143.
Jahrgang.
143.
Jahrgallg.
Abonnementeils
vierteljährlich 1 Mark 50 Pf. mel.
Beingerlohn Auswürt werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
ent=
gegengenommen zu 1 Mark 50 Pf.
vo Quaiel uc. Poſtaufſchlag.
Grag= und AnzeigebCatt.)
Mit der Sonntags=Beilage:
Illuſtrirtes Unterhaltungsblatt.
Inſerate
werdemangenommen: in Darmſtadt
von der Expedition, Rheinſtr. Nr. 23.
in Beſſungen von Friedr. Blößer,
Holzſtraße Nr. 18. ſowie auswärt
von allen Annoneen=Erpeditionen
Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großh. Breisamts, des Großh. Polizeiamts und ſämmtlicher Behörden.
N 137.
Freitag den 16. Juli.
1880.
Betreffend: Die Einfuhr von Zuchtrindvieh aus der Schweiz.
Darmſtadt, am 10. Juli 1880.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Von dem landwirthſchaftlichen Bezirksverein Darmſtadt iſt der Ankauf von Bullen in der Schweiz für das laufende Jahr
in Ausſicht genommen und ſollen die einzuführenden Thiere entweder öffentlich verſteigert oder gegen Erſtaltung des Ankaufs= bezw.
Taxationspreiſes an Gemeinden oder Private aus der Hand abgegeben werden. Die ſonſt entſtehenden Koſten werden aus der
Kaſſe des Bezirksvereins beſtritten.
Da nach dem Reſultat der in dieſem Frühjahre ſtattgehabten Faſſelbeſichtigung bei einer Reihe von Gemeinden das
Bedürf=
niß vorliegt, für die abzuſchaffenden älteren junge Thiere anzukaufen, ſo empfehlen wir Ihnen, die durch das erwähnte Project
gebotene Gelegenheit, gutes Zuchtmaterial in Ihre Gemeinden einzuführen, zu benutzen.- Wir fordern Sie daher auf, binnen
14 Tagen zu berichten, ob und welche Anzahl Faſſelochſen Sie durch den landwirthſchaftlichen Bezirksverein beziehen wollen.
In Vertretung:
v. Zangen, Kreis=Aſſeſſor.
Leilgebotenes.
Präparirte Farben
zum Selbſtfärben aller Stoffe, mit leicht
ausführbarer Gebrauchsanweiſung.
Friedr. Hchaeſer,
5420)
Ludwigsplatz 7.
6339) Aechten Hordhäuser
Korn-Lwetschen- EHefen-
Branntwein, ſowie E.
Wein-
geist, Rum, Arrac in
aner=
kannt beſten Qualitäten
em=
fiehlt zum Anſetzen
füll. Gepl Sohn,
Holzſtraße 17.
6498) Wegzugshalber werden folgende
Möbel Soderſtr. 55. L. abgegeben:
Küchen=
einrichtung, beſt. aus 1 zweithür. Glasſchrank,
Küchentiſch, Ablaufbrett, Vorſtellbrett,
Schüſ=
ſelbrett u. Stuhl 65 M. Waſchkommode mit
Marmorplatte 65 M. Nachttiſch dazu 20 M.
Großer zweithüriger Kleiderſchrank 32 M.
Rußbaumkommode 47 M. Vorhanggallerien
u. Roſetten 1 Fenſter M. 3. 50. Einzuſehen
Morgens und Mittags bis 4 Uhr.
Sahm
im Ausſchnitt per Pfund 2 Mark unter
Garantie für friſche Waare.
GObT. Rosmgok,
Hof=Lieferanten.
16550)
6551) Die erſten neuen
holländ. Vollhäringe
ſind eingetroffen.
F. Pröscher,
Kirchſtraße.
6123) Großfrüchtige Johannistrauben
werden abgegeben. Dieburgerſtraße 45.
Vermiethungen.
3674) Ludwigſtraße 16 iſt ein
geräu=
miger Laden mit Comptoir und Wohnung
von 4 Zimmern ꝛc. zu vermiethen.
Ph. Wondra, Hofjuwelier.
6027) Bleichſtraße 9 1möbl. Zimmer.
6536) Arheilgerſtraße 64 ein ſchönes
Zimmer zu vermiethen, gleich beziehbar.
6466) Eliſabethenſtraße 1 die erſte
und die zweite Etage zuſammen oder
ge=
trennt zu vermiethen. Jede Etage enthält
5-6 Zimmer, ſowie alle dazu gehörigen
Räumlichkeiten.
6504) Verl. Kiesſtraße 70 iſt ein
großes, ſchönes, ſehr gut und vollſtändig
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
Vermiſchte Nachrichten.
5162) Handſchuhe werden ſchön
ge=
waſchen das Paar zu 15 Pfg.
