150. Jabrgang.
vlerteljährlich 1 Mark 50 Pf. md.
Bringerlohn. Uuswürts werden von
allen Poſtumtern Beſtellungen
ent=
gegengenommen zu 1 Mark 50 Pf.
ww Quartal inck. Poſtaufſchlag
G.
Mit der Sonntags=Beilage:
2Uuſlirltp Bitethuttünhvoldtt.
werdenangenommen: u Darmſtadt
von der Expedition, Rheinſtr. Nr. 23.
in Beſſungen von Friedr. Blößer,
Holzſtraße Nr. 12, ſowie auswärts
von allen Annoncen=Expeditionen.
Amtliches Organ
fuͤr die Bekannkmachungen des Graßh. Kreisamts, des Großh. Polizeiamks und ſümmtlicher Behörden.
Freitag den 9. September.
1887.
Ne 176.
O r d n u n,
für das Schlachtweſen in der Haupt= und Reſidenzſtadt Darmſtadt.
Auf Grund der Art. 189 und 325 des
Polizeiſtraf=
geſetzes und des Art. 56 des Geſetzes vom 13. Juni 1874,
die Städte=Ordnung betr., wird nach Anhörung der
Stadtver=
ordneten=Verſammlung mit Genehmigung Großh. Miniſteriums
des Innern und der Juſtiz vom 27. Juli 1887 zu Nr.
M. J. 16211 für den Bezirk der Haupt= und Reſidenzſtadt
Darmſtadt verordnet, was folgt:
I. Polizeiliche Beaufſichtigung.
8 1.
Das Schlachtweſen und der Fleiſchverkauf in der Haupt=
und Reſidenzſtadt Darmſtadt, die zur Schlachtung und
Verar=
beitung des Fleiſches benutzten Räume, ſowie die
Fleiſchverkaufs=
ſtätten unterliegen in ihrem ganzen Umfang der polizeilichen
Beaufſichtigung.
II. Transport des Schlachtviehs.
8 2.
Das Schlachtvieh iſt beim Transport gehörig zu
ver=
wahren.
Zum Führen von Großvieh dürfen, unter Ausſchluß der
Lehrlinge, nur Gehülfen der beireffenden Metzger, ſowie andere
Perſonen nicht unter 18 Jahren verwendet werden. Das
gleichzeitige Mitführen des Schlachtkarrens durch dieſelben
Per=
ſonen iſt verboten.
Bullen müſſen beim Transport durch mindeſtens einen
vom Kopfe nach dem rechten Vorderbein anzubringenden Strick
gebunden, ſowie mit Wurfſtricken verſehen ſein und mindeſtens
durch zwei erwachſene Perſonen geführt und beaufſichtigt
werden.
Das Kleinvieh iſt auf, jede Thierquälerei ausſchließenden
Wagen zu fahren und darf nicht durch die Stadt getrieben
werden.
8 3.
Das Hetzen des Schlachtviehs durch Hunde, ſowie
über=
haupt der Transport des Schlachwiehs mittelſt Anwendung von
Hunden iſt nach Art. 320 des Polizeiſtrafgeſetzes unterſagt.
8 4.
Für den Transport des an den Bahnhöfen ankommenden
Viehs nach dem Schlachthauſe kann das Großh. Polizeiamt
beſondere Routen innerhalb der Stadt beſtimmen.
III. Schlachthauszwang.
8 5.
Alles Schlachtvieh darf nur im ſtädtiſchen Schlachthauſe
geſchlachtet werden. Nur für das Schlachten von Pferden
kann, ſo lange ein geeigneter Raum nicht vorhanden iſt, der
Betrieb beſonderer Schlachthäuſer geſtattet, bezw. angeordnet
werden.
8 6.
Abgeſehen von Pferdeſchlachtungen iſt eine Ausnahme von
dem obigen Zwange nur mit polizeilicher Erlaubnis in
Noth=
fällen, oder hinſichtlich ſolcher Schlachtungen zuläſſig, welche
von Privaten zur ausſchließlichen Verſorgung des eigenen
Haus=
haltes vorgenommen werden.
Diesbezügliche Geſuche ſind bei dem zuſtändigen
Revier=
poligei=Commiſſaͤr vorzubringen, welcher ermächtigt iſt, die
nachgeſuchte Erlaubniß zu ertheilen.
IV. Fleiſchbeſchau.
8 7.
Zur Ausübung der Fleiſchbeſchau iſt ein Fleiſchbeſchauamt
beſtellt, beſtehend aus einem approbirten Thierarzte als
Vor=
ſtand und einer dem Bedürfniß entſprechenden Anzahl von
Fleiſchbeſchauern. Das Fleiſchbeſchauamt unterſteht Großh.
Polizeiamt. In techniſcher Beziehung unterliegt das
Fleiſch=
beſchauperſonal der Ueberwachung des Kreisveterinärarztes und
des Kreisarztes gemäß der Beſtimmungen der Fleiſchbeſchau=
Ordnung vom 10. April 1880. Ingleichen gelten die
Vor=
ſchriften dieſer Verordnung auch in Bezug auf die Beſtellung
der Fleiſchbeſchauer und die Disciplinarbefugniß über
dieſelben.
Den Fleiſchbeſchauern iſt jedes Rebengeſchäft im
Schlacht=
haus unterſagt.
Die Schau der zum Schlachten beſtimmten Pferde hat
ſtets durch den hierzu beſtimmten Thierarzt zu erfolgen.
8 8.
Der Fleiſchbeſchau ſind alle Schlachtthiere, inſoweit ſie
nicht von Privatperſonen zur ausſchließlichen Verſorgung des
eigenen Haushalts geſchlachtet werden, unterworfen.
8 9.
Die Beſichtigung vor dem Schlachten darf nur in
Roth=
fällen, d. h. nur dann unterbleiben, wenn Thiere wegen
plötz=
lich eingetretener Unglücksfälle geſchlachtet werden müſſen und
ein Aufſchub der Schlachtung zur Folge haben würde, daß
deren Fleiſch gar nicht, oder nur bedingungsweiſe als
Nahrungs=
mittel für Menſchen verkauft werden kann.
8 10.
Die Fleiſchbeſchau wird, Rothfälle ausgenommen, nur im
Schlachthauſe ausgeübt und darf vor der inneren Beſichtigung
2188
Nr.4I76
kein Fleiſch oder Eingeweide des Viehs aus dem Schlachthauſe
entfernt oder beſeitigt werden.
8 11.
Die Schweine ſind zum Zweck der inneren Beſichtigung
zu ſpalten. Damit keine Schweine der Beſichtigung nach dem
Spalten entzogen werden können, darf kein Schwein bezw.
keine Schweinshälfte aus dem Schlachthauſe verbracht werden,
bevor dieſelbe zum Zeichen der ſtattgehabten Beſichtigung am
Hinterbein mit dem Stempel des betreffenden Fleiſchbeſchauers
geſtempelt iſt.
V. Schlachthausordnung.
8 12.
k7. Die Hausordnung im Schlachthaus wird von dem ſtädtiſchen
Schlachthausverwalter gehandhabt. Derſelbe wird hierbei durch
die Fleiſchbeſchauer und die Officianten des l. Polizeireviers
unterſtützt. In allen die Hausordnung betreffenden Streitfällen
ſteht dem Schlachthausverwalter die Entſcheidung zu.
8 13.
Der Zutritt zu dem Schlachthauſe iſt nur den daſelbſt
Beſchäftigten, anderen Perſonen nur mit ſpecieller Erlaubniß
des Schlachthausverwalters, Kindern unter 14 Jahren gar
nicht geſtattet, auch dürfen in das Schlachthaus keine Hunde
mitgenommen werden.
8 14.
Das Rauchen und der Ausſchank geiſtiger Getränke iſt
in ſämmtlichen Räumen des Schlachthauſes verboten.
8 15.
Jede Verunreinigung des Schlachthauſes und des dazu
gehörigen Hofes iſt unterſagt.
8 16.
Das Anbinden von Vieh in dem Hofe des Schlachthauſes,
ſowie das Aufſtellen der zum Wegfahren des Fleiſches
be=
ſtimmten Karren in einer den freien Verkehr hindernden Weiſe
iſt verboten.
8 17.
Die Schlachtgeräthſchaften dürfen nicht beſchädigt und nur
zu ſolchen Verrichtungen verwendet werden, zu welchen ſie
be=
ſtimmt ſind.
8 18.
