Darmstädter Tagblatt 1910


07. Oktober 1910

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173. Jahrgang
verbunden mit Wohnungs=Anzeiger und der Sonntags=Beilage:
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Das Amtsverkündigungsblatt des Großh. Kreisamts Darmſtadt wird Dienstags, Donnerstags und Samstags nach Bedarf beigefügt.

N 235.
Freitag, den 7. Oktober.
1910.

Die heutige Nummer hat 16 Seiten.

Die Revolution in Portngal.
* Die Nachrichten aus Portugal treffen noch immer
ſpärlich ein und widerſprechen ſich auch häufig. Als am
Mittwoch früh die erſten Meldungen von der Revolution ver=
breitet
wurden, bangte man um das Schickſal des jun=
gen
Königs, und man mußte nach der grauſamen Hin=
mordung
ſeines Vaters und Bruders im Februar 1908
befürchten, daß auch er das Opfer der Revolutionäre ge=
worden
ſei. Das Schlimmſte ſcheint aber vermieden wor=
den
zu ſein, denn, wenn die Nachrichten ſich beſtätigen,
ſind er und ſeine Mutter aus Liſſabon geflüchtet. Wenn
die Revolutionäre den Abzug der königlichen Familie zu=
gelaſſen
oder gar ſelbſt veranlaßt haben, ſo haben ſie klug
daran gehandelt, denn noch laſtet die Schuld des unge=
fühnten
Königsmordes auf dem Lande, und weitere Grau=
ſamkeiten
gegen das Königshaus würden der Sache der
Republikaner ſehr ſchaden und ihre Lage ungemein er=
ſchweren
. Wenn auch von ſeiten der portugieſiſchen Re=
volutionäre
, wie es heißt, jede grauſame Ausſchreitung
verhindert werden ſoll, ſo geht die Revolution nach
neueren Meldungen ohne Blutvergießen doch nicht ab, da
in Liſſabon am Mittwoch die Kämpfe zwiſchen den Anhän=;
gern der Monarchie und der Revolutionäre begonnen 1
haben.
Für die Stärke der republikaniſchen Poſition ſpricht
die überraſchende Sicherheit, mit der das Geheimnis der
offenbar wohl vorbereiteten Erhebung gewahrt worden iſt,
und das vollſtändige Gelingen des Anſchlages, Liſſabenj
von der Drahtberichterſtattung zunächſt abzuſchließen.
Wenn man hier und da den Anſchein hervorruft, als ob
die portugieſiſche Armee auf Seiten der Monarchie ſtehe,1
ſo müſſen zwingende Tatſachen davon überzeugen, daß
das nicht ausnahmslos der Fall iſt. Sonſt wäre der An=
ſchlag
auch nicht gelungen.
Inzwiſchen iſt nach einer offiziellen Meldung die
Republik in Portugal erklärt worden. Die
proviſoriſche Regierung bilden Theophilo
Braga Präſident, Bernadino Machado Außenmini=
ſter
, Antonio Joſé Almeida Innenminiſter, Alfonſo Coſt:
Unterrichtsminiſter.
Vorläufig hat die revolutionäre Erhebung nur Liſ=
ſabon
ergriffen, für die weitere Entwickelung der Dinge
hängt aber viel ab, ob auch die Provinz ſich anſchließt.
Hierüber liegen bisher noch keine Meldungen vor. Auch
die Mächte werden kaum etwas unternehmen können,
da es ſich um eine interne Angelegenheit handelt, intereſ=
ſiert
iſt freilich England, das große Summen in portu=
gieſiſchen
Unternehmungen angelegt und überdies die An=
leihen
Portugals finanziert hat. Auch für Spanien iſt
dieſe Wendung der Dinge ſehr mißlich, weil es ſich nicht
von der Hand weiſen läßt, daß die republikaniſche Bewe=
gung
, falls ſie in Portugal Erfolg hat, auch auf Spanien
übergreift, wo ſchon viele ſehnſüchtig einer derartigen Kriſis
harren.
Die wichtigſte und intereſſanteſte Frage bei der Um=
wälzung
in Portugal iſt, wie ſich die anderen Mächte zu
der durch die Revolution gewaltſam herbeigeführten Re=
publik
ſtellen bezw. ob und mit welcher Begründung ſie
ſie anerkennen werden.
Die weiter eingelaufenen Meldungen über die Vor=
gänge
in Portugal finden unſere Leſer am Schluß des
Blattes.

Das bisher regierende Haus Braganza= Ko=
burg
beſteht außer dem König, ſeiner Mutter und Groß=
mutter
noch aus dem Onkel des Königs, dem Infanten
Alfons, Herzog von Oporto, der im März ds. Js. feier=
lich
zum Thronfolger erklärt wurde und zu deſſen Gunſten
Manuel II. im Laufe des Sommers, wie es hieß, verzich=
ten
wollte. Portugal hat aber auch noch einen Thron=
prätendenten
in dem Nachkommen des Königs Dom
Miguel, welch letzterer vom 30. Juni 1828 bis 26. Mai
1834 die Krone inne hatte. Dom Miguel von Bra=
ganza
, der Sohn dieſes Königs, ſteht im öſterreichiſchen
Militärdienſte. Ende 1907 wurden Aeußerungen von ihm
publiziert, worin geſagt wurde, er warte den Moment
ab, wo die Unordnung in Portugal den Höhepunkt er=
reicht
habe, weil dann ſein Eingreifen erwünſcht ſein
könnte Er ſehe eine Revolution herannahen, glaube aber
nicht an den Sieg der Republikaner, weil der monarchiſche

Gedanke zu tief im Volke eingewurzelt ſei und namentlich
ſein Haus Braganza ſich noch eines großen Anhanges
in Portugal erfreue. Die daran geknüpften Hoffnungen
Dom Miguels dürften ſich aber ſchwerlich erfüllen. Der
jetzt 55jährige Dom Miguel hat 3 Söhne, von denen der
jüngſte erſt 3 Jahre iſt, und 7 Töchter. In zweiter Ehe
iſt er vermählt mit Prinzeſſin Thereſe zu Löwenſtein=
Wertheim=Roſenberg.

Heer und Flotte von Portugal.
C Die Wehrmacht des portugieſiſchen Königreiches,
von der große Teile ſich den Revolutionären angeſchloſſen
und damit erſt die Möglichkeit eines blutigen Gewalt=
ſtreiches
geſchaffen haben, war gerade in den letzten Jah=
ren
der Gegenſtand beſonderer Fürſorge ſeitens der Regie=
rung
.
Im Jahre 1887 erſchien das erſte Geſetz, das gerades=
wegs
auf die allgemeine Wehrpflicht hinſteuerte, und im
Herbſt 1895 wurden die begonnenen einſchneidenden Refor=
men
noch ergänzt. Die Heeresverfaſſung ſieht
einen aktiven Dienſt bei der Fahne von drei Jahren vor,
aber in der Praxis werden faſt alle Mannſchaften, ſoweit
ſie ſich nicht losgekauft haben, nach zwei Jahren entlaſſen.
Denn das Recht des Loskaufens ſpielt auch in der neuen
Wehrverfaſſung Portugals noch ſeine Rolle; nach ſechs
Monaten, kaum daß die erſte körperliche Ausbildung der
Rekruten vollendet iſt, kann der Mann ſich frei kaufen.
Auch Brüder können ſich gegenſeitig im Heeresdienſt ver=
treten
. In den letzten Jahren war die Friedensſtärke des
Heeres auf 30 000 Mann feſtgeſetzt. Die Truppen gliedern
ſich in 6 Diviſionen oder 12 Brigaden zu je 2 Regimentern
Infanterie; dazu treten noch 3 Infanterie=Regimenter, die
gewiſſermaßen Kolonialdienſt ausüben und auf Madeira
und auf den Azoren ſtationiert ſind. Außerdem verfügt
das portugieſiſche Heer über 6 Jägerbataillone zu je
6 Kompagnien. Die Kavallerie beſteht aus 5 Brigaden,
die Artillerie aus 6 Regimentern mit zuſammen 40 Bat=
terien
, wozu noch die Feſtungsartillerie mit 6 Regimen=
tern
und 23 Batterien tritt. Im Frieden verfügt das
Infanterie=Regiment etatsmäßig über 38 Offiziere und 598
Mann, es gibt jedoch auch eine Reihe von Regimentern
zu zwei Bataillonen, die auf dem Papier 28 Offiziere und
269 Mann zählen. Die Truppen, die bei dem Auftand in
Liſſabon beteiligt ſind, gehören der erſten Diviſion an,
die ihren Sitz in der Hauptſtadt hat. Hier befindet ſich
auch das verſchanzte Lager das einem Gouverneur im
Range eines Diviſionärs unterſteht. Vor vier Jahren
wurde eine Neu=Uniformierung des portugieſiſchen Heeres
durchgeführt, bei der die Truppen aſchfarbene Anzüge aus
Baumwolle erhielten. Die Uniform beſteht außer dem
Beinkleid aus einer Art Litewka die Bluſencharakter trägt.
Die vielfach auftretenden Symptome, die von dem
Anwachſenspolitiſcher Strömungen innerhalb des Heeres
Kunde gaben, mögen viel dazu beigetragen haben, daß
die Regierung die Beſoldungsverhältniſſe ihrer Offiziere
immer wieder reformierte und verbeſſerte. In der Tat iſt
der portugieſiſche Offizier verhältnismäßig günſtig ge=
ſtellt
, und leibliche Sorgen ſind es kaum geweſen, die das
Vordringen revolutionärer Geſinnung im Offizierkorps
veranlaßten oder förderten. Der Diviſionär bezieht ein
Monatsgehalt von 675 Mark, wozu noch erhebliche Woh=
nungsgeldzuſchüſſe
und Repräſentationsgelder treten. Der
Brigadier erhält 450 Mark und dazu verhältnismäßig be=
trächtliche
Zuſchüſſe, der Oberſt 360 Mark im Monat und
je nach ſeinem Standort ein Wohnungsgeld von 350 bis
450 Mark. Dem Maſor wird eine Monatsgage von rund
295 und dem Hauptmann ein Gehalt von etwa 250 Mark
gezahlt; dazu kommen die Wohnungsgelder mit durch=
ſchnittlich
300 bezw. 200 Mark. Im Vergleich mit den
höheren Graden ſind die ſubalternen Offiziere gut bedacht:
der Leutnant bezieht 202,50 Mark Monatsgage und durch=
ſchnittlich
200 Mark Wohnungsgeldzuſchuß, der Unterleut=
nant
ein Gehalt von 157,50 Mark. Aber die Einnahmen
ſind damit noch nicht erſchöpft, denn der Etat ſieht Dienſt=
alterszulagen
vor, die bei 10= oder 12jährigem Dienſt in
einem Grad jährlich ausgezahlt werden und bei Majoren
und Hauptleuten zirka 325 Mark, bei Subalternoffizieren
270 Mark betragen. Bei Bewertung dieſer Einkünfte muß
in Betracht gezogen werden, daß die Lebensverhältniſſe in
Portugal weitaus billiger ſind, wie in den mitteleuro=
päiſchen
Staaten, und daß zugleich der Offiziersſtand nicht
ſo große Repräſentationsausgaben bedingt, wie in an=
deren
Ländern. Dazu kommt die ungünſtige Finanzlage
des Landes, die dieſe Opfer für die Offiziere beſonders
hoch erſcheinen läßt. Im Staatshaushalt 1906/07 figu=
riert
die Armee mit nahezu 35 Millionen Mark.
Die finanziellen Verhältniſſe der Marineoffi=
ziere
gleichen im Durchſchnitt denen des Heeres. Die
Flotte Portugals kann freilich im Sinne der mo=
dernen
Kriegstechnik keinen allzu hohen Gefechtswert be=
anſpruchen
, ſie beſteht vorwiegend aus kleineren Fahrzeu=
gen
. Noch im Jahre 1901 verzeichnete die Kriegsflotte 42
Fahrzeuge, vorwiegend lleine Kreuzer und Torpedoboote,
dazu 8 Hilfsfahrzeuge. Die Seemacht verfügte über 256
Geſchütze und 12 Lanzierrohre bei einer Beſatzung von 5600
Mann. Seitdem iſt die Regierung bemüht geweſen, durch
Neubau den Schiffsbeſtand zu ergänzen und zu vervoll=
kommnen
.

Deutſches Reich.
Kaiſertelegramm und nationallibe=
raler
Parteitag. Die Braunſchweig. Landesztg. be=
merkt
, daß der nationalliberale Parteitag deshalb dies=
mal
wie in den letzten Jahren kein Begrüßungstele=
gramm
an den Kaiſer abgeſandt habe, weil 1906 bei der
Goslarer Tagung ein Begrüßungstelegramm erſt zwei
Tage nach Schluß des Parteitages durch den Kabinetts=
ſekretär
kühl und geſchäftsmäßig beantwortet wurde, ſodaß
man den Eindruck bekam, als fühle ſich der Kaiſer hier=
durch
beläſtigt.
Helgoland und der Marinefiskus. Seit
Montag iſt das geſamte Oberland auf Helgoland in den
Beſitz des Marinefiskus übergegangen. Ueber 100 Ein=
wohner
der Inſel haben größere Abfindungsſummen er=
halten
, einige bis 40000 Mark. Damit wäre der Marine=
fiskus
als alleiniger Grundbeſitzer des Oberlandes ohne
weiteres in der Lage, dieſes für die Badegäſte und ſon=
ſtigen
Beſucher völlig abzuſperren.
Der Entwurf eines Seeunfallgeſetzes.
In der vergangenen Woche haben im Reichsamt des
Innern kommiſſariſche Beratungen zwiſchen Vertretern
der Reichsregierung und der beteiligten preußiſchen Mini=
ſterien
über den Entwurf eines Seeunfallgeſetzes ſtatt=
gefunden
, der beſtimmt iſt, das Geſetz betreffend die Unter=
ſuchung
von Seeunfällen vom Jahre 1877 abzuändern.
Ein vom Reichsamt des Innern aufgeſtellter Vorentwurf
war bereits im vorigen Jahre veröffentlicht und allen
Intereſſenten zur Begutachtung zugegangen. Das hier=
durch
gewonnene ſehr umfangreiche Material iſt dann im
Reichsamt des Innern bearbeitet worden. Die Beratun=
gen
der letzten Woche hatten die Aufgabe, feſtzuſtellen,
inwieweit die Wünſche der Intereſſenten für den endgül=
tigen
Entwurf zu verwerten ſind. Dieſer ſoll noch vor
Weihnachten an den Bundesrat gelangen, ſo daß die Vor=
lage
zu Beginn des nächſten Jahres dem Reichstag zu=
gehen
wird.
Zum Werftarbeiterſtreik. Am Mittwoch
abend 8 Uhr wurden die Verhandlungen zur Beilegung
der Differenzen in der Metallinduſtrie fortgeſetzt. Die
hierbei zuſtande gekommenen Beſchlüſſe haben die Aus=
ſicht
auf eine friedliche Beilegung nähergerückt. Am Don=
nerstag
vormittag um 9 Uhr wollten die Werften in einer
Verſammlung zu den neuerlichen Vorſchlägen der Kom=
miſſion
des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller
Stellung nehmen. In der ſodann eiligſt für den Nach=
mittag
einzuberufenden Arbeiterverſammlung ſollten die
Arbeitervertreter über die Beſchlüſſe der Werſten berichten,
worauf die Verſammlung endgültig zu den Beſchlüſſen der
Werften Stellung nehmen wird. Entgegen anders lau=
tenden
Meldungen beſteht zuverläſſige Ausſicht auf Eini=
gung
und Vermeidung der Metallarbeiterausſperrung.
Die bayeriſchen Sozialdemokraten
wollen ſich durch die Zubeil=Beſchlüſſe des Magdeburger
Parteitages nicht beeinfluſſen laſſen. Eine Generalver=
ſammlung
der ſozialdemokratiſchen Partei der Münchener
Wahlkreiſe I und II hat nach einem Vortrag der Abgeord=
neten
Müller und Franz Schmitt eine Entſchließung an=
genommen
, in der ſie ſich ausdrücklich mit der Haltung
einverſtanden erklärt, die die Münchener Vertreter auf dem
Magdeburger Parteitag eingenommen haben, die Ableh=
nung
der Kommiſſion für die Budgetfrage bedauert und
hofft, daß es in der nächſten Zeit gelingen werde, eine
Kommiſſion zu wählen, um endlich volle Klarheit über die
Stellung der Partei in der Budgetfrage herbeizuführen.
Ausland.
Oeſterreich=Ungarn.
Die gemeinſamen Miniſterberatungen.
Außer dem ſeit Montag in Wien weilenden Grafen Khuen=
Hedervary ſind auch Juſtizminiſter Szekely, Finanzmini=
ſter
Lukacs und Kultusminiſter Graf Zichy nach Wien ge=
reiſt
. Man folgert daraus, daß die jetzt ſtattfindenden
gemeinſamen Miniſterberatungen große politiſche Bedeu=
tung
haben.
Im ungariſchen Abgeordnetenhauſe be=
gründete
, wie ſchon gemeldet, der Abgeordnete Polonyi,
der frühere Juſtizminiſter, eine Interpellation zu der An=
leihe
von 500 Millionen, wobei er die Anleihepolitik des
Kabinetts Wekerle verteidigte, das den franzöſiſchen Markt
habe gewinnen wollen. Polonyi erging ſich in Ausfällen
gegen den Dreibund und unterzog die jüngſte Anleihe auf
dem öſterreichiſchen und deutſchen Geldmarkt vom Stand=
punkt
des Dreibundgegners, als den er ſich offen bekannte,

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Nummer 235.

Seite 2.

armſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

einer ſcharfen Kritik. Er meinte, Deutſchland werde die
wirtſchaftliche Trennung Ungarns von Oeſterreich immer
verhindern, deshalb habe die frühere Regierung richtig
gehandelt, als ſie danach getrachtet habe, Ungarn vom
deutſchen Geldmarkt unabhängig zu machen. Polonyi
führte dann des langen und breiten aus, daß Frankreich
vom Kabinett Wekerle nicht verlangt habe, Ungarn möge
ſich als Entgelt für die Gewährung der Anleihe vom Drei=
bund
abwenden, was übrigens von keiner Seite behauptet
wurde, gab jedoch ſelbſt zu, daß die Anleihe ſchließlich
geſcheitert ſei, weil Frankreich ſie nur dem auf die wirt=
ſchaftliche
Trennung von Oeſterreich hinarbeitenden frühe=
ren
ungariſchen Miniſterium habe gewähren wollen. Auch
bedauerte er, daß man in Frankreich Verſtimmung er=
wecke
, indem man die Anleihe als Erfolg des Dreibundes
hinſtelle. All das geſchehe im Intereſſe Deutſchlands, und
man werde dadurch Frankreich Ungarn ganz entfremden.
Die Regierung erteilte auf dieſe Ausführungen Polonyis
wegen der Abweſenheit des Finanzminiſters Lukacs keine
Antwort.
Frankreich.
Die Kreditforderung für die Arbeiter=
verſicherung
. Arbeitsminiſter Viviani wurde von
der Budgetkommiſſion, die ſeine erſte Kreditforderung für
die Arbeiterverſicherungen beanſtandete, um nähere Aus=
kunft
erſucht, wie er ſich die Durchführung des neuen Ge=
ſetzes
eigentlich denke.
Der Miniſter rechtfertigte die Höhe ſeiner Forderungen
mit der Notwendigkeit, daß für den Verſicherungsdienſt
eine ganz neue und umfangreiche Behörde
geſchaffen werden müſſe. Das Wenigſte, was er für den
Anfang brauche, ſeien 853 neue Beamte, und zwar 663
für Paris und 90 für die Provinz! Das kann ja nett
werden, iſt aber nur die Fortſetzung einer alten Gewohn=
heit
der Republik. Sobald ein neues Geſetz in Kraft treten
ſoll, iſt es die erſte und oberſte Sorge des zuſtändigen
Miniſters, möglichſt viele ſeiner Schützlinge, Söhne, Vet=
tern
und Freunde der ihm ergebenen Politiker, in den
neugeſchaffenen Beamtenſtellen unterzubringen. So iſt es
allmählich dahin gekommen, daß Frankreich heute das
Paradies der Beamten genannt werden darf.
Boshafte Leute ſagen geradezu, ein Stellenvermittlungs=
bureau
zur ausſchließlichen Benutzung für diejenigen, die
einer der Machthaber des demokratiſchen Regiments be=
ſchützt
und ſo auf Koſten der Steuerzahler verſorgt. Die
Geſamtzahl des franzöſiſchen Staatsbeamtenheeres iſt
nicht mehr weit von einer Million entfernt: am 1. Januar
1910 beſaß Frankreich 968 122 Beamte; hinfort alſo gibt
es deren 968855, das iſt der ganze Unterſchied! In dieſer
Ziffer ſind noch nicht einmal einbegriffen die algeriſchen
und tuneſiſchen Beamten, ebenſowenig die der übrigen
Kolonien, die aus ſelbſtändigen Kolonialbudgets bezahlt
werden. Auch die Eiſenbahnbeamten zählen hierbei nicht
mit. Man kann demnach ruhig ſagen, daß ihre geſamte
Zahl eine Million überſteigt! Dies macht einen Be=
amten
für je 38 Steuerzahler! Will man wiſſen, was
dieſes Rieſenheer alljährlich an Gehältern verſchlingt? Die
Kleinigkeit von rund 1510 Millionen. Dazu kommen
außerdem noch Zivilpenſionen im Betrage von 108 Millio=
nen
und Militärpenſionen in Höhe von 170 Millionen, ſo
daß die Geſamtlaſt für die ſtaatlichen Kaſſen auf 1788 Mill.
Francs zu berechnen iſt.
Aber, Frankreich iſt ja bekanntlich reich genug, ſich
dieſen Luxus zu leiſten! Fragt ſich nur: wie lange?
Vereinigte Staaten.
Das Marinedepartement hat beſchloſſen, den
Kongreß um die proviſoriſche Ermächtigung zu erſuchen,
außer den zwei Kriegsſchiffen und zwei Kohlenſchiffen, die
bereits gefordert worden ſind, zwei Kanonenboote, von
denen eines die Flüſſe in China befahren ſoll, und zwei
Schlepper zu erbauen.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 7. Oktober.
* Vom Hoflager in Friedberg. Am 4. nachmit=
tags
beſuchten die Herrſchaften Limburg, beſichtigten
den Dom und trafen gegen 7 Uhr wieder in Friedberg
ein. Abends fand in Bad Nauheim ein Konzert des
Kaiſerlich Ruſſiſchen Hofkirchenchores ſtatt, welchem
einige der in Friedberg weilenden fürſtlichen Damen
mit Gefolge beiwohnten. J. K. H. die Großherzogin
zog ſich am 5. nachmittags beim Tennisſpiel in Bad
Nauheim eine leichte Fußverletzung zu. Die Schmerzen
haben ganz nachgelaſſen. Das Allgemeinbefinden iſt
in keiner Weiſe beeinträchtigt. (Darmſt. Ztg.)
* Ordensverleihung. Se. Königl. Hoheit der Groß=
herzog
haben dem Lokomotivführer in der Heſſiſch=
Preußiſchen Eiſenbahngemeinſchaft Kaſpar Freund zu
Mainz aus Anlaß ſeiner Verſetzung in den Ruheſtand

