Darmstädter Tagblatt 1878


15. Februar 1878

[  ][ ]

4

Abonnementhpeen
Wilz 6 Mark mcl. Brigerlohn
Aaiiu veden von allen Poſt=
Intern Beſtellungen angegengenom-
uRm
1Ma vo Pf. pQuand
hd Pofaſichlag und Bchullgoblhe.

(Frag= und Anzeige6(att.)
Mit der Sonntags=Beilage:

Inſerate
werden angenmmen inDarmſtadt
von der Expeditton, Rheinſtr. Nr. 23.
m Beſſungen von Friedr. Bllßer,
Holzſtraße Nr. 18, ſowie auſwürtz
von allen ſoliden UnnonemEpe-
dihong
.

141. Jahrgang.
Amtliches Grgan für die Bekanntmachungen des Großh. Kreisamts, ſowie des Großh. Polizeiamts Darmſtadt.

3s.

reitag den 15. Februar.

1878

B e k a n n t m a ch u n g.
Wir bringen hierdurch zur allgemeinen Kenntniß, daß die von dem Vorſtande des Verbandes der Maler, Weißbinder, Lackirer
und Stukkateurer für Darmſtadt und Umgegend in Gemäßheit des 8 99 der Gewerbeordnung eingereichten Statuten unterm
13. v. Mts. von uns genehmigt worden ſind.;
Darmſtadt, am 11. Februar 1878.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
Küchler.

Stamm= und Brennholz=
Verſteigerung.
Im Dreieichenhainer Gemeindewald wer=
den
verſteigert:
Donnerstag den 21. Februar l. J.:

30 Rm. buchen Scheiter, 2 birken
4 eichen
9 nadelholz 111 buchen Knüppel, 10 ichen
22 nadelholz 50 buchen Stöcke, 4 eichen 61 nadelholz 223 Hundert buchen Wellen, 39 eichen 23.9 nadelholz, 22 aspen

Freitag den 22. Febrüar l. J.:
18 Eichenſtämme, 4-8 Mtr. Länge,
15- 26 Ctm. Durchm., 2,80 Fſtm.,
1 Buchenſtamm, 5 Mtr. Lünge, 24 Etm.
Durchm., O23 Fſtm.,
1 Birkenſtamm, 6 Mtr. Lünge, 21 Ctm.
Durchm., 021 Fſtm.,
185 Fichtenſtämme, 7-17 Mtr. Lünge,
15- 33 Ctm. Drchm, 7667 Iſtm.,
6 Buchen= u. Derbſtangen, 308Iim
31 Fichten=
Die Zuſammenkunft iſt jeden Tag Vor=
mittags
9 Uhr auf der Mühlſchneiße am
Eingang des Waldes, an den Fichten.
Dreieichenhain, am 12. Februar 1878.
Großherzogl. Bürgermeiſterei Dreieichenhain.
Joſt.
1239)

Walther's Cuiversal-
Hagentopfen
vorzüglich für alle Magenleiden,
per Flacon 1 Mark.
Haupt=Depot; E. Farlc, Darmſtadt.
Ferner zu haben bei:
Georg Wenz, Darmſtadt.
C. Nohl, Beſſungen.

992
Ananas-Puusch-Essenz
per ¼ Fl. M. 250, per ¼ Fl. M. 1.40.
Brangen-Punschessenz
per ½ Fl. M. 2.20, per ½. Fl. M. 1.20.
Kirchſtraße. F. Seribo.
Niederlage bei:
Herrn Gg. Lerch, Ludwigsplatz.

4oboitahe kr.
Meire rein 96
g zu den billig=
gehaltenen
28ihhe ſten Preiſen
bringe in Gebinden wie in Flaſchen in gefl.
Erinnerung. Bei Beſtellung von 12 Flaſchen
frei in's Haus gebracht.
10310)

deschälte grüne Schoker-Erbsen,
ſleschälte golbe Victoria- dto.
Grüne holländische
dto.
Grosse Heller Linsen,
Ungarische Avorgel=Bohnen,
ſchnell weich kochend, empfiehlt billigſt

352)

Ballonplatz 5.