Das Schlachten des Groß= und Kleinviehs, ſowie der
Schweine hat nur in den hierzu beſtimmten Räumen zu
er=
ſolgen, ebenſo das Brühen der Schweine und Kalbsfüße in
den ſpeciell hierfür beſtimmten Räumen und Keſſeln.
In dem Schweinebrühkeſſel dürfen gleichzeitig nur 4
Schweine gebrüht werden, befinden ſich ältere Thiere darunter
nur eine entſprechend kleinere Zahl.
8 19.
Aller bei dem Schlachten ſich ergebender Unrath, ſowie
alle nicht verwendbaren Abfälle ſind ſofort auf die
Dünger=
ſtätten, oder kan einen ſonſt hierfür zu beſtimmenden Ort zu
verbringen. Eingeweide, Därme, Fett, Knochen, Häute und
Klauen, ſowie andere Abſälle aller Art müſſen ſpäteſtens am
Abend des betreffenden Schlachttages aus dem Schlachthauſe
entfernt werden.
8 20.
Die Entleerung und Reinigung der Magen und Gedärme
darf nicht in den betreffenden Schlachträumen erfolgen, ſondern
nur in dem hierfür ſpeciell hergerichteten und beſtimmten Raum
(Kuttlerei, Kaldaunenwäſche). Magen und Gedärme von
Groß=
vieh muß vor der Reinigung in der Kuttlerei auf den
Dünger=
ſtätten entleert werden.
Für den Transport und die Reinigung der Eingeweide ꝛc.
ſind die hierfür ſpeciell beſtimmten Geräthe und Gefäße zu
benutzen.
8 21.
Die Metzger haben bei ihren Arbeiten im Schlachthauſe
die größte Reinlichkeit zu beobachten und müſſen alle
ver=
wendeten Gefäße und Geräthe, ſowie die benutzten Räume nach
dem Gebrauche gehörig reinigen und mit reinem Waſſer ab=
ſchwemmen. Im Unterlaſſungsfalle wird die Reinigung auf
Koſten der Säumigen durch den Schlachthausverwalter
ange=
ordnet.
8 22.
Die Vertheilung der Schlachträume und die Beſtimmung
der Reihenfolge des Schlachtens erfolgt durch den
Schlacht=
hausverwalter, deſſen Anordnungen bezüglich der Ordnung,
Ruhe und Reinlichkeit ꝛc. bei Meidung von Strafe und
Aus=
weiſung unbedingt Folge zu leiſten iſt.
8 23.
Beläſtigung Anderer in Benutzung des Schlachthauſes,
Beſchädigung desſelben und der Geräthe, Lärmen und ſonſtiger
Unfug ſind ſtreng verboten.
Jeder Meiſter hat bei ſeinen Verrichtungen im
Schlacht=
hauſe für Erhaltung der Ordnung und des Friedens und für
Forderung der Geſchäfte zu ſorgen und hierzu ſeine Geſellen,
Lehrlinge und ſonſtige verwendete Perſonen anzuhalten. Er
haftet für allen Schaden, welcher durch ſeine Leute im
Schlacht=
hauſe dem ſtädtiſchen Eigenthum zugefügt wird.
8 24.
Die Benutzung der Waſſerleitung ſteht jedem Schlachtenden
frei, nach der Reihe des Eintreffens. Geſchirre, als Ständer,
Kübel ꝛc. dürfen unter den Hahnen der Waſſerleitung nicht
ſtehen gelaſſen werden, ſondern müſſen, ſobald ſie gefüllt ſind,
hinweggenommen werden.
VI. Schlachtzeit.
8 25.
Die Benutzung des Schlachthauſes findet in der Regel
nur an den Wochentagen ſtatt, und zwar:
A. Vom 1. September bis 1. Mai von 7 Uhr Vormittags
bis 6 Uhr Abends.
b. Vom 1. Mai bis 1. September von 6 Uhr Vormittags
bis 8 Uhr Abends.
Ausnahmsweiſe kann in der Zeit vom 1. Mai bis 1.
Sep=
tember auch in der Zeit von 4 bis 6 Uhr Morgens geſchlachtet
werden. Soll dies geſchehen, ſo iſt hiervon dem
Schlachthaus=
verwalter und dem 1. Fleiſchbeſchauer vor Schluß der
Schlacht=
zeit des vorhergehenden Tages Anzeige zu machen.
8 26.
Eine Stunde vor Ablauf der Schlachtzeit darf kein
Groß=
vieh und eine halbe Stunde vorher kein Kleinvieh mehr in das
Schlachthaus eingebracht werden.
8 27.
Das Schlachten zu einer anderen als der in 8 25
an=
gegebenen Zeit iſt nur in dringenden Fällen geſtattet.
Geſuche um diesbezügliche Erlaubniß ſind bei dem
Com=
miſſariat des 1. Polizeireviers vorzubringen; der Fleiſchbeſchauer
und der Schlachthausverwalter ſind von dem Schlachtenden
rechtzeitig von der erwirkten Erlaubniß in Kenntniß zu ſetzen.
VII. Das Schlachten.
8 28.
Alles im Schlachthaus zu ſchlachtende Vieh darf nicht
früher als unmittelbar vor der Schlachtung in den
Schlacht=
raum verbracht werden. Mit der Schlachtung darf erſt dann
begonnen werden, wenn von Seiten des dienſthabenden
Fleiſch=
beſchauers nach erfolgter Beſichtigung des Thieres ein
Ein=
ſp ch gegen das Schlachten desſelben nicht erhoben wird.
8 29.
Bei der Schlachtung iſt ſchnell, ohne Quälerei, mit aller
Vorſicht und nach Handwerksgebrauch zu verfahren. Die
Feſtſtellung des „Handwerksgebrauchsu erfolgt durch Großh.
Polizei=Amt nach Anhörung der Innung.
8 30.
Beim Schächten müſſen die Thiere durch ein geeignetes
Wurfzeug möglichſt raſch und ſchmerzlos in die geeignete Lage
gebracht und ſofort getödtet werden. Thiere, welche ſich wegen
Beſchaffenheit ihrer Hörner mit dem Kopf nicht ganz umlegen
können, dürfen unter keinen Umſtänden durch Einführen eines
Nr. 176
Hebels in den Rachen mit Gewalt zu vollſtändigem Umlegen
gebracht werden.
8 31.
Nach vollendeter Verblutung und völlig eingetretenem Tode
hat die Verarbeitung nach Handwerksgebrauch alsbald zu
ge=
chehen und iſt ſodann das Fleiſch ſofort aus den
Schlacht=
äumen zu entfernen.
8 32.
Das Aufblaſen von geſchlachtetem Bieh iſt verboten.
33.
Hat die Fleiſchbeſchau bereits vor dem Schlachten ein
Stück Vieh für ungeſund erklärt und erkannt, daß das Fleiſch
Aavon nicht verkauft oder genoſſen werden dürfe, ſo iſt nach
Art. 317 des Polizeiſtrafgeſetzes das Schlachten des Viehs zum
Bwecke des Verkaufs oder Genuſſes verboten.
8 34.
Das von der Fleiſchbeſchau beanſtandete Fleiſch iſt
als=
lald in den im Schlachthauſe befindlichen beſonders
hergerich=
cten Raum zu verbringen, in welchem dasſelbe bis zu der
vn Großh. Polizeiamt getroffenen Beſtimmung aufbewahrt
weird.
8 35.
Wird der Verkauf des beanſtandeten aber noch genießbaren
Fleiſches geſtattet, ſo darf dasſelbe nur auf der Freibank unter
g. amhaftmachung des Anſtandes verkauft werden.
Für den Betrieb der Freibank bleibt der Erlaß beſonderer
Veſtimmungen vorbehalten.
Für ungenießbar erklärtes Fleiſch iſt auf Koſten des
Polizei=Amtes zum Verkauf unbrauchbar zu machen und durch
dn Waſenmeiſter auf dem Waſenplatz zu verſcharren.
VIII. Wiegen des Schlachtviehs.
8 36.
Alle im Schlachthaus des Handels wegen vorzunehmenden
Værwiegungen haben gegen Zahlung der feſtgeſetzten Gebühr
durch den auf Grund des 8 36 der Gewerbeordnung ernannten
und verpflichteten Wäger zu geſchehen, dem jedes Nebengeſchäft
m Schlachthaus verboten iſt.
Ueber jede Abwiegung iſt Wiegſchein zu ertheilen und zu
nahmen.
Andere Waagen als die der Stadt gehörigen dürſen im
Schlachthauſe nicht verwendet werden.
