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Nummer 27
Sonntag, den 28. Januar 1923
doincares Abſichten auf Bayern.
Trennung zwiſchen Nord und Süd.
Die Beſetzung fränkiſcher Gebiete geplant.
U. München, 27. Jan. Die Münchener Neueſten
Nach=
chten erfahren aus zuverläſſiger privater Quelle, daß Frankreich
genten nach München geſchickt hat, die die Münchener
Bevöl=
rung zu Gewalttaten gegen franzöſiſche Staatsangehörige
pro=
zzieren ſollen. Solche Gewalttaten ſollen Frankreich am Ende
is Recht geben, Bayern den Krieg zu erklären. Als Grund des
anzöſiſchen Vorgehens geben die ſehr zuverläſſigen
ausländi=
den Gewährsmänner des genannten Blattes an, daß Frankreich,
verraſcht durch das ſehr heldenmütige Verhalten der Arbeiter,
ngeſtellten und Unternehmer am Rhein und an der Ruhr, jetzt
ine Gewalttaten verſtärken und vor allem Nord= und
Süd=
utſchland trennen müſſe. Frankreich wolle die Mainlinie
be=
ten, es wolle aber dieſe Gewalttaten nicht mit dem Verfailler
ertrage begründen, weil es eingeſehen habe, daß Gewalttaten,
e ſich auf den Verſailler Vertrag ſtützen, nur das
National=
fühl des deutſchen Volkes ſtärken. Deshalb habe Poincars
fol=
nden Plan ausgeſonnen: Die Beſetzung von Franken ſoll als
trafe für die Beleidigungen der franzöſiſchen Nation erfolgen,
e ihr in München zugefügt wurden. Wegen weiterer
Belei=
gungen wolle Poincaré Bayern den Krieg erklären; um dann
n unter der Beſetzung leidenden Franken am Rhein immer
jeder zu ſagen: Ihr leidet deshalb, weil Frankreich in
Süd=
ihern beleidigt worden iſt. Ihr leidet nicht wegen des Verſail=
* Vertrages, ſondern wegen beſonderer Vergehen der Münchener
evölkerung. So glaubt Poincaré das pſychologiſche Mittel
ge=
nden zu haben, Nord= und Südbayern gegeneinander zu hetzen.
Vom Tage.
Die Blätter erfahren, daß zum 1. März eine Erhöhung der
Poſt=
gebühren auf ungefähr das Doppelte bevorſteht.
Der ſtädtiſche Forſtmeiſter von Duisburg, Berg, iſt vom belgiſchen
Kriegsgericht zu ſechs Tagen Gefängnis und 3000 Mark Geldſtrafe
ver=
urteilt worden, weil er ſich geweigert hat, für die Beſatzungsbehörden in
den ſtädtiſchen Waldungen Abmeſſungen vorzunehmen.
Der Kölnev Landesfinanzamtspräſident v. Lanzenauer iſt im
fran=
zöſiſchen Militärgefängnis in Mainz erkrankt und wird heute abend
oder morgen früh in das franzöſiſche Militärhoſpiz in Mainz überführt.
Der Induſtrieverbaud des Unterelſaß und der angrenzenden
Ge=
biete hat Poimcaré, da er glaubt, daß die Auweſenheit von Leuten an
Ort und Stelle nötig iſt, welche die deutſche Sprache und Gebräuche
ſo=
wie die wirtzſchaftlichen und anderen Bedingungen kennen, unter
Be=
rufung auf die Kenntnis der deutſchen Angelegenheiten, die die Elſäſſer
beſitzen, telegraphiſch ſeine tätige Mitwirkung bei der Ruhraktion
an=
geboten.
Die Befehlsgeſvalt in Koblenz wurde geſtern mittag 12 Uhr von den
Amerikanern an die Franzoſen übergeben.
Ein Maueranſchlag der interalliierten Rheinlandkommiſſion in
Mkainz veubietet jedwede Zuſammenrottung und Kundgebung unter
An=
drohung der eventuellen Sperrung des Nachtverkehrs. Mehr als fünf
Perſonen dürfen nicht beiſammen ſtehen.
Poincaré hat am Samstag vormittag Marſchall Foch zuſammen
mit General Weygand empfangen. Der letztere erſtattete Bericht über
ſeine Miſſion im Ruhrgebiet.
Nach einer Havas=Meldung aus Rom iſt die erſte miniſterielle
Ver=
ordnung, die die Entſendung der erſten Staffel italieniſcher Ingenieure
ins Ruhrgebiet vorſieht, unterzeichnet worden. Die Ingenieure Teſtei,
Baraffel und Porrino ſollen noch am Samstag abreiſen, und ſich der
Grubenkontrollkommiſſion zur Verfügung ſtellen.
Dollarkurs in Frankfurt am 27. Januar,
abends ½½7 Uhr: 27750.
Militariſierung der Eiſenbahnen im Ruhrgebiet.
Die Errichtung der Zollinie. — Neue Gewaltakte der Franzoſen.
Berlin, 27. Zunt. (Wolff.) Wie den Zeitungen von
zu=
indiger Seite mitgeteilt wird, ſchreitet die Militariſierung der
iſenhahnen im Ruhrgebiet fort. Die Umgruppierung des
fran=
ſiſchen Militärs im Ruhrgebiet geht weiter vor ſich. Die
fran=
ſiſchen Zollbeamten ſind meiſtens noch in Düſſeldorf. Die
Fran=
ſen verſuchen, zahlreiche Waren einzukaufen, und zwar
meiſten=
iIs Gebrauchsgegenſtände, wie Neſſelſtoffe und ſchwere Stiefel.
Berlin, 27. Jan. (Wolff.) Wie die B. Z. a. M. aus Eſſen
richtet, haben die Franzoſen ihre Abſicht, in der vergangenen
acht die Zollinie um das Ruhrgebiet zu ziehen, nicht
verwirk=
hen können. Es ſeien zwar rings um das Ruhrgebiet herum
irke franzöſiſche und belgiſche Truppenmaſſen
zuſammengezo=
n worden, der Eiſenbahnverkehr aus und nach dem Ruhrgebiet
id insbeſondere die Kohlentransporte nach dem unbeſetzten
eutſchland ſeien aber bisher nicht behindert worden. Die
Ver=
che der Franzoſen, mit eigenem Perſonal auf den ſtilliegenden
trecken des Ruhgebiets den Eiſenbähnbetrieb wieder
aufzu=
ihmen, ſeien bisher faſt ganz erfolglos geblieben. An
ver=
niedenen Stellen, ſo berichtet ſchließlich das Blatt, ſeien von
n Franzoſen mit ihrem Perſonal abgelaſſene Züge entgleiſt,
daß die Verwirrung auf den Bahnſtrecken immer größer werde.
Eſſen, 27. Jan. (Wolff.) Die Zollinie um das
Ruhr=
biet bezw. die Abſchnürung desſelben von dem übrigen
eich wird aller Wahrſcheinlichkeit nach heute nacht 12 Uhr
lzogen ſein. Darüber erfahren wir folgendes:
In nördlicher Richtung haben die Franzoſen folgende Linie
it ſtarken Truppenmaſſen abgeſperrt: Düſſeldorf über
Großen=
tum nach Duisburg—Oberhauſen-Bottrop—Gladbeck=Weſt II—. Von hier aus gehen die Operationen nach
Süd=
eſten weiter. In ſüdlicher Richtung iſt folgende Linie beſetzt:
üſſeidorf-Kettwig—Werden-Kupferdreh nach Steele und in
ordöſtlicher Richtung weiter.
In Verbindung mit dieſen Operationen wurden im weiteren
erlaufe des Tages die Bahnhöfe Gladbeck=Weſt, Recklinghauſen=
’ſt, Aplerbeck und Aplerbeck=Süd, ferner im Süden Werden,
ſſen=Stadtwald „Heiſingen und Kupferdreh von franzöſiſchen
ruppen beſetzt.
Die Beamten und Arbeiter wurden teils nach Hauſe geſchickt,
ils haben ſie wegen der Eingriffe der Franzoſen in den
inne=
en Betrieb die Arbeit niedergelegt. Auf der Strecke Düſſeldorf—
berhauſen fahren bei gewaltſamer Umlegung der Weichen die
ruppentransportzüge mit franzöſiſcher Bedienung, da
bekannt=
ch die deutſchen Eiſenbahner die Arbeit in den Stellwerken
ver=
ſeigert haben und die franzöſiſchen Eiſenbahner mit den
deut=
hen Einrichtungen nicht vertraut ſind. Die Zollinie iſt bereits
Tzogen im Süden über Waltrop=Dünen nach Dortmund—Hörde
u1 Hagen=Verhalle. Den ganzen Tag bewegen ſich ungeheure
=rüppenmaſſen mit Tanks und Geſchützen an die Grenze des
juhrgebiets.
Eſſen, 27. Jan. (Wolff.) Der Perſonenverkehr im
In=
uſtriegebiet iſt durch das Eingreifen, der Beſatzungsbehörden
ollkommen desorganiſiert. Züge fahren überhaupt nicht mehr,
nd die wenigen, die abgelaſſen werden, mit großer Verſpätung.
die Arbeitsniederlegung der Eiſenbahner hat jetzt auch auf das
nke Rheinufer entſchiedener übergegriffen. So ſind jetzt die
Jahnhöfe Rheydt, München=Gladbach, Friemersheim und Cleve
n den Ausſtand getreten. Die deutſchen Eiſenbahner dürfen
ie Anlagen der beſetzten Bahnhöfe nicht mehr betreten. Fran=
Sſiſche Eiſenbahner verſuchen, den Betrieb für ihre Dienſte
auf=
unehmen.
Efſen, 27. Jan. (Wolff.) Der franzöſiſche Genernl hat
mitgeteilt, daß er weitere Kundgebungen mit Waffengewalt und
mit grüßiter Schärfe unterdrücken werde. Er warne die
Bevöl=
kerung davor, ſich den Folgen eines bewaffneten Einſchreitens
der Truppen auszuſetzen.
Boppard, 27. Jan. (Wolff.) In der Stadt herrſcht ſehr
große Erregung. Die Straßen waren geſtern, bis in die ſpäte
Nachtſtunde von Tauſenden von Menſchen belebt. Vaterländiſche
Lieder wurden geſungen. Die franzöſiſchen Poſten wurden durch
eine marokkaniſche Maſchinengewehrkompagnie noch verſtärkt.
Im Laufe der Nacht wurden drei verhaftete Bopparder Bürger
mit unbekanntem Ziel weggebracht. Kurz vor der Wegführung
wurde die Straße durch ſtark bewaffnete Patrouillen rückſichtslos
geſäubert. Um 6 Uhr morgens wurde der Bürgermeiſter mit
un=
bekanntem Ziel fortgeſchafft. Zurzeit ziehen ſtarke bewaffnete
Streifen durch die Stadt und dulden keine Anſammlungen. Die
Beamten und Angeſtellten der Stadt ſind heute wegen der
Ver=
haftung des Bürgermeiſters in den Streik getreten. In einer
Kundgebung erklärten ſie ſich mit deſſen Verhalten ſolidariſch.
Aachen, 27. Jan. (Wolff.) Der hieſige Polizeipräſident
Frhr. v. Korfs hat heute mittag den Ausweiſungsbefehl
er=
halten. Er wurde bereits um 4 Uhr nachmittags von fünf
Bel=
giern aus dem Polizeipräſidium geholt und im Kraftwagen mit
unbekanntem Ziel fortgeſchafft.
Aachen, 27. Jan. (Wolff.) Heute vormittag wurden
Zoll=
direktor Cordes und Zollrat Platt von der Beſatzungsbehörde
verhaftet. Wie verlautet, ſoll noch heute durch den hieſigen
fran=
zöſiſchen Kreisdelegierten bis zum 25. Februar der
Belagerungs=
zuſtand verhängt werden. Da der hieſige Regierungspräſident
und ſein Vertreter trotz der Ausweiſung noch im Dienſte waren,
rechnet man mit Gewaltanwendung.
wd. Aachen, 27. Jan. Vor dem hieſigen Bahnhof kam es
geſtern zu einem Zwiſchenfall, als Forſtrat Hasken gewaltſam
aus dem beſetzten Gebiet entfernt werden ſollte. Als Forſtrat
Hasken mit militäriſcher Begleitung den Zug beſtiegen hatte, der
ihn vorerſt nach Krefeld bringen ſollte, traten die Beamten in
den Streik und kuppelten die Lokomotive ab. Als eine Perſon
auf dem Bahnhof vor dem Wagen, in dem ſich Hasken befand,
ſpontane Hochrufe auf Deutſchland ausbrachte, ſtimmte die vor
dem Bahnhof inzwiſchen ſich angeſammelte Menſchenmenge das
Deutſchlandlied an. Nach langer Wartezeit mußten die belgiſchen
Soldaten mit Hasken den Zug wieder verlaſſen und in die
Stadt zurückkehren. Bald darauf durchzogen belgiſche Patrouillen
truppweiſe die Stadt. Der Lokomotivführer Klein wurde
ver=
haftet. Infolgedeſſen wurde um halb 8 Uhr der ganze
Bahn=
betrieb ſtillgelegt.
Mainz, 27. Jan. (Wolff.) Oberbürgermeiſter Dr. Külb,
der ſeit zwei Tagen im Krankenhaus war, hat geſtern nachmittag
den Ausweiſungsbefehl erhalten und iſt heute mittag um 2 Uhr
im Auto, in dem auch der Chefarzt des Krankenhauſes Platz
ge=
nommen hatte, eskortiert von zwei anderen Autos mit
franzöſi=
ſchen Offizieren bezw. Kommiſſionsmitgliedern, nach der Grenze
des unbeſetzten Gebiets gebracht wverden. Das Krankenhaus war
in weitem Umfange durch deutſche Polizei abgeſperrt; ebenſo
war dort eine Abteilung Kavallerie aufgeſtellt, die erſt abrückte,
nachdem das Automobil, mit dem ausgewieſenen
Oberbürger=
meiſter abgefahren war.
Kodlenz, 27. Jan. (Priv.=Tel.) Die
Rheinlandkommiſ=
ſion hat die vorläufige Suspendierung folgender Beamten aus
ihrem Amte angeordnet: Landrat v. Endert in Mörs,
Bür=
germeiſter Ecert, ebenfalls in Mörs, Landrat Bodiger in
St. Goar, den ſtellvertretenden Polizeipräſidenten in Aachen und
zwei Polizeibeamte in Aachen, ferner den Oberförſter der
Ober=
förſterei Meifenheim. In Mörs iſt ſeit heute vormittag als
Antwort auf die Suspendierung der außerordentlich beliebten
und bewährten Beamten der allgemeine Generalſtreik im Gange.
Einzelnummer 50.00 Mk.
Die Woche.
„Wir können die Ruhrinduſtrie ſtillegen, desorganiſieren,
vernichten. Zwei Fragen ſind zu ſtellen:
1. Iſt es beſſer, dieſe Induſtrie zu ruinieren? Das wäre
nicht zum Vorteil Frankreichs, deſſen Induſtrie kaum
wieder erwacht, — würde England allein helfen.
2. Iſt es beſſer, dieſe Induſtrie zu unſerem Nutzen arbeiten
zu laſſen, und zwar nach Regeln und Kontrakten, die wir
auferlegen? Durch die gewundene Zollinie werden wir
die Herren der Lage. Die Großinduſtriellen wiſſen das
wohl. Wir bezeichnen, die
Ergänzungs=
betriebe, welche alsdann mit unſerer
Er=
laubnis, aber auch nach unſeren
Bedingun=
gen funktionieren.
Schlußfolgerung:
Es kann nicht in Frage kommen, die Induſtrie und die
Land=
wiriſchaft zu töten. Die Arbeiterbevölkerung
ver=
langt nur, für uns zu arbeiten vorausgeſetzt,
daßſieißtund bezahlt wird. Zerſtörung — ſoziale
Ge=
fahr — Unruhe — ohne Profit für Frankreich.”
Im Jahre 1919 ſchrieb der franzöſiſche General Mangin den
vorſtehenden Entwurf nieder über eine Beſetzung von Düſſeldorf
und Duisburg. Wenn es noch nötig wäre, neue Beweiſe für die
ſranzöſiſchen Pläne am Rhein anzuführen, dieſer Entwurf würde
ſie liefern. Zwei Jahre vor der tatſächlich erfolgten Beſetzung
von Düſſeldorf, Duisburg und Ruhrort wird hier mit aller
wün=
ſchenswerter Deutlichkeit die Politik des Herrn Poincaré und
ſeiner Freunde vorgezeichnet, drei Jahre, noch bevor Herr
Da=
riac ſeine berühmte Denkſchrift verfaßte. Unter dem Vorwand
der Sanktionen wurden damals Düſſeldorf, Duisburg und
Ruhr=
ort beſetzt, unter dem Vorwand der Pfänder ging man jetzt dazu
über, die ſeit langem feſtſtehenden Pläne in die Tat umzuſetzen.
Merkwürdig, daß das offizielle Frankreich immer noch meint, die
alte Maske beibehalten zu müſſen, welche doch längſt von der
ganzen Welt durchſchaut iſt! Der Friedensbruch am Niederrhein
ſollte wenigſtens nachträglich noch etwas begründet werden, und
ſo bemühte man denn nochmals die Reparationskommiſſion,
deren „Verhandlungen” immer mehr einer Groteske ähneln,
nachdem ſich der engliſche Delegierte grundſätzlich der Stimme
enthält. Nachdem man urſprünglich beabſichtigt hatte, ein
frau=
zöſiſches „Moratoriumsprogramm” genehmigen zu laſſen, hat
mnan ſich in letzter Stunde doch noch eines anderen beſonnen. Am
Dienstag hatte Herr Barthou dieſes franzöſiſche „Programm”
der Reparationskommiſſion überreicht. Trotzdem nun ſeit dieſem
Tage keinerlei Aenderung in der allgemeinen Lage eingetreten
iſt, hat man in der Sitzung der Reparationskonmmiſſion vom
Freitag nachmittag dieſes Programm nicht beſprochen, ſondern
hat auf Antrag von den Herren Barthou und Delacroix das
Moratoriumsgeſuch Deutſchlands vom vergangenen Herbſt
kur=
zerhand abgelehnt und lediglich eine allgemeine Verfehlung
Deutſchlands „feſtgeſtellt”. Ob es richtig iſt, daß, wie Brüſſeler
Meldungen beſagen, die belgiſche Regierung die franzöſiſchen
Morgtoriumsbedingungen für zu weitgehend gehalten hat, und
daß das Vorgehen der Reparationskommiſſion nur ein Manöver
war, um internen Auseinanderſetzungen aus dem Wege zu gehen,
mag dahingeftellt bleiben. Nunmehr muß nach dem Wortlaut
des Friedensvertrages dieſer Beſchluß der
Reparationskommiſ=
ſion den beteiligten Mächten mitgeteilt werden, welche ſich dann
über etwa zu treffende Maßnahmen ſchlüſſig zu werden hätten.
Nachdem die Ereigniſſe aber einmal ſo weit fortgſchritten ſind,
hat das formaljuriſtiſche Spiel in Paris nur noch recht
beſchränk=
tes Intereſſe.
Der erſte Abſchnitt in der franzöſiſchen Aktion iſt erreicht,
und man kann ohne Uebertreibung ſagen, daß er für die
Fran=
zoſen einen reſtloſen Mißerfolg bedeutet. Trotz des gewaltigen
militäriſchen Aufwandes hat man ſo gut wie keine
Kohlenliefe=
rungen erpreſſen können, und die Mainzer „
Kriegsgerichtsver=
handlung” hat die Machtloſigkeit der militäriſchen Gewalt einem
einigen Volk gegenüber der ganzen Welt enthüllt. Es wäre
jedoch falſch, wenn man in Deutſchland in begreiflicher
Befrie=
digung über den bisherigen Verlauf der Dinge den Ernſt der
Lage und insbeſondere der franzöſiſchen Abſichten verkennen
wollte. Herr Le Troquer war dieſer Tage zuſammen mit General
Weygand im Ruhrgebiet, und nach ſeiner Rückkehr ſpricht man
in Paris davon, daß ſo ſchnell wie möglich folgende franzöſiſchen
Maßnahmen getroffen werden ſollen: 1. Völlige Abſchließung
des Ruhrgebietes vom übrigen Deutſchland durch Truppen und
Zollbeamte. 2. Ausweiſung ſämtlicher deutſchen Beamten.
3. Ausgabe eines neuen Geldes, das män rheiniſche Franken
nennen will, das aber von der Bank von Frankreich ausgegeben
werden und ſich zurzeit im Druck befinden ſoll. Inzwiſchen iſt
Herr Weygand im Ruhrgebiet geblieben, wo man ſich nach
fran=
zöſiſchen Meldungen nicht für Monate, ſondern für Jahre
ein=
richten möchte. Die franzöſiſchen „Pläne” haben die
Zertrüm=
merung Deutſchlands, der deutſchen Einheit, zum Ziel. Daß aber
die Franzoſen mit ihren neuen Plänen mehr Glück haben werden
wie mit den bisherigen, erſcheint immerhin recht fraglich. Herr
General Mangin meinte in ſeiner oben zitierten Denkſchrift aus
dem Jahre 1919, daß die deutſche Arbeiterbevölkerung nur für
die Franzoſen zu arbeiten verlange, vorausgeſetzt, daß ſie
ge=
nügend zu eſſen und genügend bezahlt bekomme. Die Vorgänge
in Deutſchland nach dem franzöſiſchen Einbruch in das
Ruhr=
gebiet dürften Herrn Mangin und ſeine Geſinnungsgenoſſen
in=
zwiſchen eines Beſſeren belehrt haben. Der Entſcheidungskampf
für die deutſche Einheit und Freiheit, der Kampf um den
Frie=
den der Welt findet ein deutſches Volk vor, das in allen ſeinen
Schichten auf Gedeih und Verderb zuſammenſteht, und dieſe
ein=
mütige Entſchloſſenheit zu unbedingter Abwehr wird auch die
Pläne des Generals Weygand zum Mißerfolg verurteilen.
In den beſetzten Gebieten ſpitzen ſich die Dinge von Tag
zu Tag mehr zu. Die brutalen Gewaltmaßnahmen der
Fran=
zoſen, haben hier eine Stimmung geſchaffen, welche bereits
einer ganzen Anzahl franzöſiſcher Ziviliſten den bisher ſo
an=
genehmen Aufenthalt auf deutſche Koſten, z. B. in Mainz, ganz
erheblich verleidet haben,
Im übrigen iſt das Vorgehen der Franzoſen für ſie überaus
bezeichnend. Beamte, die ihre Pflicht dem deutſchen Vaterland
gegenüber nicht verletzen wollen, werden ausgewieſen und bei
Nacht und Nebel üfer die Grenze des beſetzten Gebietes
abge=
ſchoben, und um die Wirkung zu verſtärken, wird der Krieg auch
gegen die Frauen und Kinder geführt. Auch die Familien
wer=
den mit Friſten von zwei bis vier Tagen ausgewieſen. Be=
Seite
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Januar 1923.
Rummer 22.
ſonders bemerkenswert iſt es auch, daß man in einem Fall nicht
vor dem Verſuch zurückgeſchreckt iſt, von der Frau eines
deut=
ſchen Beamten die Namen der Untergebenen ihres Mannes zu
erfahren. Das iſt franzöſiſch, ebenſo wie, daß man ſich an dem
über 80jährigen Herrn Thyſſen dadurch rächen will, daß man
ſein Haus derart mit Einquartierung belegt, daß für ihn ſelbſt
nur noch gerade zwei Räume übrig bleiben.
Die Augen der ganzen Welt ſind auf Deutſchland und das
Ruhrgebiet gerichtet, und ſeit einigen Tagen beginzen auch kie
Londoner Zeitungen, ſich wieder etwas eingehender mit den
ſranzöſiſchen Plänen zu befaſſen. Ob jedoch die engliſche
Re=
gierung ihre bisherige paſſive Haltung in abſehbarer Zeit ändern
wird, muß recht fraglich erſcheinen. Es iſt gut, wenn man in
politiſchen Dingen nüchtern denkt und ninn man insbeſondere
von einem Land nur erwartet, daß es ſeine eigenen Intereſſen
vertritt, und die engliſche Regierung ſteht merkwürdigerweiſe
zurzei: auf dem Standpunkt, daß die bisherige abwartende
Hal=
tung in der Ruhrfrage für England porteilhaft ſei. Sehr
un=
ſympathiſch berührt aber doch die echt engliſche Heuchelei, mit der
man ſeine Haltung verbrämen möchte. „England nimmt nicht an
der franzöſiſchen Aktion teil. Es wird aber nichts getan werden,
die Franzoſen an der Ausführung irgendwelcher Maßnahmen,
die ſie für nötig halten, zu hindern,” und Reuter fügt hinzu:
„Die Inſtruktionen, die dem franzöſiſchen Oberkommiſſar im
Rheinland gegeben worden ſind, geſtalten die Lage für die
bri=
tiſche Behörde ſo leicht wie möglich.‟ Der Schein iſt gewvahrt.
Man miöchte ſich mit dem franzöſiſchen „Freund” gerade jetzt nicht
überwerſen, denn in Lauſanne iſt die Friedenskonferenz wieder
einmal in ein überaus kritiſches Stadium getreten. Die Moſſul=
Frage iſt es an der die ganze Konferenz zu ſcheikern droht, denn
Moſſul heißt Petroleum, und da, wo die Petroleumintereſſen
anfangen, hört für Engländer, Franzoſen und Amerikaner
un=
bedingt die Gemütlichkeit auf. Aber auch die Türken zeigen
keinerlei Neigung, ſich die reichen Petroleumquellen ohne
ſvei=
teres abnehmen zu laſſen, und ſo hat man denn allem Zureden
Lord Curzons zum Trotz ſich ſtrikt geweigert, die Entſcheidung
über das Gebiet von Moſſul in die Hände des Völkerbundes zu
legen, da man offenbar von den deutſchen Erfahrungen mit
die=
ſer heiligen Allianz der Sieger in Angorg einiges gelernt hat.
Lord Curzon hat trotzdem ein Schreiben an das
Generalſekre=
tariat des Völkerbundes gerichtet und darin den Antrag geſtellt,
daß der Völkerbundsrat ſich bei ſeiner nächſten Sitzung in Paris
mit der Moſſulfrage befaßt. Wie dieſe Entſcheidung des
Völker=
bundsrats ausſehen wird, darüber braucht man ja keine Zweifel
zu hegen. Da aber die türkiſchen Truppen an der Grenze des
Moſſulgebietes ſtehen, ſo erhebt ſich die auch für England ernſte
Frage, ob man vor einem neuen Orientkrieg ſteht, und dieſe
Zuſpitzung der Dinge iſt wohl nicht zuletzt die Urſache der „
war=
men Sympathie” Englands für Herrn Poincaré.
Die amerikaniſchen Truppen ſind aus Koblenz abgezogen.
Ein ſcharfer Proteſt gegen die franzöſiſche Gewaltpolitik, gegen
die man zur gleichen Zeit im amerikaniſchen Senat ſcharfe
Worte fand. Aber ſchon die Antwort der amerikaniſchen
Re=
gierung zeigte mit ziemlicher Deutlichkeit, daß ſie jedenfalls
vor=
läufig nicht daran denkt, dieſen Worten irgendwelche Taten
fol=
gen zu laſſen. Das deutſche Volk ſteht allein in ſeinem Kampf
gegen fremde Unterdrückung; einig und entſchloſſen wird es
dieſen Kampf bis zum Ende durchführen.
II.
Unbehagen in britiſchen Kreiſen.
Franzöſiſche Schikanen.
Berlin, 27. Jan. (Wolff.) Wie die Blätter melden, iſt die
Erregung der Bevölkerung in den altbeſetzten Gebieten und im
Ruhrgebiet infolge des Verhaltens der Franzoſen und Belgier
aufs Höchſte geſtiegen. In mehreren Städten haben die
Be=
ſatzungstruppen ſchwere Ausſchreitungen gegen die wehr= und
waffenoſe Bevölkerung begangen. So ging in Duisburg eine
belgiſche Truppenabteilung mit blanker Waffe gegen Beamte vor,
die gegen die Verhaftung ihrer Vorgeſetzten demonſtrierten.
In Trier wurden nach der Verhängung des
Belagerungs=
zuſtandes zahlreiche Perſonen, darunter Frauen und Kinder, von
den Franzoſen verwundet. Franzöſiſche Spahis durchraſten auf
Pferden die Stadt und hieben mit blanker Waffe wahllos auf die
Paſſanten ein. Jeglicher Verkehr ruht. Poſt und Eiſenbahn
wurden von den Franzoſen wieder freigegeben, nachdem die
Be=
amten den Dienſt wieder eingeſtellt hatten, und die Franzoſen
mehrfach vergeblich verſucht hatten, mit eigenem Perſonal
ver=
ſchiedene Eiſenbahnzüge abzulaſſen.
Ueber Koblenz iſt der Belagerungszuſtand verhängt
wor=
den wegen der Kundgebungen anläßlich der Durchfahrt der
ver=
urteilten Ruhrinduſtriellen.
Gegen die Sonderbündler.
Berlin 27. Jan. (Wolff.) Nach einer Meldung des B. T.
aus Köln erläßt der geſamte Betriebsrat der Angeſtellten und
Arbeiter der Stadt Köln eine Kundgebung, in der es heißt:
Es mehren ſich in den letzten Tagen die Gerüchte, daß die
Son=
derbündler die augenblickliche Lage dazu benutzen wollen, um
ihre dunklen landesverräteriſchen Pläne zur Durchführung zu
bringen. Die Arbeiter, Angeſtellten und Beamten der Stadt
Köln erklären ihrer geſetzlichen Vertretung, daß ſie feſt und treu
zu ihrem Vaterlande ſtehen.
Die Ruhraktion, eine Verletzung des Verſailler Vertrages.
Die Reporationskommiſſion, das Werkzeug der franzöſiſchen
Regierung.
London, 27. Jan. (Wolff.) Dem politiſchen
Berichterſtat=
ter der Daily News zufolge hat der neue Beſchluß der
Repa=
rationskommiſſion das bereits in britiſchen Kreiſen
herrſchende Unbehagen noch vergrößert. In politiſchen Kreiſen
gehe das Gerücht, daß die Reichsbeamten der Krone, Sir Douglas
Hogg und Sir Thomas Inskap, dem Premierminiſter mitgeteilt
hätten, daß die franzöſiſche Aktion im Ruhrgebiet
eine Verletzung des Verſailler Friedens darſtelle.
