ift eine ſchneidend ſchaufs Koſt; manche werden dabef zu Tnän ir
gebracht.
Eine ganze Familie ermordet.
In Piontiowo, Kreis Poſen=Oſt, wurde eine ganze Familie
eines erſt vor zwei Jahren aus Amerika nach Polen zurückgekehrten
Landwirts ermordet aufgefunden. Der Landwirt, ſeine Gattin,
ſeine neunjährige Tochter, die ſechs und ein Jahr alten Söhne, die
achtzehnjährige Dienſtmagd und der ſechzehnjährige Knecht waren durch
Sihläge mit einem ſtumpfen Inſtrument auf den Kopf getötet. Die
Mörder ſind mit dem Geſpann der Ermordeten nach Poſen gefahren
und haben es vor einer Gaſtwirtſchaft ſtehen laſſen. Als vermutliche
Mörder, ſind zwei Schwager des Ermordeten verhaftet.
Billige Eier.
Wir entnehmen den Münch. N. N.: Dr. Heims Kalkeier bei Seidl,
In der letzten Verſammlung des Allgemeinen Verboaucherbundes fragte
bekanntlich Profeſſor Dr. Kullmer, wo die von Dr. Heim im vorigen
Jahre bei der Firma Seidl eingekalkten Eier hingekonrmen ſeien und zu
welchem Preis ſie derkauft wurden. Das Bureau München der Landw.
Zentralgenoſſenſchaft Regesburg erſucht mun um Aufnahme folgender
Feſtſtellung: Von den bei Seidl im Frühjahr eingekalkten Eiey wurde
ein Teil dertragsmäßig der Firma als Entgelt für Ueberlaſſung der
Baſſins für 44,25 Mark abgegeben, der andere an das zahlreiche Per=
ſonal
der eigenen Buneaus gleich anderen verbilligten Lebensmitteln
bis in die letzten Tage für 5 Mark verteilt. Die Belege hierfür haben
die Behörden ſeit langem in Händen.

Ruſiſche Rohſtoffe und Voltskunft Erzeugniſſe auf der Leivziger Meſſe.
* Wie auf der Herbſtmeſſe des letzten Jahres wird wan auch auf
der kommenden Frühjahrsmeſſe in Leipzig eine umfangreiche Ausſtellung
ruſſiſcher Rohſtoffe und Fertigfabrikate vorfinden. Die Rohſtoffe, vor
allemr Holzuaterialien, Hanf, Flachs, Wolle, Borſten, Rauchſvaven, Felle,
Häute, Därme, Oelkuchen, Arzneikräuter, Tabak uſw., werden im Alten
Rathaus am Markt untergebracht ſein. Zur Aufnahme der Erzeugniſſ=
der
ruſſiſchen Volkskunſt iſt dagegen das Graſſimuſeum vorgeſehen. E
werden hier Handarbeiten, Spitzen, Stickereien, Flechtarbeiten, Gewsbe
Teppiche, feine Holzſcmitzereien, Lackarbeiten, Zigarettenetuis und
Papier=Maché, ferner auch Kunſtgegenſtände der Halbedelſteininduſtris
ausgeſtellt, die von den alten großen Fabriken in der Nähe von Peters=
burg
angefertigt werden. Veranſtalter der Meſſeausſtellung ſind die
Handelsvertretung der Ruſſiſchen Sozialiſtiſchen Föderativen Sowfet=
Republik, ferner die Ukrainiſche Handelsvertretung, ſodann der Allruſſi
ſche Zentralverband der Konſumvereine Centroſojus, weiterhin ver
ſchiedene Verbände von Moskau und Petersburg, und zwar die halb=
ſtagtlichen
Truſts, von denen in der letzten Zeit wiederholt in der Preſ;
die Rede geweſen iſt=
Spiel, Sport und Turnen.
Hockey.
Darmſtäöter Hockeyklub I.Hockey= und Tennis=
lub
Rödelheim I. 2:1 (0:0). Auf dem vereiſten Rödelheimer
Platz war ein einwandfreies Spiel nicht möglich. D.H.K. war in deu
Stellungs= und Zuſpiel beſſer und gewann ſicher.
Darmſtädter Hockeyklub II.Hoceh= und Tennis=
klub
Rödelheim II. 14:0 (6:0). Das Spiel fand nach dem Tref=
fen
der erſten Mannſchaften ſtatt. Der Boden, durch die Sonne auf
getaut, war in einigermaßen ſpielfähigem Zuſtand. D,H.K. iſt ſtatt
überlegen und erzielt nach prächtigem Spiel 14 Tore, während Röd
heim leer ausgeht
f. R.=DaruſtadtF. V. 1911 Hofheim 2:2 (1:0)
Nachden V.f.R. ſeinen Traum don der A=Meiſterſchaft am letzien
Sonlitag in Pfungſtadt ausgeträumt und damit uch dieſes Jahr wie
im Vorjahre knapp an ihr vorüberging, griff er geſtern bereits
einem Freundſchaftsſpiel, das für ſeinen ungebrochenen Willen zu ſport
licher Tätigkeit beredtes Zeugnis ablegt. Eine Reihe ſeiner Repräfen
tativen fünf an der Zahl hatten das Bedürfnis nach Ruhe od
ſetzten unfreiwillig aus. Doch ſetzten ſich die Erſatzleute nicht mind
gut difür ein, und ſo brachte V.f.R. gegen die gleichfalls mit drei Erſ.
leuten antretenden gut beleumundeten Hofheimer ein Unentſchieden m
2: 2 Toren zuwege. Die Aufſtellungen lauteten;
V. f. R.:
Friedmann
K. Müller Berger
K. Weicker Gg. Müiller P. Geider
Schwars H. Waldhaus Eichel H. Weicker W. Kaffenberg
Zindel Schader Löſch M. Zindel Bletzer
Hofmeiſter Beher Güniher
A. Keil L. Keil
Niederhöfer.
Wie zu evſparten war, lieferten beide Mannſchaften ein ntſtergültig
faires Spiel, und ein anregendes noch dazu. Hofheim hat nichts von
ſeiner hier bereits deionſtrierten Spielweiſe, ſeiner ſeit Jahren gepfteg=
ten
flüſſigen Fla hkombination verlernt, und führte ſie auch geſtein i.
Anerkennung abringender Weiſe vor. Trotz der Erſatzleute lief Hof
heims Kombinationsmaſchine nach Wunſch und wachte V.f.R. von An
fang an ſehr zu ſchaffen. Vor dem Tore fehlte aber der ternige Schuß
und darin liegt die Schwäche der Elf, die, abgeſehen hiervon, in allen
Teilen techniſch wohl geſchult iſt. V.f.R. zeigte ein ungekünſteltes Spiel
herzerfreuende Friſche und hatte viele Chancen Hofheim voraus, das
das techniſch beſſere Spiel lieferte. Gerechterweiſe lautete das End=
ergebnis
Unentſchieden.
Vom Spiel: Trotz ſofort einſeizender Feldüb legenheit Ho
heims führt V.f. R. nach 24 Minuten durch Prachtſchuß H. Weickers und bis
Halbzeit mit 1:0 Toxen. Hofheim gleicht nach der Pauſe aus, um zwei
Minuten ſpäter neuerlich V.f.R. die Führung zu überlaſſen, der einer
Fehler von Hofheims Torhüter entſchloſſen nutzt. Eichel zeichnet f!
das zweite Tor des V.f.R. Trotz des nun beſſeren Spieles des V.f.9
kommt Hofheim nochmals zum Ausgleich in der 33. Minute. Dabe
bleiht es bis zum Schluß.
Leb gebührt beiden Mannſchaften, die ein faires Spiel lieferten und
ihr Beſtes gaben. Das darf auch vom Schiedsrichter Herrn Grüngwald
(Eberſtadt) geſagt werden.
4. H.

