Darmstädter Tagblatt 1878


29. November 1878

[  ][ ]

4

(Frag= und Anzeigeß(att.)

Abonnementpreis,
ſKbrlid 6 Matk incl. Bringerlohn
Auswärtz werden von allen Poſt=
amtern
Veſtellungen entgegengenom=
men
zu 1 Mark v0 Pf. pro Quartal
mcl Poflaufſchlag und Beſtellgebllhr.

Mit der Sonntags=Beilage:

141. Jahrgang.

Anſerare
Endenanenommer nDernkan
on de Exeditton Rhelnſtr. R. 2.
nBeſſungen von Frledr. Böher
Hoſtraze Nr. 18, ſowie auzwim
dn alle ſollden Annoneen Ew=
ina
.

Amlliches Graan für die Bekannkmachungen des Großh. Kreigamks, ſowie des Großh. Polizeiamts Darmſtadt.

W234

Freitacl den 20. Noyember

Edictalladung.
Nachdem wider den Füſilier Jalob Gangluff, der 10. Compagnie 4. Großherzoglich Heſſiſchen Infanterie Regiments (Prinz
Carl) Nr. 118, geboren am 1. Juni 1857 zu Nieder=Ingelheim, im Kreiſe Bingen, der förmliche Deſertionsprozeß eröffnet
worden iſt, wird derſelbe hiermit aufgefordert, zu ſeinem Truppentheil zurückzukehren, ſpäteſtens aber in dem auf
Montag den 24. März 1879, Vormittags 10 Uhr,
vor dem unterzeichneten Gericht anberaumten Termin ſich zu geſtellen, widrigenfalls die wider ihn eingeleitete Unterſuchung ge=
ſchloſſen
, er in contumaciam für fahnenflüchtig erklärt und mit einer Geldbuße von 150 bis 3000 Mark verurthelt werden wird.
Darmſtadt, den 20. November 1878.
Großherzogliches Gericht der Großherzoglich Heſſiſchen (25.) Diviſion.

10060) Oeffentliche Aufforderung.
Nachdem Großherzogliches Hofgericht ber
Provinz Starkenburg über den Nachlaß des
Großh. Hofgerichtsadv.katen Leydhecker dahier
den formellen Concurs erkannt hat, werden
die Gläubiger deſſelben in dem Termin:
Montag den 10. Februar 1879,
Vormittags 10 Uhr, Amtszimmer Nr. 11
zur Anmeldung ihrer Forderungen und
Vorzugsrechte bei Meidung Ausſchluſſes
von der Maſſe geladen. Die Anmeldung
der Forderung im Schuldenweſen hat für
den Concurs keine Wirkung.
In dem Termin ſoll über Liquidität und
Priorität der Forderungen, und über alle
ſich ergebende Punkte, ſowie über ein
Arrangement berathen und beſchloſſen wer=
den
. Von denjenigen Gläubigern, welche
nicht erſcheinen und nicht durch Bevoll=
mächtigte
vertreten ſind, wird Beitritt zu
allen Beſchlüſſen unterſtellt werden.
Darmſtadt, den 18. November 1878.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
Dr. Riedel,
Königer,
Stadtrichter. Landgerichts=Aſſeſſor.

Feilgzebotenes.
Ueverrheiner Wein
1878r per 1 Liter 30 Pfg. bei
E. Mehlbrech,
10005)
Friedrichſtraße 26.

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Bleichstr.25, alleinige Depots für Darmstadt.

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T Loort
HLoort
.
M Loort,
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80

100

100

100

110
120

Superſine Varinas pro Pfd.
Varinas 1

Babia Krüll.

Varinas O
Maracaibo Kanaater
Cuba Canaster

Curaçao Canaster

Rüt.

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Edamerkäs,
Prima Emmenthaler.
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ſtets vorräthig bei

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Harburg.
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590

[ ][  ][ ]

2166

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J 234
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per ¼ Fl. M. 2.50, per ½ Fl. M. 1.40
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Niederlage bei Herrn Cg. Lerch,
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Ludwigsplatz.

11 Ruhrkohlen!!

Die Kohlenhandlung von L. Jebus in
Gernsheim erhielt dieſer Tage eine friſche
Schiffsladung ausgezeich ꝛcter uhrkohlen.
Beſtellungen, bis Ene dieſ=; M onats
gemacht, werden zu dem ſeitherigen billigen
Preiſe ausgeführt.
Beſtellungen überuimmt
Raufmam V. Hobermehl.