Sandſtraße Nr. 10 eine Stiege hoch.
Spocialarzt Dr. med. Keyer,
Berlin, Leipzigerſtraße 91, heilt auch
brieflich Magen=, Unterleibs=, Frauen=
und Hautkrankheiten, ſelbſt in den
hart=
näckigſten Füllen, ſtets ſchnell mit beſtem
(534
Erfolge.
6259) Geübte Kleidermacherinnen
finden dauernde Beſchäftigung in der
Puppenfabrik, Ernſt=Ludwigſtraße 20.
Nachzufragen nur Vorm. zwiſcheu 11u. 12.
6513) Ein zuverläſſ. Mädchen ſucht
Lauf=
dienſt oder Waſchen u. Putzen. Sackgaſſe 12.
361
1350
R 137
VIOTART-VURHIN.
6512)
(Achtunddreißigſtes Jahr.)
Mztiod boncull Iul Ud1 wu uod oaalhallon.
Samstag den 17. Juli 1880,
unter Leilung des Herrn Hoſkapellmeiſters Willem de Haan.
Anfang präcis 8½ Uhr.
ROSRAHM.
P.
1. Sonnenaufgang
2. 2) Karadilla
b) Heute ſcheid' ich
3. Mailied
4. a) Waſſerfahrt
b) Jagdlied
5. a) Die Nacht
b) Im Wald
6. Ein fröhlicher Sang
zwei
7. a) Der Jäger und die Nixe
Volkslieder J. Bilcher.
b) Liebesſcherz
Jerd. v. Hiller.
Guſtav Hcmidt.
Hoſ. Rheinberger.
Jelix Rendelsſohn.
Jranz Hchußert.
G Z. Aangold.
Foſ. 9. Brambach.
Frachtbriefe
der Main=Neckar=Bahn, ſowie der Heſſ.
Ludwigsbahn, auf Wunſch mit Firma,
M. 7 per Tauſend.
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
Bei ungünſtiger Witteruug findet das Concert im großen Saale ſtatt.
Ohne Vorzeigung der Perſonalkarten iſt der Eintritt
W.
nicht geſtattet.
Für Michtmitglieder ſind Karten 2 Mark in den Buchhandlungen
der Herren Schödler, Bergſträßer und Thies, ſowie Abends an der Kaſſe
zu haben.
6127)
Bekanntmachung.
Bei der am 25. Auguſt d. J. abzubaltenden Generalverſammlung der Spar=
Laſſe zu Groß=Vieberau ſollen unter den ſeither gebräuchlichen Bedingungen Prämien
an Dienſitboten gegeben werden. Es werden deßhalb die ſich bewerbenden Dienſtboten
aufgefordert, ihre deßfallſigen Zeugniſſe, ausgeſtellt von der Dienſtherrſchaft und
Bürgermeiſterei über die Dauer der Dienſtzeit (4 Jahre) und über die ſittliche
Auf=
führung, welch letztere von dem betr. Pfarramt mitbeſcheinigt ſein muß, bis längſtens
Ende Juli d. J. bei dem Rechner der Kaſſe einzureichen.
Bei Dienſtboten, welche außerhalb des Sparkaſſebezirks arbeiten oder gebürtig
ſind, iſt außerdem noch eine Beſcheinigung erforderlich, daß ſie keine Einlagen in einer
anderen Sparkaſſe gemacht haben.
Groß Bieberau, den 1. Juli 1880.
Die Direction
der Sparkaſſe und Creditanſtalt für den Sparkaſſe Bezirk Groß=Bieberau.
Wörißhoffer.
6451) Für Damen.
Gründlicher Unterricht wird ertheilt im
Maßnehmen, Zuſchneiden und
Schnittzeich=
nung, in 16 Stunden zu erlernen auf die
leichteſte Methode. Damen= u. Kinderkleider
ſelbſt anfertigen zu können pr. Stunde 1 M.,
wird in wie außer dem Hauſe ertheilt.
Näheres in der Expedition d. Bl.
Vermiethung.
Durch Geſchäfts=Veränderung
beabſichtge, meinen Laden mit
Einrichtung nebſt Wohnung
ſo=
fort zu vermiethen. Der
vor=
züglichen Lage halber eignet ſich
dieſes Local zu jedem
öffent=
lichen Geſchäfte.
hChr. Mottler, Obergaſſe 6.
8 Französisch & Englisch.
Gründlicher Unterricht, nach der
be=
währteſten Methode, wird ertheilt von einem
erfahrenen, für das höhere Lehrfach in
die=
ſer Branche geprüften Lehrer. Specielle
Vorbereitung für das Fühndrichs= oder
andere Examen. 1 bis 2 Theilnehmer
zur Vervollſtändigung einer franzöſiſchen
und einer engliſchen Abendklaſſe, (
An=
fänger) geſucht. Näheres Nieder=
Ram=
ſtädterſtraße 13.