das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inſchrift Für
treue Dienſte verliehen.
* Entlaſſung aus dem Staatsdienſte. Se. Königl.
Hoheit der Großherzog haben den Hauptſteuer=
amtsaſſiſtenten
bei dem Hauptſteueramt Bingen Karl
Bangert auf ſein Nachſuchen wegen Uebertritts in
den Reichsdienſt aus dem Staatsdienſte entlaſſen.
In den Ruheſtand verſetzt wurde der Loko=
motivführer
in der Heſſiſch=Preußiſchen Eiſenbahngemein=
ſchaft
Kaſpar Freund zu Mainz auf ſein Nachſuchen
wegen geſchwächter Geſundheit.
Charaktererteilung. Se. Königl. Hoheit der
Großherzog haben dem Oberlehrer an der Oberreal=
ſchule
zu Darmſtadt Heinrich Getroſt den Charakter
als Profeſſor erteilt.
Ernennungen. Ernannt wurde der Gerichts=
vollzieher
mit dem Amtsſitze in Worms Friedrich
Feiling zum Gerichtsvollzieher mit dem Amtsſitze in
Oſthofen mit Wirkung vom 8. Oktober 1910. Se.
Königl. Hoheit der Großherzog haben die Finanz=
aſpiranten
Wilhelm Lotz und Johann Hüthwohl,
beide aus Darmſtadt, zu Hauptſteueramtsaſſiſtenten, den
Hauptſteueramtskontrolleur Georg Dingeldein zu
Darmſtadt, den Hauptſteueramtsaſſiſtenten Wilhelm
Herberg zu Offenbach zu Miniſterialreviſoren bei der
Buchhaltung des Miniſteriums der Finanzen, den Finanz=
aſſeſſor
Wilhelm Ohl aus Richen, ſowie den Miniſterial=
reviſor
bei der Buchhaltung Großh. Miniſteriums der
Finanzen Heinrich Roßmann zu Darmſtadt zu Steuer=
kontrolleuren
ernannt.
* Der Königl. Großbritanniſche Geſchäftsträger
Mr. F. D. Harford iſt Mittwoch nebſt Familie aus
ſeinem Urlaub in England nach Darmſtadt zurückgekehrt.
* Militärdienſtnachricht. v. Sell, Major beim
Stabe des Inf.=Leib=Regts. Großherzogin (3. Großh.
Heſſ.) Nr. 117, als Bat.=Kommandeur in das 1. Kurheſſ.
Inf.=Regt. Nr. 81 verſetzt.
L. Die Strafkammer ſaß geſtern über die 35 Jahre
alte Witwe des Zugführers Adam Lennert geb.
Ruhland, die 2 Kinder beſitzt, zu Gericht. Die Frau hatte
hier dem Zimmermann Anton Heß, einem Witwer, den
Haushalt geführt. Da die Abſicht beſtand, demnächſt die
Ehe einzugehen, waren nicht nur die beiderſeitigen Be=
ziehungen
herzlich, auch mit dem Vater des Heß beſtand
ein ſchönes Verhältnis. Von beiden bekam die Zukünf=
tige
Geld, auch nahm ſie ſolches ungefragt und verwen=
dete
es nach Belieben. Mit ihrem ſelbſtherrlichen Schal=
ten
und Walten ließ ſie auch nicht nach, als ſie merken
mußte, daß ihres Bleibens nicht mehr lange ſei. Sie be=
nutzte
am 30. März die Erlaubnis, für den alten Heß 300
Mark bei dem Spar= und Vorſchußverein für die katho=
liſche
Kirchengemeinde zu erheben, ſich als Bevollmächtigte
500 Mark geben zu laſſen und verdeckte ihren Schwindel
damit, daß ſie im Sparkaſſenbuch die Zahl fälſchte. Am
11. Mai war es Zeit, an die Abreiſe zu denken. Sie nahm
die erforderlichen Abmeldungen vor, dann ſtahl ſie 80 Mark,
die dem alten und 16 Mark, die dem jungen Heß gehörten
und trat am 13. Mai die Reiſe nach Köln an. Ihr Trei=
ben
wurde mit 3 Monaten Gefängnis beſtraft.
* Von der Künſtlerkolonie. Se. Königl. Hoheit
der Großherzog haben den Zeichner Julius Klinger
in die Künſtlerkolonie berufen. Der Künſtler, welcher
aus Wien ſtammt und dort ſeine Laufbahn begonnen
hat, lebt ſeit mehreren Jahren in Berlin. Er hat be=
ſonders
durch Federzeichnungen von außerordentlicher
Feinheit und Schönheit, ſowie durch vortreffliche Plakate
die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen. Herr Klinger
wird das Gebiet der Flächenkunſt bearbeiten. Es ſeien
ſchon jetzt Firmen die künſtleriſche Entwürfe für
Webereien und dergleichen haben möchten, auf dieſe
neue Kraft aufmerkſam gemacht.
*. Hoftheater. Frl. Oſter iſt, wie wir hören, an
Blinddarmentzündung ſchwer erkrankt. In ihrer Ver=
tretung
wird, wie aus dem Anzeigeteil zu erſehen iſt,
die Gattin des Herrn Baumeiſter hier heute die
Rolle der Adelheid ſpielen.
* Einen Nachruf widmet Geh. Regierungsrat Dr.
M. Delbrück dem verſtorbenen Herrn Wilhelm Ve=
nuleth
in der Zeitſchrift für Spiritus=Induſtrie. Es
heißt u. a.: Die Lebensarbeit des Verſtorbenen iſt mit
der Geſchichte der deutſchen Brennerei=Maſchinen=Induſtrie
aufs engſte verknüpft. Herr Venuleth hat ſeinerzeit in
Verbindung mit Herrn Ellenberger, einem heſſiſchen Bren=
ner
, unſerer Induſtrie neue Richtungen gegeben. Dieſe
beiden waren es, die die feinſte Zerkleinerugg der Kar=
toffeln
durch den ſogenannten Ellenbergerſchen Maiſch=
Apparat einführten, der, aus der Papier=Induſtrie ent=
nommen
, die Kartoffelmaſſe ſo fein wie eine zarte Papier=
maſſe
verrieb. Der Maiſch=Apparat ſollte die zerklei=
nernde
Wirkung des Henze überflüſſig machen; man wollte
auf dieſe Weiſe die ſchädliche Wirkung zu hoher Tem=
peratur
und zu ſtarken Drucks beim Dämpfen vermeiden.
Eine weitere Folge dieſer neuen Einrichtung war, daß
allgemein die Konſtruktion von Zerkleinerungsapparaten
aufgenommen wurde. Die feine Zerkleinerung erlaubte
dann auch die Einführung anderer Kühlvorrichtungen, und
ſo brachte Venuleth ſeinen Revolver=Röhrenkühler auf
den Markt, der den Waſſerverbrauch beim Kühlen auf die
Hälfte verringerte. Wenn dieſe Konſtruktionen ſich nicht

Ein Charakterbild König Manuels.
** Die aufregenden Ereigniſſe in Liſſabon rücken
die Geſtalt des jungen Königs Manuel, der durch eine
ſo furchtbare Tragödie auf den Thron gehoben wurde,
wieder in die unheimliche Beleuchtung von Aufruhr
und Gefahr. Sein Geſchick war es, nach der Ermord=
ung
ſeines Vaters und Bruders mit ſiebzehn Jahren
aus den Träumen und Hoffnungen ſeiner Jünglings=
zeit
zu dem höchſten und verantwortungsreichſten Amt
berufen zu werden. Noch ſind die Szenen unvergeſſen,
da die Königin Amelie in der Kapelle des königlichen
Schloſſes an den Leichen ihres Gatten und Sohnes
kniete und ihr Jüngſter neben ihr ſtand mit dem Be=
wußtſein
, die ſchwere Laſt der Königskrone auf ſich
nehmen zu müſſen. Er tat es mit dem demütigen Be=
kenntnis
, das er ſeinen Miniſtern ablegte: Ich bin
ohne Kenntnis und Erfahrung. Ich vertraue mich
Euerer Leitung an und zähle auf Euere Vaterlands=
liebe
und Weisheit.
Der Knabe iſt in den zwei Jahren, die er nun die
Geſchicke Portugals leitet, zum Manne herangereift.
In ſeiner Kindheit hatte er davon geträumt, ſeinem
großen Vorfahren, Prinz Heinrich, dem Seefahrer,
nachzueifern, ein Forſcher und Entdecker zu werden.
Mit Feſtigkeit fand er ſich in die ſchweren, näher lie=
genden
Aufgaben, die ſich ihm entgegenſtellten. Ich
verließ einen Jungen, erklärte einer ſeiner Staats=
männer
, als er ihn einige Zeit nach ſeiner Thron=
beſteigung
wiederſah, mit dem ich kindliche Dinge ge=
plandert
, und ich fand einen König wieder, der mit
mir über die Regierung und das Wohl ſeines Volkes

ſprach. Hat Manuel ſeine äußere Erſcheinung von
ſeinem Vater geerbt, ſo iſt er im Charakter ſeiner
Mutter nach geraten, der klugen Tochter des Herzogs
Philipp von Orléans. Seine Privatneigungen er=
ſtrecken
ſich auf künſtleriſches und wiſſenſchaftliches
Gebiet; zu alten Schlöſſern, alten Möbelſtücken und
hiſtoriſchen Denkſtätten hat er eine romantiſche Neig=
ung
. Er iſt nicht, wie ſein Vater, ein eifriger Sports=
mann
, und ſelbſt beim Tennisſpiel, in dem er ſeine
tägliche Erholung ſucht, iſt er weniger mit dem Kopf
als mit dem Körper dabei.
Man hat ihm bald nach Beginn ſeiner Regierung
den Vorwurf gemacht, daß er ſich allzu ſtark von kleri=
kalen
Einflüſſen in ſeinen Handlungen beſtimmen
laſſe, daß ſeine Berater und Vertrauten Prieſter ſeien.
Dieſe Meinung, die von den Republikanern auf=
gebracht
wurde, wird ſchon durch die Namen ſeiner lei=
tenden
Miniſter und der Intimen ſeiner Umgebung
widerlegt, unter denen ſich Mitglieder von als frei=
ſinnig
bekannten Familien befinden. Die Umſtände,
unter denen er den Thron beſtieg, haben ihn klug ge=
macht
; er weiß, daß ſein Volk nicht vom Glauben allein
leben kann und daß er auf ſeine materiellen Bedürf=
niſſe
und Wünſche eingehen müſſe. Die Gefahren,
denen ſein Vater lange mit Kaltblütigkeit und Ent=
ſchloſſenheit
ins Geſicht geblickt hatte, waren durch den
Starrſinn und den Uebereifer des Diktators Franco
außerordentlich gewachſen und hatten der Krone eine
Unmenge von Feinden geſchaffen. König Manuels
erſte Handlungen als Herrſcher gaben Zeugnis von
ſeiner Klugheit und ſeinem Mut. Er ſtellte die Frei=
heit
der Untertanen wieder her, machte der Preſſe Zu=
geſtändniſſe
und lehnte die Garantien ab, die der

dauernd in den Brennerei=Einrichtungen zu erhalten ver=
mochten
, ſo liegt das an dem allgemeinen Entwickelungs=
gang
, den die Spiritus=Induſtrie nahm, beſonders aber
daran, daß unter Führung der Maſchinenfabrik Pauckſch
die Konſtruktion des Henzedämpfers und des Dämpfver=
fahrens
eine außerordentliche Vollkommenheit erreichte.
Die hiſtoriſche Bedeutung der Venulethſchen Arbeiten wird
aber durch dieſen Entwickelungsgang nicht beeinträchtigt.
Ein weiteres hervorragendes Verdienſt hat ſich die von
Wilhelm Venuleth geleitete Fabrik in der Trocknungs=
frage
erworben. Von der Schlempetrocknung ausgehend,
dieſe Apparatur übertragend auf Fäkalien, gelang es der
Firma Venuleth und Ellenberger, bei dem großen Preis=
ausſchreiben
des Vereins der Spiritus=Fabrikanten in
Deutſchland für Kartoffeltrocknung als einer der Sieger
hervorzugehen. Venuleth war es auch, der als erſter einen
Walzentrockenapparat für Kartoffeln in einer Ausſtellung
des Inſtituts für Gärungsgewerbe vorführte. Wenn wir
der außerordentlich liebenswürdigen Perſönlichkeit des
Verſtorbenen gedenken, die gern und mit Begeiſterung im=
mer
bereit war, neue Ideen ſelbſtändig zu verfolgen und
ihnen einen praktiſchen Ausdruck zu verleihen, ſo dürfen
wir ſagen, daß eine hervorragende Perſönlichkeit der deut=
ſchen
Maſchinen=Induſtrie, insbeſondere der für die Spi=
ritus
=Induſtrie arbeitenden aus dem Leben geſchieden iſt.
Der Richard Wagner=Verein Darmſtadt wird nach
dem von ihm aufgeſtellten Programm auch in der kom=
menden
Saiſon wieder eine Reihe hervorragender Kunſt=
genüſſe
vermitteln. Unter den Soliſten (meiſt Namen
allererſten Ranges) befinden ſich viele, die zu den Lieb=
lingen
des Darmſtädter Publikums zählen. Von bekann=
ten
Sängerinnen ſeien genannt: Suſanne Deſſoir und
Thereſe Schnabel=Behr, die beide im Verein zum fünften=
Male auftreten werden, Erika Wedekind, Alice Aſchaffen=
burg
und Sophie Schmidt=Illing; neu für Darmſtadt wer=
den
die berühmte Münchener Altiſtin Margarete Preuſe=
Matzenauer, ſowie die Dresdener Sängerinnen Anna
Klotz und Anna Schabbel=Zoder ſein. Dr. Ludwig Wüll=
ner
wird im Wagner=Verein ſeinen zehnten Liederabend
geben; außerdem ſind die Sänger durch Anton Kohmann,
Paul Schmedes und Hans Vaterhaus vertreten. Ueber=
aus
ſtattlich iſt die Reihe der Größen des Klaviers, von
denen ſieben in Darmſtadt zum erſten Male auftreten wer=
den
: Ethel Leginska, Alice Ripper, Konrad Anſorge, Wil=
helm
Backhaus, Coenrad V. Bos, Fritz Cortolezis, Bruno
Hinze=Reinhold, Heinrich Lutter, Joachim Nin und Artur
Schnabel. Die Violine wird durch Joan de Manén, das
Violoncello durch Julius Klengel, die Viola durch Alexan=
der
Ritter, die Laute durch Sven Scholander, die Kam=
mermuſik
durch das Trieſter Streichquartett und das Wie=
ner
Roſé=Quartett vertreten ſein. Drei Komponiſten=
abende
, bei denen die Tondichter zum Teil perſönlich mit=
wirken
werden, ſind Volkmar Andreä, Frank Limbert, Oth=
mar
Schoeck, Theodor Streicher und Max Schillings ge=
widmet
. Zwei Vorträge über Heinrich von Stein und
Richard Wagner von Anna Bering und Dr. Georg Michael
Conrad ergänzen das reichhaltige Programm, das einen
Sonaten=Abend für Cello und Klavier am nächſten Diens=
tag
eröffnen wird.
M. Der Kriegerverein hielt Mittwoch abend in der
Reſtauration Stadt Koburg bei Kam. Fink, Wald=
ſtraße
, die übliche Monatsverſammlung ab. Der 1. Vor=
ſitzende
widmete einen kurzen Nachruf dem für die
Haſſia, ſowie für den Verein ſo verdienſtvollen Kam.=
Exzellenz Hof, und die Anweſenden ehrten deſſen An=
denken
durch Erheben von den Plätzen. Daran an=
ſchließend
wurde das Andenken der übrigen verſtorbe=
nen
Kameraden in üblicher Weiſe geehrt. Nach Aner=
kennung
des Protokolls der letzten Monatsverſamm=
lung
wurde über die zahlreichen Neuaufnahmen, Unter=
ſtützungen
, Beerdigungsbeihilfen uſw. berichtet und
hierauf zum Bericht über den Verlauf des Veteranen=
appells
übergegangen. Die nicht unweſentliche Arbeit
der einzelnen Ausſchüſſe war durch die nicht geringe,
beſonders dankenswerte Unterſtützung ſeitens der Ein=
wohnerſchaft
und der Militärbehörden hinſichtlich der
Quartiere zur vollen Zufriedenheit der Veteranen ab=
geſchloſſen
worden. Die Verpflegung der alten Kame=
raden
war mit wenigen Ausnahmen gut, die Darbiet=
ungen
im Saalbau am Vorabend und am Tage des
Veteranenappells haben vollſtändig befriedigt. Insbe=
ſondere
bewundernswert wurde die Rüſtigkeit und Hal=
tung
der alten Kriegskameraden bei dem Appell ſelbſt
und dem daran anſchließenden Parademarſch vor Ihren
Königl. Hoheiten bezeichnet.
Volksbildungsverein. Herr Dr. C. Heine, der
hochgeſchätzte Regiſſeur am Schauſpielhaus in Frank=
furt
a. M., wird am Freitag, den 14. Oktober, in einem
öffentlichen Vortrag das anziehende Thema behandeln:
Wie ſoll man Theatervorſtellungen ge=
nießen
? Für unſere Kunſtſtadt eine Notiz, die
weitgehendſte Beachtung finden wird.
* Odenwaldklub. Die 7. Wanderung am nächſten
Sonntag führt die Teilnehmer wieder in den heimatlichen
Odenwald. Von Ober=Ramſtadt geht der Weg zwiſchen
den beiden markierten Straßen hin durch Wald nach Lich=
tenberg
. Hier wird zum Frühſtück geraſtet. Vom Schloß
wird dann nach Obernhauſen abgeſtiegen und über die
Nonroder Höhe nach Fränkiſch=Crumbach gewandert. An

Krone ohne die Zuſtimmung des Parlaments gegeben
worden waren. Er weigerte ſich, die 640000 Mark an=
zunehmen
, die der Zivilliſte ſeines Vaters jährlich
zugefügt worden waren, und willigte in eine Reduk=
tion
ſeiner perſönlichen Bezüge um 240000 Mark, um
die Vorſchüſſe zurückzubezahlen, die dem verſtorbenen
König ohne Bewilligung des Parlaments gemacht
worden waren. Man durfte erwarten, daß dieſe
Opfer nicht umſonſt gebracht worden waren. König
Manuel mußte dadurch ſeine Nation von der Aufrich=
tigkeit
ſeines Strebens überzeugen, die Laſten des
Volkes zu erleichtern, mußte den Glauben erwecken,
daß er von den beſten und edelſten Abſichten geleitet
ſei. Dazu kam noch die Einfachheik ſeines Lebens,
mochte er nun in ſeinem Königsſchloß, dem Pago=
das
Neceſſidades zu Liſſabon als König und Herrſcher
weilen, oder in ſeinem Schloß Pana, das ſich wie ein
Adlerneſt über dem ſchönen Cintra hoch oben erhebt,
als Fürſt und Privatmann.
Wenn er ſich ſelten in der Oeffentlichkeit zeigte,
ſo war das auf die Bitten und Beſchwörungen der
Königin zurückzuführen, die ſeit der Ermordung ihres
Mannes und Sohnes in beſtändiger Angſt ſchwebte.
König Manuel ſelbſt hatte keine Furcht vor ſeinen
Untertanen; leitete ihn doch ſtets das hohe Streben,
durch ein weiſes und gerechtes Regiment ſeinen Unter=
tanen
alle Schwierigkeiten zu erleichtern, durch Ernſt
und Güte die Kluft zu überbrücken, die zwiſchen dem
Königshaus und einem Teil des portugieſiſchen Vol=
kes
ſich aufgetan. Der Gang der Ereigniſſe zerſtörte
nun die Hoffnungen des jungen Fürſten und berei=
tete
ſeinem idealen Streben eine ſchwere Ent=
täuſchung
.

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Seite 3.

ſen der Bevölkerung immer regere Beachtung findet, die
Hunde in den letzten Jahren ſchon hervorragendes im Kri=
minaldienſt
geleiſtet haben und in dieſer Hinſicht ſtets
weiter vervollkommnet werden, dürfte auch dieſe Vorfüh=
rung
erneutes Intereſſe erwecken.
Der Zitherklub Darmſtadt=Beſſungen feiert
am Sonntag, den 16. Oktober, ſein 14. Stiftungsfeſt in
ſämtlichen Räumen des Chauſſeehauſes, beſtehend in
Konzert und Tanz. Der Grasmannſche Zither=Verein
Frankfurt, der Zitherkranz Eberſtadt, ſowie die Geſell=
ſchaft
Beeſe Buwe werden mitwirken.
Ludwigshöhe. Die regelmäßen Sonntagskonzerte
werden am Sonntag, den 9. Oktober, durch die Kapelle
des Leibgarde=Inf.=Regiments unter Obermuſikmeiſter
Hauske wieder aufgenommen. Bei ſonnigem,
warmem Wetter finden die Konzerte vorerſt noch im
Garten, ſonſt im Saale ſtatt; dasſelbe gilt von den
Kurkonzerten. (Näheres in den Anzeigen.)
Perkeo. Die Oktoberfeſt=Konzerte des beliebten
Oberbayeriſchen Damen=Blasorcheſters Alpenveilchen
werden allabendlich mit großem Applaus belohnt. Das
Programm iſt reichhaltig. (S. Anzeige.)
§ Aſyl für Obdachloſe. In dem im Lokale des
V. Polizeireviers in der Ludwigshöheſtraße errichteten
Aſyl für Obdachloſe wurde während des Monats Sep=
tember
195 Perſonen Obdach gewährt.
§ Wechſelbrand. Am Mittwoch abend gegen 8 Uhr
entſtand im Hauſe Nieder=Ramſtädterſtraße Nr. 13 ein
Wechſelbrand, der durch die Hausbewohner alsbald ge=
löſcht
wurde. Die herbeigerufene Feuerwehrwache hatte
nicht in Tätigkeit zu treten.
Groß=Gerau, 5. Okt. Wegen Tollwutverdacht
iſt über die Orte Ginsheim und Guſtavsburg die Hunde=
ſperre
verhängt.
Offenbach, 5. Okt. Mit ihrem Liebhaber durchge=
brannt
war die 14jährige Beate Krol von hier, die mit
einem jungen Mann namens Ludw. Schaumburg ſeit eini=
ger
Zeit ein Liebesverhältnis angeknüpft hatte. Das junge
Paar hatte ſich nach Mainz begeben, wo es aber bald feſt=
genommen
wurde. Das Mädchen wurde in die Kreis=
Erziehungsanſtalt nach Mühlheim gebracht, während ſich
der jugendliche Galan wegen Verführung und wegen Ver=
gehens
gegen § 176,2 zu verantworten hat.
Erbach, 5. Okt. Die hieſige Gemeinderats=
wahl
brachte unter ungemein ſtarker Wahlbeteiligung
eine Niederlage der Sozialdemokratie und den Sieg
der Kandidaten des Wahlvereins. Das genaue
Reſultat iſt folgendes: Von 608 Wahlberechtigten ſtimm=
ten
520, alſo zirka 85 Prozent, ab, eine Zahl, wie ſie
hier noch nie erreicht wurde. Gewählt wurden Fried=
rich
Scior mit 318, Joh. Ludw. Glenz IV. mit 312 und
Joh. Ludw. Weidmann mit 209 Stimmen. Daß der
letztgenannte Kandidat 100 Stimmen weniger als die
erſteren erhielt, lag an einer bürgerlichen Sonderkan=
didatur
, die 117 Stimmen auf ſich vereinigte und bei=
nahe
den Sieg eines der Sozialdemokraten zur Folge
gehabt hätte. Die drei ſozialdemokratiſchen Kandidaten
erhielten nämlich 200, 197 und 187 Stimmen. Weidmann
ſiegte alſo nur mit 9 Stimmen Mehrheit.
B. Bingen, 5. Okt. Das von Herrn Winterhalter
ſeinerzeit für 100000 Mark erworbene Bahnhofs=
Hotel wurde heute verſteigert. Der Vorbeſitze=
rin
, Schriftſtelkerin Frau Luiſe Schulze=Brück in Ber=
lin
, wurde es zum Preiſe von 78000 Mark zugeſchlagen.
Das Hotel war mit 87000 Mark Hypotheken belaſtet.
M. Nackenheim, 6. Okt. Das rapide Anſchwellen
der Weinpreiſe macht ſich nunmehr auch in den
weinbautreibenden Orten bemerkbax, ſowohl im Groß=
als
auch im Kleinverkauf. Die hieſigen und Boden=
heimer
Wirte erhöhten den Preis ihrer Ausſchankweine
um 10 Pfg. pro Schoppen. Die Produzentenkeller ſind
hier ſämtlich geleert, und viele dürften auch leer blei=
ben
, da bei dem kleinen Quantum und den in Ausſicht
ſtehenden hohen Traubanpreiſen viele Winzer ihre
Kreszenz am Stock zu verkaufen die Abſicht haben.
Einen befriedigenden Ertrag liefern die mehrmals und
vor der Blüte geſpritzten Weinberge in den vom Sauer=
wurm
verſchonten Lagen. Dort iſt der Behang gut und
geſund. Da man hier mit der Leſe durchaus nicht eilt,
iſt anzunehmen, daß die herrlichen, ſonnigen Tage die
Qualität der Trauben weſentlich erhöhen werden. Auch
wird die Reife des nächſtjährigen Fruchtholzes hier=
durch
ſehr günſtig beeinflußt. In Nierſtein ſind ſchon
vor der Leſe einige Abſchlüſſe zuſtande gekommen. Die
Preiſe ſind ſehr hoch, ſo daß das Stück Vierſteiner 1910er
je nach Lage 12001800 Mark koſtet. Die Weinmiſere
iſt ſehr groß. Bald wird es auch an der Quelle nicht
mehr möglich ſein, ſich einen Schoppen zu leiſten.
(*) Schotten, 5. Okt. Im Saale des reizend am
Altenburgskopf gelegenen Lehrerheims tagte heute