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, heute geſchloſſen. Kleies Haus
Anfang 7 Uhr, Ende gegen 10 Uhr (Sondermiete 22 Figaros Hochf
zeit. Union=, Reſidenz=Zentval=Theater, Palaſt=Lichktſpiele: Kino=
Vorſtellungen.

Stammholzberſteigerung vormittags 10 Uhr im Eberſtädter
Gemeindewald. Zuſammenkunft der Steigerer auf der Kreisſtraß=
(berſtadtPfungſtadt, am Main=Neckar=Bahnhof.

Die heutige Rummer hat 4 Seiten.

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

1I T 2OM
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

DailllordGr
1 Luisenplatz 1

Familiennachrichten

Todes=Unzeige.
(Btatt jeder beſonderen Anzeige.)
Heute entſchlief infolge ſchweren
Herzleidens un ere herzensgute
Mutter, Schwiegermutter und
Großmutter
Frau Eliſabeth Schehrer
geb. Freiin v. Hunoltſtein.
Die tieftrauernden Hinterbliebenen:
Familie Schehrer, Biebrich/Rh.
Familie Walter, Mosbach/B.
Darmſtadt, 18. Februar 1923
Die Beiſetzung fiudet in ber Stille
att. Von Blumenſpenden bitet
man abzuſehen. (1408

Eott dem Allmächtigen hat es
gefallen, meine innigſtgeliebre
Gattin, unſer: treuſorgendeMutter,
Schwiegermutter, Großmutter
und Tanie

geb. Hillen
nach kangem, mit Geduld er=
tragenem
Leiden im Alter von
46 Jahren zu ſich in die Ewigkeit
ak zurufen.
Die dieftrauernden Hinterbllebenen.
Guſtav Fuchs
undKinder.
Darmſtadt, 17. Februar 1828.
Auf Wunſch der Entſchlafenen
ſindet die Einäſcherung Dienstag,
29. Febrliar, vorm. 11 Uyr, auf
dem Waldfriedhof ſtatt

Landestheater.
Montag, 19 Febr.
Großes Haus.
Heute geſchloſſen.
Kleines Haus. (V‟‟
Sondermiete 2
Figaros Hochzeit
von W. A. Mozart.
Inf 7. Ende g. 19½ Uhr
Preiſe: 3000-12000 M

Tauſchangebot
Darmſtadt
Lindenfels.
Hüßſche 3 Zimmer=
wohnung
mit Zube=
hör
in Lindenfels ge=
gen
eine 34 Zim=
merivohn
in Darm=
ſtadt
zu tauſchen ge=
ſucht
. Eignet ſich
ſehr für erholungs=
bedürftige
. Näherez
Büro=Abtlg. für Eigen=
heime
, Sandſtrare 24
(Marienpl.). (1405g0

A=Auto NA,8.
4ſitz g, ſehr gut erh.,
Transport=Auto
1 5-20 Ztr Tragkraft,
fahrbereit verkäuf ich
Autohs. Willy Neuroth
Eiſabethenſtr 49.
Zei 1060. (*4655gc

Tiermarkt

Echeck-Nammler z.
Decken nur Samst
u Sonnt) L. Hill,
Nd.=Ramſtädterſt. 16.
2 Et techts. *631

