Darmstädter Tagblatt 1886


12. März 1886

[  ][ ]

149.
Jalhrgallg.

Wonnementzpreis
viertelährlich 1 Mark 50 Pf. uc.
Bringerlohn. Auswaͤrtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen ent=
gegengenommen
zu 1 Mark 50 Pf.
pro Quarzal unck. Poſauſclag

(Grag= und Anzeigeblaft.)
Mit der Sonntags=Beilage:
Jhuuſtitz urrthüilluhoo

Inſerate
werden angmnommen:in Darmſtadt
von der Expedition, Rheinſtr. Nr. 2.
in Beſſungen von Friedr. Blößer,
Holzſtraße Nr. 30, ſowie auswärtz
von allen Unnomzeu=Ewpeditboualt

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großh. Kreisamts, des Großh. Polizeiamts und ſümmtlicher Behörden.

N. 50.

Freitag den 12. März.

1886.

Betreffend: Die Aufſtellung einer Viehſeuchenſtatiſtik.
Darmſtadt, am 8. März 1886.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt,
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes mit Ausnahme von Darmſtadt und Beſſungen.
Vom 1. Januar 1886 ab ſollen in allen Staaten des deutſchen Reiches Ermittelungen bezüglich der Wirkſamkeit der
auf das Reichsgeſetz, betreffend Maßregeln gegen die Rinderpeſt vom 7. April 1869, und das Reichsgeſetz, betreffend die Ab=
wehr
und Unterdrückung von Viehſeuchen vom 23. Juni 1880, begründeten Maßregeln ſtattfinden. Mit der Erhebung dieſer
Ermittelungen ſind die Kreisveterinärämter beauftragt worden.
Wir weiſen Sie an, allen Ihnen von Seiten der gedachten Behoͤrden zur Aufſtellung der Viehſeuchenſtatiſtik zugehenden
Requiſitionen pünklich zu entſprechen.
v. Marquard.
(2263

Bekanntmuchung.
Nach den für Abgabe von Waſſer aus dem neuen Waſſerwerk beſtehenden
Satzungen werden als Groß=Conſumenten angeſehen diejenigen Induſtriellen, Ge=
werbtreibenden
und Grundſtücksbeſitzer, welche pro Jahr mehr als 1000 Chm.
Waſſer verbrauchen und ſich vor Beginn des Etatsjahres hierzu auf ein Jahr ver=
pflichten
. Es iſt hierbei gleichgültig, ob der Waſſerverbrauch an einer Stelle
ſtattfindet oder ob der Conſument mehrere eigene Verbrauchsſtellen beſitzt. In letz=
terem
Falle wird er indeſſen zum Erſatz der Koſten herangezogen, welche der Stadt
durch die Ausführung der weiteren Zuleitungen nebſt Waſſermeſſer ꝛc., erwachſen ſind.
Diejenigen Waſſer=Conſumenten, welche gemäß dieſer Beſtimmungen im Etats=
jahre
1886-87 auf den Großconſumpreis Anſpruch zu machen gedenken, werden
erſucht, bindende Erklärung bis längſtens den 35. d. Mts. an die Betriebsleitung
unſeres Waſſerwerks gelangen zu laſſen.
Die ſeitherigen Groß=Conſumenten ſind bei weiterer Beanſpruchung des Groß=
Conſumpreiſes, zur Erneuerung ihrer Ertlärung innerhalb gedachten Termins
ſVerbunden.
Denjenigen Conſumenten, welche keine Erklärung abgeben, wird das Waſſer
im Etatsjahre 1886-8r zum gewöhnlichen Preis, beziehungsweiſe zur feſtgeſetzien
Minimaltaxe, berechnet.
Darmſtadt, den 8. März 1886.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Ohly.
(22de

Bekanntmachung.
In unſer Firmen=Regiſter wurde ein=
getragen
:
Moſes Simon II. betreibt zu Ar
heilgen ein Landesproducten=Geſchäft
unter der Firma Moſes Simon II.
Darmſtadt, am 10. März 1886.
Großherzogliches Amtsgericht Darmſtadt II.
[2264
Lauer.
Malzan.

Bekanntmachung.
Die am 5. d. Mts. abgehaltene Holz=
verſteigerung
aus den Diſtricten Keller=
wieſenſchlag
= und Alte Weide= iſt ge=
nehmigt
und können die Abfuhrſcheine von
Donnerstag den 18. d. Mts.
ſan bei Großh. Rentamte Darmſtadt in,
Empfang genommen werden.
Holzüberweiſung und Beginn der Ab=
fuhr
: Freitag den 18. März, von Mor=
gens
6 Uhr an.

Schluß derſelben: Samstag den 10.
April d. 3s.
Darmſtadt, den 10. März 1886.
Großherzogliche Oberförſterei Beſſungen.
Preuſchen.
[2265

Aupkor, Silbor & ſlold
vo=
CGh. Adt. Eupferberg & dle,
Kainz,
(1681
empfiehlt
M. W. Prassel, Rheinſtr. 16.
Zweigniederlage bei Aug. Mar=
burg
, Beſſung. Carlsſtraße.

Unter Garantie eines reinen kräftigen
Geſchmacks empfehle:
rohen Kallee,;
das halbe Kilo zu 70 Pfo.,
gobravmt. Falkee,
das halbe Kilo zu 90 Pfg.
EmannelZuid.
142

[ ][  ][ ]

J, Vobolshäussor's Hachk.,
C.Lo
Ludwigsplatz 4,
Saaren- é; Ausstallungs.
Hodo,
Gesohälk.
Zpeciahität:
herreu= und Kinderwäſche
Damen=
eigener
, ſolideſter Anfertigung.
GOTAAIOM.
Reichſortirtes Lager bei anerkannt billigſten Preiſen.

16
AusvArN.

Von heute ab verkaufe ich zu ganz bedeutend herabgeſetzten
Preiſen: Damen- und Conſirmanden-Unterröcke,
Beinkleider, Schürzen, Strümpfe ete.
Corsetten von 80 Pfg. an, in größter Auswahl.
Cara Hohemstehm.

Die Neuheiten

tr.

doltschen Ad onglischen Ooſſen

für die Frühjahrs= und Sommer=Saiſon ſind in reich=

haltiger Auswahl eingetroffen, was hierdurch ergebenſt anzeige.

f.
=AE Th,

Herrenbekleidungs=Geſchäft,
(184
Wilhelminenſtraße 31.