die Hauptverſammlung des Vereins Lehrerheim
Vogelsberg der ſich über alle Kreiſe des Großherzog=
tums
erſtreckt und ſelbſt außerhalb der rotweißen Grenz=
pfähle
zahlreiche Mitglieder hat. Der Vorſitzende des
Vereins, Lehrer L. Dern=Offenbach, widmete bei Er=
öffnung
der Verſammlung dem verſtorbenen Vorſtands=
mitglied
Rektor Backes=Darmſtadt einen warmen Nach=
ruf
und hob deſſen hohe Verdienſte um das Lehrerheim
hervor. Dem Jahresbericht des Vorſitzenden ſei ent=
nommen
, daß das abgelaufene Geſchäftsjahr eines der
günſtigſten war, die das Heim zu verzeichnen hat, es
hat dank des letzten Aufrufs des Vaters Backes inner=
halb
kaum zwei Jahren 290 neue Mitglieder erhalten.
Die Mitgliederzahl iſt damit einſchließlich der Aktio=
näre
auf rund 2000 geſtiegen; das Heim kann getroſt
in die Zukunft ſehen. Die Schuld hat ſich um 1000 Mark
verringert, außerdem wurden am Heim größere bau=
liche
Verbeſſerungen vorgenommen. Im abgelaufenen
Sommer 1910 war der Beſuch des Heims trotz des
ſchlechten Wetters gut. Rechner Lehrer Held=Schotten
erſtattete den Rechnungsbericht; die Geſamteinnahmen
betrugen 3735,39 Mark, die Ausgaben 3698,88 Mark, der
wirkliche Barvorrat ſtieg auf 3353,80 Mark. Nach der
Vermögensüberſicht beſitzt das Heim einen Wert von
37963,65 Mark, welchem eine Schuld von 33 670,50 Mark
entgegenſteht, das reine Barvermögen iſt demnach
4293,25 Mark. Nach dem Voranſchlag für 1910/11 be=
laufen
ſich Einnahmen und Ausgaben auf 2475 Mark.
Es erfolgt dann die Beratung über die Satzungen für
die Stiftung Lehrerfrauendank an Vater Backes‟ Die
unter dieſem Namen auf Anregung der Frau Lehrer
Clarius=Langen ins Leben gerufene Sammlung zum
Beſten des Lehrerheims Vogelsberg hat einen Betrag
von 1045,47 Mark ergeben. Dieſe Summe wird dem
Lehrerheim unter der Bedingung als Vermögen über=
wieſen
, daß ſie ſolange feſtliegt, als das Heim beſteht.
Die Zinſen ſollen ſolange dem Kapital beigeſchrieben
werden, bis ſie 50 Mark ergeben; dieſe Summe ſoll zur
Ausloſung von Anteilſcheinen benutzt werden. Bei
Schuldenfreiheit des Heims ſollen die Zinſen zur Un=
terſtützung
von erholungsbedürftigen Lehrerheimsmit=
gliedern
verwendet werden. Der Satzungsentwurf
wird einſtimmig angenommen. Anſtelle des Vaters
Backes wurde Hauptlehrer Bach=Mainz in den Vor=
ſtand
gewählt.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt, 5. Okt. Ein Rieſen=
hotel
wird, wie die Bauwelt mitteilt, in der Bellevue=
ſtraße
geplant: ein Haus, das gleichzeitig ein großes
Hotel, ein umfangreiches Reſtaurant und eine Bade=
anſtalt
mit einer Rieſenſchwimmhalle haben ſoll. Die
Grundſtücke ſollen von einer Geſellſchaft angekauft wer=
den
, zu deren Gründung ſich ein Syndikat gebildet hat.
Die Vorderſeite wird das Hotel bilden, das im Erd=
geſchoß
das Reſtaurant aufnehmen wird. Das Hotel
iſt beſonders für reiſende Kaufleute beſtimmt. Der
zweite und dritte Stock ſind für Säle und Anſtalten zur
Förderung der Körperkultur vorgeſehen. Es ſoll mög=
lich
ſein, daß täglich 7000 Perſonen die Badeanſtalt be=
ſuchen
. Zur beſſeren Verwertung der Maſchinen iſt auch
die Anlage einer Eisfabrik vorgeſehen, De 200000
Zentner monatlich liefern ſoll. Die Geſamtkoſten für
das Unternehmen, das den Namen Hanſa=Hotel und
Schwimmpalaſt führen ſoll, ſind auf 7 Millionen Mark
veranſchlagt. Der Bankbeamte Alphons Roeder
von der Darmſtädter Bank in Frankfurt ſa, M., der
ſeit vielen Jahren durch raffinierte Schwindeleien eine
große Anzahl Frankfurter Banken um umfangreiche
Beiträge betrogen hat, wurde heute hier verhaftet.
Obwohl R. nur 130 Mark Monatsgehalt hakte, wurde
bei ihm, wie das B. T. weiter hierzu erfährt, ein Bank=
konto
in Höhe von 37000 Mark beſchlagnahmt. Außer=
dem
iſt bereits nachgewieſen, daß er unter anderen
Namen bei verſchiedenen deutſchen Banken Beträge
deponiert hat. Roeder war in hieſigen Sportkreiſen
eine ſehr bekannte Perſönlichkeit. Vor einigen Mo=
naten
hatte er ſich für 16000 Mark ein Motorboot ge=
kauft
, auf dem er in Geſellſchaft von Bardamen koſt=
ſpielige
Reiſen machte. Bei einem Zuſammen=
ſtoß
zweier Kraftdroſchken auf dem Kur=
fürſtendamm
erlitt die frühere Hamburger Operetten=
ſängerin
Fräulein Roſa Marton, die hier zum Beſuche
ihrer Geſchwiſter weilte, einen ſchweren Unfall. Als
ihr Chauffeur einem anderen ausweichen wollte, ſtießen
die beiden Fahrzeuge heftig zuſammen. Fräulein
Marton zog ſich Verletzungen an beiden Knien und im
Geſicht zu. Bei dem Unfall zerriß ein Perlenhals=
band
, das aus 30 echten weißen Perlen beſtand und
40000 Mark wert war; es ging bis auf eine einzige
Perle verloren. Die Perlen ſind verſchieden groß.

Nummer 235.

der Halteſtelle Unter=Gerſprenz und dem ſagenumwobenen
Schnellerts vorbei, gelangen die Wanderer nach Böll=
ſtein
; hier werden neue Kräfte geſammelt für den Reſt
des Marſches: über Waldpfade an Kirch=Brombach vorbei,
eine letzte Höhe hinauf und dann hinab nach König, dem
Ziel der Wanderung. Nach dem üblichen Mahl wird die
Bahn zur Heimfahrt benutzt.
Sprachverein. Privatdozent Dr. K. Alt, der den
hieſigen Zweigverein im vorigen Monat zu Dresden auf
der Tagung des Hauptvereins vertrat, erſtattete am Mitt=
woch
darüber Bericht. Man vernahm, wie ſich Reichsver=
waltung
und preußiſche Regierung des Sprachvereins be=
dienen
, um den neuen Geſetzen ein gutes Gewand zu ver=
ſchaffen
, und man bedauerte ſehr, daß in den drei letzten
großen heſſiſchen Geſetzentwürfen, die demnächſt den Land=
tag
beſchäftigen, von den trefflichen Gedanken, die Miniſter
Braun im März 1909 über die Amtsſprache äußerte, rein
gar nichts verwirklicht iſt. Die vorgelegte künftige Städte=
und Landgemeindeordnung bieten ſchier unglaublich
ein übleres Deutſch als die jetzt geltenden Geſetze. Se=
minarlehrer
Pickert unterzog die durch den hohenzolle=
riſchen
Pfarrer Rudolf Böhmer verfaßte neue Bibelüber=
ſetzung
einer prüfenden Beurteilung; die Verſammlung
kam zu einem ablehnenden Urteile. Für den verſtor=
benen
Geheimerat Dr. Eiſenhuth iſt Beigeordneter Muel=
ler
in den Vorſtand des Zweigvereins getreten.
St. Eugen Marlow, das frühere beliebte Mitglied
unſeres Hoftheaters, erfreute ſeine zahlreichen Freunde und
Verehrer am Mittwoch durch die Veranſtaltung eines
heiteren Abends im Saale Zur Traube‟ Des
Künſtlers liebenswürdige Vortragsweiſe, ſeine wirkungs=
volle
Deklamation und vortreffliche Sprachtechnik ſicherten
ſeinen Darbietungen von vornherein vollen Erfolg, der
noch verſtärkt wurde, wo die ſchauſpieleriſche Begabung,
ein ausdrucksvolles Mienenſpiel die Wirkung der Dich=
tungen
erhöhte. Das war z. B. der Fall in der pſycholo=
giſchen
Studie über das Lachen und in dem heiteren muſi=
kaliſchen
Kabarettſcherz Caruſo in Nöten Ueberhaupt
liegen dem Künſtler die heiteren, auch ſatiriſchen Dichtun=
gen
im Vortrag beſſer, wenngleich auch die ernſteren und
dramatiſchen Dichtungen wie Em. Geibels Bild aus Ruß=
land
, Heines Schelm von Bergen uſw. ſehr wirkungsvoll
vorgetragen wurden. Von eigenen Dichtungen brachte
Eugen Marlow Studien über diverſe Poeten, Los vom
Mann u. a. Im übrigen enthielt das Programm Dich=
tungen
von Detlev v. Liliencron (Cincinnatus), Rudolf
Presbers reizendes Gedichtchen Die kleine Lampe Joh.
Trojans Zum Vogelſchutz, Ein ſeltſamer Wunſch von
Fr. Kramer, eine Elegie an den letzten Taler von Hol=
länder
u. a. m. Die Darbietungen des liebenswürdigen
Künſtlers fanden beim Publikum eine ſehr herzliche Auf=
nahme
, die in dem rauſchenden Beifall nach jeder Nummer
ſich offenbarte.
Dr. Ludwig Ganghofer, der berühmte Dichter, deſ=
ſen
Vorleſungsabend am 4. März dieſes Jahres überfüllt
war, wird auf Einladung des Darmſtädter Vortragsver=
bandes
am 25. Oktober zum zweiten Male nach Darmſtadt
kommen, um hier neue, zum Teil noch ungedruckte Dich=
tungen
vorzuleſen. Der Vorverkauf der Eintrittskarten,
die nur in beſchränkter Zahl ausgegeben werden können,
wird demnächſt beginnen.
Zahnärztliche Poliklinik für die Volksſchul=
kinder
der Haupt= und Reſidenzſtadt Darmſtadt. Im
Monat September d. J. wurden behandelt: 446 Kinder
(246 Mädchen, 200 Knaben) mit 776 Konſultationen.
Gefüllt wurden 844 Zähne, ausgezogen wurden 246
Zähne (199 Milchzähne, 47 bleibende Zähne). Zahl der
Tage, an denen Sprechſtunden abgehalten wurden: 26.
Das Konzert Poth=Spemann muß verlegt
werden. Nähere Nachricht folgt in nächſter Woche.
§ Naturalverpflegungsſtation. Während des
Monats September wurde die Hilfe der hieſigen
Naturalverpflegungsſtation von 210 mittelloſen Durch=
reiſenden
in Anſpruch genommen. Im vorhergehenden
Monat Auguſt ſind 191 (oder weniger 19) Perſonen
unterſtützt worden.
* Polizeihund=Prüfung. Die Ortsgruppe Darmſtadt
und Umgegend des Vereins für deutſche Schäferhunde,
des älteſten und verbreitetſten Spezialvereins dieſer Raſſe
iſt noch vom vorigen Jahre durch die damals abgehaltene
Polizeihund=Prüfung bekannt. Auch in dieſem Jahre ver=
anſtaltet
der Verein Sonntag, den 9. ds. Mts., auf der
Rennbahn an der Heidelberger Straße eine große Poli=
zeihund
=Prüfung. Vormittags 10 Uhr beginnt die Vor=
führung
von Junghunden (Hunde in der Ausbildung be=
griffen
), daran anſchließend von ½2 Uhr an findet die
allgemeine große Polizeihund=Prüfung von 12 Stück für
den Polizeidienſt fertig abgeführter Hunde ſtatt. Da die
Dreſſur und Abrichtung von Polizeihunden in allen Krei=
S Se
Aus Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Ernſt von Leyden 7. Der am Mittwoch
verſtorbene Wirkl. Geheimerat Profeſſor von Leyden
war am 20. April 1832 in Danzig geboren und trat
1849 als Eleve in das militärärztliche Friedrich Wil=
helms
=Inſtitut in Berlin ein. Männer wie Schönlein
und Traube wurden ſeine Lehrer. Vor 57 Jahren
zum Doktor promoviert, wurde er als Militärazt in
die Armee eingeſtellt. Als ſolcher kam er an das Cha=
rité
=Krankenhaus, und mit ſeinem Eintritt in die Kli=
nik
Traubes (1862) beginnt dann ſeine wiſſenſchaft=
liche
Laufbahn. v. Leyden begann 1864 als Privat=
dozent
ſeine Lehrtätigkeit in Berlin. Bald rückte er
in die erſte Stelle auf: Schon als 33jähriger wurde
er Ordinarius und Direktor der inneren Klinik in
Königsberg. Nach dem Kriege folgte er dem Rufe an
die neugegründete Reichs=Univerſität Straßburg. Und
1876 wurde er in Berlin der Nachfolger ſeines Mei=
ſters
Ludwig Traube im Lehramt ſowohl wie in der
Leitung der propädeutiſchen Klinik; nach dem Tode
von Frerichs übernahm er die erſte mediziniſche Cha=
rité
=Klinik, während er die zweite an Gerhardt ab=
trat
. 34 Jahre hat Leyden in Berlin gewirkt. Er hat
nicht allein Verdienſte um die Entwickelung der mo=
dernen
Krankenpflege, er hat vor allem durch ſeine
Initiative und tatkräftige Oberleitung die Errichtung
von Lungenheilſtätten in großem Maßſtabe gefördert
und ſich weiter auch der Krebsforſchung mit hingeben=
dem
Eifer gewidmet. Daß er auch als Arzt auf den
Höhen wandeln durfte, iſt weltbekannt. Leyden ge=
hörte
nicht nur zu den Aerzten, die das Krankenlager
Kaiſer Friedrichs bewachten, und die Kräfte des edlen
Dulders zu erhalten ſuchten, ſo lange menſchliche Kunſt
es vermochte; er hat auch dem verſtorbenen Zaren
Alexander III., ſowie deſſen zweitem kranken Sohne
ärztliche Hilfe geleiſtet und ſo den Ruf deutſcher Heil=
kunde
auch ſeinerſeits zu Ehren gebracht.
* Die Kompoſitionen Jacques Offen=
bachs
werden am 1. Januar 1911 im Deutſchen Reich
und in Oeſterreich=Ungarn urheberrechtsfrei. Eine
Berliner Theateragentur erklärt aber in einer von ihr
veröffentlichten Anzeige, daß die Aufführung mehrerer

der bekannteſten Operetten Offenbachs nach wie vor
ihrer Genehmigung bedürfe, weil deren Texte nicht
urheberrechtsfrei werden.
* Die durch ihre künſtleriſchen farbigen Wieder=
gaben
berühmter Gemälde bekannte Kunſtanſtalt
Trowitzſch & Sohn in Frankfurt a. d. Oder hat
ſich der dankenswerten Auſgabe unterzogen, die Mei=
ſterwerke
der Königlichen Nationalgalerie zu Berlin
in würdigen Wiedergaben und zu wohlfeilen Preiſen
jedem Kunſtfreunde zugänglich zu machen. Jetzt liegt
vor uns das ſoeben erſchienene Blatt: Claus Meyer
Die Würfler Mit einem Schlage erhob dieſes Mei=
ſterwerk
unter den Genrebildern des Künſtlers, das
in den 80er Jahren auf der Großen Berliner Kunſt=
ausſtellung
erſchien, den Schüler von Löfftz und Wag=
ner
in München in die erſte Reihe der deutſchen Genre=
maler
. Und er hat die großen Erwartungen, die man
ſeitdem an ſeinen Namen knüpfte, durch eine glän=
zende
Reihe von holländiſchen Genrebildern aus dem
17. Jahrhundert wie durch die großen hiſtoriſchen
Wandgemälde im Rathaus zu Duisburg und in Schloß
Burg a. d. Wupper zu rechtfertigen gewußt. Mit un=
verminderter
Kraft wirkt in den Würflern noch
heute wie damals die plaſtiſche Lebendigkeit auf den
Beſchauer, mit der hier abgeklärte künſtleriſche Emp=
findung
und höchſte Technik eine einfache Szene zu
draſtiſcher künſtleriſcher Wirkung bringen. Alle Reize
des Originals, die ihm zu einer faſt internationalen
Berühmtheit verholfen haben, von dem plaſtiſchen Lich=
terſpiel
auf den vier Charakterköpfen bis zu den duf=
tigen
Spinngeweben, den Reflexen der weißen
Würfel in der glatten braunen Tiſchplatte, gibt dieſe
Fakſimilereproduktion in unvergänglichen Farben mit
einer überraſchenden Originaltreue wieder, die in der
Tat nicht mehr übertroffen werden kann. Es kommt
hinzu, daß die ſtattliche Bildgröße von 51½X66½
Zentimeter das Ganze wie das Einzelne in der Wie=
dergabe
zur vollſten Wirkung gelangen läßt. Mit
Umrandungskarton mißt das Blatt, das einen hervor=
ragenden
Zimmerſchmuck darſtellt, 77X95 Zentimeter.
Es iſt zum Preiſe von 25 Mark in allen Kunſthand=
lungen
erhältlich.

Kleines Fenilleton.
Das Schlafgemach des Milliardärs.
Der große amerikaniſche Kirchenkongreß, der in dieſen
Tagen in Cineinnati ſtattfindet, wird einen eigenarti=
gen
Anblick gewähren: als Vertreter der New=Yorker
St. Georgskirche wird einer der größten Finanzmänner
Amerikas inmitten der würdigen Geiſtlichkeit Platz
nehmen: Pierpont Morgan. Drei Wochen wer=
den
die religiöſen Pflichten den Millionär von ſeiner
Tagesarbeit abhalten; aber Bequemlichkeit und Luxus
wird er in dieſer Zeit kaum zu entbehren haben. Denn
für den gütergeſegneten Delegierten iſt das koſtbarſte
Schlafzimmer des Landes bereitgeſtellt. Der Raum
liegt in dem prachtvollen ſchloßartigen Hauſe, das ſich
der verſtorbene Alexander Me Donald gebaut hatte.
Me Donald hatte für ſein Heim ſeinerzeit nicht weni=
ger
als fünf Millionen Mark ausgegeben, von welcher
Summe eine halbe Million allein auf das Schlafzim=
mer
entfiel, in dem nun Pierpont Morgan von ſeinen
kirchlichen Sorgen ausruhen wird. Mit wahrhaft
königlichem Gefolge tritt der Milliardär ſeine Reiſe
zum Kongreß an; in ſeiner Suite wird man drei Bi=
ſchöfe
und ein halbes Dutzend der höchſten amerikani=
ſchen
Geiſtlichen ſehen, die während des Kongreſſes
Pierpont Morgans Gäſte ſind. Eine ganze Armee von
Dienern und Dienſtboten iſt unter der Leitung eines
berühmten New=Yorker Küchenchefs bereits im Voraus
nach Cineinnati abgeſandt, und ein beſonderer Haus=
meiſter
iſt ernannt, der die Morgan=Bankette arran=
gieren
wird. Pierpont Morgan und ſeine Gäſte be=
nutzen
nicht die Bahn, ſondern werden in ſechs Auto=
mobilen
nach Cineinnati fahren.
* Vom neuen New=Yorker Stadthaus.
Das neue Rathaus, deſſen Bau die Stadt New=York
unternommen hat, wird nach ſeiner Vollendung Ver=
hältniſſe
aufweiſen, die man ſelbſt nach amerikaniſchen
Begriffen wird großartig nennen müſſen. Es wird
eine Höhe von 170 Meter über dem Erdboden errei=
chen
, während ſeine Fundamente 44 Meter in ihn hin=
einreichen
und damit wohl die am tiefſten gelegten
aller Gebäude der Welt ſein werden. Dieſe Funda=
mente
allein koſten die ſtattliche=Summe von über ſechs

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Nummer 235

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Die größte hat einen Zentimeter im Durchmeſſer, die
kleinſte iſt etwa erbſengroß. Das Schloß des Schmuckes
trug drei große Brillanten, in Platin gefaßt. Ein
junger Bote der Volksbank hatte heute vormit=
tag
im Poſtamt 33 einen größeren Geldbetrag
in Empfang genommen. Von dem Schalter ging er an
ein Schreibpult und ließ dort unvorſichtigerweiſe,
nach ſeiner Angabe, 800 Mark in Gold, die zuſammen=
gerollt
waren, liegen. Erſt nach einiger Zeit erinnerte
er ſich auf der Straße des Geldes, eilte zurück, fand aber
nichts mehr vor. Der Arbeiter Otto Wollſchmidt,
der auf dem Kohlenplatze der Firma Kupfer u. Ko.
in Moabit arbeitete, wurde heute abend auf dem Heim=
wege
von ſechs ihm unbekannten Männern über=
fallen
und ſchwer mißhandelt. Blutüberſtrömt begab
ſich der Ueberfallene nach ſeiner Wohnung und reinigte
ſich dort. Als er bald darauf die Wohnung wieder ver=
ließ
, wurde er von ſechs Männern in ein Hinterzimmer
einer Schankwirtſchaft geſchleppt und dort an einem
Gerichtstiſch verhört. Unter Androhung ſchwerer
Strafe wurde ihm verboten, bei der Firma Kupfer u.
Co, weiter zu arbeiten. Darauf wurde Wollſchmidt
wieder hinausgeführt, abermals mißhandelt
und endlich mit der Drohung entlaſſen, daß er totge=
ſchlagen
würde, wenn er noch weiter bei Kupfer
u. Co. arbeiten würde.
Frankfurt, 6. Okt. Kurz nach 1 Uhr hörte man zwei
Schüſſe im Hauſe Eckenheimer Landſtraße 30 fallen. Als
man kurz darauf öffnen ließ, fand man den Beſitzer des
Hauſes, Kaufmann Louis Fontheim, und das
Dienſtmädchen, namens Brand, in ihrem Blute
ſchwimmend vor. Beide hatten Schußwunden und
waren tot. Aus der Lage der Dinge nimmt man an,
daß die Brand ihren Hausherrn erſchoſſen
und ſich dann ſelbſt getötet hat. Es iſt dasſelbe
Mädchen, das im vorigen Jahre ſein Kind durch einen
Schuß ums Leben gebracht hatte. Man rief ſofort die
abweſende Frau des Mannes. Die Polizei wurde
requiriert und das Haus polizeilicherſeits abgeſperrt,
da ſich eine große Menſchenmenge vor dem Hauſe in
der Eckenheimer Landſtraße angeſammelt hatte. Vor
etwa drei Monaten hatte das Mädchen, das kurz vorher
aus der Irrenanſtalt entlaſſen worden war (!), ihren
vierjährigen Knaben durch Revolverſchüſſe in einem
Anfall von Irrſinn getötet. Auch der ermordete Font=
heim
war vor mehreren Jahren eine Zeitlang in einer
Irrenanſtalt interniert.