8.
Vellchen Seiſe
ausgezeichnete Qualität 4 Carton 1 Mark
empfiehlt.
Georg Liebig Sohn.
Eisleräspeckbückinge,
Holländ. Vollhäringe Asuperior,
desgl.
marinirt,
Holländ. Sardellen,,
Russ. Sardinenzin Pickles
empfiehlt billigſt

1053)

Ballonplatz 5.

1036)
N eu e
Masköukoſtüme
für Damen und Herren leihweiſe bei
C. Hedrioh,
Stiftſtraße 40.

Amsterdamer Schellfsche,
Prima Laberdan.
G. F. Poth,
1240)
Bleichſtraße

Beutſche Zwetſchen
per ½ Kilo 25 Pfg.
empfiehlt
barf Wäfhinger,
Louiſenplatz 4.
1241)

7½

[ ][  ][ ]

256
Faschen-Bier!
Lagerbier 20 Pf.ſ aus der Mainzer
Wiener dto. 23 Act=Bierbrauerei
frei in's Haus.
Reines Gebräul
H. Ritsert,
Wilhelminenſtraße 17.
1242)
5
4
Pariſer Kopfſalat
C29
wieder eingetroffen.
G. P. Potke,
Bleichſtraße.
Friſch eingektroffen:
Rheinſalm,
Seezungen,
Cabliau,
Stockfiſche,
Hechte
lebend,
Krebſe;
empfiehlt die Fluß= u. Seefiſch=Handlung von
Gebr. Nöſinger,
untere Hügelſtraße 73.
1244)
1
Gegen Huſten,
Heiſerkeit, Verſchleimung, Ka=
tarrh
, Kinderkrankheiten giebt
e3 nichts Beſſeres, als den L.
W. Egers'ſchen Fenchelhonig.
Nur echt, wenn die Flaſche Sie=
gel
, Faeſimile, ſowie die im Glaſe
eingebrannte Firma von L. W.
Egers in Breslau trägt, und
allein zu haben in Darmſtadt beih
A. Calmherz (Hirſch=Apoth.

Vermiethungen.
10897) Zu verm. per 15. März 1878.
Wohnung nebſt Geſchäfts= u. Lagerräumen
im Hinterbau. Näheres Eliſabethenſtr. 1.
9196) Kahlertſtraße 12 ( Blumenthal=
viertel
) iſt eine Manſarde=Wohnung von
3 Zimmern, Küche mit Glasabſchluß und
allen Bequemlichkeiten zu vermiethen und
alsbald zu beziehen.
SiS
E -wofort zu beziehen
eine elegante Wohnung aus ſechs Zimmer
Küche ꝛc. mit Garten, auf Wunſch com=
plett
möblirt. Heinrichſtraße 49.
380)
Zu vermiethen.
Möbl. Zimmer, event. mit Cabinet.
Näheres in der Expedition.
1176) Rheinſtraße Nr. 41 zwei
Treppen hoch im Vorderhaus iſt ein Logis,
beſtehend aus 6 Piecen mit Magdſtübchen
Bodenraum, Küche, Keller, Holzſtall und
Mitgebrauch der Waſchküche vom 10. Mai
an anderweit zu vermiethen.

R 33.
799) Rheinſtraße Nr. 23 der
obere Stock, beſtehend aus 6 Piecen,
Manſardenzimmer, Küche nebſt allem
ſonſtigen Zubehör, zu vermiethen und
am 1. Mai zu beziehen.

Vermiſchte Nachrichten.
Speclalarzt Dr. med. Heyer,
Berlin, Leipzigerſtraße 91, heilt auch
brieflich Magen=, Unterleibs=, Frauen=
und Hautkrankheiten, ſelbſt in den hart=
näckigſten
Füllen, ſtets ſchnell mit beſtem
[4457
Erfolge.

3

auf Werthe (Wechſel) unter
ſtrengſterDiscretion. Schul=
ſtraße
Nr. 11, 1 St. h.