Gtuc-aAuraol

der Straßßurger Lichlerfahrik
Victor Hachl & Comp.

empfehlen ſich durch ſchönen, hellen Brand, durch große Dauer der Brennzeit,
was ſich durch einen Verſuch mit einer gleich ſchweren Kerze anderer Fabriken leicht
conſtatiren läßt, und insbeſondere auch durch die ſchätzbare Eigenſchaft, daß die=
ſelben
nach dem Ausblaſen keinen üblen Geruch verbreiten. Man ſehe beim Ein=
kauf
von Stearinkerzen nicht allein auf die blendende Weiſe der Maſſe, welche ja
leicht herzuſtellen iſt, ſondern achte mehr auf den in obigen Punkten angegebenen
praktiſchen Werth der Kerzen.
Kuuflich in den meiſten groͤßeren Colonial= und Materialwaaren=Geſchäften.

Haoooe.

des Darmſtädter Kunſtverein=
4 M. 2.10,
des Darmſtädter Pferdemarkts
4 M. 2
ſind in der Expedition d. B. zu haben.

Triſche Eter

eingetroffen,
(2268
per Stück 5 Pfo, 100 Stück M. 480,
empfiehlt beſtens
L.Steimgüssor,
Eierhandlung, Kirchſtraße 9.

Halarvissonschafl.

Für Mk. 45 werden abgegeben: Oken,
Naturgeſchichte, 14 Bde. ſerſchienen in
Stuttgart von 1835-1845) nebſt Atlas
mit colorirten Abbildungen; Voigt, Zoo=
logie
, 6 Bde. Der Atlas zu Oken iſt
nach dem Urtheil competenter Perſön=
lichkeiten
heute und allzeit allein mehr
als das Doppelte des geforderten Preiſes
werth. Oken hat ſ. 3t. zwiſchen 80 bis
100 Thaler gekoſtet. Auskunft ertheilt

die Expedition d. Bl.

[226

Feinſte
Zut= Grango.
eingetroffen.
Garl Watanger,

11

Louiſenplatz 4.

(218-

Geschäft!

Ein ſehr gangbares Geſchäft (mit feinſter
Kundſchaf), an der Haußtſtraße, iſt ſofort
ſoder ſpäter zu verkaufen. Dasſelbe iſt
zu führen ohne Kenntniß der Branche.
Erforderlich ſind 3000 Mark. Ren=
tabilität
nachweisbar. Näheres bei Frau
Volz, Karlsruhe i. Baden, Victoria=
ſtraße
12.
[2224
Die Hof=Buchhandlung von
Lugusl Klingelhöſter
empfiehlt garantirt reinen, direkt impor=
tirten
chineslschen Thoe, Ernte
1885, zu Ml. 7, 5.25, 4. 7b, 3.75, 3.-
[7831
2.75 und 2.50 per Pfund.
Theespitzen ¹1 Pfd. Mk. 1.35.

794)
112

t52.

913
194

4
Jandelkloion-Soife, ieen
mildeste aller Seifen, bosonders zum 8
14
128
Waschen u. Baden Kleiner Kinder. 6is
Vorräth. Pagu. - 3 St. 50 Pf. bei gas
D. Kiofor's Muo., Ernst-Ludwigstrasse, 950
E. Soharmann, Ludwigsplatz, C. Ham-Vi.
Wiel
[11352
mann. Casinostrasso.

[ ][  ][ ]

Ao,
üß und ſaftig,
Stücks Pfa., 10Stückro Pfo.
empfiehlt
v. Sohmenger
Rheinſtraße 14. (2270

Na. 5l

Aechte

und

EEET RaEL,
ETIodr. dehastor,
Ludwigsplatz 7.
[1802

Heinrich Hoack's
Handelsgärtnerer empfiehlt bei beginnender
Säe= und Pflanzzeit: Blumen= und Ge=
müſeſamen
, ſowie die reichen Vor=
räthe
von Obſt= und Zierbäumen und
Sträuchern, Coniferen Madelhölzer
und alle ſonſtigen in dies Fach einſchla=
gende
Artikel der Gewächshäuſer und
Baumſchulen, worüber Cataloge gratis.
Fine Vogelhecke nebſt Hahnen und
Weibchen billig zu verkaufen. Große
Ochſengaſſe 5, Hinterhaus.
[2271

1444) Neckarſtr. 24 oberer Stock:
6 Zimmer, Küche u. allem Zubehör an=
derweit
zu vermiethen.

1626) Ein möbl. Zimmer, Kapellplatz 14.
AOATAAtad
2

eſ.s
HeulH
igee

In ſchöner geſunder Lage Darmſtadt
od. Beſſungens wird ein
2½ Stöckrges Haus
(3 bis 4 Zimmer in jedem Stock) mit
Hof und Garten zum Preis von 12 bis
15000 Mark, ohne Unterhändler, zu kau=
fen
geſucht. Offerten mit Preisangabe
unter Chiffre H. befördert die Exped.
Ein möblirtes Zimmer,
nebſt einem Raum zum Unterbringen eines
Velocipeds (Dreirad) wird in der Nähe
der Bahnhöfe per ſofort geſucht. Zu er=
fragen
Blumenſtraße 12, 2. St. (2236
EEStellenſuchende jeden Berufs
placirt' ſchnell Reuter's Burezu
in Dresden, Reitbahnſtraße 25. (1331

2272) Eine Modiſtin mit den beſter
Referenzen ſucht baldigſt Engagement.
Stellenbüreau Röſe, Eliſabethenſtraße 46. 2273) Ein feineres Hausmädchen
welches perfekt nähen, bügeln, ſerviren,
ſowie alle feineren Handarbeiten kann,
ſofort oder auf Oſtern Stelle; es wird
weniger auf Lohn als gute Behandlun,
geſehen. Frau Landau, Kirchſtraße 19 2274) 2 perfekte Köchinnen kann idh
den geehrten Herrſchaften für ſof. empfehlen.
Gute Zeugniſſe ſtehen zu Dienſten.
Frau Gluske, Caſinoſtraße 14. AEAAlAAh-AN
8 2144) Ein braves Hausmädchen
das alle Hausarbeit verſteht, zum ſofor=
tigen
Eintritt geſucht. Sprechſtunden Nach
mittags 2-5 Uhr.
Nur ſolche mit guten Zeugniſſen wol=
len
ſich melden Heinrichſtraße 52. 2257) Zur Bedienung eines älterer
leidenden Herrn wird für die Nachtzei=
von
Abends 9 Uhr bis Morgens gegen
9 Uhr ein zuverläſſiger Mann geſucht.
Näheres Rheinſtraße Nr. 6 im mittleren
Stock, Mittags von 12 bis 1 Uhr.
CSATArrvrutsrarantm Fin größeres oder zwei kleinere rein=
L= liche möblirte Zimmer mit Be=
dienung
, vorn heraus, womöglich in der
Neuſtadt, bei ruhigen anſtändigen Leuten
zu miethen geſucht. Gefällige Offerten
beliebe man mit Angabe des Preiſes in
der Expedition d. Bl. unter H. W. S.
anzugeben.
[2275 Warnung.
Ich warne hiermit Jedermann meiner
Frau auf meinen Namen etwas zu leihen
oder zu borgen, indem ich für nichts hafte.
Christian Rühl, Weißbinder. Il lle Arbeiten in Weißſticken, Stielſtich,
Plattſticken und Bunt=Stickereien,
1
44 Häkel= und Filetarbeiten, ſowie Ma=
ſchinenarbeiten
werden ſchnell und
billig verfertigt Roßdörferſtr 32. (330 Die Schlittschuhbahn
auf dem Amoſenteich iſt wieder eröffnet.
J. Lumphose. (2276 ſHin Laden in der Wilhelminenſtraße
, oder nächſter Nähe baldigſt zu miethen
geſucht. Gefl. Offerten mit Preisangabe
unter J. K. a. d. Exped. erbeten. (2277

auf dem Lagerhaus=
platz
, Darmſtadt.