London, 27. Jan. (Wolff.) Die Times wenden ſich in
ſehr ernſten Worten gegen den geſtrigen Mehrheitsbeſchluß der
Reparationskommiſſion, Deutſchland in allgemeinen Verzug zu
erklären und die Bezahlung einer halben Milliarde Goldmark
am 31. Januar zu fordern. Vom Jahre 1923 werde man wieder
in das Jahr 1921 zurückgewörfen. Die Aktion der Franzoſen,
die die Reparationskommiſſion dazu drängten, dieſen Beſchluß
anzunehmen, ſei ein Zugeſtändnis, daß für ſie die Reparationen
nicht die Hauptſache ſind. Die Reparationskommiſſion
als unparteiiſches Organ interalliierter Meinung habe ſich
voll=
kommen lächerlich gemacht. Sie ſei nichts mehr oder weniger
geworden als das Werkzeug zur Regiſtrierung von
Beſchlüſſen, die von der franzöſiſchen Regierung
gefaßt worden ſeien in Verfolgung der beſonderen Politik, und
habe ihre legale Autorität verloren.
London, 27. Jan. (Wolff.) In einem Artikel der Times
heißt es: Der Mehrheitsbeſchluß der Reparationskommiſſion ſei
in jedem Falle nur der Vorwand für eine weitere franzöſiſche
Aktion im Ruhrgebiet. Das bedeute, daß die Franzoſen ohne
Zuſtimmung der Engländer die Durchführung von Maßnahmen,
die nach ihrer Auslegung im Verſailler Vertrag vorgeſehen ſeien,
in ihre eigene Hand genommen hätten. In Anbetracht der
letz=
ten Entſcheidung der Reparationskommiſſion ſei jetzt ſicher die
Zeit gekommen, ſich zu fragen, was die wirklichen Ziel der
Fran=
zoſen ſeien. Es würden ſyſtematiſche Vorbereitungen für eine
längere Beſetzung des Induſtriegebietes an der Ruhr getroffen
und für deſſen Trennung vom übrigen Deutſchland. In
dem=
ſelben Augenblick, wo das reichſte Gebiet Deutſchlands
abge=
trennt werde, erfolge ein Ultimatum, daß Deutſchland dem
Zah=
lungsplan ſtattgeben ſolle, der ſeit Jahren von Finanzautoritäten
aller Nationen, einſchließlich der Franzoſen ſelbſt, als
undurch=
führbar erkannt worden ſei. Dies ſei eine Frage, die in ſehr
unmittelbarer Weiſe die britiſche Regierung berühre. Die
Eng=
länder ſeien Mitunterzeichner des Verſailler Vertrages, der jetzt
als Deckung für eine Politik gebraucht werde, der die britiſche
Regierung nicht zuſtimme. Dieſe Politik gehe außerdem jeden
Tag weiter und weiter von der Abſicht ab, Reparationen von
Deutſchland im Intereſſe aller Alliierten zu erhalten, und
recht=
fertige immer mehr die Anſicht derer, die dahinter einen Plan
ſähen, von Deutſchland im Intereſſe Frankreichs ein reiches
deutſches Induſtriegebiet abzuſondern. Die Entwicklung der
franzöſiſchen Politik bedeute die Bedrohung des Friedens in
Europa. Die Franzoſen ſchlöſſen die Tür für die Reparationen
ab und handelten unabhängig in Verfolgung ihrer eigenen
ſeparaten Ziele. Man könne nur hoffen, daß ſie die Gefahren
iſolierter Aktion einſehen und ihren Beſchluß genau erwägen
würden, bevor es zu ſpät ſei. Aus dieſem Grunde müſſe die
bri=
tiſche Regierung zwar die rieſig gefährlichen Möglichkeiten der
neuen Lage, die Frankreich ſchaffe, ſehr ſorgfältig abwägen, aber
ſo lange wie möglich die Stellung beibehalten, durch die ſie einen
mäßigenden Einfluß ausüben könne. Die Schwierigkeiten am
Rhein nähmen zu, aber es ſei klug, die britiſchen Truppen in
Köln bis zur äußerſt möglichen Grenze zu belaſſen.
London, 27 Jan. (Wolff.) Die Daily News
ver=
öffentlichen einen Artikel Gardiners über die augenblickliche
Lage mit Bezug auf die franzöſiſche Aktion gegen Deutſchland.
Gardiner ſchreibt, Frankreich habe ſeine Feinde
entwaff=
net, ſeine Freunde bewaffnet, ſich das Monopolder
Munitionsherſtellung geſichert, alle Hilfsquellen
der Macht in Beſitz genommen und ſtehe aufrecht und
unheraus=
gefordert auf einem zu Boden liegenden Europa. Die Maske
ſei jetzt abgeworfen; die Reparationsfrage
trete in den ,Hintergrund. Der letzte Kampf, in dem
England eine ſo unwürdige Rolle geſpielt habe, ſei vorbei. Die
deutſche Nation entwaffnet und jeder Machtquelle
be=
raubt, liege hilflos vor ihrem Henker. Ihr
wirt=
ſchaftlicher Untergang ebne den Weg für ihre
poli=
tiſche Zerſtückelung. Das Auseinanderfallen Deutſchlands
in balkaniſierte Staaten ſei der nächſte Schritt in dem
weit=
reichenden Unternehmen; die Zeit werde lehren, ob es ſich
er=
folgreich werde vollenden laſſen. Selbſt mit dem Monopol
mo=
derner Waffen ſei die Zerſtörung eines Sechzigmillionenvolkes
keine leichte Aufgabe. Das deutſche Volk habe gefunden, daß
es ſich gegen einen mächtigen und einigen Nachbarn nur ſchützen
könne, indem es ſelber einig ſei.
London, 27. Jan. (Wolff.) Die ganz im franzöſiſchen
Fahrwaſſer ſegelnde Daily Mail droht der Regierung, wenn
ſie verſuche, aus Köln wegzulaufen, ſo werde ſie bald ſtürzen.
Die Nation werde niemals einen ſo beleidigenden Verrat an
ihren Alliierten in dieſem kritiſchen Zeitpunkt billigen.
Unzufriedenheit in Paris.
Paris, 27. Jan. (Wolff.) Die meiſten Blätter ſehen in
General Mangin den Oberkommiſſar für das Ruhrgebiet, der
nationaliſtiſche Eelair tritt jedoch für den Vizepräſidenten des
Comité des Forges, Pinot, ein. — Das Echo National ſetzt
ſein=
ſcharfe Sprache fort und ſagt, man ſerde den Baum nach ſeinen
Früchten beurteilen. Die Frucht des ſeit 14 Tagen angewandten
Syſtems ſei aber Koksmangel. Es ſei unfaßbar, daß Frankreich
im Ruhrgebiet ſäße und weder Kohlen noch Koks habe.
Die Ere Nouvelle wendet ſich direkt an Poincaré. Er könne
nicht mehr verheimlichen, daß er die Eiſenbahner, die
Poſtbeam=
ten und die Bergleute mobiliſiere; früher oder ſpäter werde er
gezwungen ſein, auch Soldaten zu mobiliſieren. Wenn Poincar;
entſchloſſen ſei, die Partie bis zum Ende zu ſpielen, müſſe er
auch gewinnen oder davongehen.
Keine Vermittlung Amerikas.
TU. Paris, 27. Jan. Wie aus Neu=York berichtet wird.
befaßte ſich das amerikaniſche Kabinett geſtern wieder, mit der
europäiſchen Lage, die als beſonders ernſt bezeichnet wurde. Es
lagen ferner Berichte, der amerikaniſchen Geſandtſchaften aus
Eurdpa vor, nach denen aber eine Vermittelung zwiſchen
Frankreich und Deutſchland nicht für möglich gehalten
wurde. Einzelheiten über die Kabinettsſitzung ſind nicht
bekannt geworden.
Die Knebelung der Preſſe.
Mainz, 27. Jan. (Wolff.) Der Mainzer Anzeiger
und die Mainzer Volkszeitung ſind mit Wirkung vom
Montag ab auf zehn Tage verboten worden; ein Grund iſt nicht
angegeben worden. Die Mainzer Tageszeitung wurde
auf drei Tage verboten und zwar wegen Veröffentlichung einer
Entſchließung der Stadtverordnetenverſammlung gegen die
Ge=
waltmaßnahmen der Franzoſen. Die Neue Wiesbadener
Zeitung iſt von der interalliierten Rheinlandkommiſſion von
heute auf die Dauer von drei Tagen verboten worden.
Rumäniſche und ſüdſlawiſche Kriegsvorbereitungen.
* Budapeſt, 26. Jan. (Prib.=Tel.) Ueber jugoflawiſche
und rumäniſche Kriegsvorbereitungen liegen folgende Nachrichten
vor: Die Belgrader Skupſchtina bewilligte durch Geheimbeſchluß
800 Millionen Dinar außerordentlichen Rüſtungskredit für
An=
ſchaffung von 500 000 Mauſergewehren, Spaten, Rückenſäcken
und anderem Kriegsmaterial von einem franzöſiſchen
Konſor=
tium. Auch erhielt Jugoſlawien von Frankreich 100 Millionen
Goldfranken als zweiten Kriegskredit für die Ergänzung
ſchwe=
rer Batterien und für neue Artillerieformationen. Rumänien
ſetzt ſeine fieberhaften Kriegsvorbereitungen an den ungariſchen
Grenzlinien fort. In der Gegend Großwardeins ſind alle
Grenz=
ortſchaften mit Militär gefüllt, auf den Anhöhen werden
kriegs=
mäßige Befeſtigungen angelegt und Minenwerfer eingebaut.
Vier rumäniſche Diviſionen kamen auf der Eiſenbahnlinie
Arad—Szathmar an. Andere Truppen wurden an die
beßarg=
biſche Front gegen Rußland transportiert.
Abgeord=
neter Baroß richtete in der ungariſchen Nationalverſammlung an
den Miniſterpräſidenten Bethlen die Anfrage, ob er Kenntnis
von den Mobilmachungen an den ungariſchen Grenzen habe.
Bethlen erwiderte: Ich bin über die Kriegsvorbereitungen
in=
formiert, aber es liegt kein Grund vor, die öffentliche Meinng
Ungarns zu alarmieren; immerhin hielt ſich die Regierung für
verpflichtet, ſolche Tatſachen, die für Ungarn vielleicht bedrohlich
werden könnten, der großen Entente und ihren hieſigen
Ver=
tretern mitzuteilen, damit Schritte für die Eindämmung der
rumäniſchen Kriegsvorbereitungen eingeleitet werden.
iſten
iner Kaferne u
nach dem Vor
ſinden.
von
näher
folge
Lauſanne.
Zuſammenſtoß zwiſchen Lord Curzon und Ismet Paſcha.
Lauſanne, 27. Jan. (Wolff.) In der heutigen Sitzung
des erſten Hauptausſchuſſes iſt es in der Frage der Kriegsgräber
auf Gallipoli zu einem lebhaften Zuſammenſtoß zwiſchen Lord
Curzon und Ismet Paſcha gekommen. Lord Curzon hat
feier=
lichſt dargelegt, welch großen Wert das engliſche Volk auf die
Ehrung der Toten lege, worauf Ismet Paſcha ironiſch erwiderte,
daß man die Totenehrung nicht mit ſtrategiſchen Intereſſen
ver=
binden ſollte, und es ein ſeltſamer Zufall ſei, wenn die von
Eng=
land geforderten Friedhöfe ſich gerade an den Landungsſtellen
von Gallipoli befänden. Lord Curzon, der dieſe Bemerkung
aufs ſchärfſte zurückwies, hat erklärt, daß die Türken wieder
ein=
mal bedauerlicherweiſe eine Gelegenheit verſäumt hätten, ihr
menſchliches Gefühl zu zeigen. Nach dieſen
Auseinanderſetzun=
gen, die einen ſehr peinlichen Eindruck hinterlaſſen haben, iſt die
Sitzung geſchloſſen worden.
Griechiſche Plaſtik.
Vortragsabend in der Humaniſtiſchen Vereinigung.
* Studienrat Dr. Karl Liſtmann ſprach in der „
Ver=
einigung der Freunde des Humaniſtiſchen Gymnaſiums” über
„Griechiſche Plaſtik”. Was ſelten durch einen Vortrag der Fall,
der Abend ward zu einem Erlebnis, zu hohem Kunſtgenießen.
War ein überfüllter Saal, atemloſe, andachterfüllte Stille der
äußere Rahmen des Abends, ſo ward der Inhalt des
Vor=
trages und was das Auge ſah, die ausgezeichneten
Nachbildun=
gen griechiſcher Kunſt im Lichtbild, zu dem als drittes ein ſelten
fein geſchliffenes Wort, eine edle rhythmiſche Satzbildung trat,
zu einem Einfühlen von tiefſter, nachhallender Wirkung, die
ihren ſichtbaren Ausdruck fand in wiederholten ſpontanen
Bei=
ſſallsäußerungen der Zuhörer, und in dem dankenden
Schluß=
wort des Vorſitzenden der Vereinigung, Staatsrats Dr.
Süf=
fert, der von ſichtbarem Ergriffenſein und von einer ſeeliſchen
Erbauung ſprach, als er die äußerſt warme Aufnahme des
Vor=
trages konſtatierte, unter deſſen Zuhörern ſich eine Reihe
führen=
der geiſtiger Perſönlichkeiten befand und in dem umfaſſende,
tief=
gründige Wiſſenſchaft in höchſtem Ausmaß zum Ausdruck kam.
Die Fülle der wiſſenſchaftlichen und Forſcherarbeit war ohne
weiteres klar, wen nman überlegt, welch ungeheure Zeitſpanne
der Vortrag umfaßte und welche umfangreichen Studien
erfor=
derlich waren, aus dieſer Zeitſpanne und den verſchiedenen
Perioden der Kunſtentwicklung heraus die markanten Stadien
und die dieſe repräſentierenden Werke im Bilde herauszuſchälen
und ſo den ſtilgeſchichtlichen Entwicklungsgang griechiſcher Kunſt
plaſtiſch herauszuarbeiten.
Der Vortrag ſelbſt bewegte ſich in etwa dieſem
Gedanken=
gange: Eine Harmonie körperlicher, ethiſcher und äſthetiſcher
Kräfte prägt ſich wie im Charakter, ſo in der Kunſt der Griechen
aus und verleiht ihr den unmittelbaren Ausdruck von
Wahr=
heit und Schönheit. Die Fülle der Funde bis in die Gegenwart
offenbart die künſtleriſch mannigfaltigſten Regungen, die zwar
die großen Richtungslinien einer Stilgeſchichte feſtzuhalten
er=
ſchweren, aber die Entwicklung dafür um ſo anziehender,
reiz=
voller und wechſelreicher geſtalten. An Hand von etwa 70
er=
leſenen Lichtbildern wird ein durch wunderbare Folgerichtigkeit
ausgezeichnetes Wachstum vorgeführt, deſſen Beginn bereits das
Volk mit ſeiner Kunſt auf genialer Höhe erweiſt und deſſen
Ver=
lauf ſich plaftiſch abhebt von einer lebendigen vechſelvollen
Kul=
turumelt. Ein willensſtarkes Geſchlecht löſt ſich von
orien=
liſcher Gebundenheit, führt die Kunſt zu den ariſtokratiſchen
Formen peiſiſtratiſcher Zeit, ſchafft die erſten bewegten Maſſen=
ſzenen und reiht höchſte ſchöpferiſche Kräfte dem Ziel feinſter
Durchgeiſtigung und Beſeelung. In dem ſtarken Lebensgefühl
des aufſteigenden Volkes wurzeln Myrons packende Naturtreue,
der Rhythmus olympiſcher Kunſt, Phidias Größe und der Glanz
des Feſtzuges am Parthenon. Mit gleicher Sicherheit werden
zarteſte Regungen des Empfindungslebens, die Kühnheit des
Flugproblems, das vollendete Ebenmaß polykletiſcher Geſtalten,
gebildet, mit Begeiſterung wird die Schönheit der Jugend
ver=
herrlicht. Skopas: Leidenſchaft, Praxiteles Zarheit und Lyſipps
überragendes und modernes Schaffen ordnen ſich in den
feſſeln=
den Verlauf, der ſich in den großartigen Schöpfungen des
Helle=
nismus zur virtuoſen Beherrſchung der Technik erweitert. Für
den Künſtler der Gegenwart gilts, die vorwärtsdrängnden
Kräfte dieſer Entwicklung friſch zu erhalten. Für die
Menſch=
heit ruht der ewige Wert griechiſcher Kunſt in dem edlen
Men=
ſchentum, das in unſerer Zeit der Seele Balſam ſpendet.
Ge=
rade heute — ſchloß der Redner — ſollten wir immer wieder von
ihr (der griechiſchen Kunſt) eines in die herbe und unfreundliche
Gegenwart mit hinausnehmen: Wir wollen uns einen
empfäng=
lichen Sinn für ihre Schönheit wahren. Ihre Schönheit iſt
es, mit der die Griechen die Welt erobert haben. Wird je eine
Zeit kommen, die für dieſe Schönheit unempfänglich wäre? Die
Freude am ſchönen Körper haben ſie entdeckt, und dieſe Freude
haben ſie der Welt zum Genuſſe geſchenkt. Zu wahrer Kunſt
und damit auch zu rechter Lebensfreude vermögen ſie uns
noch immer ein Führer zu ſein. Ja, viel mehr als das. Der
Formenadel ihrer Kunſt redet zu den ſittlichen Tiefen der
Men=
ſchenſeele. Edelſtes Menſchentum führt die Kunſt der Hellenen
vor die Seele. Darin ruht ihr ewiger Wert für die Sinne und
die Seelen des Menſchengeſchlechts. Kann das unſerer Zeit
nicht Kraft verleihen, wenn ihr noch Bilder ſolchen reinen
Menſchentums vor die Seele treten!
Dr. Karl Liſtmann hat mit dieſem Vortrag ſein intenſives
und zielbewußtes Wirken für den Humanismus um ein
gewal=
tiges Stück gefördert. Mit dieſer und anderen Arbeiten hat er
— obwohl dieſe Art ſeiner Tätigkeit nur einen Teil ſeines
päda=
gogiſchen und philologiſchen Wirkens darſtellt — der
kultur=
fördernden Idee des Humanismus, der beherzigenswerten
Ar=
beit der Vereinigung weiter Eingang verſchafft in Kreiſe, die
ſie vielleicht noch verkennen oder unrichtig einſchätzen. Und daß
auch das eine wichtige Wiederaufbauarbeit darſtellt, wird
nie=
mand verkennen, der ſich klar darüber iſt, daß der geiſtige
Wiederaufbau vorangehen muß, wenn unfer Volk geneſen ſoll.
Darmſtädter Ausſtellungen.
Kunſthalle am Rheintor.
* Die Kunſthalle am Rheintor öffnet heute vormittag nach
kurzer Pauſe wieder ihre Hallen. Und zwar ſind es diesmal
fünf Künſtler aus Darmſtadt, die ganze Kollektionen ihrer Werke
ausſtellen und ſo ein Urteil über ihr Können ermöglichen. Dieſe
Art der Ausſtellungen hat vor allem den Vorzug der Klarheit
und des ſcharf umriſſenen Kunſtwillens, ſie iſt darum beſonders
intereſſant, wenn ſie auch aus vielerlei Gründen nicht
ausſchließ=
lich zur Uebung werden kann.
Ernſt Eimer iſt tvohl der an Lebensjahren älteſte der
fünf. Aber er hat Sonne im Herzen und hat Gemüt, iſt Idealiſt
und ſcheint es zu bleiben auch in unſerer vom Materialismus
verſeuchten Gegenwart. Seine Märchenbilder, die weniger als
ſolche wirken, als ſie ſich trefflich zu Illuſtrationen eignen, ſind
Beweis dieſer Herzensſonne und des weichen, humorvoll=
beſchau=
lichen Gemütes. Neben dieſen Märchenbildern, die in vielen
Spielarten vertreten ſind, hat Eimer eine große Kollektion
Land=
ſchaftsmotive, Genres, vornehmlich Bauerntypen, Dorfſtraßen”
bilder, Porträtſtudien uſw. ausgeſtellt. Sie ſind in ſich ungleic
in der künſtleriſchen Bedeutung, wie das bei ſo großer Zahl
kaum anders ſein kann. Ein beſonders glänzender Wurf iſt das
„Hügelland” im großen Oberlichtſaal. Das iſt, ohne irgendwie
nachempfunden zu ſein, vielmehr die Selbſtſchöpfung ſtark
be=
tonend, reine große Thoma=Stimmung im beſten Sinne dieſer
Deutung. Dieſe Landſchaft iſt mit liebend umfaſſendem Auge
geſehen und mit der Seele erfaßt, verinnerlicht. Das iſt
ſtil=
loſe, zeitlöſe, klaſſiſche Kunſt. — Auf alle Einzelheiten der Kollel
tion näher einzugehen, verbietet uns Raum und Zeit. Manchen
der Bilder wäre mehr Temperament in der Darſtellung zu
wun=
ſchen. Es iſt aber Eimers Eigenart, anſchaulich und liebebon
zu ſchildern. Temperamentvoll und lebendig bleibt er ſtets im
reichen Kolorit, in der innerlich überzeugenden Art, wie er die
Dinge und Perſonen verlebendigt.
Walther Reitzel hat ſeine Bilder in einem kleineren
Raum vereinigt, dem er durch (antike) Möbel und (moderne
Plaſtiken Wohncharakter gegeben, wohl um zu zeigen, wie ſeine
Werke wirken, wenn ſie ihrer eigenſten Beſtimmung zugeführ.
werden, dem Wohnraum, den ſie verſchönen, heben ſollen. De‟
Gedanke war gut. Mancher Beſucher dürfte ſich davon
übel=
zeugen laſſen, daß auch dieſe kraftvoll betonten, ſtark auf
Farben=
wirkung berechneten (wenn auch ſtets in geſchickt gebändigten.
Kolorit), löcker und paſtos gemalten Bilder ſchön und
bildhal=
wirken im verhältnismäßig engen Wohuraum. — Auch die Bil=
ikas.
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Verhaftung von 500 Roßbachleuten.
München, 27. Jan. (Wolff.) Die Verhängung des
Aus=
nahmezuſtandes blieb zunächſt ohne größere Wirkung nach außen.
In München iſt alles ruhig. Im beſonderen verliefen der
geſtrige Abend und die Nacht zum Samstag ohn= Störung. Der
Parteitag der Nationalſozialiſten iſt geſtattet, auch ſind ſechs
Verſammlungen genehmigt; öffentliche Umzüge und
Verſamm=
lungen unter freiem Himmel dürfen aber nicht ſtattfinden. Die
von auswärts zur heutigen Fahnenweihe kommenden Gäſte
wer=
den mit Muſik empfangen, dürfen aber nicht geſchloſſen durch die
Straßen ziehen.
Nünchen, 27. Jan. (Wolff.) Die Korreſpondenz
Hoff=
mann meldet amtlich: „Da durch die zuverläſſig gegebenen
Zu=
ſicherungen und Sicherheiten hinreichend Gewähr geboten iſt, daß
die Veranſtaltungen der Nationalſozialiſtiſchen Arbeiterpartei in
vollkommener Ruhe und Ordnung ſich vollziehen werden, hat der
Staatskommiſſar für München=Stadt und =Land von den für
heute vorgeſehenen zwölf Verſammlungen ſechs genehmigt.”
* München, 27. Jan. (Priv.=Tel.) Zwölf als friedliche
Verſammlungen angekündigte Zuſammenkünfte der
National=
ſozialiſten ſind nur mäßig beſucht geweſen. Im Münchener
Kindl=
keller, de 5000 Perſonen faßt, wurde nach Beginn der
Verſamm=
lung die Teilnehmerzahl auf etwa 1800 geſchätzt. Entſprechend
war ſie in anderen Sälen. Die Nationalſozialiſten waren heute
mehr unter ſich. Sie haben nicht mehr den Zulauf wie ſonſt.
Daß ſie dieſes ausgerechnet an ihrem mit ſo großer Reklame
an=
gefündigten Parteitag erfahren mußten, liegt in der Abkehr der
vaterländiſchen Verbände und der Studentenſchaft wie in der
Scheu ſonſtiger Freunde, Mitläufer und Neugieriger, den zu
heiß gewordenen Boden noch zu betreten. Sehr abgekühlt waren
auch die Verſammlungen durch den Ausnahmezuſtand und die
Bereitſchaft der bewaffneten Macht. Derartige Verſammlungen
ſind noch nie zugkräftig geweſen. Auch der Zugang von außen
war nicht ſo groß, als man erwartet hatte. Hitler hat ſich mit
ſeinem hochfahrenden ſchroffen Auftreten ebenſo geſchadet wie
mit ſeiner zur Unzeit ausgegebenen Parole: Nicht nieder mit
Frankreich, ſondern nieder mit den Novembermächten. Im
Augenblick ſeines höchſten Exiſtenzkampfes will er das deutſche
Volk einer Roßkur unterziehen. Eine Schiffsmannſchaft, die ſich
im Sturm über Feſtlandprobleme ſtreitet, erreicht den Hafen
nie. Das hat auch Hitler anerkannt. Das beweiſt ſein Einlenken,
und das ſoll anerkannt werden.
Nürnberg, 27. Jan. (Wolff.) Heute nachmittag gegen
3 Uhr lief ein Zug nach München hier ein, der einen Trupp
Natiowalſozialiſten mit ſich führte. Die Eiſenbahner des
Nürn=
berger Bahnhofs weigerten ſich, den Zug weiterzuführen. Die
Nationalſozialiſten mußten den Zug verlaſſen. Eine Klärung iſt
nzwiſchen noch nicht eingetreten.
Berlin, 27. Jan. (Wolff.) Die Blätter melden aus Gera,
daß geſtern dort 500 Roßbachleute, die ſich auf dem Wege nach
München befanden, aus dem Zuge heraus von ſtarken
Polizei=
kräften verhaftet worden ſeien. Sie wurden als Gefangene in
einer Kaſerne untergebracht. Unter den Verhafteten ſollen ſich,
nach dem Vorwärts, 40 Offiziere, zum Teil in Uniform,
be=
inden. Die Gefangenen verbleiben zunächſt in der Kaſerne, bis
von der ſofort verſtändigten thüringiſchen Landesregierung
nähere Weiſungen eingehen. Einer Korreſpondenzmeldung
zu=
olge begab ſich der Abgeordnete v. Graefe heute vormittag zum
Reichskanzler, um gegen die Feſthaltung ſeiner Parteifreunde in
Gera und auch in Berlin Proteſt zu erheben.
Gera, 27. Jan. (Wolff.) Die 500 verhafteten
National=
ſozialiſten in Gera wurden heute morgen vernommen und von
ihnen diejenigen freigelaſſen, die ſich als harmloſe Reiſende
aus=
weiſen konnten. Die anderen wurden, nachdem man ermittelt
hatte, daß es ſich um eine wohlorganiſierte Truppe, die zum
Teil mit Revolvern und Totſchlägern bewaffnet geweſen ſein
ſoll, heute nachmittag nach Berlin abtransportiert.
Vor dem belgiſchen Kriegsgericht.
Vier Deutſche zum Tode verurteilt.
TU. Aachen, 27. Jan. Wie die Köln. Ztg. aus Aachen
nieldet, hatte die Beſatzungsbehörde für geſtern, den Tag der
Verhandlung des Prozeſſes Graff, Vorſichtsmaßnahmen
getrof=
en. Die Straßen und das Gericht wurden durch belgiſche
Ka=
vallerie in Stahlhelm und blanker Waffe abgeſperrt. Dazu kam
ein Panzerauto mit Maſchinengewehren zur Aufrechterhaltung
der Ordnung. Belgiſches Militär verſah den Ordnungsdienſt im
Innern des Gerichts. Das Urteil im Prozeß Graff lautet:
Rheinhardt, Riebke Grabert und Klein
wur=
den zum Tode verurteilt. Termoehlen erhielt 20 Jahre
Zwangsarbeit, Boehmland 15 Jahre Zwangsarbeit, Frau
Heckmann 5 Jahre Zuchthaus, Claus und Nowack je
3 Jahre Gefängnis, Gutmacher in Abweſenheit 3 Jahre
Ge=
fängnis. Der Straßenbahnſchaffner van der Berck wurde
freigeſprochen. Die Angeklagte Frau Heckmann iſt ſeit vorgeſtern
flüchtig. Der Zivilrichter des Kriegsgerichts erklärte, daß das
Bericht ſich für zuſtändig befunden habe, da Hamborn zum
be=
ſetzten Gebiet gehört habe. Die Tat ereignete ſich am 23. März
1922. Das Publikum und die Angeklagten nahmen das Urteil
ruhig auf.
Deutſcher Reichstag.
* Berlin, 27. Jan. (Eigeuer Bericht.) Am Regierungstiſch:
Juſtizminiſter Dr. Heinze. Auf der Tagesordnung ſteht die zweite
Leſung des Jugendgerichtsgeſetzes. Ein Jugendlicher im
Sinne dieſes Geſetzes iſt, wer über 14 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre
alt iſt. Wer eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, ehe er 14 Jahre
alt geworden iſt, iſt nicht ſtrafbar. Ein Jugendlicher, der eine mit Strafe
bedrohte Handlung begeht, iſt nicht ſtraſbar, wenn er zur Zeit der Tat
nach ſeiner geiſtigen und ſittlichen Entwickelung unfähig war, das
Un=
geſetzliche der Tat einzuſehen oder ſeinen Willen dieſer Einſicht gemäß
zu beſtimmen. Wenn ein Jugendlicher eine ſtrafbare Handlung
began=
gen hat, ſo hat das Gericht zu prüfen, ob Erziehungsmaßnahmen
erfor=
derlich ſind. Als ſolche ſind zuläſſig: Verwarnung, Ueberweiſung in die
Zucht der Erziehungsberechtigten oder der Schule, Auferlegung
beſon=
derer Verpflichtungen, Unterbringung, Schutzaufſicht, Fürſorgeerziehung.
Die Vollſtreckung einer Strafe kann ausgeſetzt und eine Probezeit
feſt=
gelegt werden. Jugendfachen ſollen immer geſondert behandelt werden.
Die Straftaten werden vor beſonderen Jugendgerichten zur
Verhand=
lung gebracht.
Abg. Brotauf (Dem.) berichtet über die Ausſchußver” andlungen
und empfiehlt eine Entſchließung, die verlangt, daß für das Amt des
Jugendrichters wie überhaudt für das Amt des Strafrichters gerade die
beſten Richter herangezogen werden ſollen.