Schsner, wachſamer
Foxhund

Stall=Streumittelß
u. Brennmaterial
Nachdem Streumittel für Vieh und
Pferdehaltung dringend benötiat /
kird für das nahezu unbeſchaffbare
Etroh welches heute ca 9000 Mk.
per Zeniner koſtet, ofſeri ren:
friſcher Stichtorf, noch
Streutorf feucht, 11001300 Me.
per Zentner; ferner
Torfſtreu lufttrocken
22002400 Mk. per Ztr. je nach
Waggongewicht ob 200/250-300/350
Zent er. Der Torfiſt nicht in Ballen
gepreßt, ſondern in vereck Stücken,
Halbſtücken, Brocken und loſen
Material.
(1V,554
durch Ial
Kohlennot beſeitigt ſchweren
aus ſchwarz Hochmoor
Brenntorf in geck. Stücke gepreßty
brennt wie Kohle oder Brikettsf
Preis 1800 Mk. p. Ztr in Waggons
von 200/-50 und B4 0/360 Zentner!
Gewicht. Alle Preiſe können rracht=
frei
Bahnſtation des Beſtellers
geſteilt werden Zahlung: Nach=
dem
bei ietziger Teuerung u hohem
Wert der Sendungen eine Kredi=g
tierung als ausgeſchloſſen gelten
muß, ſo erſuchen wir um Voraus=
kaſſa
oder Bankakkreditio an unſere
Bankverbindungen in Schwein urt:
Gewerbe=u Handelsbank, G.m bH
und Max Dreyfus, Bankge chäft
oder durch Verrechnungsſcheck auf
die Bank des Beſtellers
w gleich direkt an uns a
wodurch Lieferung beſchleunigt.

Groß=
C. A. Schmidt & Co., handlung

Schweinfurt=

Fernſpreiher 304

Strohhüte
faſſoniert
8y) Mauerſtr. 20

Gehrockanzug, auf
eh.,

Palast- Lichtspiele
*92: Wirhelwint 2 3. Teiſ
Zwischen Himmel u. Erde‟‟
Gewalt. Sensationslilm in 6 Akten.
66 im wilden Westen
Fatt
2 Akte. (1305fsgo

Witze, beachten Ste die Hauinummer!
w in Bruch und
Gold, Silbet gegentänden, Platit
zur eignen Verarbeitunvkaufe zu den höchſt
Preiſen. Hans Willer, Goldſchmiedmſtr
68al
Bölgesſtraße 7.

Strebſamer, jüngerer
Buchhalter
auf ein käufmänniſches
Büro geſucht.
Nur Herren mit guten Kennt=
niſſen
, flotter Handſchrift, wollen
ſich mit Zeugniſſen und Photo=
graphie
m.lden unter D 54 an
die Geſchäftsſt. d. Bl. (1389go

Weiblich
Gutempfohl., ordentl.
Mädchen
mit nur beſten Zeug
niſſen für alle Haus=
arbeit
bei ſehr guter
Bezah ung und Ver
pflegung geſucht

Reiſe=
vertreter

für Heſſen geſucht.
der in Friſeur= und
P rfümgeſchäft ein=
geführt
iſt, zur Mit=
nahme
mehrerer Ar=
tifel
in vornehmſter
Aufn achung Ent=
gegenkommendſt
Be=
hingungen
. Angeb
P 18 an die G

(86a

Käufe

Badeöfen,
Wannen,
Lüſter
kauft zu höchſten
Preiſen S frſtr. 35,
part., rechts. (10739

Suche
Hleinen Herd
zu kaufen. Angebote
u. P 31 an die Ge=
ſchäftsſtelle
(*4629

Frauen=
Haare
kauft fortwährend zu
höchſten Preiſ. (252o
Fr. Tillmann
Sliſabethenſtr. 21

Zu verkaufen
frei Waggon Darm=
ſtadt
: 20 30 000
Bickſteine, 12-1500
Rh’Schwemmſteine.
Anfragen unt. P 44
Geſchäftsſt 4671om

1 uelleldt,
1 Bandonion u. eine
Elfenbeinhalskette zu
v rkauf. H. Habicht,
Dieburge ſtr. 40
Stb., r., pt. (*4715

Ideal C=
Schreibmaſchine
m Tabulator, wenig:
Tage gebraucht,
verkauf. Näh.
häfts

Der Rom. d. Berl, IIlustr.
U.-T.
PHANTOM
von Gerherd Hauptmann
In der Hauptroller Atred Abel, An
Egede Nissen, Lil Dagover
Rot. Handschuh 5. T.. 6 Ak
R.-1, Tingeltangel 5 Akte.
GUNNAR TOLNAES
G.-1-,Der Lieblins der Götter
Der Fall Paliser" (4713g

Hotel Schmitz
Rheinstr. 50 :: Telephon 192
Proiswerte Küche
Münchener Löwenbräu
1057a) Rummelbräu Darmstadt
Täglich Unterhaltungsmusik

eb. eb. T
Montag, 19. Februar, abends 8½/ uhr
Loge, Neckarſtraße 20, I. k d

(11,801

Fett
braucht dasLeder
zur Erhaitung,
drum kanfe nnr
Schuhputz
Wigrin.

[ ][  ]

Seite 4.

