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er, Reiter.
federvieh.
Ean Laußt
Di af
Bezugspreis:
eiwöchentlich 7maligem Erſcheinen monatl. 800.— M.
7d 50.— M. Abtragegebühr, durch die genturen
10—— M. jrei Haus. Beſtellungen nehmen
ent=
igen: die Geſchäfts telle Rheinſtraße 23 (
Fern=
rrecher 1, 290 und 2391), die 2genturen und alle
oſtämter. Verantwortlichkeit für Aufn. hme von
nzeigen an beſtimmten Tagen wird nicht
üuernom=
en. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
öherer Gewalt berechtigt den Be ieher nicht zur
Kür=
ing des Be ugspreiſes. Beſtellungen und
Abbeſtel=
ngen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
186. Jahrgang
Nachdruck ſämtlicher mit verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtatlet.
Nummer 21
Montag, den 22. Januar 1923
Frankreichs Raubzug.
ie Arbeiterſchaft fordert Thyſſens Freilaſſung.
Düfſeldorf, 21. Jan. (Wolff.) Unter Führung des
Hegierungsprüſidenten Dr. Grützner begaben ſich am 20.
Ja=
uar, abends gegen 6½ Uhr, die Arbeiter=, Angeſtellten= und
eriebsräte des Thyfſenſchen Werkes aus Hamborn
id Mülheiu, ſowie je ein Vertreter der freien und Ghriftlichen
ewerkſchaften zu der franzöſiſchen Beſatzungsbehörde, um
A5Beſchluſ von 65 000 Arbeitern und
Angeſtell=
n wegen der ſofortigen Freilaſſung Fritz Thyſſens und
egen der fofortigen Wiedereröffnung der
Reichs=
aukſtellen vorſtellig zu werden. Da weder General De=
Autte noch Gencral Simon zu erreichen waren, gingen die
Ver=
eter zum General Danvignes, der infolge ueberanſtreigu ig
räßlich war. Sie wurden ſodann von Oberſt Regnier
empfan=
u. Die Betriebsräte und ihre Begleiter forderten unter
Ueber=
ichung einer ſchriftlichen Erklärung mit energiſchen Worten die
verzügliche Freilaſſung Fritz Thyſſens als ihres Volksgenoſſen
d als des Hauptes der wirtſchaftlic en unternehmungen, von
ren Einmandfteier Leitung ihr und ihrer Familien Wohl
ab=
nge. Sie betonten, daß dieſer nur ſeine Pflicht getan habe,
un er als Deutſcherlediglichdeutſchen Geſetzen
olge leiſtete. Der Oberſt konnte, mangels Vollmachten
r die Erklärung entgegennehmen, womit ſich die riebsräte
o Gewerkſchaftsvertreter nicht begnügten. Es en ſpann ſich
e läugere, an dramatiſchen Zwiſchenfällen reiche Ausſprache,
Bietriebsräte ſorderten unbedingt in kürzeſter Zeit Degf tte
die verantwortliche Perſon zu ſprechen und legten der
üiſchen Negierung die Verantwortung für alle l=
An auf, wenn Degoutte nicht bis Montag, 6 Uhr morgen”, für
lchen Termin ein einſtimmiger Beſchluß der geſamten
Beleg=
aften der Berg= und Hüttenwerke vorliegen würde, die
Frei=
fung Thyſſens gnordnete. Beſondere Entrüſtung erregte
Bemerkung des Oberſten, daß die Beſtraſung der, wie auf
briter bei der Arbeit blieben. (h
ſofortige Wiederaufnahme der Tätigkeit der
öfnuung von der Verrflichtung der Direktoren und Angeſtellten Nangierfahnhöſen hunderte von Gleiſen auf jedem Bahnhof zur
s denn die Arbeiter für die Reichsbank einzutreten hätten,
haſteſte Entrüſtung. Als ſie ihre Meinung über die
wirt=
intliche Bedeutung der Neichsbank für ihre Unternehmungen, daß er zum Stilſtand kommt.
itlich ausdrückten, lud der Oberſt ſchlieflich die Betriebsräte
Sonntag vormittag 10 Uhr zu General Simon ein, um
Betriebsräten, wenn irgend möglich, die endgültige
Stel=
gnahme des Generals Degoutte übermitteln zu laſſen. Die beſchloß der Verein deutſcher Eiſen= und
Stahl=
werkſchaftsrichtungen.
Die völkerrechtswidrigen Verhaftungen.
ſinanzamtes von Duſſeldorf Schlutius und der Reichs= beziehen.
ildirektor Vrölloph in Ludwigshafen; in ſeinem
Aufent=
t iſt rechtswidrig beſchränkt worden: der Oberbergrat der Reichsregerung an die Landesregierungen Preußens,
Bah=
idhart.
: der Generaldireltor Dengelmann von Eſſener Stein= tung an, rechtswidrigen Anordnungen der
Be=
lenbergwerk, Generaldirektor Wüſtenhöfer vom Eſſener ſatzungsbehörden ohne Rückſicht auf die eigene Perſon un=
7 der Bergwerksgeſellſchaft Dahlluſch” Generaldirektor nen wird volle Schadloshaltung zugeſichert.
indler von den Stinnes=Zechen. Der Geſchäftsträger in
oteſt wegen dieſer Fälle zu erheben und die ſofortige Frei= umſchlagsunternehmungen iſt den Beſtimmungen des
nugtuung werden vorbehalten.
Mainz, 21. Jan. (Wolff.) Von den im Induſtriebezirk und Belgien oder bei der Umlenkung von Kohlen, die
ern abend neun hierher gebracht worden zur kriegs= gien mitzuwirken, gleichgültig, ob die Beförderung dorthin direlt
Arichtlichen Unterſuchung, nämlich Fritz Thyſſen, oder auf dem Wege über andere Länder erfolgen ſoll.
neraldirektor Dengelmann, Generaldireltor Wüſtenhöfer,
Ge=
aldirektor Keſten, Direltor Spindler, Bergaſſeſſor Olfe, Ge= ter des Hauptbahnhofs ſtellten inſolge erneuten Eingriffs der
mrat Raiffeiſen ſowie der Landesfinanzrat Dr. Schlutius Beſatzungsbehörden morgens 5. Uhr die Arbeit ein. Die
ein weiterer Verhafteter aus dem Induſtriegebiet namens über Dortmund fahrenden Züge müſſen umgeleitet werden.
tenlecker. Bergrat Ahrens befand ſich nicht unter den
hier=
gebrachten Verhaſteten. Die Herren wurden in einem Auto= rung wurde an die Kaufmannſchaft herangetreten mit dem
Er=
bil vom Bahnhof abgeholt. Die kriegsgerichtliche unterſuchung ſuchen, den Angehörigen der Beſatzungstruppen keine
Le=
d vorausſichtlich am kommenden Dienstag beginnen.
Eſſen, 21. Jan. (Wolff.) Heute vormittag wurde dank
rſem Proteſt und einer Solidaritätserklärung der Poſt=
Telegraphenbeamten der Oberpoſtdireltor Fünger,
Poſt=
keu, in Freiheit geſetzt. Die Herren kehrten auf ihre Beſprechung mit den Vertretern der Städte und Landkreiſe,
wo=
ten nach Eſſen zurück.
TV. Eſſen, 21. Jan. Die verhafteten Vertreter des pri= geſamte Ernährungslage des Ruhrgebiets und der
mtliche Verhafteten werden von Rechtsanwalt Dr. Grimm= werde die Reichsregierung nach den bereits ergriffenen Maßnah=
Vom Tage.
imn Gutdchen derghente Aiechälge Beicherde Fnifß henfte
dem D=Zug 168 fünf Zechenvertreter, worunter ſich
3 Herr Fritz Thyſſen befinden ſoll, in einem Wagen 1. und
tlaſſe mit ſtark verhängtem Fenſter und unter ſtarker
militä=
her Bewachung mit aufgepflanztem Bajonett im Mainzer
tptbahnhof an. Der Wagen wurde ſofort nach dem
Güter=
nhof geleitet. Dort wurden die Verhafteten auf ein
bekeit=
endes gewöhnliches, mit Zeltbahnſtoff überſpguntes
Militär=
o gebracht und abtransportiert.
Die Lage der Eiſetbahnen.
TU. Eſſen, 21. Jan. Zu der Lage auf den
Eiſen=
bahnen erfahren wir von zuſtändiger Stelle folgendes: Die
fragen erklärt wurde, vor ein Kriegsgericht in Mainz geſtell= Eiſenbahner des geſamten aiten und neubeſetzten Gebietes hal=
Zechenreiteter, milde ausfallen würde, wenn die tei ſich ſtrikt an die Veiſungen des
Verkehrs=
miniſters Gröner, Ueberall da, wo die Franzoſen einen
Kohlenwagen oder Kohlenzüge beſchlagnahmen, wird ſofork die
Sbdann verlangten die Arbeiter mit aller Entſchiedenheit Weiterleitung dieſer Züge verweigert. Verſchiedene Gleiſe auf
eichsbankſtellen, und zwar, uhne daß dieſe Wieder= den Nangierbahnhöfen lönnen nicht mehr für, durchfahrende
Wagen benutzt werden. Da aber auf den rheiniſch=weſtfäliſchen
Mitwirkung bei der Erhebung der Kohinſteuer und ſonſtigen Verfügung ſtehen, kann einſtweilen noch um ſo geſperrte Gleiſe
gefetzlichen neuen ſranzöſiſchen Anordnungen abhungig 9e= herumgefahren werden. Jede weitere Beſchlagnahme aber
er=
ct werde. Auch hier erregte die Bemerkung des Oberſten, ſchwvert den Eiſenkahnbetrieb. Man erwartet daher, falls die
Beſchlagnahmungen veitergehen, daß ſpäteſtens anfangs nachſter
Woche der geſamte Eiſenbahngüterverkehr dermaßen zerrüttet iſt,
Abwehrmaßnahmen.
Berlin, 21. Jan. (Wolff.) Den Morgenblättern zufolge
triebsräte umfaſfen Angehörige fämtlicher Parteien und induſtrieller in einer Hauptorſtandsſitzung, keinerkei
Geſchäftsbeziehungen mehr mit Frankreich
und Belgien aufrechtzuerhalten. Die Lieferverträge für
Mineralerze ſind von den Ciſenhüttenwerken gekündigt, ſogar die
Berlin, 2t. Jan. (Wolff) Im Ruhrgebiet ſind von der Abnahme der angelieſerten Erzmengen wird verweigert.
Zu=
ſatzungskehörde in den letzten Tagen rechtswidrig der= dem wollen die Vertreter der Eiſeninduſtrie von Frankreich.
ftet worden: Geheimer Oberbergrat Raiffeiſen Ober= Belgien und dem mit Belgien durch Zollunion verbundenen
grat Ahrens, Vergrat Ruffel, der Präſident des Lan= Luxemburg weder Reheiſen noch andere Eiſen= und Stahlwaten
Der Reichspoſtminiſter wies auf Grund des Aufrufs
erns, Heſſens und Oldenburgs vom 2. Januar alle Beamte, Au=
Am 20. Januar vormittags ſind weiter verhaftet wor= geſtellte und Arbeiter der Reichspoſt= und
Telegraphenverwal=
rawerlsverein „König Wilhelm”, Generaldirektor, Keſten beugſamen Widerſtand entgegenzuſetzen. Den Betroffe=
Das Reichsverkehrsminiſterium gibt bekannt:
ris iſt angewieſen worden, bei der franzöſiſchen Regierung Den Leitern, Angeſtellten und Arbeitern der
Schiffahrts=
ſſung zu fordern. Sämtliche Anſprüche wegen Reichskohlenkommiſſars entſprechend verboten, bei der Be= wollen die Polen weiteres deutſches Land an ſich reißen und der
förderung und Verladung von Kohlen für Frankreich
ern verhateten Perſönlichteiten aus der Induſtrie ſind für deutſche Empfänger beſtimmt ſind, nach Frankreich oder Bel=
Dortmund, 21. Jan. (Wolff.) Die Beamten und
Arbei=
bensmittel mehr zu verkaufen.
Die Ernährungslage im Ruhrgebiet.
Nach der Deutſchen Allgemeinen Zeitung aus Eſſen erörterte
ektor Zehme, die ſchon nach Düſſeldorf abtransportiert Reichsernährungsminiſter Dr. Luther in einer eingehenden
ran, auch Regierungspräſident Dr. Grützner teilnahm, die
en Nuhrbergbaues ſowie die beiden leitenden Beamten der übrigen beſetzten Gebiete. Beſonders wurde hervorgehoben, daß
tlichen Zechen ſind nach Mainz gebracht worden, wo bereits Mehlvorräte reichlich vorhanden ſeien, auch die Kartoffel=
Montag ein Kriegsgericht gegen ſie zuſammentreten wird, verſorgung ſei für längere Zeit geſichert. Die Fettverſorgung zu führen.
g bei General Simon men nachdrücklich fortſetzen. In der Milchverſorgung ſeien
durch die franzöſiſchen Anforderungen für die Familien der
Be=
ſatzungstruppen völlig unerträgliche Zuſtände für
die deutſche Bevölkerung eingetreten, wodurch der Nachwuchs
aufs ſchwerſte geſchädigt werde.