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Wilhelm Munck,
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Ich erlaube mir meine ſelbſtgezogenen
rheinheiſiſchen Weine in Flaſchen u. Gebinden
in empfehlende Erinnerung zu bringen.
Peter Lang.
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Carlsſtraße 24.
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Kirchſtraße.
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Buchen 4, 6 und 12 em=
Pappel 2, 3½ 5 u. 6 em.
Kiefern 3½ 5 u. 8 om. ſtark.
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Raſſinirte Grünekern,
Julienne ffranz. Suppen).
B. Pröscher,
Kirchſtraße.
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10069)
Eliſabetheuſtraße 14.

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Turbot,
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Seezungen, Backfiſche
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per Stück 10 pfg.
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Lachsſorellen,
Engl. Speckbüchinge
friſch eingetroffen.
Philipp Weber,
Carlsſtraße 24.
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Fichtenzapfen 25 pf. per Sack
franco in's Haus.
Beſtellungen finden prompte Erledigung.
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Griesheimerweg 19.
10072)

[ ][  ][ ]

R 234

216

Hiermit die ergebene Anzeige, daß ich mein

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9997

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ehemals Röder'ſchen Heerdfabrik,
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gebenen
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nebſt Werkſtattsräumen zu vermiethen.

Vermiſchte Nachrichten.
Gartenbau=Verein.
Generalverſammlung Mittwoch
den 4. Dezember 1878 Nachmitags 3 Uhr
im Saalbau. Neuwahl eines Theils des
Ausſchuſſes.
10073)
Der Vorſtand.
10074) Ich wohne Carlsſtraße 3.
L. Eammler.

Großherzogliche Handelskammer zu Darmſtadt.
Heffentliche Hitzung:
Freitag den 29. November 1878. Abends 6 Uhr.
Tagesordnung: 1) Berichterſtattung über die Abſtimmungen des Herrn Vertreters
der Großherzoglichen Handelskammer beim achten deutſchen
Handelstag.
2) Ergänzungswahl.
3) Neue Einläufe.
(10075

10
Heſangverein Melonanen.
Abemd-Uuterhahtuug,
Samstag den 30. November 1878 im großen Ritſert'ſchen Laale.
Anfang Abends präcis 8 Uhr.
Karten für Nichtmitglieder ſind zu haben bei Herrn Kürſchnermeiſter Dietſche,
Ecke der Grafen= und Waldſtraße.
10025
Der Vorstand.

Speoialarzt Dr. med. Heyer,
Verlin, Leipzigerſtraße 91, heilt auch
hrieflich Magen=, Unterleibs=, Frauen=
und Hautkrankheiten, ſelbſt in den hart=
näckigſten
Fällen, ſtets ſchnell mit beſtem
[445)
Erfolge.

10024) Ein wachſames Hündchen,
Rattenfänger=Race, zu kaufen geſucht. Auf
dem Redactions=Büreau zu erfahren wo?
10076) 1600 Mark gegen gerichtliche
Sicherheit geſucht. Offerten unter G G
Nr. 10076 in der Exp. abzugeben H

[ ][  ][ ]

A66

R 234

Beehre mich ergebenst anzuneigen, dass ich
Bessunger Carlsstrasse 49,
Hrn. Kaufmann A. Harburg gegenüber,
ein Uhrenlager, verbunden mit Werkstälte zur Anfertigung und Wieder-
herstellung
aller Arlen von Uhren errichtet habe und halle mich bei Be-
darf
bestens empfohlen.
LEnsUiid. Il Uh-


pa-
D.
H. x. Comptoirhatander a
für das 3 hr 1879 ſind aufgezogen zu 20 Pfg. und unaufgezogen zu
5 Pfg. per Exemplar in der Expedition dieſes Blattes zu haben. Amſterd. Schellſiſche
wieder eingetroffen.
C. P. Poth,
Bleichſtraße.
10028) 10077)
Metzgerei=Anzeige.
Unterzeichneter empfiehlt ſein im Hauſe des Herrn Henkel, Ecke der Kirch= u.
Hügelſtraße 25, errichtetes Schweinemetzger=Geſchäft. Stets iſt friſche und auf das
Sorgfültigſte zubereitete ſchmackhafte Hausmacher Wurſt in allen Sorten
vorräthig Empfehle zugleich Bezüge auf Beſtellung Hausmacher Wurſt ꝛc. in Par=
thien
, wobei alle beſonderen Wünſche bezüglich des Geſchmackes und der Räucherung
ſireug berückſichtigt werden.
Beſſungen.
Hochachungsvoll
A. Götz. Metzelſuppe
Samstag den 30. November. Für gute Speiſen u. Getränke iſt beſtens
geſorgt und lade hierzu freundlichſt ein.
P. Peter.
Metzelſuppe
Samstag Abend den 30. d. Mts.,
wozu einladet
f. Sooraliok
gegenüber der Artillerie=Caſerne.
9630) Für ein hieſiges Manufactur=
waaren
=Geſchäft wird ein Lehrling geſucht.
Näheres in der Exp. d. Bl. 10059) Ankauf gewarnt.
5 Mark Find rlohn.
Ein grauer Muff (Fehepelz). Abzu=
geben
auf der Polizei