Nummer 49.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 19. Februar 1923.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Die Ermittelung des Kalkbedürfniſſes.
ch. Der Kalf muß in jedem Boden, der zur Erzeugung von
Pflanzen dient, vorhanden ſein. Viele unſerer Kulturböden ſind
von Natur kalkarm. Jeder Boden, der ſich in guter Kultur be=
findet
, ſoll aber mindeſtens 0,20,5 v. H. Kalk enthalten, und
zwar ſollen leichte Sandböden 0,2, leichte Lehmböden 0,3 und
ſtrenge Tonböden 0,5 v. H. Kalk (in kochender Salzſäure lös=
lichen
) beſitzen. Nimmt man das Gewicht von 1 Hektar Boden
30 Zentimeter tief zu 26 000 Dz. an, ſo entſpricht das einem
Kalkgehalt von 52 bzw. 78 bzw. 130 Dz. Dieſer Forderung
genügen heute infolge des Kalkentzuges nur wenige unſerer
Böden. Nach verſchiedenen Forſchern gehen allein durch Ver=
ſickerung
des Waſſers jährlich 100250 Kilo Kalk in den Unter=
grund
, was durch eine ſtarke Bodennutzung noch geſteigert wird.
Durch die entkalkende Wirkung der Handelsdüngemittel nach
Stutzer entzieht 1 Dz. Kainit dem Boden 1 Dz. Kalk und bei
den Ammoniakſalzen kann man wohl die gleiche Menge anneh=
men
, werden dem Boden große Mengen Kalk entzogen. Mit
der Ernte rauben wir dem Boden Jahr für Jahr je Hektar
80120 Kilo Kalk (als kohlenſaurer Kalk berechnet). Dabei iſt
in Abzug zu bringen, was wir dem Boden im Kartoffelkraut, in
Rübenblättern uſw. belaſſen und was wir dem Boden wieder als
Stalldünger zuführen. In Verluſt iſt nur zu ſtellen, was aus
dem Betriebe ausgeführt wird, und davon alles abzuziehen,
was als Saatgut, Futtermittel, Vieh uſw. wieder in den Betrieb
hineinkommt. Dabei ſind Aecker und Wieſen zu trennen. Dem
Ackerlande kommt das geſamte Futter der Wieſen zugute, wäh=
rend
dieſe, wenn ſie nicht durch Bewäſſerung einen Erſatz er=
halten
, leer ausgehen. Je mehr Wieſen vorhanden ſind, deſto
weniger Kalk wird dem Acker entzogen. Der Acker iſt durchweg
heute viel ungünſtiger geſtellt, als vor dem Kriege, da durch den
geſteigerten Verkauf aller möglichen Erzeugniſſe nach den
wachſenden Großſtädten und Induſtriegebieten alljährlich eine
ſtarke Kalkabwanderung ſtattfindet, wovon faſt nichts nach dem
platten Lande zurückehrt. So kommt es, daß die Ackerkrume
nach und nach kalkärmer wird, beſonders, wenn aus dem Unter=
gtunde
, der vielfach kalkarm iſt, kein Erſatz geſchaffen werden
kann. Selbſt auf Kalkböden kann aber durch die fortgeſetzte Ent=
ziehung
dieſes Nährſtoffes Kalkarmut der Ackertrume eintreten.
Die Beſtimmung des Kalkgehalts im Boden iſt ſehr leicht
und kann von den Landwirten ſelbſt ausgeführt werden. Man
übergießt eine kleine Bodenprobe mit verdünnter Salzſäure.
Erfolgt kein Aufbrauſen, ſo iſt weniger als 0,5 v. H. Kalk in dem
Beden vorhanden. Sieht man nur ein ſchwaches Aufbrauſen,
ſo nimmt man an, daß der Boden 12 v. H. Kalk enthält. Iſt
das Aufbrauſen ſtark, aber von kurzer Dauer, ſo rechnet man
23 v.H, wogegen bei lange anhaltendem Brauſen über 4 v.Hh.
Kalk im Boden vorhanden iſt. Aus der Art des Aufbrauſens
kann man auf die Verteilung des Kalkes im Boden ſchließen.
Bemerkt man dieſes überall, ſo iſt der Kalk gleichmäßig in dem
Boden verteilt; tritt nur an einzelnen Stellen ein Aufbrauſen,
und zwar ein ſtarkes, auf, ſo iſt auch nur dort Kalk vorhanden.
Die Kalkarmut des Bodens läßt ſich auch an äußeren Zeichen
erkennen. Führen Gräben oder Ausflüſſe der Dränage braunes, in
den Regenbogenfarben ſchillerndes Waſſer, das an den Nänderndes
Grabens Eiſenocker abſetzt, ſo kann man mit Sicherheit auf
Kalkarmut ſchließen. Das gleiche iſt der Fall, wenn ſich im
Boden Ortſtein oder Raſenſtein vorfindet, denn die Eiſenver=
bindungen
deuten auf Kalkarmut.
Auch das Vorkommen gewiſſer Pflanzen weiſt auf den Kalk=
gehalt
des Bodens hin. Es gibt Pflanzen, zu deren Wachstum
nbedingt Kalk erforderlich iſt, während es andere gibt, die ihn
vertragen, und wieder andere, bei denen das Gegenteil der Fall
iſt. Wilder Salbei, Hopfenklee, Kronenwicke, Johanniskraut,
Ehrenpreis, Nachtſchatten und roter Fingerhut zeigen Kalk oder
kalkartigen Boden an, auf dem Hülſenfrüchte, Luzerne, Eſpar=
ſette
, Rot= und Weißklee gut gedeihen und hohe Erträge liefern.
Die meiſten Diſtelarten, ſowie Storchſchnabel, Bitterkle, Glocken=
blume
, Schölkraut, Ginſter gedeihen ohne Kalk ebenſo gut wie
auf kalkhaltigem Boden. Dort wachſen auch Kartoffeln und
Roggen, wogegen Hafer und Gerſte ſchon höhere Anſorüche an
den Kalkgehalt ſtellen. Fehlen die kalkliebenden Pflanzen und
wachſen Wucherblumen, Sauerampfer, Schachtelhalme, Bilſen=
kraut
, Heide und Heidelbeeren, ſo iſt der Boden ſtets kalkarm,
und es wachſen nur Lupinen und Serradella auf ihm. Um
Zweifel auszuſchließen, iſt es ratſam, außer der chemiſchen Ana=
lyſe
Düngungsberſuche mit ohne ohne Kalk anzulegen.

