Darmstädter Tagblatt 1887


01. Juli 1887

[  ][ ]

GRO8SIkRIOGLIOI
HE86I56N.
MEIVIL0VLk.

Aennement=prei=
Betisheih 1 Marl 5o Pf. md.
Brngelohn. Auswürtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen ent=
egengenomnen
zu 1 Mark 50 Pf.
wo Ouaidl uck. Poſtaufichlag

150. Jahrgang.
Mit der Sonntags=Beilage:
25UUhtiiee eedtrhaiingoodti.

Inſerate
werden angenommen: in Darmſtadt
von der Expediton Rheinſtr. Nr. 24.
mBeſſungen von Friedr. Blhe
Holzſtraße Nr. 30, ſowie auzwim
vn aller JunonanErpeditiona.

Amtliches Organ
für die Behannkmachungen des Graſilz. Rreisamts, des Großh. Polizeiamts und ſämmlicher Behörden.

Ne 126.

Freitag den 1. Juli.

1887.

Zu publiciren iſt aus dem Reichsgeſetzblatt Nr. 20:
Geſetz, betreffend Abänderung bezw. Ergänzung des Geſehes über die Quartierleiſtung und über die Paturalliſtungen für
die bewaffnete Macht im Frieden.
Aus dem Großherzoglichen Regierungsblatt Nr. 18.
Geſetz, die Anlegung vormundſchaͤftlicher und Fflegſchaftlicher Gelder ꝛc. betreffend.
B e k a n n t m a ch u n g.
Wegen Erbauung eines Kanals in der Wenck= und Heinheimerſtraße wird erſtere Straße ganz und letztere von Müller=
bis
Wenckſtraße bis auf Weiteres für Fuhrwerke und Reiter polizeilich geſperrt.
Wegen Verlängerung des Kanals in der Alexanderſtraße von der Infanterie=Kaſerne wird dieſe Straße bis auf Weiteres
für Fuhrwerke und Reiter polizeilich geſperrt.
Darmſtadt, den 29. Juni 1887.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
[6307
v. Grolman.

B e k a n n t m a ch u n g.
Nach 8 4 der Polizei=Verordnung vom 8. Rovember 1856, betreffend: Die Reinhaltung und Wegſamkeit der Straßen
ſind die Hausbeſitzer verpflichtet, bei anhaltend heißer und trockener Witterung auf Auffordern der Polizeibehörde Banquet
und Straßen vor ihren Hofraithen bis zu Mitte der Fahrbahn täglich zweimal und zwar Morgens zwiſchen 6 und 7 Uhr,
Abends zwiſchen 7 und 8 Uhr mit Waſſer begießen zu laſſen.
Die vorſtehende Beſtimmung bringen wir mit dem Anfügen in Erinnerung, daß diejenigen Hausbeſitzer, welche der
diesbezüglichen Aufforderung nicht pünktlich entſprechen, nach 8 366 Poſ. 10 des Reichs=Strafgeſetzbuchs mit Geldſtrafe bis
zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen beſtraft werden.
Die einmalige Aufforderung Seitens der Polizeirevierbeamten behält ihre Gültigkeit für die ganze Dauer der betreffen=
den
Periode anhaltend heißer und trockener Witterung.
Darmſtadt, den 25. Juni 1887.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
6240
v. Grolman.

Bekanntmachung.
Durch Urtheil des Schöffengerichts
Darmſtadt I. vom 24. Mai 1887 iſt
gegen Georg Mager, Milchhändler von
Nieder=Modau, wegen fahrläſſigen Ver=
kaufs
gewäſſerter Milch eine Geldſtrafe
von 35 Mk. ausgeſprochen worden.
Darmſtadt, den 27. Juni 1887.
Großherzogliches Amtsgericht I.
(6308
Arnold.

Pflanzen=Kübel
billig.
(6213
Die Küferei Gelſius,
Nieder=Ramſtädterſtraße Nr. 24.

Verkeigerungz Anzeige.
Auf gerichtliche Verfügung werden
Montag den 4. Juli l. Js., Vormittags 10 Uhr,
im Hauſe der Jacob Weicker'ſchen Erben dahier:
1 Pferd, 1 Break und 2 Wagen, ſowie ſonſtige Oeco=
nomie
=Geräthſchaften,
gegen baare Zahlung oͤffentlich meiſtbietend verſteigert.
Roßdorf, den 27. Jur 1887.
J. A.:
Der Großherzogliche Ortsgerichts=Vorſteher:
(6309
Müller.

Submiſſion.
Die bei dem Neubau einer Turnhalle

der Turngemeinde Traiſa vorkommenden
Arbeiten ſollen im Wege der Submiſſion
vergeben werden:

426

[ ][  ][ ]

1614

Nr. 126

Mk.
425
431
409
80
21

a) Maurerarbeit
b) Zimmerarbeit.
6) Dachdeckerarbeit
d) Glaſerarbeit
e) Steinhauerarbeit.
Summa 1366
Bedingungen nebſt Voranſchlag liegen
bei Gaſtwirth Ph. Walter zur Einſicht
offen. Reflectanten werden gebeten, ihre
Angebote mit Aufſchrift Submiſſion
bis längſtens 10 Juli einzureichen, wo
die Eröffnung Nachmittags 4 Uhr ſtatt=
Der Vorſtand. (631O
findet.
Traiſa, den 29. Juni 1887.
rrerizrzz.

Wichtig für Bausfrauen.
Die Holländiſche
Mallee-Brennerei
E. Disqus & Co., Hannheim,
empfiehlt ihre, unter der Marke
Elephanten=
1
Kaffee
wegen ihrer Güte und Billigkeit ſo be=
rühmten
, nach Dr. v. Liebig's Vorſchrift
gebrannte, hochfeine Qualitäts=Kaffee's:
f. Java-Mische. per Pfd. M. 120,
1. Westindisch , 1.40,
L. Meyado
1.60,
L. Bourbon
1.80
extra f. Moccz,
2.

Durch vorzügliche neue Brennme=
thode

kräftiges feines Aroma.
große Erſparniß.
Nur ücht in Packeten mit Schutzmarke
Elephantu verſehen von 1, ½ und
¹⁄. Pfund.
Niederlagen in Darmſtadt bei:
M. läger, Paul Ensling, Meiss & Egonolf,
Ludw. Gorschlauer, Ph. Kuwerth,
H. Reller, Promenadeſtr. 26, Aroh.
Ressler, Wilhelminenſtraße, L. Stoin-
gässer
, gegenüber der Stidtkirche, I.
Limmermann, Soderſtraße 44, A. I.
Supp, Schuſtergaſſe 3, Ludwig Wesp.

Vom L. Juli am
Salson-Ausverkant in wollenen Kleiderſtoffen, Kattunen und Waſchſtoffen
aller Art, Umhängen und Regenmänteln, Sommer=Buckskins und ächt leinenen
Waſchſtoffen, für Herren= und Knaben=Garderobe, zu und unter Fabrikpreiſen.
Reſte aller Waarengattungen zu extra billigen Preiſen.
H. J. Heyer,
(6311
Ludwigsſtraße 12.