[ ][  ][ ]

2169

R 234
10080) Zu meinem Ausverkaufe,

welcher in den Nachmittagsſtunden ſtattfindet, lade ich freundlichſt ein.
A. HAlsOr,
Steinſtraße Nr. 36.
H aufer
in den beſten Lagen mit u. ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchö
nen Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen
Alexander=
GS 1TESTAaH,
ſtraße.
Turngemeinde Beſſungen.
Samſtag den 30. November beginnt das Turnen in der neuen Turnhalle
der Gemeinde Beſſungen. Turnabende: Montag und Samſtag.
10049)
Der Vorſtand.

Holzpreiſe
im Großherzoglichen Holzmagazin.
Buchenſcheiter pro 1 Rmtr. - 13 M.
Kiefernſcheiter
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Beſtellung und Zahlung bei Großherzog=
lichem
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Verwaltung des Großherzoglichen Holz=
Magazins.
MuhI.

Achtelſtätters Leihbibliothek.

Schloßgraben 13a, 1 Stiege hoch.
Daſelbſt wird auch das Einrahmen von
Bildern, Brautkränzen ꝛc. beſtens beſorgt.

H
werden ge=
3 Fuppen
kleidet.
4
Ernſt=Ludwigſtraße 9, 3. Stock.

Vermiſchte Mittheilungen.
Darmſtadt, 29. November.
Das Großh. Regierungsblatt Beilage Nr. 29 vom 28. No=
vember
1878 enthält: Rechnungs=Ablage über die Verwendung der für
das Jahr 1875 in dem Großherzogthum Heſſen ausgeſchriebenen Brand=
entſchädigungsbeiträge
.
Das Großh. Miniſterium hat folgendel Verfügung an die
verſchiedenen Gerichtsbehörden ergehen laſſen: In dem ſeitherigen geſchäft=
lichen
, insbeſondere ſchriftlichen Verkehr der Gerichtsbehörden mit dem
rechtſuchenden Publikum ſind in der Regel diejenigen herkömmlichen
Höflichkeitsformen nicht zur Anwendung gekommen, welche ſonſt im ge=
ſchäftlichen
und auch vielfach im amtlichen Verkehr üblich ſind. Nament=
lich
iſt die Bezeichnung Herr= und Frau bei der Adreſſirung ſchrift=
licher
Erlaſſe gewohnlich nicht angewandt worden. Wir erachten es aber
für eine, auch von den Gerichten dem Rechtſuchenden gegenüber zu ge=
währende
Rückſicht, daß ſolchen Perſonen, bei welchen es im gewöhnlichen
Leben üblich iſt, daß ſie mit dem Prädikate Herr' oder Frau bezeichnet
werden, auch von den Gerichtsbehörden das Nämliche zu Theil wird,
insbeſondere in Adreſſen und bei direkten Eröffnungen an die Bethei=
19ten.
Stadtverordnetenſitzung vom 28. November. Vor
ſEintritt in die Tagesordnung gedachte Herr Oberbürgermeiſter Ohly
des Ablebens des Herrn Beigeordneten Appfel, der ſich 30 Jahre lang
treu und gewiſſenhaft und mit bekannter Uneigennützigkeit dem Dienſt der
Stadt gewidmet. Die Verſammlung erhob ſich von ihren Sitzen um
Der Verwaltungsbe=
das
Andenken des Dahingeſchiedenen zu ehren. pro 1877 wurde als vollendet angezeigt und der Finanzcommiſſion
überwieſen. Eine Petition zahlreicher hieſiger Handwerker um Heran=
ziehung
der auswärtigen hierher arbeitenden Handwerker, die in der letz=
ten
Bauperiode allein für 1,139,000 M. Arbeiten geliefert, zu den Com=
munalſteuern
, fand allgemeine Würdigung und wurde zur weiteren Be=
handlung
der Finanzcommiſſion überwieſen. - Bezüglich des Gries=
heimer
Waſſerwerks wurde berichtet, daß die Pumpverſuche con=
ſtatirten
, daß der Brunnen eine nachhaltige Waſſerentnahme von
1500 Kubikmeter geſtatte, auf Antrag der Waſſercommiſſion
beſchloß man ſEinſtellung der Pumpverſuche. Die deßfallſige Debatte
war kurz, aber heftig, da Stadtverordneter Ritſert den Ingemeuren den
Vorwurf machte, daß ſie ihre Schuldigkeit nicht gethan, vielmehr falſche
Berichte erſtattet, was ihm einen wiederholten Ordnungsruf zuzog.
Stadtverordnete Heißner glaubt die Leiſtungsfähigkeit des Brunnens
nicht höher wie 1100 Kubikm. veranſchlagen zu können, da bei einer
ſtärkeren Senkung des Waſſerſpiegels ſonſt eine ſtarke Trübung durch
Sand eintreten wird, einer Anſichf, welcher auch Riedlinger beipflichtete.
Die Frage, ob dem Brunnen durch Seitenſtollen aufzuhelfen oder
zur Anlage weiterer zu ſchreiten ſei, ſoll durch eine Specialcommiſſion,
beſtehend aus den Herren Ingemeur Sahlbach (Dresden) und
Profeſſoren Schmidt, Sonne und Lepſius von hier gepruft werden.
Ohne weſentliche Debatte wurden die bereits eingehend erwähnten
Propoſitionen des Oberbürgermeiſters betr. die Normirung der Gehalte
der Volksſchullehrer genehmigt, jedoch dergeſtalt, daß der Anfangsgehalt
eines definitiv angeſtellten Lehrers 1350 M., die Wohnungsvergutung
450 M. beträgt, die künftig anzuſtellenden Lehrer indeß erſt von 5 zu
5 Jahren in eine höhere Gehaltsklaſſe aufſteigen ſollen. - Für Erthei=
lung
des kath. Religionsunterrichts im Jahr 1877 wurde der kath.
Geiſtlichkeit der Betrag von 1760 M. bewilligt.
0 Am hieſigen Muſeum ſollen zukünftig 2 Diener angeſtellt
werden, da ein Mann unmöglich für die 41 Räume, welche fuͤr die
Sammlungen und deren Verwaltung dermalen in Anſpruch genommen
ſind, genügen kann.