Ka

Landwiriſchaft

(O Die erſte Mohrrübenſaat. Um ſehr früh im
Jahre Mohrrüben zu ernten, kann man im Herbſt oder im zeiti=
gen
Frühjahr ſäen. Herbſtſaat iſt nur dort zu empfehlen, wo
der Boden nicht tief friert, da die jungen Pflänzchen ſonſt leicht
beim Heben der oberen Bodenſchicht abreißen. In Sandlöden,
den brauchbarſten für die Mohrrübenkultur, iſt das weniger zu
befürchten. Trotzdem befriedigt die Herbſtſaat auch hier nicht,
weil zu viel günſtige Umſtände ſich vereinen müſſen. Zuver=
läſſiger
iſt dann die Frühjahrsſaat, die Anfang Februar, ſpäte=
ſtens
Anſana März vorgenommen wird. Man wählt dafüir Beete,
die im Herbſt gegraben wurden und den Winter über in rauher
Scholle lagen. Sobald der Boden einigermaßen abgetrocknet iſt,
ebnet man ihn ein und bedeckt ihn mit einer dünnen Schicht
ſeinen Torfmulls oder Sägeſpäne, die mäßig angeklopft wird.
Bei trockenem Wetter tut man gut, die Beete vor der Saat zu
überbrauſen. Beim Säen kommt, alles darauf an, zu dichte
Saat zu vermeiden. Zu dichte Saat hindert die Entwicklung der
Rüben und verſpätet die Ernte. Auch der Geübte ſollte deshalb
den Sanien mit Sand oder Erde vermiſcht ausſtreuen und nur
gut abgerielene Saat verwenden. Das Verziehen zu dicht
ſtehender Pflänzchen wird gewöhnlich unterlaſſen, das iſt ein
großer Fehler. Mit Stallmiſt dürfen Möhrenbeete nur im Herbſt
vorgedüngt werden. Eine Volldüngung in Kunſtdünger lohnt
ſich hier ſtets.

Obſt= und Gartenbau

Frühtragendes Obſt. Wer heute Obſtbäume
flauzt, will bald davon ernten, denn Obſtbäume koſten viel Geld,
und wer welche pflanzt, will möglichſt kein Obſt mehr kaufen.
Sorten, die ſchnell fruchtbar werden, ſind deshalb doppelt will=
kommen
. Unter den baldtragenden Apfelſorten ſteht der Cellini
obenan. Er trägt überaus reich, und ſeine feinſchmeckenden
Früchte reifen ſchon im September. Dieſer Sorte ſchließt ſich
Charlamomowsky als ein ſehr guter Tafel= und Wirtſchafts=
apfel
und dankbarer Träger an. Dann folgen die vorzüglichen

Vieh= und Geflügelzucht 9

poeiſchneende Sont. Ver Prnſeide Läücheſihe Weſelſf
und Andenken an den Kongreß als herrliche Butterbirnen zu
emt fehlen. Sie tragen beide ſchon als junge Bäume, und ihre
Früchte reifen im Auguſt bis September. Ihnen ebenbürtig
ſind das Stuttgarter Gaishirtl, van Geerts Butterbirne. Joſefine
von Mecheln, Grau= und Herbſtbutterbirne. Alle dieſe Sorten
ſind ſo ziemlich mit jedem Stand und Boden zufrieden und tra=
gen
, ohne einen beſonderen Schnitt zu verlangen, am beſten in
Zwergform.
Neuſeeländer Spinat als Nutz= und Zier=
pflanze
. Obwohl der Neuſeländer Spinat zin vorzüglich=s
Gemüſe iſt, wird er doch noch verhältnismäßig ſelten angebaut.
Er liefert den Spinat des Hochſommers und iſt viel ausgiebi=
ger
als der gewöhnliche Spinat. In ſeiner tropiſchen Heimat
bildet die mit den Eiskräutern verwandte Pflanze einen kleinen,
vielverzweigten, auf dem Boden ausgebreiteten Strauch, der
mehrere Jahre ausdauert. Bei uns wird er durch den Froſt im
Herbſt vernichtet, entwickelt ſich aber im Laufe des Sommers
ſehr ſchnell und erſetzt alle abg=ſchnittenen Zweige mit erſtaun=
licher
Zähigkeit und Schnelligkeit. Man ſät die Körner zeitig
im Frühjahr aus, etwa im März, in kleine Töpfe zu je 2 bis 3,
gewöhnt die Pflanzen an die Luft und die volle Sonne, und
pflanzt ſie von Mitte Mai an auf ein gut vorbereitetes B=et mit
60 Zentimeter Abſtand. Da der Neuſeeländer Spinat den
Boden bald ganz bedeckt, wird er von Unkraut wenig geſtört;
auch in der Inſekten= und Pilzenwelt ſcheint er keine Feinde
zu haben. Er eignet ſich zum Begrünen von Flächen während
des Sommers, und zum Füllen von Lücken in Staudenbeeten.
Hat man ihn einmal an einer Stelle gehabt, dann gehen im
folgenden Jahre dort von ſelber neue Pfläuzchen auf, wenn
man die vom Froſt vernichteten Pflanzen im Herbſt flach
untergräbt.
Februar=Maßnahmen gegen Krankheiten
und Schädlinge imObſt= und Gemüſegarten. Im
Kampfe gegen Meltau an Aepfeln, Roſen und Stachelbeeren
wendet man vorbeugend Spritzmittel an, und zwar Schwefelkalk=
brühe
im Verhältnis 1:2, Solbar in 35prozentiger Löſung
oder Coſan in Mengen von 50 Gramm auf 100 Liter Waſſer. Ab=
geſtorbene
Triebſpitzen werden abgeſchnitten und verbrannt. Es
ſind weiter zu vernichten die Eier des Blattflohes, der Zucker=
milbe
, der Blatt= und Blutläuſe. In 100 Liter Waſſer werden
aufgelöſt 1015 Kilo gebrannter Kalk, 56 Kilo Kochſalz, ein
halbes Kilo Waſſerglas, ein halbes Kilo kriſtalliniſche Soda. Mit
dieſer Flüſſigkeit beſpritzt man die Bäume, beſonders die jungen
Triebe.