Der Reichsausſchuß der deutſchen Landwirtſchaft
erſucht den Vorſitzenden aller deutſchen Landwirtſchaftskammern
in einem geſtern gefaßten Beſchluß, gemeinſam mit den übrigen
Landwirtſchaftsorganiſationen der Länder und Provinzen, eine
Sammlung von Lebensmitteln für die
be=
drängte Ruhrbevölkerung verzuglos in die Wege zu A
n
leiten.
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Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher
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treibunz fällt jeder Rabatt weg.
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Eiſenbehndirektionspräſident Jahn und Oberbaurat Buſch ſind
geſtern abend wieder freigelaſſen worden. Das Verfahren gegen ſie
geht weit, v.
Sonntag vormittag iſt der geſamte Betriebsrat der fiskaliſchen
Zecktm in Buep wieder zuſammengetreten. Die Samstag abend in
ſpäter Stunde von Düſſeldorf zurüickackehrten Betriebsratsmitglieder zöſiſchen Drohungen nicht glauben wollten und eine
Ruhr=
haben erkärt, daß die fronzöſiſchen Ingenieure Sonntag vormittag zu beſetzung vollends gegen den Widerſpruch von England und
ihren Forderungen Stellung nehmen werden.
Berginfpektion Buer für Herrn Obevbergat Arendt Telegramme ein= der recht gegeben. Der kriegeriſche Einbruch mitten
getroffen, die dem Oberbergat für ſein tapferes Verhalten Dank aus= im Frieden iſt erfolgt, die Truppen rücken immer weiter vor
prechen.
Militärgefängnis, Düſſeldorf. Wiu bitten Sie, davon überzeugt zu ſein
Vorbild hindeln wird.
Auf dem Hauptbahnhof in Dortmund iſt ein allgemeiner Streik gen und ſcheut dabei vor dem Aeußerſten nicht zurück.
a sgebrochen. Der ganze Verkehr liegt hier ſtill. Angeblich foll der
Vorſteher des Hauptbahnhofes verhaftet worden ſein.
Der deutſche Bühnenverein hat beſchloſſen, ſeine Mitglieder
aufzu=
fordern, die franzöſiſchen Stücke vom Spielplan gbzuſetzen.
Nach dem amtlichen Bericht der Ma ineleitung ſind von dem am entg geu, und doch verzagen ſie nicht, ſondern geloben im An=
10. Januar bei Elbe l geſunkenen deutſchen Motorſchiff „Wilbo” elf
Mann der beſatzung eborgen; fünf Mann werden noch vermißt.
In der Nacht zum 20. Januar iſt der Frachtdampfer „Faumand”
im Chriſtigniafſord gekentert und geſunken. Von der Beſatzung von
neun Mann ſind ſieben ertrunken.
Einheitlicher Gegenſtoß.
Dr. Hermann
Von.
Pachnicke.
M. d. R.
Es fanden ſich noch immer Leute, die an den Ernſt der fran=
Amerika für ausgeſchloſſen hielten. Dieſem gefährlichen
Opti=
mismus ſind wir an dieſer Stelle ſtets entgegengetreten, weil
Vom Handelsminiſter und vom Eſſener Bürgermeiſter ſind bei der wir Frankreichs Pläne kannten. Die Entwickelung hat uns
lei=
die Gzwaltmaßnahmen nehmen kein Ende und ſchon iſt Blut
Sämtliche Direktoren der Thyſſen=Werke haben folgendes Telegramm gefloſſen. Das alles wegen geringer Mengen nichtgelieferter
an Herrn Fritz Thyſſen geſandt: „Herrn Fritz Thyſſen, franzöſiſches Kohlen, Schnitthölzern und Telegraphenſtangen. Jede Berufung
auf das Recht, jeder Hinweis darauf, daß die dortige
Bevölle=
daß jeder einzelne der zurzeit hier verſammalten Divektoren der Thyſ= rung nuur den Geſetzen ihres eigenen Landes und den
Vorſchrif=
ſen=Werke ſtets ſeiner Pflicht als Deutſcher bewu t iſt und getreu Ihrem ten ihrer eigenen Regierung zu gehorchen habe, ſetzt Frankreich
die kalte Teuſelsfauſt entgegen. Es will ſich Gehorſam erzwin=
So iſt nun auch für die Bevölkerung des Ruhrgebietes die
Leidenszeit gekommen. Was das bedeutet, zeigt die
Denk=
ſchriftüber die Ausſchreitungen der
Beſatzungs=
truppen, die dem Reichstag ſoeben zugegangen iſt.
Einzel=
heiten haben wir bereits daraus mitgeteilt. Solchen Greueln,
wie ſie barin aufgeführt ſind, ſehen nun auch die Ruhrländer
geſichte des Feindes dem Vaterlande die Treue. Das
deutſche Volk erwidert die Verſicherung des
Zuſammengehörig=
keitsgefühls in Geſinnung und Tat. Keine Macht der
Welt ſoll die auseinanderreißen, die Blut und
Sprache, Geſchichte und Gegenwart
miteinan=
der verbindet.
Der Reichskanzler Cuno hat feierlich erklärt, daß, ſolange
die Beſetung dauert, Leiſtungen an die Mächte, die den Zuſtand
ſchufen, nicht mehr bewirkt werden ſollen, und daß
keine Hand ſich rühren werde, um bei der Durchführung der
au=
gedruhten Maßregeln zu helfen. Das war ein inhaltsſchweres
Wort und muß, einmal. eſprochen, gehalten werden. Die erſte
poſitive Maßregeln, die daran anknüpfte, war das Verbot des
Reichskohlenkommiſſars, Kohlen und Koks an Frankreich und
Velgien, auch für den Fall der Bevorſchuſſung und Bezahlung,
zu lis ern. Weitere Abwehrmaßregeln müſſen folgen, wenn das
Vertrauen zu dem Kabinett Cuno nicht erſchüttert werden ſoll.
Die Rechnung der Franzoſen geht dahin, daß Deutſchland
ſchon verhandeln und ſich fügen werde, wenn man die
Hand an ſeiner Gurgel halte. Dieſe Rechnung gilt es
zu durchkreuzen. Entſchlofſenes Handeln iſt auch deshalb
erſorderlich, weil andernfalls die Welt auch den ſtärkſten Worten,
die aus Deutſchland kommen, keinen Glauben ſchenken würde.
Vir haben gegen den Friedensvertrag, gegen
die Sanktionen gegen die Losreißung
Ober=
ſchleſiens proteſtiert und dennoch alle dieſe
Ge=
waltakte über uns ergehen laſſen. Würde es auch
diesmal nur bei feierlichen Verwahrungen bleiben, ſo könnten
ſelbſt diejenigen, die uns helfen wollten, nichts fürunstun.
Die Verantwortung des Kabinetts Cuno iſt alſo eine
un=
geheuere, ebenſo wie die des Reichstages. Eine
geſchloſ=
ſene Front iſt nötig, und jede Abſonderung einer
einzel=
nen Partei bedenklich. Nur die äußerſte nationale Energie und
nationale Diſziplin vermag den Druck zu mildern und die
Lei=
deuszeit zu verkürzen. Die allerorten abgehaltenen
Proteſtver=
ſammlungen erwecken die Hoffnung, daß die nötige Kraft zum
Widerſtand vorhanden iſt und die Regierung lei ihrem
Vor=
gehen unterſtützen wird.
Wir ſtehen einem Feinde gegenüber, der weiß, was er will,
der uns nicht nur an einer einzigen verwundbaren Stelle,
ſon=
dern zugleich an anderen trifſt. Es iſt kein Zufall, daß
gleich=
zeitig an der polniſchen Grenze Bewegungen gemeldet werden
und daß in Oſtpreußen Banden auftreten, die die
Selbſtändig=
keit der Provinz bedrohen. Mit Poincaré iſt Korfanty
in Bunde, um die günſtige Gelegenheit auszunützen.
Zu=
nächſt wird um die Delbrückſchächte gerungen, die Polen um
jeden Preis in ſeinen Beſitz bringen will. Nicht genug damit,
poluiſchen Minderheit überall die Herrſchaft ſichern.
In ſolcher Stunde ſteigender Gefahr iſt deutſche
Gegen=
wehr doppelt notwendig. Der Oberſchleſiſche Hilfsbund ſieht
ſich heute mehr denn je einer bedeutſamen Aufgabe gegenüber
und wird ihr umſo eher gerecht werden, je mehr ſich ihm das
Intereſſe und der Opferſinn der deutſchen Bevölkerung zuwendet.
Um der geſchichtligen Sendung willen, die das Deutſchtum hat,
müſſen wir alles an die Selbſtbehauptung ſetzen, müſſen
Aus Kreiſen der Gelſenkirchener arbeitenden Bevölke= uuſeren Kulturkreis gegen die Einbrecher im Weſten wie im
Oſten ſchützen. Kopfarbeiter wie Handarbeiter ſollten ſich als
eine Einheit fühlen, da gleiche Sorgen ſie bedrücken und gleiche
Geſahrer, ſie bedrohen. Es geht um den Beſtand des
Deutſchen Reiches, um die Rettung der
deut=
ſchen Einheit, um das Wohl und Wehe der
Ge=
ſamtwirtſchaft und jedes Einzelnen. Die Lage iſt
auf das äußerſte geſpannt, jeder Tag kann neue Gewaltakte, neue
Erſchwerungen bringen. In ſolcher Bedrängnis hilft nur der
grimmige Entſchluß, ſich unbekümmert um Parteiunterſchiede
feſt zuſammenzuſchließen und einmütig eine
Regierung zu unterſtützen, die gewillt iſt,
ſtandzuhalten und einen kraftvollen Gegenſtoß
Die Behandlung der Verhafteten.
Mainz, 22. Jan. (Wolff.) Der hier anweſende
Spezial=
berichterſtatter der argentiniſchen Zeitung „La Razon” begab ſich
Samstag nachmittag zum Generalſtab der franzöſiſchen
Rhein=
armee mit dem Erſuchen, ſich davon überzeugen zu dürfen, daß
die verhafteten deutſchen Großinduſtriellen
menſchenwür=
dig behandelt würden. Das wurde abgeſchlagen. Auch in
Begleitung eines franzöſiſchen Offiziers wurde die Unterredung
nicht geſtattet.
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Moutag, den 22. Januar 1923.
Rummer 21.
Verhaftung und Ausweiſung in Mainz.
* Der Leiter des Hauptzollamts Mainz, Herr
Oberregie=
rungsrat Dr. Offenbächer, iſt in der Nacht vom 20. auf 21.
verhaftet worden. Er hatte ſich geweigert, den Befehlen der
interalliierten Kommiſſion nachzukommen, die ihm dadurch
zu=
mutete, ſeinen deutſchen Dienſteid zu brechen. Die
Zollarbeits=
gemeinſchaft Mainz hat einmütig Proteſt gegen dieſe
unrecht=
mäßige Verhaftung erhoben. Durch den Rechtsanwalt Neumann
iſt die ſofortige Haftentlaſſung bei der franzöſiſchen Regierung
beantragt worden. Die Aburteilung erfolgt bereits am
Diens=
tag mit den Zechendirektoren und dem
Landesfinanzamtspräſi=
dent Dr. Schlutius. Die Frau und die Kinder des
Oberregie=
rungsrats Dr. Offenbächer ſollen bis Montag abend das beſetzte
Gebiet verlaſſen.
Kriegsgerichtsverhandlung am Dienstag.
Mainz, 22. Jan. (Telunion.) Der Vertreter der
Verhaf=
teten, Rechtsanwalt Grimm, hat die Erlaubnis erhalten, die
Herren am Montag um 9 Uhr ſprechen zu können. Die
Kriegs=
gerichtsverhandlung findet am Dienstag nachmittag
4 Uhr ſtatt.
Deutſche Proteſtnoten.
Berlin, 20. Jan. (Wolff.) Der deutſche Geſchäfts
träger in Paris wurde beauftragt, der franzöſiſchen Regierung
folgende Note zu überreichen:
Die militäriſche Beſetzung des Ruhrgebiets hat zu
Gewalt=
maßnahmen der franzöſiſchen und belgiſchen Befehlshaber
ge=
führt, die neue ſchwere Rechtsverletzungen darſtellen.
Nachdem die deutſche Regierung die Beſetzung als Rechts= und
Vertragsbruch gekennzeichnet hat, erübrigt es ſich, die
Rechts=
widrigkeit aller dieſer Maßnahmen im einzelnen nachzuweiſen.