Magazinsräume
parterre, in der Nähe des Marktplatzes zu
miethen geſucht. Näh. Ludwigſtr. 3 parterre.
Rühſer grund im Mühllhal.
6553) Samstag den 17. Juli, 4 Uhr Nachmittags anfangend:
ComonT der Capelle Frank Unterlaken).
Italieniſche Nacht. Beleuchlung des Modauſalls.
Fahrgelegenheit nach der Bahn.
Eintritt 40 Pfennig.
6557)
Reſtauration Markwort.
Heute und die nächſtfolgenden Tage
einſtes helles Export-Zier
(Tüsener Gebrän).
14
gr. Ochſen=
W. Emrioh, gaſſe 31.
6523) Eine ültere Perſon zur Pflege
eines Kindes geſucht. Schulſtraße 19.
6554) Ein Mädchen, das im
Kleider=
machen, Weißzeugnähen u. Ausbeſſern ſehr
geübt iſt, wünſcht noch einige Tage beſetzt
zu haben. Nieder=Ramſtädterſtraße 13.
6555) Ein Mädchenzc im
Kleider=
machen, Weißnähen und Ausbeſſern geübt,
nimmt noch einige Kunden an. Zu erfragen
Pankratiusſtraße 53.
6556) Zu kaufen geſucht
ein Hans zum Alleinbewohnen mit ſchönem
Garten. - Offerten sub G L. Nr. 6556
an die Expedition d. Bl.
Fortwährender Ankauf
von getragenen Kleidern, Schuhen und
Stiefeln, Bettwerk, Möbeln,
Uni=
formsſtücken ꝛc. zum höchſten Preis.
R137
1351
In unterzeichnetem Verlage iſt vorräthig:
Burmatädter Hiztoriache Aleinigkeiten
336 Seiten groß Octav. Preis 1 Mark 50 Pf.
Inhaltsüberſicht: 1) Name der Stadt, Stadtmauern und Stadtthore, Bevölkerung.
2) Ein Geſammtbild von Darmſtadt, wie es war vor 100 Jahren und wie es darin herging.
3) Straßen=Namen und Beleuchtung. die Häuſer einzelner Straßen und ihre Beſitzer. 4) Plätze
der Stadt. 5) Kirchen und Kapellen, Geiſtliche, Confeſſionelles. 6) Das Reſidenzſchloß und ſeine
Umgebung. Namhafte Häuſer. 7) Leben am Hofe und in der Geſellſchaft. 8) Waſſerverſorgung.
Brunnen und Teiche. 5) Ackerbau, Weinbau und Gartenbau. 10) Gewerbeweſen, Handel und
Reiſeverkehr. 11) Preisverhältniſſe. 12) Juſtiz und Polizei. 13) Gemeindeverwaltung. 14) Schöne/
Künſte, Maleret, Muſik und Theater. 15) Feſtlichkeiten. 16) Brände. 17) Kriegsnöthen.
18) Sagen. 19) Oertlichkeiten bei Darmſtadt.
B. C. Wittich'ſche Zofbuchdruckerei in Darmſtadt
½
(Getragene Herren= und
Frauen=
kleider, Schuhe, Stiefel, Uni=
8
formsſtücke, Silber= u. Goldborden, Betten
und Mövel, ſowie im Haushalt Vacantes
kauft zu reellem Preis
Friedrich Bauer,
Langegaſſe 49.
Beſtellung erbitte per Poſt.
6112) Fremden Familien
kann ſchöne Wohnung, gute Penſion für
kurze oder lange Zeit in guter Lage durch
die Expedition nachgewieſen werden.
Aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 16. Juli.
0 Stadtverordnetenſitzung vom 15. Juli. (Kurzer
Be=
richt.) Zunächſt wurde auf Antrag des Herrn Oberbürgermeiſters
be=
ſchloſſen, die hochintereſſante Unterſuchung des Herrn Profeſſor Büchner
über die Luft in den Schulgebäuden, reſp. die Wirkungen der
Heizungs=
einrichtungen in Druck zu legen. Die Steinkohlen=Lieferung
pro 188081 wurde wiederum der Zeche„Vereinigte Hamburg= zu 154 M.
pro 200 Centner loco Bahnhof übertragen. - Das ehemalige Pfarrhaus
in der Kapellſtraße ſoll vermiethet werden und wurden für bauliche
Herſtellungen 2500 M. bewilligt. - Hiermit war die öffentliche Sitzung
beendigt.