Bee e ffen der Schweinen
Wenn die Schweine zeitweiſe den Appetit verlieren, ſtockt natür=
lich
ihre Gewichtszunahme, die doch Lebenszweck iſt. Um nun
die Freßluſt zu erhalten und zu ſteigern, gibt es ein ziemlich
einfaches Mittel. Man gibt jedem zu mäſtenden Schwein täg=
lich
zwei Hände voll geſalzenen Hafers. Dieſen bereite man in
der Weiſe zu, daß man die Körner zwei Tage lang in ein Gefäß
legt, lagweiſe mit dünnen Salzſchichten abwechſelnd. Zuletzt
drückt man das Ganze feſt und gießt ein wenig Waſſer darüber.
Während des Stehens ſchwillt das Getreide bedeutend an, wes=
halb
man beim Füllen des Gefäßes einen gehörigen Raum frei
laſſen muß. Mit ſolchem Hafer gefüttert, nehmen die Schweine
jedes andere Futter gern und gedeihen.
Kaninchen ſind gar vielen Krankheiten
ausgeſetzt, die faſt ausſchließlich ſtets auf Unreinlichkeit, ſchlecht=
Fütterung und allgemeine Unordnung zurückzuführen ſind; des=
halb
heißt es ganz beſonders in der Kaninchenzucht prophylak=
tiſch
, d. h. vorhütend, zu Werke zu gehen, denn das iſt eine
altbekannte Tatſache Krankheiten ſind immer viel leichter zu
verhüten als zu heilen. Mit anderen Worten: Pflege deine
Kaninchen wie alle anderen Zuchttiere, ſo nach beſten Kräften,
daß Krankheiten uach Möglichkeit vermieden werden!. Bricht
aber doch einmal Krankheit unter den Kaninchen aus, ſo gilt
als erſtes und beſtes Heilmittel für alle Fälle, daß man das
erkrankte Tier, ſobald man die Sache merkt, in ein reines Gelaß
mit friſcher Luft und reiner Einſtreu bringt und mit den Futter
wechſelt. Am beſten füttert man kranken Kaninchen nur in Milch
eingeweichtes Brot in kleinſter, ſtets friſch zubereiteter Menge,
Im folgenden ſeien dann noch einige Ratſchläge für Spezial=
behandlung
der hauptſächlichſten Kaninchenkrankheiten gegeben:
Durchfall, die häufigſte Krankheit, iſt leicht zu heilen durch Dar=
bietung
von Schwarzbrot, trockener Kleie und im ſchlimmſten
Falle durch Opium; man gebe einen Teelöffel voll laue Milch
oder reinen Rotwein und drei bis ſünf Tropfen Opiumtinktur
ein, und zwar täglich eine Portion bis zur vollſtändigen Be=
ſeitigung
des Uebels. Dagegen iſt Verſtopfung mit Rizinusöl
zu kurieren, und, da ſie faſt nur vom Ueberfreſſen herrührt, mit
Eutziehung der Nahrung. Waſſerſucht iſt in der Regel die
Folge von allzu ſaftigem Futter: man läßt das Waſſer durch
leichte Stiche ab, wenn ſich das Leiden jedoch nicht bald behebt,
iſt Schlachten der befallenen Tiere der einzige Ausweg. Bei
Appetitloſigkeit hilft meiſt ein Futterwechſel ſofort: in Milch
gerunkes Weißbrot und ein Einſchütten von leichtem Kamillen=
tee
beſeitigt das Uebel faſt regelmäßig ſchon nach wenigen Tagen.
Hg.
Brüterinnen inder Gänſezucht. Bei den Gän=
ſen
ſcheint ſich die Luſt, die Eier auszubrüten, mehr und mehr
zu verlieren. Einen großen Einfluß darauf hat wohl die Kreu=
zung
der einheimiſchen Landgänſe mit Italienern und Emdenern.
Man hat dabei am Fleiſchanſatz gewonnen, aber die Nachzucht
leidet darunter. Da die meiſten Leute, die Gänſe zur Zucht hal=
ten
, ſich nicht mit einem Brutapparat befaſſen, brütende Hennen
aber kaum vorhanden ſind, wenn die Gänſeeier ausgebrütet wer=
den
müſſen, ſo muß man verſuchen, die einſchlafende Brütluſt
der Gänſe durch entſprechende Paarung neu zu beleben. Dies
erreicht man am leichteſten, wenn man die vommerſchen Gänſe
verwendet, deren Brütluſt nichts zu wünſchen übrig läßt. Zweck=
mäßig
ſtellt man nur ſolche Gänſe zur Zucht ein, deren Mütter
zweimal im Jahre gebtütet haben. Weiter kann man durch ſorg=
fältige
Anlage des Brütneſtes die Brütluſt der Tiere anregen.
Das Brütneſt iſt zugleich das Legeneſt, und daher muß man ſchon
dieſes ſo herrichten, daß die Gans gerne darauf ſitzt. Das Neſt
ſoll groß, fauber und gut mit Stroh ausgepolſtert ſein. Die
Gans ſitzt gern etwas verſteckt, will aber von ihrem Platz aus
auch alles beobachten können. Zür jede Gans muß ein beſonderes
Neſt bereitet werden. Die gleichzeitig brütenden Gänſe ſollen ſich
jedoch nicht ſehen. Es entſtehen ſonſt leicht Beißereien oder das
ſchlechte Beiſpiel wirkt anſteckend, das eine Gans gibt, die ihr
Neſt verläßt. Man nehme der legenden Gans nie alle Eier fort.
Drei oder vier ſollten immer im Neſt liegen. Man kann dazu
unbefruchtete. Eier früherer Gelege benutzen, die ausgeblaſen
und mit Sand gefüllt wurden. Fehlt es daran, dann bleiben ſtets
die friſcheſten Eier im Neſt liegen. Man kennzeichnet zu dieſem
Zweck jedes neu hinzugelegte Ei. Erſt wenn die Gans feſt ſitzt,
bekommt ſie ſo viel Eier, als ſie gut decken kann.
Die Zuſammenſtellung des Hühnerzucht=
ſtammes
. Im Februar ſuchen wir aus unſerer Hühnerſchar
die Tiere heraus, die als die beſten Raſſetiere anzuſehen ſind,
und bilden daraus einen Stamm von etwa 812 Hennen mit
einem Hahn. Dieſen Tieren geben wir einen ausreichenden Aus=
laufraum
. Je größer er iſt, deſto weniger empfinden die Tiere,
die ſich vielleicht bisher voller Bewegungsfreiheit auf dem ganzen
Hofe erfreuten, die Abſperrung. Das iſt wegen der Legefreudig=
keit
ſehr wichtig. Auf zu engen Raum beſchränkt, hocken die
Hennen mißmutig umher und legen weniger als vorher. Auch
läßt die Befruchtung der Eier dann zu wünſchen übrig.