C.
Zur Grfriſchung
empfehle:
Brauſe=Limonade=Bonbons,
in verſchiedenem Geſchmack.
Beſten Himbeer=Syrup,
Brauſe=Pulver,
Schöne Orangen,
Selters= und Sodawaſſer.
Watuingor,
Carl
Wilhelminenſtraße I. 66211

Whugd-uvrh

9

Amdel's Vebersceisch-Pulven

iſt von allen bisher gekannten und angeprieſenen Mitteln das Vorzüglichſte
6.
gegen alle Inſekten, iſt abſolut giftfrei und für Menſchen und Thiere vollkommen g=
unſchädlich
. Es kann daher in das Bett und in die Leibwäſche geſtäubt 9
werden, auch jedem Hausthier in das Fell und dem Geflügel in die Fe=
dern
. Wer daher ſeine Wohnräume, Stallungen, Gärten ꝛc., von allen
ſchädlichen Inſekten ſicher befreien will, bediene ſich nur
Andel's Veberseeisoh-Palver,
1
Au
für deſſen Wirkſamkeit die ausreichendſte Garantie geleiſtet wird, dasſelbe wird nur
in Blechbüchſen verpackt abgegeben und iſt in Durmstadt ächt zu haben nur bei
Carl Watzinger, Wilhelminenſtraße II.
Durch den Gebrauch von Andels Ueberſeiſch=Pulver wurden Schwabenkäfer
in meinem Hauſe vertrieben, daß bis jetzt keine Spur zurückblieb; viele Verſuche
mit anderen Mitteln blieben ohne jeden dauernden Erfolg,
Hanau.
Friedrich Raddey.
11
Unterzeichneter beſtätigt gern, daß Andel's Pulver gegen Ungeziefer bei Hun=
2
den porzüglich iſt.
Gotha.
Alb. Huth, Hundezüchter.
Mit Vergnügen bezeuge ich, daß Andel's Ueberſeeiſch=Pulver unbedingt ſowohl
Schwaben wie Motten, als auch Weſpen, Fliegen und alle Pflanzenmilben tödtet
und muß ich dabei zugeben, daß man mit wenig Pulver weit kommt.
Remſcheid=Ehringhauſen.
Frau Haſenclever.
Der Wahrheit gemäß beſcheinige ich hiermit gern, daß ich Anders überſee=
iſches
Pulver gegen Fliegen und gegen Läuſe bei Schweinen gebraucht habe, der
Erfolg war über alle Erwartungen groß und iſt in Folge deſſen anzunehmen, daß
das Pulver gegen alle übrigen Inſekten von vorzüglicher Wirkung ſein wird.
Rinſeke bei Oberhundem, Weſtfalen.
Franz Hauſes, Holzpflanzenzucht und Forſtkultur.
Ich habe Anders Pulver gegen Schwaben gebraucht und durchſchlagenden
Erfolg erzielt, andere Pulver waren ganz wirkungslos.
Leipzig.
C. G. Lange, Conditorei.
Mit Vergnügen bezeuge ich, daß das ſchon zweimal bezogene Anders Ueber=
ſeeiſch
=Pulver das wirkſamſte gegen Motten und andere Inſekten iſt und glaube ich
nicht, daß es ein beſſeres Mittel gibt.
Duisburg.
1½

J. Scholten.

Andels überſeeiſches Pulver hat uns von Schwaben und Ameiſen vollſtändig
befreit, nachdem wir alle anderen Mittel vergeblich verſuchten.
Wandsbeck.
Germania=Brauerei. (4484

bekanntlich nur prima Qualitäten, als:
Portwein, Sherry, Malaga, Madeira, Marsala,
Warragona., Rordeaux
in ½ und Flaſchen und im Glas, nur
14350
Alexanderſtraße 13.

[ ][  ][ ]

4)

E29
L.
Kronthal P
Taunus.
Ts
Hicht zu verwechs. M., Apollinaris"
ſſervarragenaster Repräsentant
auer hatürl ftehässer.
Die veſonuuns im nouen
GAOé fosveand-.
durch seinen unter allen
Sauerbrunnen höchsten
c4 koensalzsenalr,æ;
136 zut 7000 fus'ie)
pestätigt u durch Ateste empkohlen vm
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paRls
, Aeadémie de Médéoine-, ProknBnhl-Nkurrstns
Prok. Eb-CannsraoI. Prok Büchner.
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Genug, Sroner,GRöss kl, Röncnen.

Nr. 126
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in Milch und Wein zu trinken ſehr zu em=
pfehlen
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4
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Philipp Weber,

1615

Carlſtraße 24.

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4225
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Wilhelminenſtraße 11. 6204

LOOSI
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Darmſtädter Silberlotterie
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ſind in der Eped. d. Bl. zu haben.
Ziehung 31. Juli.

Fliegenleim,
Fliegenpapier,
Fliegenholz
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Carl Watanger,
Wilhelminenſtraße 11.
[6312

(5454

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ſ0
2
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(5594
5 Schützenſtraße 5.

O9

2 Od l umon
ZazdiD
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Großh. Hoflieferant,
Ludwigsplatz 7. 6842

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Weinzkssis
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Großh. Hoflieferant,
Ludwigsplatz 7. 6840
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Max Remm,
Hügelſtraße 1. 6084

[ ][  ][ ]

1616

Ahueure
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Mein=Eſſig
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Dampf=Deſtillation und
Weineſſig=Fabrik
L.augem
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Colonialwaaren=Handlungen ꝛc. ꝛc.

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zum Schutze für Kleider,
Pelzwerk ꝛc.
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Patchouly-Pulvor
aus der Kgl. Bayr. Hofparfümeriefabrik
von C. D. Wunderlich, Nürnberg, präm.
1882. Zu haben 40 Pfa. bei
E. Scharmanu, Hofbürſtenfabrik,
[3314
Ludwigsplatz 2.

Campher,
Haphlalin,
Hotten=Spirilus und
Pulver,
Lechtes Dalmatiner
Iusektenpulver
(das beſte, welches es gibt)
empfiehlt
Friedr. Schaofor,
Hoflieferant
Ludwigsplatz 7. (008

Nr. 126


lOgnO,
o
feinſte Sorte, 70 Pfg.
dito gute zweite Sorte 48 Pfg.
8)
Speiſenöl, ſſt. Vorſchlag 34
Olivenöl, ſuperfeinſt, 100
ſowie
feinſten Speiſen= und
Einmach=Eſſig
ſ6085
empfiehlt
Me W. Prassel.
Fin guter Krankenfahrſtuhl zu ver=
E kaufen in Arheilgen bei Röth. (6252