K. Strafkammer I. Sitzung vom 15. Juli. Heute wurden
folgende Fälle verhandelt und abgeurtheilt: 1) Nikolaus Sattler von
Weiskirchen ſteht wegen Bedrohung eines Holzſetzers und Widerſtands
vor Gericht. Der Vorfall ſtellte ſich anders, als in der Vorunterſuchung,
heraus, und fiel die Beſchuldigung der Drohung in ſich ſelbſt zuſammen.
Der Beſchuldigte wurde freigeſprochen. 2) Willibald Schäfer von
Bocken=
heim hat ſich im Bahnhofe in Offenbach eine unſittliche Handlung zu
Schulden kommen laſſen, und dem Schutzmann in Offenbach eine Mark
gegeben, um ihn zur Unterlaſſung der Anzeige zu vermögen. Die
Ver=
handlung wird bei geſchloſſener Thüre geführt. Der Angeklagte litt
in=
zwiſchen am Delirium tremens und war zur Zeit der That betrunken.
Er wird in eine Geldſtrafe von 60 M. verurtheilt und hat die Koſten
zu tragen. 8) Die Berufung des Mich. Knöll von Laudenau wird auf
Grund des 6 370 der St. P. O. - er war wegen Diebſtahls verurtheilt
worden - wegen Ausbleibens unter Verurtheilung des Angeſchuldigten
in die Koſten verworfen. 4) Heinrich Weiß von Zellhauſen har ſich
we=
gen Diebſtahls eines Sackes Mehl zum Nachtheil des Mehlhändlers
Kleeblatt von Seligenſtadt zu verantworten. Er war durch Urtheil
Großh. Schöffengerichts Seligenſtadt vom 20. Mai 1880 freigeſprochen
worden, und hat die Staatsbehörde Berufung verfolgt. Die heutige
Verhandlung hat dem Gerichtshof die Ueberzeugung von der Schuld des
Angeklagten beigebracht und wird der Angeklagte in eine Gefängnißſtrafe
von 4 Wochen und in die Koſten verurtheilt. 5) Jakob Müller 11.
Eheleute und Georg Müller von Eppertshauſen haben ſich wegen
Wider=
ſtands zu verantworten. Sie haben dem Pfandperſonal Widerſtand
ge=
leiſtet und daſſelbe bedroht. Die Sache trug ſich am 23. März zu, was
inſofern von Bedeutung iſt, als damals der Georg Müller noch nicht
18 Jahre alt war. Der Angeklagte hatte ſich kurz vorher mit ſeinen
Gläubigern arrangirt und waren die Bedingungen des Arrangements,
daß er ſeine Schulden in drei Terminen 1. Mai 1880 bis 1882
ab=
trage. Dieſem Arrangement iſt auch die Gemeinde beigetreten, für welche
die Genannten gepfändet werden ſollten. Der Jakob Müller 11. war
alſo noch nichts ſchuldig und befand ſich das Pfandperſonal nicht in der Handwerksburſche, welcher ſich im Main baden wollte, aber an eine
ge=
rechtmäßigen Ausübung ſeines Dienſtes. Die Staatsanwaltſchaft
bean=
tragte demgemäß Freiſprechung, welche auch ausgeſprochen wurde. Schluß
12 Uhr.
Eingeſandt. Trotz der ſchlechten Zeitverhältniſſe, über die man
allenthalben Klagen hört, hat doch nach amtlichen Ermittelungen der
Bierconſum auch in unſerer Stadt bedeutend zügenommen. Es mag
dies einestheils ſeinen Grund darin finden, daß durch die vielen
Wirth=
ſchaften, die ſich in den letzten Jahren in allen Ecken und Enden der
Stadt eingebürgert haben, die ja bekanntlich durchaus in keinem
Ver=
hältniß zur Vergrößerung der Stadt ſtehen und von denen viele nur
dürftig ihr Daſein friſten - die Gelegenheit zum Biertrinken bedeutend
vermehrt worden iſt. Auf der anderen Seite iſt es aber auch der kleine
Mann, welcher ſich in beſſeren Zeiten ein Glas Wein erlauben konnte,
der nunmehr zur Stärkung ſeines Leibes ſich dem billigeren Genuß des
Bieres zuwenden muß. Hiergegen läßt ſich nichts einwenden, und iſt es
Sache jedes Einzelnen, je nach Beſchaffenheit ſeines Geldbeutels und
ſeiner Geſundheit ſich ſeine Getränke zu wählen. Auf Eines ſoll jedoch
hingewieſen werden und mit dieſen Zeilen bezweckt ſein, nämlich, wie in immer 12½ Pfund auf 1 Kumpf.