Heute Freitag:
Eine große Vorſtellung.

Anfang 8 Uhr.
Dabei Auftreten der beſten Reiter und
Reiterinnen, Reiten und Vorführen der
beſten Schul= und Freiheitspferde, ſowie
Vorführen der indiſchen und afrikaniſchen
Elephanten. Jede Vorſtellung mit neuem
Programm. Der Circus iſt durch Coaks=
öfen
geheizt. Mit Hochachtung (2207
die Direction.

En grosser Hohhund
zu verkaufen
in der alten Poſt. ſ278

Im Dienstag wurde ein Ring mit
24 blauem Stein (Amethyſt) verloren.
Der ehrliche Finder erhält eine gute Be=
lohnung
Mühlſtraße 45.
[2279
Vorzügliche Teinl- und
Hedizinische Seiſen,
Carbolsäureseite gegen Anſteckung,
Salieyl, Borazr, Benzae, Camyhor.,
Bränter. und Lodseiten,
ſämmtlich 35 Pfg. bei, (0004
H. Scharmann,
Hofbürſtenfabrikant Ludwigsplatz 2.
Samstag, Sonntag und Montag:
Wildschweinessen
bei
J. Lumphose.
Adreßbuch 1886.
Bogen 18 von Sandſtraße- Wie=
nerſtraße
liegt am 12. März auf.
Für den Carnevalszug ſind weiter bei
uns eingegangen: von Frau Johanna Schloſſer
Witwe 5 M., Wilhelm Schwab, ſen., zweiter
Beitrag 20 M. Ferdinand Wittich zweiter
Beitrag 10 M. vivat sequens 1887 von drei
Zuſchauern 6 M.
In Summa 41 M. Hierzu früherer Betrag
63 M., in Summa bis heute 104 M.
Weiteren Beiträgen ſieht entgegen
Die Expedition.
Anzaxi.
ar.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, 12. März.
2. Vorſtellung in d. 8. Abonnements=Abteilung.
(Rothe Karten gültig.)
Zum erſten Male wiederholt.
Zer Graf von Hammerſtein.
Hiſtoriſches Schauſpiel in 5 Akten von Adolf
Wilbrandt.
Anfang halb 7 Uhr. Ende halb 10 Uhr.
Sonntag, 14. März.
3. Vorſtellung in d. 8. Abonnementsabtheilung.
(Rothe Karten gültig.)
A n d i n e.
Romantiſche Zauberoper mit Ballet in 4 Akten
von Lortzing.
k Undine. Frl. Jung, vom Stadttheater
in Magdeburg, als Gaſt.

[ ][  ][ ]

A5
558
Standesamtliche Nachrichten von Beſſungen/ herigen Königsberger Domherrn Dinder zum Erzbiſchof von Poſen
ſvom 4. bis 10. März).
Geborene:
Am 1. März: Dem Schuhmacher Johann Karl. Döll, S. Guſtab und 1884 257 392 Deutſche, 123 781 Czechoflaven und 69 222 Polen
Friedrich Heinrich Ludwig Andreas. Am 7. März: Eine nnehel. gezählt. Da dieſe Zahlen nicht mit den Ergebniſſen der Volkszäh=
L. Anna Maria.
Proklamiert als Verlobte:
Der Handarbeiter Hubert Joſeph Bong mit Anna Eva Eliſa=
bethe
Creter hier.
Geſtorbene:
Am 4. März: Der Bice=Wachtmeiſter i. P. Georg Wilhelm den Nachlaß des Fürſten wurde Konkurs verhängt.
Fuhrländer, 33 J. 18 T. Am 6: Dem Steindrucker Joh. Valentin 1 Leitmeritz und Leißä iſt auf Beſehl des Unterrichtsminiſters einge
Ludwig Engel, S. Emil, 6 M. 14. T. Dem Bahnarbeiter Ludwig
Heinrich Volz, S. Ludwig. 3 M. 9 T. Dem Bahnarbeiter Wil ſtellt worden.
helm Schuhmann, S. Wilhelm, 8 J. 5 M. 18 T.