Einen Vorfall aus der Reihe der rechtswidrigen Akte muß die
deutſche Regierung jedoch beſonders hervorheben, weil er ſchwere
Bluttaten gegen Deutſche zur Folge gehabt hat und die Willkür
des franzöſiſch=belgiſchen Vorgehens aufs deutlichſte in die
Er=
ſcheinung treten läßt.
Der in Rede ſtehende Vorfall hat ſich, nach den der deutſchen
Regierung bis jetzt zugegangenen Berichten folgendermaßen
ab=
geſpielt: Am 15. Januar abends kam es in Bochum unter dem
Eindruck der militäriſchen Beſetzung der Stadt zu Kundgebungen,
die darin beſtanden, daß Anſammlungen von Einwohnern,
patrio=
tiſche Lieder ſingend, durch die Straßen zogen. Ein ſolcher Zug,
der ſich hauptſächlich aus Arbeitern und Angeſtellten
zuſammen=
ſetzte, kam in die Nähe des Eiſenbahndirektionsgebäudes, wo
franzöſiſche Poſten ſtanden. Die Poſten forderten die Arbeiter
auf, das Singen einzuſtellen und ſchoſſen darauf in die Menge
hinein. Ein junger Mann, der Sohn des Lokomotivführers Birve,
wurde ſofort getötet, mehrere andere Perſonen ſchwer verletzt.
Es ſteht ſeſt, daß die an dem Zuge teilnehmenden Perſonen nicht
bewaffnet waren, und daß ſie die Poſten weder angriffen noch auch
nur bedroht haben. Erſt nach dem Vorfall wurde von dem
fran=
zöſiſchen Kommandanten die Anordnung erlaſſen, die
Anſamm=
lungen auf der Straße unterſagte.
Die deutſche Regierung erhebt gegen dieſen Maſſengewaltakt
auf deutſchem Boden ſchärfſten Proteſt. Sie behält ſich vor, für
die dem Gewaltakt zum Opfer gefallenen Perſon für
die Angehörigen volle Genugtuung zu fordern.
Berlin, 21. Jan. (Wolff.) Der deutſche
Geſchäfts=
träger in Paris wurde beauftragt, der franzöſiſchen
Regierung folgende Note zu überreichen:
Der Bluttat in Bochum, die der Gegenſtand meiner
geſtri=
gen Note bildete, folgte eine zweite, nicht minder ſchwere
Bluttat. Am 19. Januar, abends 9.30 Uhr, wurde der
Kran=
kenträger Kowalski vor dem Amtsgerichtsgebäude in Langen=
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus.
Sonntag, den 21. Januar.
Otbello
Lyriſches Drama von G. Verdi.
Wie im Kleinen Haus „Figaros Hochzeit”, ſo iſt im Großen
Verdis „Othello” eine Muſtervorſtellung unſeres Theaters. Die
Beſetzung mit beſonders geeigneten Kräften, eine glänzende
In=
ſzenierung, prächtige Koſtüme, vortreffliche muſikaliſche und
Spielleitung drücken ihr den Stempel der Vollsndung auf. Je
öfter man dieſes Meiſterwerk hört, deſto eindringlicher kommen
ſeine dramatiſche Kraft, die melodiſchen und inſtrumentalen
Schönheiten ſeiner Partitur zum genießenden Bewußtſein.
Heute =abend ſang Hedwig Werlé aus Köln die
Des=
demona. In ihrer ſchlanken, jugendfriſchen Erſcheinung, mit einer
feinen, geſchmackvollen Art in Spiel, Geſang und Mimik, gelang
es ihr trefflich, dieſer wundervollen Rolle den Reiz anmutiger
Weiblichkeit zu verleihen. Der kleinen Stimme, die der Tiefe
entbehrt, fehlt noch die Kraft der Dramatik, die Tragfähigkeit in
den Rezitatiden und eine deutliche Ausſprache. Doch beſitzt ſie
lyriſche Wärme und Schattierungsfähigkeit und wird kunſtgerecht
behandelt. Die offenbar ſehr muſikaliſche Dame, ſicher in ihrer gut
aufgefaßten Rolle, gewandt im Auftreten, überzeugend im
Aus=
druck, bot ein abgerundetes, perſönlich gefärbtes Ganzes. Ihr
Erfolg fand verdienten Beifall.
v. H.
Kornfeld=Uraufführung.
Frankfurter Schauſpielhaus.
Frankfurt a. M., 21. Januar.
* Hatte Paul Kornfeld in den Dramen „Die
Verfüh=
rung” und „Himmel und Hölle” letzte menſchliche Fragen in dem
Rahmen der Tragödie problematiſch erörtert, ſo ſucht er in
ſei=
nem jüngſten Werk „Derewige Traum”, das an dem
Frank=
furter Schauſpielhaus am Samstag ſeine Uraufführung
erlebte, in der Form der Komödie der Zeit den Spiegel
vorzu=
halten. In einem Vorſpiel beſpricht ein amüſant gezeichneter
ſoziologiſcher Klub in vielen Reden die Fragen der Gegenwart
und findet den Weg zu ihrer Löſung nicht in dem Aufbau,
ſon=
dern in der Zerſtörung der Familie und dem Erſatz durch
ſtaat=
liche Reglementierung eines auf kurze Zeit geſchloſſenen
Ver=
hältniſſes. In 14 Bildern wird dieſer Zukunftsſtaat nun ad
absurdum geführt: die Ehe iſt abgeſchafft. An ihre Stelle tritt
ein ſtaatlich geregeltes, auf vier Monate feſtgeſetztes
Zuſammen=
leben von Mann und Frau. Doch der ſtaatliche Zwang ſcheitert
an dem aus der Liebe geborenen, dem Menſchen innewohnenden
Drang zur dauernden Einehe, wie er in einem durchaus
indivi=
dualiſtiſch geſinnten Liebespaar verkörpert wird. Das Nachſpiel
führt wieder in die Sitzung des ſoziologiſchen Klubs, nur daß
jetzt die Löſung der ſozialen Frage in dem Aufbau der Familie
gefunden wird, und daß als letzter Schluß die Wahrheit
durch=
klingt, daß nicht weltfremde Theorien, ſondern die Wirklichkeit
die Fragen des Lebens entſcheidet.
So richtig der Grundgedanke der Komödie iſt, ſo
undrama=
tiſch iſt ſeine Ausführung. Die erſten Szenen gehen in
theore=
tiſchen Erörterungen unter; den Fehler, den Kornfeld dem
Redeklub vorwirft, begeht er als Dramatiker ſelbſt. Erſt im
zwei=
ten Teil gelingt es ihm, einzelne bühnenwirkſame Szenen zu
ſchaffen, allerdings nur dadurch, daß er ſich dem Stil des
Schwankes ſtark nähert und die Stimmung durch eine groteske
Zwiſchenmuſik, zuſammengeſtellt von Hans Avril, vorbereitet.
Während der Beifall zunächſt durch Oppoſition niedergehalten
wurde, konnte Kornfeld am Schluſſe mehrmals an der Rampe
e’ſchcinen. Die geſchickte Spielleitung von Walter
Brüg=
mann, die darſtelleriſch in erſter Linie von Roſe Weber,
Nor=
bert Schiller und Toni Impekoven unterſtützt wurde, trug zu
Abends weſentlich b
dem relativen Erfols
dreer von einem franzöſiſchen Wachtpoſten erſchoſſen. Kowalski
ging über den Kaiſerplatz auf das Amtsgerichtsgebäude zu. Der
franzöſiſche Poſten rief ihn an, und gab gleich darauf
Feuer. Da der Vorfall in der Nähe einer brennenden
Laterne ſich abſpielte, mußte der Poſten geſehen haben, daß es
ſich um eine einzelne wehrloſe Perſon handelte, die
keinerlei Angriffsabſichten erkennen ließ. Die Tat iſt umſo
ver=
werflicher, als ſie nicht nur auf die Brutalität eines
einzel=
nen franzöſiſchen Soldaten zurückzuführen iſt, ſondern, wie der
franzöſiſche Kommandant in Langendreer gegenüber dem
dorti=
gen Bürgermeiſter erklärte, den erteilten Inſtruktionen
entſpricht. Die Erteilung derartiger Inſtruktionen während
einer angeblichen friedlichen Aktion richtet ſich ſelbſt.
Die deutſche Regierung erhebt auch in dieſem Falle ſchärfſten
Proteſt und behält ſich vor, volle Genugtuung zu
for=
dern.
Der Tag erfährt von induſtrieller Seite, daß die
Kohlen=
verſorgung Deutſchlands geſichert ſei. Im Jutereſſe
der Reichseiſenbahn ſeien für mindeſtens 50 Tage Kohlen
vor=
handen. Die Induſtrie ſei durchſchnittlich für zwei bis
zwei=
einhalb Monate mit Kohlen eingedeckt.
Zollgrenze?
Im beſetzten Gebiet, des Eiſenbahndirektionsbezirks
Frank=
furt a. M. ſind von franzöſiſchen Behörden die
Eiſenbahn=
dienſträume zur Errichtung der Zollgrenze
ver=
langt, in Diez für ſofort, in Höchſt für Montag.
Dementi.
Paris, 20. Jan. (Wolff.) Die Liberté berichtet, es ſei
un=
richtig, daß italieniſches Militär die abziehenden
amerikaniſchen Truppen im Rheinland erſetzen ſolle.
Das Blatt berichtet ferner, man erkläre wiederum die Nachricht,
Italien wolle in der Ruhrangelegenheit vermitteln, für
falſch.
Eine franzöſiſche Stimme.
*g Zur Ruhrbeſetzung ſchreibt Le Progres Civiqué:
„Unſer Traum, daß alles vortrefflich gehen werde, hat nicht lange
gedauert. Gleich jetzt müſſen wir unſere Hoffnungen
herunter=
ſpannen (déchanter). Auf Befehl ihrer Regierung verweigern die
Induſtriellen, die Ingenieure, die Zollbeamten ihre Mitwirkung.
Daraus ergibt ſich die Notwendigkeit, neue Truppen
herbeizu=
ziehen, die Beſetzung auszudehnen, die Bergwerke zu requirieren,
den Betrieb in Unordnung zu bringen, Kohle abzutransportieren
und ſie zu verteilen und außerdem, da das Reich keine
Papier=
mark in das Nuhrgebiet ſendet, eine geſetzliche Währung zu
ſchaf=
fen. Und das iſt noch nichtalles. Man iſt ſchon bei den Ultimaten
angelangt. Wenn ihnen nicht gehorcht wird, kündigt man noch
andere, energiſchere Maßnahmen an. Man wird marſchieren bis
nach München, bis nach Hamburg, bis nach Berlin? Und
natür=
lich wird ſich in dem Maße, in dem ſich die Beſetzung ausdehnen
wird dieſe kraftvolle Art und Weiſe weiter entwickeln. Schon jetzt
meldet man (die Nummer datiert vom 20. ds. Mts.), daß die
widerſpenſtigen Induſtriellen ins Gefängnis geworfen und vor
das Kriegsgericht geſtellt werden. Natürlich iſt eine gewaltige
Gegenwirkung der öffentlichen Meinung vorauszufehen. Man
wird ihr die Stirne bieten müſſen. Dies kann uns viel weiter
führen, als man es vorausſah und als Poincaré, der ein Opfer
ſeiner Schwäche im Verhältnis zur Kammer und dem Elyſée iſt,
es wünſchte. Augenſcheinlich, wenn England Aber England
ſcheint gar nicht aufgelegt, ſeine Meinung zu ändern. Und
Ita=
lien entwirft einen Schritt nach rückwärts. Muſſolini, der in
Wahrheit ein Fuchs im Löwenfell ift, läßt durch ſeine Zeitungen
verbreiten, daß er daran denkt, ſeine Vermittlung anzubieten.
Das ſtellt viele Verwicklungen, viele Gefahren in Ausſicht. — Der
Artikel ſchließt nach einem Ausblick auf die Ereigniſſe in Litauen,
Ungarn und Rumänien: Nach vier Jahren Frieden iſt man ſo
auf dem Punkte angelangt, daß überall Haß geſchürt wird, ſich
Heere rüſten, Brandherde ſich in Oſt und Weſt entzünden, und
daß Europa ſich in einer kritiſcheren Lage denn je befindet. Man
kann allerdings noch hoffen, daß dieſe Lage noch durch ihre eigene
Entkräftung (épuiſement) beſeitigt werde, immerhin iſt dies nicht
ſehr ſicher.”