Bekanntmachung.
Die Krippe für ſchwüchliche Kinder am Alicehoſpital, Dieburgerſtraße 21,
wird am 4. Juli d. J. eröffnet. Anmeldungen werden von dem Aufſichtsarzt der
Krippe, Herrn Dr. med. Wilhelm Orth, Wilhelminenſtr. 28, und von den Armen=
ärzten
Herren Dr. Leidhecker, Dr. Draudt, Dr. Maurer und Dr. Arthur
Hoffmann, ſowie Vormittags bis 9 Uhr an im Alicehoſpital entgegengenommen.
Kinder, welche ärztlicher Behandlung bedürfen, können nicht in die Krippe
aufgenommen werden.
Das Central=Comits des Alicefrauenvereins
für Krankenpflege.
[6183
DemEmOI
für den Dichter der Wacht am Aheir'
in Tuttlingen (Württemberg).
Als im Juli 1870 von einer unerhoͤrten Herausforderung erregt eine tiefe
Gärung durch das deutſche Volk ging, und raſch und einmütig der Entſchluß männ=
licher
Abwehr reifte, da war es ein Lied, das plötzlich, als wäre es eben den
Tiefen des Volksgemüts entquollen, mit elementarer Gewalt die Herzen ergriff und
die ganze Nation in Einem Sturme der Begeiſterung verband. Das Lied war ſchon
dreißig Jahre alt und in manchen Gegenden bis dahin kaum bekannt; jetzt aber
fand in der ihm eigenen, wunderbaren Miſchung des Starken und Milden, des
grollenden Manneszorns und der tiefinnerlichen Zuverſicht das Volk den reinſten
Ausdruck ſeiner Stimmung jener Kränkung gegenüber, und Uberall, wo die Wacht
am Rhein' ertönte, da war es, als ob die guten Geiſter der Nation die Sänger
umſchwebten und alle edlen Kräfte des deutſchen Gemüts in ihnen lebendig würden.
Noch jetzt, wenn wir das Lied im Kreis patriotiſcher Männer anſtimmen, meinen
wir einen Hauch von jener ſchönen Zeit herüber zu verſpüren.
Dem Dichter dieſes Liedes, das uns von Sieg zu Sieg begleitet hat und zur
ſidealen Loſung der großen Bewegung von 1870 geworden iſt, dem trefflichen Max
Schneckenburger ein Denkmal zu ſetzen, iſt eine Ehrenſchuld nationaler Dank=
barkeit
. Wir zweifeln nicht, daß das deutſche Volk ſie einlöſen wird.
Als wir zu Anfang des vorigen Jahres um Beiträge zu dem Zwecke baten,
das Andenken des Dichters der Wacht am Rhein zu ehren, war unſere nächſte
Pflicht, der rührenden Bitte des Verſtorbenen gemäß, ſeine leiblichen Ueberreſte ins
Vaterland, in die Heimat zu verbringen.
Dieſe Pflicht iſt erfüllt. Unter freundlicher Beihilfe der wackeren Schweizer
haben wir die Gebeine des Dichters in Burgdorf bei Bern, wo er 1849 geſtorben
iſt, abgeholt und ſie in feierlichem Zuge von Tuttlingen nach Thalheim, ſeinem
Geburtsort, geleitet. Er ruht nun in deutſcher Erde. Eine würdige Gruft bezeichnet
die Stätte und ſichert ſie für ſerne Zukunft.
Wir ſtehen nun vor der größeren Aufgabe, ſdas Denkmal ſelbſt zur Ausfüh=
rung
zu bringen. Es wird in Tuttlingen, der Bezirksſtadt von Thalheim, die ge=
eignetſte
Stelle finden, wo Schneckenburger ſelbſt die Schule beſucht und die erſte
Jugend verbracht hat, wo noch nahe Angehörige von ihm wohnen und viele Er=
innerungen
an ihn lebendig ſind. Die kräftig aufſtrebende, gewerbtüchtige Stadt
iſt hübſch am Ufer der Donau gelegen und durch die Bahn, die zum Gotthard
führt, bequem zu erreichen. Das Denkmal, ſchlicht, wie das Weſen des Dichters
war, aber würdig und edel, ſoll jedenfalls ſein Bild in monumentaler Umrahmung
enthalten. Das Weitere mag künſtleriſchem Wettbewerb überlaſſen bleiben.
Dazu ſind wir nun aber weiterer Mittel bedürftig. Die Geſammtſumme der
auf unſeren erſten Aufruf uns zugegangen, dankenswerthen Beiträge beträgt 10 600 M.
Verwendet ſind davon, hauptſächlich für die Gruft in Thalheim und die Ueber=
führung
der Gebeine des Dichters 3318 M. Der Reſt mit 7282 M. iſt ein ſtatt=
licher
Grundſtock für das Denkmal, wird aber auch bei beſcheidenem Entwurf die
Koſten desſelben nur etwa zum vierten Theile decken.
Das Komite. anfangs nur aus Angehörigen von Tuttlingen und Thalheim
gebildet, hat ſich deshalb unter dem Protektorat Sr. Hoheit des Prinzen
Herrmann zu Sachſen=Weimar=Eiſenach entſprechend erweitert und wendet
ſich nunmehr mit der erneuten Bitte um Beiträge zu dem Denkmal für den Dichter
der Wacht am Rhein' vertrauensvoll an das deutſche Volk, an die patriotiſchen
Vereine, an alle diejenigen, denen das herrliche Lied ein Stück des gemeinſamen
Nationalguts und eine Quelle perſönlicher, treuer Erinnerungen iſt.
Zur Entgegennahme von Beiträgen erklärt ſich die Expedition des Tag=
blattsu
bereit.
Das Komite für die Errichtung des Max Schneckenburger=Denkmals in Tuttlingen:
Protektor:
[l6313
Prlaz Herrmann zu SachsenNeimar-Elsonach.

4

4

9=
9.

H.
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5l 5550
520.
C⁄.
Riſt D.
Ahls
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Rein wollene
doppelt breike
Eleiderſtoffe,
4 Mk. 110 und Mk. 130 pr. Met.
Hierbei elegante Sachen für Trauer
und Halbtrauer.
Gebrüder Heu,
Ludwigsplatz.
Ein Theil der Stoffe iſt in einem
unſerer Schaufenſter ausgeſtellt. (6314
E. Heine's, Charlottonburg,
Contrifugirto Toiletto-Soiten
E
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5s49Cgräthisbeir LGauuiy
1
2 nunmehr 19 Jahre ſo beliebte
10
=Oſd trotz aller Nachahmungen un=
übertroffene
Haarwaſſer von Retter,
München (ſtaatlich geprüft u. begutachtet),
welch. ſtatt Oel od. Pomade tägl. gebraucht
beſtens zu empfehlen iſt, okft. zu 40 Pfg.
u. M. 1.10 M. W. Praſſel, Rheinſtr. 16.

AAI

in größter Auswahl unter See=
platzpreiſen
.
Emeher
5
zu Fabrikpreiſen empfiehlt
H. W. PrassOh.

W

6216) Schulſtraße 14, 3. Stock, neu
hergerichtet, Waſſerleitung ꝛc. per Septbr.
ebendaſelbſt Manſarde, an einezeinzelne
Dame, zu vermiethen.
00000000000000
6315) Eine Wohnung.
8-Zimmer nebſt allen Bequemlichkeiten,
Marktplatz 2, 2 Treppen, zu vermiethen.
Franz Gaydoul.
O000000000000
6316) Ruthsſtraße 16 am Ausgang
der Müllerſtraße, Wohnung, beſtehend aus
5 Zimmern, abgeſchloſſenem Vorplatz,
Küche, Bodenkammer, 2 Kellern, Mitge=
brauch
der Waſchküche und des Bleich=
platzes
, Waſſerleitung; beziehbar 25. Sep=
tember
oder 1. Oktober. Einzuſehen Mit=
tags
12-2 Uhr.

1
E
A

6022) Ernſt=Ludwigsplatz 4 im erſten
Stock ein freundliches, möblirtes Zimmer,
mit oder Penſion, zu vermiethen. Zu
erfragen im Uhrengeſchäft daſelbſt.
6156) Saalbauftr. 17, 1 Stiege hoch,
ein elegant möbl. Zimmer ſofort.

1617
Nr. 126
Nachdem Herr Chr. Kichler aus Altersrückſichten die Vertretung unſerer
Annonéen-Expédition für Darmſtadt und Umgegend mit dem heutigen
Tage niederlegte, haben wir dieſelbe
Pfeifker,
Herrn Adalbert,
im Hauſe Arnold Bergſträßer's Hofbuchhandlung, Rheinſtraße Nr. 6, über=
tragen
und bitten das inſerirende Publikum, Herrn Adalbert Pfeiffer mit der
Ausführung aller Inſertionsaufträge, welche durch denſelben die billigſte und
prömpteſte Erledigung finden, gütigſt betrauen zu wollen.
Frankfurt a. M., den 1. Juli 1887.
Haasenstem & Jogler
(6317
Erſte und ülteſte Annoncen=Expedition.

Lmfteurort Kumelbacherhok
bei Neckargemünd,
Reslauralion & Pension.
10 Minuten von Heidelberg mit der Bahn, eigene Station der Lokalzüge, in un=
mittelbarer
Nähe der ſchönſten Laub= und Nadelholzwälder, mit prachtvoller Aus=
ſicht
auf den Neckar und ins Gebirge. Gute Küche, reine Weine, Kümelbacherhof=
und Münchener Bier. Penſionspreis 4 Mk.
Hochachtungsvoll
Bulius Hbert,
früher Beſitzer des Gaſthofs zur Pfalz; in Neckargemünd.

6318) Zwei tüchtige Mädchen nach
Amerika, die bis Ende Auguſt mit einer
Herrſchaft hinüberreiſen können, geſucht.
Zu erfragen bei der Exped. d. Bl.
6319) Schloſſer und ein Meſſer=
ſchmied
, der ſelbſtſtändig arbeiten kann, fin=
den
dauernde Beſchäftigung Arheilgerſtr. 7.

6271) Für ein hieſiges feineres
Putz-u.Modowaarongeschäftein
Lohrmädchen
unter vortheilhaſten Bedingungen
geſucht. Näh. in der Exp. d. Bl.

Bitte.
Wer rettet einen tüchtigen Kauf=
mann
(Familienvater), welcher durch
Krankheit in große Noth gerathen, durch
Zuweiſung von Beſchäftigung vor ſicherem
Untergange. Gefl. Adreſſen unter M. 100
(6321
an die Expedition erbeten.

in Primaner wünſcht jüngeren
Schülern Nachhilfe zu ertheilen.
Wo? ſagt die Exped. d. Bl. (6322

Mehrere Lehrjungen
gegen Lohn ſofort.
6224
Küferei Gelfius,
Nieder=Ramſtädterſtr. 24.