Der Reichsjuſtizminiſter Dr. Heinze empfiehlt den Entwurf, der
au Stelle der Strafe die Erziehung ſetze.
Abg. Dr. Herzfeld (Komm.) behauptet, die Kriminalität der
Jugendlichen ſei hauptſächlich eine Folge der Kriegspolitik der Rechten.
Die grundlegenden Beſtimmungen der Poulage werden angenommen.
Angenomen wird weiter ein Antrag Warmuth (deutſchntl.),
die Entſcheidung über den Straferlaß nicht „bei”, ſondern nur nach
Ablauf der Bewährungsfriſt treffen zu laſſen.
Abg. Bayerle (Baher. Vpt.) beantragt Wiederherſtellung der
Regierungsvorlage im § 30, wonach die Länder die Jugendgericktshöfe
ſtatt den Jugendämtern privaten Vereinigungen überlaſſen können.
Gerade in Bayern beſtünden für dieſes Gebiet leiſtungsfähige
Organi=
ſatioven. — Bei der Auszählung der Stimmen ergeben ſich für den
Antrag 98 Stimmen und gegen den Antrag 92 Stimmen. Das Haus iſt
alſo nicht beſchlußfähig.
Der Präſident beraumt die nächſte Sitzung auf 10 Minuten ſpäter an.
Die Vorlage über die Kleinrentnerfürſorge wird nach
zuſtimmenden Erklärungen der Abgg. Frou Treuſch (Ztr.), Schröder
(Soz.) und Maltzahn (Komm.) dem ſozialpolitiſchen Ausſchuß
über=
wieſen.
Der Geſetzentwurf, der den Ablieferungstermin für die letzte Rate
des Umlagegetreides auf den 15. März feſtlegt, anſtatt wie bisher auf
den 15. April 1923, wird angenommen.
Dann vertagt ſich das Haus auf Mittwoch nachmittag 2 Uhr.
Antrag Schreiber (Ztr.) wegen der Beeinträchtigung des
Schul=
betriebes im Ruhrgebiet.
Schluß 5 Uhr.
Einſchränkung der Ernährungsmittel.
TU. Berlin, 27. Jan. Der Reichsminiſter für Ernährung
und Landwirtſchaft teilt mit: Durch den Einmarſch der
Fran=
zoſen in das Ruhrgebiet iſt das Wirtſchaftsleben Deutſchlands
und die Lebenshaltung eines jeden Deutſchen auf das
empfind=
lichſte bedroht. Mangel und Not werden durch die Abſchnürung
des wichtigſten Wirtſchaftsgebietes noch mehr anſchwellen. Wie
im Kriege muß auch jetzt wieder die Lebenshaltung eingeſchränkt
werden. Entſprechend dem Ernſte und der Not der Zeit wird
dieſe Einſchränkung auch vor allem in den Gaſtſtätten ſichtbaren
Ausdruck finden müſſen. Aus dieſen Gründen und zur
Aufſpa=
rung von Lebensmitteln iſt das Reichsminiſterium für
Ernäh=
rung und Landwirtſchaft mit den Spitzenverbänden des deutſchen
Schank=, Hotel= und Gaſthausgewerbes in Verhandlungen
einge=
treten, mit dem Ziele, ſolche Einſchränkungen des Verbrauches
zur Kenntnis zu bringen. Die Verhandlungen haben ein
erfreu=
liches Ergebnis gehabt;, da ſich die Verbände bereit erklärten,
im Wege der Vereinbarung für alle angeſchloſſenen Betriebe die
erforderlichen Einſchränkungen eintreten zu laſſen. Nach dieſen
Vereinbarungen ſoll vor allem eine weſentliche Vereinfächung der
Speiſekarte in Kraft treten. Weiter ſoll in Zukunft an Gäſte nur
eine Mahlzeit mit einem Hauptgericht abgegeben werden.
Berbilligung der Bauſtoffe.
TU. Berlin, 27. Jan. Dem Reichstagsausſchuß für
Woh=
nungsweſen wurde heute regierungsſeits über die Bemühungen
zur Verbilligung der Bauſtoffe, insbeſondere der Ziegel=, Zement=
und Kalkinduſtrie, berichtet. Nach dem Bericht wird ſich eine
Verbilligung der Produkte der Zementinduſtrie um 30 Prozent
ermöglichen laſſen. Auch eine Verbilligung von Kalk um 10
Prozent dürfte zu erzielen ſein. Desgleichen bieten die
Ver=
handlungen mit den Dachziegelfabrikanten Ausſicht auf
Ver=
billigung von 5—8 Prozent. Ein Vertreter des
Reichsarbeits=
miniſteriums führte aus, daß die Koſten der Erhebung der
Wohnungsbauabgabe 5—6 Prozent betragen. Für 1923 ſeien
4 Milliarden eingegangen. Das habe zur Fertigſtellung der
Bauten für 1922 durchaus nicht genügt, ſo daß das Reich etwa
9 Milliarden vorſchießen mußte. Jede Ausſicht auf Linderung
der Wohnungsnot ſei genommen. Zur weiteren Klärung der
Sache wurde ein Unterausſchuß eingeſetzt.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 28. Januar.
Der heſſiſche Staatspräſident Ulrich
feiert heute ſeinen ſiebzigſten Geburtstag.
Poli=
tiſcher Kampf war ſein Lebensinhalt. Im härteſten Kampf
aber, dem gegen den fremden Unterdrücker, ſteht er an
dieſem Tage. Hinter dem Führer aber, der mit
unbeug=
ſamer Entſchloſſenheit gewillt iſt, dieſen Kampf gegen den
äuße=
ren Feind bis zum Ende durchzuführen, ſteht in dieſem Kampfe
ohne Unterſchied der Partei das ganze heſſiſche Volk.
— Ernannt wurden: Am 7. Dezember 1922: die
Schulamtsanwär=
terin Anna Heiſt aus Darmſtadt zur Lehrerin an der Volksſchule zu
Biebesheim, Kreis Groß=Gerau; am 19. Januar 1923: der
Militär=
anwärter Paulus Schneider aus Steinbach, Kreis Gießen, zum
Amtsgehilfen bei dem Amtsgericht Gießen; am 22. Januar 1923: der
Forſtwartaſpirant für den Staatsforſtdienſt Adam Ihrig zu
Unter=
ſensbach vom 1. Januar 1923 an zum Förſter; am 23. Januar 1923:
der Fabrikant Johannes Gerſter in Mainz zum Ergänzungsrichter
bei der Kammer für Handelsſachen in Mainz für die Zeit bis zum
31. Dezember 1924; am 25. Januar 1923: der Zollpraktikant Guſtav
Ulrich aus Mainz zum Oberzollſekretär.
— Aus dem Staatsdienſt entlafſen wurde am 23. Januar 1923 der
Polizciwachtmeiſter Ludwig Daniel zu Offenbach auf ſein Nachſuchen
mit Wirkung vom 1. Februar 1923.
Eiſenbahnverkehrsamt Darmſtadt. Zur Erzielung einer beſſeren
Wirtſchaftlichkeit wird vom 1. Februar d. J. ab die
Eilgutabferti=
gung Darmſtadt=Hbf. mit der Güterabfertigung daſelbſt
ver=
einigt. Die Auflieferung und Ausgabe des Eilgutes erfolgt von dieſem
Tage ab im ſogenannten Zollſchuppen in der Frachtguthalle. Die
Fracht=
briefe werden an der Güterkaſſe eingelöſt bzw. die Frankaturen daſelbſt
entrichtet. Auch bezüglich der Milchbeförderung tritt eine Aenderung
ein. Die Auslieferung der Milch, ſowie die Auflieferung der leeren
Kannen erfolgt nicht mehr, wie ſeither, bei der Eilgutabfertigung,
ſon=
dern bei der Gepäckabfertigung im Haupt=Perſonenbahnhof. Die für
die Eilgutabfertigung feſtgeſetzten Dienſtſtunden bleiben in der
ſeitheri=
gen Weiſe beſtehen.
— Heſſifches Landestheater, Kleines Haus. Triokonzert. Das
erſte Konzert der neuen Triovereinigung Roſenſtock, Drumm Andreae
findet am Montag, den 29. Januar, abends 8 Uhr, im Kleinen Haus
ſtatt. Das Programm ſieht Franz Schuberts Trio in B=Dur, Opus 99,
und Peter Tſchaikowskys Trio in A=Moll, Opus 50, vor.
— Der Kammerſpielabend zugunſten der hieſigen Blindenwerkſtätte
unter Mitwirkung des „Theſta=Orcheſters” und der „Liter.=künſtl.
Ver=
einigung, We=Be=Bühne”, heute abend im „Feierabend”, Stiftſtraße 51,
beginnt bereits um 7½ Uhr, nicht um 8 Uhr. Karten an der Abendkaſſe.
— Deutſche Landwirtſchafts= und Handelsbank zu Darmſtadt. Die
Zahlſtelle in Reichelsheim (Odw.) wird am 1. Februar 1923 eröffnet. Die
Geſchäftsräume befinden ſich vorerſt Darmſtädter Str. 32. (Näh. ſ. Anz.)
— Die Anmeldung ſchulpflichtiger Kinder zur Aufnahme in die
Stadtſchulen erfolgt am Dienstag, den 39. Januar Ifd. Js. Näheres in
der Bekanntmachung in den ſtädtiſchen Aushangkäſten und in den
Schulen.
— Die Firma J. Glückert hat ſich bereit erklärt, die Möbel und
Hausgeräte der von den Franzoſen ausgewieſenen Beamten in ihren
Lagerhäuſern aufzubewahren.
Obwohl die Gasabnehmer ſchon wiederholt durch aufklärende
Vor=
träge, Hinweiſe in den Tageszeitungen uſw. über die zweckmäßigſte
Be=
handlung der Gaskocher aufmerkſam gemacht wurden, wird immer
wie=
der feſtgeſtellt, daß in vielen Fällen die einfachſten Grundregeln für
ſpar=
ſames Kochen nicht beachtet werden. Das Kochen auf Gas iſt nicht allein
viel bequemer und reinlicher als die Verwendung des Kohlenherdes, es
iſt auch bedeutend billiger, wenn der Gaskocher ſich in ordnungsmäßigem
Zuſtande befindet und zweckentſprechend behandelt wird. Zur Aufklärung
der Gasabnehmer hat das Gaswerk nunmehr Flugblätter beſchafft, die
koſtenlos abgegeben werden, worauf wir unſere Leſer beſonders
auf=
merkſam machen. (Siehe heutige Bekanntmachung.)
— Der „Bund der Kinderreichen zum Schutze der Familie” hielt im
„Feierabend” eine kleine Weihnachtsfeier ab. Leider erwies ſich der
Saal viel zu klein, um alle Erſchienenen aufzunehmen. Nach einer
kur=
zen Begrüßung der Gäſte und Mitgliedev führte der Vorſitzende, Herr
Reul, aus, daß der Vorſtand es ſich lange überlegt habe, ob es
ange=
bracht wäre, bei der jetzigen Not des Vaterlandes und des Einzelnen
ein Feſt zu feiern, durch die Erwägung aber, ſeinen Mitgliedern, die
ſowieſo genug ſchwere und ſorgenvolle Tage durchmachen müßten, ſowie
den ſo vieles entbehrenden Kindern eine Freude zu bereiten, habe er
ſich doch entſchloſſen, eine beſcheidene Feier abzuhalten. In ſeiner
Feſt=
anſprache ſtellte Herr Regierungsrat Dr. Meller dann die Bedeutung
des göttlichen Kindes von Bethlehem in den Vordergrund, und hieran
anſchließend die Bedeutung und Würde eines jeden unſchuldigen
Kin=
des, ſowie die Sorgen und Mühen der Eltern, beſonders der
kinder=
reichen Mütter, mit ihrem Anſpruch auf Hochachtung und Wertſchätzung
für die von ihr gebrachten Opfer für Familie und Vaterland. Durch
das hochherzige Entgegenkommen der „Turngeſellſchaft” deren
Sing=
mannſchaft durch herrliche Chöre erfreute, und deren flotten, in allen
Teilen gelungenen Spieles eines Weihnachtsſtückes, ſowie mehrere
humo=
riſtiſche Vorträge wurde der Abend auf das genugßreicheſte ausgeſtattet.
Die Pauſen wurden ausgefüllt durch muſikaliſche Darbietungen der
Familie Haumbach, welche ſich ebenfalls unentgeltlich in den Dienſt der
guten Sache geſtellt hatte. Nachdem der Vorſitzende allen
Mitwirken=
den, ſowie allen Freunden und Gönnern des Bundes den herzlichſten
Dank ausgeſprochen hatte, wurde zur Verloſung der meiſt von hieſigen
Geſchäftsleuten geſtifteten reichen Geſchenke geſchritten. Gleichzeitig
hat=
ten edle Spender dafür geſorgt, daß die Kinder mit Aepfeln beſchenkt
werden konnten. Die Feier hatte ihren Zweck vollſtändig erfüllt, und
ſprach der Vorſtand die Hoffnung aus, daß die nächſte Verſammlung,
am 22. Februar d. J., ebenfalls ſo gut beſucht werden würde, und daß
ſich immer noch mehr Mitglieder und Gönner dem Bunde anſchließen
zum Beſten der kinderreichen Familien und dadurch zum Wohle des
Vaterlandes.
ihrel
der dieſer Kollektion ſind nicht gleichwert. Am ſtärkſten und
überzeugendſten treffen noch immer die aus Nordland
ſtammen=
den Eindrücke, die Reitzel nun mehrfach vertieft und der Reife
zugeführt hat, den Ausdruckswillen des Künſtlers (Gletſcher
uſw.), während z. B. die Odenwaldlandſchaft, ein ſehr
flüch=
tiger Eindruck, auch als ſolcher wiedergegeben, das
Charakteriſti=
ſche vermiſſen läßt. Sehr ſtark ſpricht meines Erachtens das
Flandernbild zum Beſchauer. Hier iſt eine Reife, eine
Ver=
tiefung und ein Ernſt der Auffaſſung offenſichtlich, den manche
der übrigen Werke vermiſſen laſſen. Im Parterre hängen noch
einige Porträts, die wir zum erſtenmal von dem Künſtler ſehen
und die, wenn auch noch manches fehlt, ſehr beachtenswerte
Ver=
ſuche auch auf dieſem Sondergebiete darſtellen, weil ſie zur
Por=
trätähnlichkeit und guten Charakteriſierung das Bildhafte
glück=
lich betonen.
Karl Scheld, ein Schüler von Angelo Jank und in ſeiner
Kunſt ſicher ſtark beeinflußt von Prof. Zügel, verkörpert ein her
vorragendes Stück Münchener Kunſt, beſonders der Tiermalerei.
In der Art, wie dieſer junge Künſtler die Bewegung der Tiere,
in erſter Linie und faſt ausſchließlich des Pferdes, beobachtet
und wie er imſtande iſt, dieſe Bewegungsſtudien zu Bildern von
ſtarkem überzeugenden Ausdruck zu verarbeiten, darin ſteckt
etwas von genialer Begabung, die zwar noch nicht ausgereift,
die aber offenſichtlich insernſtem Wollen nach Reife der
Erkentns=
uis und des bildhaften Ausdrucks ringt. Auch dieſe Kollektion
iſt viel zu umfangreich, um eingehende Behandlung vieler
Ein=
zelheiten zu ermöglichen. Man beachte nur das Mittelbild des
dritten kleinen Raumes (vor dem Oberlichtſaal) „Rappe und
Schimmel” (das weitaus beſte und reifſte Bild der Ausſtellung)
und das in der Bewegung ganz ausgezeichnete kleine Bild der
erſten Stirnwand, drei galoppierende Reiter darſtellend. Und
Lann einige der flüchtig hingeworfenen Skizzen. Das ſind
künſt=
leriſche Leckerbiſſen, gleichwie in dem ſonſt ſehr ſkizzenhaften
Stierkampf die Bewegung des verängſtigten Pferdes. Alle
Bil=
der Schelds wirken ſo ſympathiſch durch ihre Ehrlichkeit und
Reife der Darſtellung.
Ferdinand Barth ſcheint, wir haben das bereits
ein=
mal angedeutet und müſſen’s heute leider ſtärker wiederholen,
ein Opfer zu frühen Erfolges zu werden. Ein Opfer eines
äuße=
ren, ſagen wir „Publikumserfolges”, der mit der Kunſt nichts
zu tun hat und der den jungen, zweifellos ſtark begabten
Künſt=
ter von der Kunſt entfernt. Wir würden das als einen Verluſt
buchen und haben den lebhaften Wunſch, es zu verhindern. In
dieſer ganzen reichen Kollektion iſt kaum ein Bild, das nicht
auf billige äußere Effekte zugeſchnitten iſt, kaum eines, das den
notwendigen Ernſt, die Vertiefung in das Problem der Natur,
der Landſchaft erkennen läßt. Aller Reichtum des Kolorits, der
hier nur in den farbigen Effekten beruht, alle Klarheit der
Pinſel=
führung kann darüber nicht hinwegtäuſchen, daß der junge
Künſt=
ler zu verflachen droht, wenn die Selbſtbeſinnung nicht bald
wiederkehrt.
Well Habicht, der Plaſtker, bilde den Beſchluß. Seine
Verbindung mi der Darmſtäder Keramiſchen Manufaktur
er=
möglicht dem Künſtler Schaffen auf breiterer Baſis,
Verwirk=
lichung mancherlei Probleme. Es drängt ſich die Frage auf,
wenn man dieſe Keramiken in einer Kollektion vereinigt ſieht,
ob die Abſicht, durch Geſchloſſenheit der Formen, der Kompoſition
zu wirken, nicht zu weit führt. Allerdings verlangen Keramiken,
beſonders ſolche mit farbigen Laufglaſuren, eine bedingt
ge=
ſchloſſene Form, aber die beiden ſchlanken Frauenfiguren z. B.
beweiſen, daß eine gewiſſe Gelöſtheit der Glieder die künſtleriſche
Wirkung erhöht. Deſſenungeachtet ſind dieſe Habichtſchen
Pla=
ſtiken von ſtarker Eigenart, von ſicherem Formgefühl, hervor
ragendem Kompoſitionstalent und ſtark beherrſchter
Modellier=
technik. Vor allem verraten ſie eine ausgezeichnete Vertrautheit
mit dem Material und der Farbe, die ja nicht immer vom Willen
des Künſtlers abhängt. Die Bergziege, das Eichhörnchen und
anderes ſind Muſterbeiſpiele hierfür.
M. St.
Otto Braun.
* Wir erhalten folgende Zuſchrift: In dem Artikel in
Nr. 12 vom 13. Januar d. J. „Lily Braun und ihr Sohn”
heißt es am Schluß: „Otto Braun fiel auf franzöſiſcher Erde,
30 Wochen nach ſeiner Mutter Tod‟
Ein Feldpoſtbrief meines Sohnes der damals
Regiments=
nachrichtenoffizier beim Stabe des Jäger=Regiments 13 war,
enthält Näheres über den Tod von Otto Braun. Mein Sohn
ſchreibt am 5. Mai 1918: „Die Kämpfe um die kleine franzöſiſche
Stadt, vor der wir liegen, Villers=Bretonneux, ſüdöſtlich
Amiens, waren oft im Kriegsbericht erwähnt. Am letzten Tag,
an dem wir in Stellung waren — es war der 3. Mai 1918 —
gegen 3 Uhr vormittags, griffen Auſtralier und Marokkaner
gewaltig an, aber die tüchtigen Jäger haben ihnen gezeigt, wie
deutſche Jäger ſchießen. So gegen 7 Uhr vormittags rückten
gegen unſere kleine Stellung allein 3 Tanks an — es war der
erſte Tankangriff, den ich erlebte. Bis 20 Meter ließen die
Jäger ſie herankommen, dann flogen die geballten Ladungen.
Einer kippte ſofort um, den anderen hatte ſich die Artillerie, die
bis kurz hinter den erſten Graben aufgefahren war, aufs Korn
genommen und ſchoß ihn buchſtäblich in Fetzen. Der dritte zog
es angeſichts des Pechs ſeiner Kameraden vor, ſich rückwärts zu
konzentrieren. Glänzend ſind ſie abgeſchmiert worden. Zwar
hat auch mancher brave Jäger ins Gras beißen müſſen, aber
das Gelände vor unſeren Stellungen iſt mit toten Auſtraliern
und Marokkanern bedeckt. Grauenhaft ſieht es da aus. Auch
Leutnant Braun, mein Nachfolger als Ordonnanzoffizier, der
gerade mit wichtigen Meldungen auf dem Wege war, fiel ſamt
den ihn begleitenden 2 Ordonnanzen.
Zu Anfang des Kampfes hatten Braun und ich zu gleicher
Zeit mit verſchiedenen Befehlen den Unterſtand verlaſſen, in dem
der Regimentsſtab haufte, und liefen hinaus in das von
Ge=
ſchoſſen zerpflügte, in dicke Pulver= und Rauchwolken gehüllte
Dorf Mallincourt. Eine Srecke Wegs rannten wir, wie
ge=
hetzt, ſtolpernd und fallend und vor den rund um uns
einſchla=
genden Geſchoſſen uns deckend, nebeneinander her, bis wir an
der Stelle, wo der Weg zur vorderſten Linie abzweigte,
ange=
langt waren. Dort Hinlegen, ein kurzes Verſchnaufen, ein
letz=
ter Händedruck, der alles ſagte, was infolge des tobenden Lärms
unausgeſprochen bleiben mußte, — dann Aufſpringen und
Vor=
ſtürzen in entgegengeſetzter Richtung. Von da ab habe ich
Braun nicht wiedergeſehen. Als ich nach vorne zurückkam, traf
mich die Nachricht, daß Braun ſamt ſeinen beiden Begleitern
nach glücklicher Erledigung ſeines Auftrags gefallen war. Durch
eine Granate, die zwiſchen ihm und ſeinen Begleitern
einge=
ſchlagen ſein mußte, waren ſie zerriſſen worden.
Braun war ein lieber Kamerad und tapferer Soldat, wir
betrauern ihn aufs tiefſte. Sein Tod und der unſerer braven
Leuté hat uns alle ſehr mitgenommen. Der arme Vater tut
uns auch ſehr leid. Braun war 21 Jahre alt, ſo groß wie ich
— 1,63 Meter —, aktiber Ofizier und voll Begeiſterung. Im
Jahre 1916 war er ſchwer verwunget worden, hatte ſich aber
1918 wieder hinausgemeldet. Schade um dieſen lieben, echten
Menſchen!“
Hochachtungsvoll
Kallenbach, Oberforſtrat.
Bühnenchronik. Die Tragödie „Leuchtfeuer” von Alex
von Frankenberg wurde zur Uraufführung am
Stadt=
thrater Dortmund angenommen. Die Buchausgabe erſcheint im
Georg Müller Verlag A.=G., München.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Januar 1923.
Nummer 27.
e L e Hlee e ere
Kirchenverfaſſung gebildete Landeskirchentag wird Mitwoch, den 31. Ja= Kundgebungen gegen Frankreichs Raubzug.
nuar, eröffnet werden. Die erſte Sitzung findet um 11½ Uhr mit fol= Der Allgemeine Studentenausſchuß der Heſſiſchen
gender Tagesordnung ſtatt: 1. Cröffnung. 2. Verpflichtung der neu
ein=
tretenden Mitglieder, 3. Uebernahme des Vorſitzes durch den
Alters=
präſidenten und Ernennung zweier vorläufiger Schriftführer, 4.
Wah=
len: 2) des Präſidenten des Landeskirchentags und ſeines Stellvertreters,
und deren Stellvertreter, 4) der weiteren Ausſchüſſe, ferner zum
Kirch=
lichen Diſziplinarhof und zur Lutherſtiſtung, e) des Präſidenten
der Kirchenregierung und ſeines Stellvertreters.
Tagesordnung zur öffentlichen Sitzung des Kreisausſchuffes des
Kreiſes Darmſtadt am Mittwoch, den 31. Januar 193, nachmittags 31=
Uhr. 1. Errichtung einer Holzſchneiderei auf dem Grundſtück des
Fried=
rich Ganß, Darmſtadt, Landwehrſtraße 21. 2. Geſuch des Valentin Betz
aus Pfungſtadt um Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtſchaft.
* Prohinzialausſchuß. 1. Das Geſuch des Martin Gerbig zu
Darmſtadt um Erlaubnis zum Branntweinausſchank wurde
zurückgezo=
gen, ebenſo 2. Geſuch des Jak. Hermann, Mühlſtr. 36 hier, wegen
Ausdehnung der Konzeſſion auf ein weiteres Zimmer. 3. Klage des
Ortsarmenverbandes Offenbach gegen den
Land=
armenverhand Offenbach wegen Erſatz von
Unterſtützungs=
koſten für Joh. Appelmann aus Naibach. Die Zeugin Arpelmann iſt
trotz Ladung nicht erſchienen und ſoll durch das zuſtändige Amtsgericht
vernommen werden.
*3 Verwaltungsgerichtshof. 1. Privatklage des Ernſt Kempfer
in Berlin gegen den Studienaſſeſſor Fritz Fucks in Laubach wegen
Be=
leidigung; hier Vorentſcheidung. Erſchienen Aſſeſſor Fucks, nicht
er=
ſchienen Rechtsanwalt Leun=Gießen als Vertreter des Privatklägers.
Kempfer behauptet, Fucks habe ihn beleidigt, indem er ihn als den
Ur=
heber der Satzungen der Deutſchen Jugendgemeinſchaft als einen
Idioten bezeichnet habe vor den Schülern einer Klaſſe des Gymnaſiums
— und Realſchule — zu Laubach. Fucks erklärt, das ſei unrichtig, er
habe nur vom hiſtoriſchen und ſozialen Standpunkt die Naſſenfrage
be=
handelt anſchließend an einen Elternabend kurz vorher, er habe nur
geſagt, wer ſolche Satzungen verfaßt habe, den müſſe er als Ideologen
bezeichnen. Nach Ausſagen von Obertertianern hat Fucks nur geſagt,
wer ſolche Satzungen verfaßt habe, ſei ein ganz hirnverbrannter Menſch,
durch dieſe Satzungen würden die Mitglieder der Gemeinſchaft zum
Lügen erzogen. Die Worte Fucks” ſcheinen in entſtelltem und verdrehtem
Sinne an den Privatkläger weitergetragen worden zu ſein. Das
Amts=
gericht Lauhach hat die Pritzatklage dem Landesamt für Bildungsweſen
vorgelegt, das nun beim Verwaltungsgerichtshof Vorentſcheidung
bean=
tragt. Ein zur Verleſung gelangender Bericht der Direktion der
Real=
ſchule in Laubach an das Landesamt für Bildungsweſen betont
einer=
ſeits, daß man derartigen Schülerausſagen gegenüber Verſicht walten
laſſen müſſe, andererſeits verſchweigt er nicht, daß Fucks ſich durch
Ent=
gleiſungen Ungeſchicklichkeiten habe zuſchulden kommen laſſen. Kempfer
gogiſcher Hinſicht Fehler gemacht. Laubach ſei für Fucks ein wenig
ge=
eigneter Platz, weshalb ſich ſeine Verſetzung empfehle. Fucks iſt ſeit
16. Oktober 1922 an der Realſchule in Heppenheim a. d. B. tätig. Fucks
ſchen Beſtrebungen fernzuhalten verſucht haben, was aber durch
Hinter=
männer durchkreuzt worden ſei. Auch die Direktion der Realſchule in
Bundesleiter der Deutſchen Jugendgemeinſchaft. Fucks erklärt noch vor ſtrengſte Beſtrafung die treffen, die gegen die deutſchen Anordnungen
dem Gericht. Kempfer ſei ihm perſönlich gar nicht bekannt, jede
belei=
digende Abſicht habe ihm in der ganzen Sache ferngelegen. Von
ande=
rer Seite habe man die antiſemitiſche Seite hineinzutragen verſucht, ihr die Treue in aller Not und Gefahr.
Reg.=Nat Henrich als Vertreter des Staatsintereſſes betont, daß man
von Elternſeite das vom Landesamt ausgeſprochene Verbot der
Lau=
recht daran getan, gegen antiſemitiſche Beſtrebungen ſich zu wenden und
ſeine Amtspflicht erfüllt, auch im ſpeziellen Fall (Aeußerung über die
Satzung) müſſe man bei Würdigung der Zeugenausſagen von Schülern
malen Beleidigung vermiſſen und eine Verletzung der Amtspflicht
ver=
neinen. In dieſem Sine erkennt auch der Gerichtshof.
gegen die Lehrerin Barbara Schäfer daſelbſt wegen Beleidigung;
hier Vorentſcheidung. Es iſt von den Beteiligten niemand erſchienen.
Grießmann hat Beleidigungsklage erhoben, weil die Lehrerin zur
Schü=
alle ſchwindſüchtig. Lehrerin Schäfer erklärt vernommen, ſie habe die
Aeußerung getan im Hinblick auf das ſchlechte Ausſehen der Barbara
Witzel, nicht in beleidigender Abſicht, ſondern um erzieheriſch zu wirken
rin hier zu warnen, ihre Aeußerung liege im Rahmen des Art, 1 des nen die Spuren und Schäden des großen Völkerringens wirklich und
Volksſchulgeſetzes. Weder Abſicht noch Form einer Beleidigung ſtehe
feſt; die Lehrerin behauttet, auch nur geſagt zu haben, in der
Fa=
manns ſeien alle ſchwindſüchtig. Auch in dieſem Falle verneint
der Gerichtshof jede Amtspflichtverletzung.
I. Strafkammer. Auf ſtaatsanwaltliche Berufung wurde gegen den
in erſter Inſtanz freigeſprochenen, 60jährigen Fuhrmann Georg
Pol=
ſter, bisher unbeſtraft, aus Biebesheim, verhandelt. Er pflegt u. a.
mittelung ſeitens der Gendarmerie zuvor. Im Gegenſatz zum Schöffen=
Sache in rechtswidriger Abſicht an ſich gebracht habe, zog den
Vertrauens=
bruch ſchärfer in Betracht und erkannte auf 3 Monate Gefängnis wegen
hilfsſchaffner Philipp Heinrich Schöneberger aus Mörfelden wegen
Verbrechens nach 8 174, Abſ. 1 St. G.B. fand unter Ausſchluß der
Oeffent=
nate Gefängnis.
n. Schöffengericht I. Der in einer hieſigen Fabrik beſchäftigte, ſchon
in reiferem Alter ſtehende Arbeiter Peter Herdel von hier hatte ſich I. fortgeſetzt Kupferſpähne und ſonſtiges Metall angeeignet und nach
des fo von ihm im Rückfall Geſtohlenen wird auf 50 000 Mk. geſchätzt, Summe von rund 600 000 Mark.
und das Urteil für dieſen Vertrauensbruch lautet auf 6 Monate
Ge=
fängnis. — Auch von dem 22 Jahre alten und bereits
diebſtahlsrück=
fälligen Taglöhner Jakob Gilbert, hier, iſt ſeine Arbeitsgelegenheit
bei der Gemeinnützigen Baugeſellſchaft zur Entwendung von Stabeiſen
mißbraucht worden, und als Mittäter kommt der 18 Jahre alte, ebenſo
rückfällige Bruder Johann Gilbert in Betracht. Abnehmer der
auf 6000 Mk. bewerteten Beute war der deshalb wegen Hehlerei ange= Veteranen vom 70er Kriege.
klagte und ſchuldig befundene Althändler Moritz Karbowitz, hier.