Die Beſetzung des Ruhrgebiets wird von Frankreich und
Belgien bekanntlich als eine Strafe für die unvollſtändige Er= länglich betont,
füllung der Reparationsverpflichtung durch Deutſchland und als
eine Maßuahme zur künftigen Sicherſtellung der Sachlieferungen
ausgegeben. Demgegenüber hat der Reichswirtſchaftsminiſter
Dr. Becker am 16. Januar im Reichswirtſchaftsrat nachgewieſen,
daß allein die Löhnung, welche die 60 000 Mann neuer
franzö=
ſiſcher und belgiſcher Beſatzungstruppen an der Ruhr beziehen,
in kaum einem Monat die Summe überſchreiten wird, um welche
die deutſchen Kohlen= und Holzlieferungen hinter der formalen
Verpflichtung zurückgeblieben ſind. Die ungeheuren Schäden,
die durch die Störung der wirtſchaftlichen Arbeit, durch
Jnan=
ſpruchnahme von Naturalleiſtungen und durch etwaige
Requi=
ſitionen entſtehen müſſen, ſind zahlenmäßig überhaupt nicht zu
bemeſſen. Unter allen Umſtänden erwächſt der deutſchen
Wirt=
ſchaft und dem Reichsfiskus ein mittelbarer und unmittelbarer
Schaden oder Ausfall in Höhe von Milliarden. Dieſer Schaden
entſteht durch das vertragswidrige Verhalten der Gegenſeite,
d. h. durch Verletzung desjenigen Inſtruments, aus welchem die
franzöſiſchen und belgiſchen Anſprüche ſich herleiten. Wir haben
uns im Oktober 1918 grundſätzlich bereit erklärt, die in Belgien
und Nordfrankreich entſtandenen Kriegsſchäden zu reparieren
und ſind ſpäter bei der zahlenmäßigen Feſtlegung dieſer
Kriegs=
ſchäden in ungeheuerlicher Weiſe übervorteilt worden. Der am Ifd. Js. mit vorgeſchriebenem Einkommenſteuer=Erklärungsformula
11. Januar eingeleitete Gewaltakt gegen friedliche deutſche
Lan=
desteile zerſtört nach jedem internationalen Recht den Verſailler
Vertrag; darüber hinaus aber werden die Uebeltäter vom 11.
Januar Frankreich und Belgien dem Deutſchen Reiche gegenüber
reparationspflichtig.
deutſchen Reparationsſchuld, nicht eilig gehabt. Nachdem die Weiterungen ſelbſt zuzuſchreiben. Es ſind alle Steuerbücher abzulieſer
Konferenz zu Spa im Juli 1920 keine Zeit mehr gefunden hatte,
ſich mi. der Reparationsfrage zu beſchäftigen, hat in der vierten
Januarwoche 1921 die erſte formelle Behandlung dieſes
Pro=
blems auf einer Konferenz der leitenden Verbandsſtaatsmänner
in Paris ſtattgefunden. Auf einmütigen Proteſt des deutſchen
Volkes hin iſt in den erſten Märztagen des gleichen Jahres auf
einer Konferenz in London ein neuer Löſungsverſuch
unter=
nommen worden. Erſt Anfang Mai 1921 wurde der endgültige
Reparationsplan fertiggeſtellt und dem Deutſchen Reiche
aufge=
zwungen. Schon damals mußte allen wirtſchaftspolitiſch
ein=
ſichtigen Deutſchen klar ſein, daß wir über kurz oder lang bei der
Erfüllung des Reparationsdiktats in Rückſtand geraden müßten.
Dieſe Januartage 1923 haben bewieſen, daß wir dem Verhäng= ſtand nach verſchiedenen Zahlungsterminen gegenübergeſtellt. Dadu
nis nicht entgehen konnten. — Mit der Aufſtellung der
Gegen=
rechnung wollen wir aber nicht 2½ Jahre warten, wie die
Ge=
genſeite es getan hat. Schon jetzt müſſen Erhebungen angeſtellt handhaben und für Betriebe, Behörden, Inſtitzite, Dienſtherrſchaſt
werden, welche mittelbaren und unmittelbaren Schäden durch ſowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein unentbehrliches Hilfsmit
die „militäriſc geſchützte Ingenieurkommiſſion” im deutſchen
Kohleu= und Induſtriegebiet entſtanden ſind.
Wir werden dabei nicht mit doppelter Kreide ſchreiben, wie
es Frankreich und ſeine Freunde vor zwei Jahren getan haben.
Die Reparationsverpſlichtung Deutſchlands, und zwar die auf Verhältniſſe in Betracht kommen. Der bisher unbeſtrafte Angeklag
ein dernünftiges und gerechtes Maß herabgeſetzte Reparations= war in den Lederwerken Neckaria zu Neckarſteinach beſchäftigt und erhe
verpflichtung inuß um den Betrag gekürzt werden, der ſich jetzt
als Folge der Gewalttaten im deutſchen Weſten ergibt. Es ließe von 2400 Mark, will aber zur Beſtreitung einer ihm auferlegten ba
ſich immerhin darüber ſtreiten, ob und in welchem Maße die lichen Veränderung ſeines Häuschens größerer Mittel bedurſt habe
unterlegene Partei in dem großen Völkerringen die Zeche zu
be=
vertragsbrüchigen Mächte, Frankreich und Belgien, für den ge= 6000 Mark hat H. veräußert, er nenut jedoch den Käufer nicht. Bei de
ſauten duich ſie mutwillig angerichteten Schaden aufzukommen
haben.
Lloyd George zur Ruhrbeſetzung.
wd. Berlin, 20. Jan. Die Deutſche Allgemeine Zeitung
bringt heute einen weiteren Artikel aus der Feder Lloyd
Georges, der ſich mit der Ruhrbeſetzung befaßt. Der
ehemalige engliſche Premierminiſter zeichnet ſcharf die Folgen,
die die Ruhrbeſetzung nach ſich ziehen müſſe. Lloyd George ſagt:
Wenn man an die Folgen denkt, fragt man ſich, ob franzöſiſche
Politiker wirkliche Reparationen wünſchen, oder ob ſie nicht
viel=
leicht andere Zwecke verſolgen, die mit der Erlangung von
Zah=
lungen gemäß dem Verſailler Vertrag unvereinbar ſind. Dann
ſchildert er den Widerſtand der Arbeiterſchaft des Ruhrgebietes,
die Zerſtörung der deutſchen Induſtrie, den Rückgang der
Pro=
duktion und fagt: Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß infolge dieſes
Schrittes Deutſchland auseinanderfällt. Ich weiß, daß man dies
erhofft, die Franzoſen ſehnen ſich immer noch nach den Zeiten
zurück, da Sachſen, Bayern und Württemberg die Verbündeten,
ja faſt Vaſallen Frankreichs gegen Preußen waren. Dieſe
Hoff=
nung hat den dritten Napoleon in den Untergang gelockt. Noch
einmal lockt ſie Frankreich in das ſichere Verhängnis. Dieſe
Poli=
tik wird Frankreich keine Zukunftsſicherheit bringen. Sie
be=
raubt es jeder Hoffnung auf Reparationen in der unmittelbaren
Gegenwart. Es wird kein Deutſchland mehr geben, das zahlen
kann. Frankreich wird ſeine Reparationen verloren haben und
dafür den Haß eines unverſöhnlichen Feindes auf ſich nehmen,
der furchtbarer geworden iſt als zuvor. Kein Volk, das an natio
nale Unabhängigkeit gewöhnt war, hat jemals länger fremdes
Joch geduldet. Der Schritt des Reichskanzlers Dr. Cuno
kün=
digt das Erwachen des Geiſtes der Empörung an, die ſicher au
Kraft zunehmen wird. Früher oder ſpäter wird er ſich
unge=
hemmt äußern und Deutſchland wird unvermeidlich zu
verzwei=
felten Schritten getrieben werden. Ein kommuniſtiſches
Deutſch=
land würde Europa vernichten. Die Lebenskraft Europas iſ
durch ſeine Erſchöpfung ſo herabgeſetzt, daß es dieſer faſt
nich=
widerſtehen könnte. Würde ein reaktionäres, rachebrütendes
Deutſchland viel beſſer ſein?, Rußland mit ſeinen unermeßlicher
Hilfsquellen an Menſchen und Material iſt nahe. Es bedar
alles deſſen, was Deutſchland am beſten liefern und entbehrer
kann. Die Führer der Bolſchewiſten vedürfen nur desjenigen
womit Deutſchland ſie ſo gut verſorgen kann, um ihr Land
zu=
reorganiſieren, um es in den ſtärkſten Staat Europas oder
Aſiens zu derwandeln. Wenn Nationen im Oſten hart bedräng
waren, drängten ſie unwiderſtehlich nach dem Weſten. Nach den
engliſchen Geſetz wird ein vom Weſten her bedrücktes Volk ſic
zum Oſten wenden.
Deutſchland und Polen.
Warſchau, 20. Jan. (Wolff.) In ſeinem geſtrigen
Expoſ=
vor dem Seim führte Miniſterpräſident Sitorski über die Be
ziehungen Polens zu Deutſchland und Rußland aus
die Wiederherſtellung völlig normaler Beziehungen zu den Nach
barn ſei das ſtändige Beſtreben der Regierung. Polen ſei bereit
jahrhundertelanges Unrecht zu vergeſſen un
bindende Verträge ſtreng zu halten, müſſe aber auch von Rußlan
und Deutſchland entſchieden loyale und völlige Erfüllung ihre
Verpflichtungen gegenüber Polen und die unbedingte Einhaltun
abgeſchloſſener Verträge fordern.
Kurier Poranny nennt das Expoſé ein Zeichen reifen ſtaats
männiſchen Verſtandes. Kurjer Polski betont, das Expofé bild
in der Geſchichte des Wiederaufbaues Polens ein großes un
wichtiges Ereignis. Robotnik ſchreibt: Die Ausführunger
Sikorskis ſeien das beſte jemals von einer Regierung im Sein
vorgetragene Expoſé. Rzeczpoſpolita führt aus, die Erklärun
Sikorskis zeige, daß er ſeine militäriſchen Vorzüge verloren, po
litiſches Denken aber noch nicht gelernt habe. Gazeta Porann
nennt das Expoſé eine fruchtloſe Rhetorik.
Bei der Ausſprache über die Regierungserklärun
im Seim drückte namens der Radikalen Thugutt ſeine 6e
nugtuung über das Regierungsprogramm aus und hob dar
aus die Erklärung Lervor, daß die Regierung für die
Gleic=
berechtigung auf dem Gebiete der internationalen Poll
eintreten werde. Glabinski als Vertreter der Oppoſitim
kritiſierte ſcharf das Regierungsprogramm und erklärte, ſein
Partei habe kein Vertauen zu einem Kabinett, das die Inter
eſſen der verſchiedenen Volksſchichten ungleichmäßig vertret
Miniſterpräſident Sikorski wies energiſch den Vorwurf Gl4
binskis zurück, daß die Regierung im Banne einer Partei ſteh
Auch die Tatſache, daß einzelne Verwaltungsorgane nicht obje
Wie ſteht das Reparationskonto? tiv vorgingen, dürſte der Regierung nicht als Verfaſſungsbru
vorgeworfen werden, denn er habe im Regierungsprogramm di
Notwendigkeit einer Säuberung des Verwaltungsapparates hie
Stadt und Land.
Darmſtadt, 22. Januar.
Steuerabzug vom Arbeitslohn.
Vom 1. Januar 1923 ab iſt eine Erleichterung eingetreten, indel
jederzeit Aenderungen im Familienſtand auf Antrag auf de
Steuerbuch berückſichtigt werden können, wie z. B. Verheiratung, Gebut
von Kindern, Unterhaltung mittelloſer Angehörigen. Das Zuſchreibe
dieſer Steuerermäßigung iſt mit entſprechendem Antrag bei mittelloſe
Angehörigen beim Finanzamt, bei Verheiratung und Geburt von Ku
dern unter Vorlage der Urkunde bzw. des Familienſtammbuches,
ſtellen. Es iſt jedesmal das Steuerbuch mit vorzulegen. Dieſe Ermäß
gung tritt mit der erſten Zahlung, welche auf die Aenderung des Steue
buches erfolgt, in Wirkſamkeit. Vom 1. Januar 1923 ab gelten die neue
Steuerſätze, ob ſchon auf den bereits ausgegebenen Steuerbüchern n0
die für 1922 gültigen Abzüge enthalten ſind. Der Arbeitgeber hat
nur an die auf dem Steuerbuch verzeichnete Perſonenzahl
halten und nicht an den angegebenen Betrag.
Das Bedienungsperſonal in Hotels, Reſtaurants uſw. hatte im Jah
1922 keine Steuermarken geklebt und ſind daher gehalten, beim Finan
amt ihres Famikienwohnſitzes bis ſpäteſtens Ende Februc
welches auf dem Finanzamt koſtenfrei erhältlich iſt, ihr Einkommen uſt
zu deklarieren. Vom 1. Januar 1923 ab ſind dieſelben gehalten, bei jed
Arbeitsleiſtung ihrem Arbeitgeber Steuerbuch vorzulegen, welcher hie
auf den Steuerabzug durch Markenkleben erledigt.
Die Ablieferung der Steuerbücher 1922 mit den Einlagebogen h
ſpäteſtens bis Ende ds. Mts. auf dem Finanzamt, Zimmer 2, zu
Die Verbandsmächte haben es mit der Feſtſetzung der folgen. Wer die Ablieferung unterläßt, hat ſich die hieraus entſtehende
auch wenn Marken nicht geklebt ſind.
