01. September 1903

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Abonnemenkspreis
monatich 50 Pfg, vierteljährlich 150 Mr.,
halbjährlich 3 Mk. einſchl. Bringerlohn.
Auswärts werden von allen Poſtämtern
Beſtellungen entgegengenommen zu 1.80 Ml.
vierteljährlich.

166. Jahrgang.
Verbunden mit„Wohnungs=Anzeiger” und der Sonntags=Beilage:
Aluſtviorkes Unlerhalbungsbſabl.

Inſerate

Amtliches Organ für die Bekanntmachungen des Großh. Kreisamts, des Großh. Polizeiamts und der andern Behörden.

für das wöchentlich 6mal erſcheinende Tag=
blatt werden angenommen in Darmſtast
von der Expedition Rheinſtraße Nr. 23, in
Beſſungen von Blößer Beſſungerſtraße
Nr. 48 und Schießhausſtr. Nr. 14, ſowie aus=
wärts von allen Annoncen=Expeditionen.

N204.

Dienstag, den 1. September.

1903.

B e k a n n t m a ch u n g.
Betreffend: Jahresberichte der Gewerbe=Inſpektionen für 1903.
Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntnis, daß den Gewerbeunter=
nehmern im Kreiſe, deren Betriebe der Gewerbeaufſicht unterliegen, demnächſt
ſeitens der zuſtändigen Großh. Bürgermeiſtereien Fragebogen über Zahl und
Klaſſen ihrer Arbeiter, über Zuſtände und Einrichtungen der Betriebe, die für
die Beurteilung der Verhältniſſe der Arbeiter von Intereſſe erſcheinen, zugeſtellt
werden.
Dieſe Fragebogen ſind von den Gewerbeunternehmern bis zum 13. Sep=
tember l. Js. auszufüllen, an welchem Tage die Formulare von der betreffenden
7
Großh. Bürgermeiſterei wieder eingeſammelt werden.
Wir machen darauf aufmerkſam, daß die Gewerbeunternehmer nach 8 139b
Abſ. 5 Gewerbe=Ordnung verpflichtet ſind, die gewünſchten ſtatiſtiſchen Angaben
ſinnerhalb der vorgeſchriebenen Friſt und in der vorgeſchriebenen Form zu machen
und im Unterlaſſungsfalle nach 8149 Abſ. 1 Nr. 7 der Gewerbe=Ordnung ſtraf=
bar ſein würden.
(5143
Darmſtadt, am 29. Auguſt 1903.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
J. V.: Wick.
Be k a n n t m a ch u n g.
Montag, den 10. Oktober d. Js., von nachmittags 2 Uhr ab,
beginnt die Pfänder=Verſteigerung im ſtädtiſchen Pfandhaus, Kirchſtraße 9.
zu Darmſtadt.
Die Inhabe: der Pfandſcheine Nr. 14536 bis einſchl. 36326 werden
hiermit aufgefordert, ſolche entweder bis zum Verſteigerungstermin anszulöſen
oder - ſoweit zuläſſig - von jetzt ab bis längſtens 10. September d. Js.
verlängern zu laſſen.
Bemerkt wird, daß ſatzungsgemäß für die vom 1. bis 10. September
1903 zur Verlängerung eingereichten Pfandſcheine die doppelte Verlängerungs=
gebühr zu entrichten iſt.
Darmſtadt, den 3. Juli 1903.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
(12790a
J. V.: Dr. Glüſſing.

Erd= und Beton=Arbeiten.
Die bei Erneuerung der Männerbade=
lanſtalt am Woog vorkommenden Erd=
und Betou=Arbeiten (ca. 90 obm Erd=
aushub und ca. 90 obm Betonfundamente)
ſollen vergeben werden.
Arbeitsbeſchreibungen und Bedingungen
liegen bei dem unterzeichneten Amte,
Grafenſtraße 30, Zimmer Nr. 9, während
der Dienſtſtunden offen, woſelbſt auch
die Angebotsſcheine abgegeben werden.
Angebote ſind bis
Samstag, den 5. September 1903,
vormittags 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Darmſtadt, den 28. Auguſt 1903.
Stadtbauamt.
(507bo
Frenah.

Schloſſerarbeiten.
Die bei Errichtung eines Mittelſchul=
hauſes in der Hermannſtraße vorkommen=
den Schloſſerarbeiten ſollen vergeben
werden.
Arbeitsbeſchreibungen und Bedingungen
liegen bei dem unterzeichneten Amte,
Grafenſtraße 30, Zimmer Nr. 9. während
der Dienſtſtunden offen, woſelbſt auch
die Angebotsſcheine abgegeben werden.
Angebote ſind bis
Samstag, den 5. September 1903.
Vormittags 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Darmſtadt, den 28. Auguſt 1903.
Stadtbauamt.
(150740i
Frenah.

Sn das Genoſſenſchaftsregiſter wurde
49 heute eingetragen hinſichtlich der
Firma:
Vereins=Dampfuolkerei eingetra=
gene Genoſſenſchaft mit unbe=
ſchränkter Haftpflicht, in Liqui=
dation Darmſtadt.
Die Vertretungsbefugnis der Liqui=
datoren Philipp Adam zu Nieder=Modau
und Georg Leonhard Schönberger zu
51510,
Ueberau iſt beendet.
Darmſtadt, den 29. Auguſt 1803.
Großh. Amtsgericht Darmſtadt L.
Pferdedung=Verkauf.
Am Wittwoch, den 2. Sept. d. J.
vormittags 11 Uhr,
wird in der alten Artillerie=Kaſerne
die Matratzeuſtreu von drei Batterien
(15105
verkauft.
Darmſtadt, den 31. Auguſt 1903.
Feld=Artillerie=Regiment Nr. 25.
Bekonntmachung.
Dienstag, 15. September 1903,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die den Fuhrmann Andreas Feick
Eheleuten dahier zuſtehende Hofreite:
Flur Nr. ⬜Mtr.
I1 29 u. 30 683 Dieburgerſtraße
Nr. 11
in unſerem Bureau zwangsweiſe ver=
ſteigert werden.
Darmſtadt, 31. Juli 1903.
Großherzogl. Ortsgericht I.
[13582a
Müller.

Die unter der Firma A. Nöller in Pfungſtadt betriebene Zündwarenfabrik!
iſt am 1. Auguſt 1963 mit allen Aktiven und Paſſiven von der ſeitherigen In=
haberin Adam Nöller III. Witwe, Marie geborene Klöppinger, auf
1. Adam Leißzler L.
beide zu Pfungſtadt,
2. Georg Fey KVL.
ubergegangen, die das Geſchäft unter der Firma A. Möller, Zündwarenfabrik
zu Pfungſtadt, in offener Handelsgeſellſchaft weiter führen.
Jeder Teilhaber iſt zur Zeichnung und Vertrelung der Firma gleichberechtigt.
Die Prokura des Adan Leißler von Pfungſtadt iſt erloſchen.
Eintrag zum Handelsregiſter iſt erfolgt.
(611₈
Darmſtadt, den 27. Auguiſt 1903.
Großherzogliches Amlsgericht Darmſtadt II.

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Die Verlaufsbedingungen liegen bei uns wührend der Bureauſtunden zur
Einſicht offen. Angebote ſind
bis zum 3. September, vormittags 11 Uhr,
verſchloſſen und mit Aufſchrift verſehen bei unterfertigter Stelle abzugeben.
Arheilgen. den 29. Auguſt 1903.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Arheilgen.
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Der Schwanengeſang.
Von Georges Ohnek.
Autoriſierte Ueberſehung aus dem Franzsſiſchen von Emmy Becher.
Nachdruck verboten.
7)
Sechſtes Kapitel.
Der Anblick ihres Vaters ſchien Maud neues
Leben eingehaucht zu haben. Ihre Kräfte nahmen
wieder zu, ſie beſiegte die namenloſe Traurigkeit, die
an ihr nagte, und lernte wieder lächeln. Selbſt auf=
zuſtehen und die paar Schritte ans Fenſter zu machen,
war ſie imſtande. Dort ſaß ſie dann und brachte,
von dem milden Sonnenſchein erwärmt, von dem
belebenden Hauch des Meeres umſpült, köſtliche
Stunden zu und zerſtreute ſich an dem Anblick des
fröhlichen Strandlebens.
Jeder andere hätte glauben können, daß die Aerzte
ſich getäuſcht und daß Maud noch Lebenskraft genug
habe, um die Krankheit zu überwinden, aber Stenis
gab ſich mit ſeltener Klarheit Rechenſchaft über den
Zuſtand ſeiner Frau.
Er ſah ſie momentan aufleben durch die unver=
choffte Freude, ſah, wie ſie ihre körperliche Schwäche
bekämpfte. Aber er fühlte, daß dieſes Aufflackern
und dieſer Kampf nicht von langer Dauer ſein konnten,
und ſah voraus, daß die Aermſte wie ein verwundetes
Wöglein, das ſich mit ſeiner Flügel letzter Kraft gen

Himmel zu ſchwingen verſucht hat, zu Boden ſinken
werde, ſobald dieſe künſtliche Energie zu Ende.
Sein Herz krampfte ſich bang zuſammen, wenn
er ſah, wie die Jugend in ihr ſich an das Leben an=
klammerte. Und weil er den Faden, der dies Daſein
noch an die Erde knüpfte, für ſo gar zerreißbar hielt,
hätte er dem Gang der Zeit Einhalt gebieten mögen,
er verwünſchte die raſche Flucht der Tage, immer
zitternd vor einem morgen, das die Kataſtrophe her=
beiführen würde.
Lord Mellivan war abgereiſt, wie er es geplant
hatte, aber er hatte Daiſy und Harriet zurückgelaſſen,
und die beſtändige Gegenwart beider trug nicht wenig
dazu bei, Maud jene innere Heiterkeit zu erhalten,
die ihr ſo neu war, daß ſie davon zu geſunden ſchien.
Jeden Morgen kam das junge Mädchen mit
ihrer Begleiterin, und das ganze Zimmer ſchien
fröhlicher und ſonniger zu werden. Sie ging und
kam, plauderte und ſang, hielt plötzlich inne, um die
Schweſter zu küſſen, und verbreitete den unwider=
ſtehlichen Zauber ihrer Jugend und Anmut.
Schweigend ſah Maud zu ihr auf und es war
ihr oft, als ob alles, was ſie erlitten, nur ein ſchwerer
Traum geweſen. Nichts von alledem, womit ſie ſich
gequält, war Wirklichkeit. Sie war Stenios Frau
geworden mit der Erlaubnis ihres Vaters; ſie hatte
ihr Vaterland viemals verlaſſen; ſie war nie getrennt

geweſen von ihrer Schweſter, und das blonde Kind,
um das ſo viele Tränen gefloſſen, ſollte erſt geboren
werden.
Wenn ihr dann die Wirklichkeit plötzlich auf=
dämmerte, ſchloß ſie die Augen, um die holde
Täuſchung nicht zu verlieren, und ſagte ſich, daß es ſo
hätte ſein ſollen, und daß es nun ſo ſei und daß
ſie glücklich.
Es war ihr eine wehmütige Freude, mit Daiſy
und Harriet von der Vergangenheit zu plaudern. Nach
und nach zogen alle die Freunde, die ſie ſeit drei
Jahren nicht mehr geſehen, wie freundliche Geiſter an
ihr vorüber, und ſtundenlang konnte ſie ſich in ihre
Erinnerungen verſenken. So vergaß ſie alle Angſt
und Bitterkeit der Gegenwart und lernte wirklich wieder
glücklich ſein.
Wenn Stsnio ſeine geliebte Kranke in dieſer
Weiſe zerſtreut ſah, zog er ſich geräuſchlos zurück, und
froh, des Zwanges ledig zu ſein, ſich das krampfhaft
ſeſtgehaltene Lücheln erlaſſen zu dürfen, ging er fort
und irrte in der Einſamkeit umher. Wenn er die
Höhe der ſteilen Kreidefelſen der Küſte erreicht hatte,
legte er ſich nieder in das ſpärliche ſonnverſengte Gras
und verlor ſich in ſchmerzliches Träumen, allein mit
ſich in dieſer Unendlichkeit von Himmel und Meer.
Er lauſchte dem Sturm, der in der eignen todes=
wunden Seele tobte - allmählich nahm all ſein

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Gelte 2.

Darmſtädter Tagölatt, Dienstnn, 3on J. Saßlember 1903.