Leipzig, 5. Okt. Vor dem hieſigen Schwur=
gericht
begann heute unter ungeheuerem Andrange
des Publikums der Prozeß gegen die Brüder Karl
und Fritz Koppius, der eine der ſenſationellſten
Kriminalaffären der letzten Jahrzehnte zum Abſchluß
bringen ſoll. Die Angeklagten, zwei Scheuſale in Men=
ſchengeſtalt
, werden des vollendeten und verſuchten
Raubmordes, ſowie der verſuchten Erpreſſung an dem
bekannten Verleger der Illuſtrierten Zeitung, Weber,
beſchuldigt. Beide Angeklagte werden gefeſſelt vorge=
führt
. Der Angeklagte Karl Koppius ſchildert, wie er
den Ueberfall auf den Geldbriefträger Rübner aus=
führte
, wobei er 3000 Mark erbeutete. Damit fing er
wieder zu wetten an. Er hatte es durch Gewinne auch
ſchon zu einem Beſitz von 14000 Mark gebracht, verlor
aber alles wieder. Sodann wurde das Attentat auf die
Fabrikantenehefrau Wagner durchgeſprochen. Dieſe iſt
von dem Angeklagten im Hauſe Gottſchedſtraße 15 über=
fallen
und durch Meſſerſtiche am Halſe verletzt worden.
Nur ihre dicke Boa verhinderte es, daß der Angeklagte
der Frau den Hals durchſchnitt. Der zweite Ange=
klagte
Fritz Koppius bekundet, daß ſein Bruder Karl
ihm im Volkshauſe den Ueberfall auf Rübner erzählt
habe. Als ſie dann ſpäter beide kein Geld hatten, ſei
der Plan zwiſchen ihnen erwogen worden, wieder einen
Briefträger zu ermorden. Bei den Eheleuten Friedrich
wurde ein Zimmer gemietet und der Geldbriefträger
Frohwald durch eine Poſtanweiſung über 8,25 Mark
dorthin gelockt. Vorher wurden die beiden alten Leute
durch Hammerſchläge, nach einem vorher zwiſchen den
Angeklagten beſprochenen Plane, ermordet. Der Geld=
briefträger
Frohwald kam zu ſeinem Glück zuſammen
mit dem gewöhnlichen Briefträger und entging ſo dem
Tode. Die beiden Verbrecher raubten in der Friedrich=

Millionen; die Baukoſten für das ganze Gebäude da=
gegen
ſind auf 50 Millionen Dollar veranſchlagt. In
dem Rieſenſtadthaus wird die geſamte Verwaltung der
Stadt New=York mit ihren ſchier unzähligen Reſſorts
und Unterreſſorts Platz finden, in denen mehr als 8000
Menſchen arbeiten. Koloſſal weite und lichtreiche Kel=
lerbauten
nehmen die Unzahl der Maſchinen auf, die
das Stadthaus bis in die Böden hinauf mit Licht und
Wärme zu verſehen haben, die Luftzirkulation regeln
und die Aufzüge empor= und niederſteigen laſſen. Eine
eigene unterirdiſche elektriſche Bahn wird die verſchie=
denen
Abteilungen dieſer Maſchinerie untereinander
verbinden.
* Der echte Rafael. Ein Pariſer Kunſt=
maler
, erzählt der Figaro, forſchte vor einiger Zeit
bei den italieniſchen Althändlern nach unbekannten
Schätzen und hatte das Glück, in einer kleinen lom=
bardiſchen
Stadt einen Rafael von unzweifelhafter
Echtheit zu entdecken. Es gelang ihm, das Gemälde
zu erwerben, und nun galt es, trotz dem geſetzlichen
Ausfuhrverbot die Leinwand über die Grenze zu
bringen. Es gibt für derartige Fälle in Italien Spe=
zialiſten
, die den Geſetzen ihrer Heimat ein Schnipp=
chen
ſchlagen, und ein ſolcher erteilte dem glücklichen
Erwerber den Rat, das Bild übermalen zu laſſen. Ge=
ſagt
, getan. Ueber den Rafael wurde ein Bildnis des
Königs Humbert gemalt, und die Zöllner ließen das
Stück unbeanſtandet durch. In Paris hatte der Samm=
ler
nichts Eiligeres zu tun, als die leichte Farben=
ſchicht
wieder entfernen zu laſſen. Man hatte ihm
verſichert, daß das keine Schwierigkeiten machen würde,
und das traf auch zu, ſo gut, daß nicht nur König
Humbert verblaßte und verſchwand, ſondern auch der
Rafael ſehr bald ein anderes Bild durchſcheinen ließ,
das dann von Geſchichtskennern als dasjenige Ga=
ribaldis
feſtgeſtellt wurde.

* 10. 10. 10. Eine originelle Gruppierung v.
Tages=, Monats= und Jahreszahl wird der Poſtſter
pel am 10. dieſes Monats aufweiſen. Die Briefm=
ken
= und Ganzſachenſammler werden die mit 10.
10 geſtempelten Poſtwertzeichen ſicher in ihre Sam:
lungen aufnehmen. Wer vollends eine Poſtſendu=
erhält
, die zwiſchen 9 und 10 Uhr aufgegeben iſt, w.
ſeine Sammlung um das zwar nicht beſonders w
volle, aber doch originelle Stück einer mit vier Zehn
abgeſtempelten Marke bereichern können.
* Ein Wachtmeiſter als Abiturient. E
bemooſtes Haupt, ein Spandauer Artilleriewachtn
ſter namens Fritz Seelig, hat ſich dieſer Tage am Gr
naſium in Stendal der Abiturientenprüfung unt=
zogen
und ſie beſtanden. Seelig legte das Examen
Wachtmeiſteruniferm ab.

ſchen Wohnung Depoſitenſcheine, Sparkaſſenbücher,
Goldſachen und 50 Mark bares Geld. Nach einiger Zeit
faßten die beiden Angeklagten, als ſie wieder in Not
waren, den Plan, eine alte Dame zu berauben. Sie
ſuchten lange nach einem Opfer und beobachteten ver=
ſchiedene
Wohnungen, bis ſie auf die der Rentiere
Rauher verfielen. Durch Zählen der Brötchen im
Frühſtücksbeutel überzeugten ſie ſich, daß nur zwei Per=
ſonen
ſich in der Wohnung aufhielten. Fritz Koppius
klingelte eines Morgens, mit einem Fliederſtrauß in
der Hand, an der Wohnung. Als das Dienſtmädchen
Seiffert öffnete, ſtürzte er ſich auf ſie und würgte ſie.
Das Mädchen ſchrie aber auf, ſodaß Fritz Koppius und
ſein inzwiſchen hinzugekommener Bruder die Flucht
ergriffen. Auf der Straße trieben ſie ſich noch eine
Zeitlang in der Nähe der Wohnung herum, bis ſie den
Plan endgültig aufgaben. Das Mädchen hatte bei dem
Ueberfall ſchwere Verletzungen davongetragen. Darauf
wurde die Verhandlung auf morgen vertagt.
Pforzheim, 5. Okt. Verhaftet wurden die Ge=
brüder
Albin und Wilhelm Wittich, welche des Mor=
des
an der Hauſiererin Luiſe Hoffmann in Eutin=
gen
verdächtig ſind.
Görlitz, 6. Okt. Profeſſor Deckert von der hieſigen
königlichen Maſchinenbauſchule, der ſeit dem 17. September
vermißt wird, iſt geſtern als Leiche aus der Neiße ge=
zogen
worden. Es gilt noch als zweifelhaft, ob ein
Selbſtmord oder Unfall vorliegt.
Wien, 5. Okt. Auf Veranlaſſung der Wiener Krimi=
nalpolizei
wurde, wie ſchon gemeldet, in Berlin der Wiener
Advokat Dr. Albert Eder verhaftet und in das Un=
terſuchungsgefängnis
eingeliefert. Dr. Eder iſt eine in
Wien wohlbekannte Perſönlichkeit; er ſtand bis zum Jahre
1900 im Dienſte der Nordbahngeſellſchaft. Dort erfolgte
ſeine Entlaſſung, weil er einen Teil der Bedienſteten auf
chriſtlich=ſozialer Grundlage organiſieren wollte. Den da=
maligen
Generaldirektor der Geſellſchaft Jeitteles belei=
digte
er auf einer der belebteſten Wiener Straßen und
wurde deshalb zu einer mehrwöchigen Arreſtſtrafe verur=
teilt
. Später verübte er Schwindeleien mit Spekulationen
in galiziſchen Petroleumwerten. Zuletzt fungierte er als
Vermögensverwalter des Prinzen Franz Joſef
von Braganza. Auf Aufforderung des Prinzen ſtellte
er vor einigen Monaten eine Vermögensaufſtellung ſeines
Klienten her, laut der der Prinz ihm mehr als eineinhalb
Millionen Kronen ſchulden ſollte. Die Rechnung wurde
zur Prüfung dem Wiener Advokaten Dr. Richard Foreger
übergeben, der ſofort feſtſtellte, daß ſie gefälſcht ſei.
Es fanden ſich Kopien von Originalbelegen, deren Unter=
ſchriften
von einem ehemaligen Sekretär des Prinzen
ſtammten. Darauf wurde Anzeige gemacht, worauf die
Wiener Polizei die Verhaftung Eders veranlaßte. Dr.
Eder beſtreitet jedoch jede unredliche Handlung und er=
klärt
, daß ſeine Forderung an den Prinzen Joſef von
Braganza durchaus zu Recht beſtehe. Ob es zu einem
diplomatiſchen Verfahren wegen Auslieferung des Ver=
hafteten
kommt, ſteht noch dahin. Es erſcheint nicht ganz
ausgeſchloſſen, daß die Verhaftung nicht aufrecht erhalten
wird. Aus Wien ſind mehrere Anwälte hier eingetroffen,
um Dr. Eder ihren Beiſtand zu leiſten und die Belege für
ſeine Forderung den Behörden zu unterbreiten. Dr. Eder
war in Wien von der Advokatur zurückgetreten und iſt jetzt
Direktor verſchiedener induſtrieller Unternehmungen. Als
ſolcher konnte er auch am Hohenzollern=Damm für eine
Wohnung 4000 Mark zahlen.
Trient, 5. Okt. Der Landwirt Nervo in Cgſtel Teſino
war damit beſchäftigt, ſein Gewehr zu entladen, als ſeine
Mutter ins Zimmer trat. In dieſem Augenblick ging das
Gewehr los und der Schuß traf die alte Frau, die nach
wenigen Sekunden ſtarb. Der Sohn ſtürzte laut jam=
mernd
aus dem Hauſe und verfiel kurz darauf in Tobſucht,
ſodaß man ihn gefeſſelt in den Gemeindearreſt bringen
mußte.
Bern, 6. Okt. Die Strafe der Mörderin Tatiana
Leontieff, die in Interlaken den Pariſer Kurgaſt Mül=
ler
, den ſie für den ruſſiſchen Miniſter Durnowo hielt und
ermordete, iſt abgelaufen. Bis auf weiteres bleibt ſie in
der Irrenanſtalt Münzingen. Sie wird ſtreng
überwacht, damit ſie nicht aus der Anſtalt entfliehen
kann.
Stockholm, 5. Okt. Heute erfolgte die feierliche Ein=
ſegnung
der Leiche des verſtorbenen Generals Verdy
du Vernois in der deutſchen Kirche, welche pracht=
voll
dekoriert war. Der König ſandte einen pracht=
vollen
Kranz. Die Ueberführung der Leiche nach Ber=
lin
erfolgt wahrſcheinlich am Samstag.

Kongreſſe und Verbandstage.
Internationaler Verband der Aus=
kunfts
= und Inkaſſo=Inſtitute. Vorige Woche
tagte in Berlin im Deutſchen Hof eine aus allen Gauen
des Deutſchen Reiches gut beſuchte Verſammlung von In=
habern
bezw. Vertretern von Auskunfts= und Inkaſſo= In=
ſtituten
. Die Verſammlung beſchloß einſtimmig die Grün=
dung
eines Verbandes, der den Zweck verfolgt, die In=
tereſſen
der Auskunfts= und Inkaſſo=Inſtitute zu ſchützen,
die Standesintereſſen zu fördern und zu heben, insbeſon=
dere
gegen zweifelhafte Bureaus und Auskunftserteiler
Stellung zu nehmen. Als Sitz des Verbandes wurde Ber=
lin
beſtimmt und als nächſter Verſammlungsort Frank=
furt
a. M. Die Statuten wurden feſtgelegt, der Vorſtand
gewählt und zum Vorſitzenden Herr Georg Wenderoth=
Berlin, der auch Neuanmeldungen entgegennimmt, er=
nannt
. Auch die übrige Beſetzung der Vorſtandsämter
nennt die Namen der erſten Auskunfts= und Inkaſſo= In=
ſtitute
, ſodaß ein erfolgreiches Beſtehen gewährleiſtet iſt.
In Anbetracht der vielen Gründungen ſolcher Inſtitute iſt
es zu begrüßen, daß die größeren und reellen Inſtitute ſich
zuſammenſchließen und gegen alle Auswüchſe und ſich
hereindrängenden Elemente vorgehen.

* Heidelberg, 6. Okt. Heute vormittag wurde
hier die von etwa 1000 Mitgliedern beſuchte neunte
Generalverſammlung deutſcher Frauen=
vereine
im großen Saale der Stadthalle von der
ſtellvertretenden Vorſitzenden Helene von Forſter= Nürn=
berg
eröffnet. Die Verſammlung wurde namens der
badiſchen Regierung begrüßt von Geheimrat Jolly,
namens der Stadt Heidelberg von Oberbürgermeiſter
Wilkens. Ueber den Jahresbericht berichtet Frau Ma=
rianne
Weber. Als Ort der nächſten, im Jahre 1912,
ſtattfindenden Generalverſammlung wurde Berlin in
Vorſchlag gebracht.

* Berlin, 6. Okt. Der dritte Kolonial=
kongreß
wurde heute vormittag mit einer Plenar=
ſitzung
im Reichstagsgebäude eröffnet. Am Vorſtands=
tiſche
hatten ſich eingefunden: Kammerherr von Behr=
Pinnow, Staatsſekretär von Tirpitz, Handelsminiſter
Sydow, Unterſtaatsſekretär Dr. Wahnſchaffe und der
Unterſtaatsſekretär im Reichskolonialamt Dr. Böhmer.
In ſeiner Eröffnungsrede führte der Präſident, Her=
zog
Johann Albrecht au Mecklenburg, in

Erinnerung an die früheren Kongreſſe aus: Sie alle
werden noch wiſſen, daß der Kongreß im/Jahre 1905 im
Zeichen der Wirren und Nöte ſtand, von denen drei=
unſerer
afrikaniſchen Schutzgebiete heimgeſucht wurden,
indem damals die Kriegsfackel durch die Länder lohte,
viel hoffnungsvolles Leben dahinraffend und viel aus=
ſichtsreiche
Arbeit vernichtend. Damals erhoben unſere
Gegner ſtürmiſch ihre Stimme uund erklärten, unſere
Kolonien nicht nur für überflüſſig wie bisher
nein, der ſchmerzlichen Opfer an Gut und Blut, die das
deutſche Volk darbringen mußte, nicht wert, ſondern
für ſchädlich für unſer Vaterland. Heute können wir
voll ſtolzer Zuverſicht den Blick auf unſere Schutzgebiete
richten. Deutſcher Fleiß und deutſche Ausdauer ver=
wiſchten
die Spuren der Aufſtände, machten das Land
nutzbar, erſchloſſen ſein Inneres dem Verkehr und ent=
hoben
dem Boden ſeine Schätze. Es geht in unſeren
Kolonien mit machtvollen Schritten vorwärts. Dr.
Böhmer begrüßte den Kongreß im Namen des Reichs=
kanzlers
und des Staatsſekretärs, der leider durch eine
unaufſchiebbare ärztliche Kur verhindert ſei, den Ver=
handlungen
des Kongreſſes perſönlich beizuwohnen. Der
Unterſtaatsſekretär erinnerte ebenfalls an die dunklen
Schatten, die über der letzten Tagung lagerten. In
jener beklagenswerten Zeit des abſoluten Tiefſtandes
unſerer Kolonialbewegung konnten die Gegner den
Augenblick zu einem vernichtenden Schlage gegen unſere
geſamte Kolonialpolitik für gekommen halten. Damals
habe der zweite Kolonialkongreß gezeigt, daß es in
Deutſchland noch Männer gebe, die Mut hätten, dem
Kolonialpeſſimismus entgegenzutreten und ihre Ueber=
zeugung
zu verfechten, daß für Deutſchland die Verfol=
gung
einer zielbewußten Kolonialpolitik Pflicht der
nationalen Selbſterhaltung bedeute. Dieſe Streiter für=
die
koloniale Sache hätten Recht behalten. In den letz=
ten
fünf Jahren ſei die koloniale Entwickelung einen
mächtigen Schritt vorwärts gekommen. Die wirtſchaft=
liche
Entfaltung übertraf bei der Reihe unſerer Kolo=
nialgebiete
ſelbſt weitgehende Hoffnungen, der koloniale
Gedanke iſt ſieghaft in die weiteſten Kreiſe des deutſchen
Volkes und der deutſchen Volksvertretung eingezogen.
Die koloniale Frage iſt mehr als je in den Vordergrund
der wirtſchaftlichen Intereſſen der Nation gerückt. In
Anbetracht der neuen Anforderungen, welche die fort=
ſchreitende
Erſchließung des Kolonialbeſitzes an die
Kolonialverwaltung ſtelle, könne es für dieſe nichts
Wertvolleres geben, als die vielfachen Anregungen und
Belehrungen, die ſie aus den Beratungen dieſer ſo
hervorragend ſachverſtändigen Delegiertenverſammlung
ſchöpfe, wie ſie der Deutſche Kolonialkongreß darſtelle.
v. Behr=Pinnow ſprach im Auftrage der Kaiſerin,
die bedauere, wegen ihrer Abweſenheit von Berlin nicht
perſönlich mit dem Kongreß in Verbindung treten zu
können, aber durch ihn und ihren Gruß ihr Intereſſe
bekunden laſſe.
Nachdem noch Oberbürgermeiſter Kirſchner
begrüßende Worte geſprochen hatte, wurde in die Tages=
ordnung
eingetreten. Als erſter Redner ſprach der Prä=
ſident
der Hamburger Handelskammer, Max Schinckel,
über die Kolonialgeſellſchaft als Ergänzung unſerer
heimiſchen Landwirtſchaft. Sodann gab Geheimer Hof=
rat
Profeſſor Dr. Hans Meyer=Leipzig eine Ueber=
ſicht
über die Ergebniſſe der Expeditionen der landes=
kundlichen
Kommiſſion des Reichskolonialamtes. Hieran
ſchloß ſich die Diskuſſion. Im weiteren Verlaufe der
Plenarſitzung hielt Geſandter Graf von Goetzen
einen Vortrag über die Beſiedelungsfrage der
Kolonien. An der Debatte beteiligten ſich Admiral
Strauch und Gräfin von Zech. Die nächſte Plenar=
ſitzung
findet morgen früh um 9½ Uhr ſtatt. Heute
nachmittag ſind Sektionsſitzungen.