Erhöhte Werbungskoſten für Kriegsbeſchädigte.
Wie wir von zuſtändiger Stelle erfahren, iſt dem Finanzamt
einer Geſetzesänderung, welche den Kriegsbeſchädigten mit über 30 Pr.
zent Erwerbsunfähigkeit höhere Werbungskoſten zuſpricht, von der vo
geſetzten Behörde noch nichts bekannt gegeben worden. Sobald dieſ
geſchieht, ſoll den Kriegsbeſchäbigten=Organiſationen ſofort entſprechen
Nachricht zugehen.
— Steuertabelle. Auf die heutige Anzeige „Steuer=Ermäl
gungstabellen” wird jeder Arbeitgeber und Arbeitnehmer au
merkſam gemacht. Sie enthält die alten Steuerermißigungsſätze
dem 1. Januar 1923, und die neuen Sätze ſind je nach dem Familie
W
v. Strafkammer. Auf ſtaatsanwaltliche Berufung wurde die ge9
den Arbeiter Johann Adam Gerbig aus Schönau erkannte ſchöffeng
richtliche Diebſtahlsſtrafe von 2½ Monaten nunmehr auf 6 Monate 8
fängnis erhöht. Es handelt ſich um fortgeſetzten, unter grobem Vertra
ensbruch verübten Fabrikdiebſtahl, ohne daß Not oder ſonſtige mildern
zur Zeit der Tat im vorigen Sommer den demals guten Wochenlol
Die Entwendungen von fertigen Fellen hatte er dadurch ausgeführt, d
er vom Arbeitsraum durch eine enge, faſt uuter der Decke befindlie
zahlen habe. Gar nicht darüber ſtreiten läßt ſich aber, daß die Oeffnung in den Lagerraum einſtieg. Cinen Teil der Beute im Wert v
Verſuch, weitere Felle in Heidelberg abzuſetzen, wurde ſeine Frau, dut
die er ſie hinbringen ließ, abgefaßt und er als Täter ermittelt.
Nummer 21.
hinterbliebene für die Landgemeinden des Kreiſes Darmſtadt beim Kreis= zu wanken. Am Nachmittag vereinigte der örtliche „Hochſchulring
deut=
amt Darmſtadt macht bekannt, daß der Beirat für die Fürſorgeſtelle neu ſcher Art” die geſamte Studentenſchaft zu einer machtvollen Kundgebung.
der Arbeitnehmer, ſowie die Intereſſenvertretungen der
Kriegsbeſchädig=
ten= und Kriegshinterbliebenenvereinigungen haben Vorſchlagsliſten bis ſchienenen Dozenten und die Studentenſchaft. Er führte in einer kurzen
ſtelle.
hinterbliebenenfürſorge der Stadt Darmſtadt teilt uns mit, daß die
lau=
fenden Teuerungszuſchüſſe für die nicht im Erwerbsleben ſtehenden
Schwerbeſchädigten, Kriegshinterbliebenen, Altrentner und
Altrentnerin=
nen für den Monat Dezember 1922 noch nachträglich um 10 v. H.,
Beträge (Nachzahlungen für Dezember und Januar), werden am
Mon=
tag, 22. Januar 1923, vormittags von 8ſ bis 12½ Uhr auf der
Stadtkaſſe ausgezahlt.
* Gebühren der Ortsgerichte. Es wird zu der im Tarif unter
A. 3. 4 Abf. 1 und 2 beſtimmten Gebühr ein Teuerungszuſchlag derart
erhoben, daß die Gebühr in den Städten Darmſtadt. Offenbach, Gießen.
Mainz und Worms das vierfache, in allen übrigen Gemeinden das drei= zum Gedenktag der Reichsgründung mitgeteilt und unter großem Beifall
fache der im Geb.=Tarif beſtimmten Gebühr beträgt. Deu Höchſtbetrag
der Pauſchgebühr iſt 1000 Mark. Dieſe Beſtimmungen treten ab 1.
De=
zember 1922 in Kraft. Soweit ſeit 1. Dezember 1922 höhere Gebühren
oder Pauſchvergütungen, entſprechend den ſeitherigen Beſtimmungen
be=
reits bezahlt ſind, beſteht keine Verpflichtung zur Nückzahlung.
— Echte Farben. Die hübſchen Waſchſtoffe, die von den zarteſten
Farben bis zu den leuchtendſten Tönen, die Hausfrauen” zum Einkauf
lockten, haben meiſt lebhafte Bedenken bei ihnen hervorgerufen und die
ängſtliche Frage laut werden laſſen: wird das Kleid, die Bluſe die Wäſche
überſtehen, wie wird die Farbe nachher ausſehen? Und wie berechtigt
waren dieſe Bedenken! Noch ſchmerzlicher war die Enttäuſchung, wenn
eine mühſelige Handarbeit nach kurzem Gebrauch von der Sonne
der=
blichen war, wenn der einſt ſo ſchöne, geſchmackvolle Gegenſtand — eine
Tiſchdecke, ein buntes Kiſſen oder ein Kinderkleidchen — nun ſtatt Freude
nur Aerger hervorrief. Neben echten Farben gab es eine Reihe unechter
Farben, der Verkäufer kannte den Unterſchied nicht, die Hausfrau hatte
keinerlei Mittel, ihre Wünſche nach Waren echter Färbung zur Geltung
zu bringen, ſie wußte nicht woran ſie die echtgefärbten Stoffe erkennen
konnte. Durch die Herſtellung der ſogenannten
Indanthrenfap=
ben ſind nun alle Wünſche, die an Licht= und Waſchechtheit geſtellt
wer=
den können, erfüllt. Eine unendliche Reihe der ſchönſten leuchtendſten
Farben ſtehen der Induſtrie zur Verfügung und die Hausfrau hat
nun=
mehr das Mittel, echte Farben zu erkennen: das Warenzeichen. Hier
kann die Hausfrau zum erſten Mal im weiteſten Maße ihren Einfluß
geltend machen; ſie muß immer und immer wieder darauf beſtehen, nur
indanthrengefärbte Ware zu kaufen und Unechtes zurückweiſen. Das
Wa=
renzeichen, — das „I” von Indanthren als Säule, die von der Sonne
beſchienen, vom Regen gepeitſcht wird — iſt leicht zu erkennen und im
Gedächtnis zu behalten. Der hieſige Hausfrauenbund will ſeinen
Mitgliedern Gelegenheit geben, ſich mit dieſer ſo wichtigen Frage
ver=
traut zu machen. Er veranſtaltet am Dienstag, 23. Januar,
5 Uhr, einen Vortrag im großen Saale des Chemiſchen Inſtituts. Frau
Emma Kromer., Heidelberg, einer der wenigen weiblichen Mitglieder
des Reichswirtſchaftsrats, wird über Farbenfreudigkeit und
Farbenechtheit ſprechen und in einer Ausſtellung Stoffe,
Tiſchdecken, Vorlagen, Stickgarne, Kunſtſeide u. a. zeigen, die zum Teil
ändern. — Der Vortrag dürfte auch für jene Geſchäfte von Intereſſe ſein, den folgende Beſchlüſſe gefaßt: Es darf von jetzt an einem jeden Gaſt
die indanthrenfarbige Waren bzw. farbige Stoffe führen, er iſt über= nur eine Hauptmahlzeit mit Fleiſch abgegeben werden. Butter und
haupt für jedermann zugänglich. Der Eintritt iſt frei.
* Schneekünſtler. Vor dem Landestheater haben „Kunſtbegeiſterte‟
aus Schnee die überlebensgroße Figur Poineares geformt und mit
zeit=
gemäßen Inſchriften verſehen. Die Kunſt fand ſo ſtarken Anklang, daß
mehrfach „patriotiſche Kundgebungen”, vor dieſem eigemartigen
Dent=
mal ſtattfanden.
Kunſtnotizen.
Ueber Werke, Künſtler uud künſtleriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſtehenden
Erwähnung geſchieht, behält ſich die Redaktion ihr Urteil vor.
— Ein in Darmſtädter muſikaliſchen Kreiſen bereits bekannter junger
Künſtler, Günther Freiherr von Berg, der ſich im Laufe
des nächſten Monats zur Beendigung ſeiner Geſangsſtudien nach
Mai=
land begibt, veranſtaltet ein eigenes Konzert. Herr von Berg, ein
direkter Neffe des weitbekannten Heldentenors Walther Kirchhoff und
Schiler des Herrn Konzertſängers Franz Müller, ſingt am Freitag, von ſechs Herren zuſammen, die gegen 12 Uhr im Begriff waren, das
den 2. Februar, im Fürſtenſaal Lieder von Schumann, Schubert ſowie
Arien von Marſchner, Bizet und Verdi. Die Klavierbegleitung hat Herr und fragte, eb es noch etwas zu trinken gebe; er, fügte noch hinzus „Bei
Karl Dietrich von hier übernommen, Karten, bei Konzert=Arnold, Euch Miſtbauern gibts gar nichts mehr‟. Die Herren verbaten ſich dieſe
Wilhelminenſtraße 9.
zeichnet für das abgelaufene Geſchäftsjahr einen Fehlbetrag von fünf ten Baus in die Leber. Der Schwerverletzte wurde nach dem Kranken=
Millionen Mark. — Bernsfeld. Seit ein paar Tagen iſt unſere
Ge=
meinde an die oberheſſiſche Elektriſche Lichtzentrale angeſchloſſen.
— Friebberg (Heſſen), 20. Jan. Reichsaründungsfeier am
Polgtechnikum Friedberg in Heſſen. In ſchlichter Weiſe,
Belgien. Am Vormittag um 10 Uhr fand unter ſtarker Beteiligung der d
farben= und nichtfarbentragenden Studentenſchaft eine Andacht in der 9
hieſigen Schloßkirche ſtatt. Herr Pfarrer Kleeberger ſprach über die vierteljährlich verſchärft durch Faſten und hartes Lager, verurteilt. Den
Not und das Leid, die über unſer Vaterland hereingebrochen iſt und beiden Angeklagten wird die Unterſuchungshaft angerechnet. Gegen die
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Januar 1923.
Seite 3.
— Die amtliche Fürſorgeſtelle für Kriegsbeſchädigte und Kriegs= richten an alle Anweſenden die Ermahnung, im feſten Gottvertrzuen nicht
zu wählen iſt. Die wirtſchaftlichen Vereinigungen der Unternehmer und Der Geſana „Der Gott der Eiſen wachſen ließ” leitete die Veranſtaltung
ein, Herr ſtud, ing. Ernſt Krauſe, als Vorſitzender, begrüßte die er=
Ende dieſes Monats einzureichen. Nähere Auskunft erteilt die Fürſorge= Anſprache aus, daß die deutſche akademiſche Jugend in der jetzigen Zeit
alle kleinlichen Zwiſtigkeiten und Unterſchiede fallen laſſen muß, um eine
Die Amtliche Fürſorgeſtelle der Kriegsbeſchädigten= und Kriegs= große einige Studentenſchaft zum Wohle unſeres Vate=land=s zu bilden.
Alsdann ſprach als Vorſitzender des A. H. A., Herr eand. arch. Schmidt,
und verſicherte in ſeiner Rede die Anweſenden der nationalen Einigkeit
der geſamten Friedberger Studentenſchaft. Als Hauptreferent ſprach
Herr Prof, Keller. Mit tiefergreifenden Worten ſchilderte er
Deutſch=
für Monat Januar bs. J3. um 100 v. H. erhöht worden ſind. Die lands Blütezeit ſeit der Reichsgründung durch den Schövfer deutſcher
Einheit — Bismarck. Er erinnerte dabei an die große Vergangenheit,
an den Heldenkampf des deutſchen Volkes während der Jahre 1914 bis 18,
den Niedergang des Deutſchen Reichs nach dem Kriege. Er ſchloß mit
längeren Ausführungen über die jetzigen Aufgaben der deutſchen,
ins=
beſondere der Akademiſchen Jugend. Nachdem das Deutſchland=Lied
geſungen war, wurde die an allen Hochſchulen vorliegende Kundgebung
angenommen.
th. Aus Oberheffen, 19. Jan. Schlitz. Mehrere Landwirte von
hier und aus der Umgegend haben beſchloſſen, eine gemeinſchaftliche
Schrotmühle mit elektriſchem Antrieb ſich anzuſchaffen. — Büdingen.
Seit Tagen wird hier das 46 Jahre alte Fräulein Koch vermißt. Alle
Nachforſchungen ſind bis jetzt ergebnislos verlaufen. Man befürchtet, daß
ſie ſich ein Leid angetan hat. — Wallernhauſen. Hier wurden in
derſchiedenen Hofreiten die Stallhaſen aus den Ställen geſtohlen. Auch
Dachkandeln ſind geſtohlen worden, die an einen Althändler nach Nidda
verkauft worden ſind.
Reich und Ausland.
Ausſtellung von Erfindungen und Neuheiten.