Rummer 204.

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(6118
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Orgel, alle Orcheſterinſtrumente, Orcheſter=Kammermuſikſpiel, Direktionsübungen,
Sologeſang, dramatiſcher Unterricht.— Oeffentliche und interne Aufführungen.
- Aufnahmen vom 16. bis 19. September von 10-1 und 5-7 Uhr. Jähr=
liches Schulgeld: für die Muſikſchule 180 bezw. 200 Mk., für die Geſangſchule
260 Mk., für die Theaterſchule 130 Mk., für Hoſpitanten 160 bezw. 200 Mi.
Die Sahzungen und Jahresbericht ſind durch das Sekretariat erhältlich.
Der Direktor: E. W. Deguer.
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Seufzen und Ringen muſikaliſche Geſtalt an, ſeine
Verzweiflung ſelbſt ward zum Geſang, der dumpf
ſchwirrend in ihm erklang. Namenloſe Qual war
es, dieſen Harmonieen zu lauſchen, die, aus ſeinen
Schmerzen geboren, dieſelben mit einer Gewalt und
Tiefe wiedergaben, die ihn ſelbſt erſchütterte. Er
hätte ſeiner Phantaſie Schweigen gebieten mögen,
aber vergebens war der Kampf gegen den eignen
Genius. Machtvoll entfaltete er ſeine Schwingen und
trug ihn mit ſich fort, dem Adler gleich, der ſich mit
der hilflos in ſeinen Klauen zuckenden Beute hoch
in die Lüfte hebt.
Trauermärſche waren es, die in ſeinem erregten
Hirn entſtanden, erſchütternd wie der Klang der Toten=
glocke, dumpf und traurig im Rhythmus, wie der gleich=
mäßige Schritt der Totenträger, widerhallend von
Seufzern und Schluchzen, und dazu ſangen die Wogen,
die ſich an den Felſen brachen, mit tiefer Stimme die
eintönige Begleitung. Regungslos verharrte Sténio,
wie von Geiſtern verfolgt, ein Raub dieſer furchtbaren
Sinnestäuſchungen. Er fluchte dem Dämon der Muſik,
der ihn ergriff und ſeinem Elend ſelbſt den künſtleriſchen
Ausdruck verlieh, dem er ſein Leben geweiht.
Wenn er für Augenblicke Ruhe fand, blickte er
hinaus auf die weite, unendliche, unabſehbare Waſſer=
fläche, die ſich vor ihm dehnte, blau, tief, verlockend,
und er ſagte ſich, daß er in den kühlen Fluten in
einem einzigen Augenblick Vergeſſen und Frieden und
Schweigen fände. Dann ſtieg, heraufbeſchworen, wie
ein weißes Geſpenſt, Mauds blaſſes Geſichtchen vor
ihm auf und mahnte ihn an ſeine Pflicht, und langſam,
tief geſenkten Hauptes, troſtlos und todesmatt, wandte
er ſeine Schritte der Stadt zu. Ohne aufzublicken
ſchritt er durch die Straßen, erwiderte keinen Gruß,
ging allen Zudringlichen aus dem Wege, und trat
dann mit ruhiger Stirn und heiterer Miene in das
Zimmer ſeiner geliebten Kranken.
In Dieppe hatte ſich natürlich die Nachricht von
Marackzys Anweſenheit ſchnell genug verbreitet, und
ſofort hätten ſich zahlreiche Beſucher eingeſtellt. Alle
hatten die Türe verſchloſſen gefunden, der große
Künſtler wollte niemand ſehen. Allein Waſſer und
Wind ſind bekanntlich leichter zu hemmen in ihrem
Lauf und aufzuhalten als die Neugier der Frauen.

Wieviel wird geplaudert, wieviel Klatſch und
wieviel Verleumdungen werden ausgeſponnen an ſolch
einem Badeplatz, an den endlos langen Tagen, die
man am Strand hinbringt, wo die gleichmäßig
rauſchende Brandung uns einwiegt und ſo ſchön zum
Nichtstun ladet. Die Rennen hatten an dies ſonſt
ſo ſtille normänniſche Geſtade eine Blütenleſe von
Menſchen gezogen, deren einziger Veruf es iſt, ſich
zu amüſieren, und die Vergnügensariſtokratie fühlte
ſich etwas aus ihrem Fahrwaſſer geraten, denn ehrlich
geſtanden amüſierte ſie ſich nicht.
Der neueſte Skandal, die Beziehungen einer hüb=
ſchen ſpaniſchen Marquiſe zu einem jungen jüdiſchen
Banquir, war erſchöpft und ſeither war auch nicht
die geringſte Neuigkeit aufgetaucht, an der man ſich
die Zunge hätte wetzen können. Es war wirklich
ſterbenslangweilig, dieſes Seebad.
Welch enthuſiaſtiſchen Widerhall fanden daher
die Worte der Schweſter Eliſabeth, als ſie vor ihrem
Komitee von hohen Beſchützerinien ihrem Bedauern
darüber, daß Marackzy entſchloſſen ſcheine, nicht mehr
öffentlich aufgutreten, Ausdruͤck verlieh. Ihre Gedanken
waren ausſchließlich dem Gelingen ihres Werkes ge=
weiht, und deshalb hatte ſie die Worte der jungen
Dame, in deren Geſellſchaft ſie im Hotel Royal ihre
Sammlung betrieben hatte, lang in ſich verarbeitet,
und von dieſem Augenblick an unabläſſig das Problem
erwogen, wie es zu erreichen, daß der große Virtuoſe
zum Beſten ihrer Waiſen ſpiele.
Und während ſie, ganz darin aufgehend, noch
einmal die Ausſichten prüfte, die ſie zu haben glaubte,
hatten ſich die hohen Protektorinnen in ein unverſieg=
bares Geplander vertieft, in dem Mauds Abenteuer
wieder aufgefriſcht, von Lord Mellivan und dem
Schloß in Irland, das keine auch nur dem Namen
nach kannte, geſprochen und die Flucht des jungen
Mädchens mit intereſſanten Einzelheiten, höchſt
dramatiſch dargeſtellt wurde, wobei namentlich Lord
Mellivans Verfolgung des jungen Paares zu Pferde
und ihre Zuflucht im tiefen Walde eine Rolle
ſpielten. Und ſo flog die ganze Geſchichte der armen
ſterbenden Frau, entſtellt und vergröbert, von Mund
zu Mund im Kreis dieſer reizenden Nichtstuerinnen,
die ja weit lieber von ſich ſelbſt das Schlimmſte
ausſagen würden, als ſchweigenl

Es gibt Dinge, welche auch die Leidenſchaft
nicht rechtfertigt, erklärte in wegwerfendem Ton eine
der Damen. Wie kann man ſich von einem Künſtler
entführen laſſen?
Eine blonde junge Herzogin mit einem alten,
berühmten Namen Lief höchſt enhuſiaſtiſch aus: Aber
meine Liebe, Sie haben alſo den wunderbaren Stenio
nie gehört? Sonſt würden Sie ſicherlich die Leiden=
ſchaft, die er einzuflößen vermag, nicht ſo von oben
herab beurteilen. Ich habe Frauen gekannt, mit denen
er hätte ſchalten können nach Belieben.
Närrinnen!
Frauen, die wir ſehr hoch ſtellten — Ach, was
läßt ſich da ſagens Die Macht eines ſolchen
Virtuoſentums auf die armen Geſchöpfe, die wie wir
ſelbſt ein Spielball ihrer Nerven ſind, iſt unleugbar..
Die gewaltigſten Leidenſchaften, von denen uſre Zeit
weiß, galten Muſikern. Es waltete da ein ganz
eigenartiger Zauber. Ich habe Frauen geſehen, die,
wenn unſer großer Vignot, mit ſeinem Gottvaterbart,
am Klavier ſaß und die Melodien aus ſeinem
Mephiſtopheles ſang, wie von magnetiſcher Kraft an=
gezogen wurden, fliegenden Atems, fasziniert, wie
vom Blick der Schlange gebannte Vöglein... Und
Marackzy vollends, jung, ſchön, intereſſant, mit dieſen
Feuerblicken - er hat unſre Augen, unſre Ohren,
unſer ganzes Sein zu Verbündeten! Marackzyl Ach,
es läßt ſich nicht darüber ſprechenl Verſuchen wir
nur, ihn für unſer Konzert zu gewinnen, dann
werden Sie manches erleben und anders urteilen!
Ja, aber wie ihn gewinnen?
Seine Frau iſt die einzige, die es bei ihm erreichen
könnte. Aber wie ſoll man an ſie gelangenl Die
Türe iſt ja immer bewacht. Unmöglich iſt es nicht,
daß ſie kür mich:
O Durchlaucht! Sie müſſen ſich der Sache an=
nehmenl rief Schweſter Eliſabeth feurig, wir werden
Ihnen ewig daͤnkbar ſein, meine armen Kleinenzund ich.
Die hübſche Bloͤndine ſah nachdenklich drein.
Seit unſerer Geſandtſchaft in Wien habe ich
Marackzy nicht geſehen. - Ob er ſich wohl meiner
erinnerts Und die Frau? Ach, ich werde das Aben=
teuer unternehmen! Es geſchieht ja für die Armenz
(Fortſetzung folgt.)

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Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

Aummer 204.

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zum Darmſtädter Tagblatt.

N2o4

Dienstag, den 1. September.

1903.

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Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

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Nr204.

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Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

Nummer 204.

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Nummer 204.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

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zum Darmſtädter Tagblatt.
29

5204.

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1903.

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leger und Buchdruckereibeſitzer haben be=
ſchloſſen, die mit dem 1. Januar 1903 in
Kraft getretene nene
oillhbitliohb flolltgseho Roohtsohr oilung
auch in ihren Buchdruckereien einzuführen
und ſie bei allen Druckſachen und Zeitungen
zur Anwendung zu bringen. Dieſem Be=
ſchluſſe iſt auch die unterzeichnete Firma bei=
getreten.
Die Auftraggeber werden daher darauf
aufmerkſam gemacht, daß bei allen Druck=
ſachen, einſchließlich der Zeitungen und der
in denſelben enthaltenen Anzeigen, ſofern
nicht bei der Beſtellung ausdrücklich eine
andere Schreibweiſe verlangt wird, die in
der „Rechtſchreibung der Buchdruckereien
deutſcher Sprache” feſtgeſtellte Schreibweiſe
angewendet wird, und daßz Vusſtelungen
nach Ausführung des Huftrages keine
Verückſichtigung finden können. 15133
I. C. Wittieh' scho Hofbuchdruckoroi,
Verlag des Darmstädter Tagblatts.