1186) Zu miethen geſucht für einen
ſehr ruhigen Haushalt vom 1. Juli an
oder auch früher eine bequeme Wohnung
von 6-8 Zimmern mit Zubehör u. Garten=
vergnügen
, bel Etage oder Parterre, am
liebſten in der Rheiu= oder Wilhelminen=
ſtraße
. Offerten unter W R mit Preis=
Angabe beſorgt die Exp. d. Bl.
1245) Ein braves Mädchen, das
kochen kann und die Hausarbeit verſteht,
wird zu fofortigem Eintritt geſucht.
Wilhelminenplatz 17.

1246) Ein zuverl. Mann mit ſchöner
Handſchrift und ſehr guten Zeugniſſen, ſucht
Stelle auf einem Comptoir oder Büreau ꝛc.
Derſelbe übernimmt auch ſtundenweiſe die
Buchführung für Geſchäftsleute. Gefl. Offerten
unter A B 7 beſorgt die Epp. d. Bl.

Kaufmänuiſcher Verein.
Montag 18. Februar Abends 8 Uhr, im großen Saale des Darmſtädter Hofes
Portrag
des Herrn Leopold Sonnemann ans Frankjurt a. M. über:
Uuſere wirthſchaftliche Lagen.
Schluß der Saalthüre präcis 8½ Uhr.
Für Nichtmitglieder ſind Karten M. 1.50. in den Buchhandlungen der Herren
A. Bergſträßer, Rheinſtraße, und F. L. Schorkopf, Wilhelminenſtraße, ſowie
Abends an der Kaſſe zu haben.
Der Eintritt iſt nur gegen Vorzeigung der Mitglieder=, reſp. Abonnements= oder
Tageskarten geſtattet.
Das Einführen von Damen iſt den Mitgliedern geſtattet.
1247)
Der Voretand.

858)
Der Verein für
Vögel- und Geſlügelzuohl
in Darmſtadt
veranſtaltet am
30., 31. März und 1. April l. J.
in dem Lokal der Turngemeinde (Woogsplatz Nr. 5)
ſeine

3. Pogel und Geſügel Ausſlellung
und werden Ausſteller aus dem ganzen Großherzogthum Heſſen zugelaſſen.
Die Ausſtellung iſt mit einer Verlooſung verbunden und der Preis des Looſes
auf 35 Pfennige feſtgeſetzt.
Anmeldungen erbitten wir bis zum 10. Mürz an Herrn Kaufmann Julius
Köhler (Ernſt=Ludwigſtraße) zu richten, von welchem auch die Programme und An=
meldebogen
zu beziehen ſind.
Außer auswärtigen Ausſtellern werden von Darmſtadt und Beſſungen nur Mit=
glieder
des Vereins zugelaſſen.
Darmſtadt, den 28. Januar 1878.
Der Vorstand.

1248) Eine gebildete Dame ſucht ein
Zimmer nach der Sommerſeite zu miethen,
wo möglich mit aufheiternder Pflege.
Zu erfragen Pallaswieſenſtraße 24.
1249) Zwei gewandte Diener, nur
mit guten Zeugniſſen, für ſogleich geſucht.
Eliſabethenſtraße 52.

8Ein Gärtner geſucht
für eine Herrſchaft auf dem Lande.
Gute Zeugniſſe unbedingt nöthig.
Rheinſtraße 25.
Kofler.
1251) Geſucht eine zuverläſige Lauf
frau. Saalbauſtraße 33 im Laden zu erfr.

[ ][  ][ ]

257

R 33.