Luftſchiffahrt.
sr. Der Ueberlandflug Borck= Johannis=
thal
, der, wie gemeldet, vom Verein Deutſcher Flug=
techniker
urſprünglich im Anſchluß an die Berliner
Oktober=Flugwoche geplant war und mit einem Preis
von 5000 Mark dotiert wurde, ſoll nunmehr an den
Tagen vom 28. bis 30. Oktober ſtattfinden. Der Wett=
bewerb
iſt offen für alle Mitglieder des Vereins Deut=
ſcher
Flugtechniker. Die Propoſitionen werden ſo ge=
faßt
werden, daß ſämtliche Teilnehmer bereits am erſten
Tage ſtarten müſſen, falls das Wetter günſtig iſt. Falls
ein Teilnehmer das Ziel erreicht, gehen die übrigen,
welche nicht an dieſem Tage ſtarten, des Preisanſpruchs
verluſtig. Die Tage vom 29. bis 30. Oktober ſind nur
für den Fall vorgeſehen, daß am erſten Tage ungünſtige
Witterungsverhältniſſe die Durchführung des Ueber=
landfluges
unmöglich machen und die Kommiſſion eine
Verſchiebung auf den folgenden reſp. nächſtfolgenden
Tag beſchließt, oder keiner der Teilnehmer das Ziel er=
reicht
. Im übrigen entſcheidet lediglich die Flugzeit
für die zirka 50 Kilometer lange Strecke den Sieg, für
den 2500 Mark ausgeſetzt ſind, während für die beiden
Nächſtbeſten noch 1500 und 1000 Mark zur Verfügung
ſtehen. Zwiſchenlandungen, ſowie die Vornahme von
Reparaturen ſind geſtattet, doch dürfen die Apparate
unterwegs nicht ausgewechſelt werden. Der Start er=
folgt
zwiſchen 2 und 3 Uhr nachmittags, ſo daß die
Flieger noch vor Einbrechen der Dunkelheit bequem das
Ziel erreichen können. Meldeſchluß iſt am 22. Oktober
beim Verein Deutſcher Flugtechniker. Die definitiven
Propoſitionen werden demnächſt veröffentlicht werden.
Ein nationales Flugmeeting in Mag=
deburg
ſchreibt der Magdeburger Rennverein unter
Beteiligung des Kaiſerlichen Aero=Klubs und des
Magdeburger Vereins für Luftſchiffahrt für die Tage
vom 22. bis 24. Oktober aus. Das Meeting, welches
auf dem bekannten Rennplatz Herrenkrug vor ſich gehen
wird, iſt nur für Herrenflieger offen, das heißt für
Flieger deutſcher Nationalität, die aktive, inaktive oder
beurlaubte Offiziere oder Mitglieder des Kaiſerlichen
Aero=Klubs ſind. An Preiſen ſind ausgeſetzt: der Große
Preis von Magdeburg (7 Ehrenpreiſe und 2500 Mark)
für die beſte Geſamtflugleiſtung während des Meetings,
bei der Paſſagierflüge 40 Prozent beſſer bewertet werden
als gewöhnliche Flüge. Der Sieger erhält allein
10000 Mark und einen Ehrenpreis des Kriegsminiſte=
riums
. Für den Sieger im Höhenwettbewerb ſind 2000
Mark und ein Ehrenpreis des Kaiſerlichen Aero=Klubs
beſtimmt. Für die Nächſtbeſten ſtehen weitere 1000 Mark
und zwei Ehrenpreiſe zur Verfügung. Für den Sieger
im Belaſtungs=Wettbewerb, bei dem ein Mindeſtgewicht
von 180 Kilogramm vorgeſchrieben iſt, ſind ein Ehren=
preis
des Magdeburger Vereins für Luftſchiffahrt und
1500 Mark ausgeſetzt. Für den gleichen Wettbewerb
ſtehen noch weitere 1500 Mark und zwei Ehrenpreiſe zur
Verfügung. Der Sieger im Geſchwindigkeits= Wettbe=
werb
über 10 Kilometer erhält den Ehrenpreis der
Stadt Magdeburg und 1500 Mark, weitere 1500 Mark
und zwei Ehrenpreiſe ſtehen für die nächſtbeſten Leiſtun=
gen
zur Verteilung.
* Paris, 5. Okt. Der Polizeipräfekt hat
im Intereſſe der öffentlichen Sicherheit folgendes, für
den Verkehr aller Luftfahrzeuge gültiges Reg=
lement
ausarbeiten laſſen: Die Landuna von Luftfahr=

[ ][  ][ ]

Nummer 235.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Seite 5.

zeugen in Paris und in den Ortſchaften des Seine=
Departements iſt verboten. Die Luftfahrzeuge müſſen
über Paris und dem Gebiet des Seine=Departements
in einer ſolchen Höhe fliegen, daß ſie ihre Landung
zußerhalb der Ortſchaften bewerkſtelligen können. Als
Ballaſt darf nur feiner Sand verwendet werden. Im
Falle einer unfreiwilligen Landung müſſen die Luft=
ſchiffe
auseinandergenommen und nach dem nächſten
Flugplatze gebracht werden.

Vermiſchtes.
Städte mit mehr als 100000 Einwoh=
nern
. In Anknüpfung an unſeren geſtrigen Artikel
ſchreibt man uns: Es gibt in Deutſchland nicht 44,
ſondern 47ſolcher Städte, nämlich 1. Preußen. Bran=
denburg
: Berlin, Charlottenburg, Schöneberg, Rirdorf,
Deutſch=Wilmersdorf 5; Sachſen: Magdeburg, Halle,
Erfurt 3; Schleſien: Breslau 1; Poſen: Poſen 1;
Oſtpreußen: Königsberg 1; Weſtpreußen: Danzig 1;
Pommern: Stettin 1; Schleswig=Holſtein: Kiel, Al=
tona
2; Hannover: Hannover 1; Weſtfalen: Dort=
mund
, Bochum, Gelſenkirchen 3; Rheinland: Köln,
Düſſeldorf, Elberfeld, Barmen, Eſſen, Duisburg, Mül=
heim
(Ruhr), Hamborn, Aachen, Krefeld, Saarbrücken
11; Heſſen=Naſſau: Frankfurt, Kaſſel, Wiesbaden 3,
zuſammen 33. 2. Sachſen: Dresden, Leipzig, Chemnitz,
Plauen 4. 3. Bayern: München, Nürnberg 2.
4, Baden: Mannheim, Karlsruhe 2. 5. Württemberg:
Stuttgart 1. 6. Heſſen: Mainz 1. 7. Reichsland:
Straßburg 1. 8. Braunſchweig: Braunſchweig 1.
9. Freie Städte: Hamburg, Bremen 2, zuſammen 14,
macht Sa.: 47. Dazu kommen bei der nächſten Zählung
am 1. Dezember ds. Js. höchſtwahrſcheinlich: Mülhauſen
(Elſaß), Augsburg, Bonn, Lübeck, Görlitz 5, das wären
52. Damit wäre Deutſchland, wenn man namentlich
wie richtig bemerkt die unſicheren Zahlenverhältniſſe in
China in Betracht zieht, an der Spitze auf der ganzen
Welt. Obs ein Vorzug iſt?

Der Konflikt in der Metallinduſtrie.
* Hamburg, 6. Okt. Die Werften haben heute
vormittag die neuerlichen Einigungsvorſchläge
der Kommiſſion des Geſamtverbandes der Metallindu=
ſtriellen
angenommen. Wie nach der Frankf. Ztg.
verlautet, enthalten dieſe Vorſchläge weitgehende Konzeſ=
ſionen
an die Arbeiter, darunter auch in bezug auf eine
Lohnerhöhung und die Abſchaffung einer Reihe von Or=
ganiſationsmißſtänden
, die von den Arbeitern beanſtandet
wurden. Nach der Beſprechung zwiſchen der Kommiſſion
und den Werften fand die letzte Zuſammenkunft der Be=
vollmächtigten
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ſtatt, in
der dieſen die endgültigen, nicht mehr abwendbaren Vor=
ſchläge
zur Beilegung des Werftarbeiterſtreiks übermittelt
wurden. Ueber die Annahme oder Ablehnung dieſer Vor=
ſchläge
wird nach den nunmehr getroffenen Dispoſitionen
der Arbeiterführer tatſächlich nicht die große Arbeiterver=
ſammlung
abſtimmen, ſondern die Delegierten der
acht in Betracht kommenden Gewerkſchaften. Die Stellung=
nahme
dieſer Delegierten, von der die Beilegung des
Streiks und alſo die Vermeidung der großen Ausſperrung
abhängt, erfolgt heute nachmittag und um 7 Uhr abends
wird den Unternehmern die offizielle Antwort erteilt.
Morgen findet dann noch eine offizielle Verſammlung
ſtatt, die aber nichts anderes mehr tun wird, als die Be=
ſchlüſſe
der heutigen Delegiertenverſammlung zu ſanktio=
nieren
. In Arbeitgeberkreiſen herrſcht jetzt die beſtimmte
Anſicht vor, daß die Arbeiterführer für die Annahme der
unterbreiteten Vorſchläge ſind. Es wird mit einer even=
tuellen
Ablehnung durch die Delegiertenverſamm=
lung
gerechnet und es ſind alle Vorkehrungen getroffen,
um am 8. Oktober, wenn die Einigung nicht zuſtande
kommt, die große Ausſperrung eintreten zu laſſen.
Hamburg, 6. Okt. Die Differenzen mit den
Werftbetrieben wurden durch die Verhandlungen be=
ſeitigt
. Die beſchloſſene Geſamtausſperrung unter=
bleibt
.

Die Revolution in Portngal.
Die Ereigniſſe in Liſſabon.
* Madrid 5. Okt. Miniſterpräſident Cana=
lejas
empfing am Abend die Journaliſten und gab
ihnen an Hand der bei der ſpaniſchen Regierung ein=
gelaufenen
Berichte folgende Darſtellung von den Er=
eigniſſen
in Liſſabon: Geſtern nacht gegen
halb 2 Uhr wurde die Bevölkerung Liſſabons durch
21 Kanonenſchüſſe aufgeweckt. Alles eilte auf die
Straße oder ſtürzte zum Fenſter, um zu ſehen, was los
ſei. Man ſah nach allen Richtungen Menſchen laufen,
während Trompeter zur Sammlung blieſen. Die
Revolution war ausgebrochen; 21 Kanonen=
ſchüſſe
waren das Signal. Die ſofort mobil gemachte
Polizei warf ſich auf die Aufſtändiſchen, wurde aber
von dieſen mit Bomben empfangen. Nunmehr wur=
den
die Truppen zu Hilfe gerufen; aber von ihnen
ging ein Teil ſofort zu den Revolutionären über,
während der andere ſeiner Pflicht und der Monarchie
treu blieb. Es entſpann ſich ein erbitterter Kampf;
bald fielen Tote und Verwundete beſonders
die Artillerie forderte zahlreiche Opfer. Den Revolu=
tionären
gelang es, ſich des Soldatenviertels in der
Nähe des Schloſſes Neceſſidades zu bemächtigen. Als
der König ſah, was vorging, verließ er auf den Rat
von vier ſeiner Vertrauten das Schloß, begab ſich mit
ihnen an einen ſicheren Ort, während der Kampf in
den Straßen weiter tobte. Die Revolutionäre errich=
teten
Barrikaden und ſchicktenAbteilungen aus, welche
die Brücken ſperren und die Telegraphenleitungen ab=
ſchneiden
ſollten. Im Laufe des Tages trafen dann
aus verſchiedenen Provinzgarniſonen Truppen in Liſ=
ſabon
ein, die ſich mit den treu Gebliebenen vereinig=
ten
, ſo daß ſich die beiden Parteien ungefähr das Gleich=
gewicht
hielten. Ich glaube, ſo fügte Canalejas hinzu,
daß die Königin Amalie ihr Schloß in Cintra nicht
verlaſſen hat; ich weiß, daß die aufſtändiſche Bewegung
in der Provinz nicht unterſtützt wurde.
* Liſſabon, 5. Okt., 12 Uhr 20 Minuten früh.
Um 11 Uhr verſuchten die Aufſtändiſchen, welche
oben in der Avenida de Liberdade lagerten, in die
innere Stadt einzudringen, wurden aber von königs=
treuen
Truppen zurückgewieſen. Abends herrſchte in
der Stadt Ruhe. Man hörte aber andauernd Geſchütz=
und Gewehrfeuer. Die elektriſche Beleuchtung iſt
unterbrochen.
* Liſſabon, 5. Okt. Die Agence Havas meldet
von 12 Uhr 35 Minuten früh: Die Krieegsſchiffe
der Aufſtändiſchen, die auf die Stadt, beſonders
auf die Miniſterien, die die Pracg do Commercio um=

geben, und auf das Königsſchloß Neceſſidades feuer=
ten
, richteten großen Schaden an den Gebäuden an;
auch der Turm der Kirche von Neveſſidades iſt zerſtört.
Gewehrſalven in der Unterſtadt töteten mehrere Paſ=
ſanten
. Man ſchätzt die Zahl der Toten bis jetzt
auf etwa hundert; die Zahl der Verwundeten iſt be=
deutend
größer.
* Liſſabon, 5. Okt. Während der vergangenen
Nacht dauerte das Gewehr= und Geſchütz=
feuer
unausgeſetzt fort und verſtärkte ſich mit Ta=
gesanbruch
noch mehr. Alle Zugänge zur inneren
Stadt ſind geſperrt. Die Aufſtändiſchen, welche in der
Nähe der Avenida de Liberdade gelagert hatten, und
denen man die Zugänge zum Innern der Stadt durch
die Avenida abſchnitt, nahmen einen anderen Weg. Die
aufſtändiſchen Schiffe beſchießen andauernd beſtimmte
ſtaatliche Gebäude, beſonders das Marinearſenal. Die
Zahl der Toten aus der Nacht iſt groß. Allenthalben
werden Rufe: Es lebe die Republik! laut. Nach=
richten
aus der Provinz kommen nicht in die Stadt.
* Liſſabon, 5. Okt. Vom Balkon des Rat=
hauſes
hielt der republikaniſche Führer Euſebio Leao
eine Anſprache, in der er der Bürgerwehr die
Polizei und die Aufrechterhaltung der Ordnung an=
vertraute
. Schonet, ſo rief der Redner, das öffent=
liche
und private Eigentum; ſchonet das Leben eines
jeden, wer er auch ſei. Ich wiederhole, wer er auch ſei.
Die Republik iſt großmütig und großherzig. Die
Republik wurde unter großer Begeiſterung des Vol=
kes
verkündet.
* Paris, 6. Okt. Der ſpaniſche Geſandte in
Liſſabon konnte vorgeſtern mittels der Eiſenbahn Nach=
richten
an die Grenze ſenden, in denen er mitteilte,
daß der Admiral Danäez an der Spitze der
revolutionären Bewegung ſtehe. Da die
Truppen der in der Nachbarſchaft des Palaſtes ge=
legenen
Kaſernen ſich der Revolution angeſchloſſen
haben, wurde das Verbleiben im Palaſte gefährlich,
und der König ſchickte ſich an, denſelben auf den Rat
der Miniſter zu verlaſſen. Dienstag früh 6 Uhr konnte
ein Zug aus Liſſabon abgehen. Mehrere mit demſel=
ben
in Hendaye eingetroffene Reiſenden erzählten
einem Berichterſtatter, daß es ſich um ein Pronunzia=
handle
deſſen Seele der Oberbefehlshaber des
Geſchwaders ſei. Die Artillerie, die die ſtrittigen Punkte
beſetzt hutte, eröffnete ein heftiges Feuer auf die Mu=
nizipalgarde
und ein Infanteriebataillon. In der
unteren Stadt, in der Nähe des Bahnhofes, haben ſich
die in die Stadt eingedrungenen aufrühreriſchen Trup=
pen
angeſammelt. Um 5 Uhr morgens hätten die
Schiffe das Feuer auf den Palaſt und die Kaſernen er=
öffnet
, die ſich den Aufſtändiſchen noch nicht angeſchloſ=
ſen
hatten. Als wir die Stadt verließen, ſchloſſen die
Reiſenden ihren Bericht, flatterten die Fahnen der
Inſurgenten auf dem Palaſte und den meiſten Häu=
ſern
. Der Königspalaſt und das Avenida=Palaſthotel
der Schlafwagengeſellſchaft ſind teilweiſe zerſtört.
Wenige Minuten nach der Abfahrt des Zuges wurden
die Gleiſe mittels Dynamit zerſtört.
Das Heer und die Flotte.
* Liſſabon, 5. Okt. Das 16. Infanterieregi=
ment
und die Artillerie revoltierten und verließen
die Kaſerne; es kam zu einem Zuſammenſtoß mit der
Munizipalgarde. Die Verluſte ſind groß. Nach einer
weiteren Meldung aus Liſſabon vom Dienstag nach=
mittag
war bis dahin die Lage unentſchieden. Für die
Republik hatten ſich mehrere Regimenter, zwei
Kriegsſchiffe und die Marinekaſerne erklärt; dagegen
hielten königstreue Truppen das Zentrum der Haupt=
ſtadt
beſetzt; auch wird der Abmarſch von Provinztrup=
pen
auf die Hauptſtadt, die für die Regierung fechten
wollen, gemeldet. Von in Paris lebenden Portugieſen
wird erzählt, die Marine ſei bereits ſeit drei Jah=
ren
faſt durchweg für die Sache der Republikaner ge=
wonnen
worden, und auch die Mannſchaften und ſub=
alternen
Offiziere des Landheeres ſeien größtenteils
republikaniſch geſinnt, während die Generäle und höhe=
ren
Offiziere monarchiſtiſch geſinnt ſeien. Die diſſi=
dierenden
Progreſſiſten und Republikaner machten
gemeinſame Sache und hielten angeblich eine ſchon
vollſtändige Regierung bereit.
* Madrid 6. Okt. Der Miniſter des Innern
erklärte, der größte Teil des Heeres ſei dem Könige
treu geblieben, dagegen habe faſt die ganze Flotte
mit den Aufſtändiſchen gemeinſame Sache gemacht. Der
König ſolle ſich an Bord eines Kriegsſchiffes befinden,
aber dieſes ankert noch immer im Tejo. Die Verbind=
ungen
nach dem Inlande, ſo fügte der Miniſter hinzu,
ſind unmöglich oder faſt unmöglich, denn die Aufſtän=
diſchen
haben alle Brücken, Straßen und Eiſenbahnen
abgeſchnitten, um zu verhindern, daß Truppen nach
Liſſabon zur Hilfe eilen. Wir wiſſen außerdem, daß
trotzdem die Garniſon von Elvas ſich auf dem Marſche
nach Liſſabon befindet, ebenſo diejenige von Oporto,
die die Polizei bei der Unterdrückung des Aufſtandes
unterſtützte. Die genannte Stadt iſt bereit, wenigſtens
teilweiſe nach der Hauptſtadt zu marſchieren.
* Liſſabon, 6. Okt. Heute vormittag 8 Uhr
haben die der Regierung bis dahin treu geblie=
benen
Truppen, die ſich auf dem Dom Pedroplatze
befanden, mit den Revolutionären gemein=
ſame
Sache gemacht und ſind nach der Kaſerne zu=
rückgekehrt
. Die Menge brach in Beifallskundgebun=
gen
aus und rief: Es lebe die Republik! Die Volks=
menge
hißte auf den Gebäuden des Arſenals und dem
Rathauſe die republikaniſche Flagge; die meuternden
Kriegsſchiffe ſchoſſen Salut. Die Aufſtändiſchen ſtürm=
ten
alle beflaggten Gebäude, zogen die alte portugie=
ſiſche
Fahne ein und zerriſſen ſie.
* Badajoz, 6. Okt. Die Soldaten des
Infanterieregiments Nr. 16 waren in Re=
publikaner
und Monarchiſten geſpalten. Zwiſchen bei=
den
Teilen fand ein Kampf ſtatt, in welchem die
Republikaner ſiegten. Der Oberſt, mehrere Offiziere,
ſowie eine Anzahl Soldaten fielen; der Reſt ging zu
den Republikanern über. Das Infanterieregi=
ment
Nr. 5 und das Jägerbataillon Nr. 1 ver=
ſtärkten
das Infanterieregiment Nr. 16. Ein Artil=
lerieregiment
griff unter dem Kommando von
Sergeanten, trotz des Widerſtandes des Oberſten und
der Offiziere, die Kaſerne an. Das Arſenal wurde
eingenommen. Die dort lagernden Waffen wurden
unter die Bevölkerung verteilt. An Bord eines im
Hafen ankernden Schiffes, das die republikaniſche
Flagge hißte, hatten die Leiter der Republikaner meh=
rere
Konferenzen mit den Chefs der Armee und der
Marine. In den Straßen von Liſſabon tobt ein hef=
tiger
Kampf, wobei die Artillerie die Hauptrolle
ſpielt. Die Aufſtändiſchen ſind ausgezeichnet bewaff=
net
. Das Regiment Nr. 4, das in Elvas in Garniſon
ſteht, iſt nach Liſſabon abmarſchiert,

Ueber das Schickſal des Königs
und der königlichen Familie herrſcht noch immer Un=
gewißheit
; die Meldungen lauten widerſprechend.
Aus Madrid, 5. Oktober, wird gemeldet: Die Cor=
reſpondencia
de Eſpaha hat durch Transparent fol=
gende
Depeſche bekannt gegeben: Liſſabon iſt in der
Gewalt der Revolutionäre. Die königliche Fa=
milie
befindet ſich an Bord eines Kriegsſchiffes auf
dem Wege nach England. Der Miniſter des
Innern hat auf Befragen erklärt: Ich weiß nicht, wo
ſich der König zur Stunde befindet; aber ich weiß, daß
er in Sicherheit iſt. Vielleicht, das wage ich aber
nicht feſt zu verſichern, iſt er auf dem Wege nach
Gibraltar.
Andere Meldungen beſagen:
* Paris, 5. Okt. Aus Nachrichten, die in dem
Miniſterium des Aeußern eingetroffen ſind, ergibt ſich,
daß ſich der Herzogvon Oporto mit der könig=
lichen
Familie auf der Jacht Amalie eingeſchifft
hat. Man nimmt an, daß ſich König Manuel eben=
falls
an Vord befindet.
* Liſſabon, 5. Okt. 3.20 N. (Meldung der
Agence Havas.) Der König, ſowie die Königinnen
Amalie und Pia haben ſich in aller Eile nach Ma=
fra
begeben. Auf allen öffentlichen und auf vielen
Privatgebäuden, ebenſo auf der Bank von Portugal
weht die republikaniſche Flagge. Das Volk hat ſich
bewaffnet, fraterniſiert mit den Truppen und zieht, die
portugieſiſche Marſeillaiſe ſingend, welche zur portu=
gieſiſchen
Nationalhymne wird, durch die Straßen.
* Liſſabon, 6. Okt. Die königliche Jacht
Amelia iſt geſtern abend mit dem Herzog von
Oporto, der ſich in Cascaes eingeſchifft hatte, in
See gegangen. Man vermutet, daß die anderen Mit=
glieder
der königlichen Familie in Eriscira
oder in Peniche an Bord genommen werden ſollen.
* Badajoz, 6. Okt. Es geht das Gerücht, die
königliche Familie ſei gefangen an Bord
eines Kriegsſchiffes.
* Innsbruck, 6. Okt. Nach einer in Schloß
Mentelberg bei Verwandten des portugieſiſchen
Königshauſes eingetroffenen Depeſche befindet
ſich König Manuel und deſſen Mutter in Liſſabon
in ſicherem Schutze an Bord eines engli=
ſchen
Kriegsſchiffes.
Die auswärtigen Mächte.
* Paris, 6. Okt. Aus London wird dem Echo
de Paris berichtet, der portugieſiſche Geſandte habe
vorgeſtern früh eine beunruhigende Depeſche von dem
König Manuel erhalten und daraufhin die eng=
liſche
Regierung gebeten, ſchleunigſt Kriegsſchiffe nach
Liſſabon zu entſenden, um erforderlichen Falles die
königliche Familie zu ſchützen. Die Nachricht eines
Blattes, wonach zwei Sendlinge der republikaniſchen
Partei Portugals von Sir Edward Grey die Verſicher=
ung
erhalten hätten, daß im Falle einer Revolution
die Allianz zwiſchen den beiden Völkern
fortbeſtehen ſolle, ſei unrichtig. En glan d
würde zwar einer republikaniſchen Regierung in Liſ=
ſabon
ſeine Freundſchaft nicht verweigern, aber man
könne nicht ſagen, daß es dieſelbe im voraus verſpro=
chen
habe. Bei den herzlichen Beziehungen des engli=
ſchen
Königspaares zu Künig Manuel und der Köni=
gin
Amelie ſei das auch leicht begreiflich.
* Paris 6. Okt. Wie verlautet, wird ſich der
heutige Miniſterrat mit den Ereigniſſen in Por=
tugal
beſchäftigen und insbeſondere Beſchluß darüber
faſſen, ob ein Kriegsſchiff nach Liſſabon entſandt wer=
den
ſolle. Der Generalrat des Departements
Rhonemündung nahm geſtern nachmittag ein=
mütig
und trotz der Vorbehalte des Präfekten einen
Beſchlußantrag an, in welchem der Wunſch ausgeſpro=
chen
wird, daß die Republik in Portugal triumphieren
möge.
* Paris 6. Okt. Nach einer Blättermeldung
aus Sevilla halten ſich die Truppen der dortigen
Garniſon bereit, an die portugieſiſche Grenze abzu=
marſchieren
.
* Paris, 6. Okt. Aus Rom wird gemeldet,
im Vatikan ſei man wegen der portugieſiſchen Re=
volution
ſehr beſorgt, weil dieſelbe einen antikleri=
kalen
Charakter habe und eine Rückwirkung auf Spa=
nien
ausüben könnte.
Telefunken und die Revolntion in Portuhl
* Der Köln. Zeitung wird aus Berlin, 5. Okt.,
geſchrieben: Eine ſehr intereſſante und wichtige Rolle
hat das neue Telefunkenſyſtem bei dem Ausbruch der
Rerolution geſpielt. Die Revolutionäre hatten vor=
ſorglich
alle telegraphiſchen Verbindungen mit dem
Auslande unterbrochen, damit die Nachricht nicht früh=
zeitig
nach außerhalb gelangen ſollte. Am 4. Oktober
abends lief der deutſche Dampfer Cap Blanco der
mit einer großen Telefunkenſtation ausgerüſtet iſt, in
den Hafen von Liſſabon ein. Er wurde von den Be=
richterſtattern
der verſchiedenen Zeitungen als Tele=
graphenſtation
benutzt. Es gelang der Telefunken=
ſtation
ſofort, mit der bei Marſeille gelegenen Funken=
ſtation
St. Marie de la Mer in Verbindung zu tre=
ten
. Von dort aus wurde die Nachricht drahtlich nach
den einzelnen Ländern weitergegeben. Die Entfern=
ung
zwiſchen der Telefunkenſtation des Cap Blanco
und St. Marie de la Mer beträgt etwa 1250 Kilometer
und geht über das gebirgige Spanien hinweg. Die=
ſen
Weg ſind faſt alle heute in der Preſſe erſchie=
nenen
Telegramme gegangen. Es handelt ſich hier
um eine großartige techniſche Leiſtung des Telefunken=
ſyſtems
, das bei ähnlichen Anläſſen in Braſilien und
Argentinien ſich ebenfalls in gleicher Weiſe bewährt
hat.
Letzte Nachrichten.
* London, 6. Okt. Nach einer Meldung aus
Vigo iſt der Dampfer Cap Blanca zurückgekehrt,
ohne die Paſſagiere in Liſſabon ausgeſchifft zu haben.
Er war am Dienstag vormittag um 10 Uhr in
Liſſabon eingetroffen. Zu dieſem Zeitpunkte bombar=
dierten
zwei Kriegsſchiffe den Palaſt, ein drittes führte
noch die königliche Flagge, wurde aber durch das Feuer
der Aufſtändiſchen gezwungen, ſie niederzuholen. In
der vorhergehenden Nacht fand im Palaſt zu Ehren
des Marſchalls Hermes da Fonſeca ein Bankett ſtatt.
Um 2 Uhr morgens, kurz nach Beendigung des Diners,
begann das Feuer. Vom Bord des Dampfers Cap
Blanca beobachtete man zwei Angriffe der Kavallerie
auf eine Volksmenge. Der Onkel des Königs, der
Herzog von Oporto ſtellte ſich beim Kampfe an
die Spitze der Gebirgsartillerie; dieſe wurde jedoch
von den Inſurgenten geworfen und der Palaſt darauf
eingenommen.
* Liſſabon, 6. Okt. Der Präſident der provi=
ſoriſchen
Regierung, Theophil Braga, richtete an die
auswärtigen Miniſterien der Mächte ein