8 37.
Von den zu verwiegenden Thierſtücken dürfen vor der
Ver=
weegung nur die im Nachſtehenden bezeichneten Theile entfernt
merden und es iſt ſtrengſtens verboten, Thiere zur Verwiegung
n.zumelden und vorzulegen, von welchen andere Theile
abge=
mennt ſind, oder Fleiſch ausgeſchnitten iſt. - Bei allen
Lieren ſind vor der Verwiegung die Bruſt= und
Baucheinge=
meide mit Ausnahme der Nieren zu entfernen.
Die Schweine gelangen mit Kopf und Füßen, aber ohne
die Zunge, Luft= und Speiſeröhre zur Verwiegung. Bei Rind=
2189
vieh, Schaſvieh und Ziegen ſind der Kopf einſchließlich der
Zunge und der Füße vor der Verwiegung abzutrennen. Der
Kopf iſt im Genick, die Füße am unteren Theile des
Vorder=
knie= bezw. Sprunggelenks abzutrennen.
An dem durch die Verwiegung feſtgeſtellten Gewicht
wer=
den, ſofern die Thierſtücke warm verwogen werden, bei den
Schweinen 2 kg, bei den Schafen 0,50 kg, bei den Kälbern
1 E8 und beim Hornvieh 4 kg von je einem Schlachthier in
Abzug gebracht.
Ix. Fleiſchtrausport.
8 38.
Zum Transport des Fleiſches und der Sulzerwaaren vom
Schlachthauſe nach den Verkaufsſtätten dürfen nur reinliche und
vollſtändig geſchloſſene Wagen und Karren verwendet werden.
Wird Fleiſch in Körben, in Mulden, oder auf andere
Weiſe durch die Stadt transportirt, ſo iſt dasſelbe mit
rein=
licher Bedeckung zu verſehen. Das Tragen des Fleiſches auf den
Trottoirs, ſowie das Rauchen während des Transports des
Fleiſches iſt verboten.
L. Fleiſchverkaufsſtätten.
8 39.
Auch die Arbeits=, Verkaufs= und Aufbewahrungslokale
der Metzger und Fleiſchhändler unterliegen der polizeilichen
Beaufſichtigung und Reviſion und ſind dieſe verpflichtet, den
revidirenden Polizeibeamten alle Räume und Behältniſſe, in
welchen Fleiſch oder Fleiſchwaaren bearbeitet oder aufbewahrt
werden, zu öffnen und die geſammten Fleiſch= und
Wurſt=
vorräthe einer für nothwendig erkannten Unterſuchung
unter=
ziehen zu laſſen.
8 40.
Das Aushängen ganzer geſchlachteter Thiere oder einzelner
Theile, ſowie von Metzgerwaaren vor den Häuſern, an den
Thürpfoſten, Thüren oder Fenſtern iſt verboten.
8 41.
Das Feilhalten von friſchem Fleiſch darf nur im Innern
der Läden ſtattfinden und ſind Meſſer, Waagen, Gewichte,
überhaupt alle zum Verkauf und zur Verarbeitung von Fleiſch
und Fleiſchwaaren dienenden Geräthſchaften ſtets in reinem
Zuſtande zu halten.
XI. Strafbeſtimmungen.
8 42.
Zuwiderhandlungen gegen die Beſtimmungen dieſer Polizei=
Verordnung unterliegen, inſoweit nicht nach beſtehenden
geſetz=
lichen Beſtimmungen eine höhere Strafe verwirkt iſt, einer
Strafe bis zu 30 Mark.
XIL. Uebergangsbeſtimmungen.
8 43.
Gegenwärtige Polizei=Verordnung tritt 4 Wochen nach
ihrer Verkündigung im Amtsblatt in Kraft, mit Ausnahme
der Beſtimmungen in 8 38 Poſ. 2, für deren vollſtändige
Durchführung eine Friſt von 3 Monaten feſtgeſetzt wird.
Darmſtadt, den 28. Auguſt 1887.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
v. Grolman.
A n ſi a n g
II. Für die Beſchau außerhalb der Schlachtſtunden:
a. für ein Stück Großvieh
b. „ Kleinvieh
„. Für Benuhzung des Schlachthauſes (Schlachtgebühr):
1V. Für das Reinigen des Schlachthauſes bei
2. für 1 Ochſen
c6 021
Schlachtungen au Sonn= und Feiertagen
G. „ 1 Kuh oder 1 Rind
009 W Für das Wiegen:
C. „ 1 Schwein.
„ 012 a. eines Stückes Großvieh
d. „ 1 Kalb, Hammel oder Schaf
„ 003
b. „ Kleinvieh
1. Für die regelmäßige Beſchau:
VI. Für das Wegbringen und Verſcharren durch
Geb üh rext.
An Gebühren ſind bis auf Weiteres zu entrichten:
[8435
4 050
„ 025
2190
Nr.
VI. Für gleichzeitiges Abledern:
4 10.
a. eines Stückes Großvieh
„ 050
b. „ Kleinbieh
VI. Für das Berſcharen allen:
a. eines Stückes Großvieh
„ 1,00
b. eines Stückes Kleinvieh
„ 050
IT. Für das Verbringen und Verſcharren
ein=
zeluer Theile
050
Für einen Gang nach dem Waſenplatz, auch
Verbringung der Theile verſchiedener
176
bei
Thiere, höchſtens
4 1.50
Die vorſtehend aufgejührten Gebühren ſind wie folgt zu
zahlen:
a. die Gebühren sub 1 an die Stadtkaſſe;
b. die Gebühren zub H u. III u. V1 bis 1T an die
Poli=
zeikaſſe;
c. die Gebühr gub 1V bis auf Weiteres an den
Schlacht=
hausverwalter;
d. die Gebühren sub V bis auf Weiteres an den Wieger.
B e k a n n t m a ch u n g.
Die für die Schloßgaſſe, Geiſtberg und Muhlſtraße zwiſchen Kapell= und Rieder=Ramſtadterſtraße angeordnete Sperre
wird hierdurch wieder aufgehoben.
Wegen Pflaſterung der Fahrbahn in der Rieder=Ramſtüdterſtraße wird dieſe Straße und zwar von Roßdoͤrſer= bis zur
Kiesſtraße bis auf Weiteres für Fuhrwerke und Reiter polizeilich geſperrt.
Darmſtadt, den 5. September 1887.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
v. Grolman.
18736
Bekanntmachung.
In unſer Firmenregiſter wurde
ein=
getragen:
Wilhelm Hildebrand I.
Juſtus Ulrich und
Heinrich Schultheß,
betreiben ſeit dem 1. September l. Js.
in Pfungſtadt ein Papierfabrikations=
Geſchäft unter der Firma:
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Hildebrand, Ulrich & Comp.
Darmſtadt, den 7. September 1887.
Großherzogliches Amtsgericht Darmſtadt II.
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für Deutschland, Schweiz, Holland, Htalien, England.
Durch Uebernahme des Generalvertriebes für obige Länder bin ich in der Lage hier am
Platze alle Möbel der Herren Gebrüder Weber zu
Original-Fabrihpreisen
verkaufen zu können. - Sämmtliche Möbel zeichnen ſich durch die hochfeinſte, allerſolideſte
Arbeit, für welche jede Garantie geleistet wird, ſowie durch ſehr billige
Preiſe aus.
In meinen 16 complet eingerichteten Musterzimmern ſind fortwährend
Neuheiten in allen Arten Möbeln, ſowie die neueſten Decorationen ausgeſtellt und lade ich
zu deren Beſuch ergebenſt ein.
Eignes Atelier zum Entwerfen neuer Hodelle und Decorationen hier im Hause.
Die Fabrikate der Herren Gebrüder Weber ſind hier am Platze nur durch mich
zu beziehen.
in der Hausarbeit bewandert iſt, ſucht
Stelle als zweites Hausmädchen.
Aus=
wärts bevorzugt. Näheres
Eliſabethen=
ſtraße 22 im Hinterbau.
8753) Ein in der Pflege u. im Haushalt
ſowie in Handarbeit gründlich erfahrenes
Fräulein, das langjährige Zeugn. beſitzt,
wünſcht paſſende Stelle. Zu erfragen bei
Frau Hahn, Ernſt=Ludwigsſtr. 9.
8757) Ein j9. Müdchen, welches im
Nähen ſowie in Handarbeiten bewandert
iſt, ſucht Stelle als Hausmädchen oder in
einen kl. Haushalt als Mädchen allein.