Jchaoker,
Frledr.
2974) Ludwigsplatz 7.
Thee-Laser,
ganz beſonders feine Auswahl neuer Ernte
Vorzugsweiſe kann ich empfehlen:
Kaiſer=Souchong,
Kaiſer=Congo,
Peccoem. Blüthen, ſowie meineſchon
ſeit vielen Jahren beliebte Theemiſchung
Ferner Theeſpitzen vollſtändig ſtaubfrei,
ſo lange Vorrath.
Alle Thee's in Packung ſind mit An=
weiſung
zur Theebereitung verſehen.
CEoeohdem
eigener Fabrik unter Garantie der Reinheit,
ſämmtl, Sorten aus den feinſt. Cafao=Arten.
Cacoigna ſcharf entölt,
BReis-kantenttvorzügl. Nährmittel).
Alle Fabrikate in Pack. m. Gebrauchs=Anw
2
Oliven-Speiseol feinſt Niza,
Mohnöl rein. Die General Agentur
einer eingeführten, alten und ſoliden Vieh=
Verſicherungs=Geſellſchaft iſt an eine durch=
aus
energiſche und fleißige Perſönlichkeit,
welche andere Branchen vertritt, zu vergeben.
Fr. Adreſſen mit Angaben von Referenzen
übernimmt unter 88 Rudolſ Moase,
Frankſurt a. HL.
11252 1253) Ein Mädchen aus achtbarer Fa=
milie
und nicht unter 20 Jahre alt, findet
iu einem hieſigen Geſchäft als
Verkäuferin
angenehme, dauernde Stelle.
Näheres in der Exp. d. Bl. Fleiſch=Ertract.
Condenſirte Milch. 4651Unſere i der Allcſtraße 3
gelegenen Fabrik=Lokalitäten ſind mit
oder ohne Dampfmaſchin zu vermie=
4 then event. ſammt 3 ſtöck. Wohnhaus
zu verkaufen.
Erſte Darmſtädter Heerdfabrik.
Gebrüder Roeder. Aechter feiner Jamalca=Rum,
Batavia=Arac,
Cognae St. Onge,
Feine Ligneure. Gamiläts-Weine
für Reconvalescenten.
Foinsto Punsch-Essenzon
Thymol-Hundwasser,
Thymol Seife. GO en.
Mein Stellen=Vermittlungs=Büreau
befindet ſich nunmehr Eck der Kirch= und
Hügelſtraße Nr. 25.
Frau Margarethe Biehl. 674) Neckarſtraße 1 zwei trockene helle
Räume. Näheres Vorderhaus parterre. 66
Heſangverein
Melonane
Tanzkränzchen
Sonntag deu 17. Februar Abends 6 Uhr
Restauration Harkwort.
Freunde und Bekannte des Vereins ſind hierzu höflichſt eingeladen.
Der Vorſtand.
1209)

Wolicatesson-, Pluss- und
Seoſisch-Handlung
von
L. Bröehweh. Hof=Lieferant,
5331
Ernſt=Ludwigſtraße 17.

Tages=Kalender.
Freitag 15. Februar: Vereins=Verſammlung des
Handels=Vereins und des Lokalgewerb=Vereins.
Samstag 16. Februar: 6. Stiflungsſeſt des
Kaufmänniſchen Vereins.
Sonntag 17. Februar: General=Verſammlung des
Oeconomen=Vereins Darmſtadt.
Montag 18. Februar: General=Verſammlung der
Mtglieder der Gewerbehalle.
General= Ver=
ſammlung
der Actiengeſellſchaft für Gasbe=
leuhtung
.
Vortrag im Kaufmänniſchen
Verein.
Mittwoch 20. Februar: Concert der Jubilaums=
Sanger im Gloßh. Hoftheater.
Samstag 23. Febrvar: General=Verſammlung im
Kaufmänniſchen Verein.
Sonntag 24. Februar: 18. ordentliche General=
Verſammlung des Seibel'ſchen Kranken= und
Sterbekaſſe=Vereins.
Freitag 1. März. Dramatiſch=muſikaliſche Aufführ=
ung
von Studirenden der techniſchen Hoch=
ſchule
.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag 15. Februar.
Ein heimliches Verhältniß.
Luſtſpiel in 3 Akten nach Otto Giindt's gleich=
namiger
Humoreske dramatlſirt.
Perſonen:
Frau von Buſſe
Fr. Steck.
Leontine, ihre Tochter
Fr. Reubke=Beilhac
Wanda von Brining,. deren
Frl. Ethel.
Freundin
Bankier Spangenberg. . Hr. Butterweck.
Reinhold, deſſen Sohn
Hr. Edward.
Rittmeiſter von Hill, Neffe der
Frau von Buſſe
Hr. Fiala.
Hinze, Austräger bei Span=
genberg

Hr. Franke.
Johann, Bediente bei Frau
Hr. Nötel.
von Buſſe
=

Hierauf - zum Erſtenmale wiederholt:
Gxretna Greem.
Engliſche Ballet=Pantomime in 1 Att von Hof=
balletmeiſter
Opfermann.
Anfang halb 7 Uhr. Ende nach 9 Uhr.