Wohnungsgesuah.
Eine elegante Wohnung, beſtehend
aus 6 Zimmern und entſprechendem Zu=
behör
, womöglich mit Gartenantheil, wird
auf Anfang Oktober in ſchöner Lage der
Stadt geſucht. - Gefl. Offerten nebſt
Preisangabe an Ludwig Alter, Eliſa=
bethenſtraße
34, erbeten.
5826
rin Fräulein wünſcht Nachhilfeſtunden
E in Engliſch, Franzöſiſch u. ſonſt. Schul=
fächern
zu ertheilen. Näh. i. d. Exp. (6320

PIIIIPP IEBBR,
Cartsſtraße 24.
636) Coloniahvaaran., Dalietauer-, 2 Legfach. é; Hincaiwaun. Handung. 8, En Nror S am decad. SrBarzh11Xr. Kaßes, Ludke, Landapreduets, Singraia, Dalieataunn, Weinz, Ainxanaur & Lefide. PIIIIpp VBBER,
Cartsſtraße 24.

Woog, 30. Juni 1887.
Waſſerhöhe am Pegel 363 Meter.
Lufttemperatur 140. R.
Waſſerwärme Vormittags 8 Uhr 170 R.
Woogspolizeiwache.
427

[ ][  ][ ]

Nr.
1618
Standesamtliche Nachrichten von Beſſungen
vom 23. bis 29. Juni 1887.
Geborene: Am 25. Juni: Ein unehel. S. Hugo Otto.
Broſtkamiert als Vertoste: Der Schloſſermeiſter Georg Franz
Alt hier und Philippine Büchlein von Eberſtadt Kr. Darmſtadt.
Eheſchtietßzungen: Am 26. Juni: Der Schuhmacher David Seip
hier mit Anna Brenneiſen aus Sandweier in Baden.
Geſſorbene: Am 24. Juni: Dem Maurer Johann Georg Leon=
hard
Aßmuth, T. Eliſabethe Franziska, 1 J. 11 M. 29 T.

Deutſches Reich. S. M. der Kaiſer empfing am 29. Wilmowski
ſowie den Grafen Otto zu Stolberg. Am Abend vorher wohnte
der Kaiſer der Vorſtellung im Opernhauſe bis nach 9 Uhr bei.
Der Kaiſer hat den Wunſch geäußert, die gegenwärtig in Berlin
weilende Abordnung von 12 türkiſchen Offizieren zu ſehen. Die=
ſelben
waren Ende voriger Woche vom Kriegsminiſter unter der
Führung von Hobe Paſcha empfangen worden.
Aus England laufen über den Geſundheitszuſtand des deutſchen
Kronprinzen recht befriedigende Nachrichten ein. Der hohe Herr
weilt mit ſeiner Familie noch immer in Norwood deſſen ländlich=
unmütige
Umgebung ihm ſichtlich zuſagt; Dr. Mackenzie, welcher
nöch immer die Kur leitet und ſich über deren bisherigen Verlauf
befriedigt ausgeſprochen hat, wird faſt täglich die Ehre zu teil, vom
Kronprinzen in London empfangen zu werden. Hierhin begibt ſich
derſelbe teils zu Wagen, teils auch mittelſt Extrazuges und ſteigt
dann der Kronprinz im Buckingham=Palaſt ab. Die Ueberſiedlung
der kronprinzlichen Familie von Norwood nach der Inſel Whigt
iſt für Anfang kommender Woche in Ausſicht genommen.
Die erſte badiſche Kammer wählte in die Branntweinſteuer=
kommiſſion
die Herren Fabrikant Sander, E. A. v. Göler, Hofrat
Dr. Schultze, Kommerzienrat Diffens, Graf Kageneck.
Die am Dienstag in Bayern auf Grund der Urwahlen vom
21. Juni vorgenommenen Wahlen der Abgeordneten haben ergeben,
daß in der neuen Abgeordnetenkammer 72 Liberale, 77 Mitglieder
der Centrumspartei Eklerikal=patriotiſche Partei, 5 katholiſche Konſer=
vative
Elerikale Mittelpartei) und 4 proteſtantiſche Konſervative
ſitzen werden, während eine Wahl noch unbekannt iſt. Die= Patrio=
tenz
verfügen alſo zwar noch immer über die relative Mehrheit
und ſind den Liberalen noch um 5 Stimmen voraus, aber weder
jene noch dieſe beſitzen die abſolute Mehrheit, es wird demnach die
konſervative Mittelpartei eine ausſchlaggebende Bedeutung erlangen.
Letztere ſelbſt ſetzt ſich jedoch wieder aus 5 Klerikalen und 4 Prote=
ſtanten
zuſammen und bei dieſer eigentümlichen Parteigruppierung,
bei welcher ſchließlich einige wenige Stimmen ausſchlaggebend in
allen Fragen werden können, darf man den kommenden Verhand=
lungen
des neuen baheriſchen Landtages mit Intereſſe entgegenſehen.
Dies um ſo mehr, als neben Fragen mehr wirtſchaftlicher Natur,
wie diejenigen des Anſchluſſes Bayerns an die norddeutſche Brannt=
weinſteuergemeinſchaft
, des Malzaufſchlags ꝛc. wahrſcheinlich noch
weit bedeutſamere politiſche Fragen auf ſeiner Tagesordnung ſtehen
werden, unter denen vielleicht auch diejenige einer Reviſion der
bayeriſchen Verfaſſung erſcheinen wird.
Heſterreich=Angarn. König Milan von Serbien reiſte am 28.
abends von Wien nach Adelsberg und kehrte am 30. abends wieder
ins Hotel Imperial zurück. König Milan wird ſich am Samstag
vom Kaiſer verabſchieder, der nach Pola reiſt, jedoch iſt es nicht
beſtimmt, ob der König am Samstag nach Belgrad heimkehrt oder
noch einige Tage hier beibt.
Nach einer Meldung der Wiener=Preſſe' ſteht der Abſchluß
eines Handelsvertrags zwiſchen Oeſterreich=Ungarn und Zanſibar
auf der Grundlage der Meiſtbegünſtigung bevor: der Sultan von
Zanſibar habe hierzu die Jnitiative ergriffen.
Franſtreich. General Boulanger hat dem Vernehmen nach
Befehl erhalten, ſich ſofort zur Uebernahme des 13. Armeecorps
auf ſeinen Poſten zu begeben.
Der Präſident des Senats, Baron Mackau, gab am 28. eine
Abendgeſellſchaft, zu der die monarchiſtiſchen Senatoren und Abge=
ordneten
eingeladen waren, um dem neuen Nuntius vorgeſtellt zu
werden. Die Radikalen wittern dahinter ein monarchiſtiſches Kom=
plot
und es heißt, Andrieux werde die Regierung um Aufklärung
über das ungehörige Benehmen des Nuntius erſuchen.
Kammerpräſident Floquet erhielt am 29. einen Beſuch des neuen
päpſtlichen Nuntius.
Der Ausſchuß der Deputiertenkammer für Armee= Angelegen=
heiten
prüfte am 29. die vom Kriegsminiſter neuerdings vorgelegten
Geſetzentwürfe und ſprach ſich einſtimmig gegen die Vorlage aus,
die vom Dienſte kraft des Geſetzes von 1872 befreiten jungen Leute
der Klaſſe von 1886 zu einer Uebungszeit von elf Monaten zu
den Fahnen zu rufen. Der Ausſchuß beſchloß ferner, den Geſetz=
entwurf
über die Verbeſſerung der Lage der Unteroffiziere an den
Budgetausſchuß zu verweiſen. In betreff des Geſetzentwurfs zur
Bildung von vier neuen Reiterregimentern beſchloß der Militär=