Das helle Licht.

42

Roman von Friedrich Kipp.
Nachbruck verboten).

Und ſie konnte nun zu ihren Stammesangehörigen gehen!
Sie brauchte nicht mehr zu den Engländern zurückzukehren, die
ſie nicht liebie, denn da band ſie nichts mehr.
Und der Entſchluß reifte in ihr der Gedanke wurde in ihr
groß: Ihm nach Dem Einen nach!!!
Mochte es dann kommen, wie es wollte!
Er würde mich von ſich weiſen, ſagte ſie ſich, wenn Wat=
ſon
noch lebte, und ich würde es ebenſo machen, wenn er zu mir
käme. Dann wäre es aber auch ſo recht, und der Weg zur Pflicht
würde es nicht anders gebieten. Nun iſt das aber dahin und ich
kann frei über mich gebieten und darf mich jetzt an ſeine Bruſt
lehnen und ihm ſagen: So ſehr, ſo innig habe ich Dich geliebt,
und ſo ſehr, ſo innig werde ich Dich lieben! Und er wird auf=
jauchzen
, wenn ich zu ihm komme und ſeine Seele wird das
Weinen verlernen, ſo wie die meine es nun vergeſſen hat. In
unſerem Herzen wird eitel Wonne und Glück ſein, da uns das
helle Licht ſtrahlt, das wir bisher nicht erreichen konnten, und
nach dem wir mit brennenden Augen Ausſchau hielten. Und
es mußte alles ſo kommen; es war gut und heilſam für uns; wir
konnten es nur nicht einfehen, doch jetzt werden wir es begrei=
fen
, da uns das Schickſal reifte durch Leid und Traurigkeit.
Eines wird des andern Freude teilen! O, daß ich ſchon bei Dir
weilte, Du Freund meiner Seele, Du Urquell aller meiner Sehn=
ſucht
! Wie habe ich das Leben ohne Dich, wie haſt Du es ohne
mich ertragen können? Doch wir haben beide auf das helle Licht
gehofft und haben es geſucht, da wir in den Irrgängen des Lo=
bens
wandelten, nun beginnt ſeine Morgenröte für uns zu ſtrah=
len
und unſere Freude wird rein und groß ſein. O, ich weiß,
daß Du mich jetzt ſuchſt und nach mir Ausſchau hältſt, was Du
bisher nickt getan haſt, da Du es nicht durfteſt. Ich weiß, Du
ſehnſt die Stunde herbei, in der Lu mich an Dein wildes, unge=
ſtümes
Herz nimmſt und ich klein und willenlos vor Dir werde,
vor Dir, Lu heißgeliebter, teurer Mann. Sonſt wäre es Sünde
geweſen, und die Neue und die Schmach hätten einen häßlichen
Schleier vor das helke Licht gelegt, ſo daß wir nach wie vor im
Schatten gewandelt wären, um wieder endlich in der Finſternis
unterzutauchen. Und es iſt gut, daß wir uns nicht gejucht haben,