Die Auflöſung der Rationalſozialen.
4 Mit einer Wichtigkeit, die in keinem Verhältnis zu
dem kleinen Häuflein und der politiſchen Bedeutungs=
loſigkeit der Nationalſozialen ſteht, behandeln die
Blätter die Auflöſung dieſer Partei, die bei der letzten
Reichstagswahl etwa ſo viel Stimmen aufgebracht
hat, wie ein mittelgroßer Wahlkreis zühlt und die in
der Stichwahl einen einzigen Kandidaten durchge=
bracht hat.
Das Schickſal der Nationalſozialen hat ſich auf
dem am Samstag und Sonntag in Göttingen abge=
haltenen letzten Parteitag entſchieden. Der Antrag
des Herrn Pfarrers Naumann, daß der national=
ſogiale Verein aufgelöſt werde, gelangte einſtimmig,
der Antrag auf Anſchluß an die freiſinnige Ver=
einigung mit 111 Stimmen zur Annahme. Anweſend
ſollen aber gegen 200 Delegierte geweſen ſein.
Auf dem Parteitag ſagte Pfarrer Naumann, als
er einen Rückblick auf die Geſchichte der Partei gab:
„Wir betrachteten es als unſere Aufgabe, vermittelnd
zwiſchen dem Bürgertum und den Arbeitern zu
wirken. Wir erſtrebten die Bildung einer neuen
ſozialiſtiſchen Partei, zu der wir die ſozialiſtiſchen
Elemente des Bürgertums, die ſogialiſtiſchen, aber
nicht die ſogialdemokratiſch geſinnten Arbeiter und
die reviſioniſtiſche Richtung in der Sozialdemokratie
heranziehen, und ſomit eine Ablöſung der radikalen
Sozialdemokratie herbeiführen wollten. Unſere Arbeit
in den ſieben Jahren unſeres Beſtehens iſt keine ver=
gebliche geweſen. Allein nicht gelungen iſt es uns,
die Maſſe der Arbeiter zu uns heranzuziehen. Wir

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Seiſe 12.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

Rummer 204.

hatten eine ganz vorzügliche Qualität, es fehlte uns
nur an Quantität.”
Man muß hierzu leider bemerken, daß die
politiſche Tätigkeit des Herrn Naumann alle poſi=
tiven Erfolge vermiſſen ließ und im weſentlichen
verwirrend gewirkt hat; wenn ſie einer Partei ge=
nützt hat, ſo iſt es die ſogialdemokratiſche geweſen,
der er in die Hände gearbeitet hat - natürlich ohne
es zu wollen.
Wenn man den Nationalſozialen früher vorge=
worfen hätte, ſie ſeien nur eine andere Nuance der
Sogialdemokratie und ſympathiſierten mit ihr und
förderten ſie, ſo hätte man ſicherlich den Vorwurf
der Verleumdung einſtecken müſſen - aber nun hat
der Parteitag gezeigt, daß ein Teil der National=
ſozialen unter falſcher Flagge geſegelt iſt und jener
Verdacht doch berechtigt war. Der Parteiſekretär
Dr. Maurenbrecher, hat auf dem Parteitag nämlich
den Antrag geſtellt, daß die Nationalſozialen
ſich der Sozialdemokratie anſchließen
ſollen und zur Begründung dieſes Antrages
folgendes geſagt:
„Wir haben uns nicht als Partei zuſammengetan,
Um die Sozialdemokratie zu bekämpfen, ſondern es
ſchwebte uns der Gedanke vor, eine Partei, wie die
Gruppe Jaurss in Frankreich zu ſchaffen. Das war der
Urgedanke bei der Gründung der nationalſozialen Partei.
Wir haben aber leider in den Kreiſen, in denen wi=
Anhänger ſuchten, keinen Erfolg gehabt. Es haben ſick
uns Kreiſe angeſchloſſen, die unſer ſogiales Programm nicht
billigten. Wenn wir troßzdem von dieſen unſern Anhängern.
in den Verſammlungen Beifall bekamen, ſo geſchah das,
weil wir unſer Programm verſchleierten.
Es iſt falſch, daß wir programmäßig monarchiſch ſind.
Wir ſind in der Thorie antimonarchiſch.
Wir unterſcheiden uns nur von der Sogialdemokratie,
daß wir in der Theorie, die Sogialdemokratie aber in der
Praxis antimonarchiſch iſt. Eine Partei, die genötigt
iſt, ihre Grundſätze zu verſchweigen, aus
denen ihre Anhänger in den wichtigſten Fragen die
Gefolgſchaft verweigern, muß ſich als Parter auf=
löſen. Eine ſolche Partei iſt ſelbſtverſtändlich bankerott.
Wenn wir es mit dem Sogialismus ehrlich meinen,
dann müſſen wir uns der Sogialdemokratie anſchließen.
Ich ſage nicht, wir ſollen als geſchloſſene Gruppe zur
Gogialdemokratie übergehen, ſondern es muß jedem
einzelnen überlaſſen werden, ob er ſich der Sozial=
demokratie anſchließen will. Wir werden uns nicht
ſofort Bernſtein und Genoſſen an den Hals werfen, wir
werden uns aber auch nicht für Kautsky und Roſa
Luxemburg begeiſtern. Allein wenn wir den Kampf für
die Arbeiter ehrlich und mit Erfolg führen wollen, dann
müſſen wir Klaſſenpolitik treiben.”
Man würde vielleicht viel darum gegeben haben,
wenn dieſer Redner weniger offen geweſen wäre.
Ihm ſchloſſen ſich übrigens noch andere Redner an.
Herr Pfarrer Wenck (Marburg) ſagte: Wenn man
ſich an eine große Partei anſchließen wollte, dann
wäre es nur konſequent, wenn der Anſchluß an die
Sogialdemokratie erfolgte. Er könne aber auch
dieſen Anſchluß ebenſowenig wie den an die Frei=
ſinnige Vereinigung befürworten. Hervorgehoben
werden ſoll aber auch, daß im Gegenſatz zu dieſen
Rednern Herr Profeſſor Sohm=Leipzig den
monarchiſchen Charakter der bisherigen national=
ſozialen Partei hervorhob und auch Herr Pfarrer
Naumann dieſem Gedanken dadurch Ausdruck gab,
daß er den Parteitag mit einem Hoch auf den Kaiſer
eröffnete.
Die nationalſoziale Partei als ſolche hat nun
aufgehört zu beſtehen und gehört der Vergangenheit
an. Ein Teil wird in der freiſinnigen Vereinigung,
ein anderer Teil in der Sozialdemokratie aufgehen,
ein anderer wird ſich keiner beſtimmten Parter an=
ſchließen. Ziffernmäßig wird keine der Parteien
durch den Beitritt der früheren Nationalſozialen
merklich gewinnen. Der einzige Vorteil für ſie be=
ruht darin, daß einige geiſtig hervorragende Männer,
welche die aufgelöſte Partei zu den Jhrigen zählte,
ſich in den Dienſt der optierten Parter ſtellen.

Deutſches Reich.
— Der bisherige Staatsſekretär des Reichsſchatz=
amts Freiherr v. Thielmann iſt am Freitag abend
von ſeiner bayeriſchen Beſitzung nach Berlin zurück=
gekehrt. Der Amtsantritt des Frhrn. v. Stengel
ſoll in den erſten Septembertagen erfolgen. Gegen=
über der Behauptung des „Fränk. Kuriers, daß die
Verabſchiedung des Frhrn. v. Thielmann ganz uner=
wartet gekommen ſei und daß dieſer aus freien
Stücken kein Entlaſſungsgeſuch eingereicht habe, er=
fährt die „Deutſche Tageszeitung;, daß nach ihrem
Wiſſen der Abſchied des Frhrn. v. Thielmann ſchon
vor geraumer Zeit feſtſtand. Möglich ſei aber, daß
der Zeitpunkt der Verabſchiedung erſt in letzter Zeit
feſtgeſetzt worden ſei. Daß Herr v. Thielmann kein
Entlaſſungsgeſuch eingereicht habe, ſei kaum glaub=
haft, jedenfalls ſei aber die Mitteilung hievon für
ihn wenig ſchmeichelhaft.
— Ueber die Beſtrebungen des Zionismus,
die bekanntlich nicht von allen Teilen der jüdiſchen
Bevölkerung gebilligt werden, ſchreibt die „=Frankf.
Zeitung”.
„Der Zionismus und das, was ſich durch ihn an
nationaler Abſchließung herausgebildet, hat, iſt nur ge=
eignet, die auf eine allgemeine Gleichberechtigung ge=
richteten Beſtrebungen zu hemmen und zugleich viele
Elemente auszuſchalten, die für humanitäre Zwecke ſtets
zu haben waren. Die Schaffung von Siedelungen für
vertriebene Juden in paſſenden Gegenden gehört zu
dieſen Humanitätszwecken, ſie gewinnt aber durch natio=
nale Tendenzen einen ganz anderen Charakter und geht
dadurch vieler Sympathien verluſtig. Noch ſchlimmer
aber iſt die weitere Wirkung, daß der natürliche Aſſimi=
lierungsprogeß in den verſchiedenen Völkern künſtlich auf=
gehalten und durch die zioniſtiſche Abſonderungsvolitik
die gegen die Juden geübte Abſonderung, deren Durch=
brechung doch zu fordern iſt, geradezu eine Stärkung er=
fährt. Damit arbeitet der Zionismus direkt dem Raſſen=
Antiſemitismus in die Hände, weil er, von ganz ähn=
lichen Vorausſetzungen ausgehend, die jüdiſchen Mit=
bürger zu Fremdlingen in ihrem Wohnlande ſtempeln
und ſo eine ganze kulturelle Entwicklung rückgängig
machen möchte. Ihn zu bekämpfen iſt daher eine ein=
fache Kulturaufgabe.!
Noch ſchärfer verurteilt das „Berliner Tage=
blatt: die zioniſtiſchen Beſtrebungen, wenn es zu
dem Schreiben des ruſſiſchen Miniſters des Innern
ſagt:
„Der Miniſter wendet ſich gegen die neuerdings von
einigen Führern des Zionismus ausgegebene Parole,
die eine hermetiſche Abſchliehung der jüdiſchen Bürger
eines Staates von deſſen übriger Bevölkerung fordert.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß eine derartige
Tendens ſeitens der Staaten, denen gegenüber ſie zu
Tage tritt, Gegenmahregeln hervorrufen würde, die die Lage
der jüdiſchen Bevölkerung nur verſchlechtern würden.
Wir ſind nur äußerſt ſelten in der Lage, einer Kund=
gebung der ruſſiſchen Regierung in der Judenfrage zu=
zuſtimmen. Doch dieſe Abfertigung der verblendeten und
verblendenden Führer dieſer außerordentlich verderblichen
Bewegung war vollkommen an ihrem Platze. Der
Miniſter v. Plewe hat mit ſeiner Behauptung durchaus
recht, daß ein Staat einen derartigen Unfug in ſeiner
Mitte nicht dulden kann. Werden die Herren, welche
dieſe unheilvolle Bewegung angefacht haben, durch dieſe
bitterernſte Warnung eines Miniſters einer Weltmacht
endlich dahingebracht werden, ihren furchtbaren Irrtum
- um kein anderes Wort zu gebrauchen - eher einzu=
ſehen, bevor die entſetzlichen Folgen desſelben überall auf
Erden ſich bemerkbar gemacht haben werden ?.

— Der Papſt gedenkt die Beſetzung des Staats=
ſekretärpoſtens erſt nach dem im Oktober ſtattfinden=
den Konſiſtorium vorzunehmen. In Betracht kommen,
wie es heißt, für dieſes Amt nur Ferrata und
Vannutelli.
— Die ruſſiſche Regierung erwägt, wie
der Petersburger Korreſpondent des „Daily Tele=
graph' mitteilen kann, einen Plan zur Erweiterung
des bei der Pforte bereits angeregten Reformpro=
gramms, da die Berichte der ruſſiſchen Konſuln in
Mazedonien die Durchführung von Re=
formen für unmöglich erklären, falls nicht gleich=