Mittwoch 20. Februar.
Concert der Jubiläums=Sänger
lemancipirte Sclaven aus den Verein. Staaten.)

Einkommen= und Capitalrentenſteuer.
F.D. Es gibt zwei Syſteme der Beſteuerung. Das eine geht von
dem Grundſatz aus: Man beſteuert die Ausgaben, d. h. man be=
ſteuert
die Einnahmen indirekt durch die Ausgaben, indem man Steuern
auf die einzelnen Conſumtionsartikel legt -, das andere Syſtem beſteuert
die Einnahme direkt. Das erſtere Syſtem geht von der Annahme
aus, daß im Allgemeinen jeder ſoviel ausgibt als er eimimmt; gibt er
jedoch weniger aus als er einnimmt, ſo macht er Erſparniſſe, die ihm zu
gute kommen er ſammelt fruchtbare Capitalien an, deren Ertrag ſpäter
wieder durch die Mehrung der Steuerfähigkeit des Beſitzers dem Staate
zum Vortheile gereicht. Nicht in gleicher Weiſe gerecht kann man bei
dem anderen Syſteme, demjenigen der direkten Beſteuerung, verfahren.
Um eine Gleichmäßigkeit der Beſteuerung zu erzielen, welche das
Eyſtem der indirekten Beſteuerung auf die einfachſte Weiſe von der Welt
erreicht, ſucht das Syſtem der direkten Beſteuerung, das in der Ein=
kommen
= und Capitalrentenſteuer ſeine höchſte Vollendung fin=
det
, die verſchiedenen Quellen des Einkommens zu ermitteln. Es ent=
ſtand
in Folge dieſes Strebens das Syſtem der Factorenſteuern,

das die Grundlage unſeres geſammten modernen Steuerweſens bildet.
Die ſubiective und perſönliche Steuerfähigkeit wird bei dieſem Verfahren
völlig außer Acht gelaſſen und es werden nur die Reinerträge der ver=
ſchiedenen
Factoren der Produktion feſtzuſtellen verſucht. Man beſteuert
alſo in Folge dieſes Syſtems den Boden (Grundrentenſteuer), den Ca=
pital
zins (Capitalrentenſteuer), den Unternehmergewinn ( Ge=
werbſteuer
) und den Arbeitslohn (Lohn= oder Claſſenſteuer).
Durch dieſes Syſtem gelangt man allerwärts zu einer Doppelbe=
ſteuerung
; man beſteuert die Grundrente, auch wenn der Boden ver=
ſchuldet
iſt: man beſteuert, wenn man den Pächter heranzieht, den Zah=
lungspflichtigen
ſtatt dem Nutznießer und, während die indirekte Steuer
die durch den Beſitz von Grund und Boden und durch das Capital re=
präſentirte
aufgeſpeicherte Arbeitskraft unberührt läßt, beſteuert man hier
Renten= und Rententheile. Es hat z. B. in der zweiten Kammer bei Ge=
legenheit
der Berathung das Capitalrentenſteuergeſetzes der Abg. Kugler
darauf hingewieſen und dieſes durch Beiſpiele erläutert, daß in vielen
Fällen eine drei=, vier= und noch mehrfache Beſteuerung ein= und
deſſelben Obiects ſtattfindet. Hierin liegt der große Widerſpruch des

[ ][  ]

258

Ne 33.