Es wird mehr auf gute Behandlung als
auf Lohn geſehen. Näheres
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ſtraße 14, 3. Stock, Vorderhaus.
u
8682) Eine gewandte Köchin ſofort
oder aufs Ziel geſucht. Wo? ſagt die
Exped. d. Blattes.
Ein tüchtiger Heizer
kann alsbald eintreten.
Wilhelm Rummel,
Brauereibeſitzer. (8720
8755) Eine Aushilfſtelle.
Stellenbüreau Korb, Soderſtraße 60.
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Gottfr. Kemmerzehl, Arheilgerſtr. 54.
8754) Eine angehende
Kinder=
gärtnerin für ſofort geſucht.
Näheres zu erfragen zwiſchen 4 bis
5 Uhr Markt 4, 3. Stock.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, 9. September.
3. Vorſtellung i. d. 1. Abonnementsabteilung
(Blaue Karten gültig.)
Das Glas Baſſer.
Luſtſpiel in5 Akten nach Scribe von A. Cosmar.
Perſonen:
Anna, Königin von England Frl. von Felden.
Herzogin von Marlborough Frl. Verl.
Henry Saint=John
Herr Edward.
Maſham, Fähndrich
Abigail
Lady Albermale
Woog, 8. September 1887.
Waſſerhöhe am Pegel 3,60 Meter.
Lufttemperatur 110 R.
Waſſerwärme Vormittags 8 Uhr 14¹½ R.
Woogspolizeiwache.
Herr Hacker.
Frau Kläger.
Marquis von Torch Herr Dalmonico.
Frl. Bernhard.
Ein Mitglied des Parlaments Herr Knispel.
Thompſon, Thürſteher
Herr Mickler.
Aufang 7 Uhr. Ende gegen ¼10 Uhr.
Sonntag. 11. September.
7. Vorſtellung in d. 1. Abonnementsabteilung.
(Rote Karten gültig.)
Maria Skuark.
Trauerſpiel in 5 Akten von Schiller.
W. Dampſtratzenbahn. Nach Schluß
jeder Vorſtellung wird noch ein Zug nach
Eberſtadt abgehen und an den im
Fahr=
plan näher bezeichneten Punkten der Stadt
nach Bedarſ anhalten.
2194
Nr.
Standesamtliche Nachrichten von Beſſungen
(vom 1. bis 7. September 1887.
Broklamiert als Verkobte: Der Schloſſer Wilhelm Neuroth
zu Darmſtadt und Sophie Bönſel dahier. Der Maurer Georg
Wilhelm Hering dahier und Anna Maria Hotz zu Kirch=Brombach.
Der Gärtner Peter Kiefer und Eliſabethe Chriſtine Hering dahier.
Der Großh. Gerichtsaſſeſſor Georg Heinrich Giller dahier und
Emilie Auguſte Philippine Leichtweiß zu Darmſtadt, L. des Großh.
Polizeirats i. P. Chriſtian Leichtweiß daſelbſt.
Geſtorbene: Am 2. September: Dem Maler Ernſt Friedland,
T. Dorothea Katharina, 2 M. alt. Am 3.: Der Taglöhner
Leon=
hard Koch, Witwer, 48 J. 4 M. alt. Am 5.: Der Lumpenſammler
Adam Marck, 42 J. 10 M. 16 T. alt. Am 6.: Die Ehefrau des
Maurers Heinrich Geyer IV., Eliſe geb. Erbes, 41 J. 3 M. 17 T.
Politiſche Ueberſicht.
Deutſches Beich. S. M. der Kaiſer machte am 7. eine
Spazier=
fahrt im Parke von Babelsberg und empfing Perponcher und
Wil=
mowsky zum Vortrag. Die Rückkehr des Kaiſers und der Kaiſerin
nach Berlin wird vorausſichtlich am kommenden Samstag oder
Sonntag erfolgen.
Der Reichskanzler Fürſt Bismarck wird mit ſeiner Gemahlin
am Freitag aus Kiſſingen in Berlin erwartet.
Anfang dieſer Woche hat der Bundesrat ſeine Arbeiten wieder
aufgenommen, zunächſt mit einer Sitzung des Juſtizausſchuſſes.
Eine Plenarſitzung ſoll alsbald folgen. Indeſſen werden die
Bun=
desratsarbeiten wohl erſt nach der Rückkehr des Staatsſekretärs
von Bötticher aus Karlsbad. Anfang Oktober, recht in Fluß kommen.
Der Staatsſekretär des auswärtigen Amtes, Wirklicher Geh.
Legationsrat Graf Herbert Bismarck, wird dem Vernehmen nach
gegen Mitte dieſes Monats aus England in Berlin eintreffen.
Staatsminiſter v. Puttkamer iſt am 7. nach Königsberg
ab=
gereiſt.
Der preußiſche Miniſter für Landwirtſchaft hat den
landwirt=
ſchaftlichen Centralvereinen ein Exemplar der von dem Vereine für
Sozialpolitik herausgegebenen Berichte und Gutachten über den
Wucher auf dem Lande und einen Beſchluß bes Landes=Oekonomie=
Kollegiums zugehen laſſen, wonach ſämtlichen landwirtſchaftlichen
Vereinen empfohlen wird, die gegen den Wucher zu ergreifenden
Maßregeln zu beraten. Die Vereine ſollen ſich nun, wie die Voſſ.
3tg.- mitteilt, über die das Vorkommen des Wuchers betreffenden
Berichte gutachtlich äußern, beziehentlich dieſe ergänzen.
Prinz Wilhelm von Württemberg weilte einige Tage im ſtrengſten
Incognito in Berlin und reiſte am 7. früh nach Darmſtadt, um dem
Vernehmen nach den in Oberheſſen gegenwärtig ſtattfindenden
Ma=
növern anzuwohnen.
Prinz=Regent Luitpold von Bayern wird am 11. wieder in
München eintreffen, am 12. den neuen Nuntius empfangen, am 13.
in einer Sitzung des Staatsrats den bereits fertiggeſtellten Text der
Thronrede vorlegen, am 14. den Landtag eröffnen und am 15. zu
ſeiner letzten diesjährigen Jagd auf Hirſch= und Gemswild nach
Hinterſtein abreiſen.
Im baheriſchen Staatshaushalt iſt für das nächſte Jahr eine
Gehaltsverbeſſerung der Geiſtlichen, Lehrer und ſämtlicher
Subaltern=
beamten vorgeſehen.
Der Statthalter von Elſaß=Lothringen, Fürſt Hohenlohe, iſi am
7 nachmittags von Schillingsfürſt in Kiſſingen eingetroffen und hat
ſich alsbald zum Reichskanzler Fürſten Bismarck begeben. Fürſt
Hohenlohe begiebt ſich dem Vernehmen nach zunächſt auf die von
ſeinem Schwager Fürſten Wittgenſtein ererbte Beſitzung Werki in
Rußland.
Das in einer großen Zahl von Exemplaren im Reichslande
verbreitete Pariſer Blatt„Petit Journals iſt verboten worden.
Das Panzer=Offenſiv=Geſchwader iſt am Dienstag früh von
Wilhelmshafen aus in See gegangen, um die Manöver in der Nordſee
zu beginnen. Prinz Ludwig von Bayern, welcher in Wilhelmshafen
alle Marineetabliſſements eingehend beſichtigte, wohnt auch dieſem
Teile der Marine=Manöver an Bord des „Kaiſer= bei.
Heſterreich=Angarn. Der ungariſche Miniſterpräſident, v. Tisza,
traf am 7. nachmittags auf der Reiſe von Oſtende nach Peſt in
Wien ein.
Graf Kalnoky empfing am 7. den deutſchen Botſchafter Prinzen
Reutz.
Das Wiener „Fremdenblatt” druckt einen aus Berlin datierten
Brief der Polit. Korr. ab und betont, daß nach Auffaſſung der
Pforte und anderer Mächte nur das thatſächliche Auftreten des
Prinzen Ferdinand als Fürſt vor der Beſtätigung ſeiner Wahl,
nicht aber der Wahlakt als ſolcher ungeſetzlich ſei.