Er wurde in die dafür zuläſſige Höchſtgeldſtrafe von 100 000 Mk. evtl. lich gut. Schon ſeit Auguſt vorigen Jahres beſchäftigten ſich der
hie=
die 18jährige, bisher unbeſtrafte Margarete Konrad aus Eberſtadt ſchleppt. In den Verhandlungen im Jahve 1922 konnte auch keine
ſchnöde um Kleiderſtoffe uſw. von 70 000 Mk. Wert nebſt 1100 Mk. Bar= Einigung erzielt werden. Unter Leitung des Herrn Bürgermeiſters
geld beſtohlen, doch konnten erſtere Sachen teilweiſe noch in ihrem Beſitz Schenck kamen heute abend die Vertreter der Vermieter, Mieter,
Woh=
bezw. bei ihrer Schneiderin vorgefunden werden. Die jetzt deshalb er= nungs= und Baukommiſſion zu folgendem einſtimmigen Beſchluß: Es
kommiſſion und Agenturen, bittet uns, mitzuteilen, daß er mit dem in von 1922 zahlbar.
den letzten Tagen wegen Haſardſpiels beſtraften Kaufmann Ludwig
Tho=
mas nicht identiſch iſt.
Lokale Veranſtaltungen.
betrachten, iu keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
klubs Jung=Deutſchland. Der D. S. C. J. D. hat ſich der Gemeinderat beſchließt, den gleichen Satz zu erheben; es koſtet
dem=
entſchloſſer, mit Rückſicht auf die beſondere Beliebtheit, deren ſich die nach ein Hund 1000 Mk. Die allgemeine Verſicherungsgeſellſchaft
Frank=
mitwirkenden Künſtler bei dem Darmſtädter Publikum erfreuen, das furt ſtellt durch das Kreisamt Darmſtadt den Antrag, die Haftpflichtſätze
Konzert jedermann zugänglich zu machen. Eintrittskarten ſind zu haben, der Gemeinde zu erhöhen, er wird genehmigt. Der Prämienſatz für
bei Konzert=Arnold, L. B. Müller, Schulſtraße 14. SportAdelmann, Wirhauſen iſt jetzt 12800 Mk. pro Jahr.
Rheinſtr. 1214. (S. Anz.)
Aus den Parteien.
ten Tagen in Reichelsheim Ober=Nidersheim, Lich und Aſſenheim Ver= ſtändig abgeriſſen. Perſone, ſind glücklicherweiſe nicht verletzt worden.
ſammlungen ſtatt, die die Deutſche Volkspartei veranſtaltet hatte und die Der Wagen wurde, um Verſpätzu gen zu vermeiden, erſt in Mannheim
ſich eines außerordentlich ſtarken Peſuches erfreuten. Herr Oberreal= ausrangiert,
lehrer Kahl=Darmſra, ſprach in allen drei Verſammlung über „Die
ten ſich nur in einem Fa le zu Worte. Der Verlauf bedeutet eine Neu= geſtürzt. Er hat ſich dabei ſo ſchweve Verletzungen, beſonders am Kopfe,
ſtärkung des vol’spurteilichen Gedankens in Oberheſſen; zahlreiche nege zugezogen, daß er an deret. Folgen nach ſeiner Einlieferung ins
Offen=
itglieder wurben gewonnen.
Landesuniverſität Gießen
hat dieſe Entſchließung gefaßt:
„Der Allgemeine Studentenausſchuß Gießen gedenkt in
Deutſch=
b) der beiden Schriftführer, e der Mitglieder des Landeskirchenausſchuſſes lands ſchwerſter Stunde des heldenmütigen Kampfes, den im beſetzten
Rheinland neben der Induſtrie beſonders die deutſchen Bergarbeiter
und Eiſenbahner gegen franzöſiſche Willkür und Tyrannei ausfechten.
Er entbietet ſeinen deutſchen Brüdern herzliche Grüße, und hofft, daß
es ihnen gelingen möge, durch ihren Widerſtand ſämtliche franzöſiſchen
Naubpläne zum Scheitern zu bringen.”
Proteſtkundgebung der Reichsſteuerbeamten.
In der in Darmſtadt ſtattgefundenen Verſammlung der Mitglieder
des Bundes Deutſcher Reichsſteuerbeamten, Bezirksverband Heſſen,
wurde folgende Entſchließung einſtimmig gefaßt:
Die Beſetzung des Ruhrgebiets iſt ein Gewaltakt, wie er unter
zivi=
liſierten Völkern von ſolcher Niedertracht noch nicht vorgekommen iſt.
Das durch franzöſiſch=belgiſche Raubgier ausgepreßte, verarmte,
wehr=
loſe, friedlich ſeiner Arbeit nachgehende deutſche Volk wird dem
äuße=
ren Grunde nach wegen ein paar Feſtmetern Schnittholz, einigen
Ton=
nen Kohlen und einer geringen Zahl Telegraphenſtangen in ruchloſer
Weiſe durch die franzöſiſch=belgiſche Soldateska überfallen. Der wahre
Grund aber iſt, uns das Rheinland zu rauben, Deutſchland zu zerreißen
und das deutſ he Volk für immer zu Sklaven und Knechten Frankreichs
zu machen. In dieſer verlogenen Feigheit und Heuchelei, wie ſie nur
Verbrechern eigen iſt, offenbart ſich in hellſten Farben franzöſiſches Weſen
und galliſcher Charakter: Furcht, Haß und Sadismus. Nach Clemenceau
leben in unſerem Vaterlande 20 Millionen Deutſche zu viel; dieſe ſollen
in der feigſten Weiſe zum größeren Ruhm des gehäſſigen Erbfeindes
durch Hunger und Elend langſam hingeſchlachtet werden. Dahin darf
es nicht kommen. Wohl ſind wir wehrlos, die Kriegswaffen zur Abwehr
fehlen uns, aber wir ſind nicht ehrlos; noch ſtehen uns die Waffen des
Geiſtes und der Treue zu Gebote, die wir als deutſche Männer mit Mut
und Entſchloſſenheit in dieſen ſchweren Tagen zur Rettung des
Deut=
ſchen Reiches ohne Nachlaſſen bis zum Siege des Geiſtes und der Kultur
über franzöſiſch=belgiſche Roheit und tieriſche Raubgier gebrauchen
wollen. Die Steuerbeamten geloben, in der Treue zum deutſchen
Vater=
lande und den deutſchen Brüdern und Schweſtern nicht nachzulaſſen, mag
auch kommen, was da kommen will; lieber Gefängmis und Tod als der
alles Deutſche haſſenden „grande nation” ſich ergeben und dienen. Der
deutſche Stenerbeamte kennt die galliſche Falſchheit zu gut, um ſich
mit Zuckerbrot einfangen zu laſſen und durch ſchmeichelhafte Lockungen
ins Verderben ſtürzen und zum Vaterlandsverrat verführen zu laſſen.
Der Sieg iſt dem deutſchen Volke diesmal gewiß, wenn es, einig
in Not und Gefahr, einmütig zuſammenſteht und im Ertragen von
Not und Drangſalen nicht erlahmt. Wehe aber uns allen, wenn wir
ſei nicht gut beraten geweſen, die Klage zu erheben, Fucks habe in pädg= nicht geduldig die lange Reihe der ſchweren Prüfungstage gemeinſam
ertragen.
Amtsgenoſſen im beſetzten Gebiet, Euch mit an erſter Stelle gilt
unſer Denken und Sorgen. Sperrt man Euch ins Gefängnis, weil Ihr
will durch ſeine Beſtrebungen in Laubach die Schüler von parteipoliti= den Einbrechern in deutſches Land nicht gehorchen und Euer Vaterland
nicht verraten wollt, weiſt man Eure Familien aus und beraubt ſie aller
Habe, ſo ſeid der Ueberzeugung, wir werden Euch und Eure Familien
Laubach habe ihn in ſeinen Beſtrebungen nicht unterſtützt, der Schulchef nicht im Stiche laſſen und für ſie ſorgen wie für uns ſelbſt. Auch die
habe kein Verſtändnis für ſeine Tätigkeit bewieſen. Kempfer iſt der Reichsregierung hat volle Schadloshaltung zugeſichert. Dagegen wird
handeln.
Unerſchütterlich feſt ſtehen wir zur deutſchen Regierung, wir halten
Der Darmſtädter Lehrerverein
bacher Deutſchen Jugendgemeinſchaft nicht reſpektiert habe; Fucks habe erhebt namens der ſchulpflichtigen Kinder und ihrer Erzieher und Lehrer
Einſpruch gegen das rechts= und vertragswidrige Eindringen der
Fran=
in dieſem Sinne zu arbeiten. Er habe im Nahmen des Art, 148 R.V. zoſen in friedliches deutſches Arbeitsland, und gegen ihren Verſuch, die
Lebensmöglichkeit des deutſchen Volkes zu untergraben.
Der Bevölkerung — insbeſondere den Arbeitern und
Beam=
im Alter von Obertertianern (14—16 Jahre alt) den Beweis einer for= ten — im alt= und neubeſetzten Gebiete rufen wir zu,
feſtzubleiben und nicht nachzulaſſen im Kampfe für
Frei=
heit und Recht und in der Abwehr jeder Willkür und Unterdrückung
Die Augen Eurer eigenen und aller übrigen deutſchen Kinder ſind auf
2. Privatkſage des Matthias Joſef Grießmann in Münſter Euch gerichtet. Von Eurem Ausharren hängt ihr Schickſal, hängt
Deutſchlands Zukuft ab.
Lehrer und Schüler im nichtbeſetzten Gebiet
ge=
loben Euch in dieſer ſchweren Stunde, treu zu Euch zu ſtehen und alle
lerin Barbara Witzel geäußert habe, ſie ſolle ſich von den — im gleihen Not mit Euch zu teilen. Komme, was kommen mag, wir fühlen uns
Hauſe wohnenden — Grießmanns fernhalten, die Grießmanns ſeien eins als deutſche Brüder, und werden für Euch eintreten mit allem, was
wir unſer eigen nennen. Treue um Treue!
Von den Franzoſen fordern wir, abzulaſſen von der Gewalt.
deutſches Land und deutſche Kultur deutſcher Führung zu überlaſſen
und vor unnötigem Umgang mit Familie G. zu warnen. Der Ver= und heimzukehren auf die Wege friedlicher Arbeit im eigenen Lande.
treter des Staatsintereſſes betont das Recht und die Pflicht der Lehre= Nur dann kann die Volks= und Menſchheitsnot gelindert, nur dann
kön=
auf die Dauer beſeitigt werden.
Die Kinder der ganzen Welt aber rufen wir auf, ſich mit
milie G. herrſche die Schwindſucht nicht habe ſie geſagt, die Grieß= ihren Lehrern und Erziehern zu vereinigen zum Streite gegen Gewalt,
Unterdrückung und Ausbeutung, zum Kampfe für Freiheit und Recht und
ein würdiges Menſchendaſein.
Spenden für die Hilfe für das Ruhrgebiet.
für die chemiſche Fabrik Gernsheim zu fahren, ſah eines Tages in deren eingezahlt bei der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt: 231 500 Mk. von
Nähe ein daſelbſt geſtohlenes Blechſtück von 68 Kilo Gewicht liegen, er= den Angeſtellten der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt, 100 000 Mk. von „Zur Poſt”;
kannte dieſe unredliche Herkunft zutreffend und nahm es auf ſeinem Herrn Miniſterialrat Paul Emmerling, hier, 100 000 Mk. von Herrn
Wagen nach Hauſe mit. Angeblich gedachte er es keineswegs für ſich zu Generaldirektor G. Süreth. hier, 20 000 Mk. von Herrn Direktor Hofrat
behalten, ſondern an den Eigentümer abzuliefern, doch kam ihm die Er= Paul Sander, hier, 20 000 Mk. von Herrn Direktor Hans Bochow, hier, den volſtändig erſchienenen Sportausſchuß und Generalſekretär Poehlz
10000 Mk. von Herrn Generallt. Willich von Pöllnitz, hier, 10 000 Mk.
gericht gelangte man jetzt zur Ueberzeugung, daß der Angeklagte jene von Frau Hedwig Dolivo=Dobrowolskf, hier, 4000 Mk. von Herrn Med.=
Hehlerei. — Die Verhandlung gegen den 30jährigen, verheirateten Poſt= Direktor Leo Stein, hier, 5000 Mk. von Sr. Exz. Herrn Wirkl.
Geheim=
rat G. von Römheld, hier, 2000 Mk. von Frau Amelie von Ernſt, hier,
2000 Mk. von Herrn Adoloh Hallwachs, hier, 1000 Mk. von Frl. Paula Kongreß tagt am 3. Februar in Paris. Einſtimmig ſtand der Bmd
lichkeit ſtatt. Der Angeklagte erhielt mit mildernden Umſtänden 8 Mo= Böſe, hier, 1000 Mk. von W. G. Armbruſt, hier, 1000 Mk. von Herrn
Arnold Freiherr Gedult von Jungenfeld, hier, 100 Mk. von Herrn
Bahnhofsvorſteher i. N. R. Beſt. hier.
Ein recht erfreuliches Ergebnis zeitigte eine unter den Angeſtellten handlungstiſch zu ſetz
der hieſigen Darmſtädter= und Nationalbank, K. G. a. A., i
zugunſten der Ruhrbevölkerung veranſtaltete Sammlung, an welcher ſich
ſeinem Geſtändnis für insgeſamt etwa 28000 Mk. veräußert. Der Wert auch die Herren der Direktion beteiligten. Die Sammlung ergab die nette ler Sportfragen zu beraten. Den deutſchen Standpunkt und
r. Pfungſtadt, 26. Jan. Todesfall. Im Alter von 80 Jahren
iſt hier der in allen Kreiſen beſtens bekannte Bauunternehmer Heinrich
Frick geſtorben und heute mittag unter gnoßer Beteiligung zu Ganabe
getragen worden. Frick war einer der wenigen noch überlebenden
Seh. Lindenfels, 26. Jan. Was lange währt, wird end=
3 Monate Gefängnis verurteilt, und die beiden Brüder erhielten je ſige Hausbeſitzerverein und der Mieterverein um die Feſtſetzung
Jahr 3 Monate Gefängnis unter ſofortiger Verhaftung. — Ihre bieſige der Reichsmiete. Mit Rückſicht dapauf, daß die hieſige Gemeinde
Dienſtherrſchaft, bei der ſie beſte Behandlung bei bohem Lohn genoß, hat keinen Bürgermeiſter hatte, wurden die Verhandlungen fortgeſetzt
ver=
kannte Strafe beträgt 2 Monate Gefängnis. — Der in angeheitertem werden erhoben: vom 1. Juli bis 30. September 700 Prozent, vom
Zuſtand auf der Straße nachts mit Schutzleuten in Konflikt geratene hie= 1. Oktober bis 31. Dezember 900 Prozent und vom 1. Jamuar bis 31.
ſige Student Albrecht ließ ſich zum Widerſtand hinreißen, der ver= März 1200 Prozent Zuſchlag oder das 13fache der Grundmiete.
Waſſer=
hältnismäßig gut ablief. Er muß dies mit 20 000 Mk. Geldſtrafe büßen. Licht=, Schornſteinſegergebühren und Wohnungsbauabgabe ſind anteil=
* Nicht identiſch. Herr Ludwig Thomas. Riedeſelſtraße 37, Wein= mäßig extra zu zahlen. Bis 15. Febwuar 192B3 ſind ſämtliche Rückſtände
r. Wishauſen, 25. Jan. Gemeinderatsbericht. Der
neu=
gewählte Beigeordnete Bauer und der an deſſen Stelle als Gemeinderat
nachrückende Chr. Benz wurden von dem Bürgermeiſter durch Handſchlag
an Eidsſtatt verpflichtet. Die vorliegende Gemeinderechnung für das
Rechnungsjahr 1921 wurde geprüft und hat ſich keinerlei Beanſtandung
Die hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu ergeben. Die Jagdbächter der Gemeindejagd haben die Sätze, die der
Gemeinderat feſtgeſetzt hat, nicht bewilligt und der Bürgermeiſter wurde
beauftragt, die Sache dem Pachteinigungsamt zu übertragen. Die ſtaat=
Zum Feſtkonzert des Darmſtädter Schwimm= liche Hundeſteuer wurde durch den Staat erhöht auf 500 Mk. pro Hund,
ei. Egelsbach, 26. Jan. Eiſenbahnunfall. Als geſtern
obend gegen 10 Uhr der von rankfurt kommende Perſonenzug mit dem
aus der Nichtung Darmſtadt kommenden Eilzug in der Nähe unſerer
Station kreuzte, ſlog, wohl durch den Luftdruck, eine Wagentüre eines
Deutſche Volkspaxtei. In Oberheſſen fanden in den letz= Wagens 4. Klaſſe des Fr nkfurter Perſonenzugs auf. Sie wurde
voll=
h. Dietzenbach, 26. Jan. Tödlicher unfall. Ein hieſiger
politiſche Lage”. Alle P rteien waren vertreten. Gegner melde= Arbeiter, der in Offenbach an einem Bau beſchäftigt war, iſt vom Gerüſt
bachenr Krankenhaus durt gMtorben iſt.
E Mailt h. Iiteltfell. Ein Taſiche. —
hat ſich auf der Stwaſſe von hier nach Biebrich ereignet. Ein Hljährigen=
Arbeiter hielt ſich hinter einem Fuhrwerk, das desſelben Weges fuhr,
Als der Arbeiter auf einmal auf die andere Fußgängerſeite
hinüber=
wechſeln waollte, kam gerade ein Kraftwagen, der den Mann mit ſolcher
Gewalt gegen einen am Wege ſtehenden Baum drückte, daß er bald an
den erlittenen Verletzungen ſtarb.
* Mainz, 27. Jan. Ausweiſung von Mainzer
Zoll=
beamten durch die Franzoſen. Die vor einigen Tagen von
den Franzoſen verhaſteten Oberzollinſpektoren Horn und Wißner
von Mainz ſind Freitag abend um 8 Uhr gemeinſam mit dem ebenfalls
ausgewieſenen Mainzer Oberzollſekretär Bönſel unter ſtarker
militä=
riſcher Bewachung mit Kraftwagen bis zur Straße Nied—Frankfurt
ge=
bracht worden. Gleich den erſten Ausgewieſenen wurden auch ſie auf
einſamer Straße ausgeſetzt und mußten in der Nacht zu Fuß nach
Fraukfurt wandern. Auch hier zeigt es ſich wieder, daß Energie und
nicht zuletzt die ſtraffe Organiſation der deutſchen Zollbeamten die
Niedertracht der Franzoſen eindämmt.
Reich und Ausland.
Weitere Spenden für die Ruhrhilfe.
Berlin. Beim Reichspräſidenten laufen für das Ruhrhilfswerk
ununterbrochen zahlloſe Spenden aus allen Kreiſen der Bevölkerung
ein. An größeren Beträgen haben geſtiftet: Die Kommerz= und
Pribat=
bank 200 Millionen, die Hütten=G. m. b. H. weitere 3 Millionen, die
Deutſchen in Norwegen 3,4 Millionen, ein Norweger und ein Deutſch=
Amerikaner je 1 Million. Die Angeſtellten und Arbeiter zahlreicher
ſtaatlichen und induſtriellen Betriebe, ſowie weitere Beamteugruppen
ſtellten namhaſte Prozentſätze ihres Gehaltes zur Verfügung. Das
Zentral=Relief=Komitee in Neu=York, das vor einigen Tagen eine Spende
im Werte von 75 Millionen Mark überwies, hat neuerdings dem
Ober=
bürgermeiſter von Eſſen durch das Rote Kreuz weitere 600 Kiſten
Nah=
rungsmittel im Werte von 150 Millionen Mark überweiſen laſſen. Auf
Veranlaſſung der Königin von Schweden wird heute ein ſchwediſher
Güterwagen mit Liebesgaben von Stockholm über Saßnitz abgeſandt,
der an den Badiſchen Landesverein vom Roten Kreuz adreſſiert iſt.
Die Deutſchen in Südafrika überwieſen dem Oberbürgermeiſter von
Eſſen durch eine Hamburger Bankfirma 600 Pfund Sterling als
Teic=
betrag einer noch nicht abgeſchloſfenen Sammlung. Der Vorſtand der
im Niederländiſchen Gewerkſchaftsbund vereinigten Körperſchaften
be=
ſchloß, zunächſt 2½9 Prozent des Bundesvermögens für die Ruhrhife
zur Verfügung zu ſtellen. Eine holländiſche Firma überſandte dem
Wirtſchaftsminiſter einen Scheck über eine Million Mark. Der
Anhal=
tiſche Arbeitgeberverband ſtiftete 25 Millionen, die Junckerwerke, in
Deſſau 5 Millionen. Weitere Sammlungen werden aus den deutſchen
Kolonien in Braſilien, Argentinien und Chile gemeldet. — Beim
Ber=
liner Tageblatt gingen bis heute über 73 Millionen Mark für die
Ruhr=
hilfe ein. — Die Bergbau=Angeſtellten des Zwickauer. Luckau=
Oels=
nitzer Kohlenreviers beſchloſſen, für die Bergbaubeſchäftigten des
Ruhr=
gebiets Ueberſchichten zu leiſten und 5 Prozent des geſamten
Einkom=
mens laufend zur Verfügung zu ſtellen und die vertriebenen
Angeſtell=
ten des Ruhrgebiets in ihre Wohnungen aufzunehmen.
Verhaftete Fleiſchſchieber.
Berlin. Eine Fleiſchfuhre im Werte von 40 Millionen Mark
haben ein Berliner Kutſcher und zwei Mitfahrer verſchoben, die am
Dienstag von der Kriminalpolizei verhaftet wurden. Die Teuerung der
Tierhaltung und alles deſſen, was damit zuſammenhängt, hat manhen
Berliner Schlächtermeiſter veranlaßt, auf das eigene ſpann zu
ver=
zichten und ſich eines Lohnfuhrwerks zu bedienen. So laſſen ſich auch
namentlich Schlächtermeiſter im Weſten der Stadt ihr Fleiſch vom
Schlachthof von einem gemeinſamen Geſpann zubringen. Am Samstag
mu hatte ein Kutſcher Samiskat für dieſe Meiſter für 40 Millionen
Mark Schweinefleiſch geladen. Statt es jedoch den Eigentümern
zuzu=
führen, beſchloß Samiskat mit ſeinen Mitfahrern Kief und Junge, das
Fleiſch für ſich zu verwerten. Sie ſuchten Abnehmer und fanden ſie
in einem Schlächtermeiſter K. in Weißenſee und einem Schlächtermeiſter
B. in der Lychener Straße. Jeder von beiden erhielt die Hälfte der
Ladung. Die Meiſter im Weſten der Stadt warteten vergeblich auf
die Zufuhr und wandten ſich an die Polizei. Die Dienſtelle B. I. 14
der Kriminalpolizei kam den Ungetreuen auf die Spur, ermittelte ſie
in einem Lokal der Lebewelt und nahm ſie feſt. Die drei hatten für die
ganze Ladung eine Million Mark bekommen und nun Tage und Nächte
in Lebeweltlokalen durchſchwärmt. Sie waren noch betrunken. Von
der Beute beſaßen ſie nur noch wenige tauſend Mark. Einen großen
Teil hatten ſie durchgebracht, das andere hatten ihnen Zechengenoſſinnen
geſtohlen. Das Fleiſch wurde beſchlagnahmt, das Geſpann wurde in
Weißenſee führerlos aufgefunden.
Spiel, Sport und Turnen.
Radſportliche Tagung in Darmſtadt.
St. Darmſtadt ſtand geſtern und ſteht heute im Zeichen des
Rad=
ſports. Aus Anlaß des alljährlichen Winterſaalſportfeſtes des V. C. D.
fanden hier wichtige Beratungen ſtatt, die in gewiſſem Sinne von
inter=
nationaler Bedeutung ſind.
Der Vorſtand des Bundes Deutſcher Radfahrer und des
Schweizeriſchen Radfahrer=Bundes begann am
Sams=
tag, den 27. Januar d. J., ſeine geſchäftlichen Beratung im Hotel
Der B. D. R. war vertreten durch ſeine beiden Vorſitzenden, Dr.
Martin=Berlin und Direktor Hch. Stevens=Küln, ſowie durch
der S. R. B. hatte ſeine Präſidenten W. Wichmann und Ebner,
ſowie Generalſekwetär Marzohl und 16 Herren ſeines Vorſtandes ent=
Nat Dr. Schwan, hier, 3000 Mk. von Herrn Major Arthur von Obernitz, ſandt. Den Hauptpunkt der Beratungen bildete die durch den
Wieder=
hier, 3000 Mk. von Frau Clara Neuburger, hier, 5000 Mk. von Herrn eintritt des Bundes Deutſcher Radfahrer in den
Weltſportver=
band u. C. J. geſchaffene Situation und die gemeinſame Regelung
der Weltfahrbeſtimmungen für die diesjährigen Weltmeiſterſchaften. Der
Deutſcher Radfahrer auf dem Standpunkt, der Einladung nicht Folge
zu leiſten, e3 iſt unter den obwaltenden Umſtänden mit der
Selbſt=
achtung eines Deutſchen unvereinbar, ſich mit Franzoſen an einen Ver=
die Vertretung der Intereſſen des Bundes Deutſcher Radfahrer hat der
Vorſtand des Schweizeriſchen Radfahrer=Bundes übernommen. Der
Schweizeriſche Radfahrer=Bund hat in jahrelanger Treue zum Bud
Deutſcher Radfahrer geſtanden, und hat durch dieſe Tat aufs neue ſeine
Freundſchaft und Treue bewieſen.
Die Wettfahrbeſtimmungen wurden ſodann zwiſchen beiden
Verbän=
den einheitlich in ſchneller Uebereinſtimmung feſtgeſetzt.
Im Anſchluß fand ein Lehrkurſus für Kampfrichter im Saalfahren
durch die Herren Bauer und Poehl=Berlin ſtatt, ſo daß auch auf dieſem
Gebiete eine Einheitlichkeit geſchaffen iſt.
Um 8 Uhr abends begann dann in der Vereinigten Geſellſchaft ein
Begrüßungsabend, zu welchem Vertreter aus allen Gauen und
voll=
zählig die Schweizer Gäſte erſchienen waren. Der Vorſitzende des
V. C. D. Herr Carl Bauer, ſtreifte kurz in ſeiner
Begrüßungs=
anſrrache die ſchweren Zeitumſtände, die das Feiern von Feſten für us
unmöglich machen. Das Gebot der Stunde aber iſt für uns, unſer Reht
auf Leben und Daſein zu betonen. Als Sportverein hat der V. C. D.
und der Bund Pflichten; die gilt es zu erfüllen, auch wenn Feſtefeiern
verbönt iſt. Es gilt für die Ertüchtigung der Jugend. Darum wurde
die Sportveranſtaltung nicht abgeſagt. GBravo!) Redner begrüßt dam
beſonders herzlich die treuen Schweizer Freunde (Bravol), und
gelobt Treue um Treue. Dann auch den Bundesvorſtand, der
zum erſten Male in Darmſtadt weilt, die beiden Ehrenmitglieder des
Bundes, Schmidt=Offenbach und Stift=Frankfurt dann die Wettkämpfer,
den Vertreter des H. A. C. Herrn Geora Göbel, mit dem enge
Ar=
beitsgemeinſchaf, den V. C. D. verbindet, ſowie die Vertreter der
Preſſe, darunter auch Herrn Spek aus Holland. (Lebh. Bravo!)
Ehrenmitglied Herr Franz Schneider ſprach einen ſchwungvollen
Prolog ſeigener Dichtung), dem das Deutſchlandlied, ſpontan geſungen,
folgte. Der Präſident des Schweizer Radfahrer=Bundes, Herr
Wich=
mann, dankte für die Begrüßung, überbrachte Grüße der Schweizer
Sportkollenen und verſicherte Deutſchland der lebhaften Anteilnahme
an dem Geſchick, dem Deutſchland zurzeit wieder preisgegeben. Der
Beſuch der Schweizer gelte in erſter Linie der Verſöhnung und
Freund=
ſchaft, der Annäherung der Völker. Sport kenn keine Politik. (Lebh.
Bravol), Herr Redakteur Spek aus Hagg dankte für die Begrüßung
und feierte den wiedererwachenden deutſchen Geiſt und die deutſche
Einigkeit. Beifall) Bundespräſident Dr. Martin feierte den
V. C. D., deſſen Name weit über Heſſen, weit über Deutſchland hinaus
einen hervorragenden Klang habe, weil er von Männern der Tat
ziel=
beiwußt geleitet wird, und überreichte den beiden Vorſitzenden, Herren
Kanzler und König, die Ehrennadel des Bundes. Herr Georg
Göbeldankte im Namen des H. A. C. und der übrigen Gäſte für die
Begrüßung und toaſtete auf das Andauern der „Arbeitsgemeinſchaft”
für die großen Aufgaben des kommenden Sportjahres. Herr Aug.
Stift tvaſtete auf den beſten Verein des V. C. D., der alle
ande=
ren anſpornt, der ſtets vorbildlich iſt als der geachtetſte Verein des
Bun=
des. Die künſtleriſche Seite des Abends bereicherte beſonders Herr
Hein=
rich Kuhn durch Liedgeſänge. Beiträge zum Liederbuch hatten dis
Herren Guttmann, Hax und Frahnert geliefert.
Nummer 27.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Januar 1923.
Seite 5.
Am
40 Milli
4. Sportverein:
C. Karlsruhe=Mühlburg.
in hochintereſſantes Fußballſpiel findet heute auf dem herrlichen
Sport=
atz am Böllenfalltor zwiſchen obigen Vereinen ſtatt. F. C.