Syſtems, welches die verſchiedenen Factoren des Einkommens zu beſteuern
verſucht. Es beſteuert da, wo der Beſitz verſchuldet iſt, ſogar das negative
Einkommen, die Schulden, mit welchen der Boden belaſtet iſt.
Noch bedenklicher aber iſt die in Geſtalt der Claſſenſteuer vorhandene
Lohnbeſteuerung. Während in den beſitzenden Claſſen das ent=
wickeltere
Ehrgefühl es geſtattet, die Eintreibung der Steuern ohne be=
ſondere
Schwierigkeiten zu erlangen, iſt hier die Erhebung ſehr häufig mit
Hinderniſſen verknüpft und die Behörde muß zu Zwangsmitteln ihre Zu=
flucht
nehmen. Spricht bei den oben erwähnten Claſſen bereits die Ge=
rechtigkeit
für die Einführung der indirecten Beſteuerung, welche weder
in den Fehler der Doppelbeſteuerung verfällt, noch auch die kleinen Er=
ſparniſſe
berührt, ſo muß in der gegenwärtigen wirthſchaftlichen Lage für
uns eine beſondere Aufforderung liegen, ein Steuerſyſtem aufzugeben,
deſſen Durchführung bei den unteren Claſſen mit ſolchen Härten ver=
bunden
iſt.
Nicht grade verbeſſert wird aber unſer Beſteuerungsſyſtem durch
ſeine Vervollſtändigung' oder beſſer geſagt Ausflickung: mit der Capi=
talrentenſteuer
, deren Unzweckmäßigkeit wir oben bereits begründet zu haben
glauben. Durch dieſe Steuer werden, vorzugsweiſe nur die kleinen Rent=
ner
hart betroffen, da hinſichtlich der gewerbtreibenden Capitaliſten eine
nicht zu bezweifelnde Bevorzugung ſtattfindet. Es iſt von anderer Seite
in einem hieſigen Blatte bereits darauf hingewieſen worden, daß nament=
lich
Häuſerbeſitzer es vorziehen 5 pCt. Hypotheken auf ihren Häuſern
ſtehen zu laſſen, anſtatt ſie abzutragen, damit ihre im Betrieb befindlichen
Capitalien 10, 15, 20 ja 50 pCt. abwerfen. Das im Betrieb befindliche
Capital iſt ja rentenſteuerfrei. Es iſt alſo ſchließlich der kleine
Rentner allein, auf welchen die Laſt der Capitalrentenſteuer fällt. Zu=
dem
iſt aber die Capitalrentenſteuer, gerade aus dem Grunde, weil ſie
beinahe nur den kleinen Rentnern zur Laſt fällt, weit weniger einträglich
als man dieſes gewöhnlich glaubt. Wir haben hierfür hinlängliche Bei=
ſpiele
durch die Erfahrungen, welche man in England geſammelt. Die
Centralabtheilung im board of inland revenue hat täglich 2- 400
Reclamationen zu erledigen und doch bleibt dort durch Verſchweigung des
wahren Einkommens dem Betruge derart Thür und Thor geöffnet
daß nur der oſtenſibelſte Reichthum den Staat vor Unterſchleifen
ſchützen kann.
Man ſieht bereits aus einer ganz oberflächlichen Erwägung, daß das
neue Capitalrentenſteuergeſetz, ſowie das Fortbeſtehen, beziehungsweiſe die
Umarbeitung, des Einkommenſteuergeſetzes zu den allerbedenklichſten Con=
ſequenzen
führt. Dieſe Erwägungen müſſen aber um ſo mehr ins Ge=
wicht
fallen, da die in Ausſicht ſtehende Einführung der indirecten Be=
ſteuerung
durch das Reich uns die Perſpective auf die Einführung eines
Steuerſyſtems eröffnet, das in der mannichfachſten Weiſe mit unſerer
particularen und communalen Beſteuerung in Widerſpruch gerathen muß.
Dieſes hätte unſere zweite Kammer billiger Weiſe berückſichtigen ſollen,
um ſo mehr, da gerade von den verſchiedenſten Seiten aus eine mit den
nationalen Intereſſen im Einklang ſtehende Reform unſeres Beſteuerungs=
ſyſtems
in Anregung gebracht wurde. Die Steuer= und Wirthſchafts=
reformers
haben die Verbeſſerung der Steuer=Umlegung an die Spitze
ihres Partei=Programms geſtellt; als gemeinſame Loſung der beiden
großen liberalen Fractionen des Reichstags ſtellt man gegenwärtig die
porderung auf: Keine Steuer=Erhöhung ohne Steuer=
reform
.
In Bayern, Württemberg, Sachſen und anderwärts befindet ſich die
Staatsregierung in einem fortgeſetzten Kampfe gegen das immer bedroh=
licher
werdende Heranwachſen des Deficits und allerwärts machen ſich
die Härten geltend, welche mit der direkten Beſteuerung verbunden ſind.
Es iſt daher dringend nothwendig, die beſtehenden Particularſteuern, ehe
man zu einer Erhöhung ſchreitet, mit der in Ausſicht ſtehenden Reichs=
beſteuerung
in Einklang zu bringen. Zugleich werden von fortſchritt=
licher
Seite Bürgſchaften für den Fortbeſtand des Budgetrecht verlangt
und in Uebereinſtimmung mit Angehörigen der nationalliberalen Fraction
ſprach man ſich bereits dafür aus, daß das thatſächlich gewonnene Steuer=
bewilligungsrecht
des Reichstags, die jährliche Feſtſtellung eines gewiſſen
Bedarfs an Matricularbeiträgen, nicht ganz beſeitigt werde. Es muß eine
ſEinrichtung getroffen werden, äußerte man von nationalliberaler Seite,
wonach die Erträge der reichlich bewilligten Steuern und Steuer= Er=
höhungen
guotenweiſe durch das Geſetz zwiſchen dem Reiche und
den Particularſtaaten vertheilt werden.: Es würde alſo ein
Verfahren zur Einführung kommen, welches nicht nur das Budget=
recht
: des Reichstags wahrt, ſondern auch den Einzelſtaaten die Mög=
lichkeit
gibt, der Vortheile der von dem Reich einzuführenden indirekten
Beſteuerung theilhaftig zu werden.
Wir ſtehen daher auf finanziellem Gebiet vor einer Reihe von Neu=
ſchöpfungen
und wenn wir die Bedeutung derſelben berückſichtigen, er=
ſcheint
es jedenfalls als eine Uebereilung der Geſetzgebung, wenn man ſich
dazu entſchloß ein Beſteuerungsſyſtem zu vervollſtaͤndigen, deſſen Grund=
lagen
nicht nur mit der Theorie der Beſteuerung ſich in ſolch mannich=
fachem
Widerſpruch befinden, ſondern demnächſt auch practiſch mit der
zu erwartenden indirekten Beſteuerung des Reichs vielfach in Colliſion
gerathen dürften.