Jrankreich. Der Miniſter des Innern hat an die Präfekten
ein Rundſchreiben gerichtet, „damit ſie die von Reaktionären auf
dem Lande verbreiteten Gerüchte für grundlos erklären, daß der
Mobilmachungsverſuch das Vorſpiel zu einem nahe bevorſtehenden
Kriege ſeil. Das Schema der Manöver der Mobilmachung iſt
nochmals geändert worden und ſoll am 7. abends erſt endgültig
176
feſtgeſtellt werden. Am 7. gehen bis 11 Uhr abends noch
Eiſen=
bahnzüge mit Artillerie und Munition nach Toulouſe ab.
Das „Journal des Debats: bemerkt bezüglich der Differenz
mit England wegen der Neuen Hebriden, es ſei ſchon unter Freyeinet
ein Einvernehmen in dieſer Frage hergeſtellt worden, Flourens habe
ſich jedoch geweigert, den Vertrag zu unterzeichnen, bevor eine
Ver=
ſtändigung über die Neutralität des Suezkanals erzielt ſei. Betreffs
dieſer Frage ſei nun über die meiſten Punkte allmählich eine
Ver=
ſtändigung erreicht, übrig bleibe nur noch ein letzter Punkt.
Des=
halb überreichte der Botſchafter Waddington Lord Salisbury einen
Entwurf, demzufolge eine internationale Kommiſſion beauftragt
werden ſolle, an den Ufern des Kanals eine Zone zu beſtimmen,
innerhalb deren die Anlage von Befeſtigungen und die Konzentration
von Truppen nicht geſtattet ſeien.
Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die probeweiſe Mobilmachung
des 17. Corps in Frankreich die patriotiſchen oder, beſſer geſagt,
die chauviniſtiſchen Gefühle auf den Gipfel der Begeiſterung
ge=
hoben hat, denn darüber iſt niemand - außer den Fachkreiſen
in Zweifel, daß dieſer Verſuch zeigt, daß man es mit jedem Feinde
aufnehmen könne, obſchon die taktiſchen und ſtrategiſchen Verſuche
erſt jetzt beginnen ſollen. Ihren Zweck hat die Mobilmachung alſo
ſchon jetzt erfüllt. Die Spionenſuche nimmt dabei flott ihren
Fort=
gang. Sie hat neuerlich auch ſämtliche von Paris nach Toulouſe
geſchickten Geheimpoliziſten betroffen, die fremden Accent geſprochen
haben ſollen und infolge deſſen verhaftet wurden. Man meinte, ſie
ſeien Elſäſſer. In Caſtelnaudary glaubt man endlich ein Exemplar
der ſo ſeltenen Spezies „Spion' gefangen zu haben. Leider iſt es
im beſten Falle nur ein unechtes, nämlich ein Ungar, der behauptet,
er ſei nach Frankreich gekommen, um die Reblaus zu ſtudieren.
Natürlich hat man ihn ſofort hinter Schloß und Riegel gebracht.
England. Nach einer in London am 7. eingetroffenen Meldung
des „Büreau Reuter; aus Teheran wäre Ejub Khan vor einigen
Tagen auf afghaniſchem Gebiet eingetroffen, von demſelben aber
wieder vertrieben worden und hielte ſich gegenwärtig in dem perſiſchen
Bezirke Ghaim (Provinz Kohiſtan) auf.
Dänemark. Der glänzende fürſtliche Familienkreis auf Schloß
Fredensborg bei Kopenhagen hat ſich am Dienstag durch die
An=
kunft des engliſchen Thronfolgers, des Prinzen von Wales, und
deſſen Sohnes, des Prinzen Albert Victor, noch um zwei weitere
Mitglieder vermehrt. Die Prinzeſſin von Wales weilt mit ihren
Töchtern bekanntlich ſchon längere Zeit auf Fredensborg, dem
Som=
mertusculum der däniſchen Königsfamilie, im Verein mit den
ruſſi=
ſchen Majeſtäten und dem Großfürſten=Thronfolger, ſowie den
griechiſchen Herrſchaften. Den Mittelpunkt dieſes fürſtlichen
Fami=
lientages bildet natürlich Kaiſer Alexander III., welcher ſich ſtets
wohler in dem Sommerheim ſeines Schwiegervaters als in Gatſchina
oder in den anderen kaiſerlich ruſſiſchen Luſtſchlöſſern zu fühlen
pflegt, was aber nicht ausſchließt. daß auch im Schloſſe und Parke
von Fredensborg die peinlichſten Vorſichtsmaßregeln zum Schutze
des Zaren getroffen werden, da man auch hier überall nihiliſtiſche
Geſpenſter ſieht. Die Zarenfamilie gedenkt zum mindeſten bis Ende
September in Fredensborg zu verbleiben.
Aus Stadt und Land.
Darmſtadt. 9. September
Der Forſtacceſſiſt Guſtav Dieffenbach zu Grünberg wurde
zum Forſtaſſeſſor ernannt.
4 Bei dem am Mittwoch nachmittag ſtattgehabten Wettſchwimmen
von Damen, welche die Schwimmſchule beſuchen, errangen Fräulein
Auguſte Schödler und Fräulein Paula Rößler, welche gleichzeitig
ankamen, ſowie Fräulein Lili v. Hagen und Fräulein Eliſe Schwab
erſte Preiſe, beſtehend in ſilbernen Armbändern mit entſprechender
Widmung.
* Kleine Mitteilungen. Einige noch ſchulpflichtige Jungen
warfen verfloſſenen Sonntag mutwilligerweiſe 22 Fenſterſcheiben
am ſtädtiſchen Lagerhaus ein.
Gegen einen Schirmmacher wurde
Anzeige wegen Unterſchlagung eines Schirmes erhoben.
In
der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ſchoß ein junger Mann
aus Brandau in angetrunkenem Zuſtande mit ſeinem
ſcharfge=
ladenen Revolver nach einer Frau, mit welcher er in
Wort=
wechſel geraten war. Der Burſche wurde in Haft genommen.
Weiter wurde ein 15jähriger Burſche verhaftet, welcher ſeinem
Vater etwa s M. unterſchlagen, ſowie ein Fünfmarkſtück aus
einem verſchloſſenen Schrank, welchen er aufgebrochen,
ent=
wendet hat.
44 Die Preiſe für das Rennen des ,Radfahrer=Vereins
Darmſtadt=
ſind gegenwärtig in einem Schaufenſter der Firma Marie Weber
ausgeſtellt, wo ſie die Aufmerkſamkeit der Paſſanten auf ſich ziehen.
Zu dem Rennen ſelbſt ſind jetzt ſchon ſo viel Meldungen einge
gangen, daß gegenwärtig an 50 Nummern beſtehen und die trotz
dem, daß am Sonntag 11 Radfahrer=Rennen an anderen Orten
ſtattfinden. An dem Wettfahren werden ſich übrigens auch hieſige
Fahrer zahlreich beteiligen und jedenfalls verſchiedene Preiſe
er=
kämpfen. Jeden Morgen wird auf dem Marienplatze fleißig trainiert.
Ein zweiter Kunſtfahrer hat ſich gemeldet: Herr Richard Schulz
vom Hamburger Velocipediſten=Klub. Das Programm iſt um eine
weitere Nummer bereichert worden, ein Hindernisfahren.
Für diejenigen, welche ſich rechtzeitig einen guten Platz ſichern
wollen, ſei erwähnt, daß bei Herrn Carl Will ein Situationsplan
des Rennplatzes zur Anſicht ausliegt.
4) Eberſtadt, 7. September. Heute hat dahier die diesjährige
Hauptverſammlung der Shnode des Dekanats Eberſtadt
ſtattgefunden. Die Verhandlungen wurden durch einen Gottesdienſt
eingeleitet, in welchem Herr Pfarrer Dr. Römheld von Seeheim
eine tief durchdachte, von Herzen kommende und zu Herzen gehende
Predigt hielt, unter Zugrundelegung des Textes aus dem
Evange=
lium Marcus 6, 34-44: deren Grundgedanken waren: 1) die Kirche
und das Volk; 2) Jeſus Chriſtus und das Volk; 3) die Diener
Chriſti und das Volk. Nach dem Gottesdienſt begrüßte Herr Dekan
Heß von Crumſtadt die Anweſenden und dankte beſonders Eberſtadt
für den ſchönen Empfang, die hübſche Ausſchmückung der Kirche
und für die ſehr gelungen ausgeführten dreiſtimmigen Geſänge der
beiden hieſigen oberen Schulklaſſen. Nächſidem gedachte Herr Dekan
Heß mit warmen Worten der im vorigen Jahre verſtorbenen
Mit=
glieder der Synode; zum Heichen des ehrenden Andenkens erhoben
ſich die Anweſenden von ihren Sitzen. Dann folgten geſchäftliche
Mitteilungen, ſowie die Wahl zweier Schriftführer, wozu die Herren
Pfarrer Heyer=Nieder=Beerbach und Frank=Rohrbach durch
Accla=
mation gewählt wurden. Sämtliche Synodalabgeordnete waren bis
auf zwei anweſend. Aus der Dekanatsrechnung wurde mitgeteilt,
daß die Einnahme in der abgelaufenen Veriode 889 M. 21 Pf.
be=
trug, und daß ein Defizit von ca. 16 M., welches in nächſter Veriode
Deckung findet, vorhanden iſt. Herr Pfarrer Schüler=Eberſtadt
ver=
las hierauf den ſehr umfangreichen und auch für den Laien recht
intereſſanten Rechenſchaftsbericht aus dem Jahre 1886, welcher im
Großen und Ganzen weder eine ſonderliche Beſſerung, noch auch
einen merklichen Niedergang der kirchlichen Verhältniſſe konſtatierte.