9 Die Stallgebäude des thieſigen Hofſtalls ſollen, weil
nicht mehr zweckentſprechend erſcheinend, allmälig einem Umbau unter=
worfen
werden, und ſind hierfür vorerſt 53,000 M. ins Budget einge=
ſtellt
worden.
0 Der Zuſchuß, welchen der Staat für jeden Pflegling der
Landesirrenanſtalt Heppenheim zu leiſten hat, beträgt dermalen etwa
260 Mark.
Die Beiträge, welche der Staat zu den Beſoldungen der
Volksſchullehrer zu leiſten hat, werden ſich künftig um etwa
120000 M. per Jahr höher ſtellen und auf den Betrag von 545,000 M.
belaufen.
0 Unſere ältere Eiſenbahnſchuld
das Rentenanlehen
für den Ankauf der oberheſſiſchen Bahnen natürlich außer Betracht ge=
laſſen
laſſen-
wird
ſich Ende dieſes Jahres auf nur noch 10,969,000 M.
belaufen.
Wegen nöthig gewordener Vertiefung des Brunnens in der Küche
der Suppenanſtalt kann der Betrieb am 1. Dezember, wie in Aus=
ſicht
genommen, nicht eröffnet werden.-
Der Tag der Eröffnung
wird bekannt gemacht werden.
Nachdem die hieſige Maſchinenfabrik und Eiſengießerei
in Folge ungenügender Aufträge ſchon ſeit Monaten mit Verminderung
der Arbeiterzahl vorgegangen war, wird nunmehr ein Antrag des Auf=
ſichtsraths
auf Liquidation des Unternehmens einer auf den 21. December
ausgeſchriebenen Generalverſammlung der Actionäre zur Beſchlußfaſſung
vorgelegt werden. Die pr. 30. Juni abgeſchloſſene Bilanz zeigt, daß
auch im letzten Jahre, wie in den zwei vorhergehenden in Folge der
Verminderung des Umſchlags und der ſtetig rückgängigen Preiſe der
fertigen Maſchinen mit einem erheblichen Verluſtſaldo gearbeitet worden
iſt. So bedauerlich es iſt, daß die beinahe vollſtändige Stilllegung des
Werks gerade bei Beginn des Winters zahlreiche Familien brodlos machen
muß, ſo hat der Aufſichtsrath doch nach mehrjährigem Ankämpfen gegen
die Kriſis ſich dieſer harten Nothwendigkeit nicht mehr entziehen können,
weil die durch die letzten Verluſtjahre herbeigeführte Abſorbirung der
ſchon früher unzureichenden Betriebsmittel eine weitere Fortführung des
Unternehmens auf nur einigermaßen geſunder Baſis unmöglich erſcheinen
ließ. - Die auf Lager angefangenen werthvolleren Maſchinen u. ſ. w.
ſollen den Winter über fertig geſtellt und damit verkaufsfähig gemacht
werden.
S. Wir machen namentlich die Herren Züchter von Kanarien= und
ausländiſchen Vögeln auf den am 1. und 2. December im Hotel zur
Poſt dahier abzuhaltenden Vogelmarkt aufmerkſam, indem daſelbſt
Gelegenheit geboten iſt, nicht nur Zuchtmaterial von allen Kanarienracen
und Exoten, ſondern auch vorzügliche Vorſchläger billig zu erſtehen. Die
Vögel können abgehört werden, und ſomit iſt Jeder im Stande, ſich das
für ihn Taugliche bequem auszuſuchen. Außerdem werden von einer
Commiſſion unpartheiiſch alle Kanarien vorher ſchon abgehört und dürfen
als fehlerfreie Canger nur ſolche Vögel verkauft werden, welche die Com=
miſſion
als ſolche ſpeciell bezeichnet hat. Die Preiſe ſind ſicherem Ver=
nehmen
zu Folge durchaus keine hohen, erreichen wenigſtens die meiſt
von den Händlern für gute Sänger geforderten hohen Summen nicht,
wodurch ſelbſt bei geringen Mitteln ein Ankauf möglich gemacht iſt.
Nachdem nunmehr ſämmtliche Bauarbeiten an der Königlichen
Conſervenfabrik in Mainz beendigt ſind, iſt ſeit dem 1. d. M. das
Baubureau derſelben aufgelöſt worden. Die kürzlich vorgenommene
Probe hat die Vortrefflichkeit und Zweckmäßigkeit des ganzen maſchinellen
Apparats und deſſen vorzügliche Anordnung dargethan, ſo daß nunmehr
ſich das großartige Etabliſſement in voller Betriebsfähigkeit befindet.
Daſſelbe iſt kürzlich von dem Frankfurter Bezirksverein des Vereins
deutſcher Ingenieure beſucht worden. Sämmtliche Einrichtungen wurden
als nach den neueſten und beſten Erfahrungen der techniſchen Wiſſenſchaft
591