Der Deutſche Erfinder=Schutzverband e V. München, gegründet
1912, veranſtaltet während, der kommenden Meſſen in Leipzig und
Frankfurt a. M. große Ausſtellungen von Erfindungen und
Neu=
heiten, die allen Erfindern günſtige Gelegenheit bieten ſollen, ihre
Schutzrechte ohne große Koſten zu verkaufen. Vollſtändig mittelloſe und
arbeitsloſe Erfinder ſowie Kriegsbeſchädigte erhalten gegen
entſpre=
chende behördliche Beſcheinigung ganze oder halbe Freiplätze. Die
An=
meldungen müßten ſofort erfolgen, da andernfalls die ausgeſtellten
Gegenſtände nicht mehr im Ausſtellungskatalog aufgenommen werden
können. Bedingungen koſtenlos, Fragebogen, über die Bedürftigkeit
(Vermögenszeugnis) 20 Mk. durch die Geſchäftsſtelle des Verbandes,
München. Jahnſtraße 2.
Maßnahmen der Berliner Hotels.
Berlin. Der Verein Berliner Hotels und verwandter Betriebe
hat in ſeiner geſtrigen Vollſitzung im Hotel Eſplanade einſtimmig
be=
ſchloſſen: Franzöſiſche und belgiſche Gäſte werden von heute ab in den
Berliner Hotels nicht mehr aufgenommen; franzöſiſche und belgiſhe
Zeitungen werden von jetzt an nicht mehr gehalten; franzöſiſhe und
belgiſche Banknoten werden nicht mehr von den Hotels in Zahlung
genommen. Die franzöſiſchen und belgiſchen Weine, Liköre und
Lebens=
wiederholt gewaſchen oder ſtark belichtet wurden ohne die Farbe zu ver= mittel werden von den Hotels weder gekauft noch verkauſt. Ferner wur=
Eier dürfen zum Frühſtück nicht gegeben werden. Die Schauſtellung von
Lebensmitteln in den Schaufenſtern, kalten Büfetts uſw. iſt verboten.
Herunterholen einer franzöſiſchen Flagge in Bäderlay.
Koblenz. Der Koblenzer Ztg. wird aus Bäderlay gemeldet:
In der Nacht vom 11. zum 12. Januar iſt die auf der Bäderlay
ange=
brachte franzöſiſche Flagge heruntergeholt worden. Scharfe
Maßnah=
men gegen die ganze Stadt werden nach Mitteilung der franzöſiſchen n
Militärbehörde getroffen, wenn ein derartiger Vorgang ſich nochmals
wiederholen ſollte. Die Stadtverwaltung hat eine Belohnung für die
Ermittelung der Täter ausgeſetzt. Gleichzeitia iſt auf Anordnung das
Betreten der Umgebung des Flaggenmaſtes (Schutzhütte auf der
Bäder=
lah) in einem Umkreiſe von 20 Metern verboten worden.
Eine entſetzliche Bluttat.
Trier. Eine entſetzliche Bluttat ereignete ſich in der Nacht auf
Sonutag im Kaffee Baur. Dort ſaß an einem Tiſch eine Geſellſchaft
Lokal zu verlaſſen. Plötzlich tyat der Chauffeur Hegner an den Tiſch
Bemerkung, worauf Hegner ſein Meſſer zog. Der Kellner verſuchte.
die Gegner zu trennen. Blitzſcknell ſtieß Hegner zu und traf den
Eiſſen=
bahnbeamten Haſſelmann in das Herz, ſo daß der Tod nach wenigen
ei- Gießen, 19. Jan. Die Städtiſche Straßenbahn ver= Minuten eintrat. Ginen zweiten Stoß verſetzte er dem
Eiſenbahnbeam=
haus der Barmherzigen Brüder geſchafft. Der Täter wurde verhaftet, Reiſeartikel” und „Möbel=Induſtrie‟ (Nr. 53 und 54) je 800 gr.
Hochverratsprozeß Bäran=Schwabe.
Prag. Am Freitag abend um halb 10 Uhr wunde im
Hochverrats=
angemeſſen der Notlage unſeres Vaterlandes, beging die hieſige Studen= prozeß Bärau=Schwabe das Urteil geſällt. Dr. Bäran iſt zu vier Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
tenſchaft am 18. Januar die Reichsgründungsfeier und Trauerkundgebung Jahren ſchweren Kerkers, vierteljährlich verſchärft durch Faſten Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”.
gegen die neuen Vergewaltigungen Deutſchlands durch Frankreich und und hartes Lager, verurteilt worden; ferner zum Verluſte des Doktorats „Neich und Ausland”: Mag Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
der Rechte, des Abgeordnetenmandats und deu Penſionsbezüge. Der
Rechtshörer Karl Schwabe wurde zu drei Jahren ſchweren Kerkers,
Anrechnung der Unterſuckungshaft für Bäran brachte der Staatsanwalt
eine Nichtigkeilsbeſchwerde ein. Der Verteidiger Bärans und der
Ver=
teidiger Schwabes brachten gleichfalls gegen das Urteil
Nichtigkeits=
beſchwerde ein.
wd. Wiesbaden, 20. Jan. Ein Erzgaunerſtreich iſt in dem kleinen
Dörfchen Ehlhalten im Taunus verübt worden. Am Montag früh
er=
ſchienen zwei „Herren” in der Wohnung der Gebrüder Frankenbach,
deren Vater in der Dorfkirche den Küſterdienſt verſieht. Die fremden
Beſucher erklärten, es ſei in der Neujahrsnacht aus dem Hauſe ſchauf
geſchoſſen worden und ſie müßten deshalb eine Hausſuchung nach
Waf=
fen vornehmen. Da die Brüder Frankenbach auswärts arbeiten, fo
waren die Frauen allein zu Hauſe. Einer der beiden Eindringlinge
durchſuchte nun in Gegenwart der Frauen den oberen Stock des
Hau=
ſes, während der andere unten wartete. Von Waffen wurde nichts
ge=
funden und die Beiden rückten wieder ab. Als nun am folgenden Tag
eine der Frauen im unteren Stock die Kommode öffnete, in welcher ihr
Schwiegervater, der Küſter Frankenbach, die Kirchengeräte
aufzube=
wahren pflegte, war dieſe leer. Die zwei Detektive waren eben nur
zwei Gauner geweſen, die, mit den Verhältniſſen vertraut, hier eine
erfolgreiche Gaſtrolle gegeben hatten. Geſtohlen iſt ein Kelch, die
Mon=
ſtranz und einige andere Geräte.
Spiel, Sport und Turnen.
Fußball.
. f. R. Darmſtadt (A=Klaſſe)—Spielabteilung „Union”
der Turngemeinde 1865Beſſungen GB=Liga) 3:2.
Vorgeſehen war für geſtern das Schlußſpiel der beiden
Bezieks=
meiſter der A=Klaſſe: V.f.R.=Darmſtadt und Olympi==Lorſch um die
Gaumeiſterſchaft in Lorſch. Es fiel den Witterungs= und
Platzverhält=
niſſen zum Opfer, was wohl in Anbctracht der ſchwerwiegenden
Bedeu=
tung ſeines Ausganges nur begrüßenswert war. So war die
Möglich=
keit gegeben, im letzten Augenblick gern geübte Aushilfe der „Union”=
Daumſtadt zu leiſten, deren Gegner, Germania”=Fulda, ausgeblieben
war. Es ſtellten ſich unter dieſen Umſtänden dem ſehr guten
Schieds=
richter Herrn Schröder von Sandhoſen:
V. f. N.:
Ruppert.
Schmidt. Waldhaus
H. Weicker Keßler P. Dillmann
Berger
H. Waldhaus. Müller K. Weicker.
Dörr. Rückert. Bopp. Hofmann. Gerſtenmeyer
Bert Seelbach Friedrich
Meher. Walther
„Union”:
Grieß.
V.f.R. mit Erſatz für Friedmann und ohne Nungeſſer und Meher
hat zur Unterſtützung Keßler von Unions Neſerven auf den
Mittel=
läuferpoſten geſtellt und ſpielt mit 10 Mann. „Union” hat ſeinen
rech=
ten Sturmflügel mit Erſatzleuten beſetzt, iſt aber ſonſt komplett.
Trotz hoher Schneedecke entwickelte ſich ein wechſelvolles
intereſſan=
tes Spiel, das einer gutem ſportlichen, wenn auch zeitweiſe heilleuen
Note nicht entbehrte. Damit iſt neuerlich wieder feſtgeſtellt, daß lobrle
Treffen nicht unbedingt zu vermeiden ſind, daß ſie vielmehr auch ohne
übliche Begleiterſcheinungen ausgetragen werden und wertvoll für die
Beteiligten ſein können. — „Union”, das wohl in der eweiten Hälfte
gutes Zuſammenſpiel des Angriffs zeigte und leichte Feldüberlegenheit
für ſich hatte, vermochte dieſe der Schußunſicherheit und
Unentſchloſſen=
heit der Stürmer halber nicht in Werte, d. h. Tore, umzuſetzen. Ein
gut Teil Schuld daran hatte allerdings auch die V.f.M.=Verteidigung
und Läuferreihe mit Ruppeyt, Schmidt, A. Waldhaus, P. Dillmann,
Weicker und dem ſich gut einfindenden Keßler. Auch der dier Mann
zählende Sturm arbeitete aufopfernd, und beſonders H. Waldhaus hatte
einen guten Tag. Er buchte alle Treffer des V.f.N. auf ſein Konto.
Sein zweites Tor war eine Prachtleiſtung. — Bei „Union” gefielen
Meyer, Seelbach, Hofmann, Bopp und Rückert.
Die Tore: In der 15. Minute verſchaffte Rückert „Union” die
Füh=
rung. H. Waldhaus gleicht fünf Minuten ſpäter aus und erzielte nach
weiteren 10 Minuten hart an der Torlinie den oben erwähnten 2. und
damit Führungstreffer für V.f.N. Mit 2:1 Toren für V.f.R. geht es
nach 35 Minuten in die Pauſe. 15 Minuten nach Halbzeit gleicht
Gerſten=
meher mit prächtigem Schuß aus nahezu unmöglichem Winkel aus.
H. Waldhaus erzielt dann 10 Mimten vor Schluß der ebenfalls 35
Mi=
nuten währenden zweiten Spielhälfte den 3. Treffer und ſtellt damit
den Sieg für VfN., ſicher.
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Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Januar 1923.
Nummer 21.
Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen
Das Edelreis.
Das Gelingen einer Veredelung hängt von der
Boden=
beſchafſenheit des Pfropfreiſes ab. Die Erfahrung hat gelehrt,
daß Edelreiſer nur dann ſicher anwachſen, wenn ihnen die
Unter=
lage, mit der ſie ſich verbinden ſollen, in der Entwicklung voraus
iſt. Ein Reis, deſſen Knoſpen ſich kraft des eigenen Saſttriebes
ſchon öfſnen, muß natürlich vertrocknen, wenn der Aſt, auf dem
es ſitzt, ihm keine Nahrung zur weiteren Entfaltung zuführt,
weil der ganze Baum noch nicht zu treiben begonnen hat. Je
weniger oder langſamer ein Reis treibt, deſto beſſer taugt es
alſo als Propfreis. Solche Reiſer erhalten wir, wenn wir ſie
während der Saftruhe ſchneiden. Gut aufbewahrt, bleiben ſie
bis in den Sommer hinein friſch und brauchbar und geben die
Möglichkeit, die Veredlungsarbeit beliebig lange auszudehnen.
Eine alte Bauernregel ſagt: Fabian und Sebaſtian treibt
den Saft den Baum hinan. Damit iſt gemeint, daß ſich der
Saft=
ſtrom bei unſeren Obſtbäumen gegen Ende Januar zu regen
beginnt. Bis zu dieſem Zeitpunkt müßte demnach der Schnitt
der Edelreiſer beendet ſein. Allgemein gilt dies jedoch nur für
Steinobſt. Die Reiſer für Birn= und Aepfelveredlungen können
noch im Februar und in rauheren Gegenden kurz vor Gebrauch
geſchnitten werden, wenn dieſer in den Monat März fällt. Auch
Sorteneigentümlichkeiten und der Standort des Baumes, von
dem die Reiſer entnommen werden, ſprechen bei der Wahl des
Zeitrunktes für den Schnitt mit. Jedenfalls müſſen die Augen
der Edelreiſer bei der Ausführung der Veredlung ſich noch im
Ruhezuſtand befinden.
Nur von geſunden, kräftigen Bäumen, die bewieſen haben,
daß ſie gute Früchte tragen und wüchſig ſind, ſchneiden wir
Edel=
reiſer, und da wieder möglichſt von den fruchtreichſten Aeſten.