126
ausſchuß, die Bilduna von dreizehn Regimentern gemäß dem Be=
ſchluſſe
des früjeren Ausſchuſſes über Boulangers Vorlage zu be=
willigen
.
Zehn Sektionen der Patriotenliga, darunter Lyon und Bordeaux,
haben dem Präſidium ihre Mißbilligung wegen der am vorigen
Freitag abgehaltenen Verſammlung ausgeſprochen.
Engtand. Die Jubiläumsfeſtlichkeiten haben in der Hauptſtadt
Jrlands noch ein Nachſpiel gefunden. Hier trafen am Montag die
Prinzen Albert Victor und Georg, die Söhne des Prinzen von
Wales, ein, um die Königin bei der Dubliner Jubiläumsfeier zu
vertreten. Der offiziöſe engliſche Telepraph meldet, daß die Ver=
treter
der ſtädtiſchen Behörden beim offiziellen Empfange fehlten,
welche Demonſtrationen die Dubliner Feſtlichkeiten allerdings in
einer ſeltſamen Beleuchtung erſcheinen laſſen.
Im Unterhauſe kündigte nach zweitägiger Bebatte über den
Bericht, betreffend die iriſche Zwangsbill, der Führer des Hauſes,
Miniſter Smith, an, er werde am Donnerstag beantragen, daß der
Debattenſchluß am nächſten Montag um 7 Uhr abends erfolgen ſolle,
wenn der Bericht bis dahin nicht erledigt ſein werde.
Am 28. fand in der Guildhall von London ein großer Feſtball
anläßlich der Jubiläumsfeier ſtatt. 6000 Perſonen waren zugegen,
darunter der Prinz von Wales und Gemahlin, die deutſche Kron=
prinzeſſin
, Prinz Wilhelm von Preußen, der König von Sachſen
und andere königliche Verſönlichkeiten und Gäſte der Königin. Ins=
beſondere
der Prinz und die Prinzeſſin von Wales, ſowie die deutſche
Kronprinzeſſin wurden bei ihrer Ankunft und Abfahrt von einer
großen Menge enthuſiaſtiſch begrüßt.
Zufolge einer Meldung des Bureau Reuter aus Simla vom
28. Juni fand das Treffen zwiſchen den Truppen des Emirs von
Afahaniſtan und den Ghilzais bei Iſtadeh ſtatt. Die Truppen des
Emirs ſtanden unter dem Befehle Gholam Hyder Khans. Die
Ghilzais wurden beſiegt und erlitten empfindliche Verluſte.
Belgien. Die Repräſentantenkammer genehmigte eine Herab=
ſetzung
des Einfuhrzolles auf Kaffee. Der Betrag der Reduktion
wird auf 600000 Fres. geſchätzt.
Italien. Der deutſche Botſchafter Graf Solms wurde am 28.
nachmittags von der Königin empfangen.
BRußland. Man glaubt in Petersburg, daß nächſtens die Ver=
lobung
des Großfürſten Michael Michailowitſch, dritten Sohnes
des Großfürſten Michael, Onkels des Zaren, mit einer Tochter des
Prinzen von Wales erfolgen und bekannt gegeben werde.
Ueber die zum größten Teil bekannten Verhandlungen des
Petersburger Militärbezirksgerichts vom 26. Mai und 4. Juni
bringt am 29. der Regierungsanzeiger; folgende Mitteilung: 21
Perſonen waren dem Gerichte überwieſen wegen Teilnahme an der
verbrecheriſchen Thätigkeit der geheimen, ſich ruſſiſche ſozial= revolu=
tionäre
Partei der Narodnaja Wolja (Volkswillenyi nennenden Ge=
noſſenſchaft
im allgemeinen und wegen Ermordung des Gendarmerie=
Oberſtlieutenants Sudeikin, wegen anderer Mordthaten, räuberiſcher
Ueberfälle, Dynamitanſchläge, Errichtung geheimer Druckereien u. ſ. w.
im beſondern. Das Militärbezirksgericht ſprach 3 der Angeklagten
namens Frenkel Semon, Bieluſſow und Lebedenko frei, erkannte die
übrigen 18 ſchuldig und verurteilte 15 zum Tode, und zwar den
verabſchiedeten Beamten Lopatin, die Offizierstochter Sſalowa, die
Beamtenſöhne Sſuchomlin und Janow, den Kandidaten der Peters=
burger
Univerſität Jakubowitſch, die Kleinbürgerin Dobruskina,
den Prieſterſohn Starodworkh, den Beamtenſohn Konaſchewitſch,
die Kleinbürger Jelko, Antonow und Wolno, den Beamtenſohn
Kuſin, den Kleinbürger Liwadje, den Offizierſohn Geier und den
Kleinbürgr Popow. Ferner verurteilte das Gericht zwei Ange=
klagte
zu Zwangsarbeit und einen zu Gefängnishaft in Beſtätigung
des Urteils, und unter Zubilligung mehrerer bei den Verhandlungen
zutage getretenen ſchuldmildernden Umſtände änderte der Adjunkt
des Militär=Oberkommandanten die gegen Sſuchomlin, Wolnow,
Kuſin, die Dobruskina, Jelko und Geier verhängte Todesſtrafe in
Zwangsarbeit und die Todesſtrafe Liwadjes und Popows in Ver=
ſchickung
nach Sibirien. Der Kaiſer ſchenkte Lopatin, Starodwerky,
Konaſchewitſch, Antonow, Janow, Sſalowa und Jakubowitſch das
Leben und wandelte die Todesſtrafe in Zwangsarbeit um; Geier
wurde zur Verſchickung nach Tomsk begnadigt.
Einer Meldung der K. 8. aus Petersburg zufolge, ſind dort
am Dienstag 4 Nihiliſten gehängt worden.
Bulgarien. Aus Sofia wird der Agence Hawas= gemeldet,
daß Stambulow bei einem von der Stadtbehörde von Philippopel
veranſtalteten Mahle erklärt habe, die Regierung gedenke der So=
branje
die Wahl eines Kandidaten vorzuſchlagen, der alle an ihn
geſtellten Bedingungen erfülle; ferner= ſoll Stambulow in Tirnowa
dem engliſchen Konſul gegenüber geäußert haben, die Sobranje
werde den Prinzen von Koburg zum Fürſten wählen.

Aus Stadt und Land.
Darmſtadt. 1. Juli.
Se. Königl. Hoheit der Großherzog begaben ſich am 28. mit
dem Erbgroßherzog und der Prinzeſin Irene von Windſor=Caſtle nach

[ ][  ][ ]

i9
ige
dt.
M.