[ ][  ]

2170
ausgeführt und als muſtergültig einſtimmig anerkannt, und die ganze
Anlage fand den ungetheilten Beifall der zum Theil aus Autoritäten
der Technik und Wiſſenſchaft beſtehenden Geſellſchaft. Bis jetzt iſt der
Betrieb; der Fabrik nur in der Dampfmahlmühle eröffnet. Die Eröff=
nung
des Betriebes der Brodbäckerei u. ſ. w. ſoll vorerſt bis auf den
Sommer verſchoben ſein. Die Geſammt=Anlage iſt bekanntlich auf die
Verpflegung der Offiziere, Mannſchaften und Pferde eines Armeecorps
(nicht, wie von verſchiedenen Seiten angegeben wird, der geſammten
deutſchen Armeen) berechnet. Auch äußerlich ſtellt ſich die weitläufige
Anlage als eine Muſter=Anſtalt dar.
Der Violinvirtuoſe Profeſſor Cduard Rappoldi aus Dresden
und ſeine Gattin Laura Rappoldi=Kahrer, beruhmte Pianiſtin, be=
abſichtigen
den 7. December hierſelbſt zu concertiren. Ueber die glänzen=
den
Erfolge dieſes Künſtlerpaares liegen die günſtigſten Berichte vor.
- Sterblichkeitsſtatiſtik. In der Woche vom 10.Rbis
16. November verſtarben in Mainz nit Caſtel 25, in Darmſtadt mit
Beſſungen 15, in Offenbach 12, in Worms 6 und in Gießen 11 Per=
ſonen
. Hiervon verſtarben an Maſern 1 (in Mainz), an Schar=
3 (1 in Darmſtadt, 2 in Offenbach), an Unterleibstyhus 312 in Mainz,
1 in Gießen), an Diarrhöe und Brechdurchfall 313 in Mainz, 1 in
Worms), an Wochenbettkrantheiten - an Lungenſchwindſucht 5(2 in
Mainz, 2 in Darmſtadt, 3 in Offenbach, 2 in Gietzen), an entzündl.
Krankheiten der Athmungsorgane 6 (3 in Mainz, 1 in Darmſtadt, 2 in
Gießen), an Schlagfluß 5 (4 in Darmſtadt, 1 in Offenbach), durch
gewaltſamen Tod 4 (2 in Mainz, 1 in Offenbach, 1 in Worms).
- Der Nord. Allgem. 3tg. zufolge genehmigte der Kronprin;
als Protektor der Kaiſer=Wilhelm=Spende die Bildung einer Ahnung von dem im Kopfe dieſes verkommenen Pienſchen ſpukenden
aus angeſehenen, theils mit den Arbeiterverhältniſſen, theils mit dem
Verſicherungsweſen beſonders vertrauten Perſonen beſtehenden Commiſ=
ſion
, welche über die Nutzbarmachung der geſammelten Gelder berathen
wird. Zum Vorſitzenden dieſer Commiſſion hat der Kronprinz den Feld=
marſchall
Grafen Moltke ernannt, mit der Ermächtigung, ſich einen Stell=
vertreter
zu ſubſtituiren. Zu Mitgliedern der Commiſſion wurden er=
nannt
Bürgermeiſter Dunker, Delbrück, Gneiſt, Schulze=Delitzſch, Som=
bart
, Engel, Stumm, Böhmert (Dresden), Juſtizrath Stämmler, Heyne
(Leipzig), Fabrikant Wittenſtein (Barmen). Profeſſor Dingler ( Karls=
ruhe
), Rechtsanwalt Hölder (Stuttgart), v. Cramer=Klett (Nürnberg),
Fabrikbeſitzer Schlumberger (Mülhauſen); ferner zu Referenten für bez.
Reſſorts Geh. Rath Nieberding für das Reichskanzleramt, Geh. Rath
Lohmann für das Handelsminiſterium, die Geh. Räthe Ribbeck und Forch
für das Miniſterium des Innern. Die Mitglieder der Commiſſion ſind
zu einer erſten Berathung auf den 3. Dezember in das Herrenhaus Artikel. Bedingungen für das Glück der beiden Welten ſind: der Tod