zeitig die Lage der chriſtlichen Bevölkerung in geſetz=
licher Hinſicht geändert wird. Rußland will ver=
langen, daß ihm und Oeſterreich bei der Wahl des
Generalgouverneurs in Mazedonien ein Einfluß zu=
geſtanden wird, der es dieſen beiden Staaten er=
möglicht, einen chriſtlichen Untertan der Pforte
zum Generalgouverneur zu machen, ſobald ihnen
dies angebracht erſcheint. Die vom Grafen Lambs=
dorff hierfür gefundene Formel ſoll ſo gefaßt ſein,
daß die Empfindungen des Sultans nicht verletzt
werden; ſie ſtellt keine ausdrücklichen Bedingungen
hinſichtlich des Bekenntniſſes des etwaigen General=
gouverneurs, beſteht aber auf entſcheidendem Ein=
fluß der Mächte bei Feſtſtellung der zur Beruhigung
der mazedoniſchen Bevölkerung zu ergreifenden Maß=
regeln. Man zweifelt in Petersburg nicht an der
Zuſtimmung des Sultans, da er von dem Entſchluſſe
Rußlands, die Integrität der Türkei jetzt aufrecht zu
erhalten, überzeugt ſei. Schwierigkeiten erwartet man
nur von Oeſterreich, weil dieſes befürchtet, eine der=
artige Aenderung in der Verwaltung Mazedoniens
könne zur Autonomie führen. Die Regierung des
Zaren iſt bereits in diplomatiſchen Verhandlungen
tätig, um derartige Befürchtungen Oeſterreichs durch=
beſtimmte Zuſagen zu gerſtreuen.
- Chamberlain hat auf Anfrage der Re=
gierung von Jamaika wegen der Bewilligung einer
Anleihe zur Linderung der Not auf der Inſel eine
unbefriedigende Antwort gegeben. Infolgedeſſenherrſcht
große Erregung gegen Chamberlain und die engliſche
Regierung. da man glaubt, daß eine Anleihe das
einzige Mittel ſei, um Jamaika aus ſeiner ſchwie=
rigen Lage zu befreien und den früheren Wohlſtand
wieder herzuſtellen.
Der Internationale Verein zur Reinhaltung der
Flüſſe, des Bodens und der Lufts veröffentlicht folgenden
zeitgemäßen Proteſt gegen die zunehmende
Verſeuchungunſerer deutſchen Gewäſſer:
„Es ſind in den letzten Jahren eine Reihe von Ober=
gutachten höchfter mediziniſcher Autoritäten bei Gelegen=
heit der behördlichen Genehmigung von Kanaliſations=
Projekten deutſcher Städte abgegeben worden, welche
nicht nur den eigenen Lehren dieſer nämlichen Hygie=
niker völlig widerſprechen, ſondern 3. T. geradezu als
eine Verhöhnung moderner bakteriologiſcher Wiſſenſchaft,
moderner Hygiene, als eine Mißachtung der um ihre
Exiſtenz ringenden Landwirtſchaft und Flußfiſcherei und
damit jeder geſunden Volkswirtſchaft, ja bei der hohen
militäriſchen Bedeutung der Reinhaltung unſerer deut=
ſchen Gewäſſer - man denke nur an das Menetekel der
Hamburger Cholera=Epidemie von 1892 und vergegen=
wärtige ſich die Folgen einer derartigen Maſſen=Epidemie
für die Zeiten eines Krieges! — als eine Gefährdung
unſerer, höchſten vaterländiſchen Intereſſen anzuſehen
ſind! Mit Recht ſtemmen ſich unſere Kriegsminiſterien
daher gegen die zunehmende Verſeuchung der deutſchen
Flüſſe durch die Städte. Zahlreiche Städte - wir
nennen nur Kiel, Neumünſter, Weimar, Poſen, Heidel=
berg - ſind bis jetzt mit 3. T. glänzendem Beiſpiel in
der Verwertung ihrer Fäkalien vorangegangen, von den
Beiſpielen des Auslandes, wie Stockholm mit ſeinen
360000 Einwohnern G) ganz zu ſchweigen - zum Segen
der ſtädtiſchen Steuerſäckel wie der die Städte um=
gebenden Landwirtſchaft. Um ſo unbegreiflicher muß es
erſcheinen, daß eine Reihe deutſcher Städte, förmlich
hypnotiſiert von den äſthetiſchen Vorzügen des engliſchen
Waſſerkloſetts, mit Hilfe nur zu nachgiebiger, die eigene
Wiſſenſchaft verleugnender Aerzte immer wieder neu die
ſtaatliche Konzeſſion zur Hineinleitung ihrer Fäkalien-
zum Teil unter Auferlegung gänzlich ungenügender,
kaum den Schein einer prophylaktiſchen Seuchenverhinde=
rung wahrender Maßregeln, zum Teil ſogar auch ohne
dieſe - in die Flüſſe erlangen.
Während der „Internationale Verein zur Rein=
haltung der Flüſſe, des Bodens und der Luftl die Not=
wendigkeit der Kanaliſation unſerer Städte zur Fort=
leitung der Abfallſtoffe aus Küchen, Waſchküchen und
Baderäumen voll und ganz anerkennt, und nur ſeiner
Verwunderung darüber Ausdruck gibt, daß die Ver=
peſtung des Bodens und der Luft ſo vieler deutſcher
Ortſchaften und Städte infolge mangelnder geregelter
Abfuhr ihrer Abwäſſer ſowohl, wie der menſchlichen Ab=
fallſtoffe (Fäkalien und Urin) behördlicherſeits noch immer
gelitten wird, proteſtiert derſelbe auf das nachdrücklichſte

Vorträge.
- In der Jahresverſammlung des Mittel=
rheiniſchen Gas= und Waſſerfachmänner=
vereins am Sonntag hielt Herr Direktor Friedrich=
Darmſtadt einen Vortrag über die Entwicke=
lung der Gasfabrikation in Darmſtadt.
Er ſtreifte zunächſt kurz die Geſchichte der Gasfabri=
kation und kam dann auf die Errichtung der erſten
Gasanſtalt in Darmſtadt durch Obereinnehmer Joh. Eber=
hard im Jahre 1849 zu ſprechen. Dieſelbe befand ſich
auf dem Terrain der heutigen Nr. 3 der Kranichſteiner=
ſtraße, wo wir den Fabrikſchornſtein und ein zur da=
maligen Gasfabrik gehöriges kleines Kontor heute noch
erblicken. Dieſe erſte Gasfabrik war eine Portativ=
Gasanſtalt. Das aus Steinkohlen erzeugte Gas wurde
den Konſumenten nicht durch Rohrleitung, wie heute,
zugeführt, ſondern mit Fuhrwerk angefahren. Der
transportable Gasbehälter, aus dem das Gas in die
Gasbehälter der Konſumenten eingedrückt wurde, war in
einen den Möbelwagen ähnlichen Wagen eingelaſſen.
Das entnommene Gas mußte von dem Bezieher ſofort
bezahlt werden. Obereinnehmer Eberhard verkaufte ſehr
bald ſeine Anſtalt an den emeritierten Pfarrer und
Rentner Schenck. Aber, auch unter deſſen Beſitz
proſperierte die Anſtalt ebenſo wenig wie früher.
Inzwiſchen wurde die Darſtellung des Leuchtgaſes
aus Holz durch Prof. Pettenkofer=München eingeführt, von
der man ſich ſehr viel verſprach, und es trat auch hier=
orts auf Anregung von Dr. Bracht eine Aktiengeſellſchaft
zur Gründung einer Fabrik zur Darſtellung von Gas
aus Holz zuſammen. Derſelben gehörten Oberforſtrat
Freiherr v. Wedekind, Fabrikbeſiher Emanuel Merck, Hof=
buchdruckereibeſitzer R. L. Venator, Hofgerichtsadvokat
Dr. Karl Joh. Hoffmann, Hofbankier Wolfskehl und
F. Schenck, der Beſitzer der ſeither in Tätigkeit befindlichen
Vortativ=Gasfabrik, an. Die neue Geſellſchaft legte am
W. Mai 1853 ihre Statuten feſt und erhielt die landesherr=

liche, auf 25 Jahre lautende Konzeſſion am 27. März 1854.
Der Bau und die Einrichtung des Werkes wurden für
den Preis von 200000 Gulden = 342000 Mark von
L. A. Riedinger in Augsburg übernommen, der ſeinen
Ingenieur John Tebay mit der Ausführung der Bauten
auf der ſog. Niederwieſe vor dem Maintor betraute.
Der Bau begann im Frühjahr 1854 und die feierliche
Eröfſnung des neuen Werkes fand am 14. März 1855,
dem Namenstag der Großherzogin Mathilde, ſtatt.
Es ſtellte ſich jedoch im Laufe der Jahre heraus, daß
die Holzvergaſung manche Nachteile, insbeſondere aber
infolge des notwendigen ſcharfen Austrocknens des zu
vergaſenden Holzes große Feuersgefahr mit ſich brachte.
Die Geſchichte des hieſigen Gaswerkes hat denn auch
nicht weniger als 4 derartige Brände zu verzeichnen, den
erſten am 4. Mai 1856, den zweiten am 21. Juli 1870,
den dritten am 31. Auguſt 1871, den vierten am 12. März
1880. Außerdem war die Rentabilität des Werkes nicht
ſo bedeutend, als man annahm. Vom Jahre 1867 an
enutzte man allerdings neben dem Holze auch Stein=
kohlen zur Vergaſung, aber erſt am 1. Juli 1880 wurde
die Holzvergaſung gänzlich eingeſtellt und nur noch mit
Steinkohlen Gas erzeugt. Inzwiſchen rückte der Zeit=
raum, an dem die Konzeſſion ablaufen ſollte, immer
näher; es fanden Verhandlungen mit der Stadt wegen
Uebernahme des Gaswerkes ſtatt, die am 26. Juni 1880
durch Abſchluß eines Vertrages ihr Ende erreichten.
Vermöge dieſes Vertrages ging das geſamte Gaswerk
am 1. Juli 1880 mit allem Zubehör als Eigentum an
die Stadt über. Dieſe übernahm alle Verbindlichkeiten
und verpflichtete ſich, das Aktienkapital jährlich mit
3½ pCt. zu verzinſen und binnen 30 Jahren mittels
jährlicher Verloſungen abzutragen. Der Gasumſatz im
letzten Betriebsjahre der Aktiengeſellſchaft betrug 1425000
Kubikmeter Gas oder rund 345 Kubikmeter auf den Kopf
der Bevölkerung Darmſtadts, während der Verbrauch
im Jahre 1902103 auf den Kopf der Bevölkerung 60 Kubik=
meter ausmachte, mithin eine ſehr erhebliche Steigerung

zu verzeichnen iſt. Die Stadt übernahm das Gaswerk mit
der ausdrücklichen Erklärung, binnen weniger Jahre ein
neues Werk zu errichten und nur die notwendigſten Ver=
beſſerungen und Erweiterungen konnten deshalb Berück=
ſichtigung finden; doch wurde ein neuer Gasbehälter
von 9000 Kubikmeter Inhalt errichtet, der ſeinen Stand
auf dem für den Neubau vorgeſehenen Platze links
an der Frankfurter Straße erhielt. Derſelbe wurde in der
Sylveſternacht 1889,90 zum erſtenmale in Tätigkeit geſetzt.
Die Tätigkeit des alten Gaswerkes in der jetzigen Lager=
hausſtraße wurde am 13. Oktober 1902 eingeſtellt, nach=
dem es 47 Jahre im Betrieb war. Es hat die ungeheure
Menge von 68½ Millionen Kubikmeter Gas produziert
und warf während der letzten 22 Jahre einen Reingewinn
von 4035346 Mark ab, wovon 2339506 Mark der Stadt=
kaſſe zugeführt wurden. Der Gasverluſt betrug zuletzt
nur 299 pCt. der produzierten Menge, während er im
Jahre 1880 noch 2052pCt. ausmachte. - Im Jahre 1880
bezifferte ſich die Zahl unſerer öffentlichen Laternen auf
767, an Gasmeſſern waren aufgeſtellt 1193 Stück, die
Länge des Rohrnetzes betrug etwa 385 Kilometer. Heute
haben wir 1952 öffentliche Laternen, 8422 Gasmeſſer und
114 Kilometer Rohrnetz. Die Zahl der eingerichteten
Privatflammen beträgt 42826 Stuck, die der aufgeſtellten
Gaskraftmaſchinen 130 mit zuſammen 565 Pferdekräften,
die Zahl der Gasheizöfen 1046 Stück, der Gasbadeöfen
858, der Gaskoch= und Bratapparate 4166, der Gasbügel=
und ſonſtigen Gasheigapparate 3121.
Der Gasverbrauch überhaupt hat in Darmſtadt einen
derartigen Umfang angenommen, daß unſere Stadt, was
den Verbrauch auf den Kopf der Bevölkerung anlangt,
hinter anderen deutſchen Städten gleicher Seelenzahl
nicht mehr weit zurückſteht; hinſichtlich der allgemeinen
Durchführung des Auerlichtes bei der Straßenbeleuchtung
iſt Darmſtadt ſelbſt den deutſchen Großſtädten voraus
geweſen.