101
518
7
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24
48
559
747
918

2
2

1
l50
1

Nr.
London, wo abends ein Feſt bei dem Lord=Mayor ſtattfand. Am
29. war ein Gartenfeſt im Bückingham=Palais=Garten, zu dem über
7000 Einladungen ergangen waren, und dem beinahe alle noch an=
weſende
fürſtliche Jubiläumsgäſte beiwohnten.- Der Kronprinz von
Schweden und Großfürſt Sergius ſind am 29. abends von London
nach Darmſtadt abgereiſt.
Die Forſtacceſſiſten Ludwig Hämmerle zu Gießen und
Reinhold Steinmetz zu Mainz wurden zu Forſtaſſeſſoren, der
Militäranwärter Karl Diacont aus Neu=Iſenburg wurde zum
Büreaudiener bei der Station Eberſtadt der Main=Neckar=Eiſenbahn
ernannt.
Die Wahlmänner=Wahlen für den heſſiſchen Landtag ſind dem
Vernehmen nach auf den 20. Juli feſtgeſetzt; die Liſte der Wahl=
berechtigten
hat vorher acht Tage lang offen zu liegen.
Geſtern hatte ſich das Schwurgericht mit einem Fall der
Körperverletzung mit tödtlichem Erfolg zu befaſſen. Angeklagt iſt
die Ehefrau des verſtorbenen Wirts und Metzgers Peter Keim 111
von Langen, welcher zur Laſt gelegt iſt, daß ſie am 26. Dezember
v. J3. ihren Mann gelegentlich eines häuslichen Zwiſtes verletzt
habe, in Folge deſſen der Mann noch am ſelben Tag verſchieden
iſt. Bei ihrer Vernehmung gibt die Angeklagte an, daß ihr Mann
gewohnheitsmäßiger Trinker geweſen und daß er ſie in trunkenem
Zuſtande mißhandelt, ihr gedroht, ja ſogar ihr und den Kindern
nach dem Leben getrachtet habe. Auch am 26. Dezember hätte
Keim, nachdem er die ganze Nacht hindurch in trunkenem Zuſtand
randaliert und es am Morgen bereits zu einem Auftritt, der zu
Thätlichkeiten geführt hatte, gekommen war, ſie (die Angeklagte) an der
Bruſt gepackt und ſie bedroht. Sie habe ſich, erklärt die Angeklagte
weiter, zur Wehr geſetzt und habe den Angreifer zurückgeſtoßen, er ſei
rückwärts hingefallen und habe ſich dabei auch verletzt, die verhäng=
nisvolle
Kopfwunde, welcher Keim erlegen ſei, habe er ſich aber
wohl durch einen ſpäter erfolgten Sturz aus dem Fenſter zugezogen,
als er immer noch in trunkenem Zuſtande das Bett, wohin man
ihn gebracht hatte, verlaſſen hatte, um durch das Fenſter in die
Wirtsſtube gelangen zu können. Die Vernehmung der Angeklagten
gab ein Bild des unerquicklichſten ehelichen Verhältniſſes zwiſchen
den Keim'ſchen Eheleuten. Die Beweisaufnahme wird lange Zeit
in Anſpruch nehmen, da eine große Reihe von Zeugen und als
Sachverſtändige die Aerzte Dr. Horn aus Langen, Dr. Pullmann
aus Offenbach und Dr. Boſe, Profeſſor der Chirurgie in Gießen,
zu vernehmen ſind. Vorausſichtlich wird das Urteil erſt im Laufe
des heutigen Tages geſprochen werden können.
Die Kommunalſteuerzettel ſind nunmehr fertig geſtellt und
werden im Laufe der nächſten Woche zur Verteilung kommen.
Die Stadtknabenſchule am Ballonplatz iſt jetzt geräumt und
ſind die verſchiedenen Schulklaſſen teils im ſogen. Hufnagel'ſchen,
teils im Schulhaus hinter der Stadtkirche, welche durch den Neubau
der Mädchenmittelſchule frei wurden, untergebracht. Mit dem Neu=
bau
am Ballonplatz dürfte demnächſt begonnen werden. Für die
abzubrechenden Gebäulichkeiten, das alte Schulhaus und die ehemals
Schäfer'ſche Hofraithe, ſollen 800 M. gelöſt worden ſein.
9 Gegenwärtig findet die Herſtellung der Metzger Keller'ſchen
Hofraithe an dem erweiterten Rathausgäßchen ſtatt, wodurch
der dort eigentlich ſchon allzulange beſtandene fkandalöſe Zuſtand
endlich aufhören wird. Hoffentlich ſchließt ſich daran auch alsbald
Pflaſter= und Trottoirherſtellung, wofür die Mittel u. W. ja ſchon
im vorjährigen ſtädtiſchen Budget vorgeſehen waren.
Seitens der Stadt Darmſtadt iſt in liberaler Weiſe der
Beitritt zu der mit dem ſtädtiſchen Hoſpital verbundenen Dienſt=
botenkrankenanſtalt
auch den in Beſſungen als Dienſtboten beſchäf=
tigten
Verſonen freigeſtellt worden und beträgt in dieſem Falle der
Jebresbeitrag 7 M. 20 Pf. Dafür haben die Dienſtboten im Falle
der Erkrankung Anſpruch auf Hoſpitalverpflegung bis zu 13 Wochen,
daneben auch noch auf ambulatoriſche Behandlung einſchließlich Arz=
neien
und Verbandſtoffen, eventuell auch auf anſtändiges Begräb=
nis
oder Sterbegeld. Dieſe Vergünſtigung wird indeſſen von den
Beſſunger Dienſtboten, oder vielmehr deren Herrſchaften, nicht in
der Ausdehnung benutzt, wie man dies wohl bei dem Mangel eines
eigenen Krankenhauſes in Beſſungen erwarten könnte. Denn ab=
geſehen
von der für jede Dienſtherrſchaft beſtehenden moraliſchen Ver=
pflichtung
, ordentlichen Dienſtboten im Erkrankungsfalle für eine
angemeſſene Behandlung und Verpflegung zu ſorgen, verpflichtet
auch die Geſindeordnung die Dienſtherrſchaften ausdrücklich zur
erſten Hilfeleiſtung in Krankheitsfällen. Es iſt erſt ganz kürzlich
vorgekommen, daß eine Beſſunger Dienſtherrſchaft ein plötzlich und
ſchwer erkranktes Dienſtmädchen in das Hoſpital ſandte und, da
Beitritt zur Krankenanſtalt nicht erfolgt war, für dieſen einzigen
Fall einen Pflegkoſtenbetrag aufzuwenden hat, welcher für viele
Jahre den Beitrag zur Krankenanſtalt gedeckt hätte. Die Dienſt=
herrſchaften
in Beſſungen thun alſo gut daran, wenn ſie im eigenen
und im Intereſſe ihrer Dienſtboten letztere rechtzeitig als Mitglie=
der
der Krankenanſtalt anmelden.
Nachdem Maſern ſeit der ſtarken Verbreitung im Jahre 1885.
die zu einer Durchſeuchung faſt aller Gemeinden des Großherzog=
tums
geführt hatte, überhaupt ſelten und in Oberheſſen durch längere
Zeit gar nicht vorgekommen waren lzu Anfang des Jahres 1886