Politiſche Ueberſicht.
Darmſtadt, 12. März.
Deutſches Reich. Das Beſinden des Kaiſers zeigt anhaltende
Beſſerung; die rheumatiſchen Schmerzen haben erheblich nachge=
laſſen
, die Heiſerkeit iſt faſt geſchwunden. Eine beſondere Schonung
erſcheint indeß nötig, da der Kaiſer ſchon öfter um dieſe Jahreszeit
in ähnlicher Weiſe erkrankte.
In der Reichstagsſitzung vom 10. kam zunächſt der Antrag der
Aba. Windthorſt und Graf v. Waldburg=Heil.der Reichstag wolle
beſchließen eine Erklärung dahin abzugeben, daß es unzuläſſig ſei,
einen Reichstagsabgeordneten wegen Aeußerungen über Thatſachen,
welche ihm in dieſer ſeiner Eigenſchaft mitgeteilt ſind und welche er
infolge deſſen im Reichstage vorgetragen hat, einem Zeugniszwangs=
verfahren
zu unterwerfenl zur Berakung und wurde derſelbe nach
längerer Diskuſſion an die Geſchäftsordnungskommiſſion überwie=
ſen
. Hierauf ging das Haus zur erſten Bexatung des vom Abg.
Grafen v. Moſtke eingebrachten Geſetzentwurfs, betr. die Abände=
rung
des Militärpenſiönsgeſetzes vom 27. Juni 1871, über. In der
Begründung ſeines Antrags führte Graf Moltke unter geſpannteſter
Aufmerkſamkeit der Verſammlung aus, daß eine endliche Regelung
dieſer Angelegenheit dringend notwendig erſcheine und daß auch
eine gewiſſe rückwirkende Kraft des Geſetzes der Gerechtigkeit nur
entſprechen würde. Es liege auf der Hand, daß es wünſchenswert
ſei, wenn Offiziere, die durch die Laſt der Jahre ihrer Aufgabe
nicht mehr vollſtändig gewachſen ſeien, durch Mangel an Fürſorge
nicht genötigt werden ſollten, aus Sorge für ihre Zukunft und die
ihrer Angehörigen, noch weiter fortzudienen. Wenn wir uns nach
einem Kriege, der ſo große Veränderungen hervorgerufen hat, eines
15jährigen Friedens erfreuten, ſo verdankten wir dies neben der
Weisheit des Kaiſers und ſeines Kanzlers einer Politik, wie ſie die
Weltgeſchichte noch nicht geſehen hat. Aber eine ſolche Politik, die
ſich gleichzeitig mit der Löſung ſozialer Fragen im Innern und mit
der Erhaltung des Friedens auch unter unſeren Nachbarn unter=
einander
beſchäftigt, könne nur auf ein ſtarkes Heer geſtützt durch=
geführt
werden. Moltke ſchloß unter andauerndem Beifall mit den
Worten: Die Armee iſt das Fundament geweſen auf welchem
allein eine ſolche Politik ſich hat aufbauen laſſen. Die Armee iſt
es, welche einer energiſchen Aktion Nachdruck und Rückhalt gewährk,
aber nur ſolange als ſie auch wirklich bereit und imſtande iſt da
einzutreten, wo der friedliche Zweck nicht erreicht werden kann.
Und, m. H., mit den Offizieren der Armee veraltet die Armee ſelbſt,
nicht bloß in den oberſten Schichten, ſondern, was weit bedenklicher
wäre, bis weit hinunter in die ſo überaus wichtigen Stellen der
Hauptleute. M. H. Soll die Armee ihren Zweck erreichen, wollen
Sie die Armee kräftig und jugendlich erhalten, ſo geben Sie ihr
das Penſionsgeſetz.: Der Kriegsminiſter dankte Graf Moltke für
ſeinen Antrag und erklärte ſich für Auseinanderhaltung der Pen=
ſionsfrage
von der Steuerfrage. Der Antrag wurde an eine Kom=
miſſion
von 21 Mitgliedern verwieſen.
Die kirchenpolitiſche Kommiſſion des Herrenhauſes iſt geſtern,
nachdem die Redaktionskommiſion ihre Arbeiten beendet hat, in die
zweite Beratung des Geſetzentwurfs eingetreten.
Im preußiſchen Abgeordnetenhaus wurde am 10. die Beratung
des Kultusetats fortgeſetzt, wobei es aus Anlaß der Benutzung der
katholiſchen Kirche in Wiesbaden durch die Altkatholiken wieder zu
lebhaften Kulturkampfdebatten kam. Abg. Windthörſt verlangte die
Aufhebung des Altkatholikengeſetzes. Abg. v. Eynern konſtatierte,
daß trotz der ſcheinbar friedlichen Erklärungen Windthorſt's und
trotz oder vielleicht auch wegen der feindlichen Abſichten des Biſchofs
Dr. Kopp und der Kurie der Kulturkampf niemals ſo heftig ge=
führt
worden ſei wie diesmal, und geſchehe dies nur, um das im
Gange befindliche Friedenswerk im Herrenhauſe zu ſtören. Redner
forderte die im Centrum befindlichen friedliebenden Abgeordneten
auf, ſich von dem unverſöhnlichen welfiſchen Friedensſtörer Windthorſt
zu trennen, worüber großer Unfrieden im Centrum entſtand.
Die Forderungen des Etats für katholiſche Geiſtliche und Kir=
chen
wurden unverändert bewilligt.
Auf kirchenpolitiſchem Gebiete iſt als neueſte Nachricht diejenige
von der Unterzeichnung des päpſtlichen Dekrets, welches den bis=

ernennt, zu verzeichnen.
Heſterreich=Angarn. Im Grundbuchſtande des öſterreichiſchen
Heeres werden nach dem militär=ſtatiſtiſchen Jahrbuch von 1883
lung übereinſtimmen, ſo zeigt es ſich. daß die Deutſchen phyſiſch
entwickelter ſind und einen größeren Prozentſatz zur Armee beitra=
gen
, als die öſterreichiſchen Slaven.
Ueber das Vermögen der Fürſtin Ppſilanti Sina, ſowie über
Der altkathollſche Religionsunterricht an den Gymnaſien in
Frankreich. In Amiens feuerte ein Wahnſinniger zwei Re=
volverſchüſſe
auf den Schriftſteller Jules Verne ab, der am linken
Fuß verwundet wurde. Der Wahnſinnige iſt der eigene Neffe Jules
Bernes. - Der Bürgermeiſter von Saint=Cloud hat der Louiſe
Michel verboten, Verſammlungen in ſeiner Bürgermeiſterei zu
halten.
Engkand. Das Unterhaus verwarf mit 241 gegen 229 Stim=
men
Dillwyn's Antrag zu Gunſten der Entſtaatlichung der Kirche
in Wales. Im Laufe der Debatte bekämpfte der Schatzkanzler
Harcourt den Antrag, indem er erklärte, die Kirchenfrage in Wales
ſei nicht zu trennen von der Kirchenfrage in England, von welcher
Gladſtone während der Wahlen geſagt habe, daß dieſelbe in dieſem
Parlamente nicht aufgeworfen werden ſoll.
Ruhkand. Die ruͤſſiſche Regierung hat gegen das Deutſchtum
in den Oſtſeeprovinzen ſoeben einen neuen Schlag geführt. Durch
kaiſerlichen Befehl ſind die lutheriſchen Parochial= und Landge=
meindeſchulen
Livlands. ſowie die Dorfvolksſchulen Eſthlands und
Kurlands und endlich die Lehrerſeminare der baltiſchen= Provinzen
dem Miniſterium für Volksaufklärung unterſtellt. In letzterem
ſitzen mit die ärgſten Feinde des Deutſchtums und hieraus erklärt
ſich zur Genüge, was die direkte Stellung der deutſchen Schulen
und Lehrerbildungsanſtalten der Oſtſeeprovinzen unter dieſes Mi=
niſterium
bedeutet.
Gutem Vernehmen nach ſollen zunächſt ſämtliche in Metall=
valuta
im Auslande emittierten ruſſiſchen Anlehen, und zwar in
nachſtehender Reihenfolge konvertiert werden: Auswärtige Anleihe
von 1877; 5procentige Konſols von 1870, 1871. 1873, 1874. ſiebente
5proc. Anleihe von 1862, wahrſcheinlich auch beide engliſch= hollän=
diſchen
Anleihen. Nachher ſollen die drei inneren Orientanleihen
konvertiert werden.
Die vereinigten ruſſiſchen und lettiſchen Bewohner Rigas hatten
große Anſtrengungen gemacht, um bei den Stadtverordnetenwahlen
in der dritten Wählerklaſſe ein Uebergewicht über die Deutſchen zu
gewinnen. Das iſt ihnen nicht gelungen. Das nunmehr feſtgeſtellte
Ergebnis der Wahlen bedeutet einen mit großer Mehrheit errunge=
nen
Sieg der deutſchen Bewohner der Stadt. Da in den beiden
anderen Wählerklaſſen kein Kampf zu befürchten iſt. ſo iſt auch für
die nächſten Jahre die bisherige Verwaltung der Stadt auf deut=
ſcher
Grundlage geſichert.
Herbien. Mijatovie traf am 10. März mit dem Friedensinſtru=
menk
aus Bukareſt in Belgrad ein. Sämtliche Miniſter begeben
ſich in den nächſten Tagen nach Niſch zu einem Miniſterrate. Der
öſterreichiſche Miniſter, Graf Khevenhüller, wurde am 10. d. in
Belgrad erwartet. Der König ſtiftete eine Königin Natalie= Er=
innerungsmedailler
für Frauen, welche ſich in der Pflege der Ver=
wundeten
ausgezeichnet haben.
Griechenland. Neueſte Stimmungsberichte aus Athen ſind we=
niger
kriegsluſtig. Die angekündigte Einberufung zwei weiterer
Reſerveklaſſen wird wahrſcheinlich zurückgehalten; wenigſtens iſt
König Georg bemüht, von der Veröffentlichung des bezüglichen Be=
fehls
abzuhalten. Ein atheniſches Blatt veröffentlicht einen Brief
Chamberlains, der den Rat enthält, der Entſcheidung der Mächte
nachzugeben. Die Pforte hat 180000 Mann an der Grenze ſtehen,
denen Griechenland höchſtens 60 000 Mann entgegenſtellen kann.
Fürſtet. Das Rundſchreiben der Pforte vom 6. ds. erklärt,
die Türkei bleibe dabei, Griechenland keinerlei Zugeſtändniſſe zu
machen. Es könnten alſo auch über ſolche Zugeſtändniſſe gemäß
den früheren Erklärungen der Pforte keine Verhandlungen ſtatt=
finden
.
Wie aus Konſtantinopel gemäß der letztfälligen Poſt gemeldet
wird, dauern die Rüſtungen der Pforte noch in ziemlich großem
Maßſtabe fort. Es ſind abermals anſehnliche Pferdetransporte
aus Ungarn mit Aohdſchiffen und am 4. ds. 78 Krupp'ſche Ge=
ſchütze
auf dem Seewege aus Amſterdam in Konſtantinopel ange=
kommen
.
Die Erwartung, daß das Uebereinkommen bezüglich der Ver=
einigung
Oſtrumeliens mit Bulgarien'ſchon am verfloſſenen Sonn=
tag
erfolgen würde, konnte ſich nicht verwirklichen, da am Montag
noch zwei Botſchafter in Konſtantinopel ohne Weiſungen ihrer
Regiekungen waren. Dieſe ſind nun inzwiſchen eingetroffen und
wird heute das Protokoll wohl ſchon durch alle Botſchafter unter=
zeichnet
ſein.