Karlsruhe=
ühlburg, der Beſieger der deutſchen Altmeiſter F. C. Freiburg und
s Kaulsruher Fußballvereins trägt das Rückſpiel hier aus, nachdem
am vergangenen Sonntag ſich in einem 0:0=Spiele gegen letzteren
n 3. Platz in der kommenden Bezirksliga geſichert hat. Der
hervor=
gende Vertreter des Südweſtkreiſes tritt mit kompletter
Ligakampf=
annſchaft, die ihm den Platz an der Sonne ſicherte, in ſeinem
bekann=
n blauen Trikot und ſchwarzer Hoſe an, und zwar mit:
Speck
Semann. Speck
Heller. Wenner Holzmeier
Bolz Doſenbach Häcker Holſtein. Singler
Von dem rieſig ſchnellen und durchſchlagkräftigen Sturm, der eine
endende Flachkombination vorführt, iſt neben den vorzüglichen Flügeln
nz beſonders der Ausreißer und gefürchtete Torſchütze Doſenbach zu
wähnen. Blitzſchnell, ſcharf und wohlplaziert, knallllt ſein Schuß aufs
r. meiſtens ſicheren Erfolg bringend, wenn ihm kein guter Hüter
genüberſteht. Die Läuferreihe iſt äußerſt ſtabil, flink und gewandt.
eller und Wenner ſind hier die Beſten. Ueber die Verteidigung iſt
in Lob notwendig, denn die Namen Seemann und Gebr. Speck ſprechen
ſich ſelbſt. Unſer einheimiſcher Ligavertreter muß ſich gehörig ins
eug legen, um ein günſtiges Reſultat gegen die beſte ſüddeutſche Klaſſe
erzielen und die Scharte vom Vorſpiel in Karlsruhe auszuwetzen.
ie Darmſtädter Mannſchaft mit ihrem neuen Sturmführer Bärenz
ielt in weißen Bluſen und ſchwarzen Hoſen mit:
Frick Möſer Bärenz Müllmerſtadt Jakoby
Ohlſen Takaks Fiſcher, W.
Laumann. Stephan
Ellenbeck
Sollte Takaks Grippe ganz behoben ſein, ſo dürfte er dem
gefährli=
n Innentrio der Gäſte ſchon gewachſen ſein; Ohlſen unterliegt
zur=
it einem ernſten Training und er befindet ſich eben mit Fiſcher in
ter Form. Stephan und Laumann bilden das ſichere Verteidigerpaar
d ſind im Verein mit Ellenbeck ſchon ſchwer zu ſchlagen.
Das Spiel beginnt um 2½ Uhr und ſteht unter Leitung eines
be=
nnten auswärtigen Schiedsrichters. (Siehe heutige Anzeige.)
beginnen in Süddeutſchland die Spiele um den Bundespokal, und
irden ſich hier im erſten Treffen Sportverein Darmſtadt und der
glän=
ade Bezirksligavertreter „Fußballgeſellſchaft 1903‟=Ludwigshafen auf
m Stadion meſſen.
sr. Der Sport des Sonntags. Im Fußballſport neigen ſich
Verbandskämpfe ihrem Ende zu. Füir die Reichshauptſtadt ſind
fol=
nde Treffen angeſetzt: Weißenſee gegen Vorwärts, Union=
Charlotten=
ra gegen V. f. B.=Pankow, Meteor gegen Hertha, Spandauer
Sport=
rein gegen Preußen, B=S. V. 92 gegen Norden=Nordenweſt,
Lucken=
ilder Ballſpielverein gegen Alemannia, Union 92 gegen Brandenburg,
tion=Potsdam gegen Spandauer Sport=Klub. — In München findet
wichtiges Spiel für die ſüddeutſche Meiſterſchaft zwiſchen dem
Kreis=
eiſter von Nordbayern. Spielvereinigung Fürth, und Mayern=
Mün=
n. dem Meiſter von Südbahern, ſtatt. — Ein Freundſchaftsſpiel in
iſſeldorf haben die Verbände Mittel= und Weſtdeutſchlands vereinbart.
er dürfte die gute weſtdeutſche Mannſchaft, die auch das Endſpiel um
n Bundespokal beſtreitet, das beſſere Ende für ſich haben.
b. Turngemeinde Weiterſtadt E V. Am Samstag, den
d. M., hielt die Turngemeinde ihren diesjährigen Turnabend ab.
ich dem Aufmarſch aller Mitwirkenden begrüßte der Vorſitzende Hirſch
zahlreich erſchienenen Beſucher in einer kernigen Anſprache. In
feſſelnden Worten wies er auf die ſchwvere Aufgabe der Turnerei hin.
die heutige Jugend zu einem brauchbaren Geſchlecht, zu tüchtigen Frauen
und Männern zu erziehen. Unter den ſchwerſten Verhältniſſen und bei
ſteter Arbeit ſtrebt die deutſche Turnerei dieſem ſo wichtigen Ziele zu.
Die Leiſtungen, die dann gezeigt wurden, konnten den Zuſchauern
be=
weiſen, daß auch die Turngemeinde in dieſer Hinſicht im Laufe des
Jah=
res ein ſchönes Stück Arbeit vollbracht hat. Mit größter
Aufmerkſam=
keit wurden die Uebungen der einzelnen Abteilungen verfolgt. Ganz
beſonderes Intereſſe erregte unſere junge Damenriege, die dann auch
unter der Leitung ihres Turnwarts Nömer ungeteilten Beifall erntete.
Aber auch der Nachwuchs, die Schülerinnenabteilung unter Führung des
Turnwarts Vetter, berechtigt uns durch die ſchönen Uebungen zu den
beſten Hoffnungen. Nicht zuletzt ſei die raſtloſe Arbeit unſerer
Turn=
warte Hahn und Vetter erwähnt, die in den achtbaren Leiſtungen der
Turner und Schüler eine gute Ernte ihrer Saat erblicken konnten. Ein
gemütlicher Tanz beſchloß den ſchön verlaufenen Abend. Gut Heil!
— Die franzöſiſche Segelflugwoche in Biskra. Am
25. Januar wurde die franzöſiſche Segelflugwoche in Biskra eröffnet,
an welcher 5 bekannte Segelflieger Frankreichs, Thoret, Descamps,
Frouval, Le Petit und Barbot, teilnehmen. Man erwartet in
Frank=
reich große Ergebniſſe von den Segelflügen. Auch der deutſche
Segel=
flug wird gut tun, die Entwickelung im Auge zu behalten.
3. Quittung
al’s Suppen
Mag
B2
erleichtern der Hausfrau die Kocharbeit.
Nur mit Waſſer angerührt und kurze
Zeit gekocht, geben ſie delikate Suppen.
Man achte auf den Namen „Maggi”
und die gelbrote Packung
Gültige Lebensmittelmarken vom 28. Jan. bis 3. Febr. 1923,
9. Spiele um den Bundespokal. Am kommenden Sonn= „J Kinzle' und „Lederwaren Schad” (Nr. 55 und 56) je 800 gr
Brot
(st,835
Mate
Landestheater, Anfang 6 Uhr, Ende 91/ Uhr (C 13): „Der ferne.
Klang”. — Kleines Haus, Anfang 6½ Uhr Ende nach 9 Uhr (
Sonn=
tags=Fremdenmiete E18 rot): „Emilia Galotti”. — Orpheum,
nachmittags 14 und abends 348 Uhr: „Wie man einen Mann
ge=
winnt”. — Mühlſtraße 70 (am Kapellplatz): Deutſchlands
Schick=
ſal im Lichte der Bibel”. — Konzerte: Rummelbräu; Hotel
Schmitz. — Stadion, 3 Uhr: F. C. Karlsruhe=Mühlburg gegen
Sportverein 98 Darmſtadt. — Union=, Reſidenz=, Central=Theater,
Palaſt=Lichtſpiele: Kino=Vorſtellungen.
über in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts eingegangene
Spenden für die geſchädigte Ruhrbevölkerung:
Baurat Kaibel 5000 Mk., Ungenannt 1000 Mk., Ungenannt 2000
Mk., Hechler, Hch., 500 Mk., Fa. Hörr, Grafenſtraße, 5000 Mk., Herbert
Noack, Briefmarkenhandlung 10 000 Mk., Karl Martin, Holzſtraße 1,
1000 Mk., Beamte der oberen Bergbehörden, Darmſtadt, 10 000 Mk.,
Ph. Hammer 1000 Mk., Roſt u. Fiſcher, Alexanderſtraße 10, 10 000 Mk.,
Erlös v. Kartenverk. Blumengeſch. Müller 2000 Mk., Dr. Schweisgut
2000 Mk., M. Riedeſel Freiherr zu Eiſenbach 10 000 Mk., Reſt. J. W.
Leißler, fr. Mich. Roth,Roßdörfer Str. 71, 1. Rate 11 000 Mk., Enkirch u.
Rühl 5000 Mk., Frl. K. Eichberg, Lehrerin i. R., 1000 Mk., Hans
Weiß=
mann, Schützenſtraße 10, 1000 Mk., Eiſenbaßnoberinſpektor Sand 1000
Mk., Nothenbücher 20 000 Mk., Pfarrer Lautenſchläger 5000 Mk., Adolf
Reichard 2000 Mk., Riedel 1000 Mk., Lehrerkol. d. Anſtalt Aliceſtift 12000
Mk., L. Poſſner 100 Mk., Hch. Schneider, Pfarrwieſenweg 1000 Mk.,
Beamten d. Poſtamts II, Hauptbahnhof. 1. Rate 27 600 Mk., 11
Lehr=
kräfte d. Peſtalozziſchule 11 000 Mk., K. Glock, Lehrerin i. R., 2000 Mk.,
H. Spiegelberg, 500 Mk., Frau Johanna Müller 500 Mk., Heimgard
Müller 200 Mk., Klein, Franz, Buchbinder, 500 Mk., Hellmuth und
Erich Hundsdorf 150 Mk. Eine Ausgewieſene 200 Mk., Geh. Baurat
Baſſe, Traiſa, 3000 Mk., Fa. Gündner=Lang 15 000 Mk., Fa. Gündner=
Lang, Arbeitsperſonal 6000 Mk., Fa. Gündner=Lang, Bureauperſonal
9000 Mk., Herm. u. M. Pertack 1000 Mk., J. u. E. Pfnor 2000 Mk.,
Generalmajor v. Weſternhagen 2500 Mk., J. A., Nieder=Ramſtadt, 1 Rate
3000 Mk., Bäckerei Dröll, Nieder=Ramſtädter Straße 31, 1000 Mk., Louis
Jonas 5000 Mk., Ungenannt 12000 Mk., Deutſcher Offizier=Bund,
Orts=
gruppe Darmſtadt, 1000 Mk., Ungenannt 100 Mk., Guſtav Rebel,
Hügel=
ſtraße 3, 3000 Mk., Beckerſche Hofbuchdruckerei 10 000 Mk., v. B. 50 Mk.,
Landgerichtsrat Hermann Schmidt, Eichberaſtraße 10, 3000 Mk. Ober=
Landesgerichtsrat Lang 10 000 Mk. Max Richter 2000 Mk., Gärtnerei
Per. Walter 1000 Mk. R. 4000 Mk., Lotterie=Einnehmer Kullmann,
Wilhelminenſtraße 9, 1000 Mk., Adele Kullmann 500 Mk., Frau
Amts=
richter Heiſe 500 Mk., Riedlinger, Marianne 500 Mk., N. U. 200 Mk.,
Medizinalrat Dannenberger Wtw. 1000 Mk., Rechnungsrat i. R. F.
Scharmann 1000 Mk., Förſter und Holzhauer von Förſterei Faſanerie
und Oberförſterei Kranichſtein: Förſter Schmidt, Darmſtadt, 1000 Mk.,
Ludwig Barnewald, Arheilgen, 200 Mk., Friedrich Barnewald, Arheilgen,
200 Mk., Friedrich Noll, Darmſtadt, 200 Mk., Peter Zehfuß, Darmſtadt,
300 Mk., Georg Otto Köhler, Darmſtadt, 200 Mk., Joh. Friedrich Nags,
Darmſtadt, 200 Mk., Jakob Weſp, Darmſtadt, 200 Mk., Wilhelm
Schuh=
macher, Darmſtadt, 200 Mk., Karl Ernſt, Darmſtadt, 200 Mk. Philipp
Vetter, Darmſtadt, 200 Mk. Jakob Marloff, Darmſtadt, 200 Mk.,
Wil=
helm Vetter, Darmſtadt, 200 Mk., Angeſtellte und Arbeiter der Fa.
Barfels 11 750 Mk., M. K. 10 000 Mk., B. F. 5000 Mk.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve;, für Feuilleton, „Stadt und Land”
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
Lange — ſämtlich in Darmſtadt.
1. Quittung
O.
11
OOA.
9es0 910.
2OO
SoL Li0.7
490 859.-
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
und Unterhaltungsblatt.
Summa 120s Std..
Liesel Schmidt
Hans Fischer
VERLOBTE
Darmstadt, 27. Januar 1923
Roßdörferste. 12
Soderstr, 56
(*2546
Todes=Anzeige.
Meine geliebte, gute Frau,
unſere treue Tochter,
Schwieger=
tochter, Schweſter, Schwägerin,
Nichte und Tante
geb. Betz
wurde von ihrem langjährigen,
ſchweren Leiden erlöſt,
Darmſladt, Reichelsheim, Brensbach,
27. Januar 1923.
Dr. Ludwig Hoffmann
Tierarzt.
Die Beerdigung findet Montag
nachm. 31 Uhr auf dem
Wald=
friedhof ſtatt. (*2558
Am 26. Januar abends verſchied unſer langjähriger, verdienſtvoller Direktor
Sien.
Hert Philipp
Seit nahezu 30 Jähren gehörte er dem Vorſtand unſerer Genoſſenſchaft an
und hat ſich durch ſeine große Arbeitskraft, ſein reiches Wiſſen und langjährige
Erfahrung unvergängliche Verdienſte um unſere Bank erworben.
Wir verlieren in ihm einen treuen Freund und Berater, der ſeine reichen
Erfahrungen ſtets in den Dienſt unſeres Inſtituts und jedes einzelnen unſerer
Mitglieder geſtellt hat.
Sein freundliches Weſen ſichert ihm bei Allen, die mit ihm gearbeitet haben,
ein ehrendes Andenken, und ſein ſegenreiches Wirken wird mit der Geſchichte der
Volksbank dauernd verbunden bleiben.
Darmſtadt, den 27. Januar 1923.
Der Vorſtand und Aufſichtsrat
der Darmſtädter Volksbank e. G. m. b. H.
815)
Unterfertigter C. C. erfüllt
hier=
mit die traurige Pflicht, ſeine lieben
A. H. und ia. Cb. von dem zu Hagen
erfolgten Ableben ſ. l. A. H.
Suns Bein
rez. 1884
geziemend in Kenntnis zu ſetzen.
Der C. C. der „Haſſia”
J. A.: Guſtad Bloem (X X)Xai
Todes=Anzeige.
Unſere liebe Mutter,
Groß=
mutter, Schwiegermutter und
Schweſter
Frau
Eliſabeth KaiſerWw.
geb. Hildenbrand
wurde von ſchwerem Leiden im
Alter von 85 Jahren durch einen
ſanften Tod erlöſt.
Familie Wilh. Kaiſer.
Darmſtadt, 26. Januar 1923.
Soderſtr. 59,
(817
Die Beerdigung findet Montag
um 2½ Uhr auf dem Friedhof,
Nieder=Gamſtädterſtr., ſtatt.
Statt Karten.
Für die bewieſene
Teil=
nahme an unſerer Trauer
ſagen wir Allen unſeren
innigſten Dank.
Familie Klockow.
816I.
Todes=Anzeige.
Heute vormittag 4 Uhr
ver=
ſchied ſanft im 67. Lebensjahre
meine innigſtgeliebte, gute Mutter,
unſere liebe Schwägerin, Tante
(*2608
und Couſine
Frau Lehrer
Magdalene Kopp Wwe.
geb. Dietz.
Namens dertrauernden Hinterbliebenen:
Adolf Kopp.
Die Beerdigung findet Montag
nachm. 2 Uhr auf dem alten
Fried=
hof, Nieder=Ramſtädterſtr., ſtatt.
Von Be leidsbeſuchen bittet man
Abſtand nehmen zu wollen.
Statt jeder beſonderen Anzeige.
Heute abend 6¾, Uhr nahm Gott meinen
geliebten Gatten, unſeren teuerſten Vater,
Bruder und Schwager
hilipy Stein
Direktor der Volksbank
Verbandsdirektor h. e. der Erwerbs= und
Wirtſchaftsgenoſſenſchaften für Starkenburg
und Oberheſſen
zu ſich in die Ewigkeit.
Darmſtadt, den 26. Januar 1923.
Margarete Stein, geb. Grimm
Gertrud Stein
Reinhard Stein
Friedrich=Auguſt Stein
Johann Ludwig Stein
Paula Grimm, Dijon.
Blumenſpenden dankend verbeten.
Die Beiſetzung findet Montag um 3 Uhr auf dem
Friedhof, Nieder=Ramſtädterſtr., ſtatt. (805
Warenkauf — beſte Kapitalsanlage!
Strebſ. Herr, all. Br. gründen wir
Bezirksverkaufsſt. unf. erſtkl. Artikel.
Hohe Zuſchüfſe! Ernſth. Bew. m. ca.
200 Mille w. ſ. unter K. W. 6145
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Oarmſtädter Tagblatt
Zur Börſenlage.
Wie haben in den letzten Wochen Ereigniſſe von unabſehbater
poli=
tiſcher und wirtſchaftlicher Tragweite erlebt. Unten normalen
Wäh=
rungsverhältniſſen wäre eine wilde Panik an der Börſe die Folge
ge=
weſen, die wahrſcheinlich einen Zuſammenbruch des Kursgebäudes
her=
vorgerufen hätte, da jeder Effektenbeſitzer verſucht hätte, ſeinen
Effekten=
beſitz, mindeſtens ſoweit ſein Wert durch willöürlichen und gewaltſamen
fremden Eingriff in Frage geſtellt worden wäre, zu Geld zu machen.
Wir erleben in den Tagen des unaufhaltſam fortſchreitenden,
katgſtro=
phalen Währungszerfalls gerade das Gegenteil.
Während der Kredit Deutſchlands infolge des unerhörten und
ſcham=
lofen Eingriffs in das Hquptzentrum unſerer Wirtſchaft dem Nullpunkt
zueilt, unſere Währung vollkommen zuſammenbricht, nimmt die Flucht
aus dieſer völlig entwerteten Mauk elementare Formen an und die mit
Hilfe angeſpannt arbeitender Notenpreſſen erzeugten Papiermarkmaſſen
ſuchen an der Börſe „Sachwerte” zur Anlage.
Aus tauſend Händen ſtrömt das „Geld” zur Börſe und je mehr die
Geldentwertung fortſchreitet — zurzeit hat ſie, am Dollerſtand gemeſſen,
ein Siebentauſendſtell 2es Friedensſtandes erreicht — umſo heftiger
werden die Kursſteigerungen, ohne daß vorerſt das Ende dieſer
Ent=
wickelung abzuſehen iſt, insbeſondere ſolange mit der Möglichkeit einer
weiteren Markverſchlechterung gerechnet werden muiß. Auf manchen
Marktgebieten zeigt ſich bereits eine gewiſſe Materialknappheit, da
gegenüber dem Käuferandrang ſich ernſthafte Kapitaliſten von ihrem
Beſitz nicht trennen wollen.
In den erſten Tagen der Ruhrbeſetzung beſtand naturgemäß gegen=
1beu weſtlichen Montanwerten große Zurückhaltung, zum Teil wurden
auch größere Poſten abgeſtoßen und gegen öſtliche Montan= und
mittel=
deutſche Braunkohlenwerte getauſcht, i den letzten Tagen wurden aber
wieder in weſtlichen Montanwerten ſtarke Käufe vorgenommen, die man
zum Teil als ausländiſche Käufe, hervorgerufen aus dem Beſtreben,
die nunmehr erſt in ihrem wahren Wert erkannten Unternehmungen auf
dieſem Wege in die Hand zu bekommen, zum Teil als inländiſche
Siche=
rungskäufe anſprechen muß.
In der Spekulationswut, die weiteſte Bevölkerungsſchichten erfaßt
hat, ſind zwei Strömungen bemertbar: die eine geht von den großen
Publikumskreiſen aus, die wahllos und ohne zu prüfen die Papiere
er=
werben, deren Kurs gegenüber anderen Werten rein ziffernmäßig als
„zurückgeblieben” bezeichnet wird. Dabei wendet ſich ein großer Kreis
von Erwerbern neuerdings auch den feſtverzinslichen Papieren zu, mit
dem Erfolg, daß beſonders alte bundesſtaatliche Anleihen, Pfandbriefe
und Obligationen um Hunderte von Prozent geſteigert wurden. Vor
die=
ſem Treiben kann nicht oft genug gewarnt werden, zudem die
Reichs=
vegierung durch die vorige Woche erfolgte Veröffentlichung es ablehnt
und weiter ablehnen muß,, eine Aufwertung der geſchuldeten Beträge,
ſowhl des Kapitals als auch der Zinſen in Ausſicht zu ſtellen.
Die andere Strömung trifft ihre Auswahl nach ſachlicher Prüfung
der Eigenart der einzelnen Unternehmungen, nach ihrer geographiſchen
Lage, dem mehr oder weniger noch vorhandenen „Goldwert”, oder ſie
wählen ſolche Werte, die Rohſtoffe verarbeiten, über die ſie unabhängig
vom Import verfügen.
Schließlich und endlich macht ſich ſehr fühlbar wieder die
Noten=
hamſterei bemerkbar, die in den letzten Tagen den Preis für
amerika=
niſche Noten über Deviſe um zirka 1000 Mark pro Dollar gehoben hat.
Fraglos iſt zurzeit mehr wie je das hochgetürmte Kursgebäude innig
verbunden mit der valutariſchen Entwichelung, Man muß alſo auf
Rück=
ſchläge bei den geringſten Anzeichen einer Markbeſſerung gefaßt ſein.
Andererſeits iſt fraglos eine Anpaſſung des Kursniveaus unſerer
erſt=
klaſſigen ſchweren Werte an die fortgeſchrittene Markentwertung noch
keineswegs erfolgt. In dieſer Situation muß aber nachdrücklich
ge=
warnt weiden, ſich zu ſehr in wenig oder gar nicht zu beurteilenden
Freiverkehrswerten zu engagieren, die ſehr oft noch gar nicht auf ihre
Lebensfähigkeit erprobt, von Käuferſchichten, die für gute Werte nicht
kapitalträftig genug ſind, wahllos erworben weuden.
Der amerikaniſche Farmer
und ſeine außenpolitiſche Bedeutung.
(F.P.S.) Auf den amerikaniſchen Farmer, der ſeit einiger Zeit
ent=
deckt hat, daß der Abſatz ſeiner Erzeugniſſe nach den europäiſchen Staaten
und daher auch eine endliche Regelung der politiſchen Probleme der
Nach=
kriegszeit für ihn eine Lebensfrage bedeutet, iſt zum weſentlichen Teile
die veränderte amerikaniſche Einſtellung zu den weltpolitiſchen Fragen
zurückzuführen, wie ſie bei Gelegenheit von Borahs Verlangen nach
Ein=
berufung er Wirtſchaftskonferenz und der dadurch ausgelöſten
Dis=
kuſſionen im Senat ſich manifeſtiert hat. In innerpolitiſcher Beziehung
hat dieſer Frontwechſel der bisher entſchiedenſten Vertreter der
Iſolie=
rungspolitik ihnen ein gut Teil neuer Feindſchaft eingetragen, nachdem
der Farmerblock, der hauptſächlich aus Vertretern des agrariſchen Weſtens
beſteht, ſich bereits durch ſeine Ablehnung der Schiffahrtsſubſidien=Bill
und durch die Gegenforderung nach einer Art Farmſubſidien=Bill
unlieb=
ſam bemerkbar gemacht hatte. Er tritt hiermit nicht nur geheiligten und
approbierten „Sonderintereſſen” entgegen, ſondern beginnt auch, ohne
daß er ſich jemals derlei hätte träumen laſſen, unter der Leitung
weit=
ſichtiger und deswegen als „radikal”, verſchrieener Führer eine
hoch=
politiſche Rolle zu ſpielen als derjenige Faktor, der einmal — früher oder
ſpäter — eine definitive und aktive Außenpolitik der Vereinigten Staaten
auch gegen die Neigung der jetzigen Regierung veranlaſſen oder
erzwin=
gen dürfte; ſo kann und wird es kommen, daß die amerikaniſchen
Far=
nier, die eine in ihrem Weſen und ihrer Tendenz von denen in allen
an=
deren Ländern recht verſchiedene Agrarpartei bilden und ihrerſeits lange
Zeit einer Vereinzelung im Innern der Union zum Opfer gefallen ſind,
als politiſch ausſchlaggebende Wirtſchaftsgruppe die bis dahin
beſtim=
mende Hochfinanz auf einige Zeit wenigſtens ablöſen werden.
Gegen den Farmblock, der im nächſten Kongreß ſich noch weit ſtärker
dertreten weiß als im letzten, nun ſeinem Ende entgegenſehenden, haben
Angriffe aller Art naturgemäß längſt eingeſetzt und der populärſte
Vor=
wurf, der gegen ihm erhoben wird, iſt der einer ſtark einſeitigen
Begün=
ſtigung der Landwirtſchaft im amerikaniſchen Staatshaushalt. Und in
der Tat handelt es ſich hier um nicht geringe Poſten; ſo fordert etwa der
Farmblock die Bereitſtellung von Krediten für die Landwirtſchaft in Höhe
von zwiſchen 100 und 500 Mill. Doll.; ferner 350 Mill „Doll. für die
Durchführung don Entwäſſerungsplänen. Das Ackerbaudepartement
hatte im verfloſſenen Jahre einen Etat in Höhe von 36 404 259 Doll.
Auch die alljährlich für Straßenbauten von der Regierung verausgabten
40 Mill. Doll, kommen nach Meinung der Kritiker in erſter Linie der
Landwirtſchaft zugute. Von den den landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften
ſeit mehreren Jahren gewährten ſtaatlichen Kredit in Höhe von 470 Mill.
Doll. ſeien erſt 110 Mill. Doll. der Regierung zurückbezahlt worden.
Da=
zu kommen Darlehen der Bundes=Landbanken an die Farmer in einer
durchſchnittlichen Höhe von monatlich 18 Mill. Doll. Daß bei alledem
nur auf je 135 Einkommenſteuerpflichtige ein Farmer kommt, der
Ein=
kommenſteuer zahlt, daß die Farmer don dem Landwirtſchaftsſekretär
ſelbſt ſich ſagen laſſen müſſen, ſie produzieren zu viel und verderben ſich
dadurch ſelbſt die Preiſe, das wirft ein bezeichnendes Licht auf die
para=
doge, ja verzweifelte Lage der amerikaniſchen Landwirtſchaft, deren
Ernten im letzten Jahr wohl einen Wert von nahezu 2 Milliarden Doll.
erreichten, was aber auf die Preife von 1913 umgerechnet einer
Minder=
bezahlung um 30 Prozent entſpricht. Wenn auch gegenüber 1921 der
Ernteertrag von 1922 dem amerikaniſchen Farmer eine Steigerung ſeiner
Kaufkraft um 2 Prozent garantiert, ſo bleibt doch ſeine Notlage ſo
ſchlimm, daß ſeine Wortführer ſich gezwungen ſehen, von ſich aus eine
Weltpolitik Amerikas zu betreiben.
* Eine neue Mineralölgeſellſchaft in Mainz. Die
Behag, Benzin und Erdölhandelsgeſellſchaft A.G., Berlin=
Charlotten=
burg (Richard Calm=Konzern), hat gemeinſam mit der bisherigen Firma
Ludwig Reh G. m. b. H. in Mainz, die ſich jetzt alſo ſolche auflöſt, eine
neue Mineralölgeſellſchaft in Mainz unter der Firma Behag,
Mineral=
vertrieb Ludwig Reh A.G. gegründet. Das Aktienkapital beträgt 20
Millionen Mark. Die neue Geſellſchaft ſoll hauptſächlich das
rheinlän=
diſche Geſchäft der Behag A. G. betreiben.
h. Rheiniſche Papierinduſtrie A.=G. in Worms. Mit
einem Kapital von 20 Mill. Mk. wurde obige Firma in Worms
gegrün=
det, die die Herſtellung und den Vertrieb von Kartonnagen, Papierwaren
und D=uckerei=Erzeugniſſen aller Art, ferner den Vertrieb von Papier
und Pgppen aller Art zum Zwecke har. Das Grundkapital iſt eingeteilt
in 1800 auf den Inhaber lautender Stammaktien von je 10 000 Mk. und
in 9000 Namensvorzugsak ioen 4 2000 Mk. Die Aktien werden zum
Nennwert ausgegeben.
* Stillegung der Hochöfen im lothringiſchen
In=
duſtriegebiet. Wie aus lothringiſchen Induſtriekreiſen mitgeteilt
wird hat die Firma de Wendel, deren Chef, Guy de Wendel, einer der
franzöſi en Großinduſtriellen war, die am ſchärfſten und hautnäckigſten
die Beſetzung des Ruhrgebiets forderten, größtenteils ihre Hochöfen
wegen Mangels an Ruhrkoks ausblaſen müſſen; weitere werden in den
niichſten Tagen folgen müſſen. Aehnlich ſieht es im übrigen
lothringi=
ſchen Induſtriegebiet aus. In weiteren acht Tagen werden Nur noch
wenige Hochöfen in Betrieb ſein, die noch mit franzöſiſchem,
tſchecho=
ſlowakiſchem oder engliſchem Koks geheizt wverden können. Die
Ver=
hältniſſe im Becken Brieh und Longwy und in Nordfrankreich ſind
wegen Mangels an deutſchem Ruhrkoks die gleichen wie in
Loth=
ringen.
Rhein=Mainſchiffahrt. Bei Oſtwind iſt die Witterung
noch heiter und trocken, ſodaß weiteres Fallen des Waſſers in Ausſicht iſt.