einzelnen hieſigen Wirthſchaften dieſer Bierconſum auf Koſten der Moral
und guten Sitte „künſtlich= gefördert wird. Während man anderwärts,
insbeſondere aber im Königreich Preußen, die in unſerer leichtlebigen
Zeit zur Mode gewordenen Tingel=Tangel aus Gründen, die auch hier
ſtichhaltig ſein dürften, bedeutend eingeſchränkt, und deren öffentliches
Auftreten allenfalls nur an Sonntagen geſtattet hat, ſcheint Darmſtädt
neuerdings der Ablagerungsplatz aller derartigen herumziehenden
Geſell=
ſchaften geworden zu ſein. Kaum hat eine Komikergeſellſchaft Darmſtadt
den Rücken gekehrt, ſo hat ſich ſchon wieder eine andere für längere Zeit
hier niedergelaſſen, und verhilft durch ihre, nur für eine gewiſſe Klaſſe
von Menſchen berechneten Bänkelſängereien mitunter Wirkhſchaften, die
in Folge ihres Bieres ſonſt gerade nicht zu den frequentirteſten gehören,
zu einem vollen Haus und folglich auch zu einem guten Geſchäfte.
Dies erſcheint dem betreffenden Wirth Grund genug, eine derartige
Ge=
ſellſchaft nur ungern von hier ſcheiden zu ſehen, wenn nicht gar eine
Neue bei erſter Gelegenheit hierfür zu engagiren. Möchte die
zu=
ſtändige Behörde dieſem ſich mehr und mehr hier einbürgernden
Un=
weſen ihre Aufmerkſamkeit zuwenden.
Mainz, 14. Juli. In Sachen des bei dem Eiſenbahnunfall in
Biſchofsheim verunglückten Buchhalters Schmitt von hier gegen
die heſſiſche Ludwigsbahn=Geſellſchaft wegen Entſchädigung. wurde heute
in der Sitzung der 1. Civilkammer das Urtheil gefällt. Gegenüber den
von dem Kläger geſtellten Forderungen hat die Civilkammer die
Lud=
wigsbahn zu einer an den Kläger zu zahlenden Jahresrente von 4000 M.
verurtheilt und die bereits von der Bahn an den Kläger bezahlte
Ent=
ſchädigung von 3000 M. für Kurkoſten ꝛc. als zu Recht beſtehend
aner=
kannt. — Die Zeugenvernehmung in Sachen des Ingenieurs Klein in
Bingen gegen die heſiſche Ludwigsbahn, wegen Entſchädigung aus
dem=
ſelben Unfall, findet im September l. J. ſtatt.
(M. A.)
Mainz. 14. Juli. Geſtern Abend gegen 11 Uhr ging ein junger
Mann mit einem Frauenzimmer auf dem Hafendamm 'ſpazieren, als
plötzlich laute Hilferufe ertönten. Schiffsleute, welche das Paar geſehen
hatten, eilten auf die Rufe herbei und gewahrten noch, wie das
Frauen=
zimmer mit den Wellen kämpfte, ſofort aber unterſank, während der
junge Mann eiligen Schrittes ſich in der Richtung von Weiſenau, am
Ufer entlang, entfernte. Die Perſönlichkeit der Beiden iſt bis jetzt noch
nicht feſtgeſkellt, da aber der Auf des Frauenzimmers: „Ach Gott, ach
Gott, rettet michl' lautete, ſo glauben die Zeugen dieſes Vorfalles
an=
nehmen zu müſſen, daß es ſich hier um ein Verbrechen handele.
Wie Mainzer Blätter berichten, iſt bei einem dortigen
Schloſſer=
meiſter dem auch die Inſtandhaltung der Guillotine übertragen iſt,
ein Koſtenvoranſchlag für 2 neuanzuſchaffende Guillotinen für Gießen
und Darmſtadt verlangt worden.
Auf der Guſtavsburg iſt geſtern Abend ein unbekannter
fährliche Stelle gerieth, ertrunken. Koſtheimer Schiffer ſuchten die
Leiche, konnten dieſelbe aber nicht finden. Die Kleider wurden an das
Gericht in Groß=Gerau abgeliefert.
— Die„Wormſer Zeitung= bringt folgendes Eingeſandt: Den
Hausfrauen zur Nachricht, daß in der Kachbarſtadt Frankenthal die
beſten Frühkartoffeln nur 3-4 Pfa. per Pfund koſten; das macht
aufs Malter per 200 Pfund - 6-8 Mt. Da die meiſten
Marktver=
käufer die Kartoffeln kumpfweiſe ausmeſſen und für den halben Kumpf
noch 28-30 Pfal, alſo für den ganzen Kümpf 56-60 Pfg. fordern, und
folglich ſich das Malter mit 8 Mt. 96 Pfg. bis 9 Ml. 60 Pfg.