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Nummer 20.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 1. September 1903.

dagegen, daß die Einführung der Waſſerkloſetts als
quasi zugehörig zur Kanaliſation der betreffenden Städte
erachtet wird. Es hat keinen Sinn, weder wirtſchaftlich
noch hygieniſch, nur des ſchönen Kloſetts wegen die
Fäkalien in die Kanäle hineinzuleiten, um entweder die
Flüſſe damit zu verpeſten, oder um die nämlichen
Fäkalien ſpäter höchſt ungenügend - landwirtſchaftlich
in den meiſten Fällen zur Verwertung kaum mehr ge=
eignet - und mit unendlichen Koſten wieder aus der
Jauche zu entfernen.
Der „Internationale Verein zur Reinhaltung der
Flüſſe ꝛc ruft alle Intereſſenten, die Landwirte,
msbeſondere die Beſitzer von Geeſt= und Heideländereien
- die Flußfiſcher, die ſich infolge der Zerſtörung
der Fiſchzucht durch die Flußverſchmuhung vielerorten
bereits vor dem Ruin ſehen - die Ruder= und
Schwimmvereine, aber auch die ärztlichen
Vereine ſowie ſonſtige Veteiligte, vor allem auch die
Induſtriellen, die wegen Harte des Grundwaſſers
auf das oft für den Gebrauch ihrer Induſtrie infolge
der Verſchmutzung unverwendbare Flußwaſſer angewieſen
ſind - auf, ſich dieſem Proteſte anzuſchließen, bis ein
Reichs=Flußſchutz=Geſetz, welches die Errungen=
ſchaften moderner Wiſſenſchaft und Technik zur Tat wer=
den läßt, erreicht iſt."
Unterſchrieben iſt der Proteſt von folgenden Vor=
ſtandsmitgliedern: Dr. med. Mittermaier, Medisinalrat,
Heidelberg, Vorſitzender, Profeſſor Dr. med. Alexander
Vogt, Bern, Direktor Scheidel, Bad Weilbach i. T. Dr.
Salzer Medizinalrat, Worms, Dr. med. Vierling, Sani=
tätsrat, Mainz. v. Bernuth, Zivil=Ingenieur, Graz. Pabſt,
Geh. Regierungsrat, Oberbürgermeiſter, Weimar, Claſſen,
Ingenieur, Speyer, Dr. med. Bonne, Klein=Flottbek,
E. Lornow, Frankfurt a. M.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 1. September.
- Vom Manöver. Gegenwärtig haben die einzelnen
Regimenter ihr Exerzieren und Gefechtsſchießen mit
ſcharfer Munition, woran ſich Ende der Woche das
Brigadeexerzieren und die Brigade=Beſichtigungen
ſchließen. Die 117er hatten am Samstag Felddienſt bei
Großen=Linden, Klein=Linden und Lützel=Linden. Vom
10. bis etwa 14. September ſind die Brigademanöver
ſüdlich der Linie Wetzlar=Leun. Die 118er verlaſſen am
9. September die Kaſernen in Gießen und beziehen bei
Burgſolms und Oberndorf Quartier. Vom 15. bis
20. September finden die Diviſionsmanöver ſtatt.
Dieſelben werden ſich auf dem Höhenzug zwiſchen dem
Lahntal, Solmsbachtal und Dilltal erſtrecken. Der
Stab der 25. Diviſion kommt nach Burgſolms,
der Stab der 49. Infanterie= und 25. Feldartillerie=
Brigade nach Wetzlar, der Stab der 50. Infanterie=
Brigade, nach Chringshauſen. Wetzlar erhält vom
19. bis 20. September über 7000 Mann Einquartierung.
darunter die drei Infanterie=Regimenter 115, 116, 117
ganz, ferner ein Bataillon 118er, eine Batterie Feld=
artillerie 61 und das Sanitätskorps. Die übrige In=
fanterie kommt in und um Leun (68er), Braunfels
(18er), die 61er Artillerie bei Laufdorf, die 25er Artillerie
auf der Linie Ehringshauſen=Braunfels und die 23er
und 24er Dragoner im Dilltal zwiſchen Greifental und
Aßlar ins Quartier. Am 21. September iſt allgemeines
Diviſions=Biwak, bei ungünſtiger Witterung
Notquartier. Die Manöver erſtrecken ſich hierauf nach
dem Kreiſe Biedenkopf zu in die Gegend Nieder= Weid=
bach. Die Korpsmanöver finden vom 21. bis 23. Sep=
tember ſtatt und ziehen ſich nach Südweſten nach der
Gegend Weſterburg=Limburg. woſelbſt die Regimenter
am Nachmittag die Bahn beſteigen und nach den
Garniſonen befördert werden. Die Reſerviſten der In=
fanterie werden vorausſichtlich am 25. und 26. September
entlaſſen.
- Im Barackenſaale der Techniſchen Hochſchule wurde
am Samstag nachmittag der von 450 Teilnehmern be=
ſuchte wiſſenſchaftliche Fortbildungskurſus für Lehrer
in würdiger Weiſe geſchloſſen. Am Ende der Vorleſungen
ſprach Herr Hauptlehrer Löſch=Darmſtadt dem Leiter
des Kurſus, Herrn Geh. Hofrat Dr. E. v. Sallwürk,
namens der erſchienenen Lehrer berzlichſten Dank aus;
desgleichen geſchah dies auch namens der zahlreich be=
teiligten Lehrerinnen. Nachmittags um 6 Uhr fanden
ſich die Teilnehmer nebſt Familienangehörigen zu einer
wohlgelungenen, geſelligen Vereinigung, im
„Kaiſerſaal- zuſammen. Der geräumige Saal war nebſt
Galerien bald bis auf das letzte Plätzchen dicht beſetzt
und von allen wohl, ſelbſt von den Verwöhnteſten, kann
man behaupten, daß ſie hochbefriedigt von dem herr=
lichen Arrangement in ſpäter Nachtſtunde nach Hauſe
gingen. Nach einem zum Eingang geſpielten flotten
Marſch der Kapelle des 1. Großh. Heſſ. Infanterie= Regi=
ments Nr. 115 unter perſönlicher Leitung des Herrn
Muſikdirektors Hilge richtete der Vorſitzende des Darm=
ſtädter Lehrervereins, Herr Hauptlehrer Löſch, an die
Verſammlung herzlichen Willkommgruß und ſprach Herrn
Dr. E. v. Sallwürk den Dank der Lehrerſchaft aus, die
er in den achttägigen Vorträgen aus dem reichen Vorn
der Wiſſenſchaft habe ſchöpfen laſſen, ſowie dem Groß=
herzoglichen Miniſterium, das in dankenswerter Weiſe
durch Bewilligung von Urlaub den Lehrern die Beteili=
gung am Kurſus ermöglichte. Das hierauf folgende
Konzert des Sängerchors des Darmſtädter Lehrervereins

Seite 13

wies bei vorzüglicher Leitung hervorragend künſtleriſche
Leiſtungen auf. Die Chöre ſtanden unter Leitung des
Herrn Süß. jehigen Dirigenten des Lehrergeſangvereins,
und wurden von der Kapelle des Herrn Hilge ganz vor=
güglich beglcitet. Als Soliſten zeichneten ſich wiederum
die Herren Hunecke und Reinhardt ſehr vorteilhaft aus.
Bei dem ſich anſchließenden Kommers trat auch Fidelitas
in ihr gutes Recht. Chorlieder aller Feſtteilnehmer, von
den munteren Weiſen der Kapelle begleitet, brauſten durch
die weiten Nänme und ernſte und heitere Trinlſprüche
ſüllten die Pauſen aus. Den erſten Toaſt, brachte
Herr Dr. E. v. Sallwürk aus, indem er ſein Glas der
deutſchen Schule weihte. Herr Oberlehrer Backes, Ob=
mann des Heſſiſchen Landeslehrervereins, gab ſeiner Hoff=
nung. daß es beſſer werde mit der Lehrerbildung, dem
Lehrer und der Schule, beredten Ausdruck. Zuletzt ge=
dachte noch Herr Lehrer Kaßlick in ſchwungvoller
Rede des vorwärtsſtrebenden Darmſtädter Lehrergeſang=
vereins und ſeiner vorzüglichen Soliſten. Ein munteres
Tänzchen beſchloß die ſo anregend und amüſant ver=
laufene Feier.
E. An dem von dem hieſigen Ortsgewerbeverein
unternommenen Ausfluge beteiligten ſich 35 Perſonen.
Dieſelben ſind am Samstag Abend nach Dresden ab=
gereiſt.
nn. Die Beſichtigung des nenen Gaswerks an
der Frankfurterſtraße, durch die Teilnehmer, der
Generalverſammlung der Mittelrheini=
ſchen Gas= und Waſſerfachmänner fand
geſtern morgen um 9 Uhr in programmäßiger Weiſe
ſtatt. Die Feſtgäſte wurden am Eingang des feſtlich ge=
ſchmückten Werks von Herrn Gaswerksdirektor Fried=
rich und Regierungsbaumeiſter Rudolph begrüßt und
zu den im vollſten Betrieb befindlichen Teilen des Etabliſſe=
ments geleitet, woſelbſt eine ſach= und fachkundige Prüfung
aller maſchinellen Einrichtungen ſtattfand. Das Haupt=
intereſſe für die Fachleute boten das Retortenhaus mit
automatiſchem Förderſyſtem, ſowie die durch peinlichſte
Sauberkeit auffallenden übrigen Betriebsanlagen des
ganzen grohartigen Bauwerks. Nach dem von einer An=
zahl von Gaswerks=Direktoren dort abgegebenen fach=
männiſchen Urteil kann unſere Stadt und insbeſondere
die ſtädtiſche Verwaltung mit Stolz auf dieſes Muſter=
bauwerk blicken.
Nach der Beſichtigung fand in dem hübſch ge=
ſchmückten Kellergeſchoß der Fabrik ein den Feſtgäſten
gereichtes Frühſtück ſtatt, das in der animierteſten
Weiſe verlief und dem Gaſtgeber wie auch dem Heſſen=
bräuwirt Herrn Reſtaurateur Doll alle Ehre machte. Der
Nachmittag vereinigte die Teilnehmer noch einmal auf der
Ludwigshöhe und ſpäter im Park=Hotel zu
gemütlichem Zuſammenſein, wobei dem Lokal=Feſtkomitee
in allen Tonarten der Dank für die in Darmſtadt ſchön
verlebten Tage ausgeſprochen wurde.
B. Das am Sonntag in unſerer Stadt gefeierte erſte
gemeinſame Feſt der Evangeliſchen Fünglingsvereine
und Chriſtlichen Vereine junger Männer Südheſſens.
(Starkenburg und Rheinheſſen) iſt unter großer Beteili=
gung zu allgemeiner Zufriedenheit ſehr ſchön verlaufen.
Der Feſtgottesdienſt im Eliſabethenſtift mit Poſaunen=
Hängen und Männerchor und der tiefgehenden Predigt
des Herrn Paſtor van den Bruck aus Barmen legte den
rechten Grund für das Feſt. Auf der um 1½ Uhr im
Saale des Chriſtlichen Vereins Junger Männer ( eckar=
ſtraße 22) ſtattgefundenen Vertreterverſammlung wurde
ein Südheſſiſcher Jünglingsverband, ge=
gründet; ſämtliche anweſende Vereine: Darmſtadt=Oſt,
Darmſtadt. Erbach. Heppenheim, Lampertheim, Mainz.
Nieder=Namſtadt, Offenbach und Zwingenberg erklärten
ſich dafür. Zum Vorſitzenden wurde Herr Regierungsrat
Dr. Linß=Darmſtadt gewählt. Das nächſte gemein=
ſame Feſt, das in Nierſtein am Rhein gefeiert werden
ſoll, wurde für den Frühling nächſten Jahres in Ausſicht
genommen. Die nachmittägliche Feier im Vereinshaus,
Mühlſtraße 24, zeigte eine impoſante Verſammlung von
Jünglingen und Männern, die alle von demſelben ideal= chriſt=
lichen Geiſt und Streben beſeelt waren. Herr Pfarrer Wid=
mann hielt die Vegrüßungsanſprache, in der er hervorhob,
wie wichtig die Einigkeit für die Vereine ſei und daß ſie
nicht nur das Necht, ſondern auch die Pflicht hätten, ſich
zuſammenzuſchließen und ſich dadurch gegenſeitig zu
ſtärken. Herr Pfarrer van den Bruck von Varmen,
überbrachte die Grüße und Wünſche vom Weſtdeutſchen
Jünglingsbund für die neugegründete Vereinigung und
ſprach weiter über Ziel und Wege der Vereinsarbeit.
Dieſes Thema ſetzte dann Herr Stadtpfarrer Scriba
von Erbach weiter fort und gab zugleich einen Vericht
aus dem Erbacher Verein. Es folgten darauf die Be=
richte der anderen Vereine mit anſchließender Beſprechung
über die Löſung der ſich häufig in den Weg ſtellenden
Schwierigkeiten, die vielfach in der Geld= und Lokalfrage
beſtehen. Durch gemeinſame Lieder, Vorträge von
Männerchören und Poſaunenchören wurde die Feier
belebt und gehoben, und erſt gegen 7 Uhr ging man aus=
einander, erfriſcht und geſtärkt zu neuer Arbeit.
Ihr fünfzigjähriges Jubiläum begeht heute die
Kammer=Choriſtin Sophie Roßmann. Heute vor 50
Jahren trat ſie zum erſten Male als Choriſtin auf. Wir
beglückwünſchen die Jubilarin zu ihrem Ehrentage und
vünſchen ihr, daß ſie ſich noch viele Jahre einer gleichen
körperlichen und geiſtigen Rüſtigkeit erfreuen möge.
4 Im Theater am Woogsplatz gelangte am Sams=
tag und Sonntag das dreiaktige, ſtark veraltete Luſtſpiel