An dem Mainzer Brückenpegel iſt das Waſſer bereits etwa auf 1 Meter
zurückgegangen, ſodaß das Beladen der größeren Schiffe immer mehr
ein=
geſchränkt ſverden muß. Leichterungen ſind bis jetzt noch nicht
erforder=
lich geweſen, jedoch dürfen bei dem ſtets zurückgehenden Waſſerſtande
mehrere von den Franzoſen beſchlagnahmten Kähne, deren Perſonal zum
größten Teil nicht vollſtändig iſt und deren Abfahrt von deutſcher Seite
aus behindert wird, zum Feſtliegen kommen. Der Hafenverkehr in Mainz
und Guſtavsburg iſt noch ein ſehr ruhiger, umſomehr als der Streik bei
den Firmen Harpen, Haniel und Stinnes noch nicht beendet iſt. Mehrere
nach dem unbeſetzten Gebiet beſtimmten Kähne werden in Guſtavsburg
entlöſcht, und iſt die Wagengeſtellung ausreichend. Ein großer Teil der
hieſigen Main= und Bugſierboote ſtreiken auch, jedoch iſt damit zu rechnen,
daß die Fahrten morgen wieder aufgenommen werden. Leere Kähne
bietet man in allen Größen reichlich an, und haben die Schiffsfrachten
und Kahnmieten eine Aenderung nicht erfahren. Für Steine ab hier
nach dem Mittelrhein zahlte man 1000 Mk. pro Tonne bei einer halben
Lade= und einer halben Löſchzeit, während man die Kahnmiete noch mit
25 Mk. pro Eichtonne und Tag notierte. Im allgemeinen iſt die
Nach=
frage nach Partikulierraum ſehr gering, weil die Transportunternehmer
meiſt eigenen Kahnraum zur Verfügung haben. Der Schiffsverkehr nach
Holland und Belgien iſt ſehr gering. Der Floßverkehr ruht. Auch die
Schleppſchiffahrt auf dem Rhein ruht faſt gänzlich. Es verkehren tal=
und bergwärts nur ganz vereinzelte Boote. Die Talſchlepplöhne notiert
man noch mit 2900 Prozent über dem Normaltarif. In der Hauptſache
handelt es ſich um Schlepper unter holländiſcher oder Schweizer Flagge,
welche am Fahren ſind, da auch das deutſche Perſonal die Fahrzeuge der
franzöſiſchen Geſellſchaften ſtillgelegt haben. Das Perſonal der
beſchlag=
nahmten Fahrzeuge wird von den franzöſiſchen Poſten ſtreng bewacht.
* Verſicherung gegen Aufruhrſchäden. Die mit einem
Kapital von 100 Millionen Mark unter Führung des Banbhauſes
La=
band, Stiehl u. Co. gegründete Heracles Verſicherungs=A.G. wird ſich,
wie wir erfahren, in der Hauptſache mit der Verſicherung gegen
Auf=
ruhrſchäden befaſſen, daneben aber auch alle anderen Zweige des
Ver=
ſicherungsgeſchäftes betreiben. Die Firma arbeitet in Ankehnung an
einen großen Verſicheſungskonzern, der aber im Aufſichtsrat nicht
ver=
tveten iſt und vorläufig nicht in die Erſcheinung tritt. Die Arbeit iſt
bereits Anfang dieſes Monats aufgenommen worden. Es ſind ſchon
zahlreiche Verträge, insbeſondere mit Firmen aus dem induſtriellen
Intereſſenkreis der beteiligten Bank, abgeſchloſſen worden.
w. Taunus Schuhmaſchinenfabrik A.=G., Oberurſel
a. Taunus. In der kürzlich ſtattgefundenen a. o. G.=V. der Taunus
Schuhmaſchinenfabrik A.=G. in Oberurſel a. Taunus wurde die Erhöhung
des Stammkapitals von 5 Mill. auf 15 Mill. beſchloſſen. Die neu
ge=
ſchaffenen 10 Mill. Mk. werden von der Bankfirma Heidingsfelder u. Co.
mit der Verpflichtung übernommen, davon 5 Mill. Mk. den alten
Aktio=
nären im Verhältnis von 1:1 zum Kurſe von 220 Prozent zum Bezuge
anzubieten, während die weiteren 5 Mill. Mk. freihändig unter
erheb=
licher Beteiligung der Geſellſchaft an Gewinn verkauft werden ſollen.
Ferner wurden 2 Mill. Mk. Vorzugsaktien geſchaffen, die bei der
Ver=
waltung verbleiben und mit 7proz, kumulativer Dividende ausgeſtattet
ſind. In der G.=V. wurde mitgeteilt, daß die Geſellſchaft im
abgelau=
fenen Jahre ſehr günſtig gearbeitet habe und auch jetzt mit Aufträgen
gut verſehen ſei. Es ſei beabſichtigt, ſobald die Bilanz des vorigen
Jah=
res durch die o. G.=V. genehmigt iſt, die Aktien zur amtlichen Notiz zu
bringen. In den Aufſichtsrat wurde an Stelle eines ausgeſchiedenen
Mit=
gliedes Herr Regierungsrat a. D. Dr. Fritz Zeime, Rechtsanwalt zu
Frankfurt a. M., zugewählt.
* Die Schokoladenfirma Peter Caillen u. Kohler
Schokoladenfabrik Suis A.G. in Zürich wird infolge der
ſchlechten Geſchäftslage für das Jahr 1922 keine Dividende verteilen
können, nachdem im Vorjahre noch 10 Prozent ausgeſchüttet wurden.
ng. Kopenhagener Börſe vom 15. bis 20. Januar 1923. Die
weichende Tendenz der däniſchen Krone, die ſchon Mitte Dezember ſich
langſam einleitete und die in der Vorwoche ſchärfere Formen annahm,
hat in der Berichtswoche zu einem Kurs für die däniſche Krone
gegen=
über dem Dollar geführt, der niedriger war als zu ivgendeiner Zeit des
vesfloſſenen Jahres. Allein in der letzten Woche iſt der Dollar um
3,2 Prozent, das Pfund um 2,9 Prozent geſtiegen. Für einen Dollar
wurden am vergangenen Samstag 5,20 Kronen bezahlt (bei einer
Pari=
tät von 3,73). Alle anderen Valuten ſchloſſen ſich hier dieſer
Aufwärts=
bewegung an, nur der belgiſche und franzöſiſche Frank und die deutſche
Mark ſanken ſogar gegenüber der däniſchen Krone. Für 1000 Mark
wurden am Samstag 31 Oere bezahlt, was einem Kurs von 2857 Mark
für eine Krone entſpricht bei einer gleichzeitigen Berliner Notierung
von 3470, alſo eine Höherbewertung von etwa 20 Prozent.
Börſenbericht für die Zeit vom 22. bis 27. Januar 1923,
mitgeteilt von der Deutſchen Bank. Filiale Darmſtadt.
Die Ruhraktion der Franzoſen iſt vorerſt zu einem gewiſſen
Still=
ſtand gelangt und die allgemeine Situation hat in den letzten Tagen keine
grundſätzliche Aenderung erfahren. Demgemäß geſtaltete ſich auch die
internationale Bewertung der deutſchen Mark in der abgelaufenen Woche
verhältnismäßig ſtabil und die Kursſchwankungen am Markte der
aus=
ländiſchen Zahlungsmittel waren nicht ſehr bedeutend, die Umſätze meiſt
nur gering. Auch an den Effektenmärkten erfuhr das Geſchäft am
An=
fang der Woche eine gewiſſe Einſchränkung, doch blieb die Tendenz hier
ausgeſprochen feſt und die Kursſteigerungen ſetzten ſich zum Teil in
größtem Maße weiter fort, da das Kursniveau der meiſten Wertpapiere
den in der Vorwoche ſtark erhöhten Deviſenkurſen noch nicht angenähert
erſcheint. Beſonders an der Freitagsbörſe, an der ſich auch die
Umſatz=
tätigkeit wieder ſehr belebte, kam es auf allen Gebieten zu weiteren
be=
deutenden Preisſteigerungen. Das Intereſſe der Börſe wandte ſich dabei
in erſter Linie den weſtlichen Montanwerten zu. Die auffallend ſtarke
Nachfrage, die auf dieſem Gebiet herrſchte, legte die Vermutung nahe,
daß hier für ausländiſche und ſpeziell für franzöſiſche Rechnung
In=
tereſſenkäufe getätigt wurden, was auch die inländiſche Spekulation zu
lebhaften Käufen veranlaßte. Mannesmann, Deutſch=Luxemburger,
Phö=
nix, Rheinmetall und Bochumer erfuhren auf dieſe Weiſe wiederum eine
erhebliche Höherbewertung und das Intereſſe übertrug ſich auch auf die
meiſten übrigen Montanwerte. Sehr feſt war auch die Haltung des
Chemie=Aktienmauktes, an dem beſonders die Werte des Anilinkonzerns
ſtarke Kursſteigerungen davontrugen. Der Kaſſamaukt dagegen bot ein
etwas uneinheitlicheres Bild, hier wurden beſonders an der
Montags=
börſe teilweiſe Realiſationen vorgenommen, doch überwogen auch hier
die Kurserhöhungen bei ſveitem. Am Markte der deutſchen Anleihen
hielt die ſchon ſeit einiger Zeit, bemerkbare ſtarke Nachfrage weiter an.
Beſonders begehrt waren wieder Schutzgebiets= und Spar=
Prämienan=
leihe und daneben neuerdings auch die fünfprozentige Kriegsanleihe.
w. Teviſenm irkt. Frankfurt a. M., 27. Januar.
Antwerpen=Brüſſel ........=
Holland ...."
.....
London ...... . ........ .....
Paris.. . . . ... . .. .. . . ... ....
Schweiz... .. . . . . . .. .. ......
Spanien .......... ... ......"
Italien .. . .. .. ..... ... ....."
Liſſabon=Oporto. . . . . . . . . . . . ."
Dänemark
Norwegen.
.
Schweden
.
Helſingfors
..
New=York
..........."
Deutſch=Oſterreich (abg.). .. . . ."
Budapeſt.. . . . . .. . .........."
Prag ...............
=Agram .
M e
Geld
1361.60
9276.75
109226 25
1488.75
4314.20
3663.30
1101.25
1513,70
4279.25
6147.10
563.60
23191.—
32.29
8.88 3
637.
193.50
1368.40
9323.25
109773.75
1496.25
4335.80
3681.70
1106.75
4336.30
4310. 75
6177.90
560.40
23308.75
32.45 1ſ.
8.921
641
V Je
Geld
Bri
1546.10
10723.10
125085. —
1720.70
5062.30
4264.30
1296.75
5286. 75
5037 35
7281,75
658.35
27231.75
37.41-
9.87 U
785
237.40
1535.90
10776.90
126315.—
1729.30
5087.70
4285.70
1303.25
5313.25
5062.65
7318.25
661 65
27368.35
37.50 —
9.92 1
789.
238.60
28. Jan. 1923 Nr. 27
w. Frankfurter Börſe. Unter dem Eindruck der Nachrichten
über die Verhängung des Ausnahmezuſtandes im rechtsrheiniſchen
Bayern, der geſtrigen Ausführungen des Reichsfinanzminiſters im Reichs.
tag über die finanzielle Lage Deutſchlands, und der weiteren
Zuſpitzun=
im Okkupationsgebiet brachte in ausländiſchen Zahlungsmitteln eine er
neute Aufwärtsbewegung. Der Dollar begann mit 25 500 und bewegte
ſich im Verlauf auf 26 000—27 300. Auf dem Effektenmarkt blieben die
politiſchen Nachrichten ohne Einfluß. Im freien Verkehr herrſchte feſte
Stimmung, beſonders waren Werte mit Valutacharakter überwiegeni
feſt. Im Handel von Bureau zu Bureau machte ſich für Induſtrieaktier,
im Zuſammenhang mit der feſten Haltung der Deviſen größere Nachfrag
bemerkbar. Gefragt waren beſonders Spezialpapiere. Bingwerke nannt
man 13000 Geld, Löhnberger Hütte zirka 30 000, Feinmechanik Jette
zirka 55 000, Sinalco hörte man mit zirka 50 000. Höher ferner: Bleiſtif
Faber, Adler und Oppenheimer, Gebrüder Fahr, Gebrüder Junghans
Haid und Neu, Rückforth. Chemiſche Aktien fanden weitere Beachtung
Bad. Anilin, Höchſter, Th. Goldſchmidt, Rütgerswerke wurden über di
geſtrigen Schlußkurſe genannt. Begehrt waren ferner Phönix, Gelſen
kirchen, Hirſch=Kupfer. Auch einige unnotierte Werte wurden zu feſter
Kurſen gehandelt. Für Mansfelder wurde ein Kurs von 35 000—3700
genannt, Benz wurden mit etwa 15 000 gehandelt. Weſentlich erhöht
Preiſe wurden ferner genannt für Deutſche Petroleum, Brown Bover=
Kreichgauer Maſchinenfabrik, Hanſa=Bank und Inag. Die Umſätze blie
ben im allgemeinen beſcheiden. Dollar gegen 1½ Uhr zirka 27 600 bi
27 750.
w. Deviſenmarkt. Berlin 27. Januar Telegr. Auszahlungen für;
Bſe Mee
Geld Amſterdam=Rotterdam .. ... 9177— Mi Mic.3 10676,68 Brüſſel=Antwerpen .........." 1346.62 1353.38 1521.18 1528,82 Chriſtiania . . . . . . . . . . .. ... ... 4389.— 4411.— 5137.12 5162 88 Kopenhagen ................" 4588 50 4611.50 5236.87 5263.18 Stockholm .. . . . . . . . . . . . . .. .." 6184.50 621).50 7122.15 7157,85 Helſingfors
... 563.58 566.42 668 32 671.6 Italien..
D 1107 22 1112.78 126 1.88 1268 17 London ..
- 108228.75 108771.25 124188, 75 124811.25 New=York
... 23191.87 23308. 13 2693250 27087.50 Paris..
... 1480.27 1493.73 1705.72 17142 Schweiz..
. 4314.18 4335.82 4987.50 5012.50 Spanien .. . . . . .. .. .. . ......" 3615.93 3634.07 4164.56 4185.44 Wien (in Deutſch=Oſterr. abg.). 30 17 39.33 36.15 36.35 Prag ..." 643.38 646.62 763.08 766.92 Budapeſt..
8.27— 8.33 — 10.22 10.82 Buenos=Aires.. . .
„ 8578.50 8621.50 9925.12 9974.88 Bulgarien ..
...
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w. Berliner Deviſenbericht. Bei recht nervöſer Stim
mung nahm die verhängnisvolle Steigerung der Deviſenpreiſe auch heute
ihren Fortgang. Gegenüber der verhältnismäßig ſtarken Nachfrage be
ſtand aber nur wenig Verkaufsneigung, ſodaß für die wichtigſten Import
deviſen der Begehr nur teilweiſe befriedigt werden konnte. In Rück
wirkung hiervon lagen die im Effektenfreiverkehr für die führenden Berg
werks=, Schiffahrts=, Elektrizitäts= und anderen Induſtrieaktien genann
ten Kurſen weſentlich über den geſtrigen. Verkaufsneigung beſtand
abe=
nirgends.
w. Berliner Produktenbericht. In Rückwirkung der an
haltenden Steigerung der Deviſenpreiſe gingen auch die Getreidepreiſ
auf der ganzen Linie beträchtlich in die Höhe, zumal das Angebot von
Inlande heute faſt ganz aufgehört hat. Das Geſchäft war unregelmäßie
und gering, weil die Käufer bei den ſehr hohen Forderungen vorſichtig
blieben. Außer den ſtark erhöhten Preiſen für Brotgetreide und die an
deren Getreideſorten wurden auch alle anderen Artikel weſentlich
höhe=
bezahlt.
Mannheimer Wochenberichte.
Die Geſchloſſenheit und Entſchloſſenheit des deutſchen Volkes, der all
ſeitig ernſte Wille, der Machtpolitik Frankreichs gegenüber Deutſchlanf
ein= für allemal Halt zu gebieten, hat nicht nur in Deutſchland ſelbſt
ſondern auch im Ausland einiges Vertrauen für die Zukunft Deutſchland
hervorgerufen und dem ſtändigen Abgleiten der Mark ein Halt geboten,
Nach ſeinem letzten großen Sturz pendelte der Dollar immer um die
20 000 herum, und auch die Produkten= und Warenpreiſe, die ſchnell dem
Döllar gefolgt waren, hielten ſich auf der nun angekommenen Höhe
Man rechnet auch in Wirtſchaftskreiſen mit einer großen Stockung un
einer neuerlichen Zollinie am Rhein, aber man hofft auch über dieſſ
Berge zu kommen, aber dann endlich einmal freie Bahn zu haben.
Getreide. Die allgemein herrſchende Unluſt zum Eingehen neue=
Verpflichtungen bezüglich der Lieferung wie der Abnahme von Waret
ließ die Börſenwoche recht ruhig vorübergehen und es kamen nur ſehr
wenig Geſchäftsabſchlüſſe, hauptſächlich für die Reichsgetreideſtelle,
zu=
ſtande, zumal es auch an angebotener Ware fehlte. Die Stimmung war
zwar ſehr feſt, doch hatte das Hinauftreiben der Preiſe ein Ziel gefunden.
Die Preiſe bewegten ſich für deutſchen Weizen zwiſchen 85 000 und 8600
(in der Vorwoche 80000 bis 88000) Mk., für deutſchen Roggen zwiſchen
71 000 und 73 000 (70 000) Mk., für Braugerſte zwiſchen 63000 und 6700
(55—60 000) Mk., für inländiſchen Hafer zwiſchen 40 000 und 50 000 (
un=
verändert) Mk., und Mais war wieder einmal zu 88000—90 000 Mk. als
reine Valutaware angeboten und hat damit alle deutſchen
Getreidepro=
dukten im Preiſe übertroffen. Hieraus und aus den Angeboten
aus=
ländiſchen Getreides kann man erſehen, daß die inländiſchen
Getreide=
preiſe unter Weltmarktſtand ſtehen und bei der Not des deutſchen Volkes
auch unbedingt notwendig iſt.
Mehl. Das Weizenmehl Spezial=Null hat ſich um weitere 10000
Mark pro Doppelzentner auf 138 000—140 000 Mk. verteuert und wurde
auch etwas gehandelt, die zweite Hand war Abgeber zu 115 000—120000
Mk., Roggenmehl koſtete 90 000—100 000 Mk. die 100 Kilo, alles ab
ſüd=
deutſche Mühlenſtation.
Futtermittel, ſtanden unter der allgemein feſten Tendenz und
hatten von der Preisſteigerung etwas nachgeholt, um die ſie in der
Vor=
woche gegen die Rohprodukte zurückgeblieben ſind. So ſtiegen
Weizen=
kleie von 82 000—30 000 auf 35 000 Mk., Weizenfuttermehl von 35 000 Mk.
auf 40 000 Mk. die 100 Kilo ab ſüddeutſche Mühle, während die Preiſe
für Biertreber und Malzkeime mit 22 000—25 000 Mk. ab bayeriſche
Ver=
ſandſtationen unverändert blieben. Rauhfuttermittel holten ihren
Rück=
ſtand natürlich auch nachträglich auf und ſteigerte ſich loſes Wieſenheu von
24 000—26 000 auf 30 000—31 000 Mk., Luzernekleeheu von 27 000—29000
auf 34 000 Mk., Preßſtroh von 18 000—20 000 auf 27 000—29 000 Mk. und
Bundſtroh von 18 000—19 000 auf 24 000—25 000 Mk. pro Doppelzentner
waggonfrei Mannheim.
Hülſenfrüchte und Kolonialwaren. Die Tendenz war
für beide Gebiete ſehr feſt, der Umſatz aber auch hier äußerſt klein. Von
Hülſenfrüchten hörte man keine Angebote, in Kolonialwaren dagegen
wur=
den offeriert: Kaffee, Santos Superior, roh, bei 2405 Mk. Zollſatz zu
13 460—13 900 Mk., gewaſchener zu 15740—15 840 Mk., inländiſches
Kakao=
pulver zu 3200 Mk., ausländiſches zu 3600 Mk., Burmah=Reis II zu 1450
Mk. pro Kilo ab Mannheim.
Wein. Durch die neuerliche ſtarke Markentwertung haben die
Weinpreiſe eine exorbitante Höhe erreicht, und die Winzer halten mehr
denn je mit der Abgabe zurück. Die Käufer aus dem unbeſetzten Gebier
haben jetzt viel Arbeit, um ihte Weine aus den beſetzten Weingebietenl
zu bringen, bevor die angedrohte Zollinie errichtet iſt.
Holz. Die Steigerungen in Holz finden anſcheinend überhaupl
keine Grenze mehr. Bei einer Verſteigerung von Nutz= und Brennholz
aus dem Mutterſtädter Gemeindewald wurden für Kiefernſcheitholz
35 000—42000 Mk. po Ster, für 100 Wellen 40 000 Mk. und megt
bezahlt.
Tabak. Der ſtürmiſche Einkauf in 1922er Tabaken hat ſich ſchnell
gelegt, nachdem die Pflanzer ihre Forderungen um tauſende von Mark
pro Zentner erhöht haben. Zu Anfang der Woche fanden noch verſchie”
dene Verwiegungen ſtatt, aber die Pflanzer gaben die Tabake nicht mehr
zu den abgeſchloſſenen Preiſen von 25 000—35 000 Mk. ab, ſondern ſie
verlangten ſchon zirka 10 000 Mk. pro Zentner mehr und ſo mußten bis
zu 50 000 Mk. pro Zentner bewilligt werden. Ein großer Teil der
Pflan=
zeu gibt überhaupt nichts mehr ab und fermentiert ſeine Tabake ſelbſt
nit der Spekulation, im Frühjahr für den fermentierten Taak noch mehr
Geld zu erhalten. Alte Tabake waren ſehr geſucht und wurden auch
einige Poſten 1921er Tabake zu ſteigenden Preiſen umgeſetzt. Auch fül
Rippen iſt die Tendenz ſehr feſt und die Preiſe ſind höher.
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Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 28. Januar 1923.
Das helle Licht.
Roman von Friedrich Kipp.
(Nachdruck verboten).
„Wird ſich ſchon finden”, lachte der Gendarm und ſtreifte ihm
ehutſam die Handſchellen über. „Wo haſt du denn deinen
ſau=
eren Kumpan, den Scheelhans?”
„Was weiß ich”, knurrte der Wilderer. „Wenn ihr zu ihm
vollt, ſo ſeht zu, daß ihr ihn findet.”
Weiter war nichts aus ihm herauszubringen und in dem
ferſteck war auch keine Spur von dem Geſuchten zu finden.
„Dann alſo vorwärts, mein Burſche!” befahl der Gendarm.
Haſt übrigens ſchlecht geſchoſſen, denn der Zeuge deiner Untaten
nicht tot, wie du dir denkſt. Haha! Das haſt du dir wohl nicht
edacht?”
Da verlor Jobes die Farbe und wurde ſtill in ſich gekehrt.
r dachte nach. Wo mochte Scheelhans ſtecken? Wenn der nur
icht Verrat geübt hatte! Wie wäre es denn ſonſt möglich
ge=
ſeſen, daß man ſo raſch die Höhle fand? Reſigniert ergab er
ch nun in ſein Schickſal und folgte dem Beamten in die Stadt.
Als Wallenhorſt einige Zeit darauf wieder im Zigeunerlager
nlangte, war Enders bereits in Begleitung des Doktors zum
örſterhauſe transportiert. Er hatte alſo nichts mehr hier zu
ichen, und darum machte er ſich auf den Heimweg.
Er war froh, daß für heute ſoweit alles in Ordnung war.
je weiten Märſche, die Anſtrengungen und die ſeeliſchen
Erre=
ungen hatte er bis jetzt ertragen, ohne dabei zu erſchlaffen,
ufregung und Willenskraft hatten ſeine Nerven angeſda int, doch
tzt kam die Reaktion. Ein dumpfes Müdigkeitsgefühl beſchwerte
ine Glieder und langſam ſchritt er darum den engen Saumweg
itlang, der über das Gebirge führte.
Als er um eine Wegkrümmung bog, von der aus man im
ager der Zigeuner nicht mehr zu ſehen war, ſtieß er auf Maya.
Sie ſaß am Wegrande und ſchien auf ihn gewartet zu haben.
Eine dunkle Flamme ſchlug ihr ins Geſicht, als ſie ſich erhob.
„Gehen Sie doch nicht mehr ſo weit in den Wald”, bat ſie
mit bewegter Stimme. „Der Scheelhans läuft noch frei umher,
und es könnte Ihnen ſo gehen wie dem Forſtgehilfen.”
Wallenhorſt lächelte.
„Ich werde vorſichtig ſein, Kind”, ſagte er und ließ ſeinen
Blick wohlgefällig auf der ſchlanken Geſtalt der Zigennerin ruhen.
Sie hatte ihr Haar geordnet und ihre Blöße bedeckt; nur an ihrem
hübſchen Geſichtchen und an den Armen ſah man noch die Spuren
der Dornen. „Ich danke dir, Maya, für deine Sorge um mich”
fuhr Wallenhorſt fort. Dann reichte er ihr die Hand und ſah ihr
ins Geſicht. Ihre braunen Augen glänzten feucht. „Ich werde
dich nicht vergeſſen, Maya, und wenn es dir einmal nicht mehr
bei deinen Leuten gefallen ſollte und ich etwas für dich tun kann,
dann komme auf mein Gut in Weſtfalen. Dann will ich dir
hel=
fen, daß etwas Vernünftiges aus dir wird. Und nun lebe wohl.”
„Leben Sie wohl Herr” erſviderte Maya tonlos und wandte
ſich ab.
Als ſie allein war, legte ſie ſich ins Farnkraut, wo ſie von
niemand geſehen wurde, und weinte.
„Ich werde kommen” ſchluchzte ſie in ſich hinein. „Ich bin
dies troſtloſe Leben ſatt, und er iſt ſo gut, er wird mir helfen
Doch daß ich ihn liebe, darf er nie wiſſen.”
Sechſtes Kapitel.
„Nicht möglich! Wegen ein paar Rollen Leinwand fängt
deine Tochter Streit an, Meiners?”
„Wie ich dir ſage, Krugwirtin! Wäſche und Leinenzeug ſeien
nicht mehr mein Eigentum, ſeitdem meine Frau die Augen
zu=
gemacht habe. Jetzt ſei ſie, Thereſe, Herrin über dieſe Sachen.
Als ob ich nicht ſeinerzeit faſt das ganze Leinenzeug gekauft hätte!
Ja, ja, ich habe es faſt allein angeſchafft. Wenn ich mir da
ein=
mial etwas von dem eigenen Vorrat nehmen will, um dir es zu
ſchenken, werde ich doch wohl nicht erſt zu fragen brauchen? Und
wenn auch meine Frau tauſendmal beſtimmt hat, daß die Thereſe
die Sachen haben ſoll, bis jetzt bin ich doch noch der Herr im
Hauſe! Bar zahlen ſoll ich jetzt die Rollen! Und der Martin
Holzer wie immer — iſt gleich auf Thereſes Seite.”
Ja freilich, dafür iſt er auch ihr Verlobter und gedenkt zum
Seite 7.
Winter ſein Viktualgeſchäft aufzugeben, um als Herr und
Schwiegerſohn in die Meinersſche Schankwirtſchaft einzuziehen
und dann fo nach und nach den Herrn Schwiegerpapa an die
Wand zu drücken."
„Ja, liebe Dora, ſo iſt es, ſo ſpringen ſie mit mir daheim um
und wundern ſich dann noch, wenn ich zu dir gehe, um mich ein
wenig auszuruhen und zu erholen.”
„So, das ärgert ſie auch?"
„Und wie! Bei jeder Gelegenheit wirft es mir Thereſe vor.
Ob ſich das ſchickte für einen alten Mann und ehemaligen
Ge=
meindevertreter, ſo oft in’s Nachbardorf zu fahren und dort im
Wirtshaus zu ſitzen? Ob es keine Sünde wäre, das Geld zu
ver=
tun, und ob ich nicht im eigenen Hauſe genug trinken könnte?
Zu=
letzt bin ich auch noch Schuld daran, daß der Andreas mehr und
mehr zum Säufer wird. Ich gäbe ihm ja das Beiſpiel im
Wirts=
hausſitzen und Schnapstrinken. Als ob der Bengel nicht groß
genug wäre, um ſelbſt zu wiſſen, was er zu tun hat!“
Dora Wildganz, die Krugwirtin, eine geſchmeidige, gut
er=
haltene Vierzigerin, auffällig gekleidet und geputzt, warf ſich in
die Bruſt.
„Na, ſo wegwerfend übers Wirtshausgeh’n brauchte deine
Tochter nicht zu reden”, ſagte ſie pikiert. „Ihr Bräutigam trinkt
doch auch gern einen Tropfen. Der tut es freilich nur heimlich!
Sollſt ſehen, Meiners, da bekommſt du noch deinen Aerger mit.
Und daß man dir eine kleine Magenſtärkung nicht gönnt, iſt auch
nicht recht. Gott, ein alter Mann, der ſich um ſein Dorf verdient
gemacht hat, warum ſoll der’s ſich nicht davon nehmen, und noch
wenn er’s hat!“
„Ganz recht ſo, Dore, du biſt doch noch immer die einzige,
mit der man ein vernünftiges Wort reden kann, und ſagſt auch
nicht Blaubäckle zu mir, das freut mich beſonders.”
„Was der Quatſch überhaupt ſoll?” antwortete die
Kreuz=
wirtin mit einer verächtlich ſein ſollenden Miene. „Mein Gott,
du haſt ſchöne, rote Backen, um die dich mancher bcweidet, darum
laß ſie nur reden. Du biſt ein anſehnlicher Mann und brauchſt
dich durchaus nicht zu genieren, wenn dn auch ein wenig hinkſt,
Das iſt ſchon gar nicht der Rede wert.”
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Darmſtadt und den Bekanntmachungen des
Polizeiamts Darmſtadt.
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W. M. 1 Fieberthermometer in Etui,
1 Gummireif von einem Kinderwagen.
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graphie u.
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. d. Geſchſt. (*2603
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geſucht.
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1450M.,
Kleinſtückige
Induſtriekohle . . . . . 1100M.,
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Die Preiſe von Sackzentnern im ſtädt.
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Mark, 1900 Mr., 1500 Mk., 800 Mk. je
Zentner.
Lieferfriſt zurzeit etwa 1 Woche.
Lie=
fermöglichkeit vorbehalten. Der
Berech=
nung wird, der am Tage der Lieferung
gültige Preis zugrunde gelegt.
Darmſtadt, den 27. Januar 1923.
Verwaltung
der ſtädtiſchen Braunkohlengrube
„Prinz von Heſſen” bei Darmſtadt
Alleinſt gebildete Witwe,
Mitte vierzig,wünſcht
ſich mit älter. Herrn
in ſicherer Poſition
alsbald z. verheiraten.