eingeladen.

- (Ein offenes Wort.) In letzterer Zeit wird wieder mehr
als je die Frage ventilirt, wie denn wohl der jetzigen Geſchäftsſtockung
abzuhelfen ſei? Von einer Seite hofſt man durch Schutzzoll Beſſerung,
von anderer wird eine allgemeine gründliche, wirthſchaftliche Reformation
verlangt. Wenn wir uns heute weder für das eine, noch das andere
entſcheiden wollen, vielmehr als Grundbedingung gute beſſere Entwickelung
der allgemeinen Verhältniſſe, vor Allem den geſicherten Frieden für die
Völker betrachten, um denſelben das volle Vertrauen in ihre Unterneh=
mungen
und ihre Thätigkeit wieder zurückzugeben, ſo ſoll ſich unſere
heutige Betrachtung einer anderen nicht minder wichtigen Seite des
öffentlichen Geſchäftslebens zuwenden. Nehmen wir, um dafür eine
feſtere Form zu finden, in erſter Linie unſere Stadt Darmſtadt. Unſere
Stadt hat, es bedarf dazu des Veweiſes nicht, ſeit ca. 20 Jahren ein
vollſtändig anderes Anſehen erhalten. Handel und Induſtrie haben un=
verkennbare
Fortſchritte gemacht und beſitzt Darmſtadt einen ehrenvollen
Nanien in der Geſchäftswelt. Fabrikanten, Kaufleute und Gewerbetreibende
haben ſich ſichtlich bemüht, Neues auf den Markt zu bringen, ſie haben
ſtets regen Eifer gezeigt, auf der Höhe der Zeit zu bleiben, ihre Magazine
zu verſchönern und ihre Lager reichlich auszuſtatten. Wird dieſer Fleiß
der Jnduſtriellen, das ſei heute unſere Hauptfrage, in allen Theilen von
den Conſumenten unterſtützt? Eine der Grundbedingungen unſerer
menſchlichen Geſellſchaft iſt und bleibt doch wohl die gegenſeitige Unter=
ſtützung
, in welcher Form ſie auch immer erſcheinen mag. Wer dieſen
Gründſätz verkennt, wird von der Mitſchuld an dem Zurückgehen vieler
Verhältniſſe nicht freizuſprechen ſein. Wenn wir nun hier geſchäftliche
Betrachtungen voranſtellen, ſo geſchieht dies nicht etwa mit einem Vor=
urtheile
, als ob Alles, was hier zum Verkauf gebracht wird, auch
vollkommen, gut und preiswürdig ſei. Nein, keineswegs - wir wiſſen
auch recht wohl, daß Städte wie Darmſtadt, nicht Etabliſſements la
Gerſon in Berlin oder Magasins du Louvre in Paris ꝛc. zu bieten ver=
mögen
- wer Anſprüche an höchſten Luxus befriedigen will, der findet
eben nur in wirklichen Großſtädten das, was er ſucht. Allein darüber
kann doch der nur zweifelhaft ſein, der ſich noch nicht ſelbſt überzeugt
hat, daß in Bezug auf guten Geſchmack auch die Bedürfniſſe ſelbſt des
wohlhabendſten Theiles der Bevölkerung nach allen Richtungen hin in
den hervorragenden hieſigen Geſchäften ihre Befriedigung finden können.
Wird aber der Verſuch, eine ſolche Ueberzeugung zu erhalten, immer
gemacht; begegnet man nicht häufig, ohne aus eigener Erfahrung ge=
Prüft zu haben, dem Vorurtheil, daß dem nicht ſo ſei, - daß man ſelbſt
Anſpruͤche des guten ſoliden Geſchäftes nicht in der Stadt, wo man lebt
und wirtt, zu befriedigen vermöge? Dieſe traurige Erſcheinung triſſt ja