Hieran ſchloß ſich als weitere Verhandlung das Referat des Herrn
Pfarrers Noak über die Frage: Iſt die Verlegung der Konfirmation
von Pfingſten auf einen früheren Termin wünſchenswert?
Sämt=
liche Theſen wurden unverändert angenommen mit dem Schlußſatz,
daß das Pfingſtfeſt zur Konfirmation namentlich in den
Landge=
meinden in der ſeitherigen Weiſe beizubehalten ſei, daß aber auch
beſondere örtliche Verhältniſſe eine Abweichung zulaſſen können.
Das hierauf folgende Referat des Herrn Pfarrers Kayſer über die
Frage: Was kann innerhalb des Dekanats von kirchlicher Seite zur
richtigen Handhabung des Geſetzes über die Unterbringung
jugend=
licher Uebelthäter und Verwahrloſter geſchehen? erregte größere und
längere Debatten, nach denen die erſten fünf Theſen unveränderte
Annahme, dagegen die letzte, die Kleinkinderſchulen betreffend,
Ab=
lehnung fanden. — Als nächſter Verſammlungsort wurde wiederum
Eberſtadt beſtimmt, ein Beweis dafür, daß es den auswärtigen
Herren hier gefallen hat. Nach den kirchlichen Verhandlungen fand
bei Herrn Gaſthalter Laun dahier ein gemeinſames Eſſen ſtatt, das
in Bezug auf Reichhaltigkeit, Güte und Preis dem Wirte alle Ehre
machte. Herr Dekan Heß brachte einen Toaſt auf Se. Königl.
Hoheit den Großherzog, und Herr Pfarrer Schüler einen ſolchen
auf den Herrn Dekan Heß aus. Erſt bei vorgerückter Stunde traten
die auswärtigen Teilnehmer den Heimweg an.
J. Mainz, 7. September. In den Tagen vom 13. bis 16. Sept.
tagt hier die Generalverſammlung des Geſamtvereins
der deutſchen Geſchichts= und Altertumsvereine. Am
Abend des 13. findet eine geſellige Zuſammenkunft der Teilnehmer
in der Stadthalle; und den folgenden Morgen in dem
Akademie=
ſaale des kurfürſtlichen Schloſſes die allgemeine Verſammlung ſtatt.
Bei letzterer wird Dr. Velke über „die neuen Erwerbuugen des
Mainzer Original=Muſeums” und Prof. Dr. Keller über die „römiſche
und fränkiſche Bewaffnung= ſprechen. Nach den Vorträgen wird
unter Führung des Direktors Lindenſchmitt eine Beſichtigung des
römiſch=germaniſchen Centralmuſeums vorgenommen. Am 15. finden
Kommiſſions= und Delegiertenſitzungen und Beſichtigung der
Sehens=
würdigkeiten der Stadt ſtatt. Den folgenden Tag iſt nach
Sektions=
ſitzungen wieder allgemeine Verſammlung, in welcher Dr.
Bocken=
heimer über „das öffentliche Leben in Mainz zur Zeit der zweiten
ranzöſiſchen Herrſchaft; und Dr. Schellhaß aus Frankfurt über die
„Haltung des Frankfurter Rathes während der Mainzer
Bistums=
fehde' ſprechen wird.
Mainz, 7. September. Waſſerwerk. Nachdem ſeit nahezu 10
Jahren unter Leitung des Herrn Ingenieur Kröber aus Stuttgart
in und um Mainz Bohrungen vorgenommen worden ſind, um
Quellen zu finden, welche quantitativ und qualitativ genügen, um
Mainz mit Waſſer zu verſorgen, glaubt man in der
Domanial=
waldung bei Kelſterbach ein Waſſer gefunden zu haben, welches
allen Anſprüchen genügt. Dasſelbe ſoll bei 7 Grad Reaumur nur
1 deutſchen Härtegrad haben, während das Dr. Rautert'ſche Waſſer
deren 22 hat. Die Röhrenleitung von Kelſterbach bis Mainz
ver=
anſchlagt der Herr auf 700000 bis 800 000 M. die Betriebskoſten
würden ſich jährlich ca. 35000 M. höher ſtellen, als die des Dr.
Rautert'ſchen Waſſerwerkes. In einer der nächſten
Stadtverord=
netenſitzungen wird die Bürgermeiſterei einen Kredit erbitten, um
Bohrungen bei Kelſterbach vorzunehmen.
Nr. 176.
2195
Worms, 8. Sepbr. Das zur Errichtung des Waſſerwerks zu
kontrahierende Anlehen im Betrag von 1550000 M. wurde der
Gruppe Darmſtädter Bank, Jacob S. H. Stern und Ed. Herz
über=
tragen.
Es werden 3½ procentige Obligationen zur Ausgabe
kommen.
Heppenheim, 7. September. Die Abſchätzungsſumme für die
in letzter Zeit hier vorgekommenen Brände beträgt 130000 M. und
kommen davon allein 80000 M. auf den Brand vom 27. Auguſt.
Auch der Mobiliarſchaden iſt ſehr bedeutend und ſind zu deſſen
Auf=
nahme z. Z. mehrere Verſicherungsagenten dahier thätig. Einzelne
Geſellſchaften ſind ſtark beteiligt; ſo war z. B. das Mobiliar von
9 Hofraithen bei der Magdeburger Feuerverſicherung gedeckt.
Hungen, 6. Sept. Glück beim Unglück hatten mehrere Offiziere,
die ſich dieſer Tage an einem nach Schluß der Exerzitien des 2.
heſſ. Dragoner=Regiments veranſtalteten Wettrennen beteiligten.
Es hatte geregnet und der Boden war ſehr ſchlüpfrig. Beim
Sprung über einen breiten Graben ſtürzte nun ein Reiter mit
einem Pferd in denſelben und die nun nachfolgenden 4 Reiter
einer nach dem anderen ebenfalls und zwar auch einer immer auf
den anderen, da es bei dem gerade ſehr abſchüſſigen Terrain und
der ſchnellen Gangart der Pferde rein unmöglich war die Pferde
aufzuhalten. Die Reiter kamen glücklicherweiſe mit dem bloßen
Schreck davon, während von den Pferden eins mit zerbrochenem
Feſſelgelenk abgeführt, ein anderes wegen zerbrochenen Rückgrats
auf der Stelle getötet werden mußte.
8t. Frankfurt, 8. September. Unſere Oper iſt in ihre
Haupt=
ſaiſon getreten und erfreut ſich allabendlich ſehr regen Beſuches.
Unſere Theaterleitung bietet ihrerſeits alles auf, um recht viel
Ab=
wechſelung zu bieten.
Im Schauſpiel hatten wir Dank dem
Engagement von Fräulein Kathi Franck eine vorzügliche Aufführung
von Grillparzer's „Sapphor. Ein Fräulein Swoboda, welches ſich
um das verwaiſte Fach der Naiven bewarb, hatte ſich keines
ſonder=
lichen Erfolges zu erfreuen.