Kleines Vermögen
u. Ausſtattung vorh
Kann ſich in jeder
Weiſe den Zeitverhält
liſſen anpaſſen. Ang
unter J104 an die
Gſchftsſt. (*2593gdg
Junggeſelle
ak., 37 J., mit ſch.
klainem Landbeſitz,
wünſcht die
Bekannt=
ſchaft eines braven
Mädch, zwecks ſpät.
Heirat zu machen
Junge Witwe nicht
ausgeſchloſſen. Ang
u. J112 an die
Ge=
ſchäftsſt. (* 2581
Frl, Mitte d. 30erF.
m. Verm. u. Ausſt.
w. Herrn i. g.
Stel=
lung k. zu lernen. zw
Heirat. Angeb. u.
J93 an die
Geſchäfts=
ſtelle ds. Bl. (*25a4
Anonym zwecklos.
Frau Boxenſtein
Magdalenenſtraße 6.
Wwe., 46 J., ohne
Kinder, mit eig. Haus
u. Heim, wünſcht mi
beſſerem Herrn in
ſich. Stellung od.
Be=
amten in Verbindg.
zu treten
zwecks Heirat.
Angeb. u. J99an d.
Beſchäftsſt. (*2360
Herr, 35 J., evang.
300 000ℳ bar u. ſp
Verm.,
v. Heirat
in Geſchäft, auch
Landwirtſchaft.
An=
geb. unt J 61 an
die Geſchſt, (*2484
Zur Unterrichtung der
Ueber „Sparſames Kochen mit Gas
und „Die Verwendung der Kochkiſte
haben wir zwei aufklärende Flugblätter
beſchafft, die bei den bekannten
Aus=
gabeſtellen für Gaswertmünzen, der
Stadtkaſſe (Zahlſtelle 8), unſerem
Stadt=
büro, Grafenſtr. 30, ſowie bei der
unter=
zeichneten Direktion, Frankfurterſtraße 29,
an die Gasabnehmer koſtenlos abgegeben
werden.
st818
Darmſtadt, den 24. Januar 1923.
Direktion
der ſtädt. Gas= und Waſſerwerke,
In unſer Handelsregiſter, Abteilung
A, wurde am 24. Januar 1923 neu
ein=
getragen die Firma:
(807
Emil Sulzmann in Darmſtadt.
Inhaber iſt Emil Sulzmann,
Kauf=
mann in Darmſtadt.
Hinſichtlich nachſtehender Firmen
wurden die folgenden Einträge
voll=
zogen:
Am 17. Januar 1923:
Friedr. Eiermann in Darmſtadt:
Kaufmann Auguſt Jahn in
Darm=
ſtadt iſt zum Prokuriſten beſtellt.
Am 20. Januar 1923:
Süddeutſche Agentur für
Immo=
bilien und Hypotheken Brand 8
Weber in Darmſtadt:
Die offene Handelsgeſellſchaft iſt
auf=
gelöſt.
Die Firma iſt erloſchen.
Jacob Hemmerich in Darmſtadt:
Die Prokura des Adam Daudiſtel in
Darmſtadt iſt erloſchen
Hermann Meyer & Cie, in Darmſtadt:
Nathan Wertheimer Ehefrau, Emma,
geborene Meyer in Darmſtadt, iſt zur
Prokuriſtin beſtellt.
Darmſtadt, den 24. Jan. 1923.
Heſſiſches Amtsgericht Darmſtadt I.
Mittwoch, den 31. ds. Mts., vorm.
10 Uhr, werden aus dem Nachlaß der
Fakob Krämer II. Witwe hierſelbſt,
Hin=
tergaſſe 15, verſteigert:
1 Pferd (Oldenburger Fuchsſtute),
2 Kühe (darunter eine mit Kalb),
2 Rinder,
2 Schlachtſchweine, 2 Läuferſchweine
1 Mutterſchwein,
22 Hühner, 1 Hofhund.
Die vorhandenen Vorräte an Heu,
Grummet, Stroh, Kartoffeln, Dickwurzel,
(22420g
eine Kaute Dung u. a. m.
Eſchollbrücken, am 25. Jan. 1923.
Heff, Ortsgericht. Götz.
R
Bettſtelle m. Wollmatr.
und Autobrille zu
verkaufen (*2442
Varkhausſtr. 66, Manſ.
Jahte für Braſchen
Behanntmachung.
In unſer Vereinsregiſter wurde heute
„Männergeſangverein Dieburg‟
eingetragen. Satzung iſt am 4. Februar
1912 errichtet mit Nachtrag vom 29. Jan.
1922. Mitglieder des Vorſtandes ſind:
Franz Ellermann (I. Vorſitzender), Simon
Köfler, Fritz Weber, Andreas Müth,
Peter Kunkel, Franz Fröhner, Johannes
Stemmler, Heinrich Wick II., Peter Blanl
VI., Jakob Kern, Joſeph Sahm, Konrad
Kunkel, Franz Braun, Joſeph Sterkel.
Simon Enders und Konrad Fröhner
alle in Dieburg. Der jeweilige erſte
Vorſitzende iſt berechtigt, den Verein
ge=
richtlich und außergerichtlich zu vertreten.
Dieburg, den 25. Januar 1923. (800
Heſſiſches Amtsgericht.
—
Verdingung.
Die Glaſerarbeiten für die Neubauten
Offiziers=Wohnbauten am
Barbaroſſa=
ring ſollen im öffentlichen Wettbewerb
vergeben werden. Die
Verdingungsunter=
lagen liegen bei der Bauabteilung des
Reichsvermögensamtes Mainz=Stadt,
Münſterplatz Nr. 2, Zimmer Nr. 4, in
der Zeit von 9—12 und 3—5 Uhr zur
Einſicht auf und werden gegen
Erſtat=
tung der Herſtellungskoſten abgegeben.
Die Angebote ſind verſchloſſen und
ver=
ſiegelt mit der Aufſchrift:
„Angebote über Glaſer=Arbeiten für
die Offiziers=Wohnbauten
Barbaroſſa=
ring—Mainz”
beim Reichsvermögensamt Mainz=Stadt
ſpäteſtens bis zum 12. Februar 1923,
vormittags 10 Uhr, einzureichen, woſelbſ.
die Eröffnung der eingegangenen
Ange=
bote ſtattfindet. Die Arbeiten werden in
Loſen vergeben.
(J80
3
Zuſchlagsfriſt 8 Tage.
Mainz, den 25. Januar 1923.
Reichsvermögensamt Mainz=Stadt.
Mittwoch, den 31. Januar 1923
vorm. 10 Uhr, verſteigert der
Unter=
zeichnete im Saale der Böttingers
Brauerei, Ludwigsplatz 8, meiſtbietend
gegen Barzahlung folgende Gegenſtände:
1 Büfett, 2 Tiſche, 1 Ladentiſch,
1 Schränßchen, 1 Skunnsgarni
tur (Kanin, ſchwarz), 1
Waſch=
mangel, 1 eingelegtes Tiſchchen
und anderes mehr.
Ferner Fortſetzung der
Verſteigerun=
von Karnevaliſtiſchen Koſtümen und
Stoffen.
(828
Darmſtadt, den 27. Jan. 1923.
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dieſe S4marotzer entziehen dem Körper die
beſten Säfte, der Menſch wird blutarm,
nervös, elend und ſchlapp. Bleichſüchtige
und blutarme Frauen und Mädchen, Magen=
und weißflußleidende ſowie nervöſe
Per=
ſonen uſw. leiden in den meiſten Fällen an
Eingeweidewärmern, erkennen aber ihre
Krankheit nicht. Ehe Sie etwas dagegen
unternehmen, verlangen Sie Auskunft
gegen 50 Mk. in Kaſſenſcheinen. (1V.142
Keine Hungerkur.
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wird am 1. Februar 1923
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sich vorerst Darmstädterstr. 32.
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Bismarckſtraße 125,
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Zur Ausführung kommen alle
bankmässigen Geschäfte, insbesondere:
1Paar D.=Stiefel(neu),
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Sülſederhalter
m. 14kar. Goldfeder
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Rhönring 25. 1. St.
An- und Verkauf von Wert-
Papieren, fremder Banknoten
und Geldsorten, (798gm
Diskontierung und Einzug ven
Wechseln, Scliecks usw.,
bargeldlose Ueberweisungen,
Annahme und Verzinsung von
Geldern:
1 großer
Kinder=
wagen, 1
Spori=
wagen, beide ſehr
zut erhalten, eine
Wringmaſchine zu
verk.
Heidelberger=
ſtr. 42, part. (*2600
a) in Jaufender Rechnnng,
b) auf Scheckkouto,
c) auf Einlagebücher,
d) auf feste Termine.
Kassestunden täglich 8—12 Uhr
vormittags u. 2—5 Uhr nachmittags.
Sing.= Nähmaſch.
wenig gebr. zu verk.
Näh. Geſchſt, (*2586
Fernsprechanschluß:
In Darmstadt: Nr. 2464 und 2465.
In Reichelsheim: Nr. 84.
Stätten der deutſchen Sage.
Von
Dorothea G. Schumacher=Hohenſchäftlarn bei München.
Geſchichte verſchwimmt allmählich zur Sage — Sage
verflüch=
tigt ſich zum Naturmythos. Das Märchen iſt der dem Verſtändnis
des Volkes angepaßte Naturmythos — oder es iſt verkleinerte,
ausgeſchmückte, familiär dargeſtellte Sage; dies gilt von dent
echten Mürchen, wie z. B. „Dornröschen” und „Schneewittchen”
in denen man die Herkunft vom Naturmythos am deutlichſten
wahrzunehmen vermag. So enthalten Sage und Märchen aber
auch meiſtens Kerne fernen, wirklichen Geſchehens; ſie ſind
aus=
geſchmückte Ueberbleibſel von längſt Vergeſſenem.
Oftüber=
wuchert die Ausſchmückung ſo ſtark, daß der wahre Kern kaum
noch darin zu finden iſt.
Schon Karl der Große und die ihn umgebenden Perſonen
erſcheinen halb als ſagenhafte Figuren; vieles in ihrem Weſen
und Tun wird ungewiß und willkürlich ausgemalt. Die
geſchicht=
lichen Beweiſe und Anhaltspunkte fehlen in der Schilderung der
Perſon. Andererſeits iſt ſein Leben und Wirken geſchichtlich
mannigfach verbürgt. Auch Armin der Befreier erſcheint als
Sagenfigur, denn man weiß nicht einmal gewiß, ob er auch von
ſeinen Stammesgenoſſen „Armin” genannt wurde. Manche
nennen ihn „Herrmann” andere verknüpfen ihn mit der
mythi=
ſchen Figur des Siegfried, wollen ihn zum Begriff des Befreiers
von Winter und Kälte auflöſen — dagegen machen römiſche
Ge=
ſchichtsquellen ſein menſchliches Daſein (als ſchlauer, kämpfender
Cherusker) unzweifelhaft. Die Sage idealiſiert, und es gibt noch
immer Köpfe, die eine kleine Wirklichkeit zur großen
Unwirklich=
keit verflüchtigen, um ſie mit allen Attributen erhabenen
Helden=
tums ausſtatten zu können.
In der Gegend von Detmold ſangen vor Jahrzehnten noch
die Kinder ein Liedchen:
Harmen, ſlo Larmen,
la pipen un drummen.
De Kaifer is kummen,
mit Hammer un Stangen,
Heft Parus uphangen.
Man will das Lied als Erinnerung an Armin darſtellen.
Die einzige Berechtigung hierzu läge in dem Namen Varus—
allein dieſer iſt von dem Sammler des Liedes in dieſes
hinein=
gebracht worden.
Nach Mommſen iſt die Oertlichkeit der Hermannſchlacht das
Venner Moor, nahe Osnabrück; es beſtehen daneben noch
meh=
rere andere Meinungen.
Sehr viel Sagen ſind Nachklänge unterdrückten Heidentums
und Vorſtellungen aus heidniſcher Götterwelt, unter chriſtlichen
Namen verborgen. Die Sage der Weißen Frau” iſt faſt allen
alten Geſchlechtern gemeinſam und ſcheint zu beweiſen, daß dieſe
Erſcheinung die Perſonifikation einer heidniſchen
Unglücksgott=
heit oder eines warnenden Dämonen darſtellt.
In zahlreichen Fällen ſchwebt die Sage hartnäckig an Orten,
an denen dann auch irgend eine Ausgrabung gemacht wird. Viele
ſogenannte Depotfunde ſind gehoben worden, wo der Volksmund
von verſunkenen Schätzen wiſperte. Eines der ſchönſten
Bei=
ſpiele vom wahren Kern vieler Sagen iſt der Fund im „
Königs=
grabhügel” von Seddin in der weſtlichen Prignitz:
Seit alters erzählte das Volk, daß in jenem (auffallenden)
Hügel ein König mit ſeinem Roß begraben liege — und zwar in
einem goldenen Sarge, der wieder in einem tönernen Sarge
ſtehe. Im Jahre 1900 endlich begann man unter Leitung der
Profeſſoren Friedel und Kiekebuſch mit der Ausgrabung, und
fand in der Tat, wenn auch keine Särge, ſo doch ein großes
Ton=
gefäß in der Grabkammer und in dieſem Gefäß ein ſehr fein
ausgeführtes Bronzegefäß, welches die Brandreſte und
Schmuck=
beigaben eines vorzeitlichen Fürſten nebſt ſeinem Reitpferd
enthielt.
Aehnliche Sagen haben ähnliche Funde in Menge beſtätigt;
ſo ſind Berichte der Altvordern durch mehrere Jahrtauſende von
Mund zu Mund bis auf unſere Tage gelangt. Aber wie viele
andere reiche Depotfunde mögen für immer verborgen bleiben,
nur weil der einzige Mann, der um ſie wußte, ins Grab ſank,
ehe er es anderen weitergeben konnte. Andererſeits ſind wieder
großartige Funde gemacht worden, von denen keine Sage etwas
meldete; ſo z. B. der große Hildesheimer Silberſchatz, eine ganze
Reihe römiſcher Gefäße von höchſter techniſcher und künſtleriſcher
Vollendung, der durch Alter und Fundort beweiſt, daß er aus
den Zeiten des Varu; und Armin ſtammt.
Die Phantaſie vergrößerte die kleine Wirklichkeit; das
„Jägerlatein” und das „Seemannsgarn” zeigen den Weg, wie
Märchen entſtanden, um die angeblich geſchehenen und erlebten
Alle Kraft des Menſchen wird erworben durch Kampf mit
ſich ſelbſt und überwindung ſeiner ſelbſt.
Fichte.
Dinge, die die bewundernd lauſchenden Hörer doch nicht
nach=
prüfen konnten!
Seit den Tagen der erſten Heidenbekehrer iſt unſäglich vieles
zerſtört, erſtickt und ausgerottet worden an Ueberlieferungen,
Gebräuchen und Denkmälern unſerer Vorzeit — ſo daß man ſich
nur ein ſehr lückenhaftes Bild von ihr machen kann. Opferſtätten,
Weißtümer, Zauberſprüche, Gebräuche, Götternamen ſind von
der frühmittelalterlichen Geſchichtsſchreibung totgeſchwiegen und
in Grund und Boden verflucht worden — noch ehe Reſte davon
ſich in die aufgeklärte Jetztzeit retten konnten. Vieles blieb
zu=
fällig und wunderbar erhalten, weil es unter tiefem Schutt lag.
Aber es ſind kleinſte Bruchſtücke! Während wir aus den Liedern,
Urkunden und Denkmälern der nordiſchen Germanen genaue
Vorſtellungen von Göttern, Opfern, Tempeln, Geſetzen und
Ge=
bräuchen haben, ſtehen wir vor der deutſchen Vorzeit wie vor
tiefer Dunkelheit. Aus den verſchüttet geweſenen Stücken kann
man immerhin oft aufs weitere ſchließen. Die einzelnen
Holz=
kirchlein Schleſiens zeigen z. B. den Zuſtand der Bauart um das
Jahr 1200; wenn ſie auch nicht aus ſo fernen Tagen ſtammen,
ſo iſt dieſe Bauart doch noch lange geübt worden, während
an=
derswo neue fremde Einflüſſe neue Formen brachten. Der
Holz=
bau ging dem Steinbau voraus. Die Kirche von Großlinden in
Heſſen iſt eine der älteſten Deutſchlands und zeigt an ihrem
ſteinernen Torbogen rohe Skulpturen altertümlichſter heidniſcher
Art von einer Technik, die ſehr an Holzſchnitzerei erinnert. Die
Schüler des Apoſtels Bonifatius ſollen von dieſem Kirchlein aus
in die deutſchen Gaue hinausgewandert ſein; Bonifatius ſelbſt
ſoll in der erſten hölzernen Kirche daſelbſt gepredigt haben. Auch
am Erfurter Dom wird ein uraltes Häuslein als
Bonifatius=
kapelle bezeichnet.
Beſonders reich an Sagen iſt der Boden der Mark. Als die
Markgrafen in das Gebiet öſtlich der Elbe einzogen, beſtanden
ſie allerorten Kämpfe gegen die wendiſchen Götzenanbeter.
Dunkle, undeutliche Sagen heften ſich dort an jedes alte,
verſun=
kene Gemäuer. Ueberall, wo noch Heidentum war, wurde die
Geſchichte zur Sage, denn die damalige Geiſtlichkeit wollte von
objektiven Darſtellungen heidniſchen Weſens nichts wiſſen und
vertuſchte alles, was auf ſie Bezug hatte. Bei Arendſee ſoll ein
wendiſches Schloß im See verſunken ſein; bei Buch an der Elbe
ſoll eine Rolandsburg geſtanden haben. Die Stadt Salzwedel
wird ſchon in einer Urkunde vom Jahre 1112 als eine alte Stadt
bezeichnet. An der Mauer der um 780 auf der Jeetze=Inſel
an=
gelegten Burg will man noch vor Jahren „Wendenblut” gefehen
haben. In der Bierſtädter Heide war eine „heidniſche
Gerichts=
ſtätte to der Linden” genannt. In der Letzlinger Heide lagen
viele „wendiſche Dörfer” die der Ueberlieferung nach im
Dreißig=
jährigen Kriege zur Wüſte gemacht wurden — in Wahrheit wohl
weit früher. Das Volk ſchiebt ſeine Zeitangaben gern in neuere
Zeiten vor, die den Zuhörern geläufiger ſind. Im
Dreißigjähri=
gen Kriege waren angeblich viele „Heidendörfer” zerſtört, was
indeſſen wohl ſchon zu den Zeiten der Markgrafen geſchah. „Vor
hundert Jahren —” iſt eine beliebte ungefähre Zeitangabe des
Volkes und auch des Kindes — und gemeint iſt damit: eine ſehr,
ſehr lange Zeit!
Nach den zahlreichen, kaum noch kenntlichen Mauerreſten war
die Altmark reich an adeligen Herrenſitzen, teils wendiſchen, teils
ſolchen der Koloniſatoren, die ſich alter Feſtungen bemächtigten.
Jeder Ort hat ſeine Lokalſage. Die Familie von Alvensleben,
deren erſte Burg zu Albrechts des Bären Tagen beim Ort
Neu=
haldensleben ſtand, hat zum Beiſpiel ein Ringſage von
beſon=
derer Schönheit, die altnordiſche Züge zu enthalten ſcheint. Au
der Gansburg bei Garbe in der Altmark, ein Stammſchloß des
Geſchlechts der Edlen Gans zu Putlitz, wollte das Volk vor
Zeiten Schätze graben, die vor langen Jahren dort verſunken
ſeien. Bei Werben an der Elbe hat man vor Jahren im
Wieſen=
boden viele Funde gemacht, welche die Sage beſtätigen, daß Karl
der Große hier Tauſende von Sachſen hinrichten ließ. In der
„wüſten Kirche” zu Danne ſoll vor langer Zeit ein hölzernes
Götzenbild geſtanden haben, welches alle Tierleiden heilte,
wie=
wohl die Geiſtlichkeit hiervon nichts wiſſen wollte.
In Groß=Garz in der Altmark ſieht man in der Kirche das
plumpe Grabmal eines Herrn von Jagow mit zwei Frauen, von
denen die eine Morgenländerin geweſen ſein ſoll. Dieſe Sage
vom Ritter mit zwei Frauen iſt auf unſerem Boden ſo häufig,
daß ihr gewiß mancher entſprechender Vorfall zugrunde liegen
mag. Das Motiv iſt auch menſchlich verſtändlich und nicht un=
geſvöhnlich vom damaligen niedrigen Stande der Ethik. In der
Erfurter Domkirche iſt ein Denkmal des Grafen von Gleichen mit
zwei Frauen; dem Ritter und Minneſänger Otto von
Boden=
laube (Burgruine bei Kiſſingen) wird gleichfalls Bigamie
nach=
erzählt.
Wohlbekannt ſind die Sagen, die ſich an den Brocken, den
Kyffhäuſer, den Untersberg bei Salzburg, den Hörſelberg heften.
Hier liegen nicht nur Funde zugrunde, ſondern die auffällige Form
der Berge hat das Volk veranlaßt, liebgewordene Geſtalten in
ſie zu verweiſen. Seltſame Naturbildungen, wie z. B. der
Hörſel=
berg, gaben allerlei Deutungen Raum. Als die Heidenbekehrer
die alten Götter und Hulden austrieben, gewährte ihnen das
Volk wenigſtens in Gedanken Zuflucht in Höhlen und auf
An=
höhen.
Trotz allem Cifer, der Bekehrer und Geiſtlichen ſchwanden
die einſtigen großen Opferſtätten nicht aus der Erinnerung des
Volkes. Die Inſel Helgoland war bis zu Bonifatius Zeiten
ein großes heidniſches Heiligtum („Heligoland”), was jetzt bei
der geringen Größe der Inſel kaum glaubhaft erſcheint. Aus
Urkunden iſt erſichtlich, daß die Inſel bis zum Jahre 1600 etwa
hundertmal größer war als jetzt und daß ſie, reich an Hainen
und Quellen, eine herzförmige Geſtalt hatte. Vielleicht war zu
Bonifatius' Tagen ihr Umfang noch ſo groß, daß ſie dem
Feſt=
land nahe genug war, um von angelſächſiſchen Booten bequem
erreicht zu werden. Im Verfall der frieſiſchen und ſchleswigſchen
Küſtenſtriche haben wir ein Beiſpiel auch für den Verfall der
Inſel Helgoland, die heute ſicher nur ein winziges Reſtchen ihres
einſtigen Umfanges darſtellt. Als wichtiges Bekehrungsgebiet
hatte Bonifatius (in ſeinen Mitteilungen an das Kloſter Fulda)
„das Heligoland” genannt. — Die frieſiſchen Inſelkarten zeigen
noch die alte Küſtenlinie von Friesland. Gewaltige
Waſſerein=
brüche und Unterſpülungen haben die zahlreiche Bevölkerung
ab=
gedrängt, zur Wanderſchaft und Beſiedelung anderer Landſtriche
(u. a. England) gedrängt! Zu jener Zeit mag auch die große
Handelsſtätte irgendwo an der Odermündung geſtanden h.ben,
die als „Vineta” in der Sage fortlebt. Auch hier verſchlang wohl
das Meer ein ganzes Stück Land mit der daraufliegenden
Sied=
lung, deren wirklichen Namen man nicht kennt. An manchen
Stellen der Nordſee zeigen ſich noch Brunnenlöcher, ſobald die
Flut zurücktritt. Sie zeigen Stellen uralter Siedlungen an, die
ein Raub der Wellen wurden. Je weniger erkennbar iſt, deſto
beredter iſt die Sage; das Volk kann nicht genug des
Wunder=
ſamen von dieſen alten Brunnen erzählen.
Vom Norden zum Südweſten Deutſchlands — die Gegend
zwiſchen Darmſtadt und Heidelberg iſt reich an Sagen, wie
kaum eine andere; viele der alten lieben Märchen ſind dort aus
Bauernmund zuerſt erzählt worden.
Sagenhaft iſt das Burgundenreich mit ſeiner Hauptſtadt
Worms; ſagenhaft ſein König Gundahar. Kaum zeugen
Geſtein=
trümmer hier und da von den Stätten, wo Geſtalten wandelten,
die Siegfrieds und Brünhildens, Gunthers und Hagens Urbilder
waren . . . . Verſunkene Trümmer, vom Dornenroſengerank der
Sage dicht überwuchert! Dahinter ſchläft Dornröschen —
Brun=
hilde.
In Worms zeigt man die Stelle am Rhein, wo Hagen
an=
geblich den Nibelungenſchatz in die Flut warf; in derſelben
Stadt ſteht ein „Rieſenhaus‟. Der Dom daſelbſt ſtammt in
ſeinen Grundfeſten gewiß aus burgundiſchen Zeiten. In der
Kapelle von Lorſch bei Worms ſoll Siegfried beſtattet worden
ſein; im Innern ſtehen einige ſehr alte, aber leere
Steinſarko=
phage. Bei Graserlenbach im Odenwald, etwa zwei Wegſtunden
von Lorſch, wird der „Siegfriedbrunnen” gezeigt, an welchen die
Volksſage die Tötung Siegfrieds verlegt. Man will zuweilen
um die Mittagszeit dort ſeinen Geiſt geſehen haben, und die
Gegend ward von Schafhirten gemieden. Ein weiterer kleiner
Platz in der Nähe aber will auch als Stätte von Siegfrieds Tod
gelten: der ſogenannte „Lindbrunnen”. In dem Namen ſchon
liegt manches, was Beziehungen zur Siegfriedſage aufweiſt.
In dem verfallenen Kloſter zu Steinbach im Odenwald,
einem frühromaniſchen Bau, der jetzt als Scheune benutzt wird,
will man zur Nachtzeit Geſang gehört haben und Nonnen mit
Lichtern umherwandeln geſehen haben. Dasſelbe wird von
anderen verfallenen Klöſtern erzählt. Es handelt ſich um
Er=
innerungen des Volkes an früher dort alltäglich geſehene
Vor=
gänge. Mehrere Sagen wiſſen von jungen Nonnen, die heimlich
ein Kindlein zur Welt brachten und nun wehklagend am Rande
eines Brunnens erſcheinen, in den ſie es einſt warfen, da ſie
Ent=
deckung und Schande fürchteten
In den Kellern verfallener Burgen müſſen angeblich Schätze
liegen, die nur der Mutigſte oder ein Glückskind heben kann. Der
ganze Odenwald iſt erfüllt von Berichten über den geſpenſtigen
Rodenſteiner, worunter ſich nach Anſicht der Forſcher Wodan
verbirgt. Allerorten zeigt man Gehöfte und Pfade, durch und
Die falſche Rechnung.
Skizze von Paul Bliß.
Der Herr Referendar Fritz Salten war in großer Aufregung.
Um 3 Uhr hatte er ein Rendezvous, und nun hätte er beinahe
die Zeit verſchlafen.
Nun aber war es auch hohe Zeit, denn es fehlten jetzt nur
noch zehn Minuten an drei. Alſo nun ſchnell in einen Wagen,
und dann im Galopp vorwärts.
Er hatte vor vierzehn Tagen auf dem Juriſtenball eine
hübſche und feſche Hamburgerin kennen gelernt — Tochter eines
ſchwer reichen Großkaufmanns, wie er gehört hatte —, und dieſe
luſtige junge Dame hatte er im Auge behalten. Gleich am
ande=
ren Tage hatte er bei Frau Tante, bei der die junge Dame
zu Beſuch war, ſeine Aufwartung gemacht, darauf war er
ein=
mal zu Tiſch geladen worden, und man hatte ſich auch einmal im
Theater getroffen, und für heute nun hatte man das Rendezvous
am Goldfiſchteich verabredet, wo ſie mit der Tante um 3 Uhr ſein
wollte, damit er den Damen die Denkmäler im Tiergarten zeigen
konnte.
Drüben am Komponiſtendenkmal wollten ſie ſich treffen.
Aber die Damen waren noch nicht da. Das war ihm lieb.
Alſo gut, ſo wartete man einfach.
Auf der Bank ſaß eine junge Dame. Soviel Fritz Salten
ſehen konnte, war ſie jung und hübſch. Jedenfalls hat ſie auch
ein Rendezvous, dachte er.
Wo nur ſeine Damen blieben? Was war denn nur
ge=
ſchehen, daß man ihn hier eine halbe Stunde umherrennen ließ!
Aergerlich ging er auf und ab, und ſeine Schritte wurden
immer ſchneller und immer nervöſer.
Erſt als er wieder in die Nähe der hübſchen, jungen Dame
kam, ſchwand ſeine üble Laune.
Sie hatte jetzt ein Buch vorgenommen und las ſcheinbar ſehr
eifrig.
Und als er ſie in all ihrer Grazie, in all ihrem entzückenden
Liebreiz ſo daſitzen ſah, kam auf einmal wieder etwas von ſeiner
tollen Jugendluſt, etwas von ſeinem göttlichen Uebermut in ihm
hoch, und er beſchloß, mit der holden Unbekannten eine
Unter=
haltung zu beginnen, ſei es auch nur, um die Zeit totzuſchlagen.
Er zog den Hut und begann: „Es ſcheint, meine Gnädigſt:,
daß wir Leidensgefährten ſind.”
Sie lächelte ein wenig und fragte ganz offen und fröhlich:
„Woraus ſchließen Sie denn das?"
„In der Tat, es wollte mir vorhin ſo ſcheinen, als ſtört= Sie
meine Anweſenheit, deshalb ſchlug ich mich ſchnell ſeitwärts in
die Büſche und verſchwand, um als Dritter nicht zu ſtören.”
Wieder lächelte ſie. „Als Dritter? Ich ſehe außer uns hier
niemand.”
Heiter nickte er. „Eben, das iſt es ja. Der Zweite ſcheint
nicht zu kommen. Uebrigens, unter uns geſagt, ich begreife den
Menſchen nicht! Ich an ſeiner Stelle hätte nicht eine Sekunde
auf mich warten laſſen, im Gegenteil, ich wäre ſchon eine
Viertel=
ſtunde früher als verabredet dageweſen!“
Einen Augenblick ſchwieg ſie und ſchien zu überlegen, dann
aber blitzte ein Schalk aus ihren Augen, und ſie ſagte: „Es ſcheint
aber, daß die Dame, die Sie erwarten, Ihre Vorzüge auch nicht
genügend anerkennt.”
Da nahm er einen Anlauf und wurde etwas kühner. „Wenn
Sie geſtatten, leiſte ich Ihnen ein wenig Geſellſchaft, meine
Gnädigſte, eben bis der andere kommt.”