be=
ahlen laſſen, ſo möchten die Kartoffelkäufer über den jetzt allgemein
üblichen Preis, der bei dem glänzenden Stand der Kartoffeln ein ſehr
hoher genannt werden kann, per halben Kumpf nicht weiter gehen, als
zwiſchen 19-25 Pfa., oder was immer richtiger und zuverläſſiger, per
Pfund 3-4 Pfg. Es ſollte die polizeiliche Anordnung getroffen werden,
daß die Kartoffeln im Kleinen wie im Großen nur nach Gewicht
ver=
kauft werden dürfen, ſo lange dies nicht eingeführt iſt, rechne man
1352
E137
- S. M. der deutſche Kaiſer ließ ſich in Ems den dort ſich
eben=
falls als Kurgaſt aufhaltenden 105jährigen Rabbiner aus Naſſau
auf dem Platz vor dem Keſſelbrunnen vorſtellen. Es wird, als eine
intereſſante Scene geſchildert, wie der 82jährige Kaiſer ſich mit dem
105jährigen noch körperlich und geiſtig friſchen Rabbiner unterhielt, und
ſoll der Kaiſer ſcherzhaft geäußert haben, er habe da doch ſeinen Meiſter
gefunden.
Herr Emil Claar iſt nach Ublauf ſeines Probejahres auf
5 Jahre zum Intendanten der vereinigten Stadttheater in Frankfurt
ernannt worden.
Eine intereſſante Frage. Wenn Jemand beſtohlen
wird, hat er von Glück zu ſagen, wenn er Alles wiederbekommt.
Be=
ſonderes Glück aber hat die Poſt in Schwerin, welche die ihr geſtohlenen ca.
60,000 M. in Actien und Coupons ſowie 97,000 M. deklarirtes Geld in
Banknoten und Goldſtücken ſämmtlich wieder erhalten hat, dazu aber noch
an 50,000 M., welche mehr aufgefunden wurden, als in den Geldbriefen
declarirt war. Da der Dieb alle Couverts vernichtet und das Geld
zu=
ſammengeworfen unter einen Baum im Schloßgraben zu Schwerin
ver=
graben hatte, ſo entſteht die ſehr intereſſante Frage, wer jetzt
Eigen=
thümer wird, die Oberpoſtbehörde oder die verſchiedenen Abſender der
Briefe und Packete, welche die darin enthaltene Summe zu niedrig
ange=
geben haben und denen es jetzt ſehr ſchwer halten möchte, ihre wirklichen
Verluſte rechtsgültig zu beweiſen.
Zur Unterſtützungswohnſitzfrage und Armenpflege
enthält die in Wiesbaden erſcheinende „Naſſ. Volksztg.” nachſtehenden Artikel,
welchen wir unſeren Leſern nicht vorenthalten wollen, da er auch auf unſere
Communallaſten ein kleines Streiflicht wirft.
Das Geſetz über den Unterſtützungswohnſitz, und in Verbindung damit
die Frage der Armenpflege Uberhaupt, iſt bereits ſeit längerer Zeit der
Gegen=
ſtand öffentlicher Erörterung. Während von conſervativer Seite namentlich
ſeitens der Großgrundbeſitzer der öſtlichen Provinzen eine Abänderung des erſteren
Geſetzes zu Gunſten des platten Landes, d. h. auf Minderung der erforderlichen
zweijährigen Aufenthaltsdauer auf nur ein Jahr, angeſtrebt wird, kommen
aus den Städten immer größere Klagen über die enorme ſtetig ſteigende
Be=
laſtung des Communalbudgets in Folge der erforderlichen Unterſtützung des
zuziehenden und nach kurzer Zeit bedürftigen Proletariats. Man verlangt
deßhalb von dieſer Seite mindeſtens durch Geſetz die zur Unterſtültzung
be=
rechtigende Wohnſitzdauer auf mindeſtens fünf Jahre zu erhöhen.
Ander=
ſeits wird ebenſo die Frage der Armenpfleger ventilirt und auch hier ein
Aus=
gleich in der Belaſtung zwiſchen Stadt und Land geſucht, und iſt, wie wir
ſchon vor einiger Zeit berichteten, deßhalb ein Congreß der Armenpfleger
Deutſch=
lands, reſp. betreffender Delegirten in Ausſicht genommen. Auch der Verband
der Grund= und Häuſerbeſitzer Dentſchlands hat dieſe Frage bei ſeiner kürzlich
in Leipzig ſtattgehabten Generalverſammlung zur Verhandlung geſtellt auf
Grund eines von dem Häuſerbeſitzerverein in Wiesbaden geſtellten Antrags.