Verlin, b. Sept. Mit 23 Mark in Silbermünzen im Leibe und
einem Thalerſtück in der Kehle wurde in der Nacht zum Sonntag
der 18 Jahre alte Arbeiter Gaſt in die Sanitätswache in der
Adalbertſtraße eingeliefert. Gaſt, der in einem Wirtshauskeller der
Admiralſtraße eine Wette eingegangen war, jedes Geldſtück zu
ver=
ſchlucken, hatte bereits 23 M. in Drei=, Zwei= und Einmarkſtücken
in ſeinen Magen verſchwinden laſſen, ein Dreimarkſtück, das er
als=
dann noch hinunterſchlucken wollte, blieb ihm aber in der Kehle
ſtecken; es rückte und rührte ſich nicht, obgleich er ein Seidel Bier
nach dem andern nachgoß. In der Sanitätswache nahm er ſelbſt
einen langen Zollſtock und ſteckte ſich denſelben wiederholt anderthalb
Fuß tief in den Schlund, ohne aber den gewünſchten Erfolg zu
er=
zielen. Da man auch ſeitens der Sanitätswachen=Angeſtellten das
Thalerſtück nicht zu entfernen vermochte, ſo veranlaßte man die
Ueberführung des „Künſtlers” nach dem Krankenhauſe. Gaſt ſoll
als „Stock= und Degenſchlucker” ſich bereits eines großen Rufes
unter ſeinen Kollegen erfreuen, als Geldſchlucker war dies ſein erſtes
Auftreten.
Königsberg, 7. September. Heute nachmittag ſtürzte die Decke
des Anatomiegebäudes ein, auf das ein neues Stockwerk geſetzt
wurde. Nach den bisherigen Ermittelungen ſind ſieben Perſonen
verletzt, von denen drei bereits geſtorben ſein ſollen.
Leipzig, 6. September. Der Leipziger Schneidergehülfen=
Fachverein und deſſen Tarifkommiſſion ſind geſtern polizeilich
auf=
gelöſt worden.
Aachen, 7. September. Die 16. Verſammlung deutſcher
Forſt=
männer hat München als nächſtjährigen Verſammlungsort
be=
timmt.
München. Durch viele Zeitungen iſt in letzter Zeit die
Nach=
richt gelaufen, der thatſächlich ſehr lebhafte Beſuch der
Königs=
ſchlöſſer habe an Eintrittsgeldern ſo große Summen abgeworfen,
daß der Ausbau dieſer Schöpfungen des verſtorbenen Königs mit
aller Macht gefördert werden könne und außerdem noch ein
Ueber=
ſchuß zur Schuldentilgung verbleiben werde. Aber wenn auch im
Auguſt allein das eine Schloß Herrenchiemſee täglich von 800
Per=
ſonen beſucht worden iſt, ſo liegt dennoch in den vorerwähnten
An=
gaben eine großartige Uebertreibung. Die Einnahmen aus den
ſEintrittsgeldern werden ſich in dieſem Jahre für ſämtliche Schlöſſer
zuſammen auf kaum über 200 000 M. belaufen, eine Summe, die
ſelbſt zum allernotdürftigſten Unterhalt der Schlöſſer in ihrem
gegenwärtigen Zuſtande blos annähernd ausreicht. Ein Ausbau
im Sinne des verſtorbenen Königs würde 20 Millionen verſchlingen,
woran aber unter den obwaltenden Verhältniſſen gar nicht zu denken
iſt. Man wird die gewaltigen Bauten aus Mitteln der Civilliſte
ſo weit fertig ſtellen, daß ſie dem ſehr rauhen Klima dieſer
Gebirgs=
gegend zu trotzen vermögen. Den unfertigen Flügel des Schloſſes
von Herrenchiemſee wird man abtragen laſſen, um ihn durch eine
Terraſſe zu erſetzen.
Brig (Canton Wallis, 5. September. Der Märjelen=See,
in welchem (235 Meter über dem Meere) ſich das Waſſer des
Aletſchgletſchers aufſtaut, bis es durch den zum Vieſchergletſcher
ge=
hauenen Kanal abfließen kann, hat ſich, wie er dies alle ſieben Jahre
zu thun pflegt, unter dem Gletſcher Bahn gebrochen und iſt in
580
2196
Rhone.
nacht gelang es, die Ruhe wiederherzuſtellen.
(D. 3.)
ging, ſtieß am 4. in der Nähe der Inſel Katkö auf eine Klippe und l gewiß erſchien.
war vier Stunden in gefährlicher Lage. Das eingedrungene Waſſer
und die Paſſagiere dorthin brachten.
ausbrach, beſchäftigt geweſenen Arbeiter werden vermißt.
Feuerwehr traf fünf Minuten nach Ausbruch des Brandes ein, in vielen Kreiſen lebhaft erörtert.
aͤber mit reißender Schnelligkeit griff das Feuer um ſich, 20 Minuten
der Staatsſekretär eine viel zu geringe Zahl angegeben.
Ein Wort Bismarcks. Man ſchreibt aus Berlin: „Als der
bis nun hatten(wir uns wenigſtens in die Arbeit geteilt, der
Sultan tritt zurück, nun bin ich neugierig, ob ich das Alles werde
beſtreiten könnenſ=
Nr. 176
der Nacht vom 3. bis zum 4. ds. völlig leer geworden.) Beſtellung einer Kommiſſion ſeine weitere Bekräftigung fand aber
Die Waſſer ſprudeln bei Ruderalp aus den Spalten des Aletſch= es liegt doch bis heute noch kein formeller Beſchluß der Darmſtädter
gletſchers und finden durch die Maſſa bei Naters ihren Wege zur Stadterordnetenverſammlung für oder gegen die Vereinigung vor.
Nun begannen die beiden Kommiſſionen ihre Arbeit, eine
Rotterdam, 8. September. Geſtern abend wurde das Kaffee= ſchwierige Aufaabe, die auf beiden Seiten in ſachlicher Weiſe gelöſt
haus, worin die Sozialiſten Feſtlichkeiten für Domela Nieuven= wurde. Die Beſſunger Kommiſion, unter der Führung eines ſo
huis vorbereitet hatten von der Volksmenge mit Steinwürfen an= erfahrenen und umſichtigen Verwaltungsbeamten, wie es Herr
gegriffen, und trötz aller Abwehr und Bemühungen der Polizei Präſident Goldmann iſt, arbeitete einen Vertragsentwurf aus, in
vollſtändig demoliert. Die auf dem Hauſe befindliche rote Fahne welchem den beſonderen Beſſunger Verhältniſſen gebührend Rechnung
wurde hekabgeriſſen und auf der Straße verbrannt; erſt um Mitter= getragen wurde. Dieſer Vertrag paſierte dann die Darmſtädter
Kommiſſion, welche denſelben im weſentlichen annahm, in einigen
Kopenhagen. Der ruſiſche Dampfer „Konſtantin=, welcher am Punkten abänderte und nach Beſſungen zurückſchickte. Alle noch
3. von Petersburg nach Kopenhagen mit 40 Paſſagieren, darunter l ſtreitigen Punkte waren übrigens derart, daß bei dem beiderſeits
die Mitglieder der Patriotenliga, Deroulede und Goupil, ab= vorhandenen guten Willen eine ſchließliche Verſtändigung ſo gut als
Inzwiſchen hatten aber in Beſſungen die Neuwahlen zum
hatte ſchon die Feuer im Maſchinenraum ausgelsſcht und ſtand in Gemeinderat ſtattaefunden. Bei der läſſigen Beteiligung der Freunde
den Kajüten als einige Boote von der Inſel Katko zu Hilfe kamen 1 der Vereinigung kam eine Majorität in den Gemeinderat, welche
der Vereinigung nicht freundlich geſinnt war. Der neue Gemeinde=
London, 6. September. Immer furchtbarer lauten die Berichte rat beſtellte auch eine neue Kommiſſion, welche den inzwiſchen
ent=
über den Theaterbrand in Exeter, und aus allen ergiebt ſich, ſtandenen Verträgsentwurf begutachten ſollte. In dieſer Kömmiſſion
daß die baulichen Einrichtungen überaus ſchlechte waren. Trotz des befanden ſich von der früheren Beſſunger Kommifion nur noch
Brandes vom Rinatheater in Wien und von der Komiſchen Oper Herr Weinmann und der inzwiſchen auch in den Gemeinderat
ge=
zu Paris hatte die Gälerie, welche am ſtärkſten beſetzt zu ſein pflegt. wählte Herr Reviſor Eger. Nachdem dieſe Kommiſſion ſeit Anfang
nur einen einzigen Ausgang, wobei die Treppe noch Wendungen 1 dieſes Jahres gearbeitet, iſt von derſelben der vor einigen Tagen