E
Ende doch nicht mehr auf feſten Füßen geſtanden, und auch Du
wärſt nicht immer der Neine geblieben. Wir würden über unſere
Leidenſchaft geſtrauchelt ſein, um aus dem Dämmerdunkel, in
dem wir bisher wandelten, in die äußerſte Finſternis hineinzu=
ſtürzen
. Doch nun iſt es nicht mehr Sünde! Nun iſt es Pflicht,
daß ich Dich ſuche, um Dir das Leben zu geben, damit Dein Herz
Halt und Feſtigkeit an meiner Liebe gewinnt und ich mich an
Dir emporranke, in Glauben und Vertrauen und im Verſtehen.
Jetzt bin ich frei! Frei! Frei! Mein Herz jubelt Dir entgegen
und meine Scele verlangt nach Dir! Es gibt ein Glück, das iſt
rein und ohne Reue! Geliebter meiner Seele, weißt Du, daß
nir den Weg der Pflicht gingens. Nun kommt der Lohn des
Schickſals! Daß wir es ausgehalten haben, alles das Traurige
und Elende! O Max, ſie jubelt Dir entgegen, Deine Erika!
Sie wird eilen, ohne Naſt, daß ſie Dich findet, um mit Dir zu
ſtehen im ſeligen Glanze des heiligen, hellen Lichtes.
So ſprach ſie mit ſich ſelbſt. So redete ſie zu ihm im Geiſte,
zu ſeiner Seele, die das fühlte und in der es lichter geworden
war ſeit den letzten Stunden.
Sie hatte den Farmer mit ſeinen Pferden zurückg=ſchickt.
Von Shigaitt bekam ſie neue Pferde und andere Diener,
die ſie zu der Militärſtation bringen ſollten.
Sie ermüdete nicht; ihre Kraft gewann vielmehr an Stärke
und Größe, je näher ſie dem Orte kamen, da der Erſehnte weilte.
Kurz vor der Station ließ ſie Jim und die Neger von
Wallenhorſts Farm mit den Pferden zurück.
Sie wollte zu Fuß allein den kurzen Reſt des Weges gehen,
ihn allein ſuchen und finden.
Der Poſten ließ ſie nach kurzem Fragen paſſieren, denn der
Ort war ein zerſtreus liegender Flecken mit Negerhütten und
einzelnen Häuſeru, den jedermann betreten durfte, wenn er
nicht in feindlicher Abſicht kam.
Sie ſchritt weiter in dem feſtungsartigen Bau, in dem die
Soldaten lebten und wo jetzt ein reges Leben und Treiben
herrſchte, denn viele waren aus dem Innern des Landes gekom=
men
, um das neue Heimatland zu ſchützen gegen Englands
Tücke. Hier mußte ſie Max finden oder zu hören bekommen,
wo er wa
Dieht hinter den Mquern des Kaſtells war ein kleiner Pal=
menwald
, darin ein biaunes Zelt aus Segelleinen ſtand. Da=
neben
waren zwei Pferde angepflockt.

G
zen Volbart, der ſtrich die Fiedel und geigte ein ſchwermütges
deutſches Lied herunter, ein Lied, das Erika kannte, das ſie
früher ſchon gehört hatte und das ihr jetzt aufs neue mit Macht
durchs Herz flutete.
Und wie ſie auf den Spieler ſchaute, der ihrer nicht achtete
und verloren und wehmütig in die Ferne ſtarrte, da teilte ſich
die Zeltbahn und heraus ſchritt eine hohe, ſchlanke Männer=
geſtalt
, und auf ſeinem bleichen, edlen Angeſicht ſtanden die
Spuren eines langen, tieſen Leidens geſchrieben.
Wie angewurzelt blieb er ſtehen.
Sein erſter Blick ruhte in den dunklen Augen eines liebe=
glühenden
Weibes, das gekommen war, um ihm das rein=, hei=
lige
Glück zu bringen.
Da breitete der Mann ſeine Arme aus, und unter den
ſchluchzenden Klängen der weinenden Geige, deren Töne leiſe
im kühlen Abendwind wie ein müder Hauch verwehten, lagen
die beiden Menſchen, die ſich geſucht hatten, Bruſt an Bruſt,
Herz an Herz.
Sie ſagten nichts, denn ſie konnten nicht ſprechen.
Sie ſahen ſich nur an, immer und immer wieder, und ſtam=
melten
und jubelten und weinten und lachten.
Der ſchwarze Hans aber war aufgeſtanden und ſah mit
wehem Lächeln auf die beiden Glücklichen, die die Welt um
ſich tergeſſen hatten.
Dann wandte er ſich und dachte traurig an die Zeit, da
auch er einſt glücklich geweſen war, an die Zeit, die nun ſo weit
hinter ihm lag.
Scheelhans, jubelte Wallenhorſt ihm zu, nimm es mit
nicht übel, lieber Freund, daß ich Dich heute ſo nenne, aber
ich muß jetzt an unſere große deutſche Heimat denken, ſpiele uns
Dein ſchönſtes Stück, Dein innigſtes Lied vor.
Da ſetzte er den Bogen an, und die Geige begann aufs neue
zu ſingen, und unter den am Himmelszelt aufziehenden fremden
Sternen weinte ſich das weiche, ſchluchzende Nocturno hinauf
zum weiten All, und die reine, wunderſame Seliakeitsmelodie
drang den Liebenden einſchmeichelnd mit ſeliger Süße ins Herz,
bis daß die ſeufzenden Klänge allmählich leiſer, und leiſer wur=
den
, ſo daß nur noch zuletzt ein ſillerner Hauch übrig blieb.
Dann ſetzte der Scheelhans den Bogen ab und blicke ſeuf=
zend
auf das feligs Paar, das endlich den Weg in das helie
Licht gefunden hatte.
Ende.