Kleines Feuilleton.
Müllverwertung und Wohltätigkeit.
In Verlin hat ſich der Verein für gemeinnützige Abfall=
verwertung gebildet, über deſſen bevorſtehende Gründung
bereits Mitteilungen in die Oeffentlichkeit gedrungen ſind.
Von der Tatſache ausgehend, daß in dem Müll, deſſen
Fortſchaffung bisher erhebliche Koſten verurſacht hat, un=
geahnte Werte ſtecken, will der Verein durch Wort und
Schrift auf die Hausfrauen und Dienſtboten dahin
wirken, daß die Beſtandteile des Mülls nicht wie bisher
in einen Aſcheimer geworfen, ſondern daß einerſeits die
ſämtlichen Küchen= und Speiſereſte ſſoweit ſie nicht in
die Abflußbecken der Waſſerleitung gegoſſen werden),
andererſeits die gewerblichen Abfälle, wie Papier, Glas,
Konſervenbüchſen, Lumpen u. ſ. w. von den übrigen Be=
ſtandteilen des Mülls, nämlich Aſche und Kehricht, ſchon
in der Küche getrennt aufbewahrt und in getrennte Be=
hälter auf dem Hof ausgeleert werden, für deren Auf=
ſtellung der Verein ſorgen wird. Mehrere Abfuhrunter=
nehmungen, mit denen der Verein in Vertragsunterhand=
lungen ſteht, ſollen den Müll dann fortſchaffen und die
Speiſereſte zur Schweinemaſt verwenden, die gewerblichen
Abfälle ſortieren und verkaufen und Aſche und Kehricht
den Landwirten überlaſſen. Von dem erzielten Erlös
haben die Abfuhrunternehmungen, einen erheblichen
Bruchteil in den Verein abzuführen, und dieſe Gelder
ſollen dann zu wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken
verwendet werden. In den Ehrenvorſtand ſind bereit=
angeſehene im öffentlichen Leben ſtehende Perſönlichkeiten
eingetreten. Der Verein hat die Löſung eines für unſere

Großſtädte ſehr ſchwierigen und bedeutungsvollen Pro=
blems auf ſich genommen.
Züchtung eines Nieſengeſchlechtes.
Der barocke Einfall des vor mehreren Jahren verſtorbenen
Barons de Pierrecourt, durch eine reiche Stiftung die
Züchtung eines Nieſengeſchlechts in die Wege zu leiten,
kommt nun doch nicht zur Ausführung. Wie noch er=
innerlich ſein dürfte, vermachte der ſeltſame Herr ſeiner
Vaterſtadt Rouen ſein geſamtes Vermögen unter folgen=
der Bedingung: „Die Stadt hat einen jährlichen Preis
von mindeſtens 100000 Fres. auszuſchreiben als Mit=
gift in die Ehe eines Rieſenpaars, zu dem Ziele, das
Menſchengeſchlecht zu verbeſſern. Die Paare, die zum
Wettbewerb zugelaſſen werden, ſind von den Aerzten der
Stadt zu unterſuchen. Der Preis fällt dem Paare zu,
das als das geſündeſte und kräftigſte erkannt wird.” Die
geſetzlichen Erben des wunderlichen Barons beſchritten
ſofort den Klageweg und fochten das Teſtament an. Sie
machten den „unmoraliſchen: Charakter der erwähnten
Klauſel geltend, die deshalb nicht ausgeführt werden
dürfe. Der Rechtsbeiſtand der Stadt Nouen, welche die
ſtattliche Schenkung nicht fahren laſſen mochte, beſtritt die
Einwände der Erben. Nach langem ergebnisloſen Pro=
zeſſieren einigten ſich endlich die Parteien zu folgendem
Vergleiche: Die Stadt Rouen verpflichtet ſich, ein Wohl=
tätigkeitswerk ins Leben zu rufen, das dem Schutßze, der
Erhaltung und Verbeſſerung der menſchlichen Naſſe dient,
und darf dafür 800 000 Fres. verwenden; ſie zahlt den
geſetzlichen Erben drei Millionen und kommt für die
Prozeßkoſten und die Erbſchaftsſteuern auf.

Augen der Liebel von Wilhelmine von Hillern zur
Aufführung. Die beiden weiblichen Nollen hatten durch
die Damen Helene Zehnter aus Frankfurt, eine
ſtattliche und ſympathiſche Bühnenerſcheinung, und
Fräulein Emilie Germann, welche ſich beide ihrer
Aufgabe mit Ernſt und Liebe und recht gutem Gelingen
unterzogen, eine den Anforderungen des Stücks im
ganzen entſprechende Beſetzung erhalten, während die=
jenige der männlichen Rollen ungenügend war und
das an ſich ſchon wenig bühnenwirkſame Stück auch nach
Seite der Darſtellung hin um ſeinen Erfolg brachte.
Vor und nach dem Luſtſpiel trug die „Ueberbrettl=
Diva' Fräulein Bogena Bradsky einige von Os=
kar Straus komponierte Aeberbrettl=Lieder vor, welche
der Komponiſt ſelbſt auf dem Klavier begleitete. Die
ſtimmliche Qualität der Sängerin iſt gering, im weſent=
lichen iſt ihr Geſang Deklamation. Ihre Hauptſtärke
liegt in dem Naturalismus ihres Vortrags und Spiels,
das aber etwas Hartes und Scharfkantiges hat. Der
Naturalismus gilt in der Kunſt jetzt wohl ziemlich all=
gemein als überwunden und beſitzt nicht mehr den Reis
der Neuheit. In der Kunſt bleibt ſchließlich die Perſön=
lichkeit das Maß= und Ausſchlaggebende, und je mehr
ein Künſtler in der Lage iſt und verſteht, den Rollen
den Stempel einer intereſſanten künſtleriſchen Jndivi=
dualität aufzudrücken, deſto mehr beſitzt er die Gewähr
für einen dauernden, ſtets ſich erneuernden Erfolg.
Im Orpheum fand am Sonntag abend bei ſehr
gutem Beſuche eine Vorſtellung ſtatt, die durch reich=
haltiges, abwechſelungsvolles Programm den vollen
Beifall des Publikums fand. Das gut beſetzte und
ſchneidig ſpielende Orcheſter eröffnete den Abend mit
drei gut gewählten, Stimmung vorbereitenden Muſik=
ſtücken. Darauf entwickelte ſich eine Fülle ſchön ge=
wählter, eindrucksvoller Darbietungen. Als Koſtüm=
Soubrette wirkte Fräulein Lena Wella mit graziöſer
Sing= und Spielweiſe, als Jongleur von verblüffender
Kunſtfertigkeit zeigte ſich Mſtr. Acoſta; die „vier
Schwarzwälderinnen; ſahen zwar nicht beſonders echt
aus, ſangen aber hübſch und anmutig. Die Schwung=
und Kunſt=Trapezkünſtlerin Miß Viktoria, die
körperliche Schönheit und Geſchmeidigkeit vereinigte,
erweckte durch ihre erſtaunlichen Darbietungen den
reichſten Beifall. Sehr hübſch gelangen die nach
bekannten oder berühmten Gemälden geſtellten Bilder
von Fräulein Anita del Aſtra, die eine Fülle
plaſtiſcher Schönheit in farbenprächtiger Ausgeſtaltung
zeigten. Lebhaft zu intereſſieren wußte auch der Geſangs=
humoriſt Herr Guſtav Tick, der in ſeinen Kouplets und
ſonſtigen Darbietungen manchen guten Treffer brachte.
Feſch und muſikaliſch ſicher ſang das Kunſtgeſang=
ouartett Ruſtikanau. Die halsbrechenden Kunſt=
ſtücke der „Motor=Rennbahn=Kompagniei im
Kunſtfahren auf dem Rad erregten geradezu Senſation.
Wir können das Programm als ſehr abwechslungsreich
und zweckentſprechend bezeichnen und den Beſuch aufs
beſte empfehlen.
¾ Sonntag nacht um ¼ 12 Uhr wurden die Be=
wohner der Eliſabethenſtraße zwiſchen Saalbau=
und Neckarſtraße durch eine ſtarke, weithin hörbare
Detonation aufs heftigſte erſchreckt. Man glaubte im
erſten Augenblick an eine Gasexploſion oder etwas der=
artiges. Die Urſache dieſer Detonation, welche die ganze
Straße in Aufregung verſetzt hatte, konnte merkwürdiger=
weiſe zunächſt nicht feſtgeſtellt werden, erſt am nächſten
Morgen wurde in der Nähe der Saalbauſtraße vor
einem Hauſe der Reſt eines Exploſionskörpers gefunden,
und ſcheint es danach, daß es ſich um einen Bubenſtreich
gehandelt hat, der den Anſtiftern, die ſich über die even=
tuellen ſchlimmen Folgen desſelben vielleicht gar nicht
klar geworden ſind, teuer zu ſtehen kommen kann.
Nieder=Vamſtadt. 29. Aug. Die Heſſiſche Epi=
leptiſchen=Anſtalt gedenkt ihr zweites Jahresfeſt
am nächſten Mittwoch, 2. September, zu begehen. Die
Feier beſteht in einem Feſtgottesdienſt in der Ortskirche,
der nachmittags 2 Uhr beginnt und in dem Herr Pfarrer
Widmann von Darmſtadt die Feſtpredigt halten wird.
Eine Nachfeier in der Anſtalt mit Anſprachen und Dekla=
mationen wird ſich anſchließen.
Groß=Umſtadt, 31. Auguſt. Für die über Darmſtadt=
Wiebelsbach kommenden Beſucher der Landesver=
ſammlung des evang. Bundes in Groß=Umſtadt
wird es von großer Wichtigkeit ſein, zu erfahren, daß
durch das bereitwillige Entgegenkommen der Königlich
Preußiſchen und Großherzoglich Heſſiſchen Eiſenbahn=
direktion Mainz für den Nachmittag des 2. September
zu dem um 7 Uhr 43 Min. von Wiebelsbach nach Darm=
ſtadt abgehenden Zug ein direkter Verbindungs=
319 Groß=Umſtadt=Wiebelsbach eingelegt
wird, der um 7 Uhr 22 Min. von Groß=Umſtadt abgeht.
Mainz. 31. Aug. Für die Eröffnung der Inter=
nationalen Ausſtellung für Photographie
und graphiſche Künſte iſt nunmehr definitiv der
8. September feſtgeſetzt worden. Se. Königl. Hoheit der
Großherzog hat ſein Erſcheinen zugeſagt.
Wimpfen, 31. Aug. Zufolge eingetroffener Mittei=
lung bei der Großh. Bürgermeiſterei werden ſich kommen=
den Donnerstag aus Anlaß der Anweſenheit des Groß=
herzogs außer dem Gefolge noch hier einfinden:
Staatsminiſter Rothe, Finanzminiſter Gnauth, Geheime=
rat Wilbrand, Miniſterialrat Frhr. v. Biegeleben, Mini=
ſterialrat Weber, Geh. Oberbergrat Braun, Geh. Ober=
baurat Prof. Hofmann, der Reichstagsabgeordnete Frhr.
Eineteuere Droſchkenfahrt. Ein Schreiner
aus Höchſt war vor einigen Wochen nach Frankfurt ge=
kommen, um ſich einige vergnügte Stunden zu bereiten.
Das tat er denn auch in vollem Maße. Er „abſolvierte”
verſchiedene Kneipen und befand, ſich gegen Abend, in
ſehr fideler Stimmung. Als er nun auf ſeine Uhr ſah
und bemerkte, daß es die allerhöchſte Zeit war, um noch
den letzten Zug zu erreichen, bezahlte er ſeine Zeche, ſtülpte
den Hit auf den Kopf und ſtürzte hinaus. Erſuchte eine
Droſchke, da er ſeinen Beinen nicht mehr viel zutraute,
fand aber keine. In ſeiner Aufregung umherlaufend, ge=
wahrte er plöhlich ein Fahrzeug am Trottoir halten und
das Nößlein ein Schläfchen machen. „Kutſcher, Kutſcher=
ſchrie er aus Leibeskräften, doch alles bleibt ſtumm wie
guvor. Was machen ? Plötzlich ſteigt ein helles Licht
in ſeinem durch Alkohol verdunkelten Gehirn auf. Auf
den Vock ſpringen, das Pferd aus ſeinen Träumen von
vollen Haferſäcken herausreißend, war die Tat eines
Augenblicks. In geſtrecktem Galopp geht es dem Haupt=
bahnhof zu. Aber der Villetſchalter war ſchon ge=
ſchloſſen. Naſch lief er nach dem Perron, um den Iug
womöglich ohne Villet zu erreichen. Er hatte gerade
noch die Freude, den Zug aus der Halle fahren zu
ſehen. Geſenkten Hauptes ſchlich er wieder zum Ein=
gang zurück, um das Fuhrwerk wieder an ſeinen Ort
zurückzubringen. Gerade als er den Bock beſteigen
wollte, wurde er von einem Schuhmann verhaftet, dem
die Sache verdächtig vorkam. Nachdem er nunmehr
7 Wochen 0 in Unterſuchungshaft geſeſſen, hat ſich ſeine
Unſchuld herausgeſtellt und er iſt entlaſſen worden.