Vermiſchte Mittheilungen.
Darmſtadt, 15. Februar.
S. M. der Kaiſer haben, wie aus Berlin berichtet wird Hof=
gerichtsrath
Frhrn. von Lepel zum richterlichen Mitglied des Reichs=
eiſenbahnamts
ernannt.
Miniſterpräſident Frhr. von Starck Exc. hat ſich geſtern Abend
nach Berlin begeben.
Militärdienſtnachricht. Der ſeitherige Großh. Gerichtsacceſſiſt
K. Bergſträßer wurde zum Garniſons=Auditeur in Küſtrin ernannt.
Stadtverordnetenſitzung vom 14. Februar. Vor Eintritt in die
Tagesordnung widmete der Herr Oberbürgermeiſter dem kürzlich dahin=
geſchiedenen
Vice=Präſidenten der Heſſ. Ludwigsbahn, Geh. Commercien=
rath
Probſt, der der hieſigen Stadt ſtets ein entgegenkommendes Intereſſe
bewahrte, einen ehrenvollen Nachruf.
Die Budgetberathung war bei
Schluß des Blattes noch in vollem Gange und werden wir in der nächſten
Nummer darüber berichten.
Von geſtern Vormittag bis Samstag ſfinden die Rekruten=
Vorſtellungen des Großh. 1. Inf=Reg. auf dem Exercierplatze ſtatt.
Wie uns mittgetheilt wird, gehört die vor einigen Tagen in
Iggelheim abgebrannte Klenganſtalt nicht dem Herrn Conrad Appel
hier, ſondern der Samenhandlung von H. Keller Sohn.
Auf verſchiedenen deutſchen Zollämtern, namentlich in Duisburg,
herrſcht zur Zeit eine außergewohnliche Thätigkeit, hervorgerufen durch
maſſenhafte Einfuhr von Labak, welche in der in Ausſicht ſtehenden
Erhöhung des Zolles hierauf ihre Erklärung findet.
Eine alte Taglöhnerin erſchien kürzlich vor dem Bürgermeiſter
von Laubenheim mit der Bitte, ihre Erſparniſſe in der Sparkaſſe an=
legen
zu wollen. - Das ſauer verdiente und ſeit langer Zeit verſteckt
gehaltene Geld beſtand leider faſt ausſchließlich in entwertheten Sorten,
worunter auch ein bayriſcher fl. 50 Schein. Solche Erſparniſſe; mages
wohl noch Manche geben.
Der Frankfurter und Darmſtädter Football=Club bereiten ſich
eben ſchon auf einen auf den 2. Mai feſtgeſetzten Wettkampf vor.
Eine allerhöchſte Kabinetsordre vom 25. Jan. ordnet die Ent=
laſſung
der Reſerven nach den diesjährigen Herbſtübungen ſowie die
Ergänzungen des Friedensſtandes durch Einſtellung von Rekruten
an. Während die meiſten Bataillone der Infanterie ſowie die Jäger und
Schützen nur je 190 Rekruten einſtellen, ſollen außer für die älteren
Garde=Infanterie=Regimenter auch die in Elſaß=Lothringen garniſonirenden
preußiſchen Infanterie=Regimenter die erhöhte Zahl von 225 Rekruten für
das Bataillon erhalten. Hiervon werden berührt in Straßburg: das
1. Rhein. Inf.=Reg. Nr. 25 und das 2. Niederſchl. Inf.=Reg. Nr. 47½
in Weißenburg: das 7. Brandenb. Inf.=Reg. Nr. 60; in Metz: das
3. Rhein. Inf.=Reg. Nr. 29 (früher in Koblenz und Diez), das 5. Pomm.
Inf.=Reg. Nr. 42 und das 8. Oſtpreuß. Inf.=Reg Nr. 45. Auch für
die in den Reichslanden ſtehenden Fußartillerie=Regimenter iſt die Zahl
der einzuſtellenden Rekruten erhöht worden. Während die übrigen Fuß=
artillerie
=Bataillone nur je 160 Rekruten einſtellen, wird jedes Bataillon
des Fußartillerie=Regiments Nr. 15 in Straßburg ſowie des Rhein.
Fußartillerie=Regiments Nr. 8 in Metz (früher Koblenz) 200 Rekruten
als Erſatz erhalten. Die Einſtellung dieſer Rekruten zum Dienſt mit der
Waffe wird faſt zu demſelben Zeitpunkte wie im verfloſſenen Jahre er=
folgen
, nämlich in den Tagen vom 4. bis 9. November d. J.