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Nummer 235.

Telegramm, das die Proklamierung der Re=
publik
und die Einſetzung der proviſoriſchen Regier=
ung
anzeigt. Die Regierung ſtehe für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung ein.
H.B. Liſſabon, 6. Okt. Geſtern abend 11 =Uhr
erließ der Präſident Braga folgendes Mani=
feſt
an die Armee und Flotte: Die proviſo=
riſche
Regierung der Republik begrüßt die Truppen zu
Lande und zu Waſſer, die mit dem Volke zuſammen=
wirkten
und die Republik zum Glück des Vaterlandes
mitbegründet haben. Sie vertraut auf den Patriotis=
mus
aller. Die Republik iſt für das geſamte Volk da
und die Regierung hofft daher, daß die Offiziere der
Armee und der Flotte, die ſich an der revolutionären
Bewegung nicht beteiligt haben, ſich dem Hauptquartier
ſtellen werden, um die uneingeſchränkte Loyalität
gegen die neue Verwaltung zu ſichern. Mittlerweile
müſſen die Revolutionäre alle ihre Stellungen beſetzt
halten zur Verteidigung und Befeſtigung der Re=
publik
.
Gewiſſe Stellungen wurden befeſtigt für den
Fall. daß die Truppen angreifen ſollten, die ſich noch
nicht für die Republik erklärt haben. Die Demon=
ſtrationen
von den ſiegreichen Truppen dauern fort.
Enorme Menſchenmengen marſchieren im Triumph
mit ihnen. Die Revolution wurde Montag abend be=
ſchloſſen
auf Veranlaſſung des Admirals Carlos
Reis, welcher darauf drang, daß die Erhebung nicht
aufgeſchoben werden ſolle, da der Kreuzer Don Car=
los
Befehl hatte, am folgenden Tage in See zu gehen.
Infolgedeſſen war es unmöglich, alle die Revolution
begünſtigenden Elemente zu benützen.
* Köln, 6. Okt. Die Kölniſche Zeitung meldet
aus Liſſabon: Der neue Miniſter des Aeußern,
Bernardino Machado, erklärte unſerem Bericht=
erſtatter
, daß die republikaniſche Regierung alle
Verbindlichkeiten der Monarchie aner=
kenne
.
* London, 6. Okt. Der Kreuzer New=
caſtle
iſt allein in Liſſabon angekommen. Die
engliſche Regierung iſt der Meinung, daß es nicht
nötig ſei, weitere Schiffe nach dem Tejo zu entſenden.
Die anderen Schiffe warten in angemeſſener Entfern=
ung
von der Hauptſtadt auf Befehle. In amtlichen
Kreiſen Londons iſt man der Anſicht, daß die Revolu=
tion
eine vollendete Tatfache iſt und daß das Leben und
das Eigentum der Engländer Portugals hinreichend
geſchützt ſind durch die Anweſenheit eines Schiffes auf
dem Tejo.
Oporto, 6. Okt. Hier herrſcht große Un=
ruhe
. Die Nachrichten aus Liſſabon werden mit Un=
geduld
von der Menge erwartet, welche ſich nach der
Mitte der Stadt zuſammendrängt. Vor dem Redak=
tionsgebäude
des republikaniſchen Blattes Vater=
land
veranſtaltete die Bevölkerung eine große De=
monſtration
, um ihrer Sympathie mit der Re=
volution
Ausdruck zu geben. Die Maſſen wurden von
polizeilichen Agenten mit Gewalt zurückgedrängt. Auf
die Polizeibeamten wurde aus dem Redaktionsgebäude
ein Hagel von Gegenſtänden aller Art hinabgeſchleu=
dert
, doch ſie nahmen den Kampf auf, wobei zwei von
ihnen und dreizehn von den Gegnern verletzt wurden:
ſchließlich wurden die Redaktionsräume beſetzt und
dort befindliche Perſonen zunächſt vergaftet, ſpäter
jedoch wieder auf freien Fuß geſetzt.
* Coruna, 6. Okt. Dem Dampfer Ipiranga
der im hieſigen Hafen ankert, iſt ein drahtloſes Tele=
gramm
zugegangen, bei der Beſchießung Liſſabons ſei
der Königspalaſt zerſtört worden.
* Madrid, 6. Okt. Wie aus Vigo gemeldet
wird, brachte der Dampfer Cap Blanco noch die
Nachricht, daß ſich der portugieſiſche Miniſter=
präſident
an Bord des braſilianiſchen Panzer=
ſchiffes
Sao Paulo begeben hat.
H. B. Paris, 6. Okt. Ueber den Selbſtmord des
Generals Gorjas, des Gouverneurs und
Palaſtkommandanten in Liſſabon, wird be=
richtet
: Gorjas hatte den König, die Königin=Mutter
und den Hofſtaat in den bombenſicheren Keller=
räumen
untergebracht und leitete mit wahrem Herois=
mus
die Verteidigung, des Palaſtes gegen die Auf=
ſtändiſchen
. Erſt als der General bemerkte, daß unter
ſeinen eigenen Leuten Verſchwörer ſich befanden,
die den Belagerern die Zugänge des Palaſtes öffne=
ten
, gab er die königliche Sache verloren, rief einige
rührende Abſchiedsworte an den König und ſchoß ſich
aus ſeinem Revolver eine Kugel in die Schläfe. Die
in dieſem Moment eindringenden Revolutionäre zogen
vor dem Leichnam des Generals entblößten Hauptes
vorbei. Auf einem Tiſche fand man einen mit Blei=
ſtift
geſchriebenen Zettel des Polizei=Präfekten von
Liſſabon, in welchem geſagt wurde, daß jeder Wider=
ſtand
vergeblich ſei, da das 5. und 16. Infanterie= Re=
giment
und das 1. Jäger=Regiment, auf die man mit
Sicherheit gerechnet hatte, nach Beſeitigung der ober=
ſten
Offiziers=Chargen zu den Revolutionären über=
gegangen
ſeien und ſich des Arſenals bemächtigt hätten.
Dieſe letzte Meldung des Präfekten bezieht ſich auf
die blutigen Zuſammenſtöße in den Kaſernen, wo ſich
die monarchiſtiſchen Offiziere gegen den Widerſtand
der revolutionären Truppen ohnmächtig zeigten. Die
Offiziere erwarteten immer noch Zuzug von königs=
treuen
Truppen aus den Provinzſtädten, doch ſcheint
die Bahnverwaltung dieſe Militärzüge abſichtlich ver=
zögert
zu haben.

Darmſtadt, 7. Oktober.
Stadtverordnetenwahlen. Wie verſchiedene
Blätter melden, ſoll der Termin für die bevorſtehen=
den
Stadtverordnetenwahlen auf den 8. November
feſtgeſetzt worden ſein. Dieſe Meldung iſt, wie wir
an zuſtändiger Stelle erfahren, unrichtig. Der Ter=
min
iſt noch nicht beſtimmt, doch iſt der 10. Novem=
ber
in Ausſicht genommen.

Offenbach, 6. Okt. Vor der Zivilkammer des
Landgerichts Darmſtadt ſtand heute vormittag in dem
Prozeß der Stadt Offenbach gegen ihren
Bürgermeiſter Dr. Dullo auf Erſatz eines
Teiles des durch die bekannte Kaiſerhofaktien=Affäre
entſtandenen Schadens in Höhe von 75000 Mark zum
erſten Male Termin an. Die Stadt Offenbach iſt durch
Juſtizrat Dr. Hallwachs, der Beklagte durch Rechts=
anwalt
Dr. Jäger vertreten. Da dieſer erklärte, er ſei
noch nicht hinreichend informiert und habe deswegen
auch noch keinen vorbereitenden Schriftſatz einreichen
können, und da auch Dr. Dullo ſelbſt nicht erſchienen
war, wurde die Verhandlung in beiderſeitigem Einver=
ſtändnis
auf den 24. November vertagt. Ein ſchreck=
liches
Unglück ereignete ſich heute morgen gegen 4 Uhr
auf dem Rangierplatz des hieſigen Hauptbahnhofes.
Der 26jährige Streckenarbeiter Heinrich= Kühne aus
Gelnhauſen war beim Ausrangieren eines Güterzuges
beſchäftigt. Hierbei glitt er=wahrſcheinlich aus und kam

ſo unglücklich auf die Schienen zu liegen, daß ihm von
einem im gleichen Augenblick daherfahrenden Güter=
wagen
der rechte Arm vollſtändig und vom linken Arm
die Hand total abgeriſſen wurde. In bewußtloſem Zu=
ſtande
fanden ihn Kollegen im Blute auf den Schienen
liegen. Er wurde ſofort in das ſtädtiſche Krankenhaus
gebracht, wo er gegen 12 Uhr mittags ſeinen Ver=
letzungen
erlag. Wie ſich der Unglücksfall abgeſpielt
hat, konnte nicht feſtgeſtellt werden, da zu dieſer Zeit
niemand in der Nähe der Unfallſtelle weilte. (Off. Ztg.)

Letzte Nachrichten.
(Wolffs telegr. Korreſp.=Bureau.)
* Berlin, 6. Okt. Nach einem Telegramm des Gou=
verneurs
aus Windhuk revoltierten bei Wilhelmstal
in Südweſtafrika am 4. Oktober die Transkaykaffern
der Baufirma für den Umbau der Eiſenbahnſtrecke Karibib=
Windhuk. Die Revolte wurde ſofort mit Hilfe des Mili=
tärs
unterdrückt. Zwölf Eingeborene wurden getötet, zehn
verwundet. Für ausreichenden militäriſchen und polizei=
lichen
Schutz iſt geſorgt. Der nähere Tatbeſtand iſt noch
unbekannt. Eine eingehende Unterſuchung iſt eingeleitet.
* Groß=Rominten, 6. Okt. Der Kaiſer, die
Kaiſerin und die Prinzeſſin Viktoria
Luiſe ſind heute vormittag 8 Uhr 55 Minuten nach
Königsberg abgereiſt, wo die Ankunft um 12
Uhr 20 Minuten erfolgt. Der Kaiſer begibt ſich als=
dann
in das Offizierskaſino des Grenadier=Regiments
Nr. 3; hier wird das Frühſtück eingenommen. Die
Kaiſerin und die Prinzeſſin ſetzten um 12 Uhr 50 Min.
die Reiſe nach Kadinen fort.
* Leipzig, 6. Okt. Die 26jährige Ehefrau des Direk=
tors
Serra in Leipzig=Reudnitz wollte geſtern abend
Natron nehmen, nahm aber ſtatt deſſen Kleeſalz. Sie
verſchied trotz der Anwendung von Gegenmitteln nach
einer halben Stunde.
* Köln, 6. Okt. Ein Berliner Telegramm der Köln.
Ztg. meldet: Die Angriffe auf den Deutſchen Tachauer bei
Haifa haben den deutſchen Botſchafter in Konſtantinopel
veranlaßt, nachdrücklich bei dem Wali vorſtellig zu werden.
Gleichzeitig hat das deutſche Konſulat bei den örtlichen
Behörden Schritte getan. Auf Befehl des Wali iſt die
Strafverfolgung eingeleitet und die Gendarmerie beauf=
tragt
worden, durch ſtändige Patrouillen für die Sicherheit
der Deutſchen Sorge zu tragen.
* Dortmund, 6. Okt. In der Gläubigerver=
ſammlung
der von der Niederdeutſchen Bank
mit 1½ Millionen Mark Aktienkapital gegründeten Geſell=
ſchaft
für luftloſe elaſtiſche Fahrzeugbereifung teilte der
Verwalter mit, daß die Geſellſchaft, deren Leiter Rechts=
anwalt
Nolden war, ſeit Juli 1909 überhaupt keine ordent=
lichen
Bücher mehr geführt hat. Die Aktivmaſſe beläuft ſich
auf 13 418 Mark, die Schulden betragen 535731 Mark und
die konkursberechtigten Forderungen 9000 Mark. Nach Ab=
zug
dieſes Betrages und Zahlung der Patentgebühren
bleiben nur 2635 Mark, ſo daß nicht einmal ½ Prozent in
der Maſſe liegt. Wahrſcheinlich erfolgt daher die Ein=
ſtellung
des Konkursverfahrens.
* Konſtantinopel, 6. Okt. Die Jeune Turc bringt die
Nachricht von der Gründung der Türkiſchen
Bank durch einheimiſche Kapitaliſten mit einem Grund=
kapital
von 550000 Pfund. Die Bank ſoll auf Befreiung
der Türkei von der wirtſchaftlichen Vormundſchaft des
Auslandes hinarbeiten.
Berlin, 6. Okt. Die Gattin des ehemaligen
Direktors der ſtädtiſchen Elektrizitätswerke in Wyborg,
die 40jährige Frau Elſe Wahl, unternahm geſtern
einen Selbſtmordverſuch. Sie nahm zunächſt 3 Gramm
Sublimat und jagte ſich dann eine Revolverkugel in
die Bruſt. Vor zwei Jahren ſiedelte ſie nach Char=
lottenburg
über, wo ihr Mann an der Techniſchen
Hochſchule ſtudierte. Seitdem war er von einem Ner=
venleiden
befallen, und er bedrohte ſeine Frau mit dem
Tode. Frau Wahl ließ ihn in einer Nervenheilanſtalt
unterbringen; kurz darauf verfiel ſie ſelbſt in Trübſinn.
Berlin, 6. Okt. Der am Sonntag hier verhaftete
Wiener Rechtsanwalt Eder wurde auf Veranlaſſung der
Staatsanwaltſchaft in Wien gegen eine Kaution von
20000 Mark auf freien Fuß geſetzt.
Stettin, 6. Okt. Hier ſtreiken ſeit zwei Tagen
die Arbeiter der Deutſch=amerikaniſchen Petroleum= Geſell=
ſchaft
. Heute iſt es zwiſchen den Streikenden und den Ar=
beitswilligen
zu Reibereien gekommen. Die Petro=
leumwagen
fahren nunmehr unter polizeilicher Bedeckung.
Stettin, 6. Okt. Dem Schoner Maria aus Troye
brachen auf der Reiſe von Lulea nach Stettin infolge
Sturzſee beide Maſten. Ein Steuermann und ein Ma=
troſe
ſtürzten auf Deck und ſtarben an den erlittenen Ver=
letzungen
.
Düſſeldorf, 6. Okt. Die Kölner Kriminalpolizei
verhaftete den 24jährigen Beamten der Seebad= Geſell=
ſchaft
Scheveningen, der mit 30000 Mark Geſellſchafts=
geldern
flüchtig gegangen war.

asseler
K Idter-Kaka0
wird bei
Magen= und Darmleiden
ls Kräftigungsmitteltausendfach ärztlich empfohlen.
Nur echt in blauen Kartons für 1 Mk., niemals lose.

Jogurt-Zaros
eine erfriſchende, leicht bekömmliche, darm=
reinigende
Milchdelikateſſe
per Glas 30 Pfg.
(18767a
Anton Braunwarth
Marktpaſſage.
Telefon 971.

So wie Naturbutter niemals
durch Margarine erſetzt werden kann, ſo wenig kann
ein künſtliches Mineralwaſſer die Heilwirkung einer
natürlichen Mineralquelle haben. Die St. Georgs=
quelle
zu Biskirchen a. d. Lahn iſt ein natürliches,
glänzend bewährtes Mineralwaſſer für Gicht= und
Harnleidende, Diabetiker und Magenkranke. Der
Gebrauch iſt angenehm erfriſchend und von eminent
günſtiger Wirkung. Bei einem Verſuch werden Sie
dies voll und ganz beſtätigt finden.
(19411f
Preis für 25 Flaſchen Mk. 9.-=
50
17.
inkl. Verpackung ab Station Stockhauſen a. d. Lahn.

Statt Karten.
Die glückliche Geburt eines
kräftigen Knaben zeigen hoch=
erfreut
an
Frankfurt a. M., am 5. Okt. 1910
Kaulbachſtr. 56
(19450
Walter Lutze und Frau Erna,
geb. Blänsdorf.

Die glückliche Geburt eines ſtrammen
Jungen
zeigen hocherfreut an
(*24681
Oberingenieur Wulckow u. Frau
Elisabeth, geb. Roloff.
Sprockhövel, den 4. Oktober 1910.
(Kreis Schwelm).

Für die Beweise herzlicher
Teilnahme beim Hinscheiden meines
geliebten Mannes sage ich im Namen
der Familie innigen Dank.
Darmstadt, im Oktober.
Amalie Eigenbrodt,
geb. Bender.
19427)

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlichſter Teilnahme
bei dem Hinſcheiden unſeres lieben Vaters,
Schwiegervaters, Großvaters und Urgroßvaters
D
Iacob Gresser
ſprechen wir hiermit den tiefgefühlteſten Dank aus.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Darmſtadt, Frankfurt a. M., Bad=Kiſſingen,
6. Oktober 1910.
(19402

Gottesdienſt bei der israelitiſchen Religionsgemeinde.
Haupt=Synagoge (Friedrichſtraße 2).
Freitag, den 7. Oktober 1910.
Vorabendgottesdienſt 5 Uhr 30 Min.
Samstag, den 8. Oktober 1910.
Morgengottesdienſt 8 Uhr 30 Min. Sabbat=
ausgang
6 Uhr 35 Min.

Gottesdienſt in der Synagoge der israelitiſchen Religious=
geſellſchaft
.
Samstag, den 8. Oktober.
Vorabend 5 Uhr 15 Min. Morgens 7 Uhr 45 Min.
Nachmittags 4 Uhr Min. Sabbatausgang 6 Uhr
35 Min.
Wochengottesdienſt von Sonntag, den 9. Okt., an:
Morgens 5 Uhr Min. Nachmittags 5 Uhr Min.

Amtlicher Wetterbericht.
Oeffentliche Wetterdienſtſtelle Gießen.
Verlauf der Witterung ſeit geſtern früh: Die öſt=
liche
Zyklone iſt nordwärts nach der Oſtſee gezogen,
wobei ſtrichweiſe geſtern geringe Regen fielen. Auch
heute ſteht Mittel= und Norddeutſchland noch unter
ihrem Einfluß, ſodaß noch Regen zu erwarten iſt. Das
Hochdruckgebiet über England rückt nur ganz langſam
vor, ſodaß die Bewölkung beſtehen bleibt. Im hohen
Norden tauchen neue Polarzyklonen auf.
Ausſichten in Heſſen am Freitag, den 7. Okt.:
Wolkig und kühl, geringer Regen.

Tageskalender.
Hoftheater, Anfang 7 Uhr (Außer Abonnement):
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Haſtſpiel des Oberbayr. Bauerntheaters um 8¼ Uhr
im Orpheum (Thoma=Abend).
Vortrag von Dr. Greiner um 8 Uhr im Saal 326 der
Techniſchen Hochſchule.
Monatsverſammlung des deutſchen und öſterr.
Alpenvereins um 8½ Uhr im Reſtaurant Sitte.
Oktoberfeſt um 5 Uhr im Kölniſchen Hof.
Konzert um ½8 Uhr im Bürgerkeller.
Konzert um 8 Uhr im Hotel Heß.
Konzert um 8 Uhr im Perkeo.

Druck und Verlag: L. C. Wittich’ſche Hofbuchdruckerei.
Verantwortlich für den politiſchen Teil, für Feuilleton,
Reich und Ausland: Dr. Otto Waldaeſtel; für den übrigen
redaktionellen Teil und Letzte Nachrichten: Max Streeſe;
für den Inſeratenteil: S. Kroſt, ſämtlich in Darmſtadt.
Für den redaktionellen Teil beſtimmte Mitteilungen ſind
an die Redaktion des Tagblatts zu adreſſieren. Etwaige
Honorarforderungen ſind beizufügen; nachträgliche werden
icht berückſichtigt. Unverlangte Manuſkripte werden nicht
zurückgeſandt.