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Geite 14.

Darmſtädter 2dg. N Dienstag, den 1. Sepkember 1903.

Nummer 204.

v. Heyl zu Herrnsheim, der Präſident der Zweiten Kammer
Hads, die Landtagsabgeordneten Breimer=Beerfelden und
Häuſel=Michelſtadt.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt. 30. Aug. Die An=
kunfk des Kaiſersuin Bresden erkolgt am
1. September, nachmittags 2 Uhr. In ſeiner Begleitung
werden'ſich der Kronprinz und Prinz Eitel Friedrich
befinden. Der feſtliche Einzug des Kaiſerraares in
Merſebürg iſt auf Donnerstag, 3. September, nachmittags
2 Uhr 50 Min, feſtgeſetzt worden.L Die Prüfung
der bieſigenWären= und Kaufhäuſer
bezüglich der Vorkehrungen zur Einſchränkung der Feuers=
gefahr iſt mit höchſt anerkennenswerter Schnelligkeit
erfolgt. Amtlich wird über die Ergebniſſe nachſtehendes
mitgeteilt: Herr Poliseipräſident von Borries hat ange=
ordſet, daß die zeitweiſen Beſchtigungen ſolcher Unter=
nehmungen ſowie auch der Gaſthöfe und großen Wirt=
ſchäften o vermehrt werden, daß eine Uebertretung der
beſtehenden Vorſchriften nach Möglichkeit verhütet wird.
Dieſe Vorſchriften bieten, wenn ſie genau befolgt werden,
die denkbar größte Gewähr für die Verhütung von Un=
glücksfällen. Dem Feldwebel Biſchof vom
j. Garde=Regiment z. F war zur Kenntnis gekommen,
baß der Unteroffigier Breidenbach Linen Fuſilier Bohr
ſchwer mißhandelt hatte. Biſchok unterließ die vorge=
ſchriebene Anzeige und wurde deshalb geſtern zu 3 Monaten
Gefängnis verurteilt. Jener Breidenbach iſt derſelbe, der
auch den Selbſtmord des Soldaten Hill verurſacht haͤt
und gegen den dieſer Tage die gemeldete Aufſehen
erregende Gerichtsverhandlung ſtattfand. Hätte Viſchof,
ſo ſtelltke das Kriegsgericht Feſt. ſchon im Faue Böhr
pflichtgemäß Meldung erſtaltet, ſo wäre die Uſterſuchung
eingeleiter worden; Ls hätten von jenem Zeitpunkk af
die Mißhandlungen dürch Breidenbach ein Ende gehabt
und auch der Selbſtmord des Hill wäre nicht erfolgt.-
Heuterabend erfolgte in der Aikkumulatorenfabrnes und
den Elektrizitätswerken vormals Böſe ≈ Co. in der
Köpenickerſtraße eine Exploſion im Waſchraum, wahr=
ſcheinlich infolge Selbſtentzündung von Celluloid oder
Säuren, wodurch die innere Einrichtung zerſtört wurde.
Es würde ein großer Sachſchaden angerichtet, aber
niemand verletzt.
Frankfurt, 30. Aug. Das Internationale
Automobil=Rennen war ſehr zahlreich beſucht. E5
ſahm folgenden Verlauf: Klaſſe L.- Motorzweiräder 1
P. Nietetkens=Luttich. 2. A. Oppel=Rüſſelsheim. 3. Karl
Schmidt=Nünnberg. Klaſſe II. Leichte Wagen bis 10 PS.,
1. A. Opel=Rüſſelsheim. 2. Louis de Groulart= Mann=
heim, 3. H. Opel=Rüſſelsheim. Klaſſe II. Leichte Wagen
bis 10 PS., 1. Ugo Nicordi=Mannheim. 2. A. Opel=
Rüſſelsheim. 3. Bergmanns Induſtriewerke Gangenau.
Klub=Vorgabefahren. A. Opel=Rüſſelsheim. 2. M. Th.
Bräuning=Hanau, 3. Dr. v. Herwarth=Frkft. Klaſſe XI.
Wagen bis 16 P8, 1. Adler=Fahrradwerke . Trevesh. 2.
F. Held=Mannheim, 3. H. Opel. Klaſſe 1I1- Wagen
bis 16 PS., 1. A. Opel (Wagnerh 2. A. Opel (Willmann,
3. A. Opel (Jörnsſ. Klaſſe IV. Große Wagen bis zi
60 PS. 1. W. Pöge=Chemnitz, 2. M. Barbarour= Mann=
heim, 3. E. Bugatti=Niederbronn. Klaſſe 1V. Große
Wagen bis zu 60 PS. 1. A. Opel (Vecomais). 2. A.
Opek (Willmann.
Dresden, 36. Aug. Ein Tiertransport im
Werte von 100 000 Mk wie er ſeit 25 Jahren nicht auf
einmal nach Europa gebracht wurde iſt dieſer Tage unter
der Leitung des Tierimporteurs Menges im hieſigen
Zoologiſchen Garten eingetroffen. Unter vielen anderen
Tieren befinden ſich auch fünf Giraffen im Alter von
bis 18 Jahren.
Paris, 28. Aug. In Sables dOlonne WVendse)
wurden im Morgengrauen des 27. Auguſt die Re=
demptoriſten=Pätres, die ſich in Uhrem gloſter
verbarrikadiert hatten nach einem längen Uund überauts
kräftigen Widerſtande ausgetrieben. Kurz nach
3 Uhr morgens ſperrten Gendarmen und Soldaten alle
Zugänge zu dem Kloſter ab. in dem die Mönche eine
große Anzahl von Frauen und Kindern angeſammelt
hatten. Mik dem Unterpräfekten waren zwei Mäkz.
anwälte und der Speziälkommiſſär Delgay erſchienen,
der die vorgeſchriebenen drei Aufforderungen unter
Lrommelwirbel an die Patres richtete, die verſperrten
Turen freiwillig zu öffnen. Da dieſe Aufforderungen
nur mit lebhaften Proteſten der Inſaſſen und Stein=
würfen auf die Vertreter der Vehoͤrden beantwortei
wurden, mußte das Tor gewaltſam geöffnet; werden,
wobei einer der damit beſchäftigten Arbeiter durch zwei
Ziegelſteine am Kopfe verwündet wurde Der Poſiſei=
xommiſſär lies dann eine Feuerſpritze anffahren, Um die
Verteidiger der Patres aus dem Garten zurückzudrängen.
Als das Tor erbrochen war. wurden 57 xrauen Und
Kinder aus dem Kloſter entfernt. Nun fluchteten ſich
die Patres auf das Dach und es währte nahezu zwei
Stunden ehe ſich drei von ihnen dazu entſchloſſen dieſes
zu verlaſſen. Nur der Superior Pater Nippier' mubte
gewaltſam vom Dache herüntergezogen werden. Außer
den vier Patres ſind funf Perſonen, die ſich an den Ge=
walttätigkeiten beteiligt hatten, und der Vikar David
verhaftek worden. Die Patres wurden noch den ganzen
Vormittag im Kloſter zurückgelaſſen, um alle Kund=
gebungen ſeitens der angeſammelten Menge zu ver=
meiden. Der Friedensrichter legte ſodann an dem
Kloſter die Gerichtsſiegel an.
Brüſſel, 30. Aug. Die Frau eines hieſigen hoch=
geachteten Bürgers iſt unter der Anklage verhaftet
worden, ſie habe ihren Schwiegerſohn, einen in der Pro=
vinz wohnenden Ingenieur, durch einen Mord beiſeite
ſchäffen wollen. Die Verhaftete hatte ſich mit einem
Ringkämpfer, den ſie auf der Kirmes kennen gelernt
hatte, in Verbindung geſetzt und ihm eine hohe Geld=
ſumme verſprochen, wenn er ihren Schwiegerlohn, der ſie
nn 48 005 Francs betrogen habe und Uhre Tochter miße
händle, aus dem Wege räume. Der Ringkämpfer
erſtattete der Polizei Anzeige von dem Angebot der blut=
dürſtigen Schwiegermutker, und ſo erföſgte die Ver=
haftung. Der Gatte machte geltend. daß ſeine Frau an
Wahnvorſtellungen leide und geiſtig nicht voll zurech=
nungsfähig ſei. Der Fall macht hier viel Aufſehen, da
die Familie in weiteren Kreiſen bekannt iſt.
Vermiſchtes.
= Gartenkalender für den Monat September.
1) Blumengarten Winterlevkoyen, Goldlack Chryſan=
themum, ſowie alle Topfpflanzen welche ins freie Land
gepflanzt waren, ſind jetzt in Löpfe zu pflanzen und in
einen beſchatteten, geſchloͤſienen Raum zu bringen, bis ſie
angewurgelt ſind; die Maaßliebüichen ſind Zu Anfang
des Monats umzupflanzen. Verſchiedene Sommerblumen.
wie Ritterſporn, Mohn, Iberis, Nemophilen, Adonis
Clarkien ꝛc., von welchen man im nächſten Frühjahr einen
frühen Flor haben will, können zu Anfand des Monats