Großherzogliches Hoftheater.
In einheitlicher, wohl einſtudirter Aufführung, leider aber vor leeren
Bänken, kam am 13. im Großh. Hoftheater, zum Beſten des Penſions=
fonds
, Schillers Jungfrau von Orleans zur Aufführung. Erfreulid
war es, daß die Mitwirkenden von der Leere des Hauſes ſich nicht nieder=
drücken
ließen; namentlich bot Frau Reubke=Beilhac in der Titel=
rolle
durch ſeine Zeichnung derſelben, weihevolle edle Sprache und ge=
winnende
äußere Repräſentation vorzügliches, ſo daß wir ihre Leiſtung
dem beſten zuzählen dürfen, was deutſche Bühnen vom Range unſeres
Hoftheaters gegenwärtig bieten. Derb und markig charakteriſirte Herr
Edward den heißblütigen Dunois und gleich Frau Reubke=Beilhal
theilte er ſich mit dieſer in die Gunſt des Publikums. Auch die ande=
ren
Rollen, von welchen wir noch Herrn Fiala als König Karl=,
Fräulein Ethel als Agnes Sorel= und Herrn Wünzer als Talbot
erwähnen, waren entſprechend beſetzt und war die geſammte Darſtellung
eine wohl aufgearbeitete und abgerundete.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.