nicht allein in unſerer, ſondern in vielen mittleren deutſchen Städten,
ähnlicher Größe und Lage wie die unſrige, zu und es iſt dies zu einer
ſo ſtehenden Klage geworden, daß es ſich ſelbſt in vielen comſumirenden
Kreiſen anderer Städte regt, ſo weit wie möglich dieſem Uebelſtande ab=
zuhelfen
. In dem deutſchen Volke liegt es eben nun einmal, mehr wie
bei allen Voͤlkern, dem fremdländiſchen eine gewiſſe Sympathie entgegen=
zubringen
, aber es iſt im Intereſſe gemeinſämen Wohles nicht dringend
genug zu wünſchen, daß von oben an durch alle Schichten der beſſeren
Geſellſchaft das Beiſpiel gegeben werde, das Geld im Lande zu laſſen
und die Bedürfniſſe, ſoweit ſich dies mit einer ſoliden Concurrenz ver=
trägt
, in Stadt und Land zu befriedigen. Jeder trägt dann, wenn dies
geſchieht, an ſeinem Theile dazu bei, daß nach jener Seite unſerer wirth=
ſchaftlichen
Kriſis hin, die Verhältniſſe ſich beſſern werden. Und dieſe
Beſſerung meinen wir nicht allein nach der materiellen Seite unſerer
heutigen Frage, - wir wollen auch die politiſche und ſociale Beſſerung
zu betonen nicht vergeſſen. Die allgemeine, jetzt recht herabgeſtimmte
Zufriedenheit wird in vielen Kreiſen, die an der heute von uns ange=
regten
Frage Intereſſe haben, wieder wachſen, die Thätigkeit zur Ver=
befſerung
der traurigen Kriſe, die unſer deutſches Vaterland man mag
lach an Diphteritis 3 (2 in Darmſtadt 1 in Gießen), an Keuchhuſten dagegen einwenden, was man will, mehr als alle übrigen Länder, heim=
geſucht
hat. wird eine größere werden und zwar vorzugsweiſe in jenen
mittleren Schichten der Geſellſchaft, die heute noch die ſtarken Stützen
des Staates ſind und hoffentlich auch bleiben werden.
O Von den alten Frankfurter Banknoten harrt noch immer
ein Betrag von 155,900 Gulden der Einlöſung.
Der Pungolol von Neapel hat aus den ſchriftlichen Aufzeich=
nungen
, die bei dem Verbrecher Paſſämante und in deſſen Wohnung
gefunden worden ſind, ſo viel entziffert, als genügt, um eine kleine
neuen Weltſyſtems zu bekommen. Die Entzifferung muß nicht leicht ge=
weſen
ſein, denn Schönſchrift und Rechtſchreibung ſcheinen bei dem ſpeku=
lirenden
Koch auf gleicher Höhe mit der Klarheit ſeiner Gedanken geſtan=
den
zu haben. Die leitenden Ideen aus ſolchem Wuſte zu entwirren, war
von mehr als keilſchriftlicher und hieroglyphiſcher Schwierigkeit. Zwei
ſind der Schriftſtücke, die man erwiſcht hat. Das eine ein halbzerfetztes
Stück Papier, auf beiden Seiten mit blauer Tinte beſchrieben. Das
andere, ein Notizbuch in kleinem Octav, mit derſelben Tinte beſchrieben,
ſowie mit derſelben kalligraphiſchen Fertigkeit. Das Papier trug er bei
ſich, als er feſtgenommen wurde. Das Notizbuch wurde in ſeiner Woh=
Banidirektor v. Schauß (München), Rechtsanwalt Freytag (Augsburg), nung gefunden Auf dem Papierfetzen ſteht eine Art von ſocialem Sta=
tut
, das in eine Unzahl von Artikeln zerfällt. Sein Anfang lautet etwa
ſo: Theure Brüder, Menſchen der ganzen Welt, euch kommt es zu, die
Frage der Geſellſchaft und des Weltalls zu löſen. Dann kommen die