126
1619
waren lediglich in den Gemeinden Bernsfeld, Schwarz, Ohmes und
Seibelsdorf im Kreiſe Alsfeld, und von da verbreitet in die Ge=
meinden
Heblos, Wallenrod und Allmenrod des Kreiſes Lauterbach
Maſern beobachtet worden), ſind dieſelben neuerdings, offenbar von
Frankfurt a. M. aus verſchleppt, in der Wetterau, und zwar in
Gemeinden des Kreiſes Friedberg aufgetreten. Zuerſt betroffen
wurde die Gemeinde Rendel, zuletzt im Jahre 1882 durchſeucht
und zwar in einer erheblichen Epidemie ſeit Mitte Mai, aber mit
durchweg mildem Verlaufe. Nachweislich von da vertragen kam
ein bis jetzt einzelner Fall in Groß=Karben vor; ferner wurden
Maſernerkrankungen in mäßiger Verbreitung in Petterweil und
ſeit Mitte Juni in Klein=Karben bemerkt. - Im Großherzogtum
ſind im übrigen Maſern nur in Worms und Nachbarorten
und in Darmſtadt=Beſſungen verbreitet.
D. 3tg.)
Die Kinder, welche den Kindergottesdienſt regelmäßig beſuchen,
unternahmen den N. H. V.. zufolge am Mittwoch unter Führung
mehrerer Geiſtlichen, worunter ſich auch Herr Superintendent
Dr. Sell befand, ſowie zahlreicher Damen, einen gemeinſamen
Ausflug nach der Faſanerie, wo dieſelben mit Kaffee und Kuchen
bewirtet wurden. Unter Spielen und Geſängen verbrachten die
Kinder einige frohe Stunden im herrlichen Walde und kehrten gegen
abend ſeelenvergnügt in die Stadt zurück.
* Kleine Mitteilungen. Einer hier wohnenden Witwe ſind aus
dem Keller 12 Flaſchen Rotwein entwendet worden. - Am
Mittwoch wurde im Schloßgraben ein Reiterſäbel aufgefunden,
welcher wahrſcheinlich ſeinem Eigentümer gelegentlich der am ver=
floſſenen
Sonntag ſtattgehabten Schlägerei abgenommen und von
dem Abnehmer an den erwähnten Ort geworfen worden iſt.
Wegen Bettelns und Obdachloſigkeit wurden vier Perſonen in
das Volizeigefängnis eingeliefert.
Bei der kürzlich in Frankfurt abgehaltenen landwirtſchaftlichen
Ausſtellung ſind bei der Preisverteilung auf das Großherzogtum
5065 M. an Geldpreiſen gekommen.
Zur Sicherung ſchneller Beförderung und Beſtellung der Poſt=
ſendungen
müſſen auf denſelben Empfänger und Beſtimmungsort ſo
genau bezeichnet ſein, daß jeder Ungewißheit vorgebeugt wird. Da=
bei
ſind namentlich folgende Punkte zu beachten: 1) Bei Poſtſend=
ungen
nach größeren Orten iſt in der Aufſchrift die Wohnung des
Empfängers möglichſt genau anzugeben. Auch iſt es von Wichtig=
keit
, daß die Wohnungsangabe ſtets an derſelben Stelle der Auf=
ſchrift
, nämlich unten rechts, unmittelbar unter der Angabe des
Beſtimmungsortes, erfolge. 2) Auf den nach Berlin beſtimmten
Sendungen iſt, außer der Wohnung des Empfängers, der Poſtbezirk
N. N0. ꝛc.), in welchem die Wohnung ſich befindet, hinter der
OrtsbezeichnungBerlin' zu vermerken. 3 Giebt es mit dem Be=
ſtimmungsorte
gleich oder ähnlich lautende Poſtorte, ſo iſt dem
Ortsnamen eine zuſützliche Bezeichnung beizufügen. Welche Zuſätze
für die Ortsnamen im Poſtverkehr als maßgebend anzuſehen ſind,
ergiebt ſich aus dem Verzeichnis gleichnamiger oder ähnlich lauten
der Poſtorter, das zum Preiſe von 10 Pf. durch Vermittlung jeder
Reichs=Poſtanſtalt bezogen werden kann. 4) Wenn der im Reichs=
Poſtgebiet belegene Beſtimmungsort zwar mit einer Poſtanſtalt ver=
ſehen
, deſſenungeachtet aber nicht als allgemein bekannt anzunehmen
iſt, ſo empfiehlt es ſich, die Lage des Orts in der Aufſchrift der
Sendung noch des Näheren zu bezeichnen. Zu derartigen Bezeich=
nungen
eignet ſich die Angabe des Staates und bei größeren Staaten
des politiſchen Bezirks (rovinz. Regierungsbezirk u. ſ. w.), in
welchem der Beſtimmungsort belegen iſt, oder auch die Angabe von
größeren Flüſſen (Oder), EElbe), (Rhein), (Main) ꝛc., oder von Ge=
birgen
(Harzl, (Rieſengebirge) ꝛc. Nicht minder ſind zuſätzliche Be=
zeichuungen
, wie (Thüringen), (Altmark, (Tauſitz) ꝛc. für den Zweck
geeignet. 5) Auf Poſtſendungen nach Ortſchaften ohne Poſtanſtalt
iſt außer dem eigentlichen Beſtimmungsorte noch diejenige Poſtan=
ſtalt
anzugeben, von welcher aus die Beſtellung der Sendung an
den Empfänger bewirkt werden bezw. die Abholung erfolgen ſoll.
6) Wenn der Beſtimmungsort einer Sendung in einem fremden
Poſtgebiete belegen und zu den weniger bekannten Orten zu rechnen
iſt, ſo iſt außer dem Ortsnamen noch das betreffende Land bezw.
der Landesteil auf der Sendung anzugeben. Die Beachtung dieſer
Punkte wird zur Herbeiführung einer ſchleunigen Ueberkunft der
Sendungen an die Empfänger weſentlich beitragen, und es liegt
daher im eigenen Intereſſe der Abſender, die Aufſchriften der Sen=
dungen
hiernach genau anzufertigen.
Freunde eines reichen Roſenflors machen wir darauf auf=
merkſam
, daß gegenwärtig in dem Vorgarten eines Hauſes der
Beſſ. Niederramſtädterſtraße zwei Marschal Niel in Blüte ſtehen wie
ſie prächtiger wohl kaum zu finden ſind. Es ſind förmliche Bäume,
gegen 20 Jahre alt. Jeder Stock hat ſicher an 200 Blüten, welche
nicht etwa infolge der großen Menge ſich ſchlecht entwickelt haben,
ſondern alle ſo üppig, groß und voll ſind, wie man ſie ſonſt wohl
nur vereinzelt in den Hausgärten findet.
Anläßlich des zu Frankfurt gelegentlich des 1X. deutſchen
Bundes= und Jubiläums=Schießens ſtattfindenden Umzugs werden
von der Main=Neckar=Bahn, außer den nach Bedarf vorgeſehenen
Ergänzungszügen, Sonntag den 3. Juli nachſtehende Extrazüge ab=
gefertigt
: Darmſtadt ab 9 Uhr 20 Min. vormittags, an in Frank=

[ ][  ]

Nr.
1620
furt 10 Uhr 10 Min.; hält an allen Zwiſchenſtationen; Frankfurt
ab 10 Uhr abends, an in Darmſtadt 10 Uhr 35 Min.; hält nicht
zwiſchen Frankfurt und Darmſtadt.
⁄₈ Beſſungen. Die Beilage Nr. 433 des 11. Ausſchuſſes der
diesjährigen Kammerverhandlung über den Antrag des Herrn Ab=
geordneten
Heinzerling zauf Erlaß eines, die Städte= und Land=
gemeindeordnung
ergänzenden Geſetzes wegen Vereinigung eines
Teiles einer Gemeindegemarkung mit der Gemarkung, der Nachbar=
gemeinde
aus Rückſichten des öffentlichen Intereſſes, gab der hier
beſtehenden Anſchluß=Kommiſſion Veranlaſſung, ſich mit einer Ein=
gabe
an die zweite Kammer der Landſtände zu wenden und um
Ablehnung des Antrags nachzuſuchen. Eine Deputation der Kom=
miſſion
beſtehend aus den Herren: Beigeordneter Wittmann, Mayer
und Weinmann machten einigen Herren Landtagsabgeordneten ihre
Aufwartung und nahmen diesbezügliche Rückſprache mit denſelben,
ebenſo auch mit Seiner Excellenz Präſident Dr. Goldmann. In
nachſtehendem teilen wir den Wortlaul der Eingabe mit, von welcher
gleichzeitig Abſchrift dem Großh. Staatsminiſterium ſowie ſämtlichen
Herren Landtags=Abgeordneten unterbreitet wurde. Derſelbe lautet:
Neuerdings iſt der Antrag Heinzerling dem Geſetz=

gebungs=Ausſchuß der hohen zweiten Kammer wieder unterbreitet
worden, einesteils weil die Umſtände, die den Antragſteller ſ. 8t.
zur Ausſetzung ſeines Antrags veranlaßten, den gewünſchten Ver=
lauf
nicht gehabt haben ſollen, andernteils weil in einer unterm
7. Mai l. J. an die hohe zweite Kammer gerichteten Eingabe von
Einwohnern Neubeſſungens das Erſuchen um Erledigung des
Antrags Heinzerling geſtellt worden iſt.
Die Wiederaufnahme der bezüglichen Verhandlungen wird da=
mit
begründet, daß die bei der Neuwahl zum Gemeinderat im
vorigen Herbſt in Beſſungen gewählten Männer im Herzen ent=
ſchiedene
Gegner der Vereinigung von Beſſungen mit Darmſtadt
ſeien. und die eingeſetzte Kommiſſion zur Prüfung des Vertragsent=
wurfs
es verſtanden habe, die brennende Frage der Vereinigung,
gelinde ausgedrückt, nicht gerade förderlich zu behandeln. Aehn=
liches
iſt enthalten in der an die hohe Kammer gerichteten Eingabe
von Einwohnern Neubeſſungens d. d. 1. Mai 188.: Die Bewohner
Neubeſſungens ſtehen ganz unter dem Regimente von Altbeſſungen,
das ihren Wünſchen und Bedürfniſſen keine Beachtung ſchenkt
ferner: der Ortsvorſtand von Beſſungen iſt der Vereinigung ab=
hold
, denn die Sache nimmt keinen Fortgang, und es iſt in der
That nicht abzuſehen wann die Vereinigung zu Stande kommen
ſollte.
Alle dieſe Angaben ſtehen nach Ueberzeugung der Unterzeich=
neten
und ausweislich des vorhandenen Aktenmaterials im Wider=
ſpruch
mit den thatſächlichen Verhältniſſen, insbeſondere inſoweit
der Kommiſſion der Vorwurf der Verſchleppung der Angelegenheit
gemacht wird. Dieſelbe, am 13. März d. J. gewählt, hat bis
heute, alſo während eines Vierteljahres, neun Sitzungen gehalten,
während die frühere Kommiſion vom 16. Juni bis 18. Dezember
v. J., alſo in einem halben Jahre, ebenfalls nur neun Sitzungen
hielt. Eine etwaige Einwendung, die gegenwärtige Kommiſſion
habe dafür das zur Prüfung des Vertrags von der früheren Kom=
miſſion
geſammelte Material in Händen, iſt hinfällig, weil das=
ſelbe
ſehr ſpärlich vorhanden iſt und gerade dieſer Umſtand, ins=
beſondere
das Fehlen der Motive zu den einzelnen Vertragsbeſtim=
mungen
, zu Korreſpondenzen und Vorarbeiten Veranlaſſung gab,
welche das Eingehen auf den eigentlichen Vertragsentwurf weſent=
lich
verzögerten. Die Unterzeichneten halten auch eine eingehende
ſorgfältige Behandlung der Sache für das einzig richtige, ſie ſtehen
in dieſer Beziehung ganz auf dem gleichen Boden wie der Großh.
Oberbürgermeiſter der Stadt Darmſtadt, welcher in anzuerkennender
Weiſe nicht verſäumt hat, Ende vorigen Jahres darauf aufmerkſam
zu machen, daß Vereinigungen von Gemeinden überhaupt, und
ſpeziell diejenige von Darmſtadt und Beſſungen zu den ſchwierigſten
Verwaltungs=Angelegenheiten gehören und ſehr eingehende und
ruhige Erwägungen erfordern, ein Drängen auf Beſchleunigung
dieſer Vereinigung der Sache keineswegs forderlich ſei.
Man verkennt keineswegs die Vorteile der geplanten Vereini=
gung
, welche für beide Gemeinden von gleichgroßem Intereſſe iſt,
und man hofft auch durch beiderſeitiges Entgegenkommen dieſe Frage
in einer beiden Teilen von Beſſungen - Alt= und Neu=Beſſungen
- Rechnung tragenden Weiſe in möglichſt kurzer Zeit zu löſen.
Wenn alſo, wie von dem Antragſteller ſelbſt zugegeben, das zu
erlaſſende Geſetz hauptſächlich wegen Abtrennung eines Teils von
Beſſungen und Zuteilung dieſes Teils zur Nachbargemeinde Darm=
ſtadt
erlaſſen werden ſollte, ſo glauben die Unterzeichneten in vor=
ſtehendem
den Nachweis erbracht zu haben, daß es hierzu eines
beſonderen Geſetzes nicht bedarf eines Geſetzes, welches bei ſeiner
Ausdehnung auf das ganze Großherzogtum für diejenigen Gemeinden,
auf die es je nach den Umſtänden Anwendung finden würde, von
unberechenbaren Folgen ſein könnte, ohne die Erreichung des beab=
ſichtigten
Zwecks zu beſchleunigen. Alt=Beſſungen werde beiſpiels=
weiſe
in dem gegebenen Fall in die Notwendigkeit ſich verſetzt ſehen,
ſeine wohlerworbenen Rechte auf Erhaltung ſeiner Gemarkung und
ſeines geſamten Gemeindevermögens, wenn nötig, auf dem Rechts=
wege
in ausgiebigſter Weiſe geltend zu machen. In die gleiche