an Ort und Stelle ausgeſät werden. Die zum Blumen=
zwiebelflor beſtimmiten Beete ſind herzurichten und zu
beflanzen und die zum Treiben beſtimmten Blumenzwiebel
ſind jetzt in Töpfe zu pflanzen und bis zum Eintritt
tärkeren Froſtes in die Erde einzugraben, worauf man
ſie in den Keller bringt bis ſie zum Treiben ins Zimmer
geſtellt werden. - Obſtoarten. Die abgeernteten
Obſtbäume oder ſoiche, die keine Früchte hatten. könnien
jetzt ausgelichtet und gereinigt werden, namentlich iſt für
Skeinobſtbäume jetzt hierzu' die geignetſte Zeit, da die=
ſelben das Beſchneiden im Nachwinter nicht gut der=
fragen. Auch zur Düngung der Obſtbäuine mnit füüſſigem
Dünger, oder verrottetem Miſt iſt jetzt die beſte Zeit.
Bei den Himbeeren können jetzt die ſchwachen und über=
flüiſſigen Ausläufer, ſowie das alte Traghols dicht am
Böden abgeſchnitten werden. Au den Weinſtöcken ſind
die Spitzen an den nächſtjährigen Fruchtreben und Zapfen
abzuſchneiden igipfelnh, damit das Holz beſſer ausreiff.
3) Gemüſegarten. Man kann jetzt noch Winterſalat,
Karotten, Kerbel, Kerbelrübchen. Peterſilien und Spinat
zum Ueberwintern ausſäen. Ende des Monats werden
Winterzwiebeln, Schalotten, Perl= und Johannislauch,
Knobladich und Roccambolen gelegt; auch kann man ſchon
Winterſalat, Winterendiwvien uns verſchiedene Rohlaͤrten
zum Ueberwintern auspflanzen. Die Erdbeerbeeke ſind
wiederholt von den Ranken zu beſreien und können auch
noch neue Erdbeerbeete angelegt werden. Der Sellerie,
iſt häufig zu begießen und mit Jauche zu düngen.
Monatsſchrift des Gartenbauvereins.)
Literariſches.
— Neues von Heinrich Heine aus der Feder einer
jüngeren Zeitgenoſſin des großen Vollenders und Ver=
nichters der römantiſchen Schule bringt das 24. Heft der
Modernen Kunſt= (reis des Vierzehntagsheft
60 Pfg. Verlag von Rich. Bong. Berlin M 84 in einem
jeden Freund des Dichters inshöchſtem Maße feſſelnden
Aufſaß von M. Nieberg in New=York. Von den prächtigen
Illuſtkatiönen und Holzſchnitten, an denen auch das
neue Heft die gewohnte verſchwenderiſche Fulle bietet,
nennen wir H. Rebels herrliche Morgenröte CC. Becker:
Der Sieger, J. P. Hunter: Auf zum Maienbaum, A.
Rici; Kaße und Maus, F. Leekes auch hiſtoriſch un=
gemein feſſelnde „Germanentaufe; und P. Joanswits=
hiſtoriſches Gemälde: Herzog Ferry IV. von Lothringen
zieht mit ſeiner Braut Eliſabeth von Oeſterreich in Nancy
Lin Nebelt Wilhelm Wolters feſſelndem Roman„ Theater=
blur= bringt dds neueſte Hefk eine Novene Ginevra=
von Ferdiſand vonl Saͤar. Der reich illuſtrierte, viele
intereſante Details enthaltende Zick=Zackbogen, die Bei=
lagen mit Ueberſichten der Berliner Kunſtausſtellung und
der neueſten dramatiſchen Literatur erhöhen noch das
Intereſſe, das jeder Freund von Lunſt und Zichküng an
dieſem herrlichen Hefte der „Modernen Kunſt= wieder
nehmen muß.
L. Die romantiſche Zeit des ſpäten Mittelalters wird
wohl niemals ganz ihren Zanber verlieren und wird den
Nomanſchrifftellern ſtets aufs neue reichen Stoff für ihre
Schöpfungen bieten. Der neueſte Roman C. Falkenhorſts.
„Der Goldmacher= der als 10. Band von „Vobachs
illuſtrierter Koman=Bibliothek”'ſoeben er=
ſchienen iſt, läßt die herrlichen Bilder jener entſchwundenen
Pracht vor unſeren Augen wieder entſtehen. Ein reigend
zartes Diebesidoll, deren Helden Graf Tankerſtein und
Suſanna, des Bürgermeiſters ſchönes Töchterlein ſind
verleihen dem Noman eile ſo Außerordentliche Spaͤnn=
kraft, daß man nicht eher ruht, als bis man ihn zu Ende
geleſen hat. Befriedigt legt man auch dieſen wirklich guten
Band von „Voͤbachs illuſtrierter Röman=Bibliothers bei=
ſeite. Jeder elegant ausgeſtattete, gebundene Band dieſer
Bibliothek roſtek- nur 1 Mark. Probelieferungen ſind
gegen Einſendung von 20 Pfg. graͤtis und fräncs von
der Verlagsbuchhandlung W. Vobach & Co. in Berlin N4
oder Leipsig=R. zu beziehen.
1— Paul Heyſe, Romane und Novellen
Wohlfeile Ausgabe. Erſte Serie; Romane. 48 Liefe=
rungen zu je 40 Pfg. Alle 14 Tage eine Lieferung.
Verlag der J. G. Cöktaſchen Buchhandlung Nachfolger
E. m b. H. in Stuttgart und Berlin. Die neue wöhl=
feile Geſamit=Ausgabe von Paul Heyſes Romanen geht
ihrer Vollendung'entaegen. Auf die beiden großen
Nomane „Kinder der Welt= und „Im Paradieſes folgt,
mit Lieferüng 33 abſchließend. „Der Romar der Stifks=
dame= gleichzeitig enthält dieſe Lieferung den Anfang
von Merlink-Man darf es der Verlagshandlung Dank
wiſſen, daß ſie mit der Veranſtaltung dieſer ſolid aus=
geſtatteten und billigen Ausgabe der Verbreitung der
Meiſterwerke des Vichters neue Wege gewieſen hat Die
Vertiefung in Paul Heyſes Schöpfungen bedeutet einen
wirklichen Gewhm für den Leſer, daher kann die An=
ſchaffung der neuen, wohlfeilen Ausgabe beſtens em=
pfohlen werden.
Hetzte Nachrichten.
W.B.: Verlin, 31. Aug. Der„Reichsanzeigerl gibt be=
kannt. daß dem Schatzſekretär Frhrn. vön Thiel=
mann unter Verleihung des Nanges und Charäkters
eines Staatsminiſters die nachgeſuchte Dienſtentlaſſung
erteilt worden iſt und daß Frekherr von Stengel
zum Schatzſekretär unter Verleihin= des Charakters als
Wirklicher Geheime Rat mit dem Prädikat Erzellenz er=
nannt und mit der Stellvertretuſig des Reichskanzlers
in Reichsfinanzangelegenheiten gemäß einem Geſetze von
1878 beauftragk iſt.
2. Verlin 311 Aug. Heute vormittag ſetzte Regen=
wetter ein. Die Herbſtparade des chardekorps
wurde abgeſagt; die bereits auf das Tempelhoferfeld
abgerückten Truppen kehrten in die Kaſernen zurück.
WB. Nürnberg, 31. Aug. In der heutigen Gene=
ralverſammlung der Continentälen Ge=
ſellſchaftfür elektriſche Unternehmungen.
die von dem Kommerzienrat Steinbeis=Brannenburg ge=
leitet wurde. waren die Aktionäre mit 28927 Stimmen
vertreten. Sämtliche Punkte der Tagesordnung wurden
ohne Erörterung durch Zuruf angenömmen. An Stelle
der ausſcheidenden Aufſichtsratsmitglieder wurden Kom=
merzienrat Wacker, Balltrat Dr. Rieppel und Oberſt 3. D.
Witkmer, jämtlich in Nürnberg, wiederhewähſt.bVireicor
Rupprecht von dem Hamburger Elektrigitätswerk wurde
neu gewählt.
- ſe.BNNürnberg, 31. Aug. Wie der hieſige,General=
Anzeiger; aus Altsorf meldetſchoß ein dort bei
ſeinen Schwiegereltern mit ſeiner Frau und Kind Zlt Be=
ſuch weilender Monteur heite fruh zuerſt auf ſeine Frau
und dann auf ſein dreijähriges Lind darauf äuf ſich
ſelbſt. Mutter und Kind liegen im Sterben während
der Monteur mit dem Leben davon kommen durfte
ſ.Br Köln, 31. Aug. Der Großherzog und die
Großherzogin von Baden ſagten zu, zur Ein=
weihung der Denkmäler für Kaiſer Friedrich und Kaiſerin
Auguſtä am 1.Oktober zu erſcheinen.

WB. Meppen, 31. Aug. Geſtern nachmittgo Tnterte
l auf der Hale ein mit fünf jüngen Lenten beſegtes Bot.
Drei konnten ſich retten, zweiertranken.
WB: Breslau, 31. Aug. Der Präſident des evan=
geliſchen Oberkirchenrates D. Varkhäuſen; welcher an
der heite Nachmittag ſtattfindenden Beiſehuſig des ver=
ſtorbenen Geſleralſiperintendenten Nehmiz Leilnehmen
wollte, wurde im Trauerhauſe von Liſtem'Herz;
ſchlage befallen, der den ſofortigen Tod herbei=
führte.
1 Kiel, 31. Aug. Durch Kabinettsordre aus Wil=
helmshöhe vom 2. Auguſt wird beſtimmt: Admial
L. Köſter, General=Inſockteur der Marine, Chef der
Marineſtation der Oſtſee und Chef der ꝛlebungsflotte,
wird zum Herbſt 1903 zum Chef der zu bildenden aktiven
Schlachtflotte und gleſchzeitig zum Chef des erſten Ge=
ſchwaders, Admiral Prinz Heinrich von Preußen,
Ehef des erſten Geſchwaders, mit demſelben Zeitpunkt zum
Ehef der Marineſtation der Oſtſee, Kontreadmiraͤl Fritze.
Inſpekteur des Torpedoweſens und Chef des zweiten
Geſchwaͤders der Uebungsflotte, zum gleichen Zeitpunkt
zum Chef des zu bildenden zweiten aktiven Geſchwaͤders
ernannt.
W.B. Marienbad, 31. Aug. Der König von
England iſt heute vormittag 10 Uhr 15 Min. nach
Wien abgereiſt.
v.B' Genna, 31. Aug. Die amerikaniſchen
Kreuzer„Brooklyn= und „San Francisko' ſind geſtern
abend nach Beirut geganzen.
2 Conſtanza, 31. Aug. Fürſt Ferdinand von
Bulgarien iſt geſtern abend hier eingetroffen. Er
wurde vom Miniſterpräſidenten Sturdza begrüßt. Nach
kurzem Aufenthalte ſetzte der Fürſt auf der Jacht„ Na=
deſchdau die Fahrt nach Varna fort."
1 Paris. 31. Aug. Auf eine Umfrage des „ Eclair=
erklärten die Biſchöfe von Grenoble Ebreux, Chalons,
Albi. Limoges und Angoulsme, die Katholiken dürften
nichks dazu tun, die Kündigung des Könkordates
zu beſchleunigen, unter welcher der Staat und die Kirche
in gleicher Weiſe leiden würden. Die Biſchöfe von
Chalons und Angoulsme fügten hinzu, je weniger von
der Kündigung geſprochen werde deſtö beſſer werde es
ſein. Der Erzbiſchof von Lyon lehnte es ab. ſeine Mei=
nung zu äußern.
Np.-Paris, 31 Aug. Durch eine Bande zwölf=
bis vierzehnjähriger Burſchen wurde während der Ferien
die unbewachte Volksſchule in Bicoin, im Departement
Pas de Caldis, vollſtändig ausgeplünderku
⁄₂ Petersburg, 31. Aug. Geſtern fand zwiſchen den
Stationen Oßietſchenka und Ljublinska der Nikolaibahn
ein Zuſammenitoß einez Vekersburger Perſonen=
zuges mit 8 leeren Wagen eines Güterzuges ſtatt. Der
Maſchiniſt wurde gekötet ein Gehilfe verwundet.
Auch 7 Paſſagiere wurden leicht verletzt.
W.B. New=York. 31. Aug. Nach einem Telegramm
aus Panama vom 28. Auguſt, welches den „New=York
Times” züging, greift die Aufſtandsbewenuͤng
auf dem Iſkhmus infolge der Ablehnüng des Kanals
vertrags um ſich. Es ſei zweifelhaft ob ein tatkräftiges
Voroehen zur Verhütung des Aufſtandes von den jetzt
in Panama befindlichen Regierungsverkretern einge=
ſchladen wird.
rß Br Dichibuti, 31. Aug. Einem Telegramm aus
Adigsdibeba zukolge iſt die Nachricht von der Erkrankung
des Negus Menelik unrichtig. Menelik erfreue ſich
der beſten Geſundheit.

Eodes-Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es gefallen,
meinen innigſtgeliebten Gatten, unſeren guten
Vater, Schwiegervater, Großvater, Schwager
und Onkel
[15148
Herry Johann Lambert,
Veteran der Kriege 1866 und 1870ſ71,
nach langem, ſchwerem Leiden zu ſich ab=
zurufen.
Im Ramen der krauernden Hinterbliebenen:
Eaih. Lambert Wyo.
Die Beerdigung findet Mittwoch, 2. Sept.,
nachmittags 3 Uhr, vom ſtädtiſchen Kranken=
hauſe, aus ſtatt.

Telegraphiſcher Wetterbericht.
Hamburg, 31. Aug. Meiſt ziemlich kühles Wetter
mit Regenfällen, beſonders im Norden, wahrſcheinlich.
Tageskalender.
Konzert um 8 Uhr in der Stadt Pfungſtadtr.
Anfänger=Kurſüs für Stenograͤphies nach Roller
um 816 Uhr Ernſt=Ludwigſtraße L.-
Stufenbahn auf dem Exerzierplatz; geöffnet von
5 Uhr ab.
Ländesverſammlung des Evangeliſchen Bundes
(Heſſ. Hauptverein zu Groß=Amſtadt.
Verſteigerungskalender.
Mittwoch, 2. September.
Mobiliar= ꝛc. Verſteigerung um 3 Uhr im
„Schöfferhofu
GkUmnekgras= und Klee=Verſteigerung um
9 Uhr bei Los Nr. 1 auf dem Steckenbornwes:
Pferdedung=Verkauf um 11 Uhr in der Artillerie=
CKaſerne Gesiment Nr. 259.
Jaſelochs=Verſteigerung um 12 Uhr im Faſelſtall
zu Hahn bei Pfungſkadt.

Druck und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei, verantwortlich für die Redaktion: Dr. O. Waldaeſtel, für den Inſeratenteil: F. Kroſt, ſämtlich in Darmſtadt.