Da dieſe Frage gewiß das allgemeinſte Intereſſe hat, ſo bringen wir nachſtehend
die Begründung dieſes Antrages. Referent, Schreinermeiſter Roſſel von
Wies=
baden. führte aus:
Das Unterſtützungswohnſitz=Geſetz vom 6. Juni 1870, insbeſondere der
8 10 desſelben, welcher zur Erwerbung des Unterſtutzungswohnſitzes eine
zweijährige Aufenthaltsdauer vom 24. Lebensjahr an vorſchreibt, hat für
die Städte und den ſtädtiſchen Grundbeſitz ſehr große Nachtheile im
Ge=
folge gehabt und Zuſtände herbeigefuhrt, welche auf die Dauer unhaltbar
ſind. Die weitaus größte Zahl derjenigen Einwohner der Landgemeinden,
welche in mehr oder weniger kurzer Zeit unterſtützungsbedürftig werden, zieht
nach den Städten über, und zwar aus verſchiedenen Gründen. So iſt z. B.
ein Hauptgrund der, daß die ihnen in den Landgemeinden gewährte
Unter=
ſtützung vollſtändig unzureichend und meiſt ſo nieder bemeſſen iſt, daß au
die Perſon und Tag kaum 6 bis 8 Pf. kommen. Es erhält eine mir
per=
ſönlich bekannte alte arbeitsunfähige Frau von ihrer Heimathgemeinde
mo=
natlich zwei Mark. Eine andere, ebenfalls arbeitsunfähige Frau, welche
einen ſchulpflichtigen ca. 13 Jahre alten Sohn hat, bekommt von ihrer
Dorf=
gemeinde pro Monat fünf Mark. Die Unterſtützung dagegen, wie ſie den
Bedurftigen in den Städten gewährt wird, iſt eine derartige, daß ſie jedes
bittere Nothleiden ausſchließt, indem ſie das 10. bis 12fache der von den
Landgemeinden gegebenen Unterſtültzung, d. h. je nach Umſtänden 50, bis
80 Pf. pro Perſon und Tag beträgt.
Ferner werden diejenigen Armen, welche in ihrer Heimathgemeinde
woh=
nen und Unterſtützung beziehen, von jedem Dorfbewohner mißachtet, die
Unterſtützung wird ihnen bei jeder Gelegenheit vorgeworfen, und müſſen ſie
ſich daher überall ducken, da in den kleinen Landgemeinden Jeder des
Ande=
ren Verhältniſſe kennt. In den Städten dagegen iſt das anders, da
ver=
ſchwinden dieſe Leute in der Menge, und in vielen Füllen weiß ſelbſt der mit
dem Unterſtützten in einem Hauſe Wohnende nicht einmal, daß ſein
Zimmer=
nachbar Unterſtützung empfängt. Dies ſind die Urſachen, daß eine große
Zahl Derer, welche demnächſt unterſtützt ſein wollen, aus eigenem Antriebe
in eine Stadt Uberziehen und ſo den Unterſtützungswohnſitz daſelbſt zu
er=
werben ſuchen.
Redaction und Verlag: L. C.
Aber eine ſehr große Zahl demnächſt Unterſtültzungsbedürftiger wird
indirect, mitunter ſogar ſehr direct von den klugen Dorfbewohnern dazu
überredet, in eine Stadt überzuſiedeln, und wird ihnen dabei auf eine
merk=
würdig ſchlaue Weiſe klar gemacht, wie dies zu ihrem eigenen Vortheil ſei.
Es ſind mir Fälle bekannt, wo ſolchen Leuten geſagt wurde: „Wenn ihr in
der Stadt wohnt und ihr habt Unterſtützung nöthig, ſo bekommt ihr da
eure hübſche Stube gemiethet, erhaltet ferner wöchentlich einige Mark baares
Geld, das nöthige Brod, Kleider und im Winter Kohlen ꝛc. und habt es da
beſſer, als ein kleiner Bauer hier im Dorfe; das können wir euch nicht
ge=
ben, dazu iſt unſere Gemeinde zu arm, das wißt ihr ja. Es wird ihnen
ferner geſagt, wenn es euch von Anfang knapp geht, ſo helfen wir euch, u. dgl.
mehr, und die ſo bearbeiteten Leute begreifen das Vortheilhaftere für ſie
voll=
kommen und wandern aus. Sie entſchließen ſich hierzu um ſo leichter, wenn
ihnen von alten Bekannten die Wahrheit des in Ausſicht Geſtellten beſtätigt
wird, und wenn aus einer Landgemeinde erſt Einer die Wohlthaten der
ſtädtiſchen Unterſtützung genoſſen hat, erfolgt aus derſelben Gemeinde bald
weiterer Zuzug. Die Einen werden dazu überredet, die Anderen ſuchen auf
Grund eigener Berechnung ſich ein Anrecht auf dieſe Verſorgungsanſtalt zu
ſichern. (Ich muß dies ſo nennen, denn die zwei in der Stadt
abzudienen=
den Jahre ſind die Prämie, welche vielen Familien eine lebenslängliche Rente
ſichert, die den fünſprocentigen Zinſen eines angelegten Capitals von 10, bis
14,000 Mark gleichkommt.) Wieder Andere treibt die Ausſicht auf die in
der Dorfgemeinde ihrer harrende Noth und Demuth häufig erſt im Alter
aus der Heimath fort in die fremde Stadt und ſomit der Stadtkaſſe, reſp.
den Steuerzahlern zur Laſt. Wie groß dieſe Laſt iſt und wie enorm die
Ausgaben der Städte ſind und wie dieſelben ſtets ſteigend, zuletzt
uner=
ſchwinglich für dieſelben werden, will ich an einigen Zahlen des Armenbudgets
von Wiesbaden klar machen.