126
Lage würden aber ebenſo alle übrigen Gemeinden kommen, die von
dieſem Geſetz betroffen werden.
Die Unterzeichneten bitten daher: Hohe Kammer wolle den
Eingangs erwähnten Antrag Heinzerling ablehnen'. Folgen die
Unterſchriften.
Mainz, 29. Juni. Die verwitwete Großherzogin von Mecklen=
burg
=Schwerin, die Schweſter des Kaiſers, iſt geſtern hier an=
gekommen
und mittelſt Equipage nach Wiesbaden gefahren; in einer
Sänfte wurde die hohe Frau aus dem Bahnhof getragen.
Mainz, 29. Juni. Auf Vorſchlag des Kuratoriums der Jubi=
läumsſtipendienſtiftung
zum Andenken an die Feier der 25 Regierung des Höchſtſeeligen Großherzogs Ludwig III.
hat Se. Königl. Hoheit der Großherzog die Stipendien für das
Jahr 1887 verwilligt an die Studioſen Peter Heyl von Krumſtadt,
Adolf Dreſcher von Wieſeck und Friedrich Ohaus von Mainz.
J. Mainz, 29. Juni. Aus Anlaß der Beratung über die Er=
weiterung
des ſtädtiſchen Gaswerks beſchloſſen die Stadtverordneten
heute ahend auf Antrag des Kommerzienrats St. Michel, die Bürger=
meiſterei
zu erſuchen, die Anlage einer oder mehrerer Central=
ſtationen
für elektriſche Beleuchtung ins Auge zu faſſen und
zu dieſem Behufe die bedeutenderen Firmen zur Vorlage von
Projekten für die elektriſche Beleuchtung der Stadt einzuladen.
Gleichzeitig bewilligten indes auch die Stadtverordneten 110000 M.
zu unumgänglichen Verbeſſerungen an dem ſtädtiſchen Gaswerk.
J. Aus Rheinheſſen, 29. Junt. Dem geſtern von den Geſchworenen
freigeſprochenen Töpfer Valentin Görz von Wörrſtadt, iſt es, als
er am Abend nach ſeinem Heimatsort kam, noch ſchlecht ergangen.
Auf dem Bahnhof wurde er von einer großen Menſchenmaſſe,
darunter natürlich auch die liebe Straßenjugend, die ihn nicht ob
ſeiner Freiſprechung beglückwünſchte, ſondern mit lauten Schimpf=
rufen
, wie Brandſtifter und dergleichen, empfangen und ſolcher Art
nach ſeiner Wohnung geleitet.
Fraukfurt, 80. Juni. Am Freitag abend 7 Uhr wird die
Bundesfahne der deutſchen Turnerſchaft nebſt Begleitung
von Dresden, der letzten Feſtſtadt, zur Verherrlichung des deutſchen
Bundesſchießens hier eintreffen und am Neckarbahnhof von der
Frankfurter Turnerſchaft und deren Ausſchuß übernommen und mit
Muſikbegleituag durch die Hauptſtraßen der Stadt nach der Römer=
halle
verbracht werden. Nach dem Feſte nimmt die Stadt Dresden
das Banner wieder in Aufbewahrung. Die Schweizer Schützen
reiſen Samstag vormittag mit Ertrazug von Baſel ab und treffen
abends 1 Uhr auf dem Main=Neckar=Bahnhofe ein, woſelbſt die eid=
genöſſiſche
Schützenfahne feierlich überreicht wird.
Mannheim, 28. Juni. Auch in unſerem Hoftheater hat man
die ernſte Abſicht. baldmöglichſt die elektriſche Beleuchtung
einzuführen und ſind dabei beſonders auch die Rückſichten auf die
Sicherheit des Publikums maßgebend. Von unſerem Stadtrate
werden eben die erforderlichen Erhebungen angeſtellt.
Berlin, 29. Juni. Die Verſammlung der Stadtverordneten
lehnte mit 50 gegen 39 Stimmen den Antrag ab, unter den
Linden und in der Fortſetzung derſelben die elektriſche Beleuch=
tung
einzuführen.
Peſt, 26. Juni. Nach den nunmehr vollendeten amtlichen Auf=
nahmen
über die Pakſer Kataſtrophe wurde konſtatiert, daß auf
der verunglückten Plätte 372 Perſonen, 2 Fiakerpferde und ein Zug=
pferd
ſich befanden. Es haben ſich 176 Menſchen gerettet; 151 Ver=
ſonen
wurden als Leichen aus den Wellen gezogen, 45 Perſonen
werden vermißt, die gewiß gleichfalls den Tod in den Wellen ge=
funden
haben ſo daß die Zahl der Opfer ſich auf 196 beläuft. Es
wurde amtlich konſtatiert, daß die Plätte höchſtens eine Tragfähig=
keit
für 250 Perſonen beſaß; 57 Familien verloren ihren Ernährer
und 134 Kinder wurden zu Waiſen.

Bodes=Arzeige.
Statt jeder beſonderen Anzeige
hiermit die traurige Mittheilung, daß es dem Allmäch=
tigen
gefallen hat, unſeren lieben Vater, Schwiegervater
und Großvater,
Friedrich Hothnagel,
nach kurzem Leiden in beinahe vollendetem 74. Lebens=
jahre
zu ſich zu nehmen.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Die Beerdigung findet Samstag den 2. Juli, Nach=
mittags
5 Uhr, vom Sterbehauſe aus, Saalbauſtraße
Nr. 22, ſtatt.

Druck und Verlag: L. C. Wittlich'ſche Hofbuchdruckerei.- Verantwortlich für die Redaction: Carl=Wittich.