[ ][  ][ ]

Numr

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Seite 7.

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Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

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Auf Liebespfaden.
Roman von H. Ehrhardt.
(Nachdruck verboten.)
24)
Im Heraustreten löſte ſie die Samtmaske von ihrem
Geſicht.
Das volle Licht fiel auf ihre Züge, und der junge
Offizier, der ſie bis jetzt nur unter dem Schleier und
im Hut geſehen, fand, daß ſie weniger hübſch ſei, als
er vorher gemeint hatte, aber von eigenartigem Reiz.
Der Ekel, von dem ſie geſprochen, ſtand wie ein leiſes
Grauen in ihren goldbraunen Augen, die er vorher
hatte in Schelmerei und Uebermut ſprühen ſehen, und
um die ſich nun bläuliche Schatten der Abſpannung
zogen.
Als er vorwurfsvoll ſagte: Aber, gnädige Frau,
wir haben doch noch nicht Aſchermittwoch, um ſchon ſo
trübe Betrachtungen anzuſtellen! und ſie in ſein junges,
ſympathiſches Geſicht blickte, lächelte ſie, und dieſes
Lächeln veränderte ſie mit einem Schlage. Der müde
Liebreiz der Weltdame, ſonſt das Privilegium der vor=
nehmen
Frnazöſin, umgab ſie verführeriſch.
Eine verſtärkte Neugier, wer ſie ſei, erwachte in dem
jungen Offizier. Nun, wenn er erſt ihre Wohnung
wußte, verriet ihm morgen die Kurliſte ihr Inkognito.
Er half ihr in den langen, hellen, mit dunklem Pelz
beſetzten Mantel, wobei ſie ſich mit unvergleichlicher
Anmut über die Schulter zurückbog, um ihm zu danken.
Natürlich wurde er rot und hätte ſich ſelber prügeln

mögen dafür. Verlegen rückte er ſeinen vertragenen
Lodenhut in die faltige Stirn, während ſie unbefangen
vor dem Spiegel einen weißen Spitzenſchal um ihr
lichtbraunes Haar ſchlang, das ſie inmitten der Stirn
geſcheitelt trug, und das natürlich gelockt ſchien, denn
es fiel Haſſingen auf, daß in dem feuchten Nebelhauch,
in den ſie hinaustraten, ihre Haare über Stirn und
Schläfen ſich immer mehr krauſten.
Es war eine häßliche, ſternenloſe, naßkalte Nacht.
Am öſtlichen Himmel kroch ſchon ein heller, grauer
Schein herauf, der nahende Morgen. Sie fröſtelten
beide, es war ein nüchterner Abſchluß heller, warmer
und heiterer Stunden.
Sie hatten ſo viel geplaudert im Menſchenge=
wimmel
des Karnevalsballes, nun im fahlen Grau der
einſamen, nächtlichen Straße wußten ſie ſich nichts
mehr zu ſagen.
An einem villenartigen Hauſe in der Sonnen=
bergerſtraße
blieb die junge Frau ſtehen.
Hier bin ich am Ziel.
Er ſchloß ihr höflich die Gartenpforte auf und be=
gleitete
ſie trotz ihrer Abwehr bis zur Haustür, die er
ebenfalls öffnete.
Sie taſtete, in den Spalt tretend, nach dem Riegel
der elektriſchen Leitung, eine modern ſtiliſierte Meſſing=
ampel
mit roſa verhüllten Glühbirnen flammte auf
und zeigte einen überaus elegant eingerichteten Vor=
raum
mit engliſchen Korbmöbeln und grünen Blatt=
vflanzen
, hohen Vaſen voll friſcher Blumen,

Haſſingen umfing es mit einem Blick, der ſchwer
zu enträtſeln geweſen. Er dachte an das ſchmutzige,
düſtere Entree, das ihn erwartete, in dem ein winziges
Petroleumlämpchen ekelhaften Geſtank verbreitete und
dem entſprechend ſein Zimmer ausgeſtattet war er
fühlte das Behagen, den Reichtum aus dieſem Raum
vor ſich ſtrömen, er, der immer darben und ſparen
mußte, der noch nichts kennen gelernt hatte von den
vielen Annehmlichkeiten, die ein voller Geldbeutel bot.
War es ein unbeſtimmtes Gefühl, die ſchlanke
Frau, deren Hand er abſchiednehmend in der ſeinen
hielt, könne ihm die Brücke bauen zu dem Leben, nach
dem er mit den Seinen hungerte, oder allein die Sehn=
ſucht
, ihr Geſichtchen mit den merkwürdigen, gold=
braunen
Augen und dem müden Reiz wiederzuſehen,
er ſagte raſch, faſt überſtürzt, als könne ſie ihm vorher
entfliehen:
Wann ſehe ich Sie wieder, gnädige Frau?
Sie zeigte keine Spur von Befangenheit.
Wie alle Welt, bin auch ich jeden Morgen zwiſchen
12 und 1 Uhr auf der Wilhelmſtraße zu finden, man
trifft da immer Bekannte.
Er neigte ſich über ihre Finger und küßte ſie durch=
aus
korrekt und flüchtig.
Darf ich mich Ihnen jetzt nicht vorſtellen, meine
Gnädigſte?
Sie fuhr raſch mit beiden Händen an ihre Ohren.
Nein, nein, es iſt Karneval, Mummenſchanz. Sie
ſagten’s ja ſelbſt heute, als ich mit dem fremden Mann

[ ][  ][ ]

Seite 10.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7, Oktober 1910.

Nummer 235,

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nich um Selkachn meile der Ziſen ſen die Rorte
lüften.
Nun war ſie wieder ganz das lachende, lebensfrohe
Kind.
Und als ſolches entſchlüpfte ſie ihm.
Als er allein den Weg wieder zurückſchritt, geſchah’s
mit heißem Kopf und wirren Gedanken, von denen
keiner klar zum Ausdruck kam.
Erſt in ſeinem Zimmer verflog aller Rauſch, der
kunterbunte Phantaſien geboren, das harte, nüchterne
Leben faßte ihn an. Und es war doch eine weiche,
zärtliche Kinderhand, die ihn mahnend rüttelte.
Auf dem Nachttiſch neben der trübe brennenden
Kerze lag ein Brief von Helene Falk.
Er las ihn im Stehen. In dem faltenreichen,
ſchwarzen Domino, den er der Kälte wegen geſchloſſen
hatte, mit ſeinem ſtarren, farbloſen Geſicht und der
düſter gefalteten Stirn, ſah er faſt unheimlich aus, und
als er den Blick hob und aus dem hohen Spiegel zwi=
ſchen
den Fenſtern ihm ſein Bild entgegentrat, über=
rieſelte
ihn ein Grauen.
Wie das Schickſal ſelber erſchien er ſich, düſter, ſtarr,
unerbittlich fortſchreitend, dem einmal beſtimmten Ziele
zu, nicht darauf achtend, ob es eine arme, kleine Blume
am Wege zermalmte.
Aber es war ja Unſinn. Noch liebte er ſeine zarte,
kleine Blume, noch hatte die andere, fremdartige mit
dem leichten Hauch beginnenden Welkens keine Macht
über ihn gewonnen.
Er küßte die weißen Briefblätter, was er lange
nicht mehr getan, und betrachtete mit einer wilden, faſt
ſchmerzhaften Zärtlichkeit das kleine Bild in der abge=

griffenen, ſchäbigen Brieftaſche, dachte an die Mond=
ſcheinnächte
im Buchenwald und wie totenblaß des
Mädchens Geſicht geweſen, als ſie Abſchied genommen.
T.
Es war einfach zum Schreien, Kinder. Meine be=
trunkene
Dame hat dann im Café H. noch Cancan ge=
tanzt
ich ſagte ihr immer: Kind, geh’ nach Hauſe, Du
bis ja betrunken! und ſie erwiderte ernſthaft: Du irrſt
Dich, ich bin Diplomatin und ich werde nie die
Kontenance und die vornehmen Allüren verlieren, Alles
bog ſich vor Lachen. Ich habe ſie ſchließlich gewaltſam
in eine Droſchke gepackt und dem Kutſcher ihre Adreſſe
gegeben. Ob ſie glücklich nach Hauſe gelangt iſt, wiſſen
die Götter.
Es war Meiſenberg, der in ſeiner nervös lebhaften,
frivolen Art ſeine Erlebniſſe vom Maskenball ſchilderte.
Sie ſaßen zu Vieren in der: Bodega auf der
Wilhelmſtraße bei pikanten Frühſtückshäppchen und
ſüdlichen Weinen, der Dresdener Artilleriſt Leutnant
Keßler Hans von Haſſingen noch ein Heil=
müller
, ein Leutnant von den blauen Huſaren, der auf
den hochadeligen, aber ſchlecht klingenden Namen Frei=
herr
von Ocks hörte, und der hagere, blaſſe Oberleut=
nant
von Meiſenberg.
Alle ſahen ſie noch verſchlafen aus, obgleich ſie eben
erſt, um 12 Uhr, direkt vom Aufſtehen und Ankleiden
aus, hierher gekommen waren, um die geſunkenen
Lebensgeiſter aufzufriſchen.
Haſſingen beſonders war in rechter Katerſtimmung,
die heitere Ballnacht reute ihn, wenn er dachte, wie
freudlos und ſehnſüchtig Helene ihr Leben dahinſchleppte

ſund nie iberin ſe daot ner deß aid er miet
Trennung und Hoffnungsloſigkeit litt und keine Freu=
den
kannte ohne ſie. Wieder quälte ihn der Zwieſpalt
f ſeiner Natur, er fühlte ſich ſchuldig und empörte ſich
doch dagegen, um dieſer Liebe willen ſeine Jugend ver=
trauern
zu ſollen.
Es war doch noch keine Untreue, wenn er ſich mit
einer anderen Frau gut unterhielt.
Er ärgerte ſich auch über den frivolen Ton, den
Meiſenberg immer gleich in die Unterhaltung brachte.
Die junge Frau hatte recht, es war etwas Belei=
digendes
darin, während der kleine Keßler Aehnliches
in ganz anderer, humoriſtiſcher Art vorbrachte.
Eben ſagte er, ſich Haſſingen zuwendend:
Mit meiner Studentin war es auch nichts
Dauerndes ſie hatte doch ihr Verhältnis mit, ein
ganz richtig gehendes Verhältnis , der Kerl umſchlich
uns wutſchnaubend und rachedürſtend und mußte von
ihr zuheilen durch ein paar gute Worte gezähmt werden
nun, ich war ſchließlich doch nicht hartherzig genug,
ſeine Qualen länger anzuſehen und entſagte.
In das letzte Wort wußte er einen ſolchen Pathos
zu legen, klappte den Mund zu einem ſo reſignierten
Lippenpaar zuſammen, daß ſchallendes Gelächter ihm
lohnte.
Darauf riß er die braunen Augen weit auf, ſah ſich
erſtaunt um und machte ein Geſicht, aus dem bittere
Anklage über die Gefühlloſigkeit ſeiner Gefährten ſprach
und ſagte mit gekränkter Stimme, die Hände über dem
Leib faltend:
Darüber lacht man doch nicht!
(Fortſetzung folgt.!

[ ][  ][ ]

Nummer 235.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 19100

Seite 11.

Bauarbeiten.
Die bei Errichtung einer höheren Knaben=
und Mädchenſchule an der Wendelſtadtſtraße
vorkommenden Wandplattenverkleidungen
(ca. 220 am) ſowie die Anfertigung von 107.
Eichenholzkloſettſitzen ſollen vergeben werden.
Arbeitsbeſchreibungen und Bedingungen
liegen bei dem unterzeichneten Amte Grafen=
ſtraße
Nr. 30, Zimmer 9, während der
Dienſtſtunden offen, woſelbſt auchdie Ange=
botsſcheine
abgegeben werden. (19386df
Angebote ſind bis
Freitag, den 14. Oktober 1910,
vormittags 10 Uhr
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Angebotsformulare werden nach auswärts
nicht verſandt.
Darmſtadt, am 4. Oktober 1910.
Stadtbauamt.
Buxbaum.
Bekanntmachung.
Freitag, den 21. Oktober I. Js.,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die den Bierbrauereibeſitzer Georg
Friedrich Diehl Eheleuten dahier zuge=
ſchriebene
Liegenſchaft:
Flur Nr. qm
35 149//10 212 HofreitehintermBan=
gert
, jetzt Heinhei=
merſtraße
Nr. 77,
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
(K52/10
werden.
Falls andere rechtliche Hinderniſſe nicht
entgegenſtehen, kann Genehmigung der Ver=
ſteigerung
auch dann erfolgen, wenn das
eingelegte Meiſtgebot die Schätzung nicht
erreicht.
Darmſtadt, den 23. September 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt I.
Müller.
(D18873,7.

Bekanntmachung.
Freitag, den 18. November I. Js.,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die dem Hofchorſänger Friedrich Ed=
mund
Göllnitz dahier zugeſchriebene Liegen=
ſchaft
:

Flur Nr. qm IV 3604/100 39) Hofreite Kaup= IV 360205/1000 234 ſtraße 5,

in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
(K89/10
werden.
Falls andere rechtliche Hinderniſſe nicht
entgegenſtehen, kann Genehmigung der Ver=
ſteigerung
auch dann erfolgen, wenn das
eingelegte Meiſtgebot die Schätzung nicht
erreicht.
Darmſtädt, den 4. Oktober 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt I.
(D19408,7
Müller.
Bekanntmachung.
Freitag, den 18. November 1. Js.,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die den Spezereihändler Georg Fried=
rich
Göbel Eheleuten dahier zuſtehende
Liegenſchaft:
Flur . Nr. qm
4 315¾/10 224 Hofreite Kaupfrraße,
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
werden.
(K138/10
Darmſtadt, den 4. Oktober 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt I.
Müller.
(D19407,7

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Winterbedarf
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graue Kaſſel. Reinetten, Gold=Parmänen
per Zentner 8 Mk.
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Kohläpfel per Ztr. 7 Mk., hat abzugeben
Gg. Schuchmann VII., Frankenhauſen,
Poſt Nieder=Modau.

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von 7 Mk. an per Ztr. (19421a
Süßer Apfelmoſt, per Fl. 20 Pf
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5 und 7 Pfg. abzugeben (*24673fo
Mühlſtraße 20, Vorderh. 2. Stock.
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obſt
, Ztr. 8 Mk. frei Keller (*24572dfs
Philipp Mertz, Frankenhauſen,
Poſt Nieder=Modau.

Amtliche Nachrichten des Großherzoglichen Polizeiamts Darmſtadt.
Polizeilich eingefangene und zugelaufene Hunde.
In polizeilicher Verwahrung und Pflege in der Hofreite Beſſungerſtr. Nr. 56 be=
finden
ſich: 2 Pinſcher, 1 Dachshund, 1 Boxer. 2 Pinſcher, 1 Jagdhund (zugelaufen).
Die Hunde können von den Eigentümern bei dem 5. Polizei=Revier ausgelöſt
werden. Die Verſteigerung der nicht ausgelöſten Hunde findet dortſelbſt jeden Were=
tag
, vormittags um 10 Uhr, ſtatt.

Bekanntmachung.
Die Beleuchtung von Einfahrten, Höfen, Treppen, Fluren uſw. betreffend.
Wir weiſen wiederholt auf die den Eigentümern von Grundſtücken obliegende
Verpflichtung hin, die Toreinfahrten, Höfe, Hausflure, Gänge und Treppen, ſo=
fern
und ſolange ſie jedermann zugänglich ſind, während der Dunkelheit ſo aus=
reichend
zu beleuchten, daß für die daſelbſt verkehrenden Perſonen keine Gefahr
beſteht.
Dieſe Verpflichtung liegt namentlich auch den Inhabern von Fabriken, ge=
werblichen
Anſtalten und Arbeitsſtätten, von Vergnügungs=, Verſammlungs= und
Schankſtätten (den letzteren insbeſondere auch hinſichtlich der Bedürfnisanſtalten) ob.
Pflichtwidrige Unterlaſſung der Beleuchtung würde, falls hierdurch jemand zu
Schaden kommt, die Entſchädigungspflicht ſowie die ſtrafrechtliche Verantwortlich=
keit
begründen.
Die obengenannte Verpflichtung kann durch Vertrag auf Hausverwalter,
Mieter uſw. übertragen werden. Dies ſetzt jedoch die übereinſtimmende Willens=
erklärung
beider Parteien, des Vermieters und des Mieters voraus. Eine einſeitige
Erklärung des Vermieters (als ſolche iſt auch der ohne vorherige Verſtändigung mit
dem Mieter erfolgende Aushang einer Hausordnung zu zählen) kann die oben=
genannte
Verpflichtung für den Mieter nicht begründen.
(19419fso
Darmſtadt, den 5. Oktober 1910.
Großherzogliches Polizeiamt.
Dr. Kranzbühler.

Bekanntmachung=
betreffend
Gefährdung der Verkehrsſicherheit auf der Straße durch Radfahrer.
Es ſind in letzter Zeit mehrfach Klagen darüber geführt worden, daß die Ver=
kehrsſicherheit
in den Straßen durch das Verhalten der Radfahrer beeinträchtigt
werde. Abgeſehen von dem zu ſchnellen Fahren und dem Fahren ohne Laterne nach
Einbruch der Dunkelheit, ſowie unrichtigem Ausweichen und Ueberholen wurde oft=
mals
bemerkt, daß auf den Fahrradern größere Gegenſtände mitgeführt werden,
welche entweder dem Fahrer den freien Ausblick benehmen oder ihn nötigen, die eine
Hand ſtändig zum Feſthalten des Gegenſtandes zu verwenden. Wenn auch geübte
Fahrer im allgemeinen ihr Rad mit einer Hand zu lenken vermögen, ſo kann an ver=
kehrsreichen
Punkten im Innern der Stadt auch der geübteſte Fahrer in Lagen kommen,
in welchen er zur Lenkung des Fahrrades beider Hände bedarf. Iſt ihm in ſolchen
Fällen der Gebrauch der einen Hand durch Feſthalten des Gegenſtandes benommen,
ſo iſt ein Unglücksfall oft unvermeidlich, was infolge der oft erheblichen Größe und
Schwere des mitgeführten Gegenſtandes ſowohl für den Radfahrer, als auch für das
Publikum um ſo gefährlicher werden und für den Radfahrer ſtrafrechtliche Verfolgung
wegen fahrläſſiger Körperverletzung oder Tötung, ſowie bedeutende zivilrechtliche
Schadenserſatzpflichten zur Folge haben kann.
Wir ſehen uns demgemäß veranlaßt, erneut auf genaues Einhalten der für den
Radfahrverkehr beſtehenden Vorſchriften, insbeſondere auch in der Hinſicht hinzu=
weiſen
, daß jeder Radfahrer die gehörige Vorſicht bei Leitung ſeines Fahrrades
betrachtet. Dieſe würde derjenige außer Acht laſſen, der in verkehrsreichen Straßen
größere Gegenſtände, die den freien Ausblick oder den Gebrauch beider Hände zum
Lenken des Fahrrades verhindern, auf dem Rade mit ſich führt.
Unſere Beamten ſind zu ſcharfer Beaufſichtigung des Radfahrverkehrs und
energiſchem Einſchreiten bei Zuwiderhandlungen angewieſen.
Darmſtadt, den 5. Oktober 1910.
(19446fs
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
Dr. Kranzbühler.

Lieferung von Lebensmittel.
Die für das Wirtſchaftsjahr 1910/1911 in der Küche der I. Abteilung Feldartil=
lerie
=Regiments Nr. 61 erforderlichen Kartoffeln, Gemüſe, Hülſenfrüchte und ſonſtigen
Beköſtigungsmittel, ausſchließlich Kaffee und Salz, ſowie Abgabe der Küchenabfälle
(Spülicht) ſollen vergeben werden.
Die Lieferungsbedingungen können täglich auf Zimmer 18 im Stabsgebäude der
Kaſerne am Beſſungerweg eingeſehen werden.
Schriftliche Angebote mit der Aufſchrift Lieferung von Lebensmittel und
Proben ſind bis zum 15. Oktober 1910 an die I. Abteilung des Feldartillerie=
Regiments Nr. 61 verſchloſſen einzureichen.
Darmſtadt, im Oktober 1910.
(19381df
Die Küchen=Verwaltung I61.
Darmstädter Pädagoqium
Heerdweg 58
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staatlich konzessionierte und beaufsichtigte Privatschule
mit dem Lehrplan der Oberrealschulen, Realgymnasien und Gymnasien (Sexta bis
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Abiturienten-Examen, auch für Damen. An der Anstalt unterrichten 14 Lehrer.
1908/1910 bestanden: 22 Abiturienten, 11 für Prima, 40 Einjährige und
12 für andere Klassen. Anmeldungen werden entgegengenommen in der
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[ ][  ][ ]

Seite 12

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Nummer 235.

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Lukasweg 19, 2. Stock.


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Ludwigsplatz 8, III.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, den 7. Oktober 1910.
Außer Abonnement.
Schüler= und Volks=Vorſtellung
bei ermäßigten Preiſen.
Götz von Berlichingen.
Schauſpiel in 5 Aufzügen von Goethe.
Spielleitung: Oberregiſſeur Valdek.
Perſonen:
Kaiſer Maximilian . . . Hr. Weber
Götz von Berlichingen . . Hr. Heinz
Eliſabeth, ſeine Frau . . Fr. Scherbarth
Marie, ſeine Schweſter . . Frl. Prevoſt
Karl, ſein Sohn . . . . Alfred Schulz
Adalbert von Weislingen. Hr. Baumeiſter
Adelheid von Waldorf . .
Hans von Selbitz . . . . Hr. Lehrmann
Franz von Sickingen . . Hr. Hacker
Lerſe.
.. Hr. Riechmann
Franz, Weislingens Knappe Hr. Weſtermann
Hauptmann v. Reichsheere Hr. Jordan
Werden=
Offiziere
vom
hagen,
Hr. Wegerich
Blinzkopf, J Reichsheere Hr. Geibel
Bruder Martin, ein Mönch Hr. Knispel

Faud, 1 Götzens .
Peter, Reiter

Metzler, Anführer
Sievers, der
Link, rebelliſchen
Bauern
Kohl,
Georg, Götzens Bube . .
Ein kaiſerlicher Rat
Ein Ratsherr von Heil=
bronn

Gerichtsſchreiber
Gerichtsdiener .
Zigeunermutter .
Zigeunertochter .
Zigeunerknabe
Max Stumpf
Ein Unbekannter .
Wirt in Bamberg.
Erſter 1 Bambergiſcher
Reiter
Zweiter
Erſter 1 Nürnberger . .
Zweiter ½ Kaufmann . .
Vier Boten des heimlichen

Hr. Wagner
Hr. Ungibauer
Hr. Feder
Hr. Waigandt
Hr. Semler
Hr. Indorf
Hr. Speiſer
Hr. Jürgas

Hr. Geibel
Hr. Hinkel
Hr. Holler
Frl. Wisthaler
Frl. Grünberg
Frl. Reick

Hr. Schwarze
Hr. Hönel
Hr. Klotz
Hr. Waigandt
Hr. Jachtmann
Hr. Schneider
Hr. Kroczak
Gerichts.