Kräftige, gehörig ausgereiſte, gedrungene, einjährige Triebe mit
gut entwickelten Augen müſſen es ſein. Bei größeren Bäumen
wählt man gut ausgebildete Triebe von der Sonnenſeite oder
oben aus der Krone, da dieſe am reiften und nährſtoffreichſten
ſind und die größte Triebkraft beſitzen. Das Brechen der Reiſer,
das alter Aberglaube empfiehlt, ſchädigt den Baum, da meiſt
noch eiwa zweijähriges Holz abgebrochen wird. Damit ſich au
Stelle der entnommenen Triebe wieder neue bilden, iſt es gut,
die Reiſer nicht durch den Aſtring zu ſchneiden, ſondern zwei bis
drei Augen ſtehen zu laſſen.
Die abgeſchnittenen Edelreiſer werden gezählt, in Bündel
gebunden und mit Seriennamen verſehen. Dieſe Bündel legt
mau in Schatten entweder in Erdgruben oder ſchlägt ſie mit
dem unteren Ende in feuchten Sand oder Erde ein und bedeckt
ſie mit Tannenreiſig, Laub uſw. Auch unter Dach bündelweiſe
uebeneinandergelegt und mit mäßig angefeuchtetem Laub oder
Aous bedeckt, halten ſich die Reiſer vorzüglich. Beſonders muß
darauf geachtet werden, daß die Sonnenſtrahlen die Reiſer nicht
unmittelbar treſfen. In dem Beſtreben, die Reiſer froſtfrei
ein=
zuſchlagen, wird häufig ein zu warmer Keller als
Aufbewah=
rungsort gewählt. Die dauernd über Nullpunkt ſtehende
Tem=
peratur ſolcher Räume weckt in den Reiſern den Trieb, und der
Zweck des frühen Schneidens wird ſo vereitelt.
Vom Schnitt der Beerenſträucher.
Durch die reichliche Fruchterzeugung erſchöpft ſich das Holz
der Beerenſträucher ſchon nach wenigen Jahren. Dieſes
abge=
tragene Holz bildet keine neuen Triebe, die Früchte, die ſich an
ihm eitwickeln, werden kleiner, und nach und nach ſtirbt das
Fruchtholz, von Flechten überzogen, überhaupt ab. Dieſer
Zu=
ſtand tritt bald ein, wenn man die Büſche unberührt läßt.
Des=
halb muß man das abgetragene Holz regelmäßig entfernen,
wäh=
rend man von dem jungen nur ungünſtig ſtehende Zweige ſo
weit ausſchneidet, daß der Strauch licht und luftig erſcheint,
Vielfach werden hier Fehler begangen, indem junges Holz in
der Meinung weggenommen wird, es ſei wildes. Ein
wurzel=
echter Strauch, uie der niedrige Stachel= und
Fohannis=
beerbuſch, kann aber niemals wilde Triebe erzeugen.
Einſtutzen darf man nur die kräftigſten Schoße, wenn ſie die
Strauchform ſtören. Man beraubt ſich damit in jedem Falle,
denn gerade das einjährige Holz trägt, wie geſagt, die Früchte,
und an den Enden der Triebe ſitzen immer die kräftigſten Augen.
Unſer Beſtreben beim Schnitt muß dahin zielen, möglichſt
reich=
liche Bildung jungen Holzes anzuregen, und das erreicht man
durch Entfernung des überſtändigen Holzes. In jedem Jahre
fallen die älteſten knorrigſten Triebe, ſo daß der Buſch dauernd
Ztreige verſchiedenen Alters beſitzt und ſich doch ununterbrochen
verfüngt. Damit Licht, Luft und Sonnenwärme ihre
frucht=
treibende Wirkung recht kräftia ausüben können, ſieht man beim
Auslichten zugleich darauf, daß der Buſch eine regelmäßige
Ge=
ſtalt behält, die auch das Ernten erleichtert.
Der Schnitt hochſtämmiger Johannis= und
Stachelbeer=
ſträucher unterſcheidet ſich von dem der Büſche nur inſofern, als
hier beſonders auf den Aufbau und die Erhaltung einer ſchön
geformten Krone Bedacht zu nehmen iſt. Bei alten verwahrloſten
Pflauzen beider Formen kann man die nachlaſſende
Fruchtbar=
keit nur durch einen radikalen Nückſchnitt wieder beleben.
Gleich=
zeitig düngt man kräftig und ſäubert den Boden unter den
Sträuchern volſtändig von Unkräutern.
Viel einfacher als bei den Johannis= und
Stachelbeerſträu=
chern iſt der Schnitt bei, den Himbeeren und
Brom=
beeren. Hier ſind allein die einjährigen Ruten als Träger
anzuſehen, und es kommt nur darauf an, die abgetragenen
zwei=
jährigen Ruten bald nach der Ernte zu entfernen, allenfalls noch
überzählige Schößlinge auszumerzen. Die ſchnelle Beſeitigung
der alten Ruten iſt deshalb zu empſehlen, weil dieſe Gelegenheit
zur Anſiedlung von Schädlingen bieten und die jungen Ruten
nach dem Auslichten beſſer ausreifen.
OO2
Landwirtſchaft
—Gerberlohe als Streu. Gerberlohe als Streu
benützt, ſaugt mehr als das Doppelte ihres Gewichts an
Flüſſig=
keit auf. Es iſt empfehlenswert, ſie zu dieſem Zweck mit der
Strohſtreu zuſammen zu verwenden. Sie wiegt nicht ſchwer
und läßt ſich demuach leicht transportieren. Indes beſitzt die
Gerberlohe immer noch einigen Gerbſtoffgehalt, und es iſt zu
empfehlen, ſie in Verbindung mit Kalk oder Phosphaten
ſphos=
phorſauren Verbindungen) oder Aſche gleichzeitig zu benützen,
Materialien, welche zugleich ihre Zerſetzung beſchleunigen helfen.
Zuſammen mit den animaliſchen Abfällen bildet die Gerberlohe
einen ausgezeichneten Dünger. Im Garten verhindert ſie in
wirkſamer Weiſe die ſtarke Austrocknung des Bodens. Bekannt
iſt auch die Verwertung der Lohe zu Lohkuchen mittels eigener
Preßmaſchinen; dieſe Lohruchen dienen als Brennmaterial.
— Krokus im Zimmer. Dieſes Zwiebelgewächs darf
nicht durch allzu große Wärme zum frühen Austreiben und
Blü=
hen gereizt werden, denn es treibt und blüht ſchon bei nur
weni=
gen Wärmegraden. Hauptſache iſt ein heller, ſonniger Standort;
werden die mit Krokus bepflanzten Töpfe nur am ſonnigen
Fenſter aufgeſtellt, ſo gelangen ſie ſogar im ungeheizten Zimmer
zum Blühen. Muß man ſie in einem geheizten Zimmer
auf=
ſtellen, ſo ſuche man die austrocknende Ofenwärme von den
Pflanzen möglichſt abzuhalten, was ſich durch Anbringen eines
Pappſtückes an den Töpfen nach der Zimmerſeite uſw. ſehr leicht
bewerkſtelligen läßt.
Vieb= und Geflügelzucht
A.
Obſt= und Gartenbau
LEae ie Reh Gentie itäihe
Wellte man mit allen Ausſaaten warten, bis der Boden im
Garten völlig offen iſt, dann käme man mit vielen.
Gemüſe=
ſgaten, die ſehr langſam keimen, viel zu ſpät. Auf gut
vorberei=
tetem Land, alſo im Spätherbſt gegrabenem und gedüngtem
Land, kann man aber ſchon im Januar bei günſtigem Wetter
mit der Beſtellung beginnen. Iſt der Boden in dieſer Zeit
auf=
getaut, wenn auch nur 4—5 Zentimeter tief, ſo harkt man ihn
mit dem Rechen glatt, teilt die Beete ein und zieht auf jedem
Beet von ein bis einhalb Meter Breite fünf bis acht Rillen mit
der Hacke. In dieſe ſät man dann die langſam keimenden
Samen von Mohrrüben und Karotten, Spinat. Feldſalat,
Schwarzwurzel, Peterſilie, Dill, Pühnenkraut, Zwiebeln, Porree,
Früherbſen, Puffbohnen und anderen. Die Saat in Reihen
iſt der Breitſaat vorzuziehen. Man bedeckt die Samen, wie
üblich mit Erde, läßt die Rillen aber als flache Mulden
be=
ſtehen, damit ſich in ihnen der Schnee anſammelt und feſtlegt.
Er wird dadurch zur ſchützenden Winterdecke der Samen. Auch
Nadelſtreu, Stroh, Kiefernreiſig, ſtrohiger langer Stalldung und
Torfmull eignen ſich zur Bedeckung. Im Frühling ſind dieſe
Saaten allen anderen weit voraus, wenn das Pflanzenleben
eben erwacht.
— Ausgewinterte Gemüſepflanzen. Wenn
durch Froſt, Auftauen und abermaliges Frieren die
Garten=
beete Sprüng: bekommen, werden häufig die darauf ſtehenden
Pflanzen gelockert oder gehoben und verlieren den inn gen
Zu=
ſamenhang mit dem Boden. Wir ſehen dann, daß die
Pflan=
zen verkümmern, ohne daß ſie ein Schädling oder eine
Krank=
heit befallen hat. Man nennt dieſen Vorgang Auswintern. Um
Schaden dadurch zu verhüten, müſſen wir bei Tauwetter die
Be=te nachſehen und gelockerte wie gehobene. Pflanzen
feſt=
drücken, bloßgelegte Wurzeln mit guter Erde bedecken. Als
vorbeugende Maßnahme kommt in Betracht das Setzen der
Pflanzen in Rillen, und Decken mit Reiſig oder Laub. bei
Erd=
beeren mit kurzem verrottetem Miſt. Die Rillen führt man
von Norden nach Süden, etwa zehn Zentimeter tief, damit die
Wirkung der Morgenſonne abgeſchwächt wird.
—Wann erfrieren Pflanzen? Der Botaniker
Rein har durch zahlreiche Verſuche die Kältegrade feſtgeſtellt,
bei welchen verſchiedene Pflanzen erfrieren. Am
widerſtands=
fähigſten ſind die niederen Gefäßpflanzen, welche bis zu 31
Kälte=
graden ertragen können. Manche erfrieren zwiſchen 14 und 19
Grad, von den Bäumen die Eibe bei 25 Grad, der Oelbaum
ſchon bei 4 Grad, Veilchen halten bis zu 9 Grad, der Steinbrech
bis 14 Grad Kälte aus; die grünen Blätter und Stengel der
Begonie erfrieren ſchon bei 2 Grad, bei 1,5 Grad erfrieren
Gur=
ken, Bohnen bei 2 Grad, Mais und Hirſe bei 2 bis 3 Grad C.
Die Kälte iſt als innere Kälte zu verſtehen, d. h. die Temperatur
in der Pflanze muß auf die genannten Grade geſunken ſein, die
Außentemperatur kann beträchtlich niedriger ſein, ohne den
Pflanzen zu ſchaden, insbeſondere, wenn ſie durch eine
Schnee=
decke geſchützt ſind.
— Dahlienknollen ſind nach dem erſten Froſt aus dem
Boden zu nehmen. Die darauf haftende Erde darf nicht
abge=
ſchüttet werden. Nachdem ſie zwei bis drei Tage an einem
luf=
tigen Oit abgetrocknet haben, werden ſie in den Keller gebracht.
In allzu trockenen Kellern ſind ſie mit Sand zu bedecken, damit
ſie nicht vertrocknen.
ungeziefer hei Ziegen. Struppiges Har,
ſän=
diges Scheuern und Scharren ſind hei Ziegen Anzeichen, daß die
Tiere von Ungeziefer gequält werden. Am häufigſten treten
wohl Läuſe auf. Sie ſind leicht mit bloßem Auge zu erkennen.
Lanighaarige Tiere, in deren Fell ſich Läuſe eingeniſtet haben,
müſſen geſchoren und mit einer ſchwachen Tabakbrühe gewaſchen
werden. Queckſilkerhaltige Mittel, wie graue Salbe vermeide
man, da ſich die Tiere leicht dadurch vergiften. Wirkſam iſt
auch das Abreiben mit einer Miſchung von Oel und Cellokreſol
und mit der flüſigen Salbe Osga. Man wiederholt dieſe
Be=
handlung nach einigen Tagen, damit friſch ausgekrochene Läuſe
wiederum vernichtet werden. Einige Tage nach der letzten
Ein=
reibung reinigt man das Tier gründlich mit warmem
Seifen=
waſſer. Gefährlicher als Läuſe ſind die Hautgrabmilben, die
Räude verurſachen. Dieſe iſt anſteckend und übertragbar, und
man überläßt die Behandlung deshalb lieber einem Tierarzt.
Ein wirkſomes Räudemittel iſt Cutaſyl. Es tötet die Milben
und bringt die Haut zum Abheilen. Vernachläſſigt man
räude=
befallene Tiere, ſo werden ſie durch die Qual des dauernden
Juckreizes hinſällig. Bei den im Laubgehölz weidenden Ziegen
ſinden ſich öſter Holzböcke oder Zecken, Inſekten von der Größe
einer Bohne, die am Blut der Tiere ſaugen. Man betupft ſie
mit Tabakbrühe, damit ſie von ſelbſt abfallen. Beim Abreißen
bleibt der Kopf des Inſekts ſtecken und verurſacht eine
Entzün=
dung der Haut mit Geſchwür.