„Aber ich erwarte keinen anderen!“
„Na, na, wenn man hier am Goldfiſchteich ſo allein ſitzt —”
entgegnete er lächelnd.
Einen Moment ſchwieg ſie, im nächſten aber, ſagte ſie mit
leicht ironiſchem Tone: „Es wundert mich eigentlich, daß auch
Sie hier eine ganze Stund= umſonſt gewartet haben.”
Jetzt wurde er ein wenig verlegen; doch ſchnell beherrſchte er
ſich und erwiderte: „In der Tat, ſonſt paſſiert mir das auch nicht;
aber heute hat es ſeine ganz beſondere Bewandtnis damit.”
Sie machte ein ſchelmiſches Geſicht. „Ich habe mir auch ſchon
ſo meine Gedanken darüber gemacht.”
„Oh, darf ich erfahren?” rief er begeiſtert.
„Nun, wenn ein Mann eine Stunde lang vergeblich auf eine
Dame wartet und nicht ungeduldig wird, dann gibt es
eigent=
lich nur zwei Möglichkeiten.”
„Und die wären?” Immer lebhafter wurde er.
„Entweder der Heir liebt die Dame, oder — er möchte ſie
ihres Geldes wegen heiraten.
Mit rotem Kopf ſaß er da.
„Und wenn nun beide Möglichkeiten hier zuſammenträfen?”
„Hm, das wäre ein bißchen viel. So etwas gibt es wohl
heute nicht mehr,” meinte ſie mit ſchalkhaftem Geſicht.
Uind er, angeſteckt durch ihre gute Laune, geriet mehr und
mehr in Ekſtaſe. Voll offener Bewunderung ſah er ſie an, und
ſeine Blicke ſagten ihr, daß er bereits Feuer gefangen hatte.
Da ſchlug die Uhr vier.
Wie auf Kommando blickten ſie ſich an.
„Eine ganze Stunde vergebens,” ſagte ſie lächelnd.
Stumm nickte er. Nachdenllich ſah er ſich um. Noch immer
niemand in Sicht. Nun würden ſie auch wohl beſtimmt nicht
mehr kommen. Unerhört war das, ihn ſo aufſitzen zu laſſen!
„Da kann ich mir eben auch nicht helfen,” ſagte er dann
leichthin.
„Tröſten Sie ſich ſo leicht darüber?”
„Ach ja, wenigſtens verſuche ich es!“
Sonderbar, wenn Sie ſo wenig von den Frauen halten,
weshalb heiraten Sie dann?”
„Weil man doch endlich mal in geordnete Verhältniſſe
kommen muß.”
„Aha, ich hatte alſo doch recht! Es handelte ſich hier um
eine Geldheirat!“
„Wenn Sie wollen; — ich darf wohl jetzt nicht mehr ſo
un=
galant zu ſein, zu ſtreiten!“
Bewundernd ſah er ſie an; wie ſchön, wie bezaubernd ſchön
war ſie doch!
Sie ſprach ruhig weiter: „Und wenn die Damie nun nicht
will?"
„Oh, ſie wird ſchon wollen!“
„Weshalb hat man Sie dann aber umſonſt warten laſſen?
„Weiß Gott, was dazwiſchen gekommen iſt! Jedenfalls
nichts, was meine Chancen vermindern könnte! Man wird ſich
entſchuldigen, und dann iſt alles gut.”
„Sie ſcheinen ja Ihrer Sache ſchon ziemlich ſicher zu ſein.”
Er lächelte mit weltmänniſcher Ueberlegenheit:
„Meine Gnädigſte, das beſte iſt ſchon, wir reden gar nicht
mehr von der Lappalie hier! Laſſen Sie uns lieber von Ihnen
ſprechen!“
Erſtaunt ſah ſie auf. Von mir?”
Ja, von Ihnen,” rief er begeiſtert.
„Aber Sie keinen mich doch noch gar nicht!“
„Eben darum! Ich möchte Sie ſehr gern kennen lernen!“
Sie ſchweigt und ſah ihn lächelnd an. Dann erhob ſie ſich
von der Bank.
„Aber Sie geſtatter
daß ich Sie begleite, nicht wahr?”
Nummer 4
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1923
über welche ſeine wilde Jagd dahinritt. Im Jahre 1848 wollen
ihn die Bauern von Reichenbach im Odenwald zum letzten Male
geſehen haben!
An vielen Stellen zeigt man Kinderbrunnen, aus deren Tiefe
die Holda angeblich die Kleinen brachte. Solche Kinderbrunnen
ſah ich bei Goslar, Friedrichroda und Bensheim a. d. B. — In
Darmſtadt heißt eine Gaſſe die Hinkelſteingaſſe; es zeigt ſich da
eines der älteſten Gehöfte der Stadt um eine große
Hünenſtein=
gruppe herumgebaut, die noch an den Mauern des Gehöftes
her=
vorſteht und die Straße ſperrt. Die Sage hält dieſe Stelle für
den Stadtkern, die erſte Siedlungsſtelle der Stadt Darmſtadt,
die vor Zeiten anſcheinend an dem jetzt ausgetrockneten
Waſſer=
lauf der „Darme” angelegt worden war.
Zahlreiche Ueberlieferungen wiſſen von „wilden Weibchen”
im Odenwald, die in den noch heute ſichtbaren Höhlen wohnten
und die aus wildem Salbei und anderen Kräutern allerlei Tränke
kochten, deren Herſtellung nicht verraten werden durfte, weil
dar=
auf ihr hohes Anſehen beim Volk beruhte. — „Das „Felſenmeer”
im Odenwald ſoll von einem Kampf zweier Rieſen herrühren,
die auf zwei benachbarten Bergen hauſten und ſich mit
Fels=
ſtücken bewarfen. Hier will die Sage die dem Volk
unverſtänd=
lichen geologiſchen Vorgänge erklären, während im Falle der
„wilden Weibchen” Erinnerungen an heidniſche Gebräuche
vor=
zuliegen ſcheinen.
Der Zauber der Sage und des Märchens iſt tief begründet.
Wir erkennen nicht deutlich, aber wir ahnen tief verborgene
Wahrheiten und Beziehungen, ahnen die ſeltſamen, fernen,
wil=
den Zeiten, die heidniſchen Menſchenſeelen, wie ſie in weit
un=
mittelbareren Verhältniſſen zu den Naturkräften ſtanden.
Ge=
heime Sehnſucht treibt auch den Wiſſenden in die Vorzeit; er
ſucht das leiſe Grauen im Leſen ihrer Nachklänge, den Sagen. —
Das Kind aber lieſt am liebſten das echte Märchen (welches dem
folgerichtig und nüchtern denkenden Erwachſenen manchmal ſo
ſinnlos erſcheint), da es dem Urzuſtand des menſchlichen Gemüts
noch näher ſteht, weil es ſich in der Märchenwelt auf
geheimnis=
volle Weiſe zu Haus fühlt . .
Sagen und Märchen ſind wie Wurzeln unſerer Kraft, unſeres
Urweſens tief im Grunde der Zeiten.
Die Welt der Frau
—
Zwei altbegehrte Faſtenſpeiſen.
Faſtnachtsbrezeln und Pfannkuchen, für uns typiſche Gebäcke
der Faſtenzeit, ſind keineswegs gleichzeitig für dieſe Zeit
der Enthaltſamkeit vom Fleiſchgenuß eingeführt worden. Der
Pfannkuchen entſtand in viel ſpäterer Zeit, als die Faſtenbrezel
die ſchon bei den alten Römern eine Vorgängerin in der Form
eines ringähnlichen Gebäcks beſaß, das alljährlich im März zu
Ehren des Gottes Mars hergeſtellt und in Maſſen verzehrt
wor=
den iſt. Dieſer Brauch, zur Faſtenzeit Kringel und ringförmige
Gebäcke herzuſtellen, wurde auch von den Chriſten übernommen,
ihnen aber auf dem Konſtanzer Konzil verboten. Die Brezel
dagegen, deren Urſprung nicht mehr feſtzuſtellen iſt und die beiden
im Gebet gekreuzten Arma der Faſtenden darſtellen ſoll, blieb in
ihrer alten Form bis auf die heutige Zeit erhalten. Die
eigent=
liche Faſtenbrezel wird heute noch, wie ſchon in früheſter Zeit,
zuvor in Lauge abgekocht und danach leicht im Ofen überbacken.
Nur geblich getönt und trocken, vereinzelt auch mit Kümmel und
Salz beſtreut, ſollte ja ihr Genuß beſonders eindringlich lehren,
die Faſten ſtreng und gewiſſenhaft durchzuführen. Nur für die
Kinder wurde inſofern eine Ausnahme gemacht, als man für ſie
ſtatt der einfachen Salz= oder Kümmelbrezeln die Schaumbrezeln
buk, für die als einziges Gewürz ein wenig Zucker oder Zimt
erlaubt war. Brezelmänner und =frauen boten ſie nicht nur auf
langen Stangen bündelweiſe befeſtigt auf der Straße feil,
ſon=
dern trugen ſie auch in den bekannten Hängekörben bis in die
Häuſer, damit ſich jeder reichlich mit dem einfachen Gebäck
ver=
ſorgen konnte. In den letzten Jahrzehnten wurde die
Faſten=
brezel faſt nur noch in Schmalz gebacken und mit Zucker beſtreut
angeboten. Die einfache Faſtenbrezel, deren Genuß ſoviel
Ent=
ſagung fordert, iſt nur in manchen vereinzelten Gegenden noch
ein alljährlich wiederkehrendes Gebäck. Der Pfannkuchen nun,
der heute namentlich am Faſtnachtstage in reichen Mengen
ver=
zehrt wird, und gleichſam den Abſchluß der vergangenen Zeit
feſt=
licher Freuden und reicher Tafelgenüſſe bilden foll, iſt der Sage
nach die Erfindung eines jungen Kanoniers, den Friedrich der
Große, da er wegen körperlicher Unzulänglichkeit nicht Soldat
werden konnte, in die Hofküche ſchickte, wo er als gelernter
Zuckerbäcker ſein Können zeigen ſollte. Es geſchah aber mit
einem gewiſſen Vorbehalt, denn „zum Koch iſt der Kerl ſicher auch
nicht kapabel, wenn er nicht einmal mit einer Kanone oder Kugel
umzugehen verſteht”, ſo urteilte der alte Fritz voll Mißtrauen
bei der Anſtellung des neuen Kochgehilfen. Als er jedoch ſein
Probegericht: Kanonenkugeln, in ſüßem Teig nachgebildete und
ſogar gefüllt, in Schmalz gebacken und mit Zucker und Zimt
be=
ſtreut, dem Hofe und vor allem ſeinem geſtrengen Herrn zur
Prü=
fung vorlegte, da änderte dieſer nicht nur raſch ſein Urteil über
deſſen Unzulänglichkeit, ſondern befahl auch gleichzeitig, daß
all=
jährlich in der Faſtenzeit Pfannkuchen gebacken wurden. Ein
Brauch, der bald allgemein Aufnahme fand und ſich bis auf den
heutigen Tage erhielt.
II. S.
„Nur unter einer Bedingung! Daß Sie mir fortan keine
Komplimente mehr machen!“
„Aber, Gnädigſte, ich verehre Sie! Ich bete Sie an! Mein
Wort darauf!“
Ruhig, mit heiterer Würde ſah ſie ihn an. „Wie klein Sie
doch von den Frauen denken! Nachdem Sie eben erſt Ihre
Anſicht über die Ehe zum beſten gegeben haben, ſagen Sie mir
ſolche Schmeicheelien ins Geſicht.”
Beſtürzt ſagte er: „Aber meine Anſicht über die Ehe galt
doch der — nun eben — der anderen, die nicht gekommen iſt!“
Ganz gleich, kein Wort mehr über meine Perſon!”
Dann gingen ſie.
Und er unterhielt ſie von allen möglichen Dingen, flott,
leb=
haft und witzig.
Schnell ſchwanden die Minuten. Längſt ſchon waren ſie aus
dem Tiergarten heraus und in die ſtille Hohenzollernſtraße
ein=
gebogen. Das merkte er gar nicht, da ſie die Führung
über=
nommen hatte.
Vor einem eleganten Hauſe ſtand ſie ſtill.
Und plötzlich war er aus einem Liebestraum wachgerüttelt —
man ſtand vor dem ihm ſehr bekannten Hauſe, in dem die Tante
ſeiner jungen Hamburger Dame wohnte.
„In dieſem Hauſe wohnen Sie, meine Gnädigſte?” fragte
er mit ein wenig unſicherer Stimme.
Und ſie verneinte mit ſchalkhaftem Lächeln: „Nicht ich, aber
eine gut= Freundin von mir, die hier zu Beſuch iſt.”
Ihm ſtieg das Blut hoch. Sein Kopf wurde rot. Etwas
Furchtbares ahnte er.
Da blickte er empor zu dem Erker der erſten Etage. Dort
oben ſtand ſeine junge Hamburgerin und lächelte — lächelte ganz
eigentümlich.
Beſtürzt zog er den Hut und grüßt: hinauf.
Und nun fragte ſeine hübſche Begleiterin ganz harmlos:
„Oh, es ſcheint, Sie kennen meine Freundin dort oben auch?"
„Allerdings”, ſtotterte er.
„Ja, dann ſind Sie wohl gar der Herr Referendar Salten?
Faſt verblüfft ſtand er da. Erſt jetzt fiel ihm ein, daß er ſich
noch nicht einmal vorgeſtellt hatte. Und verwirrt bat er
des=
halb nun um Entſchuldigung.
Sie aber rief heiter: „Natürlich, kommen Sie doch mit
hinauf! Meine Freundin erwartet Sie gewiß ſchon mit
Un=
geduld!“
Der zeitgemäße Haushalt.
Die Reinigung kunſtſeidener gewebter
Kragenſchoner. Die modernen farbigen Schals, die heute
von den Herren nicht nur zum Schutze gegen die rauhe
Witte=
rung, ſondern auch als Kragenſchoner getragen werden, können
nur ſo lange als letztere dienen, als ſie nicht durch Berührung
mit der Haut und dem Haar oder Bart fettig geworden ſind
und ſo ihren Zweck vollſtändig verfehlen. Leicht angeſchmutzte
hellfarbige Schals ſind raſch mit darauf geriebener bröckliger
Miſchung aus gebrannter Magneſia und Benzol entfettet,
wo=
bei Reſte des Pulvers nach völligem Trocknen durch Ausſtäuben
und Abbürſten zu entfernen ſind. Aus dunkelfarbigen Schals
dagegen würden die weißen Spuren des Pulvers nicht völlig
zu tilgen ſein und iſt deshalb eine naſſe Reinigung derſelben
vorzuziehen. Man löſt zu dieſem Zweck einen mäßig gehäuften
Teelöffel Quedlin in einem Liter lauwarmem Waſſer (24 Grad
Reaumur) auf, reibt den Schal ohne Verzug darin ſtrichweiſe
ohne Drücken durch, ſFült ihn erſt in reinem lauen, dann in
kaltem Eſſigwaſſer, ſtreicht die Näſſe, ohne Falten zu bilden,
mit den Händen heraus, wickelt ihn glatt in mehrfach
überein=
andergelegte Handtücher zum Aufſaugen der Näſſe und bügelt
ihn dann mit mäßig heißem Eiſen unter weichem Tuche trocken.
Knieſchoner für lebhafte Kinder. Da kleinere
Kinder im Winter ihre Spiele mit Vorliebe auf dem Fußboden
vornehmen und hier ihre Baukäſten, Eiſenbahnen uſw.
auf=
bauen, ſo tragen kleine Knieſchoner ungemein zur Schonung
der Strümpfe bei. Sind keine alten Strumpflängen vorhanden,
die man zu dieſem Zweck handbreit doppelt legt, an den offenen
Rändern zuſammen einfaßt und über das Knie zieht, dann
leiſten länglich rundgeſchnittene dicke Stofflappen ſehr gute
Dienſte, die man ringsum mit Schrägſtreifen einfaßt und mit
bleiſtiftbreitem Gummiband zu einer Rundung zuſammennäht.
Sie brauchen dann bloß übergeſtreift zu werden, wobei das
Gummiband in der Kniekehle, weil nur kurz, für die Kinder
kaum zu ſpüren iſt, ſie alſo keinesfalls behindert.
M.
Hülſenfrüchte recht wohlſchmeckend zu
kochen. Man weiche ſie mit einem geſtrichenen Teelöffel
Bull=
richs Salz, auf ein Liter Waſſer und ein Pfund Früchte
ge=
rechnet, ein, ſetze ſie kalt und nur mit wenig Einweichwaſſer
bedeckt zum Kochen auf, füge einen Teelöffel Zucker bei, der ihr
Weichwerden begünſtigt und den Wohlgeſchmack vermehrt und
ſalze ſie erſt kurz vor dem Garwerden.
H.
Sellerie reſtlos auszunützen. Soll Sellerie zu
Salat bereitet werden, dann bürſtet man ihn in Waſſer völlig
fauber, ſchabt alles Braune gründlich ab, ſchneidet Wurzeln und
Platte in nudelartige Streifchen, die man nochmals gut abreibt
und zum Trocknen zur Seite ſtellt, um ſie dem gedörrten
Wur=
zelwerk zum Würzen der Fleiſchbrühe und Suppen beizufügen.
Den Sellerie ſelbſt ſchneidet man nun in Scheibchen wie zum
Salat, kocht dieſe weich, miſcht ſie zu Salat und verwendet das
ſehr kräftige Selleriewaſſer, das man ſonſt beim Kochen der
ganzen, ungeputzten Knolle weggießt, mit einer hellen
Mehl=
ſchwitze oder etwas Grieß zu einer ſehr kräftigen, äußerſt
wohl=
ſchmeckenden Suppe. Eine Meſſerſpitze Appels eingedickte
Würze und reic lich geröſtete Semmelbröckchen verfeinern den
Geſchmack noch und ergeben eine kräftige Abendſuppe.
Speiſezettel.
Sonntag: Kalbsbruſt mit dickem Reis. — Montag: Weiße
Bohnen und Möhren. — Dienstag: Kartoffelklöße mit Obſt. —
Mittwoch: Kümmelkraut mit Salzkartoffeln. — Donnerstag:
Apfelreis mit Zimtzucker. — Freitag: Grünkohl mit
Bratkar=
toffeln. — Samstag: Kartoffelmus mit Speckſoße.
Humor vom Tage
Metallarbeiter Starrkopf kommt von der
Gewerkſchaftsver=
ſammlung. Es iſt heiß hergegangen, aber die Klaſſenbewußten
haben geſiegt: „Fünfzig Prozent Lohnauſbeſſerung oder Streik”
iſt beſchloſſen worden. Hitze und Siegesfreude ſind groß, und
Starrkopf beſchließt, ein Glas Bier zu trinken. Er entnimmt
ſeiner Geldtaſche die erforderlichen ſechs Mark in Geſtalt von
Scheinen, faſt noch druckfeuchten Erzeugniſſen des
hochentwickel=
ten deutſchen Notendruckgewerbes. Da entführt ihm ein
plötz=
licher Windſtoß einen der Scheine und wirbelt ihn auf den
Straßendamm. Schon will Starrkopf nacheilen und ſein
Eigen=
tum in Sicherheit bringen, da fährt ihm ein Gedanke durch den
Kopf. Er hält inne und überlegt: Drüben auf dem
Straßen=
damm liegt eine Mark. Wenn er ſie an ſich nehmen will, ſo muß
er auf den Damm laufen, ſich bücken, den Schein aus dem
Schmutz aufheben, ſich wieder aufrichten und auf den Bürgerſteig
zurückgehen. Das bedeutet eine Arbeitsleiſtung von zwei
Minu=
ten Dauer, zuſammengeſetzt aus gewöhnlicher Arbeit (Tarif A),
leichter qualifizierter Arbeit (Tarif B, Poſ. 3) und Schmutzarbeit,
die laut Tarif C, Poſ. 2, der Schwerarbeit gleichzuſtellen iſt. Die
tarifmäßige Entlohnung für dieſe kombinierte Leiſtung von zwei
Minuten beträgt 1,75 Mk. Unter dieſem Satz zu arbeiten bedeutet
Tarifbruch. Ergo; Starrkopf darf die Mark nicht aufnehmen, da
ſie eine Minderbezahlung darſtellt, für die ein klaſſenbewußter
Arbeiter unter keinen Umſtänden eine Tätigkeit ausübt. Baſta!
Starrkopf richtet ſich alſo ſtramm auf, läßt den Markſchein liegen
und geht davon.
(Simpliziſſimus.)
Bebend ſtand er da. Alles raſte in ihm. Er mußte ſich
ver=
ſpotten laſſen wie ein Schulbube und durfte ſich nicht einmal
wehren, den er fühlte jetzt ſelber, wie unverantwörtlich er ſich
be=
nommen hatte.
Lächelnd fragte die hübſche junge Dame: „Nun, beſteht der
Herr Referendar vielleicht darauf, daß wir uns wiederſehen?”
Da raffte er den letzten Reſt von Energie zuſammen, zog
den Hut und empfahl ſich ſchleunigſt.
Und ward nicht mehr geſehen.
Gedanken über Nacht und Schlaf.
Von Wilhelm Ueberhorſt.
Abend! — Nacht! — Welche tröſtlichen Vorſtellungen! Und
wie ſind ſie dem Großſtädter fremd! Immer hat er Lärm, immer
Lichterglanz um ſich. Geſellſchaften, Theater, Bälle und
Nacht=
veranſtaltungen aller Art ſperren ihn von der Natur ab. Er iſt
zu bedauern, der arme, gehetzte Menſch, dem Abend und Einkehr,
Nacht und Ruhe nicht Begriffe ſind, die zueinander gehören,
der immer Arbeit, Beſchäftigung, Betrieb” haben muß bis weit
in die Nacht hinein, dem die Nacht nicht Lebensquell iſt, ſondern
erzwungene Schlaffheit, deren Wert und Sinn er nicht kennt.
Beſinnt Euch! Seht, wie wunderbar es iſt, wenn die
Däm=
merung ſich über das Land ſenkt, wenn alle Gegenſtände ſo
ſelt=
ſam unvertraut und irgendwie doch geahnt=vertraut werden,
wenn die Stimmen der Natur lauter tönen, der Wald
dunſtig=
blau und golden=beſäumt gegen den überhellen Horizont ſteht!
Und wenn es dann dunkel wird und die Sterne glänzen, die
holden und unbegreiflich fernen Kinder der Nacht!
So iſt die Nacht der Kinder, der Träumer und Dichter!
Ihnen zeigt ſie ihr ſinnendes Antlitz mit den großen, ſchwarzen
Augen, die in ungeahnte Fernen ſchauen. Ihnen glänzt ihr
Silberreif auf der ſtrengen, melancholiſchen Stiru.
Chriſtnacht! Wie lieblich=hell tönen die Glocken aus dem
er=
leuchteten Kirchlein! Die Leute gehen langſam in ſchwarzen
Gruppen über den ſchimmernden Schnee ſchweigend zum
Gottes=
haus. Aus den Häuſern bricht Lichterglanz von
Weihnachts=
bäumen, und wenn man zur Höhe ſchaut, ſieht man die
glitzernd=
klaren Sterne und glaubt fernher etwas zu hören. Das ſelige
Schweigen der erlöſten Gotteswelt tönt durch die Räume des
Himmels. Wohl dem, der es hört und dem es etwas bedeutet!
Im Amtsblatt der braunſchweigiſchen Staatsverwaltung,
erſter Jahrgang Nummer 28, findet ſich eine Verordnung mit der
Ueberſchrift „Verwendung von Rahmen nach Entfernung der
Vilder über Fürſten aus ihnen” — Die Verwendung des
Amts=
ſchimmels nach Entfernung des reaktionären Miſtes in
Ver=
öffentlichung desſelben ſcheint alſo nach wie vor der Veräpfelung
(Simpliziſſimus.)
wert zu ſein.
Spiel und Rätſel.
Füll=Rätſel.
ab, au, be, be, ch, eb, el, el, fü, ge, gr. im,
ir, is, le, le, ma, ma, nf, re, ro, ſe, ün, us.
Vorſtehende 24 Buchſtabenpaare ſetze
man in die 24 Quadrate des
Schilder=
häuschens, ſodaß die 12 wagerechten Reihen
Wörter von folgender Bedeutung enthalten:
1. Zahl. 2. Klebemittel. 3. Frauenname.
4. Fluß in Böhmen. 5. Farbe. 6.
Natur=
erſcheinung. 7. Körnerfrucht. 8.
Körper=
teil. 9. Nebenfluß der Donau. 10. Bibliſcher
Name. 11. Blume. 12. Nagetier.
Die Anfangsbuchſtaben nennen ein
neuzeitliches Kommando. Carl Deubel,
Kryptogramm.
9 10 6 5 13 * z 6 11 5 4 M
G
10
14
ESSEM und TRINKEN 2.
14
15
G
5 11. 1 9 10 O H1 G LH. A M (.D.
Scherz=Scharade.
Die Erſte hat faſt jeder Mann,
Die ſchöne Zweit” man öfters kann
Bewundern bei den Frauen;
Die Dritte in Italien fließt,
Die Viert” und Fünft’ im Käſe iſt
Gar mannigfach zu ſchauen.
Der Jüngling ſeufzt: Es iſt nicht leicht,
Daß man ſo raſch die Eins erreicht.
Es kränft ihn dies unſäglich;
Da griff er zu dem ganzen Wort
Und zupft und zerrt in einem fort,
Alltäglich!
C. D.
Rätſel.
472. 2124 — Ein Wirbeltier. — 134 nennt — Ein Element, — 4321
ein Kleid zum Staat, — Und 342 ein deutſches Bad. — Doch
nimmſt Du die Anfänge von dieſen Vieren, — Nach
Süd=
europa wird es Dich führen.
473. Bald bin ich klein, bald bin ich groß, — So winzig wie ein
Suppenkloß, — Groß wie die Erde, wie die Sonne. — Der
Jugend ſchaff’ ich Luſt und Wonne, — Erfreu” nicht minder
— die kleinen Kinder.
474. Ein Futtermittel iſt’ erſte Drittel. — Es macht den Reſt —
Ein Tier als Neſt. — Und Unkrautpflanze iſt das Ganze.
Auflöſungen.
Bücher=Kryptogramm: Iſt ein Dichter mit einem Bande
vertreten, ſo nimmt man den Anfangsbuchſtaben, iſt er mit zwei
oder drei Bänden vertreten, ſo nimmt man die erſten zwei oder
drei Buchſtaben des Namens. Man erhält: „Beleſenheit macht klug.”
Darmſtädter Silbenrätſel: 1. Kaleidoſcop. 2. Lama. 3. Arrac.
4. Paſchaſius, 5. Patjitan. 6. Albacete, 7. Chorizema. 8. Hallucination.
„Klappach”.
Ordnungs=Rätſel:
FTTER
F R EDR / C H
BERNH A R D
U R L A U B
1 N D / A NE R
RETER
Freude — Trauer.
Streichholz=Rätſel:
Rätſel: 469. Harz. 470. Ur, Al, Ural. 471. Buche, Buch, Buchel,
Verantwortlich: Max Streeſe.
Johannisnacht dann! Ein dämmerndes, warmes Weben
über der erblühten Erde! Feuerbrände von überall her. Und
ein wunderliches Sehnen im Herzen! Wer kennt nicht aus
Richard Wagners Meiſterſingern das Johannisnachtmotiv, das
ſilberne Klingen der Geigen auf und ab in halben Tönen, daß
einem das arme Herz bewegt wird von ſo jäher, ſüßer Wehmut,
daß man weinen, weinen muß! So geheimnisvoll, ſo weh=
ver=
traut iſt dem Traumſeligen, dem Liebenden, dem Dichter die
Jo=
hannisnacht!
Wagner ganz beſonders wußte von der Würde und
Bedeu=
tung der Nacht. Ihr gilt das Sehnen Triſtans und Jſoldes. Tag
iſt Trug und Wahn und Schmerz. Nacht aber iſt Erlöſung;
Nichtmehrſein, Erfüllung! Rückkehr iſt es zum All, zur
Urver=
einigung aller Weſenheit, zum Sein in einem höheren, myſtiſchen
Sinne! Liebe kann ſich nicht im ſchmerzenden, trüben Tag, im
ſinnlichen Genuß erfüllen. Die Sehnſucht gilt der
wunſchlos=
unbewußten Vereinigung im Tode, der Rückkehr „zu den
Müt=
tern”. So nennt’s Goethe, „Erde” nennt es Wagner. Im Schlafe
wird Erda wiſſend, Urweisheit eröffnet ſich ihr!
Faſt unſagbare Dinge ſind es, um die es ſich hier handelt.
Man muß ſie fühlen, muß ſie ahnen. Nacht und Schlaf,
geheim=
nisvolle Lebensſchöpfer! Vielleicht werden ſie klarer, wenn man
ſich die Dinge ſichtbar, greifbar, von der phyſiologiſchen Seite her
denkt. In der Entwicklung alles Lebendigen ſtehen wir mit dem
Namen Menſch benannten Weſen auf höchſter Stufe. Je tiefer
wir auf der Stufenfolge hinabſteigen, umſo weniger Bewußtſein!
Endlich nur ein Dämmern, ein Schatten davon, ein
Hinüberglei=
ten zum pflanzlichen, zuletzt zum anorganiſchen! Aus ihm, dem
anorganiſchen, kommen auch wir. Als unſere Vorfahren ſich von
ihrer feſten Unterlage, von dem Mutterboden der Erde löſten,
ſchufen ſie ſich zur Orientierung das Bewußtſein, das dem Lichte,
dem Tage geöffnet, in die Ferne zu greifen geſtattet. Iſt nicht
aber das unbewußte, nächtliche, das eigentliche, da, woher wir
höchſte Kraft ſchöpfen? Und deshalb kehren wir, wenn es um uns
dunkelt, wenn es Nacht wird, zum vegetativen, zum
anorgani=
ſchen zurück, zum Schlaf, der uns erneuert. Es iſt, als wenn wir
zur Heimat kämen, die uns ſicher und feſt umgibt; zur Mutter,
die uns in ihre Arme ſchließt, die den Lärm des Tages, Licht,
Trug und Schmerz von uns nimmt und in uns wieder erſchafft,
was der Kampf uns nahm. Friſch erwachen wir des Morgens
und alles um uns iſt neu, iſt beſſer, iſt leichter.
Liebt darum die Nacht! Liebet den Schlaf! Sie werden es
lohnen.