** Adelheid von Waldorf . . Fr. Gertrud
Baumeiſter=Felſegg, als Gaſt.
Nach dem 3. Aufzuge findet eine längere
Pauſe ſtatt.
Preiſe der Plätze:
Proſzeniumsloge 2. Mk., Fremdenloge
2. Mk., Balkonloge 2. Mk., 1. Rang
2. Mk., 2. Rang 1. Mk., Sperrſitz
1.50 Mk., Parterre 1. Mk., 1. Galerie
40 Pfg., 2. Galerie 30 Pfg.
Kartenverkauf von 11 bis 1 Uhr und von
6 Uhr an.
Anfang 7 Uhr. Ende 10½ Uhr.
Vorverkauf
von 11 bis 1 Uhr für die Vorſtellungen:
Sonntag, 9. Okt. 28. Ab.=Vorſtell. A 7.
Die Walküre. Große Preiſe. An=
fang
6 Uhr.
Montag, 10. Okt. 29. Ab.=Vorſt. B 8.
Neu einſtudiert: Die Kinder der
Exzellenz. Kleine Preiſe. Anf. 7 Uhr.
Dienstag, 11. Okt. 30. Ab.=Vorſt. C 8.
Zar und Zimmermann. Kleine
Preiſe. Anfang 7 Uhr.

Kurſe vom 6. Oktober 1910.
Mitgeteilt von Hermann Reichenbach.

31. Staatspapiere. In Proz.
4 Dſche. Reichsſchatzanw. 100,10
3½ Deutſche Reichsanl. . 92,00
82,80
3
do.
4 Preuß. Schatzanweiſg. 100,00
92,00
3½ do. Conſols .
83,00
B do. do.
4 Bad. Staatsanleihe . . 101,00
93,60
do.
3½
do.
4 Bayr. Eiſenbahnanl. . 101,00
do.
91,30
8½
do.
4 Hamburger Staatsanl. 101,20
4 Heſſ. Staatsanleihe . . 101 10
do.
91,10
3½
80,00
do.
3
B Sächſiſche Renke . . . 82,80
4 Württembergerv. 1907 101,90
do.
92,40
3½
5 Bulgaren=Tabak=Anl.
1¾ Griechen v. 1887 . .
3¾ Italiener Rente . . . 103,20
4½ Oeſterr. Silberrente . 97,30
A do. Goldrente 98,40
4 do. einheitl. Rente 93,25
3 Portug. unif. Serie I 63,00
3 do. unif. Ser. III 65,10
3 do. Spezial. 12,00
5 Rumänier v. 1903 . .
4 do. v. 1890 . . 94,90
do. v. 1905. . 91,20
4
4 Ruſſen v. 1880 ₰Nk., 91,80

InProz.
4 Ruſſen v. 1902 .Fa 92,60
4½ do. v. 1905 . . . . 100,20
91,50
3½ Schweden . . . . .
4 Serbier amort. v. 1895 83,60
4 Türk. Admin. v. 1903 86,50
4 do. unifiz. v. 1903 94,50
4 Ungar. Goldrente . . 93,80
4 do. Staatsrente . 91,75
. . 102,30
5 Argentinier .
91,40
do.
4½ Chile Gold=Anleihe 93,60
5 Chineſ. Staatsanleihe 102,10
99,50
4½
do.
4½ Japaner . . . . . . . 97,50
5 Innere Mexikaner . .
3
do.
4 Gold=Mexikan. v. 1904 95,20
5 Gold=Mexikaner . . . 100,10
Aktien inländiſcher
Transportanſtalten.
4 Hamb.=Amerika= Paket=
fahrt
.
. . 142,00
4 Nordd. Lloyd . . . . 108,40
4 Südd. Eiſenb.=Geſ. . . 121,60
Aktien ansländiſcher
Transportanſtalten.
4 Anatol. Eiſenb. 60%
Einz. Mk. 408
4 Baltimore & Ohio ℳk. 108,2.
4 Gotthardbahnga

InProz.
31
4 Oeſt.=Ungar. Staatsb. 1625
4 Oeſt. Südbhn. (Lomb.) 22½
4 Pennſylvania R. R. 129,50
Induſtrie=Aktien.
Mainzer Aktienbrauerei . 204,50
Werger=Brauerei
74,00
Bad. Anil.=u. Sodafabrik 491,00
Fabrik Griesheim . . . . 263,00
Farbwerk Höchſt . . . . . 534,50
Verein chem. Fabriken
Mannheim . . .
343,50
Lahmeyer . .
117,00
Schuckert .
162,50
Siemens & Halske
.254,75
Adlerfahrradwerke Kleyer 443,50
Bochumer Bb. u. Guß . . 233½
Gelſenkirchen .
221,25
Harpener .
191,60
Phönix, Bergb. u. Hütten=
betrieb
. . . .
248,00
Prioritäts=
Obligationen.
8½ Südd. Eiſenb.=Geſ.. . 90,00
4 Pfälzer Prt. . . . . . 101,00
do.
3½
92,60
4 Eliſabeth., ſteuerpfl. . 99,20
4 do. ſteuerfrei .
5 Oeſterr. Staatsbahn. 105,30
4
do.
97,40
do. alte
5 Oeſterr. Südbahn . . 99,40
4
do.
80,00
28
do.
56,70
3 Raab=Oedenburger . . 74,70
Ruſſ. Südweſt.
90,30
4 Kronpr. Rudolfbahn,

In Prot.
Bl.
74,40
2¾/10 Livorneſer . . . . . .
79,75
4 Miſſouri=Paciſic
4 Bagdadbahn Mk. 408
5 Anatoliſche Eiſenb.. .
5 Tehuantepec . . . . . 102,00
Bank=Aktien.
4 Berliner Handelsgeſ. 165,40
Darmſtädter Bank 131,20
Deutſche Bank 256,50
Deutſche Vereinsbank 126,80
4 Diskonto=Geſellſchaft . 189,90
Dresdner Bank 162,50
Mitteldeut. Kreditbk. 120,10
Nationalbk. f. Deutſchl. 126½
105,10
Pfälzer Bank.
143,25
4 Reichsbank
Rhein. Kredit=Bank . 139,00
4 Wiener Bank=Verein 140,60
Pfandbriefe.
4 Frankft. Hypoth.=Bank
S. 16 und 17 100,00
do. S. 19. . . . . 92,00
4 Frkf. Hyp.=Kreditverein
S. 1519, 2126 99,50
4 Hamb.=Hypoth.=Bank 100,50
90,50
do.
3½
4 Heſſ. Land.=Hyp.=Bk. 101,40
92,10
do.
3½
4 Meining. Hyp.=Bank 100,60
do.
91,00
3½
4 Rhein. Hypoth.=Bank
(unk. 1917) 100,00
do. (unk. 1914) 90,50
4 Südd. Bd.=Kr.=Bk.=Pf. 100,30
3½
22,
92,10

InProz.

Städte=
Obligationen
4 Darmſtadt . . .. . .
3½ do.
91,50
4 Frankfurt .. 2 . 100,90
3½ do.
94,80
4 Gießen .
3½ do.
4 Heidelberg
3½ do.
91,20
-
4 Karlsruhe .
-
3½ do.
-
4 Magdeburg.
3½ do.
-
4 Mainz
.
4 Mannheim
3½ do.
91,50
4 München .
3½ Nauheim
91,50
4 Nürnberg.
100,20
3½ do.
4 Offenbach.
3½ do.
91,10
4 Wiesbaden
100,90
3½ do.
4 Worms . . .
3½ do.
4 Liſſaboner v. 1886. . 79,10
Verzinsliche
Anlehensloſe.
4 Badiſche Tlr. 100 163,75
3½ Cöln=Mindner 100 134,60
5 Donau=Reg. fi. 100
3 Holl. Komm. A. 100 105,80

In Proz
Zf.
3 Madrider Fs. 100
4 Meining. Pr.= Pfand=
briefe
. .
4 Oeſterr. 1860er Loſe 174,90
3 Oldenburger .
2½ Raab=Grazer fi. 150 114,30
Unverzinsliche
Anlehensloſe.
Augsburger
ft. 7 37,50
Braunſchweiger Tlr. 20 211,00
Freiburger
Fs. 15 55,10
Mailänder
Fs. 45 131,00
do.
Fs. 10 34,00
Meininger
fl. 7 37,50
Oeſterreicher v. 1864 100 553,00
do. v. 1858 100 445,00
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20 Franks=Stücke . . . . 16,17
Oeſterr. 20=Kronen . . . 4 16,90
Amerikaniſche Noten . . . 4,18½
Engliſche Noten . . . . 20,42
Franzöſiſche Noten . . . 80,95
Holländiſche Noten . . . . 169,40
Italieniſche Noten . . . . 80,75
Oeſterr.=Ungariſche Noten 85,05
Ruſſiſche Noten . . . .
Schweizer Noten . . . . . 80,75
Reichsbank=Diskonto .
Reichshank=Lombard Zsf. 6%

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Nummer 235

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Seite 13,

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[ ][  ][ ]

Seite 14,

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Nummer 235.

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* Die belagerte Köchin. Nach der Schlacht bei
Sedan begann ſofort der Vormarſch der Deutſchen auf
Paris. Am 19. September dieſes Jahres konnten wir
den 40jährigen Gedenktag der vollſtändigen Einſchließ=
ung
der franzöſiſchen Hauptſtadt durch unſere Heere
feiern, und es iſt gewiß intereſſant, einmal zu ſehen,
wie ſich die Pariſer mit der ſchweren Prüfung, die
ihnen auferlegt wurde, abgefunden haben. Die Be=
lagerung
hat der Pariſer Bevölkerung große Leiden
und Entbehrungen gebracht; ſie hat gehungert und ſich
mit allen möglichen Surrogaten als Erſatz für Fleiſch,
Brot und Gemüſe begnügt, dabei aber ihre bewun=
dernswerte
gute Laune nicht verloren. Eine wackere
Pariſer Hausfrau hat damals ein Büchelchen verfaßt,
das in deutſcher Ueberſetzung den Titel hat: Die be=
lagerte
Köchin, oder die Kunſt, in Zeiten der Belager=
ung
zu leben. Was alles als Nahrung diente, von
den Tieren der Menagerien bis zu den Katzen, Hunden
und Ratten und ähnlichem Getier, vom Brot aus Kno=
chenmehl
bis zum Haferaufguß und zur Albumin=
Omelette, das können wir hier nicht aufzählen; in
einem Aufſatz von S. Feldmann in der Garten=
laube
iſt darüber ausführlich berichtet. Aber die
Speiſefolge eines von dem berühmten Brébant herge=
ſtellten
Göttermahles, das nur ganz Auserleſene ſich
leiſten konnten, wollen wir doch hier beifügen. Sie
lautet: Pferdebouillon mit Hirſe. Brochette von
Hundeleber. Katzenragout mit Sauce Mayonnaiſe.
Eſelsrücken mit Pfeffertunke. Geſchmorte Begonien.
Geröſtete Mandeln. Das war das Menü Brébants
am 18. Dezember 1870. Was für ein ſardanapaliſches
Feſt dies war, zeigt uns die Stelle aus Jules Clare=
ties
Tagebuch Paris asslégé wo unter dem gleichen
Datum zu leſen iſt: Arme Leute tauchen ihr Brot in
das fettige Spülwaſſer, das man aus der Kaſerne des
Faubourg Poiſſoniére auf die Straße ſchüttet; ſie er=
warten
dieſes Küchenwaſſer, ſtippen ihre ſteinharte
Brotrinde hinein und verſchlingen ſie gierig. Noch
42 Tage dauerte dieſes Elend! Erſt am 29. Januar
1871, nachdem es bis zur Unerträglichkeit geſtiegen war,
öffnete ſich die Stadt und ließ, den Beſtimmungen des
Waffenſtillſtandes gemäß, die erſten deutſchen Pro=
viantzüge
ein.
CK. Eine Kirche für Tanbſtumme. Seit
einer Reihe von Jahren haben in Amerika Gottes=
dienſte
für Taubſtumme ſtattgefunden, aber ſie blieben
Einzelerſcheinungen, und die Taubſtummen, die in den
Ermahnungen der Seelſorger Troſt und Erbauung fin=
den
, mußten ſich damit tröſten, nur dann die Kirche zu
beſuchen, wenn gerade einer der Geiſtlichen, die der
Zeichenſprache mächtig ſind, die Stadt paſſierte. Nun
werden die Unglücklichen, denen die Natur oder ein
trauriges Schickſal Sprache und Gehör verſagte, ihr
eigenes Gotteshaus beſitzen: in New=York wird eine
neue Kirche gebaut, die ausſchließlich für die Taub=

ſtummen beſtimmt iſt. Dank der Initiative des
Prieſters M. J. MeCarthy iſt der Bau bereits geſichert,
und mit den Arbeiten wird in kurzer Zeit begonnen
werden können. Nach der Vollendung wird dieſe
Kirche, die den Angehörigen der römiſch=katholiſchen
Konfeſſion als Gotteshaus dienen wird, die erſte Kirche
für Taubſtumme ſein, die auf der Welt exiſtiert. Bei
den Andachten kommt nicht die gewöhnliche Taub=
ſtummenſprache
zur Anwendung, die bekanntlich darin
beſteht, daß durch beſondere Fingerbewegungen alle
Worte oder Buchſtaben ausgedrückt werden. Auch, die
Sprache der Taubſtummen hat ihre Entwicklung durch=
gemacht
und ihre Ausdrucksfähigkeit nicht nur be=
reichert
, ſondern auch beſchleunigt. Bei den Predigten
bedient ſich der Geiſtliche beſonderer Kombinationen
von Hand= oder Fingerſtellungen, von Arm= und Kopf=
bewegungen
, die nicht nur einzelne Worte, ſondern oft
mit einem einzigen Zeichen ganze Sätze ausdrücken.
So werden denn die Taubſtummen in ihrer eigenen
Kirche gleich ihren glücklicheren Erdenbürgern ihre
Stunden der Erbauung haben und in der Kirche das
Fehlen des Sinnes, das ſie von der übrigen Menſchheit
abſondert, weniger ſchmerzlich empfinden.
* Das gefährlichſte Tier der Welt iſt die Stuben=
fliege
. Im Vergleiche mit dieſem Inſekt ſind die
Klapperſchlangen, deren Biß einen Menſchen innerhalb
einer Minute tötet, und der Tiger unſchuldige Lämm=
chen
. Man bedenke nur, daß die Stubenfliege wie
Herr Jackſon in der American Review of Reviews aus=
gerechnet
hat bis 6600000 Bakterien mit ſich herum=
ſchleppt
. Unter dieſen Bakterien befinden ſich die des
Typhus, der Cholera, der Ruhr, der Tuberkuloſe, der
Diphtherie, der Pocken uſw. Eine Amerikanerin
meinte, daß man ſich gegen die gefährlichen Bakterien=
träger
leicht ſchützen könne: Man brauche nur eine
Fliege nach der anderen zu nehmen und ſie in einer
antiſeptiſchen Flüſſigkeit zu baden, nachher könne man
ſie ruhig ihrem Schickſal überlaſſen. Die kluge Dame
hat mit dieſem Mittel auch eine Probe angeſtellt und
eine Fliege gründlich gewaſchen und gebadet. Eine
Viertelſtunde ſpäter hatte die unheimliche Fliege an
Mund und Beinen bereits hunderttauſend neue Bak=
terien
hängen. Mit dem antiſeptiſchen Fliegenbad
ſcheint es alſo auch nichts zu ſein. Jackſon behauptet,
daß die Fliegen im Verlauf einer Generation vier
Millionen menſchlicher Weſen töten könnten. Daß die
Fliegen ſich mit einer gefährlichen Schnelligkeit ver=
mehren
, iſt bekannt. Eine einzige Fliege legt 120 Eier.
Innerhalb eines Jahres ſind mehrere Sextillionen
Fliegen daraus geworden. Das geht, wie auch Herr
Jackſon zugibt, über unſere Denkkraft.

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Berlin W. 30, Haberlandſtraße 4. Mit dem ſicheren
Blick des erfahrenen Pädagogen hat der Herausgeber
vorwiegend ſolche Abſchnitte aufgenommen, die eine
lebhafte Handlung enthalten und uns den Mut und
die Entſchloſſenheit der kühnen Forſcher erkennen
laſſen. Die von ihnen beſtandenen Gefahren, die
Kämpfe mit Eis, Schnee und Kälte, mit Eisbären und
Walroſſen ſind ſo intereſſant geſchildert, daß ſie an
Spannung keineswegs jenen erdichteten Erzählungen
nachſtehen, durch welche die ſogen. Nick=Carter= Lite=
ratur
ihre unheimliche Verbreitung erworben hat.

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wachte
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öffnet uns die Augen über die Tatſache, daß die Fran=
zoſenzeit
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dem deutſchen Volke entriſſen hat. Das Buch gehört
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Naturdenkmalpflege, D. 166. Bolte, Der Beruf des Schiffs=
offiziers
in der Handelsmarine, Ev. 55. Bürger, Acht
Lehr= und Wanderjahre in Chile, Cm. 117. Butler, Die
Amerikaner, Cm. 98. Dekker, Auf Vorpoſten im Lebens=
kampf
, Biologie der Sinnesorgane, Dh. 139. Dilthey,
Das Erlebnis und die Dichtung, Kl. 222. Engelhardt,
Kultur und Natur in der Gartenkunſt, Eo. 90. Ernſt, Der
Harz, Cd. 169. Finot, Die Lehre vom Glück, P. 155. Paul
Göhre, Das Warenhaus, Fn. 86. Grabowski, Erinne=
rungen
eines Ordonnanzoffiziers Napoleons I. aus den
Freiheitskriegen 1813/14, Bk. 254. Graf, Was muß man
von der Bakteriologie wiſſen, Db. 81. Hedenſtjerna, Junge
Ehe, h. 56/2. Hanotaux, Geſchichte des zeitgenöſſiſchen
Frankreich 18711900, Bf. 46, 14. Huret, Berlin, Cd. 171.
Jahrbuch der Naturkunde 1910, DO. 14/8. Jenſen, Deutſche
Männer, i. 119. Kiſſel, Alt=Mainzer Häuſer, H. 516.
Klaſſiker der Kunſt, Bd. 16. Mantegna, KO. 13/6 Klopfer,
Die deutſche Bürgerwohnung, K. 119. Krebs, Lerne ein
Handwerk, E. 33. Lagerlöf, Ein Stück Lebensgeſchichte,
I. 121. Lauterer, China, das Reich der Mitte einſt und
jetzt, Ca. 114. Wrangel, Mit Graf Pahlens Reiterei gegen
Napoleon, Bk. 255. Lindau, Ausflüge ins Kriminaliſtiſche,
Fr. 77. Marks, Bismarcks Jugend, Lb. 143. Matthaei,
Deutſche Baukunſt ſeit dem Mittelalter bis zum Ausgang
des 18. Jahrhunderts, Kg. 77. Menſendick, Die Körper=
kultur
des Weibes, Dh. 144. Meyer, Aegypten zur Zeit der
Pyramidenerbauer, B. 210. Ompteda, Excelſior, o. 46.
Orlowski, Die Schönheitspflege, Dh. 141. PPaar, Leit=
faden
der Retuſche des photographiſchen Bildes, Eg. 176.
Paulus, Bilder aus Italien, Ce. 218. Perfall, Jagd= und
Berggeſchichten, p. 118. Pollitz, Strafe und Verbrechen,
Fr. 78. Preyer, Die Erklärung des Gedankenleſens,
Ph. 199. Reinicke, Schiffsjungendienſt, Ev. 36. Saudek,
Der Mikado, ſ. 484. Schäfer, Pariſer Erinnerungen,
Ce. 119. Schaukal, Die Mietwohnung, K. 112. Schuſter,
Die Hauskatze, Dz. 024. Sick, Das ſchlafende Haus, ſ. 390.
Das Siebengeſtirn, Meiſterwerke deutſcher Novelliſtik,
Bd. 15, U. 366/15. Sohnrey, Grete Lenz, ſ. 382. Solff,
Motorluftſchiffe und Flugmaſchinen, Ev. 61. Speckmann,
Der Herzensheilige, ſ. 485. Storch, Aber der Wagen rollt,
ſ. 441. Tiedemann, Salzwaſſer und Briſe, Briefe von
einer Segelreiſe um Kap Horn, C. 206. Tolſtoi, Die Früchte
der Aufklärung, Aſ. 33. Urban, Präludien, Kl. 220. Voigt,
Kometen und Meteore, Da. 39. Weitzel, Wie wird man
Maſchinentechniker, Eg. 119. Werther, Von Kapſtadt bis
Aden, Cf. 184. Werther, Zum Victoria=Nyanza, Cf. 185.
Wildenbruch, Die letzte (Partie, w. 184. Letzte Gedichte,
Ad. 785. Wislicenus, Entwickelung der Seekriegswaffen,
Bk. 252. Wilſer, Leben und Heimat des Urmenſchen,
Dg. 57. Wundt, Griechiſche Weltanſchauung, Ph. 205.
Wood, Vom Seekadetten zum Feldmarſchall, Lw. 80. Zahn,
Einſamkeit, z. 37. Zwick, Körperpflege und Jugenderzieh=
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[ ][  ][ ]

Nummer 235

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Seite 15.

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Rady, Darmſtadt, Zimmerſtraße 1.
Dampfer Eincinnati, von New=York kom=
mend
, 4. Oktober abends in Hamburg.
Dampfer Hamburg!, von New=York kom=
mend
, 4. Oktober morgens in Genua.
Dampfer Prinz Adalbert, von Kanada
kommend, 5. Oktober morgens Dover
paſſiert.

[ ][  ]

eite 16.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 7. Oktober 1910.

Nummer 235.

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Die Herren Delegierten laden wir zu der
am Montag, den 17. Oktober ds. Js., abends 9 Uhr,
ſtatfindenden
General=Versammlung
ergebenſt ein.
Lokal: Restaurant SITTE, Karlstrasse 15, 1. Stock (gelber Saal).
Tagesordnung:
1. Abhör der Rechnung für das Jahr 1909.
(19401
2. Wahl der Rechnungsprüfer für das Jahr 1910.
3. Erſatzwahl der Delegierten.
4. Erſaßzwahl des Vorſtandes.
Darmſtadt, den 7. Oktober 1910.
Wilh. Schnellbächer, I. Vorsitzender.
Frauenverein Caritas.
General=Versammlung
Montag, den 10. Oktober a. c., nachmittags 5 Uhr.
Um recht zahlreiches Erſcheinen wird gebeten.
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Der Vorstand.

Gesellschaft Veritas‟ Darmstadt.
Samstag, den 8. Oktober 1910, abends 8½ Uhr,
im Fürstensaale, Grafenstrasse
II. Stiftungsfest mit BAI L.
Apartes Programm.
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* Eusebias Tränenreich 2
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Sonntag, den 9. Oktober,
Nachkirchweihe zu Meſſel.
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wozu freundlichſt einladet
Germanns Nachfolger, Heinrich Laumann.

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Samstag, den 8. Oktober d. J., abends
8½ Uhr, im Städtischen Saalbau
unter gütiger Mitwirkung der Damen Frl. Mathilde Heissner (Gesang),
Frl. Wilhelmine Heissner (Klavier), Frl. Hildegard Morian (Spinett)
und der Herren Kammermusiker Fr. Mehmel (Violine) u. A. Diedrich
(Violine) Leitung: Kammermusiker P. Dern.
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BALL
Eintrittskarten: Numerierter Platz 1.50 M., nichtnumerierter Platz 1 M.,
Familienkarten (3 Personen) 2.50 M., sind in der Hofmusikalien-
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