Bienenzucht
— Vienenweide. Dem Bienenzucht treibenden
Land=
wirt ſeien folgende Pflanzenarten zum Anbau eipfohlen:
Pha=
zelia, Vuchweizen und ſchwarzer Senf. Die Phazelia iſt eine
hervorragend gute Bienennährpflanze, nimmt mit jeder
Boden=
art fürlieb und kann zu jeder Zeit ausgeſät werden. Man wird
ſich mit der Ausſaat natürlich ſo einrichten, daß ſie in der
zwei=
ten Hälſte des Monats Juli und ſpäter bis Ende September zur
Blüte kommt. Die Ausſaat hat dann ſelbſtverſtändlich in
ange=
meſſenen Zwiſchenräumen zu erfolgen. Auf dieſe Weiſe kann
man ſich eine ausgiebige Tracht für den ganzen Sommer
ver=
ſchaffen. Ebenſo iſt es mit dem Buchweizen, deſſen
Honigreich=
tum ja bekannt iſt. Auch dieſen wird man ſo ſpät ausſäen, daß
er in der genannten Zeit aufblüht, und jeder Landmann findet
auf ſeinen Ländereien wohl eine Stelle, die ſich für den Anbau
von Buchweizen eignet. Zuletzt noch der Senf, den man am
beſten ſo ausſät, daß er von Mitte September bis Anfang
Ok=
tober in Blüte ſteht. Der Senf liefert reiche Honigmengen, iſt
auch für den Landwirt zu Grünfuttermengen von nicht geringem
Werte.
— Die Bienen im Winter. Wenn man im Winter
bei ſtrenger Kälte ſeine Bienen beobachtet und merkt, daß ſie
keinen Laut von ſich geben, wie tot in den Stöcken ſitzen und
auf einmaliges Anklopfen kurz antworten, ſo iſt alles in beſter
Orduung. Iſt aber ohne jede äußere Störung ein lautes
Brau=
ſen wahrzunehmen, ſo leidet das Volk entweder an Kälte oder
an Wärme. Der Züchter muß dann ſofort Abhilfe ſchaffen.
— Will man, für dieſes Jahr, einen neuen
Bienenſtand einrichten, o muß man jetzt dazu tun,
eigen geeigneten Standplatz auszuſuchen. Mit Unrecht haben
die Imker früherer Zeit zu großes Gewicht auf die
Himmels=
gegend, nach welcher die Bienen ausfliegen, gelegt. Dieſer Punkt
iſt, wenn die Stöcke nur gegen Stürme und namentlich gegen
Zugluſt geſchützt ſind, ſo ziemlich gleichgültig. Eine heimliche
kühle Zugluft, wie ſie an manchen Orten faſt immer, ſelbſt an
den wärmſten windſtillen Tagen, fühlbar iſt, iſt der Tod der
Bienen. An ſolchen Plätzen ſtelle man ja keine Bienen auf,
denn man würde mit ihnen doch auf keinen grünen Zweig
kom=
men. Sind die Stöcke aber gegen Stürme und Zugluft geſchützt,
ſo iſt es ziemlich gleichgültig, wo ſie ſtehen, und noch
gleichgülti=
ger, nach welcher Himmelsrichtung ſie ausfliegen. Hat man jedoch
die Wahl, ſo wählt man Oſt, geht das nicht, Nord, Süd, und
endlich Weſt. Nur müſſen Stöcke, wenn ſie gegen Süd oder Weſt
ſtehen, an ſehr heißen Sommertagen gegen Anprall der
glühen=
den Sonnenſtrahlen geſchützt werden, da ſonſt der Wachsbau im
Innern weich wird und zuſammenbricht.
Nummer
Das helle Licht.
15
Roman von Friedrich Kipp.
Nachdruck verboten.)
Durch das ungeſtüme Pochen und das wütende Gebell
Wald=
manns war bald Leben in das Forſthaus g=kommen. Randers,
der ein krankes Rheumatimusbein hatte, rief in das Haus nach
ſeiner Tochter, die gleich aufſprang, ſich notdürftig ankleidete
und die Haustür öffnete. Sie prallte zurück, als ſie die
Zigeu=
nerin in ihrem verwahrloſten Zuſtande mit hochreten Wangen
und halbnacktem, blutendem Körper vor ſich ſah.
„Ich muß den Herrn ſprechen, der hier „wohnt,” keuchte
Maha mühſam hervor. „Wo iſt er?”
Liesbeth ſah ſie überraſcht an.
„Herrn Wallenhorſt?” ſagte ſie, und dabei ſchlug ihr eine
Flamm der Scham beim Anblick der verwahrloſten Geſtalt und
der entblößten Büſte des braunen Mädchens in die Wangen.
„Was wollen Sie von ihm?”
„Das iſt einerlei — ich muß ihn ſprechen! Wo iſt er?”
„Herr Wallenhorſt iſt nicht zu Hauſe, wird auch wohl für
Sie nicht zu ſprechen ſein.”
„Nicht zu Hauſe?” jammerte ſie und überhörte den etwas
wegwerfenden Ton, den Liesbeths Antwort enthalten hatte.
„Mein Gott, wo iſt er denn? Ich muß zu ihm!”
„In dieſem Aufzug wollen Sie Herrn, Wallenhorſt
be=
ſuchen?” entgegnete Liesbeth mit ſpitzer Stimme und deutete auf
die derangierte Kleidung der Zigeunerin.
Maha fah an ſich hinab und gewahrte erſt jetzt ihre
zerriſſe=
nen Lumpen. Das Blut ſtieg ihr in die Wangen, und mit einem
raſchen Griff bedeckte ſie ihre junge Bruſt mit den
herabhängen=
den Fetzen. Dann klagte ſie: „O, er iſt fort?. Nun iſt er
ver=
loren!, Und ich wollte ihn warnen!“
„Ihn warnen? Vor wem?” fragte ſie ängſtlich und dachte
an Hans Enders, der ſeit der Epiſode in der Unterkunftshütte
nicht mehr mit ihr geſprochen hatte.
Mit fliegenden Worten erzählte Maha jetzt den Hergang
in der Höhle. Dann raffte ſie ſich auf. und mit den Worten:
„Ich muß zu ihm!. Ich will ihn ſuchen!” flog ſie haſtigen
Lau=
fes wieder davon, Uind ſie ſtammelte in ſich hinein, während
die Tränen ihre braunen Augen feuchteten: „Wenn das blaſſe
Förſtermädchen ihn auch liebt, ich will ihn retten!“
Vor Liesbeths Augen begann es zu tanzen. Ein
namen=
loſer Schmerz durchzuckte ihre Bruſt. Was hatte dieſer Aufruh:
in der Seele der Zig=unerin zu bedeuten? Das konnte doch
nicht ſo von ungefähr kommen, da mußte was dahinter ſtecken!
Wild aufſchluchzend ſank ſie auf das Lager und ſtöhnte: „
Herr=
gott, ſollte es möglich ſein, ſollte er dieſes Mädchen, eine
ver=
kommene Zigeunerin, lieben!” Sie hätt: ſonſt nicht ſo heiß
um ihn gebangt. Und dann fiel ihr erſt wieder ein, daß
Wallen=
horſt in Gefahr ſchwebte. Da ſtieg auch in ihr die Angſt um ſein
Leben auf. Daß Hans nach der Ausſage der Zigeunerin der
gleichen Gefahr ausgeſetzt war, daran dachte ſie in dieſem
Augenblick gar nicht. Ihren Vater wußte ſie vorläufig
gebor=
gen, der konnte nicht hinaus und hatte genug mit ſeinem
Rheu=
matismus zu tun.
Die Gedanken raſten ihr jäh durchs Hirn und in ihrem
Innern ſtritten die Gefühle, aber alles überſtrahlte der
ein=
zige ſchmerzliche Gedanke: „Er hatte mit dem Zigeunermädchen
zu tun, und ich wußte es nicht. Daher iſt ſein Herz jetzt kalt
zu mir, daher beachtet er mich nicht mehr und meidet meine
Gegenwart!” Und ſie erkannte es auf einmal, klar und
voll=
ſtändig, daß ſie Max Wallenhorſt liebte mit der inbrünſtigſten
Liebe ihrer unberührten Mädchenſeele, und daß dieſe Liebe eine
hoffnungsloſe, unglückliche war und es jedenfalls ſein würde
in alle Ewigkeit.
So trauerten beide um ihre ſchmerzliche, hoffnungsloſe
Liebe zu Max Wallenhorſt, die blaſſe Förſterstochter und die
dunkelhäutige Zigeunerin, trotzdem keiner von beiden ſeine
Liebe galt.
Sein Herz weinte in ſtillen Stunden um Erika, das
un=
getreue Lieb, zu dem ſeine ruheloſe Seele, in dunklen
Näch=
ten flog.
Darum konnte er ſie nicht vergeſſen und ſein Sein einem
anderen Weibe ſchenken.
Fünftes Kapitel.
Randers war ärgerlich auf ſeine Tochter.
„Warum haſt Du das Zigeunermädchen ſo raſch
abgefer=
tigt?. Man hätte ſie doch näher ausfragen können. Nun wiſſen
wir nichts Genaues und keiner hat eine Ahnung davon, wo die
Wildſchützen ihr Verſteck haben. Man hätte ſie dann doch in
ihrem Neſte überraſchen können.”
„Sie ſah zu verkommen aus,” hatte Liesbeth tonlos
entgeg=
net und war hinausgegangen.
„Ich ſags ja immer,” war des Alten Entgegnung geweſen,
indem er ſtöhnend nach ſeinem Bein griff, „es geht alles
durch=
einander, wvenn man ſelbſt nicht mit dazwiſchen ſein kann.”
„So ſei doch nicht ſo aufgebracht, Konrad!” hatte Frau
Randers ſich eingemiſcht. „Wir können das Mädchen immer
noch fragen, und was ſollte es Dir jetzt auch nützen, wenn Du
den Aufenthaltsort der Wilddiebe wüßteſt! Du kannſt ja nicht
hinaus.”
„Nun, ich ſag’s ja: Weiberlogik!” puſtete der Revierförſter.
„Als ob das Zigeunervolk hier ſeßhaft wäre!. Die ſind morgen
ſchon über alle Berge, und öb das Mädchen Wallenhorſt trifft,
iſt doch eine große Frage.”
„Wer mag das denn ſein, der Dich heimlich niederſchießen
will” warf Frau Randers dazwiſchen und ſah ihren Mann
ängſtlich an.
„Ha, ha! kein anderer als der Scheelhans. Aber famos iſt
es doch, daß die Halunken immer belauſcht werden!
Wallen=
horſt hat mir ſchon neulich erzählt, daß er in der Ellenſchenke
Aehnliches gehört habe. Daß es aber auch ihm an den Kragen
gehen ſoll, kaun ich nicht glauben. Er kommt doch mit den
Heckenſchützen gar nicht in Beührung. Was anderes iſt es ſchon
mit Enders! Der ſitzt ihnen ja gründlich auf der Kappe, und
dauum ſind ſie ihm ſicher nicht grün.”
„Wenn nicht nur ſchon ein Unglück paſſiert iſt!” wandte
Frau Nanders ein.
Ach was! So gefährlich iſt das auch nicht. Die Beiden
ſind doch ſo dumm nicht, den Kerlen wie ein ang=ſchoſſener Haſe
vor’s Rohr zu laufen. Die ſind nicht von Pappe und ganz
be=
ſonders der Wallenhorſt nicht; der ſtellt ſchon ſeinen Mann.”
Schon in der Frühe, als der Mond noch nicht aufgegangen
war, hatte ſich Wallenhorſt in Begleitung des Eleven
aufge=
macht, um womöglich einen Bock zu erlegen, deſſen Stand der
junge Mann vor einigen Tagen entdeckt hatte. Das war in der
Waldwieſe bei den drei Tannen geweſen.
„Wie ſtehen Sie ſich jetzt mit Fräulein Randers?” hatte
Wallenhorſt das Geſpräch eingeleitet.
„Ja, was ſoll ich dazu ſagen?” lächelte der Eleve reſigniert
und blickte verloren über die ſilhouettenhaft erſcheinenden
Wäl=
der hin. „Ich habe ſie ſeitdem kaum ſprechen können, und es
will mir ſcheinen, als ob ſie abſichtlich ein Zuſammenſein mit mir
vermeidet. Haben Sie ſie noch geſprochen?”
„Was man ſo ſprechen nennt. Im Beiſein ihrer Eltern.
Allein nicht,” erwiderte Wallenhorſt und pfiff nach dem Hund,
der abſeits vom Wege gelaufen war.
(Fortſetzung folgt.)