der Kaiſer, Könige und Prinzen, und die Oekonomie der nationalen Fa=
milien
. Das iſt die Hauptſache, aber es thut noch mehr Noth. Die dem
Kriege dienenden Vorbereitungsmittel müſſen abgeſchafft werden, und die
Folge davon iſt die Abſchaffung der Generäle. Zum Dritten müſſen ab=
geſchafft
werden die Präfekten, Gensdarmen und Poliziſten. Der Welt=
verbeſſerer
vergißt dabei nicht, daß er ſelbſt Koch iſt. Schreckliche Strafe
ſoll uber die Kleinverkäufer kommen, die falſches Maß und Gewicht üben.
Er will einen Generaltarif für die Eßwaaren, die in drei Klaſſen einzu=
theilen
ſind, mit feſten Preiſen, ſo daß Jeder wählen kann nach ſeinem
Geſchmack, mit richtigem Preiſe und Gewicht. Dann folgt eine vierte
Abſchafſung. Ein weikerer Artikel des Statuts der univerſalen Republik
decretirt nämlich aus der Welt hinaus die Geizhälſe, die Heuchelei, den
Wucher und überhaupt alle Tyrannen in irgend welcher Geſtalt. Eins
aber ſchafft der Koch nicht ab: die Steuern. Steuern braucht man, und
was für Steuern! Nur müſſen ſie alle in eine einzige verdichtet werden,
eine Art von Kopfſteuer. Der betreffende Artikel ſetzt feſt, wie viel und
in welcher Art jeder Bürger monatlich zu zahlen habe in die communale,
provinziale, univerſale Geſellſchaftskaſſe für das Heil des Volkes und
den Reichthum der öffentlichen Kaſſen. Zum Entgelt werden abgeſchafft
das Elend und die Vorkäufer, einerlei ob alte Männer oder alte Weiber.
Die univerſale Republik, conſequent wie ſie iſt, ſchafft ferner ſämmtliche
Penſionirte ab und beſchließt: Wittwen und geſegnete Frauen erhalten
Penſion, ohne daß ſie dafür Eingaben auf Stempelpapier einzureichen
haben. Der Civilſtand bleibt, ebenſo die Arbeitervereine, die ſogar ob=
ligatoriſch
ſind. Eine fernere Errungenſchaft iſt das Recht auf Arbeit
oder auf Penſion, oder auf Paßſchein." Schlietzlich kommt das Strafge=
ſetzbuch
, und was für eins! Der Geſetzgeber am Kochheerd hat einen großen
Reſpect vor dem Eigenthum. Seine Geſetze beſtrafen den Diebſtahl und
den Betrug, indem ſie den Schuldigen in die Flammen werfen. Falſch=
münzer
werden gehängt und zwar nach einer ganz funkelnagelneuen Me=
thode
. Dennoch kommt auch die Milde zu ihrem Rechte. Der Betriger,
wenn er mildernde Umſtände für ſich hat, wird nicht verbrannt, ſondern
auf kaltem Wege vom Leben zum Tode gebracht. In ſeinem Notizbuche
bekennt er ſich als einen Verehrer von Chriſtus, als Modell der Stand=
haftigkeit
, von Brutus als Muſter von Selbſtverleugnung und Muth.
Paſſamante bewahrte in dem neuen gerichtlichen Kerker, in den er aus
den Verließen der Polizei gebracht worden iſt, dieſelbe Unerſchütterlichkeit
und dieſelbe eyniſche Ruhe, die er von Anfang an bewahrt hat. Beim
erſten Verhör hatte der Inſtructionsrichter einmal die Feder nicht zur
Hand. Der Verhörte ſprang auf und reichte dem Beamten dienſtbefliſſen
eine Feder, die er ſelbſt vorher in die Tinte tunkte. Der Beamte ergriff
ſie zögernd und warf ſie dann, von Abſcheu überwältigt, zur Seite.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.