Darmstädter Tagblatt 1883


05. Januar 1883

[  ][ ]

5

146.
Jahrgang

Wonnementspreis
vlertchahelich 1 Mark 50 Pf. inck.
Beingerlohn. Uuſwärt werden von
allen Poſikmtern Beſtellungen ent=
gegengenommen
zu 1 Mark 50 Pf.
pro Quartal nek. Poſtaufſchlag.

rag= und Anzeigeslatt.)
Inſorate
werden angenommen: in Darmſadt
Mit der Sonntags=Beilage:
von der Expedition Rheinſte. Nr. W.
in Beſſungen von Friedr. Bllßer,
Holzſtraße Rr. V. ſowie auwärt
ſrirtEs ameryaiſungsoiatt. i da tnnnct anu-

Amtliches Organ
für die Behanntmachungen des Großh. Kreigamts, des Großh. Volizeiamits und ſämmtlicher Behörden.
Freiteg den 5. Januar.
RA.
1883.

B e k a n n t m a ch u n g.
Betreffend: Verlooſungen.
Großherzogliches Miniſterium des Innern und der Juſlig hat genehmigt, daß mit den nuͤchſtjährigen Frlebberger Früh=
jahrs
= und Herbſt=Pferdemärkten je eine Verlooſung von Pferden und ſonſtigen Gegenſtänden, ſowie daß mit dem nächſtjährigen
Frühjahrs=Faſſelmarkte in Butzbach eine ſolche von Faſſeln, Rindern, Schweinen und landwirthſchaftlichen Geräthen verbunden
werde und den Vertrieb der Looſe beider Verlooſungen im Großherzogthum geſtattet.
Darmſtadt, den 30. December 1882.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
(67
v. Marquard.

Betreffend: Ankauf von Buchtſchweinen.
Darmſtadt, am 80. December 1882.
Der Director des landwirthſchaftlichen Bezirksvereins Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Im Entwurf des Vereinsbudgets für 1883 ſind zum Ankauf von Zuchtebern der Berkfhire=Race, insbeſondere zur
Beſtreitung der Reiſekoſten des mit dem Ankauf in Norddeutſchland zu betrauenden Sachverſtändigen 100 Mark vorgeſehen und
bietet ſich daher den Gemeinden des Vereinsbezirks, in welchem die Schweinezucht ſehr der Aufbeſſerung bedarf, eine günzige
Gelegenheit, tüchtiges Zuchtmaterial zu erwerben.
Der Unterzeichnete erſucht daher die verehrlichen Bürgermeiſtereien, ihm möglichſt bald mitzutheilen, ob ihre Gemeinden
bei dem beabſichtigten Ankauf ſich betheiligen wollen, und welche Wünſche ſie hinſichtlich der Zahl und des Alters der anzu=
kaufenden
Thiere hegen.
Den Gemeinden werden nur die Ankaufs= und die Koſten des Transports der Thiere berechnet, mit welchen bei der dem=
nächſt
unter den Beſtellern zu veranſtaltenden Verſieigerung angeboten werden muß. Ein etwaiger Mehrerlös hierbei wird den
Letzteren gutgerechnet werden. Die bei der Verſteigerung nicht abgehenden Thiere werden unter den Beſtellern verlooſt.
Auf Wunſch könnten auch für einzelne Private (Mitglieder des Vereins), Eber oder weibliche Zuchthiere mitbezogen
werden. Die Beſteller müſſen aber dann die für ſie ausgewählten Thiere zum Koſtenpreis übernehmen.
Da die Nachfrage bei der Bezugsquelle (Sürwürden bei Rodenkirchen in Oldenburg) ſehr groß iſt, ſo iſt eine frühzeitige
Anmeldung geboten.
(68
Gros.

B e k a n n t m a ch u n g,
die Abhaltung landwirthſchaftlicher Wandervorträge im Kreis Darmſtadt betreffend.
Sonntag den 7. Januar 1883, Nachmittags halb 3 Uhr, ſoll eine landwirthſchaftliche Beſprechung, eingeleitel durch
einen Vortrag des Herrn Gemeinderath Grimm von Eberſtadt über Schweinezucht im Locale des Wirth Rodenhäuſer
nzur Traube in Ober=Namſtadt ſtattfinden, wozu alle Freunde der Landwirthſchaft hierdurch eingeladen ſind.
Die Herren Bürgermeiſter der benachbarten Gemeinden erſucht der Unterzeichnete ergebenſt, Vorſtehendes in ihren Gemeinden
thunlichſt bekannt zu machen.
Darmſtadt, am 30. December 1882.
Der Director des landwirthſchaftlichen Bezirksvereins Darmſtadt.
[12
Eros.
7

[ ][  ][ ]

52

Bekanntmachung.
Die Maurerarbeit, und Thonrohr=
lieferung
bei Ausführung eines Kanals in
der Stiftſtraße ſoll im Wege der Sub=
miſſion
vergeben werden.
Offerten ſind bis
Montag den 8. Januar 1883,
Vormittags 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Voranſchlag und Bedingungen liegen
auf dem Stadtbauamt zur Einſicht offen,
bei welchem auch die Formulare für die
Offerten zu erheben ſind.
Darmſtadt, den 3. Januar 1882.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
[70
Ohly.

Bekanntmachung.
Der Druck des Verwaltungsberichts
für 188182 und des Voranſchlags für
1883184 ſoll ſubmiſſionsweiſe vergeben
werden. Die Bedingungen liegen auf un=
ſerem
Bureau offen. Angebote wolle man
bis Montag den 8. Januar k. Js.,
Vormittags 10 Uhr,
verſchloſſen und gehörig überſchrieben bei
uns einreichen.
Darmſtadt, den 28. December 1882.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Ohly.
[(15
Schulhausverkauf
Anfahren von Mauer= und Ruſſen=
ſteinen
.
Nächſten Mittwoch den 10. d. Mts.,
Nachmittags 1 Uhr,
ſoll zu Gräfenhauſen in dem Gemeindehaus
die II. Lehrerwohnung, beſtehend aus einem
einſtöckigen Wohnhaus, 125 Mt. lang und
8 Mt breit und etwas Nebengebäude, au
den Abbruch an den Meiſtbietenden ver=
ſteigt
werden. Bemerkt wird, daß das
Haus ſich in einem guten Zuſtand befindet.
Gleichzeitig ſollen 200 Kub.=Mtr. Mauer.
ſteine von den Brüchen bei Darmſtadt und
100,000 Ruſſenſteine von der Bayerseich
zur Erbauung eines neuen Schulhauſes
zum Anfahren an den Wenigſtnehmenden
verſteigt werden.
Gräfenhauſen, am 3. Januar 1883.
Der Großherzogliche Bürgermeiſter.
171
Hönig.

N. 4
Bekanntmachung.
Auf gerichtliche Verfügung ſoll die Hof=
railhe
des Heinrich Franz dahier und
zwar:
Flur Nr. ⬜Mir.
11927c00o 326, Hofraithe Wieners.
ſtraße.
1927asheo 109 Grabgarten daſelbſt
Samstag den 6. Januar 1883,
Vormittags 11 Uhr,
an den Meiſtbietenden verſteigert werden.
Darmſtadt, den 27. November 1882.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
(11201
Berntheiſel.

Knorr's
SuppenEinlagen
für Magenleidende:
Erbsenmehl, Linsenmehl, Bohnen-
mehl
, ſerstenmehl, Hafermehl,
Tapioocs, Grünkern’Eztraot,
für Kinder unübertrefflich und aus=
gezeichnet
:
Hafermehl,
ſterstenmehl
empfehlen
Lobstein aScholl,
am Ludwigsplatz.
(72

Billige Pantoffeln.
Die Frauenſtraminpantoffeln ( Hand=
arbeith
, welche ſeither zu 3 Mark verkauft
habe, werden von heute an zu H. 2.90
abgegeben.
Ferner iſt eine friſche Sendung Frauen=
Männer= und Kinderſtiefel zu wieder=
holt
herabgeſetzten Preiſen in bekannter/
Güte eingetroffen.
(11080
Bahnhofſtraße 1,.1 Stiege hoch.

Fin grauer Uniforms=Mantel ſowie
E ein ſchwarzer Herrenrock billig zu
verkaufen. Wo? ſagt die Exp. (11616

Trockenes kleingehacktes
Buchenbots
liefert frei ins Haus per Centner zu
Mk. l. 20 Pfg.
A. Bauer, Holzhandlung,
Gernsheim. (11523

Dietrioh Schmidt,
Darmſtadt, Rheirſtraße 20.
Hutfabrik und Lager
aller Nouveantés aus renom=
mirteſten
Fadriken d. In= u. Aus=
landes
.
11966
Preiſe ſehr ſolid. Revaraturen prompt.

Die Hof =Buchhandlung von
8
æ Lugusl Elingehhöſter
empfiehlt garantirt reinen, direkt importirten
chinesischen Thee, Ernte 1882,
zu Mk. 7, 5.25, 475, 3.75, 3, 2.75
und 2.50 pr. Pfd.
Theespitzen Pſd. M.l25, M.l.15

Von heute an:
[73
Prima Ochſenfleiſch, pr. Pid. 64 Pf.,
Kalbfleiſch,
56
Lenden im Ganzen und Ausſchnitt, per
Pfund 1 Mark.
Ecke der Wald= und
L. Simon, Graſenſtraße 35.
Täglich friſch:
Reh Rücken von M. 6-12,
Reh’Leule von M. 4.50-8,
Reh=Bug von M. 12,
Französisches Geſlügol,
als:
Capaunen
bis 8 Pfd. ſchwer,
Poularden
Indian Cuthen) bis 10 Pid. ſchwer
in extra feiner Waare empfiehlt
hrch. Röhrich
gegenüber der kathol. Kirche.(74

7
7 Braunkohlenbergwerk Seligenſtadt.
Unſere Braunkohlen=Preßſteine ſind in jedem beliebigen Quantum und be=
Entnahme von 500 Stück - ca. 10 Ctr. zu 8 M. ganz frei ins Haus gei
liefert gegen Baarzahlung zu beziehen durch die Alleinverkaufſtelle
P
Bernhard . Hachenburgen
42 Eliſabethenſtraße 42.
110522
Im Vereinskindergarten, Liebigatrasso 3
werden Anmeldungen von Kindern im Alter von 3-6 Jahren ent=
gegengenommen
. Schulgeld 3 M. per Monat. Programm und
Kindergartenbuch, Preis 2 M.
Der Vorgtand. (83.

E

77) Eine junge Engländerin, welch=
auch
deutſch ſpricht, wünſcht Stelle bei
Kindern oder als Gouvernante. Zu erfr.
bei Frau Frank, Caſinoſtraße 2.
78) Ein reinliches Müdchen ſucht
Laufdienſt. Mühlſtraße 14.
79) Ein tüchtiger Kellner ſucht Stelle,
auch zur Aushülfe. Zu erfragen in der
Expedition d. Bl.
80) Eine perfecte Herrſchaftsköchin
mit vorzüglichen Zeugniſſen ſucht Stelle.
Frank's Stellenbureau.

z

134

[ ][  ][ ]

23

11¾

42) Zwei Damen ſuchen alsbald ein
Mädchen, welches mit guten Zeugniſſen
verſehen iſt, kochen kann und die Hausar=
beit
verſteht. Näheres Expedition.
62) Ein ſolides Mädchen, das kochen
kann und, alle Hausarbeit verſteht, wird
ſogleich in Dienſt geſucht. Neckarſtraße
Nr. 15, oben.
81) Für eine kleine Haushaltung wird
eine anſtändige Perſon geſucht.
Wo? ſagt die Expedition.

er Vortrag des Herrn Pfarrer
Dr. Krumm von Großwintern=
heim
im Volksbildungs-
vereim
findet vorerſt wegen
Verkehrsſtörung nicht ſtatt.
[81a

R 4

A

989s, Zu vermtethen per 10. No=
vember
in der Nähe der Bahnhöfe
eine ſchöne Entreſol=Wohnung. Näheres
Rheinſtraße 49, 2. Stock rechts.

75) Saalbauſtraße 7 nächſt
der Rheinſtraße 2 ſchöne Woh=
nungen
von 5 und 7 Zimmern
mit allem Zubehör per 1. April
zu vermiethen.

76) 36 Saalbauſtraße 36.
Neu hergerichtete Manſarde, 4 Piecen,
abgeſchloſſener Vorplatz, Waſſerleitung,
Waſchküche und Bleichplatz, kann ſo=
fort
bezogen werden. Z. Demuth.

Verſteigerungs=Anzeige.
Samstag den 6. d. M., Vormittags
10 Uhr,
verſteigert der Unterzeichnete im Ritſert'ſchen
Saale zum Schützenhof dahier nach=
ſtehende
Pfänder gegen Baarzahlung: ein
goldnes Armband mit Kettchen, 2 Com=
moden
, 1 Sopha, 1 Schrank, 5 Stücke
Bukskin, 3 Stücke Cachemir.
Darmſtadt, den 5. Januar 1883.
Engel,
682
Gerichtsvollzieher in Darmſtadt.

Für die Waſſerbeſchädigten in Heſſen ſind
weiter bei uns eingegangen: Von F. S. 2 M.,
Lehrer Geiß 5 M., Lieutenant F. Wittich 10 M.,
E. M. K. 10 M., eine gewonnene Wette 3 M.
G. D. 2 M. Frau Spengle 5 M. P. R. 10 M.,
Vogel 1 M. von einer Abendgeſellſchaft am
3. Januar M. 11. 80, in Summa M. 59. 30.
Hierzu früherer Betrag M. 1325. 63, bis heute
M. 1384. 93. Um weitere Beiträge bittet die
Expedition des Tagblatts.

hisl
4
w5.
1l4t.
72
814

Dl
430

5340
020
14
255
7
58
725
80
0e0
135)

em=

Politiſche Ueberſicht.
Darmſtadt, 5. Januar.
Deutſches Reich. Der Kaiſer hat den üblichen Neujahrsempfang
in erfreulicher Rüſtigkeit und Geſundheit abhalten können. Eine allge=
meine
Anſprache hielt der Monarch nicht, dagegen äußerte er beim Em=
pfange
der Generalität und der Botſchafter ſeine beſtimmte Zuverſicht
auf Erhaltung des Friedens.
Das Befinden des Reichskanzlers hat ſich erfreulicher Weiſe gebeſſert.
Fürſt Bismarck hat jetzt weniger häufig an Geſichtsſchmerzen zu leiden
als in den letzten Wochen. Die Beſſerung wäre vielleicht ſchon früher
eingetreten, wenn der Reichskanzler ſich mehr Schonung hätte gönnen
wollen. Er hat trotz des Unwohlſeins die laufenden Geſchäfte erledigt
und vielfach mit den Miniſtern und Chefs der Reichsämter conferirt.
Die deutſche Preſſe kargt nicht mit ihren Anerkennungen der Talente
und Leiſtungen des ehemaligen Dictators der franzöſiſchen Republik, aber
trotzdem betont man in den deutſchen Blättern, daß der Tod Gambetta's
unter allen Umſtänden ein Gewinn für Deutſchland ſei und da Gambetta
als die Verkörperung der franzöſiſchen Revanche=Jdee gegenüber Deutſch=
land
galt, ſo muß man allerdings ſagen, daß mit ihm, gerade wie im
vorigen Jahre mit Skobeleff, ein gefährlicher Feind der deutſchen Sache
aus dem Leben geſchieden iſt. Welche Folgen ſich nun an dieſes Ereig=
niß
ſpeciell für Frankreich knüpfen werden, läßt ſich jetzt zwar noch nicht
beurtheilen, aber es ſcheint doch, als ob hiermit das Signal zu heftigen
innern Kämpfen gegeben iſt, denn ſchon deuten die monarchiſtiſch=clericalen
Organe triumphirend darauf hin, daß der Tod Gambetta's auch der
Republik den Todesſtoß verſetzt habe und bei der Zerfahrenheit, welche
im Lager der franzöſiſchen Republikaner herrſcht, ſcheint es allerdings,
daß die Hoffnungen, welche die monarchiſtiſchen Parteien Frankreichs aus
dieſem Creigniß für das Gedeihen ihrer eigenen Sache ſchöpfen, nicht ganz
ungegründete ſeien.
Was die inneren deutſchen Angelegenheiten anbelangt, ſo herrſche in
denſelben noch immer verhältnißmaͤßige Ebbe und wohl erſt der in nächſter
Woche erfolgende Wiederzuſammentritt des Reichstages und des preuß.
Abgeordnetenhauſes wird unſer inneres politiſches Leben in raſchere
Strömung bringen. Dagegen beſchäftigt die Waſſersgefahr am Rhein
die allgemeine Aufmerkſamkeit in erhöhtem Grade und wenn auch aus
verſchiedenen Theilen Deutſchlands ein Anſchwellen der Flüſſe in Folge
der regneriſchen Witterung der jüngſten Tage gemeldet wird, ſo hat die
Ueberſchwemmung doch nrgends ſolche Dimenſionen angenommen, wie
in den Rheingegenden. An vielen Punkten haben der Rhein und ſeine
Nebenflüſſe einen höheren Stand erreicht als im November vorigen Jahres
und iſt in vielen Orten die Noth aufs Höchſte geſtiegen. Bei ſo be=
trübenden
Nachrichten erſcheint ein erneuter Appell an die allgemeine
Mildthätigkeit dringend geboten und iſt daher zu hoffen, daß die Samm=
lungen
für die Ueberſchwemmten einen recht erfreulichen Fortgang
nehmen.
Oeſterreich=Ungarn. In Wien bildet der Selbſtmord des bei der
franzöſiſchen Republik accreditirten Botſchafters Oeſterreich=Ungarns,
Grafen Wimpffen, noch immer das Tagesgeſpräch der diplomatiſchen
Kreiſe. Es waren über die Motive der unſeligen That verſchiedene Ge=
rüchte
verbreitet worden, doch iſt es nach den neueſten authentiſchen
Berichten. welche hierüber in Wien eingetroffen ſind, unzweifelhaft, daß
Graf Wimpffen in einem Anfalle momentaner Geiſtesgeſtörtheit Hand
an ſich ſelbſt gelegt hat. Auch die wenigen Zeilen, welche er in aufge=
fundenen
Briefen hinterlaſſen hat, geben den vollgiltigen Beweis, daß
eine den Verewigten ſeit mehreren Tagen beherrſchende hochgradige Auf=

regung und nervöſe Gereiztheit ſich unter dem Drucke einer fixen Idee
zur vollſtändigen momentanen Geiſtesgeſtörtheit geſteigert hat. Graf
Wimpffen hinterläßt eine trauernde Wittwe, geborene Prinzeſſin Lynar,
ſowie zwei Töchter im Alter von 13 und 14 Jahren.
Frankreich. Aus Paris wird jetzt bezüglich des Leichenbegäng=
niſſes
Gambetta's gemeldet, daß dasſelbe Freitag, den 5. Januar, auf
feierlichſte Weiſe und auf Koſten des Staates in Paris ſtattfinden wird.
Der Leichnam wird aus dem Palais Bourbon, wohin er am Mittwoch
Abend übergeführt worden iſt, nach dem Pere=la=Chaiſe gebracht werden.
Die ganze Pariſer Garniſon ſoll die Leichenparade ſtellen. Von den
Pariſer Blättern ſpricht ſich namentlich das Journal des Debats in
herzlicher und theilnehmender Weiſe über den Tod Gambettas aus. Das
genannte Blatt führt aus, man werde Gambetta viel verzeihen, weil er
Frankreich ſo ſehr liebte, das Blatt glaubt, daß die Erfahrung ſchließlich
ſeine überſtrömende Natur gemäßigt und ihn zu einem wahren Staats=
manne
gemacht haben würde.
England. Am Abend des 2. Januar ſind drei von dem Verbande
zor Vertheidigung des Eigenthums Angeſtellte in der Grafſchaft Tip=
perary
von bewaffneten Mondſcheinlern angegriffen worden. Die Sicher=
heitsbeamten
wurden der Angreifenden aber Herr, ſchoſſen den einen
nieder und machten fünf andere dingfeſt.
Delanay wurde in Dublin am 3. Januar der Theilnahme an der
Verſchwörung zur Ermordung des Richters Lawſon für ſchuldig befunden
und zu zehnjährigem Zuchthaus verurtheilt.
Italien. Die italieniſche Regierung hat die Demiſſion des General=
ſecretars
im auswärtigen Amte, Baron Blanc, angenommen. Ueber die
Motive ſeiner Demiſſion iſt noch nichts Näheres bekannt.
Bulgarien. Am 2. Januar wurde die Antwort der beiden Kam=
mern
auf die Thronrede übergeben; in derſelben iſt das Vertrauen in
die Politik des Fürſten und der Regierung ausgeſprochen. Der Finanz=
miniſter
erhielt anläßlich mehrerer Finanzvorlagen ein Vertrauensvotum.
Aegypten. Prinz Friedrich Karl iſt am 3. Januar in
Alexandrien eingetroffen. Der Miniſterrath beſchloß, den Mächten eine
einjährige Verlangerung der internationalen Tribunale, anſtatt einer
fünfjährigen, wie zuerſt beabſichtigt, vorzuſchlagen.

Aus Etadt und Land.
Darmſtadt, 5. Januar.
Den Ständen, zunächſt der 2. Kammer, ſind mit Genehmigung
Se. Königl. Hoheit des Großherzogs folgende Vorſchläge zugegangen:
1) Für Herſtellung einer feuerſicheren Treppe in dem Hauptgebäude
des Gefängniſſes dahier 9200 M. zu verwilligen; 2) in das Gefängniß
und das Provinzialarreſthaus nebſt Haftlocalen dahier die ſtädtiſche
Waſſerleitung einzuführen und hierfür 6740 M. anzuweiſen und 3) die
unter Verwaltung des Miniſteriums des Innern und der Juſtiz ſtehen=
den
Centralgebäude wie das Großh. Schloß zu Friedberg mit der
ſtädtiſchen Waſſerleitung zu verſehen und hierfür 7580 M. zu verwilligen.
Cämmtliche Koſten ſollen aus den Ueberſchüſſen des Hauptvoranſchlags
1882-85 gedeckt werden.
- Am Mittwoch Abend fand bei Herrn Staatsminiſter Freiherrn
von Starck, Exc., ein Rout ſtatt, zu welchem auch die Allerhöchſten
und Höchſten Herrſchaften erſchienen waren. Die elektriſche Beleuchtung
des großen Saales wurde von Herrn Prof. Dr. Kittler geleitet.
DemFrankf. J.= gieng am 3. Januar von ſehr beachtenswerther
Seite die nachfolgende Darſtellung der ſtaatlichen bezw. amtlichen

[ ][  ]

24
Hilfsthätigkeit im Großherzogthum zu: Mit Spannung ſieht man
von Stunde zu Stunde den Nachrichten entgegen, welche aus den durch
eine ganz unerhörte Waſſersnoth bedrohten Gemeinden, namentlich des
lichen Behörden und der engere Ausſchuß des Landescomits's in unaus=
geſetzter
Thätigkeit, um den Obdachloſen und Hungernden aller der noth=
leidenden
Gemeinden Nahrungsmittel, Kleider und andere Hülfe zuzu=
führen
. Mehrere Compagnien des Leibgarde=Regiments ſind zur Unter=
ſtützung
der Gemeinden Trebur, Erfelden u. a. O. ſchon am 30. Dec.
ausgerückt, und am 31. Dec. und 1. Jan. folgten weitere Abtheilungen.
Herr Staatsminiſter v. Starck hat ſich perſönlich von dem Unglück
uͤberzeugt, welches über die Gemeinde Hofheim, Bobſtadt und Bürſtadt
gekommen iſt und iſt voll Lobes über die Opferwilligkeit, mit welcher
die Nachbargemeinden für Obdach und Lebensmittel geſorgt haben. Wie
Herr v. Starck ſchon bei der erſten conſtituirenden Gitzung des Landes=
Comites, alſo zu Anfang December, ausgeſprochen hat und am 5. De=
Cember burch die Darmſtädter Zeitung mitgetheilt wurde, wird den Stän=
den
in allernächſter Zeit eine Vorlage zugehen, welche die Wiederherſtellung
der beſchädigten Gebäude aus Staatsmitteln anfordert. Zu dieſem Zwecke
ſind am 6. December die Kreisämter angewieſen worden, alle Schäden,
für welche eine Beihülfe zu leiſten ſei, aufzunehmen. Aber der Umfang
der Schäden, die Fortdauer des hohen Waſſers haben es bis jetzt un=
möglich
gemacht, zu einem zur Vorlage genügenden Material zu kommen.
Ganz ſelbſtverſtändlich ſind die bei dem erſten Nothſtand in Anwendung
gebrachten Maßregeln auf den jetzigen Nothſtand ausgedehnt worden.
Die Mitglieder der Miniſterien, ſowohl der Bauabtheilung als nament=
lich
auch der an der Spitze des Landescomites ſtehende Miniſterialrath
Jaup waren wiederholt und häufig unterwegs, um die höchſte Noth
lindern zu helfen und den Beſchädigten die Hülfe des Landes zu verſichern.
Den bedrängten Orten iſt ſeitens des Landescomites die ausgiebigſte Hilfe
angeboten worden. Wenn in großem Umfange davon noch kein Gebrauch
gemacht worden iſt, ſo beruht dies einmal darauf, daß den Einzelge=
meinden
bei dem erſten Nothſtande direct von allen Seiten große Mittel
zur Verfügung geſtellt wurden und daß den neuerdings hart bedrängten
Orten eine Hülfe durch baare Mittel zu leiſten noch gar nicht möglich ſſt.-
- Heute Nachmittag 3 Uhr findet im oberen Saale des Rathhauſes
unter dem Vorſitze des Herrn Miniſterialrath Jaup eine Verſammlung
des Landescömites zur Unterſtützung der Waſſerbeſchä=
digten
in Großherzogthum ſtatt.
Am 3. Januar, dem Eröffnungstage der Suppenanſtalt,
wurden 736 Portionen äbgegeben.
L. Nächſten Mittwoch den 10. Januar wird die Liedertafel=
im
Saale zür Traube ein großes Concert zum Beſten der heiſiſchen
Waſſerbeſchädigten veranſtalten. Beſtrenommirte hieſige Künſtler ſu. A.
auch unſer Quartettverein) haben ihre Mitwirkung zugeſagt, und hoffen
wir, daß das humane Uniernehmen von beſtem Erfolge begleitet jein
möge.
42.
Die Firma Merck hat um die Erlaubniß nachgeſucht, lihr in der
Rheinſtraße gelegenes Comtoir mit ihrem Fabriketabliſſement durch
eine L clephonanlage verbinden laſſen zu dürfen.
- (Eingeſandt) Die in meinem Keller angebrachte Saugvor=
richtung
wirkt vortrefflich und fördert bei einem Verbrauch von unge=
fähr
10 Kubikmeter Leitungswaſſer in 12 Stunden wenigſtens 15 Kubik=
meter
Kellerwaſſer, arbeitet vollſtändig ruhig und continuͤrlichkuLie
größere Rummer des Injectors würde in der Hälfte dieſer Zeit denſelben
Rutzeffect leiſten. Um den Erfolg dieſer Entleerung, welcher durch das
fortwährende Zuſtrömen des Grundwaſſers ſehr beeinträchtigt wird, zu
erhöhen, ſollten alle Inhaber von Pumpbrunnen in dem Grundwaſſer=
gebiet
, dieſelben täglich einige Stunden auspumpen laſſen, wodurch öhne
Zweifel der Waſſerſtand ſich bald erniedrigen müßte. Ein Hausbeſitzer
der Niederramſtädter Straße hat durch tägliches Pumpen bis jetzt ſeinen
Keller von Weſſer frei erhalten, während die Nachbarn darunter leiden.
Es werden ſich im ner Arbeiter finden laſſen, die für 20-25 Pfennige
pro Stunde d eſe Auspumpung beſorgen.
Bdr.
O Die Sprengungen an der Felsgruppe in der Knabenarbeits=
anſtalt
dauern fort und dürften vorausſichtlich noch einige Tage in An=
ſpruch
nehmen.
0 Donnerstag fand eine wahre Völkerwanderung auf das Hoch=
reſervoir
auf der Mathildenhöhe ſtatt. Ein Abnehmen des Ueber=
ſchwemmungsgebiets
iſt übrigens erfreulicher Weiſe nicht zu beſtreiten.
0 Heute werden die überſchwemmten Riedorte wieder von hier
aus mit den nothwendigſten Lebensmitteln verſorgt werden.
O Wenn auch das Waſſer des Rheinſtroms etwas zurückge=
gangen
iſt, ſo hat dies doch auf den Waſſerſtand der hinter den
Dammbrüchen liegenden Ortſchaften noch wenig Einfluß zu Uben
vermocht.
1 Das Gerücht von dem Untergang eines von Mainz nach Aſtheim
beſtimmten Dampfbootes, wobei 70 Pioniere ertrunken ſeien, hat' ſich
gücklicherweiſe nicht beſtätigt. Das Dampfboot war kaum abgezangen,
uls bereits eine Depeſche in Mainz einlief, wonach das Boot mitſämmt=
lichen
Mannſchaften verunglückt ſei. Nach wenigen Stunden kam indeß
das Dampfbodt zurück mit der Meldung, daß die Pioniere glücklich an
den Orten ihrer Beſtimmung angekommen ſeien. Hoffentlich gelingt es,
den Urheber der falſchen Depeſche zu ermitteln.

R4
Vorgeſtern und geſtern ging Alles, was von Nachen hier vorhan=
den
, ſowie einige Pontons unter Militärbegleitung nach dem Ried ab;
ferner wurden geſtern 2 Transporte Lebensmittel nach Aſtheim, Waller=
Rieds, hier einlaufen. Schon ſeit mehreren Tagen ſind die großherzog= ſtädten, Leeheim ꝛc. befördert. Geſtern Vormittag ging abermals eine
Abtheilung des Großh. 1. Inf.=Rgts. nach den bedrohten Ortſchaften ab.
Der Telegraphenverkehr in den bedrängten Riedorten mit Darmſtadt ſoll
vorerſt auch die Nachk hindurch verſehen werden. Aus dem Ried kommen
Klagen über das Treiben von Waſſerpiraten, welche, unter dem Vorwand
der Hülfeleiſtung. theilweiſe mit Revolvern bewaffnet in die Häuſer
dringen, um zu rauben. Wenn auch bereits Einzelnen derſelben die ver=
diente
Züchtigung zu Theil wurde, ſo dürfte doch für ſolche Fälle von
Niederträchtigkeit die Proclamation des Standrechts angezeigt ſein.
Vorgeſtern Abend ging eine Abtheilung vom Leibgarderegiment
auf Wagen nach Leeheim ab, um der dortigen in Noth befindlichen
Bevölkerung Beiſtand zu leiſten.- Sie führte Material und Werkzeug
zum Floßbäu und Brod mit ſich. - Am Nachmittug des 4. kamen mehrere
Wagdons mit aus Biebesheim geflüchtetem Vieh hier an und wurde
in den für den Viehmarkt beſtimmten Stallungen untergebracht. Geſtern
früh ging ein Transport Lebensmittel von hier nach Aſtheim ab.
Von der Direction der Main=Neckarbahn wurden vorgeſtern auf
dringendes Erſuchen von dort 1000 Pechkränze nach Neckarau abge=
ſendet
.
(D. Z.
7) Bei der unter den obwaltenden Umſtänden gebotenen Vorſicht
braucht ein von hier nach Mainz abgelaſſener Bahnzug nahezu 3 Stun=
den
Fahrzeit.
O Auch in Beſſungen, Eberſtadt und Pfungſtadt hat Vieh
aus dem Ried Unterkunft gefunden.
- Wie der O. B.u mittheilt, wurde am 3. d. die Eiſenbahnſtrecke
von Groß=Umſtadt nordwärts in Folge eines Dammbruchs bei Richen
unterbrochen.
Mainz 3. Januar. Zur beſſeren Verpflegung der an den Damm=
bauten
helfenden Soldaten ſind nünmehr in der Sadt ſowohl als auch
im Gartenfeld Wärmeſtuben eingerichtet worden. Bekanntlich löſen ſich
die Soldaten von 4-4 Stunden in der Arbeit ab und mußten ſeither
die ausruhenden Soldaten im Freien zubringen. Um dieſem Uebelſtand
abzuhelfen, haben ſich eine Anzahl Bürger bereit erklärt, ihre Wohnungen
und Zimmer als Ruhelokalitäten für die Mannſchaften der Bürgermeiſterei
zur Verfügung zu ſiellen. Im Gartenfeld iſt ferner noch eine Kaffee=
ſtation
für die Solbaten errichtet worden.
Die Bürgermeiſterei hat den hier beſtehenden Singſpielhallen,
théatres des varistés ꝛc. ſammt und ſonders per 1. Januar 1883 die
Conceſſion entzogen.
Mainz 3. Januar. Heute Mittag iſt der Landdamm von Heides=
heim
gebrochen und ſteht der circa 1700 Einwohner zählende Ort im
Waſſer. Heute ſind Pioniere mit Pontons nach Gernsheim abgegangen.
Mainz, 4. Jänuar. Der Rhein iſt am 3 Januar bis zu 5 Mtr.
88 Etm. geſliegen; am Nachmittag wurde das Gartenfeld alarmirt, da
die Dämme dem Bruch drohten; es gelang jedoch noch, die Gefahr ab=
zuwenden
, doch wird dies unmöglich werden, wenn nicht bald eine Wen
dung zum Beſſeren eintritt. Die Rhein=,Löhr= und die anderen tiefer
gelegenen Straßen waren in der Nacht bereits geräumt worden, da man
ſtündlich das Brechen der Dämme erwartete. Das Befahren der Bahn
von Darmſtadt hierher konnte nur mit größter Vorſicht geſchehen; bei
Biſchofsheim wird vor jeder Fahrt die Strecke ſorgfältig unterſucht, der
Vormittagszug brauchte 24 Stunden bis hierher. Der Querdamm an
der Ingelheimer Aue wurde in der Nacht durch eine große Zahl Sol=
daten
und Arbeiter erhäht und verſtärkk. Die Eiſenbahnwerkſtätten und
ein Theil der Bahnbureaux ſtehen unter Waſſer und mußten geſchloſſen
werden. Auf dem Strom treiben fortwährend Leichen von Menſchen
und Thieren hier vorüber. Auswaͤrtige Ingenieure und Architekten
treffen hier ein, um die zum Schutz gegen das Hochwaſſer getröffenen
Vorkehrungen zu beſichtigen, welche ſich bis jetzt erfolgreich bewieſen
haben.
Seit dem 12. December ſind nach den Ermittelungen des Kreis=
geſundheitsamtes
in Mainz 42 Fälle von Abdominal=Typhus be=
kannt
geworden.
Wie aus Worms gemeldet wird, ſoll dorten eine Halle, in
welcher ſich mehrere tauſend Säcke Mehl und Getreide befunden hätten,
zuſammengeſtürzt ſein. Die Säcke ſollen ſämmtlich im Waſſer liegen.
Der Frachtgülterverkehr auf dem Mannheimer Central=
güterbahnhof
iſt am 3. Januar Nachmittags wieder aufgenommen
worden. Der Bahnverkehr zwiſchen Mannheim und Ludwigshäfen ſollte
am 4. wieder eröffnet werden.

Tages=Kalender.
Freitag 6. Januar: Verſammlung des Localgewerbvereins Darmſtadt in
der Reſtauration Bockshaut.
Samſtag, 6. Januar: Kammermuſik=Coneert des Heßſchen Quartett=
vereius
im SaalZur Trauber. - Geſelliger Abend des Beſſunger
älteren Geſangvereins in der Reſtauration Markwort.
Montag 15. Januar: Generalverſammlung des Steinkohlenbezugsvereins
Merkur.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.