Die Zahl der Unterſtültzung betrug
im Jahr: 1872 1873 1874 1875 1876 1877 1878 1879
Zahl:
380 494 645 818 879 1103 1431 1739
Nach pCt. der Bevölkerung gerechnet betrug dieſelbe
im Jahr: 1872 1873 1874 1875 1876 1877 1878 1879
pCt.:
104 129 161 195 201 243 308 378
der Geſammtbevölkerung. Die pCt. ſind alſo in 7 Jahren von 1 auf nahezu
4 pCt. geſtiegen.
Zieht man hierbei in Betracht, daß die unterſtützten Familien (ca. 7
der Unterſtützten) als eine Perſon aufgeführt ſind, ſo dürfte ſich, da in ſehr
vielen Familien 3, 4 bis 8 Perſonen ungezählt mit unterſtltzt wurden, die
Zahl der Unterſtützten ſowohl, ats auch der Procentſatz mehr als verdoppeln,
ſo daß wir in der That ca. 7 bis 8 pCt. der Bevölkerung ſchon jetzt zu
unterſtützen, reſp. zu ernähren haben. So iſt denn 1878 in Wiesbaden die
reſpectable Summe von 137248 M. und 1879 eine ſolche von rund
150,000 M. für Armenpflege verausgabt worden. Nimmt man an, ſdaß
dieſe Zahlen in gleichem Maße zunehmen wie ſeither, ſo haben wir in
weite=
ren fieben Jahren über 7000 Unterſtützungsempfänger in Wiesbaden, welche
uns in runder Summe 700,000 M. koſten würden. Und dieſe Zahlen ſind
nicht allein bei uns ſo Schrecken erregende, in anderen Städten liegt die
Sache nicht günſtiger, ja theilweiſe noch ſchlimmer als bei uns. So iſt z. B.
in Stuttgart die Zahl der Unterſtützten von 400 in 1873 auf circa
3600 in 1879 geſtiegen. Aus dieſen Zahlen geht zur Genüge hervor, daß
das Unterſtültzungswohnſitzgeſetz, wie es jetzt zu Recht beſteht, auf die Dauer
unhaltbare Zuſtände geſchaffen hat.
(Schluß folgt.)
Tages=Kalender.
Freitag 16. Juli: Großes Concert im Saalbau.
Samstag 17. Juli: Drittes Concert des Mozart=Vereins im Garten des
Saalbaues.
Freitag 30. Juli: Ordentliche General=Verſammlung der Darmſtädter Actien=
Ziegelei.
Fremdenverkehr in Darmſtadt.
Hotel Traube. Dr. Schulze=Delitſch, Rechtsanwalt der deutſchen
Ge=
noſſenſchaft von Potsdam. Schirmer und Gemahlin, Amtmann von
Pletten=
berg. Kühls, Rittmeiſter von Saarlouis. Sibbel nebſt Familie und v.
Steeden nebſt Familie, Rentner von Amſterdam. H. Jamen und Sohn,
Kaufmann von Schiedam. Buderus, Student von Hirtzenhain. Rod. James
Dunibor von Dundee in Schottland. Rod. G. Digby aus England und Rod=
Keizer von London, Geiſtliche. Frau Macquen von London. L. Kackel von
Soemmerda, Otto Künzer von Cöln, v. Grumbkow von Fraureuth, Rob.
Seitz von Mannheim, Dr. Knecht von Neuſtadt a. H. A. Keßler von Speyer,
A. Cohau von London, Sponſel von Leipzig, Gallwitz von Frankfurt a. M.,
Schuler von Paris, Reiswald von Berlin, B. Kaphahn von Barmen, F.
Köttgen von Langenberg, Reuter von Mannheim, Voß von Neuſtadt i. Schl.,
Hofmann von Bamberg, Felmy von Berlin, Kaufleute.
Gold=Courſe.
Ruſſiſche Imperiales 16 M. 68-72 Pf. Engl. Sovereigns 20 Mi38-42 Pf.
20 Frankenſtücke 16 M. 18-22 Pf. Dollars in Gold 4 M. 18-2 Pf.
Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
De=
4l
Die n
Zahlen