macht, wie überhaupt in engliſchen Theatern, beſonders in London, auch in d. Bl. veröffentlichte Vertragsentwurf der Stadt Darmſtadt
die Ein= und Ausgänge ſehr unzureichend ſein ſollen. Neben dieſer zugeſchickt, von dieſer aber bekanntlich an die Bürgermeiſterei
mangelhaften Anläge des Gebäudes ſcheint ſodann auch das Publi=1 Beſſungen mit dem Bemerken abgegeben worden, daß män nur mit
kum ſelbſt die Größe des Unglücks dadurch verſchuldet zu haben, letzterer verhandeln könne. Dabei wurde von vornherein der
ge=
daß es den Kopf verlor und durch das Gedränge die Treppen und nannte Vertragsentwurf als für die Stadt Darmſtadt höchſt be=
Thüren verſtopfte. So ſollen den Todten, die man bisher gefunden leidigend unannehmbar und undiskutirhar bezeichnet. Es werden
hat, vielfach die Kleider vom Leibe geriſſen ſein. Der Direktor des hoffentlich demnächſt auch das Vorwort zu dieſem Vertrage und die
Theaters behauptet, daß bei Bewahrung der Ruhe Alle gerettet1 Motive der einzelnen Paragraphen dem Publikum von Darmſtadt
worden wären, zumal man von der Galerie auf den Balkon ſpringen und Beſſungen zugänglich gemacht; man wird dann erſehen können,
und von dort leicht flüchten konnte. Der Staatsſekretär des Innern, in welch fkandalöſer und unerhörter Weiſe die Beſſunger Kommiſſion
Matthews, teilte, zuwider den bisherigen Meldungen, am Dienstag ſich befugt glaubte, die Stadt Darmſtadt und ihre Verhältniſſe
im Unterhauſe mit, daß nur 119 Perſönen umgekommen ſeien; man herabzuſetzen. Ueber die Motive, von welchen die Beſſunger
Kom=
wird indeſſen abwarten müſſen, ob deren Zahl ſich nicht als eine miſſion bei ihrem Verfahren geleitet worden, ſoll hier eine nähere
weit höhere herausſtellen wird. Die in den Soffiten, wo das Feuer Auseinanderſetzung nicht ſtattfinden da dann das perſönliche Gebiet
Die I nicht unbetreten bleiben könnte. Dieſe Motive werden allerdings
Und was nun? Die Sache liegt vielleicht zur Zeit gar nicht
nach 10 Uhr erſcholl der erſte Alarmruf und bereits um halb 11 Uhr ſo ſchwierig, wie ſie ausſieht. O6 der Beſſunger Gemeinderat,
ſchlugen die Flammen auf allen Seiten zu den Fenſtern hinaus. U welcher ſich nun wohl zuerſt mit der Arbeit ſeiner Kommiſſion zu
Die Leichen wurden teils in den gegenüberliegenden Häuſern, teils beſchäftigen haben wird, das, gelinde geſagt, Verfahren der letzteren
auf der Straße niedergelegt, ſie ſind meiſt unkenntlich und auf ent= gutmachen will muß freilich dahingeſtellk bleiben. Aber wenn ein
ſetzliche Weiſe verſtümmelt. Frauen forſchten nach ihren vermißten annehmbarer Beſchluß des Beſſunger Gemeinderats auch nicht zu
Männern Männer nach ihren Frauen. Von anderer Seite wird Stande käme, ſo haben wir ja immer noch den oben erwähnten, an
berichtet, daß auf der Galerie 191 Perſonen waren, wovon kaum keinerlei Bedingungen geknüpften Beſchluß des Gemeinderats vom
20 dem Tode entronnen ſind. Die meiſten Umgekommenen erſtickten 25. Mai 1886. Dieſen Beſchluß kann der jetzige
Gemeinde=
auf der ſchmalen Wendeltreppe, wo ſich ein unauflöslicher Menſchen= rat nicht aufheben, aber die Aufſichtsbehoͤrde kann ſeine
knäuel bildete. 60-70 Theaterbeſucher erlitten Gliederbrüche und Ausführung verlangen und jeder ſtimmberechtigte Ein=
Brandwunden, an denen ſechs verſtarben. Danach zu urteilen, hat l wohner kann dasſelbe bei der zuſtändigen Vehörde
be=
antragen. Der Artikel 3 der Landgemeindeordnung ſagt folgendes:
„Keine Gemeinde kann ſich bilden, umgeſtalten oder auflöſen
Reichskanzler erfuhr, der Sultan habe gegen die ſtändige Aufnahme ohne Bewilligung der Staatsregierung. Die Vereinigung zweier
ſeiner Perſon als Karrikatur in den Wiener Witzblättern proteſtiert, Landgemeinden öder die Vereinigung einer Landgemeinde mit einer
meinte er lachend: „So, jetzt bin ich allein ihren Witzen ausgeſetztl Stadkgemeinde kann auf übereinſtimmenden Beſchluß der beider=
. Was wird nun aus der Vereinigung Beſſungens
mit der Stadt Darmſtadt werden ?
Es hat im gegenwärtigen Moment gewiß ein beſonderes
In=
tereſſe, ſich zunächſt den Gang der Ereigniſſe ins Gedächtnis
zurück=
zurufen und hieran einige Betrachtungen über das, was nun
ge=
ſchehen dürfte, zu knüpfen.
Am 25. Mai 1886 hat der Beſſunger Gemeinderat mit zwölf
gegen vier Stimmen ſeine Abſicht, die Gemeinde Beſſungen mit der
Skadt Darmſtadt zu vereinigen, im Prinzip ausgeſprochen und
gleichzeitig eine Kommiſſion gewählt, welche ſich mit der Regelung
dieſer Frage beſchäftigen ſollte. Dieje Kommiſſion beſtand aus den
Gemeinderäten Gg. Geyer, Schopp, Schulz und Weinmann und den
nicht dem Gemeinderat angehörigen Herren Präſident Goldmann.
Landgerichtsrat Heß und Reviſor Eger. Der betreffende Beſchluß
wurde alsbald der Stadt Darmſtadt mitgeteilt, von der
Darm=
ſtädter Stadtverordnetenverſammlung zur Kenntnis genommen und
auch von dieſer eine Kommiſſion zur weiteren geſchäftlichen
Behand=
lung der Frage beſtellt. Die Darmſtädter Stadtverordneten haben
bei dieſer Gelegenheit den Beſſunger Antrag zwar in einer Weiſe
entgegengenommen, daß der Schluß gerechtferfigt erſchien, als werde
dort die Vereinigung acceptiert, was ja auch durch die dann erfolgte
ſeitigen Ortsvorſtände und nach Anhörung des Kreistags von Uns
genehmigt werden. Dieſe Vereinigung muß ſich auf die Gemarkung,
das Vermögen und die Schulden beziehen.
Wo und ſoweit zur Ordnung ſolcher Verhältniſſe eine
Aus=
einanderſetzung zwiſchen den Beteiligten erforderlich iſt, hat ſolche
im Verwaltungswege ſtattzufinden. Bleiben hierbei Differenzpunkte
übrig, welche auf gütlichem Wege nicht beſeitigt werden können,
ohne daß jedoch einer der beteiligten Ortsvorſtände von der Art
der Entſcheidung ſeine Zuſtimmung zu der Vereinigung ſelbſt
ab=
hängig macht, ſo ſind dieſe Streitpunkte von dem Kreis=Ausſchuß
zu entſcheiden.
Privatrechtliche Verhältniſſe dürfen durch dergleichen
Ver=
änderungen niemals geſtört werden und genießen den Schutz des
Richters.
Jede Bildung, Umgeſtaltung oder Auflöſung einer Gemeinde
iſt durch das Regierungsblatt bekannt zu machen
Damit iſt der Artikel 5 der Städeordnung identiſch. Wir glauben
nicht fehl zu gehen, wenn wir behaupten, daß man ſich an
maß=
gebenden Stellen jetzt ſchon damit beſchäftigt, wie dem erwähnten
Ge=
meinderatsbeſchluß nunmehr Geltung zu verſchaffen ſei. Daß es
auf Seiten der Stadt Darmſtadt an Entgegenkommen auch für die
Folge nicht fehlen wird, ſcheint uns eben ſo gewiß. Die Stadt
Darmſtadt mußte im Intereſſe ihres Anſehens und ihrer Ehre das
erwähnte Elaborat entrüſtet zurückweiſen. Das Verſtändnis für die
Notwendigkeit dem Wunſche der Gemeinde Beſſungen um
Vereinig=
ung zu entſprechen, wird dadurch jedenfalls nicht berührt.
Druck und Verlaa: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.- Verantwortlich für die Redaction: Carl Wittich.