[ ][  ][ ]

R 50

559

Die vertrauliche Anfrage, ob man nicht Berlin als Ort der end=
giltigen
Konferenz wählen ſollte, iſt von ſeiten der deutſchen Reichsregie=
rung
ſofort und beſtimmt abgelehnt worden. Alsbald nach der
oben erwähnten Unterzeichnung des Protokolls werden die Groß=
mächte
entſchieden gegen Griechenland vorgehen, und glaubt man
nicht an eine Störung des Friedens.

Aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 12. März.
Die am Mittwoch nachmittag im oberen Rathausſaale ſtatt=
gehabte
Sitzung der Geſamt=Kirchengemeinde=Vertretung
war von 43 Mitgliedern beſucht. Der Vorſitzende, Herr Kirchen=
rat
Ewald, begrüßte die Erſchienenen mit dem Ausdruck der Freude,
daß er zum Erſtenmale in der Lage ſei, eine Verſammlung der
Geſammtkirchengemeinde zu eröffnen. Daß mit dem zu erſtrebenden
Ziel, der Einteilung der Stadt in Parochieen - dereinſt unter
einem Stadt=Dekanat - durch die Gründung der Martinsgemeinde
der Anfang gemacht werden konnte, dieſes ſei bekanntlich durch die
hochherzige Stiftung eines Ungenannten ſehr leicht gefallen. Weit
ſchwieriger werde ſich die Weiterentwicklung geſtalten, da die Samm=
lungen
für den zunächſt in Ausſicht genommenen Bau einer Kirche
im Nordweſtviertel noch weit von dem Ziele entfernt ſeien; durch
reges Zuſammenwirken aller kirchlich Geſinnten werde man dem=
ſelben
näher treten. - Herr Pfarrer Dingeldey verlas hierauf
den nachfolgenden Bericht über die kirchlichen und ſittlichen Ver=
hältniſſe
der evangeliſchen Geſamtgemeinde Darmſtadt im abge=
laufenen
Kirchenjahre.
Was zunächſt den Kirchenbeſuch betrifft, ſo hat ſich dieſer im
Vergleiche zum vorhergehenden Jahre etwas vermindert, denn im
Jahre 1884 wurde die Kirche an den drei Zähltagen von 10648,
im Jahre 1885 von 10189 Perſonen beſucht, worunter 1987 Kinder
waren gegen 2049 Kinder im Vorjahre. In der Militärkirche und
Hofkirche wurden die Kinder nicht mitgerechnet. An den 3 Zähl=
tagen
belief ſich der Kirchenbeſuch:
a. in der Vereinten evangel. Eivilgemeinde auf 4499 Perſonen
b. Garniſonsgemeinde
2320
Hofkirche

1378
d. im Diakoniſſenhaus

568
C. Armenhaus
174

f. in der Sonntagsſchule
1200
1.
10139 Perſonen.
Der Gottesdienſt im Armenhauſe wird durchſchnittlich von 50
bis 60 Perſonen beſucht. Hiernach betrug der Kirchenbeſuch an den
3 Zähltagen überhaupt 30½ %o der evangeliſchen Bevölkerung.
Aus der katholiſchen Kirche traten 2 Perſonen über
in die evangeliſche Kirche; dagegen erfolgte auch ein Austritt
aus der evangeliſchen Kirche ohne Uebertritt in eine andere.
Auch die Zahl der Kommunikanten hat im Vergleich zum
Vorjahr abgenommen, denn im Jahre 1884 betrug die Zahl der
Kommunikanten 7198; im Jahre 1885 aber 6190 und zwar betrug
die Zahl der Kommunikanten im öffentlichen Gottesdienſt:
a. in der Vereinten evangel. Civilgemeinde 3274 Perſonen
b. Garniſonsgemeinde
1245
Hofkirche
C.
776
d. im Diakoniſſenhaus.
583
.

Hierzu kommen bei Privat=Kommunionen:
a. in der Vereinten evangel. Civilgemeinde
b. Garniſonsgemeinde
C.
Hofkirche
d. im Diakoniſſenhaus

5878 Perſonen.

175 Perſonen
3.

28
70

312 Perſonen.
Dazu obige 5878
In Summa 6190 Perſonen.
Die Zahl der getauften Kinder betrug 760. und da die
Zahl der Geborenen ſich auf 896 belief, ſo wurden nahe an 85 %
getauft, wobei jedoch zu bemerken iſt, daß die noch Ungetauften
größtenteils in den letzten Monaten des Jahres geboren wurden
und alſo wohl in den erſten Monaten des Jahres 1886 getauft
werden, und daß mehrere Kinder vor der Taufe ſtarben. Taufver=
weigerung
kam keine vor, und es kann daher das ſtatiſtiſche Er=
gebmis
bezüglich der Taufen als befriedigend betrachtet werden. Im
Jahre 1884 wurden 870 Kinder geboren und 707 getauft, alſo wur=
den
im Jahre 1885 26 mehr geboren und 53 mehr getauft. Werden
auch noch Kinder aus früheren Jahren getauft, ſo ſind dieſe Fälle
doch vereinzelt, während im Allgemeinen bei den Eltern die Ge=
neigtheit
ihre Kinder nicht zu lang ungetauft zu laſſen ſich immer
mehr geltend macht. In Miſchehen wurden 167 Kinder geboren,
wovon 96 evangeliſch, 43 katholiſch getauft wurden. Im Vorjahre
wurden in Miſchehen 176 geboren und evangeliſch nur 78 getauft.
Die Zahl der unehelich Geborenen betrug 60gegen 74 im Vorjahre,
wovon 49 getauft wurden
Auf dem Standesamte wurden 266 Ehen geſchloſſen gegen
286 des Vorjahres darunter 218 rein evangeliſche. Von dieſen 21,
rein evangeliſchen Ehen wurden 169 kirchlich eingeſegnet, 49 aber nicht.

Miſchehen wurden 48 geſchloſſen, wovon 29 in der evangeliſchen
Kirche eingeſegnet wurden; bei 18 dieſer 29 Ehen war der Mann
evangeliſch. Vergleichen wir nun dieſe 266 auf dem Standesamte
geſchloſſenen Ehen mit den 198 in der evangeliſchen Kirche einge=
ſegneten
, ſo ergibt ſich ein Procentſatz von 76kirchlichen Trauungen
gegen 799 im Vorjahre. Und vergleichen wir die 48 ſtandesamt=
lich
geſchloſſenen Miſchehen mit den 29 in der Kirche eingeſegneten,
ſo ergibt ſich ein Procentſatz von etwas über 60 kirchlichen Trauungen
von Miſchehen, die von evangeliſchen Geiſtlichen vollzogen wurden,
gegen 56 % im Vorjahre. Da im Vergleich zu früheren Jahren
die Eheſchließung weit mehr erleichtert iſt, ſo ſehen wir zwar eine
Zunahme von Eheſchließungen in den weniger gut ſituierten Stän=
den
, aber auch eine Zunahme von unglücklichen Ehen, in welchen
zuweilen ſchon nach kurzer Zeit die Scheidung wieder begehrt wird,
ſelbſtverſtändlich aber nicht immer bewilligt werden kann. Eine
eigentliche Verweigerung und Geringſchätzung der kirchlichen Trau=
ung
kam nicht vor. Dagegen wurden 5 Eheſcheidungen vollzogen
gegen 6 im Vorjahre.
Im Jahre 1885 ſtarben 713 Perſonen gegen 665 im Vorjahre,
alſo 48 mehr. Unter jenen 713 Geſtorbenen waren 203 Kinder
unter 6 Jahren, die anderen 510 über 6 Jahre alt. Vonjenen 713
Geſtorbenen wurden 360 kirchlich beerdigt, alſo etwas über
50 %. Vergleichen wir die Zahl der über 6 Jahre alt Geſtorbenen
mit denen, welche über 6 Jahre alt kirchlich beerdigt wurden, ſo
erſcheint ein günſtigerer Procentſatz, nämlich etwas über 68 %.
Ueberhaupt iſt zu bemerken, daß früher Kinder unter 14 Jahren
nur ſehr ſelten und Kinder unter 6 Jahren gar nicht kirchlich be=
erdigt
wurden, während in den letzten Jahren Kinder unter 14
Jahren weit häufiger auch kirchlich beerdigt wurden, und auch
kirchliche Beerdigungen von Kindern unter 6 Jahren vorkommen,
denn unter den 360 kirchlich Beerdigten waren 12 Kinder unter 6
Jahren. Bezüglich der Beerdigungen möchten wir hier noch einem
Wunſche Ausdruck geben, der auch öfter ſchon in den öffentlichen
Blättern Ausdruck fand, daß nämlich die Blumenſpenden, die zu=
weilen
in wahrhaft luxuriöſer Weiſe ſich aufthürmen, einigermaßen
beſchränkt würden. Wir verkennen hiermit keineswegs die gute
Abſicht der Geber, aber entſpricht eine ſolche oft ſehr koſtſpielige
Fülle von Blumen und Lorbeerkränzen dem einfachen und anſpruchs=
loſen
Sinn und Geiſte derer, welchen ſie als Liebesopfer geweiht
ſind ? Für nicht wenige Fälle dürften wir wohl dieſe Frage mit
Nein, beantworten. Man kann des Guten auch zu viel thun,
darum wäre auch hier Mäßigung zu wünſchen.
Konfirmiert wurden im Jahre 1885-627 Kinder, worunter
33 aus Miſchehen, alſo 34 Kinder mehr als im Vorjahr, in welchem
593 Kinder konfirmiert wurden.
(Schluß folgt.)
Repertoire=Entwurf des Großh. Hoftheaters
Sonntag, 14. März. Undiner. Dienstag, 16. März: Zrinh'.
Donnerstag, 18. März: Figaro's Hochzeit. Freitag, 19. März:
Der Salonthroler'.
Wir wir nachträglich erfahren, hat Fräulein Dr. Ella
Menſch das Examen in Zürich magna cum laude beſtanden.
K. Die Wiener Allg. 3tg. hatte ſ. 8. eine Feuilleton= Kon=
kurrenz
ausgeſchrieben. Unter den ſehr zahlreich eingegangenen Ar=
beiten
wurde auch derjenigen des Herrn Dr. Ruths von hier, mit
dem Titel das Feſteſſen;, eine ehrenvolle Erwähnung zuer=
kannt
.
Das prächtige Koſtüm des Prinzen Karneval war,
wie wir hören, von der Firma. A. Hachenburger gefertigt.
In anerkennenderer Weiſe als der in geſtr. Nr. ds. Bl. mit=
geteilte
Bericht des Mainzer Anzeigers über den hieſigen Faſt=
nachts
=Zug ſchreibt die Kölniſche Leitung:: Darmſtadt, in
welchem ſich bisher die Feier des Fäſchings weſentlich auf die
Räume der verſchiedenen Vereine, Geſellſchaften u. ſ. w. beſchränkte
und die Anfänge eines gemeinſamen öffentlichen Auftretens in einem
Aufzug nur ſchüchtern hervortraten, iſt mit einem Male in die
Reihe derjenigen Städte getreten, welche bis dahin vorzugsweiſe
den Ruhm in Veranſtaltung pracht= und humorvoller Faſtnachts=
züge
genießen. Der Feſtzug hat, dank der unermüdlichen Thätigkeit
der Unternehmer, der bereitwilligen Unterſtützung der Vereine, der
Innungen, der Militärbehorde und vieler anderer Faktoren, einen
geradezu überraſchenden. Erfolg erzielt. Die ſorgfältig vorbereiteten
ſehr zahlreichen Gruppen zeichneten ſich aber auch ebenſo durch ge=
ſchmackvolle
, vielfach ſogar prächtige Ausſtattung wie - worauf
das Hauptgewicht zu legen - durch trefflichen Witz aus, und echte
Kenner, namentlich der rheiniſchen Karnevalsfreuden, hielten mit
der Anerkennung nicht zurück, daß die Darmſtädter mit dieſem An=
fang
das unter ſolchen Umſtänden Beſte geleiſtet hätten. Mag auch
der in Mainz, Köln u. ſ. w. ſo ausgebildete Verkehr zwiſchen Zug=
teilnehmern
und dem Publikum wegen Neuheit der Sache hier noch
nicht ſo hervorgetreten ſein, ſo ſind doch die beſten Anſätze dafür
vorhanden, die bei Wiederholungen in ſpäteren Jahren ſich entſchie=
den
ausbilden werden. Die Eiſenbahnzüge hatten Maſſen von Zu=
chauern
herbeigeführt und, wo der Zug ſich bewegte, waren die
Straßen oft geradezu überfüllt. Ein beſonderes Verdienſt an der
glänzenden Erſcheinung des Zuges hatte der dermalen hier ſpie=
143

[ ][  ]

560
lende Cirkus Lorch, der ſeine Muſik, ſeine Pferde, Elephanten,
treffliche Reiter geſtellt hatte.
terem Himmel.
davoͤn daß an ſeinem Aufkömmen gezweifelt wird.
M. A.
führt, hat am Faſtnachtſonntag ſeine Fahrten zwiſchen Mainz und
Biebrich begonnen.
Boden nicht von geeigneter Qualität ſei.
M. N.
Worms, 10. März. Der Chef der bekannten hieſigen Firma
reiſe in Brüſſel infolge einer Lungenentzündung geſtorben.
abgehaltenen Wohlthätigkeits=Bazars beträs 6050 Mark. in dieſer Angelegenheit weitere Prüſungen vorzunehmen.
Die ſtürmiſchen Verhandlungen des 48. Turntages des
Gaues Heſſen, der am 28. Februar hier unter der Teilnahme des Stazione Maritima an der Cholera geſtorben.
Kreisvertreters Hrn. E. Reuter aus Darmſtadt ſtattfand, haben
von 7000 Mark, der Verklagte bietet 3000 Mark. Der letzte un=
ſerer
Univerſitäts=Profeſſoren der ſeine Kollegien ſchloß, war der
Kanzler Gareis. Er ſchloß am Montag den 8. März.
1. Frankfurt, 11. März. Nach zweitägigem Aufenthalt ſind
J. K. H. die Prinzeſſin Katharina und Prinz Wilhelm, prä=
ſumtiver
Thronfolger von Württemberg, ſowie deſſen Braut Prin=
zeſſin
Charlotte von Schaumburg=Lippe von hier wieder abgereiſt.
Vorher wurden die größten und vornehmſten Teile des Trouſſeaus
der Prinzeſſin=Braut bei der hieſigen Firma C. Pfaff in Beſtellung
gegeben. welche bekanntlich auch die Pusſtattungstoiletten der Prin=
zeſſin
Hilda von Naſſau lieferte. Sämtliche Herrſchaften ließen
ſich auch in dem van Boſch'ſchen Atelier aufnehmen.
Karlsruhe, 10. März. Der Erbgroßherzog hatte
eine gutverbrachte Nacht. Das Fieber iſt rückgängig, die Gelenk=
affektion
mäßig. Die inneren Veränderungen befinden ſich teils in
langſamem Rückgang, teils ſind ſie ſtationär.
Eſſen. Am 3. d. M. wurde von der Kruppſchen Guß=
ſlahlfabrik
das zweite der von der königlich italieniſchen Regie=
rung
in Auftrag gegebenen Rieſengeſchütze zum Schießplatz nach
Meppen abgeſandt. Dasſelbe iſt eine 40 em=Kanone, deren Rohr
14 m lang iſt und 125.5 Tonnen wiegt. Bei einer Pulverladung
von 500 Eg ſchleudert der Koloß eine Granate von 800-1000 kg.
Da die ungeheure Laſt des Rohres auf einem verhältnismäßig
keinen Raume zuſammengedrängt iſt, ſo mußten für den Eiſen=
bahntransport
beſondere Vorkehrungen getroffen werden. Das Ge=
ſchütz
ruht auf zwei eigens für dieſen Zweck gebauten Wagen,
welche durch eine drehbare Brücke miteinander verbunden ſind.
Jeder dieſer Wagen hat 8 Achſen, ein eigenes Gewicht von 39 Ton=
nen
und eine Tragfähigkeit von 75 Tonnen. Zwiſchen der Loko=
motive
und dem erſten Kanonenwagen laufen zur größeren Sicher=
heit
zwei unbeladene Wagen. der Sonderzug, mit welchem
das Geſchütz befördert wird, gewiſſe Eiſenbahnbrücken nicht paſſieren
darf, ſo müſſen die von demſelben zu befahrenden Strecken mit be=
ſonderer
Vorſicht ausgewählt werden.

E 50
Berlin, 10. März. In dem Janke'ſchen Fämilienprozeß
Kamele u. ſ. w., und was nicht unerwähnt bleiben darf, auch vor= erkannte der Gerichtshof gegen den Grafen Matuſchka von Toppoleza
auf 1 Jahr Gefängnis, unter Anrechnung von 1 Monat Unter=
Am 11. März, 6 Uhr morgens. zeigte der Thermograph ſuchungshaft wegen Beihülfe zum betrügeriſchen Bankerott gegen
des hieſigen Kataſteramts - 1163 C. bei N. O. und völlig hei= Shring auf 9 Monate Gefängnis unter Abrechnung von 6 Monaten
Unterſuchungshaft, gegen Wilhelm Schmidt auf 2 Jahre Zuchthaus
Mainz, 10. März. Der erſt ſeit 4 Wochen an der Neuthor= unter Anrechnung von 6 Monaten Unterſuchungshaft und 2 Jahre
ſtation in Dienſt befindliche Bahnhofsaſſiſtent wurde geſtern Nach= Ehrverluſt, gegen Hermann Schmidt auf 1 Jahr 3 Monate Jucht=
mittag
, als er über das Geleiſe der Bahn ſpringen wöllte, von der haus und 2 Jahr Ehrverluſt, gegen Karl Schmidt auf 6 Monate
Lokomotive eines Darmſtädter Schnellzugs erfaßt und ſeitwärts ( Gefängnis und gegen Kienſcherf auf 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus
auf die Erde geſchleudert. Der Verunglückte trua nicht allein zwei und 2 Jahre Ehrberluſt. Bezüglich des Angeklagten Unverdroß
Rippenbrüche, ſondern auch eine ſo ſtarke innerliche Erſchütterung iſt. dem Spruch der Geſchworenen entſprechend, auf Freiſprechung
erkannt und iſt deshalb der Haftbefehl gegen denſelben aufzuheben.
Mainz, 11. März. Das neuhergeſtellte ehemalige Trajectboot, Dagegen hat der Gerichtshof beſchloſſen, den Angeklagten Kienſcherf,
das jetzt bekanntlich den Namen,Alexander, Fürſt von Bulgarien' der ſich auf freiem Fuß befindet, in Haft zu nehmen. Der Gerichts=
hof
iſt in allen Punkten den Ausführungen des Staatsanwalts
beigetreten, nur bezüglich des Wilhelm Schmidt iſt er über den
Submiſſionsarbeit. Bei dem Maskenball in der Antrag des Staatsanwalts hinausgegangen da Wilhelm Schmidt
Stadthalle am Montag brach während des erſten Tanzes über l als der eigentliche Anführer anzuſehen iſt. Der Gerichtshof hat es
einem der daſelbſt befindlichen Kanäle der Fußboden auf einer für angemeſſen erachtet, dem Grafen Matuſchka die Ehrenrechte zu
Strecke von vielleicht 1½ Meter Länge und 50 Centimeter Breite belaſſen, da dieſer öffenbar unter dem Druck ſeiner Schwägersleute
ein, ohne daß glücklicher Weiſe ein Unfall paſſierte. Zwei Stunden ) gehandelt und eine ehrloſe Geſinnung nicht an den Tag gelegt hat.
lang mußten einige Herren dieſe gefährliche Lücke bewachen, damit l Dies hat auch ſein ganzes Verhalten von dem erſten Augenblick
beim Tanzen niemand hineinſtürzte. Der Halleboden wurde be= ſeiner Unterſuchungshaft an bewieſen. Es iſt deshalb wie geſchehen,
kanntlich von einer Stuttgarter Fäbrik angefertigt und damals ent= erkannt worden. Sämtliche Verurteilte erklärten auf Befragen des
ſtand ſchon ein Federkrieg in der Preſſe, weil das Holz für den Präſidenten, daß ſie ſich weitere Schritte bezüglich des gegen ſie
ergangenen Urteils vorbehalten.
Prag. Der Verwaltungsausſchuß des böhmiſchen Muſeums
van Baerle Herr Vincenz van Baerle, iſt auf einer Geſchäfts= beſchloß im Hinblick darauf, daß gegenwärtig neue Zweifel über
die Echtheit der Königinhofer Handſchrift erhoben wurden,
W. Gießen, 10. März. Der Reinertrag des jüngſt l die 1880 diesbezüglich eingeſetzte Kommiſſion von neuem einzuladen,
Venedig, 10. März. Geſtern nacht iſt hier ein Arbeiter der
Maskenball beim Sultan. Im Pildis=Kiosk fand
dahin geführt, daß der Gießener Turnverein weil er ſich terroris ſo ſchreibt man aus Konſtantinopel - vor einigen Tagen ein großes
ſiert glaubt, aus dem Gauverband ausgeſchieden iſt. Die Ver= Maskenfeſt ſtatt, zu dem auch die Damen aus den Harems der Würden=
ſammlung
hat mit großer Majorität das Verfahren des Gauturn= träger geladen waren. Die Lieblingsgattin des Sultans erſchien als
warts, der die Gießener Turner auf dem Licher Turnfeſt im vorigen Rococo=Dame, viele Harems=Schönen waren als Bäuerinnen, Wiener
Jahr vom Preisturnen ausſchloß, weil ſie ſich vorher nicht an den Wäſchermädchen, Pagen u. ſ. w. gekommen. Ein unſichtbar aufge=
Freiübungen beteiligt hatten, für gerechtfertigt erklärt. Ferner ſtelltes Orcheſter ſpielte zum Tanze auf, bei dem die Damen des Serails
hat ſie einſtimmig den Proteſt des Gießener Turnvereins gegen l zeigten, daß ſie von ihrer Lehrmeiſterin, einer ehemaligen Tänzerin
die Faſſung des Protokolls auf dem Licher Turnfeſt zurückgewieſen. der Pariſer Oper, Walzer, Polkas. Quadrillen ganz treflich gelernt
Bie Oberheſſiſchen Eiſenbahnen teilen mit den ruſſiſchen hatten. Der Sultan ſprach ſeine Befriediguna über das Feſt aus
eine Eigentümlichkeit, deren Berechtigung wir dahin geſtellt ſein l und dankte wiederholt den Gemahlinnen der Botſchafter, welche den
laſſen wollen: ſie verwenden zur Beleuchtung der Coupes noch Anſtoß zu demſelben gegeben. Einiges Aufſehen erregte es daß ein
Gtearinkerzen! Einer der Führer der hieſigen Ultramontanen keckes Wäſchermädchen dem Sultan mit dem Fächer Lauf den Arm
hat ſeine mit einer Frankfurter Dame geſchloſſene Verlobung' ſchlug: der Padiſchah wandte ſich überraſcht um, die Dame demas=
wieder
gelöſt. Die Dame klagt vor Gericht auf eine Entſchädigung l kierte ſich ſofort-es war die Gemahlin eines ausländiſchen Diplomaten.

Lsehleander.
Täglich Vorſtellung im Circus Lorch.
Freitag, 12. März: General=Verſammlung des Lokalgewerbvereins
Darmſtadt in der Winter'ſchen Brauerei Textor).
Samstag, 13. März: Masken=Ball des Geſangvereins Sängerluſt
im Schützenhof.
Ball der Turngemeinde Beſſungen im
Chauſſeehaus. - 50. Konzert der Ph. Schmitt'ſchen Akademie für
Tonkunſt im Saalbau.

Druck und Verlag: L. C. Wittichche Hofbuchdruckerei.
Verantwertlich für die Redaction